Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll Punkt 3 der Tagesordnung — Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs — abgesetzt werden. Ich frage, ob das Haus damit einverstanden ist. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 24. Januar 1979 im Einvernehmen mit den Bundesministern des Auswärtigen, der Finanzen und für Jugend, Familie und Gesundheit die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pfeifer, Rühe, Dr. Schwarz-Schilling, Dr. Stavenhagen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Verbesserung der Ausbildungsförderung für deutsche Studenten bei einem Studium im Ausland, insbesondere in den USA und in Kanada — Drucksache 8/2459 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/2519 verteilt.
Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat mit Schreiben vom 1. Februar 1979 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Köhler , Frau Fischer, Höffkes, Dr. Hoffakker, Dr. Hüsch, Josten, Dr. Kunz (Weiden), Petersen, Stommel, Dr. Todenhöfer, Werner und der Fraktion der CDU/CSU betr. Personelle Hilfe in Entwicklungsländern — Drucksache 8/2342 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/2529 verteilt.
Ich rufe nunmehr Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksache 8/2532 —
Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung mit den Fragen des Herrn Abgeordneten Stutzer gemäß IV. Nr. 19 der Richtlinien für die Fragestunde. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Bülow zur Verfügung.
Ich rufe zunächst die Frage 86 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den mit dem Abrechnungsverfahren zwischen der Bundeswehr und den Landesbehörden in Kiel verbundenen Verwaltungsaufwand zu vereinfachen, und welches Volumen wird dieser Verwaltungsaufwand voraussichtlich haben?
Herr Präsident, gestatten Sie, daß ich die Fragen im Zusammenhang beantworte?
Der Fragesteller ist einverstanden.Ich rufe also auch die Fragen 87 und 88 auf:Trifft es zu, daß sich das Bundesverteidigungsministerium erst nach längerem Zögern entschlossen hat, Bergepanzer und schweres Räumgerät aus anderen Bundesländern nach Schleswig-Holstein in Gang zu setzen, und welche Lehren zieht das Bundesverteidigungsministerium aus den von der Bundeswehr beim Katastropheneinsatz in Schleswig-Holstein gesammelten Erfahrungen?Ist die Bundesregierung bereit, den Katastropheneinsatz der Bundeswehr in Schleswig-Holstein als eine Großübung mit einem Ausbildungsnutzen für die Truppe anzuerkennen, und in welcher Höhe sind Forderungen der Bundeswehr zu erwarten, die der Bundesfinanzminister dann niederschlagen könnte?Bitte, Herr Staatssekretär.Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Zu Ihrer ersten Frage, Herr Kollege Stutzer: Das Abrechnungsverfahren für Hilfeleistungen der Bundeswehr bei Naturkatastrophen ist in den Richtlinien des Bundesministers der Verteidigung vom März 1978 festgelegt. Es ist zutreffend, daß hiermit Verwaltungsaufwand verbunden ist, der jedoch nach Auffassung der Bundesregierung gering ist. Sie werden, Herr Kollege, sicherlich dafür Verständnis haben, daß sich der Umfang konkret_ nicht darstellen läßt. Ich darf aber darauf hinweisen, daß eine Ermittlung der entstandenen Kosten aus haushaltsrechtlichen Gründen notwendig ist, und zwar unabhängig von einer eventuellen späteren Erstattungsforderung.Zu Ihrer zweiten Frage: Es trifft nicht zu, daß sich das Bundesverteidigungsministerium erst nach längerem Zögern entschlossen hat, Bergepanzer und schweres Räumgerät aus anderen Bundesländern nach Schleswig-Holstein in Gang zu setzen. In diesem Zusammenhang, Herr Kollege, darf ich ein Fernschreiben des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein vom 5. Januar 1979 erwähnen, in dem er der Bundeswehr für ihren unverzüglichen, umfassenden und tatkräftigen Einsatz bei der Bekämpfung der Schneekatastrophe gedankt hat.Herr Kollege, das Bundesministerium wertet jeden Katastropheneinsatz aus. Die Erfahrungsberichte über den Katastropheneinsatz in Schleswig-Holstein werden dem Bundesministerium der Verteidigung frühestens Mitte dieses Monats vorliegen. Erst danach können eventuelle Lehren aus dem Einsatz gezogen werden.
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10612 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
Parl. Staatssekretär Dr. von BülowIch darf hierbei darauf hinweisen, daß jeder bei der Schneekatastrophe eingesetzte Truppenteil dem Territorialkommando Kiel auf dem Dienstweg einen Erfahrungsbericht vorzulegen hat. Diese Berichte werden vom Territorialkommando zusammengefaßt und dem Bundesministerium der Verteidigung zur abschließenden Auswertung zugeleitet. Sie werden Verständnis dafür haben, wenn diese Auswertung einige Zeit in Anspruch nimmt.Zu Ihrer dritten Frage, Herr Kollege Stutzer: Das Bundesministerium der Verteidigung hat bisher keinen Katastropheneinsatz als Großübung mit Ausbildungsnutzen anerkannt. Der jeweils betroffene Truppenteil hat vielmehr bei der Feststellung der angefallenen Kosten den Grad des Ausbildungsinteresses zu berücksichtigen.Nach vorläufigen Schätzungen betragen die Kosten für die Hilfeleistungen der Bundeswehr in Schleswig-Holstein rund 12 Millionen DM. Davon verbleibt nach Abzug des Ausbildungsinteresses ein Erstattungsbetrag von etwa 5 Millionen DM. Die Bundesregierung ist jedoch bereit, gegenüber dem Land auf die Erstattung dieser Kosten zu verzichten.
Verehrter Herr Kollege, erste Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie die Aussage des Herrn Ronneburger bestätigen, die er am 30. Januar 1979 vor dem Schleswig-Holsteinischen Landtag gemacht hat, daß der Bundeskanzler ihm eindeutig zugesagt habe, auf eine Kostenerstattung für den Einsatz der Bundeswehr zu verzichten, und wie erklären Sie sich den Widerspruch — —
Herr Kollege, Sie haben sechs Zusatzfragen. Ich bitte um Verständnis, daß ich jetzt ein Fragezeichen setze. — Bitte.
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe das Protokoll über die entsprechende Sitzung des Schleswig-Holsteinischen Landtages nicht nachgelesen; ich kenne die Äußerung von Herrn Ronneburger also nicht. Ich weiß auch nicht, was in Gesprächen zwischen dem Bundeskanzler und Herrn Ronneburger vereinbart ist.
Dies wäre durch Fragen an den Bundeskanzler oder an das Bundeskanzleramt zu klären. Ich kann dazu keine Aussagen machen.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, dafür, daß Sie über verbindliche Zusagen des Bundeskanzlers gegenüber Herrn Ronneburger nichts sagen können, habe ich volles Verständnis. Aber wäre es
dann möglich, daß Sie erfragen und mir mitteilen, warum der Bundeskanzler diese Zusage nicht zunächst dem Ministerpräsidenten gegeben hat, oder — anders gefragt — können Kamingespräche mit dem Bundeskanzler amtliche Beziehungen ersetzen?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie haben nach den Kosten, die der Bundeswehr entstanden sind, und der Art ihrer Abrechnung mit dem Land Schleswig-Holstein gefragt. Was darüber hinaus von seiten des Bundeskanzleramts oder des Bundeskanzlers in Gesprächen mit Politikern erörtert worden ist, kann von meiner Seite aus nicht beantwortet werden. Ich wäre Ihnen also dankbar, wenn Sie diese Frage an das Bundeskanzleramt richteten.
Herr Kollege, Sie haben eine weitere Zusatzfrage. Bitte.
Herr Staatssekretär, ich hatte Sie soeben gefragt, ob Sie dies nicht klären und mir dann mitteilen könnten. Das wäre einfacher, als wenn ich eine erneute Frage einreiche.
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn Sie damit einverstanden sind, daß das in schriftlicher Form geschieht, will ich Ihnen gern die Äußerung des Bundeskanzlers oder des Bundeskanzleramts vermitteln.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie es sich, daß schon eine Woche nach der letzten Sturmflutkatastrophe in Schleswig-Holstein ein Kabinettsbeschluß gefaßt wurde, auf eine Kostenerstattung zu verzichten, obwohl damals auch noch nicht der gesamte Umfang der angefallenen Kosten feststand, während in diesem Jahr die schleswig-holsteinische Landesregierung eine verhältnismäßig lange Zeit darüber im unklaren gelassen wird, ob und gegebenenfalls was zu erstatten ist?
Herr Kollege, ich habe mir die Frage noch einmal angesehen. Ich kann den unmittelbaren Sachzusammenhang nicht finden. Wenn der Herr Staatssekretär aber die Zusatzfrage auf Grund seiner Unterlagen beantworten kann, bin ich natürlich gern damit einverstanden.
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, ich kann es auf Grund meiner derzeitigen Unterlagen nicht beantworten. Es hängt natürlich damit zusammen, daß alle derartigen Erklärungen Präjudizwirkung für künftige Katastrophenfälle haben. Deswegen muß sich die Regierung sehr sorgfältig überlegen, in welchen Fällen sie auf eine Kostenerstattung verzichtet.
Herr Kollege, die nächste Zusatzfrage.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10613
Herr Staatssekretär, haben Sie geprüft, ob das Kostenfeststellungsverfahren nicht einfacher und unbürokratischer gestaltet werden könnte? Wir sehen ja jetzt, daß über ein Monat vergangen ist und die Kosten immer noch nicht feststehen.
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Da bisher keine Gelder geflossen sind, dürfte das die Betroffenen nicht unmittelbar aufregen. Sie können sich vorstellen, daß das Kostenfeststellungsverfahren natürlich Einheit für Einheit durchgeführt werden muß. Dabei stellt es eine große Erleichterung dar, daß in Katastrophenfällen auf eine Erstattung von Personalkosten von vornherein verzichtet wird, so daß das sehr umständliche Aufschreiben der Stunden entfällt.
Nach meinen Kenntnissen ist der Aufwand für die Feststellung der Kosten nicht übermäßig groß. Wir sind aus internen Gründen natürlich darauf angewiesen, die Kosten festzustellen. Sie können sich vorstellen, daß wir mit gewissen Forderungen gern auch den Bundesminister der Finanzen in die Mithaftung nehmen möchten. Das gilt vor allen Dingen für die Spritkosten.
Die letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir nach Abschluß des Verfahrens mitteilen, wieviel Arbeitsstunden angefallen sind, um die Kosten festzustellen und welcher Nutzen dem Verwaltungsaufwand gegenübersteht, wenn ich die haushaltsrechtlichen Gründe ausklammere?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich fürchte, daß Ihr ganzes Anliegen, möglichst wenig Bürokratie einziehen zu lassen, völlig zunichte gemacht wird. wenn wir jetzt darangehen, die 10, 15, 20 oder 30 Minuten, die die jeweiligen Vorgesetzten beim Überprüfen von Kostenrechnungen aufwenden, über den Instanzenweg festzustellen. Dies möchte ich doch zu bedenken geben.
Vielleicht könnte man das z. B. bei der nächsten Berichterstatterbesprechung des Haushaltsausschusses zum Gegenstand einer Erörterung machen. Dann kann man das Verfahren darlegen. Ich bin aber auch gern bereit, Ihnen das Verfahren selbst einmal darzulegen, um es dann Ihrem Urteil anheimzugeben, ob es bürokratisch ist oder nicht.
Vielen Dank. Damit sind die Fragen des Herrn Abgeordneten Stutzer beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Zander zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Dr. Ahrens auf:
Hält die Bundesregierung den Schutz der Arbeitnehmer wie auch der Bevölkerung vor schädlichen Auswirkungen von Chemikalien auf Grund der geltenden Rechtsvorschriften für ausreichend, und wenn nein, welche Folgerungen zieht sie für ihren Verantwortungsbereich daraus?
Herr Abgeordneter Dr. Ahrens ist im Saal. Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Dr. Ahrens, dem Schutz der Arbeitnehmer und der übrigen Bevölkerung vor gefährlichen Stoffen dienen bisher bereits die Arbeitsschutzverordnung und eine Reihe von Spezialgesetzen wie z. B. Arzneimittelgesetz, Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz und Pflanzenschutzgesetz. Es fehlen jedoch noch Vorschriften, die generell die Prüfung neu entwickelter Stoffe auf ihre Gefährlichkeit für Mensch und Umwelt, die Anmeldung dieser Stoffe bei der zuständigen Behörde und gegebenenfalls die erforderlichen Eingriffsmöglichkeiten des Staates sicherstellen. Die Bundesregierung erarbeitet deshalb zur Zeit einen Gesetzentwurf zum Schutz vor gefährlichen Stoffen.
Im übrigen bedarf es weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen, um das Gefährdungspotential der einzelnen Chemikalien qualitativ und quantitativ zu definieren.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, treffen Pressemeldungen zu, wonach in der Bundesrepublik Deutschland etwa 60 000 chemische Stoffe im Verkehr sind — zu denen jährlich mehrere Hundert hinzukommen —, die alle nicht nach den von Ihnen genannten Rechtsvorschriften auf etwaige schädliche Auswirkungen hin geprüft sind?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann Ihnen die quantitativen Angaben, die Sie in Ihrer Frage gemacht haben, im Augenblick nicht bestätigen. Aber daß eine bessere Überprüfung neu in den Verkehr kommender Stoffe erforderlich ist, habe ich in meiner Antwort zum Ausdruck gebracht. Das ist der Anlaß, warum sich die Bundesregierung bemüht, die gesetzlichen Regelungen auf diesem Gebiet zu verbessern.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wann ist mit der Vorlage des Entwurfs zu rechnen, und wird es sich um ein umfassendes Gesetz über die Überwachung gesundheitsschädlicher Stoffe handeln, also einschließlich neuer arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Ahrens, das ist eigentlich Gegenstand der Antwort auf Ihre zweite Frage.
Bevor ich Ihnen zu dieser Antwort das Wort erteile, hat
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10614 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenzunächst Herr Kollege Josten zu einer Zusatzfrage das Wort.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung bei ihren Überlegungen bezüglich des Schutzes der Bevölkerung vor schädlichen Auswirkungen von Chemikalien auch die Frage des Transportes chemischer Produkte auf Straße, Schiene oder Wasser einbeziehen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Zu einem großen Teil sind die Transportgefährdungen bereits gesetzlich geregelt. Aber im Zusammenhang mit den neu in den Verkehr kommenden Stoffen ist natürlich auch immer wieder zu prüfen, ob die bisherigen 'Bestimmungen für den Transport ausreichend sind, um die Bevölkerung zu schützen.
Ich rufe
die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Ahrens auf:
Welchen Stellenwert mißt die Bundesregierung dem Erlaß eines „Chemikaliengesetzes" zu, und wann ist gegebenenfalls mit der Vorlage eines Gesetzentwurfs zu rechnen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Dem Erlaß eines Gesetzes zum Schutz vor gefährlichen Stoffen wird höchste Priorität eingeräumt. Es wird sich dabei um einen Gesetzentwurf handeln, der gemeinsam vom Bundesminister des Innern, Bundesminister für Wirtschaft, Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit erarbeitet wird.
Mit dem Gesetz und den auf das Gesetz gestützten Rechtsverordnungen soll nicht nur den schädlichen Auswirkungen gefährlicher Stoffe auf Mensch und Umwelt begegnet werden. Ziel des Gesetzes ist es auch, die bisherigen unterschiedlichen elf landesgiftrechtlichen Regelungen durch ein einheitliches Bundesgiftrecht abzulösen und das Arbeitsschutzrecht entsprechend zu modernisieren.
Die Vorarbeiten an dem Gesetzentwurf sind bereits so weit gediehen, daß in Kürze ein Referentenentwurf an die Länder und Verbände verschickt werden kann. Die Bundesregierung ist bemüht, den gesetzgebenden Körperschaften so rechtzeitig einen Gesetzentwurf zuzuleiten, daß die Verabschiedung des Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode erfolgen kann.
Eine
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, erstreckt sich das Gesetz auch auf die bereits im Verkehr befindlichen Stoffe, und in welcher Weise soll das Prüfungsverfahren für diese Stoffe ablaufen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Ahrens, Sie fragen mich nach Einzelheiten eines Entwurfs, dessen Erarbeitung sich noch in einem sehr frühen Stadium befindet. Mit diesem Gesetz soll ein möglichst umfassender Schutz sowohl in der
Arbeitswelt und in der Umwelt wie auch von Mensch und Tier vor den neuen Stoffen angestrebt werden, die auf den Markt kommen. Das schließt natürlich auch ein, daß immer wieder geprüft werden muß, ob der Schutz für vorhandene Stoffe, die also bereits im Verkehr sind, ausreichend gesichert ist oder nicht. Aber ich bin außerstande, nun schon über letzte Einzelheiten des Ihnen eines Tages vorliegenden Entwurfs zu sprechen, weil er sich noch in einem sehr frühen Stadium befindet und darüber hinaus von mehreren Ressorts gemeinsam erarbeitet wird.
Eine
weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, in welcher Weise erfolgt eine Abstimmung mit der EG, der OECD und mit den Mitgliedstaaten dieser Organisationen, und ist Ihnen bekannt, ob unsere europäischen Nachbarstaaten ähnliche Regelungen vorbereiten?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ja, auf europäischer Ebene gibt es ähnliche Überlegungen zu einer Richtlinie. Ich kann Ihnen im Augenblick nicht sagen, in welchem Stadium sich diese Überlegungen befinden. Aber es ist selbstverständlich, daß die Bundesregierung im Rahmen der nationalen Gesetzgebung versucht, möglichst im Einklang mit den internationalen Überlegungen für eine EG-Richtlinie zu bleiben. Sonst würden ja schon sehr schnell wieder Anpassungsgesetze notwendig werden.
Eine
Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Laufs.
Herr Staatssekretär, welches der drei genannten Ressorts wird bei der Vorlage und der Beratung des Gesetzentwurfes die Federführung haben?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich habe nicht nur drei, sondern mehrere Ressorts genannt: den Innenminister, den Arbeitsminister, den Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Wirtschaftsminister und den Minister für Jugend. Familie und Gesundheit.
Zur Zeit ist es so, daß die Federführung abwechselnd bei den drei hauptbeteiligten Ressorts liegt. Ich kann Ihnen dementsprechend auch noch nicht sagen, wie groß die Anteile und Zuständigkeiten der einzelnen Ressorts im Blick auf das angestrebte gemeinsame Gesetz sind. Davon hängt es wiederum ab, wie die Federführung gegenüber dem Deutschen Bundestag endgültig aussehen wird.
DerHerr Abgeordnete Kirschner hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage 3 gebeten, desgleichen hat der Herr Abgeordnete Wittmann um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 4 gebeten. Dem wird in beiden Fäl-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10615
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenlen entsprochen; die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe Frage 5 des Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter auf:Wieviel hat die Broschüre „Jugendhilfe — Der Gesetzentwurf: mehr Hilfe — weniger Eingriffe" des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit gekostet?Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kroll-Schlüter, Entwicklung, Gestaltung und Herstellung der Broschüre „Jugendhilfe — der Gesetzentwurf: mehr Hilfe — weniger Eingriffe" kosteten 86 000 DM.
Herr Kollege, eine Zusatzfrage.
Darf ich fragen, ob dieser Entwurf der Bundesregierung für die Länder entscheidend ist und in den Landtagskämpfen diskutiert wird?
Zander, Parl. Staatssekretär: Das ist ganz sicher nicht die Absicht. Absicht dieses Entwurfes ist es, der an diesem Gesetzentwurf und schon seit langem an diesem in der Vorbereitung befindlichen Vorhaben interessierten Fachöffentlichkeit, den darüber publizierenden Journalisten, den Politikern, die sich darüber äußern müssen, Hilfen an die Hand zu geben, weil das Jugendhilferecht, wie immer es auch endgültig gestaltet werden wird, natürlich eine sehr spröde Materie ist und sehr vielen, die sich darüber äußern müssen, die darüber auch zu entscheiden haben, eigentlich gar nicht klar ist, welche Konfliktfälle junger Menschen und welche Konfliktfälle in der Sozialisation junger Menschen Anlaß für die gesetzlichen Regelungen sind, die wir eines Tages hoffentlich beschließen werden.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Unabhängig von Ihrer Antwort und der Tatsache, daß jetzt die Verfassungsmäßigkeit Ihres Handelns überprüft werden muß, möchte ich fragen, ob es einen Verband gibt, der ganz mit dem Entwurf übereinstimmt, oder zwei Verbände, die im großen und ganzen mit dem Entwurf übereinstimmen, und welche dies sind.
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kroll-Schlüter, es hat sich in den Beratungen, die wir sehr intensiv geführt haben, herausgestellt, daß alle wichtigen fachlich an diesem Gesetz interessierten Verbände und auch Institutionen — ich nenne z. B. den Deutschen Städtetag, ich nenne die kommunalen Spitzenverbände, ich nenne aber auch Verbände aus dem Jugendbereich, aus dem kirchlichen Bereich — die Reform im Prinzip für dringend erforderlich halten und auch im wesentlichen mit den Regelungen übereinstimmen. Daß es bei einem solchen Gesetzgebungsvorhaben Meinungsverschiedenheiten, Meinungsunterschiede gibt, ist eine Sa-
che, die selbstverständlich ist. Der Prozeß der GEsetzgebung ist ja auch noch nicht abgeschlossen.
Mein Damen und Herren, ich bin bei dem Kollegen, de die Frage gestellt hat, bei der Zulassung der Zusatz frage großzügig gewesen. Ich wäre Ihnen aber dankbar, wenn Sie bei Ihren Zusatzfragen den In halt der eingereichten Frage beachten würden.
Es folgt die erste Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger .
Herr Staatssekretär hält sich der von Ihnen genannte Kostensatz für die Erstellung dieser Broschüre im Rahmen dessen
was üblicherweise für Informationen über Gesetz entwürfe, die noch gar nicht verabschiedet sind von der Bundesregierung ausgegeben wird?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger es wird in dieser Broschüre überhaupt keine Information über den Gesetzentwurf übermittelt. Wen] Sie sich die Broschüre anschauen, werden Sie fest stellen, daß sie den Gesetzentwurf überhaupt nicht enthält. Was sie enthält, ist eine von der Fachwelt für dringend erforderlich gehaltene Information über Probleme der Jugendhilfe heute. Dies zeig uns z. B. der Umfang, in dem die Broschüre bei un abgerufen wird.
Her
Abgeordneter Kuhlwein, Sie haben eine Zusatzfra ge.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Dis kussion an Hand einer solchen Broschüre in de Öffentlichkeit sehr viel erfolgversprechender und sachlicher zu verlaufen scheint, als wenn man die Horrorgemälde der Union in Sachen Jugendhilfe allein zum Gegenstand der Diskussion machen würde?
Her
Kollege, Ihre Frage kann ich nicht zulassen, soweit Sie eine Wertung vorgenommen haben; in der Sa che überlasse ich die Antwort dem Herrn Staatssekretär.
Zander, Parl. Staatssekretär: Die Broschüre sol dazu dienen, eine sachliche Diskussion dieses wichtigen Themas zu ermöglichen. Das ist rich tig.
Her: Abgeordneter Gerster.
Herr Staatssekretär würden Sie im Hinblick darauf, daß Frau Minister Huber im Vorwort ausdrücklich auf den neuer
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10616 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
Gerster
Entwurf Bezug nimmt, meine Beurteilung teilen, daß eine Broschüre über ein Gesetzesvorhaben mit Kosten von 84 000 DM eher in eine Volksdemokratie hineinpaßt als in die Bundesrepublik Deutschland?Zander, Parl. Staatssekretär: Ich kann diese Auffassung nicht teilen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, vor allen Dingen die fachlich interessierten Bürger an einem solchen gesetzgeberischen Vorhaben zu beteiligen. Ich finde, das ist nicht nur eine Sache der Parlamente, sondern der Eltern, der Verbände, der vielfältigen freien Träger in der Jugendhilfe, der Jugendämter, insbesondere der Jugendämter, die nach dieser Broschüre besonders intensiv fragen. Hier ist es ganz wichtig, eine sachliche Diskussion zu ermöglichen. Das haben wir mit dieser Broschüre angestrebt, nicht jedoch die Veröffentlichung und Popularisierung eines in der Sache noch umstrittenen Gesetzentwurfs im einzelnen.
Im übrigen gilt, was ich dem Abgeordneten Kuhlwein gesagt habe, Herr Gerster, natürlich auch für die Bewertung in Ihrer Fragestellung.
Die letzte Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Braun; dann gehen wir zur nächsten Frage über.
Herr Staatssekretär, an wen und wie wurde die Broschüre verteilt, und sind die Verteilungskosten in dem von Ihnen genannten Betrag enthalten?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Braun, die Schrift richtete sich an Mitarbeiter in der Jugendhilfe, Mitglieder von Jugendwohlfahrtsausschüssen, Jugend- und Wohlfahrtsverbände, Eltern und Jugendliche, Politiker, Studenten, Journalisten und Lehrer. Ich kann Ihnen im Augenblick nicht sagen, ob in dem von mir genannten Betrag die Verteilungskosten, Porti und ähnliches, enthalten sind. Ich will das gerne nachprüfen lassen und Ihnen noch mitteilen.
Dann rufe ich die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Kuhlwein auf:
Trifft es zu, daß im Entwurf der Bundesregierung für die Rechtsverordnung zur Mindestpersonalbesetzung im Pflegebereich ein Personalschlüssel von mindestens 1 : 5 vorgesehen ist, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung des Kuratoriums Deutsche Altershilfe, daß dieser Schlüssel völlig unzureichend sei?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kuhlwein, Ihre Annahme trifft nicht zu. Der Entwurf der Bundesregierung einer Heimmindestpersonalverordnung sieht im Pflegebereich vielmehr einen Personalschlüssel von 1 :4 vor. Dieser Schlüssel, der dem Gutachten des Kuratoriums Deutsche Altershilfe entspricht, erscheint sachlich gerechtfertigt und sozialpolitisch geboten.
Die Bundesregierung ist sich allerdings bewußt, daß die Durchsetzung dieses Personalschlüssels
wesentlich von seiner finanziellen Realisierbarkeit abhängt. Insoweit müssen die weiteren Beratungen im Bundesrat abgewartet werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie erklärt sich dann die Bundesregierung, daß das Kuratorium Deutsche Altershilfe Ende Dezember an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit der Aufforderung herangetreten ist, sich um dieses Problem zu kümmern und darum zu bemühen, den Personalschlüssel von 1 : 4 durchzusetzen, weil ein Personalschlüssel von 1 : 5 geplant sei?
Zander, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kuhlwein, ich kann mir das nur so erklären: nicht etwa, weil dem Kuratorium der Entwurf der Verordnung nicht bekannt wäre, in dem steht, daß der Schlüssel von mindestens 1 :4 zum Tragen kommen soll, sondern deshalb, weil natürlich auch das Kuratorium Deutsche Altershilfe darüber informiert ist, daß es wegen der Kostenfolgen darüber in den Beratungen mit den Ländern auch andere Überlegungen gibt, die auf einen Schlüssel 1 : 5 hinauslaufen. Sicher sollte dieses Gespräch dazu dienen, Sie als Mitglieder des Deutschen Bundestages dafür zu gewinnen, die Bundesregierung in ihrer Absicht zu bestärken. Aber dies muß tatsächlich mit denen, die letzten Endes für die Kosten aufkommen, sehr sorgfältig geprüft werden. Unser Entwurf jedoch sieht einen Schlüssel von 1 : 4 vor.
Herr Kollege Braun, Sie möchten noch eine Zusatzfrage stellen, bitte.
Herr Staatssekretär, liegen Ihrem Hause Berechnungen vor, um wieviel Prozent die Pflegesätze bzw. die Tagessätze stiegen, wenn dieser Schlüssel 1 : 4 bzw. 1 : 5 realisiert würde?
Zander, Parl. Staatssekretär: Das kann ich im einzelnen nicht herabgerechnet auf die Pflegekosten sagen; aber ich kann Ihnen den Gesamtbetrag nennen, der sich zwischen dem Schlüssel 1 : 5 und 1 :4 ergäbe: Wenn man abweichend von der Vorlage der Bundesregierung einen Schlüssel 1 :5 wählte, würde das Mehrausgaben von 20 Millionen DM mit sich bringen gegenüber 120 Millionen DM bei einem Schlüssel von 1 : 4. In beiden Fällen beziehen sich die Berechnungen auf die gesamte Bundesrepublik. Es ist aber sehr schwierig, dies auf den einzelnen Pflegebetrieb und die einzelne Pflegeklasse herabzurechnen. Um diese Größenordnung handelt es sich insgesamt.
Ichdanke Ihnen, Herr Staatssekretär.Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmelde-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10617
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenwesen auf. Herr Staatssekretär Haar steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.Die ersten beiden Fragen sind von dem Herrn Abgeordneten Kolb eingebracht. Sie stehen in einem gewissen Zusammenhang, wenn ich das richtig sehe. Wollen Sie sie gemeinsam beantworten, Herr Staatssekretär?
Ich bin gerne dazu bereit.
Herr Kollege Kolb ist auch einverstanden. Ich rufe also die Fragen 7 und 8 gemeinsam auf:
Wie wird z. Z. die Autobahn A 96 zwischen Memmingen und Lindau auf baden-württembergischem Gebiet geplant, und um wieviel höher ist der Planungsaufwand, wenn die Strecke vierspurig geplant, jedoch nur zweispurig ausgebaut wird, bzw. wenn nur zweispurig geplant und ausgebaut wird?
Inwieweit werden Kunstbauwerke, Dammschüttungen etc. schon für einen Vollausbau auch bei einem zweispurigen Ausbau mit in der ersten Phase durchgeführt, und wie hoch sind dann schätzungsweise bei diesem angefragten Autobahnteilstück diese zusätzlichen Kosten?
Haar, Parl. Staatssekretär: Für die A 96 zwischen Aitrach und dem Autobahnkreuz bei Wangen ist nach dem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Bedarfsplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen ein stufenweiser Bau vorgesehen. Die Strecke wird zwar als Bundesautobahn mit zwei Richtungsfahrbahnen geplant, jedoch soll vorerst nur eine Fahrbahn gebaut werden. Im Rahmen der zweiten Fortschreibung des Bedarfsplanes wird zur Zeit überprüft, ob die Voraussetzungen für einen sofortigen zweibahnigen Bau gegeben sind. Das Ergebnis ist abzuwarten; denn hier finden ja bilateral Gespräche im Laufe dieses Jahres statt.
Über den mit diesem stufenweisen Bau verbundenen Verwaltungsmehraufwand wie für Planung, Entwurf, Bauvorbereitung und Baudurchführung liegen dem Bundesverkehrsministerium noch keine detaillierten Angaben der Landesstraßenbauverwaltung vor. Es kann aber auf Grund der bisherigen Erfahrungen davon ausgegangen werden, daß der Verwaltungsmehraufwand bei der Planung und beim Entwurf ohne große Bedeutung, bei der Bauvorbereitung und Baudurchführung jedoch erheblich ist.
Im übrigen werden grundsätzlich an baulichen Vorleistungen für einen Vollausbau bei zunächst stufenweiser Ausführung folgende Maßnahmen einbezogen: die Überführung über die Autobahn in voller Länge, die Herstellung von Einschnitten und Dämmen, z. B. in Wasser- und Landschaftsschutzgebieten oder in moorigen Talauen, sowie die erforderlichen Leitungsverlegungen in vollem Umfang. Sonstige unter Umständen notwendigen Maßnahmen sind von der jeweiligen Örtlichkeit abhängig.
Da der Bundesminister für Verkehr die Entwürfe für den Neubau der A 96 in diesem Abschnitt noch nicht vorliegen hat, sind Angaben zu den damit verbundenen Kosten im Augenblick noch nicht möglich.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, bis wann glauben Sie diese Angaben machen zu können, von denen Sie soeben sagten, daß sie im Augenblick noch nicht möglich seien, weil die Planung noch nicht vorliege?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich gehe davon aus, daß bei den Gesprächen über die Fortschreibung des Bedarfsplanes von der Landesstraßenbauverwaltung auch diese Angaben gemacht werden. Ich könnte Ihnen die Angaben dann im Laufe dieses Jahres geben.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, können Sie mir den ungefähren Zeitpunkt sagen, zu dem Ihnen Angaben zu der Frage möglich sind, inwieweit es sich bei dieser Strecke um Kunstbauwerke, Dammschüttungen etc. handelt?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie unser Haus in einer schriftlichen Anfrage veranlaßten, eine derartige detaillierte Anfrage an die Landesstraßenbauverwaltung zu stellen. Wir lassen das prüfen, und Sie können dann sicher vorweg eine solche Information erhalten.
Herr Staatssekretär, vielleicht läßt es sich bereits auf Grund dieser Fragestunde ermöglichen, eine solche Anfrage an die Landesstraßenbauverwaltung zu stellen.
Haar, Parl. Staatssekretär: Es ist dazu keine ganz konkrete Anfrage gestellt, Herr Präsident. Da es sich hier um ein Detailproblem der Landesstraßenbauverwaltung handelt, liegt es auch im Interesse des Abgeordneten, diese Frage zu konkretisieren.
Sie
werden das dann also noch konkretisieren, Herr Abgeordneter. Im Grundsatz aber müßte das auch so möglich sein. — Herr Abgeordneter, Sie haben keine weiteren Zusatzfragen. — Herr Abgeordneter Jäger !
Herr Staatssekretär, gibt es Erkenntnisse darüber, weshalb im Hinblick auf die Planungen, von denen Sie gesprochen haben, bei dem bereits fertiggestellten Anschlußstück vom Autobahnkreuz Memmingen bis nach Aitrach die Brücke über die Iller nur einbahnig gebaut worden ist, was ja bei einer späteren Verbreiterung dieser Brücke mit Sicherheit zu erheblichen Mehrkosten führen wird?Haar, Parl. Staatssekretär: Diese Frage ist im einzelnen im Verkehrsausschuß des Bundestages
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10618 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
Parl. Staatssekretär Haarnoch nicht erörtert worden. Daß bestimmte Erfahrungen gesammelt worden sind, ist selbstverständlich. Wenn Sie aber bezüglich dieser Einzelerfahrungen konkrete Auskünfte haben wollen, würde ich diese Frage gern der zuständigen Landesstraßenbauverwaltung vorlegen lassen und Ihnen die Antwort zuleiten, Herr Kollege.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung dafür Sorge tragen, daß nach den Erfahrungen mit dieser Illerbrücke wenigstens die anderen im Zuge der A 96 auf dem Abschnitt, von dem Sie gesprochen haben, noch notwendigen Brückenbauwerke von vornherein für einen zweibahnigen Ausbau vorgesehen werden?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich kann nur darauf hinweisen, daß das Bundesverkehrsministerium sich in Zusammenarbeit mit der zuständigen Landesstraßenbauverwaltung an die Beschlüsse des Deutschen Bundestages bezüglich der Dringlichkeit einzelner Maßnahmen, die im übrigen einstimmig gefaßt worden sind, halten muß. Änderungen bedürfen also auch der Zustimmung der zuständigen Gremien.
Ich rufe die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Wie weit sind die neuesten Erkenntnisse im Bundesverkehrsministerium gediehen, um zukünftig an den Autobahnen in Wohnbereichen Lärmschutzwände zu erstellen?
Herr Staatssekretär!
Haar, Parl. Staatssekretär: Auf Grund Ihrer Fragestellung gehe ich davon aus, daß Sie eine Antwort zum Lärmschutz an bestehenden Bundesautobahnen erwarten.
Der Entwurf eines Gesetzes zum Schutz gegen Verkehrslärm an Straßen und Schienenwegen, das sogenannte Verkehrslärmschutzgesetz, nach dem Stande der Stellungnahme des Bundesrates und der Gegenäußerung der Bundesregierung sieht Lärmschutz an bestehenden Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes vor, sofern der Mittelungspegel von 75 dB am Tage oder 65 dB in der Nacht überschritten wird. Der Gesetzentwurf wird, wie Sie wissen, zur Zeit in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages eingehend beraten. Um schon jetzt an bestehenden Bundesfernstraßen Lärmschutz durchführen zu können, werden unter den genannten Voraussetzungen im Bundeshaushalt 1979 Mittel bereitgestellt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.
Herr Staatssekretär, werden in Ihrem Ministerium auf dem Gebiet des Lärmschutzes auch Erfahrungen anderer Länder ausgewertet?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ja.
Eine weitere Zusatzfrage?
Herr Abgeordneter Gerster, Sie wollten noch eine Zusatzfrage stellen.
Herr Staatssekretär, wieviel Autobahnkilometer müßten denn mit einem Lärmschutzwall versehen werden, wenn dieses Gesetz so, wie Sie es vorhaben, in Kraft träte?
Herr Kollege, ich kann diese Frage nicht zulassen, weil sie nicht in dem erforderlichen Gesamtzusammenhang mit der hier gestellten Frage steht,
denn es wurde nach den Erkenntnissen gefragt.
— Herr Abgeordneter, ich rüge Ihren Zwischenruf.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Wird eine positive Entscheidung zur Anbringung einer Lärmschutzwand an der A 61 im Bereich des Ortsteils Gelsdorf, in der Gemeinde Grafschaft, erfolgen?
Bitte.
Haar, Parl. Staatssekretär: Die in meiner Antwort auf Ihre erste Frage genannten Werte von 75 Dezibel am Tage und 65 Dezibel in der Nacht werden in der Nachbarschaft der Bundesautobahn A 61 im Bereich von Grafschaft-Gelsdorf überschritten. Deshalb ist vorgesehen, die benachbarte Wohnbebauung vor den Einwirkungen durch Verkehrslärm zu schützen. Allerdings ist die Prüfung noch nicht abgeschlossen, ob eine Lärmschutzwand errichtet werden kann oder ob statt dessen den Eigentümern ein Ausgleich in Geld für den Einbau von Lärmschutzfenstern zu gewähren ist. In jedem Fall können die Bewohner in Grafschaft-Gelsdorf mit einer Verbesserung der Lärmsituation rechnen.
Herr Staatssekretär, angesichts Ihrer positiven Antwort möchte ich fragen, bis wann wohl mit dieser Entscheidung gerechnet werden kann.
Haar, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie wissen, daß in diesem Bereich im Augenblick auch noch ressortübergreifende Erörterungen erforderlich sind. Ich gehe davon aus, daß wir bereits in den nächsten Wochen zu einem Abschluß dieser ressortübergreifenden Erörterungen kommen. Wenn Sie darüber zusätzliche Auskünfte wünschen, werden sie ohne Ihre besondere Aufforderung schriftlich von meinem Hause gegeben.
Herr Kollege, möchten Sie noch eine Zusatzfrage stellen?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10619
Herr Staatssekretär, ich bitte, daß Sie mich in diesem Sinne noch einmal schriftlich informieren.
Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Gerster auf:
Ist die Bundesregierung bereit, aus Anlaß des Jahrs des Kindes ein vom Bund getragenes „Förderprogramm Sicherer Schulweg" zu schaffen, durch das die Kommunen zur gezielten Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Schulwegen veranlaßt werden könnten, um dadurch Leben und Gesundheit der Schulkinder auf ihren täglichen Schulwegen zu sichern?
Bitte.
Haar, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat bereits im Jahre 1978 — auch im Hinblick auf das Internationale Jahr des Kindes — ein Schulwegsicherungsprogramm entwickelt und im Herbst 1978 eingeleitet. Dieses Programm unterstützt die Kommunen in ihrem Bemühen um sichere Schulwege. Es wird in enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern durchgeführt. Die Länder Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Bayern, Saarland und Baden-Württemberg beteiligen sich bereits seit 1978 am Programm. Im Jahre 1979 werden sich die übrigen Bundesländer anschließen, womit ein bundesweites Bemühen um mehr Schulwegsicherheit erreicht sein wird.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster, bitte.
Herr Staatssekretär, wie hoch sind die Mittel des Bundes, die vorgesehen sind, um dieses Programm sowohl jetzt in Teilbereichen als auch später bundesweit durchzusetzen?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich lasse das gern durch mein Haus zusammenstellen und werde es Ihnen mitteilen. Herr Kollege, hier liegen mir im Augenblick detaillierte Unterlagen und auch eine Gesamtzusammenstellung nicht vor.
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 12 des Herrn Abgeordneten von Geldern auf:
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost die Stillegung einer erheblichen Anzahl von Poststellen in kleineren Orten auf dem flachen Land" plant, oder kann die Bundesregierung diese Befürchtungen als unbegründet ausräumen?
Haar, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, wenn der Herr Kollege es gestattet, könnte ich die beiden von ihm eingebrachten Fragen zusammen beantworten.
Der Herr Kollege ist einverstanden. Dann rufe ich noch die Frage 13 des Herrn Abgeordneten von Geldern auf:
Wie kann die Bundesregierung gegebenenfalls solche Vorstellungen mit der gebotenen Chancengerechtigkeit für Stadt und Land vereinbaren?
Haar, Parl. Staatssekretär: Die Deutsche Bundespost plant zur Zeit keine generelle Aufhebung bestimmter Poststellen. Es wird jedoch intern an einer neuen Konzeption für die Neuordnung der Landversorgung gearbeitet. Die zunächst von einer Arbeitsgruppe angestellten Überlegungen sind im Augenblick noch Gegenstand weiterer Untersuchungen. Vor deren Abschluß ist eine Aussage über das gesamte Konzept nicht möglich. Es ist jedoch nicht Ziel der Deutschen Bundespost, etwa einen Rückzug aus der Fläche anzutreten, wie es da und dort regional dargestellt worden ist. Ziel ist es vielmehr, eine zeitgemäße, wirtschaftliche und kundenfreundliche Versorgung der Landgebiete mit Postdienstleistungen sicherzustellen.
Die Deutsche Bundespost ist, wie Sie wissen, zur wirtschaftlichen Betriebsführung verpflichtet. Daher muß sie ihren Betrieb unter Berücksichtigung der Faktoren „Verkehrsbedürfnis" und „Wirtschaftlichkeit" ständig beobachten und entsprechend anpassen. Dabei gilt die Zielsetzung, auch für die Landbewohner im Verhältnis zur Stadtbevölkerung ein möglichst gleichwertiges und gleichrangig kundennahes Leistungsangebot zu gewährleisten. Sie stellt sicher, daß der Grundsatz der Chancengerechtigkeit für Stadt und Land auch künftig voll zum Tragen kommt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre grundsätzliche Antwort dahin konkretisieren, daß das von Ihnen angesprochene Konzept die Schließung heute vorhandener Posthalterstellen in kleineren Orten auf dem flachen Land nicht beinhalten wird?
Haar, Parl. Staatssekretär: Davon war in meiner grundsätzlichen Erklärung nicht die Rede. Sie müssen wissen, daß zur Zeit von 12 000 Poststellen rund 2 000 nicht mehr von Posthaltern besetzt sind. Auch hier gibt es also erhebliche personelle wie da und dort auch organisatorische Probleme. Um organisatorisch wie personalwirtschaftlich zu einem vernünftigen Ausgleich unter dem Aspekt der gleichen Bedienung zu kommen, überlegen wir uns selbstverständlich, wie mit diesem Konzept auch diesen Engpässen einigermaßen Rechnung zu tragen ist.
Herr Abgeordneter, Sie haben weitere Zusatzfragen.
Herr Staatssekretär, ich muß noch einmal nachsetzen. Die von mir hier aufgeworfene Frage ist von verschiedenen Stellen, u. a. vom Kreistag des Landkreises Cuxhaven, von Gemeinden, von der Postgewerkschaft und von der Presse aufgegriffen und als Befürchtung dargestellt worden. Ich frage Sie, ob ich dieser in meinem Wahlkreis geäußerten Befürchtung entgegentreten und die Antwort geben kann, daß die Bundesregie-
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Dr. von Geldernrung eine Auflösung der Posthalterstellen in kleineren Orten nicht beabsichtigt.
Haar, Parl. Staatssekretär: Dort, wo wir mit fahrbaren Postschaltern zu einer Verbesserung des Gesamtangebots kommen können, schließe ich auch solche Entwicklungen im Einzelfall nicht aus. Ich kann Ihre Frage aber jetzt nicht konkret beantworten; dazu fehlen mir die Unterlagen. Der sogenannte fahrbare Postschalter befindet sich bereits seit Jahren in der Erprobung und hat sich in vielen Bereichen schon voll bewährt. Von der Bevölkerung wird er durchweg als eine zweckmäßige und kundenfreundliche Einrichtung angesehen. Ein Vergleich mit einer ortsfesten Annahmestelle fällt übrigens auch aus der Sicht des Kundendienstes nach unseren Erfahrungen günstig aus. Durch gewichtige Vorteile eines solchen fahrbaren Postschalters werden geringfügige Nachteile mehr als ausgeglichen.Wenn Sie im Einzelfall konkret wissen wollen, wie es sich nach unserem Konzept in Ihrem Bereich möglicherweise auswirkt, will ich das gern überprüfen lassen und Ihnen darüber konkretere Mitteilungen zukommen lassen.
Sie haben keine weiteren Zusatzfragen. Nun der Herr Abgeordnete Dr. Spöri.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß Bundesminister Gscheidle eindeutig erklärt hat, ein Rückzug der Bundespost aus dem ländlichen Raum komme für ihn nicht in Frage?
Haar, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann das grundsätzlich bestätigen und dazu vermerken, daß nicht die Deutsche Bundespost der Initiator dieser Entwicklung ist, die da und dort kritisiert wird. Vielmehr zieht die Bundespost Konsequenzen aus Neuregelungen, die Länder und Gemeinden aus strukturpolitischen Überlegungen vorgenommen haben. Das ist die Situation.
Sie können eine weitere Frage an den Herrn Staatssekretär richten.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihren Antworten folgern, daß im Grunde genommen das Problem einer Chancengleichheit bei der Postbedienung zwischen Stadt und Land gegenwärtig viel mehr ein Problem der Besetzungsmöglichkeit als ein Problem beabsichtigter Pläne der Bundesregierung ist?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich möchte das jetzt nicht einfach pauschal mit Ja oder Nein beantworten, sondern Ihnen versichern: Die Deutsche Bundespost wird bei der Gestaltung des Dienstleistungsangebots auch weiter ländliche Nachfragestrukturen beachten, die von anderen, nämlich von denen, die
neue Strukturen politisch beschlossen haben, teilweise unberücksichtigt gelassen worden sind. Hier liegt ein Problem, bei dem wir Nachholbedarf festgestellt haben. Das versuchen wir im Interesse der Kunden auszugleichen.
Herr Staatssekretär, bevor ich dem Kollegen Dr. Hupka das Wort zu einer Zusatzfrage erteile, erlaube ich mir zu bemerken: Wir wollen gelegentliche Fehler der Gebiets- und Verwaltungsreform ja nicht auch noch auf die Post übertragen.
Herr Kollege Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin bei den Überlegungen, die die Bundespost anstellt, von einer zeitgemäßen Versorgung gesprochen. Was verstehen Sie unter „zeitgemäßer Versorgung". Bedeutet das: weniger Schalter, weniger Dienststunden, weniger Postdienststellen?
Haar, Parl. Staatssekretär: Das hat mit Arbeitszeitregelungen für die Beschäftigten der Deutschen Bundespost nichts zu tun. Ich kann nur sagen: Unter „zeitgemäß" verstehen wir eine lückenlose und auch künftig flächendeckende, reibungslose Postversorgung. Und darum ist dieser Betrieb bemüht.
Herr Abgeordneter Kittelmann.
Herr Staatssekretär, da Sie mehrfach im Rahmen Ihrer vorgesehenen Rationalisierungsmaßnahmen von „kundenfreundlichem Verhalten" sprechen, darf ich fragen, wie das in der Praxis für den auf dem Lande lebenden Einzelnen aussehen wird: Hat er eine Einschränkung zu erwarten? Oder wie werden Sie die Rationalisierung mit „kundenfreundlich" zu verbinden versuchen?
Haar, Parl. Staatssekretär: Die Deutsche Bundespost bemüht sich, wie ich das grundsätzlich gesagt habe, flächendeckend lückenlos zu bedienen. Daß es da und dort als Folge von Neuorganisationen, die politisch beschlossen worden sind, zu Schwierigkeiten kommt, schließe ich bei solchen organisatorischen Umstellungen nicht aus. Sie können aber davon ausgehen, daß die Post in ihrem Bemühen bei diesem Grundsatz bleibt, möglichst kundennah und auch chancengleich alle ihre Kunden — auch die im ländlichen Bereich — zu bedienen.
Solche Fragen, bezogen auf einen Einzelfall in einem Wahlkreis, lassen sich hier nicht in der Fragestunde beantworten. Wenn Sie die Absicht haben, konkret für Ihren Bereich die Pläne der Post zu erfahren, dann steht dieses Haus zur Verfügung, um Ihnen vom Konzept her auch detailliert zu sagen, wie sich das entwickelt.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für dieses Angebot.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10621
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenIch gebe jetzt noch dem Kollegen von Geldern die Möglichkeit zu Zusatzfragen; er hatte bisher nur zwei in Anspruch genommen.
Herr Staatssekretär, ich habe noch eine Frage, die über meinen Wahlkreisbereich hinaus von allgemeinem Interesse zu sein scheint. Es ist die Frage, ob Sie das Angebot einer mobilen Poststelle tatsächlich für gleichwertig dem Angebot einer festen Poststelle halten, und zwar insbesondere auch unter dem sozialen Gesichtspunkt, daß gerade diejenigen, die weniger beweglich sind, die möglicherweise nicht am Ort arbeiten, nur auf eine bestimmte Stunde am Tag angewiesen sind, wo sie den Postdienst zu Hause erreichen können?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich versichere Ihnen, daß bei einem solchen mobilen Angebot auch auf derartige Probleme, die Minderheiten betreffen, Rücksicht genommen wird, auch im Organisationsbereich der Deutschen Bundespost.
Ich darf aber bezüglich der beschäftigungspolitischen Argumentation hier noch etwas anfügen, Herr Kollege. Da und dort wird z. B. der ungerechtfertigte Vorwurf erhoben, bei der Neuordnung der Postversorgung auf dem Lande gehe es auch um mögliche Nachteile, die sich die Betroffenen einhandelten. Wenn Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse durch die Schaffung von Vollarbeitsplätzen ersetzt werden, denke ich, ist das auch in ländlichen Bereichen beschäftigungspolitisch eine positive Priorität, die nicht zu übersehen ist.
Zu einer letzten Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Dr. Friedmann.
Herr Staatssekretär Haar, können Sie hier einmal darlegen, welcher Zusammenhang zwischen angeblichen Fehlern der Gebiets- und Verwaltungsreform — auch der Herr Präsident hat vorhin von „gelegentlichen Fehlern" gesprochen — und der gelben Post, also nicht dem Fernmeldewesen, besteht?
Haar, Parl. Staatssekretär: Mir liegt kein Bericht über die gesamten Erfahrungen vor. Aber Sie werden mir sicher zustimmen, wenn ich sage, daß durch Einzelentscheidungen in den Ländern und in den Kommunen nicht nur vielseitige Wünsche hinsichtlich der postalischen Versorgung, sondern auch Belastungen auf die Post zugekommen sind. Ich würde es für problematisch halten, hier die Dinge hin und her zu schieben. Wenn Sie einen Gesamtbericht wollen, so kann das — da bin ich ganz sicher — in Absprache mit dem zuständigen Fachausschuß gelegentlich einmal erörtert werden.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann auf:Welches sind die Gründe dafür, daß das elektronische Wählsystem, dessen Einführung seit zehn Jahren angekündigt wird, plötzlich für den Fernverkehr nicht mehr in Frage kommt, und welche nachteiligen Folgen ergeben sich daraus für die Deutsche Bundespost im Hinblick auf den weiteren Ausbau des Fernmeldewesens, Umplanungen und den bereits erfolgten Investitionen im Hinblick auf das elektronische Wählsystem ?Die nächste Frage steht damit im Zusammenhang. Herr Staatssekretär, wollen Sie beide Fragen zusammen beantworten?
— Der Kollege ist einverstanden. Ich rufe auch Fra-ge 15 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann auf:Ist es weiterhin sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar, das EWS im Ortsvermittlungsbereich weiter einzuführen, wenn die Fernvariante in Digitaltechnik ausgeführt wird?Bitte, Herr Staatssekretär.Haar, Parl. Staatssekretär: Moderne zentralgesteuerte und speicherprogrammierte Wählsysteme beanspruchen ähnlich wie moderne Flugzeuge oder Warnsysteme eine Entwicklungszeit zwischen sieben bis zehn Jahren. Ähnlich wie dort werden Entwicklungen abgebrochen, wenn sie sich als nicht mehl sinnvoll oder als technisch bereits überholt erweisen oder erweisen sollten. Das elektronische Wählsystem für Fernvermittlungsstellen, die sogenannte EWSF, als analoges zentralgesteuertes und speicherprogrammiertes System sollte 1980 in den Serieneinsatz gehen. Durch die technologische Entwicklung der letzten zwei Jahre im sogenannten digitalen Bereich ist dieses System bereits heute technisch überholt.Bei Analog-Technik wird die menschliche Sprache unmittelbar zwischen den Gesprächspartnern ausgetauscht. Bei der sogenannten Digital-Technik wird die Sprache zum Zwecke einer elektronischen Übermittlung in einfache elektronische Befehle umgewandelt, so übertragen und dann wieder in Sprache zurückgewandelt.Die Deutsche Bundespost hat sich entschlossen, auf die Einführung des EWSF zu verzichten und statt dessen den Einsatz digitaler Fernvermittlungstechnik für Mitte der 80er Jahre vorzusehen. Durch diese Entscheidung wird für die Post die Einführung eines heute bereits überholten elektronischen Vermittlungssystems entbehrlich. Gleichzeitig wird die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Fernmeldeindustrie gestärkt und ein wesentlicher Beitrag zur langfristigen Sicherung der dort vorhandenen Arbeitsplätze geleistet.Kostenverursachende vermittlungstechnische Maßnahmen im Hinblick auf den Einsatz des jetzt nicht mehr vorgesehenen Systems waren noch nicht eingeleitet. Auch Investitionen im Hinblick auf den Einsatz dieses Systems sind noch nicht getätigt wordenIm Gegensatz zum EWSF ist das elektronische Wählsystem für die Ortsvermittlungstechnik bei der Deutschen Bundespost bereits in einer Reihe von Ortsvermittlungsstellen im Einsatz. Dieser Einsatz soll nach einem aktualisierten Einführungsplan fortgesetzt werden, um Erfahrungen im Umgang mit zentralgesteuerten Systemen zu gewinnen. Ohne diese Erfahrungen würde die Einführung sogenannter digitaler Systeme, die für Mitte der 80er Jahre zu erwarten ist, fast unmöglich werden.
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10622 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
Parl. Staatssekretär HaarTechnisch ist die Eingliederung des EWSO in das Fernsprechnetz auch ohne das früher vorgesehene System realisierbar und in den im wesentlichen angestrebten Einsatzfällen auch wirtschaftlich vertretbar.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, von wem ging die Initiative zur Abkehr vom EWS-System aus, von der Post oder von Siemens?
Haar, Parl. Staatssekretär: Das sind Erfahrungen, die auch in unserem Hause gemacht worden sind.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie hoch sind die Vorlaufkosten — personeller, sachlicher und auch kapitalmäßiger Art —, die bisher in Verbindung mit der Entwicklung des EWS-Systems entstanden sind, aufgeteilt nach Post und Industrie?
Haar, Parl. Staatssekretär: Unterlagen darüber stehen mir im Augenblick nicht zur Verfügung. Ich will Ihnen das gerne schriftlich mitteilen.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß es die Digital-Technik in Amerika seit 1975 in der Praxis gibt, und, wenn ja, wie vereinbart sich das mit der Aussage des Bundespostministers, wir hätten das modernste Fernmeldewesen der Welt?
Herr Kollege, bitte immer nur eine Frage.
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich kann über Erfahrungen in Amerika im Augenblick keine Aussagen machen. Fest steht aber in jedem Falle, daß wir in der internationalen Konkurrenz mit Sicherheit auch technisch an der Spitze stehen.
Sie haben noch eine Frage.
Herr Staatssekretär, bis wann ist mit der Einführung der Digital-Technik in der Praxis bei uns zu rechnen?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich habe darauf hingewiesen, daß das im Laufe der 80er Jahre nach Abschluß der Versuche möglich sein wird.
Zusatzfrage, Herr Kollege.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der amerikanische Kommunikationsbeauftragte Dittberner bereits 1974 in einer Studie auf die Unzweckmäßigkeit dieses EWS-Systems hingewiesen hat, und warum hat die Bundesregierung dieses Urteil nicht zur Kenntnis genommen bzw. hat die Bundespost nicht früher reagiert?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich will das gern in meinem Hause prüfen lassen und Ihnen dann eine Antwort darauf geben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie gesagt haben, daß das Digital-System in den 80er Jahren eingeführt werden soll, frage ich Sie: Mit welchem System werden in der Zwischenzeit die Erweiterungsinvestitionen getätigt, mit dem EMD oder dem EWS?
Haar, Parl. Staatssekretär: In jedem Falle im Blick auf das neue System, Herr Kollege.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:Bis zu welchem Termin wird die Deutsche Bundespost, der der Genfer Wellenplan seit Monaten bekannt ist, gegebenenfalls unter Nutzung von Provisorien, die vollen Sendeleistungen auch auf den neuen Frequenzen und an den neuen Standorten für den Deutschlandfunk, der den verfassungsmäßig gebotenen gesetzlichen Auftrag hat, ein umfassendes Bild von ganz Deutschland zu vermitteln, gewährleisten, und wird sie ihre Messungen der Sendeleistungen — auch im Zusammenhang mit minimalen Frequenzabweichungen — technisch im Jahr 1979 so gestalten, daß sie den tatsächlichen Höreindrücken entsprechen, also einen Sinn haben?Haar, Parl. Staatssekretär: Auf allen im Genfer Wellenplan für den „Deutschlandfunk" vorgeschlagenen Frequenzen hat die Deutsche Bundespost am Tage der Einführung der neuen Wellenlängen, am 23. November 1978, Sender in Betrieb genommen. Hierzu waren umfangreiche Änderungen an vorhandenen Sendern, aber auch die Erschließung einer neuen Sendestelle im Raume Bayreuth erforderlich. Zusätzlich zu den im Genfer Plan ursprünglich für den „Deutschlandfunk" vorgesehenen Sendern konnte die Deutsche Bundespost einen zweiten Langwellensender in' Erding in Betrieb nehmen, dessen Leistung in den nächsten Monaten wesentlich verstärkt werden soll. Dieser Sender stellt eine wirksame Ergänzung der Langwellenversorgung dar, die durch die Leistungsverdoppelung beim bisherigen Langwellensender Donebach in den nächsten Jahren noch weiter verbessert wird. Durch diese Maßnahmen wird das Sendernetz für den „Deutschlandfunk" weiter ausgebaut sein als ursprünglich im Genfer Wellenplan vorgesehen. Die Deutsche Bundespost hat besonders für den „Deutschlandfunk" vergleichende Messungen der Versorgung vor und nach der Einführung des Genfer Wellenplans durchgeführt und dabei auch den Hörereindruck, z. B. durch Erfassung der Interfrequenzgeräusche, berücksichtigt.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10623
Zusatzfrage.
Obwohl schon in der Frage nach den Terminen gefragt war, frage ich noch einmal: Wann präzise wird die Bundespost die Sendeleistung auf dem Langwellensender 209 kHz und dem Mittelwellensender 549 kHz vom jetzigen Provisorium eines Zehntels der Sendeleistung auf die volle Leistung erhöhen, damit der „Deutschlandfunk" nicht aus technischen Gründen über viele Monate hinweg Hörerverluste in Kauf nehmen muß und an der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe, trotz Mauer und Stacheldraht ein umfassendes Bild von Deutschland zu vermitteln, gehindert wird?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich darf hinsichtlich der Folgen der Einführung des Genfer Wellenplans auf folgendes hinweisen: Der Sender Donebach wurde auf die Frequenz 155 kHz bei einer Leistung von 250 kW umgestellt. Der Sender Mainflingen mit der Frequenz 209 kHz und einer Leistung von 15 kW wurde neu in Betrieb genommen. Der Sender Thurnau mit der Frequenz 549 kHz und einer Leistung von 20 kW wurde neu in Betrieb genommen. Der Sender Braunschweig wurde auf die Frequenz 756 kHz bei einer Leistung von 800 kW umgestellt. Der Sender Ravensburg mit einer Leistung von 100 kW wurde auf die Frequenz 756 kHz umgestellt. Der Sender Mainflingen mit einer Leistung von 700 kW wurde auf die Frequenz 1539 kHz umgestellt. Der Sender Neumünster mit einer Leistung von 600 kW wurde auf die Frequenz 1269 kHz umgestellt.
Ferner werden die Leistungen folgender Sender erhöht: die Leistung des Langwellensenders Done-bach von 250 kW auf 500 kW, die Leistung des Langwellensenders Mainflingen von 15 kW auf 500 kW, die Leistung des Mittelwellensenders Bayreuth von 20 kW auf 200 kW und die Leistung des Mittelwellensenders Recklinghausen von 0 kW auf 100 kW.-
Wenn im Rahmen dieser Übersicht, die ich jetzt gab, Herr Kollege Dr. Czaja, Ihre konkrete Frage nicht beantwortet worden ist, habe ich die nötigen Unterlagen hier nicht zur Verfügung, und die Frage wird dann nachträglich beantwortet.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Ich möchte Sie wirklich um Beantwortung der Frage, warum die Sender auf den Frequenzen 209 und 549 kHz derzeit nur mit einem Zehntel der Leistung senden, bitten und die Frage anschließen, ob Sie durch Messungen eine Übersicht darüber haben, in welchen Bereichen der Bundesrepublik Deutschland und des Gebietes, für das seine Sendungen bestimmt sind, der Deutschlandfunk wirklich noch hörbar ist, ob Sie dazu also klare Messungen haben, die mit den Eindrücken der Hörer übereinstimmen.
Haar, Parl. Staatssekretär: Den letzten Teil Ihrei Frage habe ich in Beantwortung Ihrer Gesamtanfrage bereits beantwortet. Was die detaillierte Anfrage anlangt, will ich Ihnen die Antwort gerne schriftlich übermitteln.
Herr Abgeordneter Dr. Friedmann, Sie wollten noch eine Zusatzfrage stellen? — Bitte.
Herr Staatssekretär, wie lange hat es gedauert, bis der fertige Vertrag über Senderanlagen nach seiner Anerkennung auch nur unterschrieben wurde, und lagen dabei schuldhafte Verzögerungen vor?
Haar, Parl. Staatssekretär: Die entstandenen Schwierigkeiten sind zumindest von der Deutschen Bundespost nicht zu vertreten.
So lagen vor allem in bezug auf Grundstücksbeschaffungen — es war insgesamt mit 27 Grundstückseigentümern zu verhandeln — erhebliche Schwierigkeiten vor. Daher wurde da und dort auch ein Provisorium genutzt, um Sender auch mit geringerer Leistung wenigstens in Betrieb nehmen zu können. Das ist aber termingerecht erfolgt. Der Raum zwischen Nürnberg, Bamberg, Hof und Weiden wird inzwischen gut versorgt, und bis Mitte 1979 wird die Leistung dieses Senders mit der Inbetriebnahme des endgültigen Sendemastes zusätzlich verstärkt.
Die letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, ist der Bundespost bekannt, daß die Lange Welle des Deutschlandfunks in den Abendstunden durch einen rumänischen Sender gestört wird, und ist abzusehen, wann diese Störung, die auf Grund des neuen Genfer Wellenplans entstanden ist, behoben wird?
Herr Kollege Dr. Hupka, ich glaube, daß wir von dem Herrn Staatssekretär schwerlich erwarten können, daß er das hier schon beantwortet.
Haar, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, ich bin sicher, daß dem Postministerium im Detail bekannt ist, wo solche Störungen durch Überschneidungen vorliegen. Ich lasse gern überprüfen, was im Rahmen der Möglichkeiten, die uns gegeben sind, abgestellt werden kann, und werde Ihnen eine Antwort zustellen, Herr Kollege Dr. Hupka.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen beantwortet.
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10624 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenWir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär von Schoeler zur Verfügung.Der Herr Abgeordnete Urbaniak ist nicht im Saal. Die Fragen 17 und 18 werden daher schriftlich beantwortet, und die Antworten werden als Anlage abgedruckt.Der Herr Abgeordnete Dr. Kunz hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Fragen 19 und 20 gebeten. Auch hier werden die Antworten als Anlage abgedruckt.Ich rufe Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:Nach welchen rechtsverbindlichen Leitlinien geschieht gegenwärtig die Planung baulicher und sonstiger technischer Schutzmaßnahmen gegen Störfälle bei Kernkraftwerken nach § 28 der Strahlenschutzverordnung vom 13. Oktober 1976?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, die Beurteilung baulicher und sonstiger technischer Schutzmaßnahmen gegen Störfälle bei Kernkraftwerken hat entsprechend den Forderungen der Strahlenschutzverordnung vom 13. Oktober 1976 nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zu erfolgen. Die Strahlenschutzverordnung sagt hierzu aus, daß die erforderliche Vorsorge insbesondere dann als getroffen angesehen werden kann, wenn der Antragsteller — ich zitiere — bei der Auslegung der Anlage die Störfälle zugrunde gelegt hat, die nach den vom Bundesminister des Innern nach Anhörung der zuständigen obersten Landesbehörden im Bundesanzeiger veröffentlichten Sicherheitskriterien und Leitlinien für Kernkraftwerke die Auslegung eines Kernkraftwerks bestimmen müssen.
Die Sicherheitskriterien für Kernkraftwerke wurden in der derzeit gültigen Fassung bereits am 12. Oktober 1977 im Länderausschuß für Atomkernenergie verabschiedet und am 21. Oktober 1977 im Bundesanzeiger bekanntgegeben.
Die in der Strahlenschutzverordnung in § 28 Abs. 3 genannten Leitlinien für Kernkraftwerke werden zur Zeit in meinem Hause erstellt und in Kürze der Strahlenschutzkommission, der Reaktorsicherheitskommission und den Verbänden zur Beratung vorgelegt. Es ist beabsichtigt, die in der Strahlenschutzverordnung vorgesehene Anhörung der obersten Landesbehörden im Mai dieses Jahres durchzuführen. Falls keine wesentlichen Verzögerungen eintreten, kann mit der Verabschiedung dieser Leitlinien und der Veröffentlichung im Bundesanzeiger noch vor der Sommerpause des Parlaments gerechnet werden.
Zur derzeitigen Durchführung des § 28 Abs. 3 ist zu bemerken, daß seit dem Inkrafttreten der Strahlenschutzverordnung am 1. April 1977 lediglich eine einzige Genehmigung erteilt wurde, für die § 28 Abs. 3 relevant war, nämlich die erste Teilerrichtungsgenehmigung für das Kernkraftwerk Philippsburg II. Die Beurteilung der baulich-technischen Schutzmaßnahmen erfolgte dabei ebenso wie vor dem Inkrafttreten der Strahlenschutzverordnung durch Begutachtung des Einzelfalls entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik und der Berücksichtigung der Sicherheitskriterien für Kernkraftwerke und der RSK-Leitlinien.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, in welchem Umfange wurde bisher — entsprechend dem Sinn des § 28 der Strahlenschutzverordnung — Vorsorge dagegen getroffen, daß im ungünstigsten Störfall die in der Strahlenschutzverordnung festgesetzten Jahreshöchstdosen — z. B. von 5 rem für Ganzkörper, Knochenmark oder Gonaden — im Umfeld des Kernkraftwerks auf dem Weg über die Nahrungsmittelaufnahme überschritten werden können?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, nach Inkrafttreten des § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung hat, wie ich bereits gesagt habe, erst ein Genehmigungsverfahren stattgefunden, in dem die Frage des § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung relevant geworden ist. In diesem Fall, beim Kernkraftwerk Philippsburg II, ist die Frage der Einhaltung der Dosishöchstwerte bei Nahrungsmittelkontamination im Rahmen einer Übergangsregelung bei der Erteilung der ersten Teilerrichtungsgenehmigung noch nicht abschließend geklärt worden. Wir werden im Laufe des weiteren Genehmigungsverfahrens hier noch am Einzelfall entscheiden, wie die in Vorbereitung befindliche Leitlinie zu § 28 Abs. 3 anzuwenden ist. Das ist der einzige Fall, der sich nach Inkrafttreten des § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung für uns praktisch gestellt hat, und so ist er vorläufig mit einer Übergangsregelung behandelt worden.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung sich der Tatsache bewußt, daß das Fehlen einer Reihe von sicherheitstechnischen Richtlinien und Leitlinien, die vom Bundesinnenminister schon seit einiger Zeit hätten in rechtsverbindlicher Form vorgelegt werden können, dazu beitragen kann, daß sich das weitverbreitete öffentliche Unbehagen an der Nutzung der Kernenergie verstärkt?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, mir ist diese von Ihnen auch bereits öffentlich geäußerte Kritik bekannt. Ich teile sie nicht, ich halte sie für nicht berechtigt.Was den konkreten Fall der Richtlinien in Ausfüllung des § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung betrifft, so muß ich Sie darauf hinweisen, daß es hier im einzelnen, wie Sie ja wissen, um außerordentlich komplexe und schwierige Festlegungen geht, in die auch der Sachverstand beispielsweise der Technischen Überwachungsvereine, der RSK und der SSK eingebracht werden muß. Das Bundesministerium des Innern gibt bei der Ausarbeitung der entsprechenden Leitlinien der Sorfältigkeit absoluten Vorrang vor einer schnelleren Fertigstellung,
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10625
Parl. Staatssekretär von Schoelerzumal wie gesagt, seit dem 1. April 1977, dem Tag des Inkrafttretens der Strahlenschutzverordnung, erst in einem einzigen Fall, nämlich im Falle Philippsburg II, eine praktische Anwendung in Rede gestanden hat. Unsicherheiten der von Ihnen in der Frage bezeichneten Art sind deshalb nicht zu befürchten.
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Dr. Langguth auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, in wieviel Städten und Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland verfassungsfeindliche Organisationen ordentliches Mitglied in Jugendringen sind und in welchem Umfang diese Organisationen mit öffentlichen Mitteln gefördert werden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Kann ich die beiden Fragen zusammen beantworten, Herr Kollege?
Ich bin damit nicht einverstanden.
Der Fragesteller ist damit nicht einverstanden. — Herr Staatssekretär, bitte.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die auf der Bundes-, Landes- und Kommunalebene bestehenden Jugendringe sind privatrechtlich organisiert und entscheiden auf Grund ihrer Satzungen selbständig darüber, welche Jugendverbände sie aufnehmen. Eine Verwaltungszuständigkeit des Bundes ist lediglich hinsichtlich des Bundesjugendringes gegeben. Sie wird vom Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit wahrgenommen. Dem Bundesjugendring gehört keine Organisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung an. Aus Mitteln des Bundes wird keine Organisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung, und zwar entsprechend § 9 des Jugendwohlfahrtsgesetzes, gefördert.
• Jugendringe sind keine Beobachtungsobjekte der Verfassungsschutzbehörden. Erkenntnisse über Mitgliedschaften extremistischer Organisationen in Jugendringen fallen daher lediglich als Randerkenntnisse bei der Beobachtung solcher Organisationen an. Ich verweise insoweit auf den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1977, und zwar auf Seite 85. Dort sind die Zahlen im einzelnen genannt. Danach ist die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend, die SDAJ, in drei Landesjugendringen sowie in etwa 60 Kreis-, Stadt- und Ortsjugendringen vertreten.
Eine
Zusatzfrage.
Ist die Bundesregierung aufklärend tätig geworden, z. B. über die Ziele der SDAJ, wenn solche Organisationen in Jugendringen vertreten waren?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Langguth, Sie verwischen, glaube ich, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern. Für den Bund
stellt sich die Frage auf Grund der Zusammensetzung des Bundesjugendringes nicht.
Eine letzte Zusatzfrage von Ihnen.
Handelt es sich bei Jugendorganisationen mit verfassungsfeindlichen Zielsetzungen, die in Jugendringen sind, lediglich um die SDAJ, oder gibt es darüber hinaus — nach den Randerkenntnissen, von denen Sie vorhin gesprochen haben — auch noch andere Organisationen mit verfassungsfeindlichen Zielsetzungen in Orts- und Kreisjugendringen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, was ich dazu sagen kann, ist im Verfassungsschutzbericht 1977 gesagt. Ich habe das hier wiederholt. Zusätzliche Angaben kann ich nicht machen.
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Langguth auf:
Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, daß demokratische politische Jugendorganisationen nicht in Jugendringe aufgenommen worden sind, wohl aber verfassungsfeindliche Jugendorganisationen wie z. B. die SDAJ (wie es beispielsweise in Heilbronn geschehen ist), und wie beurteilt die Bundesregierung gegebenenfalls diesen Sachverhalt unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten?
Ich weise darauf hin, daß Sie, Herr Staatssekretär, in dem letzten Satz Ihrer Antwort auf die Frage 22 bereits drei Landesjugendringe und 60 Kreis-, Stadt- und Ortsjugendringe genannt haben. Aber vielleicht wollen Sie noch eine Ergänzung anbringen. — Bitte.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Bundesregierung ist aus einer Zeitungsmeldung bekannt, daß der Antrag der Jungen Union Heilbronn auf Aufnahme in den Stadt- und Kreisjugendring Heilbronn Ende 1978 abgelehnt wurde. Wie der Bundesregierung gleichfalls bekannt ist, gehört dem genannten Jugendring die SDAJ an. Der Bundesregierung sind die Gründe für die Ablehnung der Jungen Union nicht bekannt. Die Bundesregierung weist jedoch in diesem Zusammenhang darauf hin, daß politische Jugendverbände, z. B. die Junge Union, in aller Regel nicht in Jugendringen, sondern in den Ringen politischer Jugend organisiert sind. So gehören z. B. dem Stadt- und Kreisjugendring Heilbronn weder die Jungsozialisten noch die Deutschen Jungdemokraten an.
Eine Zusatzfrage.
Ich möchte trotz Ihrer Antwort wissen, wie Sie konkret den Vorgang beurteilen, daß die Junge Union nicht in den Stadt-und Kreisjugendring Heilbronn aufgenommen wurde, auch angesichts der Tatsache, daß die SDAJ — ohne daß ich hier einen Vergleich anstellen möchte — eine Organisation ist, die einer ganz konkreten politischen Partei, nämlich der DKP, nahesteht?
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10626 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Langguth, die Bundesregierung hat bisher keinen Anlaß gesehen, die Nichtmitgliedschaft der Jungen Union, die Nichtmitgliedschaft der Jungsozialisten oder die Nichtmitgliedschaft der Deutschen Jungdemokraten in den von Ihnen genannten Stadtjugendringen in irgendeiner Weise zu kommentieren. Ich sehe dazu auch jetzt keinen Anlaß.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Spöri.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung keine Aufgabe ihrerseits darin sieht, demokratische Abstimmungen über Aufnahmeanträge in Kreis- und Stadtjugendringen zu kommentieren, zu rezensieren, verfassungsrechtlich zu interpretieren oder durch den Verfassungsschutz zu überprüfen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Spöri, ich gehe davon aus, daß es sich in den Fällen, die der Kollege Langguth hier zur Sprache gebracht hat, soweit politische Verantwortlichkeiten und politische Diskussionen damit zusammenhängen, um eine Frage der jeweiligen Gemeinden und der jeweiligen Länder handelt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Broll, die letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie nur zur Erweiterung Ihrer Kenntnisse darauf hinweisen, daß in der Stadt Oldenburg die Junge Union ebenfalls jahrlang abgewiesen wurde und dort die Jungdemokraten gegen die Aufnahme der Jungen Union gestimmt haben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Broll, ich betrachte jede Erweiterung meines Kenntnisstandes als außerordentlich erfreulich. Ansonsten gilt das, was ich bereits auf die vorhergehenden Fragen gesagt habe.
Die
Frage 25 des Herrn Abgeordneten Lagershausen wird schriftlich beantwortet, da der Herr Abgeordnete nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Dr. Müller auf:
Hat es die Bundesregierung bisher unterlassen, ihre Ankündigung wahr zu machen, durch geeignete Information der Bevölkerung Verfassungsschutz durch Aufklärung zu betreiben, und wenn ja warum, und wie gedenkt sie das Versäumte nachzuholen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung mißt der Aufgabe, die Bürger über die tragenden Grundsätze der Verfassung, über die gegen sie gerichteten Bestrebungen und deren Strategie und Zielsetzung zu informieren, einen hohen Stellenwert bei. Auch über Aufgaben und Arbeitsweise der Verfassungsschutzbehörden
sollen Kenntnisse und damit Verständnis vermittelt werden.
Die Bundesregierung erfüllt diese Aufgabe in vielfältiger Weise. Um nur einige Beispiele herauszugreifen: durch die jährliche Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts, durch zahlreiche Vorträge von Referenten des Bundesministeriums des Innern, durch die vom Bundesminister des Innern herausgegebene Informationsschrift „Innere Sicherheit" mit zahlreichen regelmäßigen Beiträgen aus dem Verfassungsschutzbereich sowie durch ihre allgemeine Öffentlichkeitsarbeit.
Nicht zuletzt arbeitet der Bundesminister des Innern in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit. Diese hat verschiedene Vorhaben durchgeführt bzw. in die Wege geleitet und darüber der Innenministerkonferenz Bericht erstattet. Der letzte dieser Berichte wurde von der Innenministerkonferenz am 2. Februar 1979 gebilligt.
Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung den Tatbestand, daß vor allem in den Medien die Einrichtung des Verfassungsschutzes immer wieder abgewertet und lächerlich gemacht wird, so wenn z. B. in einer Sendung des Süddeutschen Rundfunks der Verfassungsschutz in etwa gekennzeichnet wird als „die Kasperle vom Verfassungsschutz"?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, in der Bundesrepublik Deutschland gilt Art. 5 des Grundgesetzes. Es steht der Bundesregierung nicht zu, einzelne Beiträge — ich kenne den von Ihnen genannten auch gar nicht — zu lizenzieren oder zu zensieren.
Generell möchte ich zu der Problemstellung sagen, daß die Aufgabenstellung der Verfassungsschutzbehörden in der Bundesrepublik Deutschland verdeutlicht werden muß. Dies tut der Bundesminister des Innern in seiner allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit. Im übrigen meine ich, daß zum Bekenntnis zur Notwendigkeit des Verfassungsschutzes auch ein Anerkennen und Respektieren berechtigter Kritik gehört.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um gerade die breite Öffentlichkeit über die wichtigen Aufgaben des Verfassungsschutzes aufzuklären? Es hat sich gerade in diesen Tagen gezeigt, daß eine breite Welle von Angriffen auf unsere Verfassung, etwa im Bereich der Spionage, abläuft, die ohne den Verfassungsschutz und die positive Arbeit gar nicht bekämpft werden könnte.von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung beabsichtigt, ihre Arbeit auf diesem Ge-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10627
Parl. Staatssekretär von Schoelerbiet so fortzusetzen, wie sie sie in der Vergangenheit betrieben hat.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger .
Herr Staatssekretär, umfaßt der positive Verfassungsschutz durch Aufklärung auch den Personenkreis der in dieser Hinsicht besonders gefährdeten Bürger der Bundesrepublik Deutschland, die in die DDR reisen und dort der Gefahr ausgesetzt sind, für nachrichtendienstliche Zwekke angeworben zu werden und was geschieht konkret?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, das ist eine andere Frage in einem anderen Zusammenhang, die aber noch in dieser Fragestunde bei der Frage eines anderen Kollegen erörtert wird. Ich möchte dann darauf zurückkommen.
Herr Abgeordneter Schröder hat um schriftliche Beantwortung seiner beiden Fragen 27 und 28 gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Schmöle auf:
Mit welcher Zahl noch unentdeckt in der Bundesrepublik Deutschland arbeitender Agenten der DDR sowie der anderen Warschauer-Pakt-Staaten ist auf Grund der Erkenntnisse zu rechnen, über die die Bundesregierung verfügt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich will nur darauf aufmerksam machen, Herr Präsident, daß der Hinweis auf eine andere Frage, den ich eben dem Kollegen Jäger gegeben habe, genau die Fragen des Herrn Kollegen Schröder betraf.
Ich
schlage vor, Herr Staatssekretär, daß Sie auch dem Herrn Kollegen Jäger die schriftliche Antwort auf diese Frage zuleiten.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, exakte Kenntnisse über die Zahl der bisher unentdeckten DDR-Agenten in der Bundesrepublik Deutschland liegen der Bundesregierung nicht vor. Andererseits verfügen die Sicherheitsbehörden jedoch über verläßliche Anhaltspunkte und Erfahrungswerte, aus denen sich mittelbar Rückschlüsse über die Zahl der hier tätigen Agenten aus Staaten des Warschauer Paktes ableiten lassen. Mit dieser Maßgabe haben der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und sein zuständiger Abteilungsleiter auch bereits in der Öffentlichkeit eine — im übrigen seit Jahren gleichbleibende — Zahl von insgesamt 3 500 bis 4 000 Agenten genannt, von denen etwa 80 % für die DDR tätig sind.
Eine Zusatzfrage,
Herr Staatssekretär, kann davon ausgegangen werden, daß ein Großteil dieser Agenten auch im Bereich der Betriebsspionage tätig ist, und verfügen Sie über Kenntnisse, wie hoch diese Zahl sein könnte?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schmöle, die Bundesregierung hat in den jährlichen Verfassungsschutzberichten wiederholt auf die Schwerpunkte der Spionagetätigkeit gegnerischer Nachrichtendienste auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hingewiesen. Diese Schwerpunkte liegen in den Bereichen der politischen, der militärischen und der Wirtschaftsspionage.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, muß davon ausgegangen werden, daß durch die Nichtergreifung eines mutmaßlichen Spions auch für diesen Bereich erhebliche Schäden für die Spionageabwehr eingetreten sind?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schmöle, mit dieser Frage sprechen Sie ein laufendes Ermittlungsverfahren an, das in der Zuständigkeit des Generalbundesanwalts geführt wird. Ich bitte um Verständnis, daß ich zu diesem Verfahren nichts sagen kann.
Der Abgeordnete Sauer ist nicht im Saal. Die Frage 30 wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Schwarz auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal, so daß diese Frage wie auch die Frage 32 des Abgeordneten Schwarz schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Dr. Jentsch auf:
Welchen Nutzen hat die 1974 vom Bundesinnenminister bei Infratest München in Auftrag gegebene und nach Pressemeldungen zwar inzwischen abgelieferte, aber noch nicht abgenommene und nicht veröffentlichte empirische Untersuchung „Politischer Protest in der Bundesrepublik Deutschland" für die Verfassungsaufklärung bisher entfaltet, und welchen erwartet der Bundesinnenminister noch auf welche Weise von ihr?
Herr Staatssekretär, wollen Sie die beiden Fragen eventuell gemeinsam beantworten?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich wäre dankbar.
Da der Fragesteller einverstanden ist, rufe ich auch die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Jentsch auf:Wie hoch ist der Gesamtaufwand für diese Studie ?
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10628 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die InfratestUntersuchung beschreibt Faktoren im ökonomischen, sozialen und politischen Bereich, die zu politischer Unzufriedenheit führen und damit politischen Protest auslösen können. Im Rahmen der Untersuchung sind ferner sozialempirische Erhebungen durchgeführt worden.Die Studie wird gegenwärtig in meinem Hause sowie bei der Bundeszentrale für politische Bildung ausgewertet. Nach ihrer Veröffentlichung im Kohlhammer-Verlag, Stuttgart, wird sie auch allen anderen an diesem Fragenkomplex interessierten Stellen zur Verfügung stehen.Ich bitte um Verständnis, daß ich mit Rücksicht auf den Vertragspartner Infratest wegen der Wettbewerbslage auf dem Markt der Meinungsforschungsinstitute an dieser Stelle keine ins einzelne gehenden Auskünfte über die Höhe des gezahlten Honorars erteilen möchte. Im Rahmen der Rechnungslegung werden den zuständigen Gremien dieses Hauses selbstverständlich alle Fragen beantwortet werden.Was die Begleitung der Untersuchung durch eine interne Projektgruppe des Bundesministeriums des Innern betrifft, so wissen Sie, daß es bislang noch nicht möglich ist, den Arbeitsaufwand in der öffentlichen Verwaltung einzelnen Kostenträgern exakt zuzurechnen. Das gilt deshalb auch für die Tätigkeit der zur Betreuung der Infratest-Studie eingesetzten Projektgruppe.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wann mit der Auswertung dieser Studie zu rechnen ist und wie lange sie bereits vorliegt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jentsch, ich kann Ihnen in diesem Zusammenhang im Augenblick keine genauen Daten nennen. Aber ich möchte noch einmal betonen, daß im Augenblick Kontakte zwischen dem Bundesministerium des Innern auf der einen Seite und Infratest auf der anderen Seite stattfinden, die einige Nachbesserungen an der Studie betreffen. Sie ist also noch nicht abgeschlossen und abgenommen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Hat die Verzögerung der Herausgabe — oder der endgültigen Abnahme, wie es heißt — dieser Studie Einfluß auf das Urteil, das über die Studie aus dem Bildungsministerium bekanntgeworden ist, wonach sie methodisch falsch, widersprüchlich, vorurteilsbehaftet und politisch äußerst bedenklich sei?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jentsch, in der Beurteilung dieses gesamten Vorganges gibt es keinerlei Dissens zwischen dem
Bundesbildungsministerium und dem Bundesminister des Innern und gab es keinen zu irgendeinem Zeitpunkt. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß es für die Bundesregierung insgesamt nicht darum gehen kann, sich von der Studie zu distanzieren bzw. sich mit den Ergebnissen dieser Studie voll zu identifizieren. Das sind, glaube ich, falsche Kategorien für die Bewertung derartiger Forschungsarbeiten.
Herr Staatssekretär, darf ich unterstellen — —
Herr Kollege, wir wollen nichts unterstellen.
Darf ich Sie so interpretieren — ich bitte um Entschuldigung — daß diese Studie, da sie noch nicht abgenommen bzw. weitergeleitet worden ist, hinsichtlich der unmittelbaren Umsetzung bei den dazu berufenen Gruppen und Institutionen bisher noch keinerlei Auswirkungen gehabt hat?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Das ist richtig; kann sie nicht.
Damit sind die Fragen des Abgeordneten Dr. Jentsch beantwortet.Der Herr Abgeordnete Regenspurger hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Fragen 35 und 36 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.Der Herr Abgeordnete Schwencke ist nicht im Saal. Seine Frage 37 wird daher ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Der Herr Abgeordnete Menzel hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage 38 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Jungmann auf:Wann kann mit Abschluß der Sicherheitsüberprüfungen der politischen Gefangenen aus Argentinien durch das Bundesinnenministerium und damit mit der Ankunft der ersten Argentinier in der Bundesrepublik Deutschland gerechnet werden?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Seit der erstmaligen Meldung von Aufnahmebewerbern durch die Botschaft in Buenos Aires Ende November 1978 sind bis heute 85 Aufnahmeanträge, wobei die Familienangehörigen nicht mit eingerechnet sind, vorgelegt worden. In mehr als 20 Fällen hat der Bundesminister des Innern die Aufnahmezusage gegenüber dem Auswärtigen Amt befürwortet. Weitere zehn Aufnahmeanträge werden in den nächsten Tagen voraussichtlich positiv entschieden werden. Die noch offenstehenden Anträge sind zum ganz überwiegenden Teil erst vor wenigen Tagen eingegangen.Von seiten der Bundesrepublik Deutschland steht damit einer Ankunft der ersten Argentinier im
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10629
Parl. Staatssekretär von SchoelerRahmen der besonderen Aufnahmeaktion nichts im Wege. Ich weise aber darauf hin, daß in den Fällen, in denen die Bundesrepublik Deutschland ihre Aufnahmebereitschaft mittlerweile verbindlich erklärt hat, noch eine endgültige Entscheidung der argentinischen Behörden erforderlich ist.Der Grund dafür, daß bisher noch kein Aufnahmebewerber in das Bundesgebiet eingereist ist, liegt darin, daß die argentinische Regierung trotz wiederholter Bitten unserer Botschaft erst nach mehr als fünf Monaten, nämlich Ende November 1978, Gefangenenbesuche gestattet und damit die Übermittlung der ersten Aufnahmeanträge ermöglicht hat. Aus diesem Grund und zur Vermeidung weiterer Verzögerungen hat die Bundesregierung alle für eine beschleunigte Abwicklung der Aufnahmeanträge notwendigen Schritte unternommen. Maßnahmen zu einer weiteren Beschleunigung werden zur Zeit in meinem Hause geprüft. Es wird von uns angestrebt, das Verfahren so kurzfristig zu gestalten, daß zwischen der Anmeldung der Aufnahmebewerber durch die Botschaft und der Entscheidung der Bundesregierung über die Aufnahmebereitschaft nur wenige Arbeitstage liegen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben von Verkürzung der Zeit für die Überprüfung der Aufnahmeanträge gesprochen. Ist die Bundesregierung bereit, einem Verfahren zuzustimmen, wie es die USA praktizieren, daß die Botschaft nach dem Besuch bei dem Gefangenen vorab die Visa-Zusage erteilt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jungmann, ich habe in meiner Antwort schon gesagt, daß wir zur Zeit Maßnahmen zur weiteren Beschleunigung prüfen. Einzelheiten dieser Sache kann ich nicht nennen, weil wir im Augenblick darüber mit dem Auswärtigen Amt im Gespräch sind. Ich kann aber soviel sagen, daß unsere Prüfung in die Richtung geht, die Sie in Ihrer Frage ansprechen.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist auch mit den Bundesländern, die sich zur Aufnahme von argentinischen Asylsuchenden bereit erklärt haben, abgestimmt worden, daß das Aufnahmeverfahren durch die Sicherheitsüberprüfung verkürzt wird, und haben die Bundesländer dem Innenministerium die Zustimmung dazu gegeben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jungmann, das kann erst erfolgen, wenn wir zwischen den Bundesressorts ein geändertes Verfahren abgestimmt haben. Erst dann können wir auf die Länder zugehen, werden dies aber auch dann tun.
Herr Abgeordneter, Sie haben eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie hoch ist der Anteil der Nichtargentinier an diesen „politischen Gefangenen", die in die Bundesrepublik einreisen wollen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, die Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich kann keinen Prozentsatz angeben. Es gibt in der Tat Fälle, bei denen Menschen zunächst in Argentinien Schutz vor politischer Verfolgung gefunden haben, beispielsweise aus Chile, dann aber in Argentinien in den gleichen Zustand der politischen Verfolgung gelangt sind und daher in dieses Aufnahmeverfahren einbezogen werden. Eine exakte Zahlenangabe ist mir nicht möglich. Das wäre auch sehr schwierig, weil sich die Zahlen auf Grund der jetzt eingehenden und der abgewickelten Anträge ständig verändern.
Herr Abgeordneter Thüsing.
Herr Staatssekretär, wäre es möglich, daß einzelne Bundesländer auf die Sicherheitsüberprüfung verzichten — ähnlich wie bei den Flüchtlingen aus Vietnam — und damit die zusätzliche Wartezeit für die Inhaftierten verkürzt wird?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Thüsing, das kann ich nicht ausschließen. Aber das ist eine Frage, die Sie zunächst an die betreffenden Bundesländer richten müßten.
Die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Hoffmann wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Abgeordneter Luster, ich rufe Ihre Frage 41 auf:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit ihrer Feststellung vom April 1978, sie beobachte die Bevölkerungsentwicklung in Berlin mit Sorge, unmittelbar eingeleitet?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wären Sie mit einer zusammenfassenden Beantwortung Ihrer Fragen einverstanden?
Normalerweise ja, diesmal nicht, Herr Staatssekretär..von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Es wird dann auf beide Fragen die gleiche Antwort sein, weil der Sachzusammenhang so eng ist, Herr Kollege.Am 15. März 1978 hat die erste Enquete-Kommission der 7. Wahlperiode dem Berliner Abgeordnetenhaus den Schlußbericht über die Ursachen für den fortschreitenden Bevölkerungsrückgang Berlins und die damit verbundenen Strukturveränderungen
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10630 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
Parl. Staatssekretär von Schoelervorgelegt und Vorschläge unterbreitet, durch welche Maßnahmen Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsstruktur in Berlin verbessert werden können.Ebenfalls im Jahre 1978 hat sich eine Kommission der Vorsitzenden der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien mit dem Berlin-Problem im Zusammenhang mit der Bevölkerungsentwicklung befaßt. Auf Vorschlag des Berliner Senats hat sich die Kommission der Parteivorsitzenden wesentliche, im Enquete-Bericht vorgesehene Maßnahmen zu eigen gemacht und hierzu am 19. Juni 1978 eine gemeinsame Erklärung abgegeben. Dieser Erklärung ist im „Bulletin" der Bundesregierung Nr. 67 vom 21. Juni 1978 abgedruckt.Mit Ausnahme eines für 1980 vorgesehenen Punktes, und zwar der Senkung der Gewerbesteuer, sind alle dort aufgeführten Maßnahmen von der Bundesregierung im engsten Einvernehmen mit dem Berliner Senat verwirklicht worden. Im Haushalt 1979 sind dafür 111,5 Millionen DM veranschlagt. In den Jahren 1979 bis 1984 sind für die Realisierung dieses Programms insgesamt ca. 580 Millionen DM aus Mitteln des Bundeshaushalts vorgesehen.
Zusatzfrage.
Herr Präsident, wenn ich zunächst davon ausgehen darf, daß ich vier Zusatzfragen habe — —
Entschuldigen Sie, Sie haben ausdrücklich abgelehnt, die Fragen zu verbinden, so daß Sie jetzt nur zwei Zusatzfragen haben.
Natürlich, Herr Präsident; ich bitte um Nachsicht.
Herr Staatssekretär, anerkennt die Bundesregierung die Existenzsicherung Berlins als eine nationale Aufgabe und innerhalb dieser Aufgabe dann als Schwerpunkt, die Bevölkerung Berlins nach Zahl und Struktur zu stabilisieren und der Auszehrung der Bevölkerung entgegenzuwirken?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Luster, ich verstehe die Frage deshalb nicht, weil die Bundesregierung sonst nicht das Programm und die Gespräche der Parteivorsitzenden so umgesetzt hätte, wie ich das in meiner Antwort auf Ihre Ausgangsfrage dargestellt habe.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hat nach Durchführung dessen, was in der Bundespräsidentenrunde beschlossen worden ist, die Bundesregierung die Absicht, einen Gesamtplan zur Unterstützung der Planung des Senats bezüglich der Förderung der zahlenmäßigen und strukturellen Bevölkerungsentwicklung zu erarbeiten, hält sie das für sinnvoll, hält sie einen solchen Plan für zwingend geboten, plant sie etwas, hat sie etwas in Angriff genommen, werden erste Ergebnisse irgendwann vorliegen, oder wird die Bundesregierung bezüglich weiterer Maßnahmen auf eine weitere Präsidentenrunde warten?
Herr Kollege, Sie haben ja nun dem Herrn Staatssekretär einen ganzen Strauß in die Hand gegeben. Ich bin gespannt, wie er mit der Antwort zeitlich zurechtkommt. Bitte.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Luster, vor jetzt etwa sechs Wochen ist der Bundeshaushalt wirksam geworden, der insgesamt etwa 111,5 Millionen DM für Maßnahmen zur Förderung der Attraktivität von Berlin enthält. In den nächsten fünf Jahren — ich wiederhole die Zahl — sind über 580 Millionen DM vorgesehen. Wie Sie angesichts dieses Tatbestandes danach fragen können, wann endlich etwas passiert, ist mir schlicht und einfach unverständlich, es sei denn, Sie hätten das nicht zur Kenntnis genommen, was ich an Tatsachen mitgeteilt habe.
Über das hinaus, was bereits eingeleitet ist, ist mir bekannt, daß zwischen einzelnen Bundesressorts und dem Berliner Senat auch Erörterungen über andere zusätzliche Maßnahmen stattfinden. Danach müßten Sie aber jeweils das dafür federführende Ressort fragen.
Herr Kollege Diederich, Sie wollten eine Zusatzfrage stellen. — Bitte!
Herr Staatssekretär, können Sie die Mittel bezeichnen, mit denen der Staat die Geburtenrate erhöhen kann, etwa potenzfördernde Mittel oder andere, und können Sie angeben, wie es gelingen kann, dies regional zu bewerkstelligen?
Ich
habe auf eine so reizvolle Frage natürlich schon gewartet; aber ich kann sie nicht zulassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz.
Herr Staatssekretär, da Sie genauso gut wie ich wissen, daß die Bundesregierung von allen Parteien des Hauses, insbesondere von der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion, getrieben werden mußte, um die Ergebnisse umzusetzen, frage ich Sie, ob die Bundesregierung bereit ist, über ein eher kleines Bündel von Maßnahmen hinaus umfassende Maßnahmen zur wirklichen Verbesserung der Bevölkerungssituation Berlins zu ergreifen?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979 10631
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kunz, Ihre Auffassung, daß die Bundesregierung getrieben worden sein soll, scheint mir weniger den Tatsachen als dem bevorstehenden Wahltermin in Berlin zu entspringen.
Herr Abgeordneter Luster, ich rufe Ihre Frage 42 auf:
Welche Vorschläge des Senats von Berlin zur Stabilisierung der Bevölkerungsentwicklung Berlins sind seit der Ankündigung der Bundesregierung vom April 1978, sie werde das, was in ihre Zuständigkeit fällt, in die Tat umsetzen, durch die Bundesregierung mit dem Ziel der Verminderung des Fortzugs aus Berlin, der Erhöhung des Zuzugs nach Berlin und der Erhöhung der Geburtenrate der deutschen Bevölkerung in Berlin verwirklicht worden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, spätestens auf Grund der verschiedenen Zusatzfragen ist Ihre zweite Frage mitbeantwortet worden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, daß der Steigerung der Zahl derer, die aus Berlin wegziehen, insbesondere auch durch eine Steigerung des Wohnungsbaus in Berlin begegnet werden kann sowie durch die Verbesserung der in Berlin besonders schlechten Wohnungssituation, die nach dem von Ihnen zitierten Bericht der Enquete-Kommission dadurch gekennzeichnet ist, daß von 1 Millionen Wohnungen 500 000 eine Ofenheizung haben, 150 000 ohne Bad und weitere 100 000 ohne Bad und Innentoilette sind — im Gegensatz zu allen anderen Großstädten der Bundesrepublik?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Luster, bei der Steigerung der Attraktivität Berlins, für die sich die Bundesregierung in der Vergangenheit mit Nachdruck eingesetzt hat und in der Zukunft einsetzen wird, spielt auch die Frage des Wohnungsbaus eine Rolle. Deswegen ist in den von mir vorhin global erwähnten Maßnahmen im Jahre 1979 ein Betrag von 8 Millionen DM, 1980 ein Betrag von 25 Millionen DM, im Jahre 1981 ein Betrag von 40 Millionen DM und im Jahre 1982 ein Betrag von 25 Millionen DM für den Wohnungsbau vorgesehen.
Letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Luster.
Ist die Bundesregierung der Auffassung, Herr Staatssekretär, daß sie allein mit den von Ihnen soeben angegebenen Mitteln im Bereich des Wohnungsbaus der bevölkerungsmäßigen Auszehrung der Stadt Berlin entgegentreten kann?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Luster, ich bin gern bereit, jeden Vorschlag, den Sie zusätzlich machen, zu prüfen.
Ich rufe die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Kunz auf:
Was hat die Bundesregierung entsprechend ihrer Ankündigung vom April 1978 auf Grund des ihr vorliegenden Schlußberichts der Enquete-Kommission des Abgeordnetenhauses von Berlin unternommen, um die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen Berlins auf ihre Realisierungsmöglichkeiten zu überprüfen und im Rahmen ihrer Zuständigkeit für deren Durchführung Sorge zu tragen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kunz, ich bitte um Verständnis: Ich müßte Ihnen jetzt die gleiche Antwort geben wie dem Kollegen Luster. Ich hoffe, Sie ersparen mir nochmalige Abgabe der gleichen Antwort und akzeptieren diesen Hinweis als Antwort.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, obwohl ich volles Verständnis dafür habe, daß Sie den eher geringen Umfang der Ergebnisse nicht immer wieder ins Bewußtsein rücken wollen, .. .
Sie sind doch Parlamentarischer Geschäftsführer und wissen: Sie müssen eine Frage stellen.
... frage ich Sie nunmehr: Sind Sie bereit, weitere finanzielle Maßnahmen insbesondere auch unter dem Aspekt zu ergreifen, daß bei der gegenwärtigen Bevölkerungssituation Berlins der Förderung der Mehrkinderfamilien eine besondere Bedeutung zukommt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kunz, zur Förderung junger Familien sind von der Bundesregierung mehrere Maßnahmen ergriffen worden mit dem Ziel, Berlin für junge Familien attraktiv zu machen. Dazu gehört die im Bundeshaushalt 1979 vorgesehene besondere Förderung von 500 Wohnungen für Fachkräfte mit Familien. Außerhalb dieses Programms ist in einem Initiativgesetzentwurf der Bundestagsfraktionen eine Erhöhung der Kinderzuschläge von 22 DM auf 49,50 DM für Kinder in Berlin ab 1. Januar 1980 vorgesehen. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch die Änderung der Richtlinien zur Förderung der Arbeitsaufnahme im Lande Berlin vom 14. August 1978 zu nennen, die sich insbesondere zugunsten junger Arbeitnehmerfamilien auswirkt. — Wenn ich hier nur die bereits beschlossenen oder laufenden Maßnahmen im einzelnen aufführe, so schließt das nicht aus, daß bei der Bundesregierung noch weitere Planungen zur Verbesserung der Lage junger Familien in Berlin laufen.
Zusatzfrage.
Da Sie selber soeben weitere Planungen angekündigt haben, also für notwendig halten, frage ich Sie, Herr Staatssekre-
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10632 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 134. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Februar 1979
Kunz
tär: Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß es zur weiteren Förderung Berlins auf kulturellem, wissenschaftlichem, wirtschaftlichem und bevölkerungspolitischem Gebiet einer politischen Strategie bedarf, und wird der Herr Bundeskanzler demnächst durch Führungsentscheidungen wenigstens dem Ministerstreit bei der Realisierung der Ergebnisse der beim Herrn Bundespräsidenten gebildeten Arbeitsgruppe ein Ende bereiten?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kunz, Ihre Frage enthält so viele falsche Behauptungen, daß es mir außerordentlich schwerfällt, sie ins einzelne gehend zu beantworten, weil ich lange brauchen würde, alle diese Behauptungen zurückzuweisen.
Herr Abgeordneter, ein Abgeordneter hat die Möglichkeit zu fragen, und der Herr Staatssekretär antwortet so, wie er es für richtig hält. Ob Sie das befriedigt, ist eine andere Frage.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Löffler.
Herr Staatssekretär, wären Sie gegebenenfalls bereit, dem Kollegen Kunz ein Exemplar des Berlin-Papiers der vier Parteivorsitzenden zu übersenden und diejenigen politischen Maßnahmen farbig unterschiedlich anzustreichen, die sich auf die Politikbereiche beziehen, die er hier genannt hat, und gleichzeitig auch einen Hinweis darauf zu geben, daß in einem Prüfungskatalog noch eine Reihe von Fragen angesprochen worden ist, die Ergebnisse dieser Prüfung aber erst am 30. Juni 1979 vorgelegt werden sollen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Löffler, ich bin gerne bereit, jede von einem Mitglied des Hohen Hauses gewünschte Information zu einer auch von mir für notwendig gehaltenen Hebung des Informationsstandes zu geben.
Die Abgeordneten Straßmeir und Dr. Hupka haben um schriftliche Beantwortung ihrer Fragen 44 und 45 bzw. 58 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Fragestunde.
Ich berufe den Deutschen Bundestag zu seiner nächsten Sitzung auf Donnerstag, den 8. Februar 1979, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.