Protokoll:
8096

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 8

  • date_rangeSitzungsnummer: 96

  • date_rangeDatum: 9. Juni 1978

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:15 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/96 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 96. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Inhalt: Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 7583 A Große Anfrage der Abgeordneten Lattmann, Weißkirchen (Wiesloch), Dr. Meinecke (Hamburg), Büchner (Speyer), Dr. Enders, Kretkowski, Peiter, Dr. Staudt, Dr. Steger, Thüsing, Voigt (Frankfurt), Wüster, Frau Schuchardt, Dr.-Ing. Laermann, Schäfer (Mainz), Möllemann, Hölscher und der Fraktionen der SPD, FDP Zur Bildungspolitik — Drucksachen 8/1255, 8/1703 — Dr. Meinecke (Hamburg) SPD . . . . . 7583 B Dr. Schmude, Bundesminister BMBW . . . 7589 D Dr. Dregger CDU/CSU 7595 C Frau Schuchardt FDP 7602 D Dr. Glotz, Senator des Landes Berlin . . 7608 C Dr. Rose CDU/CSU 7615 C Weißkirchen (Wiesloch) SPD 7619 B Rühe CDU/CSU 7621 C Schäfer (Mainz) FDP 7624 B Nächste Sitzung 7626 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7627* A Anlage 2 Vereinfachung des Freigabeverfahrens der EG für Magermilchpulver zur Verwendung als Eiweiß-Komponente in Mischfuttern MdlAnfr A61 05.05.78 Drs 08/1773 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU ErgSchrAntw PStSekr Gallus BML auf ZusFr Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU 7627* C Anlage 3 Benachteiligung in der Förderung neuaufgenommener Regionen mit nur einem Schwerpunkt im 7. Rahmenplan MdlAnfr A5 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Hammans CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7628* A Anlage 4 Bundeseinheitliche Verteilung der Wirtschaftsförderungsmittel der Gemeinschaftsaufgabe MdlAnfr A6 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU MdlAnfr A7 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7628* B H Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Anlage 5 Widersprüchliche Auffassungen der Bundesminister Gscheidle und Dr. Hauff über die Dringlichkeit der Neckar-Alb-Autobahn MdlAnfr A29 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Langguth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV 7628* D Anlage 6 Herausgabe von Sonderbriefmarken zugunsten der Stiftung Deutsche Sporthilfe im Jahr 1979 MdlAnfr A30 02.06.78 Drs 08/1850 Schirmer SPD MdlAnfr A31 02.06.78 Drs 08/1850 Schirmer SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMP 7629* B Anlage 7 Festlegung des Verteilungsmaßstabes für Erschließungsbeiträge gemäß § 131 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes MdlAnfr A32 02.06.78 Drs 08/1850 Milz CDU/CSU MdlAnfr A33 02.06.78 Drs 08/1850 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . . 7629* C Anlage 8 Aussagen des Bundeswohnungsbauministers über die Verbesserung der Bausparförderung für junge Familien mit Kindern MdlAnfr A34 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . . 7630* A Anlage 9 Ergebnisse der Versuche mit der Magnetschwebebahn sowie Aufbau eines Magnetschwebebahnsystems mit einem Bundeszuschuß von 25 Millionen DM für die Internationale Verkehrsausstellung im Juni 1979 in Hamburg MdlAnfr A35 02.06.78 Drs 08/1850 Curdt SPD MdlAnfr A36 02.06.78 Drs 08/1850 Curdt SPD SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7630* A Anlage 10 Förderung der Forschungen zur Metallgewinnung mit Hilfe von Mikroben (Leaching) MdlAnfr A37 02.06.78 Drs 08/1850 Stockleben SPD MdlAnfr A38 02.06.78 Drs 08/1850 Stockleben SPD SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7630* D Anlage 11 Erprobung neuer Urananreicherungsmethoden (z. B. Laseranreicherung) ; Hemmnisse für die Weiterentwicklung der Hochtemperaturreaktor-Linie MdlAnfr A39 02.06.78 Drs 08/1850 Lenzer CDU/CSU MdlAnfr A40 02.06.78 Drs 08/185.0 Lenzer CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7631* B Anlage 12 Mexikanischer Versuch der Versorgung einer Siedlung mit Sonnenenergie sowie Förderung der Entwicklung von Solarzellen MdlAnfr A41 02.06.78 Drs 08/1850 Scheffler SPD MdlAnfr A42 02.06.78 Drs 08/1850 Scheffler SPD SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7631* D Anlage 13 Aussagen von Bundesminister Franke über die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland zur Geltendmachung von Menschenrechten sowie über die Auswirkungen bundesdeutscher Einflußnahme auf die DDR bezüglich der Menschenrechte MdlAnfr A43 02.06.78 Drs 08/1850 Jäger (Wangen) CDU/CSU MdlAnfr A44 02.06.78 Drs 08/1850 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 7632* C Anlage 14 Aussage des Bundesministers Franke zur Verwirklichung der Menschenrechte in der DDR MdlAnfr A45 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Abelein CDU/CSU MdlAnfr A46 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Abelein CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 7633* A Anlage 15 Verwirklichung der Menschenrechte in der DDR gemäß Art. 2 Abs. 2 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte MdlAnfr A47 02.06.78 Drs 08/1850 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 7633* B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 III Anlage 16 Definition des Begriffs „verdachtsnahe Personen" MdlAnfr A48 02.06.78 Drs 08/1850 Waltemathe SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7633* C Anlage 17 Listen des Bundesgrenzschutzes und des Bundesamts für Verfassungsschutz über linksextremistische Organisationen und Publikationen MdlAnfr A49 02.06.78 Drs 08/1850 Hoffmann (Saarbrücken) SPD MdlAnfr A50 02.06.78 Drs 08/1850 Hoffmann (Saarbrücken) SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7633* D Anlage 18 Listen des Bundesgrenzschutzes und des Bundesamts für Verfassungsschutz über linksextremistische Organisationen und Publikationen MdlAnfr A51 02.06.78 Drs 08/1850 Lutz SPD MdlAnfr A52 02.06.78 Drs 08/1850 Lutz SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7634* A Anlage 19 Listen des Bundesgrenzschutzes über linksextremistische Organisationen und Publikationen MdlAnfr A54 02.06.78 Drs 08/1850 Gansel SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7634* B Anlage 20 Zusammenarbeit des Bundesgrenzschutzes mit Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst; Löschung der beim Bundesamt für Verfassungsschutz gespeicherten Angaben über Publikationen und Organisationen MdlAnfr A55 02.06.78 Drs 08/1850 Conradi SPD MdlAnfr A56 02.06.78 Drs 08/1850 Conradi SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7634* C Anlage 21 Kontrollpraktiken des Bundesgrenzschutzes sowie Weitergabe von Informationen an den Verfassungsschutz MdlAnfr A57 02.06.78 Drs 08/1850 Kuhlwein SPD MdlAnfr A58 02.06.78 Drs 08/1850 Kuhlwein SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7635* A Anlage 22 Registrierung der von grenzüberschreitenden Reisenden mitgeführten Zeitschriften sowie Weitergabe der Informationen an den Verfassungsschutz MdlAnfr A59 02.06.78 Drs 08/1850 Ueberhorst SPD MdlAnfr A60 02.06.78 Drs 08/1850 Ueberhorst SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7635* B Anlage 23 Disziplinarische Konsequenzen aus der Gegenzeichnung der Überwachungslisten mit 239 Organisationen und 287 Publikationen; rechtliche Grundlage für die Weitergabe von Erkenntnissen des Bundesgrenzschutzes an den Verfassungsschutz MdlAnfr A61 02.06.78 Drs 08/1850 Hansen SPD MdlAnfr A62 02.06.78 Drs 08/1850 Hansen SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7635* C Anlage 24 Überprüfung grenzüberschreitender Reisender auf die Zugehörigkeit zu bestimmten Organisationen und das Mitführen bestimmter Schriften durch den Bundesgrenzschutz und das Bundesamt für Verfassungsschutz MdlAnfr A63 02.06.78 Drs 08/1850 Simpfendörfer SPD MdlAnfr A64 02.06.78 Drs 08/1850 Simpfendörfer SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7635* D Anlage 25 Aufnahme periodisch erscheinender Druckwerke und Organisationen in die veröffentlichten Listen der Publikationen und Organisationen MdlAnfr A65 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7636* A Anlage 26 Fotokopieren der im Transitverkehr für ein Sammelvisum erforderlichen Reiselisten durch Angehörige des Bundesgrenzschutzes MdlAnfr A66 02.06.78 Drs 08/1850 Schulze (Berlin) SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 7636* A IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Anlage 27 Durchsuchung von Reisegepäck nach bestimmten Druckerzeugnissen durch Beamte des Bundesgrenzschutzes; Änderung des Datenschutzgesetzes zum Zweck der Verhinderung öffentlicher Kritik des Datenschutzbeauftragten an Maßnahmen der Bundesregierung MdlAnfr A67 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Simonis SPD MdlAnfr A68 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Simonis SPD SchrAntw BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer BMI 3636' C Anlage 28 Verbot der SS-Traditionsverbände MdlAnfr A69 02.06.78 Drs 08/1850 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7636 D Anlage 29 Teilzeitbeschäftigung für Beamtinnen nach Ablauf der Mutterschutzfrist MdlAnfr A70 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Karwatzki CDU/CSU MdlAnfr A71 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Karwatzki CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7637* A Anlage 30 Aufgaben des Bundesamts für Verfassungsschutz — Außenstelle Gießen — im Rahmen des Bundesnotaufnahmeverfahrens im Aufnahmelager Lahn-Gießen; Abweisung eines Bundestagsabgeordneten durch die Außenstelle Gießen MdlAnfr A72 02.06.78 Drs 08/1850 Walther SPD MdlAnfr A73 02.06.78 Drs 08/1850 Walther SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7637* B Anlage 31 Nothilfebestimmungen für den Werkschutz; Bedrohung der Sicherheit der Verkäufer von Grundbesitz an das Entsorgungszentrum MdlAnfr A74 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Steger SPD MdlAnfr A75 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7637* D Anlage 32 Entgiftung der Abgase von Kraftfahrzeugen MdlAnfr A88 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7638* C Anlage 33 Überwachung von Buchhandlungen und Beschlagnahme von Büchern über die RAF MdlAnfr A89 02.06.78 Drs 08/1850 Schmidt (München) SPD MdlAnfr A90 02.06.78 Drs 08/1850 Schmidt (München) SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7638* D Anlage 34 Einführung eines „Verfassungstages" MdlAnfr A91 02.06.78 Drs 08/1850 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7639* B Anlage 35 Prozentsatz der Seiteneinsteiger in den einzelnen Bundesressorts im Vergleich zu den normalen Beförderungen in den Besoldungsgruppen A16 und höher seit 1969 MdlAnfr A92 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Voss CDU/CSU MdlAnfr A93 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Voss CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7639* B Anlage 36 Verfahren gegen NS-Verbrecher MdlAnfr A96 02.06.78 Drs 08/1850 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 7639* C Anlage 37 Wunderheiler und Okkultisten in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A97 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Schöfberger SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 7640* A Anlage 38 Zahl der im Zusammenhang mit den Auslieferungsersuchen Jugoslawiens verhafteten Personen MdlAnfr A98 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU MdlAnfr A99 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 7640* B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 V Anlage 39 Berücksichtigung des Schweizer Mietrechtmodells, insbesondere hinsichtlich der Mieteinigungsstellen, bei der Änderung des Mietrechts MdlAnfr A102 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 7640* D Anlage 40 Schutz der Unabhängigkeit der obersten Bundesgerichte vor herabsetzenden Formen der Urteilsschelte; Kritik an dem Urteil des BGH in Sachen Böll—Walden MdlAnfr A103 02.06.78 Drs 08/1850 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 7641* A Anlage 41 Einführung eines Standardformulars für die Einkommensteuererklärung MdlAnfr A104 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Funcke FDP SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7641* C Anlage 42 Forderung des Vorsitzenden der Deutschen Steuergewerkschaft, Hermann Fredersdorf, nach Vereinfachung des Steuerrechts sowie Einführung einer Sonderausgabenpauschale und/oder Einbau der Kfz-Steuer in die Mineralölsteuer MdlAnfr A105 02.06.78 Drs 08/1850 Hartmann CDU/CSU MdlAnfr A106 02.06.78 Drs 08/1850 Hartmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7642* A Anlage 43 Einkommensverluste durch die Steuerprogression bei Erhöhung der Bruttobezüge um die vermögenswirksame Leistung des Arbeitgebers von 13 DM MdlAnfr A107 02.06. 78 Drs 08/1850 Dr. Pinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7643* A Anlage 44 Steuerausfall sowie Wettbewerbsnachteile für den deutschen Gartenbau und Blumengroßhandel durch die Praktiken der „Fliegende Holländer" genannten Blumenexporteure aus den Niederlanden MdlAnfr A108 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU MdlAnfr A109 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7643* B Anlage 45 Erfahrungen mit der Wagnisfinanzierungsgesellschaft MdlAnfr A110 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Erler SPD MdlAnfr A111 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Erler SPD SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7643* D Anlage 46 Einberufung der Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzung zur Vorbereitung der Haushaltsaufstellung und Finanzplanung für 1979 MdlAnfr A112 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Häfele CDU/CSU MdlAnfr A113 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7644* C Anlage 47 Überprüfung des Verhaltenskodex der EG für europäische Unternehmen mit Tochtergesellschaften, Zweitniederlassungen oder Vertretungen in der Republik Südafrika MdlAnfr A114 02.06.78 Drs 08/1850 Frau von Bothmer SPD MdlAnfr A115 02.06.78 Drs 08/1850 Frau von Bothmer SPD SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7645* A Anlage 48 Gründe und Zweck des Versperrens der Wirtschaftswege an der deutsch-belgischen Grenze mit Steinblöcken MdlAnfr A116 02.06.78 Drs 08/1850 Dr.-Ing. Laermann FDP MdlAnfr A117 02.06.78 Drs 08/1850 Dr.-Ing. Laermann FDP SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7645* B Anlage 49 Zeitungsmeldung über die Verwendung von Geheimmitteln durch die Republik Südafrika, um dafür insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland „Einfluß zu kaufen" MdlAnfr A119 02.06.78 Drs 08/1850 Lambinus SPD SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7645* C Anlage 50 Mißhandlung des Bremer Studenten Wolfgang Kapp durch türkische Sicherheitsbehörden VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 MdlAnfr A125 02.06.78 Drs 08/1850 Coppik SPD SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7645* D Anlage 51 Tätigkeit eines sogenannten „Rats der 17" in Äthiopien MdlAnfr A138 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Marx CDU/CSU MdlAnfr A139 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Marx CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7646* A Anlage 52 Bedeutung der Kooperationsvereinbarung im Meeresbergbau für das deutschsowjetische Wirtschaftsabkommen MdlAnfr A143 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Hüsch CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7646* B Anlage 53 Perspektiven für einen erfolgreichen Abschluß der Dritten Seerechtskonferenz MdlAnfr A144 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. von Geldern CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7646* C Anlage 54 Beteiligung der deutschen Industrie beim Abbau der Meeresressourcen sowie Folgen eines amerikanischen Interimsgesetzentwurfs für den Verlauf der Seerechtskonfeenz MdlAnfr A145 02.06.78 Drs 08/1850 Breidbach CDU/CSU MdlAnfr A146 02.06.78 Drs 08/1850 Breidbach CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7646* D Anlage 55 Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1977 für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung sowie Informierung der Bürger über neue Gesetze unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht auferlegten Zurückhaltung vor Wahlen SchrAnfr B1 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAnfr B2 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAnfr B3 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAnfr B4 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAntw StSekr Bölling BPA 7647* B Anlage 56 Fürsprache des Bundeskanzlers für den sowjetischen Bürgerrechtskämpfer Alexander Ginsburg anläßlich des Besuchs von Staatschef Breschnew in Bonn SchrAnfr B5 02.06.78 Drs 08/1850 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7649* A Anlage 57 Einspruch der sowjetischen Regierung beim schwedischen Außenministerium gegen einen möglichen Berlin-Besuch des schwedischen Königspaares SchrAnfr B6 02.06.78 Drs 08/1850 Biehle CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7649* C Anlage 58 Beratung der Bundesregierung in ihrer Außenpolitik gegenüber den USA; Konflikte mit der Nicht-Verbreitungspolitik von Uran-Lieferländern durch NuklearVerträge mit Argentinien SchrAnfr B7 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Steger SPD SchrAnfr B8 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Steger SPD SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7649* D Anlage 59 Beachtung der Menschenrechte als Voraussetzung für die Verlängerung des Abkommens von Lomé SchrAnfr B9 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 7650* B Anlage 60 Stand der Arbeiten der Kommission der EG hinsichtlich der „Besonderen Rechte der Bürger" SchrAnfr B10 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7650* C Anlage 61 Pflicht zur Beseitigung pharmazeutischer Abfälle SchrAnfr B11 02.06.78 Drs 08/1850 Daubertshäuser SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7651* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 VII Anlage 62 Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes sowie Einführung einer Amtszulage für Polizeimeister SchrAnfr B12 02.06.78 Drs 08/1850 Petersen CDU/CSU SchrAnfr B13 02.06.78 Drs 08/1850 Petersen CDU/CSU SchrAnfr B14 02.06.78 Drs 08/1850 Petersen CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7651* C Anlage 63 Verwendung der asiatischen Schlagwaffe Nunchaku in Sportvereinen trotz des Verbots gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 der 1. Verordnung zum Waffengesetz sowie Ahndung von Zuwiderhandlungen SchrAnfr B15 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Miltner CDU/CSU SchrAnfr B16 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Miltner CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7652* A Anlage 64 Benachteiligung von Berufssoldaten gegenüber Beamten auf Lebenszeit durch Nichtanrechnung der Zeit der Kriegsgefangenschaft zur Erlangung eines Versorgungsanspruchs nach dem Gesetz zu Artikel 131 GG SchrAnfr B17 02.06.78 Drs 08/1850 Pieroth CDU/CSU SchrAnfr B18 02.06.78 Drs 08/1850 Pieroth CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7652* C Anlage 65 Bereitstellung von Rettungs-Hubschraubern durch Vereinigungen und Verbände sowie Förderung des Rettungs-Hubschrauber-Dienstes durch den Bund SchrAnfr B19 02.06.78 Drs 08/1850 Biechele CDU/CSU SchrAnfr B20 02.06.78 Drs 08/1850 Biechele CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7653* B Anlage 66 Einbringung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Personenstandsgesetzes SchrAnfr B21 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Meinecke (Hamburg) SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7654* A Anlage 67 Abkürzung für den Begriff „Bundesrepublik Deutschland" SchrAnfr B22 02.06.78 Drs 08/1850 Luster CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7654* B Anlage 68 Grundsätze bei der Förderung der Datenverarbeitung sowie Wirkung der bisherigen Förderungsmaßnahmen SchrAnfr B23 02.06.78 Drs 08/1850 Lenzer CDU/CSU SchrAnfr B24 02.06.78 Drs 08/1850 Lenzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7654* C Anlage 69 Gewährung eines Unterhaltsbeitrags nach dem Beamtenversorgungsgesetz an, die geschiedene Ehefrau eines verstorbenen Beamten vor ihrem 60. Lebensjahr SchrAnfr B25 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Schäuble CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7655* A Anlage 70 Beteiligung der Bundesregierung an der Durchführung des Schuldenerlasses für die ärmsten Länder der Welt gemäß den Ergebnissen der UNCTAD-Schuldenkonferenz SchrAnfr B26 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Vohrer FDP SchrAnfr B27 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Vohrer FDP SchrAntw PStSekr Brück BMZ 7655* C Anlage 71 Empfehlung des Europarats hinsichtlich der Zusammenarbeit gegen internationale Steuerumgehung und -hinterziehung SchrAnfr B28 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Holtz SPD SchrAnfr B29 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Holtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7656* A Anlage 72 Umsatzsteuerpflicht für „nicht-ärztliche" Psychotherapeuten seit dem 1. Januar 1978 SchrAnfr B30 02.06.78 Drs 08/1850 Coppik SPD SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7656* D VIII Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Anlage 73 Erhöhung der Freigrenze für Reisemitbringsel im Verkehr innerhalb der EG SchrAnfr B31 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B32 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 7657* B Anlage 74 Verluste mittelständischer Unternehmen im Bereich der Bauwirtschaft; Gewährleistung der notwendigen Sicherheit mittelständischer Baubetriebe gegenüber Bauträgerfirmen SchrAnfr B33 02.06.78 Drs 08/1850 Glos CDU/CSU SchrAnfr B34 02.06.78 Drs 08/1850 Glos CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7657* D Anlage 75 Ganzjährige Kürzung der Ausbildungsfreibeträge für Kinder über 18 Jahre im Jahr der Vollendung des 18. Lebensjahres SchrAnfr B35 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Evers CDU/CSU SchrAnfr B36 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Evers CDU/CSU SchAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . . 7658* D Anlage 76 Sanierung des Konzerns VFW-Focker sowie Erhaltung des Werkes Speyer SchrAnfr B37 02.06.78 Drs 08/1850 Büchner SPD SchrAnfr B38 02.06.78 Drs 08/1850 Büchner SPD SchrAnfr B39 02.06.78 Drs 08/1850 Büchner SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7659* A Anlage 77 Aufstufung sogenannter C-Schwerpunktorte, wie z. B. Lemgo SchrAnfr B40 02.06.78 Drs 08/1850 Daweke CDU/CSU SchrAnfr B41 02.06.78 Drs 08/1850 Daweke CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7659* C Anlage 78 Aufnahme der Kreise Heinsberg und Mönchengladbach in den 7. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" SchrAnfr B42 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU SchrAnfr B43 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7659* D Anlage 79 Aufnahme der Region Mönchengladbach in den 7. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" SchrAnfr B44 02.0678 Drs 08/1850 Feinendegen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7660* C Anlage 80 Einsatz deutscher Experten in FAO-Projekten SchrAnfr B45 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML 7660* D Anlage 81 Amtshilfe der Sozialleistungsträger gegenüber Strafverfolgungsbehörden SchrAnfr B46 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Jenninger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 7661* B Anlage 82 Verschiebung der Sozialwahlen sowie Änderung des Wahlverfahrens SchrAnfr B47 02.06.78 Drs 08/1850 Hasinger CDU/CSU SchrAnfr B48 02.06.78 Drs 08/1850 Hasinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 7661* B Anlage 83 Unbefristete Arbeitserlaubnis für ausländische Arbeitnehmer SchrAnfr B49 02.06.78 Drs 08/1850 Krockert SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 7661* D Anlage 84 Dunkelziffer bei der statistischen Erfassung jugendlicher Arbeitsloser SchrAnfr B50 02.06.78 Drs 08/1850 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 7662* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 IX Anlage 85 Neuordnung bzw. Verlegung der Standortverwaltungen im Aachener Raum und in Eschweiler-Stolberg SchrAnfr B51 02.06.78 Drs 08/1850 Koblitz SPD SchrAnfr B52 02.06.78 Drs 08/1850 Koblitz SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7662* B Anlage 86 Einrichtung von Ausbildungsplätzen in Ausbildungsstätten bei Bundeswehreinheiten SchrAnfr B53 02.06.78 Drs 08/1850 Pieroth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7662* D Anlage 87 Besondere Dienstzeitbelastung für Unteroffiziere mit Portepee SchrAnfr B54 02.06.78 Drs 08/1850 Würtz SPD SchrAnfr B55 02.06.78 Drs 08/1850 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7663* B Anlage 88 Sicherheitsvorkehrungen der Bundeswehr anläßlich des Besuchs des KPdSU-Generalsekretärs Breschnew in Hamburg SchrAnfr B56 02.06.78 Drs 08/1850 Broll CDU/CSU SchrAnfr B57 02.06.78 Drs 08/1850 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7663* C Anlage 89 Kostenloser Einsatz von Bundeswehrsoldaten in den von der Unwetterkatastrophe im Mai 1978 in Bayern und Baden-Württemberg betroffenen Gemeinden SchrAnfr B58 02.06.78 Drs 08/1850 Biehle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7663* D Anlage 90 Treffen von Bundeswehroffizieren und Altnazis im Rahmen der Traditionspflege SchrAnfr B59 02.06.78 Drs 08/1850 Windelen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7664* B Anlage 91 Geltung der staatlich festgelegten Verwaltungsgrenzen für die Bundesluftwaffe; Zulässigkeit des Überfliegens der Randgemeinden von Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern SchrAnfr B62 02.06.78 Drs 08/1850 Höpfinger CDU/CSU SchrAnfr B63 02.06.78 Drs 08/1850 Höpfinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7664* B Anlage 92 Überalterte Medikamente in Arzneimittelschränken bundesdeutscher Krankenhäuser; Aufdruck eines Haltbarkeitsdatums auf Arzneimittelpackungen SchrAnfr B64 02.06.78 Drs 08/1850 Daubertshäuser SPD SchrAnfr B65 02.06.78 Drs 08/1850 Daubertshäuser SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 7664* D Anlage 93 Krebsgefahr durch Rauchen sowie Verstoß der Werbung für Leichtrauchen gegen § 22 des Gesetzes zur Gesamtreform des Lebensmittelrechts SchrAnfr B66 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 7665* C Anlage 94 Teilnahme freier Jugendgruppen an dem deutsch-polnischen Jugendforum SchrAnfr B67 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 7665* D Anlage 95 Schätzung des Defizits der Deutschen Bundesbahn im Jahr 1978 bei Aufbringen der gesamten Wegekosten der Bahn durch die öffentliche Hand aus Haushaltsmitteln SchrAnfr B68 02.06.78 Drs 08/1850 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7666* B Anlage 96 Kosten des Ausbaus sowie Auslastung des Güterbahnhofs Maschen bei Hamburg SchrAnfr B69 02.06.78 Drs 08/1850 Kleinert FDP SchrAnfr B70 02.06.78 Drs 08/1850 Kleinert FDP SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7666* C X Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Anlage 97 Verunsicherung der Kraftfahrer durch das Urteil des Oberlandesgerichts München betreffend Vorfahrt auf den Autobahnen SchrAnfr B71 02.06.78 Drs 08/1850 Seefeld SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7666* D Anlage 98 Mangelnder Sicherheitsstandard des Flughafens Bremen SchrAnfr B72 02.06.78 Drs 08/1850 Würtz SPD SchrAnfr B73 02.06.78 Drs 08/1850 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7667* A Anlage 99 Festlegung niedrigerer Pegelwerte für die Hochwasserstufe 2 mit Rücksicht auf hochwassergefährdete Städte am Mittelrhein SchrAnfr B74 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Verhülsdonk CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7667* B Anlage 100 Anteil der Ausländer an Straßenverkehrsunfällen in der Bundesrepublik Deutschland SchrAnfr B75 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7667* C Anlage 101 Überprüfung des Standpunkts der Bundesregierung hinsichtlich ILS (Instrumenten- Landesystem) der Betriebsstufe I und des Gleitwinkels auf dem Flughafen StuttgartEchterdingen SchrAnfr B76 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Langguth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7670* A Anlage 102 Verweigerung der Übernahme der Kosten für die Geburt eines Kindes der mitversicherten Tochter eines Bundesbahnbediensteten durch die Bundesbahn-Krankenkasse Rosenheim SchrAnfr B77 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Müller CDU/CSU SchrAnfr B78 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Müller CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7670* A Anlage 103 Ausbau der A 41 nördlich Gelsenkirchen Buer-Scholven SchrAnfr B79 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Hürland CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7670* B Anlage 104 Einstufung des Ausbaus der B 258 n sowie der Teilstrecken der „Eifelautobahn" Aachen—Tondorf SchrAnfr B80 02.06.78 Drs 08/1850 Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU SchrAnfr B81 02.06.78 Drs 08/1850 Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7670* C Anlage 105 Einstellung der Tätigkeit des in Bad Dürrheim stehenden Senders des Deutschlandfunks SchrAnfr B82 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAnfr B83 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7670* D Anlage 106 Bereitstellung von Frequenzen für den CB-Funkbetrieb sowie Liberalisierung der Funkvorschriften für Amateurfunker SchrAnfr B84 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Stavenhagen CDU/CSU .SchrAnfr B85 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Stavenhagen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7671* A Anlage 107 Behinderung des Betriebs deutscher Küstenfunkstationen durch Sendungen von Radio Kiew SchrAnfr B86 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 7671* C Anlage 108 Wohnungsbauförderung im EG-Vergleich sowie verstärkte Gewährung individueller Hilfen zu Lasten der Objektförderung SchrAnfr B87 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B88 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . . 7671* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 XI Anlage 109 Förderung fortgeschrittener schneller Brutreaktoren trotz fehlender Betriebsgenehmigung, insbesondere im Fall Kalkar; langfristige Finanzierung der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Urananreicherung und Wiederaufbereitung SchrAnfr B89 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Zeitel CDU/CSU SchrAnfr B90 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Zeitel CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7673* A Anlage 110 Förderung von Solarkollektoren und Wärmepumpen sowie anderen Solartechniken; steuerliche Behandlung der Solartechnik bei Wohngebäuden und Nutzung von Solarzellen zur Elektrizitätserzeugung SchrAnfr B91 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAnfr B92 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAnfr B93 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAnfr B94 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7673* D Anlage 111 Völkerrechtliche Regelung der Gefährdungshaftung bei Satellitenabstürzen SchrAnfr B95 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . 7675* A Anlage 112 Gesundheitsstörungen bei Schulkindern durch den Schulstreß SchrAnfr B96 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAnfr B97 02.06.78 Drs 08/1850 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 7675* D Anlage 113 Hilfe für die nach Auslaufen der Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft in Schwierigkeiten kommenden 20 Labors zur vorgeburtlichen ChromosomenDiagnostik SchrAnfr B98 02.06.78 Drs 08/1850 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 7676* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7583 96. Sitzung Bonn, den 9. Juni 1978 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 9. 6. Adams * 9. 6. Dr. van Aerssen * 9. 6. Dr. Ahrens ** 9. 6. Dr. Aigner * 9. 6. Alber * 9. 6. Dr. Apel 9. 6. Bahr 9. 6. Biehle 9. 6. Blumenfeld * 9. 6. Brandt 9. 6. Cronenberg 9. 6. Dr. Evers 9. 6. Flämig * 9. 6. Dr. Früh * 9. 6. Dr. Fuchs * 9. 6. Gertzen 9. 6. von Hassel 9. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 9. 6. Jung * 9. 6. Dr. h. c. Kiesinger 9. 6. Dr. Klepsch * 9. 6. Koblitz 9. 6. Kolb 9. 6. Kroll-Schlüter 9. 6. Frau Krone-Appuhn 9. 6. Lagershausen ** 9. 6. Lampersbach 9. 6. Lange * 9. 6. Leber 9. 6. Lemmrich ** 9. 6. Lemp * 9. 6. Luster * 9. 6. Marquardt *' 9. 6. Dr. Mertes (Gerolstein) 9. 6. Mischnick 15. 6. Dr. Müller ** 9. 6. Müller (Mülheim) * 9. 6. Dr. Müller-Hermann * 9. 6. Rosenthal 9. 6. Schmidt (Würgendorf) 9. 6. Dr. Schmitt-Vockenhausen 9. 6. Schreiber * 9. 6. Dr. Schwarz-Schilling 9. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 9. 6. Dr. Schwenk (Stade) 9. 6. Dr. Schwörer * 9. 6. Seefeld * 9. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 9. 6. Dr. Starke (Franken) * 9. 6. Sybertz 9. 6. Frau Dr. Walz * 9. 6. Wawrzik * 9. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Würtz * 9. 6. Ziegler 9. 6. Dr. Zimmermann 9. 6. Zywietz * 9. 6. Anlage 2 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1773 Frage A 61, 90. Sitzung, Seite 7099 D) : Nach den EG-Bestimmungen hat der Ankauf von Magermilchpulver (MMP) seitens der Interventionsstelle mit dem Ziel zu erfolgen, Transportkosten bei der Einlagerung möglichst zu vermeiden. Deshalb haben die Interventionsstellen das dem Andiener am nächsten gelegene Lagerhaus, in dem Lagerraum verfügbar ist, zu benennen. Bis zu einer Entfernung des Lagerhauses von höchstens 100 km vom Andiener sind die Transportkosten des MMP mit dem. Interventionspreis abgegolten. Nur wenn innerhalb des Umkreises von 100 km um den Andiener kein Interventionslagerraum verfügbar ist, darf die Interventionsstelle ein anderes Lager benennen und die zusätzlichen Transportkosten mit einer Pauschale je Tonne und Kilometer von der Interventionsstelle zahlen. Infolgedessen befinden sich die Interventionsbestände schwerpunktmäßig in den Überschußgebieten. ,Der Verkauf erfolgt in Form von Ausschreibungen mit Angabe von Lagerorten und Mengen gemäß Verordnungen (EWG) Nummern 368/77 und 343/77 zu dem im Ausschreibungsverfahren festgesetzten Mindestpreis oder des darüber liegenden Gebotspreises ab dem jeweils im Gebot angeführten Lagerhaus. Aus Gründen der Qualitätserhaltung sind zunächst die alten Bestände auszulagern, ehe frischere Ware freigestellt wird. Da die EG-Bestände überproportional in Norddeutschland liegen, sind dort jeweils nach Räumung der im übrigen EG-Raum befindlichen Läger noch Restmengen vorhanden. Diese Läger wurden und werden geräumt, wobei höhere Frachtkostenbelastungen für Bieter aus Süddeutschland und anderen Mitgliedstaaten zu niedrigeren Angebotspreisen führen. Die Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung war und ist zudem um eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Lagerbestände für die oben angeführten Sonderabsatzmaßnahmen bemüht. Zu diesem Zweck wurden und werden bei der Durchführung anderer Absatzmaßnahmen, wie z. B. anhaltend großen Lieferungen im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe und kommerziellen Drittlandsausfuhren, vorzugsweise Läger in Nähe der Verschiffungshäfen und damit in Norddeutschland gewählt. 7628* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Eine Transportkostenvergütung im Falle der Auslagerung halte ich aus grundsätzlichen Überlegungen nicht für wünschenswert. Berücksichtigen Sie bitte, daß von einem derartigen Schritt eine Präjudizwirkung für zahlreiche Warenbereiche mit höheren Kosten und zusätzlichem Verwaltungsaufwand ausgehen würde. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hammans (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 5) : Warum sollen im 7. Rahmenplan neuaufgenommene Regionen einheitlich nur einen Schwerpunktort erhalten, obwohl die Charakteristika für Schwerpunktorte im 4. Rahmenplan einheitlich definiert und seitdem auch so angewandt wurden, bereits geförderte Regionen also im Ergebnis weit mehr Schwerpunkte haben werden, und wie läßt sich ein solcher Beschluß mit dem Prinzip der Bundeseinheitlichkeit der Förderung vereinbaren? Der Planungsausschuß für regionale Wirtschaftsstruktur hat am 12. Dezember 1977 ohne Gegenstimmen einer Übergangslösung in Form einer eng begrenzten und zeitlich befristeten Fördergebietsausdehnung zugestimmt, um besonders gravierenden Datenänderungen in bisherigen Nichtfördergebieten Rechnung zu tragen. Ausgehend von der Überlegung, daß eine als Übergangslösung charakterisierte Fördergebietsdehnung nur mit einer geringfügigen Erhöhung der Gesamtzahl der Schwerpunktorte verbunden sein darf, hat der Planungsausschuß weiterhin den Beschluß gefaßt, pro neuem Fördergebiet lediglich einen zusätzlichen Schwerpunktort aufzunehmen. Allerdings besteht grundsätzlich die Möglichkeit, weitere Schwerpunktorte in den neuen Fördergebieten aufzunehmen, wenn gleichzeitig bestehende Schwerpunktorte in anderen Regionen zum Austausch angeboten werden. Die im 4. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" festgelegten Rahmenbedingungen für die Auswahl von Schwerpunktorten sind eine zwar notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die Aufnahme neuer Schwerpunktorte. Die Gesamtzahl der Schwerpunktorte muß durch politische Entscheidung festgelegt werden, um eine mit den Zielen der regionalen Wirtschaftspolitik unvereinbare Erhöhung der Zahl der Schwerpunkte zu vermeiden. Im übrigen sagt die Ausstattung einer Region mit Schwerpunktorten für sich genommen wenig aus, da die Größe der einzelnen Schwerpunktorte, gemessen an der Zahl der Einwohner im Einzugsbereich, stark divergiert. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 6 und 7) : War es der Sinn der auf Grund vergangener Beschlußfassung des Planungsausschusses mit großem Aufwand bundeseinheitlich ermittelten und in mehreren Stufen fortentwickelten Datenreihen, die Verteilung der Wirtschaftsförderungsmittel der Gemeinschaftsaufgabe zu objektivieren, und wie würde sich damit ein Beschluß des Planungsausschusses vertragen, der ungleichgewichtig einerseits Besitzstände bereits geförderter Gebiete wahrt und andererseits deswegen nach diesen Daten neu zu fördernde Gebiete nicht aufnimmt? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das Grund- . prinzip der Bundeseinheitlichkeit bei der Wirtschaftsförderung aufgegeben wird, wenn die sich aus der Fortrechnung von Daten ergebenden Veränderungen nicht mehr gezogen werden, weil sich daraus Veränderungen der ursprünglichen Länderanteile an der Wirtschaftsförderung ergeben könnten, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Zu Frage A 6: Nach einer intensiven Prüfung des neuen Datenmaterials für die Kriterien der Fördergebietsabgrenzung kam der Planungsausschuß am 12. Dezember 1977 zum Ergebnis, daß die Datenbasis mit zu großen Unsicherheiten behaftet ist und daher eine umfassende Neuabgrenzung der Fördergebiete auf dieser Grundlage nicht vorgenommen werden kann. Da aber bei besonders gravierenden Datenänderungen in bisherigen Nichtfördergebieten vermutet werden muß, daß hier neue Problemregionen entstanden sind, hat der Planungsausschuß am 12. Dezember 1977 einer Übergangslösung in Form einer eng begrenzten und zeitlich befristeten Fördergebietsausdehnung zugestimmt. Dieser Beschluß trägt auch dem Umstand Rechnung, daß auf der Grundlage eines mit großen Unsicherheiten behafteten Datenmaterials keine Regionen aus der Förderung entlassen werden können, zumal sich die Lage dieser Regionen in der Regel absolut kaum verbessert oder gar verschlechtert hat gegenüber dem Zeitpunkt der Aufnahme als Fördergebiet. Insofern ist es nicht berechtigt, von Besitzstandswahrung bisheriger Fördergebiete zu sprechen. Zu Frage A 7: Die Bundesregierung verweist nochmals auf die besonderen Probleme des Datenmaterials, die keine umfassende Neuabgrenzung der Fördergebiete zuließen. Die Bundeseinheitlichkeit der Fördergebietsabgrenzung wurde durch die Beschlüsse des Planungsausschusses vom 12. Dezember 1977 insofern gewahrt, als die neuen Fördergebiete einheitlich unter Zugrundelegung einer Unsicherheitsmarge des neueren Datenmaterials von mindestens 25 % aus der Gesamtzahl der bisherigen Nichtfördergebiete ausgewählt wurden. Eine gleichzeitige Entlassung bisheriger Fördergebiete aus der Förderung schien aus den in der Antwort zu Frage 1 angegebenen Gründen nicht gerechtfertigt. Die Bundesregierung weist darauf hin, daß lediglich in zwei Ländern (Nordrhein-Westfalen und Bayern) neue Fördergebiete entstehen und sich somit die ursprünglichen Länderanteile an den Fördergebieten geändert haben. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Langguth (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 29) : Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7629* Wie ist die Tatsache zu erklären, daß — Zeitungsmeldungen zufolge — in Sachen Neckar-Alb-Autobahn zwei Bundesminister durch einander widersprechende Äußerungen hervorgetreten sind, da Bundesverkehrsminister Gscheidle laut „Heilbronner Stimme" vom 22. Mai 1978 die Neckar-Alb-Autobahn als eine „dringende Notwendigkeit" bezeichnete, währenddessen sein Ministerkollege Hauff laut „Esslinger Zeitung" vom 17. April 1978 zum Ausdruck brachte, er sei „nicht bereit, diese Planung zu unterstützen", und ist damit zu rechnen, daß die Bundesregierung in absehbarer Zeit hinsichtlich der sich im Planungsstadium befindlichen Neckar-Alb-Autobahn eine einheitliche Meinungsbildung entwickelt? Der scheinbare Widerspruch in den Äußerungen von zwei Bundesministern über die Notwendigkeit der in Aussicht genommenen „Neckar-Alb-Autobahn" (A 45) läßt sich sehr leicht dadurch erklären, daß Bundesverkehrsminister Gscheidle das Bauvorhaben aus verkehrlicher Sicht beurteilt hat, während Bundesminister Dr. Hauff seine Meinung als in diesem Raum ansässiger Abgeordneter des Deutschen Bundestages zum Ausdruck brachte und dabei auch die Belange der betroffenen Gemeinden vertrat. Wie schwierig die planerische und rechtliche Vorbereitung des Bauvorhabens inzwischen geworden ist, läßt sich schon daraus ersehen, daß dem Bundesminister für Verkehr der Vorschlag der Landesstraßenbauverwaltung zur Festlegung der Linienführung nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes noch nicht vorliegt, weil hierzu vorher erst das Einvernehmen innerhalb des Landeskabinetts hergestellt werden muß. Was die von Ihnen angesprochene einheitliche Meinungsbildung der Bundesregierung angeht, so ist diese durch die Herstellung des Benehmens mit den zuständigen Bundesressorts in § 16 des Bundesfernstraßengesetzes vorgeschrieben. Dieses Verfahren kann aber erst eingeleitet werden, wenn dazu der erforderliche Vorschlag der Landesstraßenbauverwaltung zur Linienführung der neuen Autobahn vorliegt. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schirmer (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 30 und 31) : Beabsichtigt die Bundesregierung, auch für das Jahr 1979 Sonderbriefmarken mit Zuschlag zugunsten der Stiftung Deutsche Sporthilfe und damit für die individuelle Förderung der Sportler herauszugeben, und wenn ja, mit welchen Werten in wie hoher Zahl? Mit welchen Motiven sollen diese Sonderbriefmarken gegebenenfalls herausgegeben werden? Es ist beabsichtigt, auch im Jahre 1979 je zwei Sonderbriefmarken mit Zuschlag zugunsten der Stiftung Deutsche Sporthilfe der Ausgaben Deutsche Bundespost und Deutsche Bundespost Berlin herauszubringen. Die Nennwerte und Zuschläge für die Marken werden noch festzulegen sein, sobald die Verkaufserfahrungen für 1978 vorliegen. Die Auflage wird sich nach dem Bedarf richten. Als Motiv für die Marken sind auf Vorschlag der Stiftung Deutsche Sporthilfe vorgesehen: Handball, Kanu, Bogenschießen, Staffellauf. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die. Mündlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 32 und 33) : Welche Anforderungen stellt nach Auffassung der Bundesregierung § 131 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes an die Verteilungsmaßstäbe in gemeindlichen Erschließungsbeitragssatzungen? Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen einer Reform des Erschließungsbeitragsrechts den Beitragsmaßstab bundesrechtlich so festzulegen, daß dagegen aus allgemeinen und grundsätzlichen Erwägungen heraus vorgebrachte rechtliche Einwände die Gerichte zu einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zwingen? 1. Der Bundesregierung ist bekannt, daß bei der Anwendung des § 131 des Bundesbaugesetzes in der Praxis Schwierigkeiten entstanden sind. Die von den Gerichten dazu entwickelte Auslegung hat ergeben, daß sehr viele Beitragssatzungen der Gemeinden für ungültig erklärt worden sind. Die verfassungsrechtliche Lage erfordert, daß die Bundesregierung die von den Gerichten vertretene Auffassung zugrunde legt, die außerordentlich hohe Anforderung an ,die zutreffende Berücksichtigung von Art und Maß der baulichen Nutzung bei der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes auf die Beitragspflichtigen stellt. 2. Es liegt daher nahe, bei Überlegungen zur Abhilfe dieses allseitig als unbefriedigend, wenn nicht sogar als unerträglich empfundenen Zustandes eine bundeseinheitliche gesetzliche Verteilungsregelung, die sich in das bisherige System des Erschließungsbeitragsrechts einordnen würde, in erster Linie in die Überlegungen einzubeziehen. Sie müßte allerdings geeignet sein, die bei Satzungen aufgetretene Schwierigkeit zu vermeiden und dürfte nicht neue Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten bereiten. Würde dieser Weg eingeschlagen, würde eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht durch die Verwaltungsgerichte nach den dafür geltenden Regeln nur dann in Betracht kommen, wenn ein Gericht die neue gesetzliche Regelung für verfassungswidrig halten würde. Es sollte aber von vornherein eine solche Regelung angestrebt werden, die verfassungsrechtliche Bedenken entstehen läßt. Bisher liegt eine überzeugende Lösung für eine gesetzliche Verteilungsregelung noch nicht vor. Auch die auf Veranlassung der Bundesregierung erarbeiteten Vorschläge des Arbeitskreises Erschließungsbeitragsrecht, der beim Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau gebildet worden war, stoßen gerade zu diesem Punkt auf praktische Bedenken, die nicht ohne weiteres als unbegründet angesehen werden können; auch sind mindestens rechtliche Zweifelsfragen aufgetaucht, die weitere Überlegungen erfordern. Nach dem gegenwärtigen Stand ist festzustellen, daß eine gesetzliche Verteilungsregelung weiterer intensiver und voraussichtlich nicht kurzfristig abzuschließender Überlegungen, schließlich auch umfänglicher praktischer Erprobungen vor Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs bedarf. In diesem Zusammenhang darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß der bereits im vergangenen Jahr auf Veranlassung des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen 7630* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 und Städtebau eingeleitete Meinungsbildungsprozeß über den grundsätzlich einzuschlagenden Weg einer Novellierung des Erschließungsbeitragsrechts noch nicht abgeschlossen ist. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Münster) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 34) : An welche konkrete Maßnahme denkt der Bundeswohnungsbauminister, wenn er in der Zeitung „Die Welt" vom 1. Juni 1978 erklärt, es sei erwünscht, die Bausparförderung für junge Familien mit Kindern zu verbessern? Minister Dr. Haack wollte in dem genannten Interview mit „Der Welt" deutlich machen, daß er einer gezielten Förderung für junge Familien den Vorzug vor einer generellen Verbesserung gibt, wie sie verschiedentlich gefordert wird. Konkrete Vorschläge, die. am finanziell Machbaren orientiert sind, wollte der Minister im jetzigen Zeitpunkt nicht machen. Anlage 9 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Curdt (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 35 und 36) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Versuche mit dem Projekt Magnetschwebebahn, welche Ergebnisse liegen bisher vor, und wie wird deren Wertigkeit für die verkehrspolitische Zukunft gesehen? Trifft es zu, daß im Zusammenhang mit der Internationalen Verkehrsausstellung in Hamburg im Juni 1979 eine 900 m lange Versuchs- und Demonstrationsstrecke eines Magnetschwebebahn-systems aufgebaut, mit 25 Millionen DM Bundesmitteln bezuschußt und nach Ende der Ausstellung wieder abgerissen werden soll? Zu Frage A 35: Ziel der Forschungs- und Entwicklungspolitik auf dem Gebiet des Verkehrswesens ist es, die Leistungsfähigkeit und das Angebot des spurgeführten öffentlichen Verkehrs langfristig zu verbessern. Forschung und technologische Entwicklung können kurzfristig zwar keine grundlegenden Änderungen bewirken, sie können jedoch auch wichtige Impulse zur langfristigen Verbesserung bzw. Erneuerung des derzeitigen Bahnverkehrs geben und neue Nutzungsmöglichkeiten aufzeigen. Die bisher durchgeführten Versuche mit der Magnetschwebetechnik haben gezeigt, daß die neuartigen Bahntechnologien funktionieren und daß dieses Bahnsystem günstige Eigenschaften hinsichtlich — Leistungsfähigkeit — Wirtschaftlichkeit — Energieausnutzung — Umweltfreundlichkeit und — Sicherheit erwarten läßt. Grundsätzliche technische Schwierigkeiten werden nicht mehr erwartet. Die vorliegenden Ergebnisse sind jedoch in anwendungsnahen Dauerversuchen abzusichern, und das Gesamtsystem ist für erste Anwendugen in einem weiteren Entwicklungsschritt zu qualifizieren. Einsatzmöglichkeiten werden vor allem im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen den europäischen Ballungszentren gesehen. Ziel ist es, den Verkehrsplanern abgesicherte Entscheidungsgrundlagen für die Gestaltung des Verkehrssystem zur Bewältigung zukünftiger Verkehrsaufgaben zu geben. Zu Frage A 36: Die Bundesregierung hat Anfang 1977 beschlossen, dieses Projekt in das Programm für Zukunftsinvestitionen aufzunehmen und mit 25 Millionen DM zu fördern. Die Versuchs- und Demonstrationsanlage soll anläßlich der Internationalen Verkehrsausstellung vorgeführt werden. Im Planfeststellungsbeschluß wird ein Abbau der Anlage bis spätestens Ende 1979 gefordert. Die Anlage ist so konzipiert, daß sie an einem anderen Ort wieder aufgebaut und für weitere Untersuchungen genutzt werden kann. Eine Weiterverwendung ist sichergestellt. Im übrigen ist festzustellen, daß das Projekt schon heute wesentliche neue Erkenntnisse gebracht hat, die für die Fortführung des Programms und die Umsetzung der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in die praktische Anwendung von großer Bedeutung sind. Besonders wichtig erscheint mir bei diesem Projekt folgender Punkt: die Einbeziehung der Öffentlichkeit bereits während der Entwicklungsphase vor der Einführung des Systems. Verhalten und Einstellung des Benutzers zu diesem neuartigen Bahnsystem sollen im Zusammenhang mit der Demonstration in Hamburg ermittelt werden. Die Ergebnisse können dann bei der weiteren Entwicklung berücksichtigt werden. Anlage 10 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Stockleben (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 37 und 38): Mit welchem Ziel werden in der Bundesrepublik Deutschland Einrichtungen und Forschungen zur Metallgewinnung mit Hilfe von Mikroben (Leaching) aus Bundesmitteln gefördert, und wie groß ist der finanzielle Umfang der Förderung? Welche der aus Bundesmitteln geförderten Laugungsverfahren zur Metallgewinnung mit Hilfe von Mikroben sind schon jetzt wirtschaftlich interessant, und wie beurteilt die Bundesregierung die künftige Einsetzbarkeit solcher Verfahren? Zu Frage A 37: Die Bundesregierung hat seit 1972 mehrere Forschungs- und Entwicklungsvorhaben an Universitä- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7631* I ten (TU Braunschweig, Uni Dortmund), Bundeseinrichtungen (Gesellschaft für Biotechnologische Forschung, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe) sowie privaten Forschungseinrichtungen (Battelle-Institut) und der Industrie (Krupp AG, Metallgesellschaft, Uranerzbergbau GmbH) zur Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen gefördert. Ziel war es, die für die Entwicklung von technischen Verfahren zum mikrobiologischen Laugen erforderlichen Apparate und personellen Kapazitäten zu schaffen, um Anstöße zur Aufnahme geeigneter Entwicklungsvorhaben durch die deutsche Industrie zu geben. Schwerpunkte bildeten die Metallgewinnung aus minderwertigen und zur Zeit abbauunwürdigen Armerzen und metallhaltigen Abfallstoffen. Die Bundesregierung hat für diese Forschungsvorhaben in den Jahren 1972 bis 1977 ca. 2,5 Millionen DM investiert. Zu Frage A 38: Die Bundesregierung sieht zur Zeit keine Möglichkeit, mikrobiologische Laugungsverfahren im Inland wirtschaftlich einzusetzen. Dennoch kommt der Gewinnung von Uran aus heimischen uranhaltigen Armerzen künftig eine besondere Bedeutung zu. Daher werden auf diesem Gebiet Versuche im halbtechnischen Maßstab zukünftig schwerpunktmäßig gefördert. Hierfür stellt die Bundesregierung für den Zeitraum 1978 bis 1980 ca. 4 Millionen DM bereit. I Anlage 11 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 39 und 40) : Ist die Bundesregierung bereit, neue Urananreicherungsmethoden (z. B. Laseranreicherung) zu erproben, um die Unabhängigkeit bei der Kernbrennstoffversorgung zu vergrößern? Welche Hemmnisse stehen nach Auffassung der Bundesregierung einer zügigen Weiterentwicklung der Hochtemperaturreaktor-Linie (600- oder 1 200-MW-Reaktor) entgegen, und wie denkt sie, diese zu beseitigen? Zu Frage A 39: Die Bundesregierung fördert die Untersuchung neuer Urananreicherungsverfahren u. a. auch mit Hilfe von Lasern seit einigen Jahren mit dem Ziel, das technische Potential solcher Verfahren auszuloten. Die Arbeiten dazu befinden sich im Grundlagenstadium. Wann durch den Einsatz eine größere Unabhängigkeit bei der Kernbrennstoffversorgung erreicht werden kann, läßt sich noch nicht abschließend beurteilen. Zu Frage A 40: Nach dem Scheitern des Versuchs der General Atomic Company (GAC) Ende 1975, den Hochtemperaturreaktor in den USA und der Bundesrepublik Deutschland ohne wesentliche staatliche Hilfe zu kommerzialisieren, stellten sich folgende Hemmnisse für die zügige Weiterentwicklung der Hochtemperaturlinie ein: — Fehlen eines eigenen Reaktorkonzepts der deutschen Herstellerfirma, das sofort verwirklicht werden konnte — Fehlen eines direkten Interesses der deutschen Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) infolge des Fehlschlags der Markteinführung des Hochtemperaturreaktors und der sich allgemein verschlechternden Lage der Kernenergie — Fehlen von finanziellen Mitteln in der Größenordnung, die für eine zügige Einführung einer Reaktorlinie notwendig sind. Seit Februar 1976 unternimmt die Bundesregierung Anstrengungen, die steckengebliebene Hochtemperaturreaktorentwicklung wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung und ihres bereits eingegangenen Engagements wieder in Gang zu bringen. Dies ist durch folgende Aktivitäten gekennzeichnet: — Aufforderung an die deutsche Herstellerindustrie, ein eigenes einheitliches Grundkonzept für eine Reaktoranlage zu entwickeln — Organisatorische Neuordnung bei Herstellern und Zentren — Aufforderung an die EVU, aktiv die Weiterentwicklung des Hochtemperaturreaktors zu unterstützen — Versuch, eine internationale Zusammenarbeit für die Entwicklung eines Hochtemperaturreaktors neu zu formieren. Anlage 12 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Scheffler (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 41 und 42) : Welche Erwartungen knüpft die Bundesregierung an den Versuch, in Las Barrancas (Mexiko) eine gesamte Siedlung mit Sonnenenergie zu versorgen? Welche Schwerpunkte hat die Bundesregierung für die Förderung bei der Entwicklung von Solarzellen zur Umwandlung von Sonnenenergie in Elektrizität gesetzt, und welche Verfahren hält sie für besonders erfolgversprechend? Zu Frage A 41: Mexiko ist eines derjenigen Länder, die über ein besonders großes Sonnenenergieangebot verfügen. Gleichzeitig gibt es in Mexiko viele kleine isoliert gelegene ländliche Gemeinden mit einem relativ geringen Energieverbrauch. Die Anwendung und Nutzung von Solartechniken bietet unter diesen Bedingungen eine vielversprechende Möglichkeit, für die Energieversorgung der Bevölkerung eine dezentralisierte Infrastruktur zu entwickeln. Die Bundesregierung und die Regierung der Vereinigten Staaten von Mexiko haben daher beschlossen, im Rahmen der deutschen-mexikanischen wissenschaftlichen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Solarenergienutzung zusammenzuarbeiten und anwendungsorientierte Entwicklungen auf dem Gebiet der Solartechnik gemeinsam zu erproben. 7632* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Hierbei ist vorgesehen, den Energiebedarf des kleinen abgelegenen Fischerdorfes Las Barrancas (ca. 250 Einwohner) durch Sonnenenergie zu decken, wobei erstmals ein integriertes Energiesystem für Trinkwasseraufbereitung, Wasserpumpen, Kühlen, Stromerzeugung für Verarbeitungs- und Kommunikationsysteme entwickelt wird. Dieses Projekt bietet für die deutsche Solarindustrie zum erstenmal die Möglichkeit, die Anwendung der Sonnenenergie für ein Gesamtenergiesystem unter realen Umwelt- und Arbeitsbedingungen zu demonstrieren und damit die wirtschaftlichen und technischen Randbedingungen der Solartechnik zu erproben. Die extremen Umweltbedingungen in diesem regenarmen Teil von Mexiko machen es erforderlich, daß bei den Systemen in besonderem Maße Anforderungen hinsichtlich Einfachheit, Robustheit und Zuverlässigkeit erfüllt werden. Eine derartige Entwicklung kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Lösungsvorschläge mit Institutionen oder Industrieunternehmen des Landes gemeinsam erarbeitet werden, in denen die Technik erprobt werden soll, weil nur von einem solchen Partner wichtige Detailkenntnisse der lokalen Verhältnisse beigetragen werden können. Aus diesem bisher weltweit einmaligen Versuchsprojekt werden Erfahrungen und Daten erwartet, die über dieses spezielle Projekt hinaus von Bedeutung sind. Sie sollen Schwerpunkte für die Entwicklung von wirtschaftlichen und zuverlässigen Solarsystemen aufzeigen, die in Ländern mit vergleichbarem Klima eingesetzt werden können. Zu Frage A 42: Wie die Bundesregierung im Programm „Technologien zur Nutzung der Sonnenenergie 1977-1980" dargelegt hat, sind zur Zeit mehr als 100 Element-und Legierungskombinationen bekannt, die theoretische Konversions-Wirkungsgrade von 3 bis 28 % ermöglichen. Die gegenwärtig am weitesten verbreitete Sonnenzelle ist die monokristalline SiliziumZelle, die in der Praxis einen Wirkungsgrad von 10 bis 15 °/o erreicht. Neu entwickelte polykristalline Silizium-Zellen erreichen 10 % Wirkungsgrad. Im Entwicklungsfortschritt steht ihr die CadmiumSulfid-Zelle mit Wirkungsgraden bester Laborexemplare um 8 % am nächsten. Bedingt durch den möglichen polykristallinen Aufbau können diese Zellen billiger hergestellt werden. Zellen mit anderen Elementen und Legierungen (z. B. Gallium-Arsenid) sind in ihrer Bedeutung und Verbreitung bis heute auf Laborexemplare beschränkt geblieben, hier sind noch umfangreiche Forschungen erforderlich. Aktuelles Ziel von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben auf dem Gebiet der direkten Umwandlung von Sonnenenergie in elektrische Energie ist derzeit die Verbesserung der Basismaterialien und der Produktionstechniken, vorwiegend für polykristalline Silizium-Solarzellen, sowie deren Felderprobung. Die Schwerpunkte der Förderung von terrestrischen Solarzellen sind: 1. Entwicklung neuer Methoden zur Produktion von kostengünstigem Basismaterial 2. Entwicklung neuer Herstellungsverfahren zur Kostenreduktion für Sonnenzellen 3. Entwicklung von Generatorsystemen für die verschiedensten Anwendungen und Leistungsklassen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 43 und 44) : Bedeutet die Aussage von Bundesminister Franke in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, „er wisse auch nicht, ob wir dazu (zur Geltendmachung der Menschenrechte gegenüber anderen Staaten) die Legitimation hätten schlechthin; es sei ja noch gar nicht so lange her, da seien in Deutschland die Menschenrechte nicht nur mit Füßen getreten worden, sondern diejenigen, die darauf pochten, seien vergast worden", daß die Bundesrepublik Deutschland nach Auffassung der Bundesregierung keine Legitimation zur Geltendmachung von Menschenrechten solchen Staaten gegenüber hat, die sie heute mit Füßen treten, oder teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß unser demokratischer Staat gerade wegen der Mißachtung der Menschenrechte durch das Nazi-Regime eine besondere Verpflichtung hat, für die Rechte der vom SED-Regime unterdrückten Deutschen einzutreten? Wie ist die Ausage von Bundesminister Franke in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, „er glaube nicht, daß wir durch unsere Einflußnahme auf das Geschehen in der DDR bewegen könnten, unseren Vorstellungen (über die Menschenrechte) zu folgen, wenn sie es nicht aus eigener Erkenntnis mache", mit dem innerdeutschen Grundlagenvertrag vereinbar, in dem sich die beiden Vertragspartner gegenseitig verpflichtet haben, die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, darunter ausdrücklich die Menschenrechte, zu achten, und gibt diese Aussage der SED-Führung eine zusätzliche Handhabe, sich unter Berufung auf das zuständige Mitglied der Bundesregierung der Erfüllung dieser Vertragspflicht zu entziehen? Zu Frage A 43: Herr Minister Franke hat seine Meinung klar ausgedrückt. Angesichts der Mißachtung der Menschenrechte in der jüngsten Geschichte unseres Volkes sollte der Anspruch auf deren Erfüllung durch andere Staaten heute mit jenem Takt behandelt werden, der diesen Ereignissen angemessen ist. Zu Frage A 44: Mit Ihrer Frage beziehen Sie sich wohl auf den Artikel 2 des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. Die Bundesregierung sieht keinen Weg, die Deutsche Demokratische Republik wegen Menschenrechtsverletzungen vor den Internationalen Gerichtshof ziehen zu können. Wie allgemein bekannt, lehnen alle Staaten des Ostblocks die Unterwerfung unter die obligatorische Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofes ab. Daraus ergibt sich, daß die Möglichkeiten der Einflußnahme auf das Geschehen in der DDR insoweit beschränkt sind. Das ist natürlich der DDR auch bekannt. Die Ministeraussage schafft keine zusätzliche Handhabe. Die Bundesregierung hat im übrigen gerade jüngst durch das Kommuniqué der Ministertagung des Nordatlantikrates erneut Stellung bezogen (Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Ni. 60 vom 6. Juni 1978). Ich darf Sie u. a. auf Ziffer 8 des Kommuniqués verweisen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7633* Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Abelein (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 45 und 46):.Wie lassen sich die Ausführungen des Bundesministers Franke in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, wiedergegeben in den Informationen des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen Nr. 9/78, zur Verwirklichung der Menschenrechte in der DDR mit der Tatsache in Einklang bringen, daß seit Frühjahr 1976 die beiden Internationalen Pakte der VN über bürgerliche und politische Rechte sowie über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in Kraft und auch für die DDR bindend sind? Ist die Aussage von Bundesminister Franke in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, „es sei völlig absurd anzunehmen, wir könnten in die innere Ordnung anderer Staaten eingreifen und unsere Vorstellungen übertragen", als Unterstellung aufzufassen, irgend eine politische Partei oder irgend ein Politiker in der Bundesrepublik Deutschland strebe danach, die Menschenrechte gewaltsam oder durch andere völkerrechtswidrige Maßnahmen in der DDR durchzusetzen, und was hat den Bundesminister verneinendenfalls zu einer solchen Aussage veranlaßt? Zu Frage A 45: Ich sehe zwischen den Ausführungen von Herrn Bundesminister Franke und der Tatsache, daß die DDR den genannten Pakten beigetreten ist, keinen Widerspruch. Zu Frage A 46: Die Aussage des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen ist nicht im Sinne Ihrer Fragestellung aufzufassen; er bezog sich in seinen Äußerungen weder auf eine bestimmte politische Partei noch auf einen bestimmten Politiker, sondern wollte warnen vor einer Tendenz zur Überschätzung der eigenen Position bei Verhandlungen mit der DDR. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 47) : Ist der Bundesregierunig bekannt, daß Artikel 2 Abs. 2 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte die Vertragsstaaten — also auch die DDR — verpflichtet, den in diesem Pakt enthaltenen Menschenrechten durch Anpassung des innerstaatlichen Rechts Wirksamkeit zu verleihen, und daß diese Verpflichtung allen anderen Vertragsstaaten gegenüber besteht, und wie wird die Bundesregierung diese Verpflichtung von der DDR einfordern? Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik sind dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte beigetreten und haben demnach die Verpflichtung aus Art. 2 Abs. 2 dieses Paktes übernommen, die Menschenrechte zu wahren. Somit trifft auch die DDR die Verpflichtung, ihr innerstaatliches Recht den Bestimmungen dieses Vertrages anzupassen. Die DDR hat im Zusammenhang mit diesem Vertrag jedoch keine Unterwerfungserklärung unter eine internationale Gerichtsbarkeit abgegeben, so daß es der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich ist, diese Verpflichtungen von der DDR vor dem Internationalen Gerichtshof einzufordern. Im übrigen verweise ich auf die Antworten zu den Fragen der Kollegen Jäger (Wangen) vom 11. März 1976 (BT-Protokoll 7/227 Anlage 10) und Dr. Max Kunz (Weiden) vom 2. März .1977 (BT- Protokoll 8/15 Anlage 89). Ebenso hat Frau Staatsminister Dr. Hamm-Brücher am 21. April 1977 eine Frage des Kollegen Dr. Czaja beantwortet (BT- Protokoll 8/23 Anlage 57). Anlage 16 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Waltemathe (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage A 48) : Wie definiert die Bundesregierung im Zusammenhang mit den bekanntgewordenen Grenzkontrollen den Begriff „verdachtsnahe Personen", und auf welcher Rechtsgrundlage unterliegt dieser Personenkreis einer „beobachtenden Fahndung"? Zur Beobachtenden Fahndung durch die Polizei können nur Personen ausgeschrieben werden, die auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte verdächtig sind, überregional z. B. als Terroristen oder Mitglieder terroristischer Vereinigungen tätig zu sein. Weder im Rahmen der Beobachtenden Fahndung noch im Rahmen der Sonderanweisung über die Erfassung bestimmter Erkenntnisse bei der grenzpolizeilichen Kontrolle spielt der Begriff ,,verdachtsnahe Personen" eine Rolle. Anlage 17 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hoffmann (Saarbrücken) (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 49 und 50) : Nach welchen Kriterien sind zwei Listen bei der Grenzschutzdirektion und dem Bundesamt für Verfassungsschutz mit Übersichten über linksextremistische bzw. linksextremistisch beeinflußte Organisationen (239 Organisationen) sowie linksextremistische bzw. linksextremistisch beeinflußte periodische Schriften (287 Publikationen) erstellt worden, die beim Bundesgrenzschutz eine Meldung an den Verfassungschutz auslösen sollten? Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs von Schoeler auf die Frage des Abgeordneten Conradi, „daß grundsätzlich die Nachprüfung von mitgeführten Schriftstücken nicht zulässig ist" (Plenarprotokoll über die Sitzung vom 19. Januar 1978, S. 5012) und der Äußerung des Pressereferenten des BMI laut Frankfurter Rundschau vom 22. Mai 1978, „daß auch künftig die Lektüre bestimmter Publikationen oder das Mitführen bestimmter Presseerzeugnisse als Indiz an den Verfassungsschutz gemeldet werden könne", und wenn ja, wie beurteilt sie diesen Widerspruch? Zu Frage A 49: Die Listen stellen — wie ich vor dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages am 2. Juni 1978 berichtet habe — Auszüge aus der vertraulichen Beilage des Verfassungsschutzberichts dar. Nach welchen Kriterien diese Übersichten erstellt werden, läßt sich unter Offenlegung aller Einzelheiten deshalb nur in der Parlamentarischen Kontrollkommission erörtern. 7634* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Zu Frage A 50: Der Pressesprecher des Bundesministers des Innern hat ausweislich des Protokolls über die Bundespressekonferenz vom 22. Mai 1978 eine dem wiedergegebenen Zitat entsprechende Erklärung nicht abgegeben. Er konnte dies schon deshalb nicht, weil es weder in dem Übersendungsschreiben noch in anderen Erlassen der Grenzschutzdirektion die Weisung gab, Personen, die bestimmte Presseerzeugnisse mit sich führen, an den Verfassungsschutz zu melden. Anlage 18 Antwort des Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Lutz (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 51 und 52): Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen den Äußerungen des Pressereferenten des Bundesministers des Innern am 16. Mai im Hessischen Rundfunk, die Listen mit den ertremistischen bzw. extremistisch beeinflußten Organisationen und periodischen Schriften seien „an die Grenzschutzämter übersandt" worden, und der Äußerung von Bundesminister Dr. Maihofer laut Bonner General-Anzeiger vom 22. Mai, die Listen seien lediglich auf „Informationsveranstaltungen der Grenzschützer" benutzt worden, und wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung diesen Widerspruch? War auf der „Liste mit Übersichten über linksextremistische bzw. linksextremistisch beeinflußte periodische Schriften" (der Pressereferent des BMI am 16. Mai im Hessischen Rundfunk) auch der „Pressedienst Demokratische Initiative" PDI enthalten, und wenn ja, worauf stützt sich die Erkenntnis, daß es sich beim PDI um eine linksextremistisch beeinflußte periodische Schrift handelt? Zu Frage A 51: Die von der Grenzschutzdirektion versandten Listen sollten den bei der grenzpolizeilichen Kontrolle tätigen Beamten zur Unterrichtung in den Dienststellen dienen, um ihr Hintergrundwissen zu vervollständigen. Zwischen den von Ihnen erwähnten Erklärungen liegt deshalb ein Widerspruch nicht vor. Zu Frage A 52: Der erste Teil Ihrer Frage ist mit „Ja" zu beantworten. Zum zweiten Teil verweise ich auf meine Ausführungen vor dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages am 2. Juni 1978. Danach habe ich mich bereiterklärt, zu dieser Frage in der Parlamentarischen Kontrollkommission unter Offenlegung aller Fakten und Informationen zu berichten. Anlage 19 Antwort des Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage A 54) : Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, sich bei den Personen und Organisationen, die von den im Jahre 1977 von der Grenzschutz-Direktion versandten Listen über Organisationen und Publikationen betroffen werden, für den pauschalen Vorwurf förmlich zu entschuldigen, es handele sich um linksextremistische bzw. linksextremistisch beeinflußte Organisationen und Publikationen? Die Bundesregierung bedauert, daß durch eine nicht von ihr zu verantwortende Indiskretion diese ausschließlich für den innerdienstlichen Gebrauch bestimmten Listen an die Öffentlichkeit gelangt sind. Die Bundesregierung erklärt, daß ausschließlich die in den veröffentlichten Verfassungsschutzberichten abgegebenen Bewertungen eine politische Qualifikation der dort genannten Organisationen und Publikationen darstellen. Die Bundesregierung handelt insoweit im Rahmen der auch vom Bundesverfassungsgericht gebilligten politischen Aufklärung der Öffentlichkeit. Die Bundesregierung stellt ausdrücklich fest, daß aus der Aufnahme in die unbefugterweise veröffentlichten Listen negative politische Wertungen nicht abgeleitet werden können. Anlage 20 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Conradi (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 55 und 56) : Trifft die Meldung der Frankfurter Rundschau vom 22. Mai 1978 zu, nach der „Bundesinnenminister Dr. Maihofer keine öffentlichen Diskussionen über die Zusammenarbeit des Bundesgrenzschutzes mit dem Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst wünscht", und ist der Bundesinnenminister gegebenenfalls bereit, dem Bundestag eine Liste aller Themen vorzulegen, deren öffentliche Behandlung er nicht wünscht? Wer hat die Löschungen der vom Bundesgrenzschutz anhand der Listen über bei Reisenden zu kontrollierende Zeitschriften und Vereine gewonnenen Erkenntnisse in den Datenspeichern des Bundesamtes für Verfassungsschutz bzw. der Landesämter für Verfassungsschutz kontrolliert? Zu Frage A 55: Natürlich kann eine öffentliche Diskussion auch über Fragen der Zusammenarbeit des Bundesgrenzschutzes mit anderen Sicherheitsbehörden geführt werden. Sie hat ebenso selbstverständlich aber auch die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, die es gebieten können, bestimmte Sachverhalte nicht in der Öffentlichkeit zu erörtern. Um eine parlamentarische Kontrolle auch solcher Sachverhalte sicherzustellen, sind besondere parlamentarische Gremien geschaffen worden. Deshalb habe ich zur Erörterung der durch die Übersendung von Listen über linksextreme bzw. linksextremistisch beeinflußte Organisationen und Publikationen an die Grenzdienststellen entstandenen Fragen sogleich eine Beratung in diesen Gremien angeregt, als ich von der Angelegenheit Kenntnis erlangt hatte. Inzwischen hat am 31. Mai 1978 in der Parlamentarischen Kontrollkommission und am 2. Juni 1978 im Innenausschuß des Deutschen Bundestags eine eingehende Erörterung stattgefunden. Zu Frage A 156: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat mitgeteilt, daß das Mitführen einzelner, in den Listen aufgeführten Schriften in keinem Fall Anlaß zu Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7635' einer Meldung gegeben hat. Auf Grund dieses Sachverhalts waren Löschungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz nicht erforderlich. Anlage 21 Antwort des Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 57 und 58): Auf welcher Rechtsgrundlage hat die BundesgrenzschutzDirektion die Überprüfung von Reisenden auf die Mitführung von bestimmten Schriften und die Zugehörigkeit zu bestimmten Organisationen angeordnet, und wie verträgt sich diese Überprüfung und Weitergabe soldier Informationen an den Verfassungssdiutz mit dem grundgesetzlich gesicherten Recht auf Informationsfreiheit bzw. Koalitionsfreiheit? Hält die Bundesregierung daran fest, daß — wie mir der Bundesinnenminister mit Schreiben vom 28. Februar 1978' mitgeteilt hat — bei Kontrollen im innerdeutschen Flugverkehr „eine Einsicht in den Inhalt von Akten keinesfalls statthaft" ist, und gilt diese Feststellung auch für die Registrierung von mitgeführten Publikationen? Zu Frage A 57: Die Grenzschutzdirektion hat weder die Überprüfung von Reisenden auf die Mitführung von bestimmten Schriften noch die Überprüfung auf die Zugehörigkeit zu bestimmten Organisationen angeordnet. Die verfassungsmäßige Rechtsgrundlage für das Tätigwerden des Bundesgrenzschutzes bei der grenzpolizeilichen Kontrolle bilden die §§ 1 Nr. 1, 2 Nr. 2 und 10 ff. Bundesgrenzschutzgesetz. Die Vorschriften für die Zusammenarbeit von Bundesgrenzschutz und Verfassungsschutz finden sich in Art. 35 Abs. 1 GG, § 3 Abs. 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und in den §§ 4 bis 7 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Zu Frage A 58: Die im Schreiben des Bundesministers des Innern vom 28. Februar 1978 enthaltene Mitteilung, daß bei der Kontrolle im innerdeutschen Flugverkehr, die während der Entführung von Hanns Martin Schleyer von der Zentralen Einsatzleitung vorübergehend angeordnet worden war, eine Einsichtnahme in den Inhalt von Akten nicht statthaft sei, ist weder einzuschränken noch zurückzunehmen. Anlage 22 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Ueberhorst (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 59 und 60) : Kann die Bundesregierung bestätigen oder ausschließen, daß Reisende aus der Bundesrepublik Deutschland bei ihrem Grenzübertritt nur auf Grund der von ihnen mitgeführten Zeitschriften registriert wurden und das Registrierte an den Verfassungsschutz weitergeleitet wurde? Hat die Bundesregierung gegebenenfalls sichergestellt, daß dementsprechende Registrierungen beim Verfassungsschutz vernichtet worden sind? Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat mitgeteilt, daß das Mitführen einzelner in den Listen aufgeführter Schriften in keinem Fall Anlaß zu einer Meldung gegeben hat. Auf Grund dieses Sachverhalts waren Löschungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz nicht erforderlich. Anlage 23 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 61 und 62) : Wer hat die Überwachungslisten mit 239 Organisationen und 287 Publikationen gegengezeichnet, und welche disziplinarischen Konsequenzen wird der verantwortliche Bundesminister gegen diese Beamten unternehmen? Auf welcher rechtlichen Grundlage gibt der Bundesgrenzschutz Erkenntnisse an den Verfassungsschutz weiter? Zu Frage A 61: Der Bundesminister des Innern hat eine dienstliche Untersuchung der genannten Vorgänge einschließlich ihrer disziplinarischen Konsequenzen angeordnet. Diese ist noch nicht abgeschlossen. Zu Frage A 62: Die verfassungsmäßige Rechtsgrundlage für das Tätigwerden des Bundesgrenzschutzes bei der grenzpolizeilichen Kontrolle bilden die §§ 1 Nr. 1, 2 Nr. 2 und 10 ff. Bundesgrenzschutzgesetz. Die Vorschriften für die Zusammenarbeit von Bundesgrenzschutz und Verfassungsschutz finden sich in Art. 35 Abs. 1 GG, § 3 Abs. 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und in den §§ 4 bis 7 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Anlage 24 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Simpfendörfer (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 63 und 64) : Wann hat die Bundesregierung, bzw. der Bundesinnenminister, erfahren, daß die Bundesgrenzschutz-Direktion Koblenz unter Mithilfe des Bundesamts für Verfassungsschutz Listen über Zeitschriften und Vereine für die Kontrolle grenzüberschreitender Reisender in Form einer Verfügung an den Grenzschutzeinzeldienst gegeben hat? Bei welchen Schulungen des Bundesgrenzschutzes sind die Listen über Zeitschriften und Vereine, die im grenzüberschreitenden Verkehr zu kontrollieren sind, vorgetragen und erläutert worden? Zu Frage A 63: Der Bundesminister des Innern hat am 14. April 1978 von diesem Sachverhalt erfahren. Zu Frage A 64: Die Grenzschutzdirektion hat den Grenzpolizeidienststellen die Listen als Hintergrundwissen übermittelt. 7636* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Die Dienststellenleiter haben daraufhin in ihren Dienststellen den ihnen unterstellten Beamten den Inhalt der Listen zur Kenntnis gebracht. Anlage 25 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Däubler-Gmelin (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage A 65): Auf Grund welcher objektiven, nachprüfbaren Kriterien hat die Bundesregierung z. B. folgende periodisch erscheinende Druckwerke und Organisationen in die veröffentlichten Listen der 287 Publikationen und 239 Organisationen aufgenommen: Chile-Nachrichten, Chile-Solidarität, Informationen Chile, Referendar-Zeitung, Referendar-Mitteilungen, Chile-SolidaritätsKomitee, Club Alpha 60 e. V. Frauengruppe Hamburg Sitz Hamburg, Frauenzentrum, Schalmeienkapellen? In der Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 2. Juni 1978 habe ich mich bereit erklärt, zu dieser Frage in der Parlamentarischen Kontrollkommission unter Offenlegung aller Fakten und Informationen zu berichten. Anlage 26 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schulze (Berlin) (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage A 66) : Ist der Bundesregierung bekannt, ob am Grenzübergang Rudolphstein bei Autobussen im Transitverkehr die Reiselisten, die für ein Sammelvisum erforderlich sind, von Angehörigen des Bundesgrenzschutzes fotokopiert werden, und auf welcher rechtlichen Bestimmung beruhen gegebenenfalls diese Maßnahmen? Am Grenzübergang Rudolphstein wird die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs auf Grund des gem. §§ 1 Nr. 1 und 63 des BGS-Gesetzes geschlossenen Abkommens zwischen dem Bundesminister des Innern und der Bayerischen Staatsregierung vom 11./27. Juni 1975 über die Wahrnehmung von Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes in Bayern von Beamten der Bayerischen Grenzpolizei wahrgenommen. Das Präsidium der Bayerischen Grenzpolizei hat berichtet, daß zur Beschleunigung der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs, insbesondere zur Abfrage des elektronischen Fahndungssystems, anstelle zeitraubender Einzelkontrollen auf der Grundlage der Ausweispapiere der Businsassen Reiseleiter oder Fahrer von Verkehrsunternehmen auf freiwilliger Basis um Überlassung einer Ausfertigung der Sammelreiselisten gebeten werden, wie sie in mehrfacher Ausfertigung für die Kontrollorgane der DDR bereitgehalten werden müssen. Wenn eine Ausfertigung nicht verfügbar ist, fertigen sich die Beamten der Bayerischen Grenzpolizei eine Fotokopie an. Die Listen werden nach der Überprüfung vernichtet. Die Bitte um freiwillige Hergabe der Sammelreiseliste oder die Fertigung einer Fotokopie halten sich im Rahmen des grenzpolizeilichen Auftrags und der grenzpolizeilichen Befugnisse. Einer besonderen Ermächtigungsnorm bedarf es dazu nicht. Anlage 27 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 67 und 68) : Treffen Berichte zu, nach denen Meldung über diejenigen Beamten des Bundesgrenzschutzes angefordert worden ist, die die Durchsuchung von Reisegepäck nach bestimmten Druckerzeugnissen anhand von Listen als nicht rechtmäßig bemängelt haben, und was wird bejahendenfalls mit diesen Meldungen gemacht? Beabsichtigt die Bundesregierung — wie aus den Äußerungen des Regierungssprechers geschlossen werden kann — eine Änderung des Datenschutzgesetzes in der Form, daß der Datenschutzbeauftragte keine öffentliche Kritik an von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen üben darf? Zu Frage A 67: Diese Berichte treffen nicht zu. In einem Artikel in der „Frankfurter Rundschau" vom 16. Mai 1978 ist erstmals behauptet worden, daß Beamte „bis in hohe Dienstränge hinauf sich zunächst weigerten, die Verfügung der Grenzschutzdirektion zum ,Sammeln von Erkenntnissen' zu befolgen". Weiter war dort zu lesen, daß Beamte wegen vermeintlich lascher Handhabung der Sonderanweisung „zur Rede gestellt" worden seien. Ich habe daraufhin den Direktor der Grenzschutzdirektion angewiesen, durch Umfrage bei den zuständigen Grenzpolizeidienststellen festzustellen, ob diese Angaben zutreffen und ggf. Einzelfälle zu berichten. Am 23. Mai 1978 hat die Grenzschutzdirektion berichtet, daß nach den Auskünften aller beteiligten Dienststellen diese in dem Pressebericht aufgestellten Behauptungen nicht zutreffen. Zu Frage A 68: Nein. Der Sprecher der Bundesregierung hat sich auch nicht in diesem Sinne geäußert. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage A 69): Erwägt die Bundesregierung — wie bei einer internationalen Demonstration und Kundgebung in Köln am 22. April 1978 gefordert — ein Verbot der SS-Traditionsverbände? Ich gehe davon aus, Herr Kollege, daß Sie mit Ihrer Frage den „Bundesverband der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS" sowie die diesem Verband angeschlossenen sogenannten „Truppenkameradschaften" ansprechen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7637* Die Bundesregierung hat zu Verbotsfragen zu keiner Zeit öffentlich Stellung genommen. Ich kann Ihnen versichern, daß wir alle rechtsextremistischen Entwicklungen und Tendenzen mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Die erforderlichen Maßnahmen werden getroffen werden. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Karwatzki (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 70 und 71): Ist der Bundesregierung bekannt, ob im Verantwortungsbereich des Bundes Beamtinnen, die ein Kind erwarten, von ihren Behördenvorstehern gedrängt worden sind oder werden, nach Ablauf der Mutterschutzfrist keine Halbtagsbeschäftigung aufzunehmen, sondern sich beurlauben zu lassen, und hielte sie dies für eine Diskriminierung der Frauen? Ist der Bundesregierung bekannt, ob im Verantwortungsbereich des Bundes Behördenvorsteher bei den weiblichen Bediensteten anfragen, ob sie im Laufe des folgenden Jahres gedächten, schwanger zu werden, und hielte sie dieses für eine Diskriminierung der Frauen und einen Eingriff in die Intimsphäre? Zu Frage A 70: Der Bundesregierung sind Fälle der von Ihnen geschilderten Art nicht bekannt. Ebenso wie die Mutterschutzvorschriften im engeren Sinne dient auch die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung dem Zweck, der Beamtin ,die Betreuung ihrer Kinder zu erleichtern. Daher sollte, soweit es dienstlich vertretbar ist, der Beamtin die Wahlfreiheit belassen und ihrem Antrag auf Teilzeitbeschäftigung grundsätzlich entsprochen werden. Der Bundesregierung ist auch aus arbeitsmarkt- und allgemeingesellschaftspolitischen Gründen daran gelegen, den tatsächlichen Umfang der Teilzeitbeschäftigung im Beamten- und Richterbereich auszuweiten. Sie hat zu diesem Zweck am 10. Mai 1978 einen Formulierungsvorschlag verabschiedet, der für diese Bereiche die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung grundsätzlich ohne besondere Voraussetzungen vorsieht. Zu Frage A 71: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß Behördenvorsteher im Verantwortungsbereich des Bundes die von Ihnen bezeichnete Frage an weibliche Bedienstete stellen; sie würde im übrigen eine solche Frage wegen des Eingriffs in die persönliche Sphäre nicht für vertretbar halten. Anlage 30 Antwort des Par. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Walther (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 72 und 73) : Welche Aufgaben erfüllt das Bundesamt für Verfassungsschutz Außenstelle Gießen — im Rahmen des Bundesnotaufnahmeverfahrens im Bundesnotaufnahmelager Lahn-Gießen, und durch welche gesetzlichen oder anderen Vorschriften sind diese Aufgaben gedeckt? Billigt die Bundesregierung, daß einem Abgeordneten des Deutschen Bundestages der Zutritt zu dieser Außenstelle verwehrt wurde, und welche Konsequenzen hat die Bundesregierung gezogen oder wird sie ziehen, um verneinendenfalls einen solchen Vorfall zukünftig zu verhindern? Zu Frage A 72: Im Bundesnotaufnahmelager Lahn-Gießen ist eine Außenstelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) tätig. Sie führt die Bezeichnung „Vorprüfungsgruppe B I". Gesetzliche Grundlage für die Tätigkeit der Außenstelle des BfV ist das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, insbesondere dessen § 3 Abs. 1 Nr. 2, wonach es Aufgabe des Bundesamtes ist, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht zu sammeln und auszuwerten. Diese gesetzlichen Aufgaben erfüllt das Bundesamt unter anderem dadurch, daß die Außenstelle in Gießen die von Zuwanderern aus der DDR im Notaufnahmeverfahren ausgefüllten Fragebogen und vorgelegten Unterlagen überprüft sowie diese Personen — auf freiwilliger Grundlage — befragt. Die Zusammenarbeit ,der Außenstelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit dem Leiter .des Bundesnotaufnahmeverfahrens bestimmt sich nach den Vorschriften über die Amtshilfe. Zu Frage A 73: Die Bundesregierung begrüßt und fördert es, wenn Kollegen dieses Hohen Hauses die Gelegenheit wahrnehmen, sich an Ort und Stelle bei den zuständigen Bundesbehörden über die Aufgaben und Probleme unmittelbar zu unterrichten. Das gilt selbstverständlich auch für das Bundesamt für Verfassungsschutz und seine Außenstelle in Lahn-Gießen. Zu dem Vorfall am 16. Mai 1978 wird der Bundesminister des Innern Ihnen gegenüber noch gesondert schriftlich Stellung nehmen. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 74 und 75) : Teilt die Bundesregierung die — im Zusammenhang mit der ARD-Sendung „Auswüchse im deutschen Werkschutz" — von Polizeiseite geäußerte Auffassung, daß die für die Werkschutztätigkeit geltenden Nothilfebestimmungen so unklar sind, daß häufig nur das Nichtwissen des Betroffenen es ermöglicht, diese Bestimmungen zur Grundlage des Handelns für einen Werkschutz zu machen, und plant die Bundesregierung daher, hier gegebenenfalls gesetzliche Änderungen vorzuschlagen? Sind der Bundesregierung konkrete Tatbestände bekannt, die die Sicherheit verkaufswilliger Grundbesitzer für das Entsorgungszentrum bedrohen und wie beurteilt die Bundesregierung im Lichte dieser Tatsachen die von der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) veranlaßten Überwachungsmaßnahmen durch ein privates Bewachungsinstitut? 7638* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Zu Frage A 74: Den Angehörigen des Werkschutzes stehen, wie den Angehörigen des privaten Bewachungsgewerbes überhaupt, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Jedermannrechte nach §§ 32, 34 und 35 StGB, 227, 228 und 229 BGB (Notwehr/Nothilfe, Notstand) und § 127 Abs. 1 StPO (vorläufige Festnahme) zu. Umfang und Voraussetzungen der gesetzlichen Notwehr und Nothilferechte sind in den vorgenannten Bestimmungen im einzelnen genau festgelegt und durch Rechtsprechung und Literatur verfestigt. Ich teile in Übereinstimmung mit dem Bundesminister der Justiz deshalb nicht die in dem Bericht der ARD-Sendung Report vom 30. Mai 1978 geäußerte Auffassung, daß diese Bestimmungen unklar sind. Die Bundesregierung hält daher eine diesbezügliche Klarstellung durch Änderung der betreffenden gesetzlichen Bestimmungen nicht für erforderlich. Notwendig erscheinen mir dagegen klare Richtlinien und eine wirksame Kontrolle des Werkschutzes durch die Firmenleitungen. Dabei sind die rechtlichen Grenzen . deutlich aufzuzeigen. Die Werksangehörigen sollten sowohl durch die Firmenleitung als auch durch den Werkschutz selbst über ihre Rechte aufgeklärt werden. Es darf nicht dazu kommen, daß aus Furcht vor Nachteilen der Betroffene seine Rechte nicht geltend macht. Zu Frage A 75: Die Bundesregierung hat sich aus Anlaß Ihrer Frage bei dem in Betracht kommenden Unternehmen, der „Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen m. b. H." (DWK) sowie beim zuständigen Niedersächsischen Innenministerium informiert. Aus den fernmündlich gegegebenen Auskünften ergibt sich folgendes: Verkaufswillige Grundeigentümer haben der DWK gegenüber geäußert, Unbekannte hätten versucht, sie durch Drohungen von ihrer Verkaufsabsicht abzubringen. Die Angaben, die auch der Polizei bekannt waren, waren jedoch so unbestimmt, daß konkrete Ermittlungen oder polizeiliche Gefahrenabwehrmaßnahmen nicht eingeleitet wurden. Die DWK hat deshalb vorsorglich ein Bewachungsunternehmen damit beauftragt, auf öffentlichen Wegen Streifenfahrten zu den Wohnsitzen Verkaufswilliger durchzuführen. Die Streifen hatten lediglich den Auftrag, Beobachtungen der Polizei zu melden. In diesem Zusammenhang wurde öffentlich der Vorwurf erhoben, Angehörige des Bewachungsunternehmens hätten sich als Polizeibeamte ausgegeben. Die daraufhin von den zuständigen Behörden eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Amtsanmaßung sind noch nicht abgeschlossen. Dieser Sachverhalt, Herr Kollege, fällt in den alleinigen Verantwortungsbereich der Niedersächsischen Landesregierung. Ich meine daher, mich dazu und auch im Hinblick auf das schwebende Ermittlungsverfahren hier nicht weiter äußern zu sollen. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 88) : Welche Maßnahmen zur weiteren Entgiftung der Abgase von Kraftfahrzeugen plant die Bundesregierung gegenwärtig, in welchem Zeitraum beabsichtigt sie insbesondere die vom Umweltbundesamt vorgeschlagenen Schritte zur Verringerung von Kraftfahrzeugemissionen zu verwirklichen? Zur Verwirklichung ihrer Ziele im Umweltprogramm von 1971 (Reduzierung der Schadstoffemissionen aus den Abgasen um 90 v. H. bis 1980) strebt die Bundesregierung eine weitere Verschärlung der geltenden EG-Gemeinschaftsnormen für Kohlenmonoxid, Stickoxid und Kohlenwasserstoff an. Ein deutscher Alleingang zur Erreichung dieses Zieles scheidet aus, weil strengere nationale Werte gemeinschaftsrechtlich problematisch und insbesondere aus Gründen der Handelspolitik nicht zu vertreten sind. Das Ziel einer weiteren Reduzierung der Abgasemissionen kann deshalb nur über die Europäischen Gemeinschaften und die ECE (UN- Wirtschaftskommission für Europa), deren Beschlüsse bislang stets Ausgangspunkt für die Richtlinien der EG zur Emissionsminderung im Straßenverkehr waren, erreicht werden. Aus diesem Grunde hat die Bundesregierung Ende 1977 den Mitgliedstaaten der ECE einen Entwurf zugeleitet, der ab 1982 Grenzwerte vorsieht, die mit den für 1982 geplanten Werten der USA und Japan übereinstimmen werden. Wenn es gelingt, für diesen Vorschlag die Zustimmung der Mitgliedstaaten der ECE zu erzielen, könnte das für 1980 im Umweltprogramm der Bundesregierung angestrebte Ziel einer um 90 v. H ermäßigten Emission von Schadstoffen aus Abgasen von Otto-Motoren im Jahre 1982 erreicht werden. Dieser Entwurf beruht im wesentlichen auf den Untersuchungen und Vorschlägen des Umweltbundesamtes. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (München) (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 89 und 90) : Hat eine Dienststelle des Bundes — etwa das Bundesamt für Verfassungsschutz — veranlaßt, daß in einer Kleinstadt in Bayern, nachdem ein belesener und unverdächtiger Kunde ein in Schweden erschienenes Buch über die RAF (Rote Armee Fraktion) bestellte, dieses Buch auf dem Weg vom Verlag zur Buchhandlung beschlagnahmt wurde, die Buchhändlerin von Kriminalbeamten unter Androhung von Schwierigkeiten im Verweigerungsfalle nach dem Namen des Kunden gefragt wurde, der Buchhändlerin mitgeteilt wurde, daß man über sie Erkundigungen eingezogen habe und sie unter Beobachtung stünde, und wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage beruht diese Maßnahme, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß durch derartige Maßnahmen der Freiheitsraum der Bürger bedrohlich eingeengt und Denunzianten und Spitzeltum nachhaltig gefördert werden? Gibt es Absprachen des Bundesinnenministers mit den Landesinnenministern über die Überwachung von Buchhandlungen und Buchbestellungen, und wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage beruhen diese Absprachen? Bei dem beschlagnahmten Druckwerk kann es sich nach Ihrer Darstellung nur um das in Lund/ Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7639* Schweden im Oktober 1977 erschienene Buch „Texte der RAF" handeln, das im ehemaligen Rechtsanwaltbüro Croissant in Zusammenarbeit mit den verstorbenen Rädelsführern der RAF und anderen in Freiheit befindlichen Terroristen vorbereitet worden ist. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Bundesgerichtshof die Beschlagnahme des Buches angeordnet, weil seine Verbreitung eine terroristische Vereinigung (§ 129 a StGB) unterstützt. Am 16. Mai 1978 beschlagnahmte das Hauptzollamt Hamburg auf der Rechtsgrundlage des § 2 des Gesetzes zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote (GÜV) vom 24. Mai 1961 zwei Postsendungen aus Schweden mit je einer Ausgabe der Schrift „Texte der RAF", von denen eine an eine bayerische Buchhandlung adressiert war. Diesen Sachverhalt teilte das Bundeskriminalamt dem Bayerischen Landeskriminalamt am 18. Mai 1978 mit und bat um Durchführung ergänzender Ermittlungen in eigener Zuständigkeit. Bei dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt selbst waren Bundesbedienstete nicht beteiligt, so daß ich zu den Einzelheiten nicht Stellung nehmen kann. Vom Grundsatz her handelte es sich indes um notwendige Ermittlungen, zu denen die Kriminalpolizeibehörden auf Grund des bestehenden Legalitätsprinzips verpflichtet waren. Absprachen des Bundesinnenministers mit den Landesinnenministern über die Überwachung von Buchhandlungen und Buchbestellungen gibt es nicht. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 91): Muß aus der Äußerung von Bundeskanzler Helmut Schmidt, daß ein „Verfassungstag" eingeführt werden soll — nachdem die Bundesregierung in der Fragestunde am 31. Mai 1978 erklärt hat, daß sie nicht beabsichtigt, den 17. Juni als „nationalen Gedenktag" abzuschaffen —, nicht der Schluß gezogen werden, daß die Bundesregierung erwägt, einen weiteren nationalen Feiertag einzuführen? Dieser Schluß muß nicht gezogen werden. Eine der Festigung des staatsbürgerlichen Bewußtseins dienende Hervorhebung des Tages, an dem das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen wurde, bedingt nicht zwangsläufig die Schaffung eines neuen Feiertages. Sie kann auch dadurch geschehen, daß an diesem Tage des demokratischen Neubeginns besonders gedacht wird. Die Bundesregierung hat derzeit nicht die Absicht, einen Verfassungstag als nationalen Feiertag einzuführen. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 92 und 93) : Wie hoch ist der Prozentsatz der Seiteneinsteiger in den einzelnen Bundesressorts im Vergleich zu den normalen Beförderungen in den Besoldungsgruppen A 16 und höher in der Zeit von 1969 bis heute? Wie hoch war der Prozentsatz in der Zeit von 1960 bis 1969? Um Ihre Fragen beantworten zu können, müßten die Personalreferate der Bundesressorts sämtliche Beförderungen von Beamten und früheren Beamten der Besoldungsgruppe A 16 und höher durch umfangreiche Erhebungen ermitteln. Dies wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden. Ich bitte um Verständnis, daß ich Ihnen deshalb die erbetenen Zahlen nicht mitteilen kann. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage A 96) : Welche Folgerungen zieht. die Bundesregierung aus der vom Parlament des Staates Israel am 14. März 1978 verabschiedeten Resolution zum Ablauf des Maidanek-Prozesses in Düsseldorf und aus der in der gleichen Resolution erhobenen Forderung, alle NS-Gewaltverbrecher vor Gericht zu bringen, insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, daß bisher weder gegen den Mitverantwortlichen für die „Endlösung der Judenfrage" in Frankreich, Kurt Lischka, noch gegen den für die „Endlösung der Judenfrage" in Belgien und Nordfrankreich Verantwortlichen, Ernst Boje Ehlers, und seine Helfer Dr. Konstantin Canaris und Kurt Asche die Hauptverhandlung eröffnet worden ist, und wird sie — wie in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 7. Dezember 1977 erklärt wurde — gemeinsam mit den Ländern bemüht sein, daß diese Verfahren beschleunigt zu einem Abschluß gebracht werden? Die Bundesregierung hat sich schon bisher im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit Nachdruck dafür eingesetzt,. eine rasche Durchführung der Verfahren wegen NS-Verbrechen zu ermöglichen und zu fördern. Sie wird dies auch weiterhin tun. Zu den von Ihnen erwähnten einzelnen Verfahren darf ich zunächst auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Unabhängigkeit der Gerichte sowie darauf hinweisen, daß es sich um Verfahren handelt, die bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften der Länder anhängig sind, über die mir eine Dienstaufsicht nicht zusteht. Nach den Mitteilungen der zuständigen Landesjustizverwaltungen kann ich zu den einzelnen Verfahren folgendes bemerken: 1. Zum Ablauf des Majdanek-Prozesses hat der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen eine Kleine Anfrage aus der Mitte des Landtags vorgelegen, die sie inzwischen beantwortet hat. Insoweit darf ich auf die Antwort der Landesregierung vom 11. Mai 1978 (Drucksache 8/3270) verweisen. 2. Im Verfahren gegen Lischka u. a. sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abgeschlossen; die Abschlußverfügung wird demnächst ergehen. Auch das ergibt sich aus der genannten Antwort der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. 7640* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 3. Das Verfahren gegen Ehlers u. a. ist durch Beschluß des Oberlandesgerichts Schleswig vom 1. März 1977 vor dem Schwurgericht Kiel eröffnet worden. Die Bestimmung eines Termins für die Hauptverhandlung ist von der noch ausstehenden Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde abhängig. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage A 97): Trifft nach den Erkenntnissen der Bundesregierung die auf der Jahrestagung der Deutschen Kriminologischen Gesellschaft getroffene Feststellung zu, wonach in der Bundesrepublik rund 10 000 Wunderheiler und Okkultisten wirken, die den zunehmenden Wunder- und Aberglauben in der Bevölkerung betrügerisch und wucherisch nutzen und die strafrechtlich nur schwer zu verfolgen seien, und beabsichtigt die Bundesregierung dementsprechend, dem Bundestag neue oder verbesserte Strafvorschriften vorzuschlagen? Der Bundesregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse über die auf der Jahrestagung der Kriminologischen Gesellschaft genannte Zahl von Wunderheilern und Okkultisten vor. Nach Auskunft des Bundeskriminalamtes treten zur Zeit vereinzelt sogenannte Wunderheiler im Bereich der Raucherentwöhnung auf; örtlich begrenzt sollen sich teilweise auch „Gesundbeter" und sogenannte Besprecher betätigen. Die Bundesregierung sieht zur Zeit kein kriminalpolitisches Bedürfnis, mit neuen zusätzlichen Strafvorschriften gegen das Unwesen von betrügerisch oder wucherisch tätigen Wunderheilern oder Okkultisten vorzugehen. Das geltende Recht enthält bereits zahlreiche Bestimmungen, die ausreichen, strafwürdiges Verhalten zu ahnden. Neben den allgemeinen Strafvorschriften über Körperverletzung können insbesondere die Tatbestände des Betruges (§ 263 StGB) und des Wuchers (§ 302 a StGB) erfüllt sein. Auch der Straftatbestand des § 5 Heilpraktikergesetz über die unerlaubte Ausübung der Heilkunde kann gegeben sein; der Bundesgerichtshof hat ihn erst jüngst in einem Urteil vom 13. September 1977 auf einen sogenannten „Wunderheiler" angewandt, der angeblich übernatürliche Kräfte zur Heilbehandlung einsetzte. Im Einzelfall können bei irreführenden Angaben auch Vorschriften aus dem Arzneimittelrecht oder dem Heilmittelwerberecht herangezogen werden. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 98 und 99) : Wie viele Personen wurden im Zusammenhang mit Auslieferungsersuchen Jugoslawiens in letzter Zeit verhaftet, und welche Straftaten liegen den Auslieferungsersuchen zugrunde? Welchen Status haben die Verhafteten in der Bundesrepublik Deutschland? Falls Sie mit dem Begriff „in letzter Zeit" etwa den Zeitraum von einem Jahr gemeint haben sollten, ergibt sich folgendes: Seit dem 1. Juli 1977 bis Mitte Mai 1978 wurden im Zusammenhang mit jugoslawischen Auslieferungsersuchen auf Grund von Oberlandesgerichten erlassenen Auslieferungshaftbefehlen insgesamt 14 Personen in der Bundesrepublik Deutschland in Haft genommen. Den Verfolgten werden zur Last gelegt: Unterschlagung, Betrug, Untreue, fahrlässige Tötung, schwerer Diebstahl, schwere Körperverletzung und Raub. Hinsichtlich des Status der Inhaftierten ist zu bemerken, daß die meisten Asylanträge gestellt haben, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Am 25. Mai 1978 hat die jugoslawische Regierung die Bundesregierung um Auslieferung von acht Personen ersucht, von denen inzwischen drei Personen auf Grund von von Oberlandesgerichten erlassenen vorläufigen und endgültigen Auslieferungshaftbefehlen und eine weitere Person auf Grund einer von einer Generalstaatsanwaltschaft erlassenen Festhalteanordnung nach Maßgabe des Deutschen Auslieferungsgesetzes in Haft genommen worden sind. Diesen vier Personen werden folgende Straftaten zur Last gelegt: Leitung einer terroristischen Organisation bzw. Mitgliedschaft in einer solchen Organisation jeweils in Verbindung mit terroristischen Aktionen, nämlich entweder der Beteiligung an Mordanschlägen auf jugoslawsiche Konsuln in der Bundesrepublik Deutschland (ein Toter) oder Teilnahme an einem Sprengstoffanschlag auf den Hellas-Express (ein Toter, acht Verletzte), oder Teilnahme an einem Sprengstoffanschlag in Zagreb (eine Person wurde getötet, zwei weitere schwer verletzt). Von den zuletzt erwähnten vier Personen ist lediglich einer in der Bundesrepublik Deutschland Asyl gewährt worden. Zwei Personen haben sich gegen die Ablehnung des Asylantrages eines Rechtsbehelfs bedient. Die vierte Person hat einen Asylantrag nicht gestellt. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Münster) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 102) : Wird die Bundesregierung das Schweizer Mietrechts-Modell, insbesondere in bezug auf die Effektivität von Mieteinigungsstellen bei ihren Überlegungen zur Verbesserung unseres Mietrechts berücksichtigen? Wie Ihnen bekannt ist, beabsichtigt die Bundesregierung, Anfang 1979 einen Bericht über die Auswirkungen des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes vorzulegen. Auf der Grundlage dieses Berichts wird geprüft werden, ob es angebracht ist, das geltende Mietrecht in einzelnen Punkten zu ändern. Gegenwärtig sehe ich keine Anhaltspunkte Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7641* dafür, daß es dabei erforderlich werden könnte, grundsätzliche Korrekturen, etwa die Übernahme ausländischer Mieterschutzregelungen, in Betracht zu ziehen. Zur Frage der Mieteinigungsstellen habe ich schon in der Fragestunde vom 10. März 1978 folgendes ausgeführt: „In der Bundesregierung gibt es noch keine konkreten Überlegungen zu der Frage, ob ein Schlichtungsverfahren für Mietstreitigkeiten gesetzlich geregelt werden sollte. Gegen die obligatorische Einschaltung solcher Stellen — wie sie in der Schweiz vor dem Hintergrund eines anders ausgestalteten Mietrechts vorgesehen ist — spricht allerdings, daß sie das Verfahren für solche Beteiligte, die von Anfang an eine gerichtliche Entscheidung anstreben, unnötig verzögern würde." Gründe für eine andere Bewertung dieser Frage sind seitdem nicht bekanntgeworden. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 103) : Sieht sich die Bundesregierung — der Bundesjustizminister — als zuständig und verpflichtet an, die Unabhängigkeit der obersten Bundesgerichte, z. B. des Bundesgerichtshofes, gegen herabsetzende Formen der Urteilsschelte in Schutz zu nehmen, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus aus Anlaß der Kritik an dem Urteil des Bundesgerichtshofs in Sachen Böll—Walden? Die Unabhängigkeit der Rechtsprechung ist ein Verfassungsgrundsatz von hohem Rang. Sie wird grundsätzlich nicht dadurch beeinträchtigt, daß gerichtliche Entscheidungen einer öffentlichen Kritik unterzogen werden. Solche Kritik in den durch die Verfassung und die Gesetze gezogenen Grenzen zu äußern, ist in einem demokratischen Staat das Recht eines jeden Bürgers, das aus dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit folgt. Sollten die Grenzen rechtlich zulässiger Kritik im Einzelfall überschritten werden, so sind die betroffenen Richter durch das Straf- und Zivilrecht geschützt. Die Bewertung einzelner Stellungnahmen kann deshalb nicht Aufgabe des Bundesministers der Justiz sein. Dessen unbeschadet hat der Bundesminister der Justiz jedoch klargestellt, daß der Bundesgerichtshof in der von Ihnen zitierten Entscheidung ebenso wie in einer ganzen Reihe früherer Fälle bei der Abwägung des Grundrechts der Meinungsfreiheit und des Persönlichkeitsrechts der Meinungsfreiheit den Vorrang eingeräumt habe. Dies sei seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Falle Lüth (BVerfG 7, 198) im Jahre 1958 in ständiger Rechtsprechung gegenüber einer Vielzahl von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens so entschieden worden. Im übrigen habe das Gericht — wie sich aus den jetzt vorliegenden Urteilsgründen ergebe — ausdrücklich betont, daß es über die Stichhaltigkeit der vom Beklagten getroffenen Werturteile nicht zu befinden habe. In einem ähnlichen Zusammenhang hat Anfang der 50er Jahre der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer erklärt, es sei nicht seine Aufgabe, derartige Äußerungen zu zensieren oder zu rügen. Diese Äußerung bezog sich auf ein Telegramm seines damaligen Bundesjustizministers, in dem dieser ausgeführt hatte, daß das Bundesverfassungsgericht — ich zitiere — „in erschütternder. Weise vom Wege des Rechts abgewichen" sei. Dies mag als Präzedenzfall von einem gewissen Interesse sein. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Funcke (FDP) (Drucksache 8/1850 Frage A 104): Hält es die Bundesregierung auf Grund des Einkommensteuergesetzes für zwingend, daß die Einkommensteuererklärung in lauter unzusammenhängende Einzelblätter aufgelöst wird, oder könnte sie sich ein Standardformular für die Normalfälle denken, dem nur für Sondergruppen oder Sondertatbestände wie Sonderabschreibungen, Investitionszulage, Berlin, Vertriebene usw. ein Zusatzblatt beizufügen ist, auf das im Hauptformular durch farbige Kennzeichnung jeweils hingewiesen wird? Die Gestaltung und Herstellung der Einkommensteuer-Erklärungsvordrucke sind verfassungsgemäß Aufgaben der Länder. Im Rahmen seiner koordinierenden Funktion ist das Bundesministerium der Finanzen im Zusammenwirken mit den Ländern ständig bemüht, die ESt-Erklärungsvordrucke zu verbessern. Auf Grund zunehmender öffentlicher Kritik (insbesondere der Verbände) an den herkömmlichen Vordrucken wurde das damalige gemischte System ab 1976 auf das bürogerechte Hauptdruck-AnlagenSystem umgestellt. Gleichzeitig wurden die zuvor unterschiedlichen Vordrucke „Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich" und „ESt-Erklärung" vereinheitlicht. Dies entsprach einer jahrelang erhobenen Forderung der Verbände der steuerberatenden Berufe (auch der DStG) und wurde von den an der Vordruckgestaltung beteiligten Verbänden und Gewerkschaften begrüßt. Der ab 1976 eingeführte einkommensteuerliche Vordrucksatz besteht aus einem Hauptvordruck mit allgemeinen und für jeden Steuerpflichtigen in Betracht kommenden Angaben sowie aus 5 einkünftebezogenen Anlagen. Der Hauptvordruck ist in jedem Fall auszufüllen; Zahl und Art der beizufügenden Anlagen richten sich nach den vom einzelnen Steuerpflichtigen erzielten Einkünften. Eine weitere Anlage — die sog. Anlage B — ist abzugeben, falls Darlehen nach §§ 16, 17 BerlinFG steuerlich geltend gemacht werden. Darüber hinaus werden in einzelnen Ländern in eigener Verantwortung weitere Sonderanlagen für regional begrenzte Sondertatbestände aufgelegt. Für die Investitionszulage werden eigene Vordrucke verwendet. Mir scheint, daß die auf dem Hauptvordruck-Anlagen-System beruhenden derzeitigen Einkommensteuer-Erklärungsvordrucke bereits weitgehend 7642* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Ihren Vorstellungen über einen Standardvordruck mit ergänzenden Zusatzblättern entsprechen. Die Bundesregierung hält das gegenwärtige Vordrucksystem zwar nicht für zwingend; es war jedoch die Voraussetzung für die Vereinheitlichung der früher unterschiedlichen Vordrucke für den „Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich" und für „ESt-Erklärung". Die Bundesregierung und die Finanzverwaltungen der Länder haben sich deshalb nach Abwägung aller Gesichtspunkte für dieses Vordrucksystem entschieden, zumal es sich den individuellen Verhältnissen als besonders anpassungsfähig erwiesen hat. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hartmann (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 105 und 106): Beabsichtigt die Bundesregierung, der Forderung des Vorsitzenden der Deutschen Steuergewerkschaft, Hermann Fredersdorf, zu entsprechen, noch 1978 „einen nicht unbedeutenden Akt der Steuervereinfachung" zu vollziehen und ein präzises und verbindliches Programm mit Zeitplan zur weiteren Vereinfachung des Steuerrechts vorzulegen? Beabsichtigt die Bundesregierung, wie von Fredersdorf u. a. gefordert, die frühestmögliche Einführung einer Sonderausgabenpauschale für alle Bürger und/oder den Einbau der Kfz-Steuer in die Mineralölsteuer? Zu Frage A 105: Für die Bundesregierung sind mehr Transparenz, weniger Bürokratie und mehr Vereinfachung im Steuerrecht eine ständige und selbstgesetzte Aufgabe. Dazu gehören eine größere Bemühung um Verständlichkeit und Aufklärung über die Steuergesetze. Wichtig in diesem Zusammenhang sind auch die Vereinheitlichung der Steuerformulare und die Aufklärung durch Informationsschriften. Die Bundesregierung war in der Vergangenheit nicht untätig und hat auch für die Zukunft das Thema „Vereinfachung" bereits aufgegriffen: Ich zähle beispielhaft auf: 1. Die Steuerreform von 1975 hat mit der Einführung der Vorsorgepauschale einen großen Vereinfachungseffekt im Lohnsteuerbereich erzielt. 2. Mit der Einsetzung einer Transferkommission sucht die Bundesregierung die undurchsichtig gewordenen Zusammenhänge zwischen Steuerbelastung und Transfereinkommen aufzuhellen. Sie erwartet sich vom Ergebnis der Untersuchungen nicht zuletzt auch eine Koordinierung der Zahlungsvorgänge zwischen der öffentlichen Hand und den Bürgern. 3. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Einführung der Jahreszahlung für die Kraftfahrzeugsteuer vorsieht. Mit diesem Vorhaben könnte ein erheblicher Vereinfachungseffekt erreicht werden. 4. Im Rahmen ihrer Koordinierungsfunktion bemüht sich die Bundesregierung dauernd um Verein heitlichung und Vereinfachung der Formular-Vordrucke, die von den Steuerverwaltungen der Länder verwendet werden. Sie hat mit der Einführung eines einheitlichen Vordrucksatzes für Einkommensteuer und Lohnsteuer hierbei in letzter Zeit wesentliche Fortschritte erzielt. 5. Die Bundesregierung bemüht sich bei der Grunderwerbsteuer im Zusammenwirken mit den Ländern, die durch sehr viele Ausnahmetatbestände unübersichtlich gewordene Grunderwerbsteuer zu vereinheitlichen. 6. Zum Jahresende 1978 wird ein § 7 b-Bericht erstellt, der Anlaß geben wird, das komplizierte Recht zur Modernisierung, Erhaltung und Herstellung von Wohnungen zu überprüfen. Zu Frage A 106: Die Bundesregierung hat Anfang Dezember 1977 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes eingebracht. Wesentlicher Inhalt dieses Gesetzentwurfes ist die Einführung der obligatorischen Jahreszahlung für die Kraftfahrzeugsteuer. Mit dieser Reformmaßnahme würde ein erheblicher Vereinfachungseffekt erzielt werden. Einzelne Landesfinanzbehörden erwarten einen wesentlichen Rückgang der Fälligkeiten und etwa eine Halbierung der notwendig werdenden Mahnungen und Rückstandsanzeigen. Über den vorgelegten Gesetzentwurf hinaus hält die Bundesregierung an der Notwendigkeit einer weitergehenderen Reform der Kfz-Steuer fest. Es wird in diesem Zusammenhang auch geprüft werden, ob die Kraftfahrzeugsteuer schrittweise abgeschafft und der dadurch eintretende Steuerausfall auf die Mineralölsteuer umgelegt werden kann. Die bei diesem Modell auftretenden erheblichen Probleme werden vom Bundesfinanzministerium ausführlich dargestellt werden. Was den Vorschlag der Sonderausgabenpauschale betrifft, so hat die Bundesregierung diesen Vorschlag im Rahmen der Steuerreform aus folgenden Gründen nicht aufgegriffen: Der mit. dem Abzug von Vorsorgeaufwendungen bezweckte Anreiz zur eigenverantwortlichen Vorsorge würde beseitigt. Personen, die z. B. wegen entsprechender Einkünfte aus Vermögen und Verpachtung oder Kapitalvermögen keine Vorsorgeaufwendungen zu leisten brauchen, würden gleichwohl in den Genuß des pauschalen Abzugs kommen. Weiter wird es problematisch, allen Berufsgruppen die gleichen Pauschsätze zu gewähren, was den Vereinfachungseffekt stark relativieren würde. Trotz der aus diesen Gründen erfolgten Ablehnung eines pauschalen Abzugssystems im Rahmen der Steuer-Reform 1975 wird die Bundesregierung diesen Gedanken auch künftig prüfen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7643* Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Pinger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 107) : Hält die Bundesregierung es mit der Zielsetzung größerer Steuergerechtigkeit, die mit den Steuerentlastungsmaßnahmen ab 1. Januar 1978 angestrebt wurde, für vereinbar, daß nach dem 1. Januar 1978 bei einer Angestellten in der Steuerklasse V trotz einer Erhöhung der monatlichen Bruttobezüge um 13 DM die ausgezahlten Nettobezüge im Jahre 1978 um 2,48 DM geringer sind als im Jahre 1977 (monatliche Bruttobezüge im konkreten Fall 1977 = 1 538 DM, netto nach Abzug der Steuern ohne Sozialversicherung 1087,52 DM, 1978 einschließlich 13 DM zusätzlicher Sparzulage brutto = 1 551 DM, netto = 1 085,04 DM), sich als monatlich bei einem Anstieg des Bruttoeinkommens gegenüber 1977 um 13 DM die Steuern um 15,48 DM (davon 14,20 Lohnsteuer und 1,28 DM Kirchensteuer) erhöhen, und wenn nein, welche Folgerungen zieht sie daraus? Ehegatten werden grundsätzlich gemeinsam zur Einkommensteuer herangezogen. Man darf daher die Lohnsteuerbelastung bei Arbeitnehmer-Ehegatten für den einzelnen Ehegatten nicht isoliert beurteilen. Vielmehr sind die Lohnsteuerbeträge beider Ehegatten zusammenzurechnen und im Verhältnis zum gemeinsamen Arbeitslohn beider Ehegatten zu sehen, der letztlich der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Bei einem Vergleich der Gesamtlohnsteuerbelastung von Arbeitnehmer-Ehegatten im Jahre 1977 wird man leicht feststellen können, daß die im letzten Jahr beschlossenen Steuerrechtsänderungen zu einer entsprechenden Steuerentlastung geführt haben, die sich allerdings im Lohnsteuertarif nicht bei Steuerklasse V, sondern nur bei Steuerklasse III auswirken. Im übrigen kann ich bestätigen, daß sich die monatliche Lohnsteuer in der Steuerklasse V bei gleichem Arbeitslohn für 1978 im Verhältnis zu 1977 geringfügig erhöht hat. Diese Erhöhung ist auf die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Januar 1978 von 40 800 DM auf 44 400 DM jährlich zurückzuführen. An diese Beitragsbemessungsgrenze knüpft nämlich im Steuerrecht die Vorsorgepauschale an, die in den Lohnsteuertabellen eingearbeitet ist. Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze hat u. a. in der Steuerklasse III zu einer Erhöhung des Höchstbetrages der Vorsorgepauschale und zu einer entsprechenden Verringerung der Lohnsteuer geführt. Da andererseits die Vorsorgepauschale bei Arbeitnehmer-Ehepaaren nicht den Betrag überschreiten darf, der bei ihnen gemeinsam im Rahmen der Sonderausgaben-Höchstbeträge abziehbar ist, mußte die Vorsorgepauschale in der Steuerklasse V gekürzt werden. Dies hat zu der bezeichneten Lohnsteuererhöhung geführt. Auch hier müssen bei Arbeitnehmer-Ehegatten also die Steuerklassen V und III zusammen gesehen werden. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Berger (Berlin) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 108 und 109) : Wie hoch beziffert die Bundesregierung bei den Steuern, deren Aufkommen ganz oder teilweise dem Bund zusteht, den Ausfall, der infolge der Praktiken der in Fachkreisen „Fliegende Holländer" genannten Blumenexporteure aus den Niederlanden entsteht? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dem entgegenzuwirken und damit gleichzeitig auch die Wettbewerbsnachteile zu beseitigen, die die vorgenannten Praktiken für den deutschen Gartenbau und den deutschen Blumengroßhandel zur Folge haben? Zu Frage A 108: Die Bundesregierung kann nach den ihr vorliegenden Unterlagen nicht bestätigen, daß bei der Einfuhr und der anschließenden Lieferung von Blumen durch holländische Importeure, den sog. „fliegenden Holländern", ein erheblicher Umsatzsteuerausfall entsteht. Sie ist auch nicht in der Lage, einen Umsatzsteuerausfall zu beziffern. Bei der Einkommensteuer kann ein Steuerausfall in der Regel nicht eintreten. Nach dem deutsch-holländischen Doppelbesteuerungsabkommen können holländische Staatsangehörige nur zur Einkommensteuer herangezogen werden, wenn sie im Inland eine Betriebsstätte unterhalten. Dies ist jedoch bei den „fliegenden Holländern" in der Regel nicht der Fall. Zu Frage A 109: Die Einfuhr von Blumen unterliegt der Einfuhrumsatzsteuer. Die Zollstellen an der deutschen-niederländischen Grenze sind wiederholt angewiesen worden, bei holländischen Blumenimporteuren die Einfuhrumsatzsteuer in zutreffender Höhe zu erheben und erforderlichenfalls genaue Mengenkontrollen vorzunehmen. Die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer an der Grenze schließt die Versteuerung der nachfolgenden Umsätze im Inland nicht aus. Von der sich hierbei ergebenden Steuer kann jedoch die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen werden. Erfolgt keine Versteuerung der inländischen Umsätze, so bleibt der ausländische Importeur auf jeden Fall mit der erhobenen Einfuhrumsatzsteuer belastet. Die Angelegenheit ist bereits mit den obersten Finanzbehörden der Länder erörtert worden. Diese haben den Standpunkt vertreten, daß die Betriebsprüfung nur auf Grund konkreter Hinweise tätig werden könne. Bei einem globalen Einsatz von Betriebsprüfern zur Erfassung der inländischen Umsätze holländischer Blumenimporteure würde die Mehrsteuer in keinem vertretbaren Verhältnis zum Aufwand stehen. Zur Zeit wird geprüft, ob es sinnvoll ist, ein Kontrollverfahren unter Mitwirkung der Einfuhrzollstellen einzuführen. Anlage 45 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Erler (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 110 und 111) : 7644e Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung bisher mit der auf ihre Initiative hin gegründeten Wagnisfinanzierungsgesellschaft gemacht? Beabsichtigt die Bundesregierung, die Wagnisfinanzierungsgesellschaft auszubauen, und welche Maßnahmen hat sie hierfür ergriffen? Zu Frage A 110: Die Deutsche Wagnisfinanzierungsgesellschaft mbH (WFG) ist Ende 1975 gegründet worden. Auf Grund der kurzen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft und der Schwierigkeiten des Risikokapitalgeschäftes lassen sich zur Zeit noch keine gesicherten Erfahrungstatbestände feststellen und aus ihnen entsprechende Schlußfolgerungen ziehen. Es hat sich jedoch schon jetzt deutlich gezeigt, daß dieser erste große Versuch in der Bundesrepublik Deutschland zur Bereitstellung privaten Risikokapitals für innovative Unternehmen den Bedürfnissen der Wirtschaft, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen entspricht und auf große Resonanz sowohl in der Wirtschaft und die Zustimmung in der politischen Öffentlichkeit gestoßen ist. Die WFG ist bis heute 15 Beteiligungen bei kleineren Unternehmen bzw. Neugründungen eingegangen. Sie hat dafür rd. i i Mio. DM an Kapital bereitgestellt. Bei der Bewertung der bisherigen Ergebnisse der WFG ist folgendes zu berücksichtigen: — angesichts des außerordentlich liquiden Kapitalmarktes erhalten ertragsstarke Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland bei ihren Hausbanken ausreichend Kapital zur Finanzierung selbst sehr risikoreicher Innovationen; - die WFG muß bei ihren Beteiligungen darauf achten, sich nur bei solchen Unternehmen zu engagieren, die eine gewisse Mindestausstattung an Eigenkapital haben; überschuldete Unternehmen scheiden damit weitgehend aus; — die Innovationen müssen eine gewisse „Mindesttiefe" aufweisen; bloße Änderungen im Design eines Produktes reichen nicht aus; — schließlich ist es eine notwendige Voraussetzung für eine WFG-Beteiligung, daß das Unternehmen über ein qualifiziertes Management verfügt oder doch eine entsprechende Erweiterung der Geschäftsführung vorgenommen werden kann. Vor diesem Hintergrund und bei Vergleichen u. a. auch mit ausländischen Wagnisfinanzierern kommt die Bundesregierung zu dem Ergebnis, daß die bisherigen Erfahrungen mit der WFG positiv zu bewerten sind. Zu Frage A 111: Wie ich bereits in der Antwort auf die mündliche Frage des Kollegen Herrn Abgeordneten Dr. Steger am 16. März 1978 zur WFG ausgeführt habe, konnte die Gesellschaft sehr viel schneller aufgebaut werden, als es bei der Gründung für möglich gehalten worden war. Sowohl die privaten Gesellschafter der WFG als auch die Bundesregierung haben die Gesellschaft mit den erforderlichen Finanzmitteln aus- gestattet. Damit hat die WFG zunächst einen ausreichenden finanziellen Spielraum, der es ihr gestattet, etwa 10 bis 12 neue Beteiligungen pro Jahr einzugehen. Wenn es — was die Bundesregierung begrüßen würde — erforderlich wird, kann das Stammkapital der WFG von gegenwärtig 30 Mio. DM jedenfalls bis zur zunächst vereinbarten Obergrenze von 50 Mio. DM aufgestockt werden. Soweit sich in der Zukunft weiterer Bedarf ergibt, wird über eine Aufstockung oder auch über die Gründung weiterer Gesellschaften zu reden sein. Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 112 und 113): Wann gedenkt die Bundesregierung die nächste Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzung einzuberufen, welche erforderlich ist, um die bereits laufenden Haushaltsentscheidungen der Bundesregierung für 1979 sowie die für Mitte Juni 1978 vorgesehenen Beratungen des Finanzplanungsrats sachgerecht vorzubereiten? Warum hat die Bundesregierung trotz bereits vorliegender Beschwerden einzelner Bundesländer, die die Schätzungen zur Aufstellung ihrer Haushalte und Finanzplanungen ebenfalls dringend benötigen, bisher nicht zu der für Mai 1978 vereinbarten und damit sachlich dringend gebotenen Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzung eingeladen und dem Beschluß des Finanzplanungsrats vom 14. Dezember 1977 nicht entsprochen? Die nächste Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen" wird am 24. und 25. Juli 1978 in Bonn stattfinden. Die ursprünglich für Ende Mai/Anfang Juni 1978 vorgesehene Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen" mußte verschoben werden. Das Bundeskabinett hat gestern beschlossen, den Beschluß über den Haushaltsentwurf 1979 und den Finanzplan bis 1982 am 26. Juli 1978 zu fassen. Damit wird gewährleistet, daß — die 1. Lesung — entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts — unmittelbar nach der Sommerpause im Deutschen Bundestag stattfinden kann. Außerdem können bei diesem Zeitplan in die Beurteilung des Haushaltsplanentwurfs 1978 — neben den neuesten gesamtwirtschaftlichen Daten auch die Erkenntnisse des Mitte Juli 1978 in Bonn stattfindenden „Wirtschaftsgipfels" einbezogen werden. Um den Ansatz der Steuereinnahmen so zeitnah wie möglich zu erarbeiten, wird der Arbeitskreis „Steuerschätzungen" am 24. und 25. Juli 1978 zusammentreten. Dem Bundesministerium der Finanzen ist nur ein Schreiben von Herrn Finanzminister Gaddum bekannt, das an die Einberufung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen" erinnert. „Beschwerden einzelner Bundesländer", wie in Ihrer Anfrage, Herr Abgeordneter, formuliert, sind nicht bekannt. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7645* • Anlage 47 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau von Bothmer (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen A 114 und 115) : Wie bereitet sich die Bundesregierung im Einklang mit den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft auf die im Herbst fällige Überprüfung des Verhaltenskodex der Europäischen Gemeinschaft für europäische Unternehmen mit Tochtergesellschaften, Zweitniederlassungen oder Vertretungen ' in der Republik Südafrika vor? Faßt die Bundesregierung für den Fall schwerwiegender Verstöße gegen den Verhaltenskodex Sanktionsmaßnahmen ins Auge, und wenn ja, in welcher Form? Zu Frage A 114: Ziffer 7 des EG-Verhaltenskodex für Unternehmen mit Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen oder Vertretungen in Südafrika sieht vor, daß die angesprochenen Unternehmen jährlich einen eingehenden und ausführlich belegten Bericht über die bei der Anwendung des Kodex erreichten Fortschritte veröffentlichen. Eine Abschrift der Berichte der Unternehmen wird der Bundesregierung übermittelt. Die Bundesregierung steht mit ihren Partnern in der EG in laufenden Konsultationen über die Verwirklichung des Kodex. Sie wird über weitere Schritte auf diesem Gebiet im Lichte der Erfahrungen, die sie bei der Auswertung der von den Firmen vorzulegenden Berichte gewinnt, gemeinsam mit ihren Partnern entscheiden. Zu Frage A 115: Die Wirtschaftsverbände haben öffentlich erklärt, daß sie der Zielsetzung des Kodex zustimmen und daß sie bereit sind, die dort aufgestellten Grundsätze in die Praxis umzusetzen. Die Bundesregierung hat bisher keine Anhaltspunkte dafür, daß deutsche Firmen gegen die Empfehlungen des EG-Verhaltenskodex verstoßen. Sie hat daher keine Veranlassung, sich schon heute zu dieser hypothetischen Frage zu äußern. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann (FDP) (Drucksache 8/1850 Fragen A 116 und 117): Kann die Bundesregierung die Gründe und den Zweck angeben, warum an der deutschbelgischen Grenze die Wirtschaftswege mit schweren Steinblöcken versperrt wurden, und wenn ja, welches sind diese Gründe und welche Wirkung wurde von ihnen erwartet? Wie beurteilt die Bundesregierung diese Maßnahmen im Hinblick auf die Notwendigkeit, den Europa-Gedanken den Bürgern näherzubringen? Zur Intensivierung der Bekämpfung des Terrorismus wurden grenzüberschreitende, befestigte Wege an der deutsch-belgischen Grenze — wie auch an anderen Grenzabschnitten — Ende September 1977 auf Grund einer Entscheidung der nach der SchleyerEntführung gebildeten Zentralen Einsatzleitung durch technische Sperren gegen einen unerlaubten Grenzübertritt mit Kraftfahrzeugen gesichert, soweit diese Wege nicht durch Kräfte des BGS oder der Zollverwaltung überwacht werden konnten. Veranlassung zu dieser Maßnahme gab die Erkenntnis, daß terroristische Gewalttäter zur Umgehung von Grenzkontrollen befestigte, jedoch nur zeitweilige überwachte Wege über die Grenze benutzen. Zweck der Maßnahme war es, dies zu verhindern. Auf Weisung des Bundesministers des Innern vom 31. März 1978 sind inzwischen jedoch Sperren an solchen Stellen beseitigt worden, wo dies zur Feldbestellung und für Zwecke der Forstwirtschaft erforderlich ist. Die Bundesregierung vertraut auf das Verständnis der Bürger dafür, daß die Bemühungen um die europäische Einigung durch Sicherheitsmaßnahmen, die zur Abwehr einer kleinen Gruppe terroristischer Gewalttäter notwendig sind, nicht tangiert werden. Anlage 49 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lambinus (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage A 119) : Hat die Bundesregierung Anhaltspunkte dafür, daß — wie laut Mainpost vom 11. Mai 1978 in einer Parlamentsdebatte in Kapstadt unter anderem behauptet wurde — die Südafrikanische Republik im großen Umfang Geheimmittel verwendet hat, um dafür insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland „Einfluß zu kaufen"? Der Bundesregierung liegen keinerlei Anhaltspunkte für die Verwendung von Mitteln der südafrikanischen Regierung zu einer unzulässigen Einflußnahme auf deutsche Journalisten oder Politiker vor. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, hier ihrerseits Nachforschungen anzustellen, da die Pressemeldung in der Main Post zu vage ist, um dafür Ansatzpunkte zu bieten. Anlage 50 Antwort des Staatsminister Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Coppik (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage A 125): Welche Schritte hat die Bundesregierung gegenüber der türkischen Regierung unternommen, um die Mißhandlungen des Bremer Studenten Wolfgang Kapp durch türkische Sicherheitsbehörden in Ostanatolien aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen? In dieser Angelegenheit ist die Botschaft Ankara um Bericht gebeten worden, der bis zur Stunde noch nicht vorliegt. Nach dessen Eingang werden Sie umgehend schriftlich unterrichtet werden. 7646* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Anlage 51 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Marx (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 138 und 139) : Trifft es nadi Kenntnis der Bundesregierung zu, daß im revolutionären Prozeß Äthiopien heute bei einem Zustand teilweiser Fremdbestimmung angekommen ist, wonach das Land durch einen sogenannten „Rat der 17" gelenkt wird, dem fünf Äthiopier, fünf Sowjets, zwei Ost-Berliner Spezialisten, zwei kubanische Politoffiziere und ein Südjemenit angehören? Welche Länder des Ostblocks einschließlich der DDR und Kubas sind nach Kenntnis der Bundesregierung an der staatlichen und militärischen Planung und Leitung in Äthiopien beteiligt? Zu Frage A 138: Der Bundesregierung sind unbestätigte Nachrichten über die Existenz eines derartigen Gremiums bekannt geworden. Diese Gerüchte sind jedoch zumindest insoweit skeptisch zu beurteilen, als diesem Gremium echte Lenkungsfunktionen zugeschrieben werden. Es kann zwar davon ausgegangen werden, daß die Sowjetunion und ihre Verbündeten durch den Umfang ihrer militärischen Unterstützung und angesichts der damit erzielten Erfolge einigen Einfluß auf die äthiopische Militärregierung gewonnen haben. Nach Einschätzung der Bundesregierung geht aber dieser Einfluß doch nicht soweit, wie dies in der Formulierung Ihrer Frage zum Ausdruck kommt. Zu Frage A 139: Der Vorsitzende des Provisorischen Militärischen Verwaltungsrats des Sozialistischen Äthiopien, Oberstleutnant Mengistu, hat bei seiner Ansprache zum 1. Mai „die aufgrund des revolutionären Kampfes der Massen Äthiopiens gewonnene Unterstützung des progressiven Lagers, insbesondere das aktive Engagement der Völker der Sowjetunion, Kubas, Südjemen und der DDR an der Seite Äthiopiens" hervorgehoben. Diese Staaten gewähren Äthiopien militärische und organisatorische Hilfe bei Konsolidierung und Stabilisierung seiner gegenwärtigen Herrschaftsform und in diesem Rahmen auch bei der militärischen und staatlichen Planung. Wie ich bei der Beantwortung Ihrer ersten Frage bereits ausführte, geht die Bundesregierung jedoch nicht von einer Beteiligung dieser Länder an der staatlichen und militärischen Führung Äthiopiens aus. Anlage 52 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hüsch (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 143) : Welche Bedeutung hat die Kooperationsvereinbarung im Meeresbergbau für das deutsch-sowjetische Wirtschaftsabkommen? In dem am 6. Mai 1978 in Bonn unterzeichneten deutsch-sowjetischen Abkommen über die Entwicklung und Vertiefung der langfristigen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft und Industrie wird in Artikel 2 in Zusammenhang mit der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen der Meeresbergbau als einer der Bereiche aufgeführt, in dem die Vertragspartner die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit unterstützen wollen. Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es auf dem Gebiet des Meeresbergbaus bis heute jedoch noch keine Kooperationsvereinbarung zwischen einem deutschen Unternehmen und sowjetischen Stellen. Der Bundesregierung ist andererseits bekannt, daß auf seiten der deutschen Wirtschaft Interesse besteht, auf diesem Gebiet mit der Sowjetunion, die wegen der Ausdehnung ihrer Küsten hier über große Möglichkeiten verfügt, zusammenzuarbeiten. Aus diesem Grunde ist der Meeresbergbau in dem eingangs erwähnten Abkommen auch besonders aufgeführt worden. Anlage 53 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. von Geldern (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage A 144): Welche Perspektiven sieht die Bundesregierung nach dem bisherigen Konferenzverlauf für einen erfolgreichen Abschluß der Dritten Seerechtskonferenz? Im Vergleich zu allen anderen Teilen des Informellen Verhandlungstextes (ICNT) ist der den Meeresbergbau regelnde Teil XI noch am weitesten von einer zufriedenstellenden Gestaltung entfernt. Für das Zustandekommen einer Seerechtskonvention kommt diesem Teil eine Schlüsselfunktion zu, denn eine Ausklammerung des Meeresbergbaus aus der Verhandlungsmasse würde sich nicht als möglich erweisen. Die Entwicklungsländer betrachten den Meeresbergbau als integrales Element eines neuen Meeresvölkerrechts, da er in ihrer Sicht den Anspruch auf das „gemeinsame Erbe der Menschheit" materialisiert. Die Bundesregierung wird daher unverändert alle Anstrengungen darauf richten, zu einer zufriedenstellenden Regelung des Meeresbergbaus auf der 3. Seerechtskonferenz zu gelangen. Dabei dürfen jedoch nicht die erheblichen Schwierigkeiten unterschätzt werden, die zur Erreichung dieses Zieles zu überwinden sind. Eine größere Klarheit über die Perspektiven der 3. Seerechtskonferenz wird sich erst nach dem Ende der 7. Session, d. h. nach dem 15. September 1978, gewinnen lassen. Anlage 54 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Breidbach (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen A 145 und 146) : Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Jurd 1978 7647* Sind die bisherigen Ergebnisse der Seerechtskonferenz im Bereich des Meeresbergbaus für eine Beteiligung der Deutschen Industrie beim Abbau der Meeresressourcen akzeptabel? Hatte die Tatsache, daß im amerikanischen Repräsentantenhaus während der 7. Session der Seerechtskonferenz ein Interimsgesetzentwurf beraten wurde, nach Kenntnis der Bundesregierung Folgen für den Verlauf der Konferenz und gegebenenfalls welche? Zu Frage A 145: Die bisherigen Ergebnisse der Seerechtskonferenz im Bereich des Meeresbergbaus, wie sie am Ende der 6. Session in Teil XI des informellen Verhandlungstextes (ICNT) ihren Niederschlag fanden, wurden von der Bundesregierung wie auch von den Regierungen der anderen EG-Staaten als nicht akzeptabel bezeichnet. Einen neuen Verhandlungstext gibt es noch nicht. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die 7. Session nicht — wie vorgesehen — am 19. Mai 1978 beendet werden konnte. Da drei der auf sieben Wochen angesetzten 7. Session durch die Präsidentschaftskrise und die Erörterung von Prozedurfragen verlorengingen, konnte kein neuer Verhandlungstext erarbeitet werden. Die 7. Session wird daher vom 21. August bis 15. September 1978 in New York fortgesetzt werden. Wir befinden uns also derzeit in einer laufenden Verhandlungsphase, so daß eine vergleichende Wertung mit dem Ergebnis der 6. Session noch nicht möglich ist. Die Fragen des Meeresbergbaus sind während der Genfer Periode der 7. Session in drei Verhandlungsgruppen intensiv erörtert worden. Diese Erörterungen haben jedoch nicht zur Verabschiedung ausgehandelter Texte geführt. Vielmehr haben die Vorsitzenden der Verhandlungsgruppen in eigener Verantwortung Texte formuliert, die sie als konsensfähig ansehen. Dementsprechend haben diese Texte keinen offiziellen Status oder eine irgendwie geartete Vertragsqualität; sie sind lediglich Grundlage weiterer Erörterungen. In der Substanz bringen die Texte leichte Verbesserungen gegenüber dem informellen Verhandlungstext (ICNT). Zu Frage A 146: Die Tatsache, daß im amerikanischen Repräsentantenhaus während der Genfer Periode der 7. Session der Seerechtskonfernz ein Interimsgesetzentwurf beraten wurde, hatte keine feststellbaren Folgen für den Verlauf der Genfer Periode. Anlage 55 Antwort des Staatssekretärs Bölling auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen B 1, 2, 3 und 4): In welchen Bereichen sieht die Bundesregierung die Hauptfelder, in denen Konsequenzen aus dem Karlsruher Urteil vom 2. März 1977 zur Öffentlichkeitsarbeit zu ziehen sind, nachdem erstmals für die Regierungen von Bund und Ländern Verfassungsgrundsätze für regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit und ihre Abgrenzung gegenüber wahlwerbender Einflußnahme aufgestellt sind? Wie beurteilt die Bundesregierung Fragen der Verbreitung und des Vertriebs von solchen Druckschriften und Anzeigen, die dem Bürger Informationen über die ihm aus neuer Gesetzgebung zuwadisenden Rechte verschaffen (s. Aufsatz in Heft I Zeitschrift für Parlamentsfragen von Uwe Leonardy „Öffentlidikeitsarbeit der Regierung minus Wahlwerbung: Informationsladen des Staates"? Wie wird die Bundesregierung ihre Informationspflicht über neue Gesetze wahrnehmen, damit den Bürgern keine Nachteile innerhalb des vom Bundesverfassungsgericht vorläufig auferlegten Zeitraumes der Zurückhaltung vor Wahlen beim Informationszugang über neue Gesetze erwachsen? Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß das Hauptproblem der Öffentlichkeitsarbeit im Informationszugang der Bürger liegt, und ist sie bereit, aus ausländischen Erfahrungen Nutzen zu ziehen und bejahendenfalls welche? Zu Frage B 1: Die Bundesregierung zieht Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 1977 zur Öffentlichkeitsarbeit sowohl durch Auslegung und Konkretisierung des Urteils als auch durch politische Maßnahmen und Folgerungen im Bereich ihrer Informationspolitik und Öffentlichkeitsarbeit. a) Was die juristische Seite anbelangt, so hat das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in zwei mit dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister der Justiz abgestimmten Konsequenzenpapieren vom April und August 1977 eine Auslegung des Urteils erarbeitet und wichtige Konsequenzen für die praktische Öffentlichkeitsarbeit aufgelistet. Schwerpunkte dieser Papiere sind insbesondere — die Erläuterung der zentralen Aufgaben und der generellen Grenzen einer zulässigen staatlichen Öffentlichkeitsarbeit, — Darstellung der Indizien, die vor allem in zeitlicher Nähe zu Wahlen im Bund oder in den Ländern auf ein Überschreiten. der Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung hindeuten, — Darstellungen von Art und Ausmaß der Vorkehrungen, die gegen eine Verteilung von Informationsmaterial durch politische Parteien und sie bei der Wahl unterstützende Organisationen oder Gruppen zu treffen sind — sowie eine Abgrenzung der Aufgaben und Kompetenzen in der Öffentlichkeitsarbeit von Bund und Ländern. Die Pressesprecher von Bundesregierung und Landesregierungen haben sich in mehreren Besprechungen bemüht, die vom Bundesverfassungsgericht angesprochenen Konkretisierungen und eine möglichst einheitliche und einvernehmliche Anwendung des Urteils zu erreichen. Wesentliche Ergebnisse waren: — eine Festlegung der Vorwahlzeit auf fünf Monate, — ein grundsätzliches Einvernehmen über die Grenzen regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit während Kommunalwahlkämpfen — und. eine vorläufige Einigung dahin gehend, auch außerhalb von Vorwahlzeiten staatliches Informationsmaterial den politischen Parteien und sie im Wahlkampf unterstützenden Organisationen and Gruppen nur zur Information der eigenen Mitglieder zur Verfügung zu stellen. Auf Grund dieser vorläufigen Einigung hat das Presse- und Informationsamt ein relativ restriktives Verteilungsverfahren entwickelt, wobei verschiedene Merkblätter entwickelt wurden. 3648' Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 In der Praxis der Öffentlichkeitsarbeit wird sich die Bundesregierung bemühen, trotz der Erschwernisse, die das Urteil insbesondere im Bereich der Publikationsverteilung gebracht hat, ihrer Informationspflicht gegenüber den Bürgern weiterhin voll nachzukommen. Sie ist auch der Ansicht, daß eine Reihe von Aspekten des Urteils gute Chancen für eine parteipolitisch wettbewerbsneutrale, informative und bürgernahe Öffentlichkeitsarbeit bieten. Die Bundesregierung begrüßt es deshalb, daß durch das Bundesverfassungsgericht zum ersten Mal die Öffentlichkeitsarbeit einer Regierung nicht nur für verfassungsrechtlich zulässig, sondern auch für notwendig erklärt wurde. Sie hält es auch für hilfreich, daß in dem Urteil als zentrale Aufgaben einer staatlichen Öffentlichkeitsarbeit definiert worden sind: — die Darlegung und Erläuterung der Politik, der Maßnahmen und Vorhaben und der künftig zu lösenden Fragen, — die Aufklärung über unpopuläre Maßnahmen und hierbei die Offenlegung von Zusammenhängen und die Werbung um Verständnis für solche Maßnahmen — und insbesondere die sachgerechte, objektiv gehaltene Information über das den Bürger unmittelbar angehende Recht, etwa über den Inhalt von Gesetzen. Erste politische Konsequenzen aus dem Urteil hat die Bundesregierung mit dem Kabinett-Beschluß vom 15. Februar 1978 zur Konzeption der Öffentlichkeitsarbeit der 8. Legislaturperiode gezogen, der eine stärker koordinierte, im Erscheinungsbild einheitlichere, enger verzahnte und längerfristiger angelegte Öffentlichkeitsarbeit der gesamten Bundesregierung anstrebt. Zu Frage B 2: Die Verteilung der Regierungsinformationen über politische Parteien, die vor dem Urteil die größte Chance geboten hatte, die Bürger der Bundesrepublik Deutschland mit wichtigen Informationen zu erreichen, ist zur Zeit auch außerhalb von Vorwahlzeiten wegen der strengen Anwendung des vorläufigen Beschlusses der Pressesprecher von Bundesregierung und Landesregierungen, an Parteien Informationsmaterial nur noch zur Unterrichtung der eigenen Mitglieder zu verteilen, nicht mehr möglich. Die Bundesregierung wird versuchen, in weiteren Gesprächen mit den Ländern ein Einvernehmen zu erreichen, das im Rahmen des Urteils eine Verteilung von Regierungsinformationen über Parteien auch an den Bürger ermöglicht und damit dem politischen Informations- und Bildungsauftrag der Parteien gerecht wird. Gleichzeitig bemüht sich die Bundesregierung verstärkt, alle zusätzlichen Möglichkeiten zu nutzen, um den Bürger mit ihren Informationen über die ihm aus der Gesetzgebung erwachsenden Rechte zu erreichen. Um die bisherige Dimension der Information der Bevölkerung auf neuen Wegen aufrechtzuerhalten, werden folgende Maßnahmen durchgeführt und geprüft: — Ausbau des Vertriebs über Volkshochschulen und kommunale Büchereien — Einrichtung von regierungseigenen Informationsständen in Rathäusern und Behörden und Modellversuche von Informationsläden für Regierungspublikationen -- Verstärkte Verteilung von Publikationen auf Ausstellungen wie der gegenwärtig durchgeführten Wanderausstellung „Lebendiger Staat" — Zur Nachbetreuung der Bonn-Besucher der Bundestagsabgeordneten Zusendung von Publikationen nicht nur des Presse- und Informationsamtes, sondern auch anderer Bundesministerien — Verstärktes Publikationenangebot über Faltblätter, Anzeigen und Plakate. Zu Frage B 3: Die Information der Bürger über neue Gesetze ist — da das Bundesverfassungsgericht sachlich informierende, wettbewerbsneutrale Veröffentlichungen „aus akutem Anlaß" ausdrücklich für zulässig erklärt — weiterhin ohne Einschränkung möglich. Darüber hinaus geht die Bundesregierung davon aus, daß Service-Informationen über die Rechte und Pflichten des Bürgers wie etwa die „Tips für Arbeitnehmer", „Unser neues Mietrecht", „Wohngeld", die Jugendfibel „frag mal" und das Handbuch „Frauen" auch in Vorwahlzeiten verteilt werden können, weil sie sachbezogen und wettbewerbsneutral sind und somit keine der vom Urteil entwickelten Indizien für eine Grenzüberschreitung zur unzulässigen Wahlwerbung vorliegen. Die Bundesregierung wird allerdings dem Urteil entsprechend während der Vorwahlzeit Leistungs-, Arbeits- oder Erfolgsberichte nicht veröffentlichen. Sie ist der Überzeugung, daß eine sachgerechte Informationsarbeit über die Rechte und Chancen des Bürgers für ihn wichtiger ist als die Erinnerung an Leistungen der Regierung. Zu Frage B 4: Die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung, daß der Informationszugang zum Bürger eines der zentralen Probleme der Öffentlichkeitsarbeit darstellt. Dies ist jedoch nicht allein ein Problem des Vertriebs, sondern auch der inhaltlichen und gestalterischen Aufbereitung dieser Informationen. Entsprechend den Grundsätzen des Kabinettbeschlusses vom 15. Februar 1978 bemüht sich das Presse- und Informationsamt zusammen mit den Ministerien, die Arbeit der Bundesregierung zusammenhängender und verständlicher darzustellen. Die Bundesregierung ist auch bereit, aus ausländischen Erfahrungen Nutzen zu ziehen. Ein Erfahrungsaustausch von Mitarbeitern des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung mit den zuständigen Stellen für Öffentlichkeitsarbeit in Großbritannien, Frankreich, Dänemark und den USA hat allerdings gezeigt, daß im Ausland erfolgreiche Me- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7649e thoden vor allem im Vertriebsbereich nicht ohne weiteres übernommen werden können. Insbesondere erfordert der föderalistische Aufbau der Bundesrepublik Deutschland eine Anpassung ausländischer Modelle an die deutschen Verhältnisse. So ist insbesondere ein Publikationsvertrieb über eigene Regierungsläden, wie er in Großbritannien praktiziert wird, aus organisatorischen, finanziellen und personellen Gründen nicht in gleicher Weise durchführbar. Andere Erfahrungen wie der in Großbritannien und Frankreich praktizierte Vertrieb von Regierungsinformationen über den Buchhandel werden in entsprechenden Modellversuchen in naher Zukunft auch durch die Bundesregierung erprobt. Anlage 56 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 5) : Hat der Bundeskanzler beim Besuch des sowjetischen Staats- und Parteichefs Breschnew in Bonn die unmenschliche Behandlung des russischen Bürgerrechtskämpfers Alexander Ginsburg durch die sowjetischen Behörden zur Sprache gebracht, dem ein neuer Strafprozeß mit langjährigen Freiheitsstrafen droht, die Ginsburg bei seiner durch lange Haft untergrabenen Gesundheit in akute Lebensgefahr bringen würden, und welchen Erfolg hat diese Fürsprache gegebenenfalls gehabt? Die Bundesregierung tritt bei jeder ihr geeignet erscheinenden Gelegenheit für eine weltweite Verwirklichung der Menschenrechte, auch in der UdSSR, ein. Dies ist auch bei dem Besuch Generalsekretärs Breschnew geschehen. Hierbei sind konkrete menschliche Anliegen angesprochen worden, wobei verständlicherwese das Problem der Familienzusammenführung der deutschen Volkszugehörigen in der UdSSR im Vordergrund stand. Ich möchte darauf hinweisen, daß beide Seiten in der Gemeinsamen Deklaration vom 6. Juni 1978 folgendes vereinbart haben: „Beide Seiten sind entschlossen, dazu beizutragen, daß die durch die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa eingeleitete Entwicklung dynamisch fortschreitet. Zu diesem Zweck setzen sie sich dafür ein, daß alle Prinzipien und Bestimmungen der in Helsinki unterzeichneten Schlußakte der KSZE im Verhältnis zwischen allen Teilnehmerstaaten und in ganz Europa volle Wirksamkeit erlangen — im Interesse der Zusammenarbeit der Staaten und zum Wohle der Menschen." Auch in dem Kommuniqué über den Besuch von Generalsekretär Breschnew in ,der Bundesrepublik Deutschland vom 7. Mai 1976 betonen beide Seiten die „Wichtigkeit der unilateralen, bilateralen und multilateralen Verwirklichung aller Bestimmungen der Schlußakte der Konferenz (von Helsinki) in vollem Umfange durch alle Unterzeichner-Staaten". Damit ist auch die Verwirklichung des Prinzips VII (Menschenrechte und Grundfreiheiten) der Schlußakte der KSZE angesprochen. Beide Seiten haben ebenso ihre Bereitschaft erklärt, Fragen humanitären Charakters auch in Zukunft positiv zu behandeln. Die Bundesregierung hat mit ihren acht Partnern in der Europäischen Gemeinschaft am 24. Mai 1978 eine gemeinsame Erklärung abgegeben, die u. a. folgendes feststellt: „ . . . Die Neun, die die Schlußakte von Helsinki als ein Aktionsprogramm für die Entspannung betrachten, erinnern daran, daß sich die Teilnehmerstaaten in diesem Dokument, unterzeichnet durch ihre Staatsoberhäupter oder Regierungen, verpflichtet haben, die Menschenrechte und fundamentalen Freiheitsrechte zu respektieren. Sie haben das Recht des einzelnen bestätigt, seine Rechte und Pflichten in diesem Gebiet zu kennen und diesen entsprechend zu handeln. Aus diesem Grunde betrachten es die Regierungen der Neun als unvereinbar mit der Schlußakte und mit der Entspannung, daß einzelne Personen verfolgt und verurteilt werden, weil sie die Verwirklichung der Schlußakte in ihrem eigenen Lande gefordert haben." Anlage 57 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 6) : Kann die Bunderegierung die Nachricht bestätigen, wonach die sowjetische Regierung bereits im schwedischen Außenministerium Einspruch erhoben hat gegen einen möglichen Berlin-Besuch des schwedischen Königpaares, den dieses im Zusammenhang mit dem für das Frühjahr nächsten Jahres vorgesehenen Staatsbesuch geplant haben soll, und hat die Bundesregierung gegebenenfalls diesen ungewöhnlichen Vorfall beim Besuch des sowjetischen Staats- und Parteichefs zur Sprache gebracht, oder welche geeignet erscheinenden Schritte gedenkt die Bundesregierung gegen diese anmaßende Einmischung zu unternehmen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß in der deutschen Presse berichtet wurde, der sowjetische Botschafter in Stockholm habe gegen einen möglichen Besuch des schwedischen Königspaares in Berlin Einspruch erhoben. Offizielle Informationen, die darüber hinausgehen, liegen der Bundesregierung nicht vor, so daß ich zu dieser Presseberichterstattung nicht Stellung nehmen kann. Die Vorbereitungen für den Staatsbesuch des schwedischen Königspaares, der für April 1979 vorgesehen ist, haben im übrigen noch nicht begonnen, so daß sich gegenwärtig zu Einzelheiten eines möglichen Besuchsprogramms noch nichts sagen läßt. Anlage 58 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen B 7 und 8) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Bundesregierung in ihrer Außenpolitik gegenüber den USA unzureichend wissenschaftlich beraten wird, weil z. B. bei der Stiftung Wissenschaft und Politik die Stelle des USA-Referenten seit Jahren vakant oder am J.-F.-Kennedy-Institut für Nordamerika-Studien die ganze Politik-Abteilung seit längerem unbesetzt ist, und will die Bundesregierung hier gegebenenfalls Abhilfe schaffen? 7650* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Befürchtet die Bundesregierung durch Nuklear-Verträge mit Argentinien mögliche Konflikte mit der Nicht-Verbreitungspolitik von Uran-Lieferländern? Zu Frage B 7: Sie beziehen sich in Ihrer Anfrage offensichtlich auf einen „Vorwärts"-Artikel vom 11. Mai 1978. Soweit sich dieser Artikel auf das John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerika-Studien bezieht, kann ich Ihnen keine Antwort erteilen, da es sich bei dem Institut um eine Einrichtung der Freien Universität Berlin handelt, für die das Land Berlin zuständig ist. Soweit sich der Artikel mit der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) befaßt, ist er unzutreffend. Eine USA-Referentenstelle bei der Stiftung Wissenschaft und Politik ist nicht vakant. Die Bundesregierung fühlt sich in ihrer Außenpolitik gegenüber den USA auch nicht unzureichend durch die SWP beraten. Das Gegenteil ist der Fall. Die SWP hat mehrere hervorragende Amerikakenner, die wichtige Aspekte der amerikanischen Politik analysieren, ihrererseits mit amerikanischen Instituten vergleichbarer Art Verbindung halten und ihre Analysen der Bundesregierung zur Verfügung stellen. Richtig ist, daß bei einer vorgesehenen Aufstokkung des Stellenplans der SWP vorgesehen ist, eine zusätzliche Stelle für einen Mitarbeiter zu gewinnen, der speziell die amerikanische Innenpolitik und den inneramerikanischen Entscheidungsprozeß näher verfolgen soll. Insoweit ist der Bundesregierung jede parlamentarische Unterstützung hochwillkommen. Zu Frage B 8: Die bisherigen deutschen Lieferungen für Argentinien unterstehen IAEO-Sicherungsmaßnahmen auf Grund eines Abkommens zwischen Argentinien und der IAEO. Argentinien hat ferner in einem deutschargentinischen Briefwechsel von 1976 sämtliche einschlägigen Verpflichtungen gemäß den Londoner Richtlinien der nuklearen Hauptlieferländer übernommen. Sollten Exportgenehmigungen für weitere Lieferungen an Argentinien gestellt werden, wird die Bundesregierung diese wie bisher auf der Grundlage der für uns in Übereinstimmung mit den Londoner Richtlinien geltenden Exportvoraussetzungen prüfen. Anlage 59 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 9) ; Hat die Bundesregierung beim Treffen der Außenminister der Europäischen Gemeinschaft in Nyborg vom 20./21. Mai 1978 den Antrag des Außenministers von Großbritannien, Owens, unterstützt, die Verlängerung des LOME-Abkommens davon abhängig zu machen, daß sich die 53 Abkommensländer zur strikten Beachtung der Menschenrechte verpflichten müßten, und wie erklärt es die Bundesregierung, daß trotz der Stellungsnahme der Europäischen Gemeinschaft zu den Fragen der Menschenrechte dieser Vorschlag Großbritanniens keine Mehrheit fand? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der Außenminister Großbritanniens nicht verlangt, die Verlängerung des Lomé-Abkommens davon abhängig zu machen, daß sich die AKP-Länder zur strikten Beachtung der Menschenrechte verpflichten. Vielmehr überlegt die Gemeinschaft, wie im Rahmen des neu auszuhandelnden AKP-EG-Abkommens der Gedanke der Förderung der Menschenrechte stärker berücksichtigt werden kann. Eingedenk ihres Engagements für die weltweite Beachtung der Menschenrechte setzt sich dabei auch die Bundesregierung für eine angemessene Lösung dieser wichtigen Frage ein. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 10) : In welchem Stadium befinden sich die Arbeiten der Kommission der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der „Besonderen Rechte der Bürger" gemäß dem Beschluß der Staats- und Regierungschefs vom 9./10. Dezember 1974? Auf ihrem Gipfeltreffen in Paris am 9. und 10. Dezember 1974 hatten die Staats- und Regierungschefs der EG-Mitgliedstaaten beschlossen, eine Arbeitsgruppe mit der Untersuchung zu beauftragen, „unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welcher Fristen den Bürgern der neun Mitgliedstaaten besondere Rechte als Angehörige der Gemeinschaft zuerkannt werden könnten". Die Kommission der' EG hat dem Rat zu diesem Beschluß am 3. Juli 1975 einen Bericht vorgelegt. Er enthält neben einer Analyse des Begriffs „Besondere Rechte" im wesentlichen Erwägungen zur Einräumung des von der Kommission befürworteten aktiven und passiven Kommunalwahlrechts an Bürger anderer EG-Mitgliedstaaten. Bei der Erörterung des Kommunalwahlrechts in der Arbeitsgruppe der Mitgliedstaaten ergab sich, daß gegen seine Einführung in mehreren Mitgliedstaaten — auch in der Bundesrepublik Deutschland —.verfassungsrechtliche und -politische Hindernisse und Bedenken bestehen. Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich inzwischen mit der Frage eines allgemeinen Aufenthaltsrechts für alle Angehörigen der Mitgliedstaaten im gesamten EG-Bereich. Die Beratungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen. Inzwischen hat 'das Europäische Parlament eine Entschließung verabschiedet, die die Zuerkennung von Sonderrechten an Bürger der Europäischen Gemeinschaft in Durchführung des Beschlusses der Pariser Gipfelkonferenz vom Dezember 1974 zum Gegenstand hat (vgl. BT-Drucksache 8/1302). Das Europäische Parlament nennt eine Reihe von Rechten, die nach seiner Auffassung als besondere Rechte in Betracht zu ziehen sind, und fordert die Korn- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7651* mission auf, Vorschläge hierzu zu unterbreiten. Die Kommission hat solche Vorschläge angekündigt, bis jetzt aber noch nicht vorgelegt. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Daubertshäuser (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage B 11): Ist die Bundesregierung bereit, das Abfallbeseitigungsgesetz dahin gehend zu konkretisieren, daß Teilpläne für die schadlose Beseitigung von pharmazeutischen Abfällen aufgestellt werden, die eine Beseitigungspflicht zwingend vorsehen? In der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 12./13. April 1978 habe ich Ihre Schriftliche Frage zu Überlegungen aus hygienischen Gründen das Einsammeln und die Beseitigung von medizinischem Abfall und Pharmaabfällen aus Krankenhäusern, Arztpraxen, Altenpflegeheimen usw. getrennt vom Einsammeln und Beseitigen von kommunalem Haushaltsmüll zu betreiben, beantwortet. Ich darf mich heute auf diese Antwort beziehen, in der ich u. a. hervorhob,. daß einige Länder erwägen, Teilpläne für die schadlose Beseitigung von Abfällen aus dem medizinischen und pharmazeutischen Bereich aufzustellen. Einer „Konkretisierung", d. h. einer Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes dahin gehend, daß Teilpläne mit zwingender Beseitigungspflicht für die schadlose Beseitigung von Pharmaabfällen aufgestellt werden, bedarf es nicht. Medizinische- und Pharmaabfälle sind nach Maßgabe der Vorschriften des Abfallbeseitigungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Januar 1977 (BGB1. I S. 41) zu beseitigen. Die Beseitigung ist umfassend und zwingend vorgeschrieben. Sie unterliegt der Überwachung durch die zuständige Landesbehörde. Krankenhausabfälle, welche lebende Erreger enthalten, die übertragbare Krankheiten im Sinne des Bundesseuchengesetzes auslösen können, sind der zuständigen Behörde vom Besitzer (Erzeuger), Einsammler, Beförderer oder Betreiber einer Abfallbeseitigungsanlage besonders anzuzeigen. Dieser Personenkreis ist darüber hinaus verpflichtet, ein Nachweisbuch über Art, Menge und Beseitigung der Krankenhausabfälle zu führen. Das Verfahren ist in der Abfallnachweisverordnung vom 29. Juli 1974 (BGB1. I S. 1574) so geregelt, daß die zuständige Behörde eine durchgehende Kontrolle des Weges der Abfälle von ihrem Anfall bis zu ihrer Beseitigung besitzt. Die zuständige Behörde kann darüber hinaus im Einzelfall auch solche „Pharmaabfälle" der Nachweispflicht unterwerfen, die nicht zu jenen spezifischen und infektiösen Krankenhausabfällen gehören. Zur Abfallbeseitigung haben die Länder für ihren Bereich Pläne nach überörtlichen Gesichtspunkten aufzustellen. Diese Pläne haben im Gegensatz zu der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Überlassungs- und Beseitigungspflicht die tatsächlichen, d. h. die technischen und organisatorischen Voraussetzungen der Abfallbeseitigung zum Inhalt. So kann in Plänen bestimmt werden, welcher Träger vorgesehen und welcher Abfallbeseitigungsanlage sich die Beseitigungspflichtigen zu bedienen haben. Im Rahmen ihrer Kompetenz können die Länder auch Teilpläne für bestimmte Abfallarten, hier also auch Teilpläne für Abfälle aus dem Medizin-und Pharmabereich aufstellen. Auch die Festlegungen in derartigen Teilplänen befassen sich jedoch lediglich mit der technischen und organisatorischen Seite der Abfallbeseitigung. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Petersen (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 12, 13 und 14) : Wann gedenkt die Bundesregierung den in der Drucksache 8/1490 vom 6. Februar 1978 angekündigten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes einzubringen? Gedenkt die Bundesregierung den besonderen Anforderungen, denen die Polizeimeister ausgesetzt sind, durch eine Amtszulage Rechnung zu tragen? In welchem zeitlichen Rahmen sieht die Bundesregierung die zu ergreifenden Maßnahmen? Zu Frage B 12: Die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit dem von Ihnen angesprochenen Gesetzentwurf folgende Stellungnahme (Anlage 2 der BT-Drucksache 8/1490) abgegeben: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die vom Bundesrat vorgeschlagene Amtszulage für das Spitzenamt des mittleren Polizeivollzugsdienstes im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtlösung der anstehenden strukturellen Besoldungsfragen behandelt werden muß. Die Bundesregierung beabsichtigt, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Die Prüfung der mit einer ausgewogenen Gesamtlösung zusammenhängenden schwierigen strukturellen Fragen erfordert naturgemäß ausreichende Zeit. Die Bundesregierung ist bemüht, . den in ihrer Stellungnahme angekündigten Gesetzentwurf in angemessener Zeit vorzulegen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Bundesrat einen Antrag Baden-Württembergs (Drucksache 121/78), allen Beamten des mittleren Dienstes in der Besoldungsgruppe A 9 mit herausgehobenen Funktionen die gleiche Amtszulage zu gewähren, am 21. April 1978 von der Tagesordnung abgesetzt hat. Die zuständigen Ausschüsse des Bundesrates hatten Ablehnung empfohlen. Zu Frage B 13: Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes (Drucksache 8/1490) geht 7652* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 auf eine Initiative des Bundesrates vom 4. November 1977 (BR-Drucksache 436/77 — Beschluß —) zurück und soll ein neues Spitzenamt für den mittleren Polizeivollzugsdienst durch Gewährung einer Amtszulage zur Besoldungsgruppe A 9 einrichten. Die Stellungnahme der Bundesregierung ergibt sich aus der Antwort zu Frage 1.. Der Entwurf wurde vom Deutschen Bundestag am 9. März 1978 in erster Lesung beraten und an den federführenden Innenausschuß überwiesen (Protokoll Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 78. Sitzung — S. 6190 ff.). Es bleibt insoweit die weitere Beratung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag abzuwarten. Zu Frage B 14: Für die Bundesregierung ergibt sich der zeitliche Rahmen aus dem bereits geschilderten Sachzusammenhang. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Miltner (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 15 und 16): Ist die asiatische Schlagwaffe Nunchaku nach Auffassung der Bundesregierung ein verbotener Gegenstand im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 3 der 1. Verordnung zum Waffengesetz und, wenn ja, auf welche für Sportler und Sportvereine zumutbare Weise kann die Verwendung von Nunchakus als Kampfsportgerät ermöglicht werden? Ist es richtig, daß Zuwiderhandlungen gegen § 8 Abs. 1 der 1. Waffenverordnung weder straf- noch bußgeldbewehrt sind, und wenn ja, welche realistische Möglichkeit zur Durchführung des Verbots sieht die Bundesregierung? Zu Frage B 15: Nunchakus fallen unter das Verbot des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der 1. WaffV. Dieses Verbot wurde durch § 22 der 3. WaffV vom 22. Dezember 1976 in die 1. WaffV eingefügt. In der Begründung zu dieser Verordnung ist u. a. ausgeführt: „Solche Geräte werden in zunehmendem Maße im Besitz jugendlicher Schlägerbanden angetroffen und sind wiederholt sogar gegen Angehörige der Polizei angewendet worden. Unter die Vorschrift fallen z. B. Geräte, die regelmäßig aus zwei Hartholzstäben oder Metallrohren bestehen, die durch Lederriemen, eine Schnur oder eine Kette miteinander verbunden sind. In den Händen von Personen, die ihre Anwendungstechnik beherrschen, erweisen sich diese Geräte ähnlich wie Schlagringe oder Totschläger als äußerst gefährlich. Diese Geräte sind unter der Bezeichnung Nunchaku bekanntgeworden." Von diesem Verbot kann das Bundeskriminalamt nach § 37 Abs. 3 WaffG in Verb. mit § 8 Abs. 2 der 1. WaffV allgemein oder für den Einzelfall Ausnahmen zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Dabei hat das Bundeskriminalamt neben der Zuverlässigkeit des Antragstellers zu prüfen, ob ein berechtigtes Interesse an dem Gebrauch dieses Gerätes besteht. Ausnahmen können zugelassen werden, wenn Mitglieder von Sportvereinen dieses Gerät für die sportliche Tätigkeit nach anerkannten Regeln verwenden. Kampfsportarten, in denen anerkannte Regeln den Einsatz des Gerätes zulassen oder vorschreiben, sind mir allerdings nicht bekannt. Zu Frage B 16: Zuwiderhandlungen gegen das Verbot des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der 1. WaffV können nach § 42 a der 1. WaffV in der Fassung der 3. WaffV gemäß § 53 Abs. 3 WaffG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe belegt werden. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 17 und 18) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß nach den versorgungsrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zu Artikel 131 GG bei Beamten auf Lebenszeit, die am 8. Mai 1945 die für den Eintritt in den Ruhestand und den Bezug von Ruhegehalt erforderliche Wartezeit noch nicht erfüllt hatten, auch die nach diesem Zeitpunkt liegende Zeit der Kriegsgefangenschaft in die Wartezeit eingerechnet wird, während bei Berufssoldaten in vergleichbaren Fällen eine solche Anrechnung nicht erfolgt, so daß ein Versorgungsanspruch nach dem G 131 nicht besteht, und welche Folgerungen zieht sie daraus? Ist die Bundesregierung unter Berücksichtigung der Tatsache, daß diese Personen ohne den Zusammenbruch einen Anspruch auf Versorgung erwarten konnten, grundsätzlich bereit, die sich aus' dieser unterschiedlichen Regelung für Berufssoldaten ergebenden Härten in der Weise zu bereinigen, daß diesen Personen, soweit sie notwendige Statuszeiten nicht erfüllen, entsprechend den Erwägungen der Bundesregierung in ihrem Bericht vom 10. Februar 1971 die Möglichkeit eines Unterhaltsbeitrages bis zur Höhe des gesetzlichen Ruhegehaltes eröffnet wird? Zu Frage B 13: Bei der Versorgung der Berufssoldaten nach dem G 131 ist zwischen der Statuszeit und der Wartezeit zu unterscheiden. Nach dem am 8. Mai 1945 für die Berufssoldaten geltenden Wehrmachtfürsorge- und versorgungsgesetz hatten Berufsoffiziere erst nach Erfüllung einer Dienstzeit (Statuszeit) von zehn Jahren und Berufsunteroffiziere nach einer Statuszeit von achtzehn bzw. zwölf Jahren bestimmte versorgungs- oder anstellungsberechtigende Ansprüche. Daran anknüpfend hat auch das G 131 den Berufssoldaten bei Erfüllung der entsprechenden Statuszeiten am 8. Mai 1945 versorgungsrechtliche Ansprüche zuerkannt. Die Erfüllung der Wartezeit nach § 29 G 131 in Verbindung mit § 106 des Bundesbeamtengesetzes (BBG), in die eine in der Kriegsgefangenschaft verbrachte Zeit nach dem 8. Mai 1945 nach § 35 Abs. 3 G 131 in Verbindung mit § 106 BBG einrechnet, ist eine zusätzliche — sowohl von den Beamten auf Lebenszeit als auch von den Berufssoldaten zu erfüllende — Voraussetzung für die Versorgung. Sie ist erst von rechtlicher Bedeutung, wenn der Status „Beamter auf Lebenszeit" oder „Berufssoldat mit der jeweils erforderlichen Statuszeit" am 8. Mai 1945 vorliegt. Hinsichtlich der Erfüllung der Wartezeit bestehen also keine unterschiedlichen Regelungen für Beamte oder Berufssoldaten. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7653* Zu Frage B 18: Anträge, in die Statuszeit der Berufssoldaten auch nach dem 8. Mai 1945 liegende Zeiten — insbesondere die Zeit einer Kriegsgefangenschaft — einzubeziehen, waren schon zu den verschiedenen Änderungsgesetzen zum G 131 gestellt worden. Der Gesetzgeber hat jedoch an dem für das G 131 maßgebenden Anknüpfungsgrundsatz der am 8. Mai 1945 innegehabten Rechtsstellung festgehalten und lediglich für Spätestheimkehrer, die erst nach dem 1. April 1951 aus der Kriegsgefangenschaft oder aus dem Gewahrsam entlassen worden sind, die Anrechnung der Zeit der Kriegsgefangenschaft oder des Gewahrsams nach dem 8. Mai 1945 auf die Statuszeit zugelassen (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 G 131). Bei dieser Abgrenzung hat sich der Gesetzgeber ersichtlich von der Annahme leiten lassen, daß eine so ungewöhnlich späte Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft oder dem Gewahrsam eine zusätzliche Betreuung rechtfertige (vgl. Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. August 1969 — BVerwG VI B 28.69). Eine Änderung der dargestellten Rechtslage wäre nur im Wege einer Gesetzesänderung möglich. Wie in der Regierungserklärung vom 17. Mai 1974 (Stenogr. Bericht über die 100. Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Mai 1974, S. 6602 [C]) jedoch dargelegt ist, betrachtet die Bundesregierung die Wiedergutmachungs- und Kriegsfolgengesetzgebung, darunter auch das G 131, als abgeschlossen und sieht sich deshalb zu einem entsprechenden Novellierungsvorschlag nicht in der Lage. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 19 und 20) : Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, welche Institutionen, Vereinigungen und Verbände Rettungshubschrauber im Rahmen des Rettungswesens in der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung stellen, und ist nach Überzeugung der Bundesregierung ein für alle Gebiete der Bundesrepublik Deutschland ausreichender Rettungshubschrauberdienst gewährleistet? In welcher Weise unterstützt der Bund das bestehende Rettungshubschraubernetz, und in welcher Weise wird er es in Zukunft fördern? Zu Frage B 19: Hubschrauber für den Luftrettungsdienst in der Bundesrepublik Deutschland stellen zur Verfügung — der Bund Hubschrauber des Katastrophenschutzes (BMI) für 16 Luftrettungsstationen (München, Frankfurt, Köln, Hannover, Ludwigshafen, Bremen, Kassel, Lünen, Duisburg, Wittlich, Villingen-Schwenningen, Eutin, Bielefeld, Traunstein, Straubing und Saarbrücken), Hubschrauber der Bundeswehr für 5 Luftrettungsstationen (Hamburg, Aachen/Würselen, Koblenz, Nürnberg und Ulm). — Private Betreiber Hubschrauber der Deutschen Rettungsflugwacht e. V. für 3 Luftrettungsstationen (Rendsburg, Karlsruhe und Stuttgart). Die Bundesregierung wird bemüht sein, nach Maßgabe der Haushaltslage weitere Hubschrauber des Katastrophenschutzes für die Lutrettung zur Verfügung zu stellen. Für 1979 und 1980 ist vorgesehen, die 17. und 18. Luftrettungsstation in Kempten und im Raum Siegen mit Hubschraubern des Katastrophenschutzes auszustatten. Unter dem Vorbehalt, daß die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, sollen möglichst bis 1983 zur Vervollständigung des Luftrettungsnetzes weitere Katastrophenschutz-Hubschrauber beschafft werden, die die Errichtung von 4 weiteren Luftrettungsstationen ermöglichen. Zu Frage B 20: Ihre Frage gibt mir zunächst Anlaß zu dem Hinweis, daß das Rettungswesen, zu dem auch der Luftrettungsdienst gehört, ausschließlich in der Gesetzgebungs-, Finanzierungs- und Verwaltungskompetenz der Länder liegt. Das geltende Finanzverfassungs- und Haushaltsrecht setzt daher den Möglichkeiten des Bundes für eine Förderung des Luftrettungsdienstes Grenzen. Der Bund trägt die Investitionskosten für die Hubschrauber des Katastrophenschutzes und der Bundeswehr sowie die Kosten für die Flugzeugführer und das technische Personal, einschließlich der Ausbildungskosten. Darüber hinaus übernimmt der Bund einen Teil der Betriebskosten (BMI: 25,7 0/o). Die übrigen Betriebskosten werden dem Bund von den Trägern des Rettungsdienstes (Länder, Landkreise, kreisfreie Städte, Rettungszweckverbände, je nach den landesrechtlichen Bestimmungen) in Form einer Flugkostenpauschale erstattet; sie beträgt z. Z. 900,— DM pro Flugstunde. Die Träger des Rettungsdienstes erheben für die Hubschrauber-Rettungseinsätze von den Patienten bzw. von den Sozialversicherungsträgern ein Benutzungsentgelt, das jedoch nicht in allen Fällen kostendeckend ist. Entstehende Defizite werden unterschiedlich durch die Länder oder die Träger des Rettungsdienstes ausgeglichen. Darüber hinaus zahlen die Länder Zuschüsse zu den Kosten, die den Trägern des Luftrettungsdienstes im Investitionsbereich (Bau von Hangar, Betankungsanlage und Hubschrauberlandeplatz) entstehen. Die Länder Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben bisher auch Zuschüsse für die in ihrem Bereich betriebenen Luftrettungsstationen der Deutschen Rettungsflugwacht e. V. geleistet. Der Bund wird nach den dargelegten Kriterien den Hubschrauberrettungsdienst auch in Zukunft fördern. 7654* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) (Drucksache 8/ 1850 Frage B 21): Kann die Bundesregierung mitteilen, wann der fertiggestellte Gesetzentwurf zur Änderung des Personenstandsgesetzes vom Bundeskabinett verabschiedet werden wird und wann mit der Einbringung im Deutschen Bundestag zu rechnen ist? Der Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in bestimmten Fällen, der außer den Vorschriften über das gerichtliche Verfahren auch Regelungen für die Folgewirkungen — insbesondere auf das Ehe- und Familienrecht sowie auf das Sozialversicherungsrecht — enthält, ist inzwischen mit den Innenministern der Länder und den Landesjustizverwaltungen erörtert worden. Dabei hat sich bestätigt, daß gesetzestechnisch das Schwergewicht nicht bei der personenstandsund namensrechtlichen Regelung liegt; bei letzterer handelt es sich weitgehend um eine der Folgen, die sich aus der gerichtlichen Feststellung ergeben, daß eine Person künftig dem anderen Geschlecht zuzurechnen ist. Der auf Grund der Gespräche mit den Ländern überarbeitete Entwurf wird voraussichtlich im Juli 1978 mit den Bundesressorts besprochen werden. Es ist vorgesehen, ihn alsdann dem Bundeskabinett zur Beschlußfassung vorzulegen. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Luster (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 22) : Welche ein- oder mehrbuchstabige Abkürzung für den Begriff „Bundesrepublik Deutschland" beabsichtigt die Bundesregierung für den Fall, daß bei Tabellen, statistischen Zusammenstellungen und ähnlichem wegen Platzmangels jede andere Kennzeichnung der Bundesrepublik Deutschland als durdi eine solche Abkürzung ausscheidet, in ihrem Zuständigkeitsbereich zu verwenden, ihren nachgeordneten Behörden vorzuschreiben und anderen Hoheitsträgern, aber ebenso Bürgern und Verbänden zu empfehlen, nachdem sich auch die Bundesregierung gegen die Kurzform „BRD" ausgesprochen hat? Die Bundesregierung hat wiederholt, so insbesondere auch in der Antwort auf Ihre Frage vom April 1978 (vgl. Anlage 8 zu den Stenographischen Berichten über die Sitzungen des 8. Deutschen Bundestages, 84. Sitzung, S. 6651) erklärt, daß sich auch für amtliche Tabellenwerke, statistische Zusammenstellungen und dergleichen eine Form finden lassen sollte, die die Angabe der vollen Staatsbezeichnung „Bundesrepublik Deutschland" erlaubt und damit Abkürzungen überhaupt vermeidet. Sie hat weiter darauf hingewiesen, daß in den Fällen, in denen eine Kurzbezeichnung ausnahmsweise nicht zu umgehen ist, von den jeweils zuständigen Stellen von Fall zu Fall über die für ihre Zwecke geeignete Abkürzung — unter Vermeidung des Kürzels „BRD" — entschieden werden muß. Und sie hat schließlich dargelegt, daß eine einheitliche Festlegung für die staatliche Praxis daran scheitert, daß je nach dem Sachzusammenhang und im Blick auch auf internationale Gegebenheiten unterschiedliche Abkürzungen geboten sein können. Ich weise in diesem Zusammenhang ergänzend auch auf die in den Fragestunden am 12. und 26. April 1978 gegebenen Antworten hin (Stenographische Berichte, a. a. O., S. 6484 f., 6875 f.). Mit Rücksicht auf diese Auffassung, die ich erneut bestätige, hält es die Bundesregierung auch nicht für angezeigt, Hoheitsträgern außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs; Bürgern oder Verbänden eine bestimmte einheitliche Abkürzungspraxis zu empfehlen. Anlage 68 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 23 und 24) : Welche Grundsätze wird die Bundesregierung bei ihrer zukünftigen Förderung der Datenverarbeitung beachten? Wie beurteilt sie die Wirkung ihrer bisherigen Fördermaßnahmen in diesem Bereich? Zu Frage B 23: Zunächst gibt es einige zentrale Grundsätze, die natürlich auch für die künftige Förderung gelten. 1. Die Vorhaben müssen einen Beitrag zu den Zielen des 3. Datenverarbeitungsprogramms leisten. 2. Sie müssen begründete Erfolgsaussichten haben. 3. Sie sollen eine reelle Chance für eine Breitenwirkung haben. Die bisher erreichten Erfolge bei der Förderung der Datenverarbeitungsindustrie mit Basis in der Bundesrepublik Deutschland werden es in den kommenden Jahren zulassen, bei der Förderung mehr und mehr von der unmittelbaren Produktenentwidclung für den Markt abzugehen. Das Gewicht wird sich deshalb auf technologische und systemtechnische Entwicklungen verlagern. Die Datenverarbeitung kann künftig nicht mehr als eine isolierte Technik gesehen werden, sondern muß in Verbindung mit der Nachrichtentechnik und Bürotechnik einen Beitrag zu einer modernen Informationsverarbeitung leisten. Bei der Anwendungsförderung wird in Zukunft weniger die Lösung instrumenteller Probleme im Vordergrund stehen. Es wird hier vielmehr darauf ankommen, besonders im Dienstleistungssektor, der in hohem Maße von der Qualität der Informationsverarbeitung abhängig ist, Engpässe zu beseitigen und neue Leistungen zu ermöglichen. Zu Frage B 24: Ich habe am 5. Juni 1978 dem Ausschuß für Forschung und Technologie des Deutschen Bundestages einen ausführlichen Bericht über Verlauf und Erfolg der Förderung im Rahmen des 3. Datenverarbeitungsprogramms zugestellt. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7655* Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs .von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schäuble (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 25) : Hält die Bundesregierung es faß zumutbar, daß nach dem Beamtenversorgungsgesetz eine geschiedene Ehefrau eines Beamten, die bei der Ehescheidung das 50. Lebensjahr bereits überschritten hat, nach dem Tode des Beamten bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres keinen Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag hat, wenn ein Anspruch auf Versorgungsausgleich gegen die Erben des verstorbenen Beamten mangels Erbmasse nicht befriedigt werden kann, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, für Abhilfe zu sorgen? Ich gehe davon aus, daß Sie Ehescheidungen nach dem 30. Juni 1977 ansprechen, so daß die Vorschriften des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) vom 14. Juni 1976 (BGBl. I S. 1421) Anwendung finden. Nach den zivilrechtlichen Vorschriften dieses Gesetzes ist zwischen geschiedenen Ehegatten ein Versorgungsausgleich vorgesehen. In Betracht kommen ein „Wertausgleich" von Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung und ein „Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich" . Wenn der Versorgungsausgleich im Rahmen eines „Wertausgleichs" erfolgt und wegen einer Beamtenversorgung des Ehemannes vom Familiengericht nach § 1587 b Abs. 2 BGB für die geschiedene Ehefrau Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden, kommt für die geschiedene Ehefrau eine eigene Versichertenrente nach Maßgabe der rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften in Betracht, nämlich bei Kindererziehung, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Erreichen der Altersgrenze. Erfolgt der Versorgungsausgleich im Rahmen eines „schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs", ist nach § 1587 g Abs. i Satz i BGB die Entrichtung einer Geldrente durch den ausgleichspflichtigen Ehegatten an den ausgleichsberechtigten Ehegatten vorgesehen. In diesem Falle wird der geschiedenen Ehefrau eines verstorbenen Beamten oder Ruhestandsbeamten, die im Falle des Fortbestehens der Ehe Witwengeld erhalten hätte, nach Maßgabe des § 22 Abs. 2 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2485) auf Antrag ein Unterhaltsbeitrag insoweit gewährt, als sie im Zeitpunkt des Todes des Beamten oder Ruhestandsbeamten gegen diesen einen Anspruch auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach § 1587 g Abs. i Satz 1 BGB hatte. Dieser Unterhaltsbeitrag wird jedoch nur gewährt, 1. solange die geschiedene Ehefrau berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne der Reichsversicherungsordnung ist oder mindestens ein waisengeldberechtigtes Kind erzieht oder 2. wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet hat. Der Anspruch auf Geldrente im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bestimmt sich nach § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB. Es dürfte davon auszugehen sein, daß im allgemeinen, wenn diese Voraussetzungen beim Tode des ausgleichspflichtigen Ehegatten vorgelegen haben, auch die persönlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 BeamtVG erfüllt sind, so daß ein Unterhaltsbeitrag zu gewähren ist. Allerdings ist die Gewährung von beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen an die geschiedene Ehefrau eines verstorbenen Beamten oder Ruhestandsbeamten allein deshalb, weil ihr der Verstorbene Unterhalt zu leisten hatte, im Beamtenversorgungsgesetz bei Ehescheidungen nach dem 30. Juni 1977 nicht vorgesehen. Auch das Rentenrecht gewährt aus diesem Anlaß keine Leistungen. Aus der Sicht des Beamtenversorgungsrechts besteht kein Anlaß, in den Fällen der Beendigung der Ehe durch Ehescheidung über das Rentenrecht hinauszugehen. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Vohrer (FDP) (Drucksache 8/1850 Fragen B 26 und 27): Welche Schritte hat die Bundesregierung bislang unternommen, um die Ergebnisse der UNCTAD-Schuldenkonferenz mit dem angekündigten Schuldenerlaß für die ärmsten Länder der Welt nach Einzelfallprüfung auch in praktische Maßnahmen umzusetzen? Inwieweit gibt es hierbei ein internationales koordiniertes Vorgehen der Bundesregierung bei der Erarbeitung der Features? Zu Frage B 26: Die Bundesregierung hat durch ihren Delegationsleiter während der 9. Sondersitzung des UNCTAD-Rats auf Ministerebene über die Verschuldung der Entwicklungsländer am 9. März 1978 erklärt, daß sie bereit sei, zu erwägen, im Verhältnis zu den am wenigsten entwickelten Ländern auf der Grundlage der Fall-für-Fall-Prüfung öffentliche Kredite im Rahmen der finanziellen Zusammenarbeit in Zuschüsse umzuwandeln. Gegenwärtig prüft die Bundesregierung, welche Länder für eine solche Aktion in Frage kommen. Zu Frage B 27: Bei dem angekündigten Schuldenerlaß im Rahmen der von den Entwicklungsländern geforderten nachträglichen Konditionenanpassung handelt die Bundesregierung parallel mit anderen Hilfegebern wie der Schweiz, Kanada, Schweden und Finnland. Im übrigen beteiligt sie sich intensiv an den Arbeiten zu koordinierten Regeln für alle Hilfegeber. Dazu wird vom 2. bis 10. Oktober 1978 in Genf im Rahmen der UNCTAD eine Regierungsexpertengruppe zusammentreten. Die Aufgabe dieser Gruppe ist durch die UNCTAD-Entschließung TD/B/L 501 vom 10. März 1978 definiert worden. Sie besteht darin, auf Grundlage der in der Entschließung beschriebenen Grundprinzipien sogenannte Features für Umschuldungsmaßnahmen in akuten Fällen und für Maßnahmen für Länder, die sich in strukturellen Entwicklungsschwierigkeiten befinden, ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten. Dieses Konzept soll der UNCTAD V, die im Frühjahr 1979 stattfinden wird, vorgelegt werden. 7656* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Holtz (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen B 28 und 29) : Teilt die Bundesregierung die in Empfehlung 833 der Parlamentarischen Versammlung des Europarates betreffend die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten des Europarates gegen internationale Steuerumgehung und -hinterziehung zum Ausdruck gebrachte Auffassung, daß die gegenwärtige Art und Weise der Zusammenarbeit auf diesem Gebiet in Europa ungenügend ist und daher eine Konvention erarbeitet werden sollte, die die Gebiete der direkten und indirekten Steuern sowie der Sozialabgaben umfaßt und die in § 10 der Empfehlung aufgeführten Maßnahmen ermöglicht, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Stimmt die Bundesregierung der Empfehlung 833 darin zu, daß geeignete internationale Maßnahmen getroffen werden sollten, um es Firmen und Privatpersonen zu erschweren, sich der europäischen und außereuropäischen Steueroasen zur Steuerumgehung zu bedienen, und gedenkt sie, in dieser Hinsicht im Europarat oder in einem anderen geeigneten Rahmen initiativ zu werden — bzw. vorhandene Initiativen zu unterstützen? Zu Frage B 28: Die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten des Europarates gegen die internationale Steuerhinterziehung weiter zu verbessern ist. Zu diesem Zwecke hat der Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft — nicht zuletzt auf deutsche Anregung — eine Richtlinie über die Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiete der direkten Steuern verabschiedet. Diese Richtlinie soll in Kürze auch auf wichtige indirekte Steuern (Mehrwertsteuer) erstreckt werden. Die Bundesregierung strebt ferner an, die Zusammenarbeit mit Ländern, die dem Europarat, nicht aber der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft angehören, auf Grund bestehender Rechtshilfevereinbarungen zu verbessern und die Rechtsgrundlagen auszubauen. Eine Konvention zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates würde diese Bemühungen unterstützen und wird deshalb von der Bundesregierung begrüßt. Die Erfahrungen weisen aber darauf hin, daß die noch bestehenden Lücken in der Zusammenarbeit wahrscheinlich durch bilaterale 'Maßnahmen oder durch geeignete Maßnahmen innerhalb der EG schneller und wirksamer geschlossen werden können. Die Bundesregierung hält auch eine bessere Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Sozialabgaben für notwendig. Die Bemühungen hierzu müssen aber gesondert von den Bemühungen um die steuerliche Zusammenarbeit vorangetrieben werden. Wichtige Schritte sind in dieser Hinsicht bereits getan worden. Nach einem im Rahmen des Europarates ausgearbeiteten Europäischen Abkommens über Soziale Sicherheit können Beiträge in allen Zweigen der Sozialen Sicherheit, die dem Träger eines Vertragstaates geschuldet werden, im Gebiet eines anderen Vertragstaates nach dem Verwaltungsverfahren und mit den Sicherungen und Vorrechten eingezogen werden, die für die Einziehung der einem entsprechenden Träger dieses Vertragstaates geschuldeten Beträge gelten (Art. 69 Abs. 2 des Abkommens). Die Anwendung dieser Bestimmung hängt allerdings vom Abschluß entsprechender zwei- oder mehrseitiger Vereinbarungen zwischen den Vertragstaaten dieses Europäischen Abkommens ab, die sich auch auf das entsprechende gerichtliche Verfahren beziehen können. Solche Vereinbarungen bestehen bereits im Verhältnis zu mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft; sie sind ferner im Rahmen zweiseitiger Abkommen über Soziale Sicherheit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden weiteren Mitgliedstaaten des Europarates wirksam: Griechenland, Osterreich, Portugal, Schweden und Spanien. Zu Frage B 29: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Nutzung europäischer und außereuropäischer Steueroasen zur Steuerumgehung erschwert werden sollte. Auch diese Frage wird im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft untersucht. Entscheidende Schwierigkeit ist, daß die Nutzung der Steueroasen letztlich nur durch die Steueroasenländer selbst entscheidend eingeengt werden kann. Nach den bisherigen Erfahrungen sind diese Länder jedoch zu der dazu notwendigen Zusammenarbeit nicht bereit. Die Bundesregierung würde jede Initiative in der parlamentarischen Versammlung des Europarates begrüßen, die auf diesem Gebiet Fortschritte bringt und eine abgestimmte Haltung der Mitglieder des Europarates herbeiführt. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Coppik (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage B 30) : Warum sind „nicht-ärztliche" Psychotherapeuten seit dem 1. Januar 1978 umsatzsteuerpflichtig? Die von Ihnen aufgeworfene Frage ist mit den obersten Finanzbehörden der Länder eingehend erörtert worden. Die Erörterung führte zu dem Ergebnis, daß die psychotherapeutische Tätigkeit nur dann nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit ist, wenn sie im Rahmen einer Tätigkeit als Arzt oder Heilpraktiker ausgeübt wird. Für diese Enscheidung waren folgende Überlegungen maßgebend: Nach § 4 Nr. 14 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Dentist, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. i Ziff. 1 EStG steuerfrei. Die Psychotherapeuten sind in der Vorschrift nicht genannt. Sie können daher nur dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn sie Umsätze aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit wie die in der Vorschrift ausdrücklich genannten Berufe erbringen. Hierzu hat der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß ein Beruf als ähnlich anzuerkennen ist, wenn er in wesentlichen Merkmalen mit einem der im Gesetz genannten Berufe verglichen werden kann, wobei es nicht ausreicht, daß die zu beurteiLende Tätigkeit als Ausübung der Heilkunde zu Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7657* qualifizieren ist (Urteil vom 25. März 1977, BStBl. II S. 579 mit weiteren Nachweisen). Zur Anerkennung der Ähnlichkeit verlangt der BFH, daß der Beruf die typischen Merkmale des Vergleichsberufs aufweist. Als typisches und damit wesentliches Merkmal der im Gesetz aufgezählten Berufe stellt der BFH die Abhängigkeit der Berufsausübung von einer staatlichen Erlaubnis oder die Bindung an öffentlich-rechtliche Einschränkungen heraus. Nach diesen Grundsätzen hat der BFH z. B. bei medizinischen Fußpflegern und klinischen Chemikern die Berufsähnlichkeit verneint und damit die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG versagt. Nach den dargelegten rechtlichen Anforderungen ist der Beruf des nichtärztlichen Psychotherapeuten weder dem Beruf des Arztes noch einem anderen in § 4 Nr. 14 UStG genannten Beruf ähnlich. Zwar kann die Tätigkeit des Psychotherapeuten wie bei den in § 4 Nr. 14 UStG genannten Berufen als Ausübung der Heilkunde angesehen werden. Die Vergleichbarkeit der Tätigkeiten genügt aber nach der Rechtsprechung des BFH zur Anerkennung der Berufsähnlichkeit nicht. Hierzu wären auch die Ähnlichkeit der Ausbildung und die Ähnlichkeit der Bedingungen erforderlich, an die das Gesetz die Ausübung des zu vergleichenden Berufs knüpft. Eine berufsrechtliche Regelung für nichtärztliche Psychotherapeuten gibt es aber zur Zeit noch nicht. Im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit wird eine solche Berufsordnung zur Zeit allerdings vorbereitet. Durch diese bevorstehende berufsrechtliche Regelung wird gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen werden, die Tätigkeit derjenigen nichtärztlichen Psychotherapeuten, die die in der Berufsordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllen, von der Umsatzsteuer freizustellen. Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 31 und 32): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß der am 31. Dezember 1976 dem Rat zugeleitete Richtlinienvorschlag (Artikel 1) über die Freigrenze für Reisemitbringsel im innergemeinschaftlichen Verkehr (200 ERE) inzwischen überholt ist, und wenn ja, wäre sie bereit, darauf hinzuwirken, daß eine kräftige Erhöhung der Freibeträge im Interesse der europäischen Bürger vorgenommen wird? Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß angesichts der Preissteigerungen und Wechselkursänderungen endlich ein großzügiger festgesetzter Freibetrag zugrunde gelegt wird, damit auch der interne Warenverkehr innerhalb der Gemeinschaft durch persönliche Einkäufe gefördert wird? Die im Richtlinienvorschlag der Kommission vorgesehene Anhebung der Steuerfreigrenze auf 200 Europäische Rechnungseinheiten würde für die Bundesrepublik die Freigrenze von gegenwärtig 460 DM auf etwa 520 DM erhöhen. Für die übrigen, insbesondere die währungsschwachen EG-Mitgliedstaaten ergäbe sich eine weit stärkere Anhebung der Freigrenzen. Z. B. würde für Italien der Freibetrag mehr als verdoppelt werden. Bei der Beratung des Kornmissionsentwurfs auf Expertenebene haben bereits einige Mitgliedstaaten einen Vorbehalt gegen die geplante Erhöhung eingelegt. Schon wegen dieser währungspolitisch bedingten Auswirkungen dürfte daher eine über den Vorschlag der Kommission erheblich hinausgehende Anhebung der Steuerfreigrenze zur Zeit innerhalb der Gemeinschaft nicht durchzusetzen sein. Es darf ferner nicht verkannt werden, daß durch die Reisefreibeträge — d. h. die Gewährung einer Steuerbefreiung im Einfuhrland und ein entsprechendes Steuerentlastungsverbot im Ausfuhrland — die Steuergrenzen innerhalb der Gemeinschaft partiell aufgehoben werden. Eine zu großzügige Festsetzung der Reisefreigrenzen könnte daher, solange die Steuersätze in der Gemeinschaft noch nicht harmonisiert sind, zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Je höher die Freibeträge festgesetzt werden, desto stärker werden sich die Verzerrungen, und zwar zu Lasten der Mitgliedstaaten mit den höchsten Steuersätzen, auswirken. Die von der Kommission vorgeschlagenen 200 Europäischen Rechnungseinheiten erscheinen unter diesen Umständen zur Zeit als eine realistische Kompromißlösung. Die Bundesregierung wird daher diesen Vorschlag unterstützen. Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Glos (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 33 und 34) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß mittelständische Unternehmen im Bereich der Bauwirtschaft oft große Verluste erleiden, weil das geltende Recht zwar dem Käufer einen ausreichenden Schutz bietet und die Großbanken durch dingliche Absicherung der Kredite gesichert sind, beim mittelständischen Handwerker aber der Schutz des Paragraphen 648 BGB nicht wirksam wird, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, die bereits bestehende Makler- und Bauträgerverordnung dahin gehend zu ändern, daß auch mittelständischen Baubetrieben die notwendige Sicherheit gegenüber Bauträgerfirmen gewährleistet wird und ist die Bundesregierung dazu bereit? Zu Frage B 33: Der Bundesregierung ist bekannt, daß Bau- und Ausbauhandwerker sowie Baustoff-Lieferanten bei Zahlungsschwierigkeiten ihres Auftraggebers trotz der Schutzvorschrift des § 648 BGB Verluste erleiden können. Ob allerdings diese Verluste in der gegenwärtig günstigen Lage der Bauwirtschaft beträchtlich ins Gewicht fallen, erscheint fraglich. Der Bundesregierung liegen zwar keine verläßlichen statistischen Unterlagen hierzu vor (aus der Insolvenzstatistik z. B. lassen sich keine entsprechenden Aussagen ableiten). Das von Ihnen angesprochene Problem dürfte aber zur Zeit weniger gravierend sein, als noch vor zwei oder drei Jahren. Die Bauwirtschaft hat in den letzten Monaten nach allen hier vorliegenden Berichten und statistischen Unterlagen eine insgesamt erfreuliche Entwicklung verzeichnen können. Diese Entwicklung ist im Bereich der kleineren Handwerksbetriebe in ländlichen Re- 7658* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode 96. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 gionen noch ausgeprägter verlaufen als in mittleren und großen Unternehmen des Baugewerbes. Auch nach eigenen Aussagen aus der Bauwirtschaft ist zur Zeit die Auftragslage befriedigend bis gut. Zu den rechtlichen Ursachen von Insolvenzverlusten im Bereich der Bauwirtschaft hat die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage des Herrn Kollegen Immer (Anlage 25 zum Bericht über die 76. Sitzung des 8. Deutschen Bundestages vom 24. Februar 1978, Seite 6045), die im wesentlichen die gleiche Problematik betraf, dargelegt, daß in zahlreichen Konkursen die vorhandene Vermögensmasse durch Aus- oder Absonderungsrechte vorrangiger Dritter aufgezehrt werde. Wie die Bundesregierung in dieser Antwort weiter ausgeführt hat, kann die unbefriedigende Lage des Insolvenzwesens nur dadurch gebessert werden, daß die Vorrechte im Konkurs zurückgedrängt werden und dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger wieder mehr Geltung verschafft wird. Die in der Antwort erwähnte Kommission für Insolvenzrecht, die eine Reform der Konkurs- und Vergleichsordnung vorbereiten soll, hat ihre Arbeit inzwischen aufgenommen. Zu Frage B 34: Die Bundesregierung hält eine Änderung der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) nicht für erforderlich, da Ihrem Anliegen schon jetzt Rechnung getragen wird. Zweck der MaBV ist es, Mißstände u. a. auf dem Bauträgersektor zu beseitigen. Der Verordnungsgeber hatte hierbei zwar in erster Linie eine Verbesserung des Verbraucherschutzes im Sinne, gleichermaßen wurde aber auch die Position des Bauhandwerkers verbessert. Nach § 3 Abs. 1 MaBV darf der Bauträger Vermögenswerte des Auftraggebers (Käufers) erst entgegennehmen, wenn der Vertrag rechtswirksam ist, eine Auflassungsvormerkung zumindest beantragt, das Vertragsobjekt von Globalbelastungen freigestellt und die Baugenehmigung erteilt worden ist. Die Zahlungen des Auftraggebers richten sich nach Baufortschritt und dürfen bestimmte, in § 3 Abs. 2 MaBV niedergelegte Höchstsätze nicht überschreiten. Der Bauträger wird durch diese Regelung zur Vorleistung verpflichtet und dem Auftraggeber wächst eine Anwartschaft auf das Bauobjekt zu, die wertmäßig in etwa seinen darin investierten Abschlagszahlungen entspricht. Dieses Verhältnis könnte gestört werden, wenn der Bauträger frei über die Abschlagszahlungen verfügen dürfte, die anstehenden Bauhandwerkerrechnungen nicht begleichen und dadurch möglicherweise die Fertigstellung des Bauvorhabens gefährden würde, so daß der Auftraggeber schlimmstenfalls nur noch eine Anwartschaft auf eine Bauruine mit dem sich hieraus ergebenden Minderwert hätte. Dies soll durch § 4 Abs. 1 Nr. 2 MaBV verhindert werden, wonach der Bauträger Vermögenswerte des Auftraggebers nur zur Vorbereitung und Durchführung des Bauvorhabens verwenden darf, auf das sich der Auftrag bezieht; er muß sie also objektbezogen, d. h. zur Begleichung von Forderungen von Bauunternehmern, Bauhandwerkern usw., verwenden. Dadurch wird dieser Personenkreis ausreichend vor Verlusten geschützt. Die Einhaltung u. a. dieser Bestimmungen ist Gegenstand der jährlich durchzuführenden Pflichtprüfung gem. § 16 MaBV. Etwaige Verstöße des Gewerbetreibenden gegen die Vorschriften der MaBV sind in dem der zuständigen Behörde einzureichenden Prüfungsbericht aufzuzeigen. Sofern der Bericht entsprechende Hinweise enthält, hat die Behörde auf Grund der von den obersten Landeswirtschaftsbehörden erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum § 34 c der Gewerbeordnung und zur Makler- und Bauträgerverordnung den Gewerbetreibenden anzuhalten, Verstöße künftig zu unterlassen. Bei schwerwiegenden Verstößen hat sie zu prüfen, ob eine Rücknahme der Erlaubnis nach § 53 GewO geboten ist. Im übrigen können Zuwiderhandlungen des Gewerbetreibenden gegen ,die MaBV als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu DM 5 000 geahndet werden (§ 18 MaBV i. V. m. § 144 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 GewO). Anlage 75 Antwort des Parl Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 35 und 36) : Welche Gründe sprechen dafür, daß die Ausbildungsfreibeträge für Kinder über 18 Jahre im Jahr der Vollendung des 18. Lebensjahres für das ganze Jahr gekürzt werden, während bei Wegfall der Freibetragsvoraussetzungen aus sonstigen Gründen eine zeitanteilige Kürzung erfolgt? Beabsichtigt die Bundesregierung, an der jetzigen Regelung festzuhalten oder dem Deutschen Bundestag gegebenenfalls Änderungsvorschläge zu unterbreiten? Zu Frage B 35: Nach § 33 a Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) können die Ausbildungsfreibeträge von 2 400 DM und 4 200 DM nur gewährt werden, wenn das Kind zu Beginn des Kalenderjahres das 18. Lebensjahr vollendet hat. Diese auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses eingeführte Regelung ist der Vorschrift über die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von über 18 Jahre alten Kindern nachgebildet. Sie dient außerdem der Vereinfachung des Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahrens. Zu Frage B 36: In ihrer Gesetzesvorlage zum Steueränderungsgesetz 1978, die am 2. Juni 1978 dem Bundesrat zugeleitet worden ist, schlägt die Bundesregierung eine Änderung des § 33 a Abs. 2 EStG dahin gehend vor, daß die betreffenden Ausbildungsfreibeträge für Kinder, die im Laufe des Kalenderjahres 18 Jahre alt werden, zeitanteilig gewährt werden können. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Büchner (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen B 37, 38 und 39) : Welche konkreten Vorschläge hat die Landesregierung von Rheinland-Pfalz im Zusammenhang mit der Sanierung des Konzerns der VFW-Fokker und der Erhaltung des Werkes Speyer der Bundesregierung unterbreitet? Welches Ergebnis haben die Bemühungen der Bundesregierung gehabt, die Landesregierung von Rheinland-Pfalz nach dem Beispiel der Bundesländer Bremen und Niedersachsen zu einem Engagement zugunsten des Konzerns VFW-Fokker zu gewinnen? In welcher Höhe sind bisher Mittel aus den Bundeshaushalten an VFW-Fokker gegeben worden? Zu Frage B 37: Der Bund und die Länder Bremen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz hatten das Unternehmen VFW-Fokker zur Vorlage eines Unternehmenskonzeptes aufgefordert, das auf Beseitigung von Verlustquellen, Rationalisierung der Betriebsstättenstruktur und Wiedergewinnung der Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet sein sollte. Der daraufhin von der Geschäftsführung von VFW-Fokker unterbreitete Unternehmensplan wurde vom Bund sowie Bremen und Niedersachsen als Grundlage für die Gewährung von Sanierungshilfen akzeptiert, von Rheinland-Pfalz jedoch abgelehnt. Zu Frage B 38: Die Bundesregierung hat die Landesregierung von Rheinland-Pfalz mehrfach aufgefordert, sich mit den Ländern Bremen und Niedersachsen an den gemeinsam beratenen Sanierungshilfen für VFW- Fokker zu beteiligen, um den ohne diese Hilfen unvermeidlichen Konkurs des Gesamtunternehmens zu verhindern. Der Konkurs hätte mit großer Wahrscheinlichkeit zum Verlust aller ca. 1 000 Arbeitsplätze in Speyer geführt. Insbesondere ging es um die Beteiligung an einer langfristigen Bürgschaft der öffentlichen Hände von maximal 150 Millionen DM zur Sicherstellung der Liquidität. Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat sich gegen eine Beteiligung entschieden, weil sich das Unternehmen nicht in der Lage sah, in seiner Unternehmensplanung auf einen Abbau von Personal in Speyer zu verzichten. Ein solcher Personalabbau war in der Planung des Unternehmens auch für andere Werke vorgesehen, wenn auch in geringerer prozentualer Größenordnung. Zu Frage B 39: Mittel aus den Bundeshaushalten fließen VFW- Fokker in erster Linie in Form von Auftragsentgelten für wehrtechnische Aufträge zu. Soweit es um Zuschüsse oder Garantien geht, hat der Bund bisher folgende Hilfen direkt — oder indirekt über die Deutsche Airbus GmbH - zugunsten von VFW-Fokker bereitgestellt oder verbindlich zugesagt: a) Entwicklungskostenzuschüsse ca. 800 Mio. DM b) Vermarktungshilfen 126 Mio. DM c) Zahlung auf Grund Serienbürgschaft für VFW-614 und Zuschüsse zur Verlustabdeckung aus Abbruch VFW-614 max. 342 Mio. DM d) Bürgschaftsobligen (Airbusserie und Sanierungshilfe) ca. max. 650 Mio. DM Die Leistungen unter c) sind vom Unternehmen aus Jahresüberschüssen bedingt zurückzuzahlen. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Daweke (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 40 und 41): Kann die Bundesregierung Meldungen der Lippischen Landeszeitung sowie der Lippischen Rundschau vom 19. Mai 1978 bestätigen, wonach im „Planungsausschuß für regionale Wirtschaftsstruktur„ beabsichtigt ist, 16 sogenannte C-Schwerpunktorte abzustufen? Falls ja, kann die Bundesregierung die in der gleichen Meldung geäußerte Auffassung bestätigen, wonach u. U. die Stadt Lemgo von der beabsichtigten Änderung betroffen wird und künftig A- bzw. B-Schwerpunkt sein wird? Der Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" hat bei seinen Eckwertbeschlüssen vom 12. Dezember 1977 zum 7. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe entschieden, daß insgesamt 16 bisherige C-Schwerpunktorte mit einer Förderpräferenz von 15 % zu B-Schwerpunktorten bzw. A-Schwerpunktorten mit einer Förderpräferenz von 20 % bzw. 25 % aufgestuft werden können. Die Meldungen der Lippischen Landeszeitung und der Lippischen Rundschau vom 19. Mai 1978 sind insoweit zutreffend. In seiner Anmeldung zum 7. Rahmenplan hat das Land Nordrhein-Westfalen vorgeschlagen, im Regionalen Aktionsprogramm „Ostwestfalen—Oberbergisches Land" die Förderpräferenz für die Stadt Lemgo auf 20 % (A-Schwerpunktort) aufzustufen. Der Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe wird am 8. Juni 1978 über den 7. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe Beschluß fassen. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Planungsausschuß dem Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen zustimmt und die Stadt Lemgo mit dem 7. Rahmenplan A-Schwerpunktort wird. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 42 und 43) : 7660* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Kreis Heinsberg als solcher Arbeitslosendaten hat, die (28. Februar 1978) rund 30 v. H. über dem Bundesdurchschnitt und 25 v. H. über dem Landesdurchschnitt liegen, je Kopf der Bevölkerung eines der geringsten Beträge des Bruttoinlandsprodukts (1975 den geringsten Wert) aller Kreise und kreisfreien Städte im Lande Nordrhein-Westfalen hat, er als Ganzes die Förderschwelle für die Gemeinschaftsaufgabe weit überschreiten würde und er die Daten der Region Mönchengladbach so nach unten gedrückt hat, daß diese Region die Förderschwelle um 19 v. H. übersteigt? Wie könnte die Bundesregierung die Nichtaufnahme der Arbeitsmarktregion Mönchengladbach in den 7. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe und damit auch die Nichtaufnahme des größten Teil des Kreises Heinsberg rechtfertigen, wenn gleichzeitig Regionen mit erheblich besseren Wirtschaftsdaten nur mit der Begründung der Besitzstandswahrung in der Förderung verbleiben? Zu Frage B 42: Der Bundesregierung sind die in Frage 42 genannten Daten durchaus bekannt. Die Bundesregierung weist jedoch darauf hin, daß der Kreis Heinsberg kein eigenständiger regionaler Arbeitsmarkt der Gemeinschaftsaufgabe ist, sondern teilweise dem regionalen Arbeitsmarkt Aachen und teilweise dem regionalen Arbeitsmarkt Mönchengladbach zugeordnet ist. Bei einer Ausgliederung wirtschaftsschwacher Teilräume von regionalen Arbeitsmärkten würden in der Bundesrepublik eine ganze Reihe von Teilgebieten Fördergebiete der Gemeinschaftsaufgabe werden. Im übrigen wird der Kreis Heins-berg, soweit er Teil der Arbeitsmarktregion Aachen ist, als Fördergebiet in den 7. Rahmenplan aufgenommen. Es kann davon ausgegangen werden, daß die Förderung von Investitionsvorhaben und die Schaffung neuer Dauerarbeitsplätze in dem der Arbeitsmarktregion Aachen zugehörigen Kreisgebiet angesichts der geringen räumlichen Entfernungen nicht ohne Auswirkungen auf den übrigen Kreisteil bleiben wird und somit in seiner Wirkung einer Förderung des gesamten Kreises Heinsberg ziemlich nahekommen dürfte. Frage B 43: Nach einer intensiven Prüfung des neuen Datenmaterials für die Kriterien der Fördergebietsabgrenzung kam der Planungsausschuß am 12. Dezember 1977 zum Ergebnis, daß diese Datenbasis mit zu großen Unsicherheiten behaftet ist und daher eine umfassende Neuabgrenzung der Fördergebiete auf dieser Grundlage nicht vorgenommen werden kann. Da aber bei besonders gravierenden Datenänderungen in bisherigen Nichtfördergebieten vermutet werden muß, daß hier neue Problemregionen entstanden sind, hat der Planungsausschuß am 12. Dezember 1977 einer Übergangslösung in Form einer eng begrenzten und zeitlich befristeten Fördergebietsausdehnung zugestimmt. Die neuen Fördergebiete wurden einheitlich unter Zugrundelegung einer Unsicherheitsmarge des neueren Datenmaterials von mindestens 25 °/o aus der Gesamtzahl der bisherigen Nichtfördergebiete ausgewählt. Auf der Grundlage eines mit großen Unsicherheiten behafteten Datenmaterials erschien eine gleichzeitige Entlastung von Regionen aus der Förderung nicht gerechtfertigt, zumal sich die Lage dieser Regionen in der Regel absolut kaum verbessert oder gar verschlechtert hat gegenüber dem Zeitpunkt der Aufnahme als Fördergebiet. Insofern ist es nicht berechtigt, von Besitzstandswahrung bisheriger Fördergebiete zu sprechen. Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Feinendegen (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 44): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Region Mönchengladbach bereits bei den Datenreihen vergangener Jahre die Förderschwelle der Gemeinschaftsaufgabe jeweils nur knapp verfehlt hat, und wie würde sich damit ein Beschluß des Planungsausschusses vertragen, jetzt, nachdem die Region infolge Verschlechterung der Wirtschaftslage nach den objektiven bundeseinheitlichen Daten die Förderschwelle um 19 v. H. überschritten hat, sie in die Förderung des 7. Rahmenplanes dennoch nicht aufzunehmen, weil diese Daten plötzlich nicht mehr angewandt werden sollen, sondern statt dessen das Prinzip der Besitzstandswahrung vorrangig gelten soll? - Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Arbeitsmarktregion Mönchengladbach bei der letzten Neuabgrenzung mit einer Gesamtmeßziffer von 231 nicht allzu weit von dem für die Aufnahme als Fördergebiet maßgeblichen Schwellenwert von 250 entfernt war. Eine Reihe von Regionen lag allerdings noch näher am Schwellenwert. Der Planungsausschuß für regionale Wirtschaftsstruktur ist am 12. Dezember 1977 nach einer intensiven Prüfung des neueren Datenmaterials für die Kriterien der Fördergebietsabgrenzung zum Ergebnis gelangt, daß diese Datenbasis mit zu großen Unsicherheiten behaftet ist und daher eine umfassende Neuabgrenzung der Fördergebiete nicht vorgenommen werden kann. Da aber bei besonders gravierenden Datenänderungen in bisherigen Nichtfördergebieten vermutet werden muß, daß hier neue Problemregionen entstanden sind, hat der Planungsausschuß einer Übergangslösung in Form einer eng begrenzten und zeitlich befristeten Fördergebietsausdehnung zugestimmt. Die neuen Fördergebiete wurden einheitlich unter Zugrundelegung einer als realistisch angesehenen Unsicherheitsmarge des neueren Datenmaterials von mindestens 25 % ausgewählt. Ein alternatives Modell, das von einer Unsicherheitsmarge von mindestens 15 % ausging, wurde vom Planungsausschuß am 12. Dezember 1977 abgelehnt, da die Fehlermarge des neueren Datenmaterials höher eingeschätzt wurde und außerdem die damit verbundene Fördergebietsausdehnung als unvertretbar angesehen wurde. Eine Entlassung von Regionen aus der Förderung auf der Basis eines mit so großen Unsicherheiten behafteten Datenmaterials, die im Einzelfall über eine Fehlermarge von 25 % hinausgehen können, erschien nicht gerechtfertigt. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Regionen in der Regel heute absolut schlechter dastehen als zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme als Fördergebiet. Die Bundesregierung hält daher den Vorwurf der Besitzstandswahrung bisheriger Fördergebiete für ungerechtfertigt. Anlage 80 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 45): Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7661* Treffen die Angaben in der Neuen Zürcher Zeitung vom 24. Januar 1978 zu, wonach nach dem Stande vom März 1977 von insgesamt 1 505 in FAO-Projekten eingesetzten Experten nur 33 aus der Bundesrepublik Deutschland kamen (dagegen 206 aus Großbritannien, 117 aus Frankreich, 78 aus Belgien, 64 aus den Niederlanden und 34 aus Dänemark), und was gedenkt die Bundesregierung zutreffendenfalls zu tun, um den deutschen personellen Anteil entsprechend ihrem hohen finanziellen Beitrag anzuheben? Nach den letzten Personalstandsberichten der FAO (Stand: November 1977) ergibt die Repräsentanz deutscher Experten in FAO-Projekten folgendes Bild: Die Finanzierung der Experten in FAO-Projekten erfolgt fast ausschließlich aus außerbudgetären Mitteln. Von den insgesamt 1 666 — aus außerbudgetären Mitteln finanzierten — FAO-Bediensteten, die in den FAO-Projekten und in den FAO-Regionalbüros tätig sind, entfallen 90 auf die Bundesrepublik Deutschland. Damit ist gleichwohl eine ausreichende Repräsentanz deutschen Personals noch nicht erreicht. Mit diesem generellen Problem, d. h. mit den Gründen der unterproportionalen personellen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in internationalen Organisationen — insbesondere den Vereinten Nationen — sowie mit Maßnahmen, die getroffen werden können, um den deutschen Personalanteil zu vergrößern, setzt sich der „Bericht der Bundesregierung über deutsches Personal in internationalen Organisationen" auseinander. Dieser Bericht wurde am 26. April 1978 dem Auswärtigen Ausschuß unterbreitet. Am 10. Mai 1978 haben sich alle drei Fraktionen auf eine gemeinsame Beschlußempfehlung an das Plenum des Deutschen Bundestages verständigt, in der die Verwirklichung der Verbesserungsvorschläge der Bundesregierung noch im Jahre 1979 gefordert wird. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Bundestagsdrucksache 8/1806 vom 16. Mai 1978. Anlage 81 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 46): Ist die Bundesregierung bereit, die Schwierigkeiten, die nach § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (I SGB) für die Leistung von Amtshilfe der Sozialleistungsträger gegenüber Strafverfolgungsbehörden entstanden sind, durch gesetzgeberische Maßnahmen zu beheben? Die Bundesregierung ist bereit, mitzuwirken, die Schwierigkeiten, die sich bei der Anwendung von § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (I SGB), insbesondere bei der Strafverfolgung, ergeben haben, durch die Erstellung einer Neufassung der genannten Vorschrift zu beheben. Eine erste Ressortbesprechung hat im Mai 1978 stattgefunden, eine weitere wird alsbald folgen. Anlage 82 Anwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hasinger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 47 und 48) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die in die Diskussion gekommene Verschiebung der Sozialwahlen um ein Jahr eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts der Versicherten bedeuten würde, und wird sie deshalb eine diesbezügliche Initiative zur Änderung der derzeitigen Rechtslage ablehnen? Beabsichtigt die Bundesregierung, Änderungen des bewährten Wahlverfahrens zu den Sozialwahlen dem Bundesgesetzgeber vorzuschlagen oder durch Verordnung vorzunehmen und gegebenenfalls welche? Zu Frage B 47: Die Bundesregierung teilt die in Ihrer Frage dargelegte Auffassung nicht. Wenn der Gesetzgeber die Amtsperiode der derzeitigen in freier Wahl gewählten Organmitglieder um ein Jahr verlängern sollte, kann darin kaum eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts der Versicherten gesehen werden. Die Bundesregierung wird die vorliegenden Vorschläge zur Verlegung der nächsten allgemeinen Wahlen sorgfältig prüfen. Sie kann erst nach Abschluß dieser Prüfung entscheiden, ob sie dem Bundestag einen entsprechenden Gesetzesvorschlag machen wird. Der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände haben der Bundesregierung am 4. April 1978 gemeinsam Vorschläge zur Verbesserung des derzeitigen Wahlrechts gemacht. Weitere Vorschläge wurden von den Verbänden der Sozialversicherungsträger vorgelegt. Diese Vorschläge stimmen weitgehend mit den Vorschlägen der Wahlbeauftragten in ihrem Schlußbericht über die allgemeinen Wahlen in der Sozialversicherung im Jahre 1974 und den Überlegungen in dem Bericht der Bundesregierung zu Fragen der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung vom 3. November 1975 (Bundestagsdrucksache 7/4244) überein. Zu Frage B 48: Die Prüfung, ob und welche Gesetzesänderungen die Bundesregierung dem Bundestag vorschlagen wird, ist noch nicht abgeschlossen. Anlage 83 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Krockert (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage B 49): Gedenkt die Bundesregierung auf dem Verordnungswege die unbefristete Arbeitserlaubnis für ausländische Arbeitnehmer bereits nach acht Jahren — beziehungsweise bei noch früher erworbener Aufenthaltsberechtigung auch zu diesem früheren Zeitpunkt — zu ermöglichen, und wann wird eine entsprechende Änderung der Arbeitserlaubnisverordnung in Kraft treten? Nach einem Vorschlag der Bund-Länder-Kommission zur Fortentwicklung einer umfassenden Konzeption der Ausländerbeschäftigungspolitik soll ausländischen Arbeitnehmern künftig nach einem achtjährigen ununterbrochenen und rechtmäßigen Arbeitsaufenthalt eine unbefristete Arbeitserlaubnis erteilt werden. Ein entsprechender Verordnungsentwurf zur Änderung der Arbeitserlaubnisverordnung ist mit den beteiligten Bundesressorts, den 7662* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Bundesländern und der Bundesanstalt für Arbeit bereits abgestimmt. Wegen des engen Zusammenhangs ist beabsichtigt, die Änderung der Arbeitserlaubnisverordnung gleichzeitig mit der Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ausländergesetzes, durch die der aufenthaltsrechtliche Status ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen verbessert wird, in Kraft zu setzen. Mit dem Inkrafttreten der Verwaltungsvorschrift ist nach der gegenwärtigen Zeitplanung am 1. Oktober 1978 zu rechnen. Es ist nicht vorgesehen, ausländischen Arbeitnehmern, denen die Aufenthaltsberechtigung ausnahmsweise schon vor Ablauf von acht Jahren erteilt wird, eine unbefristete Arbeitserlaubnis zu erteilen. Diese Arbeitnehmer haben aber auch künftig nach einem fünfjährigen ununterbrochenen und rechtmäßigen Arbeitsaufenthalt einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Arbeitserlaubnis mit fünfjähriger Geltungsdauer. Anlage 84 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Voigt (Frankfurt) (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage B 50) Ist der Bundesregierung die Studie des Frankfurter Deutschen Gewerkschaftsbundes bekannt, die eine erhebliche Dunkelziffer bei der statistischen Erfassung von jugendlichen Arbeitslosen (siehe u. a. Meldung der Frankfurter Rundschau vom 30. Mai 1978) feststellt, und wenn, welche Konsequenzen beabsichtigt die Bundesregierung daraus für ihre statistischen Untersuchungen und für weitere Maßnahmen mit dem Ziel der Verringerung der Zahl arbeitsloser Jugendlicher zu ziehen? Der Bundesregierung ist die Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes bisher lediglich aus Pressemitteilungen bekannt. Soweit der Inhalt dieser Studie aus der Meldung der Frankfurter Rundschau vom 30. Mai 1978 zu entnehmen ist, kann bereits jetzt folgendes bemerkt werden: Die Bemühungen der Arbeitsämter, die von sozialpädagogischen Maßnahmen wirkungsvoll unterstützt werden, waren in den letzten Jahren gerade auch auf die Gruppe der Jugendlichen hin ausgerichtet. Dies dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, daß sich die Arbeitslosenquote der Jugendlichen während der ganzen Rezession am Arbeitsmarkt etwa im Rahmen der Gesamtarbeitslosenquote hielt und derzeit mit 3,3 % sogar deutlich darunter liegt. Insbesondere durch die Berufsberatung der Arbeitsämter in den allgemeinbildenden Schulen werden praktisch alle Schulabgänger rechtzeitig vor dem Schulentlaßtermin angesprochen. Das System unserer Berufsberatung stellt es den Jugendlichen frei, sich beim Arbeitsamt zu melden. Dies bedeutet, daß sich eine Reihe von Jugendlichen nicht meldet. Für die über 18jährigen Jugendlichen ohne Beschäftigung besteht allerdings ein besonderer Anreiz zur Meldung beim Arbeitsamt, weil nur dann Kindergeld gezahlt werden kann. Die Berufsberatungsstatistik gibt keine Auskunft zur Arbeitslosigkeit von Jugendlichen. Sie erfaßt — von der Zeit nach den Schulentlaßterminen im Herbst einmal abgesehen — überwiegend Schüler, die sich vor ihrer Schulentlassung um eine Ausbildungsstelle bemühen. Sofern sie die Schule verlassen haben, eine Suche nach einer Ausbildungsstelle aussichtslos erscheint und sie deshalb alternativ einen Arbeitsplatz suchen, werden sie in der Arbeitsvermittlung als Arbeitslose erfaßt. Ein Vergleich mit der Berufsschulstatistik ist nur bedingt möglich, da diese als Auffanggruppe Jugendliche „ohne Beruf und/oder arbeitslos" erfaßt, also nicht nur arbeitslose Jugendliche, sondern auch diejenigen, die aus unterschiedlichen persönlichen Gründen auf die Aufnahme einer Beschäftigung verzichten. Diese Gruppe generell als arbeitslos zu bezeichnen, erscheint daher problematisch. Ebenso können die Teilnehmer an berufsvorbereitenden Lehrgängen nicht als arbeitslos angesehen werden. Sie werden im übrigen zu einem großen Teil nach Abschluß der Lehrgänge in Arbeit und weitere Ausbildung vermittelt. Anlage 85 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Koblitz (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen B 51 und 52) : Besteht beim Bundesverteidigungsministerium die Absicht, die Standortverwaltungen im Raume Aachen unter Auflassung der Standortverwaltung Eschweiler-Stolberg neu zu ordnen? Besteht die Absicht, die bisherige Standortverwaltung Eschweiler-Stolberg nach Geilenkirchen zu verlegen und an Stelle der bundeseigenen Gebäude in Eschweiler Neubauten für den Zweck der Unterbringung der Standortverwaltung zu erstellen, oder aber besteht die Absicht, die Standortverwaltung EschweilerStolberg mit der Standortverwaltung in Aachen in neuzuerstellenden Gebäuden unterzubringen und zusammenzulegen? Zu Frage B 51: Eine Absicht, die Standortverwaltungen im Raume Aachen unter Auflösung der Standortverwaltung Eschweiler-Stolberg neu zu ordnen, besteht nicht. Zu Frage B 52: Zur Frage einer aus militärischen oder aus verwaltungsorganisatorischen Gründen möglichen Verlegung der Standortverwaltung Eschweiler-Stolberg nach Geilenkirchen kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Aussage nicht gemacht werden. Ob eine derartige Verlegung notwendig wird, hängt von einer neuen Stationierungsplanung der Streitkräfte für den Raum Geilenkirchen ab. Die Überlegungen hierzu sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Eine Zusammenlegung der Standortverwaltungen Aachen und Eschweiler-Stolberg ist in keinem Falle beabsichtigt. Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 53): Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7663* Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, angesichts der derzeitigen problematischen Lage auf dem Ausbildungsmarkt für Schulabgänger ihre laut früheren Aussagen grundsätzlich positive Haltung zu Ausbildungsstätten bei Bundeswehreinheiten dahin gehend zu überdenken, daß sie der Errichtung weiterer solcher Ausbildungsstätten, z. B. beim Jabogeschwader 33 Sobernheim/Pferdsfeld, zustimmt? Ihre Frage, inwieweit es angesichts der derzeitigen Lage auf dem Ausbildungsmarkt für Schulabgänger möglich ist, der Errichtung weiterer Ausbildungsstätten bei Bundeswehreinheiten, z. B. dem Jagdbombergeschwader 35 in Sobernheim/Pferdsfeld, zuzustimmen, beantworte ich wie folgt: Die Bundeswehr hat wegen des allgemeinen Mangels an Ausbildungsplätzen für Jugendliche ihre Ausbildungskapazität seit 1975 um über 1 000 Ausbildungsplätze vergrößert; damit wurde die jährliche Einstellungsquote gegenüber 1974 um mehr als 60 % erhöht. Einzelheiten über die Erweiterungsprogramme sind Ihnen mit Schreiben vom 26. August 1976 mitgeteilt worden. In diesem Jahr werden darüber hinaus noch zwei weitere Ausbildungsstätten eingerichtet. Dies war kurzfristig u. a. möglich, weil die entsprechenden Einheiten die erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen konnten. In Sobernheim/ Pferdsfeld sind — wie Ihnen bekannt — diese Voraussetzungen nicht gegeben, so daß Ihrem Anliegen leider nicht entsprochen werden kann. Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen B 54 und 55): Kann das Bundesverteidigungsministerium mitteilen, wann die zugesagte Überprüfung der besonderen Dienstzeitbelastung für Unteroffiziere mit Portepee durch zusätzliche Dienste als FwW, OvWA, OvD u. ä. abgeschlossen wird? Sind schon jetzt Konsequenzen aus der angeordneten Überprüfung erkennbar? Zu Frage B 54: Zur Zeit wird in der Bundeswehr eine Erhebung über die tatsächliche Dienstzeitbelastung der Soldaten durchgeführt. In diese Erhebung sind auch die zusätzlichen Dienste wie z. B. OvWa, OvD und ähnliche eingeschlossen. Die Überprüfung der besonderen Dienstzeitbelastungen wird etwa Mitte Oktober 1978 abgeschlossen sein. Zu Frage B 55: Sachlich begründete Aussagen hinsichtlich eines Ausgleiches und/oder organisatorischer Maßnahmen sind erst nach Vorliegen der aktuellen Übersicht über die besondere Dienstzeitbelastung der Soldaten und nach entsprechender Prüfung und Bewertung möglich. Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Broll (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 56 und 57) : Treffen Pressemeldungen zu, daß eine Spezialeinheit der Bundeswehr oder sonstige Angehörige der Bundeswehr vor dem Besuch des KPdSU-Generalsekretärs Breschnew in Hamburg Straßen nach möglichen, den Besucher gefährdenden Gegenständen oder sonstigen gefährlichen Vorkehrungen abgesucht haben? Welche anderen polizeilichen Sicherheitsvorkehrungen haben Kräfte der Bundeswehr bei Gelegenheit des Staatsbesuches oder bei sonstigen, besonderen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlangenden Gelegenheiten vorgenommen oder könnten sie nach Auffassung der Bundesregierung vornehmen? Zu Frage B 56: Am 6./7. Mai 1978 waren 90 Soldaten des Pionierbataillons 3 aus Stade anläßlich des Breschnew-Besuches in Hamburg im Rahmen einer technischen Amtshilfe im Einsatz. Ein entsprechendes Amtshilfeersuchen war am 25. April 1978 durch den Hamburger Innensenator an das Bundesministerium der Verteidigung gerichtet und hier positiv entschieden worden. Grund für dieses Amtshilfeersuchen war, daß Hamburg allein die umfangreichen Maßnahmen der Sicherheitsstufe I nicht durchführen konnte. Die technische Amtshilfe bestand im Absuchen von Brückenbauwerken und Kanalschächten entlang der Fahrstrecke auf versteckte Ladungen. Unmittelbar nach Durchführung dieser Maßnahme wurden die Objekte an den Streckenschutz (Polizei bzw. BGS) übergeben. Insoweit treffen die von Ihnen angesprochenen Pressemeldungen zu. ZuFrageB57: Es handelte sich im vorliegenden Falle — wie dargestellt — nicht um eine polizeiliche Sicherheitsmaßnahme, sondern um eine notwendige technische Amtshilfe, für die andere Kräfte nicht zur Verfügung standen. Polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen wurden weder bei diesem Staatsbesuch noch bei anderen Gelegenheiten durch die Bundeswehr wahrgenommen. Dies verbieten allein schon die entsprechenden Bestimmungen des GG. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, hieran etwas zu ändern. Anlage 89 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 58) : Ist die Bundesregierung bereit, im Interesse der von der Unwetterkatastrophe vom 22. und 23. Mai 1978 in Bayern und in Baden-Württemberg betroffenen Gemeinden und Bürger bzw. Firmen für den Einsatz der Bundeswehr keinerlei Kosten in Rechnung zu stellen, zudem der Einsatz der Bundeswehrsoldaten weitgehendst im öffentlichen Interesse (rascher Wasserablauf der Flüsse und Bäche, Straßensicherung, Verhinderung weiterer Wasserschäden an Häusern und in Betrieben) lag? Der Katastrophenschutz obliegt in erster Linie den Ländern. Der Einsatz der Bundeswehr bei Naturkatastrophen ist nur zulässig, wenn das betrof- 7664* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 fene Land oder die von ihm beauftragten Behörden die Hilfe der Bundeswehr anfordert (Art. 35 Abs. 2 GG). Auf Grund entsprechender Ersuchen hat die Truppe bei dem Unwetter im süddeutschen Raum in zahlreichen Fällen mit erheblichem Aufwand an Personal und Material Hilfe geleistet. Auch Hilfeleistungen in Katastrophenfällen sind grundsätzlich kostenpflichtig. Die für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden (Länder) haben die Aufwendungen der Bundeswehr zu ersetzen. Hierbei sehen die maßgebenden Richtlinien die Vergünstigung vor, daß die Personalkosten nicht zu erstatten sind, sondern lediglich die Sachkosten (z. B. Verwendung von Fahrzeugen und Geräten). Als weiterer Vorteil ist vorgesehen, daß die Sachkosten entsprechend dem Grad des von der Truppe festgestellten Ausbildungsinteresses gemindert werden. Je nach der Art des Einsatzes der Truppe kann das Ausbildungsinteresse, das an den durchzuführenden Arbeiten besteht, bis zu 100 % betragen. Bei 100 %igem Ausbildungsinteresse entfällt somit eine Kostenforderung. Diese Möglichkeiten der Kostenminderungen oder Abstandnahmen von Kostenerhebungen werden auch bei den Hilfsmaßnahmen der Bundeswehr im Mai 1978 ausgeschöpft werden. Sollten darüber hinaus in Einzelfällen noch Forderungen des Bundes bestehen, wird von mir geprüft werden, inwieweit ein Bundesinteresse vorliegt und auch auf die Restkosten verzichtet werden kann (§ 63 Bundeshaushaltsordnung). Ich werde mich gegebenenfalls bemühen, die erforderliche Zustimmung des Herrn Bundesministers der Finanzen für einen solchen Kostenverzicht zu erreichen. Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Windelen (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 59): Trifft es zu, daß „immer mehr Fälle von gemeinsamen Treffen von Bundeswehroffizieren und Altnazis im Rahmen der Traditionspflege — bekannt" werden, wie in einem Leserbrief in den „Westfälischen Nachrichten" vom 27. Mai 1978 vom stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Jungsozialisten, Reinhard Schultz, behauptet wird, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Mir ist nicht bekannt, daß immer mehr Fälle von gemeinsamen Treffen von Bundeswehr-Offizieren und Alt-Nazis auftreten. Im übrigen bitte ich Sie um Verständnis, daß es nicht Aufgabe des Bundesministers der Verteidigung sein kann, einen polemischen Leserbrief zu bewerten, aus dem ein Satz die Bundeswehr betrifft. Die Unterstellung rechtslastiger Tendenzen der Bundeswehr habe ich mehrfach im Deutschen Bundestag sowie in der Öffentlichkeit zurückgewiesen, zuletzt Anfang dieses Jahres. Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Höpfinger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 62 und 63) : Teil die Bundesregierung die Auffassung, daß sich jede staatlidie Behörde, also auch die Bundesluftwaffe, an die staatlich festgelegten Verwaltungsgrenzen halten muß? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß das Überfliegen von Randgemeinden unzulässig ist, wenn diese in eine Stadt mit mehr als 100 000 Einwohnern eingemeindet worden sind? Zu Frage B 62: Der militärische Luftverkehr über der Bundesrepublik Deutschland wird in der Verantwortung des Bundesministers der Verteidigung, insbesondere auf der Grundlage des § 30 LuftVG, durchgeführt. Zu Frage B 63: Die von Ihnen angesprochene Festlegung, daß Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern im Tiefflug nicht überflogen werden dürfen, ist eine ausschließlich für den militärischen Luftverkehr gültige interne Bestimmung. Sie wurde mit Rücksichtnahme auf die Bevölkerung erlassen. Für aus der Luft eindeutig erkennbar zum Kern solcher Städte gehörende Siedlungsgebiete trifft dies ebenfalls zu. Die vielerorts in der Bundesrepublik Deutschland erfolgten Zusammenlegungen von Gemeinden und Vororten zu größeren Verwaltungseinheiten können nicht von vornherein zu Beschränkungen in der Nutzung des Luftraums führen, insbesondere dann nicht, wenn damit keine tatsächliche Veränderung der Besiedlungsdichte einhergeht. Die Planung von Tiefflügen nach Verwaltungsgrenzen ist nicht durchführbar. Der Luftraum über der Bundesrepublik Deutschland ist dafür zu klein. Eine unverhältnismäßig hohe Lärmbelästigung der übrigen Landesteile wäre die Folge. Dies kann aber der betroffenen Bevölkerung nicht zugemutet werden. Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Daubertshäuser (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen B 64 und 65) : Kann die Bundesregierung das im Heft Nr. 6/78 des Verbraucher- und Freizeit-Magazins DM veröffentlichte Untersuchungsergebnis bestätigen, wonach „die Arzneimittelschränke der bundesdeutschen Krankenhäuser zum großen Teil überalterte und damit riskante Medikamente enthalten", und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, neben der im Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen vorgesehenen Benennung von Kontrolleitern in Krankenhausapotheken zusätzlich Fachpersonal zur Kontrolle der Medikamentendepots in Krankenhäusern ohne Apotheke vorzuschreiben? Ist die Bundesregierung bereit, durch entsprechende Normierung sicherzustellen, daß alle Arzneimittelpackungen mit einem allgemein verständlichen Haltbarkeitsdatum versehen werden müssen? Zu Frage B 64: Das im Heft 6/78 des Verbraucher- und Freizeitmagazins „DM" erwähnte Untersuchungsergebnis ist der Bundesregierung seit langem bekannt. Konsequenzen aus diesem Ergebnis sind bereits in dem z. Z. im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen gezogen worden (Bun- Deutscher Bundestag —. 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7665* destags-Drucksache 8/1812). So ist es nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 dieses Entwurfes erforderlich, daß zwischen dem Krankenhaus und der Apotheke, die dieses mit Arzneimitteln versorgt, ein Vertrag geschlossen wird, der die Überprüfung des Arzneimittelvorrats des Krankenhauses durch die Apotheke einschließt. Nach § 14 Abs. 4 Satz 3 hat der Leiter der Krankenhausapotheke oder ein von ihm beauftragter Apotheker die Arzneimittelvorräte in den zu versorgenden Krankenhäusern nach Maßgabe der Apothekenbetriebsordnung zu überprüfen und dabei insbesondere auf die einwandfreie Beschaffenheit und die ordnungsgemäße Aufbewahrung zu achten. Zur Beseitigung festgestellter Mängel hat er eine angemessene Frist zu setzen und deren Nichteinhaltung der Aufsichtsbehörde anzuzeigen. Außerdem bedarf der Inhaber einer öffentlichen Apotheke einer zusätzlichen Erlaubnis, wenn er ein Krankenhaus mit Arzneimitteln beliefern will, die nur erteilt werden darf, wenn u. a. das notwendige Personal in der Apotheke vorhanden ist, damit der o. g. Überprüfungspflicht auch Rechnung getragen werden kann (§ 14 Abs. 5). Wieviel Personal im Einzelfall vorhanden sein muß, wird in der Betriebsordnung für Krankenhausapotheken vorgeschrieben werden, die auf Grund der Ermächtigung des § 21 erlassen werden wird. Nach Auffassung der Bundesregierung sind damit alle Voraussetzungen geschaffen, um in Zukunft eine ordnungsgemäße Prüfung der Arzneimittelvorräte in Krankenhäusern zu gewährleisten. Zu Frage B 65: Nach den Kennzeichnungsvorschriften des § 10 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes ist generell vorgeschrieben, daß das Verfalldatum auf den Behältnissen und, soweit verwendet, den äußeren Umhüllungen von Fertigarzneimitteln in deutlich lesbarer Schrift und auf dauerhafte Weise angegeben werden muß. Nach § 10 Abs. 7 des Gesetzes kann die Angabe des Verfalldatums entfallen, wenn die Dauer der Haltbarkeit mehr als drei Jahre beträgt. Der Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit des Deutschen Bundestages hat zu dieser Regelung in seinem Bericht — Drucksache 7/5091 — vom 28. April 1976 zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts u. a. ausgeführt, „daß hierdurch dem Verbraucherschutz hinreichend Rechnung getragen wird". Diese Regelung steht auch im Einklang mit der 1. Pharmazeutischen Richtlinie der EG von 1965, nach der das Verfalldatum nur anzugeben ist, wenn die Dauer der Haltbarkeit weniger als drei Jahre beträgt. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß die z. Z. geltende Regelung für den Schutz des Verbrauchers ausreichend und eine Ausweitung zur Deklaration des Verfalldatums nicht erforderlich ist. Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 66) : Welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes (s. F. Schmidt: Med. Welt 28, 1183 11977]), wonach im zuletzt ausgewerteten Jahr 1975 24 132 Bundesbürger an Krebs der Luftröhre, der Bronchien und der Lunge starben, was nicht nur einen neuen Rekord der absoluten Zahl der Lungenkrebstoten darstellt, sondern mit einer Steigerungsrate von 3,7 gegenüber dem Vorjahr und mit 860 zusätzlichen Todesfällen auch die höchste Zunahme seit 1956 bedeutet, und sieht sie auch auf Grund dieser Zahlen keinen Anlaß, eine Werbung für Zigaretten unter dem Aspekt des Leichtrauchens, die sich ausschließlich auf Filterzigaretten beschränkt und dem Raucher geringere Gesundheitsschädlichkeit suggeriert, als Verstoß gegen § 22 des Gesetzes zur Gesamtreform des Lebensmittelrechts zu betrachten? Die Werbung für Zigaretten mit Aussagen über das „Leichtrauchen" ist auch nach Auffassung der Bundesregierung problematisch. Die ZigarettenIndustrie hat dies erkannt und 1977 in einer freiwilligen Vereinbarung die Verwendung der Begriffe „leicht" etc. an die Einhaltung bestimmter Werte für Nikotin und Kondensat (Teer) im Raum einer Zigarette geknüpft. Die Bemühungen der Industrie sind als ein erster Schritt zur Bekämpfung von Auswüchsen in der Werbung für Zigaretten durchaus zu begrüßen. Im einzelnen vermag die Vereinbarung aus gesundheitspolitischer Sicht aber noch nicht voll zu befriedigen. Die Bundesregierung prüft daher zur Zeit, ob und inwieweit auf dem Verordnungswege die Verwendung der Begriffe „leicht" und „mild" im Zusammenhang mit anderen Informationsmaßnahmen, z. B. der Angabe eines Warnhinweises, geregelt werden sollte. In der Diskussion ist weiterhin eine mögliche Ausdehnung dieser Regelungen auf andere Tabak-Erzeugnisse. Im übrigen weise ich darauf hin, daß die Vorschädigungszeiten durch Rauchen bis zur Ausbildung bösartiger Neubildungen viele Jahre erfordern, so daß die jetzt festgestellte Zunahme solcher Todesfälle nicht als Ausdruck für die derzeit gegebene Situation der Gefährdung durch Rauchen angesehen werden darf. Anlage 94 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 67): Ist der Bundesregierung bekannt, welche freien Jugendgruppen deutscherseits an dem jüngst abgehaltenen deutschpolnischen Jugendforum teilgenommen haben und welche Themen beiderseits erörtert bzw. für künftige Zusammentreffen vorgeschlagen wurden? An dem 1. Deutsch-Polnischen Jugendforum haben Vertreter folgender Jugendverbände teilgenommen: Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend Bund der Deutschen Katholischen Jugend Bund Demokratischer Jugend/Bund Deutscher Pfadfinder Deutsche Beamtenbundjugend Deutsche Schreberjugend Deutsche Wanderjugend DGB-Jugend DAG-Jugend Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder Solidaritätsjugend Deutschlands Sozialistische Jugend Deutschlands — Die Falken — Naturfreundejugend Deutschlands Bund der Deutschen Landjugend Hessischer Jugendring Die Landesjugendringe Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und SchleswigHolstein. Als Gäste haben teilgenommen: Jungsozialisten Deutschlands Junge Union Deutschlands Jungdemokraten. In drei Arbeitsgruppen wurden folgende Themen erörtert: — die Rolle, Aufgabe und Beteiligung der Jugend für die Verbesserung und Vertiefung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen; — Erziehung und Bildung der jungen Generation in beiden Ländern für den Frieden und die Normalisierung sowie ihre Bedeutung für die weitere Entwicklung zwischen beiden Staaten und — die Zusammenarbeit der Jugendorganisationen beider Länder und ihre Bedeutung für die Verwirklichung der KSZE-Schlußakte. Das 2. Deutsch-Polnische Jugendforum wird 1979 in der Volksrepublik Polen durchgeführt. Die hier zu behandelnden Themen werden in einer Vorbereitungsgruppe festgelegt. Anlage 95 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 68) : Wie hoch wäre das zu erwartende Defizit der Deutschen Bundesbahn im Jahre 1978 anzusetzen, wenn die gesamten Wegekosten der Bahn — so, wie das im Straßenverkehr geschieht — von der öffentlichen Hand aus Haushaltsmitteln aufzubringen wären? Es trifft nicht zu, daß die öffentliche Hand für die Wegekosten im Straßenverkehr aufzukommen hat. Die Ausgaben für den Straßenverkehr werden zwar aus öffentlichen Haushalten getätigt; mit Einnahmen aus Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuern jedoch stehen Deckungsmittel zur Verfügung, die insgesamt in etwa den Gesamtaufwendungen für das Straßenwesen — einschließlich Verkehrspolizei — entsprechen. Bei Übernahme des gesamten Aufwands für den Schienenweg auf den Bundeshaushalt würde sich — bezogen auf die Verhältnisse des Jahres 1976 — kein Bilanzverlust mehr ergeben. Der Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn würde um rund 5,7 Milliarden DM entlastet. Anlage 96 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kleinert (FDP) (Drucksache 8/1850 Fragen B 69 und 70): Welche Kosten sind insgesamt durch den Ausbau des Güterbahnhofs Maschen bei Hamburg entstanden? In welchem Maße und mit welchem finanziellen meßbaren Erfolg wird die Anlage nunmehr ausgelastet? Zu Frage B 69: Der Neubau des Rangierbahnhofs Maschen einschließlich des Neubaus der Güterzugstrecke von Maschen über Jesteburg nach Buchholz sowie des Rückbaus der nicht mehr benötigten Rangiersysteme in Hamburg ist mit rd. 770 Millionen DM veranschlagt. Dieser Betrag wird nach Angaben der Deutschen Bundesbahn nicht überschritten werden. Bisher sind rd. 630 Millionen DM verausgabt. Noch auszuführen sind die signaltechnischen Arbeiten für das Süd-Nord-System und die Rückbaumaßnahmen in den stillzulegenden alten Rangierbahnhöfen. Der Rangierbahnhof Maschen besteht aus zwei rangiertechnischen Systemen. Dem Nord-Süd-System und dem Süd-Nord-System. Das Nord-SüdSystem hat bereits am 28. Mai 1978 den Betrieb voll aufgenommen. Nach Abschluß der Restarbeiten wird das Süd-Nord-System im Jahre 1979 stufenweise in Betrieb genommen. Der tägliche Wagenausgang im Nord-Süd-System liegt z. Z. bei rd. 3 100 Wagen und unterschreitet somit den geplanten Leistungsumfang (3 500 Wagen/ Tag) geringfügig. Zur Frage B 70: Ein finanziell meßbarer Teilerfolg kann erst im Zuge des Rückbaus der nach Verlagerung der Aufgaben zum Rangierbahnhof Maschen nicht mehr benötigten Anlagen der bestehenden Rangiersysteme des Hamburger Raumes eintreten. Es ist vorgesehen, nunmehr die ersten Rückbaumaßnahmen einzuleiten. Anlage 97 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Seefeld (SPD) (Drucksache 8/1850 Frage B 71): Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß Kraftfahrer der Meinung sind, auf den Autobahnen Vorfahrt zu haben und deshalb durch das Urteil des Oberlandesgerichts München verunsichert werden, wonach der Vorrang der Kraftfahrer auf Bundesautobahnen dadurch eingeschränkt wird, daß den auf der durchgehenden Fahrbahn befindlichen Autofahrer dann bei einem Zusammenstoß mit einem in die Autobahn einfahrenden Kraftfahrer ein Mitverschulden trifft, wenn er vor Autobahneinfahrten sein Tempo nicht rechtzeitig verringert, und wenn ja, wird die Bundesregierung eine Initiative ergreifen, um die entstandene Rechtsunsicherheit zu beseitigen? Die Rechtslage ist so eindeutig, daß kein Anlaß für eine Verunsicherung der Kraftfahrer besteht: Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7667* Auf Autobahnen hat der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn die Vorfahrt (§ 18 Abs. 3 StVO). Diese Vorschrift gilt nicht nur bei uns, sondern weltweit (Artikel 25 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr vom 8. November 1968). Nach allgemeinen Grundsätzen darf man sich auch in diesem Fall die Vorfahrt nicht erzwingen: Erkennt der auf der Autobahn Fahrende, daß der Einfahrende die Vorfahrt mißachtet, muß er die notwendigen Maßnahmen, z. B. Geschwindigkeitsreduzierung, treffen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Anlage 98 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/1850 Fragen B 72 und 73) : Wie lange gedenkt die Bundesregierung noch, den mangelnden Sicherheitsstandard für den Flughafen Bremen zu tolerieren? Ist die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auf Grund der Antworten auf meine Anfragen vom 12./13. April und 10./11. Mai 1978 bereit, die Verantwortung für die Sicherheit der Flughafenanwohner und Passagiere zu übernehmen? Die Bundesregierung läßt das Unterschreiten von Sicherheitsstandards im Luftverkehr nicht zu. Da auch am Flughafen Bremen — wie Ihnen auf Ihre Anfragen vom 12./13. April und 10./11. Mai 1978 mitgeteilt worden ist — die Mindestsicherheitskriterien erfüllt sind, liegt dort ein Sicherheitsrisiko für die Anwohner und die Passagiere nicht vor. Für die Bundesregierung stellt sich daher die Frage nach Tolerierung mangelhafter Sicherheit und Übernahme von Verantwortung im Sinne Ihrer Fragestellung nicht. Zur Verbesserung der Sicherheitssituation am Flughafen Bremen über die vorhandene Mindestsicherheit hinaus hat die Freie und Hansestadt Bremen mit Beteiligung des Bundesministers für Verkehr inzwischen Maßnahmen eingeleitet. Diese Maßnahmen sind z. T. schon durchgeführt oder befinden sich in der Vorbereitung. Anlage 99 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Verhülsdonk (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 74) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach Absinken des Hochwassers auf die Hochwasserstufe 2 bei dem plötzlichen Wiedereinsetzen der Schiffahrt Flutwellen entstanden, durch die Gebäude überschwemmt wurden, die bis dahin nicht betroffen waren, und sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, mit Rücksicht auf hochwassergefährdete Städte am Mittelrhein niedrigere Pegelwerte für die Hochwasserstufe 2 international auszuhandeln, oder besteht wenigstens die Möglichkeit, dafür Sorge zu tragen, daß die zahlreichen zu gleicher Zeit anfahrenden Schiffe größere Abstände voneinander einhalten müssen? Infolge der durch das Rheinhochwasser in der 4. Mai-Woche wirksam gewordenen Schiffahrtssperre war ein Schiffsstau im Mittelrheingebiet entstanden, der bei zurückgehendem Hochwasser zu einem besonders dichten Verkehr geführt hat. Ob durch die Schiffahrt zusätzliche Schäden verursacht worden sind. und ob diese ggf. darauf zurückzuführen sind, daß bestehenden Vorschriften zuwidergehandelt wurde, wird z. Z. geprüft. Sobald die Untersuchungen abgeschlossen sind, werde ich Sie über das Ergebnis unterrichten. Anlage 100 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 75) : Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie hoch der Anteil an den Unfällen auf den Straßen und Autobahnen der Bundesrepublik Deutschland ist, die durch Ausländer verursacht wurden oder an denen Ausländer beteiligt waren, untergliedert in Personenwagen, Lkw- und Transporterverkehr, und was unternimmt die Bundesregierung, um eine Einschränkung dieser Zahlen zu erreichen? Der Bundesregierung liegen aus der amtlichen Unfallstatistik Erkenntnisse darüber vor, wie viele Ausländer in welchen Verkehrsteilnahmeformen an Straßenverkehrsunfällen beteiligt und in welchem Maße sie dabei zu Schaden gekommen sind. Die Einzelheiten finden sich im Tabellenteil der amtlichen Statistik über Straßenverkehrsunfälle des Statistischen Bundesamtes, Fachserie 8, Verkehr, Reihe 3.3, Straßenverkehrsunfälle 1976 (vgl. Anlage). Aus diesen Angaben geht nicht hervor, in welchem Umfang Unfälle durch Ausländer verursacht wurden. Ausländer mit Wohnsitz im Inland und Wohnsitz im Ausland waren an Unfällen mit Personenschaden 1976 in 47 406 Fällen beteiligt. Bei insgesamt 682 869 Beteiligten sind dies 6,9 %. Der Anteil der Ausländer an den Unfallbeteiligten beträgt bei Pkw-Führern 7,3 % und bei den Lkw-Führern 9,7 %. Die Bundesregierung setzt die Bemühungen fort, durch gezielte Aufklärung für Ausländer deren Unfallrisiko im Bundesgebiet herabzusetzen. Hierbei unterscheidet sie nach Ausländern mit Wohnsitz im Inland und solchen mit Wohnsitz im Ausland. Während die ausländischen Kraftfahrer, besonders die Pkw-Führer .mit Wohnsitz im Ausland, über die im Bundesgebiet geltenden Geschwindigkeitsregelungen sowie über Engpässe und Ausweichstrecken im Ferienreiseverkehr bereits im Heimatland über die Deutsche Zentrale für den Fremdenverkehr mit fremdsprachigen Faltblättern informiert werden, führt der Deutsche Verkehrssicherheitsrat mit Haushaltsmitteln der Bundesregierung eine Aufklärungsaktion für Gastarbeiter durch, die ihre Heimatländer besuchen. Im Bereich des Lkw-Verkehrs arbeitet die Bundesregierung mit den Ländern in dem Bestreben zusammen, durch technische Überwachung der im Ausland zugelassenen Fahrzeuge an der Grenze und durch Kontrolle der Fahrzeiten von Lkw-Führern in ausländischen Fahrzeugen Gefahren für den Straßenverkehr im Bundesgebiet zu vermeiden. 7668* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 2 Straßenverkehrsunfälle 1976 2.5 An Straßenverkehrsunfällen mit Personenschaden beteiligte und verunglückte Fahrzeugführer und Fußgänger nach ihrer Herkunft 1976 An Unfällen mit Personenschaden Beteiligte Verunglückte Herkunft Insge samt Kraftfahrzeugführer Personenkraftwagen darunter Motorzweirädern Radfahrer Fußgänger Andere Insgesamt Getötete Schwer- Leicht- von Güterkraftfahrzeuge Verletzte Innerhalb von Ortschaften Beteiligte insgesamt 488 089 379 449 288 750 21 093 62 667 42 807 61 351 4 482 242 889 5 434 69 540 167 915 darunter Ausländer mit Wohnsitz im Inland 30 699 22 710 19 154 1 076 2 160 2 299 5 521 169 15 577 241 4 084 11 252 davon mit Staatsangehörigkeit Griechenland 2 120 1 446 1257 58 116 137 523 14 1 112 18 286 808 Italien 3 679 2 899 2 511 140 213 233 529 18 1 721 23 427 1 271 Jugoslawien 5 075 3 895 3 308 273 219 362 770 48 2 375 31 604 1 740 Spanien 1 041 708 571 38 94 104 223 6 567 10 159 398 Türkei 10 022 6 347 5 190 159 952 1 009 2 611 55 5 958 93 1 621 4 244 andere 8 762 7 415 6 317 408 566 454 865 28 3 844 66 987 2 791 Ausländer mit Wohnsitz im Ausland 2 637 2 441 1 810 426 162 39 153 4 872 13 247 612 davon aus Norwegen, Schweden, Dänemark 126 108 65 31 7 — 18 — 38 — 13 25 Großbritannien 145 132 92 24 10 2 11 — 56 1 21 34 Belgien, Niederlande, Luxemburg 848 812 578 161 60 7 27 2 240 4 67 169 Frankreich 455 427 322 63 38 8 18 2 174 2 50 122 Schweiz 206 196 165 17 14 3 7 — 55 — 14 41 Österreich 268 254 185 39 25 5 9 — 92 2 24 66 Italien 101 97 70 23 3 4 — — 32 — 6 26 Vereinigte Staaten 181 166 144 16 3 4 11 — 64 1 22 41 anderen Ländern 307 249 189 52 2 6 52 — 121 3 30 88 Außerhalb von Ortschaften Beteiligte insgesamt 194 780 180 408 143 149 15 572 18 344 6 757 5 687 1 928 114 105 6 408 40 737 66 960 darunter Ausländer mit Wohnsitz im Inland 10 457 9 990 8 492 914 431 194 252 21 5 940 275 1 941 3 724 davon mit Staatsangehörigkeit Griechenland 504 482 424 38 18 11 11 — 283 14 87 182 Italien 1 051 1 006 885 71 40 17 26 2 630 26 193 411 Jugoslawien 1 706 1 600 1 349 186 48 41 55 10 897 40 309 548 Spanien 249 238 193 22 22 6 5 — 145 6 51 88 Türkei 2 570 2 428 2 211 77 127 69 68 5 1 517 67 487 963 andere 4 377 4 236 3 430 520 176 50 87 4 2 468 122 814 1 532 Ausländer mit Wohnsitz im Ausland 3 613 3 553 2 204 1 131 160 18 38 4 1 519 79 496 944 davon aus Norwegen, Schweden, Dänemark 229 226 126 81 13 — 3 — 91 6 16 69 Großbritannien 168 167 103 48 11 — 1 — 83 4 29 50 Belgien, Niederlande, Luxemburg 1 378 1 353 837 440 58 8 15 2 579 32 201 346 Frankreich 434 428 251 146 21 2 4 — 199 7 63 129 Schweiz 223 220 161 43 14 2 1 — 93 3 32 58 Osterreich 455 453 262 149 34 1 — 1 192 13 71 108 Italien 143 139 67 70 1 1 3 — 49 2 13 8 34 Vereinigte Staaten 140 135 110 18 3 2 3 — 67 2 22 43 anderen Ländern 443 432 287 136 5 2 8 1 166 10 49 107 Innerhalb und außerhalb von Ortschaften Beteiligte insgesamt 682 869 559 857 431 899 36 665 81 011 49 564 67 038 6 410 356 994 11 842 110 277 234 875 darunter Ausländer mit Wohnsitz im Inland 41 156 32 700 27 646 1 990 2 591 2 493 5 773 190 21 517 516 6 025 14 976 davon mit Staatsangehörigkeit Griechenland 2 624 1 928 1 681 96 134 148 534 14 1 395 32 373 990 Italien 4 730 3 905 3 396 211 253 250 555 20 2 351 49 620 1 682 Jugoslawien 6 781 5 495 4 657 459 267 403 825 58 3 272 71 913 2 288 Spanien 1 290 946 764 60 116 110 228 6 712 16 210 486 Türkei 12 592 8 775 7 401 236 1 079 1 078 2 679 60 7 475 160 2 108 5 207 andere 13 139 11 651 9 747 928 742 504 952 32 6 312 188 1 801 4 323 Ausländer mit Wohnsitz im Ausland 6 250 5 994 4 014 1 557 322 57 191 8 2 391 92 745 1 556 davon aus Norwegen, Schweden, Dänemark 355 334 191 112 20 — 21 — 129 6 29 94 Großbritannien 313 299 195 72 21 2 12 — 139 5 50 84 Belgien, Niederlande, Luxemburg 2 226 2 165 1 415 601 118 15 42 4 819 56 268 515 Frankreich 889 855 573 209 59 10 22 2 373 9 113 251 Schweiz 429 416 326 60 28 5 8 — 148 5 46 99 Osterreich 723 707 447 188 59 6 9 1 284 15 95 174 Italien 244 236 137 93 4 5 3 — 81 2 19 60 Vereinigte Staaten 321 301 254 34 6 6 14 — 131 3 44 84 anderen Ländern 750 681 476 183 7 8 60 1 287 13 79 195 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7669* 2 Straßenverkehrsunfälle 1976 2.11 Bei Straßenverkehrsunfällen verunglückte Kinder, Jugendliche und Heranwachsende nach Alter und Geschlecht Alter männlich und weiblich männlich weiblich VollendetesLebensjahr insgesamt 1) darunter zusammen darunter zusammen darunter Fußgänger Radfahrer Führer Mitfahrer Fußgänger Radfahrer Führer Mitfahrer Fußgänger Radfahrer Führer Mitfahrer von Kraftfahrz. von Kraftfahrz. von Kraftfahrz. Innerhalb von Ortschaften o . 22 12 — 10 1 1 842 939 40 368 1 025 550 26 . 202 816 388 14 — 166 2 424 . 211 — 213 3 2 217 1 569 . 548 1 279 950 . 266 937 618 — 282 4 3 068 2 238 160 . 594 1 886 1 420 105 . 320 1 182 818 55 — 274 5 4 032 2 786 475 . 687 2 433 1 698 340 . 345 1 598 1 087 135 — 342 0 bis 5 11 159 7 532 675 4 2 643 6 623 4 618 471 4 1 356 4 533 2 911 204 — 1 287 6 5 102 3 423 964 2 655 3 196 2 087 728 2 344 1 905 1 335 236 — 311 7 5 587 3 448 1 455 1 644 3 509 2 033 1 108 1 338 2 077 1 414 347 — 306 8 5 217 2 755 1 727 — 701 3 262 1 596 1 300 — 342 1 953 1 157 427 — 359 9 4 606 2 057 1 832 1 677 2 877 1 150 1 374 1 328 1 725 904 457 — 349 10 4 600 1 861 2 068 2 636 2 830 1 014 1 489 2 306 1 769 846 579 - 330 11 4 341 1 395 2 275 7 637 2 765 748 1 670 4 326 1 572 646 602 3 311 12 4 185 1 164 2 363 10 611 2 700 623 1 759 7 287 1 484 540 604 3 324 13 4 035 840 2 380 56 715 2 582 408 1 790 39 326 1 451 432 588 17 389 14 4 344 798 2 182 273 1 055 2 621 357 1 639 208 401 1 720 441 540 65 654 6 bis 14 42 017 17 741 17 246 352 6 331 26 342 10 016 12 857 264 2 998 15 656 7 715 4 380 88 3 333 0 bis 14 53 176 25 273 17 971 356 8 974 32 965 14 634 13 328 268 4 354 20 189 10 626 4 584 88 4 620 15 8 376 739 1 601 3 752 2 248 5 483 314 1 186 3 113 850 2 891 425 415 637 1 398 16 17 160 763 1 107 11 681 3 580 13 626 338 777 10 805 1 689 3 529 425 329 872 1 891 17 16 504 772 860 10 714 4 132 13 204 363 586 10 051 2 191 3 292 409 273 656 1 941 18 14 907 634 517 9 729 4 006 11 124 325 341 8 391 2 054 3 782 309 176 1 337 1 952 19 12 785 623 373 8 355 3 404 9 219 346 227 6 815 1 811 3 561 276 145 1 537 1 593 20 10 707 535 287 6 695 3 164 7 388 289 162 5 238 1 680 3 313 245 125 1 452 1 484 Außerhalb von Ortschaften 23 14 — 9 1 900 72 10 373 487 47 7 202 413 25 3 — 171 2 412 214 — 198 3 624 90 . 516 345 54 . 278 279 36 — 238 4 730 133 23 . 567 387 81 13 . 291 343 52 10 — 276 5 820 134 41 . 640 436 79 29 . 325 384 55 12 — 315 0 bis 5 3 074 429 74 1 2 531 1 655 261 49 1 1 324 1 419 168 25 — 1 207 6 924 163 115 — 640 503 98 82 — 320 421 65 33 — 320 7 981 168 179 1 624 576 106 134 1 327 405 62 45 — 297 8 1 140 177 240 1 716 669 101 187 — 376 471 76 53 1 340 9 1 075 127 254 1 686 618 73 194 1 346 457 54 60 — 340 10 1 199 112 287 1 790 707 65 222 1 412 492 47 65 — 378 11 1 167 110 322 3 725 674 63 236 3 368 493 47 86 — 357 12 1 176 99 296 6 770 662 53 212 6 389 514 46 84 — 381 13 1 268 74 361 17 807 691 40 264 14 369 577 34 97 3 438 14 1 581 112 312 62 1 083 786 46 235 53 447 795 66 77 9 656 6 bis 14 10 511 1 142 2 366 92 6 841 5 886 645 1 766 79 3 354 4 625 497 600 13 3 487 0 bis 14 13 585 1 571 2 440 93 9 372 7 541 906 1 815 80 4 678 6 044 665 625 13 4 694 15 3 136 135 224 762 2 001 1 660 70 150 647 786 1 476 65 74 115 1 215 16 6 418 134 188 3 018 3 065 4 429 66 132 2 837 1 388 1 989 68 56 181 1 677 17 7 565 144 156 3 017 4 231 5 294 89 100 2 851 2 245 2 270 55 56 165 1 986 18 12 085 106 93 7 579 4 294 8 911 77 66 6 348 2 408 3 174 29 27 1 231 1 886 19 11 466 115 55 7 617 3 660 8 528 88 32 6 146 2 247 2 936 27 23 1 469 1 413 20 10 305 116 43 6 565 3 568 7 755 90 24 5 348 2 283 2 548 25 19 1 216 1 285 Innerhalb und außerhalb von Ortschaften 0 . 45 26 — 19 1 2 742 1 011 50 741 .1 512 597 33 . 404 1 229 413 17 — 337 2 836 . 425 — 411 3 2 841 1 659 . 1 064 1 624 1 004 . 544 1 216 654 — 520 4 3 798 2 371 183 . 1 161 2 273 1 501 118 . 611 1 525 870 65 — 550 5 4 852 2 920 516 1 327 2 869 1 777 369 670 1 982 1 142 147 — 657 0 bis 5 14 233 7 961 749 5 5 174 8 278 4 879 520 5 2 680 5 952 3 079 229 — 2 494 6 6 026 3 586 1 079 2 1 295 3 699 2 185 810 2 664 2 326 1 400 269 — 631 7 6 568 3 616 1 634 2 1 268 4 085 2 139 1 242 2 665 2 482 1 476 392 — 603 8 6 357 2 932 1 967 1 1 417 3 931 1 697 1 487 — 718 2 424 1 233 480 1 699 9 5 681 2 184 2 086 2 1 363 3 495 1 223 1 568 2 674 2 182 958 517 — 689 10 5 799 1 973 2 355 3 1 426 3 537 1 079 1 711 3 718 2 261 893 644 — 708 11 5 508 1 505 2 597 10 1 362 3 439 811 1 906 7 694 2 065 693 688 3 668 12 5 361 1 263 2 659 16 1 381 3 362 676 1 971 13 676 1 998 586 688 3 705 13 5 303 914 2 741 73 1 522 3 273 448 2 054 53 695 2 028 466 685 20 827 14 5 925 910 2 494 335 2 138 3 407 403 1 874 261 848 2 515 507 617 74 1 290 6 bis 14 52 528 18 883 19 612 444 13 172 32 228 10 661 14 673 343 6 352 20 281 8 212 4 980 101 6 820 0 bis 14 66 761 26 844 20 361 449 18 346 40 506 15 540 15 143 348 9 032 26 233 11 291 5 209 101 9 314 15 11 512 874 1 825 4 514 4 249 7 143 384 1 336 3 760 1 636 4 367 490 489 752 2 613 16 23 578 897 1 295 14 699 6 645 18 055 404 909 13 642 3 077 5 518 493 385 1 053 3 568 17 24 069 916 1 016 13 731 8 363 18 498 452 686 12 902 4 436 5 562 464 329 821 3 927 18 26 992 740 610 17 308 8 300 20 035 402 407 14 739 4 462 6 956 338 203 2 568 3 838 19 24 251 738 428 15 972 7 064 17 747 434 259 12 961 4 058 6 497 303 168 3 006 3 006 20 21 012 651 330 13 260 6 732 15 143 379 186 10 586 3 963 5 861 270 144 2 668 2 769 1) Einschl. ohne Angabe des Geschlechts. 7670* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Anlage 101 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Langguth (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 76) : Ist die Bundesregierung bereit, ihren in dem Schreiben des Bundesministers für Verkehr vom 15. August 1977 dargelegten Standpunkt hinsichtlich II S (Instrumenten-Landesystem) der Betriebsstufe I und des Gleitwegwinkels auf dem Flughafen Stuttgart-Echterdingen zu überprüfen, falls die von der Landesregierung von Baden-Württemberg bei Professor Steierwald vom Institut für Straßenbau und Verkehrswesen der Universität Stuttgart in Auftrag gegebene Untersuchung neue Lösungsmöglichkeiten hinsichtlich der gegebenen Zwangspunkte (Anschlußstelle Stuttgart-Flughafen, vorgeschriebener Sicherheitsabstand zwischen Autobahn und Start- und Landebahn sowie Autobahnknotenpunkt mit der geplanten neuen B 312) ergeben sollten? Nein. Die Einrichtung eines Instrumentenlande-systems der Betriebsstufe I mit einem Gleitwegwinkel von 3° für Landebahn 08 im Westen des Flughafens Stuttgart steht in keinem Zusammenhang mit der Trassierung der Autobahn. Anlage 102 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Müller (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 77 und 78) : Trifft es zu, daß die Bundesbahn-Krankenkasse Rosenheim bei einer mitversicherten Tochter eines Bundesbahnbediensteten zwar die Abtreibung einer Leibesfrucht, aber nicht die Kosten für die Geburt eines Kindes übernimmt, und wenn ja, hält die Bundesregierung diese Tatsache mit dem Geist und den Grundsätzen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland für vereinbar? Welche Maßnahmen will die Bundesregierung gegebenenfalls ergreifen, um eine Wiederholung des in Frage 77 geschilderten Vorfalles zu vermeiden? Zu Frage B 77: Die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) gewährt ihren Mitgliedern Leistungen nach Satzung und Tarif. Nach diesen Vorschriften übernimmt die KVB bei einer mitversicherten Tochter weder die Kosten der Abtreibung einer Leibesfrucht noch die Kosten für die Geburt des Kindes. Zu Frage B 78: Die KVB hat den- Vorfall, der Ihrer Frage zugrunde liegen dürfte, überprüft und festgestellt, daß die Bezirksleitung Rosenheim tarifwidrige Leistungen nicht gewährt hat. Sollte die Bezirksleitung unrichtige fernmündliche Auskünfte erteilt haben, so hat die KVB sichergestellt, daß auch insoweit zukünftig nur solche Auskünfte gegeben werden, die mit dem Tarifrecht übereinstimmen. Anlage 103 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Hürland (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 79): Kann die Bundesregierung Aussagen darüber machen, wann der Ausbau der A 41 nördlich Gelsenkirchen Buer-Scholven beginnt, ob und mit welcher Priorität Bauabschnitte vorgesehen sind und mit welcher Bauzeit insgesamt zu rechnen ist? Zur Zeit befindet sich eine kurze Teilstrecke der A 41 bei Polsum im Bau, um einen Anschluß an die Nordumgehung Marl (L 612) herzustellen (Fertigstellung Ende 1979). Zum Weiterbau der A 41 in Richtung Dorsten kann noch keine Aussage gemacht werden, da hier die A 41 im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen nur als eine Strecke des möglichen weiteren Bedarfs eingetragen ist. Anlage 104 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schmitz (Baesweiler) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 80 und 81) : Trifft es zu, daß bei der Überarbeitung des Bedarfsplans für den Bau der Bundesautobahnen und Bundesstraßen der Bau der B 258 n in eine Prioritätskategorie eingestuft wird, daß er in den Jahren um 1990 realisiert werden kann? Welche Teilstrecken der „Eifelautobahn" Aachen—Tondorf werden mit welcher Priorität eingestuft, und welche zeitlichen Abläufe für die einzelnen Bauabschnitte hat die Bundesregierung vorgesehen? Die B 258 n hat im gültigen, 1975 überprüften Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen die Einstufung als möglicher weiterer Bedarf erhalten. Die bis 1979 anstehende 2. Überprüfung des Bedarfsplanes wird aufzeigen, ob überhaupt Bedarf für die B 258 n besteht und, wenn ja, mit welcher Dringlichkeit. Weitere Angaben sind zur Zeit nicht möglich. Anlage 105 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 82 und 83) : Trifft es zu, daß der in Bad Dörrheim stehende Sender des Deutschlandfunks aufgegeben werden soll, und wenn ja, warum und wann? Wie ist gegebenenfalls sichergestellt, daß das von diesem Sender bisher erfaßte Gebiet auf andere Weise bedient wird? Zu Frage B 82: Der Betrieb des Ton-Rundfunksenders der Deutschen Bundespost Bad Dürrheim auf der Mittelwelle 548 kHz wird am 22. November 1978 eingestellt. Die Aufgabe der Ton- und Rundfunksenderanlage Bad Dürrheim erfolgt entsprechend der Neuverteilung der Frequenzen der LW/MW-Bereiche auf der internationalen LW/MW-Konferenz in Genf 1975. Die MW-Frequenz 548 kHz muß am Standort Bad Dürrheim wegen sonst auftretender Gleichkanalstörungen in benachbarten Ländern entfallen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7671* Zu Frage B 83: Mit den neuen Senderstandorten Nordkirchen/ Recklinghausen und Thurnau/ Bayreuth auf Grund der Neuverteilung der Frequenzen in dem LW/MW-Bereich wird die Versorgung im Nordwesten und Südosten der Bundesrepublik Deutschland und im Süden der Deutschen Demokratischen Republik verbessert. Dabei ist sichergestellt, daß das von der Tonrundfunksenderanlage Bad Dörrheim versorgte Gebiet weiter erfaßt wird. Anlage 106 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schrift- lichen Fragen des Abgeordneten Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 84 und 85) : Ist die Bundesregierung bereit, angesichts des in der letzten Zeit zu beobachtenden Aufschwungs des CB-Funkbetriebs mehr als die bisherigen 12 Frequenzen zur Verfügung zu stellen? Plant die Bundesregierung eine weitere Liberalisierung der Funkvorschriften für Amateurfunker, wie sie beispielsweise in den USA oder Schweden üblich sind? Die Deutsche Bundespost hat die Belegung der 12 Frequenzen des CB-Funks durch ihre Meßdienste mehrmals an verschiedenen repräsentativen Meßorten jeweils über mehrere Tage beobachten lassen. Trotz des Aufschwungs des CB-Funkbetriebs war festzustellen, daß keine der bereitgestellten Frequenzen innerhalb jeweils einer Stunde zu mehr als 50 °/o der Zeit durch ordnungsgemäßen Funkverkehr belegt war. Die freie Wahl zwischen den 12 bereitgestellten Frequenzen und ein gewisses Maß an gegenseitiger Rücksichtnahme sichert jedem Benutzer des CB-Funks genügend Ausweichmöglichkeiten. Das Problem gelegentlicher, zeitlich und örtlich begrenzter Überlastungen infolge zufälliger Massierung von Funkverkehr oder ausgeprägt undisziplinierten Funkverhaltens würde auch die Bereitstellung weiterer Kanäle nicht lösen können. Im übrigen sieht die Bundesregierung wegen des für bewegliche Landfunkdienste in der Bundesrepublik Deutschland nur beschränkt verfügbaren Frequenzspektrums und des steigenden Bedarfs an geeigneten Frequenzen für öffentliche Zwecke, Sicherheit, Verkehr; Handel und Gewerbe auch keine Möglichkeit, aus dem insgesamt knappen Frequenzspektrum weitere Frequenzen für den CB-Funk bereitzustellen. Eine Liberalisierung im Sinne einer Frequenzerweiterung oder Erhöhung der Sendeleistung ist deshalb leider nicht möglich. Eine weitere Liberalisierung der Vorschriften für Benutzer des CB-Funks ist in der Bundesrepublik Deutschland mit einer für jedermann geltenden Allgemeinen Genehmigung und mit einer Gebührenfreiheit für alle beweglichen Geräte kaum möglich. Diese Vorschriften der Deutschen Bundespost sind weit liberaler als vergleichbare Vorschriften in Schweden oder in den USA. Anlage 107 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 86): Inwieweit ist der Betrieb deutscher Küstenfunkstationen durch die Sendungen von Radio Kiew behindert oder ganz in Frage gestellt, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun? Der Seefunkdienst in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen Ländern Nordwest-Europas wurde seit 1976 durch Funksendungen aus dem Gebiet der Sowjetunion (Raum Kiew) gestört. Seit Anfang 1978 traten derartige Störungen nur noch vereinzelt und in verminderter Stärke auf. Damit wurden die ersten Erfolge der intensiven Bemühungen sichtbar, die der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen in Zusammenarbeit mit den Gremien der Internationalen Fernmeldeunion und den anderen betroffenen Fernmeldeverwaltungen auf der Grundlage des Internationalen Fernmeldevertrags unternommen hat. Die Bundesregierung wird die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten und um völlige Beseitigung der Störungen bemüht bleiben. Anlage 108 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 87 und 88) : Trifft die Verlautbarung des Zentralverbandes der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e. V. nach Kenntnis der Bundesregierung zu, daß die Bundesrepublik Deutschland im EG-Vergleich in der Wohnungsbauförderung an sechster Stelle — und damit im unteren Drittel - rangiert, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, aus dieser Tatsache Konsequenzen in der Hinsicht abzuleiten, daß sie das bisher praktizierte System der Wohnungsbauförderung in Zukunft stärker auf die Gewährung individueller Hilfen zu Lasten der Objektförderung umstellt, und sieht sie nicht auch in dieser Maßnahme eine willkommene Verstärkung der Wirtschaftstätigkeit, für die sich die Europäische Gemeinschaft in verschiedenen Verlautbarungen der letzten Monate ständig eingesetzt hat? Zu Frage B 87: Die Angaben der Europäischen Gemeinschaft beziehen sich nur auf den Anteil der im sozialen Wohnungsbau geförderten Wohnungen. In der Gesamtwohnungsbauleistung liegt die Bundesrepublik seit Jahren über dem Durchschnitt der westeuropäischen Länder. Wenn dies bei einer geringen Quote des preisgebundenen, öffentlich geförderten Wohnungsbaus möglich War, so kommt darin die hohe private Investitionsneigung zum Ausdruck. Im übrigen kann die Quote der objektgeförderten Wohnungen kein Maßstab für die Förderungsintensität insgesamt sein. In der Bundesrepublik übersteigen die steuerlichen Hilfen und die Bausparförderungen das Volumen der Objektförderung. 7672* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Zu Frage B 88: Von 1970 bis 1977 ist die Zahl der Wohngeldempfänger um ca. 64 % gestiegen. Sie wird sich 1978 als Folge der Wohngeldnovellierung weiter stark erhöhen. Dies zeigt, daß die Bundesregierung sich schon bisher für eine Verstärkung der individuellen Hilfen eingesetzt hat. Die 1978 in Kraft getretene Wohngeldnovelle beinhaltet eine Strukturverbesserung für das Wohngeld, die einen sachentsprechenden Interessenausgleich zwischen den Interessen der Wohngeldempfänger und der Gemeinschaft herstellt. Durch das jetzt praktizierte System einer nach Miethöhe gestaffelten Selbstbeteiligung und durch die Miethöchstbeträge soll ein wirtschaftliches Verhalten von Anbietern und Nachfragern gestärkt werden. Unabhängig hiervon hält die Bundesregierung für die Zukunft eine Stabilisierung des sozialen Wohnungsbaus auf dem gegenwärtigen Niveau für nötig; die Aufgaben der Stadterneuerung, der Eigentumsbildung bei Familien mit Kindern sowie der besseren Versorgung benachteiligter Gruppen sind anders nicht gesichert. Anlage zur Antwort an den Abgeordneten Dr. Schwörer Förderungsmaßnahmen der öffentlichen Hand im Jahre 1977 Millionen DM 1. Direkte Ausgleichszahlungen (offene Subvention) a) Objektförderung 1) 2 313 aa) sozialer Wohnungsbau 1 308 — Zinsverzichte 234 — Aufwendungsbeihilfen bb) Modernisierung b) Individualförderung 2) (Wohngeld) 1 469 Summe 5 324 1) Der bereits nachgewiesene Förderungsaufwand bezieht sich ganz überwiegend auf frühere Wohnungsbaumaßnahmen 2) 1978 ist mit 1 952 Millionen zu rechnen 3) nach dem Jahr der haushaltsmäßigen Auswirkung Quelle: 6. Subventionsbericht (Sollgrößen) und Sozialbericht 1977 2.Steuervergünstigungen a) Einkommensteuer 2 900 195 35 — §§ 7 b und 54 EStG — § 82a EStDV — § 3, 5 EStG b) Grundsteuer 1 190 c) Grunderwerbsteuer 350 d) Steuerbefreiung der Gemeinnützigen 185 Summe 4 855 3. Sonst. Maßnahmen zur Schaffung von Wohnungseigentum a) Wohnungsbauprämien 2) 1 850 b) Sonderausgabenabzug 780 Summe 2 630 Insgesamt (1.-3.) 12 809 Haushaltsansätze des Bundes für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus Bundeshaushaltsplan 1978 und die Finanzplanung bis 1981 sehen für die Beteiligung des Bundes am sozialen Wohnungsbau folgende Verpflichtungsrahmen vor: 1978 1979 1980 1981 — in 1 000 DM — Regionalprogramm 1 029 000 510 000 273 17 1 029 000 1 029 000 510 000 243 956 1 029 000 510 000 — Sozialprogramm und Grundförderung Aussiedlerwohnungsbau 510 000 232 541 zusammen: 1 812 117 1 771 541 , 1 782 956 1 539 000 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7673* Anlage 109 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 89 und 90) : Welchen Sinn sieht die Bundesregierung in der Förderung fortgeschrittener schneller Brutreaktoren durch die öffentliche Hand, wenn die Betriebserlaubnis dieser Reaktoren nicht vor- gesehen ist, und insbesondere die nordrhein-westfälische Landesregierung sogar den letzten Betrieb des Prototyps eines schnellen Brutreaktors in Kalkar nicht genehmigen will? Wie rechtfertigt die Bundesregierung die unterschiedliche staatliche Finanzierung der Forschung und Entwicklung bei Urananreicherung und Wiederaufbereitung, insbesondere die Tatsache, daß die Forschung und Entwicklung bei der Wiederaufarbeitung langfristiger orientiert sein muß? Zu Frage B 89: Die Bundesregierung fördert eine Reihe von Energietechnologien, denen das Potential beigemessen wird, zur langfristigen Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland beitragen zu können. Dazu gehört auch die Förderung der Entwicklung der natriumgekühlten Schnellbrutreaktoren (SBR). Ein trotz aller Kohlevorräte energiearmes Industrieland wie die Bundesrepublik Deutschland muß alle prinzipiell erfolgversprechenden Energietechnologien so weit untersuchen und entwickeln, daß für ihren praktischen, kommerziellen Einsatz eine ausreichende Beurteilungsbasis geschaffen wird. Hierzu dienen beim SBR die laufenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie die Errichtung der Prototypanlage Kernkraftwerk Kalkar. Bei der Erteilung der einzelnen Teilerrichtungsgenehmigungen im Genehmigungsverfahren wurde laufend geprüft, ob grundsätzliche Bedenken gegen die spätere Erteilung der Betriebsgenehmigung angezeigt sind. Bisher sind in diesem Verfahren solche Bedenken nicht bekannt geworden. Zu Frage B 90: Für die Sicherstellung der Brennstoffversorgung bei Leistungsreaktoren stellt die Verfügbarkeit der Brennstoffkreislaufdienste eine unabdingbare Grundvoraussetzung dar. Die Bundesregierung hat schon frühzeitig Forschung und Entwicklung zur Urananreicherung auf der Basis der energetisch und ökonomisch vorteilhaftesten Technologie, der Gaszentrifugentechnik mit dem Ziel gefördert, baldmöglichst die Phase der industriellen Anwendung zu erreichen. Die Urananreicherung mittels der Gaszentrifuge stellt heute eine Technik dar, deren industrielle Nutzung mit Bau und Betriebsbeginn der Anlagen in Almelo und Capenhurst inzwischen begonnen wurde. Auf Grund ihres geringen spezifischen Energieverbrauchs und der hohen Zuverlässigkeit wird der Zentrifugentechnik hohe Wirtschaftlichkeit im Vergleich mit der anderen, im industriellen Maßstab erprobten Technologie, der Diffusionsanreicherung, eingeräumt. Die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente ermöglicht zum einen die Rückführung der darin noch enthaltenen Energierohstoffe, d. h. eine Ressourcenschonung, zum anderen sieht die Bundesregierung die Wiederaufarbeitung als unerläßlichen ökologisch notwendigen Schritt, um radioaktive Abfälle zu sortieren und einer spezifisch angepaßten Konditionierung als Voraussetzung für eine sichere Endlagerung zuzuführen. Sie hat deshalb ebenfalls frühzeitig diesen Teil des Brennstoffkreislaufs gefördert, und damit die Voraussetzungen zur Realisierung des Entsorgungszentrums geschaffen. Die internationale Marktsituation ist bei Anreicherung und Entsorgung völlig verschieden. Während Anreicherungsleistungen von mehreren Ländern angeboten werden, sind Angebote für Dienstleistungen auf dem Entsorgungsssektor auch langfristig nicht zu erwarten. Die Bundesregierung hält es daher für erforderlich, gemeinsam mit den Partnern in Großbritannien und den Niederlanden die Technologie des Gaszentrifugenverfahrens weiterzuentwickeln und den Bau erster großer Anlagen zu fördern, da nur durch diese Maßnahmen die Abhängigkeit von Lieferungen aus dem Ausland vermindert werden kann. Durch die Maßnahmen der Bundesregierung zur Sicherung der Entsorgungsvorsorge ist sichergestellt, daß die Industrie von vornherein die industriellen Anlagen im Entsorgungszentrum mit Ausnahme des Endlagers finanziert, errichtet und betreibt. Wegen der umfangreichen Anforderungen an die Sicherheitseinrichtungen der Entsorgungsanlagen ist es aus der Sicht der Bundesregierung sinnvoll und erforderlich, längerfristig orientierte Forschungs- und Entwicklungsarbeiten insbesondere zur Verbesserung des Sicherheitskonzepts durch alternative Verfahrensschritte zu fördern. Dies befindet sich auch im Einklang mit den Empfehlungen der Reaktor-Sicherheits-Kommission und Strahlenschutz-Kommission zur sicherheitstechnischen Realisierbarkeit des Entsorgungszentrums. Einen besonderen Schwerpunkt bilden die Arbeiten im Zusammenhang mit der dem Bund obliegenden Endlagerung radioaktiver Abfälle. Arbeiten, die mehr der Verbesserung der betrieblichen Zuverlässigkeit und Sicherheit dienen, werden — auch bei Durchführung in den staatlichen Forschungseinrichtungen wie dem Kernforschungszentrum Karlsruhe — künftig von der Industrie mitfinanziert werden. Anlage 110 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Riesenhuber (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 91, 92, 93 und 94) : 7674* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor über Systeme zur Nutzung der Solar-Energie in der Bundesrepublik Deutschland, die nicht Solarkollektoren zur Warmwasserbereitstellung benutzen, und in welchem Umfange sind derartige Systeme durch die vorgesehenen Förderungsmaßnahmen des Staates mit berücksichtigt? In welchem Umfange wird durch die spezielle Förderung von Wärmepumpen und Solarkollektoren durch den Staat die Entwicklung neuartiger Nutzungssysteme der Solar-Energie von Warmwasserbereitstellung behindert, weil diese nicht unter die Förderung fallen? Welche Förderungsmöglichkeit gibt es zur Zeit 'für die Nutzung der Solartechnik in der Bundesrepublik Deutschland, und wie ist insbesondere die steuerliche Behandlung der Solartechnik bei Eigennutzung und Vermietung von Wohngebäuden geregelt? Wie beurteilt die Bundesregierung die Nutzung von Solarzellen zur Elektrizitätserzeugung in der Bundesrepublik Deutschland, und wird neben der Forschung und Entwicklung auch die Anwendung gefördert oder gefördert werden? Zu Fragen B 91 und B 92: Neben Systemen zur Nutzung der Sonnenenergie mit „Solarkollektoren zur Warmwasserbereitstellung" wird eine Vielzahl anderer Systeme entwikkelt, deren Potential zum Einsatz in der Bundesrepublik Deutschland aus heutiger Sicht unterschiedlich beurteilt wird. Diese Systeme beruhen im wesentlichen auf folgenden Prinzipien: 1. Systeme mit Kollektoren, in denen andere Medien als Wasser zum Wärmetransport verwendet werden. Solaranlagen mit Heißluftkollektoren z. B. können mit dem gleichen Systemwirkungsgrad für Heizzwecke eingesetzt werden wie Systeme mit Warmwasserkollektoren. Die Anwendung setzt jedoch den Betrieb einer Warmluftheizung voraus. 2. Systeme zur Elektrizitätserzeugung mit Hilfe von Fotozellen. Auf Grund des bis 1985 zu erwartenden Herstellungspreises ist, von isolierten Anwendungen abgesehen, ein Großeinsatz in der Bundesrepublik Deutschland bis dahin nicht zu erwarten. 3.- Systeme zur Erzeugung von Biomasse als Energierohstoff. Auf Grund des niedrigen Wirkungsgrades ist auf absehbare Zeit eine sinnvolle Anwendung unter den klimatischen Bedingungen der Bundesrepublik Deutschland nicht zu erwarten. Wie im Programm „Technologien zur Nutzung der Sonnenenergie 1977 bis 1980" dargelegt, fördert die Bundesregierung die Entwicklung aller sinnvoll erscheinenden Techniken und Systeme, mit denen solare Strahlung in eine nutzbare Energieform umgewandelt werden kann. Eine wesentliche Förderung zur Anwendung der Solartechnik stellt der Einbau von Solaranlagen in bundeseigenen Gebäuden im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms dar. Darüber hinaus kommt für marktreife Systeme eine Förderung im Rahmen des kürzlich vom Bundesminister für Wirtschaft eingeführten Programms zur beschleunigten Markteinführung energiesparender Technologien und Produkte in Betracht. Auch im Programm zur Einsparung von Heizenergie ist in diesem Zusammenhang vorgesehen, den Einsatz von Wärmepumpen und Solaranlagen zu fördern. Diese Maßnahmen stellen zusammen mit den steuerlichen Vergünstigungen ein in sich abgeschlossenes Konzept zur Förderung der Anwendung von Solartechnik dar. Der Bundesregierung ist kein sinnvolles System bekannt, das Solarenergie in Nutzwärme überführt, welches bei staatlichen Förderungsmaßnahmen ausgeschlossen oder nicht berücksichtigt ist. Zu Frage B 93: Solartechnische Heizungs- und Warmwasserbereitungsanlagen sind in den folgenden Fällen nach geltendem Steuerrecht begünstigt: — Bei Einbau in ein Ein- oder Zweifamilienhaus im Zuge der Errichtung ,des Gebäudes nehmen die anteiligen Herstellungskosten derartiger Anlagen an den erhöhten Absetzungen nach § 7 b Einkommensteuergesetz teil. — Bei nachträglichem Einbau einer Solaranlage zur Warmwasserbereitung in ein vor dem 1. Januar 1957 errichtetes privates Wohngebäude können diese Anlagen nach § 82 a EStDV abschreibungsbegünstigt sein. Das gleiche gilt für den Einbau einer solaren Raumheizung zusätzlich zu einer herkömmlichen Heizungsanlage. — Außerdem können für Solarenergieanlagen, die zum Anlagevermögen eines Betriebs gehören, Investitionszulagen nach § 4 a Investitionszulagengesetz 1975 in Betracht kommen. Dies wird durch das vom Deutschen Bundestag bereits beschlossene Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes und anderer Gesetze, das noch der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ausdrücklich klargestellt werden. Zu Frage B 94: Auf Grund des derzeitigen technologischen Entwicklungsgrades zur Erzeugung von Elektrizität mit Hilfe von Solarzellen liegt der Schwerpunkt der Förderung dieser Technik im Forschungs- und Entwicklungsbereich. Sobald der technologische Stand auch eine breitere Anwendung in der Bundesrepublik Deutschland erwarten läßt, wird die Bundesregierung prüfen, ob die beschleunigte Markteinführung über das ohnehin mögliche Maß hinaus sinnvoll erscheint. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7675* Anlage 111 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 95) : Besteht nach Auffassung der Bundesregierung bei Satellitenunfällen für die Startstaaten die konkrete Informationspflicht und das Prinzip der Gefährdungshaftung nach den allgemeinen Verpflichtungen des Völkerrechts zur Schadensabwehr, und ist die Bundesregierung bereit, zusammen mit 'den verbündeten Staaten eine entsprechende völkerrechtskonforme Interpretation im Weltraumrecht und in der Staatenpraxis zum Weltraumrecht durchzusetzen, ohne in einem endlosen Verfahren ein Konsensprinzip anzustreben? Eine Gefährdungshaftung für Schäden im Zusammenhang mit Satellitenunfällen ist bereits in völkerrechtlichen Verträgen festgelegt, bei denen die Bundesrepublik Deutschland Vertragspartner ist. Nach Art. VII des Weltraumvertrages vom 27. Januar 1967 (BGBl. 1969, II S. 1967) und Art. II des Übereinkommens vom 29. März 1972 über die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände (BGBl. 1975, II S. 1209) haften Startstaaten ohne Rücksicht auf Verschulden für Schäden, die ein von ihnen gestarteter Weltraumgegenstand auf der Erdoberfläche oder an Luftfahrzeugen im Flug verursacht. Ebenso eindeutige Rechtsgrundlagen für eine konkrete Informationspflicht der Startstaaten bei Satellitenunfällen finden sich noch nicht in völkerrechtlichen Verträgen. Mit Rücksicht auf die nach Nr. 1 bestehende Gefährdungshaftung liegt es jedoch im eigenen Interesse der Startstaaten, bei Satellitenunfällen gefährdete Staaten zu informieren, um dadurch potentielle Schäden abzuwenden oder zu mindern, zu deren Ersatz sie verpflichtet sind. Das Übereinkommen über die Registrierung von in den Weltraum gestarteten Gegenständen vom 14. Januar 1975, das von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet und nun zu ratifizieren ist, gewährt jedem Vetragsstaat ein Recht auf Unterstützung durch die anderen Vertragsstaaten bei der Identifizierung eines Weltraumgegenstandes, der diesem Staat oder seinen natürlichen oder juristischen Personen Schaden zugefügt hat oder der seiner Art nach gefährlich oder schädlich sein könnte. Eine darüber hinausgehende Pflicht zur Information über die von dem Weltraumgegenstand ausgehende konkrete Gefahr ergibt sich auch nicht aus den Bestimmungen des Weltraumvertrages über die allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen anderer Vertragsstaaten im Zusammenhang mit Tätigkeiten im Weltraum und zu entsprechenden Konsultationen (Art. IX) ; auch die im Weltraumvertrag niedergelegte Informationspflicht konzentriert sich lediglich auf „Art, Durchführung, Orte und Ergebnisse" von Tätigkeiten im Weltraum, ohne gezielt auf Satellitenunfälle abzustellen (Art. XI). Ziel der Bemühungen der Bundesregierung ist es, die sich abzeichnende Tendenz für eine Informationspflicht bei Satellitenunfällen zu verdichten und zu konkretisieren. In diesem Sinne beteiligt sich die Bundesregierung aktiv an der Weiterentwicklung des Weltraumrechts im Rahmen der Vereinten Nationen. Sie ist Miteinbringer einer Initiative, die für Satelliten mit nuklearer Energieversorgung außer Sicherheitsmaßnahmen und Beistandspflichten gerade auch konkrete Informationspflichten der Startstaaten fordert. Das im Weltraumausschuß der Vereinten Nationen geltende Konsensprinzip hat sich bei der Erarbeitung der erwähnten Quellen des Weltraumrechts bewährt. Es ist ein zwar mühsamer, aber in der politischen Realität nicht zu umgehender Weg zur Erreichung von Beschlüssen der Generalversammlung der Vereinten Nationen, auf Grund deren sich die Mitgliedstaaten vertragliche Verpflichtungen auferlegen. Die Bundesregierung sieht daher auch im Hinblick auf eine Konkretisierung der Informationspflicht keine wirksame Möglichkeit, das angestrebte Ziel schneller zu erreichen. Anlage 112 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Fragen B 96 und 97): Wie beurteilt die Bundesregierung die zunehmende Tendenz von Gesundheitsstörungen bei Schulkindern durch den Schulstreß, und welche Folgerungen zieht sie daraus? Liegen der Bundesregierung Untersuchungen darüber vor, in welchem Ausmaß Schulstreß zu Gesundheitsstörungen führt, und welche Maßnahmen will sie in Zusammenarbeit mit den Kultusministern der Länder dagegen einleiten? Zu Frage B 96: In den letzten Jahren beklagen weite Kreise der Öffentlichkeit, insbesondere Vertreter der Eltern, der Lehrerverbände, der Ärzteschaft sowie die Medien eine Zunahme gesundheitlicher Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Als eine der. Hauptursachen wird dabei die wachsenden Beanspruchung durch das Schulsystem genannt. Die Bundesregierung hat diese Vorwürfe von Anfang an sehr ernstgenommen. Sie bemüht sich um eine Klärung und den Abbau der Ursachen für Überbeanspruchung und überhöhten Leistungsdruck. Um die Diskussion über den Schulstreß aus dem Raum der Polemik hinaus in den Bereich wissenschaftlich fundierter Kritik zu führen, beauftragte der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft 1976 eine Reihe von Wissenschaftlern mit der Erstellung von Gutachten zu dieser Problematik. 7636* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 Das Thema der Beanspruchung von Kindern und Jugendlichen durch bestimmte inhaltliche, organisatorische und ökologische Gegebenheiten und Regelungen im Bildungswesen wurde unter verschiedenen Aspekten untersucht, und zwar im einzelnen durch: — Professor Frank Achtenhagen (Göttingen) — die methodisch-didaktischen Aspekte — — Professor Helmut Fend und Wolfgang Knörzer (Konstanz) — der Aspekt der schulischen Sozialisation — Professor Klaus Hurrelmann (Essen) — die außerschulischen Aspekte — - Professor Gerd Mietzel (Duisburg) — die pädagogisch-psychologischen Aspekte — — Professor Josef Rutenfranz (Dortmund) — die arbeitsphysiologischen Aspekte — — Professor Friedrich Specht (Göttingen) — die kinder- und jugendpsychiatrischen Aspekte — — Professor Wolfgang Techner (Kiel) — die schulorganisatorischen Aspekte sowie die Aspekte der Schulleistungsbeurteilung —. Bei der Analyse des Forschungsstandes kommen die Gutachter einhellig zur der Überzeugung, daß zwar große Forschungsdefezite in diesem Bereich vorhanden sind, es aber durchaus fraglich ist, ob Gesundheitsstörungen, soweit sie überhaupt ursächlich in der Schule begründet sind, zunehmen. Die Streß-Problematik und die neu erwachte Diskussion darüber wird als primär gesellschaftliches Phänomen gesehen, das nicht nur isoliert im Schulbereich auftritt. Wie der „Bericht der Bundesregierung über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland" (1975) zum Ausdruck bringt, läßt sich in allen gesellschaftlichen Bereichen eine Zunahme psychosomatischer Erkrankungen feststellen; Schulkinder machen in dieser Hinsicht offenbar leider keine Ausnahme. Mit Fragen speziell der gesundheitlichen Belastung von Schulkindern befassen sich die Gutachten von Rutenfranz und Specht. Beide machen deutlich, daß sich gesundheitliche Störungen nicht generell monokausal auf schulische Bedingungsfaktoren zurückführen lassen, auch wenn Faktoren der schulischen Selektion und Leistungsbeanspruchung entscheidenden Einfluß haben. „Schulstreß" ist danach als sehr komplexes Bedingungsgefüge zu sehen, das in seinen Wechselwirkungen leider noch weitgehend unerforscht ist. Die Gutachter sprechen sich insbesondere dafür aus, im Rahmen von Forschungsvorhaben Fragen der Gestaltung des „Arbeitsplatz Schule", der psychischen Beanspruchung und der Früherkennung und Verminderung individueller Risiken zu klären. Zu Frage B 97: Es liegen der Bundesregierung, wie in der Antwort zu Frage B 96 bereits erläutert, bisher keine empirischen Untersuchungen über Zusammenhänge und Ausmaß von schulischen Bedingungsfaktoren, Schulstreß und Gesundheitsstörungen vor, die das gesamte Bedingungsgefüge erfassen. Die vorliegenden 7 Gutachten zur Aufarbeitung des bisherigen Forschungsstandes, deren Ergebnisse, Hypothesen und Empfehlungen im Frühjahr 1977 mit einem Kreis von Experten diskutiert wurden, zeigen auf, welche Maßnahmen vordringlich einzuleiten sind. Neben der weiteren Erforschung der Thematik sind vor allem die Bemühungen um bessere Beziehungen zwischen Eltern, Lehrern und Schülern zu verstärken. Auch sollte versucht werden, die Probleme der Schule durch mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit von Pädagogen, Soziologen, Psychologen und Medizinern zu lösen und schulische Selektionsmechanismen abzubauen. Die Ergebnisse der Gutachten und Tagungen (auch mit den Betroffenen) wurden in die Beratungen der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung mit dem Ziel eingebracht, entsprechende Modellversuchschwerpunkte zu setzen und diesen Fragen bei der Fortschreibung des Bildungsgesamtplanes besonderes Gewicht zu verleihen. In einzelnen Bereichen konnten schon gemeinsam mit den Ländern entsprechende Forschungs- und Modellversuchsaktivitäten eingeleitet werden. Die Schwerpunkte liegen dabei auch in der Weiterentwicklung und Erprobung neuer Formen der Unterrichtsorganisation, Beratung und Schulsozialarbeit. Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Institutionen erhält hier ebenfalls ein besonderes Gewicht. Anlage 113 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Becker (Frankfurt) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1850 Frage B 98) : Welche Möglichkeiten der Hilfe sieht die Bundesregierung bei den nach Auslaufen der Förderung durch die deutsche Forschungsgemeinschaft in Schwierigkeiten kommenden 20 Labors zur vorgeburtlichen Chromosomen-Diagnostik, die zur Vermeidung angeborener Schädigungen von größter Bedeutung sind? Zu dem Sachverhalt hat der Abgeordnete Kuhlwein bereits eine entsprechende Frage gestellt. In Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7677* der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 27. April 1978 habe ich erklärt, daß für die Anschlußfinanzierungen die Länder zuständig sind. Ich darf insofern auf den Stenographischen Bericht der 88. Sitzung des Deutschen Bundestages verweisen. Ich bin wie Sie der Meinung, daß zur Entwicklung der vorgeburtlichen Diagnostik die vorhandenen Chromosomen-Laboratorien erhalten bleiben bleiben sollten, soweit dafür ein Bedarf besteht. In diesem Sinne habe ich mich bei der 40. Sitzung der Gesundheitsministerkonferenz am 9./10. November 1977 verwandt. Nach meinen Informationen ist die Anschlußfinanzierung im wesentlichen sichergestellt.
Gesamtes Protokol Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809600000
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 8. Juni 1978 im Nachgang zu seinem Schreiben vom 12. Mai 1978 mitgeteilt, daß der Bundesrat in seiner Sitzung am 2. Juni 1978 gegen den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1978 (Nachtragshaushaltsgesetz 1978) keine Einwendungen erhoben hat. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1890 verteilt.
Gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 8. April 1959 hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung mit Schreiben vom 6. Juni 1978 den Deutschen Bundestag über die Beschäftigung Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen (Stand: 1. Oktober 1977) unterrichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1892 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 7. Juni 1978 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende Vorlage zustimmend zur Kenntnis genommen hat:
Empfehlung einer Verordnung (EWG) des Rates zum Abschluß des Handelsabkommens zwischen der Europäischen 'Wirtschaftsgemeinschaft und der Volksrepublik China (Drucksache 8/1686)
Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 31. Mai bis 6. Juni 1978 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/1889 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Aufhebbare Einundvierzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksache 8/1858)

überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts dem Plenum am 21. September 1978
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:
Große Anfrage der Abgeordneten Lattmann, Weißkirchen (Wiesloch), Dr. Meinecke (Hamburg), Büchner (Speyer), Dr. Enders, Kretkowski, Peiter, Dr. Staudt, Dr. Steger, Thüsing, Voigt (Frankfurt), Wüster, Frau Schuchardt, Dr.-Ing. Laermann, Schäfer (Mainz), Möllemann, Hölscher und der Fraktionen der SPD, FDP
Zur Bildungspolitik
— Drucksachen 8/1255, 8/1703 —
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Meinecke.

Dr. Rolf Meinecke (SPD):
Rede ID: ID0809600100
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns liegt die Antwort der Bundesregierung auf eine Große
Anfrage der Fraktionen der SPD und der FDP zur Bildungspolitik vom 24. November 1977 vor. Der Grund für die Einbringung dieser Großen Anfrage durch die Fraktionen der SPD und der FDP war der Wunsch nach einer Standortbestimmung, nach einer bildungspolitischen Zwischenbilanz. Ohne das Zahlenmaterial, ohne den Rückblick und die argumentativen Perspektiven der Antwort der Bundesregierung wird man eine bildungspolitische Diskussion in der näheren Zukunft kaum sachlich bestreiten können.
Ich setze deshalb voraus, daß zumindest den Mitgliedern dieses Hauses — und damit meine ich nicht nur die „prädestinierten Bereichsexperten" — die Kernaussagen und Analysen dieser Drucksache 8/1703 bekannt sind. Ich beabsichtige deshalb keine Detailfragen oder Probleme bis ins einzelne zu erörtern. Es kann nur der Sinn der Behandlung von Großen Anfragen in den letzten Jahren gewesen sein, als wir dieses Verfahren umgestellt haben, die Kenntnis des Textes vorauszusetzen und nicht das, was schon vor Wochen gedruckt wurde, hier erneut wiederzukauen.
Für die Fraktion der Sozialdemokraten darf ich der Bundesregierung, insbesondere natürlich dem Bildungsminister, für diese umfangreiche, nüchterne und sachliche Antwort danken. Ich erlaube mir, ihm gleichzeitig zu seinem Geburtstag zu gratulieren.

(Beifall)

Allein aus den ersten drei Absätzen der Antwort werden Umfang, Dimension und Bedeutung der gegenwärtigen Probleme und Aufgaben, die sich uns in der Bildungspolitik stellen, klar.
Erstens. Die Bildungs- und Berufschancen für die geburtenstarken Jahrgänge müssen gesichert und verbessert werden.
Zweitens. Das Bildungswesen muß kontinuierlich für benachteiligte Gruppen geöffnet werden.
Drittens. Es müssen vermehrte Weiterbildungsmöglichkeiten geschaffen werden, die den sich ändernden Strukturen im ökonomischen und arbeitsmarktpolitischen Prozeß entsprechen.
Die geburtenstarken Jahrgänge stellen das gesellschaftspolitische Schlüsselproblem für das nächste



Dr. Meinecke (Hamburg)

Jahrzehnt dar. Wir sind nun bildungspolitisch insofern — aber nur insofern — über den Berg, als dies bekannt ist und die Problematik des gegenwärtigen Stands der Beschäftigung und der künftig zu erwartenden Belastung des Bildungs- und Beschäftigungssystems durch diese Jahrgänge politisch begriffen wird und daß sich politische Entscheidungen aus diesen Beziehungen und Belastungen ergeben haben oder noch ergeben müssen. Auch deshalb erschien uns eine kritische und bei Gott keine selbstgerechte Bestandsaufnahme des zurückliegenden Jahrzehnts notwendig.
Wenn nun das Grundgesetz den Ländern die wesentlichen Zuständigkeiten und damit natürlich auch die entscheidenden Verantwortlichkeiten zuweist, so haben wir, Bundestag und die Bundesregie, rung, im Rahmen unserer begrenzten Möglichkeiten zu einer gesamtstaatlich verantwortlichen Bildungspolitik beizutragen. Kommentare aus dem wissenschaftlichen Bereich, die sich mit dem Grundgesetz und dem Verfassungsauftrag beschäftigen, enthalten in der letzten Zeit deutlicher denn je den Hinweis auf die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse. Wir empfinden dies keineswegs als Bürde, sondern als Verpflichtung.
Uns hat bei der Betrachtung und Analyse des Bildungs- und Beschäftigungssystems eine grundlegende Frage zu beschäftigen: Können die bisherigen und künftigen Maßnahmen dem Druck und den Folgen der demographischen Entwicklung hinsichtlich des Beschäftigungssystems standhalten? Wir alle wissen, daß die Entwicklung unserer Bevölkerungsstruktur — aufgeteilt nach Jahrgängen, nach Beschäftigten, nach Rentnern — bis vor wenigen Jahren nicht erkannt und beachtet worden ist. Die statistische Basis haben wir uns zuerst, wenn ich so sagen darf, erkämpfen müssen. Sie werden der Bundesregierung und den Regierungsparteien daraus keine Versäumnisse vorwerfen können.
Lassen Sie mich dazu zwei Jahreszahlen nennen. Der Wissenschaftsrat unterschätzte 1963 in seinem Gutachten über Abiturienten und Studenten — Entwicklung und Vorausschätzung der Zahlen von 1950 bis 1980 — die Zahl der Studenten für 1969 um gut ein Drittel und für 1971 gar um mehr als die Hälfte. In seinen „Empfehlungen zur Struktur und zum Ausbau des Bildungswesens im Hochschulbereich nach 1970" wurde über den knappen Zeitraum von vier Jahren die Zahl der Studenten für 1973 um rund 140 000 unterschätzt. Das sind immerhin 10 Hochschulen mittlerer Größe.
Auch die ständig hinausgeschobene Erfassung der Schülerzahlen hat zu falschen oder zu gar keinen Schlüssen geführt. Das Absinken der Geburtenraten nach 1966 ist zunächst in seiner Bedeutung überhaupt nicht erkannt worden. Über diese frühe Nachlässigkeit läßt sich auch nicht dergestalt hinwegargumentieren, wie es der damalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und heutige Oppositionsführer, Herr Kohl, exakt vor zwei Jahren vor der Sommerpause hier vom Platz des Bundesrates aus zu verstehen gab, als er der sozialliberalen Koalition die Schuld für den sogenannten Pillenknick zuschob und die „Fruchtbarkeitskrise" beschwor. Sie erinnern sich an diese interessante Diskussion.
Wir wissen also heute auf Grund verbesserter Instrumentarien um den Druck bis 1985/87 und um die Tatsache, daß viele Hunderttausende von zusätzlichen Ausbildungsplätzen und Arbeitsmöglichkeiten in allen Bereichen zur Verfügung gestellt werden müssen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit schätzt die Zahl ungefähr auf 1,5 Millionen. Diese 1,5 Millionen an zusätzlichen Ausbildungsplätzen sind durch 10 zu dividieren und auf die Hochschulen, die Universitäten, auf das duale System und auf die beruflichen Vollzeitschulen aufzuteilen. Eigentlich müßte es in. dieser Gesellschaft doch mit dem Teufel zugehen, wenn dieses Problem nicht in den nächsten 10 Jahren zu bewältigen wäre.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Eine zweite Frage, die sich bei der Analyse des gesellschaftspolitischen Standorts des Bildungssystems stellt und auf die eine eindeutige Antwort gegeben werden muß, ist die, ob das Beschäftigungssystem die Eckdaten und Inhalte der Bildungsprozesse durch Bedarfsanmeldung in bezug auf Ausbildungsdauer, Qualifikationsstruktur, Abschlüsse, Kompetenztypen und Absolventenzahlen bestimmt, ja definieren soll. Sie haben in Ihrem Entschließungsantrag eine Äußerung in diesem Sinne gemacht. Dies ist ein ganz heikles Thema. Andersherum gefragt: Hat das Bildungssystem mehr als bisher auf die Bedürfnisse der ökonomischen Entwicklung unseres Beschäftigungssystems Rücksicht zu nehmen? Allein diese Fragestellung — gleichgültig aus welchem Blickwinkel — macht deutlich, daß die Inhalte und die Organisationsformen unseres Bildungssystems mindestens seit 1974 quasi unter einen Druck von außen geraten sind.
Mit diesem Druck geht eine Gefahr für zwei wesentliche Komponenten der Bildungsaufgabe an sich einher, nämlich Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit. Sie könnten zwischen zwei Fronten geraten. Einerseits sieht die Ökonomie in der Bildung den dritten Pfeiler — neben Arbeit und Kapital — eines Wirtschaftswachstums. Eine hohe Qualifikation der Arbeitskräfte — „Humankapital" genannt — ist danach für ein langfristiges Wirtschaftswachstum von eminenter Bedeutung. Andererseits lastet auf dem Bildungssystem ein Druck durch die gesamtökonomische Entwicklung mit einem wesentlich verringerten jährlichen Bruttosozialprodukt.
An diese Zwickmühle knüpft meine dritte Bemerkung an. Die zweifellos schwierigen oder erschwerten Situationen der Staatsfinanzen und -haushalte sowohl im Bund wie in den Ländern spielen eine nicht unerhebliche Rolle für die Stabilisierung des Bildungssystems und den Ausbau der Bildungseinrichtungen. Es kam doch darauf an, in dem Konjunkturablauf sowohl durch Investitionsspritzen wie auch Steuererleichterungen und ein Bündel von anderen Maßnahmen zusätzliche Mittel einzubringen, die in der ursprünglich einmal vorgesehenen mittelfristigen Finanzplanung keinen Platz hatten und



Dr. Meinecke (Hamburg)

darum anderweitigen Politikbereichen entnommen oder, besser gesagt, entzogen werden mußten. Diese Bedrängnis unseres Bildungssystems von außen hat zu Entwicklungen geführt, die denjenigen, die die Inhalte des im Jahre 1973 gemeinsam unterschriebenen Bildungsgesamtplans vielleicht nur mit halbem Herzen bejahten, heute die Möglichkeit gibt, am Rande des Geschehens mit erhobenem Zeigefinger zu stehen und besserwisserisch zu behaupten, sie hätten immer schon gewarnt, und von „gescheiterter Reform" zu faseln.
Daß dies reiner Opportunismus ist, müßte spätestens der begreifen, der wenigstens einmal einen Blick in den Bericht der Expertengruppe des Ausschusses für Bildungsfragen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der OECD, geworfen hat.

(Zuruf von der CDU/CSU: Vorsitzender Jochimsen!)

Dieser Bericht heißt: „Perspektiven der Bildungspolitik bei sich wandelnden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen". Eben hier auch mit dem Blick auf die Bundesrepublik darzustellen, daß es sich nicht um gescheiterte Reformen handelt, sondern daß veränderte gesellschaftliche und ökonomische Bedingungen Auswirkungen auf das Bildungssystem gehabt haben, ist auch der Sinn unserer Anfrage und der Beantwortung gewesen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wie ich bereits eingangs herausgestellt habe, geht die Antwort der Bundesregierung weit über das normale Maß einer Antwort im Rahmen einer großen Anfrage hinaus. Man muß schon sehr auf Konfliktkurs programmiert sein, wollte man nicht anerkennen, daß sie eine großartige Bestandsaufnahme ist, eine Zwischenbilanz dessen, was in den letzten sieben bis acht Jahren an Positivem geschehen ist, und welche Aufgaben in den nächsten zehn Jahren vor uns liegen.
Lassen Sie mich noch einige Punkte thesenartig nennen. Da ist der Bereich der Entwicklung der Klassengrößen in diesen Jahren oder die Entwicklung der Ausgaben pro Schüler im Schulwesen, die Entwicklung der Bildungsbeteiligung überhaupt und auch, wenn Sie so wollen, die Entwicklung der Lehrerbesoldung in unserem Land. Innerhalb des Bereichs der Bildungschancen ist auf die Verbesserung der Situation der Grundschule, auf das Kapitel über die Hauptschule und die berufsbezogenen Inhalte und beispielsweise auf die Förderung der Chancengleichheit über den zweiten Bildungsweg und die Möglichkeiten der Weiterbildung hinzuweisen. Ganz besonders eindrucksvoll ist in der Ziffer 92 auf Seite 39 des Berichts der internationale Vergleich, wo es heißt, daß „heute die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich des Angebots von Bildung und dualer Ausbildung weit vor der Leistung anderer Industriestaaten stehe". Dies sollte nun erst einmal widerlegt werden.
Die Reaktion auf die der Öffentlichkeit bekanntgemachte Antwort der Bundesregierung war von seiten einiger Kollegen der CDU/CSU-Fraktion ziemlich schnell oder eher vorschnell und ausschließlich negativ. Kritik ist natürlich Ihr gutes Recht. Sie werden das nachher noch formulieren, nehme ich an. Ich frage mich manchmal nur, wie Sie es nun eigentlich machen, eine ein- bis zweiseitige negative Bewertung bereits am Tage der Veröffentlichung eines 63seitigen Berichts einer Bestandsaufnahme zu veröffentlichen. Ich habe manchmal den Eindruck, Herr Kollege Pfeifer, Sie tauschten bei den Presseerklärungen lediglich das Datum aus.

(Beifall bei der SPD)

Inhaltlich auffallend ist, daß Ihre Kritik immer auf die im Jahr 1970 dargestellten Ziele im Bildungsbericht der Bundesregierung und auf das heute Erreichte Bezug nimmt. Sie verweisen dann immer mit einer gewissen Selbstherrlichkeit und einem ziemlichen Maß an Zynismus darauf, in welcher Weise die Regierungskoalition versagt habe und ihre gesteckten Ziele nicht habe erreichen können. Es ist der merkwürdige und zugleich unlogische Versuch, vom Bildungsbericht des Jahres 1970 auf den heutigen Stand kurzzuschließen. Merkwürdig deshalb, weil Sie in der politischen Diskussion gerne vergessen machen möchten, daß die Ministerpräsidenten der Länder und die Bundesregierung sich auf Grund des Bildungsberichtes drei Jahre später auf einen Bildungsgesamtplan im Prinzip geeinigt haben. Zwar enthielt natürlich dieser Einigungsbericht einige Minderheitsvoten bezüglich spezieller und besonderer Strukturen unseres Systems, die aus der Sicht der Länder — das sei hier auch durchaus akzeptiert — hinsichtlich einiger Lösungen anders gesehen wurden. Dies tut aber doch der Tatsache einer gemeinsamen Einigung auf einen Gesamtplan keinen Abbruch.
Es wäre schon recht genußvoll, Ihnen einige Ihrer Aussagen während der Debatte über den Bildungsgesamtplan vom 15. März 1974 vorzuhalten. Ich muß mir dies aus Zeitgründen hier und heute verkneifen. Aber vielleicht lesen Sie es einmal in der Sommerpause nach.
Erinnern 'muß ich aber doch — sozusagen als historische Lektion — an das, was eigentlich in den 60er Jahren und besonders am Ende der 60er Jahre dazu geführt hat, überhaupt auf dem Gebiet der Bildungspolitik zu veränderten verfassungsmäßigen Zuständigkeiten und zu einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zu kommen. Sie wissen doch genau, daß der Stichtag eigentlich der 20. März 1964 mit der Einsetzung der sogenannten Troeger-Kommission gewesen ist, die ihr Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland dann im Jahre 1966 vorgelegt hat, und daß ein weiterer Schwerpunkt im Umdenkungs- und Planungsprozeß der „Bericht über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet der Bildungsplanung" der Regierung Kiesinger/Brandt vom 13. Oktober 1967 gewesen ist.
Lassen Sie mich aus dem Troeger-Gutachten einmal zitieren, weil das ja nun alles längst verdrängt ist und die Debatte über den Strukturbericht wieder große Wellen schlägt. Was hat denn da dringestanden? Es war doch eine unabhängige Kommission, nicht parteipolitisch geprägt. Es hieß dort 1966, also vor über zehn Jahren:



Dr. Meinecke (Hamburg)

In den letzten Jahren hat sich wiederholt gezeigt, daß entscheidend wichtige Probleme mit der überkommenen Form des Föderalismus nicht mehr befriedigend gelöst werden können. Die bundesstaatliche Ordnung unterliegt dem Wandel der politischen, ökonomischen und sozialen Verhältnisse. Sie kann deshalb nicht auf unabsehbare Zeit verfassungsrechtlich fixiert werden. Andernfalls würde sie eine zeitgemäße und zweckmäßige Erfüllung der staatlichen Aufgaben behindern und als störendes Element der politisch-wirtschaftlichen Ordnung empfunden werden.
Und weiter:
Es muß deshalb eine Form des Föderalismus entwickelt werden, die ein ausgewogenes und bewegliches System der Zusammenordnung und der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern ermöglicht. Der Föderalismus unserer Zeit kann deshalb nur ein kooperativer Föderalismus sein.
Die Regierung Brandt hat dann mit dem Bildungsbericht 1970 die eigentliche Konsequenz aus diesen sich in der Gesellschaft und im Staatswesen entwickelnden Tendenzen und Erkenntnissen gezogen und in praktische Politik umgesetzt. Dies war das Schwierigste, und es war ein mutiger Akt. Das sollte man einmal zugeben. Es hat überhaupt keinen Sinn, irgendwelche Zahlen herauszufischen und sie unter Leugnung veränderter ökonomischer und soziostruktureller Faktoren zu verifizieren versuchen oder anzuklagen. Das Entscheidende war und bleibt zu würdigen: die politische Umsetzung und daß der Weg für einen Bildungsgesamtplan frei war. Auf dieser Basis arbeiten wir heute. Und er wird auch weiterentwickelt. Er ist existent und nicht zu leugnen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Nun versucht die Opposition — —

(Dr. Probst [CDU/CSU]: Sie verlassen ja diesen Plan!)

— Herr Probst, ich freue mich, Sie wiederzusehen, da Sie doch mein Ausschußvbrsitzender waren und viel dazu beigetragen haben, daß ich imstande bin, ein bißchen die Dinge zu reflektieren. Schönen Dank, Herr Kollege.
Die Opposition versucht nun — da wir Fußballweltmeisterschaft erleben und ich mich dem natürlich nicht auch entziehen kann — einen politischen Doppelpaß zu spielen. Sie möchte den Bildungsgesamtplan, der quasi ein Vertrag zwischen Bund und Ländern war und ist und der das Ergebnis vorangegangener unabhängiger Empfehlungen war, schlicht und elegant zu umgehen, weil man heute gern sagen möchte, diese Entwicklung sei eine verfehlte gewesen, da es in Ihrer Sicht offenbar nur noch den Bildungsbericht 1970 der ersten sozialliberalen Regierung und einen Bildungsgesamtplan nicht gibt.
Wo wären wir heute — möchte ich Sie fragen —, wenn es das Institut der Gemeinschaftsaufgaben nicht gegeben hätte?

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Sehr richtig!)

Damit meine ich nicht nur den Küstenschutz. Ich werde mich an der verspäteten Herumzweifelei nicht beteiligen, auch dann nicht, wenn sie von einigen Finanzressortchefs von uns regierter Bundesländer kommt — um das hier ganz ehrlich zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin für die Beibehaltung dieses Instituts für die nächsten zehn Jahre, um das noch einmal in aller Offenheit zu sagen. Kleinliche Mäkelei nützt da nichts.
Wenn man nun vom Bildungsgesamtplan des Jahres 1973 ausgeht — ich setze voraus, daß Ihnen die ersten Kapitel mit den dargelegten Zielvorstellungen noch bekannt sind —, möchte ich pauschal sagen, daß viele der einmal bis zum Jahr 1985 ins Auge gefaßten Absichten bereits in den letzten Jahren Zug um Zug verwirklicht worden sind. Es wäre töricht, je nach politischem Standort den kernigen Überschriften mancher außerparlamentarischer Kommentare nachzuhängen, die ,da lauten: „Der welke Charme der Reform" oder „Die zweite Reform" oder „Die Bildungsreform steht noch aus" oder „Neue Generation ohne jegliche Chancen". Nach meiner Überzeugung kommt es allerdings darauf an, einzelne Zielsetzungen des Bildungsgesamtplans noch anspruchsvoller zu gestalten.
Wichtig erscheint mir der Hinweis darauf, daß anspruchsvolle Einschätzungen und Prognosen nicht allein dadurch im Hinblick auf ihre vollständige Verwirklichung abgeklopft werden dürfen, daß man nach einiger Zeit Punkt und Komma zu verifizieren beginnt. Ich bin sicher, daß die Kollegen der CDU/CSU sehr gut wissen, es aber aus einem falsch verstandenen Oppositionsdenken heraus nicht zugeben wollen, daß ökonomische und veränderte technologische und strukturelle Faktoren auch Einfluß auf den Bildungsprozeß haben können. Er darf aber nicht in völlige Abhängigkeit von der gesamten Ökonomie gebracht werden.
Ich bringe hierzu ein Beispiel: Aus dem ökonomischen und finanzwirtschaftlichen Teil des Bildungsgesamtplans, der weitgehend nicht von der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, der auch sehr schwer zu lesen ist — gebe ich zu —, geht eindeutig hervor, daß von allen Seiten gegen die optimistische Zielsetzung damals insoweit Bedenken geltend gemacht wurden — und es wurden Befürchtungen geäußert —, daß ein allgemein angehobenes Bildungsniveau eine möglicherweise unheilvolle Entzugswirkung auf den Arbeitsmarkt haben könnte und volkswirtschaftlich nicht zu verantworten sei. Es heißt im Bildungsgesamtplan:
Die Verwirklichung der bildungspolitischen Ziele bis zum Jahre 1985 hat direkte und indirekte Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die gegenwärtig nicht voll übersehbar sind. Die angestrebte Entwicklung des allgemeinen Bildungsniveaus führt zu einer längeren Verweildauer der Jugendlichen in der Schule und zu einem höheren Anteil von Studierenden in den einzelnen Jahrgängen. Dementsprechend werden weniger einheimische Erwerbspersonen für die Produktion verfügbar sein.



Dr. Meinecke (Hamburg)

Gleichzeitig wird davor gewarnt, noch mehr ausländische Arbeiter in den deutschen Arbeitsprozeß einzugliedern. Das war 1973, ist also noch keine fünf Jahre her.
Heute werden wir angesichts veränderter gesamtwirtschaftlicher Faktoren genau mit den umgekehrten Problemen und den entgegengesetzten Wirkungen konfrontiert. Angesichts der geburtenstarken Jahrgänge müssen sich heute alle Maßnahmen, die im Bereich der Bildungsorganisation geplant werden, auch der Notwendigkeit beugen — ich sage: auch —, daß eine gewisse vorübergehende Entzugswirkung auf dem Arbeitsmarkt herbeigeführt werden muß, die jetzt gewollt ist.
Wir stehen in dem Sachzwang — und Sie, meine Kollegen von der CDU/CSU, stehen vor der Schwierigkeit, Ihren Umdenkungsprozeß hinsichtlich Ihrer jahrelangen Kritik an der Bildungsexpansion zu erläutern —, für eine vorübergehende Zeit von etwa acht bis zehn Jahren Veränderungen herbeizuführen, die den Zweck haben, die Lebensarbeitszeit im Prinzip an der unteren Basis zu verkürzen, um eine gewisse Aufschubwirkung herbeizuführen, um das Herandrängen von jährlich etwa 60 000 bis 70 000 Ausbildungsplatzsuchenden zu verzögern, um etwas Luft zu bekommen. Ich weiß, daß es nur eine Verschiebung ist. Aber auch in der Politik braucht man manchmal Luft zu leben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Verschiebungsmöglichkeit!)

— Ja, die Probleme werden zeitlich etwas verzögert,. aber dadurch manchmal leichter lösbar. Wer Arzt ist und am Krankenbett gestanden hat, weiß, daß das durchaus richtig ist.
Ab 1987 etwa wird die demographische Entwicklung durch eine genau umgekehrte Kurve wiedergegeben werden können, und es wird ein genau umgekehrter Zustand erreicht sein. Es wird gut sein, wenn wir uns heute schon bei unseren Beschlüssen, die wir fassen, das vor Augen halten.

(Daweke [CDU/CSU] : Aber ein schwacher Trost!)

Möglicherweise wird dann von der Politik her bezüglich der Strukturen des Bildungswesens die Forderung erhoben, die Ausbildungs-, die Lernzeit, die Schulzeit und die Studienzeit wieder zu verkürzen. — Ich habe das hier nicht als einen schwachen Trost demonstrieren wollen, sondern nur darstellen wollen, wie rasch wir unsere Strukturen im Bildungssystem auf Grund solcher Verhältnisse ändern sollen.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen und können dies aber nicht tun, weil es nicht sachgerecht ist.
An diesem Beispiel mögen Sie erkennen, daß das Bildungssystem, vorgezeichnet durch den Bildungsgesamtplan, um dessen Fortschreibung wir auch ringen, nicht jeweils in Abhängigkeit von den sich schnell ändernden Bedürfnissen unserer Volkswirtschaft, unserer Wirtschaftspolitik und unseres Beschäftigungssystems gebracht werden darf.
Ich wage zu behaupten, daß ein gegenseitiges Aufdrängen der Strukturen nicht möglich ist und daß alle diejenigen, die seit einem Jahrzehnt um unsere Volkswirtschaft bemüht sind, die jetzt um eine Wiederbelebung der Konjunktur und um den Abbau der Arbeitslosigkeit bemüht sind, diese Verantwortung und die Lösung nicht der Bildungspolitik zuschieben können. Ein effektives Bildungssystem kann sich auf Grund seiner zeitlichen Dimension nicht kurzfristigen Schwankungen anpassen,

(Beifall bei der SPD)

wobei nicht geleugnet werden soll, daß eine gewisse Harmonisierung bezüglich qualitativer Erfordernisse des Beschäftigungssystems möglich und notwendig ist. Dies hat auch der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung durchaus angedeutet.
Ich glaube, feststellen zu können, daß die Wirtschaft allgemein, der Staat, die öffentliche Hand und die Unternehmen expressis verbis die Vorleistungen des Staates auf dem Bildungsgebiet nicht nur angenommen haben, sondern sie auch mittlerweile für richtig erachten. Wir sind, was die sogenannten natürlichen Ressourcen betrifft, ein unbedeutender Handelspartner im Wirtschaftsgefüge. Wir leben deshalb, einmal einfach ausgedrückt, von der Intelligenz der Arbeiter, Angestellten und freien Berufe. Was bedeutet es sonst, wenn wir von Knowhow und Technologietransfer reden?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Bezüglich der quantitativen Anstrengungen möchte ich noch einmal auf den tertiären Bereich zu sprechen kommen. Hier werfen Sie uns die größten Sünden hinsichtlich einer Überbetonung, Expansion und deren Folgen vor. Herr Kollege Pfeifer hat in seiner Presseerklärung den Vorwurf wiederholt, obwohl er unsere Auffassung im Grundsatzprogramm, in den Wahlprogrammen und im Orientierungsrahmen '85 von der Gleichwertigkeit der Bildungsgänge nachlesen kann. Der Orientierungsrahmen '85 ist für Abgeordnete noch nicht verboten.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Es geht nicht um das Programm, sondern um das, was Sie tun!)

Das Max-Planck-Institut hat sich beim Anhörverfahren zum tertiären Bereich klar für eine Öffnung der Hochschulen ausgesprochen:
Ohne eine Reduzierung der Zulassungsbeschränkungen zu den Bildungsbereichen, die wegen der erwarteten sozialen Belohnung am attraktivsten sind, müssen wir mit diner pädagogisch unverantwortlichen Deformation der Bildung im Wettbewerb um den Bildungserfolg rechnen. Es sind weder gesellschaftliche Bedingungen absehbar, die Bemühungen um den individuellen Bildungserfolg wesentlich weniger attraktiv zu machen, noch ist eine Bewußtseinsmanipulation erfolgversprechend, die die Lernenden auf die Dauer massenweise davon abhalten würde, sich um einen möglichst hohen Bildungserfolg zu bemühen.
In die Diskussion wird immer der sogenannte gesellschaftliche Bedarf eingeführt. Zum erstenmal haben wir 1966 bei unserer ersten Numerus-clausus-



Dr. Meinecke (Hamburg)

Debatte darüber gesprochen, obwohl wir alle wissen, daß das Innenministerium unter der Federführung von Herrn Scheidemann schon 1958 eine Studie zum Numerus clausus gemacht hat, wobei auch von falsch geschätzten Studentenzahlen ausgegangen wurde. Damals wurde die Lösung des „Herausprüfens" vorgeschlagen.
Angesprochen ist hier die Beziehung zwischen dem sogenannten Bedarf der Gesellschaft, als einer angeblichen konstanten Größe, auf der einen Seite und den Bedürfnissen und Ansprüchen der einzelnen Glieder der Gesellschaft auf der anderen Seite. Es hieße, die Entwicklung der Soziologie einer modernen Industriewirtschaft zu negieren, wollte man behaupten, eine überspitzte, überzogene Bildungsplanung habe den jungen Menschen seit zehn Jahren. eingeredet, sie müßten ihre Bedürfnisse ständig höher schrauben, um bessere und höhere Qualifikationen zu ereichen. Nein, dies ist ein ursprüngliches Bedürfnis junger Menschen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Der Summe der individuellen Bedürfnisse hat der Staat ein entsprechendes Angebot entgegenzusetzen. Diese Notwendigkeit besteht nicht nur in unserem Lande, sondern in allen Industriegesellschaften. Deshalb gibt es auch in allen Industriegesellschaften den sogenannten Numerus clausus. Wir öffnen die Hochschulen trotzdem, und auch die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat sich zu diesem Ziel bekannt und ist bereit, für diese zehn Jahre eine Überlastquote auf sich zu nehmen, was auch für die Lehrenden, nicht nur für die Lernenden, nicht wenig bedeutet. Auch das sollte man einmal anerkennen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich möchte zum Schluß einen anderen Gedanken anknüpfen. Mit der Chance zu einer höheren Qualifikation innerhalb einer Industriegesellschaft verbinden sich auf der einen Seite Begriffe wie Chancengleichheit, Gerechtigkeit, Befriedigung wachsender Bedürfnisse; andererseits bekommen wir es' mehr und mehr mit Vokabeln wie Leistungsdruck, Anpassungsdruck, Konkurrenzdenken und Entsolidarisierung zu tun. Dazu einige Sätze:
In den letzten Jahren hat bei der Elternschaft die Diskussion um Klassengrößen, die sogenannten Klassenfrequenzen, eine große Rolle gespielt. Da hat es viel Aufregung und Erregung gegeben, aber dieses Problem ist weitgehend überwunden, einmal durch die drastische Herabsetzung der durchschnittlichen Klassengrößen — Sie sehen das in dem Bericht an den Durchschnittswerten' —, zum' anderen aber auch auf Grund zahlenmäßig kleinerer Jahrgänge, die jetzt in den Grundschulen heranwachsen.
Es entstehen in der letzten Zeit neue Konflikte oder Probleme, die sich ganz allgemein auf die Schule beziehen. „Die Schule macht unsere Kinder krank" ist nicht nur in der „Hamburger Morgenpost" eine Schlagzeile.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das sind alles Gerüchte!)

—Das behaupte ich nicht, Herr Dregger; aber Sie ha-
ben nach mir noch das Wort. Ich bediene mich einer
gewissen Mäßigung, die ich Ihrem Antrag entnommen habe; denn das schafft mehr Freiheit, wie Sie uns gesagt haben. Darum bin ich relativ zurückhaltend. Sie haben nachher die Möglichkeit, zu beweisen, daß das alles Gerüchte sind.
Es geht also um den Schulstreß. Wenn auch Schule allgemein mit all den sie berührenden Fragen und Problemen in die Kompetenz der Länder gehört — das wird ja nicht bestritten —, sollte man hier im Bundestag doch schon ein paar Sätze sagen; denn immerhin sollen ja 50 % der Kinder krank, übernervös, gereizt, ja gewalttätig sein, weil die Schule als System versagt hat. Die Meldungen über Schulstreß häufen sich, und was auf Ärztekongressen oder beim Ersten Deutschen Kongreß für Kinder-
und Jugendspychiatrie in Hamburg gesagt wurde, ist natürlich alarmierend.
Nur frage ich mich: Sind die Analyse der Ursachen und die Schlußfolgerungen richtig und wirklich hilfreich, wird nicht die Schule als hauptsächlicher Sündenbock deshalb herausgestellt, weil sie der erste Berührungspunkt des jungen Menschen mit dem Staatswesen ist?
Was heißt denn das nun: zurück zur Familie? Wollen die Eltern denn nicht selber, daß die Kinder Ganztagsschulen besuchen sollen? Machen wir doch einmal eine Umfrage! Was bedeutet das, daß sich Nägelkauen, Zähneknirschen, Schlaflosigkeit, Stottern zu Aggressionen, zu Leistungsschwäche und schließlich zu krimineller Energie auswachsen? Daran wird die Frage geknüpft, wie diese künftige Elterngeneration später einmal lebenstüchtige Kinder erziehen soll.
Oder ich zitiere den — sehr hilfreichen — Satz: Statt die Schüler unter Leistungsdruck zu setzen, sollten sie zur Leistung motiviert werden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ganz richtig!)

Da stand in einem Mitteilungsblatt des CDU-Kreisverbandes Lippe:
Der kleine Dorfschulleherer in der einklassigen Grundschule, der nicht nur seine Kinder und deren Eltern, sondern auch die Hunde und Katzen seiner anvertrauten Zöglinge genau kannte, war nicht die schlechteste Erziehungssituation.
Das hatte auch niemand behauptet.

(Dr. Probst [CDU/CSU] : Das meinen viele heute! — Zurufe von der SPD)

— Ja, ja. — Diese nostalgische Bildungsauffassung ist naiv, und dagegen ist zu sagen, daß die Mehrzahl der Eltern unserer heutigen Schulkinder nach 1945 zur Schule gegangen ist; ihre Erinnerung an die Schulzeit der 50er und frühen 60er Jahre war Gegenstand einer Umfrage, die unlängst von einem großen Meinungsforschungsinstitut durchgeführt wurde. Das Ergebnis dieser Umfrage ist nicht nur bedrückend, sondern versetzt uns in Erstaunen. Nämlich die meisten verbinden mit der Schulzeit vorwiegend unangenehme Erinnerungen an Dinge wie Zwänge, Überforderungen, dauernde Kontrolle, Ohnmacht in einem autoritären Klima und massive Ängste.



Dr. Meinecke (Hamburg)

Es ist also eine völlig falsche Vorstellung, daß die Probleme, die wir heute so breit diskutieren, alle neueren Datums sind. Es spricht sogar einiges dafür, daß die Schule ihre Schüler in der Vergangenheit vielfach schwerer belastet hat, als es heute der Fall ist.
Es hat also gar keinen Sinn, jeweils bei gewissen Symptomen unserer Industriegesellschaft allenfalls und ausschließlich der Schule in ihrer Struktur und in ihrer Organisationsform innerhalb des Bildungswesens alleine die Schuld zuzuweisen. Ich meine, daß monokausale Denkweisen hier den vielfältigen, vielschichtigen Problemen einer modernen Industriegesellschaft nicht gerecht werden, weil nämlich unsere Lebensweise überhaupt, die Art und Weise, wie man Freizeit und Erholung verbringt, die Art und Weise, wie Familien verreisen und wie sie ihre Ferien nutzen — schauen Sie einmal in die achtbändige Forschungsreihe über Freizeitverhalten, die der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit vor zwei Jahren herausgegeben hat —, aber auch die Art und Weise, wie man heute audiovisuelle und andere Kommunikationstechniken benutzt, genau die gleiche Schuldzuweisung erhalten könnte. — Der Herr Bundeskanzler ist noch nicht da, und ich will über den „fernsehfreien Tag" nicht diskutieren; aber irgend etwas hat ja doch zu bestimmten Reaktionen in der Öffentlichkeit geführt. Der zwölfjährige Pennäler, der eine halbe Stunde nach Mitternacht miterlebt hat, wie Argentinien Frankreich besiegte und am nächsten Tag nach dem Schulbesuch seinen Eltern etwas von Schulstreß erzählt, hat beste Aussichten, drei Jahre später in die midlife crisis zu geraten.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich meine, in vielen Fällen könnten und müßten sich die Eltern selbst an die Brust klopfen und sollten nicht verkennen, daß in den letzten Jahren große Fortschritte in der Zusammenarbeit zwischen Schule, Lernenden, Lehrenden und Elternschaft gemacht worden sind. Die Eltern haben heute in viel erheblicherem Umfang Einfluß auf die Gestaltung des Lebens in der Schule als noch vor zehn Jahren;

(Zuruf von der CDU/CSU: Wo zum Beispiel?)

sie müssen die Gelegenheit nur nutzen.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Bei Koop haben wir das gesehen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Erregung bei der Opposition!

(Lachen und Zuruf von der CDU/CSU: Da lacht der einzige FDP-Senator, der noch nicht zurückgetreten ist!)

Deshalb wäre es falsch zu behaupten, die Eltern hätten sich gegen eine Politik der Expansion oder der Chanceneröffnung zu höherer Qualifikation gewandt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, erlauben Sie mir noch wenige Bemerkungen zu einem der wichtigsten Probleme der nächsten zehn Jahre, zu einem Aspekt, der in der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage ebenfalls berührt wurde. Von jeglicher Bildungsexpansion unberührt ist eine
Gruppe geblieben: die Million Gastarbeiterkinder. Wir vergessen allzu leicht, daß ihre Eltern, d. h die ausländischen Arbeitnehmer, zur Mehrung unseres Bruttosozialproduktes beigetragen haben und daß sie mit ihrer Arbeitsleistung es auch erst ermöglicht haben, daß die Bildungsausgaben auf 60 Milliarden pro Jahr gesteigert werden konnten. Für die Kinder der ausländischen Arbeitnehmer ist dabei bis jetzt nicht viel herausgekommen.
Wir begrüßen ausdrücklich, daß die Bundesregierung in aller Offenheit ihre Absicht erklärt, dem Risiko vorzubeugen, daß sich die Ausländerklassen zu einer neuen Form der Sonderpädagogik entwikkeln könnten. Wir haben in der Welt 800 Millionen Analphabeten, und das ist nicht das Problem der Industrienationen und unseres Landes; aber wir haben hier als Phänomen ein — so würde ich sagen — „Analphabetentum neuerer Art", das in der Zweisprachigkeit liegt. Dieses Problem müssen wir bewältigen. Der Ausschuß selbst hat sich in Berlin davon überzeugen können, daß es gute Lösungen und gute Regelungen gibt, und das wird in anderen Städten sicher auch so sein.
Die Antwort der Bundesregierung also zeigt in ihren statistischen wie in ihren verbalen Teilen, daß es für eine sogenannte Kurskorrektur in der Bildungspolitik keinen Anlaß gibt, sondern daß wir uns auf einem kontinuierlichen und richtigen Weg befinden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809600200
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Bildung und Wissenschaft. — Der Kollege Dr. Meinecke hat uns freundlicherweise darauf hingewiesen, daß der Herr Bundesminister heute seinen Geburtstag feiert. Ich möchte Ihnen, Herr Bundesminister, dazu herzlich Glück wünschen, obwohl Sie an sich noch nicht das Alter ereicht haben, in dem derartige Glückwünsche üblich sind, aber das werden Sie ja nur mit Freude registrieren können.

(Beifall)


Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0809600300
Vielen Dank, Herr Präsident! — Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist dankbar für die ihr mit der Großen Anfrage gebotene Gelegenheit, vor dem Deutschen Bundestag und der Öffentlichkeit eine Reihe von bildungspolitischen Fakten sachlich darzustellen, das im Bildungswesen Erreichte gerecht zu würdigen, die noch vorhandenen Mängel offen anzusprechen und die zukünftigen Aufgaben der Bildungspolitik zu umreißen.
Die Bundesregierung begrüßt diesen Anlaß, ihren Standpunkt in einer wichtigen Frage der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung zu verdeutlichen. Sie hält sachliche Klarstellungen in einem Bereich für notwendig, in ,dem wie in kaum einem anderen unsachliche Kritik massiv vorgebracht, Polemik bewußt gepflegt und verständliche Unsicherheit häufig demagogisch mißbraucht wird.
Mir liegt nicht daran, die Antwort der Bundesregierung als stolze Bilanz auszuleuchten und dabei



Bundesminister Dr. Schmude
weiterbestehende Probleme zu verharmlosen. Ich würde aber auch meiner Aufgabe nicht gerecht, wenn ich nicht vor Bundestag und Öffentlichkeit mit allem Nachdruck sagte, daß unsere Gesellschaft mit Genugtuung auf die Anstrengungen, Leistungen und Erfolge blicken kann, die sie in den letzten zehn Jahren beim Ausbau des Bildungswesens, bei der Verbesserung der Chancen der jungen Generation und bei der damit verbundenen Stärkung unserer volkswirtschaftlichen und sozialen Infrastruktur erbracht hat.
Es ist eine hervorragende Leistung, wenn die Bundesrepublik heute mit ihrem Bildungsangebot ih der Spitzengruppe der hochentwickelten Länder liegt, nachdem sie noch vor zehn Jahren eher am Schluß rangierte. Es ist ein erheblicher Fortschritt zu mehr Chancengleichheit in unserer Gesellschaft, wenn der Anteil der Arbeiterkinder an Gymnasien und Hochschulen nicht mehr 6 °/o, sondern bald 20 °/o beträgt. Unsere Ausgangslage für jede weitere Entwicklung ist gut, weil das Qualifikationsniveau der Jugendlichen seinen bisher höchsten Stand erreicht hat, und zwar in allen Schularten und in dem von Staat und Wirtschaft getragenen System der beruflichen Ausbildung.
Es verdient Anerkennung, daß Staat, Gemeinden und Wirtschaft 8,4 % des Sozialprodukts für Bildung und Forschung aufwenden und daß die Bildungsausgaben an zweiter Stelle des öffentlichen Haushalts — nach den Sozialausgaben — stehen.
Es ist schließlich, ohne daß die Rolle anderer geschmälert werden sollte, unbestreitbar, daß diese Koalition und die sie tragenden Parteien in Bund, Ländern und Gemeinden viel dazu beigetragen haben, daß die Klassen kleiner, der Zugang zu weiterführender Bildung breiter und gerechter sowie der Standard der Ausbildung höher geworden sind.
Es ist — ich nenne das Wichtigste zuletzt — unbestreitbar gelungen, in der beruflichen Bildung, wenn auch mit einiger Verspätung, einen besseren Stand zu erreichen als je zuvor.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Ausbildungsbereitschaft der Wirtschaft hat sich, allen Befürchtungen und Unkenrufen zum Trotz, entscheidend erhöht. Die Aufwendungen des Staates, vor allem die des Bundes, für Investitionen im Bereich der Berufsausbildung sind weit überdurchschnittlich gesteigert worden. Diese positive Entwicklung ist, was den Bund anbetrifft, schon angesichts meiner kurzen Amtszeit nicht mein Verdienst. Meine Amtsvorgänger haben daran erheblich Anteil. Dies halte ich mit Nachdruck dem Vorwurf entgegen, ich hätte mit der Antwort auf diese Große Anfrage die Chance vertan, mich von meinen Amtsvorgängern abzusetzen. Im Gegenteil, ich betrachte es als Chance, die erfolgreiche Arbeit des ehemaligen Bundesministers Helmut Rohde fortzusetzen

(Beifall bei der SPD)

und auf seinen Leistungen aufzubauen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie ist es mit Dohnanyi?)

In demselben Monat, in dem die Große Anfrage eingebracht wurde, haben die Regierungschefs von Bund und Ländern Beschlüsse gefaßt, die dem Wuchern des Numerus clausus mit seinen schädlichen Einwirkungen weit über den Hochschulbereich hinaus Einhalt gebieten und bereits jetzt zu einer deutlichen Entspannung der Zulassungssituation geführt haben. Ohne die entschiedene Beharrlichkeit der Bundesregierung, ohne den Einsatz und die Überzeugungskraft Helmut Rohdes wäre das nicht zustande gekommen. In demselben Monat konnte die Bilanz zusammengestellt werden, die beweist, daß es gelungen ist, in der beruflichen Bildung einen Stand zu erreichen, der besser ist als je zuvor. Bereits das sind zwei wichtige Gründe für mich, die Kontinuität der Bildungspolitik des Bundes zu wahren.
Nun gibt es manche, die die große gemeinsame Leistung, durch die wir den Anschluß an die internationale Entwicklung erreicht haben und die uns in der Berufsbildung sogar an die Spitze gebracht hat, mit maßloser Kritik und grundloser Furchtsamkeit angesichts neuer Herausforderungen bedenken. Dabei müßten wir es doch alle als Gefahr ansehen, daß permanentes Krisengerede den Jugendlichen und ihren Eltern den Mut nimmt, dieses Bildungsangebot zu nutzen. Aber es gibt leider auffällige Absetzbewegungen von der 1973 im Bildungsgesamtplan erreichten Übereinstimmung aller. Sie reichen bis zum offenen Gerede von den angeblichen Irrwegen des Bildungsgesamtplans. Es gibt neben anerkennenswerten Bemühungen um Zusammenarbeit auch eine schwer verständliche Reformschelte und die etwas undurchsichtige Rede vom Mut zur Erziehung oder der Notwendigkeit einer Tendenzwende.
Dem mit solchen Formeln bezeichneten Rückwärtskurs halte ich entgegen, daß die Bundesregierung überhaupt keinen Anlaß zu einer Tendenzwende in der Bildungspolitik sieht.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Röhner [CDU/CSU]: Ihr könnt ja nicht! Ihr traut euch nicht!)

Es geht vielmehr darum, den beispiellosen äußeren Ausbau der Bildungseinrichtungen der vergangenen Jahre durch entschieden vorangetriebene Reformen der Inhalte und Strukturen, also durch innere Reformen zu vervollständigen.
Unsere Gesellschaft hat in den vergangenen zehn bis 15 Jahren, wie die Antwort der Bundesregierung dokumentiert, im Bildungswesen eine große Leistung vollbracht. Die Bürger selbst haben den Ausbau des Bildungswesens getragen. Die Länder und die Gemeinden haben ihn im öffentlichen Bereich weitgehend vollzogen. Die Wirtschaft und freie Träger aller Art haben nicht zurückgestanden.
Zur Bildungsreform und zur Ausweitung des Bildungsangebotes gibt es keine realistische und erst recht keine politisch verantwortbare Alternative. Die Zahlenreihen und Argumente in der Antwort auf die Große Anfrage zeigen, daß wir es ohne diese Leistungen heute in wirtschaftlicher, arbeitsmarktpolitischer und sozialer Hinsicht mit viel schwierigeren Problemen und mit weit ungünstigeren Per-



Bundesminister Dr. Schmude
spektiven zu tun hätten. Sozialdemokraten und sozialliberale Koalitionen in Bund und Ländern haben bei der Entwicklung des Bildungswesens häufig den entscheidenden Impuls gegeben. Andere haben sich unseren Zielen vielfach angeschlossen. So ist 1973 der Bildungsgesamtplan zustande gekommen, was manche in der Union heute nicht mehr wahrhaben wollen. Diese Zusammenhänge können nicht verdeckt werden durch polemische Kritik, die die Öffentlichkeit mit Vokabeln wie „sozialistische Gleichmacherei", „Einheitsschule" und ähnlichem ins Abseits führen will. Förderung statt Auslese, das ist sozialliberale Realität, nicht bloße Utopie, wie die Opposition fälschlicherweise behauptet.
Haben die Gegner dieser Bildungspolitik wirklich die Bildungs- und Lebenschancen aller Bürger vor Augen, wenn sie vor „Gleichmacherei" warnen? Nehmen sie den Elternwillen wirklich ernst, wenn sie den Zugang zu weiterführenden Bildungswegen einschränken wollen? Der Elternwille war es doch, der zur Einführung der Gemeinschaftsschulen und zur Abschaffung der Zwergschule geführt hat. Der Elternwille hat zur Erweiterung der Mitbestimmung und Mitwirkung der Eltern und Schüler geführt. Noch niemals hat es in Deutschland so viel elterliche Mitbestimmung in der Schule gegeben wie heute.

(Daweke [CDU/CSU] : Der Elternwille hat aber auch Koop gestoppt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Der Elternwille hat den breiten Übergang zu den weiterführenden Schulen und Hochschulen ebenso erwirkt

(Röhner [CDU/CSU] : Er lächelt selber darüber!)

wie die Verbesserung qualifizierter Ausbildung im dualen System und in der beruflichen Vollzeitschule.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Dem Elternwillen entspricht es, wenn nicht der Staat, sondern die Familien nach Beratung mit der Schule darüber befinden, wer welchen Ausbildungs-
und Berufsweg nimmt. Das Bekenntnis zum Elternwillen ist allgemein. Aber nicht immer hält es der genauen Nachprüfung stand, was sich hinter diesem Bekenntnis verbirgt.
Bezeichnend ist z. B. folgende Äußerung von Frau Kultusminister Laurien am 26. März dieses Jahres im Deutschlandfunk zum Ansteigen der Abiturientenzahlen. Dort sagte sie:
Das ist eben das große Problem, wenn man die Eltern entscheiden läßt. Sie wissen, Schleswig-Holstein hat dies auch, und nur die Eltern entscheiden. Ergebnis war: 60 oder 70 % Gymnasium und Realschule und nur noch 30 %Hauptschule.
Ich selbst bin keineswegs ein Anhänger einer übersteigerten Zahl von Abiturienten oder Studenten. Aber ich verstehe nicht, wie ein demokratischer Bildungspolitiker Bundesländer danach zensieren kann, wie viele Eltern ihre Kinder das Abitur machen
lassen, wie er Jugendliche danach klassifizieren kann, ob sie aus Bremen, Berlin, Rheinland-Pfalz oder Bayern kommen. Ich verstehe nicht, wie ein demokratischer Bildungspolitiker das gewichtige Argument des Elternwillens mit so leichter Hand beiseite schieben kann.

(Beifall bei der SPD)

Ich verstehe übrigens ebenso nicht, wenn sich auf seiten der Hochschule Stimmen mehren, die bei zunehmender Studenten- und Abiturientenzahl neben dem Abitur noch zusätzlichen Qualifikationsnachweisen vor der Zulassung zum Studium das Wort reden. Dabei geht es doch in Wirklichkeit darum, daß die neue Dimension des Hochschulzugangs — fast 20 % eines Altersjahrgangs wollen studieren — nach neuen Studienangeboten und neuen Methoden der Lehre verlangt. Diese Aufgabe ist mit der Studienreform zu lösen, nicht durch eine einengende Zulassungspolitik. Ganz im Gegensatz zu den Tendenzen der Einschränkung und der Bewirtschaftung von Ausbildungskapazitäten, der Auslese und der autoritären Zuweisung von Lebens- und Berufschancen steht eine offene Bildungspolitik, wie sie diese Koalition stets vertreten hat. Wir wollen keine obrigkeitsstaatliche Bestimmung über die Menschen. Wir sind für Leistung, vor allem für pädagogisch geförderte und begründete Leistung, aber nicht für eine Auslese auf der Grundlage ,der Notenrechnerei.
Wir sind auch für Wettbewerb, aber nicht für einen gnadenlosen Kampf der Schüler gegeneinander um die besten Noten. Wir sind für die Öffnung aller Bildungswege und die Verlagerung des Wettbewerbs in das Beschäftigungssystem. Deshalb können wir uns auch mit planwirtschaftlichen Vorstellungen einer strengen Passung von Bildungs-
und Beschäftigungssystemen nicht befreunden. Es überrascht uns im Gegenteil, daß gerade die beredtesten Anhänger der Marktwirtschaft in dieser Schlüsselfrage zwischen Bildungs- und Arbeitswelt so häufig für Planung statt für Wettbewerb eintreten

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

Planwirtschaft mit Menschen lehnen wir ab, Planung zugunsten der Menschen ist unsere gemeinsame Aufgabe.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Frau Dr. Wilms [CDU/CSU] : Das sagt ausgerechnet ihr!)

Wir haben in der Großen Anfrage nachgewiesen, daß diese Gesellschaft einen großen Qualifikationssprung gemacht hat, daß 1990 etwa 11 % der Erwerbsbevölkerung einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluß und 69 °/o einen Abschluß im dualen System oder einer Berufsfachschule besitzen werden. Der Anteil derjenigen, die ohne Ausbildung als Ungelernte oder Angelernte im Erwerbsleben stehen und damit einem besonders hohen Arbeitsplatzrisiko und geringen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten ausgesetzt sind, wird bis 1990 auf etwa 20 % abgenommen haben. Diesen Qualifikationssprung als Überqualifikation zu bezeichnen



Bundesminister Dr. Schmude
und damit negativ zu charakterisieren, ist ein verhängnisvoller Fehler konservativer Kritiker.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Bildungspolitik muß den geburtenstarken Jahrgängen sowohl im Bereich der dualen Berufsausbildung und der Vollzeitschulen als auch in den Hochschulen ein optimales Angebot vermitteln und sie mit hohen Qualifikationen, mit der Bereitschaft zur Mobilität und Eigenverantwortung ausstatten. Nur so können die jungen Menschen für das Berufsleben bestmöglich gerüstet werden. Es bleibt richtig — das bestätigen auch alle Statistiken —, daß qualifizierte Bildung das Risiko der Arbeitslosigkeit mindert, indem sie die Chance eines erfolgreichen Berufsweges sichern hilft. Das gilt auch dann, wenn nicht in allen Fällen sogleich eine nach herkömmlichen Maßstäben angemessene Berufsstellung zur Verfügung steht.
Die Kosten einer der Neigung und Begabung entsprechenden Bildung sind niemals verschwendet. Bildungsaufwendungen sind Investitionen für die Zukunft;

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Herr Kollege Meinecke hat in diesem Zusammenhang sehr richtig von Humankapital gesprochen. Diese Bildungsaufwendungen sind regelmäßig ertragreicher als Investitionen in Sachgüter. Dieses Verständnis sollten wir gemeinsam gegen eine Betrachtungsweise durchsetzen, die Bildungsausgaben dem Konsum zurechnet. Mehr denn je schließt heute der Verzicht auf Bildungschancen den Verzicht auf Chancen im Arbeitsleben ein. Wer solchem Verzicht im Hinblick auf einen angeblichen Personalbedarf für ungelernte Tätigkeiten das Wort redet, handelt zynisch und politisch unverantwortlich.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Denn die davon betroffenen Menschen sind im Zweifel die Arbeitslosen von morgen.
Beschäftigungsprobleme kann freilich die Bildungspolitik nur lösen helfen; sie kann sie nicht selbst lösen. Der Beschluß der Regierungschefs vom 4. November des vergangenen Jahres hat die zentrale Aufgabe des Beschäftigunssystems zutreffend herausgestellt, nämlich so:
Die Aufgabe, die beruflichen Chancen der geburtenstarken Jahrgänge zu sichern, kann nicht allein über das Ausbildungssystem, sondern muß vor allem im Beschäftigungssystem gelöst werden.
Der öffentliche Dienst ist Teil dieses Beschäftigungssystems. Er kann und muß seinen Beitrag leisten. Die Vorschläge der Bundesregierung zur Teilzeitarbeit für Beamte sind ein Anfang. Reformen im Besoldungs- und Laufbahnwesen müssen nicht nur im öffentlichen Dienst für eine weitere Öffnung sorgen, sondern auch der privaten Wirtschaft Signale geben. Aufgaben in unserer Gesellschaft, die unzureichend erfüllt werden, gibt es genug. Man darf sich allerdings nicht scheuen, auch die Einkommens- und Laufbahnstrukturen innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes in Frage zu stellen, wenn dadurch mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können. Das gleiche gilt für die Lebensarbeitszeit.
Einige Worte zu den Hauptaufgaben der nächsten Jahre. Zunächst kommt es darauf an, die in diesem Jahr geschätzte Nachfrage von 630 000 Jugendlichen nach Ausbildungsplätzen zu befriedigen. Die Spitzenorganisationen der Wirtschaft haben diese Notwendigkeit anerkannt. Ebenso besteht Einvernehmen darüber, daß das Ausbildungsplatzangebot erheblich über der Nachfrage liegen muß, um die Unterversorgung für einige Gebiete und vor allem für Problemgruppen — ich nenne Behinderte und Ausländerkinder — auszugleichen.
Seit 1976 dient uns das Ausbildungsplatzförderungsgesetz als Instrument zur gemeinsamen Feststellung von Nachfrage und Angebot von Ausbildungsplätzen. Die im Bundesinstitut für Berufsbildung entwickelte fruchtbare Zusammenarbeit aller an der beruflichen Bildung Beteiligten und für sie Verantwortlichen gilt es fortzusetzen.
Die Bundesregierung hat bisher darauf verzichtet, die Umlagefinanzierung nach dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz vorzunehmen. Sie denkt jedoch nicht daran, auf die Rechtsgrundlage für dieses Instrument zu verzichten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Vielmehr bejahen wir den gesetzlichen Auftrag und die soziale Verpflichtung des Staates, ausgleichend und fördernd einzugreifen, wenn die ausreichende Versorgung der Jugendlichen mit Ausbildungsplätzen anders nicht erreicht werden kann.
Ebenso wie die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze in Wirtschaft und Verwaltung ist die Abwehr von Versuchen, Quantität mit Qualität zu erkaufen, erforderlich. Den Jugendlichen ist wenig damit geholfen, daß man ihnen Ausbildungen minderer Qualität anbietet, wenn die Arbeitswelt mehr Quali- fizierung, breitere Möglichkeiten, höhere Mobilität verlangt. Deshalb dürfen Versuche keinesfalls Erfolg haben, den mühsam erreichten Stand der deutschen Berufsausbildung wegen der Probleme des Ausbildungsplatzmarktes wieder zu senken.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Folge wären doch nur eine Abwendung der Jugendlichen von der Berufsausbildung und ein neues Ungleichgewicht zwischen der Ausbildung im dualen System und den anderen Ausbildungsmöglichkeiten in Schule und Hochschule.
Ich stelle in rdiesem Zusammenhang mit Genugtuung fest, daß die kritische Frage des Berufsgrundbildungsjahres im Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern sowie Arbeitgebern und Gewerkschaften insgesamt einer vernünftigen Lösung zugeführt worden ist. Es kommt jetzt darauf an, auf der Grundlage der gefundenen Regelungen, d. h. der Rahmenlehrpläne der Länder, der reformierten und noch zu reformierenden Ausbildungsordnungen des Bundes und in enger Abstimmung zwischen allen Beteiligten den geplanten Ausbau der beruflichen Grundbildung mit allem Nachdruck voranzutreiben. Die berufliche Grundbildung behält beim Ausbau des zehnten Bil-



Bundesminister Dr. Schmude
dungsjahres für die Bundesregierung den in der Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976 bekräftigten Vorrang.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich registriere mit großer Befriedigung, daß die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung am 5. Juni 1978 übereingekommen ist, bis 1985 für praktisch 100 % aller 15- bis 16jährigen ein zehntes Bildungsjahr anzubieten, davon knapp 60 % in allgemeinbildenden Schulen und 40 % in beruflicher Form. Ich weiß, daß dieses ehrgeizige Ziel, das nicht bildungspolitisch, sondern auch arbeitsmarktpolitisch von großer Bedeutung ist, nur erreicht werden kann, wenn wir insbesondere die berufliche Grundbildung im zehnten Schuljahr attraktiv machen. Das geschieht durch die inhaltliche Ausformung; das muß aber auch durch die Einbeziehung in die Ausbildungsförderung flankiert werden. Über ein entsprechendes Gesetzesvorhaben wird die Bundesregierung in Kürze beraten.
Die Fortschreibung des Bildungsgesamtplans — bei der ich damit schon bin — wird Anlaß sein, nicht nur kritische Bilanz zu ziehen, sondern auch zu prüfen, wie ernst es alle Beteiligten mit dieser Arbeit nehmen. Uns kommt es darauf an, daß diese Fortschreibung nach vorn weist und keine Rückschreibung wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

So werden wir uns mit Nachdruck für die Orientierungsstufe einsetzen, die bereits im Bildungsgesamtplan von 1973 vereinbart war und zu der sich Ende April jetzt auch die Kultusministerkonferenz bekannt hat. Wir werden uns dafür einsetzen, der Gesamtschule in integrierter und kooperativer Form die Anerkennung zu verschaffen, die ihr wegen ihrer bisher erwiesenen pädagogischen und sozialen Vorteile zusteht. Uns liegt daran, den unfruchtbaren Streit um unterschiedliche Schulformen abzubauen und statt dessen auch hier diejenige Schule sich durchsetzen zu lassen, die Besseres leistet und vom Bürger gewünscht wird.
Wir sind für die Entwicklung der Gesamtschule auf der Grundlage eines solchen fairen Wettbewerbs sehr zuversichtlich. Wie wenig hier eine nur einseitige Betrachtungsweise am Platz ist, bringt Hartmut von Hentig treffend zum Ausdruck, wenn er sinngemäß sagt

(Zurufe von der CDU/CSU)

— hören Sie es sich doch einmal an; wenn Ihnen das Zitat nicht gefällt, können Sie es ja kritisieren; warum gehen Sie gegen den Mann vor? —:

(Beifall bei der SPD)

Das dreigliedrige Schulwesen bedeutet vom Prinzip her und sozusagen in Reinkultur verwirklicht, daß die künftigen Inhaber von Führungspositionen und den für die Gesamtheit der Bevölkerung wichtigsten beruflichen und Entscheidungsfunktionen — Ärzte, Richter, Lehrer, leitende Verwaltungsbeamte, Ingenieure und Professoren — vom zehnten Lebensjahr ab in ihrer Bildung und Ausbildung und damit weitgehend auch in ihrer sozialen Erfahrung und Prägung von der übrigen Bevölkerung getrennt sind.
Wenn man sich das klarmacht, dann ist es dieses Bildungssystem, das seine Existenz in unserer Gesellschaft rechtfertigen müßte, und nicht eines, das auf stärkere Integration zielt.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden uns ferner bemühen, die Chancen zu nutzen, die mit dem Hereinwachsen der schwächeren Geburtenjahrgänge in das Bildungswesen verbunden sind. Einer dieser Grundsätze lautet: Je kleiner die Kinder, desto kleiner die Klasse; mehr Ganztagsschulen; noch bessere Förderung der Schüler, vor allem auch bessere Betreuung der Ausländerkinder. Dies gehört zu unseren Zielen. Sie sind erreichbar.
Wenn wir auf diese Weise ohne Verleugnung unserer Grundsätze die Hand zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern reichen, werden wir andererseits nicht davor zurückscheuen, uns mit Nachdruck gegen diejenigen zu wenden, die entscheidende Fortschritte des Bildungsgesamtplans von 1973 oft überfallartig zurücknehmen wollen.
So mußten wir am 5. Juni 1978 erleben, daß die sechs von Unionspolitikern regierten Länder eine in langer Arbeit unter Beteiligung auch dieser Länder vorbereitete Unterlage ablehnten, durch die als Sekundarabschluß II ein übergreifendes System von Abschlußzeugnissen geschaffen werden sollte.
Damit sollten die Gleichwertigkeit allgemeiner und beruflicher Bildung in der Oberstufe unterstrichen und die wechselseitige Durchlässigkeit zwischen Bildungsstufen und Bildungssystemen erhöht werden. Die bei Politikern der CDU und CSU zu beobachtende Tendenz, die Jugendlichen wieder frühzeitig und fein säuberlich in solche einzuteilen, die studieren dürfen, und solche, die von vornherein mit einem anderen beruflichen Abschluß in das Beschäftigungssystem gehen sollen, diese Philosophie der Hohlwege und Einbahnstraßen und des Verzichts auf mehr Gleichwertigkeit zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung wäre eine klare Absage an die bisherigen Prinzipien der gemeinsamen Bildungsplanung.

(Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Wie kann ein Bundesminister einen solch blühenden Unsinn von sich geben! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Diese Philosophie, Herr Kohl, wäre übrigens auch eine Absage an die klar erkennbaren Bedürfnisse der Jugendlichen, die ja gerade weg wollen von Einbahnstraßen, die als Achtzehn- oder Neunzehnjährige mehrere Wahlmöglichkeiten besitzen wollen, die sich angesichts der Unwägbarkeiten des Beschäftigungssystems nicht unbedingt darauf versteifen, ein Studium zu ergreifen, die aber auch nicht allein mit einer Berufsausbildung ein für allemal von einem späteren Studium ausgeschlossen sein wollen.

(Frau Dr. Wex [CDU/CSU] : Das ist ja ganz was Neues!)




Bundesminister Dr. Schmude
Ich hoffe, daß CDU und CSU über diese Frage noch mit sich reden lassen. Ich hoffe, daß Ihre Zwischenrufe nicht das Gegenteil bedeuten. Wir sind keine Fanatiker der Integration allgemeiner und beruflicher Bildung. Wir sind aber entschiedene Gegner einer Abschottung der Bildungsgänge voneinander.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

Wir sind Gegner einer Sortierung der Menschen durch den Staat, ohne Wahlmöglichkeiten für den späteren Bildungs- und Berufsweg zu lassen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Einige Worte zur Studienreform. Die Öffnung der Hochschulen, die wir gemeinsam mit den Ländern vereinbart haben, muß endlich mit den Konsequenzen verbunden werden, die sich aus der Tatsache ergeben, daß die Hochschulen nicht mehr 5 °/o, sondern fast 20 % eines Geburtenjahrgangs ausbilden und in das Beschäftigungssystem entlassen: Wir müssen nicht nur die Ausbauanstrengungen zugunsten der Öffnungspolitik fortsetzen, sondern die Maßstäbe überprüfen, nach denen an den Hochschulen ausgebildet wird. Im Rahmen der Studienreform muß eine Auffächerung und Straffung des Lehrangebots erfolgen. Nur damit erreichen wir das Maß an Flexibilität, das wir im Hinblick auf die schwieriger werdende Beschäftigungssituation für Hochschulabsolventen und die schnellen Veränderungen in der Berufswelt dringend brauchen. Deshalb muß uns der schleppende Fortgang der Studienreform mit tiefer Sorge erfüllen.
Dabei wende ich mich übrigens auch gegen die unsachliche Kritik, die allein im Bemühen um die Studienreform schon den Versuch sieht, die Gegen- stände der Forschung und Lehre den, wie manche sagen, „Verwertungskategorien einer kapitalistischen Gesellschaft zu unterwerfen". Solche Vokabeln sind töricht und kurzschlüssig, wenn es darum geht, eine Reform der Studiengänge so ins Werk zu setzen, daß mit besseren Chancen ausgestattete Jugendliche ihren Platz in der Berufswelt finden können, ohne dem häufigen Argument ausgesetzt zu sein, ihre Ausbildung sei praxisfremd und eigentlich nicht verwertbar.
Schließlich noch ein Wort zum Stil der bildungspolitischen Auseinandersetzung. Ich finde, wir brauchen mehr Mut zur Redlichkeit.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

— „Mehr Mut zur Redlichkeit" habe ich gesagt. Das ist es, was die Bürger von uns erwarten: Probleme sachlich beim Namen zu nennen und nicht ideologisch zu vernebeln

(Beifall bei der SPD und FDP — Lachen und betonte Zustimmung bei der CDU/CSU)

— ich bin gespannt auf die Beweisführung für Ihren Beifall — und zweitens um die besten Lösungen an Hand von Daten und Fakten und nicht an Hand von Wunschvorstellungen zu ringen.

(Zustimmung bei der SPD)

Es gehört zu dieser Redlichkeit, daß man die demographisch und bildungspolitisch bedingte Welle, die gegenwärtig in die Berufsbildung, in die Oberstufe der Gymnasien und sehr bald auch in die Hochschulen hereinkommt, als einen Vorgang anerkennt, der in ähnlicher Form eine Reihe von Industriestaaten herausfordert. Die damit verbundenen schwierigen Probleme fordern verantwortungsvolles Handeln, nicht die verfehlte Frage nach der Schuld an dieser Entwicklung.
Es gehört zur Redlichkeit, daß man auch das Absinken der Jahrgangsstärken seit 1968, das heute bereits die Kindergärten und die Grundschule prägt,

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist das einzige, das die Bundesregierung nicht zu verantworten hat!)

als ein weltweites Phänomen begreift, das nichts mit der Politik einer bestimmten Regierung zu tun hat. Es hat allenfalls in Grenzen mit dem Klima zu tun, das wir gemeinsam herbeiführen oder nicht herbeiführen, mit dem Ausmaß an Zuversicht in die zukünftigen Lebensverhältnisse und Lebenschancen, die Staat und Wirtschaft vermitteln, selbstverständlich auch mit dem Zuschnitt unserer Bildungseinrichtungen und den Inhalten, die unsere Schulen, Betriebe und Hochschulen den Jugendlichen mitgeben, die ja einst selbst Eltern sein werden.
Es gehört zur Redlichkeit, daß in diesem Bundestag, dessen Mitglieder insoweit gar keine Einwirkungsmöglichkeiten haben, nicht über Lehrplangestaltungen und andere, rein landespolitische Fragen polemisiert wird.

(Voigt [Frankfurt] [SPD] : Das wird gleich wieder anfangen!)

Bildungspolitische Schlachten, die, wenn sie schon geführt werden müssen, in die Landtage gehören, können unserer Arbeit und der Sache der Bildungspolitik hier keinen Gewinn bringen. Sie lenken von unseren Aufgaben ab und vermitteln dem Bürger ein falsches Bild von den bildungspolitischen Zuständigkeiten.
Es gehört zur Redlichkeit, daß keine Seite dieses Hauses vorgibt, allein mit Realitätssinn und Unfehlbarkeit begabt zu sein.
Es gehört zur Redlichkeit untereinander, Schwierigkeiten im föderativen Bildungssystem nicht nur zu sehen, sondern auch zuzugeben. Dabei sollte es sich keine Seite des Hauses so einfach machen, den nur zu verständlichen Wunsch nach einheitlichen Rahmenbedingungen und mehr Freizügigkeit auch im Bildungswesen mit der absurden Vorstellung einer Reduzierung des Föderalismus oder einseitiger, weltanschaulicher Ausgestaltung des Bildungswesens zu verknüpfen. Wir werden ja zu diesem Thema voraussichtlich im Herbst eine besondere Debatte haben. Es liegt mir aber daran, auch bei der Debatte über diese Große Anfrage deutlich zu machen, daß ein besseres Bildungsangebot, das wir durch die Anstrengungen vieler erreicht haben, nicht mit einem Zerbrechen der Rahmenbedingun-

S

Bundesminister Dr. Schmude
gen, in denen sich unser föderatives Bildungssystem entwickelt, einhergehen sollte.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf der Abg. Frau Dr. Wex [CDU/CSU])

Zur Redlichkeit gehört schließlich auch der Versuch, Chancen und Risiken einer Ausbildung ausgewogen darzustellen. Es ist gefährlich, so meine ich, die Verantwortlichen von heute dadurch aufzurütteln, daß man die Zukunft der Jugend schwarz in schwarz malt und damit Eltern und Schüler in ihrem Wunsch verunsichert, die bereitstehenden Bildungsangebote anzunehmen. Sicherlich hat auch die Bundesregierung in ihrer Antwort auf bedenkliche Wirkungen hingewiesen, falls bestimmte Entscheidungen unterlassen werden. Aber diese Warnung ist nicht an die Adresse der Jugendlichen gerichtet. Den Jugendlichen vor allem möchte ich heute an dieser Stelle sagen: Die sozialliberale Bundesregierung setzt auf die junge Generation. Sie streitet für Freiheit und soziale Gerechtigkeit, für Rechtsstaat und Demokratie.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wie Unterdrückung und Ausbeutung in vergangenen Zeiten überwunden wurden, so gilt es in unserer Zeit, die Bedingungen humanen Lebens zu verbessern und zu sichern. Gelegentlich wird von der „nachindustriellen Gesellschaft" als der „Bildungsgesellschaft" gesprochen. Tendenziell befindet sich die Bundesrepublik Deutschland — im Einklang mit den führenden Industrieländern der Welt, wie ,der Abschnitt „Internationaler Vergleich" der Antwort zeigt — auf dem Wege dorthin. Die „gebildete Gesellschaft" von einst, die als Elite und Privilegierte auf einem allzugroßen Sockel von Armen und Dummen ruhte, mag leider noch manche Vorstellung prägen.

(Sehr wahr! bei der SPD)

Die Bildungsgesellschaft von morgen, in der jeder Bürger seine Leistung erbringt und eine anerkannte Rolle spielt, wird zu anderen Lebens- und Arbeitsformen führen. Das ist in der breiten Qualifizierung heute schon angelegt. Mitbestimmung am Arbeitsplatz, Bürgerbeteiligung in vielen politischen Bereichen, neue Aktivitäten in Kultur und Freizeit sind einige Stichworte dazu.
Die Jugendlichen sollen wissen, daß ihnen diese Regierung auch in schwierigen Zeiten nicht nur mit Solidarität, sondern mit dem Bemühen um Verständnis, mit einem Angebot an Freiheitlichkeit und mit Bereitschaft zum offenen Dialog begegnen möchte.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Mißtrauen und Resignation vieler Jugendlicher wollen wir überwinden helfen. Auflehnung und Verdruß, wie sie uns bei Teilen der studentischen Jugend begegnen, dürfen nicht durch pauschale Abwertung ganzer Gruppen oder Universitäten erwidert werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Auch der unberechtigte Protest, die unbegründete Resignation stellen uns berechtigte Fragen. Sie verdienen geduldige und ernsthafte Antworten. Das
ist der Weg, auf dem das Vertrauen der Jugend in eine durch Wahrnehmung aller Bildungschancen gesicherte Zukunft wächst.

(Beifall bei der SPD und ,der FDP)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809600400
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Dregger.

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0809600500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer nur den schriftlichen Bericht der Bundesregierung, der uns vorliegt, gelesen und vielleicht auch noch die Rede des zuständigen Ressortministers soeben gehört hat und — das ist die entscheidende Voraussetzung — wer die Wirklichkeit nicht kennt, der müßte zu dem Ergebnis kommen, daß sich unsere Schulen und Hochschulen, 'von gewissen Übergangsschwierigkeiten abgesehen, jedenfalls im ganzen und im Vergleich zur Vergangenheit in einer geradezu glanzvollen Verfassung befinden.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

In Wahrheit steckt unser Bildungswesen, wie Hunderttausende junger Menschen und besorgter Eltern wissen, heute in einer tiefen Krise.

(Dr. Probst [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Die Bundesregierung versucht, diese Krise hinter einem Zahlenrausch zu verstecken, der sich nur auf Qantitäten von Abschlüssen bezieht, nicht auf Inhalte von Bildung und Ausbildung, und schon gar nicht auf das, was die so Gebildeten und Ausgebildeten damit nachher beruflich und in ihrem Leben anfangen können.

(Frau Benedix [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

Dieser Trick erlaubt es der Bundesregierung, in geradezu unbeschwerter und naiver Weise weiterhin von Reformen und Reformprozessen zu reden, als ob es nur darauf ankomme, sie möglichst schnell voranzutreiben, um die Nation aus dem Dunkel alter Unmündigkeit in die Tageshelle einer demokratischen Bildungsgesellschaft zu führen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Wenn sich die Bundesregierung dabei völlig unreflektiert auf den Bildungsbericht 1970 beruft, der noch die Unterschrift des damaligen Bundeskanzlers Brandt trägt, dann kann das nur als Zeichen völliger Lernunfähigkeit der Bundesregierung gewertet werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundesminister, trotz des Geburtstags, den Sie heute feiern, muß ich sagen, daß mich Ihre Rede in dieser Wertung noch bestärkt hat.
Erinnern wir uns: Damals wurde mit Fanfarenstößen ein neues Zeitalter angekündigt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Mit Glockenläuten!)

Nicht die Weiterentwicklung unseres hochdifferenzierten und bis damals gewiß sehr leistungsfähigen Bildungssystems, sondern die Totalreform, ein radikaler Neubeginn, mit neuen Zielen, neuen Inhalten, neuen Organisationsformen und Strukturen



Dr. Dregger
wurde damals angekündigt. Bei genauem Nachlesen des Bildungsberichts 1970 zeigte sich schon damals, daß da, wo man inhaltliche Konzepte für die Totalreform hätte erwarten können, nur die vage Vorstellung von einer Verwissenschaftlichung aller Lebensbereiche genährt wurde. Im strukturellen Bereich sollte alles Heil von der Errichtung neuer Gesamtsysteme, Gesamtschulsysteme und Gesamthochschulsysteme abhängen. Die klassischen Institutionen der Ausbildung und der wissenschaftlichen Qualifizierung sollten diesen Gesamtsystemen eines lebenslangen Lernens Platz machen. Die visionäre Vorstellung, daß die ganze Nation in eine riesige Volkshochschulgemeinde umgewandelt würde, lag nicht mehr fern.
Inzwischen sind drei Bundeswissenschaftsminister gescheitert. Inzwischen verlassen — was schlimmer ist — arbeitslose Akademiker in immer größeren Schüben die Universität, während Studienanwärter in gleicher Zahl nach wie vor vor ihren Toren stehen, ohne zu wissen, ob und wann sie Einlaß erhalten. Inzwischen findet ein für manche Betroffene grausamer Verdrängungswettbewerb zwischen Akademikern, Abiturienten und den vielen anderen statt, um die sich Ihre Reformpolitik eigentlich nie sehr gekümmert hat. Inzwischen sind die Zukunftschancen der jungen Generation so ungewiß, um nicht zu sagen: so düster, wie seit langem nicht mehr. Inzwischen gibt es Schulen, vor allem Hochschulen — hier darf es keine Verallgemeinerungen geben; aber das, was zu kritisieren ist, beschränkt sich, wie jeder weiß, nicht auf Ausnahmen —, an denen gegen unseren Staat und die Demokratie in einer Weise gehetzt wird wie, wenn wir von den zwölf braunen Jahren absehen, nie zuvor. Haben die Verfasser des Berichts der Bundesregierung das alles nicht zur Kenntnis genommen? Glauben Sie, meine Damen und Herren aus Regierung und Koalition, immer noch, es sei die heile Welt, in die Sie uns hineinführen? Haben Sie den Aufstand der Eltern und Erzieher in Nordrhein-Westfalen schon vergessen? Ist Ihnen auch der energische Kampf hessischer Eltern gegen den Mißbrauch der Schulen aus dem Gedächtnis geschwunden? Oder ist Ihnen das alles nur gleichgültig?
Ich habe immer noch die Hoffnung, daß Sie sich wenigstens in dieser Debatte selbstkritisch den schweren Problemen stellen, die zum großen Teil erst durch das geschaffen worden sind, was Sie, eigentlich mit Unrecht, als Reformpolitik bezeichnen.
Auch die Union kann leider nicht von sich behaupten — ich bekenne das freimütig daß sie sich dem Zeitgeist immer habe entziehen können. Auch bei uns waren manche von einer unrealistischen Reformeuphorie geblendet „waren", sage ich.

(Dr. Probst [CDU/CSU]: Manche!)

Hinzu kam der Wunsch unserer Kultusminister, trotz der Veränderungsstrategie der Linken ein Mindestmaß an Einheitlichkeit im deutschen Bildungswesen zu erhalten. Das führte zu Formelkompromissen der Kultusministerkonferenz, die dann in SPD/ FDP-regierten Ländern nicht im Sinne eines bundesweiten Konsensus ausgelegt wurden. Die Reform der gymnasialen Oberstufe ist dafür ein Beispiel.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Ist leider wahr!)

Auch diese Rücksicht auf die Einheit unseres Bildungswesens spricht uns nicht von jeder Mitverantwortung für die eingetretenen Fehlentwicklungen frei. Aber wir sind, meine Damen und Herren, da wir keine ideologischen Ziele verfolgen,

(Lachen bei der SPD)

bereit und fähig, gemachte Fehler zu korrigieren. — Sie sind derartig von ideologischen Zielen erfüllt, daß Sie sich gar nicht vorstellen können, daß es auch Politiker geben kann, die nicht von solchen Zielen erfüllt sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es wäre sehr nützlich, meine Damen und Herren von SPD und FDP — nicht nur für Sie selbst, sondern vor allem auch für unsere Jugend und unser Volk —, wenn auch Sie zu Selbstkritik und Selbstkorrektur fähig wären. Ich fordere Sie auf, mit uns gemeinsam ideologie- und vorurteilsfrei die Ergebnisse zu prüfen, die ein Jahrzehnt ebenso stürmischer wie kostspieliger Veränderungen unserem Schulwesen und Hochschulwesen gebracht hat. Wenn Sie dazu bereit sind, werden Sie wahrscheinlich zu den gleichen Ergebnissen kommen wie ich, die ich in folgenden Feststellungen zusammenfassen möchte:
Erstens. Eine Bildungspolitik, die insbesondere in SPD/FDP-regierten Bundesländern auf Abitur und akademisches Studium ausgerichtet war und ist, hat große Teile der jungen Generation in eine Sackgasse geführt. Die Abiturientenlawine hat Hochschulen und Arbeitsmarkt in gleicher Weise überschwemmt. Wir stehen, wenn es nicht bald zu einer Kurskorrektur kommt, am Anfang einer langanhaltenden und strukturbedingten Akademikerarbeitslosigkeit.

(Zuruf von der SPD)

Zweitens. Die Überbeanspruchung der Hochschulen mit Lehraufgaben hat die Forschung zurückgedrängt, für ein hochindustrialisiertes und exportabhängiges Land eine bedrohliche Entwicklung.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Drittens. Die Kehrseite der Tendenz zu Abitur und Hochschule zeigt sich in der Abwertung praxisbezogener Ausbildungsgänge. Die Volksschuloberstufe wurde vor Jahren zur Hauptschule umgeformt, um diese Schulart aufzuwerten. Die Hauptschule ist jedoch heute weitgehend zur Restschule geworden, ohne daß ihren Absolventen — und das ist das Entscheidende — eine Bildung und Ausbildung vermittelt würde, die ihren Fähigkeiten gerecht wird.

(Voigt [Frankfurt] [SPD] : Deshalb Gesamtschule! — Lachen bei der CDU/CSU)

— Mein Gott, ja. In der Gesamtschule können Sie das nur alles verdecken. Da findet dann ein Wettbewerb zu Lasten der Schwachen statt. Das ist doch die Wirklichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 96. Sitzung, Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7597
Dr. Dregger
Viertens. Es ist auch nicht gelungen, die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluß wesentlich zu senken. Es sind immer noch mehr als 100 000 jährlich. Sie und zusätzlich rund 400 000 behinderte Jugendliche sind am härtesten vom Verdrängungswettbewerb beim Kampf um Ausbildungs-
und Arbeitsplätze bedroht.
Fünftens. Ähnliche Fehlentwicklungen zeigen sich im tertiären Bereich. Die Fachhochschulen wurden gegründet, um diese praxisorientierten Bildungsgänge aufzuwerten. Heute sind die Fachhochschulen in ihrer Orts- und Zielbestimmung tief verunsichert. Nach Meinung der Bildungsideologen der Koalition haben sie keine Eigenberechtigung mehr und sind eigentlich nur noch dazu berufen, in Gesamthochschulen auf- oder — so kann man es auch sagen — unterzugehen.
Sechstens. 1969 wurde das Berufsbildungsgesetz verabschiedet. Seitdem hat die Bundesregierung mit den Markierungspunkten des Herrn von Dohnanyi und später mit einem Gesetz über die Ausbildungsplätze mehrfach versucht, die betriebliche Ausbildung mit einem planwirtschaftlichen Netz zu überziehen. Aber die wichtigste Aufgabe der Berufsbildungspolitik, die Abstimmung zwischen der betrieblichen und der schulischen Seite der Ausbildung, ist immer noch ungelöst.

(Zurufe von der SPD)

— Stellen wir zunächst einmal die Fakten fest! Dann können wir darüber debattieren, woran es liegt, daß es dazu gekommen ist. Wenn man die Wahrheit nicht zur Kenntnis nimmt, kann man auch nicht zu richtigen Analysen und Schlüssen kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)

Siebtens. Die Bundesregierung reklamiert für sich eine Kontinuität der Bildungsreform. Angenommen, es gäbe eine solche Kontinuität, dann wäre es höchste Zeit, über das demokratische Fundament dieser Reform nachzudenken. Es ist eine gewiß sehr zweifelhafte „Errungenschaft", daß in einigen Bundesländern Eltern gezwungen sind, um ihre Erziehungsrechte zu kämpfen, wie in Nordrhein-Westfalen und in Hessen.

(Voigt [Frankfurt] [SPD] : Oder in Frankfurt, wo die Bürger für die Einrichtung von Gesamtschulen gegen die CDU-Stadtverwaltung demonstrieren!)

Denken Sie an die Gründung von Elternvereinen! Denken Sie an die Schulrechtsdiskussion auf dem Deutschen Juristentag! Die organisierte Elternschaft in den von mir genannten Ländern wehrt sich gegen Bildungsideologen, die ihnen Reformen überstülpen, die sie nicht wollen und die sich nachher als große Fehlschläge herausstellen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was an all dem bedrückt, ist nicht nur die Unfähigkeit derer, die sich für Reformer halten, und nicht nur die Hast, mit der sie ans Werk gehen. Am bedrückendsten ist die Arroganz, mit der sie sich über den Willen der Betroffenen hinwegsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist zutiefst undemokratisch. Demokratische Politiker sind die Beauftragten und nicht die Herren des Volkes. Das sollte einmal zur Kenntnis genommen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb muß mit Zwangseingriffen zur Durchsetzung bestimmter Schulsysteme endlich Schluß sein, welche es auch sein mögen. Ich appelliere an alle, insbesondere an die Politiker der FDP, die den Sozialisten allzulange dabei geholfen haben, Zwangseingriffe durchzusetzen, wie z. B. in dem Bundesland, in dem ich politisch tätig bin: Seien Sie doch ein bißchen liberaler,

(Lachen bei der SPD)

ein bißchen toleranter! Geben Sie den Eltern überall Wahlfreiheit in bezug auf den Bildungsweg ihrer Kinder,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und zwar nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch!

(Conradi [SPD] : Das ist eine Frechheit!)

Kümmern Sie sich um die praktischen Mängel unseres Schulsystems, um Unterrichtsausfall und ähnliche Dinge! Da hat der Staat genug zu tun. Das ist sehr viel wichtiger, als Bildungsideologen zu Befriedigungen zu helfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sorgen Sie mit uns für eine vorsichtige und abgesicherte Entwicklung; denn es geht nicht um Kaninchen, es sind unsere Jugendlichen, unsere Kinder, die Gegenstand Ihrer Experimente sind! Worauf es jetzt ankommt, ist Ruhe an der Schulfront, innere Konsolidierung, die Überprüfung der geistigen Grundlagen und der tragenden Begriffe der Bildungspolitik.
Die Bundesregierung hat auf die Erörterung all dieser Grundfragen verzichtet. Für sie gibt es nach ihrem Bericht und auch nach der Rede des Ressortministers zu urteilen nur den integrierten Gesamthimmel der Reform, wenn er auch leicht bewölkt erscheint. Daneben gibt es ein verhalten angedeutetes Feindbild. Es wird gemutmaßt, es gebe gewisse Leute — das war soeben auch wieder in der Rede des Bundeswissenschaftsministers zu erkennen —, die Vorbehalte — ich zitiere aus dem Bericht — gegen eine Politik haben, die auf eine 'allgemeine Anhebung des Qualifikationsniveaus abzielt, und zwar seien das Leute — ich zitiere —, die traditionelle Privilegien oder einseitiges Anspruchsdenken verteidigten. So einfach ist das, meine Damen und Herren!

(Zuruf von der SPD: Ja, so ist das!)

Diese schlichte Weltdeutung hat mit den Problemen, vor denen wir stehen, überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die manichäische Einteilung der politischen Welt in Reformer und Antireformer ist einfach lächerlich. Wie können wir von der heranwachsenden Generation politische Urteilsfähigkeit erwarten, wenn wir eine solche Versimpelung der Probleme zulassen?

(Beifall bei der CDU/CSU)




Dr. Dregger
Reformen müssen sich vor denen legitimieren, die von ihnen betroffen werden. Wer einen Reformanspruch vertritt, muß beweisen, daß er Verbesserungen für die Betroffenen bewirkt. Die Beweislast trägt er, nicht die anderen, wie es in der Vergangenheit häufig gehandhabt worden ist.
Wenn unser Bildungswesen aus der Zone der ideologischen Fundamentalkonflikte herauskommen soll, dann müssen einige grundlegende Irrtümer und Falschbewertungen ausgeräumt werden, denen ich mich jetzt zuwenden möchte.
Dazu gehört der Mißbrauch der Begriffe Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit. Der Bildungsbericht '70 sah ein Kernstück der Chancengleichheit darin, 50 % der Jugendlichen zum Abitur und die Hälfte davon zum akademischen Studium zu bringen. Spötter haben deshalb gefragt: Wieviel Gleichheit darf es denn sein? Ist die Chancengleichheit bei 50 °/o oder vielleicht schon bei 40 % erreicht, und was ist dann mit den anderen 50 oder 60 %, sind sie das Strandgut dieser Gleichheitsreform?
Meine Damen und Herren, dieser ganze Denkansatz ist doch offensichtlich falsch und inhuman dazu. Er verkennt die Unterschiedlichkeit und Vielgestaltigkeit der Begabungen. Er verkennt, daß der Standard eines Volkes nicht die Folge seiner Akademisierung, sondern das Ergebnis seiner Begabungs-
und Leistungsvielfalt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Den höchst unterschiedlichen Begabungen der Menschen muß die Vielfalt des Bildungswesens entsprechen. Der Wert eines Bildungssystems ist nicht daran zu messen, ob es möglichst viele zum gleichen Ziel führt — etwa 50 % zum Abitur —, sondern daran, ob es den Menschen eine Vielzahl verschiedener Wege anbietet, damit jeder seine Chance in diesem System finden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU — Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist jetzt Ideologie!)

Das uns vorliegende Dokument der Bundesregierung spiegelt von diesen Kernfragen nichts wider. Glanzstück der Reformstatistik ist die Steigerung bei den weiterführenden Bildungsgängen, insbesondere bei Realschulen und Gymnasien. Die Bundesregierung scheut sich nicht, in diesem Zusammenhang von „höheren" Bildungsgängen und -abschlüssen zu sprechen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Diese Sprache ist im Grunde entlarvend. Neben „höheren" Bildungsgängen muß es ja konsequenterweise auch niedere Bildungsgänge geben. Wenn die theorie- und abstraktionsbezogenen Bildungsgänge die höheren sind, dann sind also die Bereiche, in denen Menschen durch praktisches Tun gebildet werden, nach diesem Sprachgebrauch als die bildungspolitischen Niederungen zu begreifen.

(Zurufe von der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Die Bundesregierung könnte sich ein wahrhaft reformerisches Verdienst erwerben, wenn sie dafür
einträte, den praktischen Begabungen wieder zu ihrem Recht zu verhelfen.

(Beifall bei der CDU//CSU — Lachen und Zurufe von der SPD)

Aber das tut sie leider nicht. Sie hält an einer Wertskala fest, die alle jungen Menschen deklassiert, die sich nicht in theoretischen Bildungsgängen qualifizieren.
Zu den grundlegenden Fehlern ihrer Bildungspolitik gehört auch — und das wurde vorhin wieder sichtbar und wurde betont — die falsche Kernthese, daß das Bildungssystem vom Beschäftigungssystem abgekoppelt werden dürfe. Die Bundesregierung erklärt zu diesem Existenzproblem vieler junger Menschen lakonisch, eine Harmonisierung von Bildungssystem und Beschäftigungssystem sei gar nicht möglich und im übrigen auch gar nicht zu wünschen. Mit anderen Worten, Bildungsplaner, die Zehntausenden von jungen Menschen falsche Wege gewiesen haben, müssen nach dieser Logik nicht aus gesamtpolitischer Vernunft zur Ordnung gerufen werden, sondern erhalten auch noch einen Freibrief, weiterhin Bildungsgänge ohne berufliche Zukunftschancen zu planen.

(Zuruf von der SPD: Es ist nicht zu fassen!)

Meine Damen und Herren, die staatliche Gemeinschaft bringt für das Bildungswesen viele Opfer, aber sie kann nicht Bildungsgänge subventionieren, die mit Sicherheit in die berufliche Irre führen. Die Berechnung beruflichen Bedarfs ist gewiß nur in einem begrenzten Umfang möglich; die Freiheit der Berufswahl darf zudem nicht mutwillig beschränkt werden. Aber das erlaubt es doch nicht, sich überhaupt keine Gedanken darüber zu machen, was beruflich aus denen wird, die heute ausgebildet werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Den vielen arbeitslosen Lehramtskandidaten hätte gewiß bereits vor Jahren gesagt werden können, mit welchen Fächerkombinationen keine oder nur geringe berufliche Chancen verbunden sein würden.
Im übrigen ist die Nachfrage nach Bildungsgängen keine schicksalhafte Größe; diese Nachfrage wird vielmehr auch propagandistisch gesteuert. Am Anfang standen doch die Bildungskatastrophen-Prediger mit der überheblichen Behauptung, das geistige Potential unseres Volkes sei an der Zahl der Abiturienten abzulesen. In Abwandlung wurde das mit dem „Bürgerrecht auf Bildung" fortgesetzt; gemeint war ein Recht auf theoriebezogene Bildung, und ausgelegt wurde es als Recht auf Einstellung in den höheren Dienst.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch eine polemische Verzerrung!)

Die Bundesregierung nimmt auch in ihrer jetzigen Vorlage dieses Schlagwort, auf. Sie arbeitet damit denen in die Hände, die im Ankurbeln unerfüllbarer gesellschaftlicher Ansprüche das entscheidene Konfliktpotential erkannt haben, mit dem unser freiheitliches Gesellschaftssystem gesprengt werden soll.
Dafür ein Beispiel: Der Marxist Hans-G. Rolff, einer der führenden. Ideologen der von der Bundes-



Dr. Dregger
regierung finanzierten „Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule" — das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft bestreitet über 80 % des Haushalts dieser Gesellschaft —(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

hat in einem Aufsatz über „Widerspiegelung gesamtgesellschaftlich bedingter Widersprüche in der Schule"

(Zuruf von der CDU/CSU: Wenn man das Deutsch hört!)

strategische Überlegungen über die Sprengwirkung bildungspolitischer Maßnahmen angestellt. Das wichtigste Konfliktpotential — im marxistischen Parteichinesich die „gesellschaftlichen Widersprüche" — sieht Rolff im Chancengleichheitsversprechen zur Sicherung der Massenloyalität einerseits und in der Unmöglichkeit, das Chancengleichheitsversprechen einzulösen, andererseits.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Er charakterisiert damit, in der Sache richtig, das Kernproblem sozialdemokratischer Bildungspolitik und zieht mit kalter Berechnung daraus die Nutzanwendung für eine langfristige Strategie der Systemsprengung. Der von mir zitierte Beitrag, immerhin die Veröffentlichung eines deutschen Professors der Erziehungswissenschaften, liest sich wie ein Guerilla-Handbuch mit Einzelanweisungen über die Einleitung sogenannter antikapitalistischer Strukturreformen.
Man könnte darüber hinwegsehen, wenn nicht der Eindruck bestünde, es gäbe eine augenzwinkernde Arbeitsteilung zwischen diesen „antikapitalistischen Strukturformen" und staatlich-offiziöser Reformpolitik. Dafür spricht die Tatsache, daß dieser Herr Rolff nicht nur Aufsätze verfaßt, sondern auch im früher sozialdemokratisch regierten Wiesbaden herangezogen wurde, um den Schulentwicklungsplan wissenschaftlich grundzulegen — einen Schulentwicklungsplan, den wir nach Erobern der absoluten Mehrheit in Wiesbaden sofort aufgehoben haben.

(Voigt [Frankfurt] [SPD] : Die klassische Verschwörungstheorie! Geheime, finstere Mächte sind am Werk!)

Meine Damen und Herren, die Strategen der Systemveränderung können mit Recht darauf spekulieren, daß durch die Bildungspolitik der Koalition Ansprüche geschaffen werden, die unerfüllbar bleiben, und daß auf diese Weise letztlich das Vertrauen gegenüber der gesamten freiheitlichen Ordnung erschüttert und eine allgemeine Loyalitätskrise heraufbeschworen wird. Auch die Koalition sieht die Gefahr einer wachsenden Loyalitäts- und Vertrauenskrise, aber sie sucht die Schuldigen an einer anderen Stelle. Nicht ihre Bildungspolitik ist im Begriff, im Bund und in den Ländern Schiffbruch zu erleiden. Wenn etwas schiefgeht, dann sind „traditionell geprägte Denkmuster" schuld oder so rätselhafte Erscheinungen wie „streßverengte Lebensperspektiven" und häufig „Enttäuschungen". Wenn das nicht mehr zur Erklärung reicht, dann ist es die verfassungsmäßige Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern. Auch darauf wird hingewiesen.
Meine Damen und Herren, es ist ein altes sozialistisches Prinzip, funktionierende Institutionen zunächst zu ruinieren und nachher Sündenböcke zu präsentieren, die dafür verantwortlich sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn die Produktivität der Wirtschaft geschwächt worden ist, dann gibt es Gelber-Punkt-Aktionen, und dann sind die Unternehmer daran schuld. Wenn eine verfehlte Bildungspolitik die jungen Menschen enttäuscht, dann wird eine Verschwörungstheorie gebraucht.

(Sieglerschmidt [SPD] : Das machen Sie doch!)

Zur Zeit ist es ein Fortschrittsverhinderungssyndrom, dessen Kern der Kulturföderalismus sein soll.
In diesem Sinne werte ich den Strukturbericht der Bundesregierung über die Bildungszuständigkeiten als ein gigantisches Ablenkungsmanöver, das vergessen machen soll, welches die eigentlichen Ursachen der Misere sind. Ich persönlich auf Grund meiner Erfahrungen auch als Oberbürgermeister zweifle nicht daran, daß in diesem Land und in diesem Volk immer das notwendige Verständnis für Veränderungen gefunden werden kann. Es hat unserem Volk gewiß nicht an Bereitschaft zu Veränderungen gefehlt. Das Vertrauen in die Kompetenz derer, die von Reformen sprachen, war gewiß nicht zu gering. Es besteht aber kein Verständnis mehr dafür, unsere Bildungseinrichtungen zu Spielfeldern für Gesellschaftsingenieure werden zu lassen. Das wird abgelehnt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bürger sind mündiger, als es denen lieb ist, die gern von Emanzipation reden, aber Entmündigung bewirken.
Die Bundesregierung allerdings sieht die Sache anders. Sie kann sich die Eigenwilligkeit des Bürgers nur mit „traditionell geprägten Denkmustern" erklären. Was Sie, meine Damen und Herren, mit dieser Vokabel in die Mottenkiste der Geschichte stecken, ist in Wahrheit nichts anderes als der gesunde Menschenverstand selbstbewußter demokratischer Bürger, die sich zur Wehr setzen gegen Unsinnigkeiten

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Sie wollen der CDU den eisernen Besen zur Säuberung liefern!)

— Herr Wehner, ich habe Sie nicht verstanden; wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen, gerne —, Bürger, die darauf drängen, daß die teuer bezahlten Bildungseinrichtungen ihren Sinn erfüllen und daß Veränderungen, die natürlich immer notwendig sind und die es auch immer gegeben hat, mit Verstand und Augenmaß betrieben werden.
Am sinnfälligsten zeigt sich dieser Zusammenhang in der polemisch überlagerten Diskussion über die Gesamtschule. Während man dem Bildungsbericht 1970 der Regierung Brandt noch die Unschuld naiver Reformbegeisterung zugute halten konnte, als er in der Gesamtschule die Zukunftsschule sah,



Dr. Dregger
kann das für die jetzige Vorlage der Bundesregierung nicht gelten. Meine Damen und Herren, es ist insbesondere für jemand, der aus einem Land kommt, in dem sich über die Hälfte der integrierten Gesamtschulen befindet, die es in Deutschland gibt,

(Zuruf von der SPD: Mit Zustimmung der Eltern!)

eine Zumutung, zu einem in Wissenschaft und Praxis heiß umstrittenen Thema einen Jubelbericht vorgelegt zu bekommen, der sich auf sage und schreibe eine einzige Veröffentlichung stützt.
Meine Damen und Herren, die Union tritt dafür ein, daß auch die Gesamtschulidee eine Chance erhält, sich in der Praxis zu bewähren.

(Voigt [Frankfurt] [SPD] : Hat sie ja!)

Wir wollen unsere Urteilsbildung auf der Grundlage eines leidenschaftslos vorgenommenen Leistungsvergleichs zwischen Gesamtschulsystemen einerseits und den Schulen des gegliederten Bildungssystems andererseits betreiben.
Im übrigen wollen wir auf den Willen der Betroffenen abstellen.

(Conradi [SPD] : Ach. ja!)

Ich habe daher für die hessische Union erklärt, daß wir nach einem Regierungswechsel, den wir für den 8. Oktober erwarten,

(Beifall bei der CDU/CSU)

keine einzige Gesamtschule auflösen, wenn die Eltern sie beizuhalten wünschen,

(Conradi [SPD] : Wie in Frankfurt!)

und daß wir Gesamtschulen, die beibehalten werden, genauso fördern werden wie jede andere Schule auch; denn jedes Kind hat nur eine Schulzeit und darf nicht Opfer von Schulexperimenten werden.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Wir werden aber nicht zulassen, daß Entscheidungen von so großer Tragweite auf Grund von bloßer Propaganda — die Bundesregierung nennt das eine Politik der Aufklärung und Überzeugung — und gegen den Willen der Betroffenen gefällt werden. Denn das könnte dazu führen, daß in noch weit größerem Maßstab junge Menschen in die Irre geführt werden, als das bei der Expansion im Hochschulbereich geschehen ist, und eine ganze Generation einem gesellschaftspolitischen Experiment geopfert wird. Nach unseren Erfahrungen vor Ort spricht bis jetzt nichts dafür, daß sich das Gesamtschulsystem als überlegen erweisen könnte. In Hessen hat ein einheitlicher Leistungstest der Industrie-
und Handelskammern aus dem Jahre 1977, in den 4 800 Schulabgänger einbezogen waren, signifikant schlechtere Leistungen der Gesamtschulabsolventen mit Haupt- und Realschulabschluß gegenüber den Schulabgängern von selbständigen Haupt- und Realschulen nachgewiesen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Damit ist noch kein Urteil gesprochen. Aber solche Ergebnisse sollten doch wenigstens vorschnelle Festlegungen und Totalreformen verhindern.
Schließlich kann auch die unselige Verquickung zwischen Schulreform, ideologischen Heilslehren und politischen Umerziehungsstrategien gerade bei diesem Thema Gesamtschule nicht verschwiegen werden. Wir haben nicht vergessen, daß die hessischen Rahmenrichtlinien, die ja bundesweit bekanntgeworden sind, als inhaltliche Ausfüllung des Organisationsrahmens Gesamtschule konzipiert worden sind. Diese Rahmenrichtlinien sind keineswegs als ein einmaliger bildungspolitischer Betriebsunfall anzusehen. Sie setzen sich vielmehr tausendfältig fort. Nur ein einziges Beispiel möchte ich Ihnen hier zitieren, weil es nicht nur ein Stück hessischer Politik dokumentiert, sondern auch zeigt, wie Schulreform in der Finanzierungsverantwortung des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft aussehen kann.
Es handelt sich um die Erfindung der „sozialistischen Mathematik", die an die „deutsche Physik" unseligen Andenkens erinnert.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

In einer Veröffentlichung aus dem Projekt „Konkretisierung der Rahmenrichtlinien an Gesamtschulen" lesen wir unter der Überschrift „Probleme von Motivation und Mitbestimmung im Mathematikunterricht" folgende Thesen über die Rolle dieses Fachs in der „kapitalistischen Gesellschaft", wie es dort heißt. Ich zitiere jetzt wörtlich.

(Voigt [Frankfurt] [SPD] : Ist das Bestandteil der Rahmenrichtlinien, was Sie jetzt zitieren, oder ist das nur eine Veröffentlichung?)

— Ich zitiere jetzt aus diesem Projekt, das der Bundesminister für Forschung finanziert hat und das sich mit dem Mathematikunterricht an Gesamtschulen befaßt.

(Voigt [Frankfurt] [SPD] : Aber das ist doch nicht Bestandteil der Rahmenrichtlinien!)

— Hören Sie es sich doch bitte einmal an! Das ist doch auch vielleicht für Sie interessant.

(Zurufe von der SPD)

— Sie können die Wahrheit nicht hören; das ist eben das Schwierige. Sie können sie nicht hören.

(Beifall bei der CDU/CSU — Weitere Zurufe von der SPD)

— Aber wir werden die Wahrheit immer wieder sagen, ganz laut und kräftig; das kann ich Ihnen versichern, Herr Conradi.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU) Es heißt dort wörtlich:

1. Der Mathematikunterricht erfüllt die beiden Funktionen der Schule im Kapitalismus, nämlich profitable Qualifikation von Arbeitsvermögen und Einübung in die Verkehrsformen des Kapitalismus, besser als jeder andere Fachbereich in der Gesamtschule.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809600600
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Conradi?




Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0809600700
Bitte schön, ja.

Peter Conradi (SPD):
Rede ID: ID0809600800
Herr Abgeordneter Dregger, hätten Sie die Freundlichkeit, um der Wahrheit willen Verfasser, Art und Titel des Papiers hier bekanntzugeben, aus dem Sie zitieren.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Das hat er doch soeben gemacht!)


Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0809600900
Das habe ich soeben getan. Ich kann es gern wiederholen.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Da haben Sie nicht zugehört! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU: Da haben die schon geschrien! — Nachhilfeunterricht!)

Es handelt sich um Materialien zu einem Projekt, das der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft finanziert hat, und zwar um die Materialien des Modellversuchs „Konkretisierung der Rahmenrichtlinien an Gesamtschulen", abgekürzt „KORAG",

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

eines Modellversuchs, den der Bundesminister mit dem bescheidenen Betrag von 1 147 712 DM finanziert hat.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

— Jetzt wissen Sie es genau.
Nun darf ich vielleicht auch noch vortragen, was weiter darin steht.
1. Der Mathematikunterricht — das hatte ich schon vorgetragen —
erfüllt die beiden Funktionen der Schule im Kapitalismus, nämlich profitable Qualifikation von Arbeitsvermögen, Einübung in die Verkehrsformen des Kapitalismus, besser als jeder andere Fachbereich in der Gesamtschule.
2. Besser erfüllt er diese Funktion, weil im Mathematikunterricht Gesellschaft als Thema des Unterrichts scheinbar nicht vorkommt, somit gesellschaftliche Zusammenhänge nur schwer
behandelt und kaum hinterfragt werden können.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Wie schlimm! — Dann heißt es unter Ziffer 12:
Mathematikunterricht führt zu fremdbestimmtem Arbeiten, abstraktem Leistungsdenken und kapitalistischen Tugenden wie Fleiß, Sauberkeit,

(Dr. Probst [CDU/CSU] : Pfui, Teufel!)

Genauigkeit, Ordnung, Konzentrationsfähigkeit, Beharrlichkeit und Sorgfalt, selbständigem Arbeiten, Selbstkontrolle
— das sind alles kapitalistische Tugenden —
und vor allem zur Betrachtung der Gesellschaft unter dem Verwertungsgesichtspunkt.
Ziffer 13:
Fernziel guten Mathematikunterrichts muß sein, die Schüler im Zusammenhang von gesellschaftlich relevanten Themen mit Hilfe mathematischen Operationen zu befähigen, ihre eigenen Interessen zu erkennen.

(Lachen bei der CDU/CSU) Nun wissen wir es. — Weiter:

Projektunterricht. Z. B. Thema: Die Macht der Banken; Beitrag des Mathematikunterrichts; Zinsrechnung.

(Erneutes Lachen bei der CDU/CSU)

Ziffer 14 — ich zitiere immer noch wörtlich aus dieser Arbeit, die der Bundesminister mit mehr als i Million DM finanziert hat —:
Nahziel muß sein, den Schüler zur Ideologiekritik am Mathematikunterricht zu befähigen,

(Dr. Probst [CDU/CSU]: Ja, natürlich!)

indem er lernt, ungeprüfte Voraussetzungen zu erkennen. Beispiel: Lohn — Leistung.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, diese Kostprobe ideologischen Schwachsinns

(Beifall bei der CDU/CSU — Daweke [CDU/CSU] : Und die Arbeiter müssen es bezahlen!)

hat ein deutscher Kultusminister drucken lassen, und zwar nicht etwa der Herr von Friedeburg, sondern sein Nachfolger Krollmann. Daß das mit mehr als 1 Million DM aus dem Bundeshaushalt finanziert worden ist, habe ich schon gesagt.
Inzwischen ist dieser Modellversuch im hessischen Gesamtschulwesen ausgelaufen. Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft finanziert jetzt ein Anschlußobjekt unter dem Titel „Systematische Umsetzung gesamtschulspezifischer Zielsetzungen", dessen erste unterrichtspraktische Ergebnisse mir jetzt vorliegen. Es handelt sich um comic strips, die zeigen, daß in Kuba vor dem Sieg Fidel Castros Hunger und Elend geherrscht haben und daß seit dem Erfolg der sozialistischen Revolution die Insel in ein Paradies des Wohlstands und der Gerechtigkeit verwandelt worden ist.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, sind das alles nur Zufälle oder Entgleisungen? Ich meine: nein. Die Reihe könnte noch beliebig fortgesetzt werden. Es gibt inzwischen ganze Bibliotheken für schulische Indoktrination, sogar Service-Organisationen für entsprechend eingestellte Lehrer. Wer es komprimiert und auf theoretisch anspruchsvollem Niveau nachlesen will, dem sei das Rowohlt Taschenbuch „Strategisches Lernen in der Gesamtschule" empfohlen, in dem der bekannte sozialdemokratische Bildungspolitiker Karl-Heinz Evers, der frühere Berliner Schulsenator, die Einführung geschrieben hat. In der Person dieses Herrn Evers wird die ganze Doppel-



Dr. Dregger
bödigkeit sozialdemokratischer Reformpolitik, wird das augenzwinkernde Einvernehmen zwischen ihren offiziösen Vertretern und den marxistischen Kulturrevolutionären deutlich.
Als Bildungssenator bezeichnete Evers die Gesamtschule noch als soziale Leistungsschule, um sie einem breiten Publikum schmackhaft zu machen. Heute definiert er dieses Reformmodell als „Ziel und Mittel des politischen Kampfes".

(Dr. Probst [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Es könne seine Vorzüge allerdings erst voll entfalten, „wenn der Grundwiderspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung" nicht mehr bestehe. Er fährt dann wörtlich fort:
Mithin ist die Überwindung des Grundwiderspruchs zwischen Kapital und Arbeit eine notwendige, wenn auch keine hinreichende Voraussetzung dafür, daß die Ziele der Gesamtschule erreicht werden können.

(Frau Benedix [CDU/CSU] : Hört! Hört!) Es folgt dann aus seiner Sicht weiter:

Der Übergang zum Sozialismus ist eine historische Notwendigkeit. Aber er ist kein Automatismus, sondern hängt von uns ab. Und dazu muß die Gesamtschule mit eingesetzt werden.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Jetzt wissen wir es!)

Sie können das Zitat finden: Evers, Einführung zu Rolff „Strategisches Lernen in der Gesamtschule", rororo 6854 Seite 15 ff.
Daß ein maßgebender sozialdemokratischer Bildungspolitiker den Übergang zum Sozialismus als eine historische Notwendigkeit ansieht, mag seine Sache sein und die seiner Partei. Aber daß er dazu die staatlichen Monopolschulen einsetzen will, ist eine Schweinerei sondergleichen, gegen die wir Front machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wer unser System der Freiheit und der Menschenwürde erhalten will, muß Gegner ernst nehmen, die es auf einen gesellschaftlichen Fundamentalkonflikt abgestellt haben. Deshalb messe ich solchen Aussagen wie den eben zitierten größeres Gewicht bei als den glatten Worten des Berichts der Bundesregierung, den wir heute diskutieren sollen. Die Bundesregierung hat uns eine heile Reformwelt vorgegaukelt, in der es angeblich keine ernsthaften Probleme — außer den Widerständen der ewig Gestrigen — gibt. Das ist nichts anderes als Nebelwerfertaktik. Wenn heute eine gesamtstaatliche Bilanz der Bildungspolitik gezogen wird, dann haben wir — im Gegensatz zu Ihrer Meinung, Herr Bundesminister — allen Anlaß, eine durchgreifende Kurskorrektur zu fordern.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809601000
Herr Abgeordneter ich rüge den Ausdruck „Schweinerei" als unparlamentarisch.

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0809601100
An erster Stelle steht dabei die klare Entscheidung zwischen Weiterentwicklung, die den Menschen dient und die diese
Menschen annehmen, weil sie einsichtig sind, und solchen Veränderungen, die eingeleitet werden, um eine andere, um eine sozialistische Gesellschaft zu schaffen. Schule und Hochschule gehören nach unserer Auffassung allen, nicht nur der jeweiligen Regierung und ganz und gar nicht irgendwelchen Systemveränderern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wer Parteiprogramme zu Bildungsprogrammen an den staatlichen Monopolschulen erhebt, bricht im Grunde die Verfassung und zerstört die Gemeinsamkeit, ohne die eine freiheitliche Demokratie auf Dauer nicht existieren kann.
Was wir jetzt brauchen, ist eine Bildungspolitik, die das schwer erschütterte Vertrauen der Bürger in die demokratische Legitimität staatlicher Schul-
und Hochschulpolitik wiederherstellt. Ich bitte Sie daher, meine Damen und Herren von SPD und FDP, einen energischen Schlußstrich unter die bisherige ideologisch fixierte Bildungspolitik zu ziehen. Über Zielvorstellungen im einzelnen mag immer gestritten werden, aber im ganzen kann dieses Feld nicht bestellt werden ohne die breite Übereinstimmung der Menschen über die Grundlagen unseres Bildungssystems.
Wir meinen, Bildungspolitik darf nur am verfassungsmäßigen Zweck der Bildungseinrichtungen ausgerichtet werden. Dieser Zweck ist es gewiß nicht, Deutschland marxistisch, sondern unsere Jugend lebenstüchtig zu machen. Dazu gehören Tugenden, Eigenschaften und Verhaltensweisen, die in den Materialien des von mir zuvor zitierten, vom Bundesminister für Forschung finanzierten Modellversuchs als kapitalistische Tugenden denunziert wurden, nämlich Fleiß, Genauigkeit, Ordnungssinn, Konzentrationsfähigkeit, Beharrlichkeit, Fähigkeit zu selbständigem Arbeiten und Leistungswillen. Diese Tugenden und diese Verhaltensweisen sind nicht das Ergebnis eines kapitalistischen Systems, sondern das Ergebnis einer jahrhundertenlangen Entwicklung einer der großen Kulturnationen der Erde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese Tugenden und Fähigkeiten dürfen wir uns nicht durch irrsinnige Bildungsideologen zerstören lassen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Nur wenn wir sie für die Zukunft bewahren, werden auch unsere Kinder die Chance haben, als freie Menschen in einem freien Land zu leben. Dafür zu arbeiten ist unsere wichtigste Aufgabe.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809601200
Das Wort hat Frau Abgeordnete Schuchardt.

Helga Schuchardt (FDP):
Rede ID: ID0809601300
Meine Damen und Herren, ich bitte um Verständnis, wenn ich nicht im einzelnen auf die Vorstellung von Klischees, Vorurteilen und Pauschalierungen eingehe.

(Hasinger [CDU/CSU] : Sie waren mit anderem beschäftigt!)




Frau Schuchardt
Ich möchte nur einige Unterschiede in den Denkansätzen deutlich machen.
Zunächst einmal darf ich eines wohltuend zur Kenntnis nehmen: Herr Dregger möchte der Gesamtschule eine Chance geben. Es ist noch gar nicht lange her, da hat er in diesem Zusammenhang immer von „sozialistischem Einheitsbrei" geredet.

(Zuruf des Abg. Dr. Dregger [CDU/CSU])

Da kann ich nur sagen: Nachtigall, ick hör dir trapsen!

(Beifall bei der FOP und der SPD)

Ein Beispiel für den unterschiedlichen Denkansatz: Herr Dregger sagte sehr eindeutig „Ich werde immer die Wahrheit sagen". Darin liegt der Unterschied zwischen Herrn Dregger und einem Liberalen. Ein Liberaler wird immer nur sagen können „Ich werde immer das sagen, was ich für wahr halte" ; denn ein Liberaler wird für sich nie in Anspruch nehmen können, zu wissen, was die Wahrheit ist.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Sie haben vom Mißbrauch der Chancengleichheit und der Chancengerechtigkeit gesprochen. Herr Dregger, welch ein Zynismus gehört eigentlich dazu, wenn sich jemand, der voll die Chancen unseres Bildungssystems bis zur Promotion für sich in Anspruch genommen hat, hier hinstellt und sagt: „Nun müßten wir uns doch wohl überlegen, ob wir eigentlich überhaupt so viele Akademiker ausbilden dürfen"?

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das haben Sie gesagt!)

Es ist außerordentlich auffällig, daß gerade dieses Argument von denen kommt, die für sich alle Chancen in Anspruch genommen haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich habe den Eindruck: So mancher fürchtet sich möglicherweise vor der Konkurrenz.
Sie haben sehr häufig davon gesprochen — heute haben Sie es nicht erwähnt —, daß Sie der Auffassung sind, daß die Studenten nicht auf Kosten der Allgemeinheit studieren sollten. Wenn sie für ihre Ausbildung eine zusätzliche Hilfe brauchen, dann sollten sie diese per Darlehen bekommen.
Ihr Sohn oder Ihre Tochter brauchen eine solche Unterstützung sicherlich nicht. Aber wollen Sie so manchem Jugendlichen aus einer Familie mit geringem Einkommen, wenn er die Chance wahrgenommen hat, die Sie Ihren Kindern geben konnten, zumuten, auf einem hohen Schuldenberg zu sitzen?

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir haben einen Schritt in diese Richtung getan — das sollte man zugeben —: Es wird nur ein Teil als Darlehen erstattet. Aber man sollte dieses sicherlich nicht übertreiben.
Sie haben gesagt, als der Zwischenruf bei Ihren Ausführungen über eine fehlende Abstimmung zwischen Ausbildungsordnung und Rahmenlehrplänen kam, man müsse dies zunächst einmal feststellen.
Wie man das ändern könne, darüber könne man dann reden.
Es kam keine Erklärung, wie Sie sich denn eigentlich die Änderung vorstellen. Aber wir als sozialliberale Koalition wußten, wie dies zu machen ist, nämlich indem man versucht, ein Institut, das Bundesinstitut für Berufsbildung, damit zu beauftragen, beides gemeinsam zu erarbeiten. Es ist am Länderegoismus gerade Ihrer Partei gescheitert.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir haben Lösungsangebote vorgetragen und dies nicht nur festgestellt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie sind wieder die Unfehlbare!)

Meine Damen und Herren, die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage ist ein wichtiger Beitrag zur Versachlichung. Ich meine, er sollte auch ein Beginn sein zur bildungspolitischen Diskussion in Bund, Ländern und Gemeinden, zwischen den Parteien, bei den Verbänden und in der Öffentlichkeit. Die Bildungspolitik ist in ,der Vergangenheit wie kein anderer Bereich auf rein emotionale Aspekte reduziert worden. Ich glaube, es gibt wohl kein anderes Land, das die bildungspolitischen Auseinandersetzungen so ideologisch geführt hat wie das unsrige.
Es ist natürlich grundsätzlich zu begrüßen, wenn sich jemand, der nicht als Bildungspolitiker zu bezeichnen ist, bildungspolitischen Fragen stellt. Aber, Herr Dregger, die Tatsache, daß Sie als Redner bestellt worden sind, ist für mich nicht ein Signal der sachlichen Auseinandersetzung gewesen — das hat sich ja heute auch bestätigt —,

(Daweke [CDU/CSU] : Herr Möllemann hat einmal gesagt, Sie sollten sich nicht immer äußern!)

sondern das Weiterreiten auf einer emotionalen Welle. — Was meint Herr Möllemann?

(Daweke [CDU/CSU] : Er hat einmal gesagt, Sie sollten sich nur zu Themen äußern, von denen Sie etwas verstehen!)

— Nun äußere ich mich hier zu einer Sache, von der ich, so glaube ich, ein bißchen mehr verstehe als Herr Dregger.

(Daweke [CDU/CSU] : Als Herr Möllemann!)

— Als Herr Dregger. Oh nein, Herr Möllemann weiß in dieser Frage auch sehr gut Bescheid.
Meine Damen und Herren, dies ist ein Weiterreiten auf der emotionalen Welle. Ich meine, dies wird der Bildungspolitik insgesamt nicht und schon erst recht nicht denen gerecht, die in unserem Bildungssystem leben.
Wenn man nun der Polemik der Union glauben darf, so müßte ja die Bundesrepublik in Länder mit glücklichen Kindern und in Länder mit unglücklichen Kindern zu unterteilen sein.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)




Frau Schuchardt
— Wenn Sie dies sogar bestätigen, dann kann ich damit nur die Unglaubwürdigkeit Ihrer eigenen Argumentation als bewiesen ansehen.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das ist unlogisch, was Sie jetzt sagen!)

Schauen Sie, ich bin in vielen anderen Ländern gewesen und habe festgestellt, daß nirgendwo Kinder glücklicher oder unglücklicher sind, sondern dies ist ein polemisches Argument, um zu behaupten, es gebe hier irgendwelche Reformen, die die Kinder unglücklich gemacht hätten. Wenn nun ausgerechnet das Land Baden-Württemberg eine Initiative „Anwalt des Kindes" unternimmt, so scheint es offenbar notwendig zu sein, daß das Kind in Baden-Württemberg einen Anwalt gegen die Bildungspolitik, die in diesem Lande gemacht wird, benötigt.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich möchte einige Beispiele für das Motto „rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln" nennen, nach dem die CDU in den letzten Jahren und Jahrzehnten Bildungspolitik betrieben hat. Da hat zunächst einmal die CDU in Hessen im Jahre 1970 gefordert, die Eingangsstufe, die schulformübergreifende Orientierungsstufe und die kooperative Gesamtschule flächendeckend einzuführen. 1978 hat sie dies mit einem Mal für völlig verfehlt erklärt und dabei natürlich gehofft, daß der Wähler schon alles vergessen werde, was sie selber einmal gefordert hat, und dies dann nur noch als polemische Angriffe gegen die sozialliberale Koalition eingesetzt. Zur gleichen Zeit, in der die CDU in Nordrhein-Westfalen ein Volksbegehren gegen die kooperative Schule veranstaltet

(Zuruf von der CDU/CSU: Das haben die Eltern getan!)

und mit dem höchsten Grad an Polemik die Bürger über das verunsichert, worüber eigentlich abgestimmt wird, führt der Kultusminister Remmers in Niedersachsen, der der CDU angehört, die integrierte Orientierungsstufe ein. Das ist ein geradezu phantastisches Beispiel, daß es der CDU in der Bildungspolitik nicht um die Sache geht, sondern allein um parteitaktisches Manöver.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Daweke [CDU/CSU] : Wie ist es mit der Wahrheit?)

— Es ist eine .Zustandsbeschreibung, das müssen Sie doch zugeben.
Anfang der 70er Jahre rühmte sich die Union, einen besonders starken Anteil am Ausbau der Hochschulen zu haben. Heute spricht sie vom akademischen Proletariat — ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie wenig diese Partei bereit ist, zu Entwicklungen zu stehen, die sie selber einmal gewollt hat, auch dann, wenn Schlagworte wie das „akademische Proletariat" inzwischen populär geworden sind.
Nun hat auch die CDU, so kann ich mich erinnern, einmal die Bundeskompetenz für das Bildungswesen gefordert. Nur just in dem Moment, in
dem sie nicht mehr selber den Bundesminister stellte, wandelte sie ihre Auffassung,

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja nicht wahr!)

d. h., nicht die Sache stand im Mittelpunkt, sondern das reine parteitaktische Manöver.
Lassen Sie mich noch ein Beispiel hinzufügen. Die CDU hat vor einigen Jahren die Umlagefinanzierung für die berufliche Bildung gefordert. Aus irgendwelchen Gründen und unter dem Motto „Was kümmert uns das Geschwätz von vor zwei Jahren?" war diese Berufsbildungsabgabe, die wir einführen wollten, schließlich ein Ausbildungsplatzverhinderungsinstrument. Ja, die Gedanken der CDU gehen manchmal merkwürdig krumme Wege.
Herr Dregger, Sie sprechen immer von Modetrends, denen sich diese Koalition unterwirft. Ich kann nur sagen: Wir stehen zu einer Reihe von Entwicklungen, die wir gewollt haben und die positive Auswirkungen hatten. Wir werden nicht nach dem Prinzip, daß Opportunismus das höchste sei, verfahren.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Sie haben ja Ihre Rede begonnen, indem Sie gesagt haben, Sie hätten die Antwort der Großen Anfrage gelesen. Dies ist aus der Rede, die Sie gehalten haben, nicht sehr deutlich geworden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Aber Herr Wehner hat ja einmal an einer anderen Stelle darauf hingewiesen, daß es Ihnen nicht darum gehe, sich an das Thema zu halten, das auf der Tagesordnung stehe.
Was wurde nun bisher erreicht? Seit 1965 wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, den Anteil der Bildungsausgaben am Gesamthaushalt wesentlich zu erhöhen. Ich meine, es ist dem engagierten Eintreten von Bürgern Mitte der 60er Jahre zu verdanken, daß die Bildungspolitik zu einem Bereich der Priorität in der Politik wurde. Das heißt, in den 60er Jahren hatte konservative Bildungspolitik dazu geführt, daß der Bürger aktiv wurde, damit endlich gehandelt wurde. Die Auswirkungen waren folgende: Der Anteil der Bildungsausgaben an den öffentlichen Haushalten ist seit 1965 von 11,2 auf 15,6 % gestiegen. Nun ist in den letzten Jahren immer wieder ,der Eindruck erweckt worden, als ob diese Mittel — ein bißchen haben Sie diesen Eindruck heute wieder verstärkt — allein in unnütze Reformen gesteckt worden seien. Tatsache ist, daß wir zuallererst starke Jahrgänge in unser Bildungssystem hineinbekamen — wir haben heute etwa 2 Millionen mehr Schüler als im Jahre 1965 —, daß wir die Bildungszeiten verlängert haben und daß vor allem viele Jugendliche die Chance wahrgenommen haben, mittlere und höhere Bildungsabschlüsse zu erreichen. Diese Entwicklung war bildungspolitisch gewollt. Wir halten diese Entwicklung nach wie vor für richtig.
In den 60er Jahren galt die katholische Arbeitertochter vom Lande als besonders benachteiligt. Damit wurde zusammenfassend deutlich gemacht, wo die Benachteiligungen lagen. Ich meine, man muß



Frau Schuchardt
feststellen, daß einiges erreicht worden ist. Heute nehmen mehr Kinder aus Arbeiterfamilien die Chance für mehr Bildung wahr. Die Mädchen sind nicht mehr so stark wie vor fünf Jahren gegenüber gleichaltrigen Jungen benachteiligt. Ich meine, dies ist eine positive Entwicklung. Sie sollte weitergehen. Das Bildungsangebot im ländlichen Raum ist erheblich verbessert worden.
Ich bin fest davon überzeugt, daß die unsachliche ideologische Diskussion der vergangenen Jahre auch deshalb geführt worden ist, um diese positive Entwicklung zu überschatten.

(Wehner [SPD] : Leider wahr!)

Minister Schmude hat bereits' im einzelnen die quantitativen Erfolge dargestellt. Ich möchte mich deshalb nur auf einige wenige beschränken. Aber einiges ist zuallererst festzustellen. Noch nie haben so viele Jugendliche die Chance für mehr Bildung wahrgenommen wie jetzt. 1975 gingen doppelt so viele Jugendliche in die 9. Klasse als zehn Jahre zuvor und dreimal so viele in die 12. Klasse. Doppelt so viele Jugendliche erreichten einen mittleren Abschluß und fast viermal so viele eine Fachhochschul- oder Hochschulreife. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse war trotz der angespannten Situation noch nie so hoch wie 1977. Letztlich ist die Zahl der Hauptschulabgänger, die nicht den Abschluß erreichten, um ein Drittel zurückgegangen.
Die Expansion des Bildungswesens hat außerordentlich positive Auswirkungen auf das Beschäftigungssystem gehabt. Hätten wir diese Expansion — Herr Meinecke hat bereits darauf hingewiesen — nicht betrieben, so wären 1,5 Millionen Erwerbssuchende mehr am Arbeitsmarkt erschienen. Wir hätten sehr viel früher das Problem der Arbeitslosigkeit und besonders der Jugendarbeitslosigkeit gespürt. Dies sollte uns darauf hinweisen, welche positiven Auswirkungen vernünftige bildungspolitische Maßnahmen, wenn sie zur rechten Zeit getroffen werden, haben können.
Lassen Sie mich einiges zur Leistungsfähigkeit der Gesamtschulen sagen. Die FDP hat sich schon sehr frühzeitig für die Gesamtschule eingesetzt, weil sie in dieser Schulform eine optimale Möglichkeit sieht, durch ein offenes, durchlässiges Schulsystem die Chancen jedes einzelnen zu verbessern, falsche Entwicklungen, bedingt durch eine zu frühe Schullaufbahnentscheidung, zu verhindern, wie auch die sehr viel flexiblere Möglichkeit einer Schule zu bieten, sich auf die individuellen Bedürfnisse und Ansprüche eines Kindes und Jugendlichen einzustellen. Die FDP hat sich immer dafür eingesetzt, daß diese Entwicklung sich nicht gegen den Willen der Betroffenen zu vollziehen hat

(Pfeifer [CDU/CSU] : Nordrhein-Westfalen!)

und daß man erst nach gründlicher Erprobung zu endgültigen Entscheidungen kommen sollte.
Die in der Antwort aufgeführten Untersuchungsergebnisse der in allen Bundesländern vorgenommenen Schulversuche zeigen, daß die Hoffnung, die
mit der Gesamtschule verknüpft ist, begründet ist.

(Beifall bei der SPD)

Schon jetzt kann gesagt werden, daß die Gesamtschule die Chancengleichheit wesentlich erhöht, Fehlentwicklungen verringert und die Bildungsmöglichkeiten, die der einzelne Schüler hat, stärker entfalten kann.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Die ersten Erfahrungen mit der Gesamtschule zeigen, daß die Prognosen, die Schüler am Ende der Grundschule, also Zehnjährige, mit auf den Weg bekommen, zu einem ganz erheblichen Teil falsch sind. Die -meisten haben sich später in der Gesamtschule als entwicklungsfähiger und bildungsfähiger herausgestellt, als ihre Prognose lautete.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

Wir wissen aus den Übergängen vom Gymnasium auf die Realschule und von der Realschule auf die Hauptschule, wie schmerzlich eine Prognose für ein Kind zu tragen ist, wenn sie zu hoch angesetzt war.

(Wehner [SPD] : Leider wahr!)

Die Gesamtschule macht deshalb deutlich, wie problematisch es ist, zehnjährige Kinder in eine bestimmte Schulform zu schicken. Das Risiko der Fehleinschätzung liegt im System der Dreigliedrigkeit.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Schon dies ist ein wichtiges Argument für die Gesamtschule.
Auch zeigt sich, daß die Durchlässigkeit innerhalb des Bildungsangebots einer Gesamtschule sehr viel größer ist. Herr Dregger, Sie sprechen immer vom Elternrecht und von der Elternentscheidung. Wie sieht denn nun eigentlich die Elternentscheidung beim dreigliedrigen Schulsystem aus? Sie reduziert sich auf die Eltern von Zehnjährigen. Damit ist sie am Ende. Dann wird die Entscheidung der Schule überlassen. Dann entscheidet der Lehrer an Hand der Leistungen, ob die Kinder im Gymnasium bleiben oder nicht. Das hat mit Elternrecht gar nichts mehr zu tun.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Pfeifer [CDU/CSU]: Blühender Unsinn! Das stimmt doch nicht!)

Die Gesamtschule gibt die Möglichkeit, daß Eltern — —(Zuruf des Abg. Dr. Dregger [CDU/CSU])

— Ach, Herr Dregger, beschäftigen Sie sich mal damit und lesen Sie mal die Große Anfrage richtig, lesen Sie auch mal andere Untersuchungen von Gesamtschulen; man kann ja sein Spektrum des Wissens in dieser Frage verbreitern! Dann werden Sie das bestätigt finden.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Was Sie eben zum Elternrecht im dreigliedrigen Schulsystem gesagt haben, zeigt, daß Sie wenig Ahnung von dem haben, was derzeit die Eltern wirlich bewegt!)





Frau Schuchardt
Das bedeutet, das Elternrecht und die Einbeziehung der Eltern in die Bildung der Kinder können in der Gesamtschule sehr viel besser verwirklicht werden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wo nehmen Sie die Kühnheit her, so was zu behaupten?)

Das sollte die weitere Entwicklung berücksichtigen.
Daß darüber hinaus in der Gesamtschule der Anteil derer, die den Hauptschulabschluß nicht erreichen, wesentlich geringer als im dreigliedrigen Schulsystem ist, ist ebenfalls eine sehr positive Beobachtung.
Herr Dregger, Sie haben von der Hauptschule als der Restschule gesprochen. Wenn ich das tue, sagt die CDU immer, es sei gar keine Restschule. Aber Sie haben das von sich aus getan. Deswegen will ich darauf eingehen. Wissen Sie, warum das eine Restschule ist? Weil die CDU gefordert hat, unser dreigliedriges Schulsystem könne doch phantastisch dadurch verbessert werden, daß man die Übergänge in die mittleren und höheren Bildungsabschlüsse erleichtert. Wen wundert es dann eigentlich, daß die Hauptschule eine Restschule wird?

(Zuruf des Abg. Dr. Dregger [CDU/CSU])

— Ein bißchen Logik, Herr Dregger, macht unheimlich viel aus innerhalb der Politik. Ich kann nur sagen: Schicken Sie Ihre Kinder in die Hauptschule, dann bleibt es keine Restschule.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und Ihre Kinder?)

Aber schicken Sie ihre Kinder nicht ins Gymnasium oder vielleicht sogar in die Gesamtschule und muten Sie anderen Eltern nicht zu, ihre Kinder in der Hauptschule nur deshalb zu lassen, damit es keine Restschule wird! Das ist doch die Konsequenz, die Sie offenbar anbieten.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Will man in der Bildungspolitik wirklich sachgerecht bleiben, so ist man daran interessiert, daß dem Kind eine Schule angeboten wird, die in der Lage ist, sich auf dieses Kind einzustellen. Dann muß man auch bereit sein, diese positiven Erfahrungen zur Kenntnis zu nehmen und auszubauen. Oder man muß sich vorwerfen lassen, wirklich aus ideologischen Gründen die Gesamtschule abzulehnen — ohne Rücksicht auf die Entwicklung der Kinder.
Die Union spricht nun immer wieder vom Elternrecht. Sie muß sich deshalb vorhalten lassen, wieso sie eigentlich den Eltern, die ihr Kind auf eine Gesamtschule schicken wollen, das Recht auf diese freie Wahl vorenthalten will.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Will sie gar nicht!)

— Gegen Sie doch einmal in die Landtage. Herr Rühe wird Ihnen das genau beschreiben. Er war in der Hamburger Bürgerschaft und hat sich gegen eine Schulgesetzänderung gewehrt, in der den Eltern genau dieses Recht eingeräumt werden sollte. Lesen
Sie das einmal durch, Herr Dregger, bevor Sie einen
solchen Zwischenruf machen. Ich nehme an, daß
Herr Rühe Ihnen genau erklären wird, wie das war.

(Zuruf des Abg. Daweke [CDU/CSU])

In allen Ländern — unabhängig von der Anzahl der dort vorhandenen Gesamtschulen — ist bereits heute festzustellen, daß mehr Eltern ihre Kinder in Gesamtschulen schicken wollen, als dafür Gesamtschulplätze zur Verfügung stehen. Das heißt: wir haben einen Numercus clausus an Gesamtschulen.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Wo denn?)

Ich glaube, Herr Dregger, man kann sagen, daß dies eine deutliche Entscheidung der Eltern für Gesamtschulen ist. Sie sprechen vom Elternrecht. Geben Sie den Eltern das Recht, ihre Kinder auf eine Gesamtschule zu schicken!

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir Freien Demokraten halten es für falsch, dem Bürger einen Schultyp aufzuoktroyieren, den er nicht zu akzeptieren bereit ist.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Das haben Sie aber in Nordrhein-Westfalen versucht!)

— Sie wissen doch ganz genau, was in Nordrhein-Westfalen geschehen ist. Das hatte doch mehr mit Emotionen als mit sachlicher Auseinandersetzung zu tun.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das sagen Sie!)

— Ja, genau das sage ich. Schauen Sie doch nach Niedersachsen. Da hat Ihr Kultusminister das zur gleichen Zeit eingeführt. Das ist doch die Tatsache. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß das eine gute Sache ist. Herr Remmers ist offenbar ein ganz vernünftiger Mensch.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Dies ist auch nicht richtig! — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Jetzt wird aber die „Wahrheit" bemüht!)

— Sie sind sehr aufgeregt, wie man merkt. Das freut mich außerordentlich.

(Zuruf von der CDU/CSU: Immer noch ruhiger als im Landesparlament!)

Wir halten es ebenso für falsch, einen Schultyp aufzuoktroyieren wie auf der anderen Seite einen Schultyp vorzuenthalten.
Wir haben so viel Vertrauen in die Gesamtschule, daß wir glauben, wenn wir den Eltern die Wahlmöglichkeit zwischen den Schultypen eröffnen, wird die Wahl letztendlich eindeutig zugunsten der Gesamtschule ausfallen.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das wissen Sie schon vorher?)

— Nein, das wissen wir gar nicht vorher. Ich habe nur gesagt, daß ich Vertrauen habe. Das überlassen wir dann den Eltern, frei zu wählen, wohin sie ihre Kinder schicken wollen.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das überlassen Sie in Hessen nicht den Eltern! — Pfeifer [CDU/CSU] : In Nordrhein-Westfalen wollten Sie es nicht den Eltern überlassen!)




Frau Schuchardt
Sie lassen doch beispielsweise auch in der Grundschule kein dreigliedriges Schulsystem zu. Die Grundschule ist eine integrierte Gesamtschule bis zur vierten Klasse. Wieso sind Sie eigentlich für Integration in Schulen für die bis zu 10jährigen und danach plötzlich für das Auseinanderlaufen, für das Einteilen in drei verschiedene Kategorien? Das ist doch die Realität.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Was ist nun zu tun? Die Hauptherausforderung im Bildungssystem liegt ganz ohne Frage in der starken Schwankung der Anzahl der Geburten in den jeweiligen Jahrgängen. Wir haben die Situation, daß heute ausgerechnet die starken Jahrgänge Ausbildungsplätze oder Studienplätze suchen, die schon früher keine Kindergartenplätze fanden und die in der Grundschule und in der Mittelstufe in sehr großen Klassen unterrichtet wurden. Wir müssen deshalb eine Politik betreiben, durch die die Jugendlichen, die zufällig in einen geburtenstarken Jahrgang hineingeboren worden sind, nicht benachteiligt werden. Das bedeutet, daß man ihnen, auch wenn es dem derzeitig erkennbaren Bedarf an Arbeitsplätzen widerspricht, genau die gleiche Bildungschance wie den Kindern geburtenschwacher Jahrgänge geben muß. Wer sich darüber beklagt, daß wir heute zu viele Akademiker ausbilden, der muß dabei auch gleichzeitig sagen, daß er, wenn er dies verhindern will, die Bildungschance aller, die in einem solchen starken Jahrgang geboren worden sind, erheblich verringern will. Das Recht auf Bildung bleibt eine hohle Farce, wenn man die Kapazitäten von Bildungseinrichtungen allein daran ausrichtet, welchen Bedarf der Arbeitsmarkt wohl später einmal haben wird. Abgesehen davon, daß kaum eine Prognose über den zukünftigen Bedarf zuverlässig gestellt werden kann, muß ein liberaler Staat auch bereit sein, den Bildungswünschen des einzelnen entgegenzukommen.
Herr Schmude hat es vorhin schon erwähnt, aber ich möchte es noch einmal sehr stark verdeutlichen: Wer die Lenkung von Investitionen im wesentlichen ablehnt, darf nicht andererseits den einzelnen Menschen in seiner Bildung lenken wollen. Oder sollte die Wertigkeit von Investitionen etwa höher als die Wertigkeit eines einzelnen Menschen und seiner Entwicklung eingeschätzt werden? Zur Zeit hat allerdings die ungleich höhere Verdienst- und Aufstiegschance, die durch mehr Bildung entsteht, einen stark lenkenden Einfluß auf die Bildungswünsche des einzelnen Jugendlichen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Das ist doch ganz klar. Herr Dregger hat selbst vom sogenannten Verdrängungswettbewerb gesprochen. Ich meine, ein Jahrgang hat immer nur 100 %, und früher ist auch verdrängt worden. Es kann also heute nicht mehr als früher verdrängt werden. Eines ist sicher: Derjenige, der die bessere Bildung erhalten hat, verdrängt immer den mit der schlechteren Bildung.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Dregger [CDU/CSU] : Was ist „bessere Bildung" ?)

Deshalb kann ich nicht sagen, dem einen gönne ich die bessere Ausbildung, dem anderen nicht, sondern ich muß jeden gleichstellen und jedem die gleiche Chance einräumen. Darum geht es im wesentlichen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie würden Sie den Begriff „bessere Bildung" definieren?)

Wer Recht auf Bildung für sich in Anspruch nehmen will, muß aber auch bereit sein, damit persönlich das Risiko zu übernehmen, wenn er eine Ausbildung ergriffen hat, die möglicherweise nicht dem Arbeitsmarkt entspricht.

(Zuruf von der CDU/CSU: Zum Beispiel Grundschullehrer!)

Wir müssen deshalb gerade die im öffentlichen Dienst vorhandene starre Koppelung von formalem Bildungsgrad und Einkommenshöhe beseitigen. Ich halte die Vorschläge des Wissenschaftsrats, die Eingangsämter auch für Akademiker geringer zu besolden, für mutig, aber auch für unbedingt erwägenswert. Wenn ich mir vorstelle, daß wir einerseits Lehrer und Richter brauchen könnten, sie uns aber wegen der angespannten Haushaltssituation nicht leisten können, auf der anderen Seite aber eine Reihe von Bewerbern vor der Tür stehenbleiben, so meine ich, daß es der Solidarität derer, die im Beschäftigungssystem einen Platz gefunden haben, bedarf, um zu neuen Einkommensüberlegungen in dieser Frage zu kommen, und auch denen die Chance zu eröffnen, die draußenvor stehen.
Die Antwort auf die Große Anfrage zeigt, daß durch die Verlängerung der Bildungszeiten der Arbeitsmarkt erheblich entlastet wurde. Ich meine, dieses sollte eine Aufforderung sein, das zehnte Bildungsjahr, das alle Parteien fordern, gerade für die starken Jahrgänge in einer Zeit einzuführen, in der es beschäftigungspolitisch sogar wünschenswert wäre. Ich fände es sehr ungerecht, wenn nun die schwachen Jahrgänge, die ohnehin schon immer begünstigt waren, auch noch die ersten sein werden, die das zehnte Bildungsjahr wahrnehmen dürfen.

(Wehner [SPD]: Sehr richtig!)

Wenn man bedenkt, daß dies bereits in einigen Bundesländern angestrebt wird, keineswegs aber in allen, und darüber hinaus sehr uneinheitliche Vorstellungen über den Inhalt eines solchen Bildungsjahres bestehen, so versteht man, weshalb die FDP seit vielen Jahren gerade auch in dieser Frage der Bildungsdauer für mehr bundeseinheitliche Kompetenz kämpft.
Wir werden bald in der Situation sein, daß die Mobilität der Arbeitnehmer auch dadurch geringer wird, daß ein Familienvater, dessen Kind gerade aus der neunten Klasse der Hauptschule in Baden-Württemberg oder Niedersachsen entlassen worden ist, nicht nach Berlin ziehen kann, weil dort ein zehnjähriger Besuch der Hauptschule vorgesehen ist.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Warum macht ihr das denn?)

— Weil das eine gute Sache ist und weil wir den
Hauptschülern dieses Bildungsjahr — Sie haben für
sich selbstverständlich mehr als neun Jahre in An-



Frau Schuchardt
spruch genommen, Herr Pfeifer — nicht vorenthalten wollen. Das ist der Grund.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Pfeifer [CDU/CSU] : Das ist auch eine Aussage gegen die Regierungserklärung!)

Die Schildbürgerstreiche durch die Zersplitterung der Kompetenzen werden wir an Hand des Berichts über die strukturellen Mängel unseres föderativen Bildungssystems darlegen, und ich bin gespannt, wie Ihre Vorstellungen sein werden.
Lassen Sie mich noch kurz etwas zu den Bildungschancen der Mädchen sagen. Wir stehen vor der großen Gefahr, daß die positive Entwicklung der Berufsausbildung für die Mädchen dadurch reduziert wird, daß der Arbeitsmarkt so angespannt ist und Jungen eher einen Arbeitsplatz finden. Wir müssen deshalb versuchen, auch den Mädchen technische Berufe zu öffnen.
Lassen Sie mich noch etwas dazu sagen. Es gibt eine Reihe von unterschiedlichen Arbeitsschutzmaßnahmen für Mädchen und Jungen, für Männer und Frauen. Wenn man hier die Gleichberechtigung verwirklichen wollte, müßte man die Verordnungen über die Arbeitsschutzmaßnahmen, die ursprünglich zugunsten von Frauen gemacht wurden und sich jetzt zu ihrem Nachteil auswirken, überarbeiten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Machen Sie das einmal!)

Dies ist eine Aufforderung an den Staat und an die Tarifvertragsparteien

(Beifall bei der FDP und der SPD)

und hat nichts damit zu tun, daß man ausbildungshemmende Vorschriften abbauen möchte, sondern damit soll lediglich Gleichberechtigung hergestellt werden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Machen Sie das doch einmal!)

Frau Präsidentin, ich bitte Sie um Entschuldigung, wenn ich meine Redezeit ein bißchen überziehe. Ich möchte nur noch einige wenige Gedanken zum Ausdruck bringen.
Die Arbeitsverwaltung — so hat uns die Antwort auf die Große Anfrage mitgeteilt — ist dabei, die Berufsberatung aufzubauen. Nun ist das Problem dies, daß wir heute diese Berufsberatung dringend brauchen, aber in zehn Jahren möglicherweise nicht mehr, und zwar einfach deshalb, weil schwache Jahrgänge die Schulen verlassen werden. Ich meine, daß es, unabhängig vom Monopol der Arbeitsverwaltung bei der Berufsberatung, angemessen wäre, sich des Sachverstandes von Innungen, Kammern und Gewerkschaften bei der Beratung für diese Übergangszeit zu bedienen, damit nicht möglicherweise ein weiterer Schildbürgerstreich passiert, indem man jetzt Beamte zur Beratung einstellt und sie dann, wenn sie sich endlich in die Vielfältigkeit unserer Berufswelt eingearbeitet haben und ihr Wissen gar nicht mehr gebraucht wird, an eine andere Stelle versetzt. Ich meine, wir sollten versuchen, hier flexibel zu handeln und unbürokratisch vorzugehen.
Meine Damen und Herren, wir konnten natürlich nicht alles, was in dieser Großen Anfrage und in der Antwort darauf an Anregungen und insbesondere an positiver Entwicklung aufgezeigt ist, diskutieren. Die Freien Demokraten betrachten diese heutige Debatte als Beginn einer neuen Offensive auch im bildungspolitischen Bereich. Wir haben eine enorme Herausforderung vor uns und werden weitergehen, weil wir der Auffassung sind, wir sind auf dem richtigen Wege.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0809601400
Das Wort hat der Herr Senator Dr. Glotz.

Prof. Dr. Peter Glotz (SPD):
Rede ID: ID0809601500
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die interessanteste Statistik, die sich in dem Bericht des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft befindet, ist die, Herr Kollege Dregger, die im Grunde drei wichtige Zahlen zusammenfaßt. Die eine — Sie haben sie selbst zitiert — zeigt, daß die Zahl derer, die die Hochschul- und Fachhochschulreife erlangt haben, von rund 7,5 % eines Jahrgangs im Jahre 1965 auf etwa 19 % im Jahre 1975 angestiegen ist. Die zweite Zahl betrifft — man muß das im Zusammenhang sehen — die mittleren Abschlüsse. Die Zahl der Abschlüsse an Realschulen hat sich von rund 18 % auf 33 % erhöht. Die dritte ist die wichtigste Zahl. Die Zahl der Schulabgänger ohne einen Hauptschulabschluß hat sich von rund 17 % auf rund 12 °/o vermindert. Es gibt viele solcher Zahlen in diesem Bericht. Die drei von mir genannten kennzeichnen die Entwicklung der letzten zehn Jahre für mich am deutlichsten.
Sie, Herr Kollege Dregger, haben in diesem Zusammenhang in Ihrer Erwiderung auf den Bericht von Herrn Bundesminister Schmude den Begriff „Zahlenrausch" gebraucht. Ich bin der festen Überzeugung — und ich sage das jetzt nicht polemisch —, daß hinter diesen Zahlen Tausende und aber Tausende menschlicher Schicksale stecken, die wirklich verbessert werden' konnten, so daß man diese Entwicklung nicht mit dem Begriff „Zahlenrausch" abtun sollte,

(Beifall bei der SPD und der FDP)

bei der Arbeiterkinder auf Universitäten gehen konnten, wozu ihnen vorher keine Chance gegeben war, und bei der Leute einen Schulabschluß bekommen haben, die vorher keine Chance dazu hatten. Bitte, tun Sie das nicht mit dem Begriff „Zahlenrausch" ab, Herr Kollege Dregger; das ist sicher falsch.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Lassen Sie mich noch etwas sagen, aber in diesem Punkt nicht als sozialdemokratischer Bildungspolitiker, sondern jetzt als Vertreter der Länder. Diese Entwicklung, die wir hier vorliegen haben, ist ja eben nicht — Herr Schmude hat das ja eingeräumt — eine Entwicklung, die ausschließlich auf sozialdemokratische oder sozialliberale Bildungspolitik zurückginge, sondern eine Entwicklung, die auch in konservativ, in von der Union regierten Ländern eingetreten ist.



Senator Dr. Glotz
Ich nehme zur Kenntnis, daß Sie gesagt haben, auch Sie übten Selbstkritik, und auch Ihre Freunde hätten zuweilen dem Zeitgeist zu sehr nachgegeben. Aber ich bitte Sie, die Anstrengungen, auch die Bildungsanstrengungen, die — auch in den unionsregierten Ländern — dazu geführt haben, nicht als Reverenz gegenüber einem falschen Zeitgeist zu werten; das wäre eine falsche Wertung. Es ist eine gemeinsame Leistung, eine Leistung, an der selbstverständlich auch unionsregierte Länder Anteil haben.
Lassen Sie mich nun etwas zum „Zeitgeist" sagen. Da ist ja — ich rede jetzt einmal von der Bildungsexpansion insgesamt — nicht nur — jetzt auch bei den unionsregierten Ländern — eine Politik, die bloß im Jahre 1971 oder im Jahre 1973 passiert wäre. Sehen Sie bitte — das ist einfach die tägliche Praxis, die unsereiner hat —: Noch vor zwei Jahren ist das Ziel „850 000 Studienplätze" im Planungsausschuß für die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau von allen Bundesländern gemeinsam beschlossen worden. Herr Kollege Dregger, der Bildungsgesamtplan ist damals beschlossen worden; jetzt wollen alle Länder gemeinsam den Bildungsgesamtplan fortschreiben. In der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung gibt es gemeinsame Programme, wenn auch selbstverständlich mit einzelnen Differenzen. Das heißt doch, daß zwar die Gesamtpolitik, die Herr Schmude hier dargestellt hat, sicher in vielen Einzelpunkten auch von unionsregierten Ländern und von Unionspolitikern zu korrigieren versucht wird, aber als Gesamttendenz ist doch die Kurskorrektur, von der Sie sprechen, in den 850 000 Studienplätzen, in der Fortschreibung des Bildungsgesamtplans und überall in der gemeinsamen Arbeit der Länder keineswegs angelegt.
Sie haben — übrigens an einem mich verletzenden Punkt — von „augenzwinkernder Arbeitsteilung". gesprochen; ich komme nachher noch darauf zurück.

(Dr. Dregger [CDU/CSU]: Von Herrn Evers und Herrn Rolff!)

Manchmal habe ich den Eindruck, daß auf der einen Seite die Unions-Bildungspolitiker in der Fortführung und der Stabilisierung sowie bei der Lösung der Probleme der Bildungsexpansion sehr oft sachlich mitarbeiten, dann aber auf der anderen Seite an diesem Pult oder an anderen Pulten andere CDU-Politiker genau das Gegenteil sagen

(Conradi [SPD] : Ganz genau!)

und die große Kurskorrektur propagieren. Dies, Herr Kollege Dregger, ist augenzwinkernde Arbeitsteilung, die ich kritisieren muß.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der SPD: Doppelstrategie!)

— Ach Gott, diesen Begriff habe ich noch nie gemocht; ich mag ihn auch in diesem Zusammenhang nicht, Herr Kollege.
Lassen Sie mich einen Satz zu dem Begriff „Ideologie", wie Sie ihn gebrauchen, sagen. Sie wenden sich gegen ideologische Politik. Bitte versuchen Sie, Ihren Marxschen Ideologiebegriff abzulegen und ihn zu Karl Mannheim weiterzuentwickeln, Herr Kollege Dregger. Denn das Ideologie falsches Bewußtsein ist,
das ist Marx im Original. Aber lassen Sie uns doch zugeben, daß wir alle miteinander Wertsysteme im Kopf haben und nach diesen Wertsystemen Politik machen. Das gilt für die Union wie für die Sozialdemokratie, und es sind sicher in vielen Punkten gemeinsame und in manchen Punkten unterschiedliche Wertsysteme. Aber so zu tun, als ob man selber Sachpolitik und der andere ideologische Politik macht, ist einfach kurzsichtige Polemik, Herr Kollege Dregger, die ich so nicht akzeptieren kann.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich habe mich darüber gefreut, daß Sie die — wie Sie sie genannt haben — manichäische Einteilung in Reformer und Antireformer ablehnen. Ich weiß nicht, ob sie manichäisch ist, aber auch ich würde eine solche einfache Einteilung der Politik in der Tat für ein viel zu einfaches Gesellschaftsbild halten. Aber daß das von jemandem kommt, der die Einteilung der Politik in „Freiheit oder Sozialismus" einmal betrieben hat,

(Zuruf von der SPD: Immer noch betreibt!) erstaunt mich doch, Herr Kollege Dregger.


(Beifall bei der SPD und der FDP)

Deswegen würde ich gern den Versuch machen, in der Tat von solchen einfachen Gesellschaftsbildern wegzukommen. In meiner täglichen bildungspolitischen Praxis haben sich solche einfachen Gesellschaftsbilder nirgends bestätigt, und sie bestätigen sich auch heute nicht.
Ein Grundargument zieht sich durch Ihre Rede und auch durch die meisten anderen kritischen Äußerungen der Kollegen der Union. Es ist die Kritik: Ihr habt zu sehr eine intellektualistische Expansion in Richtung Hochschulen und Gymnasien betrieben und habt euch zu wenig um die berufliche Bildung, um die Weiterführung und Reform der beruflichen Bildung gekümmert.

(Richtig! bei der CDU/CSU)

Ich glaube, daß diese Kritik im Grundsatz etwas für sich hat. Es gibt ja keinen Zweifel daran — und dies kann man an diesem Pult aussprechen —, daß der Vorgänger von Herrn Schmude, der Kollege Rohde, in der Tat auch von einer Kurskorrektur zugunsten der beruflichen Bildung gesprochen hat. Und die war auch notwendig. Insofern bestreite ich diese Grundthese nicht.
Herr Kollege Dregger, da ich ja wußte, daß Sie heute hier sprechen, habe ich mir Ihr Landesprogramm angesehen. In diesem Landesprogramm der CDU aus Hessen finde ich folgende Formulierung:
Eine CDU-Landesregierung wird sich auf Bundesebene dafür einsetzen, daß ausbildungshemmende Bestimmungen (z. B. Ausbildungsordnung, Höhe der Ausbildungskosten, zweiter Berufsschultag) zurückgenommen werden und die betriebliche Ausbildung vor Bürokratisierung geschützt wird.
Herr Kollege Dregger, ich bin auch dafür, die berufliche Bildung vor Bürokratisierung zu schützen. Gleichzeitig aber sagt man, man hätte eine Kurskorrektur machen müssen, indem man die berufliche



Senator Dr. Glotz
Bildung stärker gefördert hätte. Dann hätte man aber auch mehr und bessere Ausbildungsordnungen herbeizwingen müssen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Praxisbezogen!)

— Dann hätte man sich praxisbezogen mit der Wirtschaft auseinandersetzen und die Wirtschaft auch dazu bringen müssen, ihre Ausbildungsordnungen in bestimmten Punkten zu reformieren. Das wäre die Aufgabe gewesen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wenn einer sagt, er sei für die Kurskorrektur zugunsten der beruflichen Bildung, und gleichzeitig sagt, er wolle den zweiten Berufsschultag sofort wieder streichen, dann ist dies Heuchelei, Herr Kollege Dregger, wenn ich dies so deutlich sagen darf.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich weiß nicht, ob Sie selbst dies vertreten. Ich bitte um Entschuldigung für den Begriff „Heuchelei". Möglicherweise sind Sie — und ich verstünde das dann — nicht voll hinter diesem Satz Ihres eigenen Programms; aber wenn Sie dahinter sind, können Sie nicht gleichzeitig die Kurskorrektur zugunsten der beruflichen Bildung fordern. Das ist doch der Punkt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Leider sehe ich das häufig. Ich sage das nicht nur in der Auseinandersetzung mit Herrn Dr. Dregger, Hans Maier und viele andere sagen immer wieder: „Der Mensch fängt nicht beim Abitur an, und man muß die praxisbezogene Ausbildung fördern." Ich finde das alles richtig und erwägenswert. Logisch wird dies aber erst, wenn man dann gleichzeitig auch den Mut hat, sich für die Reform und die Verbesserung der beruflichen Bildung und der Berufsschulen einzusetzen und auch Interessenkonflikte beispielsweise mit den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern und der Wirtschaft auf sich zu nehmen. Den Mut zu diesen Interessenkonflikten sehe ich bei der Union nicht, Herr Kollege Rühe. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Mehr Theorie ist doch keine Verbesserung!)

Damit bin ich bei der These, die auch schon Frau Schuchardt aufgenommen hat. Sie haben den Begriff „Verdrängungswettbewerb" gebraucht, Herr Dregger. Ich bin der festen Überzeugung, daß es in der Tat Befürworter der Bildungsreform gibt, die sich an einer harten Tatsache zumindest zeitweise vorbeigemogelt haben, daß es nämlich, wenn man mehr Leuten die Chance gibt — ich nehme einmal das eine Beispiel —, Abitur zu machen oder vergleichbare Abschlüsse, in der Tat um die besten Arbeitsplätze in unserer Gesellschaft mehr Konkurrenz und mehr Auseinandersetzung geben wird. Konkurrenz bedeutet natürlich auch Streß, und Konkurrenz bedeutet auch Förderung von Verhaltensweisen und Erzwingung von Verhaltensweisen, die problematisch sein können.
Ich glaube, man muß sehen, ,daß es ganz unmöglich gewesen wäre, damit, daß wir die Bildungspyramide verändert haben, daß wir mehr Menschen die Chance gegeben haben, mehr zu lernen, automatisch und im gleichen Zug auch die Arbeitswelt, das System der Arbeitswelt, die Pyramide der Arbeitsplätze völlig und sofort zu verändern, sondern daß dies nur in Einwirkung eines Systems auf das andere möglich ist und daß dies nur im Konflikt beider Systeme möglich sein konnte.
Nur weil dies so ist, glaube ich, ist auch die Diagnose von Frau Schuchardt richtig, Herr Dregger, daß ein Teil des Unwillens gegen die Bildungsreform auch von denen kommt, deren Kinder es sozusagen immer geschafft hätten und die plötzlich merken, daß durch die Bildungsreform ihre Kinder, die selbstverständlich immer in die Hochschule, ins Gymnasium gekommen wären, Konkurrenten bekommen haben. Durch die Konkurrenz ist der Streß vergrößert worden, und es findet also auch Konkurrenz um Arbeitsplätze statt.

(Beifall bei der SPD und der FDP) Dies ist eine Tatsache.


(Zuruf von der CDU/CSU: Glauben Sie das wirklich?)

Ich möchte ganz klar sagen, weil Sie vorhin in Zwischenrufen immer wieder das Volksbegehren Koop-Schule in Nordrhein-Westfalen und die Rahmenrichtlinien in Hessen angesprochen haben — Sie haben ,das selbst getan —, auch wenn ich dabei Kritik des einen oder anderen Kollegen, meiner eigenen Freunde, finde: Ich glaube, daß auch Sozialdemokraten bei diesen Planungsprozessen Fehler gemacht haben. Ich glaube, die Planungsprozesse waren notwendig; aber ich glaube auch, bei der Durchführung sind Fehler gemacht worden, und ich kann keineswegs alles verteidigen.
Ein Teil des Erfolges, den Sie dabei gehabt haben, ist auch darauf zurückzuführen, daß es eben Leute gibt, die sagen: Nun ist aber Schluß damit, wir wollen nicht noch mehr Konkurrenz für unsere eigenen Kinder. Diese Art von Aufwallungen, die Sie damit auch erzielen, kritisiere ich, und dagegen bin ich überaus kritisch, meine Damen und Herren. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich tue damit keineswegs alles ab. Aber daran, daß es dies auch gibt, Herr Kollege Pfeifer, kann für mich kein Zweifel bestehen.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Das können Sie doch im Ernst nicht den Eltern in NordrheinWestfalen sagen!)

Was könnten wir denn in der jetzigen Situation tun? Wir wissen natürlich, daß die Entwicklung von Kindern, die jetzt, sagen wir mal, in der Oberstufe des Gymnasiums sind, so weit gefördert ist, daß ihre Bildungslaufbahn etwa in Richtung berufliche Bildung nicht mehr korrigiert werden kann. Wir wissen auch, daß wir Anfang der 80er Jahre vor dem Berg von Problemen, von dem Herr Dregger hier gesprochen hat, stehen werden. Das heißt also, daß jetzt eine Korrektur sozusagen bei den ganz Kleinen das Problem, vor dem wir Anfang der 80er Jahre stehen werden, nicht lösen wird. Wir müssen uns also der



Senator Dr. Glotz
Frage stellen — ich will das gleich tun; das ist nämlich eine Frage an die Arbeitsmarktpolitik und damit auch eine Frage an die Bundesregierung —: Wie wollen wir uns der Entwicklung, die gefördert worden ist — ich sage es noch einmal: die gefördert worden ist von Ländern unterschiedlicher Couleur — stellen, und wo sind die Lösungsansätze?
Gegen einen Lösungsansatz möchte ich mich allerdings wehren, und das ist der Lösungsansatz — er wird nicht in allen Ländern, aber in dem einen oder anderen Land heutzutage wieder ausprobiert —, sozusagen unten wieder zuzudrehen — Frau Schuchardt hat das, glaube ich, auch angesprochen —, d. h., beim Zugang der Zehnjährigen zu den weiterführenden Schulen durch gewisse Hürden, durch zusätzliche Prüfungen den Hahn einfach zuzumachen, um auf diese Weise zu verhindern, daß mehr Leute in ein höheres Bildungssystem kommen. Das — und dies ist jetzt keine Auseinandersetzung mit Ihnen, Herr Dregger, denn Sie haben das nicht angesprochen — halte ich nun. in der Tat für die schlimmste Politik. Denn, meine Damen und Herren, eines müssen wir doch sehen: Wenn wir bei den Zehnjährigen auswählen, dann wählen wir nicht aus zwischen Leistung und Nichtleistung, sondern zunächst einmal zwischen der Hilfsfähigkeit und Hilfsbereitschaft der Familie, in der das zehnjährige Kind großgeworden ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Gegen eine solche Politik müssen wir uns wehren.
Ich bin für Konkurrenz. Konkurrenz ist in unserer Gesellschaft unvermeidlich. Aber ich bin für die Konkurrenz zwischen gut ausgebildeten Erwachsenen und nicht für die Konkurrenz zwischen zehnjährigen Kindern aus unterschiedlichen sozialen Schichten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Hier muß man die grundsätzlichen Unterschiede sehen, und ich differenziere dabei sehr genau. Diese meine Aussage richtet sich beispielsweise gegen konkrete politische Tatbestände in Bayern und Baden-Württemberg, nicht aber in gleicher Weise gegen andere Bundesländer.
Nun komme ich zu der Grundfrage, die Herr Dregger und viele andere auch aufgeworfen haben, nämlich: Wie sieht es mit dem Arbeitsmarkt aus? Zuerst darf ich richtigstellend sagen, Herr Kollege Dregger: Niemand hat davon gesprochen, daß Bildungssystem und Beschäftigungssystem in der Weise voneinander abgekoppelt werden sollen, daß wir uns nicht mehr um die Frage zu kümmern haben, ob denn die Architekten oder die Grundschullehrer, die wir ausbilden, auch auf dem Arbeitsmarkt unterkommen. Was man voneinander abkoppeln muß, sind das Berechtigungssystem und das Bildungssystem. Ich meine in der Tat, daß man, wenn man jemanden einstellt, nicht nur auf die formale Berechtigung, auf das Zeugnis, schauen darf, sondern daß man darüber hinaus überlegen muß, ob er qualifiziert ist, und daß darüber nicht nur das Zeugnis, nicht nur der formale Bescheid, etwas aussagt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Man sollte also Berechtigungssystem und Bildungssystem, aber nicht Arbeitsmarkt und Bildungssystem voneinander abkoppeln.
Nur — hier möchte ich die Bemerkungen von Herrn Schmude und auch von Frau Schuchardt nicht mehr wiederholen, sondern lediglich unterstützen —, viele haben wirklich Illusionen über die Planbarkeit und Steuerbarkeit solcher Prozesse.

(Wehner [SPD] : Leider wahr!)

Wenn Sie sich unser Bildungssystem ansehen, wenn Sie sich — entschuldigen Sie, Herr Bundesminister Schmude — die geringen Kompetenzen Ihres Hauses ansehen, die ich ja selbst über Jahre erlebt habe, wenn Sie sich das komplizierte System unseres Bildungsföderalismus ansehen und wenn Sie sich schließlich ansehen, daß sich die Bildungspolitik einen Bruch heben würde, wollte sie auch noch die Arbeitsmarktprobleme lösen — dies kann sie nicht gleichzeitig tun —, dann müssen Sie zugeben, daß der Glaube, wir hätten dies alles irgendwie steuern können, gerade wenn sich Konservative dazu bekennen, die eigentlich nicht so sehr für die Planbarkeit der Gesellschaft sind, in der Tat ein Fragezeichen verursacht.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Dieses Fragezeichen haben, glaube ich, Herr Schmude und Frau Schuchardt hinter den einen oder anderen Teil ihrer Ausführungen gesetzt.

(Daweke [CDU/CSU] : Aber die Bildungsberichte haben doch auch Vorgaben gesetzt!)

— Sie haben Vorgaben gesetzt. Und auch ich, Herr Kollege, bin gegenüber manchen Prognosen der Bildungsberichte — nicht nur der Bildungsberichte, sondern auch der öffentlichen Hände, gleichgültig, von wem sie regiert werden — sehr, sehr skeptisch. Das, was ich als Praktiker inzwischen das Schlimmste finde, sind diese lustvollen Prognosen für das Jahr 1985 oder 1986.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

in denen dann prognostiziert wird, wieviel Hunderttausende oder zig-Tausende arbeitslose Lehrer herumlaufen, obwohl die Wirklichkeit des Jahres 1985 von keinem Menschen im einzelnen vorausgesagt werden kann.

(Daweke [CDU/CSU] : Da, da, da sitzen die Lüstlinge! — Wehner [SPD]: Lassen Sie das Zeigen mit dem Zeigefinger! Das ist überall so! Das ist heute eine Seuche, überall, in allen Parteien und in allen Institutionen! — Beifall bei der SPD und der FDP)

— Herr Kollege, dieser Äußerung des Kollegen Wehner ist überhaupt nichts hinzuzufügen. — Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat oft genug Probleme mit Prognosen, wie sie beispielsweise von Arbeitsmarktpolitikern in die Welt gesetzt werden. Ich nenne als Beispiel die immer wiederkehrende Prognose von Verwaltungen aller Couleur, daß der öffentliche Dienst, der bisher 60 % aller Akademiker oder Hochschulabsolventen aufgenommen hat, künftig nur noch 15 % aufnehmen



Senator Dr. Glotz
wird. Ganz abgesehen davon, daß ich jedem öffentlichen Dienst prophezeie, daß er dies politisch nicht durchhält, halte ich die Basis dieser Prognosen in vielen Fällen für unsinnig. Das Verängstigen von Menschen mit solchen Prognosen durch Bürokraten — gleichgültig, ob die Bürokraten rot, schwarz, gelb oder sonst was sind — halte ich für verheerend.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich stimme Herrn Kollegen Dregger zu, daß wir an konkreten Punkten warnen müssen, daß wir sagen müssen: Wenn ihr jetzt Architektur studiert, wird es sehr kompliziert, wenn ihr jetzt Grundschullehrer werden wollt, müßt ihr wissen, daß ihr eine Laufbahn einschlagt, in der die Berufschancen gering sind. Aber, bitte, lassen Sie uns dafür sorgen, daß diese Art von Warnung nicht zu einer großen Antibildungspropaganda entartet.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das ist nämlich an manchen. Punkten festzustellen.
Natürlich soll man den Hochschulabsolventen sagen — ich glaube, der Bundeskanzler hat dies in seiner letzten Regierungserklärung getan —: Nicht jeder, der die Große Juristische Staatsprüfung gemacht hat, kann automatisch erwarten, mit der Gruppe A 13 in den öffentlichen Dienst eingestellt zu werden. Dies muß man so sagen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Daweke [CDU/CSU])

— Herr Kollege, als jemand, der zehn Jahre an einer Hochschule gearbeitet hat, sage ich Ihnen dazu: Es gibt sogar schon Leute, die an den Universitäten gar nicht mehr Jura studieren, sondern die gleich A 13 studieren. Das muß auch nicht unbedingt sein.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

Aber wir müssen dann eben auch die andere Seite der Medaille sehen und nach außen darstellen. Ich fasse das in einem Satz zusammen: Es gibt heute schon viele Maschinenschlosser, die sagen: Warum soll mein Sohn eigentlich nicht Rechtsanwalt werden? Wir alle finden das wahrscheinlich völlig in Ordnung. Gerecht wird es in unserer Gesellschaft aber erst dann zugehen, wenn umgekehrt auch der Rechtsanwalt sagt: Warum soll mein Sohn eigentlich nicht Maschinenschlosser werden?, ohne daß er glaubt, daß die Welt untergeht.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich mache damit keine Art von klassenkämpferischen Tönen, sondern ich sage nur: Dies muß man zusammen sehen; man darf die Warnungen eben nicht nur einseitig zu einer Antibildungspropaganda verdichten.

(Erneuter Beifall bei der SPD und der FDP)

Frau Schuchardt hat betont — ich möchte das ausdrücklich aufnehmen —, daß die Rede des Kollegen Dregger zumindest im Punkt Gesamtschule — vielleicht nicht für die Hessen, aber zumindest für mich
— in der Tat eine Novität bedeutet hat. Es war keine generelle Absage an die Gesamtschulen, sondrn es war eine sehr viel vorsichtigere Wertung, als sie bisher stattgefunden hat.

(Zuruf des Abg. Voigt [Frankfurt] [SPD])

— Herr Kollege Voigt, wie immer man das im einzelnen sieht, ich jedenfalls möchte diese Wertung des Kollegen Dregger begrüßen. Wenn das der Anfang vom Ende eines Glaubenskrieges um unsere Schulpolitik sein sollte, dann würde ich das begrüßen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sie haben doch die Ergebnisse schon gekannt, ehe Sie sie geprüft haben!)

— Es gibt sicher Leute, die die Ergebnisse kennen, bevor sie sie geprüft haben. Dabei warne ich allerdings davor, das Instrumentarium von Modellversuchen zu überschätzen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Ich habe das schon häufig gesagt. Man kann mit einem Modellversuch, Herr Kollege Dregger, zwar manche praktischen Dinge überprüfen. Aber das Wertsystem, das hinter dem dreigliedrigen Schulsystem auf der einen Seite und dem Gesamtschulsystem auf der anderen Seite steht, kann man nicht empirisch überprüfen, so wie in einem naturwissenschaftlichen Experiment auf dem Experimentiertisch des Physikers etwas überprüft wird.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Aber die Folgen kann man überprüfen!)

Aus diesem Grunde warne ,ich davor, zu glauben, daß unsere unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Auffassungen — daß sie .sehr unterschiedlich sind, beweisen wir heute sicher wieder durch unsere Reden, Herr Kollege Dregger — durch Experimente überprüft werden könnten. Dabei sollte man sich nicht übernehmen; das ist unmöglich, ganz sicher.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich nun begrüße, daß Sie eine sehr viel differenziertere Position zu den Gesamtschulen einnehmen, als Sie das früher getan haben,

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das stimmt doch nicht!)

möchte ich Sie doch gleichzeitig ganz herzlich bitten, das ganze Thema Rahmenrichtlinien dann auch sozusagen in einer gewissen Tendenzwende etwas objektiver zu analysieren. Schauen Sie, ich habe hier vom 19. Mai 1978 Unterlagen, in denen etwa zu den Rahmenrichtlinien Deutsch gesagt wird: „Der Deutsche Lehrerverband Hessen" — der nun sicherlich nicht identisch ist mit dem Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft — „betont in seiner Stellungnahme die didaktische und .methodische Ausgewogenheit der Richtlinien." Die GEW stellt fest, daß hier wissenschaftlich gearbeitet wurde mit engstem Bezug zur Praxis unserer Schulwirklichkeit. Der Vertreter der katholischen Kirche äußerte in diesem Beirat die Auffassung, daß die Lehrpläne von Kennern der Praxis geschrieben wurden, eine gute Hilfe für den Lehrer darstellen. Weiter er-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode 96. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Juni 1978 7613
Senator Dr. Glotz
klärte der Vertreter des bischöflichen Kommissariats, der Lehrplan sei wissenschaftlich fundiert.
Wenn das so ist, sollten Sie die Reden aus dem vorigen Landtagswahlkampf nicht einfach in den jetzigen transplantieren, sondern neue halten, Herr Kollege.

(Beifall bei der SPD)

Das aber muß uns ja nicht beschäftigen, weil wir hier keinen hessischen Landtagswahlkampf führen.

(Daweke [CDU/CSU] : Berliner machen wir hier!?)

— Auch nicht Berliner. Aber das Ergebnis des hessischen wird von uns in Berlin mit großem Interesse zur Kenntnis genommen werden. In jedem Fall, Herr Kollege.

(Daweke [CDU/CSU] : Das glauben wir! Herr Rasch ist allerdings schon weg!)

Ich möchte auf ein sehr ernstes Problem zu sprechen kommen. Sie haben einige Passagen aus einer Forschungsarbeit zitiert, die angeblich die Bundesregierung und auch die hessische Landesregierung, wenn ich Sie richtig verstanden habe — gemeinsam oder eine von beiden — finanziell gefördert haben. Ich möchte dazu einfach sagen: Ich kann nicht beurteilen, ob Sie das aus dem Zusammenhang gerissen oder vollständig zitiert haben. Das kann man nachprüfen; die Gelegenheit geben Sie uns ja. Wenn das die Tendenz der Gesamtarbeit ist, die Sie hier vorgestellt haben, ist das jedenfalls nicht die Auffassung sozialdemokratischer Bildungspolitik, die Sie vorgeführt haben.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man Forschungsaufträge vergibt — das wissen Sie als früherer Oberbürgermeister genauso wie jeder, der irgendwann ein Staatsamt hatte —, sind das Ergebnis, die Formulierung und bestimmte Passagen der Formulierung eines Forschungsauftrages im Exposé, in dem das Geld angefordert wird, nicht immer hundertprozentig erkennbar. Deswegen rate ich, sich auch den genauen Kontext zu beschaffen, bevor man Herrn Krollmann oder Herrn Schmude wegen dieser Zitate verdammt.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das ist nur ein Beispiel! Es gibt viele andere! — Wehner [SPD] : Das mindert doch den Reiz der Entdeckung!)

— Das gebe ich zu. Und zu dem Reiz der Entdekkung, Herr Kollege Wehner, möchte ich gleich etwas sagen. Ich teile zwar nicht die Meinungen, auch nicht die Formulierungen und das Gesellschaftsbild, das da zum Ausdruck kommt, aber für eines trete ich ein — wenn ich von vornherein weiß, daß das dabei herauskommt, würde ich das natürlich nicht finanzieren; das sage ich auch deutsch —: daß solche Äußerungen in unserer Gesellschaftsordnung auch gemacht werden dürfen. Das ist völlig eindeutig.

(Beifall bei der SPD — Daweke [CDU/CSU]: Nur, wer die Arbeit bezahlen muß, das ist die Frage!)

Ich wehre mich dagegen, daß wir inzwischen dabei
sind, die politische Kultur in unserer Bundesrepublik zu einer Zitatiererei, zu einer Zitatkultur zu verändern.

(Beifall bei der SPD — Dr. Dregger [CDU/ CSU]: Sie verharmlosen das jetzt!)

— Herr Kollege Dregger, lassen Sie mich das ganz ernst sagen: Das ist keine Kritik, die ausschließlich in eine Richtung geht.
Als Sie das sagten, habe ich ein Buch aufgeschlagen, von dem ich wußte, daß in ihm ein bestimmter Satz steht. Dieser Satz stammt von Georg Lukács, dem ungarischen marxistischen Literaturwissenschaftler

(Daweke [CDU/CSU] : Jetzt kommt ein Zitat!)

— nein, warten Sie doch einmal ab —,

(Wehner [SPD] : Es ist seine Stärke, daß er alles schon vorher weiß!)

von dem wir differenzierte Analysen über Thomas Mann, Fontane, deutsche Realisten haben. Georg Lukács hat in seinem Buch „Die Zerstörung der Vernunft" einmal folgendes geschrieben

(Daweke [CDU/CSU] : Zitat!)

— Zitat —:
Unsere Aufgabe ist es,

(Daweke [CDU/CSU] : Also doch!)

— Herr Kollege, ich versuche jetzt, etwas Ernsthaftes zu sagen; versuchen Sie doch einmal, Ihre Albernheiten einen Moment ein bißchen zurückzuhalten; wir sind hier doch nicht auf der Schulbank.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0809601600
Ich darf Sie trotzdem bitten, sich etwas vornehmer auszudrücken.

Prof. Dr. Peter Glotz (SPD):
Rede ID: ID0809601700
Ich bitte um Entschuldigung, Frau Präsidentin. Wenn ich mit Ihrer Genehmigung nur einen Satz zitieren darf. Georg Lukács:
Unsere Aufgabe ist es, alle gedanklichen Vorarbeiten zur nationalsozialistischen Weltanschauung zu entlarven, mögen sie scheinbar noch so weit vom Hitlerismus abliegen, mögen sie subjektiv noch sowenig derartige Intentionen haben.
Eine der Grundthesen dieses Buches
— so steht es in der Einleitung von Lukács — ist: Es gibt keine unschuldige Weltanschauung. (Glos [CDU/CSU] : Wem sagen Sie das?)

Mit dieser Art von These hat auch die politische Linke in diesem Land gegen die Konservativen gekämpft, sind beispielsweise häufig und immer wieder Männer wie Benn oder Jünger und andere, deren Gesellschaftsbilder ich bei Gott nicht teile, zu Vorreitern des Nationalsozialismus gemacht worden. Heute finde ich immer wieder solche Zitate und solche Denkschriften, in denen Linke mit der gleichen geistigen Methode zu Vorläufern des Terrorismus und der Verbrechen, die hier in diesem Lande häufig begangen werden, gemacht werden.



Senator Dr. Glotz
Ein klassisches Beispiel dafür ist dieser Fehlschlag, diese Fehlleistung von Herrn Geissler mit seiner entsprechenden Dokumentation.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn wir so miteinander umgehen, d. h., wenn wir ein Zitat, das uns nicht paßt — sei es nun aus dem Kontext gerissen oder nicht —, anführen und dabei von der Grundthese ausgehen, daß den Wörtern automatisch die Taten folgen, wenn wir diese Art von Politik machen und mit diesem geistigen Schema geistige Produkte gegenseitig bewerten, dann zerstören wir die politische Kultur dieses Landes. Das dürfen wir nicht tun, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und der FDP — Wehner [SPD] : Dann zerbricht die Bundesrepublik!)

Ich erhebe diese Kritik mit allem Nachdruck, weil ich mich beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft bedanken möchte, daß er am Schluß seiner Rede auf die Anwürfe gegen die deutschen Hochschulen eingegangen ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich bin verantwortlich für mehrere solcher Hochschulen. Ich sage Ihnen: Wenn wir so damit umgehen, machen wir etwas kaputt, was in diesem Bundestag seit 1949 aufgebaut worden ist. Das wäre schrecklich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das wäre auch für jemanden schrecklich, der einer Generation angehört, die sehr viel später gekommen ist.
Ich möchte am Schluß noch zwei Dinge erwähnen. Herr Kollege Dregger, Sie haben den Strukturbericht der Bundesregierung — ich komme jetzt zur Bildungspolitik zurück — als Ablenkungsmanöver bezeichnet. Ich komme aus der bayerischen Sozialdemokratie. Ich bin Föderalist. Aber, Herr Kollege Dregger, ich habe als Landtagsabgeordneter, als Bundestagsabgeordneter, in diesem Ministerium, dessen Minister Herr Schmude jetzt ist, und jetzt in der Verantwortung in einem Bundesland eines erlebt: daß in vielen bildungspolitischen Entscheidungen nicht dieses Haus entscheidet, nicht der Bayerische Landtag oder sonst jemand, sondern daß von einem Jet-set von guten oder schlechten Bürokraten entschieden wird, die sich in Zügen oder Flugzeugen von Kiel und München nach Bonn und zurück befinden. Dies ist furchtbar. Dies müssen wir abbauen!

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Deswegen sage ich als Föderalist und als einer, der in einem Land Verantwortung trägt, das sich auch nicht die Schulpolitik wegnehmen lassen will, daß man dankbar sein muß dafür, daß der Bund mit seinem Strukturbericht hier einen Stein ins Wasser geworfen hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich kann dem Bund nur sagen: Er soll bei dieser
Diskussion bleiben und diese Diskussion zielgerichtet weiterführen, auch wenn ihm gesagt wird
„Das bringt doch nichts, du kriegst keine Mehrheiten für Verfassungsänderungen!".
Dies mag alles sein. Dazu brauchen wir genauso eine langfristige große Diskussion in unserem Land bei den Bürgern, mit den Bürgern. Ich sage Ihnen: Ich bin für den Föderalismus. Aber der Föderalismus geht vor die Hunde, wenn er so bleibt, wie er jetzt ist. Wir brauchen eine Reform des Föderalismus.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Mein Schlußwort richtet sich an die Bundesregierung, Herr Bundesminister. Jetzt nehme ich nur ein Beispiel heraus. Wenn wir beispielsweise über die Arbeitslosigkeit diskutieren, dürfen wir nicht nur über die Akademikerarbeitslosigkeit diskutieren, sondern wir müssen es als ein komplexes System sehen. Wir müssen wissen, daß unser Problem darin liegt, daß wir jemandem, wenn wir ihm sagen „Studiere bitte nicht", keinen guten Ratschlag geben, denn dann nimmt er sich einen Ausbildungsplatz. Wenn er das Abitur hat, bekommt er wahrscheinlich einen guten Ausbildungsplatz im Elektrogewerbe oder im Metallgewerbe. Aber er verdrängt damit — das ist doch der Punkt — zwar nicht im Berufssystem, aber im Ausbildungssystem, auf einem schmalen, engen Ausbildungsmarkt den Realschüler, und der Realschüler verdrängt jemanden mit einem qualifizierten Hauptschulabschluß, und dieser verdrängt jemanden ohne Abschluß, und den Letzten beißen die Hunde.
Das ist doch eine Politik, die wir nicht machen dürfen, meine Damen und Herren. Sie wäre doch ganz falsch.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich greife jetzt das Problem der Akademikerarbeitslosigkeit heraus, von der Herr Dregger gesprochen hat. Das betrifft bis Mitte der 80er Jahre, wie Carlo Alex ausgerechnet hat, 500 000 oder 600 000 ausgebildete Menschen, Hochschulabsolventen, die über den Ersatzbedarf hinaus beschäftigt werden müssen.
Dazu möchte ich zweierlei sagen. Wir sind wirtschaftlich eine der stärksten Gesellschaften auf dieser Welt. Wir betonen das auch immer in Wahlkämpfen und sonstwo. Wenn das so ist, müssen wir doch in jedem Fall alle Anstrengungen unternehmen, um diese 500 000 bis 600 000 Menschen, die allerdings nur ein Teilproblem sind, jetzt, da starke Jahrgänge da sind, zu versorgen, damit später beispielsweise auch unsere Renten verdient werden können. Dies ist das Grundprinzip. Ich glaube, daß das möglich sein muß. Wenn es so nicht möglich ist, bin ich gerne bereit, den Vorschlägen von Frau Schuchardt zu folgen, die gesagt hat: Dann muß man etwas im öffentlichen Dienstrecht ändern. Dann bitte ich aber den Bund — nun wende ich mich weniger an den Bundesbildungsminister, sondern mehr an die Bundesregierung; ich sage das jetzt als Ländervertreter —, dazu auch die entsprechenden Vorschläge auf den Tisch des Hauses zu legen.
Ich habe jetzt — ich will es an einem kleinen Beispiel verdeutlichen — die Bundeslaufbahnverord-



Senator Dr. Glotz
nung auf den Tisch bekommen. Mit ihr allein kann man nicht viel ändern, denn wir haben ein System, bestehend aus Bundeslaufbahnverordnung, Bundesbesoldungsgesetz, Beamtenrechtsrahmengesetz und vielem anderen. Ich bitte die Bundesregierung, wenn sie in der Tat — was ich aus finanzwirtschaftlichen Gründen verstehen würde — nicht zusätzliche Arbeitsplätze schaffen kann, jedenfalls für einen Teil dieser jungen Leute, diese Struktureingriffe dann rechtzeitig vorzunehmen. Denn die Angst davor, in einer pädagogischen Hochschule zu stecken, aber nicht zu wissen, was hinterher wird, die Resignation, die daraus folgt, auch die Verzweiflung, und, Herr Dregger, dann auch oft die dummen Sprüche und schlimmen Flugblätter, die daraus entstehen, kann man in der Tat Tag für Tag beobachten.
Ich kann auch heute schon voraussehen, wie das Klima an der Pädagogischen Hochschule in Berlin schlimmer und irrationaler als an anderen Hochschulen wird, weil die Berufsperspektiven dort entsprechend problematischer sind. Das heißt also: Unser ganzes geistiges Klima an den Universitäten hat einen direkten Bezug dazu. Wir müssen jetzt — das sage ich in allen Richtungen — damit aufhören, vor die Leute hinzutreten — auch ich kann zur Zeit nichts anderes tun — und ihnen zu sagen: Ihr könnt nicht nur A 13 beanspruchen. Sie wären sicher auch mit A 11 einverstanden, aber wir müssen ihnen dann auch die Chance geben, wenigstens nach A 11 zu kommen. Dazu sind Vorkehrungen notwendig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Um solche Vorkehrungen bitte ich die Bundesregierung in meiner Eigenschaft als Ländervertreter.
Ich möchte zum Schluß dies sagen: Das einfache Zurückdrehen der Bildungsreform ist nicht möglich. Das hat auch keiner so gefordert, obwohl manchmal die Wahlreden so klingen. Sind wir in einer Krise des Bildungssystems? Herr Kollege Dregger, ich möchte diese Ihre Charakterisierung nicht vollständig ablehnen. Ich glaube, ich sehe bei den Hochschulanfängern vier Jahre Stagnation, nämlich jeweils 160 000 Hochschulanfänger. In diesem Semester sind sogar Rückgänge zu verzeichnen. Wir haben schon eine Abschreckungsdiskussion geführt, die viele junge Leute davon abhält, auf die Hochschulen zu gehen. Meine Damen und Herren, das Problem liegt aber darin: Abgeschreckt wird normalerweise nicht der Sohn aus der Oberschicht, sondern am ehesten der Sohn aus der Arbeiterfamilie. Das ist die Situation.

(Conradi [SPD] : So ist es! Das will Herr Dregger auch!)

— Dies will ich nicht unterstellen, Herr Conradi. Wir befinden uns sicherlich in einer Krise. Allerdings meine ich im Unterschied zu dem von irgend jemandem vorhin geschmähten Hartmut von Hentig, den ich für einen guten Bildungsreformer halte, wir sollten keine neue Bildungsreform anfangen oder propagieren. Ich meine, wir müssen die erste Bildungsreform, die wir angefangen haben, durchstehen.
Meine Damen und Herren, die erste Phase war eine Art Animationsphase. Bildungswerbung und all das war notwendig. Jetzt sind wir in der Aufdröselungsphase. Jetzt müssen wir die sozialen Folgen, die Konsequenzen dessen, was wir in den 70er Jahren gemeinsam getan haben, bewältigen. Lassen Sie uns dieses tun. Mein letzter Satz, meine Damen und Herren, lautet: Die Bildungsreformer haben keinen Grund, den Mut zu verlieren, wenn sie nicht die Nerven verlieren.

(Beifall bei der SPD)

Daß sie die Nerven nicht verlieren, dazu möge diese Debatte etwas beitragen, nicht zur Vergrößerung der Angst draußen, sondern zu einer Verstärkung der Zuversicht in diese Gesellschaft.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0809601800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Rose.

Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID0809601900
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich möchte ich einige Äußerungen zu den eben gemachten Bemerkungen meiner Vorredner machen. Aber vielleicht sollte ich zunächst noch einmal auf die Antwort auf die Große Anfrage der Regierungskoalition eingehen.
Man hat immer ein fades Gefühl, wenn regierungstragende Fraktionen Große Anfragen an ihre eigene Regierung stellen. Was könnte schon dahinterstecken als die Errichtung einer Heldenbühne, auf der die eigenen farblosen Gestalten zu erfolgreichen Machern umgeschminkt werden? Genau diese Absicht, meine Damen und Herren, riecht man bei der vorliegenden sogenannten Großen Anfrage. Groß ist sie nicht als Anfrage, groß ist sie auch nicht als Antwort, es sei denn, man mißt Größe mit dem Meterstab. Außer einer bloßen Ansammlung von Statistiken und Tabellen in langatmiger Form bringt sie keine echte Aussage zu den brennenden bildungspolitischen Fragen unseres Landes.

(Glos [CDU/CSU]: Weil sie ja keine wissen!)

Aber sie ist natürlich die Chance für den neuen Bildungsminister, alte Gassenhauer in geflicktem Gewande wieder unter die Leute zu bringen. Ob ihm das heute gelungen ist, erscheint mir ebenso zweifelhaft wie bei seinem Vorgänger. Zu dieser seiner Vorstellung — ich sage das auch, obwohl er Geburtstag hat — hätte die Bundesregierung nicht in Südafrika „herumschmuden" müssen, um wieder einen Minister zu entdecken. Das hätte sie billiger haben können, allerdings nicht in ihren eigenen Reihen.

(Wehner [SPD] : Ein tolles Niveau! — Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Erschreckend!)

— Herr Kollege Wehner, ich kenne Ihr Niveau sowieso. Dem möchte ich mich nicht anpassen.
Meine Damen und Herren, die Antwort auf die sogenannte Große Anfrage bringt überhaupt keine Lösung für die Probleme der jungen Generation. Im Gegenteil. Sie verschleiert und beschönigt in un-



Dr. Rose
verantwortlicher Weise. Was ist denn ihr Kerngehalt? Sie ist erstens ein Jubelbericht der Bundesregierung. Doch das Halleluja der Regierung erklingt über Erfolge, die die Länder errungen haben. Die Bundesregierung schmückt sich mit fremden Federn und glaubt immer noch, daß sie die Weichen für stolze Berichte gestellt habe. Dabei hat sie zwar nach Schmuckfedern gesucht, zuvor aber andere blankgerupft und durch ihren überzogenen Reformeifer vom sicheren Pfad abgebracht.
Zweitens klammert die Antwort die negative Entwicklung der Bildungspolitik völlig aus. Ich hätte erwartet, daß nicht bloß über die Ausweitung der Studentenzahlen gejubelt wird, sondern auch etwas über die kraß schwindenden Aussichten von Absolventen der Universitäten, zum Beispiel und besonders in Bremen, gesagt wird. Ich hätte ein Wort über die schrumpfende Ausstrahlung deutscher Professoren an gewissen deutschen Universitäten erwartet. Die Neckermann-Professoren in Marburg und Gießen sind ja schon sprichwörtlich. Die kulturpolitische Landschaft Berlins, sehr verehrter Herr Senator, hat sich dramatisch verschlechtert. Hilferufe werden laut, weil das Niveau auf Provinzstandard abgesunken ist. Wir waren in Berlin und haben das gehört. Ich hätte außerdem erwartet, daß auch inhaltlich von der Konflikttheorie Abstand genommen wird, wie sie mein Kollege Alfred Dregger für Hessen leider wieder anprangern mußte, weil munter „draufloskonfliktet" wird.
Meine Damen und Herren, ich muß drittens feststellen, daß der Elternwille weiterhin in eiskalter Weise verhöhnt wird, wenn ungeachtet des Volksbegehrens in Nordrhein-Westfalen die Gesamtschule weiterhin Lieblingsidee und höchstes Ziel bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hier zeigt sich viertens, daß die Bundesregierung die Bildung und Ausbildung weiterhin ideologisch betrachtet und Quantität vor Qualität stellt.
Fünftens. In der gesamten Antwort ist kein Ansatz einer vernünftigen Schlußfolgerung zur Verbesserung der Lage der Jugend in Ausbildung und Studium zu erkennen. Die sattsam bekannten negativen Auswirkungen der Bildungspolitik des letzten Jahrzehnts scheinen in selbstzerstörerischer Weise völlig übersehen worden zu sein. Offensichtlich will man auf demselben Weg weitermachen, der bisher schon so verhängnisvoll war: immer mehr Verschuldung, immer mehr Vermassung, immer weniger herausragende Leistung; zwar Demokratisierung auf allen Ebenen, dafür aber Niveauverlust und zurückgehende Attraktivität des deutschen Bildungswesens, immer stärkere staatliche Eingriffe in die Ausbildung, obwohl die deutsche Wirtschaft — besonders die mittelständische — auch ohne staatliche Besserwisserei für ihre Leistungen in aller Welt anerkannt ist, und immer neue Verordnungen, die angeblich zum Nutzen der Jugend waren, ihr in Wirklichkeit aber nur die Chance auf einen Ausbildungsplatz genommen haben.
Im dem Bereich, in dem die Bundesregierung Zuständigkeiten hat und über den ich Erfolgsmeldungen erhofft hätte, nämlich im Bereich der beruflichen
Bildung in den Betrieben, ist mit Sicherheit nichts besser geworden. Aber es soll ja Leute geben, die sich schon darüber freuen, daß der Lehrling abgeschafft ist und der Auszubildende neuen Höhen entgegenstrebt: „Azubi" als neuer Titel, vielleicht bald als akademisches Diplom,

(Glos [CDU/CSU] : „Dr. Azubi"!)

unterschrieben von „DoRoSchmu", Dohnanyi, Rohde, Schmude. Hauptsache, es klingt gut. Hauptsache, es wird akademisch. Wie hatte der große sozialistische Vorsitzende einmal gemeint: „Nur Schlosser ist zuwenig." Ich nehme an, meine Damen und Herren, er wäre zufrieden, wenn seine Hausreparaturen von einem Diplomschlosser durchgeführt würden.
Lassen Sie mich jetzt, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auf einige Passagen der Antwort der Regierung auf die Große Anfrage eingehen.

(Wehner [SPD] : Das wäre ein Wunder!)

Sehr viele Sätze sind zwar nebulös und schwer verständlich, aber jeder merkt, daß sie vom Reformeifer getragen, ich könnte auch sagen: von ideologisierender Veränderungswut getragen sind.
Schon in der Einleitung steht so ein Nebelwerfer. Da heißt es, zitiert aus dem Bildungsbericht 70:
An die Stelle privilegierender Auslese soll Chancengleichheit durch individuelle Förderung treten.

(Zurufe von der SPD: Na und?)

Ich habe den Satz ein paarmal gelesen. Ich verstehe ihn nicht ganz. Da stehen zwar die typischen klassenkämpferischen Begriffe „privilegierende Auslese", „Chancengleichheit", „individuelle Förderung". Aber in einem Satz beisammen sind sie wie Feuer und Wasser. Denn individuelle Förderung bedeutet doch Formung des einzelnen und damit wieder Auslese, es sei denn, ich höre auf, weil ich merke, daß irgendeiner als besser herausragt.

(Glos [CDU/CSU] : Es liegt am Menschenbild!)

Was hat man denn gegen Auslese? Gerade in diesen Tagen erleben wir, wie wichtig die richtige Auslese ist — es war heute ab und zu von Fußball die Rede —, um mit den Besten den Sieg zu erringen. In Argentinien wäre der soeben zitierte Satz höchstens geeignet, den letzten Platz zu belegen.
Also doch Auslese! Also doch stärkere Förderung der Ausgelesenen, um mit ihnen noch größere Taten zu vollbringen!
Auch in der Bildungspolitik kann man nicht auf Auslese verzichten — Auslese zwar nicht nach dem Stand oder dem Einkommen der Eltern, Auslese aber nach Begabung, Leistungsfähigkeit und Leistungswillen.

(Glos [CDU/CSU] : Vor allem Fleiß!)

Das Abitur für alle war doch eine Wahnforderung, die zu Niveauabsenkung geführt hätte. Wir alle begrüßen, daß sich die soziale Zusammensetzung der Gymnasiasten und Hochschüler differenziert hat. Daß, wie in dem Bericht steht, 1966 10,3 % der Arbeiterkinder und 1975 18,2 % studierten, ist sicher erfreulich. Aber ich kann überhaupt nicht erkennen,



Dr. Rose
warum die Bundesregierung diese Erfolgsmeldungen bringt. Das sind doch eindeutig Leistungen der Länder, zum Beispiel und insbesondere des Freistaates Bayern.
Ich stamme aus einem Gebiet, das immer schon überdurchschnittlich viele Arbeiterkinder zu einer weiterführenden Schulausbildung brachte und nicht auf die Segnungen hoher Bonner Herren warten mußte. In meiner Heimat empfindet es die Bevölkerung aber immer noch als eine besondere Verpflichtung, wenn man die Chance hat, seiner Begabung gemäß besonders gefördert zu werden. Die Teilhabe an der Bildung wird dort nicht als privilegierende Auslese, sondern als Auftrag verstanden, etwas Besonderes zu leisten. Um dieses Besondere leisten zu können, will man Auslese. Wir brauchen sie, wenn unser Volk nicht im Mittelmaß verschwinden soll.

(Glos [CDU/CSU]: So ist es!)

Die Pressemeldungen, daß in Chinas Bildungsleben wieder mehr auf Auslese geschaut wird, war es zwar nicht, die mich und einige Kollegen — auch aus anderen Fraktionen — in das Reich der Mitte treibt. Aber ich kann den Chinesen nur zustimmen, wenn sie meinen, daß wieder auf Eliten, auf Auslese geachtet werden muß. Ein Volk, das seine geistigen Reserven verkümmern läßt, hat keine Zukunft. Während bei uns diskutiert wird, ob man Examina und Prüfungen ganz wegfallen lassen soll, setzen die Chinesen wieder auf den Leistungstest. Die Prüfungen sollen bei ihnen nicht nur den Wissensstand der Schüler, sondern auch die Fähigkeit der Lehrer messen — nicht anders als in den Fabriken, wo ebenfalls die Qualität der Produkte überprüft werden muß.

(Glos [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Bei uns fordert man, daß alle Lehrer eine Stelle bekommen sollen. Anderswo verlangt man auch von den Lehrern den Leistungsnachweis. Wir von der CSU-Landesgruppe haben nichts dagegen, daß man nach langem Studium die Früchte genießen kann. Aber der Weg war falsch. Man darf nicht zu viele Abiturienten produzieren, die dann aus Numerusclausus-Gründen in das Lehrerstudium ausweichen. Man darf nicht zu viele Lehrer ausbilden, die dann alle übernommen werden sollen. Und man darf nicht in einen zusätzlichen Fehler verfallen und das zehnte Schuljahr einführen, um die unzähligen Lehrer unterzubringen.
Weil ich gerade das zehnte Schuljahr angeschnitten habe, sei bemerkt: Die Bundesregierung unterliegt schon wieder einem schlimmen Fehler, wenn sie meint, durch die stufenweise Einführung eines zehnten Bildungsjahres könne ein merklicher Beitrag zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit geleistet werden. Erstens ergibt sich da nur eine Zeitverschiebung um ein Jahr, und danach drängen doch alle, angeblich besser ausgebildet und mit größeren Chancen, auf den Arbeitsmarkt. Zweitens dauert die Einführung aus Kosten- und Organisationsgründen viel zu lang, um der derzeitigen Jugendarbeitslosigkeit abhelfen zu können. Allein in Bayern würden dafür 3 Milliarden DM gebraucht. Und drittens wird man doch hoffentlich die Jugendarbeitslosigkeit nicht als Dauerproblem ansehen, dem man
mit einem auf alle Zeit eingeführten zehnten Schuljahr zu Leibe rücken muß. Hier sollte man ehrlich sein. Das zehnte Schuljahr — ich sage bewußt nicht „Berufsbildungsjahr"; denn die Bundesregierung ist jetzt endgültig auf dem Kurs der Verschulung — wird angestrebt, weil man mit ideologischer Brille Bildungspolitik macht. Das zehnte Schuljahr ist nur der erste Schritt. Das elfte Schuljahr wird folgen. Wie hatte sich doch die FDP in Hamburg, deren Vertreterin jetzt wieder nicht im Saal ist,

(Glos [CDU/CSU] : Die hat ihre Quittung gekriegt!)

kürzlich geäußert? Es sei ungerecht, daß Gymnasiasten 13 Jahre in die Schule gehen dürften, andere Jugendliche aber nicht. Mit derartigen Gedanken dreht sich alles bis zur Gesamtschule oder, besser gesagt, bis zur politechnischen Schule nach DDR-Muster.
Die Zerschlagung der beruflichen Ausbildung in den privaten Betrieben ist das eine Ziel, die Beeinflussung nach altbekannter Hessen-Manier das andere. Wer auf der Strecke bleibt, ist der Jugendliche, der praktisch veranlagte und allem Schulischen abholde Jugendliche, aber auch jener, der sich mühsam durch die verlängerte Schule quält, große Erwartungen hat und am Schluß doch vor leeren Tischen steht.
Aber es soll Leute geben, die einen Ausbildung in Theorie und in stupider schulischer Form für wünschenwert halten: Haareschneiden nicht am lebenden Objekt, sondern am Gummikopf, Wurstverarbeitung nicht durch den Metzgermeister, sondern durch Leberkäseingenieure.
Meine Damen und Herren, die CSU hält gar nichts von jenem Recht auf Bildung, das dazu führt, daß ein Mensch nur dann als wertvoll anerkannt wird, wenn er akademisch oder pseudoakademisch ausgebildet ist. Deshalb wollen wir, daß endlich mit dem Spuk immer weiterer Schuljahre Schluß gemacht wird. Die Öffnung der Realschulen und Gymnasien hat genug Möglichkeiten gebracht, um theoretischen oder wissenschaftlichen Neigungen nachgehen zu können. Jetzt müssen auch die Praktiker gefördert werden. Wir brauchen weiterhin Spitzenkräfte, die Facharbeiter oder Handwerksmeister sind. Unsere am Weltmarkt konkurrierende Wirtschaft braucht sie. Wir brauchen sie zur Aufrechterhaltung unseres hochtechnisierten Lebensstandards.
Mir ist es lieber, daß ein Elektriker meine Leitung richtig legt; meine Stromrechnung braucht er nicht zu verstehen. Das kann auch der Weltökonom Schmidt nicht. Meine Lampen werden sicher nicht brennen, wenn statt praktischer Elektrikerausbildung bis zum Exzeß politischer Unterricht betrieben wird. Höchstens ich werde vor Wut brennen, wenn ich im Dunkeln an die Wand stoße.
Aus der Sicht der CSU-Landesgruppe muß ich deshalb erklären, daß wir das von manchen schon fast für unvermeidbar gehaltene zehnte Bildungsjahr als falschen Ansatz ansehen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Das mag auch denjenigen überraschen, der bisher
die Einführung eines obligatorischen Berufsgrund-



Dr. Rose
bildungsjahres akzeptiert hätte und sich nur gegen ein weiteres Hauptschuljahr gewandt hat; denn die Vorzüge eines Berufsgrundbildungsjahres sind auf den ersten Blick durchaus einleuchtend. Auch die Bayerische Staatsregierung ist dem einen Schritt nähergekommen. Niemand hat etwas gegen mehr Bildung,

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

nur kann das Berufsgrundbildungsjahr die Strukturschwächen unserer Hauptschulen nicht ausgleichen. Weit über 100 000 Jungen und Mädchen verlassen in jedem Jahr die Schulen ohne Hauptschulabschluß.

(Zuruf von der SPD: Stellen Sie mal mehr Lehrer ein!)

Davon sind allein 40 000 Sonderschüler. Ein großer Teil von ihnen gilt als lernunwillig, verhaltensgestört, aggressiv und bleibt ohne Ausbildungsplatz. Ich glaube nicht, daß man diesen Jugendlichen mit der Pflicht, ein zusätzliches Schuljahr zu absolvieren, eine Freude macht. Ich fürchte auch, daß die Pflicht zur Anrechnung des Berufsgrundschuljahres als erstes Jahr der Berufsausbildung in vielen Fällen zur Verlängerung der Ausbildungszeiten oder zu einem Absinken des Ausbildungsstandards führt.
Die für lernschwache und praktisch begabte Jugendliche besonders geeigneten Ausbildungsberufe mit zweijähriger Ausbildungszeit lassen sich auf dieser Grundlage nicht aufrechterhalten. Außerdem wäre eine weitere Abkoppelung des Bildungssystems vom Beschäftigungssystem die Folge.
Das Berufsgrundbildungsjahr, das in ca. 90 % aller Fälle schulisch durchgeführt werden müßte, würde die Jugendlichen voll in die Modeberufe treiben, ohne daß sie nach dem Schuljahr Aussicht auf entsprechende Ausbildungsverhältnisse hätten.

(Glos [CDU/CSU]: So ist es!)

Die Konsequenz wäre — und das erste Geschrei danach gibt es schon — die Verschulung auch des zweiten und des dritten Ausbildungsjahres.

(Glos [CDU/CSU] : Und dann Arbeitslosigkeit!)

Genau das scheint zwar das Ziel der sogenannten Reformer zu sein, wir sagen aber:- Wir merken die Absicht und sind verstimmt. Die duale Ausbildung bleibt für uns nach wie vor die richtige Vorbereitung für ein erfolgreiches Berufsleben. Wer in fremden Ländern herumkommt, der weiß, daß wir nicht so schlecht dran sind.
Es ist unvermeidlich, im Rahmen dieser Bildungsdebatte auch den Drang zur Gesamtschule anzuschneiden. Es treibt mir die Tränen in die Augen, wenn ich der Antwort der Bundesregierung entnehme, daß — ich zitiere — Schüler der Gesamtschule mit mehr Lern- und Arbeitsfreude in die Schule gehen als Schüler im dreigliedrigen System. Ich fühle mich völlig irritiert, wenn zu lesen ist, daß in der Gesamtschule Krisensituationen als Folge von Leistungsdruck oder Schulversagen vergleichsweise selten sind. Ganz offensichtlich ist es der SPD/FDP gelungen, den neuen Schüler zu entdecken, und ihre Wünschelrute wird bald auch bei der Suche nach dem neuen Menschen fündig. Wie kann ich als einfacher Oppositionsabgeordneter überhaupt noch
Zweifel haben, daß ich auf der falschen Seite stehe?

(Wehner [SPD] : Wo Sie so fließend lesen können und man den Eindruck haben soll, es kommt aus dem Herzen!)

Meine Freunde und ich wollen natürlich auch fröhliche Gesichter. Nur glauben wir nicht an staatliche Erfolgsmeldungen und propagandistische Aufbereitung. SPD/FDP gehen von vornherein davon aus, daß die Gesamtschule besser ist. Dieser vorgefaßten Meinung wird alles untergeordnet. Da müssen sogar die Schüleraugen strahlen. Während wir in der CDU/CSU immer noch in der Erprobungsphase sind, glaubten SPD/FDP, die Gesamtschule bereits verordnen zu können. In Nordrhein-Westfalen haben die Eltern .sie gestoppt. Doch das ficht unsere Bildungsapostel bekanntermaßen nicht an.

(Zuruf von der CDU/CSU: Mehr Demokratie wagen!)

Obwohl der Bundestag keine Kompetenzen hat, Gesamtschulen zu beschließen oder zu verhindern,

(Wehner [SPD]: Was würden Sie denn sonst hier heute machen?)

möchte ich unsere Position noch aufzeigen. Auch wir haben in den von uns regierten Bundesländern einige Gesamtschulen, die, bevor das bisherige gegliederte Schulwesen zerstört wird, den Beweis erbringen sollen, daß das neue System besser ist. Auch wir wollen jetzt komme ich zu diesen Schlagworten — mehr Durchlässigkeit zwischen ,den einzelnen Bildungsgängen, mehr Diversifikation des Bildungsangebots, mehr qualifizierte Abschlüsse auf allen Ebenen, mehr Chancengleichheit, was man darunter auch immer verstehen mag. Auch wir wollen mehr soziale Integration. Wenn die Struktur der Gesamtschule dieses Ergebnis bringt, werden wir uns sicher nicht gegen sie stellen. Aber wir wissen es noch nicht. Wir wissen jedoch folgendes: Die Schule als Gesamtschule muß größer sein. Die Schülerzahlen betragen zwischen 1 000 und 2 000. Die Wegstrecken sind länger.

(Zuruf des .Abg. Weißkirchen [Wiesloch] [SPD])

Die Zahl der Lehrer ist — vielleicht nicht in der Großstadt, aber in meinem Gebiet — größer. Der Verwaltungsapparat ist bestimmt nicht unbeträchtlich.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Wir wissen noch nicht, ob die Schüler der Gesamtschulen mehr, weniger oder das gleiche wie im gegliederten Schulwesen lernen, ob der Kenntnis-
und Leistungsstand im Verhältnis zur gesteigerten Förderung der Gesamtschulversuche höher ist, ob die Zeugnisse von Gesamtschulen beim Berufseintritt auch Anerkennung finden. Wir dürfen nicht einen zweiten solchen Schiffbruch wie im Falle der Universität Bremen erleiden. Dafür sind uns die Jugendlichen zu schade.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Manche empfinden allein schon den Begriff „Gesamtschule" als Zauberwort. Sie meinen damit



Dr. Rose
Emanzipation, freien Unterrichtsstil, Verzicht auf Noten, Mitbestimmung, Wählbarkeit des Schulleiters, modernste Medienausstattung, modernste und selbstverständlich menschenfreundlichere Gebäude, Ganztagsschule und antiautoritäre Erziehung usw. Alle diese Träume sind weder an die Struktur der Gesamtschule gebunden noch durch die Struktur des gegliederten Schulwesens ausgeschlossen. Eine sehr modern eingerichtete und mit erfolgreichen Lehrern bestückte Hauptschule bringt bestimmt ebenso Erfolge.
Das bisherige Ergebnis — das ist genau der Gegensatz zu dem, was im Bericht der Bundesregierung steht — der bayerischen Gesamtschulen läßt nur den Schluß zu: Sie haben nicht den Beweis erbracht, daß sie besser sind. Deshalb können wir der generellen Einführung der Gesamtschule nicht zustimmen. Wir wissen aus der Antwort, daß sowieso nur die Klassenkampfschule eingeführt werden soll; das ist vielleicht eine Aufgabe für die nächste Zeit.
Ich komme zum Schluß. Wir von der CDU/CSU erwarten von der Bundesregierung, daß sie endlich den richtigen Weg in der öffentlichen bildungspolitischen Diskussion einschlägt und die richtigen Schritte in ihrem Zuständigkeitsbereich tut. Die vorliegende Antwort setzt zwar die Hoffnungssegel auf Halbmast, aber nachdem auch andere Regierungen, andere Staaten umgelernt haben und einige jüngere Kollegen der SPD und der FDP, wie vorhin erwähnt wurde, die Reise nach China vorhaben, habe ich die — sicherlich berechtigte — Hoffnung, ,daß man auch in der Bundesrepublik Deutschland wieder zur Vernunft kommen wird. Der Lohn ist, daß es uns allen die Jugend danken wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0809602000
Das Wort hat Herr Abgeordneter Weißkirchen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809602100
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bildungspolitik kann angemessen eigentlich nur verwirklicht, durchgesetzt und diskutiert werden mit dem notwendigen Maß an Kooperation, an Vernunft, an argumentativer Auseinandersetzung. Herr Dr. Rose, es tut mir leid, davon war nur sehr wenig in Ihren Ausführungen. Deswegen kann ich mich mit Ihrem Beitrag leider nicht auseinandersetzen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich möchte aber die Gelegenheit wahrnehmen, Herr Dr. Rose, von meiner Seite aus einiges von dem darzustellen, was auch bei Ihnen angeklungen ist, und einiges von dem, was Herr Dr. Dregger in seinem Beitrag angesprochen hat, insbesondere im Blick auf die von ihm erwähnten Tugenden.
Unsere Demokratie — das sollte doch eigentlich unsere gemeinsame Auffassung sein — gründet in dem Erbe der Forderung nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts, als das Bürgertum damals gewaltsam die Ketten der absoluten Herrschaft sprengte. Damals gab es es eine sehr intensive Bildungsdebatte, in der der damalige Erziehungs- und Unterrichtsminister Condorcet in der Französischen Nationalversammlung 1772 Ausführungen machte. Ich darf, wenn Sie gestatten, Ihnen den entscheidenden Satz in dieser Debatte zur Kenntnis bringen. Condorcet sagte, daß es das erste Ziel eines Bildungswesens sei, unter den Bürgern eine tatsächliche Gleichheit herzustellen und die politische Gleichheit zu einer wirklichen Gleichheit zu machen.
Immanuel Kant hat das wenige Jahre später in seinem berühmten Satz aufgegriffen: „Kinder sollen nicht dem gegenwärtigen, sondern dem zukünftig möglich besseren Zustande des menschlichen Geschlechts angemessen erzogen werden."
Mündigkeit, Kritikfähigkeit, Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung sind seit der Zeit der Aufklärung die erzieherischen Ziele, nicht nur auf den einzelnen gerichtet, sondern mit ihm auf die Gesellschaft. Dies ist — das möchte ich betonen — übrigens auch das Ziel, dem wir Sozialdemokraten uns verpflichtet wissen, daß es nämlich ohne soziale Gerechtigkeit — und dies ist auch eine Forderung nach Bildungschancengleichheit — keine verantwortete Freiheit geben kann. Ohne die Gleichheit der Startlinien, meine sehr verehrte Damen und Herren von der Opposition, in den Bildungschancen setzen sich die Vorrechte angemaßter Freiheit durch, und die Kinder der Arbeiter haben dabei das Nachsehen. Das ist wohl auch ein Grund dafür, warum die Ihrer Partei angehörenden Kultusminister der Länder aus dem einmal beschlossenen bildungspolitischen Konsens ausgebrochen sind, wie wir am Montag bei der Bund-Länder-Kommission leider haben feststellen müssen. Viele von ihnen — ich sage nicht: alle, aber es gibt eine ganze Reihe — wollen zurück zu alten Ideologien und zu der alten Vorstellung von Gesellschaft, wo die Trennungslinien zwischen unten und oben scharf gezogen waren
Der ehemalige Kultusminister von Baden-Württemberg, Professor Hahn, lieferte in den letzten Monaten leider ein eindrucksvolles Beispiel für diesen bildungspolitischen Rückfall. In Baden-Württemberg wird nämlich das „Grundschulabitur" wieder eingeführt; hier wird der Kanal angesetzt, um zu sortieren, auszulesen und die Kinder zu gruppieren.
Sie sollten eigentlich nicht von der Forderung nach einem Grundkonsens reden, solange Sie und Ihre Kollegen in den Ländern eine gemeinsame Übereinkunft in der Bildungspolitik, wie sie ja 1973 beschlossen worden war, leider Tag für Tag zerstören. Sie sollten darauf achten, daß Sie bei Ihrer Abwehrstrategie gegen die Gleichheit — 'Herr Dr. Dregger hat das ja vorhin angesprochen — nicht hinter das zurückfallen, was der Auftrag der Demokratie und des Grundgesetzes und übrigens auch der geschichtliche Auftrag seit der Aufklärung ist, die wir alle, wenn wir der europäischen Tradition verpflichtet sind, durchzusetzen haben.
Dann z. B., wenn man den Vorgang betrachtet, daß der neue Kultusminister von Baden-Württemberg einen Erlaß verkündet hat, nach dem sich alle Lehrer ab sofort in den Gesamtlehrerkonferenzen mit den neuen Thesen „Mut zur Erziehung" zu be-



Weißkirchen (Wiesloch)

fassen haben, kann einem, so glaube ich jedenfalls, angst und bange werden

(Zuruf von der CDU/CSU: Warum?)

vor diesem Rückfall in alte Ideologien. — Ich werde Ihnen das gleich an zwei dieser neun Thesen belegen.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Diese Thesen hat aber ein Sozialdemokrat formuliert!)

Um es gleich vorweg zu sagen, Herr Pfeifer: Ich halte dieses Dokument, das Sie einmal genau lesen sollten, für ein erschreckendes Zeichen für den Zerfall des konservativen Wertebewußtseins.

(Pfeifer [CDU/CSU]: Wissen Sie, daß diese Thesen ein Sozialdemokrat mitformuliert hat?)

Herr Pfeifer, in der 'Abwehr der Forderung nach Chancengleichheit, wie sie sich aus dem Grundgesetz ergibt, werden die Verfasser dieser pädagogischen Bankrotterklärung blind, auch und gerade gegenüber den Forderungen der europäischen Aufklärung, wie Sie sie z. B. Condorcet oder bei Immanuel Kant nachlesen können, nämlich gegenüber dem der Aufklärung innewohnenden Anspruch auf individuelle und gesellschaftliche Emanzipation.
Lassen Sie mich dies an der zweiten These des Kongresses „Mut zur Erziehung" erläutern. Diese These 2 heißt:
Wir wenden uns gegen den Irrtum, die Schule könne Kinder lehren, glücklich zu werden, indem sie sie ermuntert, Glücksansprüche' zu stellen.
In Wahrheit hintertreibt die Schule damit das Glück der Kinder und neurotisiert sie. Denn Glück folgt nicht aus der Befriedigung von Ansprüchen, sondern stellt im Tun des Rechten sich ein.
Ich frage Sie: Was eigentlich ist hier von der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung noch übriggeblieben, in der es ja ausdrücklich heißt, „the pursuit of happiness" ist eines der Rechte der Menschen, das Streben nach Glück ist eines der konstitutiven Menschenrechte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Der Rechte, aber nicht der Ansprüche!)

Das Streben nach Glück fällt also allmählich aus diesen unveräußerlichen Menschenrechten hinaus. Bleibt dann, so könnte man fragen, nur noch Verachtung übrig, nur noch Austrocknung des Menschen daraufhin, daß er systemgerecht — nämlich im „Tun des Rechten", was immer das auch sei — funktionieren müsse?
In der dritten These wird übrigens auch angegeben, was das Ziel der Schule sonst ist, wenn nicht die Förderung des Prozesses der Selbstentfaltung und damit die Förderung des Glücks unserer Kinder. Diese These heißt nämlich:
Wir wenden uns gegen den Irrtum, die Tugenden des Fleißes, der Disziplin und der Ordnung seien pädagogisch obsolet geworden,

(Zuruf von der CDU/CSU: Gehen Sie doch einmal auf die Debatte ein!)

weil sie sich als politisch mißbrauchbar erwiesen haben.
In Wahrheit sind diese Tugenden unter allen politischen Umständen nötig. Denn ihre Nötigkeit ist nicht systemspezifisch, sondern human begründet.
Ich habe den Eindruck, daß den Verfassern bei dieser These eigentlich gar nicht so richtig wohl gewesen ist, denn konnte nicht in einer anderen, in einer schrecklichen, in einer mörderischen Zeit genau mit diesen Tugenden etwas anderes betrieben werden? Hat sich nicht eine Gesellschaft, ein Unrechtsstaat mit diesen Tugenden selbst stabilisieren können? Diese Frage, Herr Dr. Dregger, müssen Sie sich stellen, ob denn solche Tugenden nicht in Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Zielen gebracht werden müssen, die ja schließlich der Demokratie vorgeordnet sind. Dazu haben Sie in dieser Debatte nicht ein einziges Wort gesagt.
Heinrich Mann, um auf dieses Beispiel einzugehen — Golo Mann hat ja mitformuliert —, würde sich wahrscheinlich schämen, daß einer seiner Nachfahren an diesen Thesen mitgearbeitet hat.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie müssen es ja wissen!)

Fast. alle deutschen Erziehungswissenschaftler — Sie werden das ja wohl nicht vergessen haben, Herr Pfeifer — haben diese Thesen auf ihrem letzten Kongreß Punkt für Punkt widerlegt. Sie haben geurteilt, daß diese Thesen „Mut machen zu einer Erziehungspraxis, wie sie unserer demokratischen Ordnung nicht mehr entspricht". Dies ist der Befund und das Urteil des Kongresses der Gesellschaft der deutschen Erziehungswissenschaftler, aller Erziehungswissenschaftler an den Universitäten und Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland.
Für uns steht jedenfalls fest — und das möchte ich den Eltern, Schülern und Lehrern und auch den Erziehungswissenschaftlern für mich versichern —: Nicht Mut zur Erziehung, sondern Erziehung zum Mut ist die angemessene Forderung, die demokratischen Ansprüchen gerecht wird. Ohne die Eltern, ohne die Schüler und die Lehrer, ohne ihre harte Arbeit zur Verwirklichung der Bildungsgleichheit, ohne ihre harte Arbeit in den Schulen kann dieses Ziel nicht verwirklicht werden. Jetzt geht es darum — Herr Senator Dr. Glotz hat das ausgeführt —, daß die begonnene strukturelle Revolution im Quantitativen im Bildungsbereich auf die Änderung der die Stufen des gesamten Bildungswesens erreichenden jungen Menschen umzuformen sind, daß die Ausweitung der Ausbildungsplätze nochmals zusätzlich verstärkt werden muß, daß mit Behutsamkeit die sozialen Konsequenzen aus der Bildungsexpansion zu ziehen sind — besonders im Blick auf die Einkommensstrukturen — und daß der Konsens mit allen Betroffenen, selbstverständlich auch mit denen, die politisch anderer Auffassung sind als wir, im Dialog für die notwendige Fortsetzung der Bildungsreform, für die notwendige Konzentration und für die notwendige Profilierung der Bildungsinhalte in allen Bildungsstufen gesucht werden muß.



Weißkirchen (Wiesloch)

In erster Linie kommt es nach meiner Auffassung jetzt darauf an, endlich die Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung herzustellen. Diese Trennung — das sollten Sie noch einmal historisch nachzuvollziehen versuchen — kommt aus einer Zeit, in der die körperliche Arbeit der geistigen Arbeit unterworfen war. Diese Trennung bedeutet die Sicherung der Herrschaft über den arbeitenden Menschen, und sie hat jetzt keinen Platz mehr in der sozialen Demokratie.
Die Haltung Ihrer Parteifreunde in der letzten Sitzung der Bund-Länder-Kommission am 5. Juni ist jedenfalls ein Ausbruch aus dem Konsens des Bildungsgesamtplans, in dem vorgesehen war, daß berufsqualifizierende Abschlüsse in den neu gestalteten Sekundarabschluß II eingeschlossen werden sollen. Wenn es konkret wird, der beruflichen Bildung den gleichen Wert wie der allgemeinen Bildung zuzumessen, flüchten Sie aus der Verantwortung, insbesondere der Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmern und deren Kindern; denn das sind die Kinder, die vorwiegend in diesen Bereichen der beruflichen Bildung arbeiten.
Die sozialliberale Bundesregierung hat sich die Herstellung der Chancengleichheit aller Jugendichen als vorrangiges Ziel ihrer Bildungspolitik gesetzt. Das ist durch diese Zwischenbilanz der Bundesregierung auch sehr deutlich geworden. Uns ist es also gelungen, in Ansätzen, in ersten Schritten unser Bildungssystem für breitere Schichten der Bevölkerung zu öffnen, es durchlässiger zu machen und damit die Chance vieler bisher benachteiligter Jugendlicher für einen qualifizierten Abschluß zu verbessern.
Die Gesamtschule spielt dabei eine Rolle, eine wichtige Rolle, nicht die ausschließliche Rolle. Wir stellen uns dem Vergleich zwischen der integrierten Gesamtschule und dem bisherigen dreigliedrigen Schulsystem. Was bisher an Ergebnissen vorliegt, läßt allerdings nach einer vorsichtigen Gesamtbeurteilung, die auch vorgenommen wird, darauf schließen, daß die integrierte Gesamtschule in wesentlichen Punkten dem bisherigen dreigliedrigen Schulsystem überlegen ist. Einige der Ergebnisse, nicht von uns, sondern von Wissenschaftlern herausgearbeitet, können Sie ja selber nachlesen.
Dies ist aber nicht alles, worum es uns geht. Trotz der unbestreitbaren Erfolge der sozialliberalen Bildungspolitik in den letzten Jahren haben wir leider immer noch in einigen Punkten Defizite und Benachteiligungen: Mädchen, ausländische Jugendliche, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Deshalb kann es nicht darum gehen — ich komme zum Schluß —, eine sogenannte Kurskorrektur in der Bildungspolitik durchzuführen, denn die Verlierer einer solchen bildungspolitischen Kurskorrektur, eines solchen Rückfalls, sind allemal die Kinder der sozial Schwachen.
Jetzt kommt es darauf an, daß wir alle in den Ländern und im Bund dazu beitragen, den vor zehn Jahren begonnenen Weg weiterzugehen und die zweite Phase bildungspolitischer Reformen aktiv und
offensiv mit aller Kraft und mit den Betroffenen voranzutreiben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0809602200
Das Wort hat Herr Abgeordneter Rühe.

Volker Rühe (CDU):
Rede ID: ID0809602300
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Reden der Vertreter von SPD und FDP anschaut, so ist ein Vergleich zwischen den Reden von Senator Glotz und Minister Schmude besonders interessant. Herr Senator Glotz, ich muß Ihnen bescheinigen, daß Sie eine Rede gehalten haben, die zu jedem Zeitpunkt interessant war, die in einigen Passagen auch nachdenklich war und insofern wohltuend zu der Rede des Bildungsministers Schmude kontrastierte, der hier ohne Nachdenklichkeit, ohne die Bereitschaft; darüber nachzudenken, ob nicht in der Vergangenheit schwerwiegende Fehler gemacht worden sind und deswegen eine Tendenzwende notwendig ist,

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : So ist es!) vorgetragen hat.

Herr Minister Schmude, dies war das erste Auftreten von Ihnen nach Ihrer Vereidigung im Parlament. Ich meine, das war keine glückliche Stunde für Sie. Niemand wirft Ihnen vor, daß Sie nicht über die gleiche Rhetorik und über das Engagement verfügen, das Senator' Glotz für die Bildungspolitik aufgebracht hat. Aber wir werfen Ihnen vor, daß Sie nicht die Bereitschaft aufbringen, die Tendenzwende in der Bildungspolitik einzuleiten, die wir einfach brauchen, um zu einer besseren Situation zu kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Die Sie brauchen!)

— Herr Wehner, Sie brauchen sie auch. Jedenfalls die Leute, die Sie in Hamburg-Harburg vertreten, brauchen sie, und das sollten Sie als deren Abgeordneter auch wissen.

(Wehner [SPD] : Danke für Ihre großzügige Belehrung!)

— Ja, gelegentlich müssen auch Sie belehrt werden,

(Wehner [SPD] : Ja, sicher!)

nicht nur die Leute, die hier stehen und reden,
während Sie Zwischenrufe machen, Herr Wehner.

(Wehner [SPD] : Sie sehen mir auch so aus, als ob Sie das könnten!)

— Wenn Sie sich einmal darüber unterhielten, wüßten Sie auch genau, daß z. B. in der beruflichen Bildung vieles schiefgelaufen ist. Das trifft die Arbeitnehmer bei Phoenix und die Lehrlinge dort genauso wie alle anderen auch. Das sollten Sie als Harburger Abgeordneter wissen, und Sie sollten sich nicht zu schade sein, dies auch zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Schönen Dank!)

— Bitte.

(Wehner [SPD] : Das war wirklich großherzig!)




Rühe
Herr Schmude, man kann es mit der Kontinuität wirklich übertreiben. Niemand nimmt es Ihnen übel, wenn Sie sagen, Sie stünden in fester Kontinuität zu Ihrem unmittelbaren Vorgänger. Das ist schon eine Frage der Loyalität. Aber müssen Sie denn gleich bis 1970 zurückgehen und auch Kontinuität zu Herrn von Dohnanyi und Herrn Leussink beweisen? Das geht doch wirklich ein bißchen zu weit. Vielleicht sind Sie zumindest nach dieser Debatte bereit, dies zurückzunehmen und ein bißchen mehr Diskontinuität in Ihre Politik aufzunehmen. Wir brauchen Diskontinuität in der Bildungspolitik, weil wir eben einen Neuansatz brauchen.
Nun, meine Damen und Herren, zu Herrn Glotz muß ich in zwei Punkten etwas Kritisches sagen. Erster Punkt: Er hat hier die hessische CDU mit ihren Plänen zur Berufsbildung angesprochen und gesagt, wir seien unglaubwürdig, wenn wir einerseits die Verbesserung der beruflichen Bildung forderten, andererseits aber dort Kritik an Ausbildungsordnungen übten und die Streichung des zweiten Berufsschultages forderten. Nun, Herr Glotz, Sie hätten recht, wenn man Verbesserung der beruflichen Bildung mit einer Erhöhung des Theorieanteils gleichsetzen könnte. Nur, dieses genau kann man nicht tun.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Insofern sehen wir in unserem Kampf für einen stärkeren Praxisbezug der Berufsbildung, für eine Stärkung der betrieblichen Ausbildung, für bessere, praxisbezogene Ausbildungsordnungen eine Verbesserung der beruflichen Bildung — genau darin und nur darin.
Zweiter Punkt: Sie haben gesagt, der Elternunwille gegen die Schulpolitik von SPD und FDP, z. B. in Nordrhein-Westfalen beim Volksbegehren, hänge nicht zuletzt damit zusammen, daß sich hier ein Bildungsbürgertum organisiere, deren Kinder es ohnehin immer geschafft hätten und die jetzt eine zusätzliche Konkurrenz bekämen. Deswegen sei es über diese Pläne der Sozialdemokraten so böse. Herr Glotz, schauen Sie sich einmal die Stimmergebnisse des Volksbegehrens insgesamt an, schauen Sie sich weiter einmal die Soziologie von Nordrhein-Westfalen an. Dann werden Sie schon zu der Erkenntnis kommen, daß diese enormen Stimmergebnisse, wenn Sie das einmal auf die gesamte Bevölkerung hochrechnen, ihre Entsprechung nun wirklich nicht in einem engen traditionellen Bildungsbürgertum finden. Vielmehr geht das weit darüber hinaus. Sie verstellten sich den Blick für die notwendigen Korrekturen, wenn Sie versuchten, sich mit einer solchen These zu trösten.
In der Auseinandersetzung um das Volksbegehren hat in der Argumentation der CDU und anderer Befürworter des Volksbegehrens eine entscheidende Rolle die Überlegung gespielt, die Hauptschule als einen eigenständigen Schulweg mit einem eigenständigen Profil zu erhalten. Denn die KoopSysteme, große anonyme Systeme, schaden doch nicht den Kindern, die aus dem sogenannten Bildungsbürgertum kommen. Die setzen sich, soweit sie wirklich sehr begabt und sehr selbstbewußt sind,
auch in schlechten Schulsystemen durch. Man kann sich kaum ein Schulsystem vorstellen, das so schlecht wäre, daß die nicht doch ihren Weg gingen. Wir setzen uns doch gerade für diejenigen ein, die Schwierigkeiten haben, die leiden doch unter solchen Großsystemen, die leiden doch unter der ständigen Unruhe, wie sie etwa auch durch dieses KoopSystem in die bildungspolitische Landschaft hineingekommen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die leiden auch unter der Auflösung, der frühzeitigen Auflösung von Klassenverbänden.
Deswegen hier die herzliche Bitte: Begeben Sie sich nicht der Chance, aus diesem Volksbegehren und aus dem Elternunwillen zu lernen, indem Sie auf die These abheben, die Sie vorhin angesprochen haben. Studieren Sie vielmehr genau, woran das gelegen hat. Dann werden Sie feststellen, daß es hier einen weit verbreiteten Unwillen gibt, der nicht nur in die Reihen Ihrer Wähler hineingeht, sondern der auch weit in die organisierte Sozialdemokratie hineinreicht. Wir kennen doch alle die Briefe, die auch an eingeschriebene Mitglieder der SPD geschrieben wurden: daß sie sich hier entsprechend verhalten sollten. Dies macht deutlich: Das Problem geht sehr viel weiter, als Sie es angesprochen haben.
Meine Damen und Herren, aus Zeitgründen will ich in sieben Thesen nur ganz kurz die wichtigsten Punkte unseres Entschließungsantrages ansprechen. Ich hoffe, daß wir darüber im Ausschuß sprechen können oder daß Sie ihn nach Möglichkeit am besten jetzt schon im Plenum annehmen, Herr Wehner, damit wir die notwendigen Kurskorrekturen durchsetzen können.

(Wehner [SPD] : Dann wird darunter geschrieben, wieviel darüber abgestimmt haben, die Zahl, die Ziffer!)

— Herr Wehner, Sie haben doch einmal gesagt: Mehrheit ist Mehrheit. Wenn wir hier heute eine Mehrheit für diesen Antrag schaffen, dann hilft das den Leuten draußen, auch wenn das insgesamt nur eine — —

(Wehner [SPD] : Ja sicher, ich habe nichts dagegen, daß es nicht einmal zwei Dutzend sind, die hier solchen Quatsch beschließen wollen!)

— Sie haben gesagt, das sei Quatsch.

(Wehner [SPD] : Nein, ich habe gesagt: solchen Quatsch beschließen wollen!)

— Ah ja, gut. Das finde ich eine interessante Wertung. Ich werde auch hier wiederum in Ihrem Wahlkreis bekanntmachen,

(Wehner [SPD] : Schönen Dank!)

wie wenig Verständnis Sie dafür haben, notwendige Kurskorrekturen in der Bildungspolitik anzusprechen.

(Wehner [SPD] : Ja, ja!)

Erstens. Wir setzen uns für Veränderungen ein, aber für Veränderungen nur dann, wenn man sich vorher in verantwortlicher Weise davon überzeugt



Rühe
hat, daß Veränderungen auch zu Verbesserungen führen. Ich meine, daß Sie heute diejenigen sind, die Stillstand und Beharren in der Bildungspolitik produzieren, weil Sie sich als die Gefangenen Ihrer eigenen Programmatik erweisen. Insofern sind Sie die Reaktionäre, die an etwas festhalten, was überholt ist. Sie haben sich mit Ihrer Programmatik überholt. Wir brauchen eine Politik der Veränderung Ihrer Politik aus den vergangenen Jahren, um wirklich Verbesserungen für alle Betroffenen erreichen zu können.
Zweitens. Wir setzen uns für ein begabungsgerechtes und differenziertes Bildungssystem ein, das jedem entsprechend der unterschiedlichen Begabungen, Fähigkeiten und Neigungen einen Bildungsgang eröffnet und eben nicht alle über den Leisten der Theorie schlägt.
Drittens. Die Schule muß in ihrer Erziehungsaufgabe wieder gestärkt werden. Ich finde es skandalös, wenn ein Bundesminister sagt, Mut zur Erziehung sei etwas Rückständiges. Ich wüßte gar nichts Moderneres, Zeitgemäßeres, Notwendigeres als die Rückbesinnung auf die erzieherische Aufgabe der Schulen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich wüßte gar nichts Rückständigeres, Uninformierteres als einen Bildungsminister, der sagt, es sei rückständig, sich wieder mehr um Erziehung in unseren Schulen zu kümmern.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Was die Elemente der Erziehung angeht, müssen wir eben auch wieder stärker bewährte Tugenden vermitteln, die für die Persönlichkeitsentfaltung, für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft unverzichtbar sind. Das sind neben Zivilcourage, dem Mut zur Kritik, zu dem wir uns ausdrücklich bekennen, der Offenheit, dem Widerspruch aber eben auch Selbstlosigkeit, Treue, Opferbereitschaft, Wahrheitsliebe, Fleiß, Zuverlässigkeit, Solidarität, Hilfsbereitschaft und andere Dinge, die von Ihnen in den letzten Jahren ständig vernachlässigt worden sind.
Viertens. Wir setzen uns für den kooperativen Föderalismus ein, gegen eine sinnlose Konfrontationspolitik zwischen Bund und Ländern, die kein einziges Problem löst. Lassen Sie mich dazu nur eines sagen: Es wird keine Kompetenzveränderungen geben; der Streit darum ist sinnlos. Diejenigen, die in den letzten Jahren von einer vernünftigen, mittleren Linie am weitesten abgewichen sind und dadurch die Einheitlichkeit in der Tat beeinträchtigt haben, sind in erster Linie aufgefordert, ihren Beitrag zu einer Wiederherstellung des bildungspolitischen Konsens zu leisten. Sie können sich denken, an wen ich in diesem Zusammenhang gedacht habe.

(Thüsing [SPD]: Sicherlich an Bayern!)

Fünftens. Wir setzen uns für eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Grundschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium und Berufsschule im Rahmen des gewachsenen Systems ein. Eine einseitige Festlegung auf ein neues System von integrierten Gesamtschulen, das noch längst nicht endgültig erprobt ist, halten wir für falsch.
Sechstens. Die berufliche Bildung muß ihre Eigenständigkeit und insbesondere ihren Praxisbezug behalten. Sie darf nicht verschult, sie darf nicht ver-theoretisiert werden, damit sie gerade den stärker praktisch begabten jungen Menschen eine qualifizierende Bildung und Ausbildung geben kann. Wenn Sie in diesem Lande — durch welche Maßnahmen auch immer — die berufliche Bildung stärker verschulen, den Theorieanteil anheben, ansteigen lassen, dann geben Sie nicht zusätzliche Chancen, sondern dann nehmen Sie Chancen, nämlich denjenigen, die stärker praxisorientiert begabt sind. Das ist eine Politik, die keine zusätzlichen Chancen für junge Menschen schafft, sondern ihnen Möglichkeiten nimmt. Deswegen stößt sie auf unsere Ablehnung.
Siebtens. Bildungs- und Beschäftigungssystem müssen besser aufeinander bezogen sein, damit eine qualifizierte Bildung möglichst auch in eine entsprechende Berufstätigkeit münden kann. Bildungsanspruch und Arbeitsmarkt müssen zu einem sinnvollen Ausgleich gebracht werden.
Unser Streit hierbei geht vor allem immer wieder darum, was man eigentlich unter Qualifikation zu verstehen hat. Dazu sage ich noch einmal: Als qualifiziert hat nach unserer Auffassung nicht nur derjenige zu gelten, der eine akademische Ausbildung absolviert hat, sondern auch derjenige mit einem hohen Standard praktischer Berufsausbildung, etwa auch derjenige, der Hervorragendes in der Facharbeit und im Handwerk leistet. Wenn Sie sich zur Überqualifikation bekennen — Sie haben ein besonderes Gewicht auf Abitur und Hochschulen gelegt —, muß ich Ihnen sagen, daß damit eben häufig schon der Weg zur Falschqualifikation eingeschlagen worden ist. Ich empfehle Ihnen in diesem Zusammenhang die Lektüre einer Rede des Parlamentarischen Staatssekretärs Grüner, die er vor ganz kurzer Zeit gehalten hat. Er sagte wörtlich:
Wir müssen aber der Möglichkeit ins Auge sehen, daß auch dann, wenn es zu durchgreifenden und unpopulären Maßnahmen kommen sollte, um Akademiker ohne zusätzliche Belastung der öffentlichen Haushalte im öffentlichen Dienst zu beschäftigen,
— das ist ja das, was Herr Glotz angesprochen hat —
dennoch die Akademikerarbeitslosigkeit stark ansteigen könnte.
Bereits heute kommen auf eine der Arbeitsverwaltung als offen gemeldete Stelle für Hochschulabsolventen 4,6 als arbeitslos registrierte Hochschulabsolventen, wohingegen auf eine offene Facharbeiterstelle nur 1,2 als arbeitslos registrierte Facharbeiter kommen.
Herr Grüner fährt fort:
Wenn heute auf 25 000 Bauingenieure und Architekten in Ausbildung 21 000 Maurerlehrlinge kommen und auf 24 000 Chemiestudenten nur 8 000 Jugendliche entfallen, die als Chemiefacharbeiter oder Chemielaboranten ausgebildet werden, dann muß das nicht der Beweis für eine grundsätzlich zu begrüßende Überqualifikation



Rühe
sein. Denkbar ist auch, daß es sich hier um erste Anzeichen einer beklagenswerten Falschqualifikation handelt, die weder den Jugendlichen noch der Wirtschaft und der Gesellschaft nutzt.
Soweit noch vorsichtig, aber deutlich formuliert der Parlamentarische Staatssekretär Grüner.
Ich meine, der. Herr Bundeskanzler wäre schon ganz gut beraten, wenn er das Gespräch zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Bildungsministerium in Gang brächte; denn es kann nicht angehen, daß das Bildungsministerium Narrenfreiheit hat, indem es hemmungslos das Abitur und die Hochschulbildung propagiert, auf der anderen Seite aber nachdenkliche Reden von seiten des Wirtschaftsministeriums bei den Betroffenen gehalten werden. Dies ist unerträglich. Hier ist auch der Bundeskanzler in seiner Führungs- und Koordinierungsaufgabe gefordert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, dies ist in sieben Punkten die Zusammenfassung unseres Entschließungsantrags. Herr Wehner, wenn Sie richtig zugehört haben, müssen Sie mir zustimmen: Das ist kein Quatsch, sondern das ist ein Antrag, der vernünftige neue Akzente setzt und der mit Mehrheit, auch wenn es in den absoluten Zahlen keine große Mehrheit ist, beschlossen werden sollte.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0809602400
Als letzter Redner hat Herr Abgeordneter Schäfer (Mainz) das Wort.

Helmut Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0809602500
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf nur feststellen, daß ich mir meine Jungfernrede im Deutschen Bundestag etwas anders vorgestellt hatte, als hier jetzt schnell noch einige zusätzliche Gedanken aus dem Effeff heraus zu formulieren und von meinem vorsorglich vorbereiteten Text abzuweichen.
Der Saal ist auch so leer, daß man tatsächlich nicht von einer deutschen Bildungskrise reden kann. Sonst wäre das Interesse in diesem Hause vielleicht doch etwas größer.
Herr Rühe, was ich bei Ihren Ausführungen von eben nicht ganz verstanden habe, sind die Worte „Tendenzwende" und „Diskontinuität" . Ich weiß nicht so recht — die Bank ist ja mit Ihren Leuten schlecht besetzt —, ob der eine oder andere Kultuspolitiker der Länder, der Ihrer Seite nahesteht oder ihr angehört, so ganz mit dieser Formulierung einverstanden gewesen wäre. Zumindest bezüglich der „Diskontinuität" glaube ich, hätten sich weder Frau Laurien noch möglicherweise Herr Maier bereit erklärt, Ihnen zu folgen. Das scheint mir eine sehr merkwürdige, vielleicht auch etwas kühne These zu sein. Denn wir sind immer der Auffassung gewesen, daß die Kontinuität doch gerade im Bildungswesen Platz greifen sollte, daß gerade nicht Sprünge gemacht werden sollten, wie Sie hier sehr häufig beklagt haben. Insofern bin ich eigentlich von dieser neuen Tendenz Ihrer Partei etwas überrascht.

(Rühe [CDU/CSU] : Zu Richtigem muß man immer bereit sein!)

Sie dürften mit Sicherheit bei aller Mäkelei an dem, was der Herr Bundesminister hier vorgetragen hat, und auch an der Antwort auf diese Große Anfrage immerhin zufrieden sein, daß mit den Zahlen, die genannt worden sind und die ich deshalb nicht wiederholen will, doch zumindest deutlich wurde, daß dieses Land auf einem Weg ist, den es in der Welt, wie ich glaube, schon längst hätte antreten müssen, nämlich daß wir die gravierendsten Versäumnisse der 50er und 60er Jahre, die sich gerade auf 'dem Bildungssektor neben der industriellen Entwicklung ergeben haben, einigermaßen aufholen konnten. Wir brauchen auch international den Vergleich nicht mehr in dem Umfang zu scheuen, wie das noch vor einigen Jahren der Fall war.
Wenn Sie in den letzten Tagen Wahlergebnisse und Wahlanalysen zur Kenntnis genommen haben, wird Ihnen im Gedächtnis sein, daß nicht ganz zu übersehen ist, daß es sehr viele junge Leute gibt, die sich neuerdings Listen zuwenden, die sich als „grün" oder „bunt" bezeichnen. In den Analysen wird zum Teil auch eine gewisse Verdrossenheit mit dem Staat und dem Bildungswesen als Ursache angegeben, wenn man solchen schnellen Analysen glauben kann. Ich bin der Auffassung, daß nur derjenige, der über die in dieser Aussage der Bundesregierung aufgezeigten Zahlen in Unkenntnis ist und sich leichtfertig über das hinwegsetzt, was gemeinsam mit den Ländern — Gott sei Dank —, auch mit CDU-regierten Ländern, erreicht worden ist, sich solchen grünen und bunten Gaukeleien hingibt, die in der politischen Realität — da werden Sie mir sicher zustimmen — sehr schnell zerplatzen würden. Denn man kann natürlich auch heute noch mit vielem unzufrieden sein, aber man kann doch nicht glauben, daß mit irgendwelchen Leerformeln, wie sie in diesen Programmen stehen, bildungspolitischer Fortschritt erzielt wird. Ich habe den Eindruck, das wird sehr schnell einer Ernüchterung weichen — wie schon bei mancher Partei und mancher Splittergruppe, die sich hier in Deutschland angemaßt hat, alles das, was wir tun, als unsinnig zu bezeichnen.
Die FDP bekennt sich zu einem zukunftsweisenden, wettbewerbsorientierten Föderalismus, wie Sie ihn hier ständig fordern. Aber wir haben eigentlich kein Verständnis mehr — und ich meine, das haben viele Leute in diesem Lande nicht mehr —, wenn dieser Föderalismus zu Tode geritten wird, wenn wir uns heute zurückbewegen in eine historische Epoche dieses Landes, von der ich meine, daß sie in der Nähe des Deutschen Zollvereins liegt. Es gibt keine grenzüberschreitende Probleme mit Pässen mehr, aber es gibt neuerdings grenzüberschreitende Probleme zwischen den deutschen Ländern mit verschiedenen Bildungsabschlüssen. Das aber ist in Zeiten der europäischen Einigung eigentlich ein Hintertreppenwitz unserer Geschichte.

(Beifall bei der FDP und der SPD)




Schäfer (Mainz)

Das soll nicht heißen, daß wir den Föderalismus ablehnen. Aber ich meine, Kleinstaaterei und Provinzialismus als Föderalismus zu deklarieren hilft uns nicht mehr weiter.
Nun zu Ihrer ständigen Kritik an Reformversuchen wie der Gesamtschule. Herr Pfeifer, Herr Rühe, wo man Presseverlautbarungen von Ihnen liest, findet man immer wieder diese Formulierungen: „Ziel ist Systemveränderung", „Kampf um eine neue Gesellschaft" ; so Herr Rühe vor kurzem in Hamburg, und auch Herr Dregger äußert sich ja in dieser Richtung. Ich kann nur sagen: Wenn es Ihnen gelänge, endlich einmal die Ihnen nahestehenden Lehrerverbände zu bewegen, weniger über Stellenkegel und Beförderungsfragen zu diskutieren, als ihre jungen Leute in Gesamtschulen zu schicken, hätten Sie dort nicht allein die „linken Ideologen". Das ist doch der Punkt. Ihre Behauptung, diese Organisationsform an sich sei schon systemverändernd, trifft doch nicht zu. Sie beleidigen damit das amerikanische Schulsystem - das ist Ihnen vielleicht noch nicht aufgefallen —, denn das ist die Gesamtschule, wenn auch in einer anderen Form. Das ist aber, wie Sie wissen, nicht eine sozialistische Schule.

(Rühe [CDU/CSU] : Von Besoldung versteht die GEW am meisten!)

— Ich gebe Ihnen zu, Herr Rühe, daß es auch bei der GEW durchaus Tendenzen gibt, die zunächst von solchen Fragen getragen werden. Das will ich in gar keiner Weise bestreiten.

(Rawe [CDU/CSU]: Nur von solchen!)

Wer aber die kooperative Schule verteufelt, muß sich dann halt auch fragen lassen: Lieber Himmel, waren Sie denn in einigen Ländern nicht mal selbst dafür? Das ist heute verschiedentlich angeklungen. Sie können es nachlesen: Wahlprogramm Hessen 1970, kooperative Gesamtschule, Forderung von Dr. Dregger, der jetzt leider nicht mehr im Saal ist. Heute ist das Teufelswerk. Aber wenn Sie dann Flugblattaktionen wie bei dem berühmten Volksbegehren unterstützen — ich habe diese Dinge in meiner Godesberger Wohnung jeden Morgen zur Kenntnis nehmen müssen —, in denen Formulierungen enthalten sind wie die, daß die eigentliche Wurzel des Übels bei dieser Bildungsreform schon in der Aufspaltung in Grund- und Hauptschule liege, wird die Sache allerdings in bezug auf Diskontinuität und Tendenzwende ein bißchen kritisch, Herr Rühe. Dann muß ich nämlich die Frage stellen: Geht es nicht doch um die Wiederherstellung der alten Volksschule, und der Rest bleibt für die Auserwählten?

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Dieses Rad, glaube ich, können auch Sie nicht mehr zurückdrehen.
Nun haben wir gestern abend im Deutschen Fernsehen eine neue Definition Ihrer Partei zur Kenntnis nehmen müssen. Ich war gerade bei der Vorbereitung meiner Rede und konnte zu meiner Überraschung feststellen, daß Sie sich neuerdings als „die liberale deutsche Partei" bezeichnen. Das hat Herr Kohl gestern abend getan, und das wurde
dann von einem Kollegen der CSU wiederholt. Ich kann nur sagen: Wenn Sie das sind, ist wohl die Formel, die Herr Vogel vor kurzem gebraucht hat, Sie seien sowohl sozial als auch konservativ und liberal, nicht mehr richtig. Sie bezeichnen sich als liberale Partei, und dann sagt Herr Dregger in seiner berühmten Marburger Rede zur Bildungspolitik: „Im Hochschulbereich sind ebenfalls Umwidmungen nötig, die sich am Bedarf im Beschäftigungssystem orientieren." — Meine Damen und Herren, das gerät nun allerdings ein bißchen schief in diesem liberalen Bild, das gerät uns Liberalen ein bißchen zu sehr in die Nähe von staatlicher Lenkung und Planung, die Sie an anderer Stelle ständig ablehnen, weil sie den Weltuntergang herbeiführt.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

In der Bildungspolitik scheinen Sie sich hier sozialistischen Vorstellungen der östlichen Seite allerdings anzunähern.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Das ist hochinteressant. Sie wollen sozusagen am Bedarf orientiert lenken, wohin nun eigentlich die Begabungen zu gehen hätten. Das machen wir als liberale Partei nicht mit.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie ist das denn mit dem „Sozialisten Grüner"?)

— Nun, der „Sozialist Grüner" : Ich bin Ihnen für den Hinweis bezüglich der Rede von Herrn Grüner dankbar, den Sie mir heute gegeben haben. Es ist kein Geheimnis — sollten wir darüber streiten? —, daß es schon oft zwischen Wirtschaftlern und Kulturpolitikern Probleme in diesem Land gegeben hat. Auch Ihre Minister haben häufig beklagt, daß wir gegenüber dem, was man gelegentlich „Primat der Wirtschaft" nennt, ins Hintertreffen geraten seien.
Was es nun mit der Liberalität so auf sich hat, wurde hier von Herrn Weißkirchen angedeutet. Ich möchte hier nicht auf Einzelheiten des Kongresses „Mut zur Erziehung" eingehen. Lesen Sie es in der „Zeit" nach, wo eine Analyse dieser Thesen unter der Überschrift „Totalitäre Tendenz" gegeben worden ist. Wir sollten allerdings einmal anfangen, darüber sehr kritisch nachzudenken.
Wenn in Rheinland-Pfalz die Schrift des Herrn Professor Buchheim an alle rheinland-pfälzischen Schüler zur Pflichtlektüre im Zusammenhang mit dem Studium des Grundgesetzes verteilt worden ist, in der der Sozialismus verteufelt wird, allerdings so unklar, daß man die Sozialdemokratische Partei Deutschlands unter diesen Sozialismus mit einreihen könnte, dann allerdings frage ich mich: Wo ist denn da die Nähe zum Grundgesetz und zu einer pluralen Verfassung dieses Staates?
Sie sollten auch der bayerischen Kultusverwaltung — Herr Pfeifer, ich kenne Sie als Literaturfreund — vielleicht klarmachen, daß harmlose Kinderreime auch von einem Wolf Biermann in einem bayerischen Lesebuch ihren Platz behalten sollten und nicht ausgemerzt werden müssen. Dann nähern Sie sich vielleicht liberalen Grundsätzen. So wie Sie das jetzt tun, habe ich den Eindruck, daß es eine etwas sehr weitgehende Formulierung ist, sie seien



Schäfer (Mainz)

die liberale Partei. Den Beweis haben Sie wirklich noch anzutreten.

(Wehner [SPD] : Es kommt noch, daß sie sagen wollen: Wir sind die Partei! — Heiterkeit bei der SPD und der FDP)

— Ja, das ist denkbar. Es gibt gewisse Tendenzen in dieser Richtung, Herr Wehner, die das allerdings schon nahelegen. Es wäre auch denkbar, daß man das mit dem Grundgesetz noch vereinbaren könnte.
Was uns Liberale von Ihnen unterscheidet, meine Damen und Herren von der CDU: Unsere Devise heißt eben nicht Auslesen, sondern Fördern. Es heißt nicht Ruhe vor Reformen, sondern Ruhe für sinnvolle Reformen. Dazu braucht es Zeit und Erprobung. Wir können ja den Deutschen Bildungsrat, den Sie einmal torpediert haben, gerne wieder einrichten.

(Pfeifer [CDU/CSU] : Nur das nicht!)

Wir sind sehr dafür. Wir können dort gemeinsam und langfristig diskutieren.
Es braucht auch Entkrampfung und, Herr Senator Glotz, es braucht sicher auch Entideologisierung. Ich bitte, mich hier jetzt nicht falsch zu verstehen, als gebe es keine Wertvorstellungen. Ich bin mit Ihnen völlig einig. Aber ich meine, daß es ein bißchen zuviel an Ideologisierung auf beiden Seiten gegeben hat. Die Rechten sollten nicht so tun, als sei Ideologie immer nur Sache der Linken. Es gibt nun wirklich Bände von Literatur, von Reden von Ihnen, wo man nachweisen kann, wie ideologisch auch Bildungsnpolitik von Ihnen verstanden wird.
Uns geht es nicht um Systemveränderungen, wie Sie unterstellen, wenn wir uns z. B. positiv zu Gesamtschulversuchen äußern, sondern uns geht es allein um die überfällige Anpassung unseres Bildungs- und Ausbildungssystems an den längst bereits vollzogenen gesellschaftlichen Wandel. Wir laufen nämlich nicht der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts hinterher.
Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß wir Ihren Entschließungsantrag — ich stelle das als Antrag, Frau Präsident — im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft diskutieren sollten. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sollten sich auf das Etikettt zurückziehen, das Ihnen zusteht und auf das Sie eigentlich stolz sein sollten, nämlich eine konservative Partei zu sein. Ich bin der Auffasssung, Sie sollten sich jetzt ihres schönen Etiketts nicht schämen, sondern bei dem bleiben, was sie mit Sicherheit sind und wie auch, glaube ich, die Mehrzahl der deutschen Jugend Sie bisher gesehen hat. Geben Sie nicht leichtfertig diese Position auf!

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0809602600
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende einer Debatte, die auch für diejenigen, die keine Bildungspolitiker sind, sehr interessant war — wenn ich das einmal sagen darf. Ich schließe die Aussprache.
Wir haben noch den Entschließungsantrag auf Drucksache 8/1893 an den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft zu überweisen. Weitere Überweisungen sind nicht erforderlich. — Kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 14. Juni 1978, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.