Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich als amtliche Bekanntmachung mitzuteilen: Auf Vorschlag der Fraktion der CDU/CSU sollen der Abgeordnete Müller als Stellvertreter des Abgeordneten Russe und der Abgeordnete Dr. Lenz (Bergstraße) als Stellvertreter des Abgeordneten Vogel (Ennepetal) im Vermittlungsausschuß bestellt werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe keine gegenteilige Meinung. Es ist so beschlossen.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 9. November 1979 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz zur Neufassung des Umsatzsteuergesetzes und zur Änderung anderer Gesetze
Viertes Gesetz zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes Gesetz zu dem Abkommen vom 3. Februar 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
Gesetz zu dem Abkommen vom 21. Mai 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Finnland über den Fluglinienverkehr
Gesetz zu dem Abkommen vom 10. Mai 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Irak über den Luftverkehr
Gesetz zu dem Abkommen vom 6. November 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jamaika über den Luftverkehr Gesetz zu dem Übereinkommen vom 22. März 1974 über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets
Gesetz zu dem Protokoll über die Änderung des Artikels 14 Abs. 3 des Europäischen Übereinkommens vom 30. September 1957 über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße
In seiner Sitzung am 9. November 1979 hat der Bundesrat ferner beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes zum Übereinkommen Nr. 147 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 29. Oktober 1976 über Mindestnormen auf Handelsschiffen zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/ 3351 verteilt.
Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 13. November 1979 die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 und die Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu übersandt. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/3354 verteilt.
Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 13. November 1979 die Stellungnahme des Bundesrates zum Finanzplan des Bundes 1979 bis 1983 und die Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu übersandt. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/3355 verteilt.
Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 8. November 1979 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schöfberger, Lambinus, Dürr, Heyenn, Kleinert, Engelhard, Dr. Wendig, Spitzmüller und der Fraktionen der SPD und FDP betr. Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität — Drucksache 8/3272 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/3347 verteilt.
Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
— Drucksache 8/3344 —
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Berger wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Kreutzmann zur Verfügung.
Die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Czaja wird entsprechend den Richtlinien für unzulässig erklärt und insoweit nicht beantwortet, da der Gegenstand dieser Frage in dieser Woche unter Punkt 7 der Tagesordnung behandelt werden wird.
Ich rufe die Frage 56 des Herrn Abgeordneten Becher auf:
Befürwortet die Bundesregierung im Hinblick auf die bisher vorbildliche Behandlung der beiderseitigen Minderheiten das Anliegen der deutschen Volksgruppe in Dänemark, ihr durch Änderung des Wahlgesetzes eine Vertretung im Folketing zu ermöglichen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, mir ist bekannt, daß die deutsche Volksgruppe in Dänemark den Wunsch hat, im dänischen Folketing parlamentarisch vertreten zu sein. Hierzu bedürfte es jedoch einer Änderung des dänischen Wahlrechtes, beispielsweise im Hinblick auf die dort verankerte Sperrklausel. Die Bundesregierung würde hier eine positive Regelung begrüßen.
Bitte, eine Zusatzfrage.
Kann die Bundesregierung in Anbetracht der Tatsache, daß die vorbildliche Regelung der Minderheitenfragen in Schleswig-Holstein und in Dänemark ursprünglich einer überparteilichen Initiative des Europarats entsprang, bei diesen Bemühungen nachhelfend wirksam werden?
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14580 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die deutsche Volksgruppe in Dänemark hat bisher nicht den Wunsch geäußert, die Bundesregierung möge an die dänische Staatsregierung in der Frage einer Wahlrechtsänderung herantreten. Ich darf hinzufügen, daß ein solches Ersuchen auch für die Zukunft nicht zu erwarten ist, da es sich nach Meinung der Volksgruppe bei der Frage einer parlamentarischen Vertretung im dänischen Folketing um eine innerstaatliche dänische Angelegenheit handelt Die Volksgruppe will vielmehr dieses und andere Probleme in einem bereits vor Jahren von Staatsregierung und Folketing geschaffenen Kontaktausschuß erörtern, dessen Tätigkeit sich auch aus der Sicht der Nordschleswiger bisher bewährt hat. Die Bundesregierung hat bei dieser Sachlage keine Veranlassung, im Sinne Ihrer Fragestellung tätig zu werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß der schleswig-holsteinische Landtag soeben mit der Mehrheit der CDU das schleswig-holsteinische Landtagswahlrecht geändert hat und das sich der Vertreter der dänischen Minderheit im schleswig-holsteinischen Landtag, dem ausdrücklich eine mögliche Funktion als Zünglein an der Waage abgesprochen wurde, durch diese Wahlrechtsänderung diskriminiert fühlt?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kuhlwein, das ist mir bekannt. Ich glaube, daß diese Wahlrechtsänderung für die Lage der deutschen Volksgruppe in Nordschleswig nicht sehr vorteilhaft ist
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Dr. Becher auf:
Ist die Bundesregierung bereit, dem dänischen Partner die gleiche Aufhebung der für die Erringung eines Mandats vorgesehenen Sperrklauseln vorzuschlagen, die es der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein ermöglicht, mit einer eigenen Wählerliste an den Landtagswahlen teilzunehmen und im Parlament dieses Landes vertreten zu sein?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Die Frage habe ich bereits im Zusammenhang mit der ersten Frage beantwortet, Herr Präsident
Das mag durchaus sein. Sie hätten sicherlich auch die Zustimmung vom fragestellenden Abgeordneten Dr. Becher bekommen, wenn Sie darum gebeten hätten, die beiden Fragen gemeinsam zu beantworten.
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, der Herr Kollege Becher hatte diese Frage bereits als Zusatzfrage gestellt, so daß ich veranlaßt war, sie in diesem Sinne zu beantworten.
Ich will Ihnen gern eine Hilfestellung geben: Sie beziehen sich also auf Ihre Antwort auf die Frage 56.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Überzeugung, daß eine pflegliche und fördernde Behandlung der Minderheiten zu einem in Freiheit geeinten Europa gehört, und sollte man nicht alles tun, um die vorbildliche Lösung des deutsch-dänischen Minderheitenproblems, das uns allen mit Recht immer als vorbildlich dargestellt wurde, dort, wo das Verhältnis gestört wird, in gemeinsamen Bemühungen — sei es hüben, sei es drüben — sicherzustellen?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Becher, ich bin der Meinung, daß das deutsch-dänische Minderheitenproblem tatsächlich ein Mustermodell für die Lösung anderer Minderheitenfragen in Europa darstellen kann und daß es sich hervorragend bewährt hat.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, sind Sie aber nicht auch der Meinung, daß das Gleichgewicht und sozusagen die Harmonie und die Symmetrie gefährdet sind, wenn das Wahlrecht nur einseitig — auf der deutschen Seite — zugunsten einer repräsentativen Vertretung im zuständigen Parlament geregelt wird, und machen wir es uns nicht zu einfach, wenn wir hier nun plötzlich sagen: Wir sind ein vereintes Europa von gegenseitig abgeschotteten Nationalstaaten und können in keiner Weise auf die inneren Verhältnisse eines Nachbarstaates einwirken?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Becher, soweit ich die Dinge beurteilen kann, hat die deutsche Volksgruppe in Dänemark in der Vergangenheit schon eine recht gute Lösung gefunden, indem sie sich bei den Wahlen zum Folketing mit einer dänischen Partei zusammentat und damit die Möglichkeit bekam, die Vorteile einer Fraktion zu genießen, gleichzeitig auch in der dänischen Politik selber mitzuwirken und ihre Interessen dort wirkungsvoller zu vertreten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Staatssekretär, wären Sie bitte so freundlich, die beiden Fragen des Herrn Kollegen Dr. Becher unter dem Gesichtspunkt der Behandlung der dänischen Minderheit durch die CDU-Mehrheit im Landtag von Schleswig-Holstein zu beantworten?
Herr Abgeordneter Dr. Schäfer, Sie würden eine Wertung eines parlamentarischen Gremiums herausfordern. Dies möchte ich dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär ersparen. Sollte er aber in geeigneter Weise auf Ihre Frage antworten können, ohne zu bewerten — dann bitte schön, Herr Staatssekretär.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979 14581
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Professor Schäfer, ich bin der Meinung, daß sich die Ereignisse im schleswig-holsteinischen Landtag nicht gerade förderlich auf die Entwicklung der deutschen Volksgruppe ausgewirkt haben. Ich habe derartige Stimmen auch bei meinem kürzlichen Besuch in Nordschleswig von seiten der Volksgruppe gehört.
Ich habe festgestellt, daß hinsichtlich der technischen Einrichtung noch Unzulänglichkeiten bestehen, denn ich kann dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär nicht das Mikrofon abstellen, wenn er mitten in einer Bewertung ist. Aber wenn er Herrn Abgeordneten Schäfer schon als Kollegen anspricht, würde ich ihn ermuntern, nicht unbedingt auf den Professor zurückzugreifen. Herr Abgeordneter Schäfer, Sie wären auch mit „Kollege" ausreichend honorig angesprochen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß es bereits eine wesentliche Verstärkung des politischen Einflusses der deutschen Volksgruppe in Dänemark wäre, wenn selbst unter Zugrundelegung einer geraden Mandatszahl im dänischen Folketing ein Vertreter der deutschen Minderheit dort hineingewählt werden könnte?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, dahin gehend teile ich nicht unbedingt Ihre Meinung. Eine solche Mandatszahl könnte auch bedeuten, daß der deutsche Vertreter zwischen die Mühlsteine der dänischen Parteien geriete.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Stahl zur Verfügung.
Ich rufe Frage 104 des Herrn Abgeordneten Stockleben auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung Pläne der Wirtschaft die Probleme des deutschen Softwaremarktes durch Gründung einer SoftwareAgentur zu lösen?
Herr Präsident, ich bitte um die Erlaubnis, die Fragen 104 und 105 des Herrn Kollegen Stockleben gemeinsam zu beantworten.
Der Fragesteller stimmt zu.
Dann rufe ich auch Frage 105 des Herrn Abgeordneten Stockleben auf:
Würde die Bundesregierung derartige Pläne unterstützen?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stockleben, der Bundesregierung ist bekannt, daß derzeit in Kreisen der DV-anwendenden Wirtschaft, der Softwarehäuser und DV-Hersteller Überlegungen der genannten Art, eine gemeinsame Software-Entwicklung aufzunehmen, angestellt werden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Problematik der Software-Kosten, der zugehörigen Wartungskosten und auch der Marktbeweglichkeit von DV-Anwendern gegenüber DV-Herstellern in der Tat neuer und konzentrierter Lösungsansätze bedarf. Sie begrüßt daher alle Überlegungen, die zur Lösung dieser Problematik beitragen können. Die Resonanz der wirtschaftlich Beteiligten, insbesondere der DV-anwendenden Wirtschaft, wird erste Anhaltspunkte über die Tragfähigkeit eines solchen Konzepts liefern.
Die Bundesregierung geht davon aus, daß Überlegungen und Aktivitäten zur Gründung einer Software-Agentur zuallererst Sache der Wirtschaft sind, die hier wegen des nicht unerheblichen Einsparungspotentials und ihres unmittelbaren Interesses an Unternehmensunabhängigkeit aus eigenem Antrieb handeln sollte. Da die genannten Überlegungen noch nicht zu konkreten Plänen und Vorschlägen geführt haben, kann die Bundesregierung zur Zeit nicht beurteilen, inwieweit ein eventueller Vorschlag der Wirtschaft Zielen des vorgesehenen neuen Programms Informationstechnik entspricht. Die Bundesregierung kann daher gegenwärtig noch keine verbindlichen Zusagen zur Förderfähigkeit und Förderwürdigkeit machen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, Ihre Antwort auf meine Frage beinhaltet, daß im Grunde genommen die deutsche Wirtschaft einen solchen Software-Markt anbieten möchte. Könnte es sein, daß diese Dinge Eingang in das neu entstehende Forschungsprogramm finden?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stockleben, ich haben soeben ausgeführt, daß wir auf eine Äußerung von seiten der Wirtschaft warten. Wir haben das dritte DV-Programm abgeschlossen. Wir werden diesem Gesichtspunkt der verbilligten Software-Herstellung große Bedeutung beimessen. Ich darf aber hinzufügen, daß ein Vorschlag erst einmal Sache der Wirtschaft selbst sein sollte.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, dies ist im Grunde genommen ein Angebot an die Wirtschaft, nachdem wir erkannt haben, daß der Software-Bereich insgesamt von der Wirtschaft nicht so betrachtet wurde, wie es im Interesse einer Beschleunigung von Innovationen notwendig gewesen wäre. Kann man seitens der Bundesregierung von daher auch einen Vorwurf gegenüber der Wirtschaft herleiten?Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stockleben, der Ausschuß für Forschung und Technologie hat in einem sehr umfangreichen Hearing zum Auslaufen des dritten Datenverarbeitungsprogramms die einschlägige Wirtschaft befragt. Wir sind dabei, dieses Hearing auszuwerten. Ich hoffe, daß Bundesregierung und Ausschuß für Forschung und Technologie nach der Auswertung eine Reihe von Zielvorstellungen entwickeln können und in diesen Ziel-
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14582 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979
Parl. Staatssekretär Stahlvorstellungen dann auch das enthalten sein wird, was Sie hier angesprochen haben.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe dann den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Buschfort zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Hasinger auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bundesanstalt für Arbeit im Jahr des Kindes" das Nichteinhalten der Bestimmungen des Artikels 6 des Grundgesetzes und des j 28 des Jugendwohlfahrtsgesetzes in Kauf nimmt, weil von den für die Pflege Verantwortlichen bei einer Arbeitsvermittlung keinerlei Nachweis über die nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz geforderten Vorkehrungen für die Betreuung der Minderjährigen verlangt wird, oder halt die Bundesregierung die Vorlage einer Pflegeerlaubnis nicht für erforderlich?
Bitte schön.
Herr Präsident, wenn es gestattet ist, würde ich gern die Fragen 8 und 9 des Herrn Abgeordneten Stutzer gemeinsam beantworten.
Ist der Fragesteller damit einverstanden?
Ja.
Ich rufe dann auch die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Trägt das von der Bundesanstalt für Arbeit praktizierte Verfahren bei der Prüfung der Verfügbarkeit far die Arbeitsvermittlung der Vorschrift des § 28 des Jugendwohlfahrtsgesetzes Rechnung, nach der eine Pflegeerlaubnis zwingend ist, und durch welche Regelung ist bundeseinheitlich sichergestellt, daß Behauptungen, die Betreuung von Kindern sei sichergestellt und vom Jugendamt erlaubt, auch den Tatsachen entsprechen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie wenden sich offenbar dagegen, daß die Arbeitsämter arbeitsuchende Männer und Frauen vermitteln, ohne den Nachweis zu verlangen, daß pflegebedürftige minderjährige Kinder entweder nicht vorhanden sind oder durch eine geeignete Person mit einer Erlaubnis des Jugendamtes nach § 28 des Jugendwohlfahrtsgesetzes betreut werden. Die Bundesanstalt für Arbeit kann und wird eine Arbeitsvermittlung nicht ablehnen, wenn sich ein Arbeitsuchender auf Grund seiner freien Willensentscheidung zur Arbeitsaufnahme entschlossen hat. Das folgt aus dem Alleinvermittlungsrecht der Bundesanstalt für Arbeit, dem eine Vermittlungspflicht zu Gunsten der Arbeitsuchenden entspricht. Sicher wäre es manchmal wünschenswert, daß ein Arbeitsuchender, der die Pflege seiner Kinder in einer Pflegestelle nach § 28 JWG nicht sicherstellen kann, dem Arbeitsmarkt fernbliebe und sich der Pflege seiner Kinder widmete. Andererseits darf die Bundesanstalt für Arbeit ihm wegen dieser Erwägung aber nicht die Vermittlung einer Arbeitsstelle verweigern.
Im Rahmen ihrer Inanspruchnahme zur Arbeitsvermittlung dürfen die Arbeitsämter zudem nicht ausforschen, ob ein Arbeitsuchender pflegebedürftige Kinder hat und wie er gegebenenfalls deren Betreuung sicherstellt.
Wenn Arbeitslosengeld beantragt wird, hat die Bundesanstalt für Arbeit die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu prüfen. Hier gehen die Arbeitsämter davon aus, daß die Angaben des Arbeitslosen grundsätzlich der Wahrheit entsprechen. Es ist kein Grund ersichtlich, dem Arbeitslosen von vornherein Unwahrhaftigkeiten zu unterstellen.
Anders ist die Lage, wenn ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen. Dann ist das Arbeitsamt berechtigt und verpflichtet, die Angaben des Arbeitslosen zu überprüfen. Hierfür gelten die allgemeinen Grundsätze. Das heißt: das Arbeitsamt entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, welche Schritte es unternimmt, um sich von der Richtigkeit der Angaben zu überzeugen. Dieses Verfahren halte ich für angemessen.
Eine Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, muß ich also aus Ihrer Antwort schließen, daß die Bundesregierung nicht bestätigt, daß die Bundesanstalt für Arbeit als Teil der vollziehenden Gewalt in Zusammenhang mit ihren Fachausgaben stehende Vorschriften zu beachten hat und daß nach Art. 20 Abs. 3 GG eine feste Bindung an alle Rechte und Gesetze, also auch an das Jugendwohlfahrtsgesetz, besteht?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stutzer, ich würde diese Frage gern beispielhaft beantworten. Ich gehe davon aus, daß ein Arbeitsloser, der auf Grund familiärer Verhältnisse, d. h. in diesem Beispiel wegen der Betreuung seiner Kinder, seinen Arbeitsplatz aufgegeben hat, dann — wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben — auch nicht begründet eine Leistung in Anspruch nehmen kann und daß das Arbeitsamt die Möglichkeit hat, diesen Tatbestand zum Anlaß zu nehmen, eine Arbeitslosengeldzahlung zu verweigern. Ich glaube aber nicht, daß es angemessen wäre, wenn das Arbeitsamt grundsätzlich ausforschen würde, ob ein Arbeitswilliger geordnete familiäre Verhältnisse hat. Hier mag eine Kollision im Zusammenhang mit anderen gesetzlichen Bestimmungen vermutet werden; dennoch muß ich sagen: Es kann nicht Aufgabe des Arbeitsamtes sein, im Einzelfall die familiären Verhältnisse auszuforschen.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung verschiedener Jugendämter, nach der es sich bei der Betreuung Minderjähriger unter 16 Jahren — auch wenn es sich nur um eine halbtägige Betreuung handelt — durch Personen außerhalb des Elternhauses um ein Pflegschaftsverhältnis im Sinne des § 27 JWG handelt, das gemäß
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Stutzer§ 28 des Jugendwohlfahrtsgesetzes der Erlaubnis des Jugendamtes bedarf?Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann hier für das Bundesarbeitsministerium nicht zu den §§ 27 und 28 JWG Stellung nehmen, aber ich glaube nicht, daß die Gründe, die Sie angeben, ausreichend sind. Denn nicht der Umstand, daß die Mutter oder der Vater halbtägig arbeiten, kann allein ausschlaggebend sein. Es gibt sicher auch Mütter und Väter, die nicht berufstätig sind und die trotzdem ihre elterlichen Verpflichtungen nicht erfüllen. Ich glaube nicht, daß man sagen kann, dies sei ausschließlich ein Problem von arbeitenden Eltern. Andererseits ist sehr wohl — und ich würde sagen: in fast allen Fällen — die Feststellung zu treffen, daß sich die Eltern schon in einer vernünftigen Art und Weise um die eigenen und um die Pflegekinder kümmern.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wann hat sich Ihr Haus das erste Mal mit dieser Problematik beschäftigt, und wann haben Sie der Bundesanstalt für Arbeit Weisungen und Anregungen gegeben, die das Ziel haben, ein bundeseinheitliches Verfahren sicherzustellen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stutzer, ich habe in Erinnerung, daß es zu dieser Frage einen Runderlaß und in diesem Zusammenhang auch Initiativen gibt. Ich kann Ihnen jetzt aber noch nichts Genaueres sagen. Ich will das gern schriftlich nachreichen.
Präsident ' Stücklen: Eine letzte Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, gibt es nicht zu denken, daß bei der Vermittlung insbesondere von Ausländern von den Jugendämtern zunehmend eine Gefährdung des leiblichen, geistigen und seelischen Wohls ihrer Kinder festgestellt wird? Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus diesen Beobachtungen gezogen, soweit ein ursächlicher Zusammenhang mit der Vermittlung durch die Arbeitsämter besteht?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stutzer, ich will gar nicht bestreiten, daß es im Einzelfall Schwierigkeiten geben kann, und sicherlich haben auch die Städte und Kommunen hier große Aufgaben zu erfüllen. Aber ich bestreite, daß es richtig sein soll, deswegen, weil es einige Fälle gibt, die Frage, ob Leistungen des Arbeitsamtes gegeben werden können oder nicht, in allen Fällen, wo es sich um berufstätige Mütter oder Väter handelt, zum Gegenstand einer bürokratischen Abwicklung und von Nachforschungen zu machen, die in keinem Verhältnis zu den Einzelfällen steht.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kuhlwein.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die Arbeitsvermittlung, wie andere Behörden auch, möglichst wenig in Familien hineinregieren, hineinreglementieren und hineinschnüffeln sollte?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Ja, diese Auffassung kann ich teilen.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf:
Hält die Bundesregierung es für richtig, den schwerbehinderten Arbeitgeber auf die Zahl der bereitzustellenden Pflichtplätze nicht anzurechnen, und wenn nein, ist sie zu einer Mitarbeit an einer beschleunigten Änderung des Gesetzes in diesem Punkt bereit?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Horstmeier, die Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes über die Beschäftigungspflicht und die Anrechnung sind darauf ausgerichtet, schwer-behinderten Arbeitnehmern und anderen abhängig Beschäftigten bei der Beschaffung eines Arbeitsplatzes und seiner Sicherung Hilfen zu geben. Für schwerbehinderte Arbeitgeber kommen solche Hilfen nicht in Betracht.
Im übrigen könnte man die Anrechnung des schwerbehinderten Arbeitgebers auf die Zahl der Schwerbehinderten, die er zu beschäftigen verpflichtet ist, nicht ohne weitere Konsequenzen einführen. So müßte z. B. auch der Platz des Arbeitgebers bei der Berechnung der im Einzelfall geltenden Pflichtzahl mitgezählt werden. Hiervon wären alle Arbeitgeber betroffen, die nach derzeitiger Berechnung über 15, 24, 42 usw. Arbeitsplätze im Sinne des § 6 Abs. 1 des Schwerbehindertengesetzes verfügen. Infolge der zusätzlichen Anrechnung ihrer eigenen Person und ihres eigenen Arbeitsplatzes würden sie beschäftigungspflichtig, oder ihre Beschäftigungspflicht würde sich um einen Pflichtplatz vergrößern. Dies würde zwar im Falle eines schwerbehinderten Arbeitgebers durch die Anrechnung auf einen Pflichtplatz ausgeglichen. Alle anderen nicht behinderten Arbeitgeber müßten aber einen schwerbehinderten Arbeitnehmer oder Auszubildenden zusätzlich einstellen oder hilfsweise im Falle der Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht eine monatliche Ausgleichsabgabe in Höhe von 100 DM zahlen.
Die Zahl der nichtbehinderten Arbeitgeber ist unvergleichbar größer als die der schwerbehinderten Arbeitgeber. Infolgedessen ist für die weitaus überwiegende Zahl der Arbeitgeber die gegenwärtige gesetzliche Regelung sogar die günstigere. Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß zu einer Änderung.
Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, es geht ja vornehmlich um die mittelständischen Betriebe, die bei ihrer Beschäftigtenzahl über die Pflichtquote kommen. Könnten Sie es sich vorstellen, daß die Einbeziehung der behinderten Unternehmer in die Berechnung der Pflichtplätze des jeweiligen Betriebes die Bereitschaft erhöhen könnte, Schwerbehinderte einzustellen?
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14584 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich glaube nicht, daß dies zu weiteren Einstellungen führen würde. Ich könnte mir aber die Proteste lebhaft vorstellen, wenn wir nun die Arbeitgeber neben den Arbeitnehmern mitzählen müßten; denn dann müßten wir nicht nur die schwerbehinderten Arbeitgeber, sondern auch die nichtbehinderten miteinbeziehen. Wir haben ja diese Fragen in der Vergangenheit mehrfach beraten, und der Bundesgesetzgeber hat ja gerade auf Grund der Erfahrungen mit den voraufgegangenen Gesetzen die jetzige Regelung getroffen. Sinn und Zweck war es, mehr Pflichtplätze zu erreichen und insbesondere mehr Jugendliche vermitteln zu können.
Eine weitere Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, es geht ja lediglich um die Änderung des § 6 des Schwerbehindertengesetzes, daß man die schwerbehinderten Unternehmer in der Anrechnung dem schwerbehinderten Arbeitnehmer gleichstellt; um mehr geht es nicht. Das muß machbar sein.
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Horstmeier, das würde dazu führen, daß sich die Zahl der beschäftigten schwerbehinderten Arbeitnehmer negativ verändern würde. Folglich müßten wir dann neue Wege finden, um die Schwerbehinderten beschäftigen zu können.
Sie wissen, daß wir zur Zeit über 60 000 arbeitslose Schwerbehinderte haben. Wenn wir Ihren Wunsch erfüllten, müßten infolge der neuen Gesetzeslage vielleicht 500 oder 1 000 Plätze zusätzlich nicht mit behinderten Arbeitnehmern besetzt werden. Das Ergebnis auf dem Arbeitsmarkt würde dann noch schlechter.
Ich glaube, in Anbetracht der derzeitigen Arbeitsmarktsituation, insbesondere bei den Schwerbehinderten, ist eine Veränderung nicht möglich. Im Gegenteil, ich höre landauf, landab, daß man wieder eine Verschärfung oder sogar eine Heraufsetzung der Ausgleichsabgabe fordert.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hasinger.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, bedeutet Ihre Weigerung, die in der Frage von Herrn Kollegen Horstmeier genannte Veränderung vorzunehmen, nicht eine Benachteiligung schwerbehinderter Arbeitgeber gegenüber nichtbehinderten Arbeitgebern und damit einen Verstoß gegen Grundsätze unseres sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts insgesamt, die dahin gehen, daß eine Bevorzugung dieses Personenkreises, der erhebliche Opfer gebracht hat, geradezu geboten ist?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hasinger, ich sehe die von Ihnen genannte Bevorzugung oder Benachteiligung nicht. Der Umstand, daß ein Arbeitgeber Schwerbehinderter ist, wird durch die dafür vorgesehenen Gesetze — Versorgungsgesetze — abgedeckt. Daß der Arbeitgeber schwerbehindert ist, sagt aber z. B. über seine Einkommenssituation noch nichts aus. Würden wir ihn aber mit-
rechnen, hätte er lediglich den Vorteil, daß er dadurch möglicherweise 100 DM monatlich spart. Was das im Verhältnis zu seinem Einkommen oder zu seinem Betriebsergebnis bedeutet, kann man hier theoretisch zwar erörtern, aber wir können es jetzt nicht prüfen.
Ich glaube nicht, daß es sinnvoll ist, das Arbeitnehmerschutzgesetz in ein Schutzgesetz für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verwandeln.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für zumutbar, daß ein schwerbehinderter Arbeitgeber, der den einen Platz in seinem Betrieb, der für einen Schwerbehinderten ausgelegt ist, selber ausfüllt und damit in seinem eigenen Betrieb erfahrungsgemäß eine bedeutende Rolle einnimmt, diesen seinen Platz in seinem Betrieb nunmehr aufgibt und einem anderen Schwerbehinderten überläßt und sich selber aus dem Unternehmen zurückzieht?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Gesetzgeber hat 1972 in Kenntnis dieser Schwierigkeiten, die wir mit den schwerbehinderten Arbeitnehmern haben, festgelegt, daß dies ein Arbeitnehmergesetz sein soll. Der Arbeitgeber kann nach der derzeitigen Gesetzgebung nicht einen Platz im Betrieb als Schwerbehinderter einnehmen. Als Arbeitgeber muß er Schwerbehinderte einstellen, wenn er mehr als eine bestimmte Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt, bzw. er muß die 6-%-Quote erfüllen. Es würde zu geradezu grotesken Ergebnissen führen, wenn wir die Arbeitgeber über alle Branchen hinweg bei der Anrechnung berücksichtigen wollten. Stellen Sie sich einen Großunternehmer vor, der ein Schwerbehinderter ist. Wir würden ihm durch eine solche Berücksichtigung 100 DM monatlich ersparen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 11 des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf:
Zu welchen Ergebnissen hat das im Rahmen des Aktionsprogramms der Bundesregierung zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Dienste der Gesundheit vergebene Forschungsvorhaben .Untersuchung zu den Auswirkungen von Wahltarifen in der GKV" geführt?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das internationale Institut für empirische Sozialökonomie führt im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung seit Oktober 1978 das von Ihnen genannte Forschungsvorhaben durch. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens sind Modellversuche nicht vorgesehen.
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich jetzt gern auch die Frage 12 mit beantworten, weil sie mit der Frage 11 in einem Zusammenhang steht.
Gut, dann rufe ich jetzt auch die Frage 12 des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf:
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979 14585
Präsident StücklenSind im Zusammenhang mit diesem Forschungsvorhaben Modellversuche vorgesehen?Buschfort, Parl. Staatssekretär: Aufgabe des Vorhabens ist es, nach Möglichkeit empirisch gesicherte Erkenntnisse über die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen für die Bundesrepublik Deutschland zu gewinnen. Hierbei geht es insbesondere um die Ermittlung der Nachfrage- und Kostendämpfung, der Nachfrage- und Kostenverlagerung und um die gesundheitliche Bedeutung dieser Effekte.Im bisherigen Verlauf der Untersuchungen hat sich gezeigt, daß das Forschungsvorhaben allein mit den von der privaten Krankenversicherung zur Verfügung gestellten Daten nicht durchzuführen ist. Die mangelnde Differenziertheit der Daten läßt einen Aufschluß über das Inanspruchnahmeverhalten bei verschiedenen Selbstbehalten in unterschiedlichen sozialen Gruppen nicht zu. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat mit dem Auftragnehmer daher im Herbst dieses Jahres einen Ergänzungsvertrag über die Einbeziehung zusätzlicher empirischer Daten in die Untersuchung abgeschlossen. Die Laufzeit des Vorhabens wurde in diesem Zusammenhang bis Ende Mai 1980 verlängert. Ergebnisse aus der Untersuchung liegen gegenwärtig noch nicht vor.
Zusatzfrage, bitte.
Wenn die mangelnde Differenziertheit der Daten bisher keinen Aufschluß über das Inanspruchnahmeverhalten bei verschiedenen Selbstbehalten in unterschiedlichen Gruppen liefert und obendrein bisher keine Ergebnisse des Forschungsvorhabens vorliegen, wie kann dann der zuständige Abteilungsleiter „Gesundheit und Krankenversicherung" Ihres Ministeriums eine Diskussion dieses Themas als „sinnlos" bezeichnen, und auf Grund welcher Erkenntnisse kann er ein Konzept des Selbstbehaltes als falsch bezeichnen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es mag ja sein, daß der politische Beamte in dieser Frage eine persönliche Meinung hat und diese auch geäußert hat. Es gibt im übrigen nicht nur den Leiter dieser Abteilung, sondern auch viele Politiker, die vom Selbstbehalt nichts halten.
Aber ich glaube, hier kommt es auf etwas anderes an. Die bisherigen Ergebnisse reichen nicht aus. Bei diesen Ergebnissen ist offenbar erkennbar geworden, daß man auch die sozialen Strukturen beachten muß. Diese müssen wir noch nachforschen. Deshalb und auch aus sonstigen Gründen ist eine weitere Untersuchung notwendig.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, warum werden solche doch mit erheblichem Aufwand zu finanzierenden Forschungsvorhaben in Gang gesetzt, wenn die dafür zuständigen Beamten Ihres Hauses schon eine vorgefaßte Meinung haben?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie dürfen nicht sagen „die Beamten". Sie haben vorhin die Meinung eines Beamten zitiert. Ich kann sie im Augenblick nicht nachprüfen; ich kenne sie nicht. Aber die Beamten haben das ausgeführt, was die politische Leitung des Ministeriums als Auftrag erteilt hat und was möglicherweise auch das Parlament oder der Ausschuß gewünscht haben. In dieser Beziehung kommt es nicht auf die Meinung des einzelnen oder einer Summe von Beamten an. Wir möchten diese Ergebnisse gern für unsere späteren Beratungen kennen. ..
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ich kann also Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie im Gegensatz zu dem Abteilungsleiter Ihres Hauses eine solche Forschung für sinnvoll und eine Diskussion der Ergebnisse auch als nützlich bezeichnen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir befinden uns doch in einer großen Diskussion um die Kostendämpfung. Da wäre es sicherlich nicht zu vertreten, einen wichtigen Aspekt zu vernachlässigen. Wir werden dann im Anschluß feststellen, ob uns diese Forschung etwas bringt oder nicht. Es gibt auch negative Ergebnisse, aber es kann auch durchaus gute Anhaltspunkte geben. Wenn solche vorhanden sind, wollen wir diese natürlich gern im Sinne der Versicherten verwerten.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, warum werden keine Modellvorhaben im Zusammenhang mit diesem Forschungsvorhaben und der Fragestellung dieses Forschungsvorhabens durchgeführt, obwohl Sie in der Fragestunde am 20. April 1977 solche Modellversuche gegenüber dem stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion als notwendig bezeichnet haben?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe nicht gesagt, daß Modellversuche ausgeschlossen sind, sondern ich sage, daß gegenwärtig keine angezeigt sind. Wir glauben, daß auch Modellversuche erst dann sinnvoll sind, wenn wir den Inhalt des Forschungsergebnisses vorliegen haben, damit wir eventuell gezielte Modellversuche einleiten können, wenn sie notwendig sind, damit wir nicht unnütz Geld ausgeben, um uns dann hinterher Vorwürfe machen zu lassen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller .
Herr Staatssekretär, da Sie einleitend gesagt haben, ein politischer Beamter werde auch einmal persönliche Meinungen äußern, darf ich Sie fragen: Hat die Regierung bzw. das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung den ernsten Willen bzw. die ernste Absicht, einen solchen Wahltarif in der gesetzlichen Krankenversicherung einzuführen?
14586 Deutscher Bundestag— 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, nein. Ich will hier aber auch keine Äußerung abgeben, daß wir diesen Wahltarif einführen wollen. Im übrigen hätte darüber ja wohl auch noch das Parlament mitzubestimmen. Nein, wir prüfen bzw. lassen zur Zeit prüfen, was im gesamten Bereich der Kostendämpfung denkbar ist, um zu guten Ergebnissen zu kommen. Die Erfüllung dieses Auftrags ist natürlich ein Beitrag unter vielen.
Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Conradi auf:
Welche Schritte wird die Bundesregierung unternehmen, falls es zutrifft, daß Angehörige der US-Streitkräfte eine Eritreaerin ohne Beteiligung der deutschen Einwanderungsbehörden in die Bundesrepublik Deutschland gebracht und hier jahrelang als Hausangestellte bei geringer Bezahlung und ohne Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen beschäftigt haben , um Fälle solcher „Sklavenarbeit" zu unterbinden, und sind gegebenenfalls der Bundesregierung noch weitere solche Fälle bekannt?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Conradi, äthiopische Staatsangehörige, die als Arbeitnehmer tätig werden wollen, benötigen zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis in der Form des Sichtvermerks. Die Einreise ohne Sichtvermerk verstößt gegen das Ausländerrecht.
Als Hausangestellte benötigt eine äthiopische Staatsangehörige gemäß § 19 des Arbeitsförderungsgesetzes darüber hinaus eine Arbeitserlaubnis. Die Arbeitserlaubnis wird nur erteilt, wenn die Arbeitsbedingungen nicht ungünstiger sind als die vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer. Im übrigen sind auch Hausangestellte von Angehörigen der US-Streitkräfte sozialversicherungspflichtig.
Sofern der Bundesregierung konkrete Anhaltspunkte dafür bekannt würden, daß gegen die aufgezeigten Bestimmungen verstoßen wird, würde sie darauf hinwirken, daß Mißstände dieser Art unterbunden werden. Ich bin gerne bereit, den von Ihnen geschilderten Fall weiterzugeben, wenn Sie mir dazu weitere Informationen zukommen lassen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, nachdem inzwischen konkrete Hinweise dafür vorliegen, daß mindestens fünf Eritreaerinnen von Angehörigen der US-Streitkräfte in die BRD
auf illegalem Wege gebracht worden sind und hier illegal, d. h. ohne Anmeldung und ohne Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern, arbeiten, frage ich, ob die Bundesregierung darauf drängen wird, daß die US-Streitkräfte uns alle nicht deutschen bzw. nicht US-Staatsangehörigen, die in der Bundesrepublik arbeiten, melden wird.
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns diese fünf Fälle melden würden, damit wir sie an die zuständigen Dienststellen weiterleiten können und dann für Recht gesorgt werden kann.
Ich bin nicht der Auffassung, daß wir jetzt Veranlassung haben, Ihre Aufforderung an eine bestimmte Adresse zu richten. Auf diesem Gebiet gibt es man-
nigfaltige Verstöße. Wie gesagt, ich kann nur alle ermuntern, uns über solche Verstöße zu informieren. Wir werden jeden Einzelfall sorgfältig mitprüfen. Wir wären für Informationen dankbar.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist eine solche illegale Beschäftigung von Ausländern — ich habe in meiner Frage von Sklavenarbeit gesprochen — durch Angehörige der US-Streitkräfte ein strafrechtlicher Tatbestand, den deutsche Strafverfolgungsbehörden zum Anlaß nehmen müßten, Ermittlungsverfahren einzuleiten?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich will nur allgemein antworten und sagen, daß in Fällen illegaler Beschäftigung eine Geldbuße verhängt und der Arbeitgeber darüber hinaus, wenn besonders schwere Fälle vorliegen, mit Freiheitsstrafe belegt werden kann.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, wonach die Eritreaerinnen besonderen Streitwert für die Verteidigungskräfte haben?
Herr Parl. Staatssekretär, gestatten Sie mir, daß ich Ihnen die Antwort auf diese nicht zugelassene Zusatzfrage abnehme.
Zu der Frage noch eine Zusatzfrage anderer Art? — Bitte schön, Herr Abgeordneter Müller .
Herr Staatssekretär, gibt es in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt ein illegales Beschäftigungsverhältnis, wenn eine Aufenthaltsgenehmigung vorliegt?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist ja das besondere Merkmal: daß die, die sich hier illegal aufhalten, keine Arbeitserlaubnis haben. Würde eine Arbeitserlaubnis vorliegen, dann können wir nicht mehr von einem illegalen Arbeitsverhältnis sprechen. Allerdings könnten wir uns dann noch darüber unterhalten, ob die Arbeitsbedingungen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Das wäre dann die zweite Seite der Medaille.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 80 der Frau Abgeordneten Männle auf:Was hat die Bundesregierung getan, um die Schutzvorschriften für Frauen so zu gestalten, daß sich ihre Beschäftigungschancen nicht verschlechtern?Buschfort, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, die Bundesregierung hat in den letzten zehn Jahren eine ganze Reihe von Beschäftigungsverboten für Frauen aufgehoben. Soweit dies erforderlich war, wurde ein individueller, für Männer und Frauen in gleicher Weise geltender Gesundheitsschutz eingeführt, z. B. beim Umgang mit giftigen und gesundheitsschädlichen Arbeitsstoffen. Maßgebend dafür
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Pari. Staatssekretär Buschfortwar, daß heute nicht mehr die Geschlechtszugehörigkeit, sondern allein die persönliche — vor allem körperliche — Eignung für ein Verbot der Beschäftigung mit gefährlichen und gesundheitsgefährdenden Arbeiten entscheidend sein kann.Inzwischen sind nahezu 30 Verordnungen überprüft und weitgehend aufgehoben worden. Übriggeblieben sind die Arbeitszeitordnung mit der Regelung des Frauenarbeitsschutzes, die entsprechenden Vorschriften des Seemannsgesetzes und drei auf die Arbeitszeitordnung gestützte Verordnungen, die u. a. das Verbot der Beschäftigung von Frauen auf Bauten enthalten.Die Bundesregierung hat eine Überprüfung dieser Bestimmungen — zusammen mit der Überprüfung der gesamten aus dem Jahre 1938 stammenden Arbeitszeitordnung — eingeleitet. Sie hofft, wie ich bereits in der letzten Fragestunde erklärt habe, dem Deutschen Bundestag eine den heutigen Verhältnissen angepaßte Änderung zu Beginn der nächsten Legislaturperiode vorschlagen zu können.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Ist Ihnen, Herr Staatssekretär, die Auffassung des Bundesministers für Wirtschaft bekannt — er hat sie zuletzt vor dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft in Düsseldorf vertreten —, der einen kausalen Zusammenhang zwischen Kündigungsschutzgesetzgebung und Verminderung von beruflichen Chancen, insbesondere bei Frauen, sieht, und teilen Sie, Herr Staatssekretär, diese Auffassung?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich habe Ihre Frage an der Stelle nicht verstanden, wo Sie davon sprechen, daß ein Zusammenhang zwischen Kündigungsschutzgesetzgebung und — —
Ich sprach von einem Zusammenhang zwischen Kündigungsschutzgesetzgebung und Verminderung der beruflichen Chancen, der beruflichen Aufstiegschancen von Frauen. Frauen werden zum großen Teil vielleicht deswegen nicht eingestellt oder steigen deswegen nicht auf, weil es eine bestimmte Kündigungs- oder Arbeitsschutzgesetzgebung gibt. Der Bundesminister für Wirtschaft z. B. hat diese Auffassung vertreten.
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, diese Auffassung ist weit verbreitet. Ich will auch gern zugeben, daß man sich bei einer bestimmten Form von Schutzgesetzgebung die Frage stellen kann, ob der Schutzzweck noch erfüllt wird oder ob die Schutzgesetzgebung zu einer Barriere für die betreffenden Personen geworden ist. Dies gilt im übrigen nicht nur für Frauen, sondern das gilt auch für Jugendliche, das gilt möglicherweise auch für ältere Arbeitnehmer oder auch für schwerbehinderte Arbeitnehmer. Wir denken über diese Frage ernsthaft nach.
Aber wenn ich die Diskussion aus der Vergangenheit richtig bewerte, dann ist der Bundeswirtschaftsminister mit dem Arbeitsminister darüber einig, daß eine Benachteiligung der Frauen durch die derzeitige Arbeitszeitordnung nicht hinnehmbar ist. Wir werden deshalb auch versuchen — soweit wir das kurzfristig erreichen können —, im Rahmen der noch vorhandenen Möglichkeiten entsprechende Änderungen vorzunehmen.
Frau Abgeordnete Männle, wissen Sie jetzt, ob der Herr Parlamentarische Staatssekretär die Meinung des Herrn Wirtschaftsministers teilt oder nicht?
Noch nicht ganz.
Dann fragen Sie noch einmal.
Bitte.
Ich möchte noch fol- gende Zusatzfrage stellen: Inwieweit wäre die Bundesregierung bereit, die Wechselwirkung zwischen Schutzvorschriften und Verminderung der beruflichen Aufstiegschancen, insbesondere abgestellt auf die Frauen, einmal gründlicher zu untersuchen? Denn Sie sagen, das seien so Vorstellungen, eventuell Vorurteile, die man haben könnte; etwas Genaues wisse man nicht. Eine gründliche Untersuchung wäre vielleicht ganz gut.
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, wir untersuchen diese Fragen derzeit. Es gibt Beratungen und auch Anhörungen der zuständigen Verbände. Sie wissen, daß es derzeit auch eine Gesetzesinitiative gibt, die gerade diesen Punkt behandelt.
Frau Abgeordnete Männle, Sie haben meine Großzügigkeit bei diesen Zusatzfragen ja wohl erkannt. Ich bitte Sie, sie bei den nächsten Fragestunden nicht weiter zu strapazieren.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Zur Beantwortung steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Zander zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter auf:
Halt die Bundesregierung die Erhöhung des Kindergelds für das erste Kind für notwendig?
Herr Kollege, die Bundesregierung erwägt im Rahmen des Steuerpakets 1981 auch familienpolitische Maßnahmen. Diese Erörterungen sind noch nicht abgeschlossen. Sie haben sicher Verständnis dafür, daß erst nach Abschluß dieser Erörterungen gesagt werden kann, welche Maßnahmen vorgeschlagen werden können.
Zusatzfrage, bitte.
Darf ich fragen, wann diese Vorüberlegungen oder Beratungen abge-
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Kroll-Schlüterschlossen sind und ob Sie über diesen Sachverhalt z. B. mit dem Land Nordrhein-Westfalen bereits gesprochen haben?Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kroll-Schlüter, ich gehe davon aus, daß noch vor Ablauf dieses Jahres diese Überlegungen innerhalb der Bundesregierung abgeschlossen sein werden. Ich sehe allerdings keine spezielle Notwendigkeit, in der Frage der Erhöhung des Kindergeldes für das erste Kind mit einer einzelnen Landesregierung eine besondere Konsultation aufzunehmen. Die Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz sind ja Leistungen, die voll vom Bundeshaushalt getragen werden.
Zusatzfrage, bitte.
Könnten Sie sich in meinen Gedankengang insofern einfinden, als diese Aussage vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten kommt, daß er mit Ihnen darüber gesprochen hat und daß es vielleicht möglich sein könnte, daß er dabei an das Jahr 1980 gedacht hat?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kroll.. Schlüter, ich vermag mich nicht in alle Gedanken der Ministerpräsidenten der Bundesländer zu versetzen.
— Das ist nicht immer sehr einfach, Herr Kollege Gerster.
— Ich möchte darüber im Rahmen der Fragestunde kein Urteil abgeben.
Aber die Frage der Kindergelderhöhung ist nicht Sache einer Konsultation mit einer Landesregierung. Dies ist etwas, was einzig und allein vom Bundesgesetzgeber und auch vom Bundeshaushalt letzten Endes zu tragen und zu verantworten ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger .
Herr Staatssekretär, da der Kollege Kroll-Schlüter ja nicht nach den finanziellen Erwägungen, sondern nach der schlichten Notwendigkeit gefragt hat, will ich die Frage dahin vertiefen, ob die Bundesregierung angesichts der ständig wachsenden Kosten für die Familien nicht unabhängig von der Finanzierbarkeit die Notwendigkeit dieser Erhöhung bejaht.
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, es ist sehr schwierig, isoliert eine Notwendigkeit einer sozialpolitischen oder familienpolitischen Maßnahme herauszustreichen. Ich bin über die Arbeitsteilung der Opposition immer sehr überrascht, die hier auf die Notwendigkeit bestimmter Leistungen abhebt und etwa 100 Meter weiter im Bundesrat die Forderungen nach Steuersenkung oder aber nach
Schuldenabbau immer wieder vorträgt. Alle wünschenswerten und notwendigen Maßnahmen sind in gesamtstaatlicher Finanzverantwortung abzuwägen. Das gilt besonders bei einer Leistung wie dem Kindergeld für das erste Kind, wo eine Erhöhung um 10 DM, also eine relativ bescheidene Verbesserung, im Bundeshaushalt mit 1 Milliarde DM Kosten zu Buch schlägt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker .
Herr Staatssekretär, halten Sie es für möglich, daß der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, der gleichzeitig Landesvorsitzender der SPD ist, mit seinem Stellvertreter, nämlich der Familienministerin Frau Antje Huber, auch über die Frage der Anhebung des Kindergelds für das erste Kind gesprochen hat?
Zander, Parl. Staatssekretär: Das halte ich für durchaus wahrscheinlich.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kunz .
Herr Staatssekretät, darf ich auf die Frage des Kollegen Kroll-Schlüter zurückkommen und Sie fragen, ob Sie ein Gespräch über diese Frage mit dem Herrn Ministerpräsidenten geführt haben?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich selbst habe kein Gespräch dieser Art geführt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerster .
Herr Staatssekretär, würden Sie mir, nachdem die Bundesregierung seit Einführung des Kindergeldes immer wieder über die Höhe nachdenken muß und wir als Opposition natürlich besondere Sorge haben, wenn die Regierung so viel nachdenken muß, vor Hintergrund vielleicht recht geben, daß es doch sinnvoll wäre, wenigstens jetzt über eine Dynamisierung des Kindergeldes intensiver nachzudenken und vielleicht das nachzuvollziehen, was die Opposition bereits bei Einführung des Kindergeldes gefordert hat, nämlich die Dynamisierung?Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Gerster, diese Dynamisierung ist damals einvernehmlich nicht beschlossen worden. Die Bundesregierung denkt nicht nur über die Erhöhung und Verbesserung der Leistungen für Familien nach, sondern hat in den letzten Jahren, insbesondere seit 1975, seit der Neuordnung des Familienlastenausgleichs, das Kindergeld insbesondere für Familien mit mehreren Kindern in einem Ausmaß erhöht, wie das frühere unionsgeführte Bundesregierungen niemals fertiggebracht haben.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979 14589
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hasinger.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, welchen Stellenwert hat im Rahmen der Überlegungen der Bundesregierung die Erhöhung des Erstkindergeldes im Verhältnis zur Erhöhung des Kindergeldes für Mehrkinderfamilien, also des Kindergeldes für zweite oder dritte Kinder, insbesondere im Hinblick darauf, daß im 3. Familienbericht gerade die wirtschaftliche Lage der Mehrkinderfamilien als besonders bedenklich bezeichnet wird?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hasinger, Sie fragen mich nach dem Ergebnis von Erwägungen, von denen ich auf die Frage des Kollegen Kroll-Schlüter vorhin gesagt habe, daß sie noch nicht abgeschlossen sind. Insofern kann ich die Frage, wie dieser Konflikt mit Blick auf das Steuerpaket 1981 zu lösen ist, nicht beantworten. Im abgelaufenen Jahr haben wir, wie Sie wissen, diesen Konflikt gelöst, indem wir die vorhandenen Mittel gezielt für die Verbesserung des Zweitkindergeldes und vor allen Dingen des Kindergeldes für das dritte Kind und die weiteren Kinder verwandt haben. Hier haben wir also speziell die Familien mit mehreren Kindern, wiederum im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten, gefördert und bedacht. Die Abwägung, ob man das Erstkindergeld anhebt oder ob man etwas mehr für Familien mit mehreren Kindern tut, wird immer wieder vorzunehmen sein. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie die Abwägung diesmal ausgehen wird.
Was den Familienbericht angeht, Herr Kollege Hasinger, so möchte ich keine Gelegenheit verstreichen lassen, ohne darauf hinzuweisen, daß sich die Feststellungen, die der Familienbericht über die wirtschaftliche Lage der Familien trifft, auf Zahlen aus dem Jahre 1973 stützen und insofern eher Versäumnisse von früheren Bundesregierungen widerspiegeln als Leistungen, die in den letzten Jahren auf dem Gebiet des Familienlastenausgleichs vollbracht worden sind.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Spitzmüller auf:
Kann die Bundesregierung auf Grund einer Überprüfung der Unterlagen über die entsprechenden Untersuchungsergebnisse, deren Vorlage von einem Münchner Laborarzt beim Bundesgesundheitsamt bereits Anfang Mai dieses Jahrs angekündigt worden war, bestätigen, daß der Verzehr von mehrfach ungesättigten Fettsauren in bestimmten Nahrungsfetten und -ölen, wie in der Presse verschiedentlich berichtet worden ist, Anämie hervorruft?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Spitzmüller, der Bundesregierung liegen keine wissenschaftlich gesicherten Unterlagen darüber vor, daß die von dem genannten Toxikologen aufgestellten Behauptungen über angebliche gesundheitsschädliche Wirkungen von Diätmargarine zutreffen.
Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, muß ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß dieser Wissenschaftler dem Bundesgesundheitsamt die Unterlagen immer noch nicht zugeleitet hat?
Zander, Parl. Staatssekretär: Dies können Sie daraus entnehmen. Ich möchte hinzufügen: trotz wiederholter Aufforderung noch nicht zugeleitet hat.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, sehen Sie eine Möglichkeit, mit der die Bundesregierung vielleicht die ärztliche Standesethik stärken könnte, daß Wissenschaftler, wenn sie über Monate hinweg etwas behaupten, dann dieses Material auch zur Verfügung zu stellen haben?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Spitzmüller, das Bundesgesundheitsamt hat sich bemüht, an die Unterlagen heranzukommen, weil das natürlich Feststellungen waren, die überprüft werden müssen. Sie sind für verschiedene Bereiche, vor allem für die gesundheitliche Aufklärung, von Bedeutung. Ich möchte allerdings sagen, daß das Ziehen von Konsequenzen aus einem Vorgang dieser Art in erster Linie eine Sache ist, die in der Standesorganisation behandelt werden sollte.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Spitzmüller auf:
Kann die Bundesregierung gegebenenfalls auch auf Grund sonstigen Materials, das dem Bundesgesundheitsamt vorliegt, diese Veröffentlichungen bestätigen oder wenigstens eine Prüfung dieser Frage vornehmen lassen. damit die im verbraucherpolitischen Interesse gebotene Sachklärung endlich herbeigeführt werden kann?
Bitte.
Zander, Parl. Staatssekretär: Das Bundesgesundheitsamt hat bereits nach einer ersten Mitteilung über die zitierten Untersuchungen in einer Fachzeitschrift im vergangenen Jahr den Autor gebeten, seine Untersuchungsergebnisse zur Verfügung zu stellen. Diese Bitte ist bisher nicht erfüllt worden. Das Bundesgesundheitsamt wird daher auf Grund eigener Untersuchungen und ihm vorliegender Unterlagen in Kürze zu diesem Fragenkomplex eine wissenschaftliche Stellungnahme abgeben.
Keine weiteren Zusatzfragen.Ich Rufe die Frage 17 der Abgeordneten Frau Dr. Czempiel auf:Ist der Bundesregierung die außerordentliche Gefährlichkeit der stark quecksilberhaltigen Amalgamfüllunggen bekannt, welche den Zahnärzten auch heute noch als „Standardfüllungsmaterial" dienen, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, diese Füllsubstanz mit Giftwirkung, auf die in Fachkreisen der beängstigende Anstieg der Häufigkeit parodontaler Abbauerscheinungen zurückgeführt wird (siehe u. a. Prof. Dr. T. Till, Leiter der Mundfloraforschungsstation am path. Anat. Institut, Wien), bei der zahnärztlichen Behandlung auszuschalten?Zander, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Dr. Czempiel, die Bundesregierung kann auf Grund der bestehenden Erkenntnislage nicht den Schluß ziehen, daß Amalgam-Füllungen für den Patienten gefährlich seien.
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14590 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979
Parl. Staatssekretär ZanderIn diesem Zusammenhang darf ich auf die Stellungnahmen der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie vom April 1977 zu den Veröffentlichungen von Professor Till verweisen. Darin wird festgestellt:Erstens. Es liegen keinerlei wissenschaftliche Beweise dafür vor, daß irgendein Zusammenhang zwischen Amalgam-Füllungen und Zahnbetterkrankungen besteht.Zweitens. Bewiesen dagegen ist, daß Menschen, die keine Amalgam-Füllungen in der Mundhöhle besitzen, ebenfalls an Zahnbetterkrankungen leiden.Drittens. Quecksilber ist als Spurenelement in jedem Organismus in geringen Mengen vorhanden.Viertens. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde hat sich in zwei Jahrestagungen intensiv mit dem Problem einer eventuellen Schädigung durch Amalgam-Füllungen befaßt. Ergebnis: Die sachgemäße Anwendung einwandfreier Legierungen ist uneingeschränkt zulässig. Die Frage, ob Amalgam als Füllungswerkstoff noch berechtigt ist, muß grundsätzlich bejaht werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß es in der Bundesrepublik etwa 100 Fälle — es gibt inzwischen eine Interessengemeinschaft der Betroffenen — von Erkrankungen gibt, die man zunächst auf Zivilisationskrankheiten — beispielsweise rheumatischer Art — zurückgeführt hat, die aber inzwischen nach neuesten Erkenntnissen und auch nach Messungen wohl eindeutig darauf zurückgeführt werden können, daß bei Amalgam-Füllungen und einem zweiten Metall im Mund — beispielsweise Aluminium — Quecksilber: spuren ins Blut gelangt sind und diese Krankheiten verursacht haben?
Zander, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Czempiel, ich kann mich hier nur auf die Aussagen der kompetenten Fachleute stützen. Danach gibt es in einer geringen Zahl von Einzelfällen die Möglichkeit der Überempfindlichkeit eines Patienten gegen Amalgam. In diesen Fällen kann natürlich auf andere Füllungsmaterialien wie etwa Kunststoff oder Gold ausgewichen werden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe dann den- Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Mahne zur Verfügung.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich bitte das, was ich jetzt sage, genau zu verfolgen. Die Fragen 18 und 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Schäuble, die Fragen 22 und 23 des Herrn Abgeordneten Schäfer , die Fragen 24 und 25 des Herrn Abgeordneten Löher sowie die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Spranger sollen auf Wunsch der Fragesteiler schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
In der Frage 28 des Herrn Abgeordneten Jäger ist beim Druck ein sinnentstellender Fehler unterlaufen. Es muß in der dritten Zeile zu Beginn des Nebensatzes nicht „der", sondern „die" heißen. Ob dies für die Fragestellung sehr entscheidend ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich möchte Ihnen dies aber auf Wunsch des Fragestellers mitteilen.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Landré auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Dann werden diese Frage sowie die von dem Herrn Abgeordneten Landré ebenfalls eingebrachte Frage 21 schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Susset auf:
Ist die Bundesregierung bereit, Eilzüge im Nahverkehr in das Gesetz über die unentgeltliche Beförderung Behinderter im Nahverkehr mitaufzunehmen, damit das Angebot für die Behinderten im Nahverkehr vollständig ist?
Bitte.
Herr Kollege Susset, es war der erklärte Wille des Gesetzgebers, vom Schienenverkehr der Deutschen Bundesbahn neben dem S-Bahn-Verkehr und dem Verkehr in Verkehrsverbünden nur die unentgeltliche Benutzung der Nahverkehrszüge zuzulassen, also derjenigen Züge, deren verkehrspolitische Aufgabe es ist, den Nahverkehr zu bedienen. Motiv des Gesetzgebers für diese Regelung war es, auch denjenigen Schwerbehinderten die Freifahrt im Nahverkehr zu ermöglichen, in deren Wohnbereich außer dem Schienenverkehr der Deutschen Bundesbahn sonstige Nahverkehrsmittel nicht existieren. Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, daß in solchen Gebieten in ausreichendem Maße Nahverkehrszüge verkehren.
Die Bundesregierung läßt zur Zeit durch die Deutsche Bundesbahn prüfen, ob diese Ausgangslage für die gesetzliche Regelung zutrifft oder ob es Gebiete gibt, die im Nahbereich weder mit Nahverkehrszügen noch mit anderen Nahverkehrsmitteln, sondern ausschließlich mit Eilzügen bedient werden. In diesem Fall wird die Bundesregierung die notwendigen Maßnahmen ergreifen.
Eine Zusatzfrage, bitte schön.
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den Begriff „Nahverkehr" so zu klären, daß die Probleme, die wir heute feststellen, nicht mehr auftreten?Mahne, Parl. Staatssekretär: Die Definition des Nahverkehrs ist gegeben, Herr Kollege. Sie beinhaltet, daß Eilzüge und D-Züge nicht zu den Nahverkehrsmitteln der Deutschen Bundesbahn gehören, sondern eben nur Nahverkehrszüge. Wenn sich der Tatbestand, der Ihnen von mir in der Antwort dargestellt worden ist, für verschiedene Bereiche als rich-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979 14591
Parl. Staatssekretär Mahnetig erweist, würden wir durch eine Verwaltungsvereinbarung mit der Deutschen Bundesbahn eine entsprechende Bedienung dieses Raumes und unentgeltliche Benutzung der entsprechenden Verkehrsmittel durch Schwerbehinderte sicherstellen.
Könnte diese Verwaltungsvereinbarung vorsehen, daß dort, wo notwendig, künftig auch Eilzüge von Schwerbeschädigten kostenfrei benutzt werden können?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Dies soll der Sinn der Vereinbarung sein.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lintner.
Herr Staatssekretär, geben Sie mir zu, daß seit dem 1. Oktober 1979 auf dem Rücken des betroffenen Personenkreises, nämlich der Schwerbehinderten, ein verwaltungs- oder regierungsinterner Streit ausgefochten wird?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Nein, dies kann ich nicht zugeben, Herr Kollege. Die Bundesregierung muß sich an die Gesetze halten. In dem Gesetz über die unentgeltliche Beförderung von Schwerbehinderten im Nahverkehr ist ausdrücklich festgelegt, daß die Schwerbehinderten Nahverkehrsmittel der Deutschen Bundesbahn in der zweiten Wagenklasse in Nahverkehrszügen im Umkreis von 50 Kilometern vom Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Schwerbehinderten in Anspruch nehmen können. Das heißt mit anderen Worten: Wir sind gehalten, in Ausführung dieses Gesetzes darauf zu achten, daß nur Nahverkehrszüge in Anspruch genommen werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bötsch.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, für eine Beschleunigung der in Ihrer ersten Antwort angekündigten Untersuchung zu sorgen, da ich Ihnen schon jetzt sagen kann, daß beispielsweise auf der Strecke Würzburg—Schweinfurt nur am Morgen ein einziger Bahnbus fährt und es von Schweinfurt zurück für Schwerbehinderte keine Möglichkeit gibt zurückzufahren, weil auf dieser Strecke überhaupt kein Nahverkehrszug fährt?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Die beschleunigte Überprüfung ist eingeleitet. Uns ist sehr daran gelegen, sehr schnell zu einem Ergebnis zu kommen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Weber.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die CDU/CSU-Fraktion trotz dieses zwar beklagenswerten und auch verbesserungsbedürftigen Zustands diesem Gesetz in der von Ihnen zitierten Fassung zugestimmt hat?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Das kann ich durchaus tun. Nicht nur die CDU/CSU hat zugestimmt, dieses Gesetz hat auch die Zustimmung der Schwerbehinderten in diesem Lande gefunden, weil hier für
die Schwerbehinderten Leistungen erbracht werden, um die man seit vielen Jahren bemüht gewesen ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger .
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffasung, daß die Zustimmung zu dieser Regelung unter der Voraussetzung erfolgt ist, daß Nahverkehrszüge noch ein regelmäßig und einigermaßen häufig verkehrendes Verkehrsmittel sind und daß der Abbau dieser Nahverkehrszüge so massiv, wie er sich jetzt zeigt, erst danach erfolgt ist?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Dies geht aus den Protokollen des zuständigen Fachausschusses nicht hervor, Herr Kollege.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Staatssekretär, haben Ihre seitherigen Prüfungen schon dazu geführt, daß Sie uns sagen können, ob eine Novellierung des Gesetzes notwendig ist, oder können Sie die Frage im Wege einer vernünftigen, sinngemäßen Anwendung des Gesetzes befriedigend regeln?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schäfer, ich habe darauf hingewiesen, daß wir versuchen wollen, im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung zu einer entsprechenden Regelung mit der Bundesbahn zu kommen, die dann natürlich auch Anspruch auf die Erstattung von Fahrgeldausfällen hat. Darüber müssen wir uns im klaren sein. Damit wollen wir eine Novellierung des Gesetzes möglichst vermeiden.
Keine weiteren Zusatzfragen.Ich rufe Frage 27 des Herrn Abgeordneten Jäger auf:Was versteht die Bundesregierung in ihrer Antwort auf meine Anfrage in Drucksache 8/3310 A, Nr. 94, in Hinblick auf die geplante Bundesautobahn A 98 zwischen Singen und Wangen unter einer .seefernen Trasse", und welche Kriterien sind für den Begriff der Seeferne maßgeblich?Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, auf Grund eines Vorschlages der Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg ist für den Neubau der BAB 98 Singen—Wangen eine Linie nach * 16 des Fernstraßengesetzes bestimmt worden, die relativ seenah verläuft. Hierfür waren die angestrebte Entlastungswirkung auf die am Seeufer verlaufende Bundesstraße 31 und die nicht weiter ausbaufähigen Ortsdurchfahrten von Sipplingen und Ludwigshafen maßgebend.Die Stadt Überlingen hat jedoch von Anfang an gegen diese Trassenführung Einwendungen erhoben und eine seeferne Linie gefordert, um Beeinträchtigungen ihres Naherholungsgebietes auszuschließen.Die von der Landesstraßenbauverwaltung jetzt durchzuführenden Untersuchungen und Planungen
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14592 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979
Parl. Staatssekretär Mahneerfolgen daher mit der Zielsetzung, für die neue Autobahn A 98 Singen-Wangen eine Trassenführung zu finden, bei der die besonders schutzwürdige Landschaft des Bodensees und die dort liegenden Naherholungsgebiete der Ufergemeinden geschont werden.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, könnten Sie nicht so freundlich sein und meine Frage dahin gehend substantiell beantworten, welches denn die Kriterien für den Begriff der Seeferne sind? Diese Kriterien habe ich Ihrer Antwort nicht entnehmen können.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Die Kriterien bestehen darin, daß die seefernere Trasse eben nicht so nah am See verläuft wie die seenahe Trasse.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es für die Frage der Seenähe oder der Seeferne keineswegs auf die Luftlinienentfernung einer Trasse vom Seeufer ankommt, sondern daß es je nach der topographischen Gestaltung einer bestimmten Region, in der die Autobahn verläuft, entscheidend darauf ankommt, ob zwischen einer Trasse und dem See entsprechende Bodenerhebungen liegen, wie die Zuflüsse zum See sind und ähnliche Kriterien, oder stellen Sie die Seeferne fest, indem Sie mit dem Lineal auf der Landkarte zwischen dem Ufer und der Trasse die Luftlinienentfernung messen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, hierauf kommt es gar nicht an, Herr Kollege Jäger, sondern einfach darauf, daß wir eine Trasse finden, die die weitestgehende Zustimmung der Städte und Gemeinden des Bodenseeraums erhält.
Wir stehen im Straßenbau natürlich immer vor dem Zielkonflikt, einmal dem Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung gerecht zu werden und zum anderen eine weitestgehende Schonung der Landschaft zu erreichen. Sie wissen, daß in dem dortigen Bereich gerade das Naherholungsgebiet von Überlingen durch die Führung der seenahen Trasse sehr stark in Anspruch genommen wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bindig.
Herr Staatssekretär, besteht nicht auf Grund der Tatsache, daß sich wesentliche Abschnitte dieses geplanten Autobahnzuges nach dem Entwurf für die Fortschreibung des Bedarfsplanes in der zweiten Dringlichkeitsstufe befinden, in den nächsten zehn Jahren — das bedeutet ja die zweite Dringlichkeitsstufe — genügend Zeit, zu prüfen, wo die seeferne Trasse geführt werden könnte?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Diese Linie muß ja dann neu bestimmt und durch die zuständige Auftragsverwaltung auch entsprechend untersucht werden. Wir werden alles daransetzen, zu einer Linienführung zu finden, die die Landschaft soweit wie möglich schont. Dafür steht jetzt genügend Zeit zur Verfügung.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kolb.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß bei der Linienfestlegung der A 98 im Jahre 1975 verschiedene Trassen zur Wahl standen und daß die sogenannte seeferne Trasse dann als Alternative aus dem Überlinger Raum für diesen Raum zur Diskussion gestellt, aber dann durch den Tunnelvorschlag Brachen-Reute das Argument für die seeferne Trasse in diesem Raum entkräftet wurde?
Mahne, Pari. Staatssekretär: Ich bitte um Entschuldigung, Herr Kollege, aber das ist aus meinen Unterlagen nicht ersichtlich. Ich kann Ihnen darauf jetzt keine Antwort geben. Ich bin aber gern bereit, dem nachzugehen, das untersuchen zu lassen und Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zu geben.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schäfer .
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß die Trassenführung, die Ausgestaltung und die Planfeststellung, in die Zuständigkeit der Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg fallen und kann man nicht deshalb erwarten, daß sie aus der örtlichen Kenntnis die bestmögliche Trassenführung wählt?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schäfer, nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes muß letztlich und endgültig die Linienführung vom Bundesminister für Verkehr entschieden werden; aber Sie haben völlig recht: die Vorbereitungen erfolgen durch die zuständige Auftragsverwaltung des jeweiligen Landes, in diesem Falle des Landes Baden-Württemberg.
Keine weitere Zusatzfrage? — Ich rufe die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Jäger auf:Wie will die Bundesregierung verhindern, daß bei einer viele Jahre langen Verzögerung des Ausbaus der A 98 zwischen Stockach und Wangen, die bei einer Ablehnung der Einstufung in die erste Dringlichkeit unvermeidlich ist, der in seinem Umfang ständig steigende Durchgangsverkehr noch auf Jahre hinaus auf der seeufernahen Bundesstraße 31 mit allen dadurch für den Bodensee gegebenen Umweltgefahren abgewickelt werden muß?Mahne: Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, vielleicht können wir bei dem Begriff der seenahen oder seefernen Trasse bleiben, weil wir, wie ich glaube, bei dieser Begriffsbestimmung wissen, welche Trassenführung gemeint ist.Da sowohl bei einer seenahen als auch bei einer seefernen Trasse von den betroffenen Gemeinden alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, kann die Bundesregierung eine Verzögerung des Ausbaus der A 98 im genannten Bereich nicht verhindern. Es kommt darauf an, alle Anstrengungen zu unternehmen, eine Trasse zu konzipieren, die ein Minimum an Widerstand hervorruft.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979 14593
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, da die Bundesregierung auf die seeferne Trassenführung so großen Wert legt, wie ich jetzt gemerkt habe: Bedeutet nicht die Hinauszögerung, die automatisch mit einer Einstufung in die spätere Dringlichkeit erfolgt, daß das Seenächste, was wir überhaupt haben, nämlich die Bundesstraße 31, die teilweise unmittelbar an der Wassergrenze entlang führt, noch auf Jahre hinaus den ganzen Schwerlastfernverkehr mit all den Umweltgefahren erdulden muß, die dadurch für den See entstehen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Wie Sie wissen, Herr Kollege, besteht die Absicht, die B 31 Zug und Zug auszubauen und so weit wie möglich Ortsumgehungen zu bauen, um damit diese Trasse in ihrer Qualität wesentlich zu verbessern.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger .
Herr Staatssekretär, da Ihnen auf Grund der Beschäftigung mit dieser Autobahn inzwischen sicherlich auch die Karten und die Gegend geläufig sind, möchte ich Sie fragen, ob Sie nicht meine Meinung teilen, daß gerade dort, wo die bisher festgelegte Linie der Autobahn rein entfernungsmäßig am nächsten zum Bodenseeufer verläuft, die Bundesstraße 31 so liegt, daß auch geplante Ortsumgehungen entweder gar nicht durchzuführen sind oder nichts nützen, so daß der Schwerverkehr weiterhin unmittelbar am Seeufer dort entlang führt.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Aus der mir vorliegenden Karte ist ersichtlich, daß das Land Baden-Württemberg für einen Teilbereich der B 31 Ortsumgehungen vorschlägt. Damit wird für mich deutlich, daß es hier Realisierungsmöglichkeiten und Realisierungschancen gibt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bindig.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß im Raum Ludwigshafen-Sipplingen im Zuge der B 31 eine ganz besonders schwierige Situation besteht, und kann die Bundesregierung bestätigen, daß sie alles unternehmen wird, daß insbesondere für Ludwigshafen und Sipplingen eine sehr schnelle Lösung erreicht wird?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Mir ist die Situation bekannt, Herr Kollege Bindig. Ich will gerne dafür sorgen, daß die Auftragsverwaltung des Landes Baden-Württemberg gebeten wird, hier sehr schnell entsprechende Planungen voranzutreiben, um zu einer Entlastung der Gemeinden und der betroffenen Bevölkerung zu kommen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Becker . — Das liegt doch gar nicht in Baden-Württemberg.
Aber ich fahre dort häufig auf der Autobahn.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung irgend etwas veranlaßt, was zu einer Verzögerung der Entscheidungsmöglichkeiten in Baden-Württemberg beigetragen hat?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Nein, die Bundesregierung hat sicherlich nichts veranlaßt, nur hat sie jetzt eine neue Trasse in die Überprüfung gegeben, und zwar deshalb, weil die festgelegte, linienbestimmte Trasse nicht realisierbar oder sehr schwer durchsetzbar ist. Eine Klage der Stadt Überlingen steht ins Haus und würde entsprechende Verzögerungen bewirken. Die Dauer eines Klageverfahrens könnte — das weiß man — sehr viele Jahre betragen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kolb.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß das Umweltgutachten der Bundesregierung 1978 und das Gutachten Leutwiller 1971 vordringlich die Entlastung der B 31 forderten, um die unmittelbare Uferlandschaft zu entlasten, und daß beide Gutachten diese Möglichkeit nur in der Entlastung durch die A 98 sehen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Dieses Ziel ist ja nicht aufgegeben. Die A 98 gehört weiter zum Konzept des Bundesverkehrsministers für den Ausbau der Bundesfernstraßen. Sie ist in diesen Ausbauplan aufgenommen worden. Alle Planungen können zügig vorangetrieben werden. Wir haben dann auch die Möglichkeit — wenn sich die Realisierungschancen abzeichnen —, eine entsprechend höhere Dringlichkeit bei der nächsten Fortschreibung des Ausbauplanes im Jahre 1985 zu bestimmen. Dem steht nichts entgegen.
Herr Abgeordneter Schäfer .
Herr Staatssekretär, welche Rangordnung hat die Landesregierung von Baden-Württemberg diesem Projekt bei ihrer Vorlage an den Bund gegeben?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Eine erste Dringlichkeit, eine sehr hohe!
Es liegen keine Zusatzfragen dazu mehr vor.Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Ey auf:Ist die Bundesregierung bereit, die seit der Gründung der Wetterdienste vor fast hundert Jahren wenig veränderte Form der Wetterberichte im Rundfunk. im Fernsehen und in den Ansagediensten der Post durch organisatorische Veränderungen dergestalt zu verbessern, indem Form und Inhalt der Wetterberichte auf die regionalen und auf die bundesweiten Massenbedürfnisse zum Beispiel der Autofahrer, der Landwirte, der Bauwirtschaft und der Urlaubsreisenden zugeschnitten werden, um so eine bedarfsorientierte Wetterberichterstattung zu erreichen?
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14594 Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Ey, der Deutsche Wetterdienst ist im Rahmen seiner Möglichkeiten ständig bemüht, neben der Inanspruchnahme von Massenmedien unter anderem den Ansagediensten der Deutschen Bundespost auch spezielle Dienste anzubieten. Darüber hinaus ist der Deutsche Wetterdienst bemüht, neue Möglichkeiten eines bedarfsorientierten Informationsdienstes zu erproben und zu erschließen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist damit gesichert, daß die Wettervorhersage wesentlich aktualisiert wird, d. h. auch wesentlich zeitnäher durchgeführt werden kann?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Man ist auch darum bemüht, daß nach Möglichkeit eine größere Zeitnähe hergestellt wird, als das bisher der Fall ist. Ich kann Ihnen hierzu sagen: Es gibt Schwierigkeiten insofern, als natürlich Rundfunk- und Fernsehberichte überwiegend eine überregionale Ausrichtung haben und nur Sonderprogramme oder Regionalsendungen gezielte Informationen vermitteln können. Wir haben deshalb versucht, folgendes anzubieten: Witterungshinweise für die Landwirtschaft, Segelflughinweise für Sportflieger, Segel- und Wassersportberichte für das Küstengebiet sowie für die bayerischen Seen, Berichte für Brieftaubenwettbewerbe und vieles andere mehr. Sie sehen, daß man diese Dienste schon sehr bedarfsorientiert ausrichtet.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird mit einer Verbesserung in der eben von Ihnen geschilderten Richtung zu rechnen sein?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ja.
Sehen Sie, dies läßt sich zeitlich nicht so bestimmen, sondern ich kann hier nur sagen, daß der Deutsche Wetterdienst ständig bemüht ist, punktuelle Verbesserungen zu erreichen. Ich habe Ihnen einige dieser punktuellen Verbesserungen aufgezeigt.
Darüber hinaus ist der Deutsche Wetterdienst auch an den Untersuchungen der Deutschen Bundespost im Bereich des Bildschirmtextes beteiligt, um zeitnähere und spezialisiertere Berichte geben zu können.
Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor.
Ich rufe die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Dr. Weber auf:
Ist es zutreffend daß bei der Deutschen Bundespost ein Beförderungsstau dadurch entstanden ist, daß sich die Wartezeit bis zur Übertragung eines höherwertigen Amts für eine Gru pe von Beamten wesentlich verlängert und damit deren herkömmliche Berufserwartungen nicht oder nur unzureichend erfüllt werden mit der Folge, daß bei der Deutschen Bundespost 3620 Oberinspektoren beschäftigt werden, die 40 Jahre und älter sind, und daß ein so hoher Anteil lebensälterer Oberinspektoren in keiner anderen Verwaltung erreicht wird?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Wenn Sie gestatten, Herr Präsident, und wenn der Herr Abgeordnete einverstanden ist, möchte ich wegen des Sachzusammenhangs die beiden Fragen 31 und 32 zusammen beantworten.
Einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Dr. Weber auf:
Sieht die Bundesregierung eine Lösung dieser nicht gerechtfertigten Benachteiligung darin, daß für einen Zeitraum von sechs bis acht Jahren eine vorübergehende Überschreitung der Stellenobergrenzen um ca. zwei bis drei Prozentpunkte vorgenommen wird?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Weber, es trifft zu, daß bei der Deutschen Bundespost im gehobenen Betriebs- und Verwaltungsdienst ein Beförderungsstau entstanden ist. Nach einer Strukturuntersuchung im Vorjahr sind bei der Deutschen Bundespost zirka 3 620 Oberinspektoren beschäftigt, die 40 Jahre und älter sind. Das sind 56% aller Oberinspektoren. Einen so hohen Anteil lebensälterer Oberinspektoren wird es in keiner anderen Verwaltung geben. Die Möglichkeiten, im Rahmen der derzeit geltenden besoldungsrechtlichen Regelungen den Beförderungsstau zu mildern, sind ausgeschöpft. Eine wirksame Abhilfe kann nur dann geschaffen werden, wenn des Bundesbesoldungsgesetz geändert oder ergänzt wird. Die vorübergehende Überschreitung der Stellenobergrenzen wäre eine denkbare Lösung. Der Bundespostminister hat mit dem federführenden Ressort dem Bundesinnenminister entsprechende Vorschläge unterbreitet, die zur Zeit noch geprüft werden. Im Stellenplan für den Haushalt 1980 ist ein weiterer Abbau des Beförderungsstaus aus besoldungsrechtlichen Gründen nicht möglich.
Zusatzfrage.
Wird die Bundesregierung, wenn sie anerkennt — und das entnehme ich Ihrer Erklärung, Herr Staatssekretär —, daß dieser Beförderungsstau ungerecht ist und auch eine Ungleichheit im Verhältnis zu anderen Beamten entsteht, darauf drängen, daß Maßnahmen unverzüglich eingeleitet bzw. weiterverfolgt werden?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe auf unsere Initiative hingewiesen. Sie dürfen versichert sein, daß wir alles daran setzen werden, um Lösungsalternativen aufzuzeigen und die dann auch durchzusetzen. Letztlich muß ich aber darauf hinweisen, daß wir das nur durch eine Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes erreichen können.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kunz .
Herr Staatssekretär, was sind die Ursachen für diesen ungewöhnlichen und in seiner Größenordnung bisher noch nie dagewesenen Beförderungsstau, und welche Lösung wird die Bundesregierung konkret anstreben?Mahne, Parl. Staatssekretär: Nicht allein das Lebensalter ist Ursache für diese Ausnahmesituation. Man muß auch die Verweildauer der Beamten in den Besoldungsgruppen einbeziehen; erst dann er-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979 14595
Parl. Staatssekretär Mahnegibt sich ein klares Bild. So gibt es zur Zeit ca. 870 Oberinspektoren zwischen 40 und 50 Jahren, die sich seit zehn Jahren und mehr in der Besoldungsgruppe A 10 befinden, und allein etwa 730 Oberinspektoren. Die Laufbahn dieses gehobenen Postdienstes hat eine sehr ungünstige Altersschichtung: 60 % der Beamten sind zwischen 41 und 60 Jahre alt, aber dagegen nur 7% älter als 60 Jahre. Das heißt, es gibt nur einen ganz geringen Rückfluß an Beförderungsplanstellen. Außerdem stagniert seit 1970 die Zahl der Beamten im gehobenen Postdienst, so daß sich auf Grund des Stellenkegels keine zusätzlichen Beförderungsstellen ergeben.
Es ist leider dem Präsidenten nicht erlaubt, festzustellen, daß das ein untragbarer Zustand ist, der möglichst bald geändert werden muß.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, der Bundespostminister teilt diese Ihre Auffassung.
Ich rufe die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
Ist die Bundesregierung bereit, gegebenenfalls in Verhandlungen mit der DDR, die Möglichkeit zu schaffen, analog zu den sogenannten Mondscheintarifen zu gewissen Zeiten auch verbilligte Gespräche von der Bundesrepublik Deutschland in die DDR führen zu können?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter Niegel, die Gebühren für den innerdeutschen Fernsprechverkehr sind durch die Verordnung über die Gebühren im Post- und Fernmeldeverkehr mit der Deutschen Post der Deutschen Demokratischen Republik vom 4. Juni 1976 geregelt. Eine Änderung dieser Verordnung ist zur Zeit nicht möglich, da bei Ferngesprächen im Verkehr mit der Deutschen Post der Deutschen Demokratischen Republik die bei Gesprächsverbindungen innerhalb des Bereichs der Deutschen Bundespost üblichen Tarifermäßigungen wegen mangelnder Leitungskapazität leider nicht gewährt werden können. Tarifermäßigungen können erst dann eingeführt werden, wenn die Leitungen in die DDR und nach Berlin den durch eine Gebührensenkung zu erwartenden Verkehrszuwachs auch aufnehmen können.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die jetzige Regelung, bei der quasi eine Minute eine Mark kostet, auch in der Zeit, zu der man bei uns die Mondscheintarife in Anspruch nehmen kann, unhaltbar ist, und ist dies nicht eine Zumutung vor allem für die Bevölkerungsteile, die hier auf das Telefonieren angewiesen sind?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, meine erste Antwort, Herr Kollege Niegel, hat erkennen lassen, daß die Bundesregierung mit den hohen Kosten, die für den Anrufer entstehen, nicht sehr einverstanden ist. Nur finde ich den Zustand sehr viel besser als den Zustand, den wir z. B. vor 1970 hatten, als Telefongespräche in die DDR kaum möglich waren.
Wir haben durch die Verhandlungen in den vergangenen Jahren erreicht, daß bis Ende dieses Jahres, also in zehn Jahren, insgesamt 1061 Fernsprechleitungen geschaltet sein werden. Damit wird zu einer ganz erheblichen Kapazitätsausweitung beigetragen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abegeordneter Niegel.
Herr Staatssekretär, wenn man bedenkt, daß man der DDR jetzt über das Verkehrsabkommen wieder 50 Millionen DM zukommen läßt, fragt es sich, ob man in Verhandlungen nicht auf eine Ermäßigung der Telefongebühren hinwirken kann.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Dies hilft letztlich nicht, wenn die notwendigen Leitungen nicht da sind, mit denen man einer wachsenden Zahl von Telefongesprächen gerecht werden könnte. Ich habe auf diesen Engpaß, der trotz entsprechender Ausweitungen der Leitungskapazitäten noch besteht, hingewiesen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Becker .
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung, nachdem durch ihre Bemühungen inzwischen 936 Orte in der DDR im Selbstwählferndienst angewählt werden können, das Schwergewicht weiter darauf legen, die Ausweitung des Telefonverkehrs vorrangig zu behandeln, also bevor Gebührenermäßigungen in Betracht kommen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, das muß das Hauptziel unserer Bemühungen sein. So werden im nächsten Jahr weitere 84 Leitungen vom Bundesgebiet und 36 Leitungen von Berlin, im Jahre 1981 weitere 84 Leitungen vom Bundesgebiet und 36 Leitungen von Berlin und im Jahre 1982 weitere 72 Leitungen vom Bundesgebiet und 48 Leitungen von West-Berlin zur DDR geschaltet.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Lintner.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, können Sie mir angesichts der Tatsache, daß die DDR diese Leitungen erstens verspätet geschaltet und zweitens nicht so rechtzeitig wie versprochen automatisiert hat, erklären, weshalb die Bundesregierung dennoch die Zahlungen leistet, also als wären die Verpflichtungen pünktlich erfüllt worden?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung rechnet in diesen Fällen ja nur entsprechend dem Verkehrsaufkommen ab.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.Ich rufe die Frage 34 des Abgeordneten Dr. Kunz auf:
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14596 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979
Präsident StücklenWarum will die Deutsche Bundespost die Telegrafensteile Regensburg im ohnehin strukturschwachen ostbayerischen Raum auflösen und damit die Arbeitsplatzsituation im oberpfälzer Raum noch weiter erschweren, statt sie zu stärken?Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Kunz, es gibt noch keine Entscheidung, die überörtlich tätige Endtelegrafenstelle in Regensburg aufzulösen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, muß ich Ihrer Antwort entnehmen, daß beim zuständigen Bundesministerium ernsthafte Überlegungen im Gange sind, die auf eine solche Entscheidung abzielen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir befinden uns zur Zeit natürlich in der Überlegung, inwieweit wir durch die Telegrafenstellen dem verminderten Verkehrsaufkommen in diesen Bereichen gerecht werden können. Wir müssen hier zu entsprechenden Reorganisationen kommen.
Unter dem Gesichtspunkt einer optimalen Verkehrsabwicklung und maximaler Wirtschaftlichkeit könnte die Endtelegrafenstelle Regensburg nicht erhalten bleiben. Das will ich hier ganz deutlich sagen. Aber es wird zu prüfen sein, ob z. B. unter strukturpolitischen Gesichtspunkten für Regensburg ein Bereich gefunden werden kann, welcher genügend Arbeitsmenge erzeugt, um bei normaler Auslastung des Personals ausreichende Abstände zwischen Nacht- und Feiertagsdienstschichten für den einzelnen Bediensteten zu garantieren. Es steht bereits jetzt fest, daß dies, wenn überhaupt, nur durch Streichung einer anderen, an sich vorgesehenen Endtelegrafenstelle im bayerischen Raum erreichbar ist. Für die Schaffung zusätzlicher überörtlicher und rund um die Uhr tätiger Endtelegrafenstellen reicht die vorhandene Arbeitsmenge nicht aus.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, unter den besonderen strukturpolitischen Problemen, die dort vorherrschen, die von Ihnen als Erwägung dargelegte Überlegung in die vorgesehene Regelung bezüglich der Telegrafenstelle in Regensburg einzubeziehen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Sie können das meiner Antwort auf Ihre vorige Frage durchaus entnehmen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Schoeler zur Verfügung. Die Fragen 35 und 36 der Abgeordneten Frau Funcke sowie 40 und 41 des Abgeordneten Reuschenbach werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 45 wurde vom Fragesteller, dem Herrn Abgeordneten Conradi, zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 14 der Frau Abgeordneten Dr. Martiny-Glotz auf:
Wird die Bundesregierung eine Kennzeichnungspflicht für Sprays mit Fluorchlorkohlenwasserstoff einführen, um die Verbraucher auf die Gefahren einer Vergiftung durch Phosgen hinzuweisen, die bei Bränden entstehen können, und wann wird sie die Produktion von Frigen wie in den USA und Schweden verbieten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Kollegin, in einer vor rund drei Jahren getroffenen Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der einschlägigen Industrie ist zunächst bis zum Ende des Jahres 1979 eine Verringerung der Verwendung von Fluorkohlenwasserstoffen in Aerosolen um ca. 30% der Produktion des Jahres 1975 vorgesehen. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand ist damit zu rechnen, daß dieses Ziel von der deutschen Industrie erreicht wird.
Die Bundesregierung wird jedoch nicht zögern, weitere Beschränkungen bis hin zu einem umfassenden Verbot der Fluorkohlenwasserstoffe in Spraydosen zu veranlassen, wenn gesicherte Forschungsergebnisse dies als geboten erscheinen lassen. Da das Entstehen von Phosgen aus Fluorkohlenwasserstoffen zwar prinzipiell möglich ist, allerdings nur unter extremen Bedingungen, bei hohen Temperaturen und in sehr geringen Mengen, sieht die Bundesregierung den Schwerpunkt bei notwendigen Untersuchungen in den möglichen Folgen eines Fluorkohlenwassereintrags in die Stratosphäre und eines Abbaus des stratosphärischen Ozons.
Neben den Maßnahmen zur Verringerung der Produktion von Fluorkohlenwasserstoffen ist die Bundesregierung bemüht, auch — wie Sie das in Ihrer Frage ansprechen — auf das Verbraucherverhalten einzuwirken. Deshalb ist vorgesehen, die Verwendung umweltverträglicher Alternativprodukte unter anderem durch Verleihung des blauen Umweltgütesiegels an fluorkohlenwasserstofffreie Produkte zu fördern.
Zusatzfrage, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, welche zeitlichen Dimensionen können Sie angeben, bis gesicherte Forschungsergebnisse über die Schädlichkeit vorliegen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, wir haben im Dezember letzten Jahres in der Bundesrepublik Deutschland eine internationale Tagung gehabt. Jetzt sind in Amerika — dabei beziehe ich mich auf Pressemitteilungen — neue Untersuchungsergebnisse veröffentlicht worden. Darüber sind wir gestern am Rande der Umwelttagung in Genf näher informiert worden. Wir werden das auswerten.
Ich kann Ihnen angesichts der fortlaufenden Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet keinen strikten Zeitpunkt sagen, aber Ihnen zusichern, daß wir jede Entwicklung auf dem Forschungsgebiet in diesem Bereich ganz besonders sorgfältig berücksichtigen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979 14597
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Könnten Sie mir vielleicht sagen, wie lange es erfahrungsgemäß dauert, bis Forschungsergebnisse in praktisches Handeln der Bundesregierung umgesetzt werden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich bin gern bereit, Ihnen das für diesen Bereich zu sagen. Es ist wirklich so, daß diese Forschungsergebnisse immer sehr unmittelbar in die Überlegungen der Bundesregierung eingeflossen sind. Sie können im Zusammenhang mit jeder internationalen Tagung, jeder Konferenz und jeder Vorlage eines Untersuchungsergebnisses verfolgen, daß wir hier ständig am Ball sind.
Wir sind sehr daran interessiert, daß die Forschung dazu beiträgt, endgültigen Aufschluß über eventuelle Gefahren zu vermitteln. Ich betone noch einmal, daß wir nicht zögern werden, auch über die bisher mit der Industrie vereinbarten Beschränkungen von Fluorkohlenwasserstoffen hinauszugehen, wenn wir das für erforderlich halten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, könnte eine Kennzeichnungspflicht für diese Stoffe nicht zumindest den umwelt- und gesundheitsbewußten Verbraucher in die Lage versetzen, von sich aus auf den Erwerb solcher Präparate zu verzichten, die mit diesem Treibgas ausgestattet sind?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es ist richtig, was Sie sagen. Deshalb habe ich darauf hingewiesen, daß wir die fluorkohlenwasserstofffreien Produkte durch das Umweltgütesiegel auszeichnen wollen in der Hoffnung, daß das — genauso wie Sie sagen — das Verbraucherverhalten in die richtige Richtung beeinflußt wird.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, auch die Fragen 52 des Abgeordneten Braun und 60 des Abgeordneten Berger werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Darf ich das im Plenum anwesende älteste Mitglied des Hauses, Herrn Dr. Schäfer, bitten, mich aus zwingenden Gründen bis zum Ende der Fragestunde zu vertreten.
Ich rufe die Frage 37 des Herrn Abgeordneten Tillmann auf:
Welches war der Inhalt des Gesprächs, das Bundesinnenminister Baum während seines Besuches in Moskau mit dem sowjetischen Sportminister Pawlow geführt hat und aus dem dieser am 10. Oktober 1979 in seiner Rede vor der IV. Europäischen Sportkonferenz in Berchtesgaden zitierte, daß Bundesminister Baum ihn gefragt habe, „ob das Gespräch zwischen dem Europäischen Sportrat. dem bekanntlich eine Reihe westlicher Länder angehören, und den Sportorganisationen der Sozialistischen Gemeinschaft von Nutzen sein wird", und was hat Bundesminister Baum mit dieser Fragestellung gemeint?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Bundesminister Baum hat bei seinem Besuch der Sowjetunion vom 24. bis 28. Mai dieses Jahres mit
Verantwortlichen der sowjetischen Sportführung neben technischen Fragen im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen 1980 auch politische Probleme erörtert. In diesem Zusammenhang hat Minister Baum Herrn Pawlow um seine Ansicht zur Frage der Anknüpfung von Kontakten zwischen der Arbeitsgruppe der Sportminister der Mitgliedstaaten des Europarates und den für den Sport zuständigen Ministern osteuropäischer Länder gebeten. Die Herstellung von Kontakten zu Sportministern anderer Regionen, insbesondere auch zu denen osteuropäischer Länder, war in den vorausgegangenen Sitzungen Gegenstand der Beratungen der für den Sport zuständigen Minister der Mitgliedstaaten des Europarates.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine Zusatzfrage, bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob dieses Gesprächsvorhaben mit dem Vorsitzenden des Komitees für Körperkultur und Sport und mit den Vertretern des Deutschen Sportbundes vorher abgestimmt worden ist?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn ich diese Frage als eine Forderung verstehen soll, bitte ich Sie, sich zu vergegenwärtigen, was das bedeuten würde. Sie können dem für den Sport in der Bundesrepublik Deutschland zuständigen Bundesinnenminister sicherlich nicht verwehren, die Meinung eines Gesprächspartners zu einer aktuellen sportpolitischen Frage zu erkunden. Sie können insbesondere nicht zur Voraussetzung für einen solchen Erkundungsversuch machen, daß das vorher mit Sportverbänden bzw. Sportfachverbänden abgestimmt ist.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine weitere Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, darf ich Sie zunächst einmal darauf hinweisen, daß der Herr Bundesinnenminister nicht der für den Sport in der Bundesrepublik Deutschland zuständige Minister ist, und darf ich Sie weiterhin fragen, ob solche Gespräche nicht dazu geeignet sind, die bei uns geltenden unbestrittenen Prinzipien der Freiheit und Unabhängigkeit des Sports in Frage zu stellen, wenn sie nicht vorher mit den dafür zuständigen Vertretern des freien Sports abgestimmt werden?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es kann keine Rede davon sein, daß dadurch das Prinzip der Autonomie des Sportes beeinflußt wird. Im übrigen werde ich zu dieser Frage im Zusammenhang mit Ihrer zweiten eingebrachten Frage, die sich mit diesem Themenkomplex beschäftigt, Stellung nehmen.Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Weitere Zusatzfragen? — Das ist nicht der Fall.Dann darf ich Frage 38 des Abgeordneten Tillmann aufrufen:Ist die Bundesregierung nicht mehr der Auffassung, daß es nicht ihre Aufgabe sein kann, einer Verstaatlichung der internationalen Sportbeziehungen durch bilaterale staatliche Verhandlungen und Vereinbarun-
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14598 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979
Amtierender Präsident Dr. Schäfergen mit Auswirkungen auf die Arbeit der autonomen Sportorganisationen Vorschub zu leisten?Bitte, Herr von Schoeler.von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Organisationen des Sports ihre Angelegenheiten in selbstverantwortlicher, autonomer Entscheidung regeln. Sie hat sich deshalb stets und bei allen Gelegenheiten gegen eine Verstaatlichung der internationalen Sportbeziehungen ausgesprochen. Die unmißverständliche Haltung der Bundesregierung ist den Organisationen des Sports hinlänglich bekannt.Gespräche mit Regierungen anderer Länder in Angelegenheiten des Sports sind kein Ausdruck für eine gewandelte Auffassung der Bundesregierung zum Verhältnis Staat—Sport. Sie haben im Gegenteil auch zum Ziel, ihre Auffassung anderen Regierungen verständlich zu machen, da ihre Haltung hinsichtlich der Autonomie des Sports lediglich von einer Minderheit anderer Regierungen geteilt wird. Entgegen gelegentlichen Äußerungen in der Öffentlichkeit hat es im übrigen zwischen Minister Baum und seinen sowjetischen Gesprächspartnern keine Verhandlungen oder Vereinbarungen über die künftige Gestaltung des beiderseitigen Sportverkehrs gegeben. Das ist nach Auffassung der Bundesregierung allein Angelegenheit der Organisationen des Sports.Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Tillmann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung unter Einbeziehung dessen, was Sie soeben geantwortet haben, die Aussage des Sportministers — in eben dieser angesprochenen Rede auf der IV. Sportkonferenz enthalten — über die Entwicklung zwischenstaatlicher Sportverbindungen auf höchster Ebene? Was ist darunter zu verstehen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Tillmann, erstens kann ich es nicht als meine Aufgabe betrachten, die Äußerung eines ausländischen Gastes in der Bundesrepublik Deutschland zu kommentieren. Zweitens habe ich darauf hingewiesen, daß es über das Verhältnis zwischen Staat und Sport unterschiedliche Auffassungen in der Welt gibt und daß die Auffassung, die die Bundesregierung vertritt, in anderen Staaten nicht unbedingt geteilt wird.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine weitere Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, nachdem Sie anerkannt haben, daß die Freiheit und Autonomie des Sports mit diesen Gesprächen nicht in Frage gestellt werden soll, möchte ich Sie fragen: Könnte sich die Bundesregierung nicht doch dazu verstehen, in Zukunft vor solchen Gesprächen — im Sinne der Partnerschaft zwischen Staat und Sport, wie wir sie in der Bundesrepublik haben — die Vertreter des deutschen Sports zu kontaktieren?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Tillmann, dies geschieht ja. So hat beispielsweise vor den Gesprächen, die Bundesinnenminister Baum in China über die Sportbeziehungen geführt hat, eine Abstimmung mit den Spitzenorganisationen des deutschen Sports, insbesondere mit dem Präsidenten des Deutschen Sportbundes, stattgefunden. Nur bitte ich Sie, zur Kenntnis zu nehmen — ich glaube, darüber kann man sich unter vernünftigen Menschen gar nicht streiten —, daß diese vorherige Abstimmung mit den Sportorganisationen nicht jede in einem Gespräch eventuell auftauchende Frage betreffen kann. Auch Sie müßten Verständnis dafür haben, daß der Bundesinnenminister als der für den Sport zuständige Minister der Bundesregierung — das ist er — in einem Gespräch nicht sagen kann: Tut mir leid, ich muß erst die Sportverbände fragen, bevor ich ihnen — ausländischen Gesprächspartnern — auf Ihre Frage etwas antworten kann. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Weitere Zusatzfragen? — Das- ist nicht der Fall.Dann darf ich die Frage 42 der Frau Abgeordneten Pack aufrufen:Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, daß in unmittelbarer Grenznähe bei Saargemünd eine Fabrikationsanlage für Akkumulatoren erstellt wird, deren Immissionen zu einer gefährlichen Bleiverseuchung der angrenzenden Teile des Saarlandes und des Landes Rheinland-Pfalz führen können?von Schoeler: Frau Kollegin, ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen zusammen beantworten dürfte. — Vielen Dank.Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Ich rufe auch die Frage 43 der Frau Abgeordneten Pack auf:Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, unverzüglich in Verhandlungen auf Regierungsebene einzutreten, um schwere Gefahren für die betroffenen Regionen abzuwenden und um eine Harmonisierung der entsprechenden Umweltschutzbestimmungen zu erreichen?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Dem Bundesminister des Innern ist bekannt, daß in Saargemünd ein Werk zur Fertigung neuartiger Akkumulatoren errichtet werden soll. Die nach französischem Recht vorgeschriebene Verfügung des zuständigen Regionalpräfekten von Metz, mit der sowohl die Antragsunterlagen als auch der Entwurf der Betriebsgenehmigung offengelegt werden, ist bisher nicht veröffentlicht. Eine Genehmigung ist daher bisher auch nicht erteilt worden.Die saarländische Landesregierung hat mir mitgeteilt, daß die Frage der Errichtung des Bleiakkumulatorenwerks sowohl in der zuständigen Regionalkommission, in der alle grenzüberschreitenden Probleme im Bereich des Saarlands, Lothringens und Luxemburgs besprochen werden, als auch in unmittelbarem Kontakt mit der Regionalpräfektur Metz verhandelt wird. Die französische Seite hat dabei zugesagt, die in Deutschland geltenden Grenzwerte in das laufende Prüfungsverfahren einzubeziehen, die Offenlegungsverfügung mit allen Antragsunterlagen, einschließlich der Emissionswerte, der Landesregierung im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Kenntnis zu bringen und die vorgesehenen Emissionswerte und Auflagen zum
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 185. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1979 14599
Parl. Staatssekretär von SchoelerUmweltschutz mit der deutschen Seite zu erörtern. Der Bundesminister des Innern wird wegen möglicher Umweltbeeinträchtigungen durch das Industrieprojekt auch weiterhin engen Kontakt mit der zuständigen saarländischen Landesregierung halten; er hat ihr jede gewünschte Unterstützung angeboten.Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Pack.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung, die hier ja letztendlich verantwortlich ist — das ist eine Sache zwischen Bonn und Paris und nicht eine Sache zwischen Saarbrücken und Metz —, ihre außenpolitische und wirtschaftspolitische Reaktionsmöglichkeit unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, daß die in Saargemünd produzierten Autobatterien wahrscheinlich ausschließlich nach Deutschland — zu Opel — exportiert werden sollen und nun einmal der Verdacht besteht, deren Produktion werde allein der laxeren französischen Umweltschutzbestimmungen für Bleiverarbeitung wegen nach Frakreich gelegt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, was Ihre Eingangsbemerkung über die Zuständigkeit betrifft, muß ich noch einmal darauf hinweisen, daß es eine Regionalkommission gibt, in der die saarländische Landesregierung vertreten ist und in der alle grenzüberschreitenden Probleme im Bereich des Saarlands, Lothringens und Luxemburgs besprochen werden.
Nun bin ich gar nicht dafür, hier Zuständigkeitsschiebereien zu betreiben. Nur scheint es mir richtig zu sein, daß dieses Problem, das dort aufgetaucht ist, zunächst einmal in dem Gremium erörtert wird, das für solche grenzüberschreitenden Fragen geschaffen worden ist. Wenn ich gesagt habe, daß die Bundesregierung bereit sei, die saarländische Landesregierung in jedem gewünschten Umfang zu unterstützen, dann beinhaltet das auch die Bereitschaft, dann, wenn die saarländische Landesregierung zu dem Ergebnis kommt, daß ihre Bemühungen nicht weiterführen, seitens der Bundesregierung initiativ zu werden.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, bei künftigen Entscheidungen über die Errichtung solcher umweltbelastender Einrichtungen just an der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich auf französischem Boden schon vor deren Baubeginn — mit Bau ist ja bereits begonnen worden, auch ohne Genehmigung — die Interessen der deutschen Grenzlandbewohner wahrzunehmen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, darauf gibt es im Prinzip nur eine Antwort. Wir müssen die Umweltstandards in der Europäischen Gemeinschaft Schritt für Schritt harmonisieren, wenn wir solche Problemfälle vermeiden wollen. Eine andere Lösung gibt es dafür nicht. Anstrengungen der Bundesregierung, die Umweltstandards in der Europäischen Gemeinschaft Schritt für Schritt zu vereinheitlichen, gibt es in vielen Bereichen. Ich hoffe, daß wir da vorankommen. Das Problem, das Sie jetzt ansprechen, ist einfach, daß es hier um die Genehmigung eines Werks in einem Bereich geht, in dem die Umweltstandards noch nicht harmonisiert sind. Solche Probleme werden immer auftauchen, solange die Umweltstandards unterschiedlich sind. Deswe- gen unterstreiche ich, was Sie indirekt mit Ihrer Frage fordern, nämlich daß Mißverhältnisse zwischen den Umweltanforderungen in den einzelnen Staaten abgebaut werden.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf:
Ist der Bundesregierung die Tatsache bekannt, daß schwerbehinderte Beamte bei Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze nur die Beamtendienstjahre, nicht aber die eventuell vorher geleisteten Angestellten- oder Arbeiterjahre, für die Versorgung angerechnet bekommen, und wenn ja, ist die Bundesregierung bereit und in der Lage, dies zu ändern?
Bitte.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Für alle Beamten, auch für die schwerbehinderten, die auf Wunsch vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden, gelten bezüglich der Anrechnung von Vordienstzeiten als Angestellter oder Arbeiter die hierfür einschlägigen Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes. Von einer Praxis, die bei der Anwendung dieser Vorschriften Schwerbehinderte benachteiligt, ist der Bundesregierung nichts bekannt. Sollten Sie bei Ihrer Frage einen bestimmten Einzelfall im Auge haben, bin ich selbstverständlich gern bereit, diesen nachzuprüfen.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, es geht hier um Fälle, wo Beamte, die gern die flexible Altersgrenze in Anspruch nehmen möchten, die vorgeschriebenen 35 Jahre nicht nachweisen können. Ich nenne als Beispiel einen Postbeamten, der vorher Postfacharbeiter gewesen ist und diese Jahre zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze nicht mobilisieren kann.von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Horstmeier, mir ist klar, um welche Fälle es in Ihrer Frage geht. Aber ich kann nur noch einmal darauf hinweisen, daß es dafür Vorschriften im Beamtenversorgungsgesetz gibt, die die Frage regeln, in welchem Umfang Beschäftigungen außerhalb des öffentlichen Dienstes angerechnet werden. Diese Vorschriften lassen sich kurz zusammengefaßt auf den Nenner bringen, daß solche Arbeitsverhältnisse angerechnet werden, die in einem Zusammenhang mit der Verwendung im öffentlichen Dienst gestanden haben, sei es, daß sie für den öffentlichen Dienst von Nutzen waren, sei es, daß sie vor Eintritt in den öffentlichen Dienst vorgeschrieben waren. Diese Prin-
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Parl. Staatssekretär von Schoelerzipien gelten für alle Beamtengruppen der Art, die Sie umschrieben haben.Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Die zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da muß ich fragen — vielleicht müssen wir uns darüber noch mal unterhalten —: Halten Sie es für richtig, daß die Betroffenen sich arbeitsunfähig schreiben lassen müssen, damit alle Arbeitsverhältnisse in die Berechnung ihrer Rente einbezogen werden und sie dadurch bei der Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze zum Zuge kommen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich sehe diesen Zwang nicht. Es gibt klare Vorschriften über die Anrechnung im Beamtenversorgungsgesetz. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie im Nachgang zu dieser Fragestunde Ihre Bedenken gegen diese Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes, so Sie solche haben, präzisieren würden. Ich bin gern bereit, dann darauf einzugehen. Nur, es ist nicht so, daß dies eine ungeregelte Frage ist. Es gibt eine gesetzliche Regelung für das von Ihnen angesprochene Problem.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Marschall auf:
Ist die Bundesregierung in Kenntnis der im US-Kernkraftwerk bei Harrisburg zutage getretenen Fehler und Unzulänglichkeiten bei technischen Einrichtungen, Verfahrensregelungen sowie Ausbildung und Überwachung des Personals und der aus diesen Mängeln begründeten Forderungen nach einem drastischen Kurswechsel in der US-Kernenergiepolitik seitens der Untersuchungskommission, der Atomenergiekommission und führender Parlamentarier bereit, auch für bestehende und im Bau befindliche Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland verschärfte Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, bzw. welche Konsequenzen werden zur Zeit aus den US-Untersuchungen gezogen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat bereits unmittelbar nach dem Störfall im Kernkraftwerk bei Harrisburg eine Überprüfung der Relevanz der dort aufgetretenen Mängel für deutsche Kernkraftwerke eingeleitet. Darüber wurde ausführlich im zweiten Zwischenbericht für den Innenausschuß des Deutschen Bundestages vom 1. Juni 1979 berichtet. Sie hat insbesondere die Reaktorsicherheitskommission und die Strahlenschutzkommission in die Prüfungen einbezogen. Eine abschließende Stellungnahme können diese Beratungsgremien erst abgeben, nachdem eine abschließende Stellungnahme der Nuclear Regulatory Commission der USA hierzu vorliegt. Dies wird für Januar 1980 erwartet. Bei der Prüfung werden auch die Feststellungen im Kemeny-Report berücksichtigt werden. Der Bundesminister des Innern wird einen weiteren Zwischenbericht und dann voraussichtlich im April 1980 einen dritten Bericht zum Störfall in Harrisburg mit Darstellung der erforderlichen Konsequenzen geben.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist mit einer Veröffentlichung des kürzlich im Nuklearrat vorgetragenen Berichts aus dem Bundesinnenministerium zu rechnen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dazu müßte ich Sie fragen, welchen Bericht Sie meinen. Der Nuklearrat hat eine umfangreiche Tagesordnung. Es ist nicht üblich, die Beratungen des Nuklearrats zu veröffentlichen. Es kann — deswegen frage ich nach — durchaus sein, daß Sie einen Bericht im Auge haben, der entweder schon veröffentlicht ist oder vom Bundesinnenminister veröffentlicht werden wird.
Nach Berichten wurde vom Bundesinnenminister eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Auswertung des amerikanischen Störfalls gegeben.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dann meinen Sie den Teil des Berichts, von dem ich in meiner Antwort vorhin gesprochen habe. Ich habe darauf hingewiesen, daß sich RSK und SSK mit den vorgelegten Berichten aus den Vereinigten Staaten von Amerika beschäftigen müssen — das sind die Beratungsgremien der Bundesregierung — und daß die Bundesregierung anschließend den Innenausschuß des Deutschen Bundestages informieren wird. Der Vorbereitung und ersten Information des Nuklearrates über diese Thematik diente die Sitzung, von der Sie sprachen. Die Information wird erfolgen, nachdem die Untersuchungen und Auswertungen innerhalb der Bundesregierung und innerhalb der Beratungsgremien abgeschlossen sind. Das scheint mir auch ein sinnvolles Verfahren zu sein.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Herr Abgeordneter Marschall, ich habe den Eindruck, daß Ihre zweite Intervention eine durch die Rückfrage des Herrn Staatssekretärs veranlaßte Erläuterung Ihrer ersten Frage war. Deshalb haben Sie noch eine zweite Zusatzfrage. Sie haben keine? —
Eine weitere Zusatzfrage dazu? — Das ist nicht der Fall.
Ich rufe Frage 48 des Herrn Abgeordneten Marschall auf:
Hat die Bundesregierung die Absicht, die Ergebnisse und Empfehlungen im kürzlich vorgelegten Bericht der US-Sonderkommission zur Untersuchung des Reaktorunfalls bei Harrisburg der deutschen Offentlichkeit zugänglich zu machen und eine Diskussion der Konsequenzen in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Bundesminister des Innern wird den erwähnten dritten Bericht zum Störfall in Harrisburg, in dem auch eine Bewertung der Feststellungen des Kemeny-Berichts enthalten sein wird, veröffentlichen, wie dies auch mit dem zweiten Zwischenbericht in der Schriftenreihe „Umwelt", und zwar Nr. 18 vom 1. Juni 1979, erfolgt ist. Eine auszugsweise Darstellung der Feststellungen des Kemeny-Berichts erfolgte in einer Sonderausgabe der Kurzinformationen der Gesellschaft für Reaktorsicherheit, Köln, vom 2. November 1979. Ich bin selbstverständlich gerne bereit, wenn Sie das wünschen, Ihnen auch zusätzliches Material zur Verfügung zu stellen.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Zusatzfrage.
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Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung nicht gemäß dem erklärten Ziel einer Versachlichung der Diskussion über die Kernenergie der Auffassung, daß eine möglichst weite Verbreitung der umfassenden Originalunterlagen wünschenswert wäre?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Marschall, ich habe nicht die geringsten Bedenken, daß Sie — oder wer auch immer das wünscht — die Unterlagen, die ich über den Kemeny-Bericht habe, zur Verfügung gestellt bekommen. Ich habe Ihnen gesagt, daß die Kurzinformation darüber bereits in den GRS-Mitteilungen erfolgt ist. Daß es eine Kurzinformation war, hat nicht den Sinn, daß nicht die gesamte Information gegeben werden sollte, sondern diese Kurzinformation schien all das zu enthalten, wofür es in der Öffentlichkeit ein Interesse gibt. Sie können aber selbstverständlich alles andere an Material haben. Wir werden uns auch überlegen, wie wir die Informationspolitik auf diesem Sektor noch transparenter machen.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, den Kemeny-Bericht im vollen Wortlaut zu veröffentlichen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Marschall, nun muß ich Sie fragen, was Sie sich vorstellen. Wir halten ihn nicht geheim. Ich habe auch einige Presseartikel in deutschen Zeitungen über diesen Bericht gelesen. Im übrigen werden wir eine Darstellung dieses Berichts auch in unsere Informationsdienste aufnehmen. Die Informationsdienste, die der Bundesminister des Innern herausgibt, sind aber nicht so umfangreich, daß der gesamte Bericht, soweit er uns vorliegt, dort veröffentlicht werden könnte. Sie können ihn aber haben. Er wird nicht geheimgehalten. Es wird alles veröffentlicht. Es ist nur eine Frage der Zweckmäßigkeit, in welcher Form und in welchem Umfang dies geschieht.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 49 des Herrn Abgeordneten Ey auf. — der Herr Abgeordnete ist nicht mehr im Saale; die Frage wird deshalb schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 50 des Herrn Abgeordneten Dr. Hüsch auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saale. Die Frage 50 wird ebenso wie die ebenfalls von ihm gestellte Frage 51 schriftlich beantwortet. Die. Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Die Frage 52 des Herrn Abgeordneten Braun soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz auf:
Hält es die Bundesregierung mit ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den jungen Beamten des Bundesgrenzschutzes für vereinbar, wenn die Männer zuerst für, dann für vier Monate und jetzt angeblich gar für zwei Jahre nach Bonn abordnen will, ohne daß sie die Beamten vorher über ihre Absicht informiert und für die zweijährige Abordnung auch nicht die Zustimmung des Personalrats gefunden hat?
Bitte, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kunz, eine Verstärkung des Grenzschutzkommandos West durch Abordnung bzw. Versetzung von Beamten ist gerade für Bonn unerläßlich, damit die dem Bundesgrenzschutz gemäß § 4 des Bundesgrenzschutzgesetzes obliegenden Schutzaufgaben hier am Ort zuverlässig durchgeführt werden können.
Bei der Entscheidung über Art und Dauer der Personalverstärkung wird Freiwilligenmeldungen der Vorzug gegeben; im übrigen werden die persönlichen Verhältnisse der betroffenen Beamten selbstverständlich berücksichtigt.
Auch werden die Beamten rechtzeitig von der beabsichtigten Versetzung oder Abordnung in Kenntnis gesetzt. Allerdings erscheint es nicht vertretbar, eine solche Maßnahme jeweils von der Zustimmung des Betroffenen abhängig zu machen.
Abordnungen für die Dauer von mindestens sechs Monaten erfolgen generell mit Zustimmung des Bundesgrenzschutzhauptpersonalrates beim Bundesminister des Innern. Sofern in der Vergangenheit Abordnungen für kürzere Zeiträume verfügt worden sind, lag dies in der Regel daran, daß die Grenzschutzkommandos zunächst die Zustimmung der bei ihnen gebildeten Personalvertretungen nicht erlangen konnten. Lediglich in der Frage der Versetzung zum Grenzschutzkommando West war zunächst zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Bundesgrenzschutzhauptpersonalrat keine Einigung erzielt worden, so daß die im Bundespersonalvertretungsgesetz vorgesehene Anrufung einer Einigungsstelle erforderlich wurde. Die Einigungsstelle hat am 30. Oktober 1979 beschlossen, ab 1. Februar 1980 Beamte anderer Grenzschutzkommandos in erforderlicher Zahl zum GSK West zu versetzen. Nach Ablauf von zwei Jahren sollen sie auf Antrag rückversetzt werden.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für sozial, daß die jungen Beamten viele hundert Kilometer von ihren Standorten entfernt zum Dienst abgeordnet werden, ohne daß sie wenigstens einmal im Monat für Heimfahrten einen Fahrtkostenzuschuß bekommen, wie dies in der Privatwirtschaft in vergleichbaren Fällen eine Selbstverständlichkeit geworden ist?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kunz, selbstverständlich sind wir bemüht — ich habe das im einzelnen dargestellt —, auf die Situation der jungen Beamten so weit als möglich Rücksicht zu nehmen. Auf der anderen Seite können wir auf eine gewisse Mobilität, die Voraussetzung für die Verwendung im Polizeidienst ist, nicht verzichten.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, mir ging es bei meiner ersten Zusatzfrage vor al-
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Dr. Kunz
lem um die Möglichkeit einer Zulage bzw. eines Fahrtkostenzuschusses.von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kunz, das muß ich nachprüfen. Ich kann Ihnen im Augenblick nicht sagen, wie diesbezüglich die Rechtslage ist. Ich werde Ihnen das schriftlich mitteilen.Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Keine weiteren Zusatzfragen.Wir kommen zur Frage 55 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann . — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Böhm auf:Welche konkreten Entwicklungen haben den Bundesinnenminister dazu bewogen, öffentlich davon zu sprechen, daß in der Bundesrepublik Deutschland .keine Privatarmeen entstehen dürften"?Bitte, Herr Staatssekretär.von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich die beiden von Ihnen gestellten Fragen zusammen beantworten könnte.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Dann rufe ich noch die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Böhm auf:Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß die Sicherung des persönlichen Eigentums in erster Linie die Sache des Eigentümers selbst ist und Eigenverantwortlichkeit im Vorfeld konkreter Gefahr für dieses Eigentum staatlicherseits erwünscht ist?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Das private Sicherungsgewerbe hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Den Umfang, in dem dies geschehen ist, verfolgt die Bundesregierung nicht ohne Sorge. Angesichts der Größe der Branche und der Art der von den privaten Sicherungsfirmen übernommenen Aufgaben, die oft mit uniformiertem Personal und besonderen Sicherungsfahrzeugen wahrgenommen werden, ist die öffentliche Diskussion über die Aufgabenverteilung zwischen privaten Sicherungskräften und der Polizei berechtigt.Diese Diskussion muß nicht nur davon ausgehen, daß — worauf Sie zu Recht hinweisen — der Grundsatz der Eigentumssicherung durch den Eigentümer selbst gilt. Sie muß vielmehr auch das für einen Rechtsstaat tragende Prinzip des Gewaltmonopols des Staates berücksichtigen. Angesichts von Gefahrenmomenten, die z. B, durch Nutzung moderner Technologien oder die terroristische Bedrohung neu entstehen, muß sich der Staat wegen dieses Gewaltmonopols fragen, was er an Schutzaufgaben selbst, d. h. durch die Polizei, wahrnehmen muß. Wo er dies anderen, d. h. privaten Sicherungsunternehmen — auch mangels eigener Kapazität —, überlassen muß, kann das nur mit Einschränkungen und Kontrollen geschehen. Die Notwendigkeit dieser Einschränkungen und Kontrollen hat BundesinnenministerBaum mit der Aussage unterstrichen, daß keine Privatarmeen entstehen dürfen.Um diese Notwendigkeit mit einem Beispiel zu unterstreichen: Eine in diesem Jahr vom Bundesministerium des Innern veranlaßte Umfrage bei allen Bundesländern hat einen Bestand von 855 Unternehmen in dieser Branche ergeben. Fünf Länder haben für ihren Bereich insgesamt rund 9 600 Beschäftigte gemeldet. Sechs Bundesländer, die dazu Angaben machen konnten, haben mitgeteilt, daß die Gesamtzahl von Waffen in Händen privater Unternehmen zwischen elf in Bremen und 1 000 in Hessen beträgt. Diese Entwicklung ist für den Bundesminister des Innern Grund genug, für den Innen- und Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages einen umfassenden Bericht zur Problematik der Wahrnehmung von Sicherungsaufgaben durch private Unternehmen und die Kontrollen dieser Unternehmen vorzulegen.Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß der Ausdruck „Privatarmee" ziemlich dramatisierend wirkt angesichts der Tatsache, daß für den Begriff einer Armee das Vorhandensein von Waffen für ihre Angehörigen erforderlich ist, was bei den privaten Bewachungsorganisationen in den meisten Fällen nicht der Fall ist, und daß auch eine zentrale Kommadogewalt vorliegen muß, was beim privaten Bewachungsgewerbe bestimmt nicht der Fall ist.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Böhm, der Begriff macht die Problematik sehr deutlich, um die es geht. Es geht nämlich um die Frage, wie angesichts des zunehmenden Umfangs des privaten Sicherungsgewerbes das staatliche Gewaltmonopol erhalten werden kann. Ich glaube, daß diese Frage so wichtig ist, daß man auch vor provokativen Formulierungen nicht zurückschrecken sollte.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, stimmt es, daß aus den Berichten, die aus den Ländern bei Ihnen eingegangen sind, hervorgeht, daß die 800 privaten Bewachungsunternehmen, die meist bedeutend weniger als 100 Beschäftigte haben, in keiner Weise zusammenarbeiten, um gemeinsame Aktionen als „Privatarmee" starten zu können?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Böhm, ich glaube, Sie versuchen, den Begriff „Privatarmee" zu wörtlich zu nehmen. Der Begriff „Privatarmee" soll deutlich machen — das habe ich gesagt —, um welches Problem es geht. Es geht um die Frage, wie das Gewaltmonopol des Staates gewährleistet werden kann. Sie können auch „Nebenpolizei' oder ähnliche Begriffe verwenden, die alle nur dieses eine, allerdings sehr wichtige, Problem plakativ deutlich machen sollen. Ich nehme an, Herr Kol-
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Parl. Staatssekretär von Schoelerlege Böhm, daß Sie in Diskussionen sicherlich auch solche Worte verwenden.Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine dritte Zusatzf rage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Verwendung des Begriffes „Privatarmee", von dem Sie sagen, daß es eine provokative Formulierung ist, zu einer unnötigen Besorgnis in der Bevölkerung führen kann, die sich in der Bundesrepublik von einer oder mehreren „Privatarmeen" umgeben sehen könnte?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Böhm, ich bin gern bereit, Ihnen den Text der Rede von Herrn Baum zuzustellen, auf die Sie sich jetzt beziehen. Er hat wörtlich gesagt: Es dürfen keine Privatarmeen entstehen. Das heißt, er hat deutlich auf die Zukunft bezogen, welche Probleme sich aus einer weiteren unkontrollierten und ungehinderten Entwicklung des privaten Sicherungsunternehmens ergeben könnten, und er hat gleichzeitig dargetan, an welchen Stellen Ansatzpunkte für eine verstärkte Kontrolle über diese Unternehmen gegeben sind. Ich glaube, daß das insgesamt eine sehr abgewogene, aber auch das Problem eindeutig artikulierende Stellungnahme ist.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Eine letzte Zusatzfrage, Herr Böhm.
Angesichts der Bedenken, die soeben aufgetaucht sind, möchte ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, darauf hinzuwirken, daß solche dramatisierenden Bezeichnungen, wie „Privatarmeen", im Hinblick auf die Wach- und Schließgesellschaften und auf den Werkschutz in der Bundesrepublik Deutschland künftig von seiten
des Bundesministers des Innern nicht mehr verwendet werden, um unnötige Beunruhigungen, Panikmache und ähnliches zu vermeiden.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Böhm, es kann weder von Panikmache noch von ähnlichem irgendeine Rede sein. Ich habe das ausführlich dargelegt. Ich habe den Eindruck, daß Sie die Rede, um die es hier geht, im Wortlaut nicht vorliegen haben. Ich werde sie Ihnen im Anschluß an diese Fragestunde zur Verfügung stellen, damit Sie sich insgesamt davon überzeugen können, daß das eine deutliche, aber abgewogene Formulierung zu den auftretenden Problemen ist. Wenn Sie den Hinweis auf solche Probleme als Panikmache empfinden, befinden wir uns allerdings vielleicht in einer sachlichen Meinungsverschiedenheit. Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß man über diese Entwicklung auf dem Gebiet der privaten Sicherungsunternehmen einfach zur Tagesordnung übergehen kann, sondern wir müssen diese Probleme sehr ernst nehmen, wenn wir in Zukunft nicht wirklich Privatarmeen haben wollen. Eine solche Entwicklung — so entnehme ich es jedenfalls Ihrer Frage — wollen auch Sie wohl nicht haben. Dazu reicht es aber nicht aus, nichts zu tun, sondern dafür müssen wir etwas tun. Das ist die Diskussion, die wir führen sollten.
Amtierender Präsident Dr. Schäfer: Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär von Schoeler für die Beantwortung der gestellten Fragen. Wir sind am Ende der Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 15. November 1979, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.