Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksache 8/2894 —
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Dr. Wolters zur Verfügung. Ich rufe die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Hält die Bundesregierung in Übereinstimmung mit zahlreichen Medizinern und Physiologen, die diese Meinung im ConterganProzeß bekundet haben sollen, Tierexperimente für absolut nutzlos, und bei welchen im Tierversuch getesteten Arzneimitteln ist es nach dem Wissensstand der Bundesregierung zu Arzneimittelschäden bei Patienten gekommen, obwohl nach dem Tierversuch dem Medikament die Unbedenklichkeit bescheinigt wurde?
Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Stutzer, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß nach dein gegenwärtigen Stand der Wissenschaft bei der Prüfung von Arzneimitteln auf Tierversuche nicht verzichtet werden kann. Sie dienen als Grundlage der Risikoabschätzung für die erste Anwendung eines Arzneistoffes am Menschen, als Hinweis für eine weitere Beobachtung des Arzneimittels im Rahmen seiner Erprobung am Menschen bis in die Phasen seiner breiten Anwendung nach ausgesprochener Zulassung sowie als Hinweis auf möglicherweise am Menschen zu erwartende Wirkungen, die gezielte klinische Studien in dieser Richtung nahelegen.
Es kann davon ausgegangen werden, daß durch die tierexperimentellen Prüfungen in beachtlichem Umfang bedenkliche Stoffe von einer Verwendung als Arzneimittel ausgeschlossen und damit Schäden für den Menschen verhindert werden. Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, daß auch bei zugelassenen Arzneimitteln, die sowohl im Tierversuch als auch in der klinischen Erprobung getestet wurden, bei einer längeren und breiten Anwendung am Menschen Risiken auftreten, die nicht vorhersehbar waren und die bei einer erneut vorgenommenen Nutzen-Risiko-Abwägung als nicht vertretbar angesehen werden müssen. Daher sind die Arzneimittel auch nach ihrer Zulassung fortlaufend intensiv zu beobachten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter,
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung eine Meldung des Welttierschutzbundes vom Januar 1979, die auch Ihrem Hause zugegangen ist, bestätigen oder dementieren, daß die Arzneimittelschäden, die auf der Nichtübertragbarkeit der Ergebnisse von Tierversuchen auf menschliche Verhältnisse beruhen, in ihrem Umfang derart angestiegen sind, daß sie inzwischen 30 % der in den Krankenhäusern liegenden Patienten betreffen und daß 6 % aller Krankheiten mit Todesfolge, 25 °/o aller organischen Erkrankungen, 61 % aller Mißbildungen und 80 % aller Totgeburten auf die Verwendung von im Tierversuch geprüften Medikamenten zurückzuführen sind?
Herr Kollege, Sie haben den Begriff einer knappen Zusatzfrage sehr extensiv ausgelegt. Wir wollen einmal sehen, wie der Herr Staatssekretär damit fertig wird.Dr. Wolters, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, soweit ich die Zahlen, die Sie zitiert haben, jetzt sozusagen aus dem Stand heraus beurteilen kann, ist diese Meldung insgesamt nicht zu bestätigen. Sie ist unter anderem deswegen nicht zu bestätigen, weil dabei sehr unterschiedliche Tatbestände hinsichtlich unerwünschter Arzneimittelwirkungen miteinander vermengt worden sind. Ich greife nur eines von den verschiedenen Beispielen, die Sie genannt haben, heraus. Die Arzneimittelwirkungen bei der Verabreichung von Arzneimitteln etwa in Kliniken, die behandlungsbedürftige Wirkungen mit sich bringen, sind keinesfalls in allen Fällen unvorhersehbare Wirkungen, die man durch einen Tierversuch vorher hätte ausschließen können oder nach der Meinung dieses Verbandes nicht hätte ausschließen können. Es sind vorhersehbare Wirkungen, die dann auftreten, wenn ein Arzneimittel beispielsweise überdosiert wird oder mit anderen
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Staatssekretär Dr. WoltersArzneimitteln zusammen genommen wird. Dies ist ein Tatbestand, der mit der Prüfung die vorausgegangen ist, deswegen gar nichts zu tun hat, weil die Wirkungen bekannt sind.
Herr Staatssekretär, eine kurze Frage: Ist die Bundesregierung bereit, mir und der Öffentlichkeit das Material vorzulegen, das die Notwendigkeit der Tierversuche wissenschaftlich-statistisch belegt?
Dr. Wolters, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, es hat über die Notwendigkeit von Tierversuchen bei der ja nicht lange zurückliegenden Beratung des Arzneimittelgesetzes hier im Hause in den beteiligten Ausschüssen sehr ausführliche Diskussionen gegeben. In diese Diskussionen ist auch das Material, das die Notwendigkeit von Tierversuchen belegen konnte, eingegangen. Ich kann es aber gern noch einmal zusammenstellen lassen.
Die
Frage 65 ist von dem Herrn Abgeordneten Ey eingebracht. Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung der Frage steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Engholm zur Verfügung. Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Thüsing auf:
Teilt die Bundesregierung die in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit aufgekommene und durch ein Meinungsforschungsinstitut gestützten Befürchtungen, daß das Lehrstellenangebot in diesem Jahr nicht die erforderliche Steigerungsrate aufweist, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus?
Herr Kollege Thüsing, die in der Presse am 17. Mai 1979 veröffentlichten Ergebnisse des ifo-Instituts beruhen auf einer Erhebung, die im Herbst vorigen Jahres durchgeführt wurde und die bereits im Berufsbildungsbericht 1979 der Bundesregierung ihren Niederschlag gefunden hat.
Obwohl die Bundesanstalt für Arbeit auf Grund der ihr zur Vermittlung angebotenen Ausbildungsplätze und einer im März 1979 abgeschlossenen Befragung aller ausbildungsberechtigten Betriebe zu einer positiveren Einschätzung kommt, als die Studie dies ausweist, nimmt die Bundesregierung alle Hinweise auf mögliche negative Tendenzen bei der Entwicklung des Ausbildungsplatzangebots sehr ernst. Sie geht davon aus, daß 1979 dennoch ein ausreichendes Angebot an Lehrstellen erreicht werden kann, wenn alle an der beruflichen Bildung Beteiligten mit äußerster Anstrengung eine volle Ausschöpfung vorhandener Ausbildungskapazitäten sowie auch eine Ausbildung über den Eigenbedarf hinaus anstreben. Ich will besonders mit diesem letzten Satz deutlich machen, daß. für die Bundesregierung die Probleme des Ausbildungsplatzangebotes in diesem Jahr noch keineswegs als gelöst erscheinen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da Sorgen bleiben, ob das Ausbildungsplatzangebot im Interesse der Jugend wirklich ausreicht: Sehen Sie Möglichkeiten für weitere Aktivitäten des Bundes oder Anstöße, die die Bundesregierung zur weiteren Verbesserung des Angebots initiieren könnte?
Engholm, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Thüsing, der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft und andere Ministerien der Bundesregierung stehen in ständigem Kontakt mit den Verbänden und den Institutionen der Wirtschaft und selbstverständlich auch mit den Gewerkschaften, auch den Gewerkschaften vor Ort. Wir haben überdies in diesem Jahr die gesamte Öffentlichkeitsarbeit unseres Hauses auf das Thema Ausbildungsplatzmobilisierung konzentriert.
Darüber hinaus wäre zu erwähnen, daß wir auch im Jahre 1979 eine große Zahl überbetrieblicher Ausbildungsplätze erstellen werden. Sie wissen, daß bis 1982 dafür insgesamt 1,1 Milliarden DM zur Verfügung stehen.
Als vorletztes wäre vielleicht zu erwähnen, daß die Bundesregierung für Arbeit allen örtlichen Arbeitsämtern einen umfangreichen 16-Punkte-Aktions-Katalog zur Verfügung gestellt hat, damit vor Ort die örtlichen Arbeitsämter zur Mobilisierung von mehr Ausbildungsplätzen beitragen können.
Ich möchte hier abschließend die Bitte des Bundesministers Dr. Schmude wiederholen, daß auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages im Verlaufe dieses Jahres die Mobilisierung von Ausbildungsplätzen zu einem ganz wichtigen Gegenstand ihrer Wahlkreisarbeit machen, daß sie dort mit den Arbeitsämtern, mit der Wirtschaft, mit den Gewerkschaften dazu beitragen, das Ziel zu erreichen.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da der Bund insbesondere in den Bereichen Bahn und Post auch selbst ausbildet: Beteiligt sich der Bund an diesen Anstrengungen, die Sie für das laufende Jahr gefordert haben, d. h., erhöht der Bund seine Ausbildungsanstrengungen?Engholm, Parl. Staatssekretär: Ja, Herr Kollege Thüsing. Man wird in der Vergangenheit nicht immer gesagt haben können, daß sich die öffentlichen Hände ähnlich stark für die Ausbildung engagiert hätten wie etwa die private Wirtschaft. Man kann sagen: Im letzten Jahr hat der Bund gegenüber 1977 sein Ausbildungsplatzangebot netto um 30 % gesteigert. Er wird in diesem Jahre nach Kabinettsbeschluß dieses Angebot noch einmal um gut 8 %
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Parl. Staatssekretär Engholmsteigern. Wir hoffen, daß dies auch ein Anreiz für die Länder und Gemeinden sein wird, dieses Ziel mindestens ebenso zu erreichen.
Herr Abgeordneter Dr. Dollinger.
Herr Staatssekretär, liegt hier nicht ein Branchenproblem vor? Es gibt Bereiche, in denen zu viele Lehrstellen vorhanden sind, und es gibt Bereiche, in denen zu wenig Lehrstellen da sind. Was kann man hier tun?
Engholm, Parl. Staatssekretär: Es gibt zweifellos Branchen, die von der jungen Generation noch nicht in dem Maße angenommen werden, wie sie es auf Grund der Qualität ihrer Ausbildungsplätze verdient hätten. Ich denke in diesem Augenblick natürlich an die Bereiche des Baugewerbes. Hier wird zusätzliche Aufklärungsarbeit nötig sein, und zwar dahin gehend, daß erstens der Bau — um bei diesem Beispiel zu bleiben — heute keineswegs eine unterqualifizierende Ausbildung bietet, sondern im Gegenteil eine sehr hochqualifizierende, und daß dort zweitens sehr anständig gezahlt wird und daß der Bau auch auf Dauer gute Arbeitsplätze bieten wird. Wir wirken mit der Wirtschaft daraufhin, Vorurteile, die es geben könnte, abzubauen.
Ich muß dem aber hinzufügen, daß es Bereiche in der Wirtschaft gibt — und dies betrifft eben nicht das Handwerk, sondern Bereiche der mittleren und größeren Industriebetriebe —, wo große Betriebe nicht entsprechend ihrem wirklichen Nachwuchsbedarf ausbilden. Großbetriebe, die Ausbildungsquoten von weniger als 1 % haben, sind uns hinreichend bekannt. Es käme darauf an, diese Großbetriebe, die auch von ihrer gesamten Struktur her in der Lage wären, gute Ausbildung zu leisten, dazu zu bewegen, daß sie auch in diesem Jahr mehr Ausbildungsplätze anbieten.
Herr Abgeordneter Gerster.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir bestätigen, daß nicht nur die Sorge, daß insgesamt nicht genügend Ausbildungsplätze für Jugendliche zur Verfügung stehen, berechtigt ist, sondern daß in manchen Regionen inzwischen das Problem hinzugekommen ist, daß bereitgestellte Ausbildungsplätze nicht mehr besetzt werden? Was wird die Bundesregierung in dieser Hinsicht unternehmen?
Engholm, Parl. Staatssekretär: Es gibt solche Beispiele, daß in Regionen mit einer guten Versorgung an Ausbildungsplätzen nicht alle — selbst interessante — Ausbildungsplätze von Jugendlichen besetzt werden. Dieser Zustand — das muß ich sagen -- ist mir viel lieber als der Blick auf jene 25 bis 30 Regionen oder Arbeitsamtsbezirke in der Bundesrepublik, wo ein absolutes Defizit an Ausbildungsplatzangeboten zu verzeichnen ist.
Ich meine, wir sollten unser Augenmerk mehr den Regionen zuwenden, wo noch etwas getan werden muß, damit jeder Jugendliche überhaupt eine Chance bekommt, als uns darüber zu unterhalten, was wir mit den Ausbildungsplätzen machen, die zuviel angeboten werden.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Sperling zur Verfügung.
Ich rufe Frage 4 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Nebenerwerbsmöglichkeit in der Landwirtschaft in Form der Aktion Urlaub auf dem Bauernhof" von den Bestimmungen des Bundesbaugesetzes im sogenannten Außenbereich her fast unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen, und wenn ja, welche Regelung schlägt die Bundesregierung bei der Novellierung des Bundesbaugesetzes für diesen Tatbestand vor?
Herr Kollege Horstmeier, ich hoffe, es wird Sie überraschen, aber im Gegensatz zu der in Ihrer Frage ausgedrückten Annahme sieht die Bundesregierung in den Bestimmungen des Bundesbaugesetzes über das Bauen im Außenbereich keine Hindernisse für Nebenerwerbsmöglichkeiten in der Landwirtschaft in der Form der Aktion „Urlaub auf dem Bauernhof".Ich darf Ihnen das in drei Punkten begründen.Erstens. Die Einrichtung von Zimmern zur Vermietung an Pensionsgäste kann einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen und insoweit nach § 35 Abs. 1 Nr. i BBauG privilegiert sein. Voraussetzung ist jedoch, daß ein solcher Pensionsbetrieb einen untergeordneten Teil gegenüber dem sonstigen landwirtschaftlichen Betrieb darstellt.Als nicht mehr privilegiert sind solche Pensionsbetriebe anzusehen, die für ihren Inhaber die Haupterwerbsquelle darstellen. Für eine dienende Funktion spricht, wenn hauptsächlich Produkte des landwirtschaftlichen Betriebes für die Versorgung der Pensionsgäste in Anspruch genommen werden und wenn für den Pensionsbetrieb kein zusätzliches Personal gebraucht wird.Zweitens. Im übrigen ergibt sich die Zulässigkeit zur Einrichtung von Zimmern zum Zweck der Aufnahme von Pensionsgästen in einem bestehenden landwirtschaftlichen Gebäude bereits aus der durch die Novelle zum Bundesbaugesetz von 1976 eingefügten Vorschrift des § 35 Abs. 4. Diese Bestimmung ermöglicht es, bisher landwirtschaftlich genutzte Gebäude einer anderen Nutzung zuzuführen. Zwar werden solche Nutzungsänderungen nicht uneingeschränkt für zulässig erklärt, jedoch können solchen Vorhaben, wenn sie ohne wesentliche Änderung der baulichen Anlage vorgenommen
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Parl. Staatssekretär Dr. Sperlingwerden, bestimmte öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden.Drittens. Für die Erweiterung von Gebäuden, die der Fremdbeherbergung dienen, gilt die Sonderregelung des § 35 Abs. 6 BBauG. Danach können geringfügige Erweiterungen im Zusammenhang mit der Modernisierung unter erleichterten Voraussetzungen vorgenommen werden.Nun ist zu erwarten, daß in der morgen abend vermutlich zu verabschiedenden Beschleunigungsnovelle noch Klarstellungen erfolgen werden — wenn es keine Änderungen gegenüber der Ausschußfassung gibt, werden sie in Kraft treten —, die sicherstellen sollen, daß die bisher an manchen Orten zu enge Verwaltungspraxis nicht mehr zu eng sein wird.
Bitte, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie das, was Sie jetzt dargestellt haben, verbindlich für alle Außenbereiche sagen?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Horstmeier, ich kann Ihnen sagen, daß das Bundesbaugesetz so richtig ausgelegt wird. Was ich nach den Erfahrungen, die wir mit dem Bauen im Außenbereich gemacht haben, nicht garantieren kann, ist, daß die Länder und vor allen Dingen ihre Mittelinstanzen, die Regierungspräsidenten, auch folgerichtig auf Grund dieser Auslegung des Bundesbaugesetzes arbeiten. Es gibt dort Beschwerden. Nur, Herr Kollege Horstmeier, wir können nicht immer dann einen Gesetzesparagraphen ändern, wenn eine lokale oder regionale Verwaltung irrt.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, liegen Ihnen Erfahrungen vor, nach denen die Gesetze verwaltungsmäßig nicht so gehandhabt werden, wie es dem Sinn dieser Gesetze — konkret: dieses Gesetzes — entspricht?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Horstmeier, dies gilt insbesondere für das Bauen im Außenbereich. Wir haben bezüglich der morgen abend zu verabschiedenden Beschleunigungsnovelle in den Beratungen eine lange Kontroverse gehabt. Inzwischen liegen auch Erklärungen eines Regierungspräsidenten vor, der ein bißchen deutlich macht, daß er die Verwaltungspraxis seines Regierungspräsidiums ändern will, um Spielräume, die bisher nicht genutzt worden sind, in Zukunft auszunutzen.
Bitte, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, auf die Länder und auch auf deren Mittelinstanzen dahin einzuwirken, daß das Bundesbaugesetz so ausgelegt wird, wie es der Gesetzgeber gemeint hat?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Auch diese Möglichkeit wird morgen abend behandelt, nämlich in dem Sinne, daß eine Gesetzesänderung klarstellende Wirkung hat. Aber ich möchte hinzufügen, daß das keineswegs für alle Länder nötig ist. Vielleicht wird es Sie überraschen, daß nach unserer Auffassung z. B. Bayern und Baden-Württemberg mit der geltenden Fassung des Bundesbaugesetzes gut zurechtgekommen sind, großenteils auch in Nordrhein-Westfalen, während sich bestimmte Schwierigkeiten nur in einigen Bundesländern — ich will sie jetzt nicht nennen — ergeben haben.
Zu einer letzten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Professor Schäfer.
Herr Staatssekretär, hat sich hier über die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht eine Vereinheitlichung der Auslegung des Gesetzes ermöglichen lassen?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Bisher nicht, Herr Kollege Schäfer. Wir wollten das Problem, das in manchen Regionen besteht, nicht so lange schmoren lassen, bis eine höchstrichterliche Rechtsprechung damit fertig wird. Deswegen geht es morgen abend um einige Veränderungen für das Bauen im Außenbereich.
Die
Frage 5 des Abgeordneten Painter wird schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Wir kommen jetzt zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie.
Die Fragen 8 und 9 des Abgeordneten Grunenberg sowie die Frage 10 des Abgeordneten Lenzer werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 11 des Abgeordneten Breidbach wird schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 12 des Abgeordneten Stockleben auf:
In welchem Umfang und in welchen Bereichen sind durch das BMFT seit 1974 Forschungsprojekte gefördert worden, die sich um die Verminderung der Abgasemission und/oder der Verminderung des Kraftstoffverbrauchs von Kraftfahrzeugen befassen?
Herr Kollege Stockleben, Ihre Frage beantworte ich wie folgt:
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979 12469
Parl. Staatssekretär StahlDas Bundesministerium für Forschung und Technologie fördert bereits seit 1972 im Rahmen des Förderungsteilgebiets „Kraftfahrzeuge und Straßenverkehr" Entwicklungsarbeiten zur Verminderung der schädlichen Abgasemissionen bei gleichzeitiger Verringerung des Kraftstoffverbrauchs von Fahrzeugen.Eine Schwerpunktaktivität befaßt sich mit der Weiterentwicklung konventioneller und der Untersuchung neuartiger Antriebssysteme. Bis einschließlich 1978 wurden hierfür 48,5 Millionen DM bewilligt. Neben gezielten Untersuchungen zur Reaktionskinetik und dem Verbrennungsablauf werden die Weiterentwicklung des Otto- und Diesel- motors und die Untersuchung wesentlicher Komponenten alternativer Antriebe, insbesondere der Gasturbine und kombinierter Antriebssysteme mit Verbrennungsmotor, Schwungrad oder Druckspeichern, gefördert.Mit dem Schwerpunktprojekt „Forschungs-Pkw" hat das Bundesministerium für Forschung und Technologie 1978 ein Vorhaben ausgeschrieben, mit dem der Nachweis /über die Verträglichkeit der im besonderen öffentlichen Interesse stehenden Forderungen nach geringeren Abgas- und Lärmbelastungen, vermindertem Kraftstoffverbrauch und erhöhter Sicherheit erbracht werden soll. Die Deutschen Automobilhersteller und eine Hochschularbeitsgemeinschaft haben in Ideenkonkurrenz diese Herausforderung angenommen. Während des Internationalen Symposiums Verkehrstechnologien anläßlich der diesjährigen Internationalen Verkehrsausstellung in Hamburg — IVA '79 — werden die in Lastenheften niedergelegten ersten Ergebnisse vorgestellt. Für das Vorhaben sind bis 1982 insgesamt 110 Millionen DM eingeplant.Mit der Untersuchung, Entwicklung und Erprobung alternativer Energien für den Straßenverkehr werden, ausgehend von den Ergebnissen der Studie „Neuen Kraftstoffen auf der Spur" und gezielten Komponentenuntersuchungen, vom Herbst dieses Jahres bis 1982 aussichtsreiche Alternativkraftstoffe unter praxisnahen Bedingungen demonstriert, um die technologisch-wirtschaftlichen Entscheidungsgrundlagen im Hinblick auf ihre Einführung zu schaffen. In die Untersuchungen sind Alkoholkraftstoffe, die Wasserstofftechnologie sowie Elektrotraktion und Hybridtechnologie einbezogen. Neben der Diversifizierung auf erdölunabhängige Energien bilden auch hier die Verringerung der Abgasemissionen und eine rationelle Energieverwendung die wesentlichen Kriterien. Das Bundesministerium für Forschung und Technologie fördert das Vorhaben mit insgesamt 135 Millionen DM für die Jahre 1979 bis 1982.Generell werden bei den Förderungsmaßnahmen des Teilgebietes Kraftfahrzeuge und Straßenverkehr Energie- und Umweltaspekte als wesentliche Randbedingungen betrachtet. Einen Überblick über die erreichten Entwicklungsfortschritte des Bereichs geben die alljährlich zu den Statusseminaren unter dem Titel „Entwicklungslinien in Kraftfahrzeugtechnik und Straßenverkehr" veröffentlich-, ten Fachberichte,
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich gehe wohl richtig in der Annahme, daß diese Forschungsmittel in erster Linie der deutschen Automobilindustrie zugute kommen, um damit natürlich auch die Chancen der deutschen Automobilindustrie auf dem Exportmarkt zu verbessern. Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, daß die Automobilindustrie auf ihrer letzten Verbandstagung darum gebeten hat, von der Bundesregierung einmal zu erfahren, wie sich die Bundesregierung das Automobil der Zukunft vorstellt. Ist meine Annahme also richtig, daß die Bundesregierung auf Grund dieser Forschungsergebnisse der deutschen Automobilindustrie definitiv sagen wird, wie sie sich das Automobil der Zukunft vorstellt, und zwar insbesondere hinsichtlich der Abgasemissionen, aber auch hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs, der wegen der Preissteigerung momentan eine besondere Rolle spielt?
Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stockleben, ich glaube, man kann nicht davon ausgehen, daß diese Forschungsmittel, die der Automobilindustrie zur Verfügung gestellt werden, nur ihr allein zugute kommen, sondern mit diesen Forschungsmitteln werden auch in anderen Bereichen der Wirtschaft wesentliche Impulse gegeben, z. B. Energie zu sparen und sichere Autos zu haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster. Dann werden wir zur nächsten Frage übergehen, da dieser Komplex hier schwerlich abschließend behandelt werden kann.
Herr Staatssekretär, was hat die Bundesregierung seit dem Öllieferungsschock des Jahres 1974 neben den von Ihnen hier sehr umfänglich dargestellten Förderungsmaßnahmen neuer Forschungsentwicklungen konkret getan, damit das technisch bereits mögliche Kraftfahrzeug mit einem verminderten Benzinverbrauch tatsächlich auf den Markt kommt?Stahl, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Gerster, ich habe soeben auf die Frage des Kollegen Stockleben eine sehr lange und ausführliche Antwort hinsichtlich der Forschungsvorhaben im Bereich der Kraftfahrzeuge und der Emissionsentlastung usw. gegeben. Wir haben darüber hinaus eine ganze Palette von Maßnahmen gefördert, die auch im Energiebereich liegen. Ich glaube, man kann sagen, daß die Bundesregierung in den letzten Jahren eine vernünftige und auch vorausschauende Arbeit und Politik geleistet hat. Sie wissen, es finden demnächst Gespräche zwischen den Vertretern der Automobilindustrie und, dem zuständigen Bundesministerium statt, in denen z. B. der Einsatz von Methanol oder die Beimischung von Methanol zum Normalbenzin behandelt wird, um auch in Krisensituationen gerüstet zu sein. Das gleiche gilt natürlich für die Forschungsvorhaben der Kohleverflüs-
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Parl. Staatssekretär Stahlsigung und -vergasung. Daraus kann man letzten Endes schließen, daß man solche Großtechnologien in unserem Lande in einer Notsituation auch einsetzen kann.
Herr
Abgeordneter Braun hat um schriftliche Antwort seiner Frage 13 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung steht der Herr Staatssekretär Fröhlich zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Menzel auf :
Hält die Bundesregierung es für die Kontrolle von Produktionsverfahren, bei denen Giftstoffe verwandt werden, im Interesse des Schutzes der Bevölkerung für notwendig, Risiko- und Störfallanalysen für hoditoxische Substanzen sowie Ausbreitungsberechnungen unter Beachtung der verschiedenen meteorologischen Bedingungen erstellen zu lassen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, der im Bundesministerium des Innern gegenwärtig erarbeitete Vorentwurf der Störfallverordnung ist auf § 7 des Bundesimmissionsschutzgesetzes gestützt und soll bei bestehenden und bei neu zu genehmigenden Anlagen eine eingehende Prüfung der Anlagensicherheit nach bundeseinheitlichen Vorschriften sicherstellen.
Zur Überprüfung der Anlagensicherheit wird eine Sicherheitsanalyse vorgeschrieben, die unter anderem eine genaue Beschreibung der Anlage und des Verfahrens im normalen und im gestörten Betrieb, eine Beschreibung der Gefahrenquellen sowie Angaben über die Risiken, die sich bei der Freisetzung hochtoxischer Substanzen ergeben könnten, zu enthalten hat.
Bei der Abschätzung der Risiken, die durch einen Störfall für die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit entstehen können, wird sich der Betreiber nach Möglichkeit einer Ausbreitungsrechnung bedienen. Die Erarbeitung geeigneter Modelle für die Ausbreitung gefährlicher Substanzen im Störfall wird eine der vordringlichsten Aufgaben der Störfallkommission beim Bundesminister des Innern sein, die in Kürze ihre Arbeit aufnehmen wird.
Darüber hinaus werden dem Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage, die der vorgesehenen Störfallverordnung unterliegt, sicherheitstechnische Grundpflichten auferlegt.
Bei Eintreten eines Störfalls hat der Betreiber unverzüglich die zuständige Behörde zu unterrichten.
Zusatz-
frage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist damit ausreichende Vorsorge getroffen, daß Vorfälle, wie sie von der IG-Chemie publiziert wurden, daß lebensgefährliche Erkrankungen wegen des Umgangs mit Giftstoffen auftraten, oder Fälle, wie sie in Hamburg vorgekommen sind, daß Ernten in werknahen
Gebieten Giftstoffkonzentrate in einem gefährlichen Umfang enthielten, künftig vermieden werden?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, selbstverständlich werden alle Erfahrungen, auch die aus den Vorfällen, die Sie ansprechen, in die Störfallverordnung einfließen. Sie wird gegenwärtig zwischen den Ressorts abgestimmt und wird, so meine ich, den ganzen Bereich abdecken.
Ich rufe
die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Schartz auf:
Trifft es zu, daß in der Bundesrepublik Deutschland ein Fernüberwachungssystem für Kernkraftwerke eingerichtet wird, und ist gegebenenfalls beabsichtigt, zum Schutze der Bürger der Bundesrepublik auch das geplante französische Kernkraftwerk Cattenom in dieses Überwachungssystem einzubeziehen?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Präsident, ich bitte darum, die Fragen 15 und 16 zusammen beantworten zu dürfen.
Ich
meine, daß eine gewisse Verbindung zwischen den beiden Fragen besteht. Da der Fragesteller offensichtlich einverstanden ist, rufe ich auch die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Schartz auf:
Ist bei Einbeziehung des Kernkraftwerkes Cattenom in das deutsche Fernüberwadiungssystem sichergestellt, daß den dafür zuständigen deutschen Stellen alle erforderlichen Daten über Planung und laufenden Betrieb dieses französischen Kernkraftwerkes zur Verfügung gestellt werden?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ein Fernüberwachungssystem für Kernkraftwerke ist gegenwärtig in Bayern in Betrieb. Auf Grund der dortigen Erfahrungen wird von der Bundesregierung im Benehmen mit den Bundesländern und unter Einschaltung einer geeigneten Systemanalyseninstitution geprüft, ob die Einrichtung eines erweiterten und gestaffelten Systems für das gesamte Bundesgebiet zweckmäßig ist.
Da auf deutscher Seite keine Möglichkeit besteht, die Verfügbarkeit von Betriebsdaten ausländischer Kernkraftwerke für ein elektronisches Fernüberwachungssystem zu fordern, ist nach derzeitigem Stand der Überlegungen nicht beabsichtigt, grenznahe ausländische Anlagen unmittelbar in dieses Überwachungssystem einzubeziehen.
Die Möglichkeit, Überwachungsdaten von Meßstellen im Grenzbereich auf deutscher Seite mit zu erfassen, wird allerdings bei der Diskussion eines bundesweiten Fernüberwachungssystems mit in Betracht gezogen. Bestrebungen der Europäischen Gemeinschaft in entsprechender Richtung wird die Bundesregierung unterstützen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß damit die Überwachung von ausländischen Kernkraftwerken mit ihren Auswirkungen auf die deutsche Bevölkerung doch wesentlich weniger scharf zugunsten der Bevölkerung ist, als dies bei innerdeutschen Kraftwerken der Fall ist?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979 12471
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Sie haben mich für den gegebenen Sachstand richtig verstanden, Herr Abgeordneter. Unsere Möglichkeiten sind im Augenblick beschränkt auf die Installation grenznaher Meßstellen auf unserem Gebiet. Selbstverständlich wird versucht, auf eine multilaterale Regelung — dieses sollte wohl multilateral geregelt werden — Einfluß zu nehmen. Hier werden Initiativen der Europäischen Gemeinschaft erhofft.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie für die Bundesregierung erklären, daß die Bundesregierung bereit ist, Gespräche auf Regierungsebene oder zumindest auf Botschafterebene mit den in Frage kommenden Nachbarstaaten direkt aufzunehmen, um hier eine schnelle Lösung zu erreichen?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, Sie haben in Ihrer Frage bisher Bezug genommen auf das französische Kernkraftwerk Cattenom. Die Bundesregierung ist bereit, diese Frage in die Gespräche der deutsch-französischen Kommission, die den fachlichen Austausch von Erfahrungen und Informationen über die Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen und den Strahlenschutz zum Gegenstand hat, einzuführen, sobald der in Bayern laufende Modellfall hinreichende Grundlagen liefert.
Sie haben noch zwei Zusatzfragen.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung darüber informiert, daß auch das Land Rheinland-Pfalz dabei ist, ein Fernüberwachungssystem für Kernkraftwerke einzurichten, und kann ich davon ausgehen, daß die Bundesregierung bemüht sein wird, allen Bundesländern die erforderliche Hilfe für ein solches System zu geben?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Ich bitte Sie, davon auszugehen, Herr Abgeordneter.
Da haben wir noch zwei Zusatzfragen. Zunächst Herr Abgeordneter Dr. Laufs.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, in Verhandlungen mit Frankreich darauf hinzuwirken, daß eine Verpflichtung für grenznahe Standorte zum unverzüglichen grenzüberschreitenden Informationsaustausch über alle sicherheitstechnisch relevanten Ereignisse, insbesondere auch über die Abgabe von radioaktiven Stoffen, vertraglich festgelegt wird?
Herr Staatssekretär, ich würde sagen, auch wenn die Zusatzfrage nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den eingereichten Fragen steht, so gehört sie doch zu dem Komplex, so daß ich um Beantwortung bitte.
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, im Rahmen der von mir schon erwähnten deutschfranzösischen Kommission ist eine Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und Frankreich vorbereitet worden, die die sofortige Information bei Unfällen sicherstellen soll und nicht nur die zwischen dem Regierungspräsidenten in Freiburg und der Präfektur Colmar für das Kernkraftwerk Fessenheim getroffenen Absprachen abdeckt, sondern für alle Anlagen im Grenzbereich gelten wird. Der Vereinbarungstext wird zur Zeit den Ressorts und den Bundesländern zur Stellungnahme vorgelegt. Ich glaube, daß damit Ihrem Vorschlag Rechnung getragen ist.
Herr Abgeordneter Gerster.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie mit einem gewissen Vergnügen als Mitglied der Opposition darüber informieren, daß die deutsch-französische Kommission für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen bereits am 21./22. Mai getagt hat, um über das Problem Cattenom zu reden. Wären Sie bereit, mir bei Gelegenheit das Ergebnis dieser Beratungen mitzuteilen?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Ich bin dazu mit großem Vergnügen bereit, Herr Abgeordneter.
Meine Damen und Herren, wenn wir immer solche Wertungen „mit Vergnügen" hätten, wäre das Leben für uns alle sicher ein bißchen leichter.Der Herr Kollege Berger hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten beiden Fragen 17 und 18 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Die Fragen 19 und 20 des Herrn Abgeordneten Tillmann stehen im Zusammenhang miteinander. Ich würde deshalb vorschlagen, Herr Staatssekretär, daß sie gemeinsam beantwortet werden. Ich rufe jetzt die beiden Fragen auf:Ist es der Bundesregierung bekannt, daß bei Charterflügen ins Ausland sehr häufig keinerlei Paßkontrollen vorgenommen werden, z. B. bei Flügen nach Mombasa /Kenia bzw. auch bei Flügen von Mombasa nach Frankfurt/Main?Entspricht es nach Meinung der Bundesregierung den Sicherheitserfordernissen, wenn bei solchen Flügen auf jegliche Paßkontrolle verzichtet wird?Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, eine lückenlose grenzpolizeiliche Kontrolle — vor allem auf den Flughäfen — wäre aus Sicherheitsgründen zweifellos wünschenswert. Eine aboslute Verwirklichung dieses Ziels ist allerdings nicht in allen Fällen erreichbar, wenn man weder eine unrealistische Vermehrung des Kontrollpersonals noch einen Zusammenbruch des Abfertigungsbetriebs auf den Flughäfen in Kauf nehmen möchte. Und das möchten wir wohl alle nicht.
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12472 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979
Staatssekretär Dr. FröhlichIch darf Ihnen dafür einige beispielhafte Zahlen nennen, die das illustrieren: Auf dem Rhein-MainFlughafen in Frankfurt beträgt das derzeitige Aufkommen im grenzüberschreitenden Passagierverkehr täglich 30 000 bis 32 000 Personen. Auf dem Flughafen in Düsseldorf werden im Jahresdurchschnitt täglich allein im grenzüberschreitenden Charterflugverkehr rund 18 000 ankommende oder abfliegende Passagiere abgefertigt. Diese Zahl wird sich in den bevorstehenden Ferienmonaten bis auf 50 000 Personen am Tag erhöhen. Ich glaube, daß diese Zahlen für sich selbst sprechen.Selbstverständlich ist aber die Bundesregierung bemüht, im Rahmen des Möglichen die Kontrolldichte zu verbessern. Dies geschieht durch beträchtliche Personalvermehrungen; die Zahl der Planstellen für die Grenzschutzstellen auf den Flughäfen wurde in den vergangenen Jahren wesentlich erhöht. Auch das Personal zur Auffüllung dieser Stellen konnte zwischenzeitlich bereitgestellt werden. Sobald die notwendige besondere grenzpolizeiliche Ausbildung dieser Beamten abgeschlossen ist — das ist demnächst zu erwarten —, werden einzelnen Grenzschutzstellen bis zu 20 % mehr Beamte als bisher zur Verfügung stehen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da ich den Eindruck habe, da Sie meine zweite Frage nur sehr unvollkommen beantwortet haben, darf ich noch einmal nachfragen. Halten Sie es nicht doch für eine gewisse Gefährdung der Sicherheit in unserem Lande, wenn immer wieder solche Vorkommnisse von Reisenden gemeldet werden?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, es wird bis auf weiteres nicht möglich sein, eine lückenlose Kontrolle durchzuführen. Deshalb muß man ein Verfahren wählen, das am wenigsten sicherheitsriskant ist. Nach den Erfahrungen der Sicherheitsexperten bieten die Charterflüge aus einsichtigen Gründen ein relativ geringeres Sicherheitsrisiko als der allgemeine Linienverkehr, so daß es vertretbar ist, bei notwendigen Kontrollen bevorzugt Charterflüge von den Kontrollen freizustellen. Man muß aber darauf Wert legen, daß dies nach einem System geschieht, bei dem das Risiko, doch in Kontrollen zu geraten, nicht vorher berechenbar ist.
Ich frage mich, ob so eine Erörterung in diesem großen Kreise nicht ein Anreiz ist. Aber ich will das nicht vertiefen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Trotzdem noch eine Zusatzfrage, Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht, daß eine gewisse Diskrepanz besteht zwischen dieser doch vielleicht etwas lässigen Handhabung von Sicherheitsbestimmungen einerseits und der vor einiger Zeit bekanntgewordenen sehr strengen Praxis bei
Paßkontrollen mit der sogar fotografischen Regi-
strierung von Pässen und Ausweisen andererseits?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich möchte den Ausdruck „lässige Handhabung" nicht stehenlassen; das werden Sie verstehen. Aber Sie werden zugeben, daß man zum Beispiel in Düsseldorf nicht 50 000 Passagiere lückenlos kontrollieren kann. Das können Sie auch nicht mit Hunderten von Beamten machen, wenn Sie nicht den Flugverkehr völlig lahmlegen wollen. Wir müssen also in der Tat in Kauf nehmen, daß hier eine gewisse Anzahl von Passagieren unkontrolliert die Sperren durchschreitet.
Aber ich sehe auch keine Verbindung zu den Maßnahmen, die Sie erwähnt haben; denn hier werden selektiv besondere Gefahrenelemente einer besonderen Kontrolle unterzogen. Das sind gezielte Maßnahmen, die dann natürlich auch einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn verbürgen.
Ich glaube, gelegentlich lieber mal in den Ausschüssen über die Themen zu sprechen, könnte nicht schädlich sein.
Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Thüsing auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele der in der Bundesrepublik lebenden Cinti die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitzen, und wie lauten gegebenenfalls die entsprechenden Zahlen?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die von Ihnen erbetenen Angaben stehen mir nicht zur Verfügung. Zigeuner werden weder bei den Meldebehörden noch bei den anderen Behörden der Länder gesondert registriert, worin man im übrigen ja auch eine unzulässige Diskriminierung sehen könnte.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, geben Sie mir nicht Recht, daß das Problem dennoch besteht und daß es gerade auf dem Hintergrund der Verfolgungen und des Mordes an einem großen Teil der deutschen Zigeuner während der Zeit des Nationalsozialismus, was in unmittelbarem Zusammenhang steht mit der Tatsache, daß viele deutsche Zigeuner keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, unwürdig und dem Problem nicht angemessen ist, daß in Hunderten von Einzelfällen deutsche Zigeuner heute auf Erteilung der deutschen Staatsbürgerschaft klagen müssen, zum Teil mit Fragebögen, die eigens für diesen Personenkreis entwickelt wurden und die Fragen enthalten, die aus meiner Sicht der Dinge nur als diskriminierend betrachtet werden können?Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, Sie wissen, daß der Vollzug des Staatsangehörigkeitsgesetzes, also auch der Vollzug von Einbürgerungen, Sache der Länder ist, die hier in eigener
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979 12473
Staatssekretär Dr. FröhlichZuständigkeit handeln. Von Bundes wegen — und der Bund ist insbesondere für bestimmte allgemeine Richtlinien zuständig — gibt es für die Einbürgerung von Zigeunern keine — insbesondere natürlich keine diskriminierenden — Regelungen. Dem Bundesinnenminister ist auch nicht bekanntgeworden, daß bei der Einbürgerung von Zigeunern besondere Schwierigkeiten aufgetreten seien. Wenn Sie bestimmte Stellen kennen, die einen anderen Eindruck erwecken, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie uns dies zur Kenntnis brächten.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gibt es überhaupt noch Bemühungen der Bundesregierung, die notwendigen Informationen zur Lösung der Problematik der deutschen Cinti — wie die deutschen Zigeuner sich selber nennen — zu erhalten, damit vielfältige Probleme dieses Personenkreises entsprechen angegangen und gelöst werden können?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Es gibt bisher keine besonderen Regelungen für spezielle ethnologische Gruppen, was die Einbürgerungen betrifft. Daher haben wir auch keine gezielte, auf Zigeuner abgestellte Sonderregelungen für die Einbürgerung. Aber es gibt selbstverständlich das Bestreben, daß die Zigeuner in keiner Weise diskriminierend — insbesondere unter Berücksichtigung ihres von Ihnen erwähnten Schicksals — behandelt werden.
Im übrigen darf ich jedoch nochmals die Bitte wiederholen, Herr Abgeordneter, uns Mitteilung zu machen, wenn Sie Informationen haben, die es Ihnen wert erscheinen lassen, ihnen nachzugehen; wir werden das gern übernehmen.
Frau Abgeordnete Simonis hat ihre Fragen 22 und 23 zurückgezogen.
Der Herr Abgeordnete Ey ist nicht im Saal, so daß die Frage 24 schriftlich beantwortet wird. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 25 des Abgeordneten Dr. Kunz auf:
Schließt die Bundesregierung aus der Tatsache, daß der stellvertretende DKP-Vorsitzende Hermann Gautier in einer am 16. März 1979 in Hannover gehaltenen Rede keine Zweifel daran gelassen hat, daß die DKP die Aktion von Bürgerinitiativen gegen die geplante Einrichtung einer atomaren Entsorgungs- und
' Wiederaufbereitungsanlage in Gorleben solidarisch unterstützen werde, daß zwischen gewissen Bürgerinitiativen und kommunistischen Organisationen Aktionsabstimmungen und finanzielle Verbindungen bestehen?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, der Einfluß der DKP auf die Antikernkraftbewegung ist relativ gering. Die DKP distanziert sich von solchen Bürgerinitiativen, die Kernenergie generell ablehnen. Es ist auch klar, warum sie das tut. Sie polemisiert lediglich dagegen, daß Kernkraftwerke unter dem Einfluß von Großkonzernen stehen. Ferner behauptet die DKP, daß in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ausbau von Kernenergieanlagen die Voraussetzungen für die militärische Nutzung der Atomenergie geschaffen würden.
Die in Ihrer Frage zitierten Äußerungen des DKP- Vorsitzenden Hermann Gautier sind vor diesem Hintergrund zu sehen. Die Bundesregierung kann aus diesen Äußerungen nicht den Schluß ziehen, daß zwischen der DKP und gewissen Bürgerinitiativen Aktionsabstimmungen und finanzielle Verbindungen bestehen. Jedenfalls liegen ihr keine Nachweise hierfür vor.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung Kenntnis, aus welchen Quellen die sogenannten Bürgerinitiativen gegen die geplante Errichtung einer atomaren Entsorgungs- und Wiederaufbereitungsanlage in Gorleben finanziell gespeist werden und wurden?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die von Ihnen angesprochene Bürgerinitiative ist kein Beobachtungsobjekt der Sicherheitsbehörden. Wir haben deswegen keine Möglichkeiten, uns über ihre Finanzierungsquellen Kenntnis zu verschaffen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Thüsing.
Herr Staatssekretär, muß bei diesem Fragenkomplex nicht auch berücksichtigt werden, daß natürlich — und um so unwahrscheinlicher ist die auch von Ihnen bezweifelte Verbindung — die Haltung der DKP zur Kernkraft angesichts der Entwicklung der Kernkraft in der DDR und in den gesamten östlichen Staaten Europas außerordentlich zwiespältig ist?
Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Ich habe es vorhin kurz angedeutet, daß die DKP sich wohl schwertut, ihren Standpunkt in dieser Frage zu formulieren, Herr Abgeordneter.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung Hinweise darauf, daß die DKP mit der von Herrn Gautier betriebenen Kampagne Interessen der DDR im Hinblick auf die geographische Lage von Gorleben wahrnimmt?Dr. Fröhlich, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die DKP hat gewisse Beschwerden aufgenommen, ich muß eigentlich sagen: besorgte Erkundigungen, die von der DDR im Zusammenhang mit dem Gorleben-Projekt angestellt worden sind. Ich habe das hier wiederholt. Aber sie legt den Schwerpunkt ihrer Argumentation im Grund auf die Behauptung, daß in der Bundesrepublik im Gegensatz zu den sozialistischen Staaten die Kernkraft zur Stärkung der
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Staatssekretär Dr. FröhlichGroßkonzerne und nicht zur Stärkung der gesellschaftlichen Kräfte dient.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf.
Der Herr Abgeordnete Dr. Jahn hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 6 und 7 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Auch der Herr Abgeordnete Francke hat um schriftliche Beantwortung beider Fragen 26 und 27 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Dr. Wittmann hat ebenfalls um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 28 und 29 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Damit werden alle Fragen aus diesem Bereich schriftliche beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Haehser zur Verfügung.
Frau Abgeordnete Matthäus-Maier ist nicht im Saal. Ihre beiden Fragen 30 und 31 werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete von der Heydt Freiherr von Massenbach hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 32 und 33 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, das gegenwärtig geltende Kraftfahrzeugsteuersystem so umzugestalten, daß es im Interesse des Umweltschutzes Anreize zur Verminderung der Lärm- und Schadstoffentwicklung der Fahrzeuge bietet?
Herr Kollege, das Bundeskabinett hat am 16. Mai 1979 Beschlüsse gefaßt, die sich mit kontinuierlicher Energiepolitik und verstärktem Energiesparen befassen. Darin wird u. a. erklärt, die Kraftfahrzeugsteuer solle in einer möglichst energiesparenden und umweltfreundlichen Form gestaltet werden.
Welche Maßnahmen dazu im einzelnen in Betracht zu ziehen sind, bedarf eingehender Untersuchungen. Die Bundesregierung beabsichtigt, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode eine entsprechende Initiative für eine Gesetzesänderung zu ergreifen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung schon Hinweise darauf, daß die
Steigerungen der Kraftstoffpreise zu einem sparsameren Fahrverhalten geführt haben und damit eine Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer umweltpolitisch wünschenswert erscheint?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung hat keine Hinweise darauf, weil sie natürlich nicht in den Tank eines jeden Automobils hineinsehen kann.
Aber es würde einem natürlichen Verhalten der Mitbürger entsprechen, daß sie langsamer führen, wenn sie Geld sparen und damit Benzin einsparen wollten.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, schon jetzt den Vorschlag zu beurteilen, die Aufhebung der Kraftfahrzeugsteuer — bei gleichzeitiger, in Stufen durchgeführter Erhöhung der Mineralölsteuer — an die Einführung technischer Maßnahmen zur Minderung von Lärm- und Schadstoffemissionen zu koppeln?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich kann das heute noch nicht beurteilen, Herr Kollege Laufs, will aber doch sagen, daß bei dem bereits veranstalteten Hearing betreffend die Kraftfahrzeugsteuer u. a. bei dem Vorschlag, die Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer umzulegen, das Bedenken aufgekommen ist, daß manche Auto fahren wollen, andere Auto fahren müssen, z. B. die Pendler. Solche Dinge müssen bei der Neuordnung der Kraftfahrzeugsteuer berücksichtigt werden.
Herr Abgeordneter Stutzer, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung die große Kraftfahrzeugsteuerreform noch in dieser Legislaturperiode durchführen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe in der Antwort gesagt, daß die Bundesregierung beabsichtige, eine entsprechende Initiative zu Beginn der nächsten Legislaturperiode zu ergreifen.
DieFrage 35 des Abgeordneten Lenzer wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. — Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.Ich komme nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Staatssekretär Dr. von Würzen zur Verfügung.
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Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenIch rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Dr. Jens auf:Wie erklärt die Bundesregierung die außergewöhnlichen Preissteigerungen von Heizöl und die im Verhältnis dazu geringeren Preissteigerungen für Vergaserkraftstoff in der jüngsten Vergangenheit, und was hat sie bisher unternommen, um der Verdrängung der Freien Tankstellen Einhalt zu gebieten?Bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es trifft zu, Herr Abgeordneter, daß die Verbraucherpreise für leichtes Heizöl im Verhältnis zu den Tankstellenpreisen für Benzin stärker gestiegen sind. Der Preisanstieg betrug — ohne Steuern — seit Dezember vorigen Jahres bei Heizöl gut 50 %, bei Benzin zirka 10 %.
Als Gründe dafür können die sehr viel höhere Importabhängigkeit bei Heizöl — sie betrug im Jahre 1978 ca. 40 %, bei Benzin dagegen betrug sie nur ca. 20 % — sowie der stärkere Anstieg der Notierungen in Rotterdam bei Heizöl gegenüber Benzin angeführt werden. Sie wissen, daß der Bundesminister für Wirtschaft am 6. Juli ein Gespräch mit der Mineralölindustrie zur Versorgungslage und auch zu dem überproportionalen Anstieg der Heizölpreise führen will. Im übrigen hat Herr Staatssekretär Grüner in den vergangenen Wochen im Rahmen der Fragestunde wiederholt zur Heizölpreisentwicklung Stellung genommen und dabei auch darauf hingewiesen, daß unsere Versorgungsstruktur mit ihrer hohen Einfuhrabhängigkeit dazu zwingt, die vom Weltmarkt geforderten Preise zu zahlen, um die Versorgung hier nicht zu gefährden.
Was die Freien Tankstellen angeht, so hatte die Bundesregierung das Bundeskartellamt gebeten, die gegenwärtigen Schwierigkeiten der Tankstellen mit der Mineralölindustrie zu erörtern. Diese hat inzwischen ihre Bereitschaft erklärt, an einer zeitlich und mengenmäßig begrenzten Lösung mitzuwirken, die abrupte Strukturveränderungen zu Lasten der Freien Tankstellen vermeiden soll. Es werden zur Zeit noch technische Gespräche geführt; das Ergebnis soll in dem Gespräch beim Bundeswirtschaftsminister am 6. Juni festgelegt werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es denn richtig, was Pressemitteilungen zu entnehmen war, daß der Bundesminister für Wirtschaft davon gesprochen habe, daß die Freien Tankstellen und die freien Importeure nur noch eine begrenzte Überlebenschance hätten, und sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß wir den freien Tankstellen und den freien Mineralölunternehmen dafür zu danken haben, daß sie dafür gesorgt haben, das Preisniveau für die Verbraucher niedrig zu halten?
Herr Kollege, bringen Sie in der nächsten Zusatzfrage bitte nur eine Frage unter. — Bitte.
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Das letztere ist sicher richtig, Herr Abgeordneter Jens. Die Bundesregierung hat in ihren Energieprogrammen wiederholt die gegenwärtige Struktur des Mineralölproduktenabsatzes als richtig anerkannt. Sie besteht wesentlich in einem Nebeneinander der großen Mineralölfirmen und einer Vielzahl unabhängiger Händler. Wir haben dabei allerdings auch darauf hingewiesen, daß für jemanden, der sich allein in Rotterdam versorgt, die Gefahr besteht, in Schwierigkeiten zu geraten, wenn die Preise in Rotterdam anziehen und dieser Markt umschlägt.
Im übrigen haben wir es hier mit einer sehr unterschiedlichen Situation zu tun: Wir haben zum Teil Freie Tankstellen, die sowohl von den Konzernen als auch von den Importeuren versorgt werden. Wir haben aber auch einen kleineren Teil — in den Gesprächen mit dem Bundeskartellamt ist von ungefähr einhundert gesprochen worden —, der sich ausschließlich mit Importen aus Rotterdam versorgt. Ich glaube, es ist richtig zu sagen, daß hier eine gewisse Konkurrenz zwischen Sicherheit und Billigkeit bestanden hat und daß, wenn der Markt sich ändert, natürlich diese Tankstellen, die sich damals allein auf den Import eingestellt haben, zunächst einmal versuchen müssen, ihre Schwierigkeiten selbst zu lösen.
• Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Herr Kollege, Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, im Zusammenhang mit den hohen Ölpreisen ist aus Ihrem Hause verlautet, daß man daran denke, Heizölkostenzuschüsse wie gehabt zu zahlen. Denken Sie daran, daß diese Heizölkostenzuschüsse, um nicht eine zu große Bürokratie aufzurollen, vielleicht direkt an die Mineralölkonzerne mit der höflichen Bitte gegeben werden, doch einen Sozialrabatt zu gewähren?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Eine solche Auffassung ist im Bundeswirtschaftsministerium sicher nicht vertreten worden, Herr Abgeordneter Jens. Der Bundeswirtschaftsminister hat am Freitag in einer Pressekonferenz gesagt, daß die Bundesregierung die hohen Heizölpreise und das damit möglicherweise verbundene soziale Problem sieht. Er hat darauf hingewiesen, daß während der Mineralölkrise von 1973/74 ein Gesetz über die einmalige Zahlung eines Beitrages verabschiedet wurde. Wir prüfen gegenwärtig diese Frage erneut, haben aber noch keine Entscheidung getroffen.
Herr Abgeordneter Breidbach.
Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort darauf hingewiesen, daß nach Möglichkeiten gesucht wird, abrupte Strukturveränderungen bei der Versorgungssituation durch freie und farbige Tankstellen zu vermeiden. Heißt das, daß die Mineralölkonzerne nach Ihren Informationen an einer gleitenden Strukturveränderung interessiert sind und würden Sie ein Marktverhalten, das auf eine gleitende Strukturverände-
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Breidbachrung hinzielt, stützen und damit unter Umständenauf das System der Freien Tankstellen verzichten?Dr. von Würzen, Staatssekretär: Nein, wir wollen nicht auf das System der Freien Tankstellen verzichten. Die Mineralölindustrie hat in einem Gespräch vor einiger Zeit die Forderung des Energieprogramms bestätigt, daß in Krisensituationen niemand auf eine grundsätzliche Veränderung der Marktstruktur hinarbeiten soll. Wenn ich mich auf bruchartige Entwicklungen bezogen habe, dann meinte ich den kleineren Teil der Tankstellen, die sich nur aus Rotterdam versorgt haben und die jetzt in Schwierigkeiten gekommen sind. Wir sind der Meinung, daß man hier bruchartige Entwicklungen verhindern sollte.
Herr Abgeordneter Gerster.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß sich der Staat durch die mit den Preiserhöhungen bedingten Steuermehreinnahmen ungerechtfertigt bereichert und von daher eine Steuersenkung in diesem Bereich geboten und gerechtfertigt ist?
Der Zusammenhang ist hier nicht ganz einfach herzustellen. Herr Staatssekretär, wollen Sie dazu etwas sagen?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Ich kann eigentlich nur sagen, daß ich die Erhebung eines richtigen Steuersatzes nicht als Bereicherung ansehe und daß Erwägungen, die Steuer zu senken, nicht bestehen.
Letzte Frage des Abgeordneten Conradi.
Herr Staatssekretär, halten Sie die Annahme für berechtigt, daß die wesentlich höheren Preissteigerungen für Heizöl — verglichen ;mit den Preissteigerungen bei Benzin — damit zusammenhängen, daß die Konzerne befürchten müssen, daß die Benzinkunden ausweichen können — entweder durch geringere Fahrleistungen oder Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr —, während der Heizölkunde, dessen Tank leer ist, nicht ausweichen kann?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich sagte schon, daß man eine ganze Reihe von Gründen anführen kann, die mit der unterschiedlichen Einfuhrabhängigkeit von Benzin und Heizöl und der unterschiedlichen Steigerung der Preise in Rotterdam zusammenhängen. Ob sonstige Erwägungen eine Rolle gespielt haben, darüber möchte ich mich hier nicht äußern. Es ist gerade das Ziel der Gespräche am 6. Juni, mit der Mineralölindustrie zu diskutieren, wie diese Preisgestaltung zustande kommt und welches ihre Gründe sind.
Ich rufe die Frage 37 des Abgeordneten Dr. Jens auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Tatbestand, daß die OPEC-Länder ihre Rohölproduktion dem Vorjahr gegenüber heraufgesetzt haben, die Raffineriekapazitäten in der Bundesrepublik nicht ausgelastet sind und dennoch die Mineralölkonzerne die Lieferung von Heizöl bereits repartiieren, und was unternimmt die Bundesregierung, um die Versorgung mit Heizöl für die Zukunft sicherzustellen?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Ich kann nicht bestätigen, daß die OPEC-Länder ihre Rohölproduktion gegenüber dem Vorjahr heraufgesetzt haben. Nach unseren Informationen entspricht die Förderung dem Durchschnitt des Vorjahres. Das erste Quartal lag etwas unter der Förderung. Gegenwärtig liegt die Förderung etwas über dem Vorjahresstand. Allerdings muß man dazu gleich sagen, daß der Verbrauch der in der Internationalen Energieagentur zusammengeschlossenen Länder in den ersten Monaten dieses Jahres knapp 2 % über dem des Vorjahres lag.
Es ist auch richtig, daß die Raffineriekapazitäten der Bundesrepublik auch heute noch nicht voll ausgelastet sind. Das hat eine Reihe von Gründen. Obwohl in den letzten Jahren zusätzliche Konversionskapazitäten geschaffen wurden, war die Auslastung der Raffinerien immer noch durch die Absatzmöglichkeiten des schweren Heizöls begrenzt. Immerhin hat die Erhöhung der Kapazität zur Folge gehabt, daß Rohöleinfuhr und Rohöldurchsatz im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind und die Produktimporte entsprechend zurückgegangen sind. Einer noch höheren Auslastung steht darüber hinaus auch die begrenzte Rohölverfügbarkeit entgegen.
Der Bundesregierung sind Lieferkürzungen durch die Mineralölgesellschaften im Bundesgebiet im Rahmen ihrer traditionellen Absatzkanäle bisher nicht bekannt geworden. Es ist allerdings richtig, daß eine Raffineriegesellschaft vorsorglich die Möglichkeit von Lieferkürzungen angekündigt hat.
Was die Sicherstellung der Heizölversorgung angeht, so sieht die Bundesregierung eigentlich in einem Festhalten an der marktwirtschaftlichen Ordnung dieses Ölmarkts in Verbindung mit einer Intensivierung der Bemühungen um sparsame und rationellere Verwendung die sicherste Gewähr für eine ausreichende Versorgung.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht, daß angesichts der Preissteigerungen sowohl im Mineralölbereich als auch im Bereich der Vergaserkraftstoffe und der offenbar deutlichen Steigerung der Nachfrage bloße Appelle einfach nicht mehr ausreichen, um auf diese Nachfrage drosselnd zu wirken?Dr. von Würzen, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen nicht bestätigen, daß wir bei uns einen nachhaltigen Verbrauchszuwachs haben. Die Absatzentwicklung der Mineralölprodukte insgesamt von Januar bis April 1979 ist plus minus Null. Das
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Staatssekretär Dr. von Würzenist natürlich bei den einzelnen Produkten unterschiedlich, aber so ist es insgesamt.
Wenn das Wetter ein bißchen besser gewesen wäre, stünde es vielleicht auch beim Heizöl ein bißchen günstiger.
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, denken Sie angesichts der Turbulenzen auf dem Mineralölmarkt unter Umständen daran, einen Vorschlag der Monopolkommission aufzugreifen, der darauf hinausläuft, regulierte Industriezweige aufzubauen, wie sie aus den Vereinigten Staaten bekannt sind, und denken Sie vielleicht auch daran, im Rahmen einer Novellierung des Statistikgesetzes von den Mineralölkonzernen bessere Informationen zu erbitten?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Eine Verbesserung des Statistikgesetzes hat die Bundesregierung, soweit ich sehe, nicht vor. Wir können uns eigentlich über die Kooperationsbereitschaft der Mineralölgesellschaften, wenn wir bestimmte Zahlen haben wollen, nicht beklagen. Bisher hat das immer funktioniert.
Zu regulierten Märkten kann ich nur sagen, daß die freie Struktur unseres Mineralölmarktes in den vergangenen Jahren zu einer ausreichenden und preisgünstigen Versorgung geführt hat. Jetzt haben wir natürlich, wie ich vorhin sagte, gewisse Rückwirkungen auf die Preise, die sicher nicht unbeachtlich sind. In dieser Situation ist es aber, wie ich glaube, von entscheidenderer Bedeutung, daß die Versorgung gesichert ist. Dies hat die gegenwärtige Marktstruktur bisher immer noch am besten geleistet.
Herr Abgeordneter Thüsing, Sie wollen noch eine Zusatzfrage stellen.
Herr Staatssekretär, entspricht es eigentlich der von Ihnen in der Antwort erwähnten marktwirtschaftlichen Ordnung, daß Preissteigerungen bei den Kosten, die den Herstellern in Höhe von 5 bis 7 oder 8 % entstanden sind, um 20 % erhöhte Preisforderungen gegenüberstehen?
Herr Kollege, ich muß offen gestehen, ich kann den Zusammenhang mit der eingereichten Frage leider nicht sehen. Ich habe auch nicht das Gefühl, daß der Herr Staatssekretär einen unmittelbaren Zusammenhang sieht. Ich gebe daher dem Herrn Abgeordneten Conradi die Möglichkeit zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich will den Zusammenhang herstellen, indem ich auch wie mein Vorgänger, der Abgeordnete Thüsing, direkt an Ihre Worte von den marktwirtschaftlichen Prinzipien, die Sie in die Fragestunde eingeführt haben, anknüpfe: Wie sehen Sie die Funktionsweise marktwirtschaftlicher Prinzipien auf dem Mineralölmarkt,
wenn bei ständiger Verknappung des Angebots eine Marktmacht der Anbieter entsteht, die es ermöglicht, jeden beliebigen Preis zu nehmen? Wie funktionieren dann die von Ihnen ins Gespräch gebrachten marktwirtschaftlichen Grundsätze noch?
Sie haben den Faden gerade noch erreicht.
— Herr Kollege, das ist genau der Punkt, der nach der Geschäftsordnung leider nicht zulässig ist. Ich habe aber gerade noch eine gewisse Verbindung Ihrer Frage mit der ursprünglichen Frage erkennen können. Ich lasse Ihre Frage deshalb zu. Ich bitte aber dringend darauf zu achten, daß nicht die gegebene Antwort für die Zusatzfrage entscheidend ist. Bitte.
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich habe das Gefühl, daß die Situation gar nicht so ist, daß hier alle Preise genommen werden können und genommen werden. Bei den Benzinpreisen ist es gegenwärtig so, daß wir einen sehr hohen Preis in Rotterdam und einen niedrigeren Abgabepreis der Raffineriegesellschaften hier im Bundesgebiet haben, so daß wir — leider zum Nachteil der Freien Tankstellen — immer noch einen Preis haben, der unter dem Preis von Rotterdam liegt. Dies hat dazu geführt, daß wir in der europäischen Benzinpreisskala immer noch im unteren Drittel liegen. Es ist also nicht so, daß hier etwa von einem Preisdiktat gesprochen werden kann und jeder schlechthin jeden Preis fordern kann.
Der Herr Abgeordnete Gansel hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Fragen 38 und 39 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Auch der Herr Abgeordnete Dr. Spöri hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Fragen 40 und 41 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Sick auf:Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um zu verhindern, daß die von der angespannten Versorgungslage auf dem Mineralölmarkt insbesondere betroffenen Freien Tankstellen des mittelständischen Bereichs nicht durch Ausfall von Lieferungen in ihrer Existenz bedroht werden?Herr Staatssekretär.Dr. von Würzen, Staatssekretär: Von der angespannten Versorgungslage sind vor allen Dingen die Freien Tankstellen betroffen, die sich in der Vergangenheit ganz oder überwiegend aus Importen versorgt haben, weil Rotterdam die angespannte Versorgungslage zur Zeit überproportional widerspiegelt und in seinen Notierungen über dem Inlandsmarkt liegt. Grundsätzlich gehört die Sicherung der eigenen Versorgung — damit komme ich
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Staatssekretär Dr. von Würzenauf den Punkt zu sprechen, den wir hier schon zum Teil berührt haben — zu den wesentlichen unternehmerischen Aufgaben der Tankstellen selbst. Soweit die Unternehmen bewußt auf eine Importversorgung, die nach den Erfahrungen der Jahre 1973/ 1974 erkennbar ihre Risiken hat, gesetzt haben, müssen sie zunächst auch die Folgen dieser Risiken in erster Linie selbst tragen.Die Bundesregierung tritt dennoch dafür ein, daß, wie ich gesagt habe, bruchartige Strukturveränderungen vermieden werden. Sie hat deshalb das Bundeskartellamt gebeten, die entsprechenden Gespräche zu führen. Sie haben zu dem Ergebnis geführt, das ich eben auf die Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Jens mitgeteilt habe.
Herr Kollege Sick, Sie haben eine Zusatzfrage.
Unter Verwertung dessen, was eben bereits gesagt worden ist, kann ich mich auf eine Zusatzfrage beschränken. Herr Staatssekretär, wir haben es hier mit einem stark monopolistischen Markt zu tun. Ist die Regierung auch der Auffassung, daß es aus Gründen des Gleichgewichts am Markt wie auch aus Preisgestaltungsgründen wichtig ist, die Strukturkomponente „Mittelstand" in diesem monopolistisch strukturierten Markt nach Möglichkeit zu erhalten, und zwar unter Aufrechterhaltung der ordnungspolitischen Grundsätze, die uns sicher verbinden?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Ja, sicher. Es bleibt dabei, daß wir nach wie vor an einer ausgewogenen Struktur des Mineralölmarktes interessiert sind, in der große und kleine Unternehmen zusammenwirken. Wir müssen allerdings sehen, daß diese Struktur natürlich nichts Statistisches ist und daß wir nicht zu einer absoluten Strukturkonservierung kommen können. Wenn die Marktverhältnisse sich so nachhaltig ändern, daß Rotterdam auf längere Zeit eine äußerst hohen Preis hat, wird sich auch die Struktur hier ändern. Dazu wird es ungeachtet dessen kommen, daß wir selbstverständlich daran interessiert sind, daß wir hier eine breite Streuung haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Breidbach.
Herr Staatsekretär, darf ich Ihre beiden letzten Antworten so werten, daß die Bundesregierung der Auffassung ist, daß die derzeitige Situation der Freien Tankstellen, bedingt durch die Zustände auf dem Rotterdamer Markt, ihre Ursachen nicht in Wettbewerbsverzerrungen oder in marktwirtschaftlich nicht vertretbaren Struktursituationen hat, sondern daß die Entwicklung ausschließlich nach normalen Wettbewerbsregeln der Marktwirtschaft abläuft?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Im Prinzip würde ich sagen: ja. Wenn sich dort irgendwer kartellwidrig verhalten sollte, kann das Bundeskartellamt natürlich eingreifen. Im Grundsatz sind es aber die Wirkungen der Marktveränderung in Rotterdam.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr
Staatssekretär, wie in allen Fällen gehört natürlich dazu, daß man im Kartellamt über die Vorgänge informiert sein muß.
Ich rufe die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Pfeffermann auf:
Worin sieht die Bundesregierung die Ursache dafür, daß die Dieseleinkaufspreise für die Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs gegenüber dem Durchschnitt des Jahrs 1978 um 24 v. H. gestiegen sind, während der Tankstellenpreis für Markendieselkraftstoff im Vergleichszeitraum nur um 6 v. H. stieg?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, es trifft zu, daß die Dieseleinkaufspreise für die Unternehmen des öffentlichen Personenverkehrs wie im gesamten Großverbrauchergeschäft in den vergangenen Monaten stärker gestiegen sind als die Tankstellenpreise für Markendieselkraftstoff. Trotz dieses erheblich stärkeren Anstiegs bleiben aber die im Großverbrauchergeschäft geforderten Preise noch beträchtlich hinter dem Tankstellenpreisniveau zurück. Als Gründe für diese unterschiedliche Preisentwicklung kann man folgendes anführen. Bei dem Tankstellen- und dem Großverbrauchergeschäft handelt es sich um zwei unterschiedlich strukturierte Märkte. Über die Tankstellen fließt weniger als ein Fünftel des Dieselkraftstoffabsatzes. Dieser kleinere und damit weniger bedeutende Teilmarkt weist nicht die gleichen Wettbewerbsverhältnisse wie das Direktgeschäft auf. Dieses Direktgeschäft ist und war hart umkämpft. Die niedrigen Rotterdamer Preise bildeten in den vergangenen Jahren immer den Maßstab auf diesem Markt. Dieser Preisdruck billiger Importware fehlt gegenwärtig, da die Rotterdamer Notierungen über dem Inlandspreisniveau liegen und damit als Preisregulativ ausfallen.
Herr Kollege, Zusatzfrage.
Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen dieser Kostensteigerungen auf die Fahrpreise im öffentlichen Personennahverkehr?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Ich kann hier nicht die Kalkulationen der Unternehmen im öffentlichen Nahverkehr nachvollziehen. Aber Sie wissen, daß wir bereits mehrfach unsere Besorgnis bezüglich der Steigerung des allgemeinen Preisniveaus, die durch diese Produktpreissteigerung entstehen könnte, zum Ausdruck gebracht haben. Welche Bedeutung das im einzelnen hat, weiß ich nicht. Ich kann aber versuchen, dies nachzuvollziehen, und Ihnen die Frage dann schriftlich beantworten.
Herr Staatssekretär, stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß gerade angesichts der gegenwärtigen und zukünftig zu erwartenden Energiesituation die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs erhalten werden muß und Fahrpreiserhöhungen dieser
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PfeffermannNotwendigkeit genau zuwiderlaufen, und was beabsichtigen Sie gegebenenfalls in dieser Richtung zu unternehmen?Dr. von Würzen, Staatssekretär: Es tut mir leid, aber ich bin nicht für die Verkehrspolitik zuständig, so daß ich das besser meinem Kollegen aus dem Verkehrsministerium überlassen sollte.
Herr Kollege, Sie haben die Möglichkeit, dazu weitere Fragen einzubringen. Das ist ein Thema, das bekanntlich viele Kollegen in diesem Hause interessiert.
Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Breidbach auf:
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß im Falle einer wirtschaftlich vertretbaren Verflüssigung und Vergasung von Kohle das Potential der deutschen Kohle ausreicht, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung in der Beschaffung von Steinkohle für den Fall, daß dieses Potential nicht ausreichend ist?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Die Verflüssigung und Vergasung deutscher Steinkohle, Herr Abgeordneter, ist in absehbarer Zeit nicht wirtschaftlich. Anders sind die Verhältnisse bei der heimischen Braunkohle, deren Umwandlung zu Synthesegas bereits heute nahezu wirtschaftlich sein dürfte. Sollten auf längere Sicht die wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen zur Verflüssigung und Vergasung von Steinkohle gegeben sein, so wird die daraus resultierende hohe Nachfrage sicherlich nicht allein aus dem heimischen Förderpotential gedeckt werden können.
Die Bundesregierung wird rechtzeitig prüfen, in welcher Weise die notwendigen Voraussetzungen zum Abschluß längerfristiger Verträge über den Import von Drittlandskohle geschaffen werden könnten oder müßten, um den Investoren im Inland oder in den Förderländern in einem solchen Fall eine entsprechende Sicherheit geben zu können.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort so werten, daß Sie in jedem Falle langfristig zur Stützung der Kohlevergasung, für die nach Ihrer Aussage die heimische Kohle allein wahrscheinlich nicht ausreichen wird, Importmöglichkeiten für Steinkohle mit schaffen werden und eventuell auch Investitionen in Kohleförderländern mit dem Ziel höherer Beteiligungen und damit einer größeren Liefersicherheit für Steinkohle aus solchen Ländern begrüßen würden?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, angesichts der vielen Unwägbarkeiten in bezug auf die wirtschaftlichen Faktoren, die da eine Rolle spielen, d. h. die Entwicklung der Benzinpreise, die Entwicklung sonstiger Produktpreise, die Entwicklung der Kohleförderung und des Bedarfs, würde ich hier nur ungern eine solche Prognose abgeben.
Ich kann Ihnen eigentlich nur bestätigen, daß die Bundesregierung auch im Rahmen der Internationalen Energieagentur an dem Kohleaktionsprogramm mitarbeitet, das dazu dienen soll, die Investitionen in Kohle zu erhöhen, die zu verstärkten Möglichkeiten des Handels mit Kohle führen. Angesichts aller uns zur Verfügung stehenden Analysen über die künftige Entwicklung des Energiebedarfs wissen wir, daß wir jede Energiequelle zu nutzen haben und daß Steinkohle, insbesondere Steinkohle außerhalb unserer Grenzen, ein Rohstoff ist, der noch in großer Menge verfügbar ist.
Herr Kollege, Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Vorausgesetzt, die Liefersicherheit ist gewährleistet: Wäre es dann nicht notwendig, auch über den nächsten Schritt nachzudenken und sich schon heute um Standorte zu bemühen, an denen die an uns gelieferte und bei uns geförderte Steinkohle vergast und veredelt werden könnte?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Wenn sich Unternehmen, die das primär machen müssen, um ausländische Fördermöglichkeiten bemühen, so ist das sicher ihre unternehmerische Entscheidung.
Herr Abgeordneter Müller , Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, was hat die Bundesregierung in der Vergangenheit getan — oder hat sie die Absicht, entsprechende Forschungsaufträge zu vergeben —, um die Verflüssigung oder Vergasung von Kohle irgendwie wirtschaftlich zu machen?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Der Forschungsminister hat eine ganze Fülle von Forschungsmitteln gegeben. Sie finden alles das, was getan worden ist, in der Fortschreibung des Energieprogramms. Das Kabinett hat in seinem Beschluß vom 16. Mai ebenfalls niedergelegt, daß diese Dinge noch einmal überprüft werden sollen, insbesondere mit dem Ziel, noch zusätzliche Demonstrationsanlagen zu bauen. Das war einer der Gegenstände der Beschlüsse vom 16. Mai.
Eine
letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.
Herr Staatssekretär, in Ergänzung der Fragen des Kollegen Breidbach möchte ich Sie folgendes fragen: Wird von Ihrem Hause aus untersucht oder sind Überlegungen angestellt worden, wieweit auch die Zuckerrübenwirtschaft herangezogen werden kann, um auch auf diesem Gebiet zu neuen Erkenntnissen über Brennstoffe zu gelangen?
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12480 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979
Herr Kollege Josten, ich bin natürlich sehr glücklich, daß wir von der Kohle noch auf heimische landwirtschaftliche Produkte kommen. Das muß das helle Entzücken der Agrarpolitiker des Hauses erwecken. Aber ich bitte um Verständnis, daß ich die Frage in der Form leider nicht zulassen kann.
Ich rufe Frage 45 des Herrn Abgeordnten Stockleben auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 46 des Herrn Abgeordneten Paintner auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 47 des Herrn Abgeordneten Hansen auf. — Der Abgeordnete Hansen ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 48 des Herrn Abgeordneten Kittelmann auf:
Welche konkreten Ergebnisse hat die Berlin-Gesprächsrunde führender deutscher Wirtschaftsmanager mit der Bundesregierung gebracht?
Ich glaube, Herr Kollege, die beiden von Ihnen eingereichten Fragen stehen in einem gewissen Zusammenhang, wenn ich das richtig sehe. Wären Sie mit einer gemeinsamen Beantwortung einverstanden? —
— Aber bitte, das ist Ihr gutes Recht. — Herr Staatssekretär.
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Bei der Gesprächsrunde vom 15. Mai handelte es sich um einen kleinen Kreis von Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, der auf persönliche Einladung des Bundeskanzlers zusammengekommen war, um die Berlin-Probleme zu erörtern. Zweck war ein vertraulicher Gedankenaustausch über die wirtschaftliche Lage und die Zukunft Berlins.
Dabei sind sowohl die bestehenden günstigen Rahmenbedingungen erörtert worden wie auch vor allem die Möglichkeiten, die sich daraus für ein verstärktes Engagement der Wirtschaft insbesondere auf den Gebieten der Auftragsvergabe und der Investitionen ergeben.
Wir meinen, daß die erörterten Aspekte sicherlich in die längerfristigen unternehmensinternen Überlegungen einbezogen werden und für die Beteiligten sicher auch Anlaß sind, bilateral die Gespräche mit dem Ziel eines zusätzlichen firmenspezifischen Engagements in Berlin fortzusetzen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß die Ergebnisse in keinem Verhältnis zu dem vorher gemachten publizistischen Aufwand stehen, mit dem auf diese Gespräche hingewiesen wurde?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Das kann ich Ihnen nicht bestätigen, Herr Abgeordneter. Ich meine, daß in Gesprächen zwischen führenden Unternehmern der Bundesrepublik, dem Bundeskanzler und dem Regierenden Bürgermeister sehr viele Anregungen gegeben worden sind. Ich glaube, dort ist nicht der Kreis, wo etwa die Entscheidungen zu treffen sind, die in den Vorständen und Aufsichtsräten der Unternehmen getroffen werden. Dort werden nämlich die Investitionsentscheidungen gefällt. Das kann man in dem von Ihnen angesprochenen Kreis nicht entscheiden. Deshalb sage ich: Anregungen aus diesem Kreis werden nach unserer Meinung voraussichtlich in die Überlegungen der Firmen eingehen. Auch nach den ersten Gesprächen des Bundeskanzlers in Berlin sind ja nützliche Unternehmensentscheidungen vollzogen worden.
Wollen
Sie noch eine Zusatzfrage stellen?
— Bitte.
Herr. Staatssekretär, ich darf meine Frage wiederholen: Geben Sie mir zu, daß sich der Eindruck, den man unmittelbar nach dem Gespräch gewonnen hatte, nach Ihrer Antwort bestätigt hat, nämlich daß außer Reden in dieser Runde im Hinblick auf Ergebnisse nichts geschehen ist?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Diesen Eindruck kann ich Ihnen nicht bestätigen, Herr Abgeordneter.
— Ich glaube nicht, daß man sagen kann, außer Reden sei nichts gewesen. Diese Gespräche haben ihren Sinn in dem Meinungsaustausch und in den Anregungen. Ich wiederhole, man kann nicht erwarten, daß dann Investitionsentscheidungen in dieser Runde gefällt werden.
Herr Kollege, wir sollten in der Demokratie auch nicht den Umkehrschluß ziehen, daß, wann geredet wird, auch etwas geschehen sei.
Herr Abgeordneter Kunz.
Herr Präsident, nach diesem sehr gefährlichen Schluß noch eine Frage zu stellen ist doppelt schwierig. — Herr Staatssekretär, ich darf Sie bitte fragen, ob Sie mit mir die Auffassung teilen, daß Gespräche des Bundeskanzlers dieser Art insbesondere dann von grö-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979 12481
Kunz
ßerer Konkretheit sein könnten, wenn Bundesunternehmen in bezug auf weitere Investitionstätigkeit in Berlin beispielhaft vorangehen könnten, und zwar meßbar.Dr. von Würzen, Staatssekretär: Ich bin der Meinung, Herr Abgeordneter, daß Bundesunternehmen den gleichen Gesetzen unterliegen wie andere, in Privatbesitz befindliche Unternehmen. Sie sollten Entscheidungen treffen, die wirtschaftlich vernünftig sind und dabei gleichzeitig die besondere Situation Berlins berücksichtigen.
Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, wie viele bei dieser Gesprächsrunde vertretene Unternehmungen haben denn bereits konkret in Aussicht gestellt, daß sie Investitionen in Berlin tätigen wollen?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Nach der Runde hat niemand solche Dinge in Aussicht gestellt. Ich wollte in den Antworten bloß klarmachen, daß solche Gespräche einen Sinn haben, wenn man sich über die Bedürfnisse und über das verständigt, was zu geschehen hat. Sicher werden die Anregungen, die dort gegeben werden, auch in den Entscheidungen der dafür zuständigen Firmenorgane Bedeutung erlangen.
Ich rufe die Frage 49 des Abgeordneten Kittelmann auf:
Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch darin, einerseits Investitionen in Berlin anzuregen und andererseits einen zunehmenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in der Stadt zu verzeichnen, und wie hat sie diesen Widerspruch gegebenenfalls erläutert?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung sieht keinen Widerspruch darin, bei einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in einzelnen Bereichen in Berlin gleichzeitig zu weiteren Investitionen dort anzuregen. Die Vergangenheit hat gezeigt, daß größere Investitionen in Berlin und die Aufnahme neuer Firmenaktivitäten immer eine Sogwirkung auf Arbeitskräfte nach Berlin — etwa aus Westdeutschland — hervorgerufen haben.
Im übrigen handelt es sich dabei nicht um ein spezielles Berliner Problem — auf der einen Seite Investitionen und auf der anderen Seite Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in bestimmten Bereichen —, sondern um ein Problem, das überall aufkommen kann. Wegen der besonderen Situation Berlins beschäftigen sich Senat und Bundesregierung mit dieser Frage besonders.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir ein konkretes Beispiel für die von Ihnen dargestellte erfreuliche Sogwirkung nennen?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Ich kann Ihnen nur sagen, daß seit 1975 Jahr für Jahr immer noch knapp 10 000 Westdeutsche in Berlin ihre Arbeit aufnehmen. Das sind die Zahlen.
Herr Staatssekretär, geben Sie mir zu, daß die in Berlin in Verlust geratenen Arbeitsplätze — Sie erwähnten eben, daß welche dazugekommen sind — unverhältnismäßig zahlreich sind? Daran darf ich die Frage anknüpfen: Wenn Ihnen dies bewußt ist — davon gehe ich aus —, warum antworten Sie dann in solcher Form?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, es ist in der Tat richtig, daß in Berlin in den letzten Jahren mehr Arbeitsplätze verlorengegangen sind — das kann ich nicht bestreiten — und daß wir eine gewisse ungleichmäßige wirtschaftliche Entwicklung bei der Inlandsproduktion zwischen Berlin und der Bundesrepublik zu verzeichnen hatten. Allerdings hat sich diese ungleichmäßige Entwicklung im letzten Jahr wieder in einen Gleichklang verwandelt.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Müller.
Herr Staatssekretär, ich unterstelle, daß Sie mir jetzt nicht aus dem Handgelenk irgendwelche Zahlen angeben können. Aber wären Sie bereit, mir eine Aufstellung darüber zukommen zu lassen, •in welchem Umfang, mit welchen Mitteln welche Facharbeiter in den letzten drei Jahren in der Bundesrepublik angeworben worden und in Berlin geblieben sind?
Dr. von Würzen, Staatssekretär: Soweit uns das möglich ist, werde ich es gern tun, Herr Abgeordneter.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Verständnis, daß Fragen, die nicht vorher schriftlich eingereicht worden sind, nicht auf diese Weise zum Gegenstand der Fragestunde gemacht werden sollten.Die Frage 62 des Abgeordneten Dr. Reimers wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.Es folgen jetzt die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Gallus zur Verfügung.Auch die Frage 1 des Abgeordneten Dr. Reimers wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 2 des Abgeordneten Horstmeier auf:Ist damit zu rechnen, daß die Bundesregierung zur Einführung des Berufsgrundbildungsjahres in die landwirtschaftliche Ausbildung eine Rechtsverordnung erläßt, und wenn ja, wie wird sie aussehen?
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12482 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979
Herr Kollege Horstmeier, die Bundesregierung beabsichtigt, durch den für die Berufsausbildung in der Landwirtschaft zuständigen Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eine Rechtsverordnung über die Anrechnung eines Berufsgrundbildungsjahres in der Landwirtschaft zu erlassen. Die Verordnung wird sich an die entsprechende, vom Bundesminister für Wirtschaft für den gewerblichen Bereich erlassene Verordnung vom 17. Juli 1978 — Bundesgesetzblatt I, Seite 1601 — anlehnen. Sie wird die Anrechnung eines erfolgreichen Besuchs eines schulischen Berufsgrundbildungsjahres und der einjährigen Berufsfachschule als erstes Jahr der Berufsausbildung auf die Ausbildungszeit in anerkannten Berufen der Landwirtschaft regeln. Der Verordnungsentwurf ist am 25. Mai 1979 dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet worden.
Ich gehe davon aus, daß die Verordnung am 1. August 1979 in Kraft treten kann.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann man, wenn diese Verordnung in Kraft tritt, damit rechnen, daß das erste Ausbildungsjahr bundeseinheitlich .voll als Berufsgrundbildungsjahr angesehen werden kann?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Damit kann man rechnen. Aber es liegt bei den Ländern, das zum gegebenen Zeitpunkt einzuführen. Gegenwärtig ist die Situation sehr unterschiedlich. Als erstes Land hat Nordrhein-Westfalen am 1. August 1978 das Berufsgrundbildungsjahr für die Landwirtschaft eingeführt. Niedersachsen führt es zum 1. August 1979 ein. Bayern führt das Berufsgrundbildungsjahr bisher nur in einem Regierungsbezirk — Unterfranken — durch.
Herr Abgeordneter Stutzer, jetzt haben wir nach einem großen Rundbogen Ihr Thema wieder erreicht. Ich rufe Frage 64 des Abgeordneten Stutzer auf:
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, daß im Rahmen von Tierversuchen eine große Anzahl von Tieren ohne Betäubung grausam gequält — z. B. geblendet, verbrüht, gelähmt, zerstückelt, vergiftet, eingefroren und wieder aufgetaut, in Raten ertränkt und erstickt — wird, und ist der Bundesregierung bekannt, in wie vielen Fällen 1978 die zuständigen Behörden einen Verstoß gegen § 9 des Tierschutzgesetzes feststellten, der geahndet werden mußte?
Herr Staatssekretär.
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stutzer, der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, daß im Rahmen von Tierversuchen eine größere Anzahl von Tieren ohne Betäubung — wie in der Frage formuliert — grausam gequält wird. Dagegen sind der Bundesregierung entsprechende Darstellungen und Behauptungen in Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen mit meist gleichlautender Textierung durchaus bekannt. Soweit eine Nachprüfung möglich war, stellte sich oft ein anderer als der behauptete Sachverhalt heraus, zum Teil stammten die Bilder aus ausländischen Quellen, oder die betreffenden Versuchsanstellungen lagen vor der Zeit des Inkrafttretens des Tierschutzgesetzes, dem 1. Oktober 1972.
In diesem vom Gesetzgeber einstimmig angenommenen Gesetz regelt § 9 Abs. 1 Nr. 4 in detaillierter und sehr restriktiver Form die Möglichkeit von Versuchen an Tieren ohne Betäubung. Mit seinem Urteil über die Unvermeidbarkeit eines solchen Versuchsansatzes trägt der wissenschaftliche Leiter eines solchen Versuches vor dem Gesetz die volle Verantwortung; er steht zugleich auch in der Pflicht, seine wissenschaftlichen Versuchsansatz vor den nach Landesrecht zuständigen Behörden zu vertreten, die gemäß § 16 Abs. 1 Einrichtungen, in denen Tierversuche durchgeführt werden, zu beaufsichtigen haben.
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob seitens der zuständigen Behörden der Länder 1978 Verstöße gegen § 9 des Tierschutzgesetzes festgestellt und geahndet werden mußten. Nach Art. 83 des Grundgesetzes führen die Länder das Tierschutzgesetz als eigene Angelegenheit aus.
Hinsichtlich der Möglichkeit, statistische Unterlagen im Zusammenhang mit der Vornahme von Tierversuchen zu erfassen, darf ich zudem auf die Antwort der Bundesregierung vom 27. November 1978 — Drucksache 8/2320 — auf die Kleine Anfrage — Drucksache 8/2194 — hinweisen.
Eine Zusatzfrage.
Nachdem in der Öffentlichkeit der Ruf nach einer Novellierung des Tierschutzgesetzes immer lauter wird, frage ich Sie, Herr Staatssekretär: Wie kann die Bundesregierung beurteilen, ob das Tierschutzgesetz novellierungsbedürftig ist, wenn sie nicht weiß, an wie vielen Tieren mit welchem Erfolg oder Mißerfolg experimentiert wurde und in welchem Umfang gegen das Tierschutzgesetz verstoßen wurde?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe bereits ausgeführt, daß die Verantwortung für die Durchführung des Gesetzes bei den Ländern liegt. Was die statistische Erfassung anbelangt, so haben uns die Länder bereits in der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht umfassend mitteilen können, wie viele Versuchsvorhaben seit Inkrafttreten des Tierschutzgesetzes genehmigt bzw. abgelehnt wurden.
Eine letzte Zusatzfrage. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Zusatzfrage auf die Möglichkeit der Bundeskompetenz abheben würden.
Herr Präsident, ich meine, das Tierschutzgesetz gehört zur Bundeskompetenz.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979 12483
Herr Kol-
lege, der Herr Staatssekretär hat Ihnen gerade deutlich gemacht, wo die Grenzen liegen.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, wie es am 20. Mai dieses Jahres eine große deutsche Sonntagszeitung gefordert hat, eine Untersuchungskommission einzusetzen, die objektiv prüft, in welchem Umfang Tierexperimente noch zu verantworten sind, oder negiert sie die Proteste vieler Bürger, die nach diesem Aufruf in der Zeitung an Minister Ertl geschrieben haben?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie Ihnen bereits bekannt sein wird, hat kürzlich im Ernährungsausschuß eine Anhörung über diese Frage stattgefunden. Wir werden alle Fragen, die dabei offenblieben, in Zusammenarbeit mit den Ländern intensiv weiter prüfen.
Danke
schön, Herr Staatssekretär. Damit sind die Fragen
aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Buschfort steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 50 des Herrn Abgeordneten Dr. Ahrens auf:
Hält die Bundesregierung den Ausschluß des Schmerzensgeldanspruchs des Arbeitnehmers durch § 636 RVO noch für sachlich berechtigt, und wenn nein, welche Folgerungen zieht sie daraus?
Ich habe das Gefühl, daß die Fragen 50 und 51 zusammengehören. Da der Herr Abgeordnete mit einer gemeinsamen Beantwortung einverstanden ist, rufe ich auch die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Ahrens auf:
Ist eine Änderung dieser Vorschrift nicht jedenfalls dann geboten, wenn' sich der Arbeitsunfall während der Teilnahme des Arbeitnehmers am Straßenverkehr ereignet hat?
Herr Kollege Dr. Ahrens, nach § 636 RVO ist ein Schadensersatzanspruch des verletzten Arbeitnehmers gegen den Unternehmer auch dann ausgeschlossen, wenn dieser den Unfall fahrlässig verursacht hat. Der Verletzte erhält dann die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Gewährung eines Schmerzensgeldes gehört nicht dazu. Diese Regelung hat nach Auffassung der Bundesregierung weiterhin ihre Berechtigung. Sie ist im übrigen, wie das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1972 bestätigt hat, mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung haben gegenüber den zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen für den Verletzten erhebliche Vorteile. Ohne Rücksicht auf fremdes oder eigenes Verschulden werden die Leistungen von Amts wegen erbracht. Durch Heilbehandlung und, wenn nötig, Berufshilfe wird in weit überwiegender Zahl der Fälle erreicht, daß der Verletzte nach dem Unfall nicht weniger als vorher verdient. Die Verletztenrente wird ohne Rücksicht auf die Höhe des nach dem Unfall erzielten Verdienstes gezahlt. Sie erfüllt deshalb mindestens teilweise die Funktion eines verrenteten Schmerzensgelds. Die Ablösung der zivilrechtlichen Haftpflicht durch die gesetzliche Unfallversicherung dient außerdem der Wahrung des Betriebsfriedens, weil, wie erwähnt, die Schuldfrage nicht geprüft zu werden braucht.
Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich folgendes: Wenn ein Versicherter im Straßenverkehr durch Verschulden des Unternehmers verunglückt, läßt das Gesetz den Unternehmer schon heute uneingeschränkt haften, wenn der Versicherte den Unfall bei der Teilnahme am „allgemeinen Verkehr" erlitten hat. „Allgemeiner Verkehr" ist der Verkehr, der nicht in einem engen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit steht. Nicht zum allgemeinen Verkehr gehören z. B. der sogenannte Werksverkehr und auch die Beförderung von Versicherten zur Arbeitsstätte in einem Fahrzeug des Unternehmers. Wegen dieses Zusammenhangs ist es gerechtfertigt, die Verletzten hier ebenso zu behandeln wie Versicherte, die auf den Betriebsstätten verunglückt sind.
Zusatz-
frage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die gesetzgeberische Begründung für den Ausschluß des Schmerzensgeldanspruchs, die Sie eben zitiert haben, Klagen des Mitarbeiters auf Schmerzensgeld gegen den Unternehmer zu verhindern und damit, wie es in der Begründung heißt, „dem Arbeitsfrieden zu dienen", heute schon deswegen nicht mehr zutreffen kann, weil der Unternehmer stets versichert ist und es somit lediglich zu Klagen des Arbeitnehmers gegen die Versicherung des Unternehmers kommen kann?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es mag so sein, daß in vielen Fällen eine Versicherung eintreten könnte. Aber immer dann, wenn eine Versicherung einzutreten hat, ist auch eine Rückwirkung auf das persönliche Verhältnis der Unfallbeteiligten nicht ausgeschlossen; denn Sie wissen, daß mit dem Eintreten des Versicherungsfalls z. B. auch Prämienvergünstigungen verlorengehen können.
WeitereZusatzfrage.Dr: Ahrens : Herr Staatssekretär, haben Sie bei Ihrer Antwort in Betracht gezogen, daß der Schmerzensgeldanspruch seit Erlaß der RVO durch die Rechtsprechung eine, wie ich meine, zu Recht erfolgte erhebliche Aufwertung erfahren hat?Buschfort, Parl. Staatssekretär: Her Kollege Dr. Ahrens, das ist sicher richtig. Aber wir müssen bedenken, daß auch die Leistungen der Unfallversicherung in der Gesamtzeit voll dynamisiert mitgewachsen sind. Wenn hier unabhängig vom Ver-
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Parl. Staatssekretär Buschfortschulden beim Unfall eine Rente und andere Leistungen gewährt werden, so sind diese Vorteile sicherlich auch heute noch beachtlich.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, trauen Sie sich zu, einem Arbeitnehmer, der einen Betriebsunfall während der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr erlitten hat, klarzumachen, daß er keinen Pfennig Schmerzensgeld bekommt, während ein Mitfahrer, für den der Unfall kein Betriebsunfall war, vielleicht Tausende oder Zigtausende Mark Schmerzensgeld erhält?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist oft nicht leicht darzustellen. Aber Sie müssen auch erkennen, daß ich dem einen Arbeitnehmer sagen kann: Du hast unabhängig von deiner Schuld oder Nichtschuld Anspruch auf eine Rente von der Berufsgenossenschaft, und du hast Anspruch auf alle notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen.
Ich glaube, finanziell wird sich das Bild für einen durch die Berufsgenossenschaften abzudeckenden Unfall oft günstiger darstellen als für einen Unfall des Mitfahrers in Ihrem Beispiel.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Müller .
Herr Staatssekretär, ist ein solcher Wegeunfall, wie er hier vorgetragen wurde, nicht gleichzusetzen mit einem Betriebsunfall, so daß es kein Schmerzensgeld gibt?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich sagte vorhin, wann bei einem solchen Unfall eine Schmerzensgeldregelung ausgeschlossen ist.
Ich will auch auf die Gefahr hinweisen, daß wir bei einer zivilrechtlichen Ausgestaltung der Unfallhaftung dem Arbeitnehmer dann auch zumuten müßten, im Einzelfall das Prozeßrisiko zu tragen; aber ich glaube nicht, daß es gerecht wäre, den bisherigen Status der Unfallversicherung voll beizubehalten, gleichzeitig aber zu sagen: Dazu kommen jetzt noch die zivilrechtlichen Ansprüche.
Von daher, so meine ich, ist es nach wie vor vertretbar, bei der derzeitigen Regelung zu verbleiben.
Die Frage 52 ist von dem Herrn Abgeordneten Menzel eingereicht. Er hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die nächste Frage ist von der Abgeordneten Frau Dr. Martiny-Glotz eingereicht. Die Frau Abgeordnete ist nicht im Saal, so daß die Frage schriftlich beantwortet wird. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frau Abgeordnete Steinhauer, ich rufe jetzt Ihre Frage 54 auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß durch die Mitgliedschaft z. B. der ausländischen Arbeitnehmer — und ihrer Kinder — in den Sportvereinen ein wesentlicher Beitrag zur Einbeziehung in das gesellschaftliche Leben der Bundesrepublik Deutschland geleistet werden kann, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung gegebenenfalls, entsprechende Bemühungen der Vereine und Verbände — etwa im Rahmen der von der Bundesregierung finanziell unterstützten Betreuung ausländischer Arbeitnehmer — auch finanziell zu fördern?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Steinhauer, die Bundesregierung hat ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, daß durch die Mitgliedschaft unserer ausländischen Mitbürger in Sportvereinen ein wesentlicher Beitrag zur Einbeziehung in das gesellschaftliche Leben der Bundesrepublik Deutschland geleistet werden kann. Der Sport ist in besonderem Maße geeignet, aus dem Nebeneinander von Deutschen und Ausländern ein Miteinander zu machen.
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und der Präsident des Deutschen Sportbundes haben einen gemeinsamen Aufruf an die Sportvereine veröffentlicht, die ausländischen Mitbürger verstärkt in ihr Vereinsleben einzubeziehen. Dieser Aufruf, der zusätzliche Informationen insbesondere für Vereinsvorstände enthält, ist 1978 in den Publikationsorganen sämtlicher Landessportverbände erschienen und in der vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Zeitschrift für ausländische Arbeitnehmer „Arbeitsplatz Deutschland" in den sechs Sprachen der Hauptanwerbeländer veröffentlicht worden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn Sie in der Mitgliedschaft von ausländischen Mitbürgern in Sportvereinen einen wesentlichen Beitrag zur Einbeziehung in das gesellschaftliche Leben sehen, würden Sie es dann auch unterstützen, daß ausländische Mitbürger eine Möglichkeit erhalten, sich an Meisterschaften zu beteiligen, und wären Sie gegebenenfalls bereit, mit dem Präsidenten des Deutschen Sportbundes entgegenstehenden Beschlüssen entgegenzuwirken? Ich denke z. B. an den Beschluß des Deutschen Leichtathletikverbandes, ab sofort Startberechtigung für ausländische Mitbürger bei Meisterschaften zu untersagen.Buschfort, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Steinhauer, sicher haben wir es hier mit einem differenziert zu bewertenden Vorgang zu tun. Die ausländischen Arbeitnehmer, die in Deutschland wohnen, nehmen z. B. im Bereich des Fußballs aktiv an den Meisterschaften teil. Es mag sein, daß es bei den Meisterschaften zur Erringung des deutschen Meistertitels in der Leichtathletik Vorbehalte gibt. Ich bin gerne bereit, diese Fragen noch einmal aufzugreifen. Sicher wäre das auch ein Thema, das einmal dem Bundesbeauftragten für Fragen ausländischer Arbeitnehmer näherzubringen wäre. Ich will gern ein solches Gespräch mit dem Ziel führen, daß die ausländischen Arbeitnehmer verstärkt in das Sportleben einbezogen werden.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979 12485
Sie wollten keine Zusatzfragen mehr stellen, Frau Kollegin?
Ich wollte nur sagen, bei diesen Beschlüssen handelt es sich, glaube ich, um solche in bezug auf Stars, die gelegentlich vom Himmel fallen, nicht gerade um Meisterschaften.
Bitte, Herr Abgeordneter Kühbacher.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß in dem Startverbot für ausländische Arbeitnehmer und deren Kinder bei Meisterschaften eine Diskriminierung zu sehen ist, und wäre die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, dem Spitzenverband, der einen derartigen Beschluß gefaßt hat, die aus dem Bundeshaushalt gewährte Förderung zumindest zu kündigen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kühbacher, ich bin gerne bereit, den Wortlaut Ihrer Frage, ohne jetzt eine Antwort zu geben, dem Innenminister weiterzuleiten; denn aus der Sicht des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung würde ich sicherlich meine Kompetenzen überschreiten, wenn ich die Frage beantworten wollte.
Der Ab-
geordnete Milz hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 55 und 56 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Herr Staatssekretär von Bülow steht zur Verfügung.
Die beiden ersten Fragen 57 und 58 sind von dem Abgeordneten Freiherr Spieß von Büllesheim gestellt. Ich sehe ihn aber nicht im Saal. Die Fragen werden daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 59 und 60 sind von dem Abgeordneten Josten eingereicht.
Herr Kollege, gestatten Sie, daß ich die beiden Fragen im Zusammenhang beantworte?
Der Kollege ist offensichtlich damit einverstanden. Ich rufe beide Fragen auf:
Hat der Erlaß über höhere Pauschalen für das Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft bei den davon betroffenen Soldaten eine große Verärgerung hervorgerufen, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus?
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, daß die laut § 18 des Soldatengesetzes zum Wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft Verpflichteten von einer Bezahlung befreit werden, da diese Soldaten gegenüber den nicht Kasernenpflichtigen benachteiligt sind?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Josten, ich gehe davon aus, daß sich Ihre erste
Frage auf die steuerliche Neubewertung des Wohnens in Gemeinschaftsunterkünften bezieht. Diese Regelung haben die obersten Finanzbehörden der Länder zum 1. Mai 1979 getroffen. Sie beruht auf den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes. Danach ist unentgeltlich oder verbilligt gewährtes Wohnen in Gemeinschaftsunterkunft als Sachbezug für Zwecke der Versteuerung zu bewerten. Die Finanzminister der Länder können für die Versteuerung der Sachbezüge Durchschnittswerte festlegen und bekanntgeben. Der Arbeitgeber muß diese Wertansätze bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigen.
Für unterkunftspflichtige Berufs- und Zeitsoldaten galten seit 1966 unverändert folgende monatliche Wertansätze: 15 DM für Mannschaften, 25 DM für Unteroffiziere, 35 DM für Feldwebel und Offiziere. Diese Ansätze sind von den obersten Finanzbehörden der Länder zum 1. Mai 1979 erhöht worden. Danach wird der Sachbezug „Gemeinschaftsunterkunft einschließlich Beleuchtung und Heizung" künftig monatlich mit 60,80 DM für Mannschaften, 100,10 DM für Unteroffiziere, 114,40 DM für Feldwebel und Offiziere bewertet und versteuert.
Die Neubewertung des Sachbezugs „Gemeinschaftsunterkunft" führt bei den Berufs- und Zeitsoldaten zu folgender monatlicher Mehrbelastung mit Lohnsteuer: bei Mannschaften rund 10 DM, bei Unteroffizieren rund 16 DM, bei Feldwebeln und Offizieren rund 17 DM.
Herr Kollege Josten, ich glaube, keiner von uns ist sehr glücklich darüber, wenn er mehr Steuern zu zahlen hat. Das gilt selbstverständlich auch für den von mir genannten Personenkreis. Das Bundesministerium der Verteidigung muß jedoch, wie jeder andere Arbeitgeber, die neuen Wertansätze beim Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigen; sie gelten entsprechend auch für Angehörige des Bundesgrenzschutzes und der Bereitschaftspolizeien der Länder.
Zusatz-
frage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, eine Überprüfung von Unterkünften vorzunehmen, die besonders mangelhaft und für die daher die höheren Pauschalen nicht angebracht sind, aus welchem Grunde ja auch bei den Betroffenen diese Verärgerung besteht?Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Josten, ich habe teils aus Anlaß der Beantwortung Ihrer Frage, teils aus Anlaß des sicherheitspolitischen Kongresses meiner Partei, auf dem diese Angelegenheit angesprochen worden ist, die Fragen aufgenommen. Ich teile Ihre Meinung, daß die Einbeziehung einiger Unterkünfte, sei es in der Marine, seien es auch nicht hergerichtete Unterkünfte, in diese Art von Besteuerung nicht gerechtfertigt sein kann. Wir werden uns bemühen, zusammen mit den Ländern zu einer Umbewertung zu kommen. Aber ob dies Erfolg haben wird, kann ich hier nicht versprechen.
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12486 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979
Herr Kollege, Sie haben noch drei Zusatzfragen.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß heute noch z. B. Obergefreite, die zum Wohnen in einer Unterkunft verpflichtet sind, mit vier oder fünf Soldaten zusammen in Räumen wohnen, die wir unseren Gastarbeitern nicht zumuten?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Dies dürfte zutreffen, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mir nach einer Überprüfung einen schriftlichen Bericht zu geben, damit durch gemeinsame Überlegungen von Parlament und Regierungen die besonderen Härtefälle bzw. Mißstände beseitigt werden können?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Da man bei einer solchen Gelegenheit nie genug Verbündete haben kann, will ich das sehr gern tun.
Herr Abgeordneter Berger möchte noch eine Zusatzfrage stellen.
Herr Staatssekretär, hat das Verteidigungsministerium versucht, auf diese Entscheidung der obersten Finanzbehörden Einfluß zu nehmen im Interesse der Bundeswehr und damit auch der Erhaltung der Verteidigungsfähigkeit?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Das Ministerium hat Einfluß genommen und hat in dem Kreis derer, die dort zu entscheiden hatten, nachdrückliche Gegendarstellungen erhoben. Ich habe in meinem eigenen Ministerium beanstandet, daß die politische Leitung nicht eingeschaltet worden ist, so daß man in der Lage gewesen wäre, dies zwischen den Ressorts streitig auszuhandeln. So hat man dann letztlich im Kreise der Ressorts nachgegeben, diese Neuanpassung — erstmals seit 1966 — vorzunehmen. Ich bedaure das, muß das aber hier offen kundtun.
Herr Kollege, es waren zwei Fragen, so daß ich Ihnen noch eine Zusatzfrage gestatten kann.
Herr Staatssekretär, besteht eventuell die Absicht, das ganze Problem noch einmal grundsätzlich zu erörtern, weil ja offensichtlich der weite Bereich der Bundeswehr bei dieser Sachlage nicht genügend berücksichtigt worden ist?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Ja. Das deutet sich ja aus den Antworten, die ich bisher gegeben habe, bereits an.
Ich rufe die Frage 61 des Abgeordneten Dr. Voss auf:
Trifft es zu, daß es im Bundesministerium der Verteidigung eine Liste gegeben hat, in der weitere als die elf der Öffentlichkeit bekannten MAD-Abhörfälle verzeichnet sind, und was vermag die Bundesregierung gegebenenfalls über den Verbleib dieser Liste zu sagen?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wiederholte und umfassende Nachforschungen im Gesamtbereich des MAD und aller seiner Dienststellen haben keinerlei Hinweise erkennen lassen, aus denen zu schließen wäre, daß es neben den elf in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen MAD- Abhörfällen weitere Abhörfälle gegeben hat. Ebenso umfassende Nachforschungen nach einer Liste, in der derartige Operationen erfaßt gewesen sein sollen, blieben ebenfalls ohne Ergebnis. Sie erbrachten auch keinerlei Anhaltspunkte, daß eine derartige Liste jemals existiert hat.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß Sie auf Grund der Zeugenaussagen in dem Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages noch einmal Gelegenheit genommen haben, dieser Frage nachzugehen?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: So ist es.
Sie haben noch eine Frage.
Darf ich Sie weiter fragen, Herr Staatssekretär, wie Sie die Aussage des Zeugen Kapitän zur See Koch bewerten, der gesagt hat, er habe eine derartige Liste in Händen gehabt und habe sie bei seinem Ausscheiden aus dem MAD am 1. Oktober 1977 seinem Nachfolger, Oberst Glasmacher, in die Hand gegeben.
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Alle von Ihnen bzw. von Herrn Koch benannten Zeugen sind befragt worden. Es hat keiner ein Indiz dafür, daß eine solche Liste besteht.
Ich rufe die Frage 95 des Herrn Abgeordneten Berger auf:Trifft es zu, daß — wie in der Presse gemeldet wurde — derWarschauer Pakt zunehmend Luftlandetruppen außerhalb des MBFR-Reduzierungsraumes stationiert, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung gegebenenfalls aus dieser Tatsache?Bitte, Herr Staatssekretär.Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Berger, meine Antwort ist kurz; sie lautet nein.Die Dislozierung der Luftlandetruppen des Warschauer Paktes ist nach dem Erkenntnisstand der Bundesregierung nach wie vor unverändert. Es gibt auch keine Anzeichen für mögliche Veränderungen außerhalb des MBFR-Reduzierungsraums.
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Herr Abgeordneter Berger, Sie haben keine Zusatzfrage. Aber der Herr Abgeordnete Josten hat eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann man denn davon ausgehen, daß die Pressemeldungen falsch sind, die auf diesem Gebiet solche Berichte und Informationen verbreitet haben?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Wie so manche Pressemitteilungen dürfte auch diese falsch sein.
Wir stehen am Ende der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Wenn ich es richtig sehe, haben wir heute zum erstenmal die Freude, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Mahne, Sie zur Beantwortung hier im Hause zu haben.
Ich rufe die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Braun auf:
Geht die Bundesregierung davon aus, daß auf Grund steigender Benzinpreise demnächst die Nahverkehrsmittel stärker in Anspruch genommen werden, und hält sie es in diesem Zusammenhang für angebracht, daß der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn auf seiner nächsten Sitzung über weitere Streckenstillegungen Beschluß fassen will?
Herr Kollege, die Erfahrungen mit früheren Benzinpreiserhöhungen und vorliegende Forschungsergebnisse lassen vermuten, daß eine stärkere Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel erst bei relativ hohen Benzinpreissteigerungen zu erwarten ist. Auf Grund der gegenwärtigen Benzinpreiserhöhungen allein ist daher kaum mit einer spürbaren und nachhaltigen Abwanderung vom Individualverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel zu rechnen. Im übrigen hat sich die Siedlungsstruktur nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend unabhängig von vorhandenen DB-Strecken entwickelt. Es besteht daher insoweit gegenwärtig kein Anlaß, die nach § 44 Bundesbahngesetz eingeleiteten Verfahren zur Umstellung verkehrsschwacher Personenverkehrsstrecken auf kostengünstigere Busbedienung auszusetzen.
Zusatzfrage.
Würde das also auch bedeuten, daß Sie die Fläche einbeziehen, beispielsweise auch Städte von rund 30 000 bis 35 000 Einwohner, und hier nach wie vor beabsichtigen, die Umstellung beim Personenverkehr von Schiene auf Bus vorzunehmen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie Sie wissen, werden derzeit 6 000 km Bundesbahnstrekken untersucht, die vom Schienenpersonenverkehr auf den Busverkehr umgestellt werden sollen. Diese Untersuchungen erfolgen in Regionalgesprächen. Eine Auswertung der Regionalgespräche wird erst nach Beendigung in allen Bundesländern — die letzten Ergebnisse werden aus Bayern bald vorliegen — erfolgen. Erst dann wird eine entsprechende Entscheidung nach Beteiligung des Verwaltungsrats der Bundesbahn durch den Bundesminister für Verkehr getroffen werden können.
Zusatzfrage.
Trifft es zu, daß in der nächsten Verwaltungsratssitzung der Deutschen Bundesbahn lediglich zwei Strecken auf der Tagesordnung stehen, die stillgelegt werden sollen, und würden gegebenenfalls die Strecken für den Güterverkehr erhalten bleiben?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Grundsätzlich bleiben alle Strecken im Güterverkehr erhalten. Es war ursprünglich vorgesehen, 3 000 km Strecke auch für den Güterverkehr einzustellen. Der Bundesminister für Verkehr hat 1978 die Entscheidung dahin getroffen, daß das Schienennetz der Deutschen Bundesbahn in der jetzigen Form voll erhalten bleibt und keine Strecke stillgelegt wird. Es geht nur um die Umstellung des Personenverkehrs von der Schiene auf die Straße, zum Teil auch um damit ein leistungsfähigeres und besseres Verkehrsangebot dem Bürger gerade in bestimmten ländlichen Regionen zu unterbreiten.
Herr Abgeordneter Becker, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich möchte noch einmal die Frage aufgreifen, die der Kollege Braun gestellt hat: Wird in der nächsten Sitzung des Verwaltungsrates über Maßnahmen hinsichtlich zweier Streckenstillegungen entschieden, und ist darunter die Strecke Gronau–Enschede?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich will gleich den letzteren Teil Ihrer Frage beantworten: Die Strecke Gronau–Enschede ist nicht darunter. Diese Entscheidung steht zur Zeit nicht an, da sich die holländische Eisenbahnverwaltung bereit erklärt hat, auf dieser Strecke weiterhin zwei Zugpaare verkehren zu lassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kühbacher.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, dem Hause etwas zu dem im Haushaltsausschuß vorliegenden Gruppenantrag der CDU/ CSU zu sagen, der darauf abzielt, die politischen Rahmenbedingungen für eine wirtschaftlichere Arbeitsweise der Deutschen Bundesbahn dadurch zu verbessern, daß das Gesetz über die Bundesbahn geändert wird mit dem Ziel, eine größere Wirt-
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Kühbacherschaftlichkeit und Entscheidungsfähigkeit entsprechend dem Aktiengesetz zu bekommen?
Herr Kollege, ich würde die Frage, weil es eine interessante Frage ist, gern zulassen. Nur, ich muß offen gestehen: Mit der Frage, die der Herr Abgeordnete Braun gestellt hat, kann ich sie leider nicht in jenen Zusammenhang bringen, der dem Staatssekretär die Beantwortung ermöglicht. Sie können — wir haben etwas Zeit — eine Umformulierung vornehmen, doch bitte ich Sie dringend, sich ganz klar an die eingereichte Frage zu halten.
Würden Sie, Herr Staatssekretär, meine Ansicht teilen, daß die vom Herrn Kollegen Braun hier gestellte Frage genau die politischen Rahmenbedingungen betrifft, die von dem Gruppenantrag der CDU/CSU zur Änderung des Bundesbahngesetzes als hinderlich angesehen werden?
Mahne Parl. Staatssekretär: Es tut mir leid, aber ich kann die Frage in der Form nicht beantworten.
Nur, lassen Sie mich eines dazu sagen, Herr Kollege: Die Bundesregierung wird bei der Umstellung der Strecken neben den betriebswirtschaftlichen Aspekten natürlich in ganz besonderer Weise die gesamtwirtschaftlichen, raumordnerischen und regionalen Gesichtspunkte im Auge haben und auch in ihre Beurteilung mit einbeziehen.
Ich rufe
die Frage 67 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf. — Da ist ja schreckliches Unrecht geschehen, wenn das so richtig ist, was der Herr Abgeordnete Dr. Jobst in seiner Frage zum Ausdruck bringt. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal, so daß die Regensburger zunächst mit einer schriftlichen Antwort vorlieb nehmen müssen. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 68 und 69 werden auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Hanz , schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Aufnahmefähigkeit der Nordsee für das Verklappen von Industrie-, Klär- und Baggerschlämmen über dem Festlandsockel, und welche Möglichkeiten sieht sie für eine entsprechende Zusammenarbeit mit den Niederlanden?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Nordsee ist für das Verklappen, d. h. das Einbringen von Industrieabfällen, Klärschlamm und Baggergut, nur bedingt aufnahmefähig. Das Einbringen von Abfällen im Bereich des deutschen Festlandsockels muß wegen der strömungsbedingten Ausbreitung der Schadstoffe im Einvernehmen mit den Anliegerstaaten erfolgen.
Die Einbringung von Abfällen in das Meer insgesamt ist durch das Londoner Übereinkommen weltweit geregelt, im Bereich der Nordsee und des Nordatlantiks zusätzlich durch das Oslo-Übereinkommen im Jahre 1972. Im Rahmen dieses Übereinkommens arbeiten die Nordsee-Anlieger zusammen. Darüber hinaus besteht mit den Niederlanden eine zusätzliche enge Zusammenarbeit, die eine Abstimmung mit Erlaubniserteilung in Einzelfällen mit einschließt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, beurteilt die Bundesregierung die Aufnahmefähigkeit der Nordsee in bezug auf Baggergut aus deutschen Flüssen ebenso wie die Aufnahmefähigkeit in bezug auf Industrieschlämme?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Nach dem Oslo-Übereinkommen ist das Einbringen von besonders schädlichen Stoffen auf einer sogenannten schwarzen Liste aufgeführt und verboten. Für die anderen Stoffe — dazu zählen die von Ihnen aufgeführten —, die ebenfalls in einer Liste erfaßt sind, bedarf es einer Erlaubnis des Deutschen Hydrographischen Instituts nach Anhörung der zuständigen Bundes- und Landesbehörden. Die Erlaubnis, Herr Kollege, darf nur erteilt werden, wenn eine Beseitigungsmöglichkeit an Land nicht gegeben ist und wenn sichergestellt ist, daß keine nachhaltigen Auswirkungen im Marinebereich zu besorgen sind.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung in absehbarer Zeit Schritte unternehmen, um mit den Niederlanden ein Abkommen über das Verklappen unschädlicher Schlämme in der Nordsee zu erreichen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter, eine solche Übereinkunft gibt es bereits. Sie ist ja in diesem Oslo-Übereinkommen beinhaltet; ich habe eben darauf hingewiesen. Es gibt hier zwischen den Niederlanden und der Bundesrepublik wirklich bestes Einvernehmen und eine jeweilige Abstimmung in der Sache, die sich bisher als problemfrei erwiesen hat.
Herr Abgeordneter Hoffie ist nicht im Saal, so daß die beiden von ihm eingereichten Fragen 71 und 72 schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe die Frage 73 des Herrn Abgeordneten Sick auf:Sieht die Bundesregierung angesichts der sich jetzt laufend ergebenden Preiserhöhungen für Mineralölprodukte die Gefahr zunehmender Verluste für Transportgewerbe , und wie beurteilt sie in diesem Zusam-
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Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenmenhang den langwierigen Instanzenweg bei notwendigen Tarifänderungen?Bitte, Herr Staatssekretär.Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Sick, die Bundesregierung beobachtet die Preisentwicklung auf dem Treibstoffsektor sehr aufmerksam, und ich glaube, das ist heute in der Fragestunde schon deutlich geworden. Angesichts der Kostensteigerungen hält das Transportgewerbe Preiserhöhungen für erforderlich. Gespräche hierüber sind in den zuständigen Tarifbildungsgremien für den Güterkraftverkehr noch nicht abgeschlossen. Die Preisfestsetzungen für Omnibusse und Taxi sind Sache der Länder und Kommunalbehörden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, es sind verschiedene Möglichkeiten erörtert worden, wie Tariferhöhungen oder Dieselzuschlag. Darf ich Sie fragen, ob sich die Bundesregierung Gedanken gemacht hat, auf diese Erhöhungen, die längerfristig zu sein scheinen, dadurch zu reagieren, daß man das Tarifbildungswesen etwas flexibler gestaltet, als es bisher der Fall gewesen ist?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Sick, wir haben im Verkehrsbereich eine kontrollierte Wettbewerbsordnung, die von der Bundesregierung, und, wenn ich das recht übersehe, auch vom Bundestag und den am Verkehr beteiligten Unternehmen voll bejaht wird. Diese kontrollierte Wettbewerbsordnung hat sicherlich viele Vorteile. Sie hat natürlich auch den von Ihnen dargestellten Nachteil, daß eine Preisbildung durch die Tarifkommission, die vorher zu beteiligen sind, etwas langfristiger ist. Ich glaube, auch dieser Nachteil muß in Kauf genommen werden, weil die Vorteile dieser kontrollierten Wettbewerbsordnung bei weitem überwiegen. Deshalb kann sich die Bundesregierung nicht äußern, bevor die Tarifbildungskommission zu entsprechenden übereinstimmenden Empfehlungen gekommen sind, die dann der Bundesverkehrsminister zu genehmigen hat.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sieht Ihr Haus die viel weitergehenden Wirkungen auch auf Struktur- und Raumordnungsentscheidungen, wenn sich speziell in dem verkehrspolitischen Bereich nicht entsprechend schnelle und wirksame Regelungen finden lassen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich darf Ihnen versichern, daß wir natürlich die Auswirkungen auf die Struktur- und die Raumordnung sehen und daß sie in alle Entscheidungen und Überlegungen des Hauses einbezogen werden.
Herr Kollege Pfeffermann, ich bitte um Verständnis; ich habe noch zwei Fragesteller, die beide im Saal sitzen, deren Fragen wir noch behandeln könnten.
Ich rufe zunächst die Frage 74 des Herrn Abgeordneten Dreyer auf:
Wie hoch schätzt die Bundesregierung auf der Basis der heutigen Struktur des Kraftfahrzeugbestandes die Möglichkeit der Treibstoffeinsparung durch energiesparendes Fahrverhalten der Kraftfahrer im innerstädtischen Verkehr einerseits und auf Schnellstraßen und Autobahnen andererseits?
Herr Staatssekretär.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dreyer, gesicherte Angaben darüber, inwieweit durch energiesparendes Fahrverhalten Treibstoffeinsparungen erreicht werden können, liegen nicht vor. Eine 1976 vom Bundesministerium für Wirtschaft und einem Automobilclub durchgeführte Untersuchung hat jedoch ergeben, daß bei nahezu zwei Dritteln aller Fahrer erhebliche Einsparungen durch Umstellung der Fahrweise möglich sind.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung bestätigen, daß insbesondere durch eine Verbesserung des Verkehrsflusses im innerstädtischen Verkehr und durch Verringerung des sogenannten parkplatzsuchenden Verkehrs ein wesentlicher treibstoffsparender Effekt erzielt werden könnte? Wenn ja, was wird die Bundesregierung in dieser Richtung tun?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, gerade durch die Steuerung von Ampelanlagen können wir einen stark verbesserten Verkehrsfluß erreichen. Hier wird in Abstimmung mit den Ländern und den Spitzenverbänden der Gemeinden versucht werden, zu einem besseren Verkehrsfluß und dadurch zu Einsparungen im Energiebereich zu kommen.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß treibstoffsparendes Fahrverhalten in aller Regel auch zugleich lärmarmes Fahren bedeutet, und was hat die Bundesregierung getan, um diese Zusammenhänge eventuell durch eine gezielte Aufklärungsaktion in der Öffentlichkeit zu verdeutlichen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Es trifft zu, und ich glaube, das ist bei der Beratung des Lärmschutzgesetzes sehr deutlich geworden. Wir haben in Abstimmung mit der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände erreicht, daß die Fahrlehrer gerade das Thema energiesparende Fahrweise verstärkt zum Inhalt der Fahrausbildung machen werden. Die Bundesregierung hat in ihrer Sitzung zu Fragen der Energiepolitik am 16. Mai auch einen entsprechenden Beschluß gefaßt.
Frau Kollegin Hartenstein, ich bitte um Verständnis. Wir schaffen gerade noch dieses Ressort in der Frage-
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Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenstunde, und ich muß Ihnen dasselbe sagen, was ich dem Kollegen Pfeffermann eben gesagt habe.Ich rufe die Frage 75 des Abgeordneten Dreyer auf:Wo und in welchem Umfang sieht die Bundesregierung Möglichkeiten der Energieeinsparung im Güterkraftverkehr?Bitte, Herr Staatssekretär.Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dreyer, die Automobilindustrie hat zugesagt, die bisherigen Bemühungen der Automobilhersteller zur Verminderung des Benzinverbrauchs weiter zu verbessern. Bei Nutzfahrzeugen hält sie bis 1985 eine Absenkung des Verbrauchs um etwa 5 % für möglich.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Bundesregierung bereits bei ihren Überlegungen während der sogenannten Energiekrise 1973/74 die Möglichkeit der Treibstoffeinsparung im Güterkraftverkehr als sehr gering angesehen hat, und wenn ja, hat sich zwischenzeitlich daran etwas geändert?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Nein, hieran hat sich nichts geändert. Es gibt nur eine Forderung, jetzt weitere Einsparungen zu erzielen, indem man die geltenden höchstzulässigen Werte für Fahrzeugabmessungen, Gewichte und Achslasten erhöht. Sie wissen aber selbst aus unserer gemeinsamen Arbeit, Herr Kollege, daß man hier auch die Auswirkungen auf andere Verkehrsträger, vor allen Dingen auf die DB sehen muß, und wissen auch, daß man zu einer Harmonisierung der Maße und Gewichte nicht auf nationaler, sondern nur auf europäischer Ebene kommen kann. Hier gibt es erhebliche Widerstände auch von anderen Ländern.
Herr Staatssekretär, was wird die Bundesregierung über ihre Überlegungen hinsichtlich möglicher Treibstoffeinsparungen im Güterkraftverkehr hinaus tun, um die Treibstoffversorgung in diesem Bereich sicherzustellen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, zur Zeit haben sich noch keine Engpässe in der Treibstoffversorgung gezeigt. Ich glaube, durch die Beantwortung der heute hier angesprochenen Fragen durch den Kollegen aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist deutlich geworden, daß die Bundesregierung die Situation auf dem Treibstoffmarkt beobachtet und auch bereit ist, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, wenn sie notwendig werden sollten.
Wir kommen zu den Fragen 76 und 77 des Herrn Abgeordneten Straßmeir:
Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung eingeleitet, um sicherzustellen, daß junge Berliner auch auf den Transitstrecken die Vergünstigungen der Juniorenfahrkarten der Deutschen Bundesbahn erhalten?
Ist sichergestellt, daß für die im Juli beginnende Ferienreisezeit Alternativregelungen angeboten werden, falls die Bundesregierung mit den Behörden der DDR zu keiner positiven Regelung kommt?
Ich würde vorschlagen, daß Sie zunächst beide Fragen beantworten, damit der Herr Abgeordnete Straßmeir noch mindestens zwei Zusatzfragen hat.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Straßmeir, die Deutsche Bundesbahn hat in Verhandlungen mit der Deutschen Reichsbahn versucht, diese zu bewegen, unter anderem auch die Fahrvergünstigungen der Deutschen Bundesbahn für Junioren auf den Transitstrecken nach Berlin einzuführen. Aus wirtschaftlichen Gründen war die Deutsche Reichsbahn hierzu nicht bereit.
Zur zweiten Frage: Der Bundesminister für Verkehr hat mit der Deutschen Bundesbahn und dem Berliner Senat untersucht, ob es andere Möglichkeiten gibt, Berlin-Reisenden die Vergünstigungen der Deutschen Bundesbahn auch auf der Transitstrecke zu gewähren. Die Beratungen hierzu laufen noch.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem wir das Problem vor genau einem Jahr hier an dieser Stelle erörtert haben, darf ich Sie fragen, wie denn die Verhandlungen mit der Deutschen Reichsbahn gewesen sind, ob es nicht insbesondere bei den Verkehrsverhandlungen des vergangenen Jahresendes mit einem Volumen von mehr als 7 Milliarden DM möglich gewesen wäre, dieses Problem mitzuregeln.
Mahne, Parl. Staatssekretär: Hier muß man einfach das Verhältnis auf Gegenseitigkeit sehen. Wir haben bei den Verhandlungen erreicht, daß die Deutsche Reichsbahn das Sonderangebot im Seniorenpaß für die Strecken zu übernehmen bereit war. Sie hat es deshalb getan, weil hierdurch auch die Senioren aus der DDR im Gegenzug die Vergünstigungen auf den Strecken der Deutschen Bundesbahn erhalten und so letztlich von der DDR Devisen gespart werden. Zur Übernahme anderer Tarifermäßigungen der Deutschen Bundesbahn für ihren Bereich war die Reichsbahn nicht bereit, da sie Reisenden aus der Bundesrepublik bzw. Berlin nicht Vorteile bieten kann, Herr Kollege, die sie Reisenden mit Wohnsitz in der DDR nicht bietet, und sie ist an der Übernahme kommerzieller Angebote der DB nur dann interessiert, wenn mit dem gewährten Rabatt verbundene Einnahmeverluste durch eine entsprechende Steigerung der Zahl der Reisenden aufgefangen werden können.
Bitte, Herr Kollege, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem die Bundesregierung hier am 1. Juni 1978 gesagt hat: „Bundesregierung und Deutsche Bundesbahn bemühen sich derzeit um eine Ersatzlösung für Jugendliche aus Berlin ", bitte ich Sie, mir mitzuteilen, was das Ergebnis des einjährigen Nachdenkens auf diesem Gebiet gewesen ist.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 30. Mai 1979 12491
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich habe darauf hingewiesen, daß es erstens die Verhandlungen mit der Reichsbahn gegeben hat. Zweitens ist zu sagen, daß wir jetzt — ich beziehe mich dabei auf die zweite Antwort, die ich Ihnen gegeben habe, in der das Verfahren noch einmal dargestellt worden ist — überlegen, ob wir — ähnlich wie beim Flugpreis — einen Teil des Eisenbahnfahrpreises auf dem Subventionswege übernehmen werden.
Herr Kollege, ich würde noch eine letzte Zusatzfrage zulassen.
Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, kann man damit rechnen, daß diese Ersatzlösung wenigstens noch halbwegs in der Ferienzeit dieses Jahres praktiziert werden kann, oder muß noch ein weiteres Jahr verstreichen?
Mahne, Parl. Staatssekretär: Ich möchte Ihnen hier nicht eine so konkrete Zusage geben. Sie dürfen aber versichert sein, daß wir uns sehr bemühen werden, diese Verhandlungen schnellstens zu Ende zu führen. Vielleicht kann ich Ihnen schon in den nächsten Tagen diesbezüglich einen schriftlichen Hinweis geben.
Die von
Herrn Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann eingereichten Fragen 78 und 79 sowie die von dem Herrn Abgeordneten Dr. Sprung eingereichten Fragen 80 und 81 werden, da die Fragesteller nicht im Saal sind, schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Die Fragesteller, der Herr Abgeordnete Jäger — er hat die Fragen 82 und 83 eingebracht — sowie der Herr Abgeordnete Dr. Hennig — er hat die Frage 84 eingebracht —, haben um schriftliche Beantwortung gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1979
— Drucksache 8/2873 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: ,
Innenausschuß
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. In der Aussprache wird das Wort ebenfalls nicht gewünscht.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem Innenausschuß — federführend — sowie dem Haushaltsausschuß — mitberatend und gemäß § 96 unserer Geschäftsordnung — zu überweisen. Ich frage, ob das Haus damit einverstanden ist. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch: Es ist so beschlossen.
Wir stehen am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Plenarsitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 31. Mai 1979, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.