Protokoll:
9024

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 9

  • date_rangeSitzungsnummer: 24

  • date_rangeDatum: 20. Februar 1981

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:10 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/24 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 24. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Inhalt: Fortsetzung der Beratung des Jahresgutachtens 1980/81 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung — Drucksache 9/17 — in Verbindung mit Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1981 der Bundesregierung — Drucksache 9/125 — Kiep CDU/CSU 1067 B Dr. Mitzscherling SPD 1072 C Funke FDP 1075 D Dr. Blüm CDU/CSU 1076 D Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 1081D Dr. Stoltenberg, Ministerpräsident des Lan- des Schleswig-Holstein 1085A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 1092 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 4. Juni 1974 zur Verhütung der Meeresverschmutzung vom Lande aus — Drucksache 9/131 — 1096 D Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches — Drucksache 9/132 — 1096 D Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Haftpflichtgesetzes — Drucksache 9/138 — 1096 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. September 1979 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Sozialistischen Republik Sri Lanka zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 9/133 — 1097 A Beratung des Berichts der Bundesregierung über Maßnahmen zur Verhinderung von Tankerunfällen und zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen der Meere und Küsten — Drucksache 9/72 — 1097 A II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Beratung der Sammelübersicht 5 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/123 — 1097 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates über die Anpassung des Systems der Gemeinschaftsanleihen zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft — Drucksachen 9/37 Nr. 152, 9/151 — . . . 1097 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die harmonisierte Anwendung des Internationalen Übereinkommens über sichere Container (CSC) in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft — Drucksachen 9/84, 9/153 — 1097 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3164/ 76 über das Gemeinschaftskontingent für den Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten — Drucksachen 9/85, 9/154 — 1097 D Nächste Sitzung 1098 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1099* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1099* B Anlage 3 Einführung eines Rechts auf Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherung für privat mitversicherte Ehefrauen MdlAnfr 33, 34 13.02.81 Drs 09/159 Kalisch CDU/CSU SchrAntw PStSekr Frau Fuchs BMA . . 1100* A Anlage 4 Kosten der Einweihung neuer Arbeitsämter MdlAnfr 37 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Frau Fuchs BMA . . 1100* C Anlage 5 Novellierung des Weingesetzes wegen des Zuckermißbrauchs bei der Weinerzeugung MdlAnfr 38 13.02.81 Drs 09/159 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw BMin Frau Huber BMJFG . . 1100* D Anlage 6 Verstärkte Bekanntmachung der Tätigkeit des Arbeitsstabs Frauenpolitik in der Öffentlichkeit MdlAnfr 55 13.02.81 Drs 09/159 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw BMin Frau Huber BMJFG . . 1101* C Anlage 7 Bericht des Arbeitsstabs Frauenpolitik über die berufliche Situation von Frauen in obersten Bundesbehörden sowie Aktivitäten zur Verbesserung der familiären Situation berufstätiger Frauen MdlAnfr 56, 57 13.02.81 Drs 09/159 Heyenn SPD SchrAntw BMin Frau Huber BMJFG . . 1101* D Anlage 8 Überprüfung von Gesetzen und Maßnahmen auf ihre Bedeutung bei Frauen durch den Arbeitsstab Frauenpolitik MdlAnfr 58 13.02.81 Drs 09/159 Frau Zutt SPD SchrAntw BMin Frau Huber BMJFG . . 1102* B Anlage 9 Möglichkeiten des Arbeitsstabs Frauenpolitik, auf Arbeitsverhältnisse und -bedingungen von Frauen einzuwirken MdlAnfr 59 13.02.81 Drs 09/159 Frau Schmedt (Lengerich) SPD SchrAntw BMin Frau Huber BMJFG . . 1102* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 III Anlage 10 Schaffung von Gleichstellungsstellen in Bundesländern und Zusammenarbeit dieser Stellen mit dem Arbeitsstab Frauenpolitik MdlAnfr 60 13.02.81 Drs 09/159 Frau Luuk SPD SchrAntw BMin Frau Huber BMJFG . . 1102* D Anlage 11 Kosten für Renovierung und Ausstattung des Ministerbüros im Bundesverkehrsministerium seit 1. Januar 1980 MdlAnfr 61 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Bugl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1103* B Anlage 12 Maßnahmen von Bundesbahn und Bundespost für Schwerbehinderte in Schleswig-Holstein; Bau von Parkplätzen neben Bahnhöfen, insbesondere in Rendsburg MdlAnfr 62, 63 13.02.81 Drs 09/159 Stutzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1103* C Anlage 13 Verbesserung der Kennzeichnung der Bahnhofsstationen MdlAnfr 64 13.02.81 Drs 09/159 Frau Benedix-Engler CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1104* C Anlage 14 Widersprüchliche Aussagen des Bundeskanzlers und des Bundesverkehrsministers über verfügbare Mittel für den Autobahn- und Fernstraßenbau MdlAnfr 65 13.02.81 Drs 09/159 Spranger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1104* D Anlage 15 Einplanung von Eisenbahnschienen beim Neubau der Grünthaler Hochbrücke im Kreis Rendsburg-Eckernförde MdlAnfr 66 13.02.81 Drs 09/159 Frau Simonis SPD SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1105* A Anlage 16 Fahrpreissteigerung im öffentlichen Personennahverkehr nach Streichung der Gasöl-Betriebshilfe MdlAnfr 67 13.02.81 Drs 09/159 Merker FDP SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1105* B Anlage 17 Anhebung der Preise für Flüge von und nach Berlin MdlAnfr 68 13.02.81 Drs 09/159 Straßmeir CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1105* B Anlage 18 Auswirkungen der Erhöhung der Preise für Flüge von und nach Berlin MdlAnfr 69 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Hackel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1105* C Anlage 19 Rückgang des Charterluftverkehrs in Berlin-Tegel MdlAnfr 70 13.02.81 Drs 09/159 Schulze (Berlin) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1105* D Anlage 20 Ersatz der A 31 im Bereich Bottrop, Oberhausen, Mülheim, Essen und Mettmann durch eine Bundesstraße MdlAnfr 71, 72 13.02.81 Drs 09/159 Reschke SPD SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1106* A Anlage 21 Überprüfung der Nahbereiche des Telefonnetzes MdlAnfr 73 13.02.81 Drs 09/159 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr Becker BMP . . . . 1106* B IV Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Anlage 22 Verhinderung des Abhörens der Ferngespräche von und nach Berlin MdlAnfr 74 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Diederich (Berlin) SPD SchrAntw PStSekr Becker BMP . . . . 1106* C Anlage 23 Auffassung der Deutschen Postgewerkschaft zu der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Becker über das Streikrecht der Beamten MdlAnfr 75 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Becker BMP . . . . 1106* D Anlage 24 Beteiligung der Postbeamten am Streik wegen des Schichtdienstes sowie Einleitung von Disziplinarverfahren gegen streikende Beamte MdlAnfr 76, 77 13.02.81 Drs 09/159 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr Becker BMP . . . . 1107* B Anlage 25 Verhinderung von Disziplinarverfahren und Gehaltskürzungen für streikende Postbeamte MdlAnfr 78, 79 13.02.81 Drs 09/159 Dr. von Geldern CDU/CSU SchrAntw PStSekr Becker BMP . . . . 1107* C Anlage 26 Kosten für die Beförderung von Postsendungen auf weiten Strecken mit Kraftfahrzeugen sowie Verlagerung der Postbeförderung auf die Bundesbahn MdlAnfr 80, 81 13.02.81 Drs 09/159 Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Becker BMP . . . . 1107* D Anlage 27 Verhalten der Bundesregierung bei Verlust von Postsendungen des deutschen PEN-Zentrums an inhaftierte Regimekritiker in der Sowjetunion MdlAnfr 82 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Kübler SPD SchrAntw PStSekr Becker BMP . . . . 1108* A Anlage 28 Nichtanwendbarkeit der Verordnung über Heizkostenabrechnung für Einfamilienhäuser mit Einliegerwohnung angesichts hoher Verteilungskosten beim Wärmeverbrauch MdlAnfr 83 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 1108* C Anlage 29 Änderungen bei einer Fortschreibung des Energieeinsparungsprogramms MdlAnfr 84 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Spöri SPD SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 1108* D Anlage 30 Änderung des Wohngeldgesetzes MdlAnfr 85 13.02.81 Drs 09/159 Frau Geiger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 1109* A Anlage 31 Erhöhung des Wohngeldes für Alleinerziehende; Rückgang des gesamten Mietwohnungsbaus und des sozialen Wohnungsbaus seit 1973 MdlAnfr 86, 87 13.02.81 Drs 09/159 Frau Roitzsch CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 1109* B Anlage 32 Abbau des Wohnungsproblems durch den Bau von 100 000 öffentlich geförderten Wohnungen sowie durch Zahlung höherer Mieten MdlAnfr 88, 89 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 1109* D Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 V Anlage 33 Zahl der Hausbesetzungen und der leerstehenden Wohnungen MdlAnfr 90, 91 13.02.81 Drs 09/159 Linsmeier CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . 1110* A Anlage 34 Kriterium für die Beurteilung der Leistungen von Zollbeamten MdlAnfr 92, 93 13.02.81 Drs 09/159 Repnik CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 1110* B Anlage 35 Kosten für die Renovierung und Ausstattung von Ministerbüros in Bundesministerien im Jahre 1980 MdlAnfr 94 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Bugl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 1110* C Anlage 36 Auswirkungen des geplanten Subventionsabbaugesetzes auf die Wettbewerbssituation der Sparkassen im Zusammenhang mit der Quantifizierung der Gewährträgerhaftung MdlAnfr 95, 96 13.02.81 Drs 09/159 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 1110* D Anlage 37 Stabilisierung und Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Abschaffung der Lohnsummensteuer sowie Entwicklung der Gemeinden mit und ohne Lohnsummensteuer hinsichtlich der Arbeitsplätze MdlAnfr 99, 100 13.02.81 Drs 09/159 Klein (Dieburg) SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 1111* A Anlage 38 Verweigerung der Zahlungen für den EGNachtragshaushalt 1980 MdlAnfr 101 13.02.81 Drs 09/159 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 1111* C Anlage 39 Steuerliche Mehrbelastung des Friseurhandwerks durch die Einbeziehung kosmetischer Produkte in die Erhöhung der Alkoholsteuer sowie Steuermindereinnahmen durch Konsumverzicht MdlAnfr 102, 103 13.02.81 Drs 09/159 Stockleben SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 1111* D Anlage 40 Überprüfung von Meßanlagen in HeizölTankfahrzeugen in Baden-Württemberg MdlAnfr 104 13.02.81 Drs 09/159 Bindig SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 1112* B Anlage 41 Forschungsauftrag für die Lagerung des bei der Kohleförderung anfallenden Berge-materials im Ruhrgebiet MdlAnfr 105, 106 13.02.81 Drs 09/159 Schmöle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 1112* C Anlage 42 Koordinierung der Öl- und Gassuche in der Nordsee auf europäischer Ebene; Vornahme der Gastransporte durch Flüssiggastanker MdlAnfr 107, 108 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 1112* D Anlage 43 Verwirklichung des Bund-Länder-Fernwärmeprogramms MdlAnfr 109 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Spöri SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 1113* B Anlage 44 Modernisierung und Umstrukturierung der europäischen Stahlindustrie; Einstellung der Subventionen für unrentable Hüttenwerke in der EG MdlAnfr 110, 111 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 1113* C VI Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Anlage 45 Beseitigung der Wettbewerbsnachteile freiberuflicher Unternehmensberater in den Richtlinien zur Förderung von Unternehmensberatungen für mittelständische Unternehmen MdlAnfr 112, 113 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Zumpfort FDP SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 1114* A Anlage 46 Bürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen für den Block A des Kohlekraftwerks Voerde; Beteiligung des Bundes an Bürgschaften MdlAnfr 114, 115 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 1114* C Anlage 47 Einberufung Wehrpflichtiger in heimatnahe Standorte MdlAnfr 116, 117 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Enders SPD SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1115* A Anlage 48 Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für weibliche Bewerber im Bereich der Bundeswehr MdlAnfr 118 13.02.81 Drs 09/159 Herberholz SPD SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1115* B Anlage 49 Bereitstellung von Fahrzeugen der Bundeswehr für die Fastnachtszüge in Mainz und Wiesbaden MdlAnfr 119, 120 13.02.81 Drs 09/159 Schmitt (Wiesbaden) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1115* D Anlage 50 Auftreten des Generalmajors a. D. Bastian bei DKP-beeinflußten Organisationen; Anhörung der Truppe vor Änderung des Traditionsnamens von Verbänden und Einheiten der 1. Gebirgsdivision MdlAnfr 121, 122 13.02.81 Drs 09/159 Graf Stauffenberg CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1116* C Anlage 51 Beibehaltung der Bezeichnung „Gebirgstruppen" für Einheiten und Verbände im süddeutschen Raum MdlAnfr 123 13.02.81 Drs 09/159 Rossmanith CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1117* C Anlage 52 Beibehaltung der traditionsreichen Bezeichnung „Gebirgstruppen" MdlAnfr 124 13.02.81 Drs 09/159 Biehle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1117* C Anlage 53 Beibehaltung der traditionsreichen Bezeichnung „Gebirgstruppen" MdlAnfr 125 13.02.81 Drs 09/159 Frau Geiger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1117* D Anlage 54 Gründe für die Umbenennung der 1. Gebirgsdivision und den Wegfall der Bezeichnung „Gebirgstruppen" für Verbände und Einheiten MdlAnfr 126 13.02.81 Drs 09/159 Sauter (Ichenhausen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1118* A Anlage 55 Untersagung öffentlicher Gelöbnisse durch die Inspekteure des Heeres und der Luftwaffe MdlAnfr 128 13.02.81 Drs 09/159 Biehle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1118* B Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 VII Anlage 56 Erwähnung der Beseitigung der Sperranlagen und der Rücknahme der Erhöhung des Zwangsumtauschs beim Antrittsgespräch von Staatssekretär Bölling in Ost-Berlin MdlAnfr 129, 130 13.02.81 Drs 09/159 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Kreutzmann BMB 1119* A Anlage 57 Zahl der 1980 in der DDR inhaftierten, angeklagten und verurteilten Bürger der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr 131 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Kreutzmann BMB 1119* B Anlage 58 Zusammenhang zwischen Flugpreis, Subventionierung und Qualität des Flugangebots MdlAnfr 132 13.02.81 Drs 09/159 Kunz (Berlin) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Mahne BMV . . . . 1119* B Anlage 59 Auffassung des Bundesministers für Forschung und Technologie über die Schwächung des naturwissenschaftlichen Unterrichts und der Forschung an den Hochschulen MdlAnfr 133, 134 13.02.81 Drs 09/159 Prangenberg CDU/CSU SchrAntw PStSekr Kuhlwein BMBW . . 1119* D Anlage 60 Auflösung der Pädagogischen Hochschulen in Esslingen und Lörrach MdlAnfr 135, 136 13.02.81 Drs 09/159 Frau von Braun-Stützer FDP SchrAntw PStSekr Kuhlwein BMBW . . 1120* B Anlage 61 Wahrnehmung des Rückgriffrechts durch die Bundesregierung bei durch illegale Waffengeschäfte der Merex AG angerichtete Schäden MdlAnfr 137, 138 13.02.81 Drs 09/159 Hansen SPD SchrAntw StSekr Lahnstein BK . . . . 1120* D Anlage 62 Ermöglichung des kostenlosen Bezugs der Publikationen von Presseagenturen der Bundesrepublik Deutschland für deutschsprachige Zeitungen in Nordamerika MdlAnfr 139 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StSekr Becker BPA 1121* B Anlage 63 Verknüpfung wirtschaftlicher und militärischer Hilfeleistungen an die Türkei mit der Forderung nach Sicherung der Menschenrechte MdlAnfr 140 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 1121* C Anlage 64 Auffassung des „Spiegel"-Autors Bittorf über eine Europäisierung der Atomkriegsgefahr MdlAnfr 143 13.02.81 Drs 09/159 Fiebig SPD SchrAntw PStSekr Dr. Penner BMVg . . 1121* D Anlage 65 Verhalten der Bundesregierung zu der militärischen Besetzung des Gebäudes der Menschenrechtskommission in Nicaragua MdlAnfr 147, 148 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 1122* C Anlage 66 Einwirkung der Bundesregierung auf den FDR-Vorsitzenden Ungo betr. Gesprächsangebot von Präsident Duarte; Waffenlieferungen der Ostblockstaaten nach El Salvador MdlAnfr 149, 150 13.02.81 Drs 09/159 Dr. Marx CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 1122* C Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1067 24. Sitzung Bonn, den 20. Februar 1981 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 23. Sitzung, Seite 1007 C, Zeile 3: Statt „1. Juni 1981" ist „1. Januar 1981" zu lesen. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1099* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 20.2. Dr. Barzel 20.2. Berschkeit 20.2. Conrad (Riegelsberg) 20.2. Eymer 20.2. Feinendegen 20.2. Dr. Geßner 20.2. Dr. Haack 20.2. Handlos 20.2. Dr. Hubrig 20.2. Jansen 20.2. Jaunich 20.2. Kittelmann* 20.2. Dr. Klejdzinski* 20.2. Korber 20.2. Louven 20.2. Männing* 20.2. Frau Dr. Martiny-Glotz 20.2. Dr. Möller 20.2. Dr. Müller* 20.2. Müller (Bayreuth) 20.2. Frau Dr. Neumeister 20.2. Dr.-Ing. Oldenstädt* 20.2. Petersen** 20.2. Pohlmann 20.2. Prangenberg 20.2. Rösch* 20.2. Dr. Rumpf 20.2. Dr. Scheer 20.2. Frau Schlei 20.2. Dr. Schneider 20.2. Dr. Solms 20.2. Dr. Vohrer 20.2. Dr. Wieczorek 20.2. Wissmann 20.2. Dr. Zander 20.2. Zink 20.2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung nach Vereinbarung im Ältestenrat die nachstehende Vorlage überwiesen: Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Anlagen zum Stenographischen Bericht Versammlung des Europarates vom 26. bis 30. Januar 1981 in Straßburg — Drucksache 9/142 — zuständig: Auswärtiger Ausschuß Die in Drucksache 9/37 unter Nummer 141 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Vorhaben wird als Drucksache 9/166 verteilt. Die in Drucksache 9/108 unter Nummer 28 aufgeführte EG-Vorlage Bericht über die Angleichung der Rechtsvorschriften über Arzneispezialitäten Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinien 65/65/EWG, 75/318/EWG und 75/319/EWG zur Angleichung der Rechts-und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten Vorschlag einer Empfehlung zu den Versuchen mit Arzneispezialitäten im Hinblick auf deren Inverkehrbringen wird als Drucksache 9/185 verteilt. Die in Drucksache 9/37 unter Nummer 184 aufgeführte EG-Vorlage Unterlagen über den zweiten Aktionsplan zur Verbesserung der Informationsübertragung zwischen den europäischen Sprachen Unterlagen über die Schaffung eines europäischen automatischen Übersetzungssystems modernster Konzeption (EUOTRA) Unterlagen über den Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Annahme eines Forschungs- und Entwicklungsprogramms der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für ein automatisches Übersetzungssystem modernster Konzeption wird als Drucksache 9/186 verteilt. Die in Drucksache 9/37 unter Nummer 187 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Verabschiedung eines Zweiten Forschungs- und Entwicklungsprogramms der Europäischen Atomgemeinschaft auf dem Gebiet der Uranschürfung und Urangewinnung (Indirekte Aktion 1981-1984) wird als Drucksache 9/187 verteilt. Die in Drucksache 9/37 unter Nummer 188 aufgeführte EG-Vorlage Entwurf einer Empfehlung des Rates betr. die Erfassung von Arbeiten über die Neuverknüpfung von Desoxyribonukleinsäure (DNS) wird als Drucksache 9/188 verteilt. 1100* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Die in Drucksache 9/37 unter Nummer 189 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Festlegung eines dritten Aktionsplans im Bereich der wissenschaftlich-technischen Information und Dokumentation (1981-1983) wird als Drucksache 9/189 verteilt. Die in Drucksache 9/60 unter Nummer 14 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag einer ersten Richtlinie des Rates zur Angleichung des Markenrechts der Mitgliedstaaten Vorschlag einer Verordnung des Rates über die Gemeinschaftsmarke wird als Drucksache 9/190 verteilt. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Fuchs auf die Fragen des Abgeordneten Kalisch (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 33 und 34): Sind der Bundesregierung die Härten bekannt, die dadurch entstehen, daß bisher zusammen mit ihren Ehemännern privat krankenversicherte Ehefrauen auf Grund von Teilzeitbeschäftigungen einerseits oft gegen ihren Willen ohne Befreiungsmöglichkeit krankenversicherungspflichtig werden und dadurch die Vorteile aus einem niedrigen Eintrittsalter in der privaten Krankenversicherung verlieren, andererseits aber infolge der Regelung durch das Kran kenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz einen Familienhilfeanspruch für die gemeinsamen Kinder nicht erlangen? Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, diese Härten dadurch auszuschließen, daß in derartigen Fällen künftig ein Befreiungsrecht eingeräumt wird, zumal die gesetzliche Krankenversicherung auf Grund oft niedriger Arbeitsentgelte bei weitem nicht immer einen kostendeckenden Beitrag erhält? Der Bundesregierung ist der von ihnen angesprochene Sachverhalt bekannt. Sie sieht darin keine Härte. Es handelt sich vielmehr um Folgen, die jeden Arbeitnehmer treffen, der eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnimmt. Für die von ihm und dem Arbeitgeber gezahlten Beiträge erhält er einen umfassenden Krankenversicherungsschutz. Der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesamten Sozialversicherung sind Regelungen fremd, die den Versicherungsschutz davon abhängig machen, daß der Ehegatte des Beschäftigten bereits anderweitig ausreichend gesichert ist. Solche Regelungen sind mit dem insbesondere das Krankenversicherungsrecht prägenden Solidarprinzip unvereinbar. Außerdem erscheint es nicht sachgerecht, eine Arbeitnehmerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu befreien, die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit aber bestehen zu lassen. Für den hier in Betracht kommenden Personenkreis sehe ich auch keine unzumutbare Belastung. Privatversicherte, die wegen Aufnahme einer Beschäftigung versicherungspflichtig werden, haben in aller Regel die Möglichkeit, die Vorteile aus einem niedrigen Eintrittsalter durch eine Anwartschaftsversicherung zu einem Bruchteil der bisher gezahlten Prämie aufrechtzuerhalten. Im übrigen besteht ein Anspruch auf Familienhilfe für die schon bisher privat versicherten Kinder ohnehin nur dann nicht, wenn der privat versicherte andere Ehegatte ein Gesamteinkommen erzielt, das regelmäßig im Monat 3 300 DM übersteigt. Es ist diesem Ehegatten, der schon bisher den Schutz seiner Kinder im Krankheitsfall sichergestellt hat, ohne weiteres zuzumuten, dies auch weiterhin zu tun. Eine Verlagerung der Aufwendungen gerade in solchen Fällen auf die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung ist sozialpolitisch nicht vertretbar. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb nicht, für teilzeitbeschäftigte Ehegatten von Privatversicherten ein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung einzuführen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Fuchs auf die Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 37 ): Hält es die Bundesregierung angesichts der knappen Finanzlage der Bundesanstalt für Arbeit für richtig, daß bei der Einweihung neuer Arbeitsämter wesentlich großzügiger als früher verfahren wird, wie das Beispiel Hagen zeigt (siehe Westfalenpost vom 10. Februar 1981), wo die Bewirtung nicht nur großzügiger gehandhabt, sondern darüber hinaus noch ein bekannter Fernsehunterhalter für eine Gage von 10 000 DM verpflichtet wurde? Art und Umfang von Feierlichkeiten während der Ausführung von Baumaßnahmen des Bundes sind in Richtlinien geregelt, die vom Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau herausgegeben sind. Diese Richtlinien sind auch für die Bundesanstalt für Arbeit verbindlich. Zur Gestaltung des Richtfestes am Neubau des Arbeitsamts Hagen ist zu sagen, daß der Bau von einem Bauträger zum Festpreis errichtet wird. Die Kosten des Richtfestes hat der Bauträger aus dem Festpreis zu tragen. Die Entscheidung über die Gestaltung des Richtfestes mußte im Hinblick auf die Finanzierungsart des Bauvorhabens dem Bauträger überlassen bleiben. Die Bundesanstalt für Arbeit hat jedoch, als sie von der geplanten Gestaltung der Richtfeier erfuhr, darauf hingewiesen, daß Aufführungen von Kabarettisten bei Richtfesten der Arbeitsverwaltung schon aus Kostengründen nicht üblich sind. Der von Ihnen angesprochene Fernseh-Unterhalter hat im übrigen seine Teilnahme an der Feier vorher abgesagt. Anlage 5 Antwort des Bundesministers Frau Huber auf die Frage des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 38): Inwieweit sieht sich die Bundesregierung veranlaßt, auf Grund der jüngsten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Zuckerungsmißbrauch bei der Weinerzeugung in einer Novellierung des Weingesetzes verschärfte Bestimmungen einzuführen, oder ist eine Liberalisierung bzw. Legalisierung vorgesehen'? Die Bundesregierung hatte bereits im Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Weingeset- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1101* zes, der insoweit vom 8. Bundestag nicht mehr verabschiedet worden ist, Änderungen zur Verbesserung der Weinüberwachung vorgesehen. Sie betrafen die Herbstkontrolle, die Kontrolle der amtlichen Prüfungsnummern und die Kontrolle von bestimmten Stoffen, die verbotswidrig zur Weinbehandlung benutzt werden können. Änderungen in den vorgenannten Bereichen der Überwachung werden auch im Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes enthalten sein, der in Kürze den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet werden wird. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die dann bestehenden Überwachungsregelungen der von den Ländern durchgeführten Weinkontrolle genügend Möglichkeiten geben, Manipulationen der im vergangenen Jahr aufgedeckten Art entgegenzuwirken. Der Entwurf wird auch einen überarbeiteten Sanktionskatalog enthalten, in dem die Erfahrungen von Weinüberwachung, Strafverfolgungsbehörden, Justiz und Weinwirtschaft bei der Anwendung des Gesetzes seit 1971 verwertet worden sind. Grundlegende Änderungen im Qualitätsweinbereich sind nicht beabsichtigt. An der Einteilung in Qualitätsweine einerseits, die angereichert werden dürfen, und in Qualitätsweine mit Prädikat andererseits, bei denen eine Anreicherung nicht erlaubt ist, wird festgehalten. Die Bundesregierung ist mit dem ganz überwiegenden Teil der Deutschen Weinwirtschaft der Auffassung, daß an diesem geltenden System, das auf einem Konsens aller Beteiligten nach 20jährigen gründlichen Prüfungen und Beratungen beruht, nichts geändert werden sollte. Es ist auch praxisgerecht, wenn es konsequent durchgeführt wird. Dazu gehört allerdings die Erkenntnis, daß im Qualitätsbereich Spätlesen und höhere Prädikate in normalen Jahren nur in mäßigem Umfange geerntet werden und der überwiegende Teil der Ernte auf die Qualitätsweine ohne Prädikat entfällt. Der Blick in die Weinbaugebiete mit verhältnismäßig kleinem Anteil an Prädikatsweinen (z. B. Franken, Württemberg und Baden) zeigt, daß dort die Erzeuger für Qualitätswein einen höheren Preis erzielen, als in anderen Anbaugebieten für Weine der unteren Prädikate gezahlt wird. Um die Marktchancen des Qualitätsweins — insbesondere beim Absatz im norddeutschen Verbrauchergebiet — zu erhöhen, beabsichtigt die Bundesregierung, die für ihn bestehende Restzuckerbegrenzung aufzuheben. Eine Legalisierung verbotswidriger Manipulationen im Prädikatsweinbereich lehnt die Bundesregierung dagegen im wohlverstandenen Interesse sowohl der Verbraucher als auch der redlichen Weinwirtschaft ab. Anlage 6 Antwort des Bundesministers Frau Huber auf die Frage der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 55): Hält es die Bundesregierung für angebracht, die unmittelbaren Einwirkungsmöglichkeiten des Arbeitsstabs Frauenpolitik beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit in der Öffentlichkeit zu verstärken, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Tätigkeit dieses Arbeitsstabs auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen? Die Bundesregierung hat dem Arbeitsstab Frauenpolitik im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit als eine Hauptaufgabe zugewiesen, die Frauenpolitik der Bundesregierung in der Öffentlichkeit darzustellen, Frauen über ihre Rechte zu informieren und durch allgemeine Aufklärungsarbeit zum Abbau von Vorurteilen beizutragen, die vielfach Grund für Benachteiligungen sind. Der Arbeitsstab Frauenpolitik legt bei seiner Öffentlichkeitsarbeit vor allem Wert auf Breitenwirkung. Dazu dient z. B. die Informationsschrift „Treffpunkt", die z. B. auch über Lesezirkelmappen verteilt wird, die Informationsbörsen für Frauen sowie die Poster-und Postkartenserie „Für gleiche Chancen". Für Multiplikatoren ist das Material des Arbeitsstabes Frauenpolitik einschließlich z. B. der Modellberichte in der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit zu einer wichtigen Informationsquelle geworden. Für die gleiche Zielgruppe ist die vor einigen Tagen im Druck erschienene Informationsbroschüre „Frauen '80" bestimmt, die schon jetzt auf eine sehr große Nachfrage stößt. Der Arbeitsstab Frauenpolitik wird nach seiner bisher kurzen Anlaufzeit der Öffentlichkeitsarbeit weiterhin große Aufmerksamkeit schenken. Bei der Wertung der Darstellung des Arbeitsstabs Frauenpolitik in den Medien ist zu berücksichtigen, daß er erst ca. 1 1/2 Jahre besteht. Anlage 7 Antwort des Bundesministers Frau Huber auf die Fragen des Abgeordneten Heyenn (SPD) (Drucksache 9/159 Fragen 56 und 57): Ist der Arbeitsstab Frauenpolitik in der Lage, einen Bericht über die Repräsentanz von Frauen in obersten Bundesbehörden unter quantitativen und qualitativen Aspekten vorzulegen, der auch konkrete Vorschläge enthält, wie der berufliche Aufstieg von Frauen beispielhaft gefördert werden kann? Was hat der Arbeitsstab Frauenpolitik unternommen, um die Situation der berufstätigen Frauen in den Familien zu verbessern und damit die Vereinbarkeit der Arbeit in Beruf und Haushalt herzustellen? Zu Frage 56: Der Bundesminister des Innern berichtet dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages seit 1950 regelmäßig über die Repräsentanz der Frauen in der Bundesverwaltung. Der letzte Bericht, Stichtag 30. Juni 1977, wurde am 2. März 1979 vorgelegt, der nächste Bericht, Stichtag 30. Juni 1980, soll im Frühjahr 1981 vorgelegt werden. Die Berichte enthalten die von Ihnen gewünschten Angaben über die Repräsentanz von Frauen in den Obersten Bundesbehörden. 1102* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Ich habe angeregt, daß ergänzend noch detailliertere Daten erhoben werden, um auf dieser Basis prüfen zu können, wie der berufliche Aufstieg von Frauen gefördert werden kann. Zu Frage 57: Einen zentralen Ansatzpunkt zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sieht der Arbeitsstab Frauenpolitik in einer Änderung der Bedingungen, die das Arbeitsleben an Frauen und Männern mit Familienaufgaben stellt. Zu denken ist insbesondere an flexiblere, auf die familiären Bedürfnisse besser abstimmbare Arbeitszeiten und an verkürzte Arbeitszeiten für Eltern mit kleinen Kindern. Hierin liegt auch eine wichtige Chance für Väter, sich stärker der Familie zu widmen. Um die beginnende Diskussion über eine familienfreundlichere Gestaltung des Arbeitslebens zu unterstützen, hat der Arbeitsstab Frauenpolitik im August 1980 eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben. Es sollen die Be- und Entlastungsfaktoren im Arbeitsleben von Frauen und Männern mit Familienaufgaben herausgearbeitet werden. Gemeinsam mit den Tarifvertragsparteien sollen anschließend in einigen Betrieben auf freiwilliger Basis Möglichkeiten einer familienfreundlicheren Arbeitsorganisation erprobt werden. Erste Ergebnisse des Projekts werden im August 1982 vorliegen. Im Rahmen seiner Aufklärungsarbeit hat der Arbeitsstab Frauenpolitik zwei Plakat- und Postkartenserien entwickelt, die positive Beispiele einer partnerschaftlichen Lebensführung zeigen. Diese Materialien werden sowohl über Verbände als auch auf Einzelanfrage einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Anlage 8 Antwort des Bundesministers Frau Huber auf die Frage der Abgeordneten Frau Zutt (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 58): Überprüft der Arbeitsstab Frauenpolitik beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit Gesetze und Maßnahmen im Hinblick auf ihre Wirkung und Bedeutung für Frauen, und welche Erfahrungen liegen ihm darüber vor? Gemäß Kabinettbeschluß vom 2. Mai 1979 hat der Arbeitsstab Frauenpolitik im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit alle einschlägigen Vorhaben, d. h. Gesetzentwürfe und sonstige Maßnahmen der Bundesregierung auf ihre Bedeutung für Frauen zu untersuchen. Um dies zu gewährleisten, ist im Besonderen Teil der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung festgelegt, daß bei der Bearbeitung von Gesetzentwürfen das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit schon zu den Vorarbeiten zuzuziehen ist, wenn Belange der Frauen berührt werden. Dadurch hat der Arbeitsstab Frauenpolitik frühzeitig die Möglichkeit, aus frauenpolitischer Sicht Stellung zu nehmen und Anregungen zu geben. Die Erfahrungen sind im allgemeinen befriedigend. Anlage 9 Antwort des Bundesministers Frau Huber auf die Frage der Abgeordneten Frau Schmedt (Lengerich) (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 59): In welchem Umfang hat der Arbeitsstab Frauenpolitik Einwirkungsmöglichkeiten auf Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen von Frauen nehmen können? Der Arbeitsstab Frauenpolitik hat nur begrenzte Einwirkungsmöglichkeiten auf konkrete Arbeitsbedingungen im Einzelfall. Er hat aber durch gezieltes Informationsmaterial Frauen in den Betrieben auf ihre Rechte aufmerksam gemacht und die Frauen ermutigt, diese auch wahrzunehmen. So hat er die wesentlichen arbeitsgerichtlichen Entscheidungen zu Fragen der Lohngleichheit zusammenstellen und auswerten lassen. Diese Urteilssammlung wird schon vor der eigentlichen Veröffentlichung von vielen Stellen angefordert; sie soll demächst allen Interessierten als Broschüre zur Verfügung gestellt werden. Die Leiterin des Arbeitsstabes Frauenpolitik hat daneben mit einer Reihe von Betrieben Gespräche über die Einführung von Frauenförderungsplänen auf freiwilliger Basis geführt. Mehrere größere Betriebe haben Zielvorgaben und Zielvorstellungen für die Förderung von Frauen für Positionen, die für Frauen noch vielfach verschlossen sind, entwickelt. Die Erfahrungen zeigen, daß es sehr unterschiedliche Barrieren für die Frauen gibt, so daß es mehrere Förderungsmodelle geben muß. Auf diese Weise wird die Situation von Frauen ganz konkret in den einzelnen Betrieben und im öffentlichen Dienst verbessert (Kommunen). Außerdem hat der Arbeitsstab Frauenpolitik eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben, die aufzeigen soll, welche Möglichkeiten einer familienfreundlichen Arbeitsorganisation möglich sind, damit Väter und Mütter Familie und Beruf besser in Einklang bringen können. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen in einem Modellversuch praktisch erprobt werden. Anlage 10 Antwort des Bundesministers Frau Huber auf die Frage der Abgeordneten Frau Luuk (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 60): In welchen Bundesländern sind Gleichstellungsstellen oder vergleichbare Einrichtungen geschaffen worden, und wie stellt sich die Zusammenarbeit dieser Stellen mit dem Arbeitsstab beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit dar? Spezielle Institutionen mit Koordinierungs- und Mitwirkungszuständigkeit zur Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frau gibt es bislang in drei Bundesländern, und zwar — in Nordrhein-Westfalen, dem ersten Land mit einer solchen Stelle, im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1103* I — in Hamburg die „Leitstelle Gleichstellung der Frau" in der Senatskanzlei — in Hessen die Zentralstelle Frauenangelegenheiten in der Staatskanzlei. In Bremen soll auf Grund eines entsprechenden Senatsbeschlusses in diesem Jahr eine Gleichstellungsstelle eingerichtet werden. Auch Bayern plant auf Grund eines Ministerratsbeschlusses eine Leitstelle für die Gleichstellung der Frauen im Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung. In Berlin, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz gibt es Frauenreferenten mit Teilzuständigkeiten. In den übrigen Bundesländern ressortieren Frauenangelegenheiten in einer Abteilung oder einem Referat „Familie", wobei in Schleswig-Holstein außerdem einer Parlamentarischen Staatssekretärin im Sozialministerium die besondere Zuständigkeit für Familien- und Frauenangelegenheiten übertragen ist. Die Zusammenarbeit dieser Stellen mit dem Arbeitsstab Frauenpolitik im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit ist eng und auf gegenseitige Unterstützung gerichtet. Die Stellen unterrichten einander über Fragen grundsätzlicher Bedeutung, und es gibt einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch. Darüber hinaus informieren sich die Stellen über Modelle zur Durchsetzung der Gleichberechtigung im Ausland (z. B. ) gemeinsame Informationsreise in die USA auf Einladung des German Marshall Fund) und sind in der deutschen Delegation bei Konferenzen auf frauenpolitischem Gebiet vertreten (z. B. Weltkonferenz in Kopenhagen, EG-Konferenz in Manchester). Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Dr. Bugl (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 61): Wie hoch sind insbesondere die Kosten für Renovierung und Ausstattung des Ministerbüros im Bundesverkehrsministerium seit 1. Januar 1980 bis heute, und wofür wurden die Gelder im einzelnen verwendet? Für die Renovierung und teilweise Neuausstattung des im Dezember 1973 eingerichteten Dienstzimmers des Bundesministers für Verkehr sind seit Januar 1980 insgesamt rd. 8 000,— DM verausgabt worden, die sich wie folgt aufteilen: a) für Malerarbeiten DM 555,00 b) neue Gardinen DM 800,00 c) Ersatz des Teppichbodens DM 3 400,00 d) Lichtschienen DM 3 200,00 Nicht berücksichtigt ist der Austausch einer Schrankwand. Die Dienstzimmer des Ministers und der beiden Staatssekretäre befinden sich in einem auf Grund den Empfehlungen des Bundeskriminalamtes besonders abgesicherten Bereich des Gebäudes. Die Sicherungsanlagen hätten nur mit einem unvertretbar hohen Kostenaufwand in andere Bereiche des Gebäudes umgesetzt werden können. Es bestand daher nur die Möglichkeit, der jahrelangen Raumnot in diesem Geschoß durch Einbau deckenhoher Wandschränke in allen Räumen zu begegnen. Dadurch konnten im gesicherten Bereich zwei bislang als Archivräume genutzte Zimmer wieder als Büros in Anspruch genommen und der Arbeitsablauf wesentlich erleichtert werden. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Fragen des Abgeordneten Stutzer (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 62 und 63): Durch welche neuen behindertengerechten Bauten und andere Maßnahmen werden im „Jahr der Behinderten" die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Bundespost den Schwerbehinderten in Schleswig-Holstein die Inanspruchnahme erleichtern? Wieviel neue Parkplätze wird die Deutsche Bundesbahn in den nächsten vier Jahren in unmittelbarer Nähe der schleswig-holsteinischen Bahnhöfe einrichten mit dem Ziel, das Umsteigen vom privaten Personenkraftwagen auf die Deutsche Bundesbahn zu erleichtern, und ist die Deutsche Bundesbahn der Auffassung, daß z. B. die in Rendsburg vorgesehenen Parkplätze ausreichen, den kombinierten Verkehr zu fördern? Zu Frage 62: Die Deutsche Bundesbahn ist auch in Schleswig-Holstein bemüht, bei ihren laufenden und neuen Baumaßnahmen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Wirtschaftsmittel Verbesserungen für Behinderte zu erreichen. Sie beabsichtigt, insbesondere im Zuge der Modernisierungsarbeiten in Kiel Hbf. und Lübeck Hbf. geeignete Maßnahmen durchzuführen, wie u. a. Einrichtung von behindertengerechten Toiletten und Telefonzellen sowie von kleineren Zugangsrampen. Wie mir der Bundespostminister mitgeteilt hat, berücksichtigt die Deutsche Bundespost bereits seit 1970 bei ihren Bauplanungen die vom gemeinsamen Ausschuß des Europarats für die Eingliederung und Wiedereingliederung der Behinderten erarbeitete Empfehlung über die „Planung und Ausgestaltung von öffentlichen Gebäuden". Seit 1978 gilt in ihrem Bereich verbindlich die DIN-Norm 18024 — bauliche Maßnahmen für Behinderte und alte Menschen im öffentlichen Bereich —. Schwerpunktmäßig werden danach insbesondere geschaffen: 1104* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 — Rampen für Rollstuhlfahrer, — elektrisch betätigte automatische Türen, — Besucher-Parkplätze mit vergrößertem Stellplatz-Bereich ausschließlich für Schwerbehinderte. In Schleswig-Holstein sind 1981 derartige Maßnahmen bei insgesamt 17 Postdienstgebäuden vorgesehen. Kleinere behindertengerechte Baumaßnahmen führen zahlreiche weitere Postämter in eigener Zuständigkeit durch. Im Fernsprechsektor sind folgende technische Einrichtungen herauszustellen: 1. Fernwahlmünzfernsprecher 20 — leichte Bedienung durch Tastwahlblock — 2. Fernsprechhauben — Benutzung durch Rollstuhlfahrer möglich — 3. Fernsprechhäuschen für Rollstuhlfahrer — geräumiger Innenraum und griffgünstiger Zugriff zum Telefon — 4. Telefonhörer für Hörbehinderte — Hörverstärker oder Magnetfelderzeuger für Hörgeräte — 5. Telefonapparat mit großem Tastenfeld — weitere Verbesserung der Bedienbarkeit — 6. Diverse Zusatzeinrichtungen zum Telefon — z. B. Steckdosen, zusätzliche Wecker auch mit sichtbarer Anzeige, Anschalterelais für weitere Geräte — Diese Maßnahmen sind auch in Schleswig-Holstein wirksam. Ende 1980 waren hier u. a. bereits in Betrieb: — 88 öffentliche, für Rollstuhlfahrer geeignete Sprechstellen. — 29 öffentliche Sprechstellen für Hörbehinderte. Der weitere Ausbau wird verstärkt fortgesetzt. Neben den baulichen und fernmeldetechnischen Maßnahmen hat die Deutsche Bundespost auch in ihrer Gebührenpolitik die Behinderten besonders berücksichtigt. Zu Frage 63: In den Jahren 1981 bis 1985 sollen nach den bisherigen Planungsüberlegungen der Deutschen Bundesbahn neue Parkplätze für insgesamt 400 Pkw in der Nähe von geeigneten Bahnhöfen in Schleswig-Holstein eingerichtet werden. Voraussetzung hierfür sind verfügbare Grundstücksflächen und die Mitwirkung der betreffenden Kommunen. Nach Auffassung der DB werden die Parkmöglichkeiten im Bereich des Bahnhofs Rendsburg in weiterer Zukunft nicht ausreichen; Verhandlungen mit der Stadt Rendsburg wurden aufgenommen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage der Abgeordneten Frau Benedix-Engler (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 64): Sieht die Bundesregierung die besonders in der Dunkelheit äußerst mangelhafte Kennzeichnung der Bahnhofsstationen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Aussteigen auf falschen Stationen und dem Versuch des Wiedereinsteigens bei automatischen Wagentüren zu schweren Unfällen geführt hat, und ist sie bereit, auf die Deutsche Bundesbahn einzuwirken, diesem Mangel abzuhelfen? Bahnhöfe des Personenverkehrs der Deutschen Bundesbahn sind grundsätzlich durch mindestens zwei Schilder mit dem Bahnhofsnamen gekennzeichnet, die an geeigneten Standorten angebracht sind. Schriftform und Schriftgröße auf den Stationsschildern richten sich nach einheitlichen Vorschriften. Für die Beleuchtung der Bahnanlagen gelten detaillierte Richtlinien, die auf der DIN-Norm 5035 basieren und als anerkannte Regeln der Technik den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung im Eisenbahnbetrieb genügen. Nachdem bei allen neuen und in zunehmendem Maße auch bei den vorhandenen Reisezugwagen automatische Türschließ- und -verriegelungseinrichtungen eingebaut werden, ist damit zu rechnen, daß die Zahl der selbstverschuldeten Unfälle, die mit den Einstiegen in Zusammenhang stehen und auf unsachgemäßes Verhalten der Reisenden zurückzuführen sind, weiter abnehmen wird. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 65): Wie läßt sich die Aussage des Bundeskanzlers vor einiger Zeit, die Bundesrepublik Deutschland sei das reichste Land der Welt und es wären genügend finanzielle Reserven verfügbar, in Einklang bringen mit der Erklärung des jetzigen Bundesverkehrsministers vom Januar 1981, aus finanziellen Gründen müßten der Autobahnbau und der Fernstraßenbau eingeschränkt werden, weil der Fernstraßenplan sich mangels Finanzmasse nicht mehr verwirklichen lasse? Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung vom 24. November 1980 erklärt, daß wir über hohe Währungsreserven verfügen und keinerlei Anlaß zum Pessimismus haben. Er hat gleichzeitig aber auch die Notwendigkeit einer sparsamen Haushaltsführung betont und im Zusammenhang Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1105* mit dem Bundeshaushalt ausgeführt, daß wir auf der Ausgabenseite erheblich kürzen und umschichten müssen. Der Bundesminister für Verkehr hat im Verlauf der kürzlichen Haushaltsdebatte deutlich gemacht, daß auch der Verkehrshaushalt seinen Beitrag zu diesen Rückführungen gegenüber der bisherigen Planung leisten muß. Er hat darüber hinaus dargelegt, wo die Bundesregierung die künftigen Prioritäten der Verkehrswegeinvestitionen sieht und weshalb sie Abstriche an den ursprünglich vorgesehenen Planungsansätzen im Bundesfernstraßenbau für unumgänglich hält. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 66): Treffen Informationen zu, daß beim Neubau der Grünthaler Hochbrücke im Kreis Rendsburg-Eckernförde keine Eisenbahnschienen eingeplant werden sollen, so daß die Deutsche Bundesbahn die Strecke Neumünster-Heide stillegen kann, und wird die Bundesregierung bejahendenfalls diese Planungen angesichts der Forderung, aus Energieersparnisgründen den Individual- bzw. Güterverkehr mehr als bisher auf die Schienen zu verlagern, revidieren? Beim Neubau der Grünenthaler Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal ist beabsichtigt, den Gleiskörper zu erhalten. Anderslautende Informationen sind unzutreffend. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Merker (FDP) (Drucksache 9/159 Frage 67): Liegen der Bundesregierung Zahlen vor, um wieviel Prozent die Fahrpreise im öffentlichen Personennahverkehr steigen werden, wenn nach Streichung der Gasölbetriebsbeihilfe der Ausfall voll auf die Fahrpreise umgelegt wird? Maßgebend für die möglicherweise notwendig werdenden Tariferhöhungen aus dem geplanten stufenweisen Abbau der Gasölbetriebsbeihilfe ist die Struktur des Betriebes. Nach den Angaben der Verkehrsbetriebe bzw. ihrer Verbände sind unter Berücksichtigung des Abbaus in drei Jahresschritten zwischen 1982 und 1984 im Durchschnitt Tariferhöhungen zwischen 1,5 % und 4 % jährlich erforderlich. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Straßmeir (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 68): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß der Luftverkehrsverbindung von und nach Berlin als dem einzig freien Zugang ein besonderer Stellenwert zukommt, und wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die erneute Anhebung der Flugpreise durch die alliierten Luftfahrtgesellschaften um 7,5 v. H.? Im Einvernehmen mit dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung bekräftigt ihre seit jeher vertretene Auffassung, daß die Aufrechterhaltung des Luftverkehrs von und nach Berlin für die Lebensfähigkeit Berlins eine überragende Bedeutung hat. Er ist aber nur gewährleistet, wenn er wirtschaftlich betrieben werden kann. Hierzu bedarf es der fortlaufenden Anpassung der Berlin-Tarife an die jeweilige Kostenentwicklung. Die Bundesregierung hat sich anhand der ihr von den Drei Mächten zugänglich gemachten Angaben der Berlin-Fluggesellschaften davon überzeugen können, daß die ab 1. März 1981 in Kraft tretende Anhebung der Berlin-Tarife um 7,5% durch die gestiegenen Kosten, insbesondere auf dem Treibstoffsektor, gerechtfertigt ist. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hackel (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 69): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß diese erneute Erhöhung der Flugpreise nachteilige Auswirkungen auf das gesamte Fluggastaufkommen befürchten läßt, weil sich die Schere zwischen dem Flugpreis und den gewährten Subventionen stetig weiter öffnet, und welche Folgerungen zieht sie daraus? Im Einvernehmen mit dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung befürchtet keinen Rückgang des Fluggastaufkommens im Berlin-Luftverkehr durch die bevorstehende Erhöhung der Berlin-Flugtarife, zumal den Berlin-Flugreisenden durch zahlreiche niedrige Sondertarife genügend preisgünstige Reisemöglichkeiten geboten werden. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Schulze (Berlin) (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 70): Wie beurteilt die Bundesregierung den Rückgang des Charterverkehrs in Berlin-Tegel vor dem Hintergrund der allgemeinen Preisentwicklung und der Dumpingkonkurrenz in Berlin-Schönefeld? Der Ferienflugverkehr ist 1980 allgemein rückläufig gewesen. Der Rückgang im Charterverkehr von 15,6 % in Berlin-Tegel wird von einigen Flughäfen im Bundesgebiet noch übertroffen. Überdurchschnittlich hohe Verkehrsverluste sind im Spanien-Verkehr eingetreten. Da die Reiseveranstalter wegen weitgehend konstanter Flug- und Hotelpreise das Ferienziel Spanien 1981 wieder positiver beurteilen, 1106* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 ist insgesamt mit einer Stabilisierung des Charterflugverkehrs auch in Berlin-Tegel zu rechnen. Von einer wesentlichen Dumping-Konkurrenz in Berlin-Schönefeld wird nicht ausgegangen, zumal voraussichtlich 1981 in Berlin-Tegel kostengünstiges Großraumfluggerät zum Einsatz kommen wird. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Fragen des Abgeordneten Reschke (SPD) (Drucksache 9/159 Fragen 71 und 72): Wann wird die Linienbestimmung nach § 16 des Bundesfernstraßenbaugesetzes für die A 31 in den Bereichen Bottrop, Oberhausen, Mülheim, Essen und Mettmann durch Weisung der Bundesregierung aufgehoben? Ist der Bundesregierung bekannt, ob der Verkehrsausschuß und der Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen anstelle der aufgehobenen A 31 Ersatz schaffen wollen durch eine Landstraße im Linienbereich der aus dem Bedarf gestrichenen A 31 mit Trassierungs- und Ausbauelementen einer Bundesstraße? Zu Frage 71: Nachdem die Bundesautobahn A 31 in den genannten Bereichen im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen nicht mehr enthalten ist, kann grundsätzlich die vom Bundesminister für Verkehr bestimmte Linienführung als entbehrlich angesehen werden. Vor einer formellen Aufhebung, die vom Bundesminister für Verkehr beabsichtigt ist, wurde jedoch vorsorglich die Stellungnahme des Landes Nordrhein-Westfalen erbeten. Zu Frage 72: Dem Bundesminister für Verkehr ist bekannt, daß das Land Nordrhein-Westfalen zur Zeit überprüft, inwieweit räumlich begrenzte Probleme durch Baumaßnahmen im Landstraßennetz im Bereich der aufgegebenen Trasse der A 31 gelöst werden können. Weitere Angaben können nicht gemacht werden. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Becker auf die Frage des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 73): Inwieweit ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, die verschiedentlich angekündigte Überprüfung der schematisch bzw. technisch abgegrenzten Nahbereiche des Telefonnetzes vorzunehmen im Blick auf gewachsene oder im Zuge von Verwaltungsreformen erfolgte Zuordnungen von Siedlungsräumen an von der Raumordnung gebotene und von der jeweiligen Landesplanung bestätigte zentrale Orte? Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, vor dem Abschluß der Einführung des Nahdienstes — dies ist bis Ende 1982 zu erwarten — zu prüfen, ob eine Ausweitung der Telefon-Nahbereiche oder eine sonstige Weiterentwicklung des neuen Tarifsystems möglich ist. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Becker auf die Frage des Abgeordneten Dr. Diederich (Berlin) (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 74): Durch welche Maßnahmen wird die Bundesregierung sicherstellen, daß Telefongespräche von und nach Berlin künftig nicht mehr abgehört werden können? Der Schutz gegen gesetzwidriges Abhören könnte durch hohen und kostspieligen technischen Aufwand verbessert werden. Ein absoluter Schutz gegen Abhören ist allerdings auch mit extrem hohem Aufwand nicht realisierbar. Die Deutsche Bundespost verfolgt unabhängig vom aktuellen Abhörfall die technologische Entwicklung und untersucht, inwieweit ein höheres Maß an Abhör-Sicherheit bei wirtschaftlich vertretbarem Aufwand erreicht werden kann. Sie untersucht auch, ob und mit welchen technischen Mitteln der über die Funkverbindungen geleitete Fernsprechverkehr Berlin (West) — Bundesgebiet zusätzlich gegen Abhören geschützt werden könnte. Von dem Ergebnis dieser Untersuchung werden die weiteren Maßnahmen abhängig sein. Ein zusätzlicher Schutz für Einzelgespräche kann durch Verwendung von Sprachverschleierungsgeräten erreicht werden, die von der Deutschen Bundespost zur Anschaltung an den Endstellen zugelassen sind. Voraussetzung ist aber, daß gleichartige Geräte an den Endstellen der beiden Gesprächspartner verfügbar sind. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Becker auf die Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 75): Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Deutschen Postgewerkschaft (siehe Deutsche Post vom 5. Februar 1981), wonach die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Becker in der Fragestunde vom 18. Dezember 1980 falsch gewesen sein soll, die besagte, daß „den Beamten nach eindeutiger Rechtslage kein Streikrecht zusteht"? Die Bundesregierung hat ihre Auffassung zum Streikrecht der Beamten in der Antwort auf eine entsprechende Frage von Ihnen bereits dargelegt. Ich darf dazu auf das Protokoll der 12. Sitzung des Deutschen Bundestages am 18. Dezember 1980, An- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1107* lage 25 verweisen. Danach steht den Beamten nach der bestehenden Rechtslage kein Streikrecht zu. An dieser Auffassung hält die Bundesregierung fest. Zur Verdeutlichung der Auffassung der Deutschen Postgewerkschaft im Zusammenhang mit dem von Ihnen erwähnten Artikel in der „Deutschen Post" vom 5. Februar 1981 möchte ich Sie auf folgendes hinweisen: Der Vorsitzende der Deutschen Postgewerkschaft hat laut Tagungsprotokoll vom 12. Oktober 1980 (Kongreß der Deutschen Postgewerkschaft in Berlin) erklärt: „Auch wenn ich heute unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Urteile sagen muß: Der Beamte darf nicht streiken — und ich meine das ernst —, so halte ich es für ganz ausgeschlossen, daß dies ein auf Dauer zu erhaltender Zustand sein kann. Vielleicht wäre es gut, wenn die Richter sich bewußt würden, in welche Lage z. B. die zahlreichen im Schichtdienst tätigen Beamten gegenüber ihren Kollegen Angestellten und Arbeitern durch diese Rechtsprechung gebracht werden. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß diese Lage mit hergebrachten Grundsätzen aüf Dauer nicht zu meistern sein wird. Das ist nach meinem Empfinden ein zutiefst undemokratischer Zustand, und er hat überhaupt nichts zu tun mit der Notwendigkeit, für die Gesellschaft lebensnotwendige Dienstleistungen auch im Konfliktfall zu garantieren. Ich halte es für einen Ausdruck demokratischen Selbstverständnisses, eben dies in freier Entscheidung der Beteiligten zu gewährleisten und nicht auf Grund hergebrachter Grundsätze, deren Ursprung und Formung sich immer mehr im Nebel wechselvoller Geschichte verlieren." Worauf es der Deutschen Postgewerkschaft offensichtlich ankommt, das hat der Vorsitzende der Deutschen Postgewerkschaft zusammenfassend wie folgt formuliert: Die im DGB vertretenen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes respektieren die höchstrichterliche Rechtsprechung. Diese Position ergibt sich aus dem Bekenntnis der Gewerkschaften des DGB zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Insofern werden natürlich auch die höchstrichterlichen Entscheidungen zum Streikrecht der Beamten zur Kenntnis genommen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Becker auf die Fragen des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 76 und 77): Haben sich die Postbeamten am Streik wegen des Schichtdienstes oder an Maßnahmen, die diesen Streik unterstützen sollten, beteiligt, und wenn ja, wie viele? Gegen wie viele Beamte, die sich an dem Streik beteiligt und damit ihre Dienstpflicht verletzt haben, sind Disziplinarmaßnahmen eingeleitet worden und mit welchem Ergebnis'? Beamte der Deutschen Bundespost haben sich am Streik der Tarifkräfte nicht beteiligt. Die bei der Deutschen Bundespost vertretenen Gewerkschaften hatten die Beamten auch nicht zur Urabstimmung und zum Streik aufgerufen. Sollten einzelne Beamte im Zusammenhang mit dem Streik ihre Pflichten bewußt verletzt haben, so wird dem nachgegangen. Soweit hier bekannt ist, sind in einem Einzelfall Vorermittlungen nach der Bundesdisziplinarordnung eingeleitet worden. Das Ergebnis bleibt abzuwarten. In einzelnen Fällen — die Anzahl ist noch nicht erhoben worden — haben die Dienstvorgesetzten das Verhalten von Beamten gerügt. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Becker auf die Fragen des Abgeordneten Dr. von Geldern (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 78 und 79): Haben Dienstvorgesetzte der Deutschen Bundespost nachgeordnete Stellen rechtswidrig angewiesen, keine Disziplinarmaßnahmen einzuleiten oder weiter zu verfolgen, wenn ja, welche und in wieviel Fällen'? Ist bei Beamten, die gestreikt haben, entsprechend den gesetzlichen Vorschriften eine Gehaltskürzung vorgenommen worden, oder sind gesetzwidrig für diese Zeit Gehälter weitergezahlt worden? Der Bundespostminister hat zur Förderung des Betriebsfriedens die nachgeordneten Dienststellen gebeten, grundsätzlich von Maßregelungen Beschäftigter im Zusammenhang mit dem Streik abzusehen. Im Hinblick auf die Rechtslage, welche einen Verzicht auf disziplinarrechtliche Vorermittlungen verbietet, hat es sich dabei nicht um einen Hinweis gehandelt, von erforderlichen Maßnahmen nach der Bundesdisziplinarordnung abzusehen. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Fragen 76 und 77 des Kollegen Broll habe ich dargelegt, daß sich Beamte der Deutschen Bundespost nicht am Streik beteiligt haben. Gehaltskürzungen waren deshalb auch nicht vorzunehmen. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Becker auf die Fragen des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 80 und 81): Zu wieviel Prozent befördert die Deutsche Bundespost auf weiten Strecken ihre Güter wie Briefe und Pakete mit ihren eigenen Lastkraftwagen und Kombis, und wie hoch sind allein die Treibstoffkosten, die hierfür benötigt werden? Sind schon Überlegungen und Berechnungen angestellt worden, die Postgüter wie früher im Verbund mit der Deutschen Bundesbahn wieder auf der Schiene zu transportieren, um die Deutsche Bundesbahn aus wirtschaftlichen Gründen mehr auszulasten, diese Fahrzeuge von den Straßen wegzubekommen und Kraftstoff zu sparen? Die Postbeförderung erfolgt im Fernverkehr grundsätzlich auf dem Schienenwege. Dagegen wird z. Z. der Nah- und Bereichsverkehr über Kraftfahrzeuge abgewickelt. Die Gründe für die Umstellung von der Schiene auf die Straße liegen im wesentlichen in Rationalisierungsmaßnahmen der Deutschen Bundesbahn. Zwischen benachbarten Bearbeitungszentren und Fernverkehrsknoten hat die 1108* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Deutsche Bundespost bundesweit insgesamt 53 Straßenpost-Verbindungen mit einer Streckenlänge von jeweils mehr als 50 km hergestellt. Für diese Straßenposten, deren Anteil am Überlandverkehr der Deutschen Bundespost lediglich 2,3 v. H. ausmacht, wurden 1979 rd. 700 000 DM für Treibstoffe ausgegeben = 0,45 v. H. der Gesamtausgaben für Treibstoffe. Aus den genannten Gründen ist es nicht möglich, im Nah- und Bereichsverkehr auf den Schienentransport zurückzugreifen. Ein derartiges Verfahren wäre zudem kostenaufwendiger, verursacht zusätzliche Umschlag- und Verladeleistungen und führt zu längeren Laufzeiten für die Postsendungen, die im kundendienstlichen Interesse nicht vertreten werden können. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Becker auf die Frage des Abgeordneten Dr. Kübler (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 82): Ist der Bundesregierung bekannt, daß Postsendungen des PEN-Zentrums in der Bundesrepublik Deutschland an inhaftierte Regimekritiker in der UdSSR „verloren" gehen und daß sich die Postverwaltung Bremen sehr zurückhaltend im Versuch der Aufklärung solcher Vorgänge verhält, und wie wird sich die Bundesregierung im Fall künftiger gleicher Vorgänge verhalten? Der Bundesregierung ist der geschilderte Sachverhalt nicht bekannt. Weder dem Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen noch der Oberpostdirektion Bremen oder dem Postamt Bremen 1 liegen Nachforschungsanträge oder sonstige Beschwerden des PEN-Zentrums in der Bundesrepublik Deutschland wegen Nichtaushändigung von Postsendungen an inhaftierte Personen in der Sowjetunion vor. Allgemein kann folgendes gesagt werden: Postsendungen an inhaftierte Personen werden in der Sowjetunion — wie auch in den meisten anderen Ländern — nicht den Empfängern selbst, sondern der Anstaltsleitung ausgeliefert. Eine derartige Aushändigung an einen Empfangsbeauftragten ist postrechtlich als ordnungsgemäße Auslieferung der Sendung anzusehen. Damit hat die Post ihren Beförderungsauftrag erfüllt und ihre Verfügungsgewalt über die betreffende Sendung verloren. Die Frage, ob und wann unter welchen Umständen solche Postsendungen von der Anstaltsleitung an den Inhaftierten weitergegeben oder auch einbehalten werden, ist keine postalische Frage, sondern eine Frage der allgemeinen Haftbedingungen und des Strafvollzugs, für die die Postverwaltungen nicht zuständig sind. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 83): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die in § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Entwurfs einer Verordnung über Heizkostenabrechnung— HeizkostenV (BR-Drucksache 632/80) umschriebene Ausnahme unverhältnismäßig hoher Verteilungskosten beim Wärmeverbrauch zur Nichtanwendbarkeit der Verordnung für die meisten Einfamilienhäuser mit Einliegerwohnung führt, weil die Wohnfläche der fremdvermieteten Einliegerwohnung oft nur ein Drittel oder weniger der Wohnfläche der eigengenutzten Hauptwohnung ausmacht, und ist bejahendenfalls die Bundesregierung bereit, im Interesse der Rechtsklarheit den Katalog der Ausnahmen um diesen Tatbestand ausdrücklich zu erweitern? Die Konzeption der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung beruht auf der Erwartung, daß die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten eine Änderung des Verbrauchsverhaltens im Sinne eines sparsameren Umganges mit Heizenergie bewirkt. Diese Erwartung war ausschlaggebend dafür, eine Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung der genannten Kosten überall dort zu begründen, wo eine Mehrzahl von Nutzern gemeinschaftlich mit Wärme oder Warmwasser versorgt wird. Die Art des Gebäudes oder die Größe der Wohnung innerhalb eines Gebäudes hat dabei nach Ansicht der Bundesregierung kein entscheidendes Gewicht. Die bei pauschaler Abrechnung der Kosten zu beobachtende Erscheinung, daß der Nutzer einer Wohnung infolge nicht verbrauchsgerechten Verhaltens anderer Nutzer mit Kosten belastet wird, die er nicht verursacht hat, tritt unabhängig von der Art des Gebäudes und auch davon auf, welches Größenverhältnis die Wohnungen zueinander haben. Eine Ausnahmeregelung speziell für den Fall des Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung erschien daher weder wünschenswert noch geboten. Sollte die Erfassung des Wärmeverbrauchs — aus welchen Gründen auch immer — gleichwohl im Einzelfall „nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich" sein, bleibt es dem Eigentümer des entsprechenden Einfamilienhauses unbenommen, von der insoweit vorgesehenen Ausnahme Gebrauch zu machen. Die Bundesregierung geht davon aus, daß dieser Fall jedoch nur selten auftreten wird. Die Verordnung ist von den beteiligten Bundesratsausschüssen inzwischen beraten worden. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Konzeption wurde gebilligt. Das Plenum des Bundesrates wird am 20. Februar 1981 abschließend Stellung nehmen. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Frage des Abgeordneten Dr. Spöri (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 84): Hat die Bundesregierung schon wegen einer Fortschreibung des Energieeinsparprogramms Gespräche mit den Ländern aufgenommen, und welche Anderungsnotwendigkeiten bestehen aus der Sicht der Bundesregierung bei einer eventuellen Fortschreibung dieses Programms? Die Bundesregierung strebt an, zusammen mit den Ländern das bis 1982 laufende Programm zur Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1109* Förderung heizenergiesparender Maßnahmen im Lichte der inzwischen erfolgten Energiepreisentwicklung, der technischen Entwicklung und der bisherigen Programmerfahrung anzupassen. Aus diesem Grunde haben der Bundesminister für Wirtschaft und der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau erste Gespräche mit ihren Kollegen in den Ländern geführt. Dabei sind die Einzelheiten der notwendigen Änderungen noch nicht besprochen worden. Auf Referentenebene steht das nächste Gespräch am 5. März 1981 an. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Frage der Abgeordneten Frau Geiger (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 85): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, das Wohngeldgesetz dahin gehend zu ändern, daß die Höchstbeträge für die zuschußfähige Miete nicht allein von der Einwohnerzahl der jeweiligen Gemeinde abhängig gemacht wird, sondern daß auch dem Umstand Rechnung getragen wird, daß z. B. kleine Gemeinden in Fremdenverkehrsgebieten wegen der hohen Baulandpreise häufig höhere Mieten als Millionenstädte haben, die von jungen einheimischen Familien nicht mehr gezahlt werden können? Nach dem Wohngeldgesetz sind die Höchstbeträge, bis zu denen die Miete oder — bei Wohneigentum — die Belastung zuschußfähig ist, nach Baualter, Ausstattung und Gemeindegröße gestaffelt. Weitere Differenzierungen etwa nach besonderen Regionen oder örtlichen Gegebenheiten sollten nach Auffassung der Bundesregierung unterbleiben. Von Länderseite ist schon bei früherer Gelegenheit darauf hingewiesen worden, daß die Berücksichtigung zusätzlicher Kriterien die Durchführung des Gesetzes erschweren würde (vgl. Wohngeld- und Mietenbericht 1979, Drucksache 8/3528, S. 22). Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Fragen der Abgeordneten Frau Roitzsch (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 86 und 87): Ist die Bundesregierung bereit, das Wohngeld für Alleinerziehende über die soeben erfolgte Erhöhung hinaus anzuheben, da alleinerziehende Väter und Mütter finanziell ohnehin sehr viel stärker belastet sind? Um wieviel Prozent hat sich der gesamte Mietwohnungsbau seit 1973 reduziert, und um wieviel Prozent ist der soziale Mietwohnungsbau in diesem Zeitraum zurückgegangen? Zu Frage 86: Seit dem 1. Januar 1981 gibt es im Wohngeldrecht einen Freibetrag für Antragsberechtigte, die allein mit Kindern zusammen wohnen (§ 15 Abs. 2 WoGG). Er hat für jedes Kind unter 16 Jahren eine Höhe von DM 1200,— jährlich. Damit berücksichtigt das Wohngeldgesetz die Aufwendungen, die den Alleinerziehenden in aller Regel zusätzlich an Wohnkosten je Person entstehen. Es besteht keine Absicht, diese soeben in Kraft getretene Regelung schon wieder zu ändern. Zu Frage 87: Die Zahl der fertiggestellten Mietwohnungen kann aus der offiziellen Bautätigkeitsstatistik auf indirektem Weg abgeleitet werden. Unterstellte man, daß. alle Wohnungen in Gebäuden mit drei und mehr Wohnungen vermietet seien, dann ergäbe sich folgendes Bild: Fertiggestellte Wohnungen in Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen insgesamt Sozialwohnungen 1973 411 173 89 227 1979 97 100 rd. 20 000 Veränderung – 76,4 v. H. – 78,0 v. H. 1979/1973 Nach Schätzungen kann davon ausgegangen werden, daß in der genannten Zahl der 1973 fertiggestellten Wohnungen rd. 150 000 Eigentumswohnungen enthalten sind. 1979 waren es rd. 50 000. Ich darf darauf hinweisen, daß der Jahresvergleich 1973/1979 zu einem Ergebnis führt, welches die strukturelle Veränderung im Wohnungsbau weit überzeichnet. 1973 wurden in der WohnungsbauBoomphase die höchsten Fertigstellungsergebnisse erzielt, mit der Folge von zeitweise leerstehenden Wohnungen in den Folgejahren. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Münster) (CDU/ CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 88 und 89): Erachtet die Bundesregierung zum Abbau der Wohnungsnot ein Sofortprogramm von 100 000 öffentlich geförderten Wohnungen für notwendig, wie am 6. Februar vom Präsidenten des Deutschen Mieterbunds, Gerhard Jahn, in Köln gefordert, und wie hoch beziffert die Bundesregierung die Kosten eines solchen Sofortprogramms? Teilt die Bundesregierung die am vergangenen Wochenende vom Bundesbauminister in einem Interview vertretene Ansicht, die Bundesbürger müßten sich auf höhere Mieten einstellen, nur auf diese Weise könne das Wohnungsproblem in der Bundesrepublik Deutschland entschärft werden (vgl. „Frankfurter Neue Presse" vom 9. Februar 1981)? Zu Frage 88: Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, daß vor allem in Großstadtregionen Angebotsengpässe von Wohnraum entstanden sind. Von diesen Mangelerscheinungen sind jedoch nur bestimmte Gruppen betroffen, wie z. B. große Familien, Ausländer, junge Haushalte. Die Bundesregierung wird entsprechend ihrer Regierungserklärung vom 24. November 1980 zur Belebung des Wohnungsbaus u. a. die Rahmenbedingungen für den freifinanzierten Mietwohnungsbau verbessern. Ein „Sofortprogramm" für den Bau von 100 000 öffentlich geförderten Wohnungen würde im traditionellen Mietwohnungsbau (1. Förderungsweg) öffent- 1110* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 liche Mittel in Höhe von rund 10 bis 12 Mrd. DM (Barwert) erfordern. Zu Frage 89: Die Bundesregierung teilt die vom Bundesminister Dr. Haack mehrfach geäußerte Auffassung, daß die Belebung des Mietwohnungsbaus nur gelingen kann, wenn die Rentabilität von Wohnungsbauinvestitionen gesichert ist. Dies schließt in Teilbereichen eine höhere Wohnkostenbelastung ein. Im übrigen hat der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu keiner Stunde eine generelle Erhöhung der Mieten gefordert, sondern immer auf die Belastungsfähigkeit der Haushalte mit unterschiedlichen Einkommen hingewiesen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Fragen des Abgeordneten Linsmeier (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 90 und 91): Ist der Bundesregierung bekannt, wie groß die Zahl der Hausbesetzungen in den einzelnen Städten der Bundesrepublik Deutschland derzeit ist und in wessen Eigentum (gegliedert nach öffentlich-rechtlichen Körperschaften, gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften, sonstigen Wohnungsbaugesellschaften und privaten Eigentümern) sich diese Häuser befinden? Ist der Bundesregierung bekannt, wie groß die Zahl der leerstehenden Wohnungen in diesen Städten (gegliedert nach öffentlich-rechtlichen Körperschaften, gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften, sonstigen Wohnungsbaugesellschaften und privaten Eigentümern) ist und wie lange die Wohnungen bereits leerstehen? Der Bundesregierung sind Haus- und Wohnungsbesetzungen aus einer Reihe von Groß- und Mittelstädten bekannt. Wie groß die Zahl der Besetzungen in den einzelnen Städten der Bundesrepublik derzeit ist und in wessen Eigentum sich diese Häuser befinden, entzieht sich jedoch der Kenntnis der Bundesregierung. Das gleiche gilt für eine Unterscheidung der Eigentümer der Leerstände. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Fragen des Abgeordneten Repnik (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 92 und 93): Treffen Meldungen zu, wonach in der Zollverwaltung für die Beurteilung von Beamten Aufgriffslisten mit namentlicher Angabe der Beamten angefertigt werden und diese dazu dienen, bei der Beförderung von Beamten als Leistungskriterium herangezogen zu werden, obwohl dieses Vorgehen im Widerspruch zu den Richtlinien für die Beurteilung der Beamten der Zollverwaltung vom 24. März 1976 steht, wonach eine Anwendung zusätzlicher Beurteilungskriterien, die in den Richtlinien nicht vorgesehen sind, als unzulässig angesehen wird? Ist dadurch nicht zu befürchten, daß die Zielsetzung der Beurteilungsrichtlinien, nämlich eine gleichmäßige und gleichwertige Bewertung aller Beamten sicherzustellen, gefährdet wird und darüber hinaus die Beamten zu übertriebenen Aktivitäten bei der Überprüfung von Reisenden angehalten werden und bei auch nur geringfügiger Überschreitung der Mindestmenge ein Aufgriff gemacht wird, der von den betroffenen Bürgern als Schikane empfunden wird? Meine Antwort lautet: Nein. Gestatten Sie mir hierzu einige erläuternde Sätze. Sogenannte Aufgriffslisten führen Zolldienststellen mit Kontrollfunktion zu statistischen Zwecken. An Hand dieser Angaben wird ein Überblick über die Schmuggelbekämpfung und den Beitrag der Zollverwaltung zur Gefahrenabwehr an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland gewonnen. Diese Listen waren und sind weder direkt noch indirekt Grundlage für die Beurteilung von Beamten. Nach meinen Ausführungen zur Vorfrage sind die von Ihnen geäußerten Befürchtungen gegenstandslos. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Frage des Abgeordneten Dr. Bugl (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 94): Welche Ministerbüros in Bonner Bundesministerien wurden im Jahr 1980 renoviert und ausgestattet, und welche Kosten sind hierbei im einzelnen entstanden? Zur Renovierung des Ministerbüros von Bundesminister Hauff hat Ihnen Kollege Mahne auf Ihre Frage Nr. 61 schon Auskunft erteilt. Eine Rundfrage bei den übrigen Ressorts hat ergeben, daß dort im Jahre 1980 keine Renovierungen vorgenommen worden sind. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 95 und 96): In welcher Weise müssen Sparkassen mit einer deutlichen Wettbewerbsbenachteiligung zu anderen Kreditinstituten (Großbanken und Kreditgenossenschaften) rechnen, wenn demnächst die Sparkassen im Rahmen des Subventionsabbaugesetzes einer höheren Besteuerung unterliegen sollen? Welche Auswirkungen hätte in diesem Zusammenhang die Tatsache. daß Bundesregierung, Deutsche Bundesbank und Bundesaufsichtsamt nach wie vor eine Anrechnung der Gewährträgerhaftung und Anstaltslast (Quantifizierung der Gewährträgerhaftung) beim Eigenkapital ablehnen, für den Ausgleich der Eigenkapitalausstattung der Sparkassen in Anbetracht der angespannten finanziellen Lage der Kommunen? Zu Frage 95: Die Bundesregierung hat in dem Entwurf eines Subventionsabbaugesetzes unter anderem vorgeschlagen, die zur Zeit für Sparkassen und Kreditgenossenschaften geltenden Steuervergünstigungen zu beseitigen. Wegen der Gründe und der steuerlichen Auswirkungen weise ich auf die in der letzten Fragestunde am 11. Februar 1981 gegebene Antwort der Bundesregierung auf die Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) und verweise auf das Plenarprotokoll 9/20 S. 870 hin. Zu Frage 96: Der Abbau von Steuervergünstigungen der Sparkassen steht in keinem unmittelbaren Zusammen- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1111* hang mit der Frage, ob die Gewährträgerhaftung oder die Anstaltslast bei der Berechnung des haftenden Eigenkapitals nach dem Gesetz über das Kreditwesen zu berücksichtigen ist. Das erste Thema ist eine Frage der Steuergerechtigkeit, das zweite eine Frage der Aufsicht über Kreditinstitute. Bei der von der Bundesregierung für diese Legislaturperiode vorgesehenen Novellierung des KWG werden jedoch die Möglichkeiten der deutschen Kreditinstitute zur Bildung von Eigenkapital zu überprüfen sein. Dabei müssen die im jetzigen Subventionsabbaugesetz vorgesehenen Anhebungen der Steuersätze für Sparkassen und Kreditgenossenschaften angemessen berücksichtigt werden. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Fragen des Abgeordneten Klein (Dieburg) (SPD) (Drucksache 9/159 Fragen 99 und 100): Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Umfang die Abschaffung der Lohnsummensteuer im Jahre 1980 zu einer Stabilisierung vorhandener und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Kommunen geführt hat, die bisher diese Steuer erhoben haben? Ist der Bundesregierung bekannt, ob die als „Arbeitsplatzvernichtungssteuer" apostrophierte Lohnsummensteuer in der Vergangenheit tatsächlich Unternehmen daran gehindert hat, zu investieren, und ist es belegbar, daß Kommunen mit Lohnsummensteuer und Kommunen ohne Lohnsummensteuer eine unterschiedliche Entwicklung hinsichtlich der Arbeitsplätze nahmen? Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs bitte ich die Fragen Nr. 99 und 100 gemeinsam beantworten zu dürfen: Die Bundesregierung hatte im Juli 1978 im Rahmen ihres auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Bonn zugesagten Beitrags zur Abwehr der weltweiten Störungen des wirtschaftlichen Gleichgewichts u. a. die Abschaffung der Lohnsummensteuer beschlossen. Sie wollte damit die Investitionsfähigkeit der Unternehmen stärken und einen Beitrag zur Vereinfachung des Steuersystems leisten. Das Schlagwort „Arbeitsplatzvernichtungssteuer", mit dem manche Befürworter eine Abschaffung der Lohnsummensteuer begründeten, hat sich die Bundesregierung nie zu eigen gemacht. Tatsächlich war die Kostenbelastung durch die Lohnsummensteuer mit durchschnittlich etwa 0,5 v. H. der Lohnsumme im Vergleich zu den gesamten betrieblichen Kosten nur gering. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte anläßlich einer Untersuchung über den möglichen Zusammenhang zwischen den Hebesätzen für die Lohnsummensteuer und dem jeweiligen Stand der Arbeitslosigkeit im Jahr 1977 festgestellt, daß sich zwischen der Höhe der Arbeitslosenquote und der Erhebung der Lohnsummensteuer eine Wechselbeziehung nicht nachweisen läßt. Es ist nicht feststellbar, ob und in welchem Ausmaß Investitions- und Beschäftigungsauswirkungen durch die Abschaffung der Lohnsummensteuer verursacht worden sind. Für die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen sind eine Vielzahl von Faktoren, z. B. Konjunkturlage, konjunkturelle Aussichten und Wettbewerbsposition ausschlaggebend, die in ihren Arbeitsmarkteffekten nicht voneinander getrennt ermittelt werden können. Aus diesem Grunde können Angaben, in welchem Umfang die Abschaffung der Lohnsummensteuer zu einer Stabilisierung vorhandener und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Kommunen geführt hat, die bisher die Steuer erhoben haben, nicht gemacht werden. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 101): Aus welchem Grund hält die Bundesregierung es für richtig, die Zahlungen für den EG-Nachtragshaushalt 1980 zu verweigern, obgleich sie dazu nach dem EG-Vertrag verpflichtet ist, und hat die Bundesregierung keine Bedenken, daß dieses Verhalten dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland in Europa schaden könnte? Die Bundesregierung hat den deutschen Anteil am zweiten EG-Nachtragshaushalt 1980 nicht voll geleistet, weil sie der Auffassung ist, daß die Aufstellung dieses Haushaltes zum Teil nicht im Einklang mit dem EG-Haushaltsrecht steht. Das Europäische Parlament hat nämlich in dem Nachtragshaushalt 1980 Ausgaben veranschlagt, die von vornherein für 1981 bestimmt waren. Dies ist ein Verstoß gegen das Prinzip der Jährlichkeit und gegen die Voraussetzung, die an einen Nachtragshaushalt zu stellen sind; Ausgaben, die nicht benötigt werden, sind nicht unvermeidlich. Dieses Vorgehen des Europäischen Parlaments würde — wenn es hingenommen würde — zu einer Mehrbelastung des Bundeshaushaltes 1981 von 224 Millionen DM führen. Außerdem entstünde ein Haushaltsrisiko von 170 Millionen DM: Wird 1981 ein Nachtragshaushalt der EG erforderlich, kann das Europäische Parlament von sich aus Ausgaben in entsprechender Höhe beschließen. Für die Feststellung der Nichtigkeit oder Fehlerhaftigkeit von Rechtsakten ist nach EG-Recht der Europäische Gerichtshof zuständig. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Fragen des Abgeordneten Stockleben (SPD) (Druchsache 9/159 Fragen 102 und 103): Wie hoch ist nach Auffassung der Bundesregierung die steuerliche Mehrbelastung des Friseurhandwerks durch die Einbeziehung kosmetischer Produkte in das geplante Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetz 1981, und welche Konsequenzen hat dies für die wirtschaftliche Lage des Friseurhandwerks und für die Arbeitsmarktlage der dort beschäftigten etwa 200 000 Menschen? Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, daß die Verbraucher auf die durch die Erhöhung der Alkoholsteuer bedingten Preiserhöhungen für kosmetische Produkte mit Konsumverzicht reagieren und daß sich hieraus Mindereinnahmen für den Haushalt ergeben, die den Absichten der geplanten Steueranhebung zur Einnahmenverbesserung zuwiderlaufen? 1112* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Zu Frage 102: Der Finanzausschuß des Deutschen Bundestages hat sich nach Anhörung der Fachverbände dafür ausgesprochen, die Branntweinsteuer auf Athylalkohol für kosmetische Zwecke nicht zu erhöhen. Danach ergibt sich nach dem Vorschlag des Ausschusses eine Steuermehrbelastung für kosmetische Erzeugnisse, die Propanole oder Methanol enthalten. Diese Alkohole werden aus Gründen steuerlicher Neutralität in die Besteuerung einbezogen, weil sie den gleichen Zweck wie Athylalkohol erfüllen, soweit sie zur Herstellung von Körperpflegemitteln verwendet werden. In einigen Mitgliedstaaten der EG ist die Verwendung von Isopropanol zu kosmetischen Zwecken sogar verboten. Gegenüber dem Regierungsentwurf tritt eine Verringerung der steuerlichen Belastung propanol- und methanolhaltiger Erzeugnisse ein, weil der Steuersatz auf 600 DM statt auf 1 000 DM je Hektoliter Alkohol festgesetzt werden soll. Zur Verdeutlichung darf ich dazu zwei Beispiele anführen: 100 ml Rasierwasser mit 70 % Propanolgehalt werden — einschließlich Mehrwertsteuer — mit 47 Pfennig belastet; bei einem Steuersatz von 1 000 DM hätte die Belastung 79 Pfennig betragen. Für 400 ml Haarspray mit 40 % Propanolanteil beträgt die Belastung 1,08 DM; bei einer Steuer von 1 000 DM hätte sie 1,81 DM ausgemacht. Wie hoch die steuerliche Mehrbelastung der Friseurbetriebe insgesamt sein wird, läßt sich nicht beziffern, weil die Alkoholmenge, die in den dort verwendeten Körperpflegemitteln enthalten ist, nicht geschätzt werden kann. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die sack- und systemgerechte Steueränderung für das Friseurhandwerk vor allem nach den vom Finanzausschuß vorgeschlagenen Milderungen getragen werden kann, zumal die auf die Kosmetikartikel entfallenden Umsätze geringer als die sonstigen Umsätze der Friseurbetriebe sein dürften. Zu Frage 103: Wie ich bereits ausgeführt habe, dürften sich nach dem Vorschlag des Finanzausschusses voraussichtlich nur die Preise für propanolhaltige Körperpflegemittel erhöhen, weil hier erstmalig Steuern erhoben werden. Bei einem Steuersatz von 600 DM — statt des im Regierungsentwurf vorgesehenen von 1 000 DM — je Hektoliter Alkohol können Preiserhöhungen zudem weitaus geringer ausfallen als von der Industrie angekündigt. Die Bundesregierung erwartet deshalb keinen spürbaren Verbrauchsrückgang. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Frage des Abgeordneten Bindig (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 104): Haben die Zollfahndungsämter im Raum Baden-Württemberg (Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart) seit meiner letzten Anfrage im August 1979 Überprüfungen von Meßanlagen bei den für die Heizöllieferung eingesetzten Tankfahrzeugen durchgeführt, und welche Mängel wurden dabei festgestellt? Für die Überprüfung von Meßanlagen an Tankfahrzeugen, die für die Heizöllieferung eingesetzt werden, sind die landeseigenen Eichämter zuständig. Diese beteiligen oft die Treibstoffkontrolltrupps der Hauptzollämter. Die Zollfahndungsämter werden nur eingeschaltet, wenn konkrete Anhaltspunkte für steuerliche Zuwiderhandlungen vorliegen. Seit August 1979 waren die Zollfahndungsämter im Raum Baden-Württemberg an der Überprüfung von Meßanlagen an Tankfahrzeugen nicht mehr beteiligt. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Schmöle (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 105 und 106): Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob das bei der Kohleförderung anfallende Bergematerial außerhalb von Orten der Förderregion Ruhrgebiet abgelagert werden könnte, oder ist die Bundesregierung bereit, in Zusammenarbeit mit der nordrhein-westfälischen Landesregierung diese Frage zur Entlastung der genannten Region prüfen zu lassen? Sieht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, einen Forschungsauftrag für die Ablagerung von Bergematerial zu erteilen, und in welchem Zeitraum kann gegebenenfalls mit einer Auftragserteilung gerechnet werden? Eine Ablagerung des Bergematerials außerhalb der unmittelbaren Förderregionen zur Entlastung des Ruhrgebiets ist grundsätzlich möglich, wenn auch nicht übersehen werden darf, daß durch den damit verbundenen Transport zusätzliche Umweltprobleme sowie eine höhere Kostenbelastung des Bergbaus verursacht werden. Die Ablagerung des Bergematerials stellt in erster Linie ein Regionalproblem dar, für dessen Lösung die Zuständigkeit — neben den Bergbauunternehmungen — ausschließlich bei den betroffenen Ländern und Gemeinden liegt. Soweit der Bundesregierung bekannt ist, werden bei den Bezirksplanungsbehörden entsprechende Gebietsentwicklungspläne erarbeitet, die auch eine Aufhaldung außerhalb der unmittelbaren Fördergebiete vorsehen. Die Bundesregierung sieht weder von der Sache her Veranlassung noch von der Zuständigkeitsverteilung her Raum für eine Beteiligung des Bundes an diesen Planungsverfahren. Daher beabsichtigt die Bundesregierung auch nicht, Forschungsaufträge über die Ablagerung von Berge-material zu vergeben. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 9/159 Fragen 107 und 108): Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1113* Welche Bemühungen hat die Bundesregierung bisher unternommen, um die 01- und Gassuche in der Nordsee auf europäischer Ebene zu koordinieren (und gegebenenfalls zu finanzieren), und zu welchen Ergebnissen hat dies geführt? Wie beurteilt die Bundesregierung Überlegungen auch von US-Seite, den Gastransport aus der nördlichen Nordsee — vornehmlich aus Sicherheitsgründen — nicht per Pipeline, sondern durch Flüssiggastanker vornehmen zu lassen? Zu Frage 107: Eine Koordinierung der Explorationspolitik in der Nordsee hat vor allem für den britischen und norwegischen Teil Bedeutung. Für die Bundesrepublik hat sich diese Frage auf Grund der geographischen Verhältnisse und der bisherigen Explorationsergebnisse im deutschen Festlandsockel bisher nicht gestellt. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß die — insbesondere bei grenzüberschreitenden Strukturen — fachlich notwendige Koordinierung zu ernsthaften Problemen geführt hat; dies trotz der hohen innenpolitischen Sensibilität der nationalen Gas- und Ölpolitik in den betroffenen Ländern. Insbesondere ist von seiten der Ölgesellschaften bisher keine Klage darüber geführt worden, daß ihre Explorationstätigkeit durch eine mangelnde Koordination zwischen den beteiligten Ländern wesentlich beeinträchtigt worden wäre. Angesichts des großen Interesses der Ölgesellschaften an der Exploration in der Nordsee und des starken Wettbewerbs bei Ausschreibungen besteht nach Auffassung der Bundesregierung keine Notwendigkeit, die Exploration in diesem Bereich auf europäischer Ebene finanziell zu fördern. Zu Frage 108: Norwegen hat in der Vergangenheit im Rahmen der Prüfung möglicher Transportwege von Erdgas zum Kontinent Überlegungen angestellt, das Erdgas aus seinen Feldern zum norwegischen Festland per Pipeline zu transportieren und dort für den weiteren Transport zu verflüssigen. Dies geschah aber weniger aus Sicherheitsgründen als aus Gründen der Lieferflexibilität bei LNG. Diese Transportvariante wird nach unserer Kenntnis von den Norwegern nicht mehr verfolgt. Auch die deutschen Importeure gehen für den Bezug weiterer Mengen norwegischen Erdgases vom Pipelinetransport aus. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Frage des Abgeordneten Dr. Spöri (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 109): Aus welchen Gründen kam das ursprünglich geplante Bund-, LänderFernwärmeprogramm bisher nicht zustande, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, dieses Programm noch 1981 in Gang zu setzen? Das Kohleheizkraftwerks- und Fernwärmeausbauprogramm, dessen energiepolitische Notwendigkeit nach wie vor unumstritten ist, konnte bislang wegen finanzpolitischer Bedenken einiger Bundesländer gegen die Schaffung neuer Mischfinanzierungen nicht in Kraft treten. Die Bundesregierung hält ihr Angebot an die Länder zum Abschluß der entsprechenden Verwaltungsvereinbarung aufrecht. Sie hofft, daß das Programm noch im Jahre 1981 in Kraft treten kann. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 110 und 111): Trifft es zu, daß beim Abschluß des Stahlkartells in Brüssel im EG-Ministerrat beschlossen wurde, Anfang 1981 die Erfolge der Modernisierung und Umstrukturierung der europäischen Stahlindustrie in einer Sondersitzung zu prüfen, und kann die Bundesregierung den Termin dieser Sitzung bestätigen? Mit welchem Konzept will die Bundesregierung dafür sorgen, daß nach dem Auslaufen des Stahlkartells Ende Juni 1981 die Subventionen für unrentable Hüttenwerke in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft eingestellt werden, damit wieder die Gesetze der Marktwirtschaft zur Anwendung kommen'? Zu Frage 110: Es trifft zu, daß bei der Entscheidung des Ministerrats über die Einführung eines Systems von Erzeugungsquoten beschlossen wurde, Fragen der Umstrukturierung der europäischen Stahlindustrie und des Abbaus von Subventionen in einer Sondersitzung des Ministerrats zu beraten. Diese Sondersitzung wird am 3. März stattfinden. Zu Frage 111: Mit der Einführung des — vor allem von der Bundesregierung geforderten — Subventionskodex Stahl am 1. Februar 1980 ist ein erster entscheidender Schritt zum Abbau u. a. der Erhaltungssubventionen getan worden. In der bevorstehenden Ratstagung wird die Bundesregierung mit allem Nachdruck die strikte Durchsetzung des Subventionskodex Stahl durch die Kommission fordern. Sie wird sich weiter dafür einsetzen, daß die Gewährung von öffentlichen Leistungen an die Stahlindustrie nur dann zugelassen wird, wenn diese zur Stützung von Investitionen, die der Modernisierung und Umstrukturierung — einschließlich des erforderlichen Kapazitätsabbaus — dienen, bestimmt sind und daß gewährleistet ist, daß die begünstigten Unternehmen innerhalb einer begrenzten Frist rentabel werden, so daß sie von Subventionen unabhängig leben können. Die Bundesregierung wird in der bevorstehenden Ratssitzung darauf dringen, daß konkrete Beschlüsse in diesem Sinne gefaßt werden. Sie wird darin von anderen Delegationen unterstützt. Dabei geht es insbesondere auch darum, daß die Europäische Kommission die ihre nach dem Vertrag gegebenen Möglichkeiten voll ausschöpft. 1114* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeodneten Dr. Zumpfort (FDP) (Drucksache 9/ 159 Fragen 112 und 113): Haben die seit dem 1. Januar 1981 geltenden neuen Richtlinien des Bundeswirtschaftsministeriums zur Förderung von Unternehmensberatungen für kleine und mittlere Unternehmen die unterschiedlichen wettbewerblichen Ausgangspositionen zwischen dem institutionalisierten Beratungswesen und freiberuflichen Unternehmensberatern beseitigt? Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu treffen, um zu erreichen und zu gewährleisten, daß die Beratungsleistungen freiberuflicher Unternehmensberater steuerlich genau so behandelt werden wie die Beratungsleistungen des institutionalisierten Beratungswesens? Zu Frage 112: Am 1. Januar 1981 sind für die Wirtschaftsbereiche Handwerk, Handel, Industrie, Verkehrsgewerbe, Hotel- und Gastgewerbe sowie sonstige Dienstleitungsgewerbe einheitliche Richtlinien zur Förderung von Unternehmensberatungen durch freiberufliche Berater in Kraft getreten. Bei diesen Richtlinien handelt es sich um eine Harmonisierung und Straffung bisher unterschiedlicher Richtlinien für die genannten Wirtschaftsbereiche. Sie stellen damit einen Beitrag zu Entbürokratisierung dar, der vor allem den in mehreren Wirtschaftsbereichen tätigen freiberuflichen Unternehmensberatern zugute kommt. Soweit eine Angleichung der unterschiedlichen wettbewerblichen Ausgangspositionen der freiberuflichen Unternehmensberater und des institutionalisierten Beratungswesens notwendig und sinnvoll ist, soll diese durch eine Neuordnung des Förderungsverfahrens erfolgen. Entsprechende Vertragsverhandlungen mit den am Verfahren beteiligten Spitzenverbänden der Wirtschaft laufen bereits. Mit ersten Vertragsabschlüssen kann in allernächster Zeit gerechnet werden. Zu Frage 113: Die Frage, ob durch unterschiedliche steuerliche Behandlung von freiberuflichen Unternehmensberatern und gemeinnützigen Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts Wettbewerbsverzerrungen im Bereich der Unternehmensberatung bestehen und ob ggf. zu deren Beseitigung Maßnahmen auf dem Gebiet des Steuerrechts erforderlich sind, wird zur Zeit vom BMF im Benehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder geprüft. Die erforderlichen Sachverhaltsermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Riesenhuber (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 114 und 115): Ist der Bundesregierung bekannt, unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe eine Bürgschaft fällig wird, die das Land Nordrhein-Westfalen zum Block A des Kohlekraftwerks Voerde übernommen hat, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls an einer Absicherung dieser Bürgschaft beteiligt? Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Bürgschaften aus öffentlichen Geldern des Bundes gegen politisch begründete Risiken innerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland gewährt worden sind? Zu Frage 114: Der Bundesregierung ist bekannt, daß NRW eine Bürgschaft in Höhe von 320 Millionen DM zugunsten der STEAG für die Finanzierung der Errichtungskosten des Blocks A des Steinkohlekraftwerks Voerde übernommen hat. Das Land deckt das übliche Rückzahlungsrisiko (Gläubigerrisiko) ab und hat sich außerdem bereit erklärt, für den Fall des Eintritts des Genehmigungsrisikos die Bedienung von verbürgten Krediten zu übernehmen und die entsprechenden Regreßforderungen zu erlassen, soweit dies eine besondere Härte für die STEAG bedeuten würde. Eine besondere Härte wäre gegeben, wenn die Bedienung der Bürgschaftskredite bzw. die Geltendmachung der Regreßforderungen den Bestand und die wirtschaftliche Fortsetzung des Unternehmens gefährden würden. Risiken bis zur Höhe von 10 Millionen DM muß die STEAG in jedem Fall übernehmen. Der Bund ist an dieser Bürgschaft nicht beteiligt. Er hat für die Finanzierung des Blocks B eine Bürgschaft in Höhe von ebenfalls 320 Millionen DM in Aussicht gestellt, wobei er allerdings das Genehmigungsrisiko ausdrücklich ausgeschlossen hat. Zu Frage 115: Der Bundesregierung sind keine Fälle bekannt, in denen Bürgschaften des Bundes zur Abdeckung politisch begründeter Risiken innerhalb des Geltungsbereichs der Bundesrepublik Deutschland gewährt worden sind. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, daß nach Auffassung der Bundesregierung Genehmigungsrisiken in erster Linie rechtliche Risiken sind. Falls Ihre Frage auf Genehmigungsrisiken abzielt, teile ich Ihnen mit, daß der Bund anläßlich des Falles Voerde entschieden hat, für die Abdeckung von Genehmigungsrisiken keine Bürgschaften zu gewähren. Ausnahmen sind nur in den Fällen SNR 300 und THTR 300 wegen der Bedeutung der Projekte als Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gemacht worden (beide Kernkraftwerke sind Demonstrationsprojekte, keine kommerziellen Kernkraftwerke). Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1115* Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Enders (SPD) (Drucksache 9/ 159 Fragen 116 und 117): Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß Wehrpflichtige in über 400 km entfernte Standorte einberufen werden, von denen aus sie für die Heimfahrt mehr als zehn Stunden Fahrzeit benötigen, oft bei fehlenden öffentlichen Verkehrsverbindungen am Wochenende? Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um diese Belastungen für Wehrpflichtige aus verkehrsungünstig gelegenen Ortschaften des ländlichen Raums zu beseitigen? Die Bundesregierung ist weiterhin bestrebt, die Wehrpflichtigen insgesamt möglichst heimatnah einzuberufen. Die Grenzen dieser Bemühungen ergeben sich aus der Notwendigkeit, den Wehrpflichtigenüberhang im Süden des Bundesgebietes zur Deckung des Fehls im Norden mit heranzuziehen und die Truppenanforderungen nicht nur nach Zahl, sondern auch nach Eignung der Wehrpflichtigen für besondere militärische Tätigkeiten zu erfüllen. Ein gewisser Anteil an Wehrpflichtigen muß daher auch größere Entfernungen in Kauf nehmen. Die auftretenden Entfernungen zwischen den Wohnorten der Wehrpflichtigen und den Truppenstandorten sind bei jedem Einberufungstermin unterschiedlich — entsprechend dem jeweils unterschiedlichen Truppenbedarf und dem unterschiedlichen Wehrpflichtigenaufkommen. Fahrzeiten in dem von Ihnen benannten Umfang können im Einzelfall auftreten, sind aber nicht die Regel. Solche Belastungen müssen im Interesse der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte hingenommen werden. Im übrigen ist sichergestellt, daß jedes Kreiswehrersatzamt eine bestimmte Quote heimatnaher Stellen für Wehrpflichtige erhält, denen aus persönlichen Gründen größere Entfernungen erspart werden sollen. Eine Erhöhung des Anteils dieser Stellen würde die anderen Wehrpflichtigen in einem nicht vertretbaren Umfang belasten. Die öffentlichen Verkehrsmittel für die Familienheimfahrten an Wochenenden waren bisher allgemein ausreichend. Nachdem die Soldaten das Angebot der kostenlosen Heimfahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in immer stärkerem Maße annehmen, hat die Bundesbahn das Platzangebot durch den Einsatz von Entlastungszügen erhöht. Außerdem bemüht sich die Bundeswehr durch eine Koordinierung der Dienstschlußzeiten mit den Abfahrtzeiten der Züge an den Wochenenden um eine weitere Verbesserung des Reiseangebots. Darüber hinaus wird in verkehrsungünstigen Standorten — wenn der Bedarf dies rechtfertigt — durch die Truppe ein Zubringerdienst zu und von den Bahnhöfen eingerichtet. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage des Abgeordneten Herberholz (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 118): Was gedenkt die Bundesregierung angesichts der Aufforderung Bundeskanzler Schmidts in seiner Regierungserklärung, auch für Mädchen genügend Ausbildungsplätze bereitszustellen, zu unternehmen, damit das auch von der Bundeswehr anerkannte bildungspolitische Ziel, die vorhandenen (zivilen) Ausbildungsplätze grundsätzlich geeigneten männlichen und weiblichen Bewerbern in gleicher Weise zur Verfügung zu stellen, realisiert werden kann und Bewerberinnen um einen Ausbildungsplatz nicht mit Hinweis auf fehlende sanitäre Einrichtungen abgelehnt werden können? Die Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz erfolgt im Bereich der Bundeswehr fast ausschließlich mit der Zielsetzung, militärische Unterführer in technischer Verwendung (Metall- und Elektroberufe) zu gewinnen. Diese Zielsetzung engt die Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen in den gewerblich-technischen Ausbildungsberufen bei der Bundeswehr ein. Einer Vergrößerung des Anteils der weiblichen Auszubildenden in der gewerblich-technischen Berufsausbildung steht aber vornehmlich das geringe Interesse weiblicher Bewerber entgegen. Sanitäre Aspekte dürften hierbei keine Rolle spielen. Ob im Einzelfall von den örtlich zuständigen Dienststellen auf sanitäre Gesichtspunkte abgehoben worden ist, ist hier nicht bekannt. Um die 881 Ausbildungsplätze, die im Jahre 1980 neu zu besetzen waren, bewarben sich insgesamt 4 301 Jugendliche, davon nur 190 Mädchen, und zwar bei nur 19 von insgesamt 33 Ausbildungsstätten. Die Bewerbungen der Mädchen bezogen sich mit Schwerpunkt auf 4 Ausbildungsstätten, in denen — Krankenschwestern — Technische Zeichner — Chemielaborant — Fotolaboranten ausgebildet werden. Die Ausbildungskapazität in diesen Berufen (102 Plätze) wurde zu 90 % ausgeschöpft und mit 91 Mädchen besetzt. Abschließend darf ich darauf hinweisen, daß zur Zeit insgesamt 2 927 Auszubildende bei der Bundeswehr ausgebildet werden, davon sind 113 Mädchen. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Fragen des Abgeordneten Schmitt (Wiesbaden) (SPD) (Drucksache 9/159 Fragen 119 und 120): Bleibt die Bundesregierung bei der Entscheidung, nach der 1981 erstmals Fahrzeuge der Bundeswehr nicht mehr für die Fastnachtszüge in Mainz und Wiesbaden zur Verfügung gestellt werden dürfen, und wenn ja, aus welchen Gründen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß diese Regelung weder bei der Bevölkerung noch bei den Angehörigen der Bundeswehr auf Verständnis stoßen wird? Zu Frage 119: Bereits im Jahr 1978 hat der Bundesminister der Verteidigung darauf hingewiesen, daß den Erlassen „Förderung der Ausbildung der Truppe durch Obernahme von Arbeiten auf wirtschaftlichem Gebiet" sowie den „Richtlinien für den dienstlichen Einsatz 1116* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 von Soldaten während öffentlicher oder privater Veranstaltungen Dritter im Interesse der Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen" mehr als bisher Rechnung getragen werden sollte. Maßgebend dafür waren folgende Gründe: 1. Die Dienstzeitbelastung der Soldaten lag und liegt oft über dem Maß des Zumutbaren. Auf Grund zunehmender Klagen aus der Truppe hat der Bundesminister der Verteidigung deshalb angeordnet, den Dienst der Truppe von Zusatzaufgaben zu entlasten. 2. Bei früheren Einsätzen der Bundeswehr war häufig der Zusammenhang mit dem Auftrag der Bundeswehr und der Allgemeinen Wehrpflicht nicht erkennbar. 3. Damit fehlte die Möglichkeit der Truppe, sich in iher Funktion darzustellen. 4. Wehrpflichtige wie deren Eltern fragten, ob der Wehrdienst nicht wenigstens um die Dauer solcher Aktivitäten verkürzt werden könnte. 5. Häufig wurden Forderungen nach Übernahme einfacher Hilfs- und Handlangerdienste durch Angehörige der Bundeswehr gestellt, die von jeder anderen, auch ungelernten, Person hätten übernommen werden können. Entsprechend der stärkeren Beachtung dieser Bestimmungen wurden z. B. die offizielle Unterstützung des Aachener Reitturniers ebenso eingestellt wie die Hilfe beim Aufbau des Münchener Christkindlmarktes. Es ist möglich, daß die stärkere Beachtung dieser Richtlinien noch nicht in allen Teilen der Bevölkerung zur Kenntnis genommen worden ist und daß das notwendige Verständnis dafür noch nicht überall geweckt werden konnte. Grundsätzlich orientiert sich jede Unterstützung durch die Bundeswehr daran, daß der Bürger bei derartigen Einsätzen etwas über die Notwendigkeit der Landesverteidigung, den Sinn des Wehrdienstes, den Auftrag und die Funktion der Truppe und den Stellenwert der Sicherheitspolitik im Rahmen der Gesamtpolitik erfährt. Ausnahmen: Einsatz auf karitativem Gebiet oder in Katastrophenfällen wie in Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg oder gerade jetzt in Italien. Diese Voraussetzung wurde den Veranstaltern in Mainz und Wiesbaden vor einem Jahr zur Kenntnis gebracht. Sie wurden ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine Wiederholung der Unterstützung 1981 nicht möglich sei, da durch das Mitfahren von ca. 50 närrisch dekorierten Bundeswehrfahrzeugen, die nicht einmal mehr als Bw-Kfz erkennbar sind, eben diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Eine nochmalige Ausnahme für Mainz und Wiesbaden würde für andere Städte und Gemeinden mit vergleichbaren Vorhaben zum Präzedenzfall. Zu Frage 120: Es ist vorstellbar, daß solche Entscheidungen nicht immer auf das Verständnis rechnen können. Die dafür maßgebenden Gründe können jedoch geeignet sein, zunächst auch mit der Zeit ein breiteres Verständnis zu erreichen. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Fragen des Abgeordneten Graf Stauffenberg (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 121 und 122): Sieht die Bundesregierung im Auftreten des Generalmajors a. D. Bastian bei den in den Verfassungsschutzberichten der Bundesregierung eindeutig als DKP-beeinflußt bezeichneten Organisationen eine Verletzung der Dienstpflichten, und wenn ja, welche disziplinarischen Maßnahmen wird sie ergreifen? Wurden vor der Entscheidung des Bundesverteidigungsministers, den nachgeordneten Verbänden und Einheiten der 1. Gebirgsdivision den Traditionsnamen zu nehmen, die betroffenen Befehlshaber, Kommandeure, Einheitsführer und Soldaten gehört, und wenn nein, warum hat der Bundesverteidigungsminister Anhörungen und Diskussionen der Truppe über öffentliche Gelöbnisse und Großen Zapfenstreich angeordnet, solche Anordnungen aber unterlassen, wo die Soldaten von Anordnungen des Bundesministeriums unmittelbar berührt sind? Zu Frage 121: Die Bundesregierung beobachtet die Aktivitäten und öffentlichen Äußerungen des Generalmajors a. D. Gert Bastian mit Aufmerksamkeit und zunehmender Sorge. Der ehemalige General wendet sich in seinen Verlautbarungen vor allem gegen die Durchführung des sog. Doppelbeschlusses der NATO vom 12. Dezember 1979, wie er dies auch schon vor seiner aus Gesundheitsgründen erfolgten vorzeitigen Zurruhesetzung getan hat. Er vertritt seine Auffassungen auch in Interviews mit Informationsträgern der Sowjetunion und der DDR, und er trägt zusammen mit anderen einen Unterschriftenappell an die Bundesregierung, mit dem zur Rücknahme des Brüsseler Beschlusses aufgerufen wird. Es ist bekannt, daß dies Resonanz in den Medien des Warschauer Paktes findet und in der Bundesrepublik Deutschland z. B. durch die DKP publizistisch gefördert wird. Der General stellt jedoch öffentlich eine Verbindung zu kommunistischen Organisationen in Abrede. Die Bundesregierung bedauert diese Vorkommnisse. Sie ist jedoch der Auffassung, daß unter den gegebenen Umständen disziplinarrechtliche Möglichkeiten nicht abzuleiten sind. Zwar obliegt auch einem aus dem Wehrdienst ausgeschiedenen Offizier die Pflicht zu einem Verhalten, das der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die für eine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad erforderlich wäre. Die Anforderungen an das Verhalten eines Offiziers im Ruhestand sind allerdings erheblich geringer als bei einem aktiven Soldaten. Eine Ahndung ist nur möglich, wenn zu der Vertrauens- und Achtungsverletzung das Merkmal der „Unwürde" hinzutritt oder der ehemalige Soldat sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt. Der beanstandete Sachverhalt läßt es unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung als zweifelhaft erscheinen, daß diese Voraussetzun- Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1117* gen zur Zeit erfüllt sind. Vielmehr erscheint das Verhalten des ehemaligen Generals bislang noch vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt. Zu Frage 122: Die ursprünglich vorgesehenen Änderungen in der Bezeichnung von Truppenteilen der Gebirgsdivision sind auf die neue Konzeption für diese Division in der Heeresstruktur 4 zurückzuführen. Bisherige Gliederung und Ausstattung der Gebirgsdivision, insbesondere zu geringe Mechanisierung, entsprechen nicht mehr den Anforderungen im Verteidigungsfall. Durch Umgliederung der Gebirgsdivision und Ausstattung wie eine Panzergrenadierdivision mußte der gefährliche Mangel an mechanisierten Verbänden im süddeutschen Raum behoben werden. Nach gründlicher Untersuchung und in enger Abstimmung mit der Division und dem II. Korps wurde zum 1. Oktober 1981 die Neuorganisation der Gebirgsdivision mit einer Panzergrenadier-, einer Panzer- und einer Gebirgsjägerbrigade entschieden. Die Divisionstruppen werden gegliedert und ausgestattet wie die der übrigen Panzer-/Panzergrenadierdivisionen. Die vorgesehenen Umbenennungen als Folge der Umgliederung wurden auf Kommandeurtagungen eingehend behandelt und mit dem nachgeordneten Bereich abgestimmt. Grundgedanke hierbei war, Truppenteile nach Auftrag, Aufgaben und Ausstattung zu bezeichnen. Die Umgliederung der Gebirgsdivision und insbesondere die ursprünglich vorgesehenen Neubezeichnungen haben eine starke Resonanz in der Öffentlichkeit hervorgerufen. Sie hat dazu geführt, daß der Bundesminister der Verteidigung am 17. Februar 1981 entschieden hat, daß für die Bezeichnungen der Truppenteile der Gebirgsdivision folgender Kompromiß zwischen Berücksichtigung von Auftrag und Austattung der Truppenteile und Bewahrung traditioneller Bezeichnungen getroffen wird: — Die Gebirgsdivision wird weiterhin als 1. Gebirgsdivision bezeichnet, mit dem schriftlichen Zusatz (8.) — Die bisherige Gebirgsjägerbrigade 22 wird mit Umgliederung als Panzergrenadierbrigade 22 bezeichnet — Die Gebirgsjägerbrigade 23 behält ihre bisherige Bezeichnung — Die Panzergrenadierbrigade 24 wird mit Umgliederung als Panzerbrigade 24 bezeichnet — Die Divisionstruppen der Gebirgsdivision werden wie bisher mit dem Zusatz „Gebirgs" bezeichnet. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage des Abgeordneten Rossmanith (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 123): Haben die zahlreichen Proteste der Bevölkerung, vieler Bürgermeister und der betroffenen Soldaten die Bundesregierung dazu veranlaßt, die Abschaffung der Bezeichnung „Gebirgstruppen" für viele Einheiten und Verbände im süddeutschen Raum zu überdenken und vielleicht sogar Abstand von dieser Maßnahme zu gewinnen? Es trifft zu, daß der Bundesminister der Verteidigung am 17. Februar 1981 unter Berücksichtigung des Echos der Öffentlichkeit auf die ursprünglich vorgesehenen Umbenennungen und um die gewachsenen Bindungen zwischen der Öffentlichkeit und den Truppenteilen der Gebirgsdivision nicht zu beeinträchtigen, die Entscheidung getroffen hat, die ich eben bei der Beantwortung der Frage des Kollegen Graf Stauffenberg erläutert habe. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 124): Ist es nach Meinung der Bundesregierung der Tradition und der Traditionspflege in der Bundeswehr förderlich, wenn sie nun beginnt, die traditionsreiche und im Bewußtsein der Bevölkerung verankerte Bezeichnung der „Gebirgstruppen" abzuschaffen? Die ursprünglich vorgesehenen Umbenennungen orientieren sich an Auftrag und Ausstattung der Truppenteile. Die völlige Abschaffung der Bezeichnung Gebirgstruppen war nicht vorgesehen. Die nun getroffene Entscheidung vom 17. Februar 1981 — insoweit darf ich mich auf die dem Kollegen Graf Stauffenberg gegebene Antwort beziehen — trägt den traditionellen und im Bewußtsein der Bevölkerung verankerten Bezeichnungen für Truppenteile der Gebirgsdivision — soweit wie möglich — Rechnung. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage der Abgeordneten Frau Geiger (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 125): Warum hat die Bundesregierung ausgerechnet zu einem Zeitpunkt ideologisch bestimmter Auseinandersetzungen über Sicherheit und Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland die Absicht, den traditionsreichen und im süddeutschen Raum zum Alltag der Bürger gehörenden Begriff wie „Gebirgstruppen" auszumerzen? Die ursprünglich vorgesehenen Umbenennungen waren eine Folge der Heeresstruktur 4. Sie hatten 1118* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 keinen Bezug zu bestimmten aktuellen politischen Themen oder Auseinandersetzungen. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage des Abgeordneten Sauter (Ichenhausen) (CDU/ CSU) (Drucksache 9/159 Frage 126): Womit begründet die Bundesregierung die geplante Umbenennung der 1. Gebirgsdivision in „8. Gebirgsdivision" und den gleichzeitigen Wegfall der Bezeichnung „Gebirgs" für viele Truppenteile, obwohl diese in der Gebirgsdivision verbleiben? Die Bezeichnung von Truppenteilen und Dienststellen im Heer wurde mit Weisung vom 31. Januar 1980 neu geregelt. Ziel ist es, mit der Umgliederung in die Heeresstruktur 4 wieder eine überschaubare und einfache Ordnung der Bezeichnung und Numerierung von Truppenteilen im Heer herzustellen. Alle Divisionen des Heeres werden ohne Rücksicht auf den Divisionstyp durchlaufend numeriert. Von den Divionsnummern leitet sich die Numerierung der unterstellten Truppenteile ab. Eine Abweichung von diesem System bildete die 1. Gebirgsdivision, deren Brigaden die Nummern 22, 23 und 24 tragen, so als hätte die Division die Nummer 8. Um diesen Systembruch zu beseitigen, war die Umbenennung in 8. Gebirgsdivision vorgesehen. Nach der Entscheidung vom 17. Februar 1981 behält die Division ihre bisherige Bezeichnung mit dem Zusatz „(8.)" Zur Verdeutlichung: 1. (8.) Gebirgsdivision. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 128): Wie erklärt die Bundesregierung den Widerspruch zwischen der Aussage des Bundesverteidigungsministers, Dr. Apel, in seiner Rede vor dem Plenum des Bundestages, es gebe kein Verbot an Einheitsführer der Bundeswehr, Gelöbnisse in der Öffentlichkeit durchzuführen, und der Tatsache, daß die Inspekteure des Heeres und der Luftwaffe bereits Anfang Dezember 1980 die öffentlichen Gelöbnisse sowie den Großen Zapfenstreich untersagt haben? Einen Widerspruch zwischen der Aussage des Bundesministers der Verteidigung in der Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 28. Januar 1981 und den der Truppe erteilten Weisungen vermag die Bundesregierung nicht zu erkennen. Sie gestatten, daß ich hierzu einige Fakten darlege: Die Bundeswehr unterscheidet zwei Grundformen öffentlicher feierlicher Gelöbnisse: zum einen Gelöbnisse außerhalb der Kaserne, zum anderen Gelöbnisse in den Kasernen unter Beteiligung der Öffentlichkeit. Im November 1980 hatte der Bundesminister der Verteidigung gegenüber dem Generalinspekteur der Bundeswehr die Bitte geäußert — ich zitiere aus dem entsprechenden Protokoll —: der Truppe in geeigneter Weise .... seinen Wunsch zu übermitteln, daß nach Abwicklung der bis zum 30. November 1980 festliegenden Veranstaltungen grundsätzlich solange keine öffentlichen Gelöbnisse/Zapfenstreiche stattfinden, bis das Ergebnis der für das Frühjahr nächsten Jahres vorgesehenen Traditionsdebatte vorliegt (Mitte/Ende April 1981). Hierzu sind Weisungen der Inspekteure des Heeres und der Luftwaffe ergangen, die sich auf feierliche Gelöbnisse und Große Zapfenstreiche in der Öffentlichkeit, d. h. außerhalb der Kasernen, bezogen. Um dies zu verdeutlichen und vereinzelt auftretende Zweifel zu beseitigen, hat der Generalinspekteur der Bundeswehr mit Fernschreiben vom 3. Februar 1981 ausgeführt: 1. Der Bundesminster der Verteidigung hatte im Anschluß an den 12. November 1980 darum gebeten, daß nach Abwicklung der noch bis zum Jahresende geplanten Veranstaltungen grundsätzlich solange keine feierlichen Gelöbnisse/Aufführungen des Großen Zapfenstreiches außerhalb militärischer Anlagen stattfinden, bis das Ergebnis der von ihm beabsichtigten Traditionsdebatte im April 1981 vorliegt. Hierzu ist Weisung durch die Inspekteure ergangen. 2. Ich habe die Absicht des Ministers unterstützt, dazu beizutragen, ein emotionsfreies Klima zu schaffen. 3. Ich gehe davon aus, daß die vom Bundesminister der Verteidigung beabsichtigte Debatte am 23./ 24. April dazu führen wird, in der öffentlichen Diskussion zur Sachlichkeit zurückzukehren. 4. Ich bitte Sie, in Ihrem Verantwortungsbereich dafür zu sorgen, daß diese abwartende Haltung der Bundeswehr auch gegenüber der Öffentlichkeit, wo erforderlich, angemessen interpretiert wird. Es ging dem Bundesminister der Verteidigung, dem Generalinspekteur und den Inspekteuren darum, für die Zeit bis zur „Traditionsdebatte" den Zustand eintreten zu lassen, von dem auch die einschlägige Dienstvorschrift als dem Normalfall ausgeht. Es heißt dort (ZDv 10/8 Militärische Formen und Feiern Nr. 14): „Die Vereidigung bzw. das Ablegen des feierlichen Gelöbnisses kann auch in der Öffentlichkeit erfolgen." Diese Beschränkung auf Feiern innerhalb militärischer Anlagen hat den Sinn, emotionale Reaktionen auf feierliche Gelöbnisfeiern in der Öffentlichkeit zu vermeiden, um die innerhalb und außerhalb der Bundeswehr einsetzende Debatte über Tradition und über die angemessene Selbstdarstellung der Streitkräfte in einer beruhigten Atmosphäre führen zu können. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1119* Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Kreutzmann auf die Fragen des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/ CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 129 und 130): Bedeutet die Aussage des neuen Leiters der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR, Staatssekretär Bolling, sein erstes Gespräch mit dem Staatsratsvorsitzenden Honecker sei „durch eine Sprache der Klarheit charakterisiert gewesen", und es sei „sehr wichtig, daß zwischen den beiden Staaten in Deutschland nichts vernebelt wird", daß der Staatssekretär den Staatsratsvorsitzenden auf die auch nach acht Jahren Grundlagenvertrag noch immer fortbestehende menschenrechtswidrige Situation an der innerdeutschen Demarkationslinie hingewiesen und auf die Beseitigung der Sperranlagen gedrängt hat? Bedeutet die „Sprache der Klarheit", von der nach Aussage von Staatssekretär Bolling sein erstes Gespräch mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Honecker charakterisiert war, daß er den Staatsratsvorsitzenden auf die Verletzung der vertraglichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR durch die Erhöhung des Zwangsumtauschs für Reisende in die DDR und nach Berlin (Ost) hingewiesen und auf die Rückgängigmachung dieser Vertragsverletzung gedrängt hat? Der Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR, Staatssekretär Bölling, hat in seinem Gespräch mit dem Staatsratsvorsitzenden der DDR am 9. Februar anläßlich der Überreichung des Beglaubigungsschreibens die Haltung der Bundesregierung zu verschiedenen wichtigen Fragen dargelegt. Über den Inhalt des Gesprächs hat Herr Bölling sich am 9. Februar 1981 u. a. in der Tagesschau und im HEUTE-Journal öffentlich geäußert. Diesen Äußerungen habe ich nichts hinzuzufügen. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Kreutzmann auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 131): Wie viele Bürger der Bundesrepublik Deutschland sind im Jahr 1980 von den Behörden der DDR inhaftiert, angeklagt und verurteilt worden, und wie hoch ist der Strafmaßrahmen gewesen? Der Bundesregierung sind für das Jahr 1980 199 Festnahmen von Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland bekanntgeworden. Bisher wurden 104 Personen zu Strafen von einem Monat und einer Woche bis zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den §§ 40, 41 StGB/DDR beträgt der Rahmen für Freiheitsstrafen sechs Monate bis 15 Jahre (als zeitige Freiheitsstrafe) oder lebenslänglich; Haftstrafen können von einer Woche bis zu sechs Monaten ausgesprochen werden. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Mahne auf die Frage des Abgeordneten Kunz (Berlin) (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 132): Welche Ergebnisse haben die Bemühungen der Bundesregierung, insbesondere des Bundeskanzlers, gezeitigt, einen Zusammenhang zwischen Flugpreis, Subvention und der Qualität des Flugangebots in bezug auf Frequenzen, Service und Leistung herzustellen? Im Einvernehmen mit dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung hat im Jahre 1979 im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Flugpreissubvention im Berlin-Verkehr durch Vermittlung der Drei Mächte von den Berlin-Fluggesellschaften eine Reihe von Zusagen zur Verbesserung der Leistung und des Service im Berlin-Luftverkehr erwirkt, die weitgehend erfüllt worden sind: — Die Fluggesellschaften haben erhebliche Anstrengungen zur Verminderung des Fluglärms durch Einsatz geräuschärmeren Fluggeräts unternommen. Der Prozeß der Umrüstung ist noch nicht abgeschlossen. — Die Pünktlichkeitsrate liegt hoch und ist noch weiter verbessert worden. — Die Zahl der Frequenzen ist trotz Einsatzes größeren Fluggeräts unverändert aufrecht erhalten worden. Bei Engpässen werden Zusatzflüge durchgeführt. Die Flugausfallquote liegt unter 0,5 %. — Die Platzreservierung ist auf allen Diensten eingeführt worden. — Überbuchungen werden weitestgehend vermieden, sonst aber nach dem in Europa eingeführten Entschädigungssystem entschädigt. — Die Fluggesellschaften haben durch Einführung von Tarifanreizen wie Wochenend- und Spartarife sowie Gruppentarife zur Belebung der Nachfrage beigetragen. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Kuhlwein auf die Frage des Abgeordneten Prangenberg (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 133 und 134): Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesministers für Forschung und Technologie, der ausweislich des Protokolls der 2. Sitzung des Bundestagsausschusses für Forschung und Technologie erklärte, „die Schwächung des naturwissenschaftlichen Unterrichts und der naturwissenschaftlichen Forschung an den Hochschulen ist sehr bedenklich" und sich selbst fragte, „ob wir genügend für Ausbildung und Fortbildung tun"? Welche Konsequenzen ist die Bundesregierung bereit auf Grund dieser Einlassung des Bundesministers für ihre Politik im Hochschulbereich zu ziehen? Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat auf der zweiten Sitzung des Bundestagsausschusses für Forschung und Technologie die Frage aufgeworfen, ob genügend für den naturwissen- 1120* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 schaftlichen Unterricht und die naturwissenschaftliche Forschung an den Hochschulen getan werde. Diese Fragen wenden sich angesichts der verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung vor allem an die Länder. Auf der Grundlage der mir z. Z. vorliegenden Informationen kann ich lediglich folgende Hinweise zur aktuellen Situation geben: Im Bereich der allgemeinbildenden Schulen besteht für die naturwissenschaftlichen Fächer in der gymnasialen Oberstufe nach wie vor ein Lehrermangel. Das Wahlsystem in der neuen gymnasialen Oberstufe erlaubt den Schülern, individuelle fachliche Schwerpunkte zu setzen. Beobachtungen des Wahlverhaltens haben gezeigt, daß in den Naturwissenschaften Physik und Chemie weniger, Biologie stärker gewählt wird. Die Lage der naturwissenschaftlichen Forschung an den deutschen Hochschulen kann generell z. Z. noch als günstig beurteilt werden. Im vergangenen Jahr sind beispielsweise von den über 810 Millionen DM, die der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Forschungsförderung bereitgestellt wurden, rd. 60 % in die Natur- und Biowissenschaften geflossen. Diese Zahl gilt sowohl für das Normalverfahren wie für die konzentrierten Förderungsverfahren im Schwerpunktprogramm und in den Sonderforschungsbereichen. 70 von 115 Sonderforschungsbereichen gehören in diese Fächergruppe, wobei die DFG auch hier bei der Förderungsentscheidung ihre bekannt strengen Qualitätsmaßstäbe anlegt. Die Lage in diesen Fächern würde allerdings gefährdet werden, wenn die Zahl der Studenten in diesen Fächern und insbesondere ein qualifizierter wissenschaftlicher Nachwuchs auf Grund eines veränderten Wahlverhaltens in den Schulen und bei der Studienfachwahl erheblich sinken würde. Die naturwissenschaftliche Forschung ist nicht nur auf Großgeräte, sondern auch auf einen engagierten und hochqualifizierten Nachwuchs im besonderen Maße angewiesen. Daher wird die Bundesregierung —wie die Aussagen des Bundesministers für Forschung und Technologie in der genannten Ausschußsitzung im Kontext sehr deutlich gemacht haben — ihre Möglichkeiten zur Förderung der naturwissenschaftlichen Gundlagenforschung innerhalb und außerhalb der Hochschulen auch künftig voll nutzen und damit ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung des Standards der Naturwissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland leisten. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Kuhlwein auf die Fragen der Abgeordneten Frau von Braun-Stützer (FDP) (Drucksache 9/159 Fragen 135 und 136): Wie beurteilt die Bundesregierung die geplante Auflösung der Pädagogischen Hochschulen in Esslingen und Lörrach im Hinblick auf bisherige Bemühungen von Bund und Ländern — wie etwa dem Programm der Regierungschefs vom 4. November 1977 — für die geburtenstarken Jahrgänge, möglichst alle Ausbildungskapazitäten auszubauen und auszuschöpfen? Ist die Bundesregierung bereit, bei einer endgültigen Schließung der im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau geförderten Pädagogischen Hochschulen Esslingen und Lörrach rechtliche und finanzielle Konsequenzen gegenüber dem Land Baden-Württemberg zu ziehen? Zu Frage 135: Ob und inwieweit die vom Land Baden-Württemberg vorgesehene Auflösung der Pädagogischen Hochschulen in Esslingen und Lörrach die gemeinsamen Bemühungen von Bund und Ländern zur Ausschöpfung aller Ausbildungskapazitäten beeinträchtigen könnte, ist erst zu beurteilen, wenn über die vorgesehene künftige Verwendung der freiwerdenden Einrichtungen entschieden ist. Das Land hat mitgeteilt, daß es die nach Schließung der Pädagogischen Hochschule Esslingen freiwerdenden Gebäude für z. Z. beengt untergebrachte andere Hochschuleinrichtungen nutzen will. Zu Frage 136: Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau sind keine Mittel für die Pädagogische Hochschule Lörrach verwandt worden, so daß sich die Frage von rechtlichen und finanziellen Konsequenzen nicht stellt. Hinsichtlich der Pädagogischen Hochschule Esslingen hat der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft unmittelbar nach den ersten Meldungen über die Schließung das Land auf denkbare Folgen nach dem Hochschulbauförderungsgesetz hingewiesen. Der Minister für Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-Württemberg hat dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft mitgeteilt, daß beabsichtigt sei, die nach Schließung der Pädagogischen Hochschule Esslingen freiwerdenden Flächen für andere Hochschuleinrichtungen zu verwenden. Ein förmlicher Antrag des Landes auf Umwidmung bestimmter Flächen der Pädagogischen Hochschule Esslingen liegt bisher allerdings noch nicht vor. Nach Eingang eines solchen Antrags würde er dem Planungsausschuß für den Hochschulbau zur Entscheidung vorgelegt werden. Nur wenn dieser der Umwidmung nicht zustimmen sollte, könnte sich die Frage der Rückforderung von Bundesmitteln stellen. Anlage 61 Antwort des Staatssekretärs Lahnstein auf die Fragen des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 9/159 Fragen 137 und 138): Welche Gründe waren dafür maligebend, daß die Bundesregierung auf eine Inanspruchnahme der Verursacher für den Schaden, der wegen der Beteiligung an illegalen Waffengeschäften in den 60er Jahren entstanden ist, verzichtet hat, obwohl nach der für den Vergleich mit der Fa. Merex AG herangezogenen Rechtsgrundlage des § 839 BGB in Verbindung mit Artikel 34 des Grundgesetzes ein solcher Rückgriff bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vorbehalten bleibt? Welche Umsatzsteuerbeträge sind für die illegalen Waffengeschäfte der Fa. Merex AG in den 60er Jahren insgesamt rückvergütet worden? Zu Frage 137: Die Bundesregierung hat nicht auf die Geltendmachung von Regreßansprüchen verzichtet. Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 1121* Bei der Prüfung möglicher Rückgriffsforderungen bestehen erhebliche Schwierigkeiten. Da der Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich, nicht aber durch rechtskräftiges Urteil beendet worden ist, gibt es keine verbindlichen Feststellungen zur Klärung der Frage, welchen öffentlich Bediensteten eine Amtspflichtverletzung zur Last gelegt werden könnte. Nach der mündlich geäußerten Auffassung des Gerichts sei die Amtspflichtverletzung darin zu sehen, daß der Bund es unterlassen habe, bei den zuständigen Finanzbehörden zugunsten der Merex AG einzutreten, als es um die Rückforderung gewährter Umsatzsteuerrückvergütungen ging. Dafür aber, daß diese Unterlassung auf grobfahrlässiges Verhalten im Sinne von Art. 34 Satz 2 GG und § 78 Abs. 2 Bundesbeamtengesetz zurückzuführen wäre, gibt es nicht genügend Anhaltspunkte. Diese Schwierigkeiten bei der tatsächlichen und rechtlichen Wertung waren mit dafür maßgebend, den Vergleich zu schließen. Zu Frage 138: Für Umsatzsteuerrückvergütungen an die Merex AG ist das örtliche Finanzamt und damit eine Behörde des Landes Nordrhein-Westfalen zuständig. Ich bitte daher um Ihr Verständnis, wenn die Bundesregierung hierauf gerichtete Fragen nicht aus eigenem Wissen beantworten kann. Anlage 62 Antwort des Staatssekretärs Becker auf die Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Frage 139): Ist der Bundesregierung bekannt, daß den deutschsprachigen Zeitungen in Nordamerika regelmäßig kostenlos das Bulletin der Presseagentur der DDR zugeht, während gleichzeitig der Bezug von Presseagenturen der Bundesrepublik Deutschland mit hohen Eigenkosten verbunden ist, und besteht die Möglichkeit, durch Unterstützung seitens der Bundesregierung wenigstens den Bezug einer Presseagentur den deutschsprachigen Zeitungen kostenlos zu ermöglichen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß deutschsprachige Zeitungen in USA kostenlos das Bulletin der Presseagentur der DDR erhalten. Die Bundesregierung besitzt keine Erkenntnisse darüber, ob die deutschsprachigen Zeitungen in USA insgesamt oder nur ein Teil von ihnen mit dem Bulletin der DDR beliefert werden. Der Bezug von Diensten, die von Presseagenturen in der Bundesrepublik Deutschland herausgegeben werden, ist — entgegen Ihrer Annahme — nicht mit hohen Eigenkosten für die Zeitungen verbunden. Etwa ein Dutzend deutschsprachiger Zeitungen in USA werden regelmäßig mit dem dreimal wöchentlich erscheinenden Europa- und Übersee-Dienst der dpa beliefert. Die Zeitungen zahlen für die Belieferung mit diesem Dienst lediglich eine Anerkennungsgebühr, durch die im wesentlichen nur die Kosten für den Luftpostversand gedeckt werden. Die Kosten liegen in der Mehrzahl der Fälle zwischen 75 und 110 DM. Ein kostenloser Bezug ist aus grundsätzlichen Erwägungen nicht möglich. Die deutschsprachigen Zeitungen erhalten darüber hinaus kostenlos den speziell auf ihre Bedürfnisse hin konzipierten Pressedienst „Report", der von der Presseplan GmbH in Bonn herausgegeben wird und durch die Lieferung von abdruckfähigen Maternseiten ergänzt wird. Die außerordentlich hohen Abdruckergebnisse und zahlreiche positive Äußerungen der Empfänger bestätigen, daß der Dienst, der ein möglichst ausgewogenes Nachrichten- und Meinungsspektrum vermittelt, den Informationsbedürfnissen der deutschsprachigen Presse gerecht wird. Den deutschsprachigen Zeitungen ist außerdem das gesamte deutschsprachige Informationsmaterial, das vom Presse- und Informationsamt oder in dessen Auftrag herausgegeben wird, angeboten worden. Die Bundesregierung wird auch künftig die deutschsprachige Presse im Ausland umfassend durch Versorgung mit Informationsmaterial fördern. Eine finanzielle Unterstützung dieser Zeitungen durch die Bundesregierung ist bei der gegenwärtigen Haushaltslage nicht durchführbar und darüber hinaus in einigen Ländern rechtlich unzulässig. Anlage 63 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Frage des Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup (CDU/ CSU) (Drucksache 9/159 Frage 140): Kann die Bundesregierung die Meldungen über die Menschenrechtsverletzungen und Einschränkungen der demokratischen Rechte in der Türkei — einem Mitglied des Europarats und der NATO — durch die türkische Militärregierung bestätigen, auf die hiesige türkische Staatsangehörige durch ihren Hungerstreik in verschiedenen Städten der Bundesrepublik Deutschland aufmerksam machen, und wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, weitere wirtschaftliche und militärische Hilfeleistungen der Bundesrepublik Deutschland an die Türkei mit der Forderung nach Sicherung der Menschenrechte zu verbinden? Es gibt offenkundig Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Dies wird auch von der Militärregierung nicht bestritten. Die Militärregierung hat sich aber bereit erklärt, allen Anzeigen über entsprechende Vorgänge nachzugehen und im übrigen, sobald dies möglich ist, die Demokratie wieder herzustellen. Die türkische Regierung ist von der Bundesregierung darauf aufmerksam gemacht worden, welches Gewicht Bundesregierung und Bundestag der Wiederherstellung der Demokratie und der Sicherung der Menschenrechte beimessen. Die geplante Reise einiger Mitglieder des Deutschen Bundestages ist eine Unterstreichung dieser Tatsache. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Penner auf die Frage des Angeordneten Fiebig (SPD) (Drucksache 9/159 Frage 143): 1122* Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Februar 1981 Teilt die Bundesregierung die im „Spiegel" veröffentlichte Auffassung (Nummer 7 vom 9. Februar 1981, Seite 110f.), daß eine Europäisierung der Atomkriegsgefahr drohe, die es dem amerikanischen Präsidenten erlaube, „offensiver mit der nuklearen Abschreckung zu hantieren, weil das amerikanische Territorium selbst bei einem atomaren Schlagabtausch in Europa nicht mehr unmittelbar und automatisch gefährdet wäre", und wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung gegen diese Gefährdung zu tun? Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht. Die Glaubwürdigkeit der Abschreckung beruht u. a. auf dem engen Verbund der konventionellen und taktischen nuklearen Systeme der NATO sowie der zentralstrategischen Nuklearsysteme der USA. Dieser enge Verbund wird als Triade bezeichnet. In einem Element dieser Triade, im Bereich der Weitreichenden nuklearen Mittelstreckensysteme der NATO, hat sich eine Lücke aufgetan, die, wäre sie vom Bündnis hingenommen worden, sich aus Sicht eines möglichen Gegners abkoppelnd hätte auswirken können. Unter Abkopplung wird verstanden, daß ein möglicher Gegner meinen könnte, die konventionellen und nuklearen Potentiale der NATO würden von den zentralstrategischen Potentialen der USA losgelöst. Dieses würde aus Sicht des Gegners zu einer Regionalisierung, d. h. zu einer Begrenzung der Kriegshandlungen auf den Kriegsschauplatz Europa führen. Durch den Doppelbeschluß des Bündnisses vom Dezember 1979 soll diese Lücke angemessen aufgefüllt werden, sofern nicht rüstungskontrollpolitische Ergebnisse einen Verzicht auf diese Maßnahme ermöglichen sollten. Ziel des Modernisierungsbeschlusses ist, den Verbund der Triadenelemente gerade in der Sicht eines möglichen Gegners sichtbar zu gestalten. Dieser Verbund ist zugleich Voraussetzung dafür, jedweder Regionalisierung eines möglichen Konfliktes im NATO-Bereich entgegenzuwirken. Anlage 65 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 147 und 148): Sieht die Bundesregierung in der militärischen Besetzung des Gebäudes der nicaraguensischen Menschenrechtskommission „Comision Permanente des Derechos Humanos des Nicaragua" unter Anführung durch den Justizminister Ernesto Castillo und den Polizeichef Managuas Henrique Schmidt, der Beschlagnahme aller Akten und dem Verbot der weiteren Arbeit der Menschenrechtskommission einen ernsten Vorgang, der nicht ohne Folgen für das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Nicaragua bleiben kann, wird die Bundesregierung den Vorfall mit Comandante Arce bei seinem bevorstehenden Besuch in Bonn in aller Klarheit ansprechen? Ist die Bundesregierung bereit, finanzielle Leistungen an Nicaragua solange zu suspendieren, bis die Menschenrechtskommission ihrer dringenden und wichtigen Arbeit wieder ungehindert nachgehen kann? Zu Frage 147: Ja. Zu Frage 148: Eine Suspendierung der Entwicklungshilfeleistungen für Nicaragua steht nicht zur Diskussion. Anlage 66 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Marx (CDU/CSU) (Drucksache 9/159 Fragen 149 und 150): Wird die Bundesregierung nach den Erörterungen im Auswärtigen Ausschuß des Deutschen Bundestages am 11. Februar 1981 auf den FDR-Vorsitzenden Ungo einwirken, sein Verhalten zu ändern, nachdem er bisher alle Angebote von Präsident Duarte zum Dialog abgelehnt hat? Hat die Bundesregierung starke Anzeichen dafür, daß Ostblockstaaten über Kuba und Nicaragua Waffen nach El Salvador liefern, und was ergibt sich im einzelnen aus diesen Unterlagen? Zu Frage 149: Soweit sie kann, ja. Zu Frage 150: Die Bundesregierung geht entsprechenden Anzeichen nach. Ich möchte vorschlagen, daß hierüber im Auswärtigen Ausschuß berichtet wird.
Gesamtes Protokol
Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902400000
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Wir fahren in der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 3 fort:
a) Beratung des Jahresgutachtens 1980/81 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
— Drucksache 9/17 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Haushaltsausschuß
b) Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 1981 der Bundesregierung
— Drucksache 9/125 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Haushaltsausschuß
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kiep.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902400100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist die dritte große mehrtägige Debatte in der neuen Legislaturperiode. Ich möchte mir zu Beginn dieser Debatte erlauben, einige kurze Bemerkungen zu Stil und Ablauf dieser Debatte zu machen.
Wie wir alle wissen und als Politiker mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen, werden unsere Auseinandersetzungen von vielen Bürgern am Fernsehen verfolgt. Angesichts der Öffentlichkeit unserer Debatten und des Einflusses, den unser Verhalten in Debatten auch auf die Glaubwürdigkeit unserer Aussagen hat, sollten wir vielleicht doch auf ein gewisses Ritual verzichten, das uns bei solchen Debatten gelegentlich wie eine Zwangsvorstellung zu begleiten scheint. Ich meine z. B., daß es sicherlich nicht sehr weit führt, wenn der Opposition von den Vertretern der Regierungsparteien bei kritischen Anmerkungen zu ihrer Politik in diesen Debatten mit schöner Regelmäßigkeit die Frage nach der Alternative gestellt wird, so als ob es für eine Opposition, die eine Regierung elf Jahre lang kritisch begleitet hat, möglich wäre, sozusagen rückwirkend
Alternativen aufzuzeigen, um heute auftretende Schwächen dieser Politik deutlich zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gestern hat ein Kollege in der Debatte, wenn ich das so ausdrücken darf, dankenswerterweise die Katze aus dem Sack gelassen, als er, der Opposition zugewandt, die Alternative der Opposition forderte und, als wir relativ still blieben, dann hinzufügte: Nun sagen Sie doch, wo Sie das soziale Netz zerreißen wollen.

(Dr. Waigel [CDU/CSU]: Genau so ist es! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Diese enthüllende Bemerkung, meine Damen und Herren, macht, glaube ich, den Unsinn dieser Routinefrage nach der Alternative deutlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich habe den Eindruck, daß die Zuschauer unserer Parlamentsdebatten — übrigens ebenso wie die Zuschauer unserer Wahlkämpfe — inzwischen keinen Zweifel mehr an der Fähigkeit der Demokraten in Deutschland zur Führung hervorragender Wahlkämpfe und zum Veranstalten großer Redeschlachten im Parlament haben. Aber ich könnte mir vorstellen, daß immer öfter die Frage gestellt wird: Wie sieht es eigentlich mit der Lösungskompetenz aus? Wo ist die Fähigkeit geblieben, daß Demokraten in der Debatte, in der kontroversen Diskussion auch Kompromisse finden, die zur Lösung der Probleme führen, die die Bürger wirklich bedrücken? Ich meine, daß Debatten in diesem Sinne in einer Weise geführt werden sollten, die Gegensätze herausstellt, aber Gemeinsamkeiten, die vorhanden sind, nicht verschleiert und verhüllt.
Ein Letztes dazu, meine Damen und Herren: Ich fand es nicht so sehr gut, daß gestern von seiten der Regierungspartei SPD durch einen oder mehrere Sprecher sozusagen für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ein Alleinvertretungsanspruch auf Nachdenklichkeit in der Politik erhoben wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn der Umstand, meine sehr verehrten Damen
und Herren, daß wir uns nach langen Diskussionen
und keineswegs mit Leichtigkeit oder gar Leichtfer-



Kiep
tigkeit zu bestimmten Prioritäten in der Politik entschlossen haben und die auch vertreten, bedeutet doch beileibe nicht, daß bei uns etwa nicht nachgedacht würde. Glauben Sie, daß es Gerhard Stoltenberg und den schleswig-holsteinischen Kabinettskollegen leicht gefallen ist, die Entscheidung zum Weiterbau von Brokdorf angesichts des 28. Februar zu treffen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sollten uns hier nicht gegenseitig die Fähigkeit und die Verpflichtung zum Nachdenken absprechen lassen.

(Dr. Waigel [CDU/CSU]: Zum Denken überhaupt!)

Der Jahreswirtschaftbericht, den der Bundeswirtschaftsminister vorgelegt und gestern mit einer langen Rede eingebracht hat, enthält eine Fülle von Ansätzen für die richtige und notwendige Wirtschaftspolitik für die vor uns liegende Zeit. Er geht von einigen Voraussetzungen aus, die er als selbstverständlich unterstellt, von denen ich aber befürchte. daß sie nicht so selbstverständlich sind, wie es der Bericht glauben machen will.
Vor allen Dingen fehlt mir ein wenig Selbstkritik in diesem Bericht. Es fehlt mir ein wenig die Anmerkung, daß eine Reihe der beklagten Umstände, deren Abstellung der Bundeswirtschaftsminister zu Recht fordert, daß Ergebnis der Politik sind, an der er selber und seine Partei mitgewirkt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein wenig habe ich den Eindruck, Graf Lambsdorff, als ob Sie kurz nach dem 5. Oktober, von einer langen Fahrt durchs Weltall zurückkehrend, in der Nähe von Bonn niedergekommen sind, in die Bundesregierung eingetreten sind und nun mit Erstaunen und Sorge lauter Mißstände feststellen, die Sie hier vorfinden.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Sie sagen: Halten wir uns nicht zu lang mit der Vergangenheit auf!

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Auch ich bin ein entschiedener Gegner des Schlagens von Schlachten der Vergangenheit. Aber Sie müssen der Opposition schon die Möglichkeit, das Recht, ja sogar die Pflicht einräumen, bei einer analytischen Betrachtung der Wirtschaftslage unseres Landes auch auf die Vergangenheit einzugehen. Sie sind elf Jahre an dieser Koalition beteiligt, und Sie sind — um in der Terminologie des Handels und der Geschäfte zu sprechen — nicht etwa ein stiller Partner, sondern Sie sind in diesen elf Jahren zum Komplementär, zum voll haftenden Gesellschafter geworden.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Konkurs! — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Herr Kollege Kiep, bei der Gewinnverteilung ist er sogar Mehrheitsaktionär! — Anhaltende Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Graf Lambsdorff, eine Therapie ohne Diagnose ist, wie Sie mir zugeben werden, Stückwerk, ist unvollkommen und führt nicht zu den Lösungen, die wir brauchen. Deshalb gehört zur Therapie notwendig die Diagnose.
Das Konzept, das Sie im Jahreswirtschaftsbericht — in vielen Punkten von unserer vollen Zustimmung begleitet — vorgetragen haben, hat nach unserer Meinung auch eine Reihe von Schwächen. Die größte Schwäche scheint mir zu sein, daß dieses Konzept sicher von Ihnen getragen wird, aber nicht von Ihrem Partner in dieser Koalition, nicht von der Sozialdemokratischen Partei. Deshalb müssen wir schon über das diskutieren, was an Grundlagen in diesem Jahreswirtschaftsbericht brüchig und zweifelhaft ist.
Die Frage ist doch zu stellen: Ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands auf der Grundlage Ihres Konzepts handlungsfähig und handlungsbereit? Es kann doch nicht so sein, daß wir hier eine Diskussion führen, in der das unterdrückt wird, was weite Teile der SPD zu der von Ihnen vorgeschlagenen Wirtschaftspolitik ständig lauthals erklären. Ich erinnere Sie daran, daß gerade gestern abend der Hamburger Regierungschef Klose zu der Frage Brokdorf eine Stellungnahme abgegeben hat, die mit der Energiepolitik dieser Bundesregierung wirklich nichts mehr zu tun hat. Dies alles kann doch nicht geleugnet werden.
Für uns ist Ihr Wirtschaftskonzept wichtig, gut und beherzigenswert; aber es kommt darauf an, daß Ihr Partner, die Sozialdemokratische Partei, sich zu einer Wirtschafspolititk bekennt, die dieses Konzept mitträgt. Und da müssen wir sagen, daß die Sozialdemokratische Partei in weiten Feldern der deutschen Politik der 80er Jahre bedauerlicherweise nicht mit einer einheitlichen Meinung zu diesem Konzept steht. Brandt, Wehner und Schmidt haben hierzu eine Fünf-Punkte-Erklärung veröffentlicht, die gestern Gegenstand einer Fraktionssitzung war. Aber ich habe Zweifel, ob dieses Fünf-Punkte-Konzept, dieser Versuch, mit einem entschiedenen SowohlAls-auch die Frage der deutschen Politik der 80er Jahre zu lösen, eine ausreichende Handlungsgrundlage für die deutsche Politik der 80er Jahre ist. Sie, Graf Lambsdorff, müssen diese Frage mit der gleichen Deutlichkeit stellen, wie ich sie hier aufwerfe.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Freien Demokraten verfügen — auch das ist bei Ihren Aussagen nicht so recht zum Ausdruck gekommen — ebenso wie die SPD inzwischen auch über eine erhebliche Bandbreite. Es ist nicht so, daß alles das, was Sie hier vortragen, etwa in der FDP als Partei — und ich spreche von der Partei, nicht von der Fraktion — einheitliche Meinung und Ausdruck einer geschlossenen Willensbildung wäre.

(Zuruf des Abg. Cronenberg [FDP])

Die Bandbreite aus der Zeit von Dehler/Heuss hat sich zu einer Bandbreite Lambsdorff/Baum entwikkelt, und ich möchte sagen, die Größe dieser Bandbreite steht in umgekehrtem Verhältnis zu dem Pro-



Kiep
zentsatz an Wählerstimmen, die Sie am 5. Oktober erhalten haben.
Aber das Entscheidende ist doch die Frage: Was verbindet diese beiden politischen Parteien in dieser Koalition? Was verbindet SPD und FDP miteinander? Was ist die Grundlage für vier Jahre Regierung, zu der sie berufen sind? Da, meine ich, drängt sich uns immer stärker der Eindruck auf, als ob das einzige Band, das Sie wirklich noch zusammenhält, der Wunsch ist, die Macht zu erhalten und gemeinsam auszuüben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Sozialdemokraten müssen zur Kenntnis nehmen, daß man dieses Land auf Dauer nicht regieren kann, wenn man wie Schmidt redet und wie Eppler denkt,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und die Freien Demokraten müssen — wenn ich mir diese Anmerkung erlauben darf — sehr stark an die Inhalte der Politik denken und nicht mit der Angstlichkeit, die wir gelegentlich beobachten, sozusagen ständig auf der Suche nach einem wasserdichten Alibi sein, daß sie auf jeden Fall niemals an einem Scheitern dieser Koalition schuld sein dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

— Verehrter Herr Kollege Mischnick, Sie schütteln den Kopf: Draußen im Lande herrscht schon der Eindruck, daß die Freien Demokraten sich in der schwierigen Situation dieser Regierung angesichts der zugegebenermaßen gewaltigen objektiven Schwierigkeiten ein wenig in Zeitlupe bewegen aus Sorge, durch zu schnelle Bewegungen den Kahn so ins Schaukeln zu bringen, daß am Ende auch die FDP Mitschuld am Kentern trägt. Diese Mitschuld am Kentern dieses Kahnes wollen Sie im Interesse eines möglichen neuen und unbelasteten Anfangs übermorgen oder am Tag danach vermeiden. Dies ist keine angemessene Verhaltensweise, wenn es um entscheidende Weichenstellungen der deutschen Politik für die 80er Jahre geht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, schleppen seit Ihrer Regierungsübernahme nach Ihrem Wahlsieg eine Reihe von Lebenslügen mit sich herum. Die eine habe ich schon erwähnt. Das ist die berühmte Lebenslüge, die Sie sich inzwischen wirklich ganz massiv eingeredet haben, die Opposition sei ohne Alternative. Die zweite Lebenslüge ist schon gefährlicher. Das ist die Lebenslüge, die Sie sich selber gemacht haben und der deutschen Öffentlichkeit angeboten haben mit der Vorlage des Haushalts 1981, mit der Vorlage eines Haushalts mit einem Defizit, von dem Sie wissen, daß es bereits heute um mehrere Milliarden überstiegen wird.

(Dr. Waigel [CDU/CSU]: So ist es!)

Das dritte Problem, das Sie mit sich herumschleppen, die dritte Lebenslüge ist die Energiepolitik unter Beteiligung der Kernenergie. Die vierte schließlich ist die Aussage, das Ausland sei eigentlich an allem schuld. Meine Damen und Herren, wir sind es
nun schon seit elf Jahren gewohnt, immer, wenn es schwierig wird, auf das Ausland verwiesen zu werden. Ich meine, daß diese Aussage und daß diese Entschuldigung nicht mehr angemessen sind.
Wir stehen in der Politik vor schwierigen Herausforderungen. Der Jahreswirtschaftsbericht hat dies deutlich gemacht. Ich wiederhole noch einmal: Keiner von uns will leugnen, daß diese Regierung vor objektiven Schwierigkeiten steht, die, nur zu einem Teil hausgemacht, zu einem großen Teil auch von außen auf uns eindringen. Niemand will dies leugnen. Wir müssen aber, wenn wir den Jahreswirtschaftsbericht zur Kenntnis nehmen. ganz einfach einige der Rahmenbedingungen zur Debatte stellen, auf die sich diese Regierung bei der Vorlage dieses Berichts sozusagen wie selbstverständlich stützt.
Mir erscheint es wichtig, daß vor allen Dingen in den kommenden 80er Jahren zur Bewältigung unserer Probleme eine Rahmenbedingung unbedingte Priorität hat und erhalten wird. Das ist die Rahmenbedingung des sozialen Friedens. Das ist die Voraussetzung einer Gesprächsbereitschaft. Das ist die Konsensfähigkeit in den wesentlichen Fragen zwischen den verschiedenen Partnern und Teilnehmern am Wirtschaftsprozeß in unserem Lande.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn es bei allen Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die wir, wie ich finde, zu Recht haben, noch einen Wettbewerbsvorteil gibt, den wir gegenüber vergleichbaren Industrienationen im Westen haben, dann ist das die Tatsache, daß wir in dieser Bundesrepublik Deutschland immer noch einen hohen Grad von Konsensfähigkeit im sozialen Bereich haben. Den gilt es unter allen Umständen als Voraussetzung für die Lösung der vor uns liegenden Probleme zu erhalten.
Ich meine weiter, daß im Rahmen dieser Bedingungen, die notwendig sind, die Konsolidierung der Staatsfinanzen einen hohen Vorrang hat. Wir sprechen über diese Konsolidierung schon so lange, daß es einem manchmal leid wird, dieses Thema immer wieder erneut anzuschneiden. Wir sprachen davon in den Jahren 1978, 1979 und 1980, in Zeiten realen wirtschaftlichen Wachstums, wo im Grunde genommen der Zeitpunkt gekommen war, wo man hätte umsteuern müssen, und wir sprechen heute davon, in einer Lage, in der wir feststellen müssen, daß sich unsere Befürchtung von der drohenden Handlungsunfähigkeit des Staates in schwierigen Zeiten unseres Landes bewahrheitet. Dennoch behält diese Konsolidierung der Finanzen höchste Priorität, Vorrang vor allem anderen.
Wir müssen in diesem Zusammenhang noch einmal in allem Ernst, Herr Bundeswirtschaftsminister, an die Risiken erinnern, die in dieser Finanzpolitik des Jahres 1981 stecken. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, welcher Zusammenhang besteht zwischen den Risiken des Haushalts, einer sich erhöhenden Neuverschuldung, die droht, und unserer Fähigkeit, das Leistungsbilanzdefizit abzubauen. Die Bundesbank und ihr Präsident Karl Otto Pöhl haben zu Recht auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Wir sollten ihn auch hier in diese Debatte als



Kiep
wichtige Voraussetzung der erfolgreichen Bekämpfung des Leistungsbilanzdefizits und der Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Staates einführen.
Sie, Graf Lambsdorff, haben in diesem Zusammenhang Sätze gesagt wie „... leistet der Staat dadurch, daß er seine Finanzen mittelfristig auf eine solide Basis stellt" und „Es gilt, ... das Vertrauen in die Solidität der öffentlichen Finanzen zu erhalten". Sie haben mit diesen beiden Sätzen Richtiges ausgesprochen. Aber ich weiß nicht, ob es darum geht, die Solidität der öffentlichen Finanzen zu erhalten oder sie wiederherzustellen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wiederherzustellen!)

Ich bin auch der Meinung, daß die Finanzen noch nicht auf eine solide Basis gestellt sind, sondern daß dies eine Anforderung von Ihnen an die Politik der Bundesregierung sein muß. Unsere Fähigkeit, dieses Problem zu bewältigen, ist auch ein Stück Wiederherstellung verlorengegangenen Vertrauens in die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung und der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die dritte Rahmenbedingung, die ich nennen möchte, ist die Wettbewerbsfähigkeit — auch darüber ist gestern gesprochen worden —, die Verantwortung für die Weiterentwicklung der Kosten, die besondere Verantwortung, die die Tarifpartner in diesen Wochen auf sich nehmen, wenn sie am Tisch sitzen und in Autonomie und Unabhängigkeit ihre Gespräche und Verhandlungen führen. Ich meine, daß es vielleicht erlaubt sein darf, von dieser Stelle aus an die besondere Verantwortung zu erinnern, die beide Partner hier für die Zukunft unserer Arbeitsplätze, für die Sicherung der vorhandenen und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, tragen, gewissermaßen daran zu erinnern, daß die Sprecher dieser Gruppen eine Handlung vornehmen, der man eine hohes Maß von Sozialpflichtigkeit zusprechen muß. Mit ihnen sitzen alle diejenigen am Tisch, die zur Zeit in Sorge um Arbeitsplätze oder sogar ohne Arbeitsplätze, in Arbeitslosigkeit, sind.
Sicherlich, meine Damen und Herren, muß auch die Steuerpolitik erwähnt werden, obwohl ich betonen möchte, daß auf Grund der Politik der Verschuldung der letzten Jahre Handlungsspielraum in diesem entscheidenden Bereich nicht vorhanden ist. Dennoch muß daran erinnert werden, daß es nach wie vor ein klassisches Instrument der Wirtschafts-
und Finanzpolitik eines Landes in wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist, in einer solchen Lage durch Korrektur der Steuern nach unten einen Anreiz zu zusätzlicher Leistung zu geben. Ich erinnere daran, daß wir gemeinsam mit den Sozialdemokraten in den 60er Jahren ein Gesetz zur Förderung von Stabilität und Wachstum geschaffen haben, in dem ein Instrumentarium enthalten ist, das genau in dieser Richtung — je nach Konjunkturverlauf nach oben oder nach unten — entsprechende Maßnahmen sozusagen auf dem Verwaltungswege möglich macht.

(Dr. Jens [SPD]: Sie sagten doch aber, es gebe keinen Handlungsspielraum!)

Daß dieser Spielraum heute nicht gegeben ist, ist, so meine ich, deshalb bedauerlich, weil dies die Entscheidungsfreiheit der Regierung angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten einschränkt.
Wir haben im Rahmen der Diskussion über die Bedingungen, die notwendig sind, dann davon gesprochen, daß es unbedingt erforderlich ist, den Investitionsstau abzubauen, Investitionen zu erleichtern bzw. überhaupt zu ermöglichen. Ich frage Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister: Wie verträgt sich die Einführung der Verbandsklage mit der Notwendigkeit, in dieser Zeit den Investitionsstau abzubauen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, wir müssen auch, wie Sie vorgeschlagen haben, in aller Ernsthaftigkeit an das Problem herangehen, wie wir den Mißbrauch unseres sozialen Sicherungssystems auf Grund gemeinsamer Überlegungen abbauen können. Denn es ist unerträglich, daß in einer Zeit, in der die Finanzierung unseres sozialen Sicherungssystems von allen so hohe Opfer verlangt, einige wenige dieses Systems zu ihrem persönlichen Vorteil mißbrauchen.
Zu den Rahmenbedingungen gehört schließlich aber auch die Bildungspolitik. Ich darf daran erinnern, daß viele Probleme der Jugendarbeitslosigkeit, die wir heute zu Recht beklagen und als unerträglich empfinden, auf die Bildungspolitik zurückzuführen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Neben der besonderen Unterstreichung der Notwendigkeit der beruflichen Bildung und der Bedeutung der praktischen Ausbildung auch an der Hauptschule sollten wir auch an die zur Zeit in der Diskussion und in der Durchführung befindliche Oberstufenreform warnend erinnern.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902400200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Roth?

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902400300
Ja, bitte schön.

Wolfgang Roth (SPD):
Rede ID: ID0902400400
Herr Abgeordneter Leisler Kiep, sicher sind wir uns völlig über die dramatische Lage einig,

(Zurufe von der CDU/CSU: Fragen!)

die entsteht, wenn junge Leute keine Arbeits- oder Ausbildungsplätze finden. Aber ist Ihnen erstens die Studie der OECD zur Ausbildungssituation in Europa und zur Arbeitslosigkeit junger Menschen in Europa bekannt, die deutlich macht, daß unsere Jugendarbeitslosigkeit um die Hälfte niedriger als die in allen vergleichbaren Ländern ist,

(Zurufe von der CDU/CSU)

und ist Ihnen zweitens die Tatsache bekannt, daß die OECD festgestellt hat: Diese in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern außerordentlich niedrige Jugendarbeitslosigkeit ist auf das gute Ausbildungs-



Roth-
und Bildungssystem in Deutschland zurückzuführen?

(Zustimmung bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Wir wollen überhaupt keine Arbeitslosigkeit!)


Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902400500
Herr Kollege Roth, ich darf Ihnen zunächst einmal zugestehen, daß ich mich über jede solche Statistik, die uns bestätigt, daß wir in einem Bereich Spitze sind, genauso wie Sie freue. Wir alle miteinander freuen uns darüber.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Allerdings muß ich auf Ihre Intervention auch mit der Feststellung antworten, daß ja wir es waren, die sich mit Entschiedenheit dagegen gewehrt haben, daß Sie in unsere erfolgreiche berufliche Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland durch Auflagen staatlichen Zwang einführen wollten.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902400600
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Pieroth?

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902400700
Bitte schön.

Elmar Pieroth (CDU):
Rede ID: ID0902400800
Herr Kollege Kiep, können Sie dem Kollegen Roth sagen, warum die Jugendarbeitslosigkeit in Berlin doppelt so hoch wie im Bundesgebiet ist?

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902400900
Herr Kollege Pieroth, ich möchte in Beantwortung Ihrer Frage der Hoffnung Ausdruck geben, daß Ihnen bald Gelegenheit gegeben sein wird, diese Statistik erheblich zu verbessern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die letzte sachliche Rahmenbedingung, die ich erwähnen möchte und von der ich glaube, daß die Erreichung der Ziele des Jahreswirtschaftsberichts des Bundeswirtschaftsministers von ihr entscheidend abhängt, betrifft die Frage unserer Notenbankpolitik. Ich möchte hier sagen, daß wir bei aller Erkenntnis der kritischen Auswirkungen der Hochzinspolitik der Bundesbank auf unsere Wirtschaft, gerade auf unsere mittelständische Wirtschaft, voll und ganz hinter dieser Politik stehen, weil wir sehen, daß es zu ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedauerlicherweise keine Alternative gibt. Die Bundesbank bekämpft sozusagen allein an der Front vier Brände gleichzeitig. Alle vier Ziele des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes sind nicht erfüllt, und die Bundesbank kämpft gewissermaßen gegen diese vier Brandherde. Sie hat gestern, wie Sie alle wissen, Maßnahmen ergriffen, die zu einer Verknappung der Geldmenge führen. Ich fürchte, daß diese Politik zumindest noch so lange notwendig sein wird, bis an der Zinsfront aus den Vereinigten Staaten von Amerika ein Entwarnungssignal kommt. Insoweit können wir alle nur hoffen, daß die Wirtschaftspolitik, die die neue amerikanische Regierung eingeleitet hat, von Erfolg begleitet ist; denn nur aus dieser Richtung kann ein Entlastungszeichen gesandt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Erlauben Sie mir noch, in aller Kürze einige politische Rahmenbedingungen zu erwähnen, die nach meiner Meinung unbedingt in den Kontext dieses Jahreswirtschaftsberichts gehören, wenn er die in ihm formulierten Ziele erreichen will. Da ist zunächst einmal die wichtigste Voraussetzung für jedes Wirtschaften, für jeden Handel, für jedes Land, besonders aber für die Bundesrepublik Deutschland, und das ist die Stärkung und die Verbesserung der Infrastruktur des Friedens in der Welt. Ohne friedliche Bedingungen in der Welt werden wir keine Chance haben, unsere wirtschaftlichen Ziele zu erreichen, Wohlstand zu erhalten, zu sichern und auszubauen. Wir als zum Export verurteiltes Land sind wie kein anderes Land auf Frieden in allen Regionen angewiesen.
Bei diesem engen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Frieden in der Welt ist die Frage zu stellen, ob wir angesichts der Gesamtlage unseres Staats auch imstande sind, in diesen vor uns liegenden Jahren bei zusätzlichen Gefahren und Bedrohungen auch den Beitrag zur Stärkung dieser Infrastruktur des Friedens tatsächlich zu leisten, in der Beziehung zwischen Ost und West, indem wir einen Beitrag zur Wiederherstellung des Gleichgewichts der Kräfte leisten, im Nord-Süd-Dialog durch die Fähigkeit, Spannungen auch in diesem wichtigen Bereich durch Leistungen der Bundesrepublik Deutschland abzubauen. Wenn wir den finanziellen Spielraum oder, besser gesagt, den nicht vorhandenen finanziellen Spielraum zu Beginn des Jahres 1981 betrachten, dann kann man die Sorge haben, daß wir ebensowenig, wie wir binnenwirtschaftlich handeln können, auch in der Frage der Sicherung des Friedens in der Welt unseren Beitrag nicht leisten können, wenn wir nicht in einem entschiedenen Schritt dafür sorgen, daß die Staatsfinanzen in den kommenden Monaten und Jahren konsolidiert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir stehen in der Verteidigungspolitik angesichts der jüngsten Ereignisse um das Waffensystem Tornado vor der Erkenntnis, daß dieses Projekt und seine finanziellen Folgen, daß das Management des Tornadoprojekts und die Fehler, die dabei gemacht worden sind, heute bereits eine Dimension angenommen haben, die unsere Handlungsfähigkeit als Partner im Nordatlantischen Verteidigungsbündnis in Frage stellt.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Wenn ich die nicht vorhandenen Reserven in unserem Haushalt und die Risiken des Haushalts sehe, dann frage ich mich, wie wir im Nord-Süd-Dialog und in der Frage der Wiederherstellung des Gleichgewichts tatsächlich das leisten wollen, was von unseren Partnern und auch von der Bevölkerung unseres eigenen Landes erwartet wird.
Es gehört dazu auch, daß unsere Politik berechenbar bleibt. Was wir in diesen letzten Wochen zu dem berühmten Thema Waffenexport erlebt haben, ist eigentlich das Gegenteil einer Politik, die den Anspruch auf Berechenbarkeit erheben kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)




Kiep
Ich will hier nicht auf die Einzelheiten der Probleme eingehen, die sicherlich im Zusammenhang mit einer Änderung unserer Waffenexportpolitik zu sehen sind. Helmut Kohl hat hier unsere eher nachdenklichen Thesen für eine Neuüberlegung zum Waffenexport vorgetragen.
Ich will nur sagen, daß hier in diesem Zusammenhang von der Bundesregierung, vom Kanzler und vom Außenminister. eine Diskussion in Gang gesetzt worden ist, die einen der wichtigsten Partner der Bundesrepublik Deutschland betrifft, unseren größten Öllieferanten und unseren größten Gläubiger. Wir haben bei Saudi-Arabien durch diese Diskussion, die von der Regierung und nicht von der Opposition in Gang gesetzt worden ist, Erwartungen erweekt, die, wenn wir dem Bundeskanzler glauben dürfen, nunmehr durch eine mehrheitliche Meinung innerhalb der SPD sozusagen wieder aus dem Verkehr gezogen werden.

(Dr. Waigel [CDU/CSU]: So ist es!)

Kann man so mit wichtigen Partnern umgehen'? Sieht so der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Stabilisierung von Zonen der Welt aus, auf deren Stabilität wir angewiesen sind'?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will auf das Thema „U-Boote für Chile" gar nicht eingehen, denn das ist ein völlig anderes Kapitel. Hier haben Sie unter Vorsitz des Bundeskanzlers Beschlüsse gefaßt. Hier hat das zuständige Gremium der Bundesregierung unter Mitwirkung der zuständigen Minister beschlossen. Jetzt wollen Sie dieses Geschäft rückgängig machen. Sie müssen sehen, wie Sie selber damit fertig werden.
Meine Damen und Herren, dies alles aber, meine ich, macht doch deutlich, daß es um das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit dieser Bundesregierung als entscheidende Voraussetzung der Erreichung Ihrer wirtschaftlichen Ziele, Herr Bundeswirtschaftsminister, nicht so bestellt ist, wie dies sein müßte. Vertrauen ist ein entscheidender Teil jeder Politik, auch der Wirtschaftspolitik. Mit Erlaubnis der Frau Präsidentin möchte ich den Herrn Bundeskanzler zitieren, der dazu auf der Konferenz der sozialistischen Parteien und Gewerkschaften am 1. April 1977, wie ich finde, zutreffende Ausführungen gemacht hat. Er sagte:
Ich bin der Ansicht, daß die derzeitige Rezession zu weniger als 49 % wirtschaftliche, quantitative Gründe und zu mehr als 51 % psychologische und politische Gründe hat. Industrie und Unternehmer haben nicht genügend Vertrauen, um zu investieren oder ihre Kapazitäten zu erneuern, zu vergrößern und zu modernisieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen daher vor allen Dingen Vertrauen schaffen. Dieser Mangel an Vertrauen mag etwas damit zu tun haben, daß wir den Leuten nur sehr vorsichtig die Wahrheit sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage
an die Bundesregierung, an den Herrn Bundeswirtschaftsminister: Wann werden Sie die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis aus dem Jahre 1977 nun wirklich ziehen? Wann werden Sie die Wahrheit sagen'? Wann werden Sie handeln? Sie sind am 5. Oktober durch eine Mehrheit der Bevölkerung als Regierung gewählt und bestätigt worden. Sie sind zum Handeln aufgefordert. Wenn es eine Krise in diesem Lande gibt, dann nicht eine Krise unserer marktwirtschaftlichen Ordnung, dann nicht eine Krise unserer Menschen oder unserer materiellen Ressourcen, sondern höchstens eine Krise bei der Regierung, die unfähig zu sein scheint, ihren Willen zu artikulieren und in Politik umzusetzen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902401000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Mitzscherling.

Dr. Peter Mitzscherling (SPD):
Rede ID: ID0902401100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kiep hat eben die Hoffnung ausgedrückt, daß die amerikanische Regierung eine Politik betreiben möge, die es uns ermöglicht, im Gefolge einer weniger rigiden Inflationspolitik eine andere Geldpolitik als bisher zu betreiben. Meine Damen und Herren, ich glaube, daß das mit Spannung erwartete Wirtschaftsprogramm des amerikanischen Präsidenten, das nunmehr vorliegt, den Schluß zuläßt, daß die Vereinigten Staaten zunächst an ihrer Hochzinspolitik festhalten dürften. Gerade zu dieser Geldpolitik hat in den letzten Tagen — das werden Sie ja auch gelesen haben; es stand gestern im „Handelsblatt" — Henry Reuss, der Vorsitzende des gemeinsamen Wirtschaftsausschusses des amerikanischen Senats und des Repräsentantenhauses erklärt, daß diese Geldpolitik katastrophale Folgen für die Währungen der anderen Länder habe und sie zu unschuldigen Opfern einer verfehlten Politik der Vereinigten Staaten mache. Diese Skepsis, die Herr Reuss über die möglichen Wirkungen des Wirtschaftsprogramms des Präsidenten äußert, wird auch von anderen Beobachtern geteilt. Wir sehen, daß die vorübergehende Reagan-Hausse inzwischen einer Beruhigung Platz gemacht hat. Für uns bedeutet das — deshalb erwähne ich es —, daß der Handlungsspielraum für unsere Geldpolitik im Grunde nicht wesentlich größer geworden ist. Als Instrument einer Wirtschaftbelebung fällt sie wohl zunächst aus.
Ich möchte auf die Ursachen, Herr Abgeordneter Pieroth, die j a gestern ausgiebig erörtert worden sind und die mein Vorredner eben auch erwähnt hat, im einzelnen nicht noch einmal eingehen. Sie sind bekannt. Stichworte: Leistungsbilanzdefizit, strukturelle Verwerfungen, japanische Herausforderung.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Unser Leistungsbilanzdefizit; keiner will das leugnen. Dieses Defizit ist vorhanden. Aber es gibt auch diese Herausforderung, der wir uns selbstverständlich zu stellen haben.

(Pieroth [CDU/CSU]: Das ist doch unser Leistungsbilanzdefizit, es geht doch um unser Land! Lenken Sie doch nicht nach Amerika ab!)




Dr. Mitzscherling
— Es ist unser Leistungsbilanzdefizit, und wir müssen unsere Politik für die Zukunft darauf einstellen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Wir können doch nicht leugnen, daß wir von einer Vielzahl von Importgütern abhängig sind. Wir sind abhängig vom Öl, und diese Abhängigkeit markiert letztlich sehr deutlich, daß wir uns heute tatsächlich in einer wirtschaftlich sehr, sehr schwierigen Situation befinden. Das liegt nicht daran, daß es hinsichtlich der Bewältigung dieser Probleme etwa Differenzen zwischen den Sozialdemokraten und den Freien Demokraten gibt, ob wir auf diese Herausforderungen nämlich mit einer marktwirtschaftlich verfaßten Politik reagieren wollen. Diese Frage stellt sich nicht. Sozialdemokraten haben sich deutlich dazu bekannt, daß sie diese Wirtschaftspolitik unterstützen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das außenwirtschaftliche Gleichgewicht, die Preisstabilität, ein befriedigendes Wachstum und schließlich der Abbau der Arbeitslosigkeit sind die Ziele, die zur Zeit verfehlt sind und die wir mit unserer Politik wieder erreichen müssen. Aber lassen Sie mich bitte deutlich sagen — ich möchte an das anknüpfen, was Herr Leisler Kiep gesagt hat —: Für uns — ich glaube, das gilt für alle Fraktionen in diesem Hause — ist Wirtschaftswachstum kein Selbstzweck. Wir streben Wirtschaftswachstum auch als Voraussetzung für soziale Sicherheit an.

(Beifall bei der SPD)

Aber soziale Sicherheit ist in diesem Lande ohne Vollbeschäftigung nicht möglich.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Deshalb steht selbstverständlich im Vordergrund unserer Überlegungen eine Politik, die auf einen hohen Beschäftigungsstand gerichtet ist.

(Pfeffermann [CDU/CSU]: Das sieht man allenthalben!)

Gerade deshalb sind wir in Sorge; denn wir fürchten, daß die gegenwärtig sehr hohe Arbeitslosigkeit — insofern besteht in der Bewertung selbstverständlich Übereinstimmung — in eine Beschäftigungskrise münden könnte, von der vor allem jene zitierten vielen Jugendlichen betroffen sein könnten, die als Angehörige geburtenstarker Jahrgänge in den nächsten Jahren in reicher Zahl auf die Arbeitsmärkte drängen. Eines muß in jedem Fall verhindert werden: daß sich unter diesen Jugendlichen negative Zukunftserwartungen verfestigen und daß sich in unserem Lande soziale Konflikte verschärfen. Auch insofern ist für die Lösung unserer Probleme der soziale Consensus selbstverständlich eine entscheidende Voraussetzung.
Herr Abgeordneter Pieroth, lassen Sie mich auf eine Ihrer Zwischenfragen eine kurze Bemerkung machen. Sie haben die Jugendarbeitslosigkeit in Berlin beklagt — ich verstehe j a, daß Sie als ein Mann, der beabsichtigt, in Berlin Senator zu werden, den Versuch machen, Berlin unmittelbar von diesem Podium aus anzusprechen —, obwohl es in Berlin in vier Jahren gelungen ist, und zwar in Zusammenarbeit der Berliner Wirtschaft, der Kammern, des Senats und der Gewerkschaften, die Zahl der Ausbildungsplätze von 17 000 auf 35 000 zu erhöhen. Das ist kein Anlaß zum Angriff. Ich darf an Ihre gestrige Bemerkung anknüpfen, als Sie sich darüber beklagten, daß bei einer Schrumpfung der Zahl der industriellen Arbeitsplätze in Berlin um 80 000 der öffentliche Dienst um 40 000 Beschäftigte zugenommen hat. Wozu hätte der Abbau der Zahl der Arbeitsplätze geführt, wenn nicht andererseits auch eine Aufnahmebereitschaft bestanden hätte? Der Berliner Senat — diese Information am Schluß — bildet in eigenen außerbetrieblichen Einrichtungen gegenwärtig 1 000 junge Menschen in mehr als 20 Ausbildungsberufen für die Berliner Wirtschaft auf seine Kosten aus. Das ist sein Beitrag zur Behebung der Schwierigkeiten in der Ausbildung in der Zeit, in der die geburtenstarken Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt drängen.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD)

Dies nur am Rande.
Meine Damen und Herren, in dieser schwierigen Situation stellt sich für uns selbstverständlich die Frage nach den Strategien der Wirtschaftspolitik. Herr Abgeordneter Kiep hat beklagt, daß die Regierung von der Opposition verlange, daß sie Alternativen aufzeige; das aber könne nicht Aufgabe der Opposition sein. Sicherlich wird man die Opposition aber fragen dürfen, welche Prioritäten sie setzt und wo sie ihre Punkte ansetzt. Wir als Regierungsfraktion sind selbstverständlich in stärkerem Maße gefordert, als wir das von der Opposition erwarten können.
Das Warten darauf, daß eine durch die Abwertung der D-Mark gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit die Exportfähigkeit der deutschen Wirtschaft erhöhen könnte, wäre ein Weg. Aber ich meine, daß dieser Weg lang ist, daß seine Aussichten ungewiß sind und daß wir ihn schwer beeinflussen können. Er ginge auch von der Erwartung aus, daß sich die in der relativen Stabilität unserer Währung zeigende gesunde Verfassung der D-Mark gegenüber den anderen Währungen letztlich durchsetzt. Ich weiß nicht, ob wir von unseren Partnerländern in der näheren Zukunft eine Abkehr von ihrer rigiden Antiinflationspolitik zu erwarten haben. Vieles spricht dafür, daß in den nächsten Jahren eher eine wirtschaftliche Stagnation und geringere Wachstumsraten unser wirtschaftliches Umfeld bestimmen werden, was sich selbstverständlich negativ auf unsere wirtschaftliche Situation auswirkt.
Überdies macht sich, so beklagenswert das ist, allerorten Protektionismus breit. Das bedauern wir; denn wir — ich glaube, darüber gibt es keine Meinungsverschiedenheit — sind gegen eine öffentliche Exportförderung, wir sind gegen Importrestriktionen, wir sind gegen Kapitalverkehrskontrollen und auch gegen eine Einschränkung des Reiseverkehrs. Sie sind untaugliche Mittel zum Ausgleich der Leistungsbilanz.

(Beifall bei der SPD und der FDP)




Dr. Mitzscherling
Was bleibt uns als Ansatzpunkt für ein künftiges Wachstum? Es bleibt die strukturelle Anpassung unserer Wirtschaft unter veränderten Bedingungen. Ich glaube, auch hier sieht man Übereinstimmung. Das bedeutet — in Schlagworten ausgedrückt —, daß wir unsere Ölabhängigkeit verringern müssen und daß wir die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft durch strukturelle Änderung zugunsten neuer Produkte und neuer Produktionsverfahren erhöhen müssen.
Für die künftige Wirtschaftspolitik ergeben sich damit folgende Schwerpunkte.
Erstens. Die Innovations- und Investitionsneigung und -fähigkeit müssen gestärkt und gefördert werden. Dies gilt auch für den Wohnungsbau.

(Zustimmung bei der FDP)

Zweitens. Forschung und Entwicklung als Grundlage zukunftsträchtiger Produktionen sind zu fördern, hier vor allem energiesparende und Energie substituierende Verfahren.
Drittens. Wir müssen unser Bemühen um Senkung des Energieverbrauchs und Substitution des Mineralöls durch andere Energieträger verstärken; Stichworte sind genannt worden: Wärmedämmung, Kraft-Wärme-Kopplung, Fernwärme und anderes mehr.
Schließlich und nicht zuletzt sind arbeitsmarkt-
und berufsbildungspolitsche Maßnahmen gefragt, die der Qualifizierung und der Steigerung der Mobilität dienen.
Ich glaube, wir sind uns darüber einig, daß gerade dieser Bereich nicht nur deshalb wichtig ist, weil er geeignet ist, die künftigen Arbeitskräfte für ein in Zukunft erforderliches Wachstum bereitzustellen, sondern weil auch jeder Jugendliche wissen muß — und ein Recht darauf hat, es zu wissen —, daß er künftig einen Arbeitsplatz erhält und daß dieser Arbeitsplatz sicher ist. Deshalb sind wir auch dafür, daß beispielsweise die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung weiter intensiviert und ausgebaut wird.

(Beifall bei der SPD)

Soweit bürokratische Hemmnisse, Investitionshemmnisse der Verwirklichung dieser Ziele entgegenstehen, müssen sie beseitigt werden. Hierzu stehen wir. Aber eines muß sicher sein: Sozialdemokraten werden es nicht hinnehmen, wenn humane, soziale und demokratische Verpflichtungen der Unternehmen als Investitionshemmnisse bezeichnet werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich denke dabei an viele Diskussionen über das Jugendarbeitsschutzgesetz und anderes mehr.
Es ist bei uns unstrittig und wir bekennen uns dazu, daß es Aufgabe der Wirtschaft ist, diesen Strukturwandel zu bewältigen. In einer Phase konjunktureller Schwäche, in der bei sinkender Kapazitätsauslastung und abnehmender Produktivität der Kostendruck steigt, ist die Höhe des Zinssatzes als Kostenfaktor für die Innovations- und Investitionspolitik selbstverständlich von entscheidender Bedeutung.
Aus binnenwirtschaftlichen Gründen wären wir selbstverständlich an einem niedrigeren Zinssatz interessiert. Die Bundesbank jedoch vertritt die Auffassung — das ist bereits erwähnt worden —, daß sie angesichts des hohen Leistungsbilanzdefizits und des international weit höheren Zinsniveaus eine Zinssenkung nicht verantworten könne, weil es hierdurch zu einem wachsenden Kapitalexport mit allen negativen währungspolitischen Konsequenzen kommen würde, den sie ebenso befürchtet wie den in einer Abwertungsphase durch Importe induzierten inflationären Trend. Die gestrigen Beschlüsse der Bundesbank weisen deutlich darauf hin, daß sie an dieser Einschätzung festhält.
In diesem Dilemma zwischen binnen- und außenwirtschaftlichen Ansprüchen an unsere Kredit- und Währungspolitik könnte selbstverständlich eine internationale Zinssenkungsrunde hilfreich sein. Ob sie von Erfolg begleitet wird, und ob dahin gehende Bemühungen auch tatsächlich dazu führen, muß abgewartet werden. Bleibt die deutsche Geldpolitik aber weiterhin in den internationalen Zins- und Wirtschaftszusammenhang eingebettet, so schwindet der Spielraum für eine nationale monetäre Maßnahme gegen konjunkturelle Abschwächung nahezu völlig. Dann ist der Staat in seiner gesamtwirtschaftlichen Verantwortung gefordert.

(Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Sehr richtig!)

Er wird durch gezielte Hilfen dazu beitragen müssen, daß das Risiko für Innovationen und für Investitionen gemindert wird. Er hat dabei das Ertragskalkül der Unternehmen einzubeziehen.
Mit anderen Worten: Fällt die Geldpolitik wie bisher weitgehend aus, wird die Finanzpolitik gefordert sein. Wir Sozialdemokraten meinen, daß wir diesen Weg gehen müssen. Eine Politik à la Thatcher wird es mit unserer Unterstützung nie geben. Die verheerenden Wirkungen dieser Politik, Herr Kiep, zeigen sich ja nicht nur in einer steigenden Arbeitslosigkeit, sie zeigen sich darüber hinaus darin, daß diese Arbeitslosigkeit von einer Vergiftung des sozialen Klimas begleitet ist.

(Beifall bei der SPD — Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Ja, das ist es!)

Aber die Erhaltung dieses Klimas — eine fruchtbare Zusammenarbeit von Gewerkschaften und Arbeitgebern, von Parteien und Staat — ist für unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung unverzichtbar. Wie aber sollte einen Strategie defensiver Anpassung, wie soll die Annahme steigender Arbeitslosigkeit zur Erhaltung dieses Klimas beitragen?

(Beifall bei der SPD)

Wie sollen denn die Gewerkschaften in einer solchen Situation reagieren, konfrontiert mit Appellen an ihre gesamtwirtschaftliche Einsicht, an ihre lohnpolitische Verantwortung? Hier ist der Staat, hier ist nicht nur der Bund, hier sind die Länder, hier sind die Gemeinden in ihrer Verantwortung auch für die wirtschaftliche Entwicklung gefordert.
Die Fraktion der SPD hat deshalb eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die angesichts des wachsenden



Dr. Mitzscherling
Handlungsbedarfs versuchen wird, Vorschläge für eine Beschäftigungspolitik zu erarbeiten, die diesen genannten Zielen verpflichtet und die auf eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sowie auf Energieeinsparung und Ölsubstitution gerichtet ist.
Wir sind uns einig, daß rein nachfrageorientierte kurzfristige Konjunkturprogramme im konsumtiven Bereich kaum zusätzliche Dauerarbeitsplätze werden schaffen können und auch den Anstieg der Arbeitslosigkeit im Frühjahr nicht werden verhindern können.

(Zustimmung bei der SPD)

Hier müssen wir — und darüber wird sicherlich noch zu sprechen sein — das Instrumentarium des Arbeitsförderungsgesetzes einsetzen. Hier wird zu prüfen sein, inwieweit die Bundesanstalt für Arbeit Möglichkeiten sieht, den akuten Zustand hoher Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, ihm durch eine Fülle verschiedener Maßnahmen entgegenzuwirken, die die 5. Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz mit sich gebracht hat.
Für die Finanzpolitik stellen sich andere Aufgaben — nicht nur eine mittelfristige Rückführung des Staatsdefizits, sondern gleichzeitig der Einsatz fiskalpolitischer Mittel, wobei man darauf bedacht sein muß, die Wachstumsbedingungen in ausgewählten Schwerpunktbereichen zu verbessern. Dies sollte nicht nur bedeuten, daß gezielte Leistungsanreize für private Investitionen denkbar sind, sondern auch, daß öffentliche Investitionen zielgerecht erweitert werden können.
Die Finanzpolitik steht mithin vor der äußerst schwierigen Aufgabe nicht nur den Haushalt zu konsolidieren, seine Struktur zugunsten der investiven Ausgaben zu korrigieren und alle nicht mehr wachstums- und beschäftigungsfördernden Subventionen abzubauen, sondern sie ist ebenso gehalten, fiskalpolitische Instrumente zu entwickeln, die geeignet sind, eine verstärkte Innovations- und Investitionsneigung, zumindest Impulse dieser Art, auch im Bereich kleiner und mittlerer Betriebe auszulösen, ohne daß hierdurch das Haushaltsdefizit in starkem Maße erhöht werden darf.
Dabei kann durchaus — gleichsam flankierend — über ein Bündel mittelfristig wirksam werdender Maßnahmen nachgedacht werden. Denn ein solches Nachdenken, eine derartige Perspektive mittelfristig wirksamer Maßnahmen könnte die allgemeine Zuversicht stärken und zum Ausdruck bringen, daß wir die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in der Zukunft im Auge behalten, auch gegenüber der japanischen Herausforderung, und daß wir für diese Zukunft eine Perspektive sehen. Ich glaube, daß eine derartige Perspektive nicht nur für Investoren, für potentielle Investoren wichtig ist. Sie ist vor allem für unsere Jugend wichtig, die diese Perspektive sehen muß.
Wir Sozialdemokraten sehen für diesen beschriebenen Weg keine Alternative, die es uns gestatten würde, den sozialen Konsens in dieser Gesellschaft zu erhalten. Erhalt dieses Konsenses, meine Damen und Herren, bedeutet auch, daß bei aller notwendigen Restriktion von den Bürgern unseres Landes er
wartet wird und erwarten werden kann, daß wir gegebenenfalls Belastungen gerechter verteilen, daß wir soziale Gerechtigkeit walten lassen. Wir werden dies auch bei der anstehenden Reform unseres Systems sozialer Sicherheit zu beachten haben.
Wegen der starken außenwirtschaftlichen Verflechtung ist die Stabilität unserer Wirtschaft nur durch Wandel zu erreichen. Eine aktive Politik der Anpassung unserer Wirtschaftsstruktur an die außenwirtschaftlichen Veränderungen, eine Stärkung unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch die Modernisierung unseres Produktionspotentials muß die sozialen und menschlichen Konsequenzen mit einbeziehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Insofern ist Wirtschaftspolitik gleichzeitig Sozialpolitik. Sie muß den externen Anforderungen, aber auch den internen Bedürfnissen gerecht werden. Wir müssen — darin sehe ich eine wesentliche Aufgabe der Arbeitsgruppe „Beschäftigungspolitik" — Steuerungsmethoden entwickeln, die nicht einzelnen Interessengruppen, sondern der ganzen Gesellschaft nützen.
Wer den sozialen Konsens in Frage stellt, der behindert die wirtschaftliche Entwicklung, der behindert den wirtschaftlichen Wandel. Deshalb ist die Mitbestimmung so wichtig, deshalb ist eine hohe Arbeitslosigkeit so gefährlich, und deshalb sind Gleichheit und Solidarität für Sozialdemokraten keine leeren Worte.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902401200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Funke.

Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID0902401300
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Jahreswirtschaftsbericht 1981 zeigt, daß die Bundesregierung ein innen- und außenwirtschaftlich schwieriges Jahr zu meistern hat, sozusagen eine Fahrt zwischen Scylla und Charybdis. In diesem Zusammenhang kommt der Außenwirtschaft eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Denn in keinem Jahr seit Kriegsende ist die binnenwirtschaftliche Lage so abhängig von der außenwirtschaftlichen Situation wie im Jahre 1981. Das Leistungsbilanzdefizit im Jahr 1980 von 28 Milliarden — für 1981 ist eines von etwas über 20 Milliarden prognostiziert — macht deutlich, daß wir seit zwei Jahren über unsere Verhältnisse leben. Sicherlich wird man auch noch für einige Zeit mit diesem Leistungsbilanzdefizit existieren können und müssen. Aber langfristig, vielleich auch schon mittelfristig, muß dieses Leistungsbilanzdefizit verschwinden.

(Beifall bei der FDP)

Das gegenwärtige Leistungsbilanzdefizit ist kein konjunkturelles, sondern — das muß man klar sagen — ein strukturelles Problem. Deshalb kann man auch nicht davon ausgehen, daß es zu einer Selbstkorrektur kommt, wie dies noch Anfang 1980 eine Reihe von Wirtschaftswissenschaftlern und auch Politikern angenommen haben.



Funke
Da für die Zukunft mit einem weiteren Ansteigen der Ölpreise zu rechnen ist, ist eine Belastung der terms of trade vorgezeichnet. Hinzu kommt, daß sich dadurch unsere internationale Wettbewerbssituation verschlechtert und auch auf einigen Teilmärkten bereits verschlechtert hat. Hieraus kann nur gefolgert werden, daß das Leistungsbilanzdefizit langfristig geschlossen werden kann, wenn die verfügbaren Produktionsfaktoren in stärkerem Maße für Investitionen und für Innovationen genutzt werden.
Dies darf jedoch nicht zu einer staatlich forcierten Exportförderung führen, weil wir sofort mit Abwehrmaßnahmen der Partnerländer zu rechnen hätten, nämlich mit Bestrebungen, die dem liberalen Welthandel, mit dem wir im Prinzip glücklich sind und den wir ausbauen wollen, entgegenlaufen würden.
Erst recht ist ein Aufbau von protektionistischen Schutzzöllen und Schutzmauern für die heimische Industrie abzulehnen, zumal dadurch der notwendige wirtschaftliche Anpassungszwang unterbliebe und die Kosten des Protektionismus nur auf die gesunden Teile der Wirtschaft überwälzt würden und schließlich die Verbraucher und die Steuerzahler die Kosten hierfür zu tragen hätten.

(Beifall bei der FDP)

Eine gewisse Entlastung auf der Importseite ist ohnehin schon festzustellen, da sich der Yen-Kurs gegenüber der D-Mark binnen eines Jahres um rund 25 % nach oben entwickelt hat.
Diese an und für sich seit längerem fällige Kurskorrektur darf jedoch die deutsche Wirtschaft nicht davon abhalten, alle Anstrengungen zu unternehmen, um mit der japanischen und auch der ostasiatischen Konkurrenz allgemein wettbewerbsfähig zu werden und zu bleiben, auch — das sage ich mit Betonung — vor Ort, d. h. auf den asiatischen und japanischen Märkten selber.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Auch für die Europäische Kommission in Brüssel sollte gelten, daß kein Anlaß besteht, protektionistische Maßnahmen gegen die japanische Konkurrenz zu ergreifen. Das gerade beschlossene Einfuhrüberwachungsverfahren muß ausschließlich statistischen Charakter haben und darf nicht als Vorhut protektionistischer Maßnahmen dienen.

(Beifall bei der FDP)

Wir Deutschen, wir Europäer dürfen in der Welt nicht als handelspolitische Feiglinge gelten. Wir sind Manns genug, uns der Konkurrenz aus eigener Kraft zu erwehren.

(Dr. Haussmann [FDP]: Sehr gut!)

Der Dollar-Kurs, der hier in der Debatte ja bereits mehrfach angesprochen worden ist, hat sich in den letzten Wochen und Monaten kräftig nach oben bewegt, auch wenn wir in den letzten Tagen eine rückläufige Entwicklung feststellen konnten. Er ist, nachdem er in den letzten Jahren stetig gefallen war, in den letzten Wochen und Monaten, wie gesagt, gestiegen. Ursache für das neue Steigen ist sicherlich auch die große Zinsdifferenz zwischen den USA-
und der Bundesrepublik Deutschland von etwa zehn Prozentpunkten. Aber auch das Leistungsbilanzdefizit in der Bundesrepublik spielt eine entscheidende Rolle. In dem steigenden Dollar-Kurs kommt aber auch zum Tragen, daß die am Devisenhandel Beteiligten der amerikanischen Regierung wieder größeres Vertrauen entgegenbringen, weil sie von der Regierung Reagan — im Gegensatz zur Regierung Carter — eine straffere politische Führung und eine solidere Geld- und Finanzpolitik erwarten. Darüber hinaus deuten die wirtschaftlichen Indikatoren darauf hin, daß die amerikanische Wirtschaft nunmehr wieder Tritt faßt. Die Zahlen des vierten Quartals 1980 und die ersten verfügbaren Zahlen des Jahres 1981 lassen einen positiven Trend erkennen.
Meine Damen und Herren, das Vertrauen in die DMark wird sich wieder festigen, wenn das Ausland erkennt, daß die Bundesrepublik eine straffe Finanz- und Geldpolitik betreibt und die deutsche Wirtschaft mit Investitionen und Innovationen gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessert.

(Beifall bei der FDP)

Aus binnenwirtschaftlichen Gesichtspunkten heraus ist häufig gefordert worden, das Zinsniveau in der Bundesrepublik Deutschland zu senken. Oft sind auch der Deutschen Bundesbank Vorwürfe gemacht worden, daß sie eine restriktive Zinspolitik betreibe und die Zinsen dadurch stiegen. Wir Freien Demokraten unterstützen die Politik der Deutschen Bundesbank eindeutig, weil sie der Geldwertstabilität den Vorrang einräumt, auch wenn dies dem einen oder anderen einmal weh tut. Alle Erfahrungen im Ausland zeigen, daß mehr Inflation auch mehr Arbeitslosigkeit und sinkende Wirtschaftskraft mit sich bringt.
Die gelegentlichen Forderungen nach einer internationalen Zinssenkungsrunde sind zwar theoretisch richtig, scheitern jedoch an den binnenwirtschaftlichen Erfordernissen in den USA und in unseren sonstigen wichtigsten Handelspartnerländern. Die internationalen Geldmärkte sind heute so stark miteinander verwoben, daß eine isolierte Zinssenkung nicht möglich ist. Als Marktwirtschaftler sollten wir wissen, daß Handeln gegen die Marktkräfte nicht zum gewünschten Erfolg führt. — Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902401400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Blüm.

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902401500
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Im siebenten Jahr über eine Million Arbeitslose, und kein Land in Sicht: Das ist das Ergebnis einer Politik, die sich selber sozial-liberal nannte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)

Ich frage Sie: Was ist daran sozial, und was ist daran liberal?

(Zuruf von der CDU/CSU: Nichts!)




Dr. Blüm
Liberal kann es doch nicht sein, daß immer mehr Arbeitnehmer ihren Lebensunterhalt durch Unterstützung finanzieren und immer weniger Arbeitnehmer ihren Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und sozial kann es auch nicht sein, wenn die Gesellschaft in Arbeitsbesitzer und Arbeitslose auseinanderfällt. Neue Privilegien teilen die Gesellschaft. Die Jungen, Gesunden, Tüchtigen, die ins Leistungskorsett dieser Gesellschaft passen, erhalten Arbeit, und die Schwächeren werden ausgeschwitzt, notfalls mit gut dotierten Sozialplänen ins Freie befördert.

(Zuruf von der SPD: Wer macht das denn?)

Sozial- und Freidemokraten wollten die Arbeit humanisieren. Sie haben den Arbeitsmarkt brutalisiert. Das ist das Ergebnis.

(Beifall bei der CDU/CSU)

72 % der Arbeitslosen sind durch „Problemmerkmale" gekennzeichnet. „Problemmerkmale" ist auch so ein Soziologenwort, das die Härte eines sozialen Schicksals in das Bonbonpapier des Soziologendeutsch verpackt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Roth [SPD])

Der Anteil der Kranken und Schwachen unter den Arbeitslosen nimmt zu. 1975 betrug er 20%; heute beträgt er 32 %. Der Anteil der Arbeitslosen über 55 Jahre steigt. 1975 betrug er 10,2 %, heute beträgt er 15,5 %.
Der Anteil der Frauen an der Arbeitslosigkeit steigt. 1975 betrug er 45 %, heute beträgt er 55 %. Die Frauen stehen wieder einmal auf dem Verschiebebahnhof der Konjunktur. Sie sind zur konjunkturpolitischen Einsatzreserve degradiert. Ein Drittel der Beschäftigten sind Frauen. Aber über die Hälfte der Arbeitslosen sind Frauen.
Alte, Kranke und Frauen sind die Vorzugskandidaten der Arbeitslosigkeit. Mit anderen Worten könnte man sagen: Eine ungelernte Frau über 55 mit gesundheitlichen Einschränkungen kann alle Hoffnung fahren lassen. Sie ist der Prototyp der Benachteiligung.
Je länger die Arbeitslosigkeit dauert, um so mehr funktioniert sie im Sinn eines Ausleseprozesses. Der harte Kern der Arbeitslosigkeit ist härter und, wie die neuesten Strukturdaten zeigen, größer geworden.
SPD und FDP loben sich — das haben sie auch gestern getan —, das soziale Netz ausgebaut zu haben. Sie lassen das Sieb schneller rattern, durch das die Schwachen aussortiert werden. Das ist das Ergebnis von sieben Jahren Arbeitslosigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie verkünden den Aufschwung und verwalten die Arbeitslosen. Verkündung des Aufschwungs ist noch nicht Verwirklichung, und Verwaltung der Arbeitslosigkeit ist noch nicht Verhinderung der Arbeitslosigkeit. Wir wollen nicht Verwaltung der Arbeitslosen; wir wollen Verhinderung der Arbeitslosigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben den Zusammenhang zwischen Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik aufgelöst. Der Mangel an Koordination schleicht sich j a bis in die Darstellung der Regierungspolitik ein. Der Wirtschaftsminister erweckt den Eindruck, er sei für die Unternehmer zuständig, und der Arbeitsminister erweckt den Eindruck, er sei für die Arbeitnehmer zuständig. Aber eine Politik nach dem Motto „Für jeden etwas" bringt für alle nichts, wie die Erfahrung beweist.
Allein die vereinten Kräfte von Unternehmern und Arbeitnehmern und eine gemeinsame Kraftanstrengung von Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik bringen uns weiter. Denn so viele helfende Hände kann eine gute Sozialpolitik gar nicht haben, wie eine schlechte Wirtschaftspolitik Wunden schlägt. Eine gute Wirtschaftspolitik, die Arbeitslosigkeit vermeidet, ist sozialer als eine Sozialpolitik, die lediglich die Folgen der Arbeitslosigkeit lindert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das wußten unsere Großväter in anderen Sätzen auszudrücken: Gut ist es, ein Kind aus dem Brunnen herauszuholen, noch besser ist es, den Brunnen abzudecken. Den Sinn dieser Empfehlung haben Sie nicht erkannt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist im übrigen auch billiger, Arbeitslosigkeit zu verhindern. Eine Million Arbeitslose kosten 20 Milliarden D-Mark. Was könnte man mit 20 Milliarden Mark alles anfangen? Dabei geht es ja nicht nur um Geld. Es geht auch um Zufriedenheit. Arbeitnehmer, die Arbeit haben, sind zufriedener als Arbeitslose.
Ich meine, daß es angesichts der Aufgaben, die in unserem Lande bestehen, eigentlich nicht einzusehen ist, daß es Arbeitslose gibt. Die Regierung muß ihre Beschäftigungsblockade auflösen. Die Energiepolitik der Bundesregierung ist ein Arbeitsverhinderungsprogramm. In der Kernenergie zelebriert diese Regierung seit Jahren das entschlossene Unentschieden. Das ist weniger als nichts. Ein Nein zur Kernenergie wäre zwar falsch, aber jedermann wüßte wenigstens, woran er wäre, und man könnte sich darauf einrichten. Das Unentschieden ist die Proklamation der Handlungslosigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hamburger Parteitage können vielleicht in zehn Jahren bei Kerzenschein und mit Bettflaschen

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

durchgeführt werden, eine Industriegesellschaft kann sich den Rückzug in die Idylle nicht leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich finde es eigentlich auch schade, daß eine handfeste sozialdemokratische Arbeiterbewegung in die Idylle versinkt. Das ist eine spätbürgerliche Degenerationserscheinung, um es in der Sprache der Jungsozialisten zu sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)




Dr. Blüm
Es wird nach einem neuen Konjunkturprogramm gerufen. Woher soll der Staat das Geld nehmen? Im Kernenergiebereich dagegen liegen Investitionsvorhaben von 40 Milliarden DM brach. So viel kann die tüchtigste Regierung nicht aufbringen, wie SPD und FDP im privaten Bereich Investitionen verhindern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, es geht in diesem politischen Augenblick auch nicht um eine akademische oder abstrakte Alternative: Kernenergie j a oder nein. Das konkrete Stichwort heißt Brokdorf. Brokdorf ist zum Symbol geworden, und zwar nicht nur für Kernkraft, Brokdorf ist auch der Testfall des Rechtsstaats.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Offenbar rüsten sich Gruppen mit geradezu militärischem Durchsetzungswillen gegen Brokdorf. Wenn der Bundeskanzler angesichts dieser Situation auf der Zuschauertribüne verbleibt, dann ist das nicht nur persönliche Feigheit, dann ist das auch die Abdankung des Rechtsstaats.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb: Wir fordern den Bundeskanzler auf, sich vor den Brokdorfer Demonstrationen an die Seite von Gerhard Stoltenberg zu stellen. Das ist nicht die Sache einer Partei.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine Million Wohnungen fehlen. Das hat Albert Vietor, ein Genosse, festgestellt. Es gibt 117 000 arbeitslose Bauarbeiter. Arbeitslose Bauarbeiter und Wohnungsmangel, das paßt doch nicht zusammen! Die Wohnungsuchenden wollen Wohnungen, die Bauarbeiter wollen Arbeit, die Bauunternehmer wollen nicht bankrott machen, also kann die Misere weder an den Wohnungsuchenden liegen noch an den Arbeitnehmern liegen, noch an den Unternehmern liegen. Sie liegt an der miserablen Regierung; das bleibt als einziges übrig.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Der freifinanzierte Wohnungsbau ist so gut wie zusammengebrochen. Er liegt bestenfalls noch bei 30 000 Wohnungen. 1973 waren es 250 000 Wohnungen. In den 20 Jahren CDU-Regierung haben wir im Durchschnitt Jahr für Jahr 200 000 Sozialwohnungen gebaut. Jetzt sind es weniger als die Hälfte. Das sind Fakten, meine Damen und Herren.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902401600
Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Müntefering?

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902401700
Aber gern!

Franz Müntefering (SPD):
Rede ID: ID0902401800
Herr Kollege Dr. Blüm, darf ich Ihren Hinweis auf die Schuld der Bundesregierung so verstehen, daß Sie im Hinblick auf den Abbau der Investitionshemmnisse im Wohnungsbau, was Sie für nötig erachten, zu der Meinung gelangt sind, daß die Mietpreisbindung in Berlin nicht bis 1990 fortgesetzt werden sollte?

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902401900
Sie wissen, daß es sich in Berlin um eine Sondersituation handelt.

(Lachen bei der SPD)

— Meine Damen und Herren, wenn Sie lachen, sollten Sie dieses Lachen der Berliner Bevölkerung weitergeben. Die wird sich dann darüber wundern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Berlin existiert in einer Inselsituation, die wir und Sie nicht zu verantworten haben. Deshalb kann Berlin nicht mit den Maßstäben des bundesrepublikanischen Wohnungsbaus gemessen werden. — Ich gehe gern noch weiter auf Berlin ein, wenn Ihnen daran etwas liegen sollte.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902402000
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902402100
Ja, bitte.

Franz Müntefering (SPD):
Rede ID: ID0902402200
In dem Bemühen, das noch etwas zu konkretisieren, darf ich Sie noch einmal fragen: Sind Sie der Meinung, daß die Mietpreisbindung in Berlin ein Investitionshemmnis ist, und akzeptieren Sie, daß sie fortgesetzt wird?

Dr. Norbert Blüm (CDU):
Rede ID: ID0902402300
Ich glaube, daß Berlin unter den Bedingungen, unter denen es jetzt leben muß, diese Mietpreisbindung vorerst braucht. Wenn wir allerdings mehr Wohnungen, eine andere Regierung in Berlin haben, werden wir auch keine Mietpreisbindung mehr brauchen.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme gern auf Berlin zurück, wenn Sie mich schon reizen. Sie haben in Berlin eine Sanierungspolitik betrieben mit der Phantasie eines Bulldozers, mit der Sensibilität eines Preßlufthammers.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU — Zuruf von der FDP: Helau!)

Sie haben das Weddinger Sanierungsgebiet mit der Ramme saniert. 15 % der Alteinwohner lebten nach der Sanierung noch in ihren alten Wohnverhältnissen. Das ist nicht Sanierung, das ist Evakuierung, was Sie betreiben.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Die alte Wohnstube war sicherlich kein Großraum, aber manch modernes Appartement erinnert mehr an ein Schließfach. Kinder lassen sich nicht einschließen; auch das unterscheidet sie von Haustieren. Wir fordern deshalb kinderfreundlichen Wohnungsbau. Das ist gut für Familien und für Bauarbeiter.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Planwirtschaftliche Reglementierung und bürokratischer Papierkrieg sind die Bremsklötze im Wohnungsbau. Bevor nur ein Stein vermauert wird, so hat die IG Bau, Steine, Erden errechnet, müssen 200 Gesetze beachtet und die entsprechenden Anträge studiert werden. Da muß einer erst mehrere Jahre Subventionologie studiert haben, bevor er überhaupt anfangen kann, zu bauen. Dieser Papier-



Dr. Blüm
krieg muß weg, damit wieder gebaut werden kann. Der Papierkrieg, die Gesetzes- und Anordnungsflut, im Baubereich hat sich seit 1966 versechsfacht.
Jeder politische Bereich hat sein Scherflein zu arbeitsmarktpolitischen Misere beigetragen, auch die Verkehrspolitik. Man schaue sich die Verkehrspolitik einmal an: Sie erweckt den Eindruck einer Stafette der Borniertheiten. Erst wurden die Klein- und Mittelbetriebe auf dem flachen Land dezimiert, dann begann der Sog in die Ballungsgebiete. Als sich die Arbeiter auf den Weg gemacht hatten, wurden die Strecken stillgelegt. Als sie daraufhin auf Pkw umstiegen, wurden die Benzinpreise mit Hilfe der Mineralölsteuer so erhöht, daß Benzin fast rezeptpflichtig geworden ist.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Für manche Arbeiter, die eine lange Wegstrecke zur Arbeit haben, ist es fast billiger, zu Hause zu bleiben und sich Arbeitslosengeld zu holen, als weite Wege zum Arbeitsplatz zurückzulegen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn man diesen Zickzackkurs in der Verkehrspolitik: auf die Schiene, auf die Straße, ansieht — —

(Zurufe von der SPD)

— Ja, meine Damen und Herren, Zickzack, das ist vielleicht das einzig Zackige an der Verkehrspolitik gewesen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Energiepolitik, Wohnungsbaupolitik, Verkehrspolitik, hier liegen lohnende Aufgaben für Arbeit. Dabei sind fehlende Arbeitsplätze nur die eine Seite der Arbeitslosigkeit; fehlende Ausbildung ist die andere. Arbeitsplätze und Ausbildung müssen zusammenpassen. 62 % der Arbeitslosen sind ungelernt. Das ist das Warnsignal für Eltern und Jugendliche. Ohne berufliche Qualifikation sinken die Chancen, Arbeit zu finden. Das gilt nicht nur für den einzelnen, das gilt auch volkswirtschaftlich.
Unsere weltwirtschaftliche Marktlücke liegt bei den intelligenten Produkten. Die Großserie, die Massenware, die auf relativ niedriger Arbeitnehmerqualifikation basiert, kann in der Dritten Welt billiger hergestellt werden. Es ist auch die einzige Chance für die im Elend Lebenden, daß sie sich durch Arbeit aus dem Elend selber herausarbeiten. Unsere Chance liegt bei den qualifizierten Produkten. Für qualifizierte Produkte braucht man qualifizierte Arbeitnehmer.
Deshalb ist die Intensivierung der beruflichen Bildung eine beschäftigungs- und entwicklungspolitische Aufgabe. Berufliche Bildung wird sich weniger als zu Großvaters Zeiten nur mit der Erstausstattung begnügen dürfen. Berufliche Erwachsenenbildung wird ein normaler Weg der Arbeitnehmer.
Statt die berufliche Weiterbildung jedoch auszubauen, haben Sie sie amputiert, wie der Haushalt der Bundesanstalt ausweist. Das ist eine Entwicklung in die falsche Richtung. Auch hier gilt: Arbeitslosigkeit verhindern ist besser als Arbeitslosigkeit verwalten. Wenn immer mehr Jugendliche den Hauptschulabschluß nicht schaffen, aber dieselben
Jugendlichen anschließend in Sonderkursen der Bundesanstalt die berufliche Reife erlangen, dann ist das doch ein Armutszeugnis für den normalen Schulweg. Deshalb beginnt die Reform der beruflichen Bildung in der Grund- und Hauptschule. Solange die Hauptschule nur Restschule ist und solange derjenige, der mit der Hand denken lernt, wie ein Dummkopf behandelt wird, wird es in der beruflichen Bildung nicht weitergehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will auch etwas zum Bereich des öffentlichen Dienstes sagen, der ja zum Sündenbock des Arbeitsmarkts gemacht wurde. Das Ablenkungsmanöver funktioniert nach dem Vorbild des orientalischen Märchens, in dem der fliehende Dieb seine Verfolger mit dem Ruf „Haltet den Dieb!" ablenkte. Seine Rettung bestand darin, daß er sich einfach den Anschein des Retters gab. So ähnlich handelt die Regierung. Die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes können doch nichts dafür, daß der öffentliche Dienst immer mehr von unseren Steuern auffrißt. Schuld sind die, welche für jedes Problem, für jede Aufgabe eine neue Behörde, eine neue Planstelle, mindestens aber eine neue Meldestelle eingerichtet haben. Die, die dies verursacht haben, sind daran schuld, daß der öffentliche Dienst wächst und mehr Geld, als wir haben, auffrißt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Kluge Leute haben ausgerechnet, daß, wenn es so weitergeht, wie die Regierung es in den letzten Jahren begonnen hat, im Jahr 2030 alle Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst beschäftigt sein werden. Dann gibt es aber niemanden mehr, der uns die Brötchen bäckt.
Für alle, auch für den öffentlichen Dienst, gilt es freilich, von der Erwartung Abschied zu nehmen, es ginge immer unendlich höher, es ginge immer unendlich weiter. Bei unseren Sparappellen wollen wir jedoch nicht vergessen, daß im öffentlichen Dienst nicht nur Ministerialräte und Ministerialdirektoren beschäftigt sind, sondern auch Briefträger, Schrankenwärter und Kanalarbeiter.

(Zuruf von der SPD: Eine Büttenrede!)

Die Kollegen des öffentlichen Dienstes, die hier bei uns im Plenum beschäftigt sind, die Kollegen, die uns hier helfen, haben im Durchschnitt 1 700 DM netto. Ich fürchte, manche schließen von den Gehältern der Ministerialräte auf die Gehälter im öffentlichen Dienst. Das ist eine perspektivische Verzerrung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In die Opfer- und Spardiskussion hat sich die Mode eingeschlichen, daß jeder vornehmlich beim Nachbarn sparen möchte: Heiliger Florian, schütz' unser Haus, steck' das des Nachbarn an. Die Arbeitgeber sparen bei den Arbeitnehmern, die Arbeitnehmer bei den Landwirten, die Landwirte bei dem Handel, der Handel bei den Produzenten, der Bund beim Land, das Land bei der Gemeinde, der Hochbau beim Tiefbau, der Tiefbau beim Hochbau und die Arbeiter bei den Beamten. So geht das Karussell weiter. Um im Bilde von Graf Lambsdorff zu



Dr. Blüm
bleiben, der das allgemeine Engerschnallen des Gürtels empfahl: Jeder hantiert am Gürtel des Nachbarn herum.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Ganz neu wäre es, wenn wir die Spardebatte einmal nach dem Motto organisierten: Jeder kehre vor seiner eigenen Tür!
Im sozialliberalen Ablenkungsmanöver gerät auch die Bundesanstalt für Arbeit zunehmend ins Kreuzfeuer. Sicher ist auch die Bundesanstalt für Arbeit verbesserungsbedürftig. Aber ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich dem Präsidenten Josef Stingl und seinen Mitarbeitern danken. Sie haben die Arbeitsämter vom Geruch der Diskriminierung befreit und sie zu einem modernen Dienstleistungsbetrieb gemacht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Josef Stingl kann nichts dafür, daß in der Arbeitslosenstatistik so schlechte Nachrichten enthalten sind. Der Überbringer schlechter Nachrichten ist nicht für die Ursachen der Folgen verantwortlich, die er mitteilt. Daß das Geld in der Bundesanstalt für Arbeit nicht langt, liegt nicht an Stingl, sondern an der Arbeitslosigkeit. Dabei ist der Haushalt der Bundesanstalt noch schöngefärbt; die Berechnungsgrundlagen wurden kurzerhand geändert.
Der Haushalt der Bundesanstalt unterstellt für das Jahr 1981 lediglich eine Arbeitslosenzahl von 1,085 Millionen im Jahresdurchschnitt, obwohl schon die jüngsten Voraussagen mindestens von 1,2 Millionen ausgehen. Die Quote der Leistungsempfänger wurde einfach geringer veranschlagt: Statt der bisherigen 55,3% wird jetzt einfach mit 50,5% gerechnet. Die Zahl der Kurzarbeiter wurde kurzerhand auf 300 000 festgesetzt, obwohl im Dezember 1980, also noch vor dem Anstieg, schon 357 000 und im Januar 400 000 Kurzarbeiter gemeldet wurden.
Warum werden diese ganzen Rechentricks angewandt? Das ist ganz einfach: Das geschieht, damit die Rechnung stimmt. Die Bundesregierung verfährt nach dem Schema: Die Wirklichkeit muß sich nach unseren Prognosen richten. Das nenne ich eine Vergewaltigung der Praxis durch Prognosen. Wenn der Schuh zu klein ist, werden die Fußzehen abgeschnitten, damit der Schuh paßt; so ähnlich wird die Rechnung der Bundesanstalt zustande gebracht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Haushalt der Bundesanstalt rechnet für dieses Jahr mit 200 000 weniger Ausfalltagen wegen Schlechtwetter. Hat die Bundesregierung ein Abkommen mit dem lieben Gott, daß das Wetter dieses Jahr besser wird? Wieso kommen Sie dazu, die Schlechtwettertage einfach um 200 000 niedriger anzusetzen? Richtet sich jetzt auch noch das Wetter nach den Prognosen der Bundesregierung? Wenn die Kasse am Ende nicht stimmt, wird der Wettergott auf die Anklagebank kommen. Immer sind es die anderen, entweder das Ausland, die Unternehmer, die Drückeberger, und jetzt kommt noch der liebe Gott auf die Anklagebank, weil er das Wetter so schlecht macht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Warum, so frage ich die Bundesregierung, wurde der Haushalt der Bundesanstalt nicht, wie es Rechtens wäre, am 1. September, sondern erst im Dezember vorgelegt? Das geschah, weil am 5. Oktober 1980 die Wahl war und weil dieses spätere Vorlegen Ihnen die Peinlichkeit ersparen sollte, der Bevölkerung die Wahrheit auf dem Arbeitsmarkt vor der Wahl zu sagen. Das ist der einzige Grund.

(Beifall bei der CDU/CSU — Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Sie haben einen Wahlkampf nach der Devise geführt: nach dem 5. Oktober die Sintflut! Jetzt gilt das Motto: Rette sich, wer kann!
Die wieder in die Diskussion gebrachte Arbeitsmarktabgabe ist nur ein anderer Name für die Geldgier der Bundesregierung. In der Verschlüsselung des Desasters ist die Bundesregierung unüberbietbar. Steuererhöhungen nennen Sie jetzt Arbeitsmarktabgabe, Schrumpfung des Sozialprodukts nennen Sie Minuswachstum. Ich warte darauf, daß Sie die Krankheit Minusgesundheit nennen. Sie haben für die Härte des Problems immer ein Wort zur Verfügung, das dem Bürger den Zugang zur Problemlage versperrt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte an dieser Stelle auch einen Appell an die Selbstverwaltung vor Ort richten. Wenn das Geld knapp ist — es ist knapp —, brauchen wir mehr Einfälle. Die Aufgaben der Selbstverwaltung sind noch nicht erfüllt, wenn die Posten verteilt sind, und der Entscheidungsbedarf ist noch nicht erschöpft, wenn über die Farbe des Verputzes entschieden ist. Die Selbstverwaltung muß stärker als bisher der Pfadfinder neuer Beschäftigungsmöglichkeiten vor Ort werden. Ich glaube, nicht am fernen Schreibtisch in den Zentralen, sondern vor Ort muß ausgekundschaftet werden, wo es neue Möglichkeiten der Beschäftigung und der Weiterbildung gibt.
Es gibt ja auch zu denken, daß die Treffsicherheit von Vermittlung offenbar größer ist, je kleiner das Arbeitsamt ist. Der Glaube, der Computer könne den Menschen ersetzen, hat sich auch in der Arbeitsvermittlung als falsch erwiesen. Der Computer kann und muß den Vermittler unterstützen. Ersetzen kann er ihn nicht.
Meine Damen und Herren, Phantasie wird auch die starren Arbeitszeitregelungen auflösen müssen. Es muß nicht alles so bleiben, wie es ist. „Sachzwang" ist manchmal nur die Ausrede für Bequemlichkeit. Warum soll jemand acht Stunden am Tage arbeiten müssen, wenn er mit vier Stunden zufrieden ist? Warum soll jemand fünf Tage in der Woche arbeiten müssen, wenn er mit zwei Tagen zufrieden ist? Teilzeitarbeit könnte mehr Freiheit, mehr Wahlmöglichkeiten, mehr Individualität in die Arbeitszeit bringen. Rund 20 Bundesgesetze enthalten Sondervorschriften für Teilzeitarbeit. Teilzeitarbeit wird immer noch als Sonder- und Außenseiterarbeit angesehen. Das wollen wir ändern. Daraufhin werden wir auch das Sozialrecht überprüfen.
Souveränität in der Bestimmung der Arbeitszeit ist ein Stück Selbständigkeit, und dieses Stück Selbständigkeit muß keineswegs nur für die Freiberufler



Dr. Blüm
reserviert bleiben. Wir brauchen mehr individuelle Spielräume auch in der industriellen Arbeitswelt. Es muß nicht alles so stur bleiben, daß sich morgens sozusagen auf Kommando eine Menschenlawine zur gleichen Zeit in die Stadt wälzt und abends wieder herauswälzt. Es muß nicht so sein, daß die Schwimmbäder samstags überfüllt sind und montags leerstehen. Eine neue, flexible Zeitordnung könnte auch die Raumordnung entlasten.
Kurzarbeit ist auch eine Teilzeitarbeit, allerdings eine kollektiv befohlene. Je weniger Spielräume die Gesellschaft für individuelle Wünsche einräumt, um so mehr wird sie die Krise mit Befehlen ertragen müssen. Kollektivismus ist autoritär. Individuelle Wahlmöglichkeiten setzen auf das Verlangen nach Selbständigkeit und Freiheit. Kollektivisten denken in Kolonnen, Sozialisten in Massen. Wir brauchen Individualität, Freiheit und Selbständigkeit in der Arbeitswelt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist auch eine Chance, den individuellen Lebensrhythmus mit dem industriellen Arbeitsrhythmus besser abzustimmen, als dies in 200 Jahren Industrialisierung geschehen ist.
Neue Wege müssen auch in der Tarifpolitik gesucht und gefunden werden. Das alte Ritual — ich fürchte, es spricht sich bald herum — fördert Langeweile zutage. Real bewegt es zuwenig.
Deshalb wiederholen wir den Appell an die Tarifpartner, die wirtschaftliche Notwendigkeit der Investitionserhöhung mit der sozialen Notwendigkeit der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand zu verbinden. Eigentum in Arbeitnehmerhand ist eine Chance für eine moderne Einkommenspolitik. Leute aus dem 19. Jahrhundert werden das nie kapieren. Sie tanzen ihre kapitalistisch-sozialistischen Tänze und merken gar nicht, daß gar keine Musik mehr dazu gespielt wird.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Wer Eigentum in Arbeitnehmerhand ablehnt, ist altmodisch. Wer es bejaht, ist modern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Partnerschaft und Solidarität sind die Fundamente einer befriedeten Zukunft. Solidarität wird zur Belastungsprobe auch innerhalb der Arbeitnehmerschaft. Privilegien können sich auch in die Arbeitnehmerschaft einschleichen und gegen andere Arbeitnehmergruppen richten. Solange die Arbeitnehmerschaft noch eine kleine Gruppe war, tauchte das Problem der Diskrepanzen innerhalb der Arbeitnehmerschaft nicht auf. Heute, da die Arbeitnehmerschaft 80 % der Gesellschaft ausmacht, müssen auch die Arbeitnehmer gegenüber Egoismus in den eigenen Reihen selbstkritisch bleiben. Es könnte sein, daß sich die Arbeitsbesitzer auf Kosten der Arbeitslosen Vorteile verschaffen, die Männer auf Kosten der Frauen, der öffentliche Dienst auf Kosten der privaten Wirtschaft. Solidarität wird zu einem Belastungs- und zu einem Funktionstest auch innerhalb der Gewerkschaften. Die Gewerkschaften werden nicht nur wie bisher die Aufgabe erfüllen müssen, Arbeitnehmerinteressen gegenüber den Arbeitgebern zu vertreten, sondern sie müssen verstärkt auch die unterschiedlichen Interessen innerhalb der Arbeitnehmerschaft ausgleichen. Diese Solidarität verlangt eine neue Anstrengung in wechselseitiger Rücksichtnahme.
Streit muß es in der freien Gesellschaft geben. Auch der Konflikt zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ist ein unverzichtbarer Bestandteil des freien Systems. Die Harmonie der Planwirtschaft beruht doch in Wirklichkeit auf Befehlen.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Nur in der Marktwirtschaft treffen die Forderungen und Interessen unvermittelt von der „Obrigkeit" aufeinander. Insofern ist in der Sozialen Marktwirtschaft mehr Gleichheit enthalten als in allen Fünfjahres- und sonstigen Plänen je enthalten sein können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Doch der notwendige, unverzichtbare Streit endet im vernichtenden Klassenkampf, wenn die Kompromißfähigkeit verlorengeht.
Keiner der beiden Sozialpartner hat es in dieser Zeit leicht,

(Roth [SPD]: Sehr richtig!)

auch die Gewerkschaften nicht. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat es ihnen auch nicht leichtgemacht, und Ihre Zwischenrufe machen es auch nicht besser, Herr Roth.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Kritik ist nicht schädlich. Auch die Gewerkschaften stehen nicht unter Denkmalschutz. Aber der beste Ort des kritischen Gedankenaustauschs ist der runde Tisch der Konzertierten Aktion. Daß die Regierung dieses Gespräch nicht zustande bringt, ist ein soziales Armutszeugnis und trifft den Zustand einer Gesellschaft, die in Gefahr ist, sich in die alten Gräben einzugraben in der trügerischen Hoffnung, so die Krise zu überleben. Eingraben und Überwintern jedoch sind Defensive und Angst. Was wir brauchen, ist eine Politik mit Initiative und Zuversicht.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0902402400
Das Wort hat der Herr Bundesminister Dr. Ehrenberg.

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902402500
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem selbst der verehrte Kollege Kiep eingangs seiner Rede bedauerlicherweise feststellen mußte, daß man von der Opposition keine Alternativen erwarten dürfe, wäre es natürlich höchst vermessen gewesen, das von Herrn Blüm zu erwarten. Ich habe das nicht getan; Herr Blüm, Sie haben meine Erwartungen voll erfüllt.

(Beifall bei der SPD — Dr. Blüm [CDU/ CSU]: Da sind Sie wohl noch froh, nicht wahr?!)




Bundesminister Dr. Ehrenberg
— Ja, das bin ich auch. Ich habe von Ihnen j a nichts erwartet. Wenn die Vorurteile, die man hat, bestätigt werden, freut man sich natürlich.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Bei so wenig Freude, wie Sie haben! — Reddemann [CDU/CSU]: Ihnen fällt auch nichts Neues mehr ein, und das schon seit 20 Jahren!)

Herr Kollege Blüm, vielleicht wäre es aber doch möglich gewesen, bei aller berechtigten Kritik an den Zuständen ein wenig genauer zu differenzieren und die Fakten, wenn schon nicht darzustellen, so wenigstens zu berücksichtigen.
Wenn Sie einfach behaupten, in den letzten sieben Jahren seien zunehmend mehr Leute weniger beschäftigt und immer mehr arbeitslos gewesen, dann sollten auch Sie wissen, Herr Kollege Blüm, daß es unsere gut aufeinander abgestimmte Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik war, die dazu geführt hat, daß von 1977 bis 1980 900 000 Arbeitsplätze mehr besetzt werden konnten.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Widerspruch bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Die Arbeitslosigkeit steigt doch! — Reddemann [CDU/CSU]: Über 1 Million Arbeitslose! Sie sind Arbeitslosenminister!)

Das kann man j a wohl nicht unter den Teppich kehren.

(Röhner [CDU/CSU]: Doch!)

— Ja, Sie können das. Sie können viel. Nur, diese 900 000, die einen in den letzten drei Jahren neu geschaffenen Arbeitsplatz haben, lassen sich nicht unter den Teppich kehren, auch nicht durch Zurufe von der CSU.
Bevor man zweifelhafte Verbindungslinien zieht und behauptet, die gegenwärtige schwierige Situation sei das Ergebnis sozialliberaler Politik, würde es sich vielleicht lohnen — das gilt auch für Herrn Blüm, der demnächst in Berlin antreten will und dann eventuell einen etwas weiteren Blick bekommen wird —, einmal über die Grenzen der Bundesrepublik hinauszuschauen.

(Vorsitz: Vizepräsident Wurbs)

Es dürfte Ihnen bekannt sein, Herr Blüm, daß die Bundesrepublik trotz der verschlechterten Situation am Arbeitsmarkt und trotz der Anspannungen bei den Preisen sich in der internationalen Vergleichsstatistik bezüglich der Arbeitslosigkeit in der Gruppe der letzten fünf Länder befindet und bezüglich der Preissteigerungsrate unter 20 vergleichbaren Industrienationen den zweitbesten Platz hinter der Schweiz einnimmt.

(Zuruf des Abg. Reddemann [CDU/CSU])

Herr Blüm, Sie haben eine Verbindung zwischen der Politik und ihren Ergebnissen hergestellt. In diesem Zusammenhang lohnt es sich, in die Statistiken zu schauen. Zu derselben Zeit, als wir uns mit einer unerfreulich hohen Arbeitslosenquote und einer Preissteigerungsrate von um die 5 % herumschlagen müssen, gibt es in Frankreich 13,3 % Preissteigerung und 8,3 % Arbeitslosigkeit; in Großbritannien 18 %
Preissteigerung und 7,4 % Arbeitslosigkeit; in Italien 21,2 % Preissteigerung und 7,9 % Arbeitslosigkeit; in den Vereinigten Staaten 13,5 % Preissteigerung und 7,1 % Arbeitslosigkeit.

(Dr. George [CDU/CSU]: Wir leben in der Bundesrepublik!)

Herr Kollege Blüm, Sie wissen genausogut wie ich, daß in keiner dieser Nationen eine sozialliberale Regierung herrscht. Dann können Sie ehrlichen Gewissens auch nicht diesen Zusammenhang herstellen, wie Sie es getan haben.
Im Gegenteil: Wir können für unsere Politik in Anspruch nehmen, daß wir bei diesen tiefgreifenden Verwerfungen der Weltmärkte zwar nicht ungeschoren davongekommen sind, daß wir aber mit ihnen doch sehr viel besser und mit sehr viel günstigeren Ergebnissen fertig geworden sind als die Volkswirtschaften rund um uns herum.

(Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

Da können Sie in der Tat einen Vergleich zu unserer Politik ziehen; denn sie hat dafür gesorgt, daß es so ist.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Gebetsmühle! — Reddemann [CDU/CSU]: Da klatscht nicht einmal einer aus Ihrer Fraktion!)

Herr Blüm, Sie haben hier so schön kabarettistisch, wie Sie das ja gut können,

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie nicht!)

Formulierungen von sich gegeben wie die, daß das Benzin schon so teuer geworden sei, daß es fast rezeptpflichtig sei. Aber auch Sie sollten wissen, daß die Bundesrepublik außer Luxemburg immer noch den niedrigsten Benzinpreis in Europa hat.

(Reddemann [CDU/CSU]: Aber warum denn? Doch nicht Ihrer Politik wegen! — Eigen [CDU/CSU]: Und den höchsten Dieselpreis!)

— Das ist ja wohl ein Ergebnis der Politik. Wenn Herr Blüm uns schon alle Ergebnisse zurechnen will, dann wird er uns wohl auch dieses zurechnen müssen.

(Eigen [CDU/CSU]: Wir haben aber den höchsten Dieselpreis!)

Herr Blüm, wenn Sie gestern zugehört hätten, als der Bundeswirtschaftsminister hier sprach, hätten Sie eigentlich nicht mehr damit kommen können, jene merkwürdige Art von Arbeitsteilung zwischen dem Kollegen Lambsdorff und mir hier darzustellen. Damit Sie das wenigstens in Zukunft wissen, möchte ich Ihnen gern einige Sätze aus der Rede des Kollegen Lambsdorff von gestern in Erinnerung rufen. Der Kollege Lambsdorff hat gesagt:
Wir können es uns auch nicht leisten, den Arbeitswillen so vieler Menschen zu ignorieren. Wir müssen also danach trachten, diese Menschen so bald wie möglich wieder an unserer Arbeit mitwirken zu lassen, zu ihrem und unser aller Wohl. Das ist die erste Priorität in Sachen Lebensqualität.
Er hat weiterhin gesagt:



Bundesminister Dr. Ehrenberg
Das soziale Netz steht nicht zur Disposition. Niemand beabsichtigt, daran zu rühren.
Da gibt es keine Arbeitsteilung zwischen Wirtschaft und Arbeit. Meine Damen und Herren, das, was hier gesagt wurde, ist der gemeinsame Wille der Bundesregierung, und so werden wir es auch weiterhin fortsetzen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Reddemann [CDU/CSU])

Mit ein bißchen Redlichkeit, Herr Blüm, hätten Sie nach den gestrigen Ausführungen hier auch nicht mehr das wiederholen können, was Sie zur Energiepolitik der Bundesregierung und auf den Bundeskanzler bezogen gesagt haben. Das ist gestern so eindeutig klargestellt worden, daß Sie gut daran täten, diesen lächerlichen Vorwurf der persönlichen Feigheit gegenüber dem Bundeskanzler auf der Stelle zurückzunehmen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Reddemann [CDU/CSU]: Sie haben wohl noch nicht gehört, was die Herren Matthiesen, Jansen und Klose gestern über den Bundeskanzler gesagt haben!)


Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0902402600
Verzeihen Sie, Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Eigen?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902402700
Bitte.

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID0902402800
Herr Minister, können Sie uns dann sagen, warum der Herr Bundeskanzler nicht zum Parteitag der SPD nach Hamburg gegangen ist, um seine Thesen zu vertreten?

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902402900
Es kann ja wohl nicht die Aufgabe des Bundeskanzlers sein, regionale Parteitage zu bestreiten.

(Lachen bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Lächerlich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Aber im übrigen gibt es keinen Zweifel an der Energiepolitik der Bundesregierung, einer Politik, die nicht der Wirtschaftsminister, sondern die gesamte Bundesregierung vertritt. Das ist gestern eindeutig klargestellt worden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ihr habt doch kalte Füße!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0902403000
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Eigen?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902403100
Aber doch nicht zweimal hintereinander!

Karl Eigen (CDU):
Rede ID: ID0902403200
Herr Minister, können Sie mir mitteilen, wo der Herr Bundeskanzler — außer in Bonn — wohnt?

(Heiterkeit bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Jetzt fängt der Karneval hier im Plenum an!)


Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902403300
Sie erwarten doch nicht im Ernst eine Antwort auf diese Frage! Ich könnte Ihnen allerdings auch sagen: Aus Gründen der Sicherheit lehne ich es ab, Ihnen die Hausnummer der Wohnung des Bundeskanzlers zu nennen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, hier ist außerdem eine Klarstellung dessen notwendig, was Herr Blüm über den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit gesagt hat — mit so merkwürdigen Verdächtigungen, wir hätten den Haushalt so spät aufgestellt, weil die Bundestagswahl bevorgestanden habe. Es ist j a wohl guter alter parlamentarischer Brauch, daß der Bundeshaushalt in Zeiten, in die eine Bundestagswahl fällt, erst nach der Wahl und nicht vor der Wahl aufgestellt wird. Ich hätte Ihr Geschrei hören wollen, wenn wir den Bundeshaushalt im Sommer 1980 aufgestellt hätten! Wegen der unbedingt notwendigen Verbindung durch den Liquiditätszuschuß in der Größenordnung von 3,6 Milliarden DM — das wird nicht reichen — war es genauso unverzichtbar,

(Reddemann [CDU/CSU]: Ihn dem Bürger nicht vor der Wahl zu zeigen!)

den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit parallel zum Bundeshaushalt aufzustellen, ihn nicht vorwegzunehmen, weil diese beiden Haushalte aus sachlichen Gründen untrennbar miteinander verbunden sind.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Haben Sie die Pflicht, das bis zum 1. September vorzulegen, oder nicht?)

— Wir haben die Pflicht, den Bundeshaushalt und den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit bis zum 1. September vorzulegen. Wenn wir — versehen mit Ihrer parlamentarischen Respektierung, wie ich hoffe — den Bundeshaushalt aus vernünftigen parlamentarischen Gründen nicht vor einer Bundestagswahl aufstellen, dann muß dasselbe auch für den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit gelten.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Da gibt es doch keinen Wechsel!)

Anders geht es doch gar nicht, Herr Blüm; das wissen Sie doch ganz genau. Bauen Sie hier doch nicht so einen Popanz auf!

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sie können doch die Eckdaten nennen!)

Die Daten, die dem Bundeshaushalt Ende November zugrunde gelegt worden sind, gehen zurück auf die Annahme des Arbeitskreises Steuerschätzung. In dem Arbeitskreis Steuerschätzung ist — außer der Bundesregierung — der geballte Sachverstand der Bundesländer und der Bundesbank versammelt. Das ist keine isolierte Veranstaltung der Bundesregierung. Die Annahmen, von denen man dort im November ausging, haben sich als zu optimistisch her-



Bundesminister Dr. Ehrenberg
ausgestellt. Wir haben sie im Jahreswirtschaftsbericht korrigiert. Entsprechend den neuen Daten des Jahreswirtschaftsberichts wird jetzt in der Selbstverwaltung der Bundesanstalt ein Nachtragshaushalt für die Bundesanstalt für Arbeit vorbereitet. Er wird — unter Berücksichtigung der neuen Daten — so rechtzeitig abgeschlossen werden,

(Dr. Waigel [CDU/CSU]: In welcher Höhe?)

daß er noch in die laufende Beratung des Bundeshaushalts einfließen wird. — In welcher Höhe, verehrter Zurufer, werden Sie erfahren, wenn die Beratungen der Selbstverwaltungsorgane der Bunde san-stalt für Arbeit abgeschlossen sind, und nicht früher.
Die Bundesanstalt hat trotz der Knappheit der Haushaltsmittel sicherstellen können, daß die Qualifizierungsmaßnahmen, die Eingliederungshilfen und die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen unvermindert fortgesetzt werden können. Der Finanzminister hat rechtzeitig genug reagiert; er hat durch die Bereitstellung überplanmäßiger Mittel dazu beigetragen, daß die Finanzierung dieser Maßnahmen gesichert ist. Herr Blüm, alles, was Sie zur Notwendigkeit weiterer Qualifizierung und Ausbildung gesagt haben, ist richtig.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Dann habe ich doch etwas Vernünftiges gesagt!)

— Manchmal, aber natürlich! Nur, es wäre noch besser gewesen, wenn Sie sich im gleichen Atemzug auch dazu hätten durchringen können anzuerkennen, was dort geleistet worden ist, und gleichzeitig den Respekt vor der großen Anstrengung der öffentlichen und privaten Arbeitgeber bei der Ausbildung hier ausdrücklich zum Ausdruck zu bringen.

(Zustimmung bei der SPD und der FDP — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Das bestätige ich Ihnen!)

— Gut, wenn Sie es auch nachträglich tun; ich bin sehr einverstanden.
Wir werden, meine Damen und Herren, die schwierige Situation auf Grund der Veränderung der Weltmarktverhältnisse und des großen Leistungsbilanzdefizits nur durch gewaltige Anstrengungen bei energiesparenden Maßnahmen meistern können, die die einzige Möglichkeit sind, dieses Leistungsbilanzdefizit zu verringern, das ja nicht ein Ausdruck geschwundener Exportkraft und damit geschwundener Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist, sondern ein Ausdruck der ins Vielfache verteuerten Importrechnungen. Von der Seite ist das Leistungsbilanzdefizit ja entstanden. Es ist also nicht ein Ausdruck zu geringer Exporte.
Es lohnt sich vielleicht, in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, daß die so oft beklagten Wettbewerbsnachteile gegenüber Japan durch denselben Vorgang, der unser Leistungsbilanzdefizit ungünstig beeinflußt hat, auf der Exportseite positiv korrigiert worden sind. Innerhalb der letzten 12 Monate hat der Yen eine Aufwertung um rund 30 % erfahren, und das hat die Wettbewerbsfähigkeit und
die Exportmöglichkeiten der europäischen Wirtschaft wesentlich verbessert. Das sind die beiden Seiten der Vorgänge an den Währungsmärkten. Wir dürfen nicht nur die negativen Seiten herausstreichen, sondern müssen die positiven genauso sehen.
Die deutschen Arbeitnehmer können davon ausgehen — jeder Blick über die Grenzen lehrt sie täglich, daß sie das können —, daß ihre Interessen bei dieser Bundesregierung gut aufgehoben sind und im Rahmen der Möglichkeiten weiterhin durchgesetzt werden.

(Beifall bei der SPD — Reddemann [CDU/ CSU]: Bloß bekommen sie nichts mehr dafür!)

Um abschließend nochmals auf Herrn Kiep zurückzukommen: Man kann unterschiedliche Auffassungen darüber haben, was eine Opposition leisten sollte. Ich halte es für legitim, von einer so großen oppositionellen Fraktion Alternativen zur Regierungspolitik zu erwarten. Daß das geht, hat in langen Oppositionsjahren beispielsweise mein alter Freund Alex Möller bewiesen, der aus der Opposition heraus neue finanzpolitische Konzeptionen entwickelt hat. Und noch mehr hat mein Freund und Lehrer Ernst Schellenberg bewiesen, was man an konzeptioneller Arbeit aus der Opposition heraus leisten kann.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)


Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0902403400
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kiep?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902403500
Ich wollte zwar aufhören, aber Herrn Kiep gestatte ich sie gern.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0902403600
Herr Minister, gestatten Sie mir die Frage, ob Sie sich daran erinnern, daß in einer Zeit, als Ihre Partei in der Opposition war und wir in diesem Hause eine vergleichsweise geringe Finanzproblematik zu diskutieren hatten, der damalige Sprecher der SPD hier ausgeführt hat, man denke gar nicht daran, sich mit diesen Sachen zu befassen; man wasche j a schließlich nicht die schmutzige Wäsche anderer Leute.

(Hört! Hört! und Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0902403700
Damals ist gesagt worden, man denke nicht daran, der Regierung zu helfen; und dafür habe ich Verständnis. Ich erwarte auch keine Hilfe von Ihnen.

(Reddemann [CDU/CSU]: Ihnen ist auch nicht zu helfen, Herr Ehrenberg!)

Aber eigene Gedanken, eigene Konzepte zu entwikkeln, das halte ich in der Tat für die Aufgabe der Opposition. Aber ich bin sicher nicht dazu da, Ihnen



Bundesminister Dr. Ehrenberg
Vorträge darüber zu halten, was die Opposition zu leisten hat.

(Reddemann [CDU/CSU]: Sie sollten lieber regieren! Das ist völlig richtig! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Je länger Sie in Ihrem Zustand bleiben, desto besser steht die Bundesregierung mit ihren Konzepten da. — Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0902403800
Das Wort hat der Herr Ministerpräsident Dr. Stoltenberg.

(Reddemann [CDU/CSU]: Nach dem schwachen Ehrenberg ein starker Stoltenberg!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902403900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der gestrigen Debatte dieses Hohen Hauses hat der Herr Bundesfinanzminister Kritik an der Haltung der schleswig-holsteinischen Landesregierung, an meiner persönlichen Haltung, zu einem wichtigen Punkt der Energieversorgung geäußert, nämlich zum Thema des Ausbaus der Fernwärme und des von der Bundesregierung im vergangenen Jahr vorgeschlagenen Programms für eine weitere Mischfinanzierung. Da diese Kritik im Deutschen Bundestag von Sprechern der SPD immer wiederholt wird, möchte ich die Gelegenheit benutzen, das, was die Vergangenheit betrifft, richtigzustellen, zugleich aber auch — weil wir nicht zuviel Vergangenheitsbewältigung treiben sollten — zu sagen, wie wir auf diesem Gebiet nach meiner Einschätzung vorankommen sollten.
Jeder wird es auch verstehen, wenn ich aus der besonderen Situation im Bundesland Schleswig-Holstein einige kurze Bemerkungen zur allgemeinen Diskussion über Energiepolitik und Kernenergie anschließe und auch kurz auf die finanzpolitischen Fragen im Bund-Länder-Verhältnis eingehe.
Die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Landesregierung, aber auch die Zustimmung der anderen CDU/CSU-regierten Bundesländer vom Mai 1980, keine weiteren finanzwirksamen Gesetze im Bundesrat zu verabschieden und keine neuen Mischfinanzierungen, auch zur Fernwärme, in diesem Zeitpunkt zu beschließen, war eine finanzpolitische Entscheidung. Sie war, rückblickend gesehen, vollkommen richtig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Während wir uns vor der Bundestagswahl über das Ausmaß der Finanzprobleme und -schwierigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland und vor allem hier des Bundes noch kontrovers unterhalten haben, zieht sich j a seit dem Oktober und November wie ein roter Faden durch alle Diskussionen dieses Hohen Hauses, durch die Beratungen der Fraktionen der SPD und FDP, durch die Beratungen aller Landtage als eine bittere überparteiliche Erkenntnis hindurch: wir haben in den vergangenen Jahren auch und gerade finanzpolitisch unter der Federführung der Bundesregierung über unsere Verhältnisse gelebt. Eine der großen Belastungen der gegenwärtigen Konjunktur- und Wirtschaftslage, der Arbeitsmarktlage ist es, daß dadurch der Handlungsspielraum für die Steuer- und Finanzpolitik praktisch zunächst zerstört worden ist.
Auf diesem Hintergrund der aktuellen Einsichten, in denen es zwar Akzentunterschiede in der Bewertung gibt, aber nicht mehr den fundamentalen Gegensatz wie in der Diskussion vor dem 5. Oktober, war es eine vorausschauende und verantwortungsbewußte Entscheidung der genannten Bundesländer und insoweit auch der schleswig-holsteinischen Landesregierung, im vergangenen Mai und Juni — vor der Bundestagswahl — zu sagen: wir können bis zu einer Offenlegung der Gesamtsituation der öffentlichen Finanzen, bis zu dem Beginn eines Sanierungskonzepts jedenfalls — nach der Bundestagswahl, wer immer dann regiert — neuen kostspieligen Gesetzen und Programmen nicht mehr zustimmen. Wir brauchten damals ein Moratorium in der Produktion immer neuer Ausgaben ganz dringend, nicht ein Moratorium im Kernenergieausbau, aber in der Finanzpolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen das in gewisser Weise auch heute.

(Glombig [SPD]: Die meisten Anträge sind von der CDU/CSU gestellt worden!)

— Aber, sehr geehrter Herr Kollege, erstens bezweifle ich, daß das für den Deutschen Bundestag für das vergangene Jahr zutrifft, und zweitens spreche ich hier für den Bundesrat, insoweit auch für die Mehrheit des Bundesrates, und erläutere unsere Entscheidung, der Fülle neuer kostspieliger Gesetze, die Sie hier mit Ihrer Mehrheit verabschiedet haben, und neuen Mischfinanzierungen bis zu einer Bestandsaufnahme, einer Neubestimmung der Prioritäten der Finanzpolitik nicht zuzustimmen.
Es ist im Grunde heute unbestritten, daß unsere damalige Einschätzung richtig war und daß wir eine verantwortungsbewußte finanzpolitische Entscheidung getroffen haben.
Ich will damit auch den Appell an die Mehrheit dieses Hohen Hauses verbinden, nun nicht wieder die im Juni des vergangenen Jahres vom Bundesrat abgelehnten kostspieligen neuen Gesetze einzubringen und mit der Automatik einer Mehrheit zu beschließen. In einem Zeitpunkt, in dem Sie — viele in der SPD und der FDP zähneknirschend, auch mit öffentlicher Kritik aus Ihren Reihen — z. B. die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau kurzfristig radikal kürzen, in dem nicht einmal die eingegangenen Verpflichtungen des Bundes bei laufenden und vereinbarten Hochschulbauvorhaben verwirklicht werden können,

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Leider wahr!)

in dem regionale Wirtschaftsförderung, Agrarstruktur, Küstenschutz und teilweise auch Wohnungsbau, Forschungsförderung nicht in den besprochenen, in Aussicht genommenen Größenordnungen realisiert werden können, in dem der Bund entscheidende Aufgaben für die Zukunftssicherung — Prioritäten auch im Jahreswirtschaftsbericht und in der Debatte hier — nicht angemessen finanziert, ist es



Ministerpräsident Dr. Stoltenberg (Schleswig-Holstein) nicht vertretbar, die seinerzeit vom Bundesrat abgelehnten Gesetze wie Jugendhilferecht, Verkehrslärmschutzgesetz oder Strafvollzug gedankenlos und unverändert zu beschließen — bei dem einen oder anderen mit der Vermutung, der Bundesrat werde sie ohnehin nicht übernehmen. Wer seine überkommenen Verpflichtungen, vor allem im Bereich der Zukunftssicherung, zur Herstellung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, zur Sicherung der beruflichen Chancen der Jugend, zur Begrenzung des Numerus clausus an unseren Universitäten nicht mehr bezahlen kann, sollte aufhören, weiter Milliarden-Gesetze auf Kosten der Länder, der Gemeinden und des eigenen Bundeshaushalts zu „produzieren".

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hier, in bezug auf finanzwirksame neue Gesetze auch zu Lasten der Länder und Gemeinden ist das Wort vom Moratorium angebracht. So wird in den Ausführungen der Opposition, aber nach meiner Einschätzung auch in manchen bedenkenswerten Anmerkungen der Bundesregierung und der Sprecher der Koalition ganz klar, daß die jetzt begonnenen Kürzungen in Wahrheit nur ein erster Schritt sind — die Haushaltspolitiker der SPD und der FDP haben das mit wünschenswerter Deutlichkeit gesagt — und daß es für die Mehrheit dieses Hohen Hauses eine harte, bittere, aber auch unabweisbare Aufgabe sein wird, weitere gesetzliche Besitzstände zu überprüfen, weitere Einschränkungen vorzunehmen, insbesondere im konsumtiven Bereich sowie im Bereich bestimmter Subventionen, aber nicht dort, wo es um die Zukunftsinvestitionen für unsere Wettbewerbsfähigkeit, für die Arbeitsplätze, für die Wissenschaft und für die junge Generation geht.

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0902404000
Verzeihen Sie, Herr Ministerpräsident. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jens?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902404100
Bitte sehr.

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0902404200
Herr Ministerpräsident, würden Sie mir denn zustimmen, daß der Ausbau der Fernwärme von der Sache her eine dringende Aufgabe zur Zukunftssicherung in diesem Lande ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902404300
Ich komme jetzt genau auf diesen Punkt, meine Damen und Herren, nachdem ich zunächst einmal etwas zu den grundlegenden Finanzfragen, den Motiven der damaligen Entscheidung und den heutigen Notwendigkeiten auch im Hinblick auf die Bund-Länder-Beziehungen gesagt habe.
Zur Sache möchte ich folgendes bemerken: Unsere damalige Entscheidung hat für den Bund ausdrücklich die Möglichkeit beinhaltet, seine Mittel für Fernwärmeanlagen, wenn er es will, in vorgesehenem Umfang zur Verfügung zu stellen. Wir haben die Bundesregierung zu keinem Zeitpunkt daran hindern wollen, dies zutun, wenn sie es für vertretbar hält. Wir haben aus prinzipiellen Bedenken und im Hinblick darauf, daß die Länder zu diesem Zeitpunkt keine neuen finanziellen Verpflichtungen eingehen wollten, ausschließlich eine Mischfinanzierung abgelehnt.
Zu der Frage, wie es weitergehen kann, will ich Ihnen gern folgendes sagen: Wir sind in der Tat davon überzeugt, daß ein weiterer und auch zügiger Ausbau der Fernwärmeanlagen für Ballungsgebiete möglich und wichtig ist. Ich sage das übrigens als der Ministerpräsident des Landes, das nach dem heutigen Stand — neben dem Stadtstaat Hamburg — den höchsten Anteil an Fernwärmeversorgung pro Kopf der Einwohner hat, meine Damen und Herren. Wenn es um Leistungen in der Vergangenheit geht, halten wir den Vergleich mit jedem anderen Land aus, auch mit sozialdemokratisch regierten Ländern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im übrigen wollen wir in dieser Frage nicht länger ein Schattenboxen veranstalten. Wir haben ein Konzept diskutiert, von dem ich es für möglich halte, daß es auch von den anderen Bundesländern übernommen wird; das wird demnächst auch Thema der Erörterung der Ministerpräsidenten aller Länder sein. Allerdings müssen wir in die Bilanz der Energiepolitik, vor allem angesichts der finanziellen Enge, natürlich andere Elemente einbeziehen.
Ein Programm, das einmal von der Mehrheit dieses Hohen Hauses beschlossen wurde, dem sich die Länder nur unter Bedenken angeschlossen haben und das jetzt der kritischen Überprüfung bedarf, ist das sogenannte Energiesparprogramm durch Zuschüsse. Wir haben auf Drängen der Bundesregierung, nachdem andere Vorschläge der Länder abgelehnt worden sind, vereinbart, für etwa fünf Jahre einen Betrag von 4,25 Milliarden DM für Zuschüsse zu energiesparenden Investitionen vor allem im privaten Bereich zur Verfügung zu stellen. Die damals befürchteten Schwierigkeiten sind eingetreten: Dieses Programm wird im wesentlichen nicht für neu energiesparende Techniken, sondern für konventionelle Investitionen, also für den Einbau neuer Fenster und Türen, in Anspruch genommen; das wissen auch die Sachverständigen in Ihren Reihen. Aber, was viel schwerwiegender ist, meine Damen und Herren: Hier hat sich der große Nachteil solcher befristeter Zuschußprogramme, auch wenn sie, wie hier, ein Volumen von mehr als 4 Milliarden DM haben, herausgestellt. Nur ein Fünftel bis ein Viertel der Anträge von Bürgern, die diese Mittel in Anspruch nehmen wollen, kann finanziert werden, obwohl diese Anträge im Rahmen der Vorschriften liegen. In Schleswig-Holstein werden mehr als 75% und in Nordrhein-Westfalen, wie ich von den dortigen Landesministern höre, sogar rund 80 % der Anträge von Bürgern abgelehnt, weil die Mittel bereits im Februar und März für das gesamte Jahr vergeben sind.

(Kiep [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Dies ist auch aus rechtsstaatlichen Gründen unter den Gesichtspunkten der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit ein zutiefst unbefriedigender Vorgang.

(Beifall bei der CDU/CSU)





Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0902404400
Verzeihen Sie, Herr Ministerpräsident; gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Müntefering?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902404500
Ja, gern.

Franz Müntefering (SPD):
Rede ID: ID0902404600
Herr Ministerpräsident, Sie wissen, daß dieses Programm nur je zur Hälfte ein Zuschußprogramm und ein steuerliches Programm ist. Sind Sie, da gerade Sie gefordert hatten, daß es einen steuerlichen Teil dieses Programms geben soll, mit mir der Meinung, daß mehr Menschen als heute den Zuschuß in Anspruch nehmen könnten, nämlich die, die sozial am meisten darauf angewiesen sind, wenn es nicht diese steuerliche Möglichkeit für die gäbe, die nicht darauf angewiesen sind?

(Zustimmung bei der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0902404700
Es ist, was die finanzielle Gewichtung betrifft, ganz falsch, zu behaupten, es sei zur Hälfte ein steuerliches Programm. Es gibt ein bescheidenes Element steuerlicher Entlastung, das nach meiner Schätzung — aber ich will die Zahlen gern noch einmal überprüfen — weit weniger als ein Viertel des Finanzvolumens ausmacht. Das bedeutet: Auch wenn wir ein Finanzvolumen von 20 oder 25 % zusätzlich hätten, würde dann die hier beschriebene krasse Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung dadurch nicht behoben. Deswegen ist es eine weit verbreitete Meinung, jedenfalls bei den Bundesländern, die j a manchmal den Vorzug haben, die Wirkungen vor Ort deutlicher zu erkennen als bedeutende und intelligente Beamte in den Bonner Ministerien, daß dieses Programm in dieser Form auslaufen sollte. Nachdem ein Bundesland, nämlich Baden-Württemberg, aus Gründen der Ungleichbehandlung und der unbefriedigenden Erfahrungen die Bundesmittel nicht mehr in Anspruch nimmt und seine Landesmittel anders zur Energieeinsparung einsetzt, sind wir sogar der Meinung, daß wir — die Bundesregierung und die Länder — erörtern sollten, dieses Programm nicht erst Ende 1982, sondern schon Ende 1981 auslaufen zu lassen. Das wird ein Thema der kommenden Monate sein. Das würde uns nämlich einen finanziellen Spielraum eröffnen, in dem wir in einem abgestimmten Verfahren — die Bundesregierung für einen zu definierenden Bereich und die Länder für einen anderen — andere, wirksamere Investitionen für Energieeinsparung fördern könnten. Hierbei können wir dann über ein abgestimmtes Verfahren auch zur verstärkten Förderung der Fernwärme kurzfristig reden — aber nicht in der alten Form der Mischfinanzierung mit diesen ganzen Dotationsauflagen und Nachteilen und der Verwischung der Verantwortlichkeiten, sondern so, daß die Bundesregierung einen bestimmten Bereich in einem Gesamtkonzept übernimmt und die Länder nach Absprache mit ihr einen anderen Bereich übernehmen. Wenn wir auf diesem Weg vorankommen, besteht eine Chance, vielleicht sogar schon bis zur Sommerpause dieses Jahres ein neues Konzept zur Energieeinsparung zwischen Bund und Ländern ohne zusätzliche Mittel, in der
Verwendung der dann auslaufenden Mittel — es handelt sich immerhin um einen Betrag von rund einer Milliarde DM im Jahr — zu nutzen, und zwar unter besonderer Beachtung des Bereichs Fernwärme. Ich hoffe, sehr geehrter Herr Bundesminister Ehrenberg, damit wird deutlich, daß die Politiker der CDU und CSU in diesem Haus auch konkrete Alternativen und Vorschläge zu wichtigen Fragen vorzutragen vermögen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sehe hier wie in anderen Fragen der Energiepolitik aus der Sicht eines von der Christlich Demokratischen Union regierten Bundeslandes sehr viele Berührungspunkte und sehr viele Möglichkeiten der Übereinstimmung mit der Bundesregierung. Das ist es ja, was manche so irritiert: daß ungeachtet aller Gegensätze, die wir haben, in zentralen Fragen der Energiepolitik Deutschlands die CDU/CSU-geführten Bundesländer, insbesondere das Land Schleswig-Holstein, in der Tat mehr Einvernehmen mit der Bundesregierung haben als die Herren Klose, Matthiesen, Jansen, Eppler — und wie sie alle heißen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich halte das im Gegensatz zu vielen heftigen Kritikern des Bundeskanzlers und des Bundeswirtschaftsministers aus deren eigenen Parteien nicht für einen widernatürlichen Vorgang, sondern für die Anerkennung der Tatsache, daß zentrale Lebensfragen unseres Volkes wie die Energieversorgung zu noch tragbaren Preisen nicht in der bloßen Konfrontation gemeistert werden können, sondern daß vor allem im Bundesstaat, wo Bund und Länder eine jeweils abgestufte Verantwortung tragen, diese Gemeinsamkeit und diese Zusammenarbeit notwendig sind.
Wer nun meint, das alles, was jetzt so diskutiert wird, Kernenergie und Brokdorf und wie das heißt, immer nur entsprechend der Frage behandeln zu müssen: „Wie treten wir dem anderen vors Schienbein? Wie legen wir ihn rein? Wie können wir die letzte Landtagswahl noch korrigieren oder die nächste Landtagswahl gewinnen?" — ich höre das ja auch in Norddeutschland von sozialdemokratischen Politikern in Regierungsämtern —, dem kann ich nur sagen, er versündigt sich an den Lebensinteressen unseres Volkes und dem, was die Menschen von uns erwarten.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich bin in diesen Auseinandersetzungen in vielen Jahren erfahren geworden und nachdenklich, aber ich bin unverändert bereit, das zu sagen und das zu tun, was aus der Verantwortung für die Bürger unseres Landes und für unseren Beitrag in der Politik der Bundesrepublik Deutschland notwendig ist. Denn eins ist ja doch wie ein roter Faden durch diese Debatte hindurchgegangen, gar nicht in einem fundamentalen Gegensatz zwischen den politischen Lagern hier, gestern unterstrichen durch die dramatische Entscheidung der Notenbank und die sehr ernste, nachdenkliche Begründung, die Herr Pöhl in den Medien, im deutschen Fernsehen gegeben hat: die Sorge über die Zu-



Ministerpräsident Dr. Stoltenberg (Schleswig-Holstein)

kunft unserer Wirtschaft, der Arbeitsplätze wächst. Ich sage das ohne jeden Ton von Panikmache. Wir müssen auf diese Sorge und Unruhe eine Antwort geben, aber nicht in der Art mancher Schönrednereien und strammer Sprüche aus der Zeit vor dem 5. Oktober, sondern eine Antwort aus der Sache, indem wir die Ursachen für schwere Fehlentwicklungen wirklich von Grund auf korrigieren. In der Entwicklung der Leistungsbilanz ist ja — auch der Bundeswirtschaftsminister hat es klargemacht — der ständigen Anstieg der Energiepreise — vor allem des Öls, aber nicht nur des Öls — zu jener schweren Hypothek geworden.
Was bedeutet das eigentlich, meine Damen und Herren, wenn sich seit 1978, in wenig mehr als zwei Jahren, eine positive Leistungsbilanz durch eine Veränderung um 48 Milliarden DM auf ein Minus von 30 Milliarden DM verringert hat? Natürlich spielt hier das Mißlingen der 1973 formulierten Ziele der Bundesregierung in der Energiepolitik eine entscheidende Rolle — Mißlingen nicht in jedem Einzelelement, aber in den damals insgesamt gesetzten Zielen und in den zeitlichen Vorstellungen. Es ist schon ein bedrückender Sachverhalt, daß die Bundesbank durch die dramatische Verschlechterung der Leistungsbilanz in eine so bedrängte Lage gekommen ist, daß sie den Spielraum der Geld- und Kreditpolitik für Wirtschaftsbelebung, für Arbeitsmarktpolitik nicht einsetzen kann. Aber, meine Damen und Herren von der SPD — ich sage das denjenigen, die mit bestimmten anderen jetzt eine sehr deutliche, zum Teil auch massive Kritik an der Notenbank üben — : Sie müssen sich fragen, ob Sie nicht durch Fehler und Versäumnisse auch in der Energiepolitik und in anderen Bereichen die Bundesbank in diese Lage hineingezwungen haben, in der sie jetzt das Unvermeidliche tut. Ich halte das bei aller Sorge für richtig, was sie gestern entschieden hat. Sie müssen die Ursachen für diesen Spannungszustand beseitigen. Sie müssen der Notenbank durch verantwortliche Politik den Spielraum wiedergeben und sie nicht zum Prügelknaben für eigene Versäumnisse machen. Das ist es, glaube ich, was man Ihnen zu raten hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb ist es eine so zentrale Frage, ob endlich das Energieprogramm der Bundesregierung in allen wesentlichen Elementen, auch im Bereich der Kernenergie, nicht nur hier im Bundestag erläutert und beschlossen wird, sondern auch in den Konflikten vor Ort von den Abgeordneten und den Mitgliedern der Regierungsparteien mit uns glaubwürdig vertreten wird.
In dem Zusammenhang muß ich natürlich noch ein paar Sätze zu dem Stichwort Brokdorf sagen. Gestern ist von einem der Sprecher der SPD ein bißchen Kritik an uns geübt worden. Das kann ja sein, nur muß die Kritik stimmen, sie muß auf Fakten beruhen und nicht auf Unterstellungen. Es gibt zur Vorgeschichte auch in dieser Woche wieder den Versuch einer Legendenbildung. Wenn eine große Hamburger Wochenzeitung, „Die Zeit", behauptet, wir hätten damals die Gemeinde gezwungen, diesen Standort zu benennen, dann ist das eine jener Ungereimtheiten, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. Der Standort Brokdorf ist Ende 1973 — ich habe mir die Protokolle der Kabinettsberatungen noch einmal angesehen — vom Landeskabinett festgelegt worden, natürlich nach Gesprächen mit Gemeinde und Kreis. Der Ausgangspunkt für diese Kabinettsentscheidung der schleswig-holsteinischen Landesregierung war der damalige dringende Appell des Bundeskanzlers Willy Brandt nach dem ersten Ölschock an die Regierungschefs der Länder, schnell weitere Standorte für Kernkraftwerke zu bestimmen, meine Damen und Herren.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Aus dieser Kontinuität kommen auch Sie als Sozialdemokraten nicht heraus. Es hat mich schon 1976 bestürzt, mit welcher Hemmungslosigkeit man uns kurz nach jenen dramatischen Vorgängen 1973 attackiert hat, obwohl man uns wenige Jahre vorher gebeten hatte, weitere Standorte für Kernkraftwerke zu benennen. Das waren zum Teil dieselben Leute, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich habe das in sehr unangenehmer Weise vor meiner letzten Landtagswahl erlebt, als die Sozialdemokraten Schleswig-Holsteins auf die merkwürdige Idee kamen, eine Landtagswahl zu einer Volksabstimmung gegen ein Kernkraftwerk machen zu wollen, das in dieser Form einmal benannt war — in den ersten Jahren ausdrücklich begrüßt und unterstützt auch von der SPD des Landes. Es ist einer der entscheidenden Fehler des Bundeskanzlers Schmidt gewesen, daß er unter diesem Motto „Volksabstimmung gegen Brokdorf", d. h. gegen seine und Brandts Politik, den Genossen im Lande Wahlhilfe geleistet hat. Das darf ein Bundeskanzler nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Folgen dieser Fehler — es wurden Parteiraison, Parteitaktik über das Staatsinteresse gestellt — muß er heute tragen, wenn ihn seine Genossen in Schleswig-Holstein und anderswo in einer geradezu unwürdigen Weise beschimpfen und attackieren, indem sie ihm sagen: Das hast du 1979 erklärt oder nicht gesagt, und jetzt redest du anders.
In der Sache hat es in der Einschätzung der Notwendigkeit zwischen dem Bundeskanzler Schmidt, der Bundesregierung und uns niemals eine Differenz gegeben. Was wir jetzt im „Kölner Stadt-Anzeiger" lesen können über die Bewertung des letzten Parteitagsbeschlusses der SPD durch Herrn Schmidt, sind keine vollkommen neuen Erkenntnisse, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Es ist eine andere Einschätzung der politischen Lage, auch in der eigenen Partei, weil eben jetzt zu der Konfrontation in der Kernenergie auch die in der Sicherheitspolitik hinzukommt und der Bundeskanzler wohl eingesehen hat, daß er diese Auseinandersetzung aufnehmen muß. Er muß sie aufnehmen. Es wäre besser gewesen, er hätte es 1979 auf Partei-



Ministerpräsident Dr. Stoltenberg (Schleswig-Holstein) tagen und auch vor Ort in derselben Deutlichkeit getan.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Insofern wissen wir uns in der Sache mit der Bundesregierung einig. Die Dringlichkeit ist wesentlich größer geworden.
Ich will zur Vorgeschichte hier noch sagen: Wir haben damals die Zustimmung der Gemeindevertretung gewonnen und die Zustimmung des Kreistages. Die Befürworter des Kernkraftwerks Brokdorf in der Gemeinde und in der Wilster Marsch im Kreis Steinburg sind seitdem in demokratischen Wahlen bestätigt worden, zum Teil mit deutlichen Mehrheiten, zum Teil mit knappen Mehrheiten. Für mich muß in der Einschätzung der Haltung der Bevölkerung — das ist mein demokratisches Verständnis — auch vor Ort, letzten Endes maßgebend sein, wie eine geheime und demokratische Wahl ausgeht, wenn eine solche große Kontroverse eine Landschaft bestimmt. Ich kann in der Bewertung der Haltung der Bevölkerung nicht danach gehen, wer nun am lautesten und erregtesten Schlagzeilen produziert oder wer von zum Teil sehr einseitigen Redakteuren des „Norddeutschen Rundfunks", des Fernsehens und von anderen Leuten am längsten vor die Kameras gestellt wird, wer unterstützt wird und wer diffamiert wird. Das ist nicht der Maßstab für die demokratische Beurteilung der Haltung der Bürger dort.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Haltung der Bürger in demokratischen Wahlen und natürlich die Mehrheitsentscheidungen von Parlamenten und Regierungen und die Urteile der Gerichte sind für uns Maßstab. Die Gerichte haben ein mehrjähriges Moratorium bewirkt. Wir haben durch eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts in Schleswig fast drei Jahre warten müssen — mit einiger Bitterkeit, auch über die rechtliche Qualität. In dem Hauptverfahren und in den Folgeverfahren haben dasselbe Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht, wie Sie wissen, mittlerweile die erste Teilerrichtungsgenehmigung für Rechtens erkannt. Ich will zum Thema „Sicherheit" aussprechen, was viele Menschen nach wie vor beunruhigt. Die Reaktorsicherheitskommission und der Bundesinnenminister haben im letzten Jahr mit äußerster Gewissenhaftigkeit in einem langen Verfahren das Sicherheitskonzept noch einmal auch im Lichte der neuen Entwicklungen — etwa der Risikostudie, die Sie in diesem Hohen Hause kennen — oder auch der Diskussion nach Harrisburg geprüft und begutachtet. Die Reaktorsicherheitskommission und der Bundesinnenminister haben uns für das weitere Verfahren bestätigt, daß die zweite Teilerrichtungsgenehmigung möglich und vertretbar ist.
Wir müssen die Sicherheitsdiskussion mit den demokratischen Gegnern der Kernenergie weiter offen führen. Wir müssen uns alle miteinander den Befürchtungen und Angsten in dieser Debatte stellen. Letzten Endes aber hat das rechtsstaatliche Verfahren — von diesem Hohen Hause einmal einstimmig beschlossen — mit seinem Zusammenwirken der
hervorragendsten Fachwissenschaftler, des Bundes und der Behörden des Landes zu diesem Ergebnis geführt.
Ich will neben der rechtlichen Begründung auch noch eine energiewirtschaftliche geben. Nehmen wir die letzten sorgfältigen Studien, nicht nur die des Energieversorgungsunternehmens Nordwestdeutsche Kraftwerke, zu dem wir Vertrauen haben. Es gehört auch zu einem schäbigen Sprachgebrauch, in diesen Monaten in bestimmten Publikationen und in bestimmten Sendungen von Fernsehen und Rundfunk die Energieversorgungsunternehmen — die sich überwiegend noch im Staatsbesitz, weitgehend im Besitz des Bundes oder, in Hamburg, des Hamburger Senats, befinden —, die ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen, als „Atomlobby" oder „Vertreter von Kapitalinteressen" abzuqualifizieren.

(Zurufe von der CDU/CSU: So ist es! — Pfui!)

Auch das halte ich in dieser Diskussion für einen ganz miserablen Stil. Ich bin nicht ihr Anwalt, aber ich nehme ihren gesetzlichen Auftrag ernst.

(Glombig [SPD]: Spielen Sie doch nicht so mit uns herum!)

— Bitte? — Ich spiele doch nicht mit Ihnen herum. Ich rede hier zur Sache. Ich weiß, sehr geehrter Herr Kollege, wie die Hamburger Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der HEW über diese Dinge denken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen nach diesen Untersuchungen davon ausgehen, daß in Norddeutschland ein Kernkraftwerk Brokdorf trotz der eingetretenen Preissteigerungen — —

(Zuruf von der SPD: Junge, Junge! — Weitere Zurufe von der SPD)

— Verehrter Herr Kollege, ich könnte eine ganz andere Rede halten. Das kann ich Ihnen sagen! Wenn ich zum Thema „innere Sicherheit, Terror und Gewalt" käme, könnte ich noch eine ganz andere Rede halten. Ich muß mich etwas zurückhalten, um das nicht zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nur wären Sie dann nicht gemeint. Fühlen Sie sich nur nicht angesprochen, wenn Sie nicht gemeint sind.
Dies ist ein öffentliches Thema. Es muß doch möglich sein, im deutschen Parlament — auch mit einem Stück Entschiedenheit — das anzusprechen, was die Menschen angeht und in ganz unglaublicher Weise bewegt und beunruhigt.

(Zurufe von der SPD)

— Ja, gut, wenn Sie das stört, meine Damen und Herren, dann können Sie das ja Herrn Wehner beim nächsten Mal in Ihrer Fraktionssitzung sagen. Ich glaube, daß ich mich gegenüber anderen in diesem Hohen Hause doch durchaus so ausdrücke, wie es



Ministerpräsident Dr. Stoltenberg (Schleswig-Holstein) den parlamentarischen Formen des Deutschen Bundestages angemessen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das kann man wohl sagen!)

Das müssen Sie mir schon gestatten, meine Damen und Herren.
Ich habe den gestrigen Tag im Kreis Steinburg verbracht und mit Bürgermeistern, mit Bürgern und mit Polizeibeamten geredet, und ich muß mich sehr zusammennehmen, um hier nicht in einer ganz anderen Weise zu reden — das will ich Ihnen einmal sagen, verehrter Herr Kollege —, auch was bestimmte Texte Ihrer politischen Freunde betrifft.

(Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!)

In Norddeutschland müssen wir nach den letzten Untersuchungen davon ausgehen, daß trotz der eingetretenen Preissteigerungen ein Kernkraftwerk wie Brokdorf den Strom jährlich um 300 bis 400 Millionen DM günstiger als ein Kohlekraftwerk anbieten kann. Das gilt für unsere Region.
Auch muß man in dieser energiepolitischen Diskussion einfach zur Kenntnis nehmen, daß auf dem Gebiet der Importkohle, der wir ja für unsere Region eine größere Chance eröffnen möchten — wir führen immer noch eine Diskussion mit der Bundesregierung über die Bedingungen für die Importkohle —, in den letzten vier Monaten ein Preisanstieg von 50% erfolgt ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Ich habe dieser Zahl zunächst nicht getraut und durch meine Mitarbeiter bei den Hamburger Importeuren einmal nachfragen lassen. Sie haben mir folgendes gesagt: Der Importkohlepreis für Hamburg und entsprechend für Kiel und Flensburg betrug im Oktober 1980 104 DM pro Tonne und im Februar 1981 151 bis 172 DM pro Tonne. Sicher spielen die besonderen Entwicklungen in Polen eine wesentliche Rolle. Es gibt aber unter den Sachverständigen Zweifel daran, daß dies in wenigen Monaten korrigiert werden kann. Ein solch dramatischer Auftrieb der Preise bei einem anderen bedeutenden Element der Energieimporte zeigt mir — auch dies bewegt mich; da bitte ich sehr um Entschuldigung, meine Damen und Herren —, daß wir diese steigenden Energiekosten — wenn ich die Existenznot unserer Bauern und Fischer und der mittelständischen Betriebe und die steigende Arbeitslosigkeit in einem Grenzland wie Schleswig-Holstein bedenke — ohne schwerste wirtschaftliche und soziale Nachteile nicht mehr lange ertragen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist auch eine verbreitete Legendenbildung — gestatten Sie mir diese kurze parteipolitische Bemerkung —, daß die norddeutsche SPD geschlossen den Ausbau der Kernenergie in Verbindung mit dem sogenannten Symbol Brokdorf ablehne.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt auch nicht! — Kiep [CDU/CSU]: Das sagt er doch gerade!)

— Das ist eine Legendenbildung, wie ich gerade sagte. Nein, das stimmt nicht. Wenn ich sage, daß das
eine Legendenbildung ist, so sage ich damit in verständlichem Deutsch, daß es nicht stimmt.
Ich sage das nur zu den ständig in den Medien wiedergegebenen Argumenten der Herren Klose, Jansen, Matthiesen und anderen. Ich habe mit Interesse gelesen, daß die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei im Niedersächsischen Landtag vor wenigen Tagen ausdrücklich dem Konzept eines Genehmigungsverfahrens für ein neues Kraftwerk in Lingen zugestimmt hat. Lingen gehört im allgemeinen Verständnis auch zu Norddeutschland. Das ist also ein falsches Argument. Aber wenn das so ist — das muß ich hier einmal sagen; wer immer sich davon angesprochen fühlt, lasse ich in diesem Hause offen —, dann ist es ein zutiefst irrationaler Vorgang zu sagen: über Brokdorf muß der Ausstieg aus der Kernenergie eröffnet werden. Es darf zwar in Krümmel gebaut werden, wo es, nebenbei bemerkt, nicht einmal einen Bauzaun gibt, weil die Bürger und auch alle Parteien dort auf der Grundlage des „alten" Forschungszentrums, das etwa seit 20 Jahren besteht, dies einmütig bejahen. Krümmel liegt im Kreisherzogtum Lauenburg. Aber es darf nicht mehr in Brokdorf gebaut werden, weil die „Option" in der Sprache des früheren Abgeordneten und jetzigen Senators Ueberhorst und anderer verlorengeht. Wenn man dies sagt und zugleich im Nachbarland die Sozialdemokraten ein neues Genehmigungsverfahren für Lingen in Niedersachsen bejahen, so ist das ein Bruch in der Argumentation auch der norddeutschen SPD, der hier in diesem Hohen Hause einmal offen und ohne Polemik angesprochen werden muß. Das ist ein zutiefst irrationaler Vorgang.
Streit um Kernenergie ist legitim. Opposition und friedliche Demonstration, das Ausschöpfen aller rechtlichen Möglichkeiten gegen Kernenergie gehören zu dem Spielraum, den unsere Verfassung eröffnet. Ich kann den Herrn Jansen und Herrn Matthiesen auch nicht daran hindern, jetzt zu sagen: Wir wollen die nächste Kommunalwahl dort in einem Jahr und die nächste Landtagswahl in zwei Jahren nochmals zur Volksabstimmung gegen Brokdorf machen. Dabei werden sie sagen müssen: Dann werden wir den Wahlkampf gegen Stoltenberg und Schmidt führen. Das wird dann ganz interessant; vielleicht verbinden sich damit gewisse Vorstellungen über die Entwicklung der politischen Situation des Herrn Schmidt in den nächsten zweieinhalb Jahren, die ich hier nicht näher erörtern will.
Aber — das sage ich hier deutlich — in diesen Tagen überschattet die Sorge um den inneren Frieden und die innere Sicherheit in Schleswig-Holstein und speziell in der Wilster Marsch und in benachbarten Städten alles. Wir haben die bundesweiten Aufrufe für Großdemonstrationen, in vielen Texten kaum noch verhohlen oder ganz offen für organisierte massive Gewaltanwendung. Steine, Brandsätze, Schlaginstrumente, Stahlkugeln mit Katapulten werden bestimmten Gruppen radikalisierter und fanatisierter Gegner der Kernenergie offenbar zur Ultima ratio im Ringen um die Energiepolitik unseres Landes, nachdem sie die Wahlen verloren haben, nachdem sie überhaupt keine Chance bei demokra-



Ministerpräsident Dr. Stoltenberg (Schleswig-Holstein) tischen Wahlen hatten, soweit sie mit Splittergruppen angetreten sind, nachdem die Gerichte und Parlamente entschieden haben.
Auch dies gehört ein bißchen, in gewisser Weise sogar zentral, zu den hier viel zitierten Rahmenbedingungen für energiewirtschaftliches und politisches Handeln. Es berührt die Frage des Rechts und der inneren Sicherheit. Ich kann viele Texte in diesen Tagen, die praktisch unkommentiert durch die Medien laufen, nur mit Abscheu zur Kenntnis nehmen. Da gibt es diesen famosen Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz mit der Zentrale in Karlsruhe, eine Organisation, die vor einiger Zeit verständlicher Weise auch Bundesministern und Landesministern, zeitweise auch uns als ein ernsthafter Gesprächspartner erschien. Die Texte, die diese Karlsruher Zentrale des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz veröffentlicht, können nur zu tiefster Bestürzung Anlaß bieten. Kampagnen gegen die Gerichte, Polemik gegen die Rechtsordnung, der Staat und die Energieversorgungsunternehmen als „Gewaltapparat", die Polizeibeamten, die dort ihre Pflicht tun müssen, als Unterdrückungsinstrument, „Widerstand" als Reizwort für die kaum noch unterdrückte oder verschleierte Befürwortung von Gewalt — so weit sind diese Leute heruntergekommen. Diese radikalen Umweltschützer werden jetzt die radikalsten politischen Umweltverschmutzer, die wir in der Bundesrepublik Deutschland zu verzeichnen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann hier bei aller Härte der Kontroverse Einvernehmen auch mit dem Hamburger Bürgermeister Klose, mit dem Landesvorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei, Herrn Jansen, mit dem Landesvorsitzenden der Freien Demokratischen Partei, Herrn Ronneburger, mit dem die Kontroversen in der Energiepolitik auch nicht mehr so stark sind wie mit den Sozialdemokraten, darüber feststellen, daß wir allen friedlichen Gegnern der Kernenergie nur dringend abraten können, am kommenden Sonnabend mit den organisierten Gewalttätern, mit kriminellen Elementen und anderen in die friedliche Wilster Marsch einzumarschieren und dort Schrekken und Gewalt für die Menschen und für die Polizeibeamten zu verbreiten.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Es war für mich gestern ganz eindrucksvoll, daß die 15 Bürgermeister aus der Region bzw. den Städten der Wilster Marsch, bei denen ich gestern war — sie sind nicht alle meine politischen Freunde; zumindest einer von ihnen hat sich in den vergangenen Jahren sehr aktiv an friedlichen Demonstrationen und Kundgebungen gegen das Kernkraftwerk Brokdorf beteiligt —, mich alle ermächtigt haben — einige haben mich gebeten, es heute auch hier im Deutschen Bundestag zu sagen, weil solche Aufrufe ja im Rundfunk und Fernsehen nicht erscheinen; demgegenüber erscheint jede Bekundung eines Landesverbandes der Jungsozialisten für eine Teilnahme bei Demonstrationen gegen Brokdorf sofort abends im Fernsehen —,

(Beifall bei der CDU/CSU)

daß diese gewählten Kommunalpolitiker, unabhängig von ihrer parteipolitischen Orientierung, unabhängig von ihrer Einschätzung des Kernkraftwerkprojektes Brokdorf, mich gebeten haben, gestern vor der Presse und ebenfalls heute hier im Bundestag die dringende Erwartung der Bürger dieser Region zu bekunden, daß die friedlichen Gegner der Kernenergie nicht wieder, wie zuletzt in Hamburg bei den Demonstrationen in Verbindung mit dem SPD-Parteitag, die Kulisse und damit ungewollt die Hilfsorgane für die Kriminellen und die Gewalttäter darstellen. Ich will dies hier sagen.
Die Saat dieser üblen Parolen und Texte geht auf. Die Bürgermeister haben mir gestern gesagt, daß eine Reihe von Bürgern und Bauern in diesen Tagen mit anonymen Anrufen bedroht werden, man werde am kommenden Sonnabend ihre Häuser abbrennen. Ich habe es vor einer Woche erlebt, daß die Frau des Mitarbeiters einer Landesbehörde, der an der Lösung eines Spezialproblems des Genehmigungsverfahrens mitarbeitet und sich nicht in leitender Stellung befindet, mittags um 12 Uhr zu Hause einen Telefonanruf mit der Mitteilung bekam, ihr Sohn sei vor einer Stunde tödlich verunglückt. Dies wurde unter Nennung des Namens und der persönlichen Lebensumstände des Sohnes mitgeteilt. Der Junge kam eine Stunde später nach Hause.
Hier entwickelt sich ein Sadismus, hier entwickelt sich eine verbrecherische Gesinnung, für die auch diejenigen Mitverantwortung tragen müssen, die die Parolen der Gewalt und des Hasses in offenen Aufrufen verbreiten.

(Beifall)

Ich kündige hier, wenn schon von Widerstand die Rede ist, den entschiedenen Protest und den Widerstand der schleswig-holsteinischen Landesregierung, aber auch vieler anderer, für die ich spreche, gegen diese Methoden an, mit Gewalt, Hetze und Fanatismus die existentiellen Lebensprobleme unseres Volkes lösen oder beeinflussen zu wollen. Wer bei Wahlen nicht gewinnt, wer bei Gerichten unterliegt, wer demokratische Mehrheitsentscheidungen, Entscheidungen der Bundesregierung und der Länder zur Kenntnis nimmt, muß letzten Endes auch als Minderheit diese Entscheidungen akzeptieren.
Hier geht es um ein Kernstück unserer Energiepolitik und Energieversorgung. Hier geht es aber auch um die Zukunft der Rechtsstaatlichkeit, der Humanität und der Toleranz in unserem Lande. Ich habe in jenem Papier des Karlsruher Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz auch gelesen, jetzt gehe es um Brokdorf. Morgen gehe es um die NATO-Stützpunkte, auf denen die Amerikaner, wie man annimmt und unterstellt, ihre nuklearen Sprengsätze lagern. Es ist ja kein Zufall, daß eine einschlägig bekannte Illustrierte in diesen Tagen die sensationell aufgemachten Artikel veröffentlicht hat, die gestern hier in der Fragestunde des Bundestages eine Rolle gespielt haben. In den letzten Tagen haben die Kreisverbände der Deutschen Kommunistischen Partei begonnen, Landräten und Oberbürgermeistern offene Briefe zu schreiben, in denen sie sie um Auskunft ersuchen — in diesen Tagen! —, ob denn in ihrem Kreis oder in ihrer Stadt auch ent-



Ministerpräsident Dr. Stoltenberg (Schleswig-Holstein) sprechende Vorkehrungen des westlichen Bündnisses und der Amerikaner getroffen worden seien.
Das Bild rundet sich ab. Diese Auseinandersetzung hat längst die Frage des Für und Wider der friedlichen Nutzung der Kernenergie im allgemeinen oder an bestimmten Orten überschritten. Die Sorge, die demokratische Opposition mancher Bürger, die wir zu respektieren haben, wird von bestimmten Drahtziehern in der Publizistik und in der öffentlichen Diskussion zu einem Generalangriff gegen die Grundlagen der äußeren Sicherheit und der wirtschaftlichen Zukunft der Bundesrepublik Deutschland, zu einem zentralen Angriff gegen Gewaltlosigkeit, Toleranz und den Rechtsstaat mißbraucht. Wir alle sind gefordert, auch die öffentlich-rechtlichen Medien, auch die Träger der öffentlichen Meinung, aus Verantwortung für die Zukunft unseres Landes und Volkes Widerstand zu leisten. — Ich danke Ihnen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0902404800
Das Wort hat der Bundeswirtschaftsminister.

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0902404900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich bedaure es ein wenig, daß es die Terminplanung so mit sich gebracht hat, daß wir heute die Debatte über den Jahreswirtschaftsbericht zu Ende führen, während gleichzeitig der Bundesrat tagt und dort über Fragen diskutiert und entscheidet, die sich mit den Themen, die hier eine Rolle spielen, überschneiden. Sie haben es vorgezogen, Herr Ministerpräsident — ich verstehe das insbesondere nach dem letzten Teil Ihrer Ausführungen —, heute an unserer Diskussion teilzunehmen.
Ich verstehe es deswegen, weil ich Ihre Schlußbemerkungen teile, daß es bei der Diskussion um die Ereignisse des kommenden Samstags in Ihrem Bundesland nicht — jedenfalls nicht ausschließlich und wahrscheinlich auch kaum überwiegend — um das Thema der Energieversorgung, um die Besorgnisse und Ängste ernst zu nehmender Teile unserer Bürger wegen der friedlichen Nutzung der Kernenergie geht,

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

sondern weil es nach allem, was man aus den Quellen, die Sie zitiert haben, und anderen hört, ganz offensichtlich um mehr geht: um eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Grundlagen unserer staatlichen Ordnung, mit Folgen für die demokratische Willens- und Entscheidungsbildung in unserer Ordnung.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das wird an einem Beispiel besonders deutlich sichtbar. Wenn sich die Deutsche Kommunistische Partei in die Reihen derjenigen stellt, die zu Demonstrationen gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie in unserem Lande aufruft, während gleichzeitig wenige Kilometer Luftlinie von Brokdorf
Kernenergie genutzt wird unter Sicherheitsvorschriften, die wir für unzulänglich halten und die weit hinter den unseren zurückbleiben, dann ist offengelegt, um was es hier in Wirklichkeit geht.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Sie haben, Herr Ministerpräsident, die Bereitschaft der demokratischen Parteien in Ihrem Bundesland und vor allem auch die Bereitschaft derjenigen erwähnt — nämlich der sozialdemokratischen Parteiführer in Schleswig-Holstein —, die entschieden gegen den Ausbau von Brokdorf sind, sich gegen die Gewalttätigkeit, gegen den Einsatz ungesetzlicher Mittel bei dem Ausdruck des Protestes und der Demonstration auf Ihre Seite zu stellen. Ich halte das für ein wesentliches und gutes Zeichen in dem Sinne, daß demokratische Sitten und daß — hier nehme ich einmal selber das Wort in den Mund, das mir sonst reichlich abgenutzt erscheint — die Solidarität der Demokraten in unserem Lande bezüglich der Grundlagen dessen, was wir für notwendig halten, stimmen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich versichere Sie, Herr Ministerpräsident: Wenn es um die Abwehr von Gewalt geht, wenn es um die Abwehr von Terrorismus geht, dann haben Sie selbstverständlich im Bundesland Schleswig-Holstein und in dieser Auseinandersetzung am nächsten Wochenende die Bundesregierung voll auf Ihrer Seite.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich wünschte mir, daß es Ihnen und den Sicherheitskräften in Schleswig-Holstein gelingt — niemand von uns beneidet die Polizisten, die dort eingesetzt werden müssen, und niemand von uns, meine Damen und Herren, möchte deren Rolle übernehmen; sie sind in einer schwierigen Lage und bedürfen unserer Unterstützung —,

(Beifall bei allen Fraktionen)

so zu verfahren und so erfolgreich zu operieren, wie das damals bei den Demonstrationen in Kalkar der Fall gewesen ist.
Ich füge hinzu, meine Damen und Herren: Die Polizeieinsätze in Kalkar wurden damals von einem Innenminister geleitet, der entschieden gegen den Ausbau von Kalkar ist. Dies ist die notwendige demokratische Grundhaltung in unserem Lande, die damals durch unseren jetzigen Kollegen Hirsch zum Ausdruck gebracht worden ist.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Herr Ministerpräsident, was Brokdorf und die energiepolitischen Notwendigkeiten anlangt, habe ich mich gestern nach dem Beitrag Ihres niedersächsischen Kollegen für die Bundesregierung geäußert. Ich brauche dem nichts hinzuzufügen. Ich habe dies in den vergangenen Diskussionen, insbesondere in der Haushaltsdebatte, getan. Herr Ministerpräsident Stoltenberg, Sie wissen — auch und besonders aus den jüngsten öffentlichen Erklärungen des Bundeskanzlers —, daß wir die von Ihnen getroffenen Entscheidungen für richtig und notwendig halten.



Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
Ich bleibe dabei, daß ich Ihre Entscheidung, was das Fernwärmeprogramm anlangt, für falsch halte.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir haben darüber immer Meinungsverschiedenheiten gehabt. Ich bleibe auch deswegen dabei, Herr Ministerpräsident, weil gerade hinsichtlich der Notwendigkeit und der Entscheidungen für den Ausbau von Brokdorf die positive Entscheidung für die Fernwärmeversorgung in Schleswig-Holstein vielleicht etwas von der Emotionalität, die Sie beklagen, aus der Diskussion hätte herausnehmen können.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich nehme hier für die Bundesregierung zur Kenntnis, daß Sie der Meinung sind, daß wir schon Ende dieses Jahres mit den Ländern über eine Fortsetzung des Energiesparprogramms verhandeln sollten. Wir sind dazu bereit. Das liegt im Rahmen dessen, was der Kollege Mitzscherling heute als eine vernünftige Aktivität der Bundesregierung im Hinblick auf die Beeinflussung auch der wirtschaftlichen Entwicklung bezeichnet hat. Wir werden diese Gespräche offen und, wie ich hoffe, vertrauensvoll und mit guten Ergebnissen miteinander führen können.
Ich darf eine persönliche Bemerkung hinzufügen, weil mich ein bißchen die Reaktion gewundert hat, als der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein sich für diejenigen einsetzte, die in der Öffentlichkeit als die „Atomlobby" diskriminiert und bezeichnet werden. Wenn jemand im Hause der Auffassung sein sollte, es sei hier nicht der Platz, die Vorstände der Energieversorgungsunternehmen zu verteidigen, dann bin ich gern in der Lage, ihm, wenn er meint, das mit Kompetenzdenken begründen zu sollen, darzutun, daß auch der Bundeswirtschaftsminister als „Atomlobby" bezeichnet wird. Vielleicht darf er sich in diesem Hause gegen solche Vorwürfe verteidigen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, ich bin in der Lage, Ihnen zahlreiche Dokumente vorzulegen, in denen diese Bezeichnung, gerichtet an meine Adresse, vorkommt. Ich habe mich bisher darüber nicht aufgeregt; aber ich will es hier einmal erwähnen.
Im übrigen, Herr Ministerpräsident Stoltenberg: Es ist für uns nichts Neues, wenngleich die von Ihnen skizzierte Entwicklung hinsichtlich der Importkohlepreise, die jetzt eintritt, schon recht dramatisch ist, daß hier ein Preisanstieg zu verzeichnen ist. Wir haben nämlich immer gesagt, daß es einen generellen Wärmepreis geben wird und muß und daß nicht eine Primärenergieart bei der Preisentwicklung auf den Ölmärkten auf Dauer hinterherhinken wird. Das wird es nicht geben. Es wird Preisunterschiede geben; sie sind auch in der Handhabbarkeit und Bequemlichkeit begründet. Aber im übrigen, meine Damen und Herren, haben wir uns darauf einzurichten, daß das Energiepreisniveau aller Primärenergieträger weiter ansteigen wird. Von dieser Grundlage und von dieser Position aus müssen wir unsere Energiepolitik sehen, konzipieren und betreiben.
Meine Damen und Herren, im Verlaufe dieser Debatte haben mehrere Kollegen — Herr Mitzscherling, Herr Blüm, Herr Kiep; ich könnte andere aufzählen — von der Notwendigkeit des sozialen Konsenses in unserem Lande gesprochen. Das deckt sich völlig mit der Auffassung der Bundesregierung und mit dem, was ich gestern — der Kollege Ehrenberg hat es noch einmal zitiert — gesagt habe. Wenn die Konzertierte Aktion gewissermaßen als Symbol für diesen sozialen Konsens gesehen wird — sie ist glücklicherweise nur ein Zeichen dafür, hoffentlich, da bin ich sicher, nicht das entscheidende; der soziale Konsens besteht auch, wenn die organisierte Konzertierte Aktion durch einzelne Gespräche und zahlreiche Gesprächskontakte ersetzt wird —, so sage ich noch einmal für die Bundesregierung: Wir hätten eine Neuauflage der Konzertierten Aktion — allerdings in veränderter Form — gerne. Ich glaube, es hat nicht in erster Linie an der Bundesregierung gelegen, daß dieser Gesprächskreis bisher nicht wieder zustande gekommen ist.
Aber ich habe sehr wohl verstanden, Herr Blüm, daß Sie gemeint haben, zu gewissen Spannungen im Verhältnis zwischen Bundesregierung und DGB habe der Bundeswirtschaftsminister das Seine beigetragen. Ich will das gar nicht bestreiten. Das ist ein schwieriges Kapitel; es ist vor allen Dingen dann schwierig, Herr Blüm, wenn man der Auffassung ist, daß jedwede Diskussion in unserem Lande offen und ehrlich und gemäß der eigenen Überzeugung geführt werden muß.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Das soll sie!)

Dazu sage ich Ihnen: Ich halte mich fern von verletzender Kritik an irgend jemandem — ich schlage schon manchmal zu, aber ich nehme auch etwas hin —,

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sprachlich!)

aber, meine Damen und Herren, das, was ich für richtig erkenne und für notwendig halte und was ich als meine subjektive Wahrheit ansehe — ich habe hier im Hause schon einmal gesagt: das muß ja nicht richtig sein, aber es ist meine Überzeugung —, werde ich zur wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Diskussion, soweit sie zu meiner Verantwortung gehört, auch zukünftig einbringen und mich von niemandem davon abbringen lassen. Denn, Herr Kiep, dies ist ja wohl die Grundlage für das von Ihnen zu Recht geforderte Vertrauen der Öffentlichkeit — nicht nur der Wirtschaft, sondern der Öffentlichkeit insgesamt — in politische Haltung, nicht nur in die Haltung der Regierung.
Im übrigen: Ich sehe sehr wohl, daß für die Gewerkschaften, die in den vergangenen Jahrzehnten eine entscheidende, eine tragende Rolle bei der Entwicklung dieses sozialen Konsenses und beim Wiederaufbau der Bundesrepublik gespielt haben, schwierige Zeiten heranbrechen. Für eine große und einflußreiche Organisation, die Aufträge und Wünsche ihrer Mitglieder zu erfüllen und zu berücksichtigen hat und die über einen immer mehr eingeengten Spielraum verfügt, in dem sie sich bewegen



Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
kann, weil die Verteilungsspielräume ebensowenig vorhanden sind wie die Möglichkeiten positiver Einflußnahme auf Sozialgesetze, auf Verteilungsmöglichkeiten des Staates, wird es außergewöhnlich eng. Ich glaube, dafür muß man Verständnis haben, und daraus erklärt sich sicherlich auch manche Gereiztheit, manche Empfindlichkeit und manche überempfindliche Reaktion. Vermutlich kann das nicht anders sein.
Ich sprach vorhin davon, meine Damen und Herren, daß ich verletzende Kritik zu vermeiden versuche. Ich habe mich ja gestern dazu geäußert, daß ich immer wieder den Vorwurf höre, ich hätte z. B. die deutschen Arbeiter der „Faulheit" geziehen. Ich erwähne das nur deswegen noch einmal, weil ich fand, daß der Kollege Pieroth dieses Thema mit subtiler Bosheit gestern noch einmal aufgegriffen hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Pieroth [CDU/CSU]: Ich habe von „Dementis" gesprochen!)

— Meine Damen und Herren, man kann natürlich so argumentieren, daß man sagt: Sie dementieren j a unentwegt, daß Sie diese Äußerung getan haben. Das ist ungefähr so, als wenn ich einem Banker sage: Es ist mir selbstverständlich klar, daß Sie nicht mit der Kasse durchgegangen sind, oder einem Weinhändler sage: Es ist mir selbstverständlich klar, daß die von Ihnen gelieferten Weine nicht chemikalisch versetzt sind.

(Heiterkeit — Reddemann [CDU/CSU]: Bei Pieroth stimmt das sogar!)

So, meine Damen und Herren, kann man die Diskussion auch führen, aber auf solch feine und subtile Art, Herr Pieroth, werde ich versuchen, in ähnlicher Art zu antworten.

(Pieroth [CDU/CSU]: Ich habe doch nur Sie „faul" genannt, nicht die Deutschen! „Faul" im Durchsetzen, Graf Lambsdorff!)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Kiep hat heute morgen die Bandbreite der politischen Parteien angesprochen. Nun, Herr Kiep, das ist sicherlich kein Merkzeichen von Sozialdemokraten und Freien Demokraten allein. Ich habe mir auch zu diesem Thema meine teilweise sehr belustigenden, teilweise ernsthaften Gedanken gemacht, als ich im Wahlkampf in Niedersachsen die schönen Plakate von Ihnen immer neben denen von Herrn Strauß hängen sah. Da habe ich mir Vorstellungen über die Bandbreite der Union gemacht. Nun höre und erlebe ich heute, wie die CDU/CSU-Fraktion auch an den Stellen geschlossen hinter den Ausführungen des Kollegen Blüm steht, wo, Herr Blüm, Ihre Logik wirklich dem Satz entspricht: Donnerstag ist es kälter als draußen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)

Auch dies wurde mit dem schönsten Beifall zugedeckt. So verdeckt man mit parlamentarischem Beifall Bandbreiten, auch bei Ihnen selbstverständlich, Herr Kiep.

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Das ist doch keine Verdeckung! So sind wir!)

Erlauben Sie mir bitte, daß ich ein etwas heikles Thema anspreche — heikel übrigens sowohl beim Koalitionspartner wie bei meinen eigenen Parteifreunden, jedenfalls den Berliner Parteifreunden. Ich persönlich bin der Auffassung — die Regierung hat sich darüber noch keine Meinung gebildet; wir sind noch lange nicht soweit —, daß die Verlängerung des Mietstopps in Berlin grundfalsch ist und daß die damalige Entscheidung uns mit dahin gebracht hat, wo wir heute gelandet sind.

(Beifall bei der FDP)

Aber als Herr Blüm das sagte, hat die ganze CDU Beifall geklatscht. Und ich habe mich immer gefragt: Was hat der Herr Biedenkopf eigentlich vor zwei Jahren geschrieben? Was haben Sie damals alle für so richtig gehalten? Alles weg, wenn es im Ernstfall darauf ankommt!

(Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sagt die Regierung das noch vor der Wahl?)

— Bisher gibt es keinen Gesetzgebungsantrag, und ich kann darüber nicht entscheiden. Ich habe auch gar nicht die Absicht, darüber zu entscheiden.

(Pieroth [CDU/CSU]: Herr Brunner soll es mal in Berlin sagen! Aber da schweigt Herr Brunner sich aus!)

— Nun, ich werde gelegentlich mal nach Berlin gehen und das dort sagen — als meine persönliche Meinung.

(Pieroth [CDU/CSU]: Ich würde mich freuen, wenn Sie die Einladung annähmen!)

Im übrigen würde ich die wohnungspolitische Diskussion, über die wir j a schon in den vergangenen Tagen gesprochen haben, gern mit einer Bemerkung anreichern, die ich doch für ganz wesentlich halte: Die Bundesregierung ist der Auffassung — und das haben wir in der Haushaltsdebatte vertreten —, daß die Wohnung nicht wie ein x-beliebiges Gut behandelt werden kann, daß sie einen besonderen Rechtsschutz genießen muß. Das bleibt so. Die Frage ist aber: Wie sehen die Miethöhen in Zukunft bei uns aus? Und da stelle ich fest, daß nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes der Vierpersonenhaushalt mit mittlerem Einkommen im Jahre 1979 für Wohnungsmiete 15,5 % ausgegeben hat und für eigene Kraftfahrzeuge 13%. Wir müssen einfach einmal überlegen, ob diese Relationen so stimmen.
Nun ist seit gestern — das ist auch von Herrn Stoltenberg erwähnt worden — das Wirtschaftsprogramm des amerikanischen Präsidenten in der Welt. Es entspricht dem, was man vermuten konnte, wenn man die amerikanische wirtschaftspolitische Diskussion der letzten Wochen verfolgt hat. Ich glaube, ich habe sie auch in den vergangenen Jahren einigermaßen intensiv verfolgt. Aber mit solcher Häufigkeit und Intensität habe ich das Wort „supply policy", Angebotspolitik, noch nie gesehen — bis in amerikanische Tageszeitungen, „News Week", „Time" und was es alles gibt. Es wird also dort in der Tat nun eine angebotsorientierte Politik formuliert, entgegen der nachfragebetonten Politik, die sich wohl noch die vorige Regierung auf ihre Fahnen geschrieben hatte.



Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
Es ist nicht unsere Sache, dies positiv oder negativ zu bewerten im Sinne von Kritik an Vorschlägen des amerikanischen Präsidenten. Es ist aber wohl unsere Sache, zu überlegen: Wie können die Rückwirkungen auf die Bundesrepublik Deutschland aussehen? Was haben wir davon zu erwarten? Und hier stimme ich dem zu, was heute morgen von Herrn Mitzscherling und anderen gesagt worden ist: Das wird nicht in Bälde zu Erleichterungen an der Zinsfront in der Bundesrepublik Deutschland führen. Sie haben Henry Reuss mit seiner Kritik erwähnt. Der hat schon immer an hohen Zinsen Kritik geübt, früher an der Bundesbank. Wir können nur jetzt schlecht hinüberfahren und ihn dafür kritisieren, daß die USA jetzt dieselbe Politik machen, weil wir unsere damals verteidigt haben, eben auch aus Gründen der Inflationsbekämpfung.
Mir scheint auch, daß die Maßnahmen der Deutschen Bundesbank, die gestern beschlossen worden sind — die ja im übrigen nicht einmalig sind; es hat früher schon einmal einen Sonderlombard gegeben, ein hartes und scharfes Werkzeug, je nachdem wie es gehandhabt werden kann —, logisch in die Konstellation hineinpassen. Sie werden am Geldmarkt eventuell zu höheren Zinsen führen. Aber es konnte ja wohl nicht richtig sein und auf Dauer von der Bundesbank nicht tatenlos hingenommen werden, daß man sich, und zwar die Kreditinstitute, den Lombardkredit zu 9 % bei der Bundesbank holte und das Geld zu 10 % in Luxemburg auslieh. Das ist bei ein paar Milliarden auch in wenigen Tagen mit 1 % Spanne schon ein ganz hübsches Geschäft. Ich habe nichts gegen die Ertragslage der Banken, aber möglichst nicht mit Hilfe der Deutschen Bundesbank. Das kann nicht das Ziel sein.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Deswegen und aus anderen Gründen war diese Entscheidung, glaube ich, richtig.
Wie das Programm des amerikanischen Präsidenten bewertet werden wird, zeigt sich natürlich immer etwas an den Devisenmärkten. Heute hat der Dollar mit 2,11 DM eröffnet, nachdem er gestern mit 2,16 DM geschlossen hatte. Wir werden also abzuwarten haben.
Wir können aus der Sicht der Bundesregierung nur eines sagen: Wir haben ein vitales Interesse daran — ich möchte das noch einmal betonen, nachdem der Ministerpräsident Albrecht gestern meinte, unsere Interessenlage sei anders —, daß die Stabilitätspolitik der Vereinigten Staaten erfolgreich ist und daß die wirtschaftliche Entwicklung in den Vereinigten Staaten in Gang kommt. Ich weiß, daß für uns die Wettbewerbsbedingungen schwieriger werden, wenn die Stabilitätspolitik in allen Ländern erfolgreich ist und unser relativer Stabilitätsvorsprung, von dem wir in der Vergangenheit ganz gut gelebt haben — immer und immer wieder marschierten die anderen schneller mit ihren Kosten — und Preissteigerungen nach oben —, geringer wird. Ich weiß, daß die Welt für uns dadurch nicht einfacher wird. Aber wir wissen auch — und dabei bleibt es —, daß auf die Dauer Inflation und Preissteigerungen das Wachstum und die Stabilität und vor allem die Arbeitsplätze ruinieren. Mit ruinierten Arbeitsplätzen, mit dem weiteren Verlust von Arbeitsplätzen ist ja nicht nur ein wirtschaftliches Problem angesprochen, ist ja nicht — ich sage das „nur" jetzt in Anführungszeichen — ein soziales Problem angesprochen, sondern auf Dauer die politische Stabilität unserer Gesellschaftssysteme angesprochen. Darum geht es bei der Frage und bei dem Ziel, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen oder einzuschränken.

(Beifall bei der FDP)

Dabei allerdings, Herr Blüm, muß man, wie ich finde, gerecht bleiben. Wir alle sind uns darüber im klaren, daß die gegenwärtigen Zahlen in hohem Maße unbefriedigend sind. Aber das ändert nichts daran, daß in fast allen Ländern der westlichen Welt und auch in der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze bemerkenswert ist. Es hat in der Bundesrepublik Deutschland trotz der gegenwärtig hohen Frauenarbeitslosigkeit noch niemals so viel Frauenarbeitsplätze wie im heutigen Zeitpunkt gegeben.

(Zustimmung bei der FDP)

Ich sage noch einmal: das Gesamtergebnis befriedigt dennoch nicht. Aber man sollte differenziert urteilen und es dann auch differenziert vortragen.
Es ist ja auch nicht so, Herr Waigel, wie Sie es gestern dargestellt haben, als Sie die ganze Regierungsbank abgingen und sagten, da sitze das ganze personifizierte Investitionshemmnis.

(Dr. Waigel [CDU/CSU]: Das war gut ausgedrückt!)

— Das muß ich Ihnen sagen, und das muß ich auch Herrn Blüm sagen. Ich habe ja an ein bißchen polemischen und demagogischen Reden meinen Spaß. Zu meinem Vergnügen haben Sie jedenfalls in dieser Hinsicht beigetragen. Da kann man den Inhalt dann auch leichter vergessen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Wir können es noch steigern!)

— Ich bin nicht ganz sicher.— Aber ich auch, Herr Blüm. Wir könnten es mal versuchen.

(Dr. Waigel [CDU/CSU]: Graf Lambsdorff, früher konnten Sie das auch!)

— Ich kann das immer noch, Herr Waigel.
Was die Investitionsentwicklung anlangt, so sind in den letzten Jahren, solange ich Minister bin — ich rechne mir das nicht selber zu, denn investieren tut nicht die Regierung, sondern tun die Unternehmen —,

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

die Investitionsraten bei den Unternehmen real bei uns jedes Jahr um durchschnittlich 7 % gestiegen. Das läßt sich durchaus und immer noch sehen. Vor allem, meine Damen und Herren, liegt hier das entscheidende Argument dafür, daß wir von einer Besserung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik ausgehen. Nageln Sie uns nicht darauf fest — ich habe das nicht gesagt, und es steht auch nicht im Jahreswirtschaftsbericht —, daß das in der



Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff
zweiten Jahreshälfte sein muß! Wir hoffen es, wir erwarten es, wir arbeiten darauf hin, aber diese Besserung der wirtschaftlichen Entwicklung kann auch erst am 10. Januar 1982 anfangen. Nicht daß hinterher ein Buchhalter kommt und sagt: Jetzt ist der 31. Dezember gewesen, und es ist noch immer nicht richtig gekommen, zehn Tage zu spät; schon wieder habt ihr Prognosekunststücke vollbracht, wie Herr Blüm das nennt.
Nein, die entscheidende Grundlage für diese Erwartung liegt darin, daß die Investitionsneigung in der Bundesrepublik angesichts des Klimas und der Probleme, die wir haben, ungewöhnlich robust ist. Wir haben in den schwierigen Zeiten 1974/1975 einen realen Rückgang der Investitionen um 11 % gehabt. Der Investitionsrückgang überzeichnet die Wachstumsverluste, so wie auch die Investitionszunahme, wenn es nach oben geht und sich die Stimmung bessert, ebenfalls über die Wachstumsrate hinausgeht. Also: 1974 minus 11 %, 1967 minus 10 %. Die Prognosen aller Forschungsinstitute sagen uns, daß im Jahre 1981 das Investitionsniveau der Vorjahre gehalten werden wird, daß es keinen realen Rückgang geben wird. Dies ist in der Tat die, wie ich finde, entscheidende Grundlage, auf der wir die Erwartung aufbauen dürfen und können — wenn das nicht wäre, könnte man sie nicht äußern —, daß Licht am Ende des Tunnels gesehen werden kann.
Nun gibt es für diese Investitionsbereitschaft ja durchaus auch eine Reihe sichtbarer und realer Gründe. Wir haben es nicht — wie 1974 — mit im Boom aufgebauten Überkapazitäten zu tun. Wir haben keine Betonburgen als Bauruinen. Damals hatten wir mit den Folgen der Spekulation ins Betongold zu tun. Wir haben keine überzogenen Lagerpositionen. Wir haben keine gravierenden Ertragseinbrüche. Wir haben den Zwang zur Anpassung an die neue Energiesituation, die j a zu Investitionen zwingt, und den Zwang zur Anpassung an den verschärften internationalen Wettbewerb.
Dies alles, meine Damen und Herren, berechtigt uns, wie ich glaube, zu der Annahme, daß wir in absehbarer Zeit aus der jetzigen Talfahrt und aus den jetzigen Problemen herauskommen können. Aber es darf nicht bedeuten, daß wir uns in der Hoffnung wiegen, das seien nur Probleme von ein paar Monaten oder von einem Jahr, die jetzt vor uns lägen. Es bleibt dabei: Es geht nicht um einen konjunkturellen, vorübergehenden Einbruch, sondern um die Notwendigkeit der strukturellen Anpassung. Ich will es etwas übertrieben formulieren: Die 30 %ige Aufwertung des Yen von 1979 bis heute führt — werfen Sie einen Blick in die „Bild-Zeitung" von heute; ich halte sie zwar nicht für unbedingt zuverlässiges statistisches Material, aber immerhin — zu massiven Preiserhöhungen für japanische Produkte. Wiege sich niemand in der Annahme, damit sei das Problem schon gelöst! Fangen wir bloß nicht an, uns hinzusetzen, uns zurückzulehnen und zu sagen, es renke sich schon alles wieder von selber ein!

(Kiep [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Das ist nicht der Fall, und das wird nicht der Fall
sein. Wenn wir das tun, erleben wir eine Enttäuschung und werden tiefer in den Schlamassel und
die Schwierigkeiten geraten, als es jetzt der Fall ist und als es notwendig ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wenn wir uns darauf einstellen, meine Damen und Herren, daß das eine Aufgabe von mehreren Jahren ist, die aber in der Zusammenarbeit aller gelöst werden kann — im übrigen: wenn wir uns in der Welt, in anderen Ländern umsehen, Herr Blüm und Herr Kiep, dann tun wir dies j a nicht nur zum Zwecke der Entschuldigung, sondern auch zum Zwecke der Ermutigung, um zu sehen, was wir hier schaffen können —, warum sollen wir das nicht schaffen? Wir werden es schaffen, wenn wir alle miteinander anpacken. Dafür bittet die Bundesregierung auch um die Unterstützung dieses Hauses. — Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0902405000
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat schlägt vor, das Jahresgutachten 1980/81 des Sachverständigenrats und den Jahreswirtschaftsbericht 1981 auf den Drucksachen 9/17 und 9/125 zur federführenden Beratung an den Ausschuß für Wirtschaft und zur Mitberatung an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus mit den vorgeschlagenen Überweisungen einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe die Punkte 4 bis 7 der Tagesordnung auf:
4. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 4. Juni 1974 zur Verhütung der Meeresverschmutzung vom Lande aus
— Drucksache 9/131 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Innenausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
5. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches
— Drucksache 9/132 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Rechtsausschuß (federführend) Finanzausschuß
6. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Haftpflichtgesetzes
— Drucksache 9/138 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Rechtsausschul (federführend) Ausschuß für Wirtschaft
Sportausschuß



Vizepräsident Wurbs
7. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. September 1979 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Sozialistischen Republik Sri Lanka zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
— Drucksache 9/133 —
Überweisungsvorschlag des Altestenrates:
Finanzausschuß (federführend)

Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung.
Der Ältestenrat schlägt die Überweisung der Gesetzentwürfe auf den Drucksachen 9/131, 9/132, 9/ 138 und 9/133 an die Ausschüsse vor. Die Überweisungsvorschläge des Ältestenrats ersehen Sie aus der Tagesordnung. Ist das Haus mit diesen Überweisungsvorschlägen einverstanden? — Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 8 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts der Bundesregierung über Maßnahmen zur Verhinderung von Tankerunfällen und zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen der Meere und Küsten
— Drucksache 9/72 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Verkehr (federführend) Innenausschuß
Ausschuß für Forschung und Technologie
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wird das Wort anderweitig begehrt? — Auch das ist nicht der Fall.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Bericht der Bundesregierung auf Drucksache 9/72 zur federführenden Beratung an den Ausschuß für Verkehr und zur Mitberatung an den Innenausschuß und den Ausschuß für Forschung und Technologie zu überweisen. Ist das Haus mit den vorgeschlagenen Überweisungen einverstanden? — Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 5 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen
— Drucksache 9/123 — Das Wort wird offensichtlich nicht begehrt.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses auf der Drucksache 9/123, die in der Sammelübersicht 5 enthaltenen Anträge anzunehmen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer stimmt dagegen? — Enthaltungen? — Die Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ist damit angenommen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des
Berichts des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates über die Anpassung des Systems der Gemeinschaftsanleihen zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft
— Drucksachen 9/37 Nr. 152, 9/151 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Rapp (Göppingen)

Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht?
— Das ist nicht der Fall. Das Wort wird auch anderweitig nicht begehrt.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Finanzausschusses auf Drucksache 9/151 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenstimmen? — Enthaltungen?
— Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe den Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die harmonisierte Anwendung des Internationalen Übereinkommens über sichere Container (CSC) in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
— Drucksachen 9/84, 9/153 —
Berichterstatter: Abgeordneter Hoffie
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wird das Wort anderweitig begehrt? — Das ist ebenfalls nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Verkehr auf Drucksache 9/153, den EG-Richtlinienvorschlag zur Kenntnis zu nehmen und die Bundesregierung zu ersuchen, die Vorlage abzulehnen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenstimmen? — Enthaltungen? — Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe den Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3164/76 über das Gemeinschaftskontingent für den Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten
— Drucksachen 9/85, 9/154 —
Berichterstatter: Abgeordneter Sick



Vizepräsident Wurbs
Wird das Wort vom Berichterstatter gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wird das Wort anderweitig begehrt? — Das ist ebenfalls nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Verkehr auf Drucksache 9/154, von der Vorlage der Drucksache 9/85 Kenntnis zu nehmen und eine Entschließung anzunehmen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenstimmen? — Enthaltungen? — Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist angenommen.
Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 18. März 1981, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.