Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 12. Februar 1979 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pfeifer, Frau Dr. Wilms, Schedl, Rühe, Frau Benedix, Dr. Hornhues, Dawecke, Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU betr. Entwicklung des Lehrstellenbedarfs — Drucksache 8/2522 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/2566 verteilt.
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 6. Februar 1979 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Ritz, Kiechle, Susset, Dr. Dollinger, Schmitz , Schröder (Wilhelminenhof), Dr. Unland, Dr. Jenninger, Biehle, Dr. Kunz (Weiden), Dr. George, Carstens (Emstek), Dr. Laufs, Dr. Hennig, Röhner, Rawe, Frau Dr. Riede (Oeffingen), Sauter (Epfendorf), Seiters, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Würzbach, Baron von Wrangel, Dr. Narjes, Stutzer, Dr. Mertes (Gerolstein), Bayha, Glos, Regenspurger, Frau Will-Feld, Hanz, Pieroth, Gerster (Mainz), Schwarz, Ey, Frau Benedix, de Terra, Pohlmann, Frau Hoffmann (Hoya), Dr. Hubrig, Kolb und Genossen betr. Wettbewerbsverzerrungen im Bereich der Landwirtschaft — Drucksache 8/2500 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/2567 verteilt.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksache 8/2561 —
Auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung sollen die Fragen aus dem Ressort der Verteidigung erst am morgigen Donnerstag behandelt werden.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Sperling zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn auf:
Trifft es zu, wie in der „Welt" vom 3. Februar 1979 berichtet, daß der Bundeswohnungsbauminister die Absicht des Landes Baden-Württemberg, über 16 000 Wohnungen aus Staatsbesitz den jetzigen Mietern zum Kauf anzubieten, "ausdrücklich" begrüßt, weil dieses Vorhaben eine starke soziale Komponente habe?
Herr Präsident, ich würde mich freuen, wenn es der Fragesteller gestattete, seine beiden Fragen im Zusammenhang zu beantworten.
Ich bin damit einverstanden, wenn die Zusatzfragen erhalten bleiben.
Jawohl, Sie 'haben dann vier Zusatzfragen. Somit rufe ich auch die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn auf:
Trifft es zu, daß infolge der Beteiligung des Bundes an der Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg eine Zustimmung des Bundes zum Verkauf dieser, Wohnungen erforderlich ist, und ist die Bundesregierung bereit, ihre Zustimmung zu erteilen bzw. den Anteil am Gesellschaftskapital zurückzugeben?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jahn, die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen und deren Verkauf an die betreffenden Mieter trägt ebenso wie der Wohnungsneubau zur Eigentumsbildung bei. Nur muß es dem jeweiligen Mieter überlassen bleiben, sich frei zu entscheiden, ob er seine Wohnung erwerben oder ob er sie weiter als Mieter nutzen will. Um Konflikte zwischen Mietern und Eigentümern zu vermeiden, haben sich Bund und Länder auf „Grundsätze für die Veräußerung von Sozialmietwohnungen" geeinigt, an die sie sich, so glauben wir, als Eigentümer oder Gesellschafter halten.
Der Bund geht davon aus, daß die Veräußerung jener Wohnungen, auf die Sie sich beziehen, im Rahmen dieser Grundsätze erfolgt. Dann bedarf es keiner Zustimmung des Bundes zu der Veräußerung dieser Wohnungen, die Tochtergesellschaften der Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg gehören. Das Gesellschaftsrecht fordert nicht die Zustimmung des Bundes. Ob der Bund seine Beteiligung an der Landesentwicklungsgesellschaft an das Land Baden-Württemberg geben wird, wird zur Zeit geprüft. Aus wohnungspolitischen Gründen besteht jedenfalls kein Anlaß, hier Einspruch zu erheben.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie erklärt sich der Widerspruch der Bundesregierung zwischen der Bejahung der landespolitischen Initiative Baden-Württembergs einerseits und der Ablehnung der Privatisierungsanträge der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag andererseits?Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jahn, Ihre Privatisierungsanträge zielen auf etwas
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Pari. Staatssekretär Dr. Sperlingvöllig anderes. Der Bund ist, wenn er an einer Ger sellschaft beteiligt ist, die Wohnungen vermietet, natürlich auch bereit, das, was er in 'den Grundsätzen festgelegt hat, einzuhalten, und diese Grundsätze sehen den Verkauf von Wohnungen an die Mieter vor. Dafür braucht man Ihre Anträge nicht anzunehmen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, Teile ihrer Bestände an bundeseigenen Wohnungen ebenfalls den jetzigen Mietern zum Kauf anzubieten?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Dies ist im jeweiligen Fall zu prüfen. Sie wissen, daß dazu Überlegungen gehören, wie der Bestand an Sozialmietwohnungen auch dazu eingesetzt wird, Wohnungsengpäße zu beseitigen oder sie nicht gravierend werden zu lassen. Das ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung ähnliche Privatisierungsvorhaben aus anderen Bundesländern bekanntgeworden?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jahn, natürlich gibt es eine Reihe von Wohnungsgesellschaften mit Verkaufsinteressen. Ich. kenne allerdings keine, an denen der Bund beteiligt ist, die solche Privatisierungs- oder Verkaufsabsichten haben.
Noch eine Zusatzfrage.
• Dr. Jahn (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, kann der Initiative Baden-Württembergs Modellcharakter zugesprochen werden, und ist die Bundesregierung bereit, Initiativen auf dem Gebiet der Privatisierung von Wohnungen durch Förderungsmaßnahmen zu unterstützen?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege, zusätzlicher Förderung bedarf es, glaube ich, nicht. Und ich glaube auch nicht, daß dieser Initiative unbedingt Modellcharakter zukommen muß, denn die Grundsätze gelten allgemein.
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Möller.
Herr Staatssekretär, was hat die Bundesregierung unternommen, um gewissen Unsicherheiten der Mieter hinsichtlich ihrer Rechte entgegenzuwirken?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Möller, wir haben ziemlich breit informiert. Die
• Diskussion ist — auch mit Hilfe der Opposition — hier bei einer Vielzahl von Debatten vorangebracht worden, und ich glaube, durch diese Debatten ist die Information der Mieter über ihre Rechte in der Tat ein Stück weitergekommen. Im übrigen ermutigen wir natürlich alle diejenigen, die Mieterinteressen vertreten, etwa den Deutschen Mieterbund, sich ebenfalls für die Information der Mieter zu betätigen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, kommt den praktischen Maßnahmen des Landes Baden-Württemberg, das die. Veräußerung dieser Wohnungen in einem großen Unternehmen, in dem es das Sagen hat, eingeleitet hat, nicht doch Modellcharakter zu, und sind Sie nicht der Auffassung, daß dadurch auch Mittel für neuen Wohnungsbau durch Umschuldung und Rückzahlung frei werden?
Dr. Sperling, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Czaja, dies zu überprüfen wäre interessant. Es läßt sich dann allerdings — ich denke an das Hearing, das wir vor kurzem hatten — die Frage aufwerfen, ob der Verkaufserlös in der Tat so groß sein wird, daß davon wesentliche Impulse für den Wohnungs- bau ausgehen werden.
Keine weiteren Wortmeldungen; dann rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Frage 3 'des Abgeordneten Dr. Steger wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet, und die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Staatssekretär Dr. Granzow zur Verfügung. Ich rufe Frage 4 der Abgeordneten Frau Steinhauer auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherige Verwirklichung des 1972 verabschiedeten ersten bundeseinheitlichen „Aktionsprogramms Schulsport", und zu welchen Erkenntnissen kommt die Bundesregierung bei der Beurteilung der Mängelbeseitigung in den einzelnen Schulformen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, für die Verwirklichung der „Empfehlungen" des Aktionsprogramms für den Schulsport sind in erster Linie die Länder zuständig, für die Bereitstellung von Sportstätten auch die kommunalen Gebietskörperschaften. Aus den der Bundesregierung vorliegenden Daten ist aber folgendes zu er- schließen:Quantitativ hat sich das Sportangebot in allen Schularten und -stufen seit 1972 erheblich verbessert; gleichwohl sind die Zielsetzungen des Aktionsprogramms im Bundesdurchschnitt nur für die Soll-Stunden bei den allgemeinbildenden Schulen erreicht worden. Ein beträchtlicher Teil der vorgesehenen Sportstunden fällt wegen des Mangels an Lehrern und Sportstätten aus.
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Staatssekretär Dr. GranzowDen geringsten Fehlstundenanteil haben mit rund10 % die Gymnasien, den höchsten mit knapp 50 % leider die beruflichen Schulen. Berufsschüler sind ohnehin dadurch benachteiligt, daß die Sollstundenzahl für Sport und Teilzeitschulen nach dem Aktionsprogramm mit einer Wochenstunde wesentlich niedriger liegt als an den allgemeinbildenden Schulen mit zwei bis drei Wochenstunden. Darüber hinaus ist Sport in einer Reihe von Bundesländern noch nicht in alle Stundentafeln der Berufsschulen aufgenommen. Unter Berücksichtigung auch der beruflichen Schulen mit Vollzeitoder Blockunterricht werden im Bundesdurchschnitt — bei durchschnittlich 2,11 Stunden an allgemeinbildenden Schulen — an beruflichen Schulen nur ca. 0,35 Wochenstunden Sportunterricht erteilt.Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß diese Mängel in der sportlichen Bildung für die Mehrzahl der jungen Menschen nach ihrem Ausscheiden aus den allgemeinbildenden Schulen nicht andauern dürfen. Sie wird deshalb im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten auf Maßnahmen der Länder und der kommunalen Gebietskörperschaften zur Verbesserung des Sportangebots insbesondere an beruflichen Schulen hinwirken.
Eine Zusatzfrage? — Bitte schön.
Herr Staatssekretär, sehen Sie eine Möglichkeit, daß die Absicht der Bundesregierung, den Sport in dén Bildungsgesamtplan einzubeziehen, etwas zügiger verwirklicht werden kann?
Dr. Granzow, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, es hat sehr lange gedauert, bis sich die Länder bereit erklärt haben, in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung über diese Frage konstruktiv zu sprechen. Nach langen Verhandlungen auch in der Sportministerkonferenz der Länder und in der Kultusministerkonferenz haben aber am 23. Januar dieses Jahres die Sportminister. der Länder grundsätzlich ihre Bereitschaft erklärt, einen Teil „Sportliche Bildung" in die Fortschreibung des Bildungsgesamtplans aufzunehmen. Sie haben sich allerdings die letzte Entscheidung für. den Zeitpunkt vorbehalten, in dem dieser Text vorliegt.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, teilen Sie mit mir die Auffassung, daß vor allem im Elementarbereich auf die Notengebung im Schulsport insbesondere aus pädagogischen Gründen verzichtet werden sollte?
Dr. Granzow, Staatssekretär: Diese Auffassung ist zu teilen, Frau Abgeordnete. Ich nehme an, daß Sie darüber hinaus auch den Primarbereich, also den Bereich .der Grundschule, einbezogen wissen wollen. Hier stehen Freude am Spiel und an der Bewegung im Vordergrund. Unbeschadet dessen, daß es
hier um Aufgaben der Länder geht, sollte man in der Tat erwägen, hier auf die Notengebung ganz zu verzichten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Professor Schäfer .
Herr Staatssekretär, Sie haben Durchschnittszahlen angegeben. Würden Sie die bitte nach den einzelnen Ländern aufschlüsseln oder das, wenn Sie sie nicht zur Hand haben, nachreichen?
Dr. Granzow, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich habe sie zur Hand. Aber das ist ein so umfangreiches Werk, daß ich es Ihnen doch sehr gern übersenden würde. Es ist eine Dokumentation des Deutschen Sportbundes.
Dieses Verfahren ist der Abwicklung der Fragestunde sehr dienlich.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schirmer.
Herr Staatssekretär, in Anbetracht der von Ihnen dargelegten wirklich katastrophalen Zahlen bezüglich . des Sportunterrichts an den berufsbildenden Schulen frage ich Sie: Sind Sie bereit und in der Lage, einen erneuten Vorstoß bei den Kultusministern zu unternehmen und gleichzeitig das Gesprächsangebot des Deutschen Sportbundes aufzunehmen, der eine Gesprächsrunde zu diesen Fragen für das Frühjahr 1979 vorgesehen hat?
Dr. Granzow, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich darf zuerst auf Ihre letzte Frage antworten: Wir sind zu diesem Gespräch mit dem Deutschen Sportbund bereit und werden uns an der Fachtagung, die der Sportbund ausrichten möchte, beteiligen. Wir haben darüber hinaus die Absicht — sofern das nach unseren Haushaltsvorschriften möglich ist —, diese Tagung auch zu fördern.
Auf der Grundlage der Ergebnisse, die auf dieser Tagung zu erarbeiten sein werden, werden wir einen Vorstoß bei den Ländern unternehmen, um eine gemeinsame Analyse der Lage im Schulsport, insbesondere in beruflichen Schulen, herbeizuführen und einvernehmlich nach Lösungsmöglichkeiten zur Beseitigung der offensichtlichen Defizite zu suchen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, ist im Hinblick auf die Durchführung des Aktionsprogramms Schulsport sichergestellt, daß sich Bund und Länder im gleichen Verhältnis an den Investitionskosten beteiligen?Dr. Granzow, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, zur Zeit sind sowohl die Personalausgaben als auch die Investitionen in diesem Bereich allein durch die Länder bzw. die Gemeinden zu tätigen. Es ist aller-
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Staatssekretär Dr. Granzowdings im Bereich der beruflichen Schulen auf Grund des Programms der Bundesregierung für Zukunftsinvestitionen möglich, auch für den Sportstättenbau an Berufsschulen Bundesmittel zu geben. Insoweit gibt es hier eine allerdings geringfügige, aber leider auch geringfügig genutzte Möglichkeit.Die darüber hinausgehende Frage, ob auf die Investitionstätigkeit der Länder und Gemeinden in diesem Bereich positiv eingewirkt werden kann, wird am besten durch eine gemeinsame Planung und die gemeinsame Entwicklung von Zielvorstellungen durch Bund und Länder zu bewältigen sein.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 5 der Frau Abgeordneten Steinhauer auf:
Ist die Bundesregierung in der Lage, nach mehr als 6jähriger Laufzeit des „Aktionsprogramms Schulsport" den anderen Partnern eine Bestandsaufnahme des Schulsports in der Bundesrepublik Deutschland" und eine sich daraus ergebende Weiterentwicklung dieses Programms vorzuschlagen?
Dr. Granzow, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, daß die weiterentwickelten Zielsetzungen des Aktionsprogramms Schulsport in die zur Zeit vorbereitete Fortschreibung des Bildungsgesamtplans aufgenommen werden, so daß es einer getrennten Weiterentwicklung des Aktionsprogramms nicht bedarf. Durch diese Aufnahme des Aktionsprogramms in die Fortschreibung werden jedoch Programme für besondere Mangelbereiche des Schulsports, wie etwa für den Sport an beruflichen Schulen, keineswegs entbehrlich. Es wäre insbesondere zu erwägen — ich habe das bereits angedeutet —, innerhalb der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung gemeinsam mit den Ländern die Lage im Schulsport zu analysieren und die Möglichkeiten der Abhilfe einvernehmlich festzustellen. Mit einem entsprechenden Vorschlag wird Herr Minister Schmude in Kürze an die Länder herantreten.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, sehen Sie auch eine Möglichkeit, eine intensive Zusammenarbeit der schulischen und außerschulischen Träger des Sports — ich denke z. B. an die Zusammenarbeit mit den Sportvereinen — zu fördern, um ein Höchstmaß an Sportmöglichkeiten zu erreichen?
Dr. Granzow, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, diese Möglichkeit gibt es. Sie wird ja zum Teil auch schon genutzt. Zweifellos kann das bestehende Defizit an Sportstätten und auch an Personal nur dadurch rasch abgebaut werden, daß die Kapazitäten von Vereinen, Hochschulen Betrieben und Schulen gemeinsam genutzt werden. Wir haben Modellversuche gefördert, die sehr positive Hinweise auf die hier bestehenden Möglichkeiten geben. Wir werden bei der gemeinsamen Arbeit mit den Ländern auf diesen Punkt ein besonderes Augenmerk legen.
Vizepräsident ‘Stücklen: Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die im Rahmen des Sonderprogramms „Zukunftsinvestitionen" angebotenen Investitionshilfen für den Sportstättenbau von den Ländern nicht ausgenutzt worden sind?
Dr. Granzow, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, ich muß es dahin gehend präzisieren, daß diese Mittel für den Bau von beruflichen Schulen zur Verfügung stehen. Im Vordergrund der Bemühungen der Länder steht naturgemäß das Bemühen, Ausbildungsplätze zu errichten bzw. dafür zu sorgen, daß die Ausbildungsplätze in den Betrieben durch ein entsprechendes Angebot der staatlichen Seite ergänzt werden. Es ist allerdings möglich und von uns auch durchaus erwünscht, daß im Rahmen dieser Investitionen Sportstätten an Berufsschulen errichtet werden. Nach unserer bisherigen Kenntnis ist das leider nur in sehr geringem Ausmaß der Fall.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schirmer.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß seinerzeit das Aktionsprogramm von allen Trägern auf bewußt niederem Level deshalb entwickelt werden mußte, weil keine andere Verständigung möglich war, und erachten Sie auf Grund dessen nicht doch gemeinsam mit den Partnern eine Fortschreibung dieses Aktionsprogramms zu weiterführenden Zielen, wie Sie sie ja in Ihrer Vorlage 1972 ausgeführt' haben, für notwendig?
Dr. Granzow, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, zweifellos waren die Ziele des Aktionsprogramms relativ bescheiden bemessen, wenn man sie zu den Anforderungen in Beziehung setzt. Leider sind sie aber, wie ich dargestellt habe, selbst in dieser bescheidenen Dimension noch nicht realisiert worden. Nach der bisherigen Erfahrung mit der gemeinsamen Planung zwischen Bund und Ländern ist es gerade in Bereichen, in denen noch ein offensichtliches Defizit besteht, dringend angeraten, die bestehenden Instrumente — das ist hier die Bund-LänderKommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung insbesondere auch in Verbindung mit dem Deutschen Sportbund — für die Fortführung gemeinsamer Projekte und Planungen zu nutzen. Anderenfalls müßte man damit rechnen, daß einseitige Vorstöße des Bundes ins Leere liefen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, ist zwischen Bund und Ländern für die Durchführung des Programms ein prozentual gleiches Beteiligungsverhältnis für alle Länder gesichert?
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Dr. Granzow, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, es gibt ja noch kein aktualisiertes Programm. Bei der Fortschreibung des Bildungsgesamtplanes kommt es, was den Sport betrifft, wohl eher darauf an dafür zu sorgen, daß bei den im Schulbereich überhaupt noch notwendigen Investitionen — das sind ja angesichts der demographischen Entwicklung nicht mehr so viele — massiv in den Sportstättenbau hineingegangen wird. Darum wird sich die Bundesregierung bemühen. Ich glaube, auch bei den Ländern ist durchaus die Bereitschaft vorhanden. Man kann hier aber keine gleichmäßige Entwicklung planen oder gar vorschreiben, weil die Lage in jeder einzelnen Gemeinde ganz unterschiedlich ist.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Dr. Vohrer auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die 'Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 7 des Herrn Abgeordneten Dr. Lenz auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Peiter auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, in wieviel Fällen ein Verfahren wegen des Verdachts des Mißbrauchs des Investitionszulagengesetzes anhängig gemacht wurde und wie hoch der Gesamtbetrag der Zulagen ist, die gesetzwidrig erschlichen wurden?
Herr Staatssekretär, bitte.
Für die Durchführung von Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Erschleichens von Investitionszulagen sind die Justiz-und Finanzbehörden der Länder zuständig. Die Bundesregierung hat deshalb keine Kenntnis über . nähere Einzelheiten dieser Verfahren. Bekannt ist nur, daß bei Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Wirtschaftsstrafsachen eine Reihe von Verfahren wegen des Verdachts des Betrugs und des Subventionsbetrugs im Zusammenhang mit Mißbräuchen nach dem Investitionszulagengesetz anhängig sind, so z. B. bei den Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Mannheim, Stuttgart, Köln, Düsseldorf, Bielefeld und Bochum. Die Ermittlungen werden durch die Staatsanwaltschaft in Zusammenarbeit mit den Steuerfahndungsstellen durchgeführt. Über den Umfang und die Zahl der Verfahren sowie die Höhe des Gesamtschadens, der Gegenstand der Ermittlungsverfahren ist, stehen mir mangels Zuständigkeit des Bundes nähere Angaben nicht zur Verfügung.•
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Dr. Schwencke auf:
Welche Gründe hat die Bundesregierung bisher davon abgehalten, die Europäische Konvention über die Unverjährbarkeit
von Verbredien gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen aus dem Jahr 1974 zu unterzeichnen?
Bitte !
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Ein Beitritt zu der genannten Konvention würde vielfältige rechtliche und politische Fragen aufwerfen, deren Prüfung noch nicht abgeschlossen ist. Beispielsweise würde an Begriffe angeknüpft, die dem deutschen Strafrecht zur Zeit der Begehung der hier in Frage kommenden Taten unbekannt waren. Ich darf in diesem Zusammenhang bemerken, daß bisher noch kein Mitgliedstaat des Europarates die Konvention ratifiziert hat. Lediglich Frankreich hat das Abkommen gezeichnet. .
Zusatzfrage? — Bitte schön.
Herr Staatssekretär, die Auskunft, die Sie gegeben haben, reicht, denke ich, deswegen nicht aus, weil für die Bundesrepublik Deutschland diese Frage eine andere Relevanz hat als für die anderen Mitgliedstaaten des Europarates. Ich frage Sie also, wann mit einer abschließenden Prüfung dieser Konvention gerechnet werden kann und . wann sich die Bundesregierung in der Lage sieht, sie zu unterzeichnen.
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Ein Zeitraum hierfür kann nicht genannt werden, insonderheit deswegen nicht, weil durch die jüngsten Ereignisse die Frage, von der Sie ausgehen, mit der Frage verknüpft ist, ob die Verjährung bei Mord aufgehoben wird. Ich persönlich gehe davon aus, daß diese Frage bis zur Sommerpause eine Klärung erfahren haben wird, so daß dann weiter geprüft werden kann, welche Überlegungen in bezug auf die von Ihnen angesprochene Europäische Konvention über die Unverjährbarkeit von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen aus dem Jahre 1974 notwendig sind.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr. Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung Gründe bekannt, warum außer Frankreich auch die anderen Länder der Konvention bisher nicht zugestimmt haben?Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Nach meinem Informationsstand gibt es offizielle Notifikationen insoweit nicht. Aber ich kann mir gut vorstellen, daß die Gründe sich mit denen decken, die auch bei uns zu der Uberlegung geführt haben, ob wir in der Lage sind zu ratifizieren. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß in dieser Konvention Begriffe vorkommen, die unserem Strafrecht fremd sind. Um das etwas detaillierter zu fassen: Es kommen dort Be-
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Parl. Staatssekretär Dr. de Withgriffe vor, von denen man annehmen muß, daß sie in konkreten Einzelfällen erst durch eine Verhandlung geklärt werden können. So ist dort z. B. von „schweren Folgen" die Rede. Das erschwert im Grunde genommen — so meine ich jedenfalls — in allen Staaten die Entscheidung der Frage, ob diese Konvention gezeichnet werden kann. Das ist aber nur ein Einzelpunkt, der nichts über den generellen Charakter dieser Konvention besagt.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage. 10 des Herrn Abgeordneten Dr. Schwencke auf:
Wann wird die Bundesregierung der erneuten Aufforderung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 2. Februar dieses Jahres — Entschließung des Stoffelen-Berichts „Verjährung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit" —, die Konvention zu unterzeichnen und die Ratifizierung einzuleiten, nachkommen?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Da sich die Konvention rückwirkend auch auf bereits begangene Taten erstreckt, sofern eine Verfolgungsverjährung in diesen Fällen noch nicht eingetreten ist, steht Ihre Frage, Herr Kollege, wie ich bereits in der Beantwortung Ihrer ersten Frage bemerkte, in engem Zusammenhang mit der gegenwärtigen Diskussion über die Verjährbarkeit oder Unverjährbarkeit des Mordes. Ich rechne damit — ich darf das wiederholen —, daß Initiativen aus der Mitte des Deutschen Bundestages noch vor der Sommerpause behandelt werden können. Dem Ergebnis dieser Beratungen sollte, wie bereits erwähnt, nicht vorgegriffen werden.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, darf man davon ausgehen, daß die Bundesregierung wie ich der Auffassung ist, daß eine europäische Lösung der 21 Mitgliedsländer des Europarates wünschenswerter wäre als je nationale Lösungen?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Wenn Sie die Frage der Verjährung von Mord meinen, so stimme ich Ihnen zu. Was die Konvention anlangt, so bin ich der Meinung, daß es auch hier günstiger wäre, wenn es eine europäische Lösung gäbe. Aber ich sagte schon und ziehe mich darauf zurück, daß es nicht ganz einfach sein wird, das, was hier vereinbart wurde, mit den Interessen der Einzelstaaten, so wie es dort in Strafgesetzen und Strafprozeßordnungen niedergelegt ist, zur Deckung zu bringen.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Da Sie meine erste Zusatzfrage positiv beantwortet haben, Herr Staatssekretär, frage ich Sie, ob nicht die unterschiedliche Begriffssprache der Mitgliedsländer des Europarates im Blick auf eine gemeinsame Rechtspolitik in Europa auch mit Unterstützung der Bundesregierung soweit übèrarbeitet bzw. harmonisiert werden könnte, daß längerfristig eine einheitliche' Rechtsprechung mit entsprechenden Strafzumessungen möglich ist.
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Die Zielsetzung, Herr Kollege, die Sie soeben angesprochen haben, deckt sich genau mit der Zielsetzung der Bundesregierung. Die Bundesregierung ist, bestrebt, in Europa den Versuch zu unternehmen, zu einem — ich darf einen Begriff des französischen Justizministers benutzen — europäischen Rechtsraum zu kommen, um auch hier Gegensätze abzubauen und dafür Sorge zu tragen, daß Europa auch im Bereich der Justiz Annäherungen erfährt, die wir zum Teil noch nicht haben.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 11 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Ist bei den Gesprächen des Bundesjustizministers mit dem Justizminister der UdSSR oder anderen Vertretern aus den Warschauer-Pakt-Staaten von deren Seite — unter irrtümlicher Berufung auf die Ostverträge — die Forderung erhoben worden, die Artikel 116 und 16 des Grundgesetzes 'sowie das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht abzuändern?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Der Minister der Justiz der UdSSR, Terebilow, hat bei seinen Gesprächen mit dem Bundesminister der Justiz im Januar dieses Jahres keine Forderung nach Änderung der Artikel 16 und 116 des Grundgesetzes sowie des deutschen •Staatsangehörigkeitsrechtes erhoben. Auf die im Bulletin vom 24. Januar 1979 veröffentlichte gemeinsame Erklärung über den Besuch des sowjetischen Justizministers vom 15. bis 20. Januar 1979 nehme ich Bezug.
Ihre Frage nach Gesprächen mit anderen Vertretern aus Warschauer-Pakt-Staaten zielt möglicherweise auf den Besuch des polnischen Justizministers Professor Bafia im Februar 1977. Hierbei hat der polnische Minister die Auffassung vertreten, daß Rechtsbestimmungen ' der Bundesrepublik Deutschland dem Buchstaben und Geist des deutsch-polnischen Vertrages vom 7. Dezember 1970 anzupassen seien. Herr Bundesminister Dr. Vogel hat demgegenüber den Gedanken der Berücksichtigung international anerkannter Prinzipien, wie sie beispielsweise in der Schlußakte von Helsinki ihren Niederschlag gefunden haben, unterstrichen und darauf hingewiesen, daß die Bundesrepublik Deutschland an ihre Verfassung und die Gesamtheit ihrer vertraglichen Verpflichtungen gebunden sei. Dies kann im einzelnen in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Minister nachgelesen werden, die damals im Bulletin der Bundesregierung vom 15. Februar 1977 veröffentlicht worden und bereits Gegenstand von Fragestunden im Februar, März und April 1977 gewesen ist, auf die ich verweisen darf.
Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, hat der -Herr Bundesjustizminister nicht von sich aus
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979 10869
Dr. CzajaMinister Terebilow darauf aufmerksam gemacht, daß es doch eine Einmischung in die innerstaatliche Ordnung sei, wenn ständig amtliche Forderungen aus der UdSSR, z. B. von der amtlichen Agentur TASS auf Abschaffung der einen deutschen Staatsangehörigkeit, auf Änderung des Grundgesetzes sowie die Änderung aller Gesetze, die die Fortexistenz Deutschlands betreffen, erhoben würden, und hat er nicht darauf aufmerksam gemacht, daß das möglichst nicht fortgesetzt werden sollte?Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Nach dem Verlauf der Gespräche bestand kein Anlaß, hierauf hinzuweisen. Im übrigen darf ich betonen, daß, so meine ich jedenfalls, der Besuch von Justizminister Terebilow für beide Seiten im Rahmen der Interessen beider Völker sehr erfolgreich verlaufen ist.
Weitere Zusatzfrage, bitte.
Wurden bei diesem erfolgreichen Verlauf auch andere, die innere Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschlands betreffende Forderungen erörtert, z. B. bezüglich der freien Meinungsäußerung durch Rundfunkanstalten im Geltungsbereich des Grundgesetzes und bezüglich der pflichtgemäßen Unterstützung menschenrechtlicher Wünsche Deutscher?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Ich bin nicht im einzelnen über jedes Gespräch informiert, • weil ich nicht in jeder Stunde anwesend war. Ich darf jedoch darauf verweisen, daß den Erfordernissen und den Interessen der Bundesrepublik voll genügt wurde. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß es der Üblichkeit nicht entspricht, detailliert jede Gesprächsminute vor dem Forum der Offentlichkeit wiederzugeben. Ich darf hier auf das „Bulletin", wie zitiert, verweisen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Böhme zur Verfügung.
Frage 12 des Herrn Abgeordneten Dr. Sprung:
Trifft es zu, daß — wie in der Zeitung „Die Welt" vom 6. Februar 1979 gemeldet wurde — der Bundesrechnungshof in einem Prüfungsbericht festgestellt hat, „daß mangelnde Aufsicht der Bundesregierung eine der Hauptursachen für die Millionenverluste der Deutschen Bau- und Bodenbank ist"?
Bitte.
Herr Präsident, wenn die Abgeordneten Dr. Sprung für die Fragen 12 und 13, von der Heydt für die Fragen 15 und 16 — —
Nein, das geht zu weit. Nehmen Sie bitte erst mal die ersten beiden Fragen. Dann, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, könnten Sie unter Umständen bei den weiteren Fra-
gen darauf hinweisen, daß Sie bei den Fragen 12 und 13 bereits eine Teilantwort gegeben oder sie gänzlich beantwortet haben. Einverstanden, Herr Abgeordneter Sprung?
Nein, ich bin nicht einverstanden, Herr Präsident. Ich würde bitten, Herr Staatssekretär, daß Sie die Fragen einzeln beantworten.
Also jede Frage einzeln; das ist Ihr gutes Recht.
Bitte schön.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Prüfungsmitteilungen des Bundesrechnungshofes, auf die sich sämtliche Fragen beziehen, sind gemäß § 96 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung der zuständigen Dienststelle zur Äußerung mitgeteilt worden. Erst nach Beantwortung dieser Prüfungsmitteilungen ist das Prüfungsverfahren abgeschlossen. Danach faßt der Bundesrechnungshof das Ergebnis seiner Prüfung, soweit es für die Entlastung der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung und der Vermögensrechnung von Bedeutung sein kann, jährlich für den Bundestag und den Bundesrat in Bemerkungen zusammen. Diesem in der Verfassung, und zwar in Art. 114 des Grundgesetzes, und in der Bundeshaushaltsordnung geregelten Verfahren würde ein Eingehen auf die gestellten Einzelfragen in diesem Stadium vorgreifen. Ich bin daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in der Lage, im einzelnen Stellung zu nehmen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sprung, bitte.
Herr Staatssekretär, gleichwohl: Trifft es zu, daß in den Prüfungsmitteilungen, die ja vorliegen und die wohl bereits an die Bundesressorts gegangen sind, davon die Rede ist, daß mangelnde Aufsicht der Bundesregierung eine der Hauptursachen für die Millionenverluste der Deutschen Bau- und Bodenbank sei?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe in meiner allgemeinen Antwort darauf hingewiesen, daß es nach dem Geschäftsgang üblich ist, daß die zuständigen Dienststellen jetzt dazu gehört werden. Ich glaube, es ist fair, daß erst diese Äußerungen erfolgen und daß ich dann zu Ihrer Frage, die Sie aus Ihrer Sicht mit Recht stellen, Stellung beziehe. Der Bundestag und der Bundesrat werden dann über den Bericht des Bundesrechnungshofes ausführlich informiert werden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gab es Interventionen des Präsidenten des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen,. und trifft es zu, daß ihnen nicht nachgegangen wurde?
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10870 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann Ihnen bestätigen, daß das Bundesaufsichtsamt nicht untätig geblieben ist. Einzelheiten kann ich Ihnen hier auch im Hinblick auf das Schweigegebot nach § 9 des Gesetzes über das Kreditwesen leider nicht mitteilen.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Traupe.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich die Tatsache, daß dieser interne Prüfungsbericht, von dem es meines Wissens nur sieben Exemplare gibt, an den. Abgeordneten des Deutschen Bundestages vorbei in die Öffentlichkeit gelangen konnte?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich kann Ihnen dazu keine Erklärung geben. Die Erklärung kann nur allgemein darin liegen, daß hier eine Indiskretion geschehen ist und daß durch diese Indiskretion die Öffentlichkeit von den jetzigen Prüfungsmitteilungen erfahren hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Löffler.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß infolge der Baurezession auch bei anderen Kreditinstituten in dieser Sparte des Kreditgeschäftes Verluste aufgetreten sind und die bei der Bau- und Bodenbank aufgetretenen Verluste nichts mit mangelnder Aufsicht und nichts mit vielleicht unzureichendem Management zu tun haben?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich kann Ihnen das, so wie diese Frage am Schluß sehr allgemein gestellt wurde, nicht bestätigen. Ich kann Ihnen jedoch bestätigen, daß Verluste, wie sie bei der Deutschen Bau- und Bodenbank aufgetreten sind, auch bei anderen Kreditinstituten zu finden sind. Dort konnten diese aber durch Erträge aus anderen Sparten oder mittels Verlustübernahme durch Muttergesellschaften ausgeglichen. werden. Bei der Deutschen Bau- und Bodenbank war dies auf Grund ihrer alleinigen Ausrichtung auf den Bausektor nicht möglich. Im übrigen bitte ich, was die Wertung angeht, noch einmal, Herr Kollege, den endgültigen Bericht des Bundesrechnungshofs an Bundestag und Bundesrat abzuwarten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Meinike.
Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß die Bundesregierung bereit ist, die zuständigen Fachausschüsse — entsprechend bisheriger Übung — in aller Kürze darüber zu informieren, was heute hier angesprochen worden ist und wahrscheinlich nicht endgültig beantwortet werden kann?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dies ist selbstverständlich. Der zuständige Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages ist .über die ganzen Vorgänge mehrfach informiert worden. Zuletzt ist dies mit der Vorlage des Bundesfinanzministeriums vom 31. August 1978 sehr ausführlich geschehen. Diese Vorlage wurde in der Sitzung des Ausschusses am 8. November 1978 zur Kenntnis genommen und eingehend diskutiert. Es ist also nicht so, daß die Dinge, die hier jetzt in der Fragestunde zur Sprache kommen, im zuständigen Ausschuß nicht sehr sorgfältig und eingehend diskutiert worden sind.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jahn .
Herr Staatssekretär, warum hat es die Bundesregierung — trotz des ständigen Widerspruchs der CDU/CSU zugelassen, daß die bisherigen Stellungnahmen der Bundesregierung zur Deutschen Bau- und Bodenbank ausgerechnet von dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Staatssekretär Abreß, abgegeben worden sind, und sieht die Bundesregierung hierin nicht die Gefahr möglicher Interessenkollisionen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie wissen, daß der Bundesfinanzminister erst seit dem 15. Juni 1978 zuständig ist.
— Sie haben die Bundesregierung gefragt. — Die Abgabe der Berichte ist durch den Staatssekretär des zuständigen Ministeriums geschehen. Dies war die Person, die Sie soeben angesprochen haben. Es ist somit nach Recht und Gesetz verfahren worden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung Anstrengungen unternommen, um die Vorbehalte und Vorwürfe des ' Bundesrechnungshofs gegenüber der Bundesregierung zu entkräften?
Dr. Böhme, ParL Staatssekretär: Herr Kollege, wie ich dem Parlament vorhin mit meiner allgemeinen Aussage mitteilen konnte — darauf mußte ich mich allerdings beschränken —, werden jetzt alle Dienststellen über die Prüfungsmitteilungen des Bundesrechnungshofes sehr ausführlich befragt. Es wird dann sicher alles unternommen werden, den Prüfungsbemerkungen so weit Rechnung zu tragen, daß eventuelle Fehler korrigiert bzw. entsprechend gerügt werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Voss.
Herr Staatssekretär, vermögen Sie zu sagen, wie oft der Bundesrechnungshof bereits vor seiner jetzigen Stellungnahme zur Geschäftspolitik der Deutschen Bau- und Bodenbank kritisch Stellung genommen hat?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979 10871
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das kann ich im Moment nicht sagen. Mir ist nur die Prüfungsmitteilung bekannt, auf die sich die Anfragen beziehen. Ich kann dies aber gern prüfen lassen und Ihnen dann mitteilen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von der Heydt Freiherr von Massenbach.
Fachausschüssen des Bundestages abgegeben hat, heute offenbar eine fehlerhafte Einschätzung der Bonität der Bank und der Risiken, die in dem übrigen Kreditgeschäft steckten, festzustellen ist.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Wertungen, die in Ihrer Frage enthalten sind, kann ich mit • Hinweis darauf, daß der endgültige Bericht dem Parlament noch nicht vorliegt, nicht bestätigen. Deswegen kann ich auch den Teil Ihrer Frage, ob dies nicht bereits früher in ähnlicher Weise geschehen sei, nicht beantworten bzw. nicht bejahen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rapp.
• Rapp (SPD) : Herr Staatssekretär, ,ist es nicht so, daß eben wegen des Mangels an Diversifizierungsmöglichkeiten in der Geschäftspalette der Bank durch die Satzung — Beschränkung auf Baufinanzierung — daran gedacht wird, das Institut mit einer anderen Bank zu fusionieren, so daß es bei einer notwendigen Dämpfung der Baukonjunktur nicht mehr zu solchen verlustträchtigen Inkongruenzen zwischen Aktiv- und Passivgeschäft, kommen muß?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Ihre Frage ist zu Recht gestellt. Ich kann dies voll und ganz bestätigen. Dies war ja auch mit der Grund, daß die BauBo ab 1. Januar 1979 an die Deutsche Pfandbriefanstalt angelehnt wurde.
In dem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß natürlich bekannt ist, daß die Verluste der BauBo auf die Baurezession zurückzuführen sind und daß gerade die Finanzierung der Bauphase im Gründungsauftrag der BauBo gelegen hat. Sie sollte gerade das Geschäft der Vor- und Zwischenfinanzierung betreiben.
Ich darf auch darauf hinweisen, daß in der Zeit, in der die Kredite gewährt worden sind, niemand vorhersehen konnte, wie die weitere Entwicklung gehen würde.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 13 - Abgeordneter Dr. Sprung — auf :
Trifft es zu, daß der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — „obwohl er über den wahren Sachverhalt bei der Bank im Bilde war" — „jeweils den die Aktionärsrechte des Bundes wahrnehmenden Vertreter seines Hauses angewiesen" hat, .in den Hauptversammlungen zuzustimmen, daß der Vorstand entlastet werde"?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich darf auf die bereits zu Frage 12 gegebene Antwort verweisen. Sie betrifft den gleichen Sachverhalt. Auch hier muß ich mich leider — ich gebe zu, daß es für Sie unbefriedigend ist — im gegenwärtigen Stadium darauf zurückziehen, Sie zu bitten, das Ergebnis der Prüfung durch den Bundesrechnungshof nach den Äußerungen der Dienststellen der Bundesregierung, die sehr sorgfältig ausgewertet und dem Parlament zugeleitet werden, abzuwarten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sprung.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau über den wahren Sachverhalt in der Bank im Bilde war?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Dies kann ich in der Form nicht bestätigen, aber auch nicht dementieren. Wie ich Ihnen sagte, ist die Frage hier an den Bundesminister der Finanzen gerichtet. Wir haben die Kompetenz erst seit dem 15. Juni 1978. Alle weiteren zu Recht gestellten detaillierten Fragen bitte ich bis nach Erscheinen der Prüfungsbemerkungen zu verschieben.
Im übrigen verweise ich noch einmal — und unterstreiche diesen Hinweis — auf die Frage des , Kollegen Löffler aus dem Haushaltsausschuß und auf die Antwort; daß diese Fragen natürlich Gegenstand der Beratungen und der Diskussion im Haushaltsausschuß gewesen sind.
Eine weitere Zusatzfrage?. Bitte.
Herr Staatssekretär, werden Sie uns in den Ausschüssen die von mir gewünschte Auskunft geben und die Frage beantworten, ob es zutrifft, daß der Minister über die Situation bei der Bau- und Bodenbank im Bilde war?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Diese Frage werde ich im Ausschuß gern nach bestem Wissen und Gewissen beantworten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Freiherr von der Heydt.
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10872 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen oder dementieren, daß der Vertreter der Bundesregierung bei der Hauptversammlung, die über das Geschäftsjahr 1977 abzustimmen hatte, sich darüber vorher Klarheit verschafft hat - auch durch Einblick in den Wirtschaftsprüfungsbericht —, daß der Wertberichtigungsbedarf, der für 1977 gegeben war, auch tatsächlich in vollem Umfange gebildet worden ist?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Davon gehe ich aus, Herr Kollege.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Löffler.
Herr Staatssekretär, da hier unterschwellig der Verdacht geäußert wird, daß die Bundesregierung nicht rechtzeitig und gründlich genug informiert hat, frage ich: können Sie bestätigen, daß der Haushaltsausschuß sich bereits im Jahre 1977 in mehreren Sitzungen sehr intensiv mit dem Problem Bau- und Bodenbank beschäftigt hat?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ja, das kann ich bestätigen. Es gab dazu auch Vorlagen vom 9. Februar 1977 und vom 7. Dezember 1977, die am 14. Dezember 1977 beraten worden sind. Es gab eine sehr ausführliche Darstellung der gesamten Vorgänge unter dem 31. August 1978, die an den Haushaltsausschuß geleitet worden ist. Diese Vorlage ist am 8. November 1978 beraten und zur Kenntnis genommen worden. Das bedeutet, daß der Haushaltsausschuß laufend über die Vorgänge umfassend informiert war.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Voss.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob Ihnen unbekannt ist, daß bereits seit dem Jahre 1970, als noch Herr Lauritzen und Herr Vogel Wohnungsbauminister waren, der Bundesrechnungshof Ratschläge und Anregungen gegeben und sich kritisch mit der Geschäftspolitik der Bau-und Bodenbank auseinandergesetzt hat?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Mir ist dies im einzelnen nicht bekannt. Aber es entspricht ja der allgemeinen Übung des Bundesrechnungshofs, daß er sich bei der Überprüfung von Tätigkeiten kritisch äußert. Ich habe die Frage vorhin so verstanden, ob speziell im Zusammenhang mit den jetzigen Vorwürfen, die in den Prüfungsmitteilungen genannt worden sind, bereits ähnliche Vorwürfe in der Vergangenheit erhoben worden sind.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe Fragen 14 und 15 des Herrn Abgeordneten von der Heydt Freiherr von Massenbach auf:
Trifft es ferner zu, daß der Bundesrechnungshof fordert, „die Frage des Schadenersatzes müsse jetzt unverzüglich geprüft werden"?
Wenn ja, welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus dieser Forderung des Bundesrechnungshofs zu ziehen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich möchte die Fragen 14 und 15 so beantworten, daß ich auf die Antworten verweise, die ich vorhin dem Kollegen Dr. Sprung gegeben habe. Sie betreffen denselben Sachverhalt, d. h. einen Sachverhalt, der jetzt auf Grund der Prüfungsmitteilungen des Bundesrechnungshofs an die einzelnen Dienststellen zur Stellungnahme herausgegeben wird. Anschließend wird dem Bundestag und dem Bundesrat sehr ausführlich berichtet. Aber in diesem Stadium können keine zusätzlichen Angaben gemacht werden.
Das betrifft vor allen Dingen die von Ihnen angeschnittene Frage des Schadenersatzes, die dann auch persönliche Konsequenzen hätte. Eine solche eingehende Aussage, Herr Kollege, kann wohl nicht ohne Rückäußerung der betroffenen Dienststellen gemacht werden.
Zusatzfrage, bitte.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich bin über den Inhalt informiert worden.
Weitere Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, die Frage lautet ja, ob der Bundesrechnungshof tatsächlich die Frage des Schadenersatzes aufgeworfen hat. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir die Zusatzfrage — da er es ja offenbar getan hat —, worauf sich die Meinung des Bundesrechnungshofs nach diesem ersten Entwurf stützt, daß die Schadenersatzfrage tatsächlich aufgeworfen und geprüft werden muß.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Wenn die Frage des Schadenersatzes aufgeworfen wird, sind natürlich entsprechende Tatbestände herangezogen worden; das ist selbstverständlich. Ich bitte aber noch einmal darauf hinweisen zu dürfen, daß ich im jetzigen Stadium im einzelnen dazu keine Stellungnahme abgeben kann. Es wäre auch ungewöhnlich — Herr Kollege, ich bitte Sie um Verständnis —, sich zu einer solchen Frage der Schadenersatzforderung ohne Rückäußerung der Beteiligten hier im Forum des Deutschen Bundestages konkret zu äußern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Löffler.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für einen angemessenen Stil, der der Demokratie förderlich ist, wenn aus einem Papier einer Bundesbehörde, mit dem sie noch nicht ihre eindeutige
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979 10873
LöfflerStellungnahme festgelegt hat, hier zitiert wird und Fragen daraus formuliert werden?Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, mir steht es nicht zu, hier Fragen zu bewerten.
Herr Abgeordneter Freiherr von der Heydt, sind Sie der Meinung, daß damit auch die Frage 15 beantwortet ist?
- Die Frage 15 ist also bereits beantwortet.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Wohlrabe auf:
In welcher Höhe sind der Deutschen Bau- und Bodenbank bis einschließlich Haushaltsjahr 1978 Mittel aus dem Bundeshaushalt zugeflossen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Gestatten Sie, Herr Kollege, daß ich die Fragen 16 und 17 gemeinsam beantworte?
Nein, es wäre schon ganz gut, wenn Sie sie getrennt beantworteten.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Im Haushaltsjahr 1976 hat die Deutsche Bau- und Bodenbank aus dem Bundeshaushalt ein bedingt verzinsliches und bedingt rückzahlbares Darlehen in Höhe von insgesamt 175 Millionen DM erhalten. Darüber hat die Bundesregierung den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages am 9. Februar 1977 eingehend unterrichtet.
Der Bund hat später im Zusammenhang mit der Anlehnung der Deutschen Bau- und Bodenbank an die Deutsche Pfanndbriefanstalt auf die Rückzahlung des Darlehens verzichtet. Der Haushaltsausschuß hat dazu am 8. November 1978 seine Zustimmung gegeben.
Eine Zusatzfrage.
Ich wäre dankbar — auch wegen der Publizität — wenn Sie einmal die Raten vortragen könnten. Die 175 Millionen DM sind, wenn ich mich an die Debatte im Haushaltsausschuß richtig erinnere, ja wohl nur ein Teil gewesen.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Es sind, wie ich sagte, insgesamt 175 Millionen DM zugeflossen. Über die Einzelheiten der Zahlungen kann ich Ihnen jetzt aus dem Stand keine Mitteilungen machen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Löffler.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß durch die Mittel, die der Bund der Bau- und Bodenbank zur Verfügung gestellt hat, in erster Linie indirekt kleine und mittlere Unternehmen unterstützt worden sind, die sonst von der Baurezession hinweggespült worden wären?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Das kann ich voll und ganz bestätigen, Herr Kollege.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob im gegenwärtigen Zeitpunkt wegen einer Schadensersatzforderung bereits prozessuale Auseinandersetzungen anhängig sind?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Nach meinem Kenntnisstand ist nichts gerichtlich anhängig.
— Prozessuale, d. h. gerichtlich eingebrachte Klagen sind mir im Moment aus eigenem Kenntnisstand nicht bekannt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Sprung.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob zusätzlich zu den 175 Millionen DM aus anderen öffentlichen Kassen, z. B. eines deutschen Bundeslandes, Mittel an die Bau- und Bodenbank geflossen sind?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Das kann ich bestätigen. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat insgesamt 49 Millionen DM im Jahre 1977 als Zuschuß an die Deutsche Bau- und Bodenbank gezahlt. Auch hierüber wurde der Haushaltsausschuß am 7. Dezember 1977 ausführlich informiert.
Eine weitere Zusatzfrage, Freiherr von der Heydt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, bei den Zuschüssen, die der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen der Deutschen Bau- und Bodenbank haben zuwenden müssen, um ihre Verluste auszugleichen, hat man ein sehr kompliziertes Rechtsinstitut erfunden. Können Sie bestätigen, daß die Opposition bereits bei früheren Beratungen über die Sanierungsversuche die Bundesregierung gewarnt hat, einen solchen künstlichen, holprigen Weg zu beschreiten, weil schon damals — jedenfalls nach Ansicht der Oppositon — erkennbar war, daß diese Mittel nicht in die Bundeskasse würden zurückfließen können?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann gern bestätigen, daß Sie andere Vorstellungen entwickelt haben, was das Wie angeht. Ihrer Bewertung kann ich mich freilich nicht anschließen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wohlrabe.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich denn, daß die ganze Sache, ob-
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10874 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979
Wohlrabewohl seinerzeit bei der Bereitstellung dieser Mittel im Haushaltsausschuß andere Ausführungen gemacht worden sind, nun so — ich möchte sagen — à fonds perdu abgelaufen ist?Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich sagte Ihnen vorhin in meiner Antwort auf Ihre Frage, daß das Darlehen — soweit Sie sich darauf beziehen — bedingt verzinslich und bedingt rückzahlbar gewesen ist und der Bund dann später auf die Rückzahlung verzichtet hat.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, lassen Sie sich nicht aufs Eis locken. Diese zusätzlichen Fragen sind schließlich einkalkuliert.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jahn .
Herr Staatssekretär, können Sie die Gründe angeben, warum sich das Land Nordrhein-Westfalen aus der Deutschen Bau- und Bodenbank als Aktionär zurückgezogen hat?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Im Jahr 1975 waren Einzelwertberichtigungen für Forderungen veranlaßt worden. Die Wertberichtigungen konnten damals unterbleiben, weil der Bund und Nordrhein-Westfalen mit einer Garantie eingesprungen sind. Das erfolgte vor dem Hintergrund der Notwendigkeiten, die damals für die Bau- und Bodenbank entstanden sind, d. h. wegen der schwankenden Baukonjunktur. .
Herr Abgeordneter Löffler, es tut mir leid. Sie müssen warten, bis die nächste Frage aufgerufen wird, um eine weitere Zusatzfrage stellen zu können. Das gleiche gilt auch für Sie, Herr von der Heydt.
Herr Abgeordneter Rapp.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß der Verzicht auf die Rückzahlung des Darlehens im Hinblick auf die Anlehnung der Bank an die Deutsche Pfandbriefanstalt eine auch betriebswirtschaftlich sehr sinnvolle Investition gewesen ist?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Dies kann ich bestätigen, Herr Kollege.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Voss.
Herr Staatssekretär, vermögen Sie zu bestätigen, daß nach dem Zuschuß des Bundes von 175 Millionen DM für das Jahr 1976,
der damit begründet wurde, daß dadurch die Zahlungsunfähigkeit und die Schwierigkeiten bei der Bau- und Bodenbank ein für allemal erledigt seien, nicht einmal zwei Monate später ein nochmaliger Zuschuß von 65 Millionen DM notwendig wurde?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Insgesamt hat der Bund, wie ich vorhin ausgeführt habe, 135- Millionen DM als Bilanzhilfe geleistet und ein Jahr später das Land Nordrhein-Westfalen weitere 49 Millionen DM. Das sind die Beträge, um die es geht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten' Wohlrabe auf:
Sind in Zukunft weitere Zuweisungen des Bundes vorgesehen. bzw. zu erwarten?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, andere Zahlungen als die, die ich soeben mehrmals nannte, sind aus dem Bundeshaushalt nicht geleistet worden. Gewisse Risiken für die Zukunft bestehen für den Bundeshaushalt im Hinblick auf Garantien in Höhe von. 100 Millionen DM, die der Bund zusammen mit Nordrhein-Westfalen der Deutschen Bau- und Bodenbank eingeräumt hat.
Eine Zusatzfrage, bitte schön.
Wie sieht denn der Sachverhalt aus: Wird hier der Gewährleistungsträger zur Kasse gebeten werden oder nicht?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Abrechnung wird erst im Jahr 1980 vorgenommen werden, d. h., die genaue Abrechnung der Garantie wird zum 31. Dezember 1980 erfolgen. Vorher, Herr Kollege, läßt sich nicht sicher sagen, ob und in welcher Höhe der Bund wird eintreten müssen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Löffler.
Ich verzichte.
Verzichtet. — Herr Abgeordneter Dr. Sprung.
Herr Staatssekretär, sind weitere Gewährleistungen über den Bundeshaushalt von seiten der Bundesregierung für die Anlehnung der Bank an die Deutsche Pfandbriefanstalt vorgesehen bzw. übernommen worden?Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Frage war auf die Deutsche Bau- und Bodenbank gerichtet. Hierzu habe ich die Beträge genannt. Die BauBo wurde dann an die Deutsche Pfandbriefanstalt angelehnt. Inwiefern hier zusätzlich eine Gewährleistung übernommen worden ist, ist mir im Augenblick nicht gegenwärtig. Das wäre dann wohl auch
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979 10875
Parl. Staatssekretär Dr. Böhmeeine Gewährleistung zugunsten der Deutschen Pfandbriefanstalt gewesen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, da Sie soeben gesagt haben, daß die Bundesregierung oder die Bundeskasse weitere Garantien übernommen haben, und da Sie nicht sagen können, ob die noch in Anspruch genommen werden, frage ich Sie, ob es passabler Umgang mit Steuergeldern ist, wenn sich die Bundesregierung noch nicht darüber im klaren ist, wie diese latenten Verpflichtungen eigentlich heute eingebucht werden müssen.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dies ist wohl kein unübliches Verfahren. Es ist nicht die Bundesregierung, die das hier prüft, sondern die Abrechnung der Garantie erfolgt natürlich seitens der Bank und deren Wirtschaftsprüfer. Danach kann gesagt werden, ob und in welcher Höhe der Bund einzutreten haben wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wohlrabe.
Herr Staatssekretär, können Sie denn hier verbindlich erklären, daß über die 100 Millionen DM hinaus wirklich dann nichts mehr kommt?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dies hier zu bestätigen, ist nicht meine Aufgabe. Meine Aufgabe. ist, mitzuteilen, in welcher Höhe bisher eine Garantie gegeben worden ist. Diese Garantie wurde in Höhe von 100 Millionen DM gegeben. Darüber ist der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages informiert worden. Das heißt, damals nahm das alles seinen korrekten Weg. Darauf muß ich mich beschränken.
. Vizepräsident Stücklen: Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Löffler.
Kann es sein, daß ein bestimmtes Verfahren hier als à fonds perdu bezeichnet worden ist, weil der fragende Abgeordnete seine Pflichten beider Beratung des Haushaltsgesetzes 1978, in dem das alles genau aufgeschrieben worden ist, auch bloß so im Vorübergehen wahrgenommen hat?
Herr Abgeordneter Löffler, diese Frage kann ich nicht zulassen. Das ist eine der typischen Dreiecksfragen, die wir hier nicht als erwünscht ansehen. .
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Voss auf:
Hätte die Befolgung der Ratschläge und Anregungen, die der Bundesrechnungshof der Bundesregierung in den vergangenen Jahren wiederholt im Hinblick auf die Geschäftspolitik der Deutschen Bau- und Bodenbank übermittelt hat, dazu beitragen können, daß die Verluste der Bank nicht die derzeitige Höhe erreicht hätten?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, auch für diese Frage zu den Ratschlägen und Anregungen des Bundesrechnungshofes gilt das, was ich eingangs gesagt habe, daß natürlich das Ergebnis dieser Prüfung abzuwarten ist und erst dann dieses schwerwiegende Urteil, das Ihrer Frage zugrunde liegt, abgegeben werden kann.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob Sie sich als Mitglied des Finanzausschusses noch an den Bericht erinnern, den Staatssekretär Abreß im Jahre 1977 dem Finanzausschuß des Deutschen Bundestages gegeben hat.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Daran kann ich mich gut erinnern.
Eine weitere Zusatzfrage.
Dann möchte ich Sie fragen, Herr Staatssekretär, ob Sie mit mir übereinstimmen, daß zwischen dem, was Herr Abreß damals gesagt hat, und dem, was der Bundesrechnungshof schon immer gesagt hat und was er jetzt auch in seiner Stellungnahme bekundet, ein klaffender Widerspruch besteht.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie ich so eben mehrfach sagte, sind die Prüfungsmitteilungen des Bundesrechnungshofs, die durch eine Indiskretion in die Öffentlichkeit gelangt sind, jetzt zur sorgfältigen Auswertung an die einzelnen Dienststellen gegeben worden. Es ist selbstverständlich, daß dieses Thema an Hand dieses Berichts den Bundestag anschließend noch einmal beschäftigen wird. Sie können heute — ich bitte dafür um Verständnis — in diesem jetzigen Stadium aus Rücksicht auf die betroffenen Personen, aber auch aus Rücksicht auf die Bank keine Zwischenergebnisse erhalten.
Ich möchte in dem Zusammenhang noch darauf hinweisen, daß sich die Bank gut erholt hat, daß für 1978 ein ausgeglichener Abschluß aus eigener Kraft der Bank vorgelegt wird. Dies wird auch für das kommende Jahr erwartet, wenn die Bank nicht, wie jetzt geschehen, durch Verbreitung von Indiskretionen immer wieder Schlagzeilen macht. Es ist also auch im Interesse der Bank dès Bundes, daß hier so vorgegangen wird, wie es hier in der Fragestunde in der allgemeinen Antwort zum Ausdruck kommt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von der Heydt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, da Sie sich an den Bericht des Staatssekretärs Abreß im Finanzausschuß 1977, wie Sie selbst sagen, sehr gut erinnern können, können Sie mir sagen, wie Sie heute die Auskünfte von damals, die sich inzwischen rundherum als falsch erwiesen haben, seitens der Bundesregierung bewerten?
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10876 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979
Dr. Böhme, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, auch diese Frage möchte ich im Zusammenhang mit der endgültigen Bewertung der Prüfungsbemerkungen des Bundesrechnungshofes, die dem Bundestag und dem Bundesrat zugehen werden, beantwortet wissen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Voss auf:
Wird die Bundesregierung den von der Zeitung „Die Welt" zitierten Prüfungsbericht veröffentlichen, und, wenn ja, wann ist damit zu reclinen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, auch hier gilt das, was ich vorhin sagte, daß nämlich die Prüfungsbemerkungen, nachdem die einzelnen Dienststellen dazu Stellung genommen haben, dem Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet werden.
Eine Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, vermögen Sie mir Anhaltspunkte zu nennen, auf Grund deren der offizielle Abschlußbericht des Bundesrechnungshofes von dem abweichen wird, was an Schuldbewertung der Bundesrechnungshof bisher gesagt hat und was auch aus seiner letzten Stellungnahme hervorgeht?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege, das kann ich unter Hinweis auf das soeben Gesagte natürlich nicht.
Eine weitere Zusatzfrage, Abgeordneter Freiherr von der Heydt.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie ich vorhin mehrfach ausführte, sind die ganzen Geschäftsvorgänge mehrfach im zuständigen Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages erörtert worden. Die einzelnen Maßnahmen sind dort diskutiert und zustimmend zur Kenntnis genommen worden. Insofern sind die Aufsichtspflicht und die Prüfungspflicht, die vom Parlament und von seiten der Häuser auszuüben sind, voll wahrgenommen worden. Hier stehen jetzt die Prüfungsmitteilungen des Bundesrechnungshofes zur Debatte. Auch diese werden sehr sorgfältig ausgewertet werden und daran
anschließend auch seitens der Bundesregierung selbst bewertet werden.
Zu einer Frage, bei der ich das vorhin nicht ganz präsent hatte, darf ich noch nachtragen, daß bei der Anlehnung an die Deutsche Pfandbriefanstalt eine weitere Garantie in Höhe von 150 Millionen DM für Altrisiken gegeben wurde. Ich bitte um Entschuldigung dafür, daß ich dies vorhin nicht parat hatte; das wurde mir eben noch nachgereicht.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 20 des Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Rahmen der steuerrechtlichen Regeln zur Trinkgeldbesteuerung die Finanzverwaltung von Arbeitgebern neuerdings verlangt, die Höhe des Trinkgelds ihrer Beschäftigten in der Praxis auszuspionieren, und sieht sie hierin unter dem Gesichtspunkt des Betriebsklimas noch eine erträgliche Praxis der sogenannten Übertrinkgelderbesteuerung?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Nach Abschnitt 73 Abs. 4 der Lohnsteuerrichtlinien hat der Arbeitnehmer die ihm zugeflossenen freiwilligen Trinkgelder dem Arbeitgeber anzuzeigen, wenn anzunehmen ist, daß der Freibetrag von 600 DM im Kalenderjahr überschritten wird. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich den angegebenen Betrag ohne weiteres zusammen mit dem übrigen laufenden Arbeitslohn des Arbeitnehmers dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Er haftet grundsätzlich nicht für die Lohnsteuer, die er infolge unvollständiger oder unrichtiger Angaben des Arbeitnehmers zu wenig einbehalten hat. Er hat daher keine Veranlassung, die Höhe der dem Arbeitnehmer zugeflossenen Trinkgelder im Sinne der Fragestellung „auszuspionieren". Er kann nur dann als Haftender in Anspruch genommen werden, wenn er annehmen mußte, daß dem Arbeitnehmer Trinkgelder von mehr als 600 DM jährlich zufließen und er den Arbeitnehmer nicht zu einer entsprechenden Anzeige veranlaßt hat.
Im übrigen, Herr Kollege, kann ich heute darauf hinweisen, daß der Bundesminister der Finanzen erwägt, dem Bundestag eine Erhöhung der Freigrenze von 600 DM vorzuschlagen.
Eine Zusatzfrage? — Bitte schön.
Herr Staatssekretär, trotz der schnellen Erwägung des Bundesfinanzministers, die im zeitlichen Zusammenhang mit den heute hier behandelten Fragen steht, darf ich Sie zusätzlich fragen, ob Sie es — unabhängig von der Höhe des Pauschalsatzes in diesem Bereich — grundsätzlich für einen steuerpolitisch erträglichen Zustand halten, wenn eine steuerliche Regelung den Arbeitgeber zwingt, die Trinkgeldannahme beim Arbeitnehmer z. B. im Gaststättengewerbe zu überprüfen.Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich habe in der allgemeinen Antwort schon darauf hingewiesen, daß der Arbeitgeber als Haftender — und darauf bezog sich Ihre Frage — nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn er annehmen mußte, daß dem
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979 10877
Parl. Staatssekretär Dr. BöhmeArbeitnehmer Trinkgelder von mehr als 600 DM jährlich zugeflossen sind. Er kann also — das bedeutet die Regelung — gegenüber dem Tatbestand nicht die Augen verschließen.
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben soeben einen neuen Betrag im Rahmen der Pauschalregelung angesprochen, und ich möchte Sie hierzu fragen, ob sich diese Regelung an irgendwelchen empirischen, statistisch ermitelten Anhaltswerten orientiert, die Sie hinsichtlich der Trinkgeldpraxis gewonnen haben. Oder wird eine solche neue Regelung ohne empirische Unterlagen vorbereitet?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die derzeitige Regelung mit den 600 DM ist seit langem in Kraft. Es ist nicht so, daß diese Fragestunde unmittelbar Anlaß zu der genannten Erwägung gewesen wäre, sondern die jetzt aufgetretenen — zum Teil, wie der Presse zu entnehmen war, kleinlichen — Beurteilungen waren mit der Anlaß, zu überlegen, den Pauschalsatz für Trinkgelder heraufzusetzen. Dadurch werden nach Auffassung des BMF keine wesentlichen Steuerausfälle eintreten. Im übrigen wird dadurch zugleich erreicht, daß Handhabungen dieser Regelung, die als kleinlich empfunden werden können, unterbleiben können, und das ist durchaus im Sinne dès Bundesfinanzministers.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rapp.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, weshalb das Problem jetzt plötzlich aus so vielen Ecken mit solcher Wucht hochkommt?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Durchführung der Steuergesetze obliegt den Steuerverwaltungen der Länder und ist damit eine Ländersache. Es kann sein, daß die Handhabung in diesem Bereich jetzt besonderen Ärger macht. Die Regelung ist seit langem in Kraft. Es ist nicht im Sinne des Bundesfinanzministers, daß hier kleinlich verfahren wird, wohl aber, daß man im Sinne der Richtlinien und des Gesetzes verfährt. Um zusätzlich zu helfen, wird die Erwägung angestellt, den jetzigen Betrag anzuheben. .
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, da das Ministerium nicht erst durch die Frage des Kollegen, sondern, wie Sie sagten, von sich aus auf die Idee gekommen ist, die Pauschale zu erhöhen, werden Sie mir vielleicht auch sagen können, in welcher Höhe die Pauschale angehoben werden soll?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ja, wir erwägen, die Pauschale zu verdoppeln.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gobrecht.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen Landessteuerverwaltungen bekannt — und könnten Sie die namhaft machen —, in denen offenbar möglicherweise durch Dienstanweisungen — eine strengere Besteuerung von Trinkgeldern ausgelöst worden ist, worauf die Pressemitteilungen zurückzuführen sein könnten, die sich gehäuft haben und in denen es hieß, daß der Fiskus jetzt die Trinkgelder aufs Korn nehme?
Dr. Böhme, Parl. Staaatssekretär: Nein, mir ist nicht bekannt, daß da spezielle Anweisungen ergangen sind oder daß sich die Praxis hier speziell durch Anweisungen der Landesfinanzverwaltungen geändert haben soll. Mir sind derartige Anweisungen nicht bekannt.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Rapp auf:
Denkt die Bundesregierung daran, zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, Trinkgelder künftig in stärkerem Maße als bisher durch Pauschalierung erfassen zu lassen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, sind Sie einverstanden, wenn ich beide Fragen zusammen beantworte?
Ja.
Dann rufe ich auch die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Rapp auf:Sollen dabei — gegebenenfalls — von Branche zu Branche oder nach sonstigen Unterscheidungsmerkmalen unterschiedliche Erfahrungs- bzw. Pauschalierungssätze gelten?Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Trinkgelder, die in Anerkennung der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers freiwillig gezahlt werden, gehören steuerrechtlich grundsätzlich zum Arbeitslohn. Sie unterliegen der Besteuerung jedoch nur insoweit, als sie einen Freibetrag von 600 DM übersteigen.Zur Durchführung des Lohnsteuerabzugs hat der Arbeitnehmer die ihm zugeflossenen Trinkgelder dem Arbeitgeber anzuzeigen, wenn anzunehmen ist, daß der Freibetrag von. 600 DM im Kalenderjahr überschritten wird. Der Arbeitgeber hat dann den angegebenen Betrag zusammen mit dem übrigen laufenden Arbeitslohn des Arbeitnehmers dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Der Bundesfinanzminister zieht in Erwägung, dem Bundestag eine Erhöhung des Betrages von 600 DM pro Jahr vorzuschlagen.Eine Differenzierung nach Branchen oder sonstigen Unterscheidungsmerkmalen dürfte aus Gründen der Praktikabilität dabei jedoch nicht in Frage kommen.
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10878 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, waren dann Pressemitteilungen unrichtig, aus denen zu entnehmen war, daß .der Bundesfinanzminister erwäge, eine Pauschalbesteuerung vorzusehen, wobei die Trinkgelder nach der Höhe des Umsatzes zu bemessen wären?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Das kann ich nicht bestätigen. Diese Information war falsch. Bei der beabsichtigten Änderung handelt es sich um die von mir vorhin erklärte Regelung.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gobrecht.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen Fälle bekannt, wie sie in der Presse zitiert worden sind, wonach sich Arbeitgeber Bescheinigungen von ihren Arbeitnehmern haben geben lassen, daß ihre Trinkgelder 50 DM monatlich nicht übersteigen, und halten Sie eine solche Praxis für sinnvoll?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie ich schon vorhin sagte, ist der Bundesregierung von einer neuen Praxis der Trinkgeldbesteuerung nichts bekannt.' Sie hat auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die Finanzbehörden, abweichend von dem in den Lohnsteuerrichtlinien seit langem vorgeschriebenen Verfahren, fordern, daß der Arbeitgeber die Höhe der Trinkgelder ermittelt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gobrecht.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen Fälle bekannt, in denen Arbeitgebern Haftungsbescheide über nennenswerte Summen aus der Besteuerung von Trinkgeldern durch Landessteuerverwaltungen geschickt worden sind?
Dr. Böhme, Pari. Staatssekretär: Nein, dienstlich sind mir Haftungsbescheide nicht bekanntgeworden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Meinike.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihren bisherigen Antworten schließen, daß die Frage der Besteuerung von Trinkgeldern nicht zu einem besonderen Schwerpunkt der Betriebsprüfungen der Finanzämter neuerdings geworden ist, und stimmen Sie mir zu, daß es sicherlich sinnvoll wäre, die Betriebsprüfungen mit Blick auf andere Bereiche der Besteuerung durchzuführen und nicht mit Blick auf den Bereich der Trinkgelder?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich stimme Ihnen voll zu. Ich sagte vorhin, daß der Herr Bundesfinanzminister aus diesen Gründen erwägt, den jetzigen Betrag zu verdoppeln, um hier eine möglichst großzügige Handhabung zu erreichen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Langner auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die Möglichkeit zur Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte außer bei der schon vorgesehenen erhöhten Absetzung nach § 7 b EStG auch für die degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG in einem Gesetzentwurf vorzuschlagen, oder was spricht nach ihrer Meinung gegen diese sinnvolle Ergänzung in § 39 a EStG?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich muß Ihre Frage verneinen.
Es ist nicht beabsichtigt, eine Gesetzesänderung vorzuschlagen, nach der Verluste, die sich aus der Inanspruchnahme der degressiven Gebäudeabschreibung nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes ergeben, als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden können. Gegen eine derartige Ausdehnung der Eintragungsmöglichkeit spricht der erhebliche, zusätzliche Verwaltungsaufwand.
Nachdem auch das Bundesverfassungsgericht den bestehenden § 39 a des Einkommensteuergesetzes aus verfassungsmäßiger Sicht bestätigt hat, sieht die Bundesregierung insbesondere im Interesse der Vereinfachung keine Veranlassung, auf eine Änderung der Rechtslage hinzuwirken.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist nicht angesichts der Tatsache, daß die Höchstgrenzen nach § 7 b EStG seit Jahren gleichbleibend niedrig sind, andererseits aber die Baukostensteigerungen dazu führen, daß auch schon bei einfachen Häusern etwa ab 250 000 DM Baukosten die Inanspruchnahme der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 günstiger ist, eine Vorwegeintragung in der Lohnsteuerkarte zwingend notwendig?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe die Gründe, die zur bisherigen Regelung geführt haben, dargestellt und auch den jetzigen Standpunkt wiedergegeben, daß eine Änderung nicht möglich ist. Ich möchte zusätzlich darauf hinweisen, daß die ganze Problematik sehr bald den Finanzausschuß des Deutschen Bundestages beschäftigen wird, und zwar im Zusammenhang mit dem sogenannten 7-b-Bericht. In diesem 7-b-Bericht wird auch dieses Problem, der Zusammenhang zwischen degressiver AfA und ihren Vorteilen, einerseits und der 7-b-Regelung andererseits dargestellt werden.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir denn wenigstens darin zu, daß die Konsequenz der Haltung der Bundesregierung, wie Sie sie soeben in Ihrer Antwort dargelegt haben, die ist,' daß sie die Arbeitnehmer zwingt, mindestens eineinhalb Jahre lang Baukosten in Höhe ihres Steuervorteils vorzufinanzieren?
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Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Wie ich vorhin sagte, ist die Regelung aus guten Gründen auf § 7 b begrenzt: aus Gründen des Verwaltungsaufwandes. Hier jetzt § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes zusätzlich einzuführen, würde den wohl von allen gewünschten Bestrebungen der Verwaltungsvereinfachung zuwiderlaufen. Das ist auch von der Rechtsprechung als gerecht bestätigt worden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kolb.
Herr Staatssekretär, was hindert daran, nach der ersten Abschreibung — dann liegt ja die degressive Abschreibung fest - diesen Betrag für die nächsten Jahre — dann ist er nämlich sehr einfach zu ermitteln, und das bedeutet keine Verwaltungserschwerung — einzutragen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: .Herr Kollege, dies würde voraussetzen, daß man über die jetzigen Eintragungsmöglichkeiten des § 7 b hinaus weitere Eintragungen gestattet. Genau dies ist vorhin — deswegen war das sehr wohl eine Antwort, Herr Kollege Langner — ausdrücklich verneint worden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Gobrecht auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß zahlreiche Mitglieder landwirtschaftlicher Genossenschaften nur deshalb unzutreffend besteuert werden, weil die zuständige Landesregierung der Auffassung ist, es verstoße gegen den Genossenschaftsgedanken, wenn die tatsächlichen Einkünfte der Genossenschaftsmitglieder steuerlich erfaßt werden, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus, falls sie die Auffassung teilt, daß der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dem Schutz des Genossenschaftsgedankens vorgeht?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Genossenschaften sind als Körperschaften grundsätzlich selbständig steuerpflichtig. Gewinnanteile aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften unterliegen als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes der Einkommensteuer. Sie werden als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Tätigkeit oder aus Vermietung und Verpachtung nach § 20 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes besteuert, wenn die Gewinnanteile im Rahmen dieser Einkünfte anfallen.
Unabhängig von der Zuordnung der Gewinnanteile zu einer bestimmten Einkunftsart unterliegen diese nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 des. Einkommensteuergesetzes der Kapitalertragsteuer. Diese wird je nach den Verhältnissen des Einzelfalls auf die Einkommensteuer des Genossen, angerechnet oder unter den gesetzlichen Voraussetzungen dem Genossen erstattet.
Diese gesetzliche Regelungen werden von den Landesfinanzbehörden, die verfassungsgemäß für den Vollzug des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes im Einzelfall zuständig sind, beachtet. Abweichende Handhabungen in dem in der Frage angedeuteten Sinne sind der Bundesregierung nicht bekannt. Andernfalls würde sie sich selbstverständli eh um eine gleichmäßige Anwendung der gesetzlichen Vorschriften bemühen. Ich verweise im übrigen darauf, daß infolge der Anrechnungsmöglichkeiten des neuen Körperschaftsteuerrechts die Anteilseigner keine Veranlassung haben, die Gewinnanteile zu verschweigen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, da Sie der Auffassung sind, daß die Gleichmäßigkeit der Be- Steuerung dem Genossenschaftsgedanken vorgeht — das geht ja aus dem letzten Teil Ihrer Antwort hervor —, billigen Sie dann z. B. Anweisungen des Landes Baden-Württemberg, wonach, soweit mir bekannt ist, Betriebsprüfer keine Kontrollmitteilungen mehr bei der Prüfung von Winzergenossenschaften ausschreiben sollen, weil dies dem Genossenschaftsgedanken widerspräche, obwohl sie dazu dienen, daß eine gleichmäßige Besteuerung von Mitgliedern dieser Genossenschaften möglich wird?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, mir ist diese Anweisung, von der Sie sprechen, im einzelnen nicht bekannt. Ich glaube aber, dieses Beispiel, das Sie anziehen, erlaubt es nicht, eine so grundsätzliche Feststellung zu treffen, wie sie in Ihrer Fragestellung zum Ausdruck kommt..
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie in Zusammenhang mit dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung von Mitgliedern landwirtschaftlicher Genossenschaften fragen, wie weit Sie in Ihrem Hause mit den Vorbereitungen für einen Gesetzentwurf zur Einkommensbesteuerung der Landwirtschaft sind.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Wie schon mehrfach ausgeführt, werden 'derzeit zwischen den zuständigen Ressorts die Gespräche zur Vorbereitung eines Gesetzentwurfs geführt. Dieser Gesetzentwurf befindet sich in Abstimmung mit den Ressorts. Wann er im Parlament vorgelegt wird, kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schartz.
Herr Staatssekretär, darf ich zum Verständnis nachfragen: Sie haben auf die Frage meines Kollegen gesagt, Ihnen sei die Anweisung der baden-württembergischen Landesregierung nicht im einzelnen bekannt. Ist ihnen überhaupt bekannt, daß es eine solche Anweisung der baden-württembergischen Landesregierung gibt?
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Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Es gibt sicher Anweisungen, in welchen Fällen Kontrollmitteilungen zu fertigen sind. Ich bitte Sie um Verständnis, wenn ich den Ganzen Bestand dieser Anweisungen im einzelnen nicht gegenwärtig habe.
Ich rufe die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäuble auf:
Welche Folgerungen wird die Bundesregierung daraus ziehen, daß die Gemeinden verstärkt dazu übergehen, von den Vereinen für die Nutzung neuerbauter Turn-, Fest- und Gemeindehallen z. T. beträchtliche Gebühren zu erheben, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die auf den Bauleistungen lastende Umsatzsteuer als Vorsteuer angerechnet bzw. erstattet wird?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Es ist der Bundesregierung nicht bekannt, daß die Gemeinden von den Vereinen in verstärktem Maße höhere Gebühren für die Nutzung von Sport- oder Festhallen erheben. Wenn ein Zusammenhang zwischen dem Vorsteuerabzug und der Höhe der Nutzungsgebühren gesehen wird, kann die Bundesregierung dabei nur Vermutungen anstellen. Gemeinden sind lediglich insoweit Unternehmer und zum Vorsteuerabzug berechtigt, als sie Umsätze im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art im Sinne des Körperschaftsteuerrechts tätigen. Ein Betrieb gewerblicher Art wird nach den Körperschaftsteuerrichtlinien nur angenommen, wenn der Jahresumsatz aus der wirtschaftlichen Betätigung 60 000 DM übersteigt. Das Bemühen, diese Grenze zu überschreiten, könnte ein Anreiz zu höheren Nutzungsgebühren sein.
Es ist inzwischen fraglich geworden, ob die 60 000-DM-Grenze für die Umsatzsteuer Bestand haben wird. Der Bundesfinanzhof hat in einem Vorbescheid Zweifel geäußert, ob die Unternehmereigenschaft — und damit der Vorsteuerabzug — nach einer solchen Umsatzgrenze beurteilt werden kann. Mit dem Urteil ist in Kürze zu rechnen. Die Bundesregierung hält es für zweckmäßig, das Urteil abzuwarten, bevor sie in der Angelegenheit Ermittlungen zur Feststellung der genauen Zusammenhänge anstellt und etwaige Folgerungen zieht.
Ich verweise im übrigen darauf, daß der Vorsteuerabzug in den von Ihnen angesprochenen Fällen noch von verschiedenen weiteren Voraussetzungen abhängig ist, die bei der Vermietung an Sportvereine und andere Vereine für deren Zwecke nur unter besonderen Umständen gegeben sein dürften.
Zusatzfrage?.— Bitte.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort die Bereitschaft der Bundesregierung entnehmen, nach Vorliegen des von Ihnen erwähnten Urteils des Bundesfinanzhofs mit darauf hinzuwirken, daß die Gemeinden den Sportvereinen die Sporthallen möglichst unentgeltlich zur Verfügung stellen können?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie ich vorhin sagte, wollen wir das Urteil abwarten. Dieses Urteil wird selbstverständlich gründlich ausgewertet werden. Der Finanzausschuß, der ja im Moment die Mehrwertsteuer berät, wird vielleicht Gelegenheit haben, auch diese Frage eventuell schon mitzuberaten.
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte.
Dr: Schäuble : Herr Staatssekretär, da Sie die aktuellen Beratungen im Finanzausschuß über die Novellierung des Mehrwertsteuergesetzes erwähnen, darf ich Sie fragen, ob ich aus diesem Hinweis die Bereitschaft der Bundesregierung entnehmen darf; den Forderungen des Deutschen Sportbundes im Rahmen dieser Beratungen mehr Aufgeschlossenheit entgegenzubringen als bisher.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann die in Ihrer Frage steckende Unterstellung nicht bestätigen, daß die Bundesregierung oder das Bundesfinanzministerium den Vorstellungen des DSB nicht aufgeschlossen gegenüberstünde. Das Gegenteil ist der Fall. Nach einer Vielzahl von Besprechungen mit Vertretern des DSB, die ich selber in meinem Hause geführt habe, und darüber hinaus mit Vertretern der Deutschen Sportkonferenz und entsprechenden Gesprächen von Vertretern der Fraktionen der SPD und der FDP kann diese Unterstellung überhaupt nicht belegt werden.
Im Gegenteil! In einer Reihe von Punkten konnte den Vorstellungen des DSB bereits Rechnung getragen werden. Über weitere Fragen sind wir im laufenden Gespräch.
Keine weiteren Zusatzfragen.,
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Frage 30 des Herrn Abgeordneten Wolfram , Frage 36 der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya), Frage 90 des Herrn Abgeordneten Gansel sowie die Frage 91 der Abgeordneten Frau Simonis werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 89 des Abgeordneten Hansen wurde vom Fragesteller zurückgezogen.
Ich rufe Frage 27 des Herrn Abgeordneten Engelsberger auf:
Können Investoren die Aussage des Bundesministers Dr. Graf Lambsdorff in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt", daß in der Bundesrepublik Deutschland eine akute Erdölversorgungskrise nicht zu befürchten sei, als eine Garantieerklärung der Bundesregierung für eine ausreichende Belieferung mit Erdöl auch in den nächsten Jahren ansehen?
Herr Kollege,_ Bundesminister Graf Lambsdorff hat in dem zitierten Interview sorgfältig zwischen den Gefahren einer akuten und einer längerfristigen Erdölversorgungkrise unterschieden. Es ist zutreffend, daß sich 'der Ausfall des Iranöls auf die Versorgung bisher kaum ausgewirkt hat. Auch in den kommenden Monaten ist mit gravie-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979 10881
Parl. Staatssekretär Grünerrenden Störungen nicht zu rechnen. Niemand kann allerdings im Augenblick zuverlässig beurteilen, wie sich die Versorgung mit Erdöl mittel- und längerfristig entwickeln wird. Dies wird insbesondere von der weiteren Entwicklung im Iran und von der Politik der Erdölförderländer abhängen. Auf diese Risiken am Weltenergiemarkt, besonders am Weltölmarkt, hat die Bundesregierung in ihrem Energieprogramm betont hingewiesen. Sie hat zur Verminderung dieses Risikos eine Reihe von Maßnahmen getroffen.In diesem Zusammenhang ist es ein grundlegendes Ziel unserer Energiepolitik, den Anteil des Erdöls an unserer Energieversorgung zu vermindern. Zur Erreichung dieses Ziels dient der überwiegende Teil der in der zweiten Fortschreibung des Energieprogramms. enthaltenen Maßnahmen wie z. B. das Energiesparprogramm und die Nichtgenehmigung des Baus von Ölkraftwerken. Hinzu kommt, daß die Bundesregierung bemüht ist, die Zusammenarbeit mit den Ölförderländern auszubauen, z. B. durch das kürzlich abgeschlossene Abkommen mit Saudi-Arabien über den Schutz deutscher Investitionen in diesem bedeutenden Ölförderland. Für die Investoren hat sich die Situation daher nicht verändert, zumal bei Investitionsentscheidungen in der Regel nicht kurz-, sondern längerfristige Erwägungen im Vordergrund stehen dürften.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist" der- Bundesregierung bekannt, daß in- und ausländische Energieexperten die energiepolitische Lage bei weitem negativer beurteilen als Sie in Ihrer Antwort, und warum hat die Bundesregierung nicht bereits Zielvorstellungen etwa bis zur Mitte der 80er Jahre im Hinblick auf die Energieversorgung der Bundesrepublik zu geben versucht? Die Investoren können bekanntlich nicht kurzfristig, sondern nur mittel- und langfristig kalkulieren.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, diese Zielvorstellungen hat die Bundesregierung gegeben. Daß angesichts der dramatischen Entwicklungen im Iran, die in dieser Form meines Wissens niemand vorausgesehen hat, auch unterschiedliche Urteile über die zukünftige Entwicklung bestehen, kann niemanden überraschen.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, warum ist die Bundesregierung nicht bereit, im Zusammenhang mit dem weiteren Bau von Kernkraftwerken mehr Druck auf den Ablauf der Genehmigungsverfahren zu legen, und warum hat es der Bundeskanzler bisher ,versäumt, seine Richtlinienkompetenz gerade im Hinblick auf den Bau von Kernkraftwerken auszuschöpfen? Denn wir wissen — so haben es Experten wenigstens ausgedrückt —, daß Mitte der 80er Jahre in der Bundesrepublik
„die Lichter ausgehen" würden, wenn in der nächsten Zeit keine neuen Kernkraftwerke gebaut bzw. die im Bau befindlichen Werke nicht zu Ende gebaut würden.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Experten, die für die Mitte der 80er" Jahre davon sprechen, daß die Lichter ausgehen, sind sicher keine Experten.
Herr Ageordneter, Zwiegespräche wollen wir in der Fragestunde nicht einführen.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich darf außerdem darauf hinweisen, daß der Ausfall an Erdöl nicht etwa durch den Bau von Kernkraftwerken aufgefangen werden kann. Die Bundesregierung hat ja deutlich gemacht, daß sie durch Forcierung des Baues von Kohlekraftwerken einen Ausgleich schaffen will und daß sie darüber hinaus die Kernenergie als unerläßlich für die Deckung des Restbedarfes im Rahmen unseres Gesamtenergieprogramms ansieht.
Wenn die Fragen ganz kurz sind, kommen drei Fragesteller noch zum Zuge.
Abgeordneter Josten.
Herr Staatssekretär, wie ist die optimistische Beurteilung der Ölversorgung von seiten der Bundesregierung zu erklären, da weltweit der Ausfall der iranischen Rohöllieferungen nicht voll durch Mehrproduktion anderer Länder gedeckt werden kann?
Grüner, Pari. Staatssekretär: Niemand weiß heute, ob das wirklich so ist. Das wird vermutet. Ich darf noch einmal mit großem Nachdruck sagen, daß unsere positive Beurteilung der Lage die nächsten Monate umfaßt, 'daß wir aber mittel- und langfristig keine Aussagen machen können.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, daß der Anteil des Irans an den deutschen Erdölimporten im letzten Jahr 16% betrug, und durch welche Lieferungen hat die Bundesregierung bisher die entstehenden Einfuhrlücken 'gedeckt bzw. will sie sie in Zukunft decken, bis die Erdölförderung dort wieder voll angelaufen ist?Grüner, Parl. Staatssekretär: Die von Ihnen genannte Prozentzahl dürfte in etwa stimmen. Wir können keine detaillierten Angaben darüber machen, wie und aus welchen Ländern dieser Ausfall gedeckt wird, weil Hintergrund der Abdeckung dieser Ausfälle Abkommen und Vereinbarungen
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10882 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1979
Parl. Staatssekretär Grünerzwischen den internationalen Mineralölgesellschaften sind. Ich möchte aber keine Unklarheit darüber aufkommen lassen, daß bei einem etwaigen 'dauerhaften Ausfall der Iran-Lieferungen ernstliche Mengenprobleme auch für unsere Versorgung nicht auszuschließen sind.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jens.
Herr Staatssekretär, die Preise für Heizöl sind bereits kräftig gestiegen. Sind Sie deshalb bereit, sich dafür einzusetzen, daß durch gewisse Maßnahmen die Nachfrage ähnlich wie in den Vereinigten Staaten eingeschränkt wird, damit den Preisauftriebstendenzen entgegengewirkt wird?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Zu solchen Maßnahmen, Herr Kollege, sehen wir keinen Anlaß, weil wir, wie ich gesagt habe, für die nächsten Monate keine Versorgungsengpässe sehen.
Im übrigen weise ich darauf hin, daß jede verordnete Nachfrageeinschränkung gleichzeitig die Gefahr erhöhen kann, daß Versorgungsstörungen eintreten.
Wir sind am Ende der Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Donnerstag, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.