Protokoll:
8093

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 8

  • date_rangeSitzungsnummer: 93

  • date_rangeDatum: 1. Juni 1978

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:32 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/93 (Nachtrag folgt) Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 93. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Blank 7283 A Eintritt des Abg. Sander in den Deutschen Bundestag 7283 C Wahl des Abg. Dr. Czaja und des Herrn Walter Haack zu Mitgliedern des Verwaltungsrates der Lastenausgleichsbank . . 7283 C Erweiterung der Tagesordnung 7283 D Absetzung der Punkte 4 und 6 von der Tagesordnung 7283 D, 7370 A Abwicklung der Tagesordnung 7283 D Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung über die Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen für Abrüstung in New York und die NATO-Tagung der Staats- und Regierungschefs in Washington Schmidt, Bundeskanzler . . . 7284 A, 7320 D Dr. Zimmermann CDU/CSU 7289 C Dr. Ehmke SPD 7294 D Hoppe FDP 7301 C Dr. Kohl CDU/CSU . . . . . 7304 B, 7330 D Genscher, Bundesminister AA 7316 D Brandt SPD 7327 B Wehner SPD 7334 D Vizepräsident Stücklen . . . . . . . 7316 D Vizepräsident Frau Funcke 7335 C Friedrich (Würzburg) SPD (Erklärung nach § 35 GO) 7354 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1978 (Nachtragshaushaltsgesetz 1978) — Drucksache 8/1801 — Matthöfer, Bundesminister BMF 7355 B Haase (Kassel) CDU/CSU 7358 D Löffler SPD 7362 A Gärtner FDP 7364 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften — Drucksachen 8/1606, 8/870 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/1846 — II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 8/1792 — Broll CDU/CSU 7367 C Liedtke SPD 7369 A Dr. Wendig FDP 7369 B Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Zimmermann, Dr. Eyrich, Röhner, Spranger, Gerlach (Obernau), Dr. Bötsch, Dr. Klein (Göttingen), Berger (Herne), Dr. Wittmann (München), Schwarz, Dr. Pfennig, Hartmann, Regenspurger, Dr. Laufs, Glos, Biehle, Klein (München) und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung des Asylverfahrens — Drucksache 8/1719 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung des Asylverfahrens — Drucksache 8/1836 — Spranger CDU/CSU 7370 B Bühling SPD 7371 D Wolfgramm (Göttingen) FDP 7373 B Baum, Parl. Staatssekretär BMI . . . . 7374 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik im Handel und Gastgewerbe (Handelsstatistikgesetz) — Drucksache 8/1766 —in Verbindung mit Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von örtlichen Zuständigkeiten der Landesversicherungsanstalten in Niedersachsen — Drucksache 8/1772 — in Verbindung mit Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Antragsfrist für die Abgabe des Antrags auf Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs — Drucksache 8/1813 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol - Drucksache 8/1820 — 7374 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Verbesserung der Verkehrssicherheit für motorisierte Zweiradfahrer — Drucksachen 8/1269, 8/1732 — . . . . 7374 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu dem Dritten Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 8 des Personenbeförderungsgesetzes — Drucksachen 8/803, 8/1731 — 7374 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Erfahrungsbericht der Bundesregierung zur Ausführung des Gesetzes über die Errichtung einer Zusatzverordnungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft — Drucksachen 8/712, 8/1726 — 7375 A Beratung des Antrags des Präsidenten des Bundesrechnungshofes Rechnung und Vermögensrechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 1977 — Einzelplan 20 —— Drucksache 8/1776 — 7375 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates be- treffend die Errichtung einer Europäischen überberuflichen Organisation für Tafelwein Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die Gemeinsame Marktorganisation für Wein — Drucksachen 8/1608 Nr. 20, 8/1767 — 7375 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Aussichten der Wirtschafts- und Währungsunion Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über eine „bessere Koordinierung der einzelstaatlichen Wirtschaftspolitik" Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 III Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat betreffend das wirtschafts- und währungspolitische Aktionsprogramm 1978 — Drucksachen 8/1258, 8/1132, 8/1619, 8/1768 — 7375 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über die Einführung eines gemeinschaftlichen Beihilfesystems zugunsten des innergemeinschaftlichen Austausches von Kraftwerkskohle — Drucksachen 8/1687, 8/1763 — . . . . 7375 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates über die Unterstützung gemeinschaftlicher Vorhaben zur Exploration von Kohlenwasserstoffen (Änderung des Vorschlags der Kommission an den Rat vom 29. November 1974) Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Durchführung der Verordnung (EWG) über die Unterstützung gemeinschaftlicher Vorhaben zur Exploration von Kohlenwasserstoff en — Drucksachen 8/1191, 8/1760 — . . . . 7375 D Fragestunde — Drucksache 8/1826 vom 26. 05. 1978 — Maßnahmen zur Behebung der Hochwasserschäden in Süd- und Südwestdeutschland MdlAnfr A51 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Stavenhagen CDU/CSU MdlAnfr A52 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Stavenhagen CDU/CSU MdlAnfr A53 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Früh CDU/CSU MdlAnfr A54 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Früh CDU/CSU MdlAnfr A55 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Friedmann CDU/CSU MdlAnfr A56 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Friedmann CDU/CSU MdlAnfr A57 26.05.78 Drs 08/1826 Susset CDU/CSU MdlAnfr A58 26.05.78 Drs 08/1826 Susset CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Böhme BMF 7335 D, 7336 A, D, 7337 A, B, C, D, 7338 A, B, C, D, 7339 A, B, C, D ZusFr Dr. Stavenhagen CDU/CSU . . . 7336 C, D ZusFr Dr. Früh CDU/CSU . . . 7336 D, 7337 A ZusFr Dr. Friedmann CDU/CSU . . . 7337 A, B ZusFr Susset CDU/CSU 7337 C, D ZusFr Lambinus SPD . . . . 7337 D, 7339 B ZusFr Dr. Spöri SPD . . . . . 7338 A, 7339 A ZusFr Ey CDU/CSU . . . . 7338 A, D ZusFr Roth SPD 7338 B, 7339 B ZusFr Huonker SPD . . . . 7338 B, 7339 C ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU 7338 C, 7339 A ZusFr Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . 7339 C Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Abschaffung der Verlustzuweisungen an Abschreibungsgesellschaften MdlAnfr A62 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Spöri SPD MdlAnfr A63 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Spöri SPD Antw PStSekr Dr. Böhme BMF . 7340 A, B, C, D 3341 A, B ZusFr Dr. Spöri SPD . . . . 7340 C, D, 7341 A ZusFr. Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 7341 A ZusFr Huonker SPD . . . . . . . . . 7341 A Vorschußweise Zahlung des Ordnungsgeldes und der Verfahrenskosten im Zusammenhang mit der gegen den Bundeskanzler erlassenen einstweiligen Verfügung aus öffentlichen Mitteln MdlAnfr A128 26.05.78 Drs 08/1826 Graf Stauffenberg CDU/CSU Antw StMin Wischnewski BK . . . . . . 7341 D Verweigerung humanitärer Hilfe für WestSahara-Flüchtlinge durch die Bundesregierung MdlAnfr A129 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Erler SPD Antw BMin Genscher AA . . 7341 C, D, 7342 A ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . . 7341 D Ziele der Direktwahlen zum Europäischen Parlament MdlAnfr A130 26.05.78 Drs 08/1826 Sieglerschmidt SPD Antw BMin Genscher AA 7342 A, B ZusFr Sieglerschmidt SPD 7342 A Einflußnahme des DGB auf die Berufung von Sozialreferenten an den deutschen Botschaften MdlAnfr A131 26.05.78 Drs 08/1826 Niegel CDU/CSU IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Antw BMin Genscher AA . 7342 B, C, 7343 A, B ZusFr Niegel CDU/CSU 7342 C, D ZusFr Hasinger CDU/CSU 7343 B ZusFr Frau Steinhauer SPD 7343 B Ausmaß des Eingreifens von Kuba, der DDR, der CSSR und anderer Staaten des Warschauer Pakts stellvertretend für die Sowjetunion in die internen Verhältnisse Afrikas sowie Anwendung der in Afrika geführten Stellvertreter-Kriege MdlAnfr A132 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU MdlAnfr A133 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU Antw BMin Genscher AA . 7343 C, 7344 A, B, D, 7345 A, B, C, D, 7346 A, B, C, D, 7347 A, B ZusFr Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU . . 7344 A, B, 33 46 B, C ZusFr Werner CDU/CSU 7344 B ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . 7344 C, 7346 D ZusFr Dr. Marx CDU/CSU . . 7344 D, 7347 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 7345 A ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 7345 B, 7347 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 7345 C ZusFr Frau Erler SPD . . . . 7345 D, 7347 B Einhaltung des Viermächteabkommens durch die Bundesregierung MdlAnfr A134 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Marx CDU/CSU Antw BMin Genscher AA 7347 B, C, D ZusFr Dr. Marx CDU/CSU 7347 C Einhaltung des Viermächteabkommens durch die Bundesregierung MdlAnfr A135 26.05.78 Drs 08/1826 Kunz (Berlin) CDU/CSU MdlAnfr A136 26.05.78 Drs 08/1826 Kunz (Berlin) CDU/CSU Antw BMin Genscher AA . . . . . . . 7347 D, 7348 A, B, C, D, 7349 A, B, C, D, 7350 A, B ZusFr Kunz (Berlin) CDU/CSU . 7348 A, 7349 B ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . 7348 B, 7350 A ZusFr Sieglerschmidt SPD . . . 7348 B, 7349 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 7348 C, 7349 D, 7350 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU . . . . . . 7348 D ZusFr Kittelmann CDU/CSU 7349 C Politische Bedeutung des Besuchs von Staats- und Parteichef Breschnew in Bonn MdlAnfr A138 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Czaja CDU/CSU MdlAnfr A139 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Czaja CDU/CSU Antw BMin Genscher AA . 7350 B, D, 7351 A, B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 7350 C, D, 7351 A, B Entdeckung von „Neokolonialismus" bei der Rettungsaktion der französischen und belgischen Fallschirmjäger in der Zaire-Provinz Shaba MdlAnfr A140 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Hupka CDU/CSU Antw BMin Genscher AA . 7351 C, D, 7352 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 7351 C, D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 73 51 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 7352 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU . . . . . 7352 B Folgen bei Nichtrevidierung deutscher Schulbücher gemäß der deutsch-polnischen Schulbuchempfehlungen MdlAnfr A141 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Hupka CDU/CSU Antw BMin Genscher AA 7352 C, D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 7352 D Beschaffung von Informationen über OstEuropa durch die CJA unter Mitarbeit von Personen, denen Nazi-Kriegsverbrechen zur Last gelegt werden MdlAnfr A142 26.05.78 Drs 08/1826 Fiebig SPD Antw BMin Genscher AA 7353 A ZusFr Fiebig SPD 7353 A Verwendung der polnischen Sprache durch deutsche Aussiedler aus Polen beim Besuch der polnischen Botschaft in Bonn MdlAnfr A143 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU Antw BMin Genscher AA 7353 B, C, D ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 7353 B, C ZusFr Dr. Marx CDU/CSU 7353 D Vermögensverzicht durch Aussiedler aus Ostblockstaaten MdlAnfr A144 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU Antw BMin Genscher AA . . . 7353 D, 7354 B ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 7354 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 7376 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7377* A Die eingegangenen schriftlichen Antworten auf die noch nicht beantworteten Fragen aus der Druck sache 8/1826 vom 26. 05. 78 werden in einem Nachtrag zum Stenographischen Bericht über die 93. Sitzung abgedruckt. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7283 93. Sitzung Bonn, den 1. Juni 1978 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 9. 6. Dr. Ahrens ** 1. 6. Dr. Aigner * 1. 6. Alber *** 1. 6. Blumenfeld 1. 6. Büchner (Speyer) ** 1. 6. Dr. Enders *** 1. 6. Dr. Evers *** 1. 6. Eymer 1. 6. Flämig * 1. 6. Francke (Hamburg) 1. 6. Gertzen 9. 6. Gscheidle 1. 6. Handlos *** 1. 6. Hauser (Krefeld) 1. 6. Hölscher 1. 6. Jung * 1. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Katzer 1. 6. Kiechle 1. 6. Dr. h. c. Kiesinger 1. 6. Dr. Klepsch* 1. 6. Kretkowski 1. 6. Frau Krone-Appuhn 1.6. Marquardt *** 1. 6. Mischnick 15. 6. Dr. Müller*** 1. 6. Müller. (Mülheim) * 1. 6. Offergeld 1. 6. Pawelczyk *** 1. 6. Rainer 1. 6. Ravens 1. 6. Schmidhuber *** 1. 6. Schmidt (Würgendorf) *** 1. 6. Schreiber * 1. 6. Dr. Schwörer * 1. 6. Sefeld * 9. 6. Seiters 1. 6. Sybertz 9. 6. Thüsing 1. 6. Dr. Vohrer *** 1. 6. Frau Dr. Walz * 1. 6. Würtz * 1 6. Zebisch *** 1. 6. Ziegler 9. 6. Plenarprotokoll 8/93 (Nachtrag) Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 93. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Inhalt: Anlage 2 Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft für Absolventen der Hochschulen. von Bremen, Frankfurt, Marburg, Heidelberg und Berlin MdlAnfr A22 14.04.78 Drs 08/1704 Thüsing SPD ErgSchrAntw PStSekr Engholm BMBW auf ZusFr Thüsing SPD . . . . . . . . 7379* A Anlage 3 Wahrheitsgehalt der Schrift „Der Grüne Moloch" sowie Diskriminierung der Agrarpolitik MdlAnfr A66 05.05.78 Drs 08/1773 Kiechle CDU/CSU MdlAnfr A67 05.05.78 Drs 08/1773 Kiechle CDU/CSU ErgSchrAntw PStSekr Gallus BML auf ZusFr Susset CDU/CSU 7379* D Anlage 4 Ausbildung deutscher und italienischer Terroristen in arabischen Terroristenlagern sowie Herkunft der von ihnen benutzten Waffen MdlAnfr A12 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU MdlAnfr A13 26.05.78 Drs 08/1826•Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7380* A Anlage 5 Beschäftigung von Angehörigen des zivilen Gefolges der US-Army bei den in der Bundesrepublik Deutschland stationierten amerikanischen Streitkräften; Rechte der deutschen Arbeitnehmer bei den US-Streitkräften MdlAnfr A45 26.05.78 Drs 08/1826 Möllemann FDP MdlAnfr A46 26.05.78 Drs 08/1826 Möllemann FDP SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7380* B Anlage 6 Wert der Broschüre „Geld zurück vom Staat" sowie Steuereinnahmen als Folge der Unkenntnis der Steuerzahler über steuermindernde Posten MdlAnfr A49 26.05.78 Drs 08/1826 von der Heydt Freiherr von Massenbach CDU/CSU MdlAnfr A50 26.05.78 Drs 08/1826 von der Heydt Freiherr von Massenbach CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7380* D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Anlage 7 Einfuhr von Seehundfellen aus Kanada MdlAnfr A64 26.05.78 Drs 08/1826 Haase (Fürth) SPD MdlAnfr A65 26.05.78 Drs 08/1826 Haase (Fürth) SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7381* B Anlage 8 Äußerung des Bundeswirtschaftsministers Graf Lambsdorff auf der Jahrestagung des BDI über aus dem Osten kommende Proteste gegen angebliche Verletzungen des Berlin-Abkommens MdlAnfr A66 26.05.78 Drs 08/1826 Kittelmann CDU/CSU MdlAnfr A67 26.05.78 Drs 08/1826 Kittelmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7381* D Anlage 9 Angaben in der Wirtschaftswoche über die Akademikerarbeitslosigkeit, insbesondere der Geisteswissenschaftler und Pädagogen MdlAnfr A68 26.05.78 Drs 08/1826 Daweke CDU/CSU MdlAnfr A69 26.05.78 Drs 08/1826 Daweke CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7382* A Anlage 10 Benachteiligung von Rentnern durch Änderung der Bemessungsgrundlage im 21. RAG bei Eintritt des Versicherungsfalls ab 1. Juli 1978 MdlAnfr A70 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Pack CDU/CSU MdlAnfr A71 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Pack CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7382* B Anlage 11 Erlaß einer Rechtsverordnung nach § 9 des Arbeitsförderungsgesetzes über die Anmeldepflicht für Ausbildungsplätze MdlAnfr A72 26.05.78 Drs 08/1826 Hansen SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7382* D Anlage 12 Einrichtung von Datenbanken für toxikologisch gefährdete Arbeitsplätze zur Absicherung einer therapeutischen und versorgungsrechtlichen Behandlung von Spätschäden MdlAnfr A73 26.05.78 Drs 08/1826 Amling SPD MdlAnfr A74 26.05.78 Drs 08/1826 Amling SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7383* A Anlage 13 Herstellung gleicher Lohn- und Arbeitsbedingungen für Männer und Frauen MdlAnfr A75 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Renger SPD MdlAnfr A76 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Renger SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7383* D Anlage 14 Zusammenhang der hohen Zahl von Früh-und Fehlgeburten sowie der Säuglingssterblichkeit mit der zu kurzen Mutterschutzzeit vor der Geburt MdlAnfr A77 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Krone-Appuhn CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7384* B Anlage 15 Rechtsstaatliche Bedenken gegen die Berufung von Nichtbeamten zu Vorsitzenden von Prüfungsausschüssen für Kriegsdienstverweigerer MdlAnfr A78 26.05.78 Drs 08/1826 Hölscher FDP MdlAnfr A79 26.05.78 Drs 08/1826 Hölscher FDP SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7384* D Anlage 16 Einstellung von Wehrdienstverweigerern als Assistenten oder wissenschaftliche Mitarbeiter an der Bundeswehrhochschule München ohne vorherige sicherheitsmäßige Überprüfung MdlAnfr A80 26.05.78 Drs 08/1826 Strauß CDU/CSU MdlAnfr A81 26.05.78 Drs 08/1826 Strauß CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7385* B Anlage 17 Umrüstung aller Sende- und Empfangsgeräte der Amateurfunker in der DDR auf das militärische Einheitsgerät Teltow 250 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 III MdlAnfr A84 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7385* D Anlage 18 Verwendung des NATO-Flugplatzes Upjever nach Auflösung der Waffenschule 10 MdlAnfr A85 26.05.78 Drs 08/1826 Nordlohne CDU/CSU MdlAnfr A86 26.05.78 Drs 08/1826 Nordlohne CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7385* D Anlage 19 Verfassungskonformität der Soldaten- und Traditionsverbände MdlAnfr A87 26.05.78 Drs 08/1826 Spranger CDU/CSU MdlAnfr A88 26.05.78 Drs 08/1826 Spranger CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 7386* B Anlage 20 Anhebung der Mindestflughöhe für Düsenmaschinen über bewohnten Gebieten sowie Untersuchung der Ursachen für die Zerstörungen durch Düsenmaschinen der Luftwaffe in der Stadt Rain MdlAnfr A89 26.05.78 Drs 08/1826 Lemmrich CDU/CSU MdlAnfr A90 26.05.78 Drs 08/1826 Lemmrich CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7386* C Anlage 21 Proklamation eines „Internationalen Jahrs der alten Menschen" durch die Vereinten Nationen MdlAnfr A91 26.05.78 Drs 08/1826 Büchner (Speyer) SPD MdlAnfr A92 26.05.78 Drs 08/1826 Büchner (Speyer) SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 7387* A Anlage 22 Ursachen des hohen Ausländeranteils an Tuberkuloseerkrankungen MdlAnfr A93 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Eilers (Bielefeld) SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 7387* C Anlage 23 Verbot der Beimischung muskelbildender Präparate zu Futtermitteln für Mastbullen MdlAnfr A94 26.05.78 Drs 08/1826 Lambinus SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 7387* D Anlage 24 Behandlung von Tieren mit muskelbildenden Präparaten zum Nachteil der Verbraucher; Möglichkeiten zur Verhinderung dieser Praxis MdlAnfr A95 26.0538 Drs 08/1826 Müller (Schweinfurt) SPD MdlAnfr A96 26.05.78 Drs 08/1826 Müller (Schweinfurt) SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 7388* A Anlage 25 Konsequenzen aus den durch Alkoholeinfluß verursachten Straßenverkehrsunfällen MdlAnfr A98 26.05.78 Drs 08/1826 Braun CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 7388* C Anlage 26 Unterbindung der als „Säuferbalken" kritisierten Balken-Kennzeichnung bei der Neuerteilung von Führerscheinen sowie Einführung des neuen Führerscheinmusters nach dem Wiener Weltabkommen über den Straßenverkehr MdlAnfr A99 26.05.78 Drs 08/1826 Hoffie FDP MdlAnfr A100 26.05.78 Drs 08/1826 Hoffie FDP SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7388* D Anlage 27 Einsatz moderner Eisenbahnwagen auf den Transitstrecken von und nach Berlin (West) MdlAnfr A101 26.0538 Drs 08/1826 Schulze (Berlin) SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7389* C Anlage 28 Sicherheit von Charterflügen MdlAnfr A102 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Althammer CDU/CSU MdlAnfr A103 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Althammer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7389* D IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Anlage 29 Auflassung der Toilettenanlagen auf den Bahnhöfen der Bundesbahn, die nicht Umsteigebahnhöfe sind MdlAnfr A104 26.05.78 Drs 08/1826 Hartmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 7390* B Anlage 30 Bereitstellung eines Sonderwagens der Bundesbahn für die Initiative „Weg mit den Berufsverboten" für eine Pressekonferenz MdlAnfr A105 26.05.78 Drs 08/1826 Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU MdlAnfr A106 26.05.78 Drs 08/1826 Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7390* C Anlage 31 Werbung auf den Bahnhöfen der Bundesbahn für eine Pfingstveranstaltung der SDAJ MdlAnfr 107 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Reimers CDU/CSU MdlAnfr 108 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Reimers CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7390* D Anlage 32 Regionalgespräche über die neue Netzkonzeption der Bundesbahn in Nordrhein-Westfalen MdlAnfr A109 26.05.78 Drs 08/1826 Milz CDU/CSU MdlAnfr A110 26.05.78 Drs 08/1826 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7391* A Anlage 33 Anerkennung der Juniorenfahrkarten der Bundesbahn auf den Transitstrecken von und nach Berlin durch die DDR MdlAnfr A111 26.05.78 Drs 08/1826 Straßmeir CDU/CSU MdlAnfr A112 26.05.78 Drs 08/1826 Straßmeir CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7391* C Anlage 34 Aufnahme der Kraftstofftanks in die Liste der nach § 22 StVZO amtlich zu genehmigenden Fahrzeugteile MdlAnfr A113 26.05.78 Drs 08/1826 Schmidt (München) SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7391* D Anlage 35 Erhebung einer Gebühr von 20 DM für Prüfungsunterlagen von Lehrstellenbewerbern durch die Bundesdruckerei MdlAnfr A114 26.05.78 Drs 08/1826 Schulze (Berlin) SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 7391* D Anlage 36 Erwerb des Hotels Petersberg durch den Bund sowie Höhe der Anschaffungs- und Umbaukosten MdlAnfr A117 26.05.78 Drs 08/1826 Gobrecht SPD MdlAnfr A118 26.05.78 Drs 08/1826 Gobrecht SPD SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . . 7392* B Anlage 37 Vorlage einer Novelle zum Erschließungsrecht; Erkenntnisse der beim Bundesbauministerium bestehenden Studiengruppe zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren im Bauwesen MdlAnfr A119 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU MdlAnfr A120 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . . 7392* C Anlage 38 Rolle staatlicher Förderungsmaßnahmen bei Forschungs- und Innovationsentscheidungen in der Wirtschaft MdlAnfr A123 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7393* A Anlage 39 Bau einer deutschen Urananreicherungsanlage in Gronau MdlAnfr A124 26.05.78 Drs 08/1826 Lenzer CDU/CSU MdlAnfr A125 26.05.78 Drs 08/1826 Lenzer CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 3393* B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 V Anlage 40 Gründe für die ca. nur 55 %ige Arbeitsausnutzung der deutschen Kernkraftwerke im Jahr 1977; Stützung der Entsorgung der deutschen Kernkraftwerke auf Zwischenlager oder auf ausländische Entsorgungsanlagen angesichts der Verzögerungen beim Bau der Wiederaufbereitungsanlage in Gorleben MdlAnfr A126 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Steger SPD MdlAnfr A127 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Steger SPD SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7393* D Anlage 41 Streichung der Passage über die Politik der Sowjetunion und ihrer Satelliten in Afrika aus einem Interview des Bundeskanzlers über seine Gespräche mit dem sowjetischen KP-Generalsekretär Breschnew MdlAnfr A137 26.05.78 Drs 08/1826 Graf Huyn CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 7394' B Anlage 42 Stopp des Exports von Milan-Raketen über Frankreich nach Syrien MdlAnfr A145 26.05.78 Drs 08/1826 Gansel SPD SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 7394* C Anlage 43 Äußerung des Bundeskanzlers in Bergneustadt zur Vollbeschäftigung SchrAnfr B1 26.05.78 Drs 08/1826 Stutzer CDU/CSU SchrAntw StMin Wischnewski BK . . . . 7394* D Anlage 44 Zahl der in Presse- und Öffentlichkeitsreferaten der Bundesministerien beschäftigten Mitarbeiter SchrAnfr B2 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw StSekr Bölling BPA . . . . . 7395* A Anlage 45 Sanktionen gegen den Mißbrauch von Kernenergie für militärische Zwecke SchrAnfr B3 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU SchrAnfr B4 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 7395* D Anlage 46 Finanzielle Aufwendungen für den Staatsbesuch des Generalsekretärs der UdSSR, Breschnew, in der Bundesrepublik Deutschland vom 4. bis 7. Mai 1978 SchrAnfr B5 26.05.78 Drs 08/1826 Milz CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 7396* B Anlage 47 Militärische Berater der DDR in Afrika SchrAnfr B6 26.05.78 Drs 08/1826 Würzbach CDU/CSU SchrAnfr B7 26.05.78 Drs 08/1826 Würzbach CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 7396' C Anlage 48 Unterstützung des Buchs „Zwischenbilanz — Zur Entwicklung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion" durch die Bundesregierung SchrAnfr B8 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Langguth CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 7396* D Anlage 49 Beschuldigungen des polnischen kommunistischen Parteichefs Gierek gegen die Bundesregierung und unsere innere Ordnung • im Nachrichtenspiegel Ostteil vom 5. Mai 1978; Bezeichnung der Bundesrepublik Deutschland in der offiziellen Rede des sowjetischen Staats- und Parteichefs Breschnew in Bonn SchrAnfr B9 26.0538 Drs 08/1826 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAnfr B10 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 7397* B Anlage 50 Darlehen an Bolivien für die Einwanderung deutscher Staatsangehöriger aus Süd-Afrika SchrAnfr B11 26.05.78 Drs 08/1826 Gansel SPD SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 7397* D VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Anlage 51 Verhinderung medikamentöser und pharmakologischer Hilfen im Leistungssport SchrAnfr B12 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Müller-Emmert SPD SchrAnfr B13 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Müller-Emmert SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7398* B Anlage 52 Errichtung eines „Deutschen Sportmuseums" SchrAnfr B14 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Renger SPD SchrAnfr B15 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Renger SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7398* D Anlage 53 Einschränkung der nebenamtlichen Tätigkeit von Beamten staatlicher Baubehörden SchrAnfr B16 26.05.78 Drs 08/1826 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7399* B Anlage 54 Geltung des gesetzlichen Datenschutzes für die im Ausländerzentralregister beim Bundesverwaltungsamt erfaßten Daten SchrAnfr B17 26.05.78 Drs 08/1826 Krockert SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7399* B Anlage 55 Bereitstellung von Mikrodaten für die Wissenschaft durch das Statistische Bundesamt SchrAnfr B18 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Blüm CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7399* C Anlage 56 Schutz der Ozonschicht der Erde SchrAnfr B19 26.05.78 Drs 08/1826 Hoffie FDP SchrAnfr B20 26.05.78 Drs 08/1826 Hoffie FDP SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 7399* D Die Frage B21 — Drucksache 8/1826 vom 26.05.78 — des Abgeordneten Huonker (SPD) ist vom Fragesteller zurückgezogen. Die Fragen B22 und B23 — Drucksache 8/1826 vom 26.05.78 — des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) sind vom Fragesteller zurückgezogen. Anlage 57 Verabschiedung eines Transplantationsgesetzentwurfs SchrAnfr B28 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Holtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 7400* B Anlage 58 Erhöhung der Pauschsätze bei Lohn- und Einkommensteuer für Sendungen in die DDR SchrAnfr B29 26.05.78 Drs 08/1826 Zink CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7400* C Anlage 59 Anhebung der Wertgrenze für steuerlich absetzbare Wertgeschenke SchrAnfr B30 26.05.78 Drs 08/1826 Regenspurger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7401* A Anlage 60 Steuerliche Anrechnung der Aufwendungen von Selbständigen für Krankenversicherung und Altersversorgung auf die Vorsorgehöchstbeträge SchrAnfr B31 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Kreile CDU/CSU SchrAnfr B32 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Kreile CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7401* B Anlage 61 Gleichheitsprinzip bei der steuerlichen Behandlung unterhaltspflichtiger geschiedener Väter und Mütter SchrAnfr B33 26.05.78 Drs 08/1826 Rühe CDU/CSU SchrAnfr B34 26.05.78 Drs 08/1826 Rühe CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7401* D Anlage 62 Auswirkungen der Dollarabwertung auf Pro-Kopf-Einkommen, Investitionskapazität, Außenhandelsbilanz und Verschuldungsquote der MSAC-Länder; Forderung von Beträgen zwischen 4 000 DM und 8 000 DM pro Person und Monat durch deutsche Firmen für die Fortbildung von Fach- und Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode, — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 VII Führungskräften aus Entwicklungsländern ohne fachliche Kontrolle über das Ausbildungsangebot SchrAnfr B35 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Schuchardt FDP SchrAnfr B126 26.0538 Drs 08/1826 Frau Schuchardt FDP SchrAntw PStSekr Brück BMZ 7402* A Anlage 63 Steuerliche Behandlung der Spenden für Entwicklungshilfe SchrAnfr B36 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Holtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7403* A Anlage 64 Ausschöpfung aller Zinsverbilligungsmöglichkeiten bei gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften SchrAnfr B37 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Holtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . . 7403* B Anlage 65 Entwicklung der Beschäftigungslage in der bundeseigenen Salzgitter AG in den letzten fünf Jahren SchrAnfr B38 26.05.78 Drs 08/1826 Hoffmann (Saarbrücken) SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 7403* D Anlage 66 Bundesmittel für Werbeanzeigen der Bank für Gemeinwirtschaft für die Finanzierung von Ostgeschäften SchrAnfr B 39 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAnfr B40 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7404* A Anlage 67 Aufkommen an Lohnsummensteuer in Städten und Gemeinden des Zonenrandgebiets SchrAnfr B41 26.05.78 Drs 08/1826 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAnfr B42 26.05.78 Drs 08/1826 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 7404* B Anlage 68 Hindernisse für Innovationen im privaten Bereich der Wirtschaft SchrAnfr B43 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAnfr B44 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7405* A Anlage 69 Vorlage des „Berichts über die Auswirkungen moderner Techniken auf bestimmte Wirtschaftzweige und die Folgen für den Arbeitsmarkt" SchrAnfr B45 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 7406* B Anlage 70 Verstärkte Berücksichtigung der medizinischen Prophylaxe, insbesondere der vorbeugenden Zahnheilkunde, bei der Neufassung der ärztlichen Gebührenordnungen SchrAnfr B46 26.05.78 Drs 08/1826 Kraus CDU/CSU SchrAnfr B47 26.05.78 Drs 08/1826 Kraus CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7406* C Anlage 71 Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung des Wohnens in einem eigenen Haus bei der Einkommensermittlung einer mitversicherten Ehefrau in der gesetzlichen Krankenversicherung SchrAnfr B48 26.05.78 Drs 08/1826 Hasinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7407* A Anlage 72 Mitarbeit ausländischer Journalisten bei der Erstellung des Jahreskalenders für ausländische Arbeitnehmer SchrAnfr B49 26.05.78 Drs 08/1826 Höpfinger CDU/CSU SchrAnfr B50 26.05.78 Drs 08/1826 Höpfinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7407* B Anlage 73 Untersuchungen über die Entwicklung der Herz- und Kreislauf-Krankheiten im Bereich der AOK Mettmann VIII Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 SchrAnfr B51 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Schleicher CDU/CSU SchrAnfr B52 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Schleicher CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7407* C Anlage 74 Änderung der Beitragsgestaltung in der Rentenversicherung nach den Vorstellungen von StS Frau Fuchs, insbesondere Umverteilung der Lasten auf kapitalintensive Betriebe; Einschränkung der Rehabilitationsleistungen in der Arbeiterrentenversicherung durch die 10. Bemessungsverordnung SchrAnfr B53 26.05.78 Drs 08/1826 Krampe CDU/CSU SchrAnfr B54 26.05.78 Drs 08/1826 Krampe CDU/CSU SchrAnfr B55 26.05.78 Drs 08/1826 Krampe CDU/CSU SchrAnfr B56 26.05.78 Drs 08/1826 Krampe CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7408* A Anlage 75 Lockerung des Anwerbe- und Einstellungsstopps für ausländische Arbeitnehmer, insbesondere im Hotel- und Gaststättengewerbe; Erstellung medizinischer Kurz-Gutachten für Angehörige von Jugendspielmannszügen und Jugendorchestern in Abständen von drei Monaten SchrAnfr B57 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAnfr B58 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7408* C Anlage 76 Einrichtung von Modell-Arbeitsamtsbezirken nach Anregungen der Wirtschaftsministerkonferenz SchrAnfr B59 26.05.78 Drs 08/1826 Pieroth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7409* A Anlage 77 Abbau der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter durch Erhöhung der Ausgleichsabgabe für unbesetzte Pflichtplätze SchrAnfr B60 26.05.78 Drs 08/1826 Schreiber SPD SchrAnfr B61 26.05.78 Drs 08/1826 Schreiber SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 7409* B Anlage 78 Einziehung Wehrpflichtiger nach Aufnahme einer an ein Fachabitur angeschlossenen betrieblichen Ausbildung SchrAnfr B62 26.05.78 Drs 08/1826 Hasinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7410* A Anlage 79 Erfordernis eines weiteren Standortschießplatzes im Raum Erding/Freising SchrAnfr B63 26.05.78 Drs 08/1826 Möllemann FDP SchrAnfr B64 26.05.78 Drs 08/1826 Möllemann FDP SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7410* C Anlage 80 Klagen der Kompanie-, Staffel- und Inspektionsfeldwebel über Personalführungsprobleme SchrAnfr B65 26.05.78 Drs 08/1826 Würtz SPD SchrAnfr B66 26.05.78 Drs 08/1826 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7411* A Anlage 81 Zurücknahme der auf Grund des Haushaltsstrukturgesetzes vorgenommenen Verlängerung der Dienstaltersgrenze für Berufssoldaten SchrAnfr B67 26.05.78 Drs 08/1826 Würzbach CDU/CSU SchrAnfr B68 26.05.78 Drs 08/1826 Würzbach CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7412* A Anlage 82 Verlegung des wehrgeschichtlichen Museums der Bundeswehr aus Rastatt SchrAnfr B69 26.05.78 Drs 08/1826 Berger (Lahnstein) CDU/CSU SchrAnfr B70 26.05.78 Drs 08/1826 Berger (Lahnstein) CDU/CSU SchrAnfr B71 26.05.78 Drs 08/1826 Berger (Lahnstein) CDU/CSU SchrAnfr B72 26.05.78 Drs 08/1826 Berger. (Lahnstein) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7412* B Anlage 83 Bemerkungen des Personalratsvorsitzenden der Standortverwaltung Düren, Hubert Wachendorf, im „Wehrreport" zum Problem der Großkasernen SchrAnfr B73 26.05.78 Drs 08/1826 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7413* A Anlage 84 Errichtung eines Hubschrauberlandeplatzes der US-Streitkräfte in Stuttgart-Pliningen SchrAnfr B74 26.05.78 Drs 08/1826 Hölscher FDP SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 7413* C Anlage 85 Ausbau der Kreuzung B 6/Hinrich-Wilhelm-Kopf-Straße in Cuxhaven-Altenwalde zugunsten der in der Hinrich-WilhelmKopf-Kaserne stationierten Soldaten SchrAnfr B75 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. von Geldern CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7413* D Anlage 86 Anhebung der Dienstposten der hauptamtlichen Ausbildungsbeauftragten der Standortverwaltungen nach A 11 SchrAnfr B76 26.05.78 Drs 08/1826 Graf Huyn CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 7414* A Anlage 87 Vor- und Nachteile der künstlichen Belüftung in Bundesbahnzügen für den Reisenden, Gefahr der Bazillenübertragung SchrAnfr B77 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAnfr B78 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAnfr B79 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 7414* B Anlage 88 Staatliche Überprüfung der Einnahmen von Jugendspielmannszügen und Jugendorchestern SchrAnfr B80 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF . . . 7415* A Anlage 89 Krebsgefahr durch die Anti-Baby-Pille SchrAnfr B81 26.05.78 Drs 08/1826 Hoffmann (Saarbrücken) SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 7415* B Anlage 90 Mangelnde staatliche Hilfe bei der psychotherapeutischen Betreuung der „LandshutGeiseln" SchrAnfr B82 26.05.78 Drs 08/1826 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 7415* D Anlage 91 Anpassung der Ortsnetze an die neugeschaffenen Gemeindegrenzen bei Einführung der Fernsprechnahbereiche SchrAnfr B108 26.05.78 Drs 08/1826 Daweke CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 7416* B Anlage 92 Änderung der Zuteilung des Bereichs Donaueschingen im Amtlichen Fernsprechbuch 1979/80 SchrAnfr B109 26.0538 Drs 08/1826 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAnfr B110 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 7416* C Anlage 93 Zustellungsverfahren der Bundespost für Eilpäckchen SchrAnfr B111 26.05.78 Drs 08/1826 Stutzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP 7417* A Anlage 94 Postversorgung auf dem Lande, insbesondere in den Landkreisen Diepholz, Soltau/ Fallingbostel, Verden, Nienburg und Rotenburg/Wümme SchrAnfr B112 26.05.78 Drs 08/1826 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP 7417* B Anlage 95 Folgerungen aus dem Forschungsbericht über „Sickereffekte verschiedener Formen der Wohnbau- und Sparförderung" sowie X Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Überprüfung der Forderung nach einer Erhöhung der Einkommensgrenzen SchrAnfr B113 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Zeitel CDU/CSU SchrAnfr B114 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Zeitel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Sperling BMBau . . 7417* D Anlage 96 Zahl und Abrechnung der Auslandsdienstreisen von Mitarbeitern der Unterabteilung Energieforschung des Bundesforschungsministeriums und von Mitarbeitern des Projektträgers „Energieforschung" in Jülich in der Zeit vom 1. Januar 1975 bis zum 1. Juni 1978; Zahl der eingestellten und der ausgeschiedenen Mitarbeiter des Bundesforschungsministeriums in der Zeit von 1969 bis zum 1. Juni 1978 SchrAnfr B116 26.05.78 Drs 08/1826 Pfeffermann CDU/CSU SchrAnfr B117 26.05.78 Drs 08/1826 Pfeffermann CDU/CSU SchrAnfr B118 26.05.78 Drs 08/1826 Pfeffermann CDU/CSU SchrAnfr B119 26.05.78 Drs 08/1826 Pfeffermann CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7418* B Anlage 97 Ausgaben des Bundesforschungsministeriums für die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Kernenergie und Umfang der Nutzung dieser Mittel von Kernenergiegegnern zur Finanzierung ihrer eigenen Arbeit SchrAnfr B120 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7419* B Anlage 98 Beeinträchtigung der deutschen Reaktorindustrie durch die vom amerikanischen Kongreß verabschiedete „Nichtweiterverbreitungsakte 1978" SchrAnfr B121 26.05.78 Drs 08/1826 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw BMin Dr. Hauff BMFT . . . . 7419*C Anlage 99 Berücksichtigung des Sports bei der Fortschreibung des Bildungsgesamtplans SchrAnfr B122 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 7420* A Anlage 100 Unterstützung eines „notenlosen Schulsports" sowie Konsequenzen für die Bildungs- und Sportpolitik der Bundesregierung SchrAnfr B123 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Müller-Emmert SPD SchrAnfr B124 26.05.78 Drs 08/1826 Dr. Müller-Emmert SPD SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 7420* B Anlage 101 Zusätzliche Ausbildungsplätze für die Dienststellen des Bundes in den Landkreisen Birkenfeld und Bad Kreuznach SchrAnfr B125 26.05.78 Drs 08/1826 Pieroth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 7421* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7379* Anlage 2 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 8/1704 Frage A 22, 85. Sitzung, Seite 6706 c) : In meiner vorläufigen Antwort auf Ihre Frage hatte ich Ihnen zugesagt, daß ich mir auf der Grundlage des vollständigen Textes ein endgültiges Urteil über die Untersuchung von Herrn Professor Dr. Reinhart Schmidt, Direktor des Instituts für Betriebswirtschaftslehre der Christian-Albrechts-Universität, Kiel, und damit über die in der „Welt" vom 30. März 1978 und im Managermagazin 4/78 erhobenen Vorwürfe gegen die Qualität der Ausbildung an bestimmten Hochschulen bilden wolle. Der Autor hat mir auf meine mehrfachen schriftlichen Bitten den Text der Studie leider erst am 19. Mai 1978 zugestellt. Daraus erklärt sich die Verzögerung meiner heutigen Antwort. Nach Prüfung der Untersuchung kann ich und muß ich Ihre Frage, ob sich daraus Erkenntnisse über geringere Berufschancen für die Absolventen bestimmter Hochschulen ergeben, mit Nachdruck verneinen. Diese Einschätzung teile ich mit Wissenschaftlern, Politikern und der Bundesvereinigung 'der Deutschen Arbeitgeberverbände. Sie kommen übereinstimmend zu der Beurteilung, daß die sozialwissenschaftliche Anlage und Durchführung der Untersuchung methodisch mangelhaft sind und die ihr vom Autor und zum Teil auch von der Presse zugeschriebenen Schlußfolgerungen nicht tragen können. Trotz ihrer unzulänglichen Qualität hat die Studie dazu beigetragen, in Presse und Öffentlichkeit die Studenten einiger Hochschulen pauschal zu diskriminieren. Vorurteile im Mantel der Wissenschaftlichkeit dürfen jedoch die Ausbildungsleistungen unserer Universitäten nicht vernebeln. Erforderlich ist vielmehr eine nüchterne und rationale Analyse der Ausbildungsleistungen (und evtl. Fehlentwicklungen) an allen Hochschulen an Hand vergleichbarer Maßstäbe. Das gebietet auch die Verantwortung für die Berufschancen der Studenten. In der jetzt anlaufenden Phase der überregionalen Studienreform wird das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft deshalb besonderen Wert auf die Erarbeitung und Einhaltung rationaler Maßstäbe für die Wissenschaftlichkeit und den Berufspraxisbezug der Hochschulausbildung legen. Ohne mich im einzelnen noch mit der Studie auseinandersetzen zu wollen, gebe ich Ihnen im folgenden eine Ubersicht über die mir bekanntgewordenen kritischen Stellungnahmen: 1. In der Frankfurter Rundschau vom 12. Mai 1978 setzte sich der Präsident der Universität Frankfurt, Professor Krupp, selbst Wirtschaftswissenschaftler wie Professor Schmidt, ausführlich mit der Untersuchung auseinander. 2. In einem Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk (Drittes Programm am 16. April 1978) Nachtrag zu den Anlagen zum Stenographischen Bericht kritisierte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände die mangelnde Repräsentativität der Studie. 3. Auf eine Große Anfrage vom 25. April 1978 der CDU-Fraktion in der Bremer Bürgerschaft hat auch der Senat der Hansestadt die mangelnde Repräsentativität der Umfrage und die vorschnellen Schlußfolgerungen beanstandet. In einem Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 20. April 1978 werden die Argumente im einzelnen dargestellt. 4. Der Senator für Wissenschaft und Forschung des Landes Berlin, Dr. Glotz, hat von Prof. Timmermann (Lehrstuhl für Verwaltungswissenschaft, Konstanz) eine gutachterliche Stellungnahme zu der Untersuchung von Prof. Schmidt eingeholt. In dieser Stellungnahme sind am Schluß insgesamt 25 Kritikpunkte aufgeführt. Es bleibt zu hoffen, daß die Beschäftiger von Hochschulabsolventen sich durch vorurteilsgeladene, unseriöse Studien nicht von einer selbständigen Prüfung der Leistungsfähigkeit der Stellenbewerber abhalten lassen, gleichgültig von welcher Hochschule sie kommen. Die rasche und klare Stellungnahme der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände rechtfertigt diese Hoffnung. Anlage 3 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Susset (CDU/CSU) auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 8/1773 Fragen A 66 und 67, 90. Sitzung, Seite 3103 B) : Die im „Grünen Moloch" gemachte Behauptung, die europäischen Marktordnungen würden durch 1 480 Gesetze und 2 280 Verordnungen geregelt, ist in dieser Form nicht zutreffend. Es gibt zur Regelung des Gemeinsamen Agrarmarktes keine Gesetze, wie es dort behauptet wird, sondern nur Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen auf Gemeinschaftsebene. Die Verordnungen gelten in jedem Mitgliedstaat unmittelbar. Sie werden vom Rat oder der Kommission beschlossen. Die angegebene Zahl von 2 280 verabschiedeten Verordnungen pro Jahr entspricht ungefähr den Tatsachen, wobei allerdings zu bedenken ist, daß eine ganze Reihe der Verordnungen nur eine kurze Gültigkeitsdauer von einem Tag oder ein paar Wochen haben, so z. B. Verordnungen zur Festsetzung der Abschöpfungen und Verordnungen zur Festsetzung der Grenzausgleichsbeträge für die Währungen der floatenden Mitgliedsländer. Die vom Rat oder der Kommission erlassenen Richtlinien sind hinsichtlich der zu erreichenden Ziele verbindlich. Den betroffenen Mitgliedstaaten bleibt 7380* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 es jedoch überlassen, den Weg und die Mittel zur Durchführung selbst zu bestimmen. Je Jahr werden ca. 200 Richtlinien im Agrarbereich erlassen, wie z. B. die Richtlinien zur Agrarstrukturpolitik aus dem Jahre 1972. Entscheidungen werden vom Rat beschlossen und behandeln in der Regel Einzelfälle. Ein Beispiel ist die Entscheidung zur Braugerstenbeihilfe in Deutschland aus dem Jahre 1970. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 12 und 13) : Über welche Erkenntnisse verfügen die zuständigen deutschen Behörden in bezug auf die Herkunft der von der deutschen und italienischen Terroristen benutzten Waffen? Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, daß deutsche und italienische Terroristen zum großen Teil in arabischen Terroristenlagern ausgebildet werden, die direkt oder indirekt materielle Hilfe aus dem sowjetischen Herrschaftsbereich erhalten? Nach den Feststellungen der Sicherheitsbehörden sind die von deutschen Terroristen benuzten Waffen überwiegend durch Diebstähle und Ankäufe im In-und Ausland beschafft worden. Über die Einzelheiten der Beschaffung der bei den terroristischen Gewalttaten des letzten Jahres verwendeten Waffen erlaubt der Stand der Ermittlungen noch keine abschließende Feststellung. Über die Herkunft der von italienischen Terroristen benutzten Waffen sind keine Aussagen möglich. Zur Frage der Ausbildung deutscher Terroristen in Terroristenlagern im arabischen Raum bestehen nur in wenigen Einzelfällen konkretisierbare Erkenntnisse, zu denen ich freilich wegen der möglichen Gefährdung von Ermittlungs- und Fahndungsansätzen keine näheren Angaben machen kann. Zu einer Ausbildung italienischer Terroristen liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Möllemann (FDP) (Drucksache 8/1826 Fragen A 45 und 46): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die in der Bundesrepublik Deutschland stationierten amerikanischen Streitkräfte derzeit mehr als 11 000 US-dependents (Angehörige des zivilen Gefolges der US-Army mit US-Staatsbürgerschaft) beschäftigen, und betrachtet sie — sofern dies zutrifft — dies als einen Verstoß gegen das NATO-Truppenstatut (Art. IX Abs. 4) ? Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß die Rechte der deutschen Arbeitnehmer, die bei den US-Streitkräften beschäftigt sind, bisher noch nicht den Rechten angeglichen sind, die die Bundeswehr ihren Arbeitnehmern gewährt, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Die Bundesregierung ist von den obersten Behörden der US-Stationierungsstreitkräfte unterrichtet worden, daß gegenwärtig 10 958 zivile amerikanische Staatsangehörige auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, die ursprünglich mit zivilen Ortskräften besetzt waren. Außerdem werden rd. 4 500 zivile Teilzeit- und Aushilfskräfte beschäftigt; diese Arbeitsplätze haben nach Mitteilung der US-Streitkräfte zu keinem Zeitpunkt für zivile Ortskräfte zur Verfügung gestanden. Wie Ihnen mein Kollege Haehser mit Schreiben vom 7. März 1978 mitgeteilt hat, steht die Beschäftigung von US-Staatsangehörigen auf Arbeitsplätzen, die für zivile Ortskräfte vorgesehen sind, nach Auffassung der Bundesregierung mit Art. IX Abs. 4 des NATO-Truppenstatuts nicht im Einklang. Über die Umstände und Bedingungen, nach denen die Streitkräfte eigene Staatsangehörige beschäftigen dürfen, bestehen zwischen der amerikanischen und der deutschen Seite unterschiedliche Rechtsauffassungen, die in den bisherigen Verhandlungen noch nicht in Einklang gebracht werden konnten. Diese Verhandlungen werden fortgesetzt. Die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung, daß die Rechtsstellung der zivilen Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften bisher nicht voll der Rechtsstellung der zivilen Beschäftigten bei der Bundeswehr entspricht. Die Abweichungen ergeben sich aus Art. 56 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und dem Unterzeichnungsprotokoll zu dessen Abs. 9. Durch das Abkommen vom 21. Oktober 1971 zur Änderung des Zusatzabkommens — in Kraft getreten am 18. Januar 1974 — ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den bis dahin geltenden Regelungen eingetreten. Eine weitere Angleichung hält die Bundesregierung für wünschenswert, zur Zeit jedoch nicht für erreichbar, nachdem die Entsendestaaten bei dem Änderungsabkommen von 1971 bereits an die Grenzen dessen gegangen sind, was ihnen mit ihrem Verteidigungsauftrag vereinbar erschien. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten von der Heydt Freiherr von Massenbach (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 49 und 50): Ist der Bundesregierung das am 24. April 1978 in der ZDF-Sendung „Reklamationen" verbreitete Testergebnis über den Wert der Broschüre „Geld zurück vom Staat" bekannt, und hält sie danach noch an der Ansicht fest, daß diese Broschüre „sehr hilfreich" sei, wie das in der Antwort der Bundesregierung auf meine Frage vom 26. April 1978 (Drucksache 8/1728 Frage A 20) zum Ausdruck kam? Wie hoch schätzt die Bundesregierung derzeit die jährlichen Steuereinnahmen, die darauf zurückzuführen sind, daß Steuerzahler steuermindernde Posten aus Unkenntnis ihrer Rechte nicht geltend machen? Zu Frage A 49: Der Bundesregierung ist ein Test über den Wert der Broschüre „Geld zurück vom Staat" nicht bekannt. In der ZDF-Sendung „Reklamationen" am 24. April 1978 wurde zwar über das Ergebnis eines Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7381* Tests berichtet, bei dem 14 Bürger auf Grund fiktiver Vorgaben eine Einkommensteuererklärung erstellen sollten. Als Hilfsmittel wurde den Testpersonen u. a. die Broschüre „Geld zurück vom Staat" zur Verfügung gestellt: Über nähere Umstände und darüber, inwieweit dieser Text in Anspruch genommen wurde, ist die Bundesregierung nicht unterrichtet. Es kann deshalb nicht beurteilt werden, ob das Testergebnis repräsentativ ist. In der Tendenz hat der Test jedoch die Auffassung der Bundesregierung unterstrichen, daß eine umfassende, leicht verständliche Unterrichtung der Lohn- und Einkommensteuerzahler geboten ist. Genau dies waren die Absicht und die Gründe, weshalb die Bundesregierung die Broschüre „Geld zurück vom Staat" für den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1977 neben der von den Finanzämtern verteilten amtlichen Anleitung herausgebracht und zur Verteilung angeboten hat. Ich bin sicher, daß diese Bestrebungen nach einer weiter verbesserten Unterrichtung der Lohn- und Einkommensteuerzahler auch von den obersten Finanzbehörden der Länder unterstützt werden. Zu Frage A 50: Es wird sich nie verhindern lassen, daß ein Teil der Bürger aus verschiedenen Gründen die sich im Lohnsteuer-Jahresausgleich oder bei der Einkommensteuerveranlagung bietenden Steuerersparnismöglichkeiten nicht oder nur unzureichend ausschöpft. Die Höhe der dadurch dem Fiskus verbleibenden Steuerbeträge läßt sich nicht abschätzen. Hierfür fehlt es an geeigneten statistischen Unterlagen. Tatsache ist allerdings, daß das Problem der Überzahlungen nach der Einführung der Vorsorgepauschale durch das Steuerreformgesetz 1975 sowie durch die ständig verbesserte Aufklärung weitgehend an Bedeutung verloren hat. Das wird die Bundesregierung aber nicht davon abhalten, sich weiter für eine wirkungsvolle Information der Lohn- und Einkommensteuerzahler einzusetzen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Haase (Fürth) (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen A 64 und 65) : Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, wieviel Seehundfelle — gegebenenfalls in welchem Wert — aus Kanada in den Jahren 1976, 1977 und im ersten Quartal 1978 eingeführt wurden? Gibt es bundesrechtliche Rechtsgrundlagen, die die Einfuhr von Seehundfellen aus Kanada in die Bundesrepublik Deutschland regeln, und wenn ja, welche? Zu Frage A 64: Die deutschen Einfuhren von Seehundfellen aus Kanada betrugen 1976 = 41 297 Stück im Wert von 3,5 Mio. DM 1977 = 56 191 Stück im Wert von 4,3 Mio. DM 1978 1. Quartal = 4 915 Stück im Wert von 0,1 Mio. DM 1977 1. Quartal = 14 337 Stück im Wert von 1,2 Mio. DM. Zu Frage A 65: Die Einfuhr international gefährdeter Tierarten und von Teilen solcher Tiere richtet sich unter dem Aspekt des Artenschutzes nach den Bestimmungen des „Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen" (Washingtoner Artenschutzübereinkommen von 1973). In diesem Übereinkommen, das für die Bundesrepublik Deutschland im Juni 1976 in Kraft getreten ist, ist ein generelles Verbot der Einfuhr von Robben (Seehunden) sowie von deren Teilen und daraus hergestellten Erzeugnissen nicht vorgesehen. In den Anhängen zu dem Übereinkommen ist derzeit lediglich die Mönchsrobbe als eine von der Ausrottung bedrohte Art im Sinne des Übereinkommens aufgeführt und unterliegt damit grundsätzlich einem Handelsverbot. Bei den in Kanada gejagten Robben handelt es sich nach Ansicht der Experten des Washingtoner Artenschutzüberkommens weder z. Z. um von der Ausrottung bedrohte noch sonst ernsthaft in ihrem Bestand gefährdete Arten. Somit besteht unter dem Aspekt des Artenschutzes gegenwärtig keine Möglichkeit, die Einfuhr von Fellen der in Kanada in großer Zahl gejagten Sattelrobben, auch Grönlandseehund genannt (Harp Seal), zu unterbinden. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kittelmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 66 und 67): Hat Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff auf der Jahrestagung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) die Ansicht geäußert, daß möglicherweise aus dem Osten kommende Proteste gegen angebliche Verletzungen des Berlin-Abkommens nicht schon von der Bundesregierung vorsorglich vorformuliert werden dürfen, und wenn ja, stellt dies auch die Ansicht der Bundesregierung dar? Könnte die Bundesregierung abgrenzen, gegen wen sich der Vorwurf des Bundeswirtschaftsministers, der auf der Jahrestagung des BDI mit großem Beifall begrüßt wurde, richtet? Zu Frage A 66: Die Frage ist mit Nein zu beantworten. Bundesminister Graf Lambsdorff hat nicht geäußert, die Bundesregierung solle nicht schon vorsorglich die aus dem Osten zu erwartenden Proteste vorformulieren. Zu Frage A 67: Der Bundesminister für Wirtschaft hat sich in seiner Rede unmißverständlich zur Petersberg-Formel der strikten Einhaltung und vollen Anwendung des Viermächteabkommens über Berlin bekannt. Dabei 7382* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 hat er die von uns einzunehmende realistische Festigkeit mit aktuellen Beispielen erläutert, die teils aus seinem dienstlichen Bereich und teils aus der öffentlichen Diskussion in der Tagspresse stammen. Zu dieser zählt die von Ihnen unrichtig zitierte Äußerung. Graf Lambsdorff hat vielmehr generell gesagt, wir sollten nicht bei uns die Proteste vorformulieren, die möglicherweise aus dem Osten kommen werden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Daweke (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 68 und 69): Kann die Bundesregierung die in der Wirtschaftswoche vom 28. April 1978 zitierten Zahlen bestätigen, wonach derzeit rd. 23 800 Hochschulabsolventen und 16 000 Fachhochschulabsolventen arbeitslos sind und wonach von der Akademikerarbeitslosigkeit insbesondere die Geisteswissenschaftler betroffen sind? Kann die Bundesregierung die in dem genannten Artikel gemachten Angaben bestätigen, wonach am Ende des Jahrs 1977 insbesondere 6 000 ausgebildete Pädagogen arbeitslos waren, und wie beurteilt die Bundesregierung die Chancen der Geisteswissenschaftler, in Ausweichpositionen unterzukommen? Die von Ihnen zitierten Angaben aus der Wirtschaftswoche zur Akademikerarbeitslosigkeit sind zutreffend. Sie beziehen sich auf Ende September 1977. Richtig ist auch, daß in erheblichem Umfange Geisteswissenschaftler von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Zu dem genannten Zeitpunkt wurden 6 422 arbeitslose Lehrer mit Hochschul- bzw. Fachhochschulabschluß gezählt. Allerdings war nur ein Teil hiervon, nämlich 2 192 Personen, Berufsanfänger. Die Lehrerausbildung ist sehr stark auf die pädagogische Arbeit in der Schule ausgerichtet. Es liegt in der Natur dieser Ausbildung, daß berufliche Ausweichmöglichkeiten geringer sind als in zahlreichen anderen akademischen Berufen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Pack (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 70 und 71) : Ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß die in Art. 2 § 4 Nr. 2 und § 5 Nr. 2 der im Rentenanpassungsgesetzentwurf (21. RAG) (Drudcsache 8/1734) vorgesehene Regelung erstmals seit 1958 eine Absenkung der für das Jahr 1978 von der Bundesregierung festgelegten allgemeinen Bemessungsgrundlage in den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten in Höhe von derzeit 21 608 DM (vgl. § 2 der RV-Bezugsgrößenverordnung 1978 vom 16. Dezember 1977 — BGB1. I S. 2581) um nachträglidi 2,5 v. H. für das zweite Halbjahr 1978 auf 21 068 DM zum Nachteil der Rentenberechtigten bewirkt, deren Versicherungsfall in der Zeit zwischen dem 1. Juli 1978 und dem 31. Dezember 1978 eintritt? Hält es die Bundesregierung sozialpolitisch und mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar, daß Rentenbewerber, deren Versicherungsfall im Lauf des Jahres 1978 eintritt und die sonst gleiche Berechnungsmerkmale aufweisen, eine um 2,5 v. H. geringere Rente erhalten, und zwar je nachdem, ob der Versicherungsfall im ersten oder im zweiten Halbjahr 1978 eintritt? Zu Frage A 70: Nach dem Entwurf des 21. Rentenanpassungsgesetzes soll die allgemeine Bemessungsgrundlage für die Zeit vom 1. Juli 1978 bis 31. Dezember 1981 abweichend von der Lohnentwicklung in dem maßgeblichen Dreijahreszeitraum festgesetzt werden. Hiermit soll vermieden werden, daß die allgemeine Bemessungsgrundlage sich in den nächsten Jahren stärker erhöht, als die Bestandsrenten angepaßt werden. Um zu erreichen, daß die Zugangsrenten sich künftig immer auf demselben Niveau befinden wie die Bestandsrenten, wird die allgemeine Bemessungsgrundlage in den nächsten Jahren in demselben Umfang erhöht, wie die Bestandsrenten jeweils angepaßt werden. Für die Zeit vom 1. Juli 1978 bis 31. Dezember 1979 soll — ausgehend von der allgemeinen Bemessungsgrundlage für das Jahr 1977 — um 4,5 v. H. und für die Jahre 1980 und 1981 jeweils um 4 v. H. angepaßt werden. Die Neufestsetzung der allgemeinen Bemessungsgrundlage schon zum 1. Juli 1978 soll deshalb erfolgen, weil die Zahl der Renten, die auf einer — im Vergleich zu den übrigen Renten — überhöhten allgemeinen Bemessungsgrundlage berechnet werden, möglichst gering gehalten werden soll. Zu Frage A 71: Die Bundesregierung hält es sowohl aus sozialpolitischen als auch aus rechtlichen Erwägungen geradezu für geboten, aus ihrer Entscheidung über die Anpassung der Renten in den nächsten drei Jahren Konsequenzen auch für die Fortschreibung der allgemeinen Bemessungsgrundlage zu ziehen. Die Rentner, bei denen der Versicherungsfall im 1. Halbjahr 1978 eingetreten ist, werden nur einen vorübergehenden Vorteil haben. Es ist vorgesehen, den Vorsprung in Höhe von 2,56 v. H. bei diesen Renten ab 1981 im Zusammenhang mit den Rentenanpassungen stufenweise abzuschmelzen; für das Jahr 1981 sind entsprechende Regelungen im Entwurf des 21. Rentenanpassungsgesetzes enthalten. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage A 72) : Wann wird die Bundesregierung durch Rechtsverordnung nach § 9 des Arbeitsförderungsgesetzes die Anmeldepflicht für Ausbildungsplätze generell oder in einem Modellversuch anordnen? Die obersten Selbstverwaltungsorgane der Bundesanstalt für Arbeit, die eine Rechtsverordnung nach § 9 Arbeitsförderungsgesetz durchführen müßten, haben sich eingehend mit den Vor- und Nachteilen einer Meldepflicht-Verordnung befaßt. Sie haben dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nicht empfohlen, eine solche Verordnung zu erlassen. Als Ergebnis der Diskussion sowohl in der Selbstverwaltung der Bundesanstalt als auch in der 51. Arbeits- und Sozialministerkonferenz wurden jedoch Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7383* Modellversuche und allgemeine Maßnahmen auf freiwilliger Grundlage zur Verbesserung der Transparenz auf dem Ausbildungsstellenmarkt durchgeführt oder eingeleitet. Ich teile die Auffassung, daß zunächst alle Möglichkeiten freiwilliger Maßnahmen ausgeschöpft werden sollten, bevor man die Überlegungen einer Meldepflicht weiterverfolgt. Der erklärte Widerstand der ausbildenden Wirtschaft gegen eine Meldepflicht, deren Nichtbefolgung als Pflichtverletzung mit einem Bußgeld geahndet werden müßte, könnte die Bereitschaft insbesondere kleinerer Betriebe, zusätzliche Ausbildungsplätze anzubieten, beeinträchtigen. Ich kann im übrigen mitteilen, daß die Bemühungen um mehr freiwillig gemeldete Ausbildungsplätze in diesem Jahr nicht ohne Erfolg geblieben sind. Zwischen Oktober und Ende April wurden 16,9 % mehr offene Ausbildungsstellen gemeldet als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Bewerber ist demgegenüber nur um 7,1 % gestiegen. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Amling (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen A 73 und 74) : Gedenkt die Bundesregierung, die Einrichtung von Datenbanken für toxikologisch gefährdete Arbeitsplätze zu fördern, da sich Produkte und Produktionsverfahren in der Industrie zunehmend schneller ablösen und zunächst für ungefährlich gehaltene Stoffe wie z. B. Vinylchlorid, Phenole und verschiedene Zusätze bei Lacken sich später in Langzeitwirkung oft als hochgiftig herausgestellt haben? Ist die Bundesregierung mit mir der Ansicht, daß durch die Einrichtung solcher Datenbanken eine therapeutisch und versorgungsrechtliche Behandlung der Spätschäden abgesichert würde, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Zu Frage A 73: Die Erkenntnisse über die Gefährdung von Arbeitnehmern durch bestimmte Stoffe nehmen ständig zu. Die Bundesregierung fördert die Verbesserung des Erkenntnisstandes durch Vergabe von gezielten Forschungsaufträgen zur Humanisierung des Arbeitslebens. So ist u. a. von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung, Dortmund, ein Forschungsvorhaben vergeben worden, das den Zusammenhang zwischen Beschäftigung und Krankheit untersuchen soll. Bis jetzt reichen die gewonnenen Erkenntnisse noch nicht aus, Datenbanken für toxikologisch gefährdete Arbeitsplätze einzurichten. Die Bundesregierung verfolgt diese Entwicklung mit Aufmerksamkeit. Die Berufsgenossenschaften haben inzwischen damit begonnen, bestimmte gefährliche Arbeitsplätze zu erfassen. In diesem Zusammenhang wird auf dem Auf- und Ausbau betrieblicher Arbeitsplatz- und Personalinformationssysteme große Bedeutung beigemessen. Zu Frage A 74: Bereits heute schreiben Vorschriften wie die Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe sowie einige Unfallverhütungsvorschriften eine Gesundheitskartei für Arbeitnehmer vor, die wegen der Einwirkung bestimmter Schadstoffe arbeitsmedizinisch zu untersuchen sind. Die Karteiblätter enthalten Angaben über die Untersuchungsergebnisse sowie sonstige personen- und arbeitsplatzbezogene Daten. Sie müssen vom Arbeitgeber nach dem Ausscheiden des Beschäftigten aus dem Berufsleben der zuständigen Behörde oder Berufsgenossenschaft zur Aufbewahrung übersandt werden. Damit ist es möglich, zu beurteilen, ob etwaige Spätschäden beruflich bedingt sind. Darüber hinaus sieht der Entwurf einer Unfallverhütungsvorschrift über den Umgang mit krebserzeugenden Stoffen die Anzeige weiterer arbeitsplatzbezogener Daten an die Berufsgenossenschaften vor. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß in Brüssel gegenwärtig der Entwurf einer EG-Richtlinie beraten wird. Diese sieht vor, daß neue chemische Stoffe vor ihrer Vermarktung durch den Hersteller auf etwaige gefährliche Eigenschaften geprüft werden. Die Ergebnisse müssen einer nationalen Anmeldestelle sowie der EG-Kommission mitgeteilt werden. Da die von Stoffen ausgehenden Gefahren Auswirkungen am Arbeitsplatz, in der Umwelt und im Privatbereich haben können, prüft die Bundesregierung im Zuge dieser Arbeiten, wie eine zentrale Anmeldestelle und Erfassung neuer und ggf. bekannter Stoffe vorgesehen werden soll. Grundsätzlich ist es möglich, über Datenbanken Erkenntnisse über die Gefährdung von Arbeitnehmern durch gefährliche Stoffe zu. speichern und damit Ansatzpunkte bei der Behandlung und Abwicklung von Spätschäden zur Verfügung zu haben. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Renger (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen A 75 und 76) : Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung, um der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 10. Februar 1975 zur Anlegung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen innerstaatliche Geltung zu verschaffen und damit die Benachteiligung der Frauen bei der Entlohnung — Einstufung, Zulagen und andere Entgeltbestandteile, betriebliche Altersversorgung auf privater Grundlage, Anerkennung von gleichwertiger Arbeit durch Fortfall der Leichtlohngruppen — zu beseitigen? Welche Maßnahmen bereitet die Bundesregierung vor, um ihrer Verpflichtung aus der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen nachzukommen? Zu Frage A 75: Der Grundsatz der Lohngleichheit von Mann und Frau bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ist durch Artikel 3 des Grundgesetzes und durch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze bereits seit längerem in unserer Rechtsordnung abgesichert. Daher waren bei uns Rechtsvorschriften zur Durchführung der EG-Richtlinie vom 10. Februar 1975 innerhalb der bereits abgelaufenen 7384* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Durchführungsfrist nicht zwingend geboten. Soweit in der betrieblichen Praxis gegen den Grundsatz der Lohngleichheit verstoßen wird, können in erster Linie die betroffenen Frauen selbst, die Betriebsräte, die Gewerkschaften oder andere gesellschaftliche Gruppen dagegen vorgehen. Für die verbindliche Entscheidung von Streitigkeiten sind die Gerichte berufen. Die Bundesregierung hat insoweit kaum Möglichkeiten, unmittelbar zu helfen. Die Beseitigung der Leichtlohngruppen, die nicht direkt gegen den Lohngleichheitsgrundsatz verstoßen, aber häufig zu einer Benachteiligung der Frauen führen, ist eine allein von den Tarifvertragsparteien zu lösende Aufgabe. Sie wissen selbst, daß die Tarifvertragsparteien erhebliche Anstrengungen unternommen haben und die sog. Leichtlohngruppen vielfach beseitigt wurden. Hier handelt es sich vor allem um die Frage der Arbeitsbewertung und der Lohnfindung. Dies ist in dem letzten Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über die Anwendung des Artikels 119 EWG-Vertrag näher ausgeführt. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat dem zugestimmt. Zu Frage A 76: Zur Durchführung der EG-Richtlinie vom 9. Februar 1976 über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen sind nach Ansicht der Bundesregierung gleichfalls keine neuen Rechtsvorschriften bis zu dem im August 1978 ablaufenden Durchführungstermin zwingend geboten. Trotzdem prüft die Bundesregierung z. Z., ob nicht durch besondere Vorschriften der Grundsatz der Gleichbehandlung — einschließlich des gleichen Lohns bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit — weitergefördert und für alle Verpflichteten und Berechtigten verdeutlicht werden kann. Denn bei uns fehlen bisher ausdrückliche Vorschriften über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz, so daß die Rechtslage für die betroffenen Frauen nicht ohne weiteres erkennbar ist. Dabei könnte auch ein ausdrückliches Maßregelungsverbot gegenüber Frauen, die ihren Anspruch auf Gleichbehandlung geltend gemacht haben, sehr hilfreich sein, wie Sie, Frau Renger, bei Ihren eigenen Bemühungen in den letzten Jahren selbst erfahren mußten. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Krone-Appuhn (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage A 77): Trifft es zu, daß die besonders hohe Zahl von Frühgeburten, Fehlgeburten und die hohe Säuglingssterblichkeit in der Bundesrepublik Deutschland mit der zu kurzen Mutterschutzzeit der Frauen vor der Geburt zusammenhängt, und was gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls zu tun, um diesen Mißstand abzuschaffen und Mutter und Säugling einen angemessenen Schutz zu garantieren? Wie bereits in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Reimers u. a. vom 2. September 1977 (BT-Druckssache 8/874) ausgeführt, ist die Säuglingssterblichkeit in den letzten Jahren erkennbar zurückgegangen, und zwar von 23,4 auf je 1 000 Lebendgeborene im Jahre 1970 auf 17,4 im Jahre 1976. Es ist jedoch festzustellen, daß die Säuglingssterbeziffern in vergleichbaren europäischen Industriestaaten stärker gesunken sind als in der Bundesrepublik. Dementsprechend hat sich die Position der Bundesrepublik vom 9. (1968) auf ,den 14. Platz (1976) verändert und muß als nicht befriedigend bezeichnet werden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß zwischen der Dauer der Mutterschutzfrist und idem Umfang der Säuglingssterblichkeit kein nachweisbarer Zusammenhang besteht. Die Auffassung wird auch von der medizinischen Wissenschaft geteilt. Im übrigen haben auch Staaten mit einer niedrigeren Säuglingssterblichkeit als die Bundesrepublik im allgemeinen keine längeren Schutzfristen. Ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen den Früh- und Fehlgeburten und der Mutterschutzfrist besteht nach Auffassung der Bundesregierung ebenfalls nicht. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren zahlreiche Studien zur Erfassung der Ursachen und Hintergründe für die relativ ungünstige Situation in der Bundesrepublik in Auftrag gegeben. Erste Ergebnisse bestätigen, daß mangelnde Beteiligung an den Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen eine wesentliche Ursache ist. Neben der mangelnden Beteiligung ist festzustellen, daß für gefährdete Schwangere nicht in ausreichendem Maße geeignete geburtshilfliche Kliniken vorhanden sind. Ferner werden Mängel und Lücken in ,der Versorgung von Neugeborenen und Säuglingen verantwortlich gemacht. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der obengenannten Studien zur Untersuchung der Ursachen der Mütter- und Säuglingssterblichkeit in der Bundesrepublik und der Versorgungsstrukturen in vergleichbaren europäischen Ländern mit niedrigeren Sterbeziffern bereitet die Bundesregierung von der Konzentration der klinischen Geburtshilfe über 'die stärkere Einbeziehung von Hebammen in die Betreuung von Mutter und Kind bis zur intensiven sozialpädiatrischen Betreuung entwicklungsgestörter Kinder gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung vor. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hölscher (FDP) (Drucksache 8/1826 Fragen A 78 und 79) : Trifft es zu, daß das Bundesverteidigungsministerium 1977/78 — entgegen der früheren Praxis — auch Nichtbeamte zu Vorsitzenden von Prüfungsausschüssen für Kriegsdienstverweigerer bestellt hat, und teilt die Bundesregierung meine rechtsstaatlichen Bedenken gegen dieses Verfahren? Ist die Bundesregierung bereit, diese „auf Honorarbasis" tätigen Vorsitzenden, deren Amtsführung durch das Interesse an einer Erneuerung des Honorarauftrags beeinträchtigt werden kann, mit sofortiger Wirkung abzulösen? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7385* Zu Frage A 78: Es trifft zu, daß der Bundesminister der Verteidigung auch Nicht-Beamte, und zwar als Angestellte mit Zeitarbeitsverträgen, nach dem BAT und mit Honorarverträgen zu Vorsitzenden von Prüfungsausschüssen für Kriegsdienstverweigerer bestellt. Hiermit wird die mit dem rapiden Anstieg der Zahl der Antragsverfahren anfangs der siebziger Jahre notwendig gewordene Praxis fortgesetzt. Sie hat sich bewährt und ermöglicht einen flexiblen Personaleinsatz, der sich an dem jeweiligen Arbeitsanfall orientiert. Rechtliche Bedenken gegen dieses Verfahren bestehen nicht. Nach § 26 Abs. 3 des Wehrpflichtgesetzes ist von den Vorsitzenden lediglich die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst zu fordern; außerdem müssen sie das 32. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen erfüllen alle Vorsitzenden. Zu Frage A 79: Die Bundesregierung sieht zur Zeit weder einen Anlaß noch eine Möglichkeit, auf die Mitarbeit von Vorsitzenden auf Honorarbasis zu verzichten. Das Risiko einer die Ergebnisse der Arbeit der Ausschüsse beeinträchtigenden Amtsführung dieser Vorsitzenden, die Sie, Herr Kollege, befürchten, hält die Bundesregierung nicht für gegeben, da die Ausschüsse an Weisungen nicht gebunden sind und die Vorsitzenden nur beratende Stimme haben. Darüber hinaus wäre es zur Zeit im Hinblick auf die Ungewißheit über die endgültige Form des Prüfungsverfahrens nach Auffassung der Bundesregierung unzweckmäßig, von der bisherigen Regelung abzuweichen, da eine schnelle und problemlose personelle Reaktion auf enventuelle organisatorische Änderungen dann erheblich erschwert werden würde. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Strauß (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 80 und 81): Gibt es einen oder mehrere Fälle, daß an der Hochschule der Bundeswehr München Wehrdienstverweigerer als Assistenten oder wissenschaftliche Mitarbeiter eingestellt worden sind, ohne daß vor der Einstellung eine sicherheitsmäßige Überprüfung stattgefunden hat? Warum ist die Überprüfung gegebenenfalls unterblieben, dann nachträglich vorgenommen worden mit der Folge, daß eine Entlassung erfolgte, wodurch Forschungsaufträge mit einem finanziellen Aufwand von rund 750 000 DM unerledigt vorzeitig abgebrochen wurden? Zu Frage A 80: Es trifft zu, daß ein Diplom-Ingenieur, der 1974 einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung gestellt hatte, im November 1975 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule der Bundeswehr München angestellt wurde. Durch ein administratives Versehen beantragte die Hochschule die erforderliche Sicherheitsüberprüfung erst im April 1976. Da die Ermittlungen des Militärischen Abschirmdienstes zu Sicherheitsbedenken führten, wurde der bis zum 30. April 1978 laufende Zeitvertrag nicht verlängert. Der wissenschaftliche Mitarbeiter hat hiergegen Klage vor dem Arbeitsgericht München erhoben. Das Arbeitsgericht hat der Klage in der 1. Instanz stattgegeben und entschieden, daß er bis längstens 1980 zu beschäftigen ist. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Der Vollständigkeit halber, Herr Kollege Strauß, darf ich darauf hinweisen, daß auch in einem anderen Fall versäumt wurde, die Sicherheitsüberprüfung rechtzeitig einzuleiten. Der Arbeitsvertrag mit diesem Mitarbeiter läuft jedoch in Kürze aus. Auf die nachträgliche Durchführung der Sicherheitsüberprüfung wurde aus diesem Grunde verzichtet. Zu Frage A 81: Es trifft nicht zu, daß Forschungsaufträge unerledigt abgebrochen werden mußten; es ist allein zu einer zeitlichen Verzögerung in der Arbeit an dem betreffenden wissenschaftlichen Projekt gekommen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage A 84) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) seit etwa einem halben Jahr systematisch alle Sende- und Empfangsgeräte der Amateurfunker in der DDR auf das militärische Einheitsgerät Teltow 250 umrüstet, und daß seit März 1978 die bisherigen Geräte nicht mehr benützt werden dürfen, und welche sicherheitspolitische Bedeutung mißt die Bundesregierung dieser Tatsache im Hinblick auf die Bundesrepublik Deutschland bei? Ein DDR-Fernmeldegerät mit der Bezeichnung „TELTOW 250" ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die Bundesregierung hat Kenntnis davon, daß die Gesellschaft für Sport und Technik üblicherweise mit ausgesondertem Fernmeldegerät der Nationalen Volksarmee ausgerüstet wird. Neben der Verwendung im Hobby-Sport dient dieses Gerät der vormilitärischen Ausbildung innerhalb der weitgehend durch die Gesellschaft für Sport und Technik getragenen Wehrerziehung der Jugend der DDR. Die in der DDR, wie in anderen Ländern des Warschauer Paktes, praktizierte vormilitärische Ausbildung zielt auf die Erhöhung des Ausbildungsstandes der Streitkräfte und hat daher grundsätzlich eine sicherheitspolitische Bedeutung. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Nordlohne (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 85 und 86): 7386* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Trifft es zu, daß die Bundesregierung entgegen allen bisherigen mündlichen und schriftlichen Erklärungen, der NATO-Flugplatz Upjever werde nach der Auflösung der Waffenschule 10 Drehscheibe für die fliegenden Kampfverbände F-4 F/RF-4 E und eine Nutzung von Upjever als Standort der zweiten Ausbildungsstufe für das Waffensystem MRCA „Tornado" könne nicht realisiert werden, nunmehr beabsichtigt, Upjever weiterhin Standort eines festen deutschen Verbandes bleiben zu lassen und gleichzeitig dem Landkreis sowie den örtlich betroffenen Kommunen das Entscheidungsrecht einzuräumen, im Falle der Abgabe einer positiven Studie durch den Führungsstab der Luftwaffe, Upjever als Standort der zweiten Ausbildungsstufe für das Waffensystem MRCA „Tornado" vorzusehen, und wenn ja, welche grundsätzlichen neuen Erkenntnisse hat die Bundesregierung zwischen dem 27. April 1978 und dem 12. Mai 1978 gewonnen, die eine derartige Änderung der Haltung rechtfertigen? Wann ist die von Staatssekretär von Bülow am 12. Mai 1978 zugesagte Studie beim Führungsstab der Luftwaffe in Auftrag gegeben worden, auf welche konkreten Untersuchungsergebnisse bezieht sie sich, und wann wird mit ihrer endgültigen Erstellung gerechnet werden können? Die Frage der künftigen Nutzung des Flugplatzes Upjever beschäftigt das Bundesministerium der Verteidigung seit einiger Zeit. Ich habe mir daher am 12. Mai 1978 in Bonn von den Vertretern der betroffenen Gemeinden ihre Sorgen vortragen lassen. Hierbei wurde von den Vertretern der Gemeinden insbesondere auch auf die veränderte Beurteilung im Interessenkonflikt Arbeitsplätze — Fluglärm hingewiesen. Auf Grund dieses Gespräches habe ich den Führungsstab der Luftwaffe mit Schreiben vom 16. Mai 1978 beauftragt, in einer Studie untersuchen zu lassen, welche Möglichkeiten bestehen, um den Flugplatz Upjever etwa in dem jetzigen Umfang aufrechtzuerhalten. Hierbei ist besonders zu prüfen, ob ein Teil der Umschulung auf das Flugzeug MRCATornado in Upjever durchgeführt werden kann. Ich rechne damit, daß mir das Ergebnis dieser Überprüfungen im Juli 1978 vorliegen wird. Selbstverständlich werde ich Sie dann entsprechend informieren. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Spranger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 87 und 88): Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Soldaten-und Traditionsverbände der Bundesrepublik Deutschland, wie z. B. die Arbeitsgemeinschaft der Reservisten, Soldaten- und Traditionsverbände, Ring Deutscher Soldatenverbände, Deutscher Soldatenbund, Kyffhäuser und Deutscher Soldaten- und Kriegerbund in Bayern Vereiniguncen sind, die in vollem Umfang auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen und keinerlei verfassungsgefährdende und/oder sicherheitsgefährdende Ziele verfolgen? Sieht die Bundesregierung den sogenannten „Presseausschuß Demokratischer Initiative", der die in der Frage 87 genannten Traditions- und Soldatenverbände als „neonazistisch" bezeichnete, entsprechend dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 1. Juni 1977 als „kommunistische Tarnorganisation" mit verfassungsfeindlichen Zielen an, und wenn ja, welche Folgerungen ergeben sich daraus für die Beurteilung des von dieser Organisation herausgegebenen Berichts über neonazistische Aktivitäten 1977 (PDI-Sonderheft 2)? Zu Frage A 87: Ihre Frage nach allen Soldaten- und Reservistenverbänden, aus denen Sie, sehr geehrter Herr Kollege, dann einige beispielhaft herausgreifen, ist so pauschal, daß eine exakte Beantwortung nicht möglich ist. Im übrigen gibt die Bundesregierung öffentliche Werturteile über die politische Einstellung von Organisationen nur dann ab, wenn dazu wegen der Tätigkeit dieser Organisationen besonderer Anlaß besteht. Zu Frage A 88: Der Bundesregierung ist das in Ihrer Frage genannte Gerichtsurteil bekannt. Ich weise jedoch darauf hin, daß entgegen der Formulierung Ihrer Frage das Gericht keine Bewertung des PDI vorzunehmen, sondern ausschließlich die Frage zu beantworten hatte, ob ein zivilrechtlicher Anspruch auf Unterlassung der in Ihrer Frage zitierten Bezeichnung gegenüber einem Presseorgan bestehe. Im übrigen ist es nicht Aufgabe der Bundesregierung, das Urteil zu kommentieren oder gar von Presseorganen abgegebene Bewertungen öffentlich zu beurteilen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Fragen des Abgeordneten Lemmrich (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 89 und 90): Ist der Bundesverteidigungsminister bereit, nachdem nach den Behauptungen des Pressesprechers des Bundesverteidigungsministeriums bei den von Düsenjägern des Jagdgeschwaders 74 verursachten beträchtlichen Schäden an Häusern und Industrieanlagen der Stadt Rain sowohl die Mindestflughöhe von 240 m angeblich nicht unterschritten und auch die Schallmauer angeblich nicht durchbrochen worden sein soll, die Mindestflughöhe über bewohnten Gebieten auf mindestens 600 m anzuheben, damit derartige Beschädigungen in Zukunft vermieden werden? Ist der Bundesverteidigungsminister bereit, zur Förderung der Wissenschaften das von seinem Pressesprecher festgestellte „physikalische Phänomen", das beträchtliche Zerstörungen durch Düsenmaschinen der Luftwaffe in der Stadt Rain erzeugte, obwohl diese Flugzeuge alle Flugauflagen erfüllt haben sollen, durch dafür geeignete Universitäten, Technische Universitäten oder unabhängige physikalische Anstalten untersuchen zu lassen? Zu Frage A 89: Moderne Flugabwehrsysteme können Flugzeuge in allen Höhenbereichen mit Ausnahme sehr niedriger Höhen wirksam bekämpfen. Aus diesem Grunde werden Einsätze sowohl der eigenen als auch der gegnerischen Luftstreitkräfte in sehr niedrigen Höhen erfolgen. Diese Einsätze fordern einen hohen Ausbildungsstand der Luftfahrzeugbesatzungen. Er kann nur durch ständiges Üben erhalten werden. Dies gilt auch für Jagdverbände, die die Hauptlast der Luftverteidigung in niedrigen Höhen tragen. Auf Übungsflügen bis zur gesetzlichen Mindestflughöhe von 150 Meter — in besonderen Gebieten bis zu 75 Meter — kann daher nicht verzichtet werden, ohne eine glaubwürdige Abschreckung in Frage zu stellen. Bis zum Vorliegen wissenschaftlicher Untersuchungsergebnisse zum Schadensfall „Rain/Lech" wurde jedoch — um ähnliche Vorfälle zu vermeiden — die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Tiefflugabfangübungen unter Inkaufnahme von Ausbildungserschwernissen eingeschränkt. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7387* Zu Frage A 90: Der für die Untersuchung zuständige General Flugsicherheit in der Bundeswehr hat bereits Aufträge zur Klärung der aerodynamischen Vorgänge im schallnahen Bereich an eine Reihe von Institutionen erteilt. Mit Ergebnissen kann erst in einiger Zeit gerechnet werden. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Büchner (Speyer) (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen A 91 und 92): Wird die Bundesregierung gemäß einer am 6. Dezember 1977 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommenen Entschließung bis zum 1. Juli 1978 dem Generalsekretär der Vereinten Nationen ihr Einverständnis mitteilen, eines der kommenden Jahre zum „Internationalen Jahr der alten Menschen" zu proklamieren? Welche politischen Schwerpunkte sollten nach Ansicht der Bundesregierung gegebenenfalls in einem solchen Jahr bezüglich der besonderen Thematik gesetzt werden? Zu Frage A 91: Die Bundesregierung hat sich bereits positiv zur Verkündung eines internationalen Jahres für Fragen des Alterns geäußert. Zwar dürfen in ein derartiges Jahr keine zu hohen Erwartungen gesetzt werden, jedoch hat sich nach bisheriger Erfahrung immerhin gezeigt, daß solche Proklamationen die Möglichkeit bieten, im nationalen Bereich die jeweilige Problematik den Bürgern deutlicher zu machen. Eine Häufung solcher internationaler Jahre sollte allerdings schon deshalb vermieden werden, weil die Bedeutung, die man einer solchen Proklamation gibt, sich notwendig für die Öffentlichkeit abschwächen würde. Das Internationale Jahr der älteren Generation sollte deshalb erst nach 1982 stattfinden. Zu Frage A 92: Nach Auffassung der Bundesregierung sollte das zentrale Thema eines solchen Jahres die „Integration der älteren Menschen in die Gesellschaft" heißen. Zur Erreichung dieses Hauptzweckes der Altenpolitik sind erforderlich: 1. Die Erhaltung der Unabhängigkeit der älteren Menschen (materielle Sicherung, altersgerechte Wohnungen, Verbleiben in der gewohnten Umgebung) 2. Verbesserung der Rolle der älteren Menschen in der Gesellschaft 3. Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft (Teilnahme am kulturellen und sozialen Geschehen) 4. Schaffung der . erforderlichen stationären und ambulanten Einrichtungen für die älteren Menschen 5. Die medizinische Versorgung älterer Menschen. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Eilers (Bielefeld) (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage A 93): Ist der Bundesregierung die Tatsache bekannt, daß der Anteil tuberkulosekranker Mitbürgerinnen und Mitbürger sowohl hinsichtlich Neu- al? auch Wiedererkrankung unter Ausländern zum Teil erheblich höher liegt als unter Deutschen, und wie beurteilt sie diese Erscheinung, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, diese überhöhte Rate abzubauen? Die Tatsache einer häufigeren Erkrankung an Tuberkulose bei Ausländern im Vergleich zur deutschen Bevölkerung ist der Bundesregierung bekannt. Eine Senkung der Morbidität wird nur in begrenztem Maße möglich sein, da ein Teil der Ursachen kaum beeinflußbar ist; andererseits ist das Problem nicht von einem solchen Gewicht, daß Sonderregelungen, die leicht als diskriminierend empfunden werden, gerechtfertigt wären. Da den Gesundheitsämtern das Problem vertraut ist, geschieht das Erforderliche im Rahmen der Überwachung von Risikogruppen. In den Ländern, die Schirmbildreihenuntersuchungen anbieten, sind Überlegungen im Gange, noch auf Zielgruppen orientierte Maßnahmen zu offerieren, bei denen bestimmte Ausländergruppen besonders zu berücksichtigen wären. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lambinus (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage A 94) : Treffen nach dem Erkenntnisstand der Bundesregierung Pressemitteilungen zu, daß Mastbullen Substanzen ins Futter gemischt werden, die das Wachstum und den Fleischansatz verbessern sollen, in Wirklichkeit aber nur zur Wasseranlagerung im Gewebe führen, und wenn ja, erwägt die Bundesregierung ein Vertriebs- oder Produktionsverbot derartiger Präparate? Bei dem von Ihnen angeführten Beispiel dürfte es sich um die verbotene Anwendung von schilddrüsenhemmenden Stoffen, sogenannten Thyreostatica, handeln, die einen erhöhten Wassergehalt des Fleisches zur Folge haben. Nach den Vorschriften der Verordnung über Stoffe mit pharmakologischer Wirkung vom 3. August 1977, die auf das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz gestützt ist und entsprechende Vorschriften des bis dahin geltenden Lebensmittelgesetzes abgelöst hat, ist die Anwendung u. a. von Stoffen mit thyreostatischer Wirkung zum Zwecke der Beeinflussung der Beschaffenheit des Fleisches oder des Fleisch- und Fellansatzes verboten. Solche Stoffe dürfen nach § 3 Abs. 2 dieser Verordnung nicht in den Verkehr gebracht und nach § 25 Abs. 2 I Nr. 7 des Arzneimittelgesetzes auch als Tierarzneimittel nicht zugelassen werden. Entgegen den bestehenden Verboten gewonnenes Fleisch darf nicht in den Verkehr gebracht werden. Auch nach den 7388* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 futtermittelrechtlichen Vorschriften dürfen diese Stoffe als Futterzusatzstoffe nicht verwendet werden. Nach den fleischbeschaurechtlichen Vorschriften in der seit 1973 geltenden Fassung sind im Rahmen der amtlichen tierärztlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung regelmäßig Untersuchungen u. a. auf Rückstände solcher Stoffe durchzuführen. Mir ist bekanntgeworden, daß vor kurzem im Rahmen dieser Untersuchungen, deren Durchführung in der Zuständigkeit der Länder liegt, Fleisch von einer Reihe von Schlachttieren wegen der verbotenen Anwendung von Stoffen mit thyreostatischer Wirkung beanstandet und untauglich beurteilt worden ist. Bei dieser eindeutigen Sachlage wird der Erlaß weiterer Vorschriften für diesen Bereich nicht erwogen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündlichen Fragen ,des Abgeordneten Müller (Schweinfurt) (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen A 95 und 96) : Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um zu verhindern, daß zum Nachteil der Verbraucher das Fleisch von mit muskelbildenden Präparaten behandelten Tieren — wie zuletzt z. B. die sogenannten Wasserbullen — auf den Markt gelangt? Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, auf welchem Weg diese Präparate in den Besitz der Tierhalter kommen, und welche Möglichkeiten sieht sie, dies in Zukunft zu verhindern? Zu Frage A 95: Nach den Vorschriften der Verordnung über Stoffe mit pharmakologischer Wirkung vom 3. August 1977, die auf das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz gestützt ist und entprechende Vorschriften des bis 'dahin geltenden Lebensmittelgesetzes abgelöst hat, ist die Anwendungg von „muskelbildenden Präparaten", soweit es der Schutz des Verbrauchers vor Gesundheitsschäden und vor Irreführung und Täuschung erfordert, verboten. Die Verbote beziehen sich insbesondere auf Stoffe mit östrogener und thyreostatischer Wirkung. Entgegen den bestehenden Verboten gewonnenes Fleisch darf nicht in den Verkehr gebracht werden. Auch nach ,den futtermittelrechtlichen Vorschriften dürfen diese Stoffe als Futterzusatzstoffe nicht verwendet werden. Bei dem von Ihnen angeführten Beispiel dürfte es sich um die verbotene Anwendung von schilddrüsenhemmenden Stoffen, sogenannten Thyreostatica, handeln, die einen erhöhten Wassergehalt ,des Fleisches zur Folge haben. Nach den fleischbeschaurechtlichen Vorschriften in der seit 1973 geltenden Fassung sind im Rahmen der amtlichen tierärztlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung regelmäßig Untersuchungen u. a. auf Rückstände solcher Stoffe durchzuführen. Mir ist bekanntgeworden, daß vor kurzem im Rahmen dieser Untersuchungen, deren Durchführung in der Zuständigkeit der Länder liegt, Fleisch von einer Reihe von Schlachttieren wegen der verbotenen Anwendung von Stoffen mit thyreostatischer Wirkung beanstandet und untauglich beurteilt worden ist. Zu Frage A 96: Der Bundesregierung liegen bisher keine ausreichenden Berichte darüber vor, auf welchen illegalen Wegen die Präparate in den Besitz der Tierhalter gekommen sind. Mir ist jedoch bekannt, daß in den betreffenden Fällen von den zuständigen Landesbehörden Verfolgsuntersuchungen eingeleitet worden sind, deren Ergebnis abzuwarten sein wird. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Braun (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage A 98) : Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus der Tatsache zuziehen, daß jährlich im Bundesgebiet ca. 130 000 Führerscheine wegen Alkoholeinfluß am Steuer eingezogen werden müssen und 1976 3 200 Tote und 47 000 Schwerverletzte durch Alkohol im Straßenverkehr zu beklagen waren? Die Bundesregierung wird durch Information und Unterrichtung der Verkehrsteilnehmer nach wie vor stets sehr nachdrücklich auf die Gefahren des Alkohols für den Straßenverkehr hinweisen. Die Vorschriften über das Verbot des Führens eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluß entsprechen dem internationalen Maßstab und den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie sind erst 1973 durch die Einführung des 0,8-Promille-Gefahrengrenzwertes auf den neuesten Stand gebracht worden. Diese Bestimmungen sind nicht ohne Wirkung geblieben. Die Zahl der alkoholbedingten Unfälle mit getöteten Personen 1976 im Vergleich zu 1972 hat um ca. 30 % abgenommen. Die Bundesregierung geht davon aus, daß im Wege wirksamer Kontrollen durch die Polizei der Länder für eine Beachtung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften gesorgt wird. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 8/1826 Fragen A 99 und 100) : Ist die Bundesregierung bereit, unverzüglich die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, daß in Zukunft bei der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung sowie bei der Ersatzausstellung für einen abhanden gekommenen Führerschein die als sogenannte „Säuferbalken" kritisierte Balken-Kennzeichnung im Führerschein unterbleibt? Wann ist in der Bundesrepublik Deutschland mit der Einführung des neuen Führerscheinmusters nach dem Wiener Weltabkommen über den StraBerverkehr zu rechnen? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7389e Zu Frage A 99: Das Verfahren über die Aushändigung des Führerscheins ist in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung geregelt. Es stellt sicher, daß der Führerschein unmittelbar nach bestandener Prüfung vom Prüfer nach entsprechendem Vermerk im Führerschein ausgehändigt werden kann 'und vermeidet damit für den Prüfling das Aufsuchen der Verwaltungsbehörde, um dort den Führerschein in Empfang zu nehmen. Der Prüfvermerk wird im Führerschein durchgestrichen (sog. „Säuferbalken") — bei Ersatzführerscheinen, — bei Umschreibungen von ausländischen Führerscheinen, von Bundeswehr- und Behördenführerscheinen, von DDR-Fahrerlaubnissen und von Fahrerlaubnissen der Truppe eines nicht-deutschen NATO-Vertragsstaates, — bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis ohne Prüfung nach Entziehung der Fahrerlaubnis. Der Anteil der Führerscheine ohne Prüfvermerk von Personen, denen die Fahrerlaubnis wegen eines Alkoholdeliktes entzogen war, beträgt nur etwa 40 %. Das Durchstreichen des Prüfvermerks soll und kann deshalb den Führerscheininhaber nicht diskriminieren. Diese Auffassung teilt auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29. November 1974, in dem die Streichung des Prüfvermerks als „inhaltlich neutraler Akt" gewertet wurde. Im Zusammenhang mit der von den Europäischen Gemeinschaften beabsichtigten Einführung eines EG-Führerscheins, der sich an das Führerscheinmuster des Wiener Weltabkommens über den Straßenverkehr eng anlehnt, wird es erforderlich werden, das Verfahren über die Aushändigung des Führerscheins durch den Prüfer zu ändern. Nach dem gegenwärtigen Beratungsstand ist im EG-Führerschein kein Prüfvermerk vorgesehen. Dadurch würde sich das Problem lösen, so daß eine vorherige Änderung des Aushändigungsverfahrens nicht notwendig erscheint. Es ist vorgesehen, im Herbst dieses Jahres diese Angelegenheit mit den zuständigen obersten Landesbehörden vor allem unter administrativen Gesichtspunkten zu erörtern. Zu Frage A 100: Die EG-Kommission hat in ihrem Richtlinienvorschlag für den EG-Führerschein ein Muster vorgesehen, das dem Wiener Weltabkommen über den Straßenverkehr entspricht. Der EG-Ministerrat wird voraussichtlich im November dieses Jahres über die Einführung dieses Führerscheins entscheiden. Nur wenn dies wider Erwarten nicht geschieht, würde sich die Einführung eines Führerscheinmusters nach dem Wiener Weltabkommen auf nationaler Ebene rechtfertigen. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schulze (Berlin) (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage A 101) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Schienenverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) von der Deutschen Bundesbahn und der Reichsbahn Personenwagen eingesetzt werden, die sehr veraltet sind, z. T. erhebliche Schäden aufweisen und nicht den geringsten Reisekomfort bieten, und gedenkt die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, daß zumindest die Deutsche Bundesbahn bei den Zügen auf den Transitstrecken einen modernen Wagenpark einsetzt? Der von der Deutschen Bundesbahn (DB) und der Deutschen Reichsbahn (DR) im Schienenverkehr zwischen Berlin und dem übrigen Bundesgebiet eingesetzte Reisezugwagenpark entspricht in seinem Komfortangebot noch nicht dem DB-internen Standard im Fernverkehr. Dies ist jedoch nicht von der Deutschen Bundesbahn zu vertreten. Im Reisezugverkehr auf den Transitstrecken ist von den beiden Bahnverwaltungen das „Übereinkommen über die gegenseitige Nutzung der Personen- und Gepäckwagen im internationalen Verkehr (RIC) " anzuwenden. Danach hat die DB nur Dispositionsmöglichkeiten bezüglich der von ihr zu stellenden Reisezugwagen; bei der Auswahl muß derzeit noch auf ältere technische Einrichtungen im Netz der DR Rücksicht genommen werden. Die Unternehmensleitung der DB, die einer Komfortsteigerung im Berlinverkehr grundsätzlich aufgeschlossen gegenübersteht, hat die bestehenden Schwierigkeiten und mögliche Abhilfemaßnahmen kürzlich ausführlich mit dem Berliner Senator für Wirtschaft erörtert. Die DR hat nach Auskunft der DB ihrerseits in Aussicht gestellt, daß in ihrem Streckennetz bis 1982 die technischen Voraussetzungen geschaffen sind, um auch moderne, elektrisch beheizte und klimatisierte Reisezugwagen übernehmen zu können. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Althammer (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 102 und 103) : Welche Möglichkeiten stehen der Bundesregierung zur Verfügung, um die Sicherheit aller an Charterflügen Beteiligten nachhaltig zu gewährleisten? Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung gegenüber Chartergesellschaften, deren Flüge bereits unglücklich endeten, um für die Zukunft die Sicherheit der Passagiere und anderer Beteiligten zu gewährleisten? Zu Frage A 102: Deutsche Luftfahrtunternehmen unterliegen der Genehmigungspflicht. Sie werden vom Luftfahrt-Bundesamt ständig überwacht. Ausländische Luftfahrtunternehmen werden aufgrund des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt (ICAO-Abkommen) von ihrem Heimat- 7390* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 staat überwacht. Die Bundesrepublik hat jedoch folgende Möglichkeiten, auf die Sicherheit ausländischer Luftfahrtunternehmen einzuwirken: — Kontrolle der nach dem ICAO-Abkommen vorgeschriebenen Papiere (Lizenzen, Lufttüchtigkeitszeugnis usw.) — Prüfung der Flugvorbereitung, soweit der Flug von einem deutschen Flughafen aus angetreten wird — Ahndung von Verstößen gegen Luftverkehrsvorschriften — Erteilung eines Startverbotes bei offensichtlichen Mängeln am Flugzeug oder bei der Besatzung — Einschaltung des Heimatstaates des Luftfahrtunternehmens, der verpflichtet ist, Mängel zu beseitigen — Vorschlag zur Ergänzung der internationalen Sicherheitsvorschriften, die nach Ratifizierung für alle Mitgliedstaaten der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation verbindlich werden. In der ICAO sind fast alle luftfahrttreibenden Staaten vertreten. Zu Frage A 103: Soweit deutsche Luftfahrtunternehmen betroffen sind, werden nach Feststellung der Unfall- oder Störungsursachen entsprechende Abhilfemaßnahmen unmittelbar eingeleitet. Bei ausländischen Luftfahrtunternehmen wird die Luftfahrtbehörde des Staates, dem die Verantwortung für die Aufsicht über den Flugbetrieb des Unternehmens obliegt, zur Beseitigung evtl. Mängel aufgefordert. Nach dem Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt hat der (Eintragungs-)Staat die Pflicht, erkannten Mängeln abzuhelfen. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hartmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage A 104) : Trifft es zu, daß die Deutsche Bundesbahn generell die Auflassung sämtlicher, den Bundesbahnbenutzern offenstehender Toilettenanlagen auf dem Gelände aller Bahnhöfe verfügt hat, die nicht als Umsteigebahnhöfe klassifiziert sind, und ist die Deutsche Bundesbahn gegebenenfalls bereit, eine solche generelle Entscheidung rückgängig zu machen und im Interesse der öffentlichen Hygiene derartige Toilettenanlagen auch in Zukunft vorzuhalten? Eine generelle Verfügung des von Ihnen genannten Inhalts ist von der Deutschen Bundesbahn (DB) nicht erlassen worden. Die DB entscheidet über die Vorhaltung von Toiletten auf Bahnhofsgelände im Einzelfall. Im übrigen möchte ich Ihnen vorschlagen, falls Sie weitere Einzelheiten des Themas erörtern wollen, dies in schriftlichem Kontakt mit dem Bundesverkehrsministerium zu tun. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hauser (Bonn-Bad Godesberg) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 105 und 106) : Treffen Pressemeldungen zu, daß die Deutsche Bundesbahn einen Sonderwagen der Initiative „Weg mit den Berufsverboten" zur Verfügung gestellt und eine Pressekonferenz im Zuge sowie hinweisende Durchsagen unter Verwendung der Agitatinsvokabel „Berufsverbot" auf diese Pressekonferenz jedenfalls im Bahnhof Bonn gemacht hat? Wenn ja, welche Dienststellen der Deutschen Bundesbahn sind für diese Vorgänge verantwortlich, und sieht die Bundesregierung darin eine Unterstützung der kommunistisch beeinflußten Agitation gegen angebliche „Berufsverbote"? Zu Frage A 105: Nach Angaben der Deutschen Bundesbahn hatte ein privater Besteller bei der Generalvertretung Hamburg einen Gesellschaftswagen für den 27. April 1978 zur Vorstellung eines Buches im Rahmen einer von Bonn Hauptbahnhof nach Koblenz Hauptbahnhof und zurück fahrenden Pressekonferenz bestellt und bezahlt. Da der Sonderwagen nicht im örtlichen Wagenstandsanzeiger vermerkt war, und für den Aufenthalt des betreffenden D 521 zum Einsteigen der Teilnehmer nur 2 Minuten zugestanden werden konnten, hat der Bahnhof Bonn Hauptbahnhof kurz vor dem Einlaufen dieses Zuges in den Bahnhof über den Bahnhofslautsprecher den Standort des Sonderwagens auf Verlangen von Teilnehmern mit folgendem Hinweis ausrufen lassen: „Der Wagen für die Teilnehmer an der Pressekonferenz für vom Berufsverbot betroffene Eisenbahner befindet sich am Schluß des Zuges." Aus dem Sonderwagen heraus sind keine Parolen über Lautsprecher verbreitet worden. Zu Frage A 106: Bei der Bestellung des Sonderwagens war ein politischer Akzent für die beteiligten Dienststellen der Deutschen Bundesbahn nicht erkennbar. In dem im Bonner Hauptbahnhof über den Bahnhofslautsprecher gegebenen Hinweis auf den Standort des Sonderwagens sieht die Bundesregierung keine Unterstützung der — wie Sie, Herr Kollege, es nennen — kommunistisch beeinflußten Agitation gegen angebliche „Berufsverbote". Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Reimers (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 107 und 108): Wie beurteilt die Bundesregierung den Tatbestand, daß auf den Bahnhöfen der Deutschen Bundesbahn mit dem Slogan „Mit der DB zum Jugendfestival" für eine Pfingstveranstaltung der SDAJ in der Westfalenhalle geworben wurde? Hält die Bundesregierung die SDAJ für so förderungswürdig, daß sie den Eindruck einer Kooperation zwischen SDAJ und Deutscher Bundesbahn für unbedenklich hält und die im Plakat genannte Fahrpreisermäßigung von 40 Prozent als angemessen betrachtet? Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7391* Nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn (DB) hatte die SDAJ für eine Veranstaltung in Dortmund am 13. und 14. Mai 1978 mehrere Sonderzüge bei der DB bestellt. Dafür hatte die DB aus kommerziellen Gründen die Werbung für diese Veranstaltung auf Bahngebiet zugelassen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Entscheidung der DB mit kommerziellen Gründen nicht gerechtfertigt werden kann und hat den Vorstand der DB entsprechend angeschrieben. Inzwischen hat der Vorstand der DB verfügt, daß derartige Werbung unterbleibt. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 109 und 110): Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Erlaß des Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. April 1978, wonach dieser nach den Erfahrungen in Baden-Württemberg die Durchführung der Regionalgespräche in bezug auf die neue Netzkonzeption der Deutschen Bundesbahn in der ursprünglich vorgesehenen Form in Nordrhein-Westfalen nicht mehr für sinnvoll hält? Haben sich in der Zwischenzeit und auf Grund verschiedener Erfahrungen neue Überlegungen ergeben, wie über die neue Netzkonzeption der Deutschen Bundesbahn zukünftig Regionalgespräche zu führen sind? Zu Fragen A 109: Bei Maßnahmen wie der Umstellung des Schienenpersonenverkehrs auf Busbedienung hat die Deutsche Bundesbahn nach § 44 des Bundesbahngesetzes der zuständigen obersten Landesverkehrsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Regionalgespräche sind nicht im Anhörungsverfahren nach § 44 Bundesbahngesetz vorgesehen. Sie wurden lediglich bei der Länderverkehrsministerkonferenz am 11./12. Mai 1977 zusätzlich vereinbart, um der Deutschen Bundesbahn und den betroffenen örtlichen Behörden, Verbänden und politischen Instanzen Gelegenheit zu geben, das Für und Wider der vorgesehenen Maßnahmen im einzelnen sachlich zu erörtern. Es bleibt aber letztlich Sache der Länder, in welcher Form sie ihre Stellungnahmen erarbeiten. Die Bundesregierung hat erst nach Vorliegen des förmlichen Antrages der Deutschen Bundesbahn auf Streckenveränderung und der dazu abgegebenen Stellungnahme der Landesverkehrsbehörde ihre Entscheidung zu treffen. Zu Frag A 110: Im Juni des Jahres werden die Länder Rheinland-Pfalz und Saarland im Rahmen des Anhörungsverfahrens noch Regionalgespräche durchführen. Die dabei und in Baden-Württemberg gemachten Erfahrungen werden bei der Länderverkehrsministerkonferenz am 5./6. Juli des Jahres mit dem Bundesminister für Verkehr erörtert. Dabei wird sich dann entscheiden, ob und wie künftig weitere Regionalgespräche geführt werden sollen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Straßmeir (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 111 und 112): Trifft es zu, daß sich die DDR nach wie vor weigert, die Juniorenfahrkarten der Deutschen Bundesbahn auf ihrem Gebiet zuzulassen, und behandelt die Bundesregierung dieses Thema in den derzeit laufenden Verhandlungen mit der DDR? Ist die Bundesregierung bereit, zwischenzeitlich alternative Regelungen für jugendliche Transitreisende auf den Wegen von und nach Berlin zu schaffen? Zu Frage A 111: Ja! Die Deutsche Bundesbahn ist bemüht, in ihren Verhandlungen mit der Deutschen Reichsbahn die die vsl. im Juli 1978 stattfinden werden, über diesen Problemkreis zu sprechen. Zu Frage A 112: Bundesregierung und Deutsche Bundesbahn bemühen sich derzeit um eine. Ersatzlösung für Jugendliche aus Berlin (West). Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schmidt (München) (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage A 113): Ist die Bundesregierung bereit, Kraftstofftanks in die Liste der Fahrzeugteile aufzunehmen, die nach § 22 StVZO in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sein müssen, nachdem es in letzter Zeit Unfälle gegeben hat, in denen Kunststofftanks insbesondere bei Motorrädern mit schrecklichen Folgen explodiert sind? Der Bundesregierung ist bislang ein, Unfall bekanntgeworden, bei dem offenbar ein nachträglich an einem Kraftrad montierter Kraftstofftank aus Kunststoff für die Schwere des Unfalls mitentscheidend war. Die Bundesregierung wird diesen Fall zum Anlaß nehmen zu prüfen, ob eine Bauartgenehmigung (§ 22 a StVZO) für Kraftstofftanks an Krafträdern gerechtfertigt ist. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schulze (Berlin) (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage A 114): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bundesdruckerei von jedem Lehrstellenbewerber eine Gebühr von 20 DM für Prüfungsunterlagen fordert, wobei angenommene Bewerber die Gebühr zurückerhalten, nicht angenommene Bewerber jedoch keine Rückerstattung bekommen, und wie bewertet die Bundesregierung dieses Verfahren, und ist sie bereit, auf eine Streichung dieser Gebühr bei der Bundesdruckerei hinzuwirken? 7392* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Die Bundesdruckerei erhebt von Lehrstellenbewerbern keine Gebühren für Prüfungsunterlagen. In Berlin legen alle Interessenten für einen Ausbildungsplatz in einem Beruf der Berufsgruppe der Drucker vor dem Verband der Druckindustrie eine Eignungsfeststellung ab und bewerben sich dann mit den Unterlagen über die dabei erzielten Ergebnisse bei einem einschlägigen Ausbildungsbetrieb um Einstellung als Auszubildender. Der Verband der Berliner Druckindustrie erhebt von jedem Teilnehmer an der Eignungsfeststellung eine sogenannte Schutzgebühr in Höhe von 20,--DM. Diese Gebühr wird von dem Verband später denjenigen Auszubildenden erstattet, die einen Ausbildungsvertrag in einem Beruf der Berufsgruppe der Drucker abschließen. Die Bundesregierung wird die Angelegenheit verfolgen und versuchen, Abhilfe zu schaffen. Ihr ist bekannt, daß bereits seit längerem vom Senator für Arbeit in Berlin versucht worden ist, den Verband der Druckindustrie zu veranlassen, von der Kostenerhebung abzusehen. Dieses hat der Verband bisher abgelehnt. Lediglich in Fällen sozialer Härte wird auf die sog. Gebühr verzichtet. Auch die Bundesanstalt für Arbeit und die zuständige Industrie-und Handelskammer mißbilligen die Verbandspraxis. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Gobrecht (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen A 117 und 118) : Liegt ein Kabinettbeschluß der Bundesregierung, wonach das Hotel Petersberg vom Bund erworben werden soll, vor, und wann soll bejahendenfalls mit seiner Ausführung begonnen werden? Welche wesentlichen architektonischen Umbaumaßnahmen werden gegebenenfalls bei der Neugestaltung des Petersberghotels für erforderlich gehalten, und auf welche Summe werden sich Anschaffungs- und Umbaukosten belaufen? Zu Frage A 117: Die Bundesregierung hat in der Sitzung vom 3. Mai 1978 ihren Grundsatzbeschluß vom 25. Mai 1977 bekräftigt, ein Gästehaus für Zwecke des Bundespräsidenten und der Bundesregierung einzurichten. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wurde beauftragt, in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesminister der Finanzen die Voraussetzungen für eine abschließende Kabinettentscheidung noch im Juni zu schaffen (Standortalternativen). Erst danach kann eine Entscheidung des Bundeskabinetts für die eine oder andere Standortalternative fallen. Zu Frage A 118: Wie sich aus der Antwort auf die erste Frage ergibt, können Angaben über die möglichen Anschaffungs- und Umbaukosten im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht gemacht werden. Für den Petersberg kann jedoch schon jetzt gesagt werden, daß lediglich eine Modernisierung und Sanierung der Liegenschaft in Betracht käme, da dort Erweiterungs- oder Zubauten, wie sie in der Öffentlichkeit diskutiert wurden (Hotelneubau), wegen der Belange des Naturschutzes nicht zulässig sind. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Münster) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 119 und 120) : Beabsichtigt die Bundesregierung, im Lauf dieser Legislaturperiode eine Novelle zum Erschließungsrecht einzubringen, und wenn ja, mit welcher Zielrichtung? Welche Erkenntnisse hat die beim Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau bestehende Studiengruppe zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren im Bauwesen bislang gesammelt, und für wann kann mit der Vorlage konkreter Änderungsvorschläge gerechnet werden? Zu Frage A 119: Wie bereits dem Abgeordneten Lorenz Niegel auf seine Fragen zur Fragestunde am 10./11. Mai 1978 mitgeteilt worden ist, sind Vorarbeiten für eine Änderung des Erschließungsbeitragsrechts eingeleitet worden (Bericht der Arbeitsgruppe „Erschließungsbeitragsrecht") ; u. a. wegen der Schwierigkeiten, einen praktikablen und gerechten Verteilungsmaßstab zu finden, ist jedoch die Vorlage eines Gesetzentwurfs noch in dieser Legislaturperiode nicht vorgesehen. Zu Frage A 120: Die Arbeit der Studiengruppe „Beschleunigung der Genehmigungsverfahren im Bauwesen", in der u. a. auch Vertreter der drei Fraktionen im Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau des Deutschen Bundestages mitwirken, hat eine Reihe von Anregungen und Vorschlägen erbracht, die sich sowohl auf Genehmigungsverfahren im Bereich des landesrechtlichen Bauordnungsrechts als auch des Bundesbaugesetzes erstrecken. Die Vorschläge und Anregungen betreffen sowohl Fragen der Durchführung der Rechtsvorschriften in beiden Bereichen — hier muß die Umsetzung durch die Länder erfolgen — als auch Punkte, die legislatorische Schritte erfordern. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat den beteiligten Bundesressorts bereits einen vorläufigen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht zur Abstimmung zugeleitet. Die Länder ihrerseits sind in der ARGEBAU mit der Vorbereitung von Mustergesetzentwürfen zur Änderung der Musterbauordnung als Vorlage für Änderungen der Landesbauordnungen beschäftigt. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wird im 15. Bundestags-Ausschuß über die bisherige Arbeit der Studiengruppe in Kürze berichten. Anlage 38 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage A 123) : Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus den im Auftrag der amerikanischen Regierung durchgeführten Untersuchungen über das Verhalten der Unternehmer gegenüber staatlichen Förderungsmaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland, die das Ergebnis hatten, daß staatliche Förderungsmaßnahmen im Bereich von Forschung und Entwicklung nur eine sehr untergeordnete Rolle bei Forschungs- und Innovationsentscheidungen der Wirtschaft haben? Im Rahmen von größeren Untersuchungen der nationalen amerikanischen Wissenschaftsstiftung (National Science Foundation), Leitung Prof. A. H. Rubinstein, hat das Battelle-Institut im Jahre 1973/ 74 im Unterauftrag für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Länder-Studie mit dem Thema „Wirkungen ausgewählter staatlicher Maßnahmen auf das Innovationsverhalten der Unternehmen in zwei Branchen" durchgeführt. An deren Finanzierung hat sich das Bundesministerium für Forschung und Technologie beteiligt, um eine möglichst vollständige Auswertung der Erhebungen zu ermöglichen. Die Länder-Studie basiert auf 22 Befragungen in 13 Unternehmen vorwiegend aus den Branchen Maschinenbau und Chemie und wurde im September 1977 vorgelegt. Erhebungsmethode und Befragungskreis waren von A. H. Rubinstein vorgegegeben. Die Ergebnisse der Studie kleiden die Verfasser in relativ allgemein gehaltene Thesen. Deren Aussagekraft beurteilen die Verfasser selbst wegen der geringen empirischen Basis als nicht repräsentativ. Die Bundesregierung mißt deshalb den in dieser Studie enthaltenen Ergebnissen insbesondere wegen der mangelnden Repräsentanz geringe Bedeutung bei. Sie betrachtet die Ergebnisse im wesentlichen als überholt. Das breite, positive Echo auf das von der Bundesregierung am 12. April 1978 verabschiedete forschungs- und technologiepolitische Konzept für kleine und mittlere Unternehmen bestärkt sie vielmehr in ihren Bemühungen, in gesamtwirtschaftlichem Interesse liegende Innovationen auf breiter Basis verstärkt zu fördern. Anlage 39 Antwort des Bundesminister Dr. Hauff auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen A 124 und 125) : Welche Vorstellung hat die Bundesregierung hinsichtlich des Baus einer deutschen Urananreicherungsanlage in Gronau? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß eventuell der sogenannte trilaterale Vertrag modifiziert werden sollte? Zu Frage A 124: Die Bundesregierung fördert den Aufbau von Urananreicherungskapazitäten nach dem Gaszentrifugenverfahren im Rahmen des trilateralen Übereinkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden. Der Aufbau der Demonstrationskapazität von 2 000 jato UTA (Urantrennarbeit) ist begonnen worden an den Standorten Capenhurst (Großbritannien) und Almelo (Niederlande) mit Anlagen von 200 jato. Sobald der Baubeschluß für die Erweiterung dieser Anlagen auf 600 jato getroffen ist und entsprechende Maßnahmen eingeleitet sind, wird auch mit der Eröffnung des Standortes Gronau begonnen werden. Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren für den Standort Gronau wurde bereits eingeleitet. Zu Frage A 125: Das 1970 in Almelo geschlossene Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden ist eine gute Basis für den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern auf dem Gebiet der Gasultrazentrifuge. Die hier anstehenden aktuellen Aufgaben und Probleme sind nach Auffassung der Bundesregierung bei konstruktivem Zusammenwirken aller Beteiligten unter Ausschöpfung der nach den vertraglichen Vorschriften gegebenen Möglichkeiten zu lösen, und wir hoffen, daß dies gelingt. Anlage 40 Antwort des Bundesminister Dr. Hauff auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen A 126 und 127): Kann die Bundesregierung Presseberichte bestätigen, wonach die Arbeitsausnutzung der deutschen Kernkraftwerke 1977 insgesamt nur ca. 55 v. H. betrug und dabei insbesondere die Siedewasserreaktoren unter 30 v. H. lagen, auf welche Faktoren ist dies gegebenenfalls zurückzuführen, und sind diese längerfristiger Natur? Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen darüber, ob angesichts der absehbaren Verzögerungen beim Bau der Wiederaufarbeitungsanlage in Gorleben die Entsorgung der deutschen Kernkraftwerke stärker auf Zwischenlager oder auf ausländische Entsorgungsanlagen abgestützt werden soll? Zu Frage A 126: Die Bundesregierung führt keine Statistik über Auslastung oder Verfügbarkeit einzelner Kraftwerke; dies ist Sache der Betreiber oder entsprechender Verbände, die solche Zahlen für das Jahr 1977 m. W. noch nicht vollständig veröffentlicht haben. Ich kann daher zur Zeit zu den von Ihnen genannten Arbeitsausnutzungszahlen nicht Stellung nehmen. Zu Frage A 127: Angesichts möglicher Verzögerungen beim Bau der Wiederaufarbeitungsanlage Gorleben hat die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern und den betroffenen Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) Überlegungen angestellt, wie die Entsor- 7394* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 gung der deutschen Kernkraftwerke in den nächsten Jahren sichergestellt werden kann. Dabei zeigte sich die Notwendigkeit, ein Zwischenlager außerhalb des Entsorgungszentrums etwa für den Zeitraum 1984 bis 1987 bereitzustellen. Auf Vorschlag der nordrhein-westfälischen Landesregierung ist hierfür Ahaus in Aussicht genommen worden. Das Genehmigungsverfahren hierfür wurde inzwischen eingeleitet. Auf Grund der Situation im Ausland ist eine Abstützung auf weitere Entsorgungskapazität im Ausland über den von deutschen EVU mit COGEMA abgeschlossenen Vertrag über ca. 1 700 t abgebrannten Brennstoff hinaus in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Durch diesen Vertrag ist der Zeitraum bis 1984 abgedeckt. Die Bundesregierung geht davon aus, daß etwa ab 1986/1987 das vorrangig zu erstellende Eingangslager im Entsorgungszentrum eingesetzt werden kann. Darüber hinaus bestehen grundsätzlich weitere Zwischenlagerreserven in neuen Kernkraftwerken (mit einer Aufnahmefähigkeit bis zu acht Jahresentladungen) bzw. in der Umrüstung vorhandener Lager in den Kernkraftwerken auf Kompaktlagerung. Mit diesen Möglichkeiten lassen sich nach Auffassung der Bundesregierung eventuell auftretende Verzögerungen bis zur Verfügbarkeit des Eingangslagers im Entsorgungszentrum auffangen. Anlage 41 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Graf Huyn (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage A 137) : Trifft es zu, daß der Bundeskanzler in einem Interview mit dem Journalisten Arnaud de Borchgrave erklärt hat, er habe bei seinen Gesprächen mit dem sowjetischen KP-Generalsekretär Breschnew auf die Unvereinbarkeit der Abenteuerpolitik der Sowjetunion und ihrer Satelliten in Afrika mit der vorgegebenen Entspannungspolitik hingewiesen, und hat gegebenenfalls der Bundeskanzler dann diese Passage wieder gestrichen, wie die „Welt" vom 23. Mai 1978 unter dem Titel „Was der Kanzler aus einem Interview strich" berichtete, und wenn ja, warum, und wie ist dies mit den in Bonn und in mehreren westlichen Hauptstädten vorliegenden, bestätigten Informationen über die Drahtzieherrolle der SED-Machthaber bei dem blutig verlaufenen Terroristeneinfall in Zaire zu vereinbaren? In dem von Ihnen zitierten Interview hat der Bundeskanzler nicht von „Abenteuerpolitik der Sowjetunion" gesprochen. Das haben auch weder die „International Herald Tribune" noch die „Welt" behauptet. Die Tatsache, daß der Bundeskanzler sich entschlossen hat, die Formulierung „yes I did" zu streichen, hat allein damit zu tun, daß andernfalls der Eindruck hätte entstehen können, der Bundeskanzler akzeptiere die in der Frage des Interviews enthaltene pauschalierende Bewertung. Der Bundeskanzler hat sowohl auf der NATO-Konferenz als auch in seinem „Newsweek"-Interview und — was noch wichtiger ist — in seinen Gesprächen mit Generalsekretär Breschnew über jeden Zweifel klargemacht, daß nach Auffassung der Bundesregierung die kubanischen Aktivitäten in Afrika nicht vereinbar sind mit der in der gemeinsamen Deklaration beschriebenen Unteilbarkeit von Frieden und Sicherheit. Die von verschiedenen Seiten vorgebrachten Behauptungen, die DDR sei an dem Rebellenangriff auf Shaba beteiligt gewesen, konnten nicht bestätigt werden. Für ein direktes Eingreifen von DDR-Truppen oder Militärberatern gibt es nicht die geringsten Hinweise. Anlage 42 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage A 145) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung nach dem Besuch einer Bundestagsdelegation in Israel, den Export von Milan-Raketen über Frankreich nach Syrien zu stoppen? Über Lieferungen von Panzerabwehrraketen aus Frankreich entscheidet allein und souverän die französische Regierung nach eigenem Ermessen und in eigener Verantwortung. Aus der Bundesrepublik Deutschland sind keine Kriegswaffen in Länder des Nahen Ostens geliefert worden. Anlage 43 Antwort des Staatsministers Wischnewski auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Stutzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 1): Sind Zeitungsberichte zutreffend, nach denen der Bundeskanzler am 3. Mai 1978 in Bergneustadt Äußerungen, die der DGB-Vorsitzende Heinz-Oskar Vetter am Tag der Arbeit zur Wiederherstellung der Vollbeschäftigung machte, als „Schnapsidee" bezeichnete, und wenn ja, auf Grund welcher Überlegungen ist der Bundeskanzler zu dieser Wertung gekommen? Selbstverständlich hält der Herr Bundeskanzler weder die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung noch Äußerungen, die der DGB-Vorsitzende Heinz-Oskar Vetter am 1. Mai 1978 zu diesem Thema gemacht hat, für eine „Schnapsidee". Wer das persönliche Engagement des Herrn Bundeskanzlers für die weltweite Koordinierung der Wirtschaftspolitik zur Wiederherstellung der Vollbeschäftigung einerseits und seine besondere Wertschätzung für Heinz-Oskar Vetter andererseits kennt, weiß, daß der Bundeskanzler einen solchen Ausdruck in diesem Zusammenhang nicht verwenden würde. In seiner Rede vom 3. Mai 1978 in Bergneustadt kam es dem Herrn Bundeskanzler jedoch darauf an — und er hat dies, wie Ihnen sicher bekannt ist, bereits bei anderen Gelegenheiten getan —, darauf hinzuweisen, daß in einer Marktwirtschaft, in der täglich eine Vielzahl autonomer wirtschaftlicher Entscheidungen von Unternehmen, Verbrauchern, Verbänden etc. getroffen wird, der Staat nicht allein die Verantwortung für die Wiedererlangung der Vollbeschäftigung tragen kann. Wenn Sie die Rede Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7395* des Herrn Bundeskanzlers lesen, werden Sie feststellen, daß sich seine kritischen Bemerkungen —und die von Ihnen zitierte Formulierung — allgemein gegen gewisse Vorstellungen des Keynesianismus gerichtet haben. Anlage 44 Antwort des Staatssekretärs Bölling auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 2): Wie viele Mitarbeiter sind zur Zeit in den Presse- und Öffentlichkeitsreferaten der Bundesministerien beschäftigt, differenziert nach Planstellen-Beschäftigten und im Rahmen von Arbeitsverträgen eingestellten Personen, und wie viele Mitarbeiter sind insbesondere im Pressereferat des Bundesministeriums für Forschung und Technologie effektiv beschäftigt im Vergleich zum Sollansatz nach Bundeshaushaltsplan? Die Antwort ist in der beigefügten Ubersicht nach den Ist-Zahlen in den Bundesministerien — Stand vom 1. Mai 1978 — aufgeschlüsselt. Zu der gesonderten Frage nach der Zahl der im Pressereferat des Bundesministeriums für Forschung und Technologie effektiv Beschäftigten im Vergleich zum Sollansatz nach Bundeshaushaltsplan hat das Ressort darauf hingewiesen, daß sich unter den zehn Angestellten zwei Hilfskräfte befinden, die jeweils zu 50 v. H. Schreibarbeiten für das Pressereferat erledigen, so daß insoweit der allgemeine Schreibdienst nicht beansprucht werden muß. Darüber hinaus ist auf der Basis eines Zeitvertrages zur Zeit noch eine Aushilfskraft halbtags beschäftigt, die am 31. Dez. 1978 ersatzlos ausscheidet. Der Sollansatz des Referates enthält vier Beamten-Planstellen und vier Stellen für Angestellte, so daß sich bei Berücksichtigung der beiden Hilfskräfte für Schreibarbeiten ein Soll-Ist-Verhältnis von 8 : 9 ergibt. Das Auswärtige Amt weist zu seinen Angaben auf folgendes hin: Schreibkräfte werden zentral verwaltet und sind den einzelnen Arbeitseinheiten nicht unmittelbar unterstellt. Im Haushalt der Deutschen Bundespost sind im Referat für Presse, public relations, human relations und Meinungsforschung des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen auf Planstellen für Beamte insgesamt neun Beamte, fünf Beamtinnen sowie ein Angestellter und eine Angestellte beschäftigt. Nach § 3 des Gesetzes über die Verwaltung der Deutschen Bundespost vom 24. Juli 1953 (Postverwaltungsgesetz) ist das dem Post- und Fernmeldewesen gewidmete Bundesvermögen als Sondervermögen des Bundes mit eigener Haushalts- und Rechnungsführung von dem übrigen Vermögen des Bundes, seinen Rechten und Verbindlichkeiten getrennt zu halten. Bei den Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung ist zu berücksichtigen, daß das Referat als organisatorische Spitze des nachgeordneten Bereichs mit einem großen Arbeitsanteil auch Führungsfunktionen wahrzunehmen hat. Anlage Referat(e) Presse und Öffentlichkeitsarbeit Bundesministerium AngeBeamte stellte/ (Plan- Arbeiter stellenbe- (Arbeitsschäftigte) vertrage) Auswärtiges Amt des Innern 10,5 3 der Justiz 7 10 der Finanzen 4 6 für Wirtschaft 7 8,25 für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 7 7 für Arbeit und 4 8 Sozialordnung 3 17 der Verteidigung 19 10 für Jugend, Familie und Gesundheit (Beamte u. für Verkehr Soldaten) für Raumordnung, Bauwesen u. Städtebau 2 6 für innerdeutsche Beziehungen (davon 1¾-tags und vorübergehend) für Forschung und Technologie 3 5 für Bildung und Wissenschaft 2 7 für wirtschaftliche Zusammenarbeit 1 4 3 7 1 9,5 3 12 1 (Aushilfskraft) 1 (Zeitvertrag) Anlage 45 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 3 und 4) : Hat das Thema eventueller Sanktionen gegen Staaten, die den Sicherungsverpflichtungen gegen den Mißbrauch von Kernenergie für militärische Zwecke zuwiderhandeln, in bilateralen und/oder multilateralen Verhandlungen oder Erörterungen, an denen die Bundesregierung beteiligt war, bereits eine Rolle gespielt, und ist es dabei schon zu Absprachen formeller oder nicht formeller Art gekommen, und wenn ja, zu welchen? 7396* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Beabsichtigt die Bundesregierung zum Thema eventueller Sanktionen gegen Staaten, die den Sicherungsverpflichtungen gegen den Mißbrauch von Kernenergie für militärische Zwecke zuwiderhandeln, ihrerseits Anregungen und Vorschläge initiativ zu erarbeiten, die auf eine universell annehmbare Regelung abzielen? Zu Frage B 3: Die Frage zu ergreifender Maßnahmen bei Verletzung von Sicherheitsmaßnahmen durch den Empfänger nuklearer Gegenstände und Technologie wird in den Londoner Richtlinien unter Ziffer 14 behandelt. Die Richtlinien sind im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung Nr. 6 vom 17. Januar 1977 veröffentlicht worden. Der Auswärtige Ausschuß des Deutschen Bundestages ist am 19. Februar 1976 über die mit den Richtlinien zusammenhängenden Fragen in vertrau- licher Sitzung unterrichtet worden. Ich zitiere aus den Richtlinien, Ziffer 14, Buchstabe c) : „Ist ein Lieferland oder sind mehrere Lieferländer der Auffassung, daß auf diesen Richtlinien beruhende Abmachungen zwischen Liefer- und Empfängerland verletzt worden sind, insbesondere im Falle der Zündung einer Kernvorrichtung oder der rechtswidrigen Beendigung oder Verletzung der Sicherungsmaßnahmen der IAEO durch ein Empfängerland, so sollen die Lieferländer unverzüglich auf diplomatischem Wege Konsultationen aufnehmen, um festzustellen, ob und in welchem Umfang eine solche Verletzung stattgefunden hat. Solange ein Ergebnis dieser Konsultationen noch nicht vorliegt, werden die Lieferländer nichts unternehmen, was Maßnahmen präjudizieren könnte, die von anderen Lieferländern im Zusammenhang mit laufenden Kontakten zwischen Ihnen und jenem Empfängerland gegebenenfalls getroffen werden. Aufgrund des Ergebnisses dieser Konsultationen sollen die Lieferländer sich unter Berücksichtigung des Artikels XII der IAEO-Satzung auf eine entsprechende Reaktion und mögliche Maßnahmen einigen, zu denen auch die Einstellung der nuklearen Weitergabe an jenes Empfängerland gehören könnte." Zu Frage B 4: Die Bundesregierung hat sich seit Beginn der Arbeiten des Londoner Supplier Clubs im Jahre 1975 aktiv an dessen Beratungen beteiligt und wird sich weiterhin für geeignete Lösungen zur Verhinderung von Mißbrauch im Bereich der friedlichen Nutzung der Kernenergie einsetzen. Anlage 46 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 5) : Wie hoch waren die finanziellen Aufwendungen für den Staatsbesuch des Generalsekretärs der KPdSU, Breschnew, in der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit vom 4. bis 7. Mai 1978? Angesichts der Tatsache, daß Herr Breschnew Gast der Bundesregierung war, hält es die Bundesregierung für unpassend, dem Gast auf diese Weise nachträglich öffentliche eine Berechnung für „Speisen und Übernachtung" auszustellen. Die Bundesregierung ist gerne bereit, den zuständigen Ausschuß vertraulich über die allgemeinen Kosten von Staatsbesuchen zu informieren. Anlage 47 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Würzbach (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 6 und 7): Wie viele DDR-Berater mit militärischem Auftrag halten sich nach den Erkenntnissen der Bundesregierung zur Zeit mit welchen Funktionen in den verschiedenen afrikanischen Staaten auf, und waren diese Berater nach dem Wissensstand der Bundesregierung direkt oder indirekt an den Massakern von Kolwezi in Zaire beteiligt? Wie beurteilt die Bundesregierung das militärische Engagement der DDR in Afrika vor dem Hintergrund weltweiter Ent-spannungs- und Abrüstungsbemühungen, und wie hoch schätzt die Bundesregierung den Wert der militärischen Ausrüstungsgegenstände, welche die DDR den afrikanischen Staaten zur Verfügung stellt? Genaue Angaben über Truppen, militärische Berater, Ausbilder und Experten, die die DDR und andere Staaten des Warschauer Paktes in die verschiedenen Staaten Afrikas entsandt haben, liegen nicht vor. Auch über den Wert der militärischen Ausrüstungsgegenstände, die die DDR einigen afrikanischen Staaten geliefert haben soll, sind der Bundesregierung keine konkreten Zahlen bekannt. Im übrigen verweise ich auf die Antwort, die Bundesminister Genscher heute zu der entsprechenFrage Nr. 132 Ihres Kollegen Dr. Becher (Pullach) gegeben hat. Nach dem Wissenstand der Bundesregierung von heute waren Experten der DDR an den Massakern von Kolwezi nicht beteiligt. Ob die DDR an Vorbereitungen beteiligt war, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklungen in Afrika mit Sorge. Wir werden unsere bisherige Politik fortsetzen, die darauf angelegt ist, die Selbständigkeit der afrikanischen Staaten zu stärken und Konfliktstoff zu beseitigen. In diesem Sinne sind wir bereit, Verantwortung zu übernehmen und bei der friedlichen Lösung von Konflikten mitzuwirken. Anlage 48 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Langguth (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 8) : Wie ist die in dem Buch „Zwischenbilanz — Zur Entwicklung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion" (Köln 1978) des vom Bundesamt für Verfassungsschutz als prokommunistisch eingestuften Verlages PahlRugenstein, in dem auch Beiträge von Leonid Breschnew, Alexej Kossygin, Andrey Gromyko oder auch des DKP-Vorsitzenden Herbert Mies veröffentlicht wurden, abgedruckte Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7397* Dankesadresse („Der Verlag dankt dem Bundeskanzleramt, dem Auswärtigen Amt, besonders Herrn Bundesminister Hans-Dietrich Genscher, sowie der Botschaft der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in der Bundesrepublik Deutschland und der Presseagentur Nowosti für die freundliche Unterstützung bei der Zusammenstellung des vorliegenden Bandes") zu interpretieren, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, klarzustellen, daß sie zu keiner Zeit diesem Buchprojekt eine „freundliche Unterstützung" hat zuteil werden lassen? Mit Schreiben vom 17. Februar 1978 unterrichtete Herr Neuhöffer vom Pahl-Rugenstein-Verlag in Köln den Bundesminister des Auswärtigen, daß sein Verlag aus Anlaß des bevorstehenden Besuchs von Generalsekretär Breschnew ein Buch mit Äußerungen deutscher und sowjetischer Politiker zum Stand der Beziehungen zwischen beiden Ländern und Völkern vorbereite. In diesem Schreiben wurde gebeten, daß auch der Bundesminister des Auswärtigen geeignete Äußerungen zur Verfügung stelle. Bundesminister Genscher sah keine Veranlassung, dem Verlag bereits bekannte und veröffentlichte Äußerungen vorzuenthalten; auch meine zuvor in Moskau gehaltene Ansprache wurde zur Verfügung gestellt. Weitere Unterstützung hat der Verlag bei der Herausgabe des Buches vom Auswärtigen Amt nicht erhalten. Wie dem inzwischen unter dem Titel „Zwischenbilanz" erschienenen Buch entnommen werden kann, stammen weitere Beiträge u. a. vom bayerischen Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, Anton Jaumann, zum Thema „Bayern in Moskau" und vom Ministerpräsidenten des 'Saarlandes, 'Franz-Josef Räder, über die freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem Saarland und Georgien. Anlage 49 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 9 und 10) : Betrachtet die Bundesregierung die Beschuldigungen des polnischen kommunistischen Parteichefs Gierek gegen die Bundesregierung und unsere innere Ordnung in der Trybuna Luda (Nachrichtenspiegel Ostteil vom 5. Mai 1978) — „Wir sind besorgt über die Lage in der Bundesrepublik Deutschland, wo rechtsgerichtete und nationalistische Kräfte immer aktiver werden. Diese Kräfte versuchen, historische Fakten zu untergraben und Argumente über die Einheit Deutschlands zu verbreiten, indem sie den Status von West-Berlin unter Umgehung der bestehenden internationalen Abkommen in Frage stellen. In einigen Fragen gibt sogar die Regierung der Bundesrepublik Deutschland diesem Druck nach. Ich und der Genosse Breschnew stimmen voll und ganz darin überein, daß diesen Tendenzen entschieden entgegengetreten werden sollte" — als Einmischung in die inneren Angelegenheiten, und was beabsichtigt sie dagegen zu tun? Hat der sowjetische Staats- und Parteichef Breschnew in seinen offiziellen Reden in Bonn im Russischen von der Bundesrepublik Deutschland gesprochen oder hat er für Deutschland den Genetiv im Zusammenhang mit der Bundesrepublik Deutschland (Germanii) gebraucht, und entspricht es gegebenenfalls nicht internationalen Gepflogenheiten, jeden Staat auch in der eigenen Sprache so zu bezeichnen, wie er sich auf Grund seiner Verfassung selbst nennt? Zu Frage B 9: Äußerungen ausländischer Politiker über die innere Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland sind nicht neu. Sie sind, insbesondere wenn sie von polnischer Seite fallen, aus der jüngsten Geschichte zu erklären. Es kann nicht Aufgabe der Bundesregierung sein, zu diesen sich immer wiederholenden Äußerungen Stellung zu nehmen. Die bisherige Entwicklung der inneren Ordnung der Bundesrepublik Deutschland hat diese Kritik auf eindrucksvolle Weise widerlegt. Ich möchte mich daher auf die Feststellung beschränken, daß die Bundesregierung die Auffassung des Ersten Sekretärs des Zentralkomitees der PVAP, Edward Gierek, nicht teilt, daß rechtsgerichtete und nationalistische Kräfte immer aktiver werden. Den über die innere Lage in der Bundesrepublik Deutschland gemachten Feststellungen sowie den daraus gezogenen Folgerungen vermag sich die Bundesregierung daher nicht anzuschließen. Zu Frage B 10: Generalsekretär Breschnew hat in seinen offiziellen Reden in Bonn im Russischen unseren Staatsnamen in einer Form benutzt, die für uns keine korrekte Übersetzung darstellt und die wir daher nicht billigen können; sie ist jedoch im sowjetischen Sprachgebrauch seit längerem üblich. Die Bundesregierung hat bei der sowjetischen Regierung wiederholt offizielle Demarchen wegen der richtigen Übersetzung unseres Staatsnamens unternommen. Sie wird auch in Zukunft daran festhalten, daß es das Recht eines jeden souveränen Staates ist, auf einer korrekten Übersetzung seines Namens zu bestehen. Anlage 50 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 11): Wann beabsichtigt die Bundesregierung, meinen Brief an das Auswärtige Amt vom 18. März 1978 — angemahnt am 27. April 1978 — wegen eines angeblich geplanten Darlehens an Bolivien für die Einwanderung deutscher Staatsangehöriger aus Süd-Afrika zu beantworten? Ihr Schreiben vom 18. März 1978, in dem Sie Auskunft über angebliche Umsiedlungspläne für Personen aus dem südlichen Afrika nach Bolivien erbeten hatten, habe ich am 11. Mai 1978 beantwortet. Zur Bestätigung des bereits im Mai 1977 in der Fragestunde des Deutschen Bundestages angesprochenen Sachverhalts wurden erneute Nachforschungen angestellt. Die Beantwortung Ihres Schreibens hat sich dadurch leider verzögert. Vorsorglich füge ich eine Abschrift bei. Abschrift Für den Bundesminister des Auswärtigen danke ich Ihnen für Ihr Schreiben vom 18. März, in dem Sie um Auskunft über angebliche Umsiedlungspläne für Personen aus dem südlichen Afrika nach Bolivien bitten. Die nationale und internationale Presse hat wiederholt berichtet, die Bundesregierung plane, Deut- 7398* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 sehe und Deutschstämmige aus dem südlichen Afrika in Bolivien anzusiedeln und dafür einen Betrag von 150 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen. Diese Meldungen wurden bereits am 8. Mai 1977 durch den Sprecher des Auswärtigen Amtes dementiert. Der Sprecher hat erklärt, daß die Bundesregierung weder in vertraulichen noch in anderen Gesprächen mit südamerikanischen Regierungen die Möglichkeit einer Umsiedlung erörtert habe. Auch in der Fragestunde. des Deutschen Bundestages am 27. Mai 1977 wurde das Thema angesprochen. Ich habe dem Abgeordneten Böhm (CDU/ CSU) auf seine Frage nach dem Wahrheitsgehalt einschlägiger Presseberichte geantwortet: „Presseberichte, nach denen sich die Bundesregierung für eine Umsiedlungsaktion von Deutschen und Deutschstämmigen nach Südamerika einsetzt, haben keinerlei Grundlage." Am 11. November 1977 hat Staatsminister Wischnewski auf eine Anfrage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU), ob es zutreffe, daß im Auswärtigen Amt Überlegungen angestellt .werden, Mittel für die Aussiedlung Deutscher aus Südwestafrika bereitzustellen, geantwortet: „Es trifft nicht zu, daß im Auswärtigen Amt solche Überlegungen angestellt werden. Vielmehr hat die Bundesregierung immer .die Auffassung vertreten — und sie ist hierin auch von afrikanischer Seite bestärkt worden —, daß die Deutschen und Deutschstämmigen in Südwestafrika/Namibia auch nach der Unabhängigkeit des Territoriums einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Entwicklung Namibias werden leisten können." Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen B 12 und 13): Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherigen praktischen Auswirkungen zur Verhinderung von medikamentösen und pharmakologischen Hilfen im Bereich des Leistungssports — auf Grund der vom Deutschen Sportbund, dem Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland und den Fachverbänden gefaßten Beschlüsse —, und welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung im einzelnen für ihren Zuständigkeitsbereich der Sportförderung und im Zusammenwirken mit den Bundesländern eingeleitet oder verwirklicht? Trifft es nach dem Wissensstand der Bundesregierung zu, daß — wie von Leistungssportlern (z. B. von dem Hammerwerfer Walter Schmidt, Welt-Interview vom 15. April 1978) behauptet wird — in der Bundesrepublik Deutschland jetzt noch mehr geschluckt und gespritzt wird als vor einem Jahr und Rezepte und Medikamente weiterhin in einem höheren Umfange als zuvor unter der Hand ausgegeben werden, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Zu Frage B 12: Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen werden die in der Grundsatzerklärung des Deutschen Sportbundes vom 11. Juni 1977 und in den Rahmenrichtlinien zur Bekämpfung des Doping vom 3. Dezember 1977 enthaltenen Forderungen und Vorschriften gegen die Anwendung unerlaubter Hilfsmittel im Spitzensport von den SportOrganisationen der Bundesrepublik Deutschland unterstützt und beachtet. Das Bundesministerium des Innern macht seinerseits die Bewilligung von Sportförderungsmitteln davon abhängig, daß der Zuwendungsempfänger die erforderliche gesundheitliche Vorsorge und Betreuung der Sportler, die an seinen Maßnahmen teilnehmen, insbesondere auch die Teilnahme an regelmäßigen Kontrolluntersuchungen sicherstellt, und die von den zuständigen internationalen und nationalen Sportorganisationen erlassenen Bestimmungen gegen Doping beachtet sowie gewährleistet, daß eine Manipulation im Sinne des Abschnitts I Nr. 5 der Grundsatzerklärung des Deutschen Sportbundes für den Spitzensport vom 11. Juni 1977 ausgeschlossen ist. Die Bundesregierung unterstützt außerdem Bemühungen der Fachverbände um eine Verbesserung der medizinischen und physiotherapeutischen Betreuung der Athleten bereits im Training. Hierin sieht sie eine besonders wirksame Möglichkeit, dem Doping entgegenzuwirken. Sie wird deshalb für Maßnahmen in diesem Bereich künftig verstärkt Mittel zur Verfügung stellen. Zu Frage B 13: Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, daß seit einem Jahr die unerlaubte Anwendung von Medikamenten oder anderer Hilfsmittel zur Leistungssteigerung im Spitzensport zugenommen hat. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen ist vielmehr die Zahl der positiven Dopingproben im Verhältnis zur Zahl der insgesamt geprüften Proben rückläufig. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Renger (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen B 14 und 15) : Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit zur Errichtung eines „Deutschen Sportmuseums", und unter welchen Voraussetzungen würde die Bundesregierung zur Förderung und Mitwirkung bereit sein? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß auch zur Darstellung und Pflege einer gemeinsamen deutschen Sportgeschichte die Errichtung eines „Deutschen Sportmuseums" wünschenswert ist, und hat die Bundesregierung — im Zusammenwirken mit den Sportorganisationen — bereits Überlegungen angestellt, die die Standortfrage, Trägerschaft und Finan zierung klären sollen? Die Bundesregierung steht der vom Sport angestrebten Errichtung eines „Deutschen Sportmuseums" aufgeschlossen gegenüber. Hierbei würdigt sie auch die Bedeutung eines solchen Museums für die Darstellung und Pflege einer gemeinsamen deutschen Sportgeschichte. Die Bundesregierung arbeitet deshalb in einer vom Deutschen Sportbund und vom Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland gebildeten Arbeitsgruppe, die sich mit Konzeptionen zur Errichtung eines Sportmuseums befaßt, beratend mit. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7399e Entscheidende Voraussetzung für eine Förderung durch die Bundesregierung ist eine überzeugende Gesamtkonzeption, eine breitgefächerte Finanzierung, die außer von den beteiligten Sportverbänden und Institutionen auch von allen in Betracht kommenden Gebietskörperschaften getragen wird, sowie die Verfügbarkeit der erforderlichen Haushaltsmittel. Hinsichtlich der Bereitstellung von Sportförderungsmitteln haben entsprechend der primär auf die Förderung des Hochleistungssports ausgerichteten Finanzierungszuständigkeit des Bundes für die Bundesregierung Maßnahmen dieser Art den Vorrang, derzeit insbesondere solche, die der Vorbereitung unserer Spitzensportler auf die Olympischen Spiele 1980 dienen. Die Überlegungen der von dem Deutschen Sportbund und dem Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland gebildeten Arbeitsgruppe zur Standortfrage, Finanzierung und Trägerschaft sind noch nicht abgeschlossen. In der Arbeitsgruppe besteht jedoch schon jetzt Einvernehmen darüber, daß ein Deutsches Sportmuseum eine private Trägerschaft erhalten sollte. Zum Standort des Museums hat die ordentliche Mitgliederversammlung (Bundestag) 1978 des Deutschen Sportbundes am 27. Mai 1978 in Übereinstimmung mit dem Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland ein positives Votum für Köln abgegeben. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 16): Ist der Bundesregierung bekannt, ob sich in jüngster Zeit die Nebentätigkeiten von Beamten staatlicher Baubehörden im Zuständigkeitsbereich des Bundes erheblich ausweiteten und dadurch zahlreichen Architekten und Bauingenieuren Planungsaufträge verlorengehen, und wenn ja, welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, die nebenamtliche Tätigkeit von Staatsdienern in Baubehörden wirksam einzuschränken? Der Bundesregierung ist für den Bereich der Bundesverwaltung eine Zunahme der in Ihrer Frage genannten Nebentätigkeiten nicht bekannt. Eine Umfrage bei verschiedenen größeren Bundesbehörden (Bundesbahn-, Oberpost-, Wasser- und Schiffahrtsdirektionen, Bundesbaudirektion) hat ergeben, daß die Nebentätigkeiten auf dem Bausektor dort insgesamt nicht zugenommen haben und bezogen auf das gesamte Personal des bautechnischen Dienstes kaum ins Gewicht fallen. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Krockert (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 17): Unterliegen die im Ausländerzentralregister beim Bundesverwaltungsamt erfaßten Daten dem gesetzlichen Datenschutz, und wem steht auf Grund welcher Vorschriften ein Abfragerecht bei diesem Register zu? Die im Ausländerzentralregister beim Bundesverwaltungsamt elektronisch gespeicherten, personenbezogenen Daten unterliegen dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Nach § 13 Abs. 1 BDSG ist einem Ausländer auf Antrag Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen. Darüber hinaus ist die Übermittlung personenbezogener Daten an Behörden des Bundes und der Länder zulässig, soweit die Kenntnis der Daten zur rechtmäßigen Aufgabenerfüllung dieser Behörden erforderlich ist (§ 10 Abs. 1 BDSG). Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Blüm (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 18) : Trifft der Pressebericht der Frankfurter Neuen Presse vom 23. März d. J. zu, wonach das Bundesinnenministerium dem Statistischen Bundesamt seit 1970 nicht mehr erlaubt, der Wissenschaft Mikrodaten zur Verfügung zu stellen, wie der Präsident der Frankfurter Universität, Professor Hans-Jürgen Krupp, der Mitherausgeber der Studie „Umverteilung im Sozialstaat" ist, im Vorwort dieser Studie angibt? Die Feststellung der Frankfurter Neuen Presse vom 23. März 1978, wonach die Bereitstellung von Mikrodaten für wissenschaftliche Zwecke durch das Statistische Bundesamt ab 1970 aufgrund einer entsprechenden Weisung meines Hauses unterbleibt, trifft nicht zu. Das Statistische Bundesamt ist in den zurückliegenden Jahren mehrfach von einzelnen Forschungseinrichtungen um die Weiterleitung von Einzelangaben, d. h. von personenbezogenen Daten aus amtlichen Statistiken, zur Durchführung bestimmter sozialwissenschaftlicher Forschungsprojekte gebeten worden. Ob eine Weiterleitung von Einzelangaben möglich ist, richtet sich nach den Geheimhaltungsbestimmungen des § 12 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke und den die einzelne Statistik anordnenden besonderen Rechtsvorschriften. Das Statistische Bundesamt bzw. die Statistischen Landesämter haben in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob aufgrund dieser Vorschriften die Weiterleitung von Einzelangaben zulässig ist. Die von Ihnen angesprochene Frage wurde im übrigen bereits in der 85. Sitzung des Deutschen Bundestages am 19. April 1978 behandelt. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 8/1826 Fragen B 19 und 20): In welchen Ländern und in welchem Umfang ist nach dem Wissensstand der Bundesregierung bis jetzt zum Schutz der Ozonschicht der Erde der Gebrauch von Fluorkohlenwasserstoffen z. B. in Spraydosen, bei Kühlschränken usw. verboten bzw. eingeschränkt worden? Wie beurteilt die Bundesregierung gegebenenfalls den Nutzen solcher Maßnahmen, und inwieweit wird die Position der Bundesregierung zu dieser Problematik dadurch tangiert? 7400* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Nach den mir vorliegenden Informationen (Federal Register vom 17. März 1978) wird in den USA die Herstellung von Spraydosen, die als Treibmittel Fluorkohlenwasserstoff enthalten, ab 15. Dezember 1978 verboten sein. Eine entsprechende Regelung wird in Schweden ab 1. Juli 1979 gelten. In Übereinstimmung mit den Vereinigten Staaten und den Partnern in den Europäischen Gemeinschaften ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die weitere Verwendung von Fluorkohlenwasserstoffen (FKW) für Sprays langfristig zu einer Schädigung der Ozonschicht mit möglicherweise schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt führen kann. Das globale Problem der FKW kann letztlich nur international gelöst werden. Die Bundesregierung hat im Rahmen einer internationalen Konferenz im April 1977 in Washington mit der Mehrheit der dort vertretenen Regierungen die Absicht bekundet, vorerst eine Verminderung der FKW durch eine freiwillige Umstellung der Industrie auf Spraydosen mit mechanischen Pumpen oder mit umweltfreundlichen Treibgasen zu erreichen. Die Bundesregierung hat in Verhandlungen mit der deutschen chemischen Industrie folgendes erreicht: 1. Mit Bestimmtheit wird die der Bundesregierung schon früher zugesagte Verminderung von 25 bis 30 % bis Ende 1979 eingehalten werden. 2. Durch eine bereits begonnene Großaufklärungsaktion der Abfüller sollen die Konsumenten darüber aufgeklärt werden, daß alle Anstrengungen gemacht werden, um die FKW in den Spraydosen zu eliminieren. Die Substitionsprodukte in Form von Aerosoldosen mit CO2 oder Propan/Butan als Treibmittel werden vom Markt voll angenommen. Die Substitution erfordert aber neue Abfüllanlagen neben den weiter betriebenen FKW-Anlagen. Erhebliche Investitionen müssen somit getätigt werden. Eine kurzfristige Umrüstung kann daher nicht erfolgen. Im Rahmen einer weiteren internationalen Konferenz, zu der die Bundesregierung für Dezember 1978 nach Bonn einladen wird, sollen die inzwischen gewonnenen wissenschaftlichen Ergebnisse ausgetauscht und das weitere Vorgehen zur Beschränkung der FKW abgestimmt werden. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Holtz (SPD) (Drucksache 1826 Frage B 28) : Gedenkt die Bundesregierung, einen Transplantationsgesetzentwurf zu verabschieden, und wenn ja, wann ist mit der Verabschiedung zu rechnen? Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, die bestehende Rechtsunsicherheit auf dem Gebiet der Transplantationschirurgie zu beseitigen, und zwar durch Vorlage eines Gesetzentwurfs, in dem die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Entnahme von Organen und anderen Körperteilen Verstorbener geregelt sind. Den hierzu gefertigten Referentenentwurf hat das Bundesministerium der Justiz am 12. Mai 1978 zur Stellungnahme versandt. Der Gesetzentwurf soll im Juli mit den Landesjustizverwaltungen erörtert werden. Die Bundesregierung beabsichtigt, über den Entwurf im September des Jahres zu beschließen. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Zink (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 29) : Beabsichtigt die Bundesregierung, eine Erhöhung der Pauschsätze bei Lohn- und Einkommensteuer für Sendungen in die DDR in absehbarer Zeit vorzunehmen? Aufwendungen für Unterhaltsleistungen an Verwandte und sonstige Angehörige in der DDR werden als außergewöhnliche Belastung nach § 33 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes berücksichtigt. Nach dieser Vorschrift wird die Einkommensteuer (Lohnsteuer) dadurch ermäßigt, daß die Aufwendungen, höchstens jedoch 3 000 DM im Kalenderjahr für jede unterhaltene Person, einkommensmindernd abgezogen werden. Die Aufwendungen müssen grundsätzlich nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden. Durch Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder, von denen nach der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland die Einkommensteuer (Lohnsteuer) verwaltet wird, sind aus Vereinfachungsgründen für jedes versandte Paket ein Pauschbetrag von 30 DM und für jedes versandte Päckchen ein solcher von 20 DM zugelassen worden. Die Frage einer Erhöhung der Pauschbeträge ist wiederholt mit Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder erörtert worden. Nach dem Ergebnis dieser Besprechungen erfüllt die getroffene Vereinfachungsmaßnahme auch heute noch ihren Zweck. Erwachsen dem Steuerpflichtigen durch Zuwendungen zur Bestreitung des Lebensbedarfs im Kalenderjahr höhere Aufwendungen und werden diese nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht, so können die tatsächlichen Aufwendungen im Rahmen des für jede unterhaltene Person maßgeblichen Höchstbetrags geltend gemacht werden. Auch im Hinblick hierauf ist eine Erhöhung der bezeichneten Pauschbeträge nicht geboten. In letzter Zeit habe ich eine entprechende schriftliche Anfrage des Kollegen Dr. Ottfried Hennig für die Fragestunde am 19./20. April 1978 im gleichen Sinne beantwortet (siehe Anlage 30 des Protokolls über die 86. Sitzung des Deutschen Bundestages am 20. April 1978). Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7401* Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Regenspurger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 30) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Wertgrenze von 50 DM für steuerlich abziehbare Wertgeschenke angesichts der seit 1974 eingetretenen Kostensteigerung und angesichts der Beschäftigungslage in der Werbeartikelbranche, aber auch aus Gründen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, angehoben werden muß, und gedenkt sie, entsprechende Konsequenzen zu ziehen? Anhand der statistischen Unterlagen über die wirtschaftliche Situation und die Beschäftigungsentwicklung in der Werbeartikelbranche ist es kaum feststellbar, ob eine gewisse Stagnation der Umsätze und die Beschäftigungssituation in der Geschenkeartikelherstellerindustrie auf die Beschränkung des Abzugs von Geschenkaufwendungen bei der steuerlichen Gewinnermittlung zurückzuführen ist. Vielmehr dürften die Konjunkturentwicklung und andere wirtschaftliche Faktoren, wie z. B. die allgemeine Zurückhaltung der Unternehmen auf dem Werbesektor und der Trend zu einer zunehmenden Kooperation der Werbeartikel-Hersteller mit sog. „Billigländern" einen wesentlichen Einfluß auf die wirtschaftliche Situation der Werbeartikelbranche haben. Die Bundesregierung hat bereits zu ähnlichen parlamentarischen Anfragen der Abgeordneten Dr. Weber am 24. März 1977 (Plenarprotokoll 8/21, S. 1370, Anlage 18), Dr. Meyer zu Bentrup am 20. April 1977 (Plenarprotokoll 8/22, S. 1426) und Dr. Kreile am 7. September 1977 (BT-Drucksache 8/1014, S. 27) Stellung genommen. Die steuerpolitischen Gründe, die für eine Festsetzung der Wertgrenze für Werbegeschenke auf 50 DM je Empfänger und Wirtschaftsjahr im Verlauf der parlamentarischen Beratungen zur Steuerreform im Jahre 1974 bestimmend waren, bestehen fort, auch wenn inzwischen gewisse Kostensteigerungen eingetreten sind. Die Bundesregierung hält daher eine Erhöhung der Wertgrenze von 50 DM nicht für gerechtfertigt. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Kreile (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 31 und 32) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Aufwendungen der Selbständigen, die dem steuerfreien Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung entsprechen, bis zu 2 000 DM jährlich ausmachen können, und hält sie es für verfassungskonform, daß diese Aufwendungen nur im Rahmen der allgemeinen Vorsorgehöchstbeträge abgezogen werden können, während bei Arbeitnehmern die steuerfreien Arbeitgeberanteile zur Krankenversicherung nicht auf diese Vorsorgehöchstbeträge angerechnet werden? Hält die Bundesregierung die Höhe des Vorwegabzugs bei den laufenden Sonderausgaben von 1 500 bzw. 3 000 DM jährlich auch bei denjenigen Angehörigen der freien Berufe und denjenigen Selbständigen für verfassungskonform, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 11 AVG i. d. F. des Rentenreformgesetzes vom 16. Oktober 1972 (BGBl. I S. 1965) auf Antrag versicherungspflichtig geworden sind und die somit demselben Versorgungssystem angehören wie die Arbeitnehmer (vgl. Antwort auf die schriftliche Frage B 33 für die Fragestunde am 26./27. April 1978) ? Zu Frage B 31: Der zusätzliche Sonderausgabenabzug für Versicherungsbeiträge (sog. Vorwegabzug) ist auch für Beiträge zu einer Krankenversicherung bestimmt. Wenn bei sozialversicherten "Arbeitnehmern der Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Krankenversicherung anders als der Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht auf den Vorwegabzug anzurechnen ist, so handelt es sich hierbei um eine Vereinfachungsmaßnahme. In dem in meiner Antwort zu Ihrer Frage Nr. 52 zitierten Beschluß vom 2. Mai 1978 hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber für berechtigt erklärt, auf dem Gebiet des Steuerrechts im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit zwischen Selbständigen und Nichtselbständigen zu unterscheiden. Es hat mit dieser Begründung dem Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip die Möglichkeit anerkannt, die zur Finanzierung der Rentenversicherungsanwartschaften der Arbeitnehmer erbrachten Beiträge steuerlich im Verhältnis zu den Beiträgen der Selbständigen unterschiedlich zu behandeln. Diese Beurteilung trifft in erhöhtem Maße für die Beiträge zur Krankenversicherung zu. Das mögliche wirtschaftliche Ausmaß der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung ist hier geringer als bei den Beiträgen zur Rentenversicherung. Zu Frage B 32: Wie ich Ihnen in meinem Schreiben vom 27. April 1978 — IV B 3 — S 2221 — 58/78 — auf Ihre schriftliche Anfrage für die Fragestunde des Deutschen Bundestages am 26./27. April 1978 mitgeteilt habe, hält die Bundesregierung die Vorschriften über den Vorwegabzug für verfassungskonform. Das gilt auch für die Fälle, in denen ein Selbständiger nach § 2 Abs. i Nr. 11 des Angestelltenversicherungsgesetzes auf eigenen Antrag versicherungspflichtig geworden ist. Diese Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 2. Mai 1978 1 BvR 136/78, mit ,dem eine gegen die Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 3 ESt gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wurde, bestätigt. Es hat in der Begründung dazu ausgeführt, ,der Gesetzgeber brauche für Beiträge der zur Angestelltenversicherung beigetretenen Selbständigen nicht einen über die Höchstbetragsgrenze hinausgehenden Sonderausgabenabzug vorzusehen. Er könne auf dem Gebiet des Steuerrechts im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit zwischen Selbständigen und Nichtselbständigen unterscheiden. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Rühe (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 33 und 34) : Welches sind die Gründe dafür, daß die Bundesregierung die am 8. Juni 1977 vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verstöße gegen das grundgesetzlich verankerte Gleichheitsprinzip bei der steuerlichen Behandlung unterhaltspflichtiger geschiedener Väter und Mütter noch nicht korrigiert hat? Wann und welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um auf diesem Gebiet die Verfassungskonformität herzustellen? 7402* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1978 am 31. Mai 1978 beschlossen. Für die bisherige zeitliche Behandlung war die Suche nach praktikablen, haushaltsmäßig tragbaren Lösungen, die auch verfassungsmäßig vertretbar sind, maßgebend. Die weitere Behandlung der Vorlage wird dem üblichen Gesetzgebungsverfahren entsprechen. Zu Ihrer Unterrichtung über den Inhalt der Vorlage füge ich einen Abdruck eines Sprechzettels für den Regierungssprecher bei. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Schuchardt (FDP) (Drucksache 8/1826 Fragen B 35 und 126) : Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die zwischenzeitlichen Auswirkungen der letzten Dollarabwertung auf Pro-Einkommen, Investitionskapazität, Außenhandelsbilanz und Verschuldungsquote der MSAC-Länder? Treffen nach dem Wissensstand der Bundesregierung Berichte zu, wonach „deutsche Firmen pro Person und Monat für einen Ausbildungsplatz zur Fortbildung von Fach- und Führungskräften aus Entwicklungsländern" zwischen „4 000 bis 8 000 DM" verlangen und außerdem keiner fachlichen Kontrolle über das Ausbildungsangebot unterliegen, und welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung gegebenenfalls aus diesen Berichten? Zu Frage B 35: Der Außenwert der DM gegenüber dem US-$ hat sich von Januar 1976 von 123,8 (1972 = 100) auf 158,4 (März 1978) verbessert. Die DM hat jedoch nicht gegenüber allen anderen wichtigen Währungen in gleichem Maße an Wert gewonnen, so daß man von einem allgemeinen Wertgewinn der DM oder einem Wertverlust des US-$ sprechen könnte. Nimmt man die DM als Vergleichsmaßstab gegenüber den Währungen von 22 wichtigen Handelspartnern, so verloren eine Reihe wichtiger Währungen noch erheblich mehr an Wert als der US-$ (z. B. Schweden-Krone, Kanadischer Dollar). Bei etlichen Währungen war die Entwicklung eher wie bei der DM (z. B. Holländischer Gulden, Belgischer Franc), während einige wiederum sich gegenüber der DM noch verbesserten (Schweizer Franken, Yen). Währungen, die an den französischen Franken gebunden sind (Frankenzone in Afrika, CFA-frs.), werteten im geringen Umfang zum US-$ auf (z. B. Kamerun, Zentralafrikanisches Kaiserreich, Tschad), und zwar von 1973 bis Anfang 1978 um etwa 3 %. Die Wechselkurse der Währungen einiger anderer MSA-Länder sind hingegen an den US-$ gebunden (z. B. Ägypten, Ghana, Pakistan), so daß diese Länder das gleiche Wechselkursverhältnis zum US-$ von 1973 bis Anfang 1977 beibehielten. Bei anderen Ländern, insbesondere solchen, die wegen starker Inflationierung Abwertungen ihrer Währungen vornehmen mußten, hat sich der Wert dieser Währungen gegenüber dem US-$ verschlechtert (z. B. Kenia, Sri Lanka). Aus der genannten sehr differenzierten Entwicklung lassen sich deshalb nur wenige allgemeine Aussagen ableiten. Veränderungen in bezug auf das Pro-Kopf-Einkommen der MSA-Länder sind auf Grund der kurzen Zeitspanne noch nicht nachweisbar. Nicht ungünstig war die Außenhandelssituation der Entwicklungsländer in den letzten Jahren, deren Handelsbilanzdefizit sich von 43,17 Mrd. US-$ (1975) auf 21,77 Mrd. US-$ (1976) verringerte. Diese Entwicklung war auch insbesondere in der Gruppe der Länder mit niedrigerem Einkommen, zu der die meisten MSA-Länder zählen, ausgeprägt, deren Handelsbilanzdefizit von 4,80 Mrd. $ (1975) auf 0,05 Mrd. $ (1976) zurückging. Stark zugenommen hat aber die Verschuldung der Entwicklungsländer, und zwar von 173 Mrd. $ (1975) auf 207 Mrd. $ (1976). Bedingt durch die Verbesserung der Exportfähigkeit einer Reihe wichtiger MSA-Länder hat sich trotzdem der Schuldendienstquotient (Verhältnis der Schuldendienstzahlungen zu den Exporterlösen) verbessert (1968-1973: 17,4 %; 1974-1976: 14,3 %). Das Wachstum der Anlageninvestitionen der Entwicklungsländer mit niedrigerem Einkommen war in den letzten Jahren recht ungünstig; es war 1975 12,1 % niedriger als im Vorjahr. Diese Entwicklung dürfte u. a. auf eine rückläufige Sparrate in diesen Ländern zurückzuführen sein. Nach einer Prognose der Weltbank wird die Situation auch 1980 kaum günstiger sein. Diese Entwicklungstendenzen dürften aber kaum auf die Veränderungen der Wechselkurse der Währungen zurückzuführen sein. Teilweise dürfte für die MSA-Länder der tendenzielle Währungsverlust des US-$ günstige Auswirkungen haben, da insbesondere die Erdölimporte überwiegend in US-$ fakturiert werden, so daß für diese Importe weniger Devisen aufzubringen sind. Andererseits muß jedoch auch gesehen werden, daß die MSA-Länder ihrerseits, insbesondere bei einer Dollarbindung der betreffenden Währung, geringere Devisenerlöse auf der Exportseite erzielen. Wie sich die Wechselkursveränderungen auf ein einzelnes Land auswirken, hängt somit stark von dessen individuellen Handelsströmen ab. Für die Wirtschaftsentwicklung der MSA-Länder dürften die konjunkturelle Situation in den Industrieländern und die daraus resultierende Nachfrage nach Exportgütern der Entwicklungsländer (vor allem Rohstoffe), die Entwicklung der Weltkapitalmärkte und deren Zinsniveau und die Entwicklungshilfeleistungen der Geberländer weitaus bedeutsamer sein als die Entwicklung des Außenwertes einer, wenn auch wichtigen, Währung. Zu Frage B 126: Für die aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit finanzierte Aus- und Fortbildung von Angehörigen der Entwicklungsländer in der Bundesrepublik Deutschland werden in der Regel keine Ausbildungsplatzkosten bei deutschen Firmen bezahlt. In Ausnahmefällen, in denen Firmen gesondertes, zum Teil fremdsprachiges Personal für Ausbildungszwecke einsetzen mußten, besonders hohe Materialkosten anfielen oder spezielle Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7403S Seminare in den Firmen entwickelt und durchgeführt worden sind, wurden die effektiven Kosten nach genauer Spezifikation erstattet. Diese Maßnahmen werden von den mit der Durchführung der Aus- und Fortbildung beauftragten Institutionen Carl-Duisberg-Gesellschaft, Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung, Zentralstelle für Arbeitsvermittlung und Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit überwacht. Dies gilt auch für die bisher von diesen Organisationen abgewickelten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen gegen Entgelt, d. h. Finanzierung durch eine ausländische Regierung oder Firma. Daneben werden im privatwirtschaftlichen Raum — ohne Einschaltung der im ersten Absatz genannten vom Bund geförderten Institutionen — Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen geschäftlicher Zusammenarbeit deutscher Firmen mit ausländischen Regierungen oder Firmen durchgeführt. Da es sich um ein privatwirtschaftliches Engagement handelt, hat die Bundesregierung auf Preisgestaltung und Qualität keinerlei Einfluß. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Holtz (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 36) : Gedenkt die Bundesregierung, Entwicklungshilfe ausdrücklich und direkt als gemeinnützigen Zweck steuerlich anzuerkennen und Spenden für Entwicklungshilfe bis zu 10 v. H. des Einkommens steuerlich anzurechnen? Die Förderung der Entwicklungshilfe ist schon seit langem durch allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates als besonders förderungswürdiger und damit spendenwürdiger gemeinnütziger Zweck anerkannt (vgl. Nr. 22 der Anlage 7 zu den EinkommensteuerRichtlinien bzw. der Anlage 3 zu den LohnsteuerRichtlinien). Spenden zur Förderung der Entwicklungshilfe können bis zu 5 v. H. des Gesamtbetrages der Einkünfte, bei Körperschaften bis zu 5 v. H. des Einkommens abgezogen werden. Diese Höchstsätze wer den — von vereinzelten Ausnahmen abgesehen — von den Spendern nicht ausgeschöpft. Die Bundesregierung sieht infolgedessen kein Bedürfnis dafür, den gesetzgebenden Körperschaften die Verdoppelung der Höchstsätze für Spenden zur Förderung der Entwicklungshilfe vorzuschlagen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf die schriftliche Antwort der Bundesregierung für die Fragestunde vom 25. November 1977 (Plenarprotokoll 8/59, Anlage 72) verweisen. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Holtz (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 37) : Gedenkt die Bundesregierung, dafür zu sorgen, daß alle Zinsverbilligungsmöglichkeiten bei gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften (Zinsumwandlung: hochverzinslich in leichtverzinslich) ausgeschöpft werden? Die Bundesregierung geht davon aus, daß die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen ebenso wie andere Eigentümer solcher Mietwohngebäude, die mit hochverzinslichen Hypotheken finanziert worden sind, im eigenen Interesse alle Möglichkeiten zur Senkung der Zinsbelastung ausschöpfen. Die Tatsache, daß der Mietindex für Sozialwohnungen seit April 1977 im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat nur noch Steigerungsraten unter 3 v. H. aufweist, kann als Indiz für die Richtigkeit dieser Annahme gewertet werden. Ohne die Ausschöpfung der Möglichkeiten für Zinskonversionen und Umschuldungen in niedrige verzinsliche Hypotheken wäre der Mietindex zweifellos wesentlich stärker gestiegen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß bei einem Teil der hochverzinslichen Hypotheken erst nach Ablauf der vereinbarten Zinsfestschreibungsfrist eine Umschuldung möglich ist. Dies gilt namentlich für Hypotheken von Pfandbriefinstituten, die den Gegenwert zu Pfandbriefen darstellen, die ebenfalls erst nach Ablauf einer bestimmten Frist eingelöst werden können. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hoffmann (Saarbrücken) (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 38) : Wie hat sich in den zurückliegenden fünf Jahren die Beschäftigungslage (Einstellungen, Entlassungen, Kurzarbeit) in der bundeseigenen Salzgitter AG entwickelt? Die Beschäftigungslage im Salzgitter-Konzern habe ich in der beigefügten Übersicht dargestellt. Ich bemerke dazu: Die Ubersicht umfaßt alle Betriebe mit mehr als 50 O/0 Beteiligung der Salzgitter AG. Die Entwicklung verlief ohne Massenentlassungen durch Ausnutzen der natürlichen Fluktuation. Für Arbeitnehmer, die mit über 59 Jahren insbesondere aus der Stahlproduktion und dem Stahlbau ausscheiden, wurden Sozialpläne vereinbart. Kurzarbeit mußte ab 1975 bei einzelnen Unternehmen des Salzgitter-Konzerns geleistet werden: Bei der Stahlwerke Peine-Salzgitter AG mußten in der Zeit von Mai 1975 bis März 1976 im Monatsdurchschnitt 7 626 (= 40 % der Belegschaft) Mitarbeiter kurzarbeiten. Ab April 1978 sind im Erzbergbau 237 Mitarbeiter von der Kurzarbeit betroffen. Bei der Howaldtswerke — Deutsche Werft AG mußten in den Monaten September bis November 1977 100 Mitarbeiter Kurzarbeit leisten. Seit dem 1. März 1978 muß wiederum Kurzarbeit eingelegt werden. Sie ist bis zum 31. Juli 1978 vorgesehen. Hiervon wurden im März 1 840 Mitarbeiter erfaßt, 7404* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 im April 677 Arbeitnehmer. Die Zahl dürfte sich im Mai weiter vermindern. Bei der Luitpoldhütte AG konnten im 1. Halbjahr 1975 650 Mitarbeiter nur kurzarbeiten; in der Zeit vom 2. Januar bis 31. Mai 1978 werden wiederum 630 Mitarbeiter von Kurzarbeit betroffen. Auch im Stahlbaubereich mußte wiederholt Kurzarbeit eingeschoben werden. In den angegebenen Zeiten wurde die nachfolgende Anzahl von Mitarbeitern von Kurzarbeit betroffen: Monatsdurchschnitt 16. Dezember 1975 bis 12. Januar 1976 380 16. Januar 1977 bis 13. Juni 1977 350 1. Oktober 1977 bis 28. Februar 1978 250 27. Februar 1978 bis 12. Mai 1978 320 Belegschaftsentwicklung im Salzgitter-Konzern in den Geschäftsjahren 1971/72-1976/77 (Stichtag jeweils 30. September) 1971/72 I 1972/73 I 1973/74 I 1974/75 I 1975/76 I 1976/77 Zugänge 11 269 11 877 7 672 6 558 5 996 Abgänge 11 730 10 305 8 867 9 179 7 743 Bestand 56 774 56 313 57 885 56 690 54 069 52 322 Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen 39 und 40) : Sind die halbseitigen Werbeanzeigen mit den Bildern von Herrn Brandt und Herrn Breschnew der Bank für Gemeinwirtschaft, die diese zum Beispiel im Handelsblatt" vom 3. Mai 1978 und in der Tageszeitung „Die Welt" vom 5. Mai 1978 veröffentlicht hat und in denen sie für die Finanzierung von Ostgeschäften wirbt, zwischen der Bundesregierung und der -Bank für Gemeinwirtschaft abgestimmt? Erhält die Bank für Gemeinwirtschaft aus Bundesmitteln Zinszuschüsse oder andere Subventionen für die Finanzierung von Verträgen der vorgenannten Art, und wenn ja, wie hoch sind diese bzw. welchen Anteil machen sie an den Gesamtzahlungen gleicher Art an alle Banken aus? Zu Frage B 39: Die Bundesregierung nimmt auf Werbeanzeigen deutscher Banken keinen Einfluß. Dies gilt auch für die Anzeige der Bank für Gemeinwirtschaft im „Handelsblatt" am 3. Mai 1978 und in der „Welt" am 5. Mai 1978. Zu Frage B 40: Die Bundesregierung hat bekanntlich stets die Zinssubventionierung oder sonstige Subventionierung kommerzieller Finanzierungen abgelehnt. Sie ist nach wie vor nicht bereit, entsprechende Subventionierungsinstrumente zu schaffen. So hat auch weder die Bank für Gemeinwirtschaft noch irgendeine andere deutsche Bank Zuschüsse für die „Finanzierung von Ostgeschäften" erhalten. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 41 und 42) : Ist die Bundesregierung bereit, mir sobald als möglich mitzuteilen, welche Städte und Gemeinden im Zonenrandgebiet die Lohnsummensteuer mit welchen Hebesätzen erheben? Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, wie hoch das Aufkommen an Lohnsummensteuer in den in der vorigen Frage erwähnten Städten und Gemeinden des Zonenrandgebietes jeweils einzeln aufgeführt in den letzten beiden Jahren war? Zu Frage B 41: Die Lohnsummensteuer, zu deren Erhebung die Gemeinden mit Zustimmung der Landesregierung berechtigt sind (§§ 1, 6 Abs. 2, §§ 23 ff. des Gewerbesteuergesetzes — GewStG — in der Fassung vom 24. März 1977 — BGBl. I S. 485), wird auf der Grundlage eines Steuermeßbetrages berechnet, der 2 vom Tausend der Lohnsumme beträgt (§ 25 Abs. 1 und 2 GewStG). Der jeweilige Hebesatz (v. H.-Satz des Meßbetrages) wird von der hebeberechtigten Gemeinde bestimmt (§ 25 Abs. 5 i. V. mit § 4 GewStG). Eine Zusammenstellung der Hebesätze der einzelnen Gemeinden im Zonenrandgebiet würde umfangreiche und zeitaufwendige Erhebungen der zuständigen Landesbehörden erfordern, zumal diese möglicherweise die Landkreise des Zonenrandgebietes einschalten müßten. Die Bundesregierung ist jedoch bereit, diese Feststellungen auf Wunsch zu veranlassen. Schon jetzt kann gesagt werden, daß im Land Bayern Lohnsummensteuer nicht erhoben wird. Die Hebesätze in den kreisfreien Städten des Zonenrandgebiets (Anl. zu § 9 des Zonenrandförderungsgesetzes vom 5. August 1971 — BGBl. I S. 1237) der übrigen Länder sind für das Jahr 1976 im Statistischen Jahrbuch Deutscher Gemeinden 1977, herausgegeben vom Deutschen Städtetag, Köln, S. 534 ff., aufgeführt. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7405* Die Höhe der Hebesätze hat sich im Jahr 1977 nicht verändert. Zu Frage B 42: Angaben über das Aufkommen an Lohnsummensteuer in den kreisfreien Städten des Zonenrandgebiets im Jahr 1976 sind im Statistischen Jahrbuch Deutscher Gemeinden 1977 S. 511 ff. aufgeführt. Für das Jahr 1977 liegen insoweit noch keine Angaben vor. Eine Zusammenstellung des Aufkommens an Lohnsummensteuer in den einzelnen kreisangehörigen Gemeinden des Zonenrandgebiets wäre ebenfalls nur auf Grund von Angaben der Länder möglich. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 43 und 44) : Welches sind nach Ansicht der Bundesregierung die bedeutsamsten Hindernisse für Innovationen im privaten Bereich der Wirtschaft, und nach welchen Methoden wurden diese ermittelt? In welchem Umfang ist die mangelnde Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nach dem Erkenntnisstand der Bundesregierung bedingt durch Kapitalknappheit, staatliche Rahmenbedingungen, Marktbedürfnisse, mangelndes Interesse von Personen und Mangel an qualifiziertem Personal bzw. mangelnde Technologie, und was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft zu erhöhen? Als Innovation im Sinne der beiden Fragen wird die Einführung neuer Produkte und Verfahren in den Markt verstanden. Solche Innovationen werden in erster Linie durch neue naturwissenschaftlichtechnische Erkenntnisse oder durch neuartige Kombinationen vorhandener Erkenntnisse ausgelöst, wobei unterschiedlich große Innovationsschübe entstehen können. Innovationen vollziehen sich in einer Marktwirtschaft in einem permanenten Anpassungsprozeß der Unternehmen und werden erst bekannt, wenn der Markt sie „angenommen" hat. Die Markteinführung eines neuen Produktes ist mit Kosten und Risiken belastet, die weit über die anteiligen Forschungs- und Entwicklungskosten hinausgehen. Deshalb darf bei der Beurteilung der Innovationsentwicklung nicht nur der engere Zusammenhang zwischen Forschung und Entwicklung einerseits und Innovation andererseits gesehen werden. Die Innovationsforschung im In- und Ausland hat noch keine als gesichert anzusehenden Erkenntnisse erbracht, die es erlauben würden, allgemein gültige Methoden für die Ermittlung und Messung negativer Einflußgrößen bei der Innovation zu entwickeln. Durch Fallstudien und empirische Erhebungen sind lediglich eine Reihe von übereinstimmenden Aussagen zusammengetragen worden, die bei der Entwicklung des derzeitigen Instrumentariums zur Innovationsförderung herangezogen worden sind. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß in einer Marktwirtschaft die Innovation grundsätzlich Aufgabe der Unternehmen sei. Der Staat unterstützt die Unternehmen dadurch, daß er über die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein innovationsfreundliches Klima schafft. Dies geschieht zum Teil über die Forschungspolitik, welche die Voraussetzung dafür schafft, daß der naturwissenschaftlich-technische Wissensstand der Bundesrepublik laufend verbessert und ausgeweitet wird mit dem Ziel, damit zur Leistungssteigerung der Wirtschaft beizutragen. Die Bundesregierung prüft darüber hinaus die Möglichkeit, wie das Nachfragepotential der öffentlichen Hand dabei eingesetzt werden könnte, Innovationen zu ermöglichen oder zu beschleunigen. Eine staatliche Hilfe für spezielle Innovationen wird nur insoweit für erforderlich gehalten, als die Finanzkraft ,der Unternehmen nicht ausreicht, das mit der beabsichtigten Innovation verbundene Risiko allein zu tragen. Großunternehmen werden in der Regel dieses Risiko allein tragen können, sofern es sich nicht um langfristig angelegte Zukunftstechnologien handelt, deren innovative Umsetzung keine kurzfristigen Markterfolge verspricht. Das Problem der Innovationshemmnisse und der erforderlichen Anstrengungen zu ihrer Überwindung stellt sich in erster Linie bei den kleinen und mittleren Unternehmen, die nach Auffassung der Bundesregierung ein erhebliches, aber bei weitem noch nicht ausgeschöpftes Innovationspotential darstellen. Die Gründe hierfür liegen — wenn auch in von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlichem Maße — im wesentlichen in folgendem: — Die Unternehmen sind nach ihrer Größe und Struktur nicht in der Lage, in ausreichendem Umfang selbst neues technisches Wissen zu erarbeiten oder an anderer Stelle erarbeitetes Wissen sich nutzbar zu machen. — Die wachsende Bedeutung der Innovation für die Firmenpolitik ist noch nicht ausreichend erkannt worden. — Die eigene Finanzkraft der Unternehmen und ihre Fähigkeit, Fremdmittel aufzunehmen, ist für risikoreiche Innovationen zu gering. — Die Unternehmen sind über staatliche Förderungsmöglichkeiten nicht ausreichend informiert. — Markterfordernisse und Marktchancen werden nicht schnell genug erkannt. — Der vom Markt ausgehende Nachfragesog nach Innovationen ist in Zeiten langsameren wirtschaftlichen Wachstums geringer als in Zeiten der Hochkonjunktur. — Eine deutliche Lücke besteht noch im Bereich des sogenannten „Technologie-Transfers", d. h. in der Aufbereitung und Weitergabe neuer naturwissenschaftlich-technischer Erkenntnisse in einer anwenderfreundlichen Form. Die Bundesregierung hat gemäß der Ankündigung in der Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976, Ziffer 19, im April 1978 ein forschungs- und technologiepolitisches Gesamtkonzept vorgelegt, das unter Berücksichtigung der oben erwähnten 7406* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Schwachstellen dazu beitragen soll, das Innovations-potential der kleinen und mittleren Unternehmen zu aktivieren. Das Gesamtkonzept umfaßt ein Bündel von Maßnahmen, insbesondere — die erleichterte Teilnahme an der Projektförderung des BMFT — den Ausbau der Programme des BMWi zur Förderung der Erstinnovation und der technischen Entwicklung in der Berliner Industrie — Kapital- und Kredithilfe durch die Wagnisfinanzierungsgesellschaft und aus dem ERP-Sondervermögen — steuerliche Hilfen auf Grund des InvZulGes und des Berlin FG — Förderung der Vertragsforschung und der industriellen Gemeinschaftsforschung — Förderung des Technologietransfers. Insbesondere im letztgenannten Bereich ist eine große Zahl neuer Maßnahmen eingeleitet worden. Sie beziehen sich auf den verstärkten Informationstransfer von den Industriellen Forschungsvereinigungen und aus mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungsinstitutionen an die Unternehmen, ferner auf die Einschaltung von Industrie- und Handelskammern und des RKW. Spezielle TechnologieVermittlungsstellen als Gemeinschaftsmaßnahmen öffentlicher und privater Stellen sind im Aufbau. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Verknüpfung dieser Maßnahmen zu einem Gesamtsystem dazu beitragen wird, bestehende Innovationshemmnisse abzubauen und die Innovationsbereitschaft der Unternehmen zu erhöhen. Im Lichte der bei Durchführung des Gesamtkonzepts zu sammelnden Erfahrungen wird die Bundesregierung prüfen, ob und inwieweit das nunmehr vorhandene Instrumentarium ggf. angepaßt und ergänzt werden müßte. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 45) : Wann wird der Bundesregierung der „Bericht über die Auswirkungen moderner Techniken auf bestimmte Wirtschaftszweige und die Folgen für den Arbeitsmarkt" vorliegen, und wie soll der Deutsche Bundestag und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse informiert werden? Im Anschluß an die Entscheidung des Kabinetts vom 22. März 1978, die angesprochene Problematik untersuchen zu lassen, sind der Bundesminister für Wirtschaft, der Bundesarbeitsminister und der Bundesforschungsminister nach einer gemeinsamen Erörterung der Problematik zu der Auffassung gelangt, daß die Wechselwirkungen zwischen technischem Fortschritt und Beschäftigung in einem größeren Zusammenhang gesehen werden müssen. Eine annähernd verläßliche Basis für eine Meinungsbildung über diese Thematik wird sich nur auf Grund eingehender wissenschaftlicher Untersuchungen der sehr komplexen Zusammenhänge bilden lassen. Deshalb werden unverzüglich an zwei wirtschaftswissenschaftliche Institute konkurrierende Forschungsaufträge vergeben, um Chancen und Probleme des technischen Fortschritts in den nächsten Jahren, mögliche Reaktionen und deren Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt sowie die wirtschafts- und gesellschaftspolitische Problematik dieser Wechselwirkungen untersuchen zu lassen. Die Auftragsvergabe dürfte Ende Juli 1978 erfolgen, wenn die erforderlichen Vorgespräche mit interessierten Instituten abgeschlossen sind. Die Untersuchungen dürften kaum vor Herbst 1979 fertiggestellt werden können. Gegenwärtig ist es daher offen, zu welchem genauen Zeitpunkt und in welcher Form der Deutsche Bundestag und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse informiert werden. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kraus (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 46 und 47): Ist die Bundesregierung bereit, bei der angestrebten Neufassung der ärztlichen Gebührenordnungen der medizinischen Prophylaxe — insbesondere der vorbeugenden Zahnheilkunde — eine größere Bedeutung als bisher zuzumessen, sowie den gleichen Gesichtspunkten bei den Veränderungen der Leistungsstruktur der gesetzlichen Krankenversicherung, hier insbesondere bei der in Arbeit befindlichen Neufassung der ärztlichen und zahnärztlichen Leistungsverzeichnisse, eine entsprechende Rolle einzuräumen? Ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß insbesondere in der zahnärztlichen Versorgung eine Vermehrung der Vorbeugung und Frühbehandlung eine Verbesserung der Zahngesundheit und eine Verringerung der Ausgaben für aufwendigen Zahnersatz, also eine wesentliche Steigerung der Effizienz der zahnärztlichen Versorgung bei gleichzeitiger langfristiger Kostensenkung bedeutet, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Die Bundesregierung wird im Zuge der Beratungen über die Neufassung der Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte prüfen, ob und inwieweit die medizinische Prophylaxe — also auch die vorbeugende Zahnheilkunde — zu berücksichtigen ist. Die Bundesregierung wird dabei auch die einheitlichen Bewertungsmaßstäbe für ärztliche und zahnärztliche Leistungen (§ 368 Abs. 4 RVO), die von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und den Bundesverbänden der Krankenkassen zu erstellen sind, mit in ihre Überlegungen einbeziehen. Die Bundesregierung ist sich über den Stellenwert einer wirksamen und wirtschaftlich tragbaren Prophylaxe zur Vorbeugung gegen Erkrankungen der Zähne und des Zahnhalteapparates im Klaren. Für eine generelle Einführung von Zahn-Prophylaxeprogrammen fehlen jedoch derzeit noch wesentliche Voraussetzungen. Die Bundesregierung ist darum bemüht, dauerhaft wirksame und wirtschaftlich tragbare Prophylaxeprogramme zu entwickeln. Hierzu wird die zahnmedizinische Forschung intensiviert. Solange die not- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7407* wendigen wissenschaftlich abgesicherten Vorsorgeprogramme nicht vorliegen und nicht auf ihr KostenNutzenverhältnis untersucht sind, kann zur Frage einer möglichen Kosteneinsparung, insbesondere zu der von zahnärztlichen Organisationen behaupteten Einsparung in Milliardenhöhe, keine verwertbare Aussage gemacht werden. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hasinger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 48) : Warum wird bei der Ermittlung des Einkommens einer mitversicherten Ehefrau in der gesetzlichen Krankenversicherung das Wohnen in einem eigenen Haus der Eheleute berücksichtigt, und auf welchen Rechtsgrundlagen beruht diese Praxis? Nach geltendem Recht (§ 205 Abs. 1 Satz 1 RVO) besteht ein Anspruch auf Familienhilfe, wenn das Gesamteinkommen des mitversicherten Familienangehörigen eine bestimmte Grenze (1978: 390 DM monatlich) nicht überschreitet. Zum Gesamteinkommen zählen nach IV § 16 SGB alle Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts, also auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (vgl. § 2 Nr. 6 EStG). Zu diesen Einkünften gehört nach § 21 Abs. 2 und § 21 a EStG auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus. Ist eine mitversicherte Ehefrau Miteigentümerin eines beiden Eheleuten gehörenden Hauses, so ist ihr steuerrechtlich der ihrem Eigentumsanteil entsprechende Nutzungswert der Wohnung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen und bildet einen Bestandteil ihres Gesamteinkommens. Vielfach überlassen es die Krankenkassen allerdings der Entscheidung der Ehegatten, wem die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen sind, so daß die Ehefrauen nur in wenigen Fällen nicht mehr mitversichert sind. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Höpfinger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 49 und 50) : Sind der Bundesregierung bisher positive und/oder negative Stellungnahmen zu dem an ausländische Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland verteilten Jahreskalender 1978 und vorhergehender Jahre zugegangen, und wenn ja, überwiegen die positiven oder negativen Stellungnahmen? Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, in der Bundesrupublik Deutschland arbeitende Journalisten aus dem jeweiligen Heimatland der ausländischen Arbeitnehmer den Jahreskalender 1978 begutachten und Anregungen und Empfehlungen für die Erstellung des Jahreskalenders 1979 vorschlagen zu lassen? Zu allen 6 Ausgaben des von meinem Hause herausgegebenen Taschenbuchkalenders für ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien „AD — Arbeitsplatz Deutschland" ist mir eine Vielzahl von Stellungnahmen zugegangen. Nahezu alle Stellungnahmen sind positiv. Der über die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, die Gewerkschaften und die ausländischen Konsulate abgegebene Kalender 1978 ist wegen der großen Nachfrage bereits seit einiger Zeit vergriffen. Ich bin gerne bereit, den Kalender 1979 ausländischen Journalisten zuzusenden. Dabei bin ich, worauf schon in dem redaktionellen Vorwort des Kalenders 1978 hingewiesen wird, für jede Anregung und Empfehlung zur Gestaltung des bereits in Vorbereitung befindlichen Kalenders 1979 dankbar. Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schrift- lichen Fragen der Abgeordneten Frau Schleicher (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 51 und 52) : Was hat die Bundesregierung im einzelnen unternommen, uni die bereits vorliegenden Erkenntnisse über die Entwicklung der Erkrankungs- und Sterbequoten an Herz-Kreislauf-Krankheiten in die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zusammen mit der Allgemeinen Ortskrankenkasse Mettmann geplante Aktion einzubeziehen, und welche Krankheitsdaten werden dabei herangezogen? Wie ist sichergestellt, daß bei dem örtlich begrenzten Versuch im Bereich der Allgemeinen Ortskrankenkasse Mettmann kostenaufwendige Doppelarbeit vermieden wird, indem in die Untersuchungen die gleichzeitig anderen Orts gewonnenen entsprechenden Daten einbezogen werden? Zu Frage B 51: Das von Ihnen erwähnte Modellvorhaben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, das gemeinsam mit der AOK Mettmann durchgeführt wird, ist nicht primär auf eine Datenerhebung über Frühstadien und Risikofaktoren von Herz- und Kreislaufkrankheiten ausgerichtet, wie sie in zahlreichen Feldversuchen der letzten Jahre durchgeführt wurde. Diese Feldversuche wurden im Auftrag der Bundesregierung bereits vergleichend untersucht und ausgewertet. In Mettmann wird vielmehr die Wirksamkeit und Akzeptanz kontrollierter präventiver Maßnahmen gegen Herz-Kreislauferkrankungen in Modellgesundheitsberatungsstellen erprobt. Insoweit ist der Ansatz des Modellvorhabens für die Bundesrepublik Deutschland neu. Gleichwohl wird in den Gesundheitsberatungsstellen auch eine Reihe von Daten erfaßt, um die Effektivität der angebotenen Programme überprüfen zu können. Zu Frage B 52: Der Bundesregierung sind keine gleichzeitig durchgeführten Untersuchungen mit gleichem Ansatz in der Bundesrepublik bekannt, die zu der Vermutung einer kostenaufwendigen Doppelarbeit Anlaß geben könnten. 7408* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Krampe (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 53, 54, 55 und 56): Inwieweit teilt die Bundesregierung die Überlegungen der Frau Staatssekretärin Fuchs, geäußert in der Mitgliederversammlung des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger, die Beitragsgestaltung der Rentenversicherungen zu ändern? Wie hoch veranschlagt die Bundesregierung die Umverteilung des Beitrags zu Lasten kapitalintensiver Betriebe, und mit welcher Entlastung können lohnintensive Betriebe rechnen? Stimmt es, daß nach der 10. Bemessungsverordnung entgegen den Vorstellungen des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger für die Arbeiterrentenversicherung statt 4,3 Milliarden vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung nur 3,8 Milliarden freigegeben werden und damit die Rehabilitation für versicherte Arbeiter weiter eingeengt wird? Ist die Bundesregierung bereit, die Bemessungsverordnung für 1978 und auch 1979 im Sinne der Vorstellungen des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger zu erlassen und damit soziale Demontage für die Arbeiter zu verhindern? Zu Fragen B 53 und 54: Die Überlegungen von Frau Staatssekretärin Fuchs bezogen sich auf die unterschiedliche Beitragsbelastung kapital- bzw. lohnintensiver Betriebe in der Sozialversicherung. Dabei handelt es sich um eine seit längerer Zeit bekannte Problematik, die allerdings durch zunehmende Rationalisierung an Bedeutung gewinnt und deshalb von der Bundesregierung pflichtgemäß beobachtet wird. Frau Fuchs hat mit ihren Ausführungen vor sachkundigem Publikum auf diese Zusammenhänge und ihre Auswirkungen hinweisen wollen, zugleich aber eindeutig hervorgehoben, daß es sich nur um Denkanstöße handele, hinter denen nicht die Absicht stehe, die Beitragsgestaltung der Rentenversicherung aktuell zu ändern. Bisher sind auch noch keinerlei Ermittlungen über finanzielle Auswirkungen angestellt worden. Zu Fragen B 55 und 56: Nach § 1390 a der Reichsversicherungsordnung ist der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ermächtigt, nach Anhörung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Gesamtbetrag zu bestimmen, der der Arbeiterrentenversicherung für Rehabilitationsmaßnahmen, Verfahrens- und Verwaltungskosten jährlich zur Verfügung steht. Der Verband hat bereits vor dem ordentlichen Anhörungsverfahren, das einer gemeinsamen Beratung über die festzulegende Summe dient, erhebliche Bedenken gegen den diesjährigen Verordnungsentwurf erhoben. Frau Staatssekretärin Fuchs hat deshalb in der Mitgliederversammlung des Verbandes am 10. Mai 1978 eine Überprüfung der vorgeschlagenen Summe mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung zugesagt. Ich möchte allerdings deutlich darauf hinweisen, daß der Diskussionsvorschlag des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung den in Ihrer zweiten Frage enthaltenen Vorwurf nicht rechtfertigt. Der Vorschlag muß vielmehr in den Rahmen der notwendigen Konsolidierung der Rentenversicherung eingeordnet werden. Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 57 und 58) : Ist die Bundesregierung bereit, unverzüglich eine flexiblere Handhabung der Gastarbeitersteuerung unter Berücksichtigung einer partiellen Lockerung des Anwerbungs- und Einstellungsstopps für ausländische Arbeitnehmer, besonders im Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes, durchzuführen und branchenbezogene Ausnahmeregelungen zu erlassen, und wenn nein, wie begründet sie diese Haltung? Treffen Äußerungen in einer Fernsehsendung zu, wonach auf Grund bundesrechtlicher Vorschriften für die Angehörigen von Jugendspielmannzügen und Jugendorchestern alle drei Monate medizinische Kurz-Gutachten erstellt werden müssen und die Kosten dafür von den Orchestern selbst getragen werden müssen, und wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, eine Initiative zur Änderung dieser Vorschriften zu ergreifen? Zu Frage B 57: Eine partielle Lockerung des Anwerbestopps für ausländische Arbeitnehmer aus Nicht-EG-Staaten zugunsten einzelner Sektoren und speziell des Hotel- und Gaststättengewerbes kann im Hinblick auf die gegenwärtige Arbeitsmarktlage und die absehbare Beschäftigungsentwicklung nicht in Betracht gezogen werden. Die Bundesregierung hat deshalb mehrfach — zuletzt im Rahmen des Jahreswirtschaftsberichts 1978 — darauf hingewiesen, daß der Anwerbestopp uneingeschränkt aufrechterhalten bleibt. Auch die Arbeitsmarktsituation im Hotel- und Gaststättengewerbe ist durch einen deutlichen und anhaltenden Überschuß der gemeldeten arbeitsuchenden und arbeitslosen Gästebetreuer über die Zahl gemeldeter offener Stellen gekennzeichnet. Im April 1978 standen 19 400 arbeitsuchenden und 16 400 arbeitslosen Gästebetreuern nur 11 300 offene Stellen gegenüber. Sicherlich wird hierdurch nicht ausgeschlossen, daß es in Einzelbereichen dieser Branche und anderer Wirtschaftszweige zu personellen Engpässen kommen kann. Im Interesse der Unternehmen mit derartigen Problemen wie der Arbeitsuchenden bemühen sich die arbeitsmarktpolitischen Instanzen nachhaltig um die Erleichterung des Arbeitsmarktausgleichs. Dies geschieht im Wege einer stark intensivierten Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter, durch ein breit gefächertes Angebot an beruflichen und regionalen Mobilitätshilfen sowie durch erhebliche Verbesserungen der für eine effektive Arbeitsvermittlung relevanten Gesetzes-und Verwaltungsvorschriften insbesondere im Rahmen des zum 1. Januar 1978 in Kraft getretenen vierten Anderungsgesetzes zum Arbeitsförderungsgesetz. Verstärkte Anstrengungen des Hotel- und Gaststättengewerbes, seine Attraktivität für Arbeitnehmer und Arbeitslose zu steigern, würden diese Politik wirksam unterstützen. Zu Frage B 58: Medizinische Kurzgutachten für die Angehörigen von Jugendspielmannszügen und Jugendorchestern können auf Grund bundesrechtlicher Vorschriften nicht verlangt werden. Das Jugendarbeitsschutzge- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7409* setz schreibt lediglich die Vorlage einer nicht mehr als drei Monate alten ärztlichen Bescheinigung in bestimmten Fällen vor. Es verlangt nicht, daß diese Bescheinigung alle drei Monate ausgestellt wird. Das Jugendarbeitsschutzgesetz findet aber, wie ich bereits mehrfach — auch im Deutschen Bundestag — ausgeführt habe, auf die meisten Jugendspielmannszüge und Jugendorchester keine Anwendung. Dieses Gesetz greift nach seinem Sinn und Zweck erst ein, wenn Kinder und Jugendliche häufig an öffentlichen Veranstaltungen mitwirken, wenn sie hierzu ähnlich wie Arbeitnehmer verpflichtet werden und mit ihrer Mitwirkung Gewinn erzielt werden soll. Nach meiner Kenntnis trifft dies auf die meisten Jugendspielmannszüge und Jugendorchester nicht zu. Bei ihnen steht die Freizeitbeschäftigung und Brauchtumspflege, nicht aber die Beschäftigung als Arbeitnehmer und die Gewinnerzielung im Vordergrund. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 59): Ist die Bundesregierung bereit, die Anregungen der Wirtschaftsministerkonferenz aufzugreifen, Modell-Arbeitsamtbezirke einzurichten sowie die Art der erfolgreichen Vermittlungstätigkeit aufzuschlüsseln? Der in Ihrer Frage zitierte Beschluß der Wirtschaftsministerkonferenz ist dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im vollen Wortlaut erst vor kurzem bekanntgeworden. Zusammen mit der Bundesanstalt für Arbeit werden wir diese Initiative sorgfältig prüfen. Dabei gilt es vor allem auch abzuwägen, inwieweit hierdurch Anregungen für die Arbeitsvermittlung im Sinne der von Bundesminister Dr. Ehrenberg eingeleiteten Vermittlungsoffensive ausgelöst werden oder aber nur zusätzliche Belastungen der Vermittler mit statistischen Aufgaben entstehen. Für die Prüfung müssen auch die in absehbarer Zeit vorliegenden Ergebnisse der u. a. auch vom Deutschen Bundestag begrüßten Studie zur Motivation von Arbeitslosen, zum Einstellungsverhalten der Arbeitgeber und zur Effektivität der Vermittlungsdienste mit berücksichtigt werden. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schreiber (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen B 60 und 61): Wie beurteilt die Bundesregierung die steigende Zahl arbeitsloser Schwerbehinderter bei sinkender Gesamtarbeitslosigkeit? Sieht die Bundesregierung in einer Erhöhung der Ausgleichsabgabe für unbesetzte Pflichtplätze, die seit dem Inkrafttreten des Schwerbehindertengesetzes im Jahre 1974 konstant bei 100 DM liegt, ein geeignetes Mittel zum Abbau der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter? Die in den letzten Jahren gestiegene Zahl arbeitsloser Schwerbehinderter ist zum überwiegenden Teil nicht Folge eines Verdrängungswettbewerbs zu Lasten Schwerbehinderter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Sie ist vielmehr in erster Linie auf die Ausdehnung des geschützten Personenkreises durch das am 1. Mai 1974 in Kraft getretene neue Schwerbehindertengesetz zurückzuführen. Nach diesem Gesetz sind nicht mehr nur wie früher die schwerbehinderten Kriegs- und Arbeitsopfer im Arbeitsleben geschützt, sondern alle Schwerbehinderten — ohne Rücksicht auf Art und Ursache ihrer Behinderung. Seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ist von den für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft zuständigen Versorgungsämtern eine erhebliche Zahl von Behinderten neu als Schwerbehinderte anerkannt worden, unter ihnen ein beachtlicher Anteil Schwerbehinderter, die im Erwerbsleben stehen, aber auch Schwerbehinderte, die zum Zeitpunkt der Feststellung ihrer Schwerbehinderteneigenschaft bereits arbeitslos waren. Während im Oktober 1975 erst rd. 650 000 Schwerbehinderte auf Pflichtplätzen beschäftigt waren, waren es im Oktober 1976 schon rd. 710 000; nach dem Ergebnis einer repräsentativen Teilerhebung der Bundesanstalt für Arbeit ist diese Zahl bis zum 31. Dezember 1977 bereits auf nahezu 800 000 angestiegen. Vor diesem Hintergrund ist der Anstieg der Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten zu sehen. Nach allen bisherigen Erfahrungen ist davon auszugehen, daß arbeitslose Behinderte sich noch in stärkerem Umfang als beschäftige Behinderte haben amtlich als Schwerbehinderte anerkennen lassen, weil sich die Aussichten auf Vermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz dadurch bessern. Die Bundesregierung sieht im Abbau der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter ein vordringliches Anliegen. Sie hat deshalb Initiativen ergriffen, um das System von Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehindertengesetz durch flankierende Maßnahmen wirkungsvoll zu ergänzen. Mit Hilfe des ersten 100-Millionen-Sonderprogrammes des Bundes und der Länder zur verstärkten Bereitstellung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Schwerbehinderte, das in der Zeit vom 1. November 1976 bis 1. September 1977 lief und aus Mitteln der Ausgleichsabgabe finanziert wurde, konnten rd. 8 700 zum großen Teil gesundheitlich besonders betroffene oder längerfristig arbeitslose Schwerbehinderte wieder in das Arbeitsleben oder auf einen Ausbildungsplatz eingegliedert werden. Für ein 2. Sonderprogramm wurden inzwischen nochmals 100 Millionen DM bereitgestellt. Einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze für Schwerbehinderte wird auch die „Ausgleichsabgabeverordnung Schwerbehindertengesetz" leisten, die am 30. März 1978 von der Bundesregierung beschlossen wurde und der inzwischen auch der Bundesrat — allerdings nach Maßgabe einiger Änderungen — zugestimmt hat. Diese Verordnung sieht u. a. Investitionskostenzuschüsse für die Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze vor. 7410* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 In einer Erhöhung der Ausgleichsabgabe sehe ich derzeit kein geeignetes Mittel zum Abbau der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter. Der Betrag der Ausgleichsabgabe ist am 1. Mai 1974 mit dem Inkrafttreten des Schwerbehindertengesetzes von 50,— DM auf 100,— DM monatlich pro unbesetzten Pflichtplatz (also um 100 %) angehoben worden. Ich gehe davon aus, daß dieser Betrag zur Zeit noch ausreicht, um — entsprechend der Ausgleichsfunktion der Ausgleichsabgabe — die Kostenvorteile abzuschöpfen, die ein Arbeitgeber hat, wenn er Schwerbehinderte nicht in der vorgeschriebenen Zahl beschäftigt. Sobald der Betrag die ihm in erster Linie zugedachte Ausgleichsfunktion nicht mehr erfüllen kann, wird über eine angemessene Erhöhung der Ausgleichsabgabe zu entscheiden sein. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hasinger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 62): Ist der Bundesregierung bekannt, daß in zunehmendem Maß Wehrpflichtige nach Aufnahme einer betrieblichen Ausbildung (Lehre) eingezogen werden, weil diese Lehre im Anschluß beispielsweise an ein Fachabitur angeschlossen wird, und sieht die Bundesregierung hierin eine besondere Härte, die eine Zurückstellung bis zum Abschluß der Lehre rechtfertigt? Nach dem Wehrpflichtgesetz können Wehrpflichtige bis zur weitgehenden Förderung einer nach Erlangung der Hochschul- oder Fachhochschulreife aufgenommenen betrieblichen Ausbildung zur Ableistung des Grundwehrdienstes herangezogen werden. Von einer Einberufung dieser sog. Abiturientenlehrlinge wird jedoch bis zum Ende der betrieblichen Ausbildung abgesehen, wenn sich der Abschluß der Ausbildung wehrdienstbedingt über die Dauer des Wehrdienstes hinaus um mehr als 6 Monate verzögern würde. In dem Sechsmonatszeitraum des Jahres 1977, in dem die Masse der dahin gehenden Anträge anhängig wurde, haben insgesamt nur 1 435 Abiturientenlehrlinge die Zurückstellung wegen einer betrieblichen Berufsausbildung beantragt. Davon wurde etwa 2/3 der Anträge (939) stattgegeben, 1/3 der Anträge (496) mußten abgelehnt werden. Die Bundesregierung sieht in der Einberufung der abgelehnten Antragsteller keine besondere Härte. Diese haben nicht mit einer über die Dauer des Grundwehrdienstes hinausgehenden nicht zumutbaren Verzögerung des Abschlusses der Ausbildung zu rechnen. Auch bleibt ihnen der Ausbildungsplatz bei Einberufung nach Begründung des Ausbildungsverhältnisse auf Grund der Vorschriften des Arbeitsplatzschutzgesetzes erhalten. Für eine Änderung der Zurückstellungsvorschriften etwa dahin, daß bei Abiturientenlehrlingen eine Zurückstellung generell bereits ab Beginn der betrieblichen Ausbildung gewährt wird, besteht daher kein Anlaß. Darauf hat die Bundesregierung in Fragestunden des Deutschen Bundestages wiederholt hingewiesen. Aus Gründen der Gleichbehandlung wäre eine solche Zurückstellung im übrigen auch auf diejenigen Wehrpflichtigen auszudehnen, die ein Hochschuloder Fachhochschulstudium durchführen. Sie hätte eine Überalterung der Rekruten mit höherem Bildungsabschluß sowie eine Bevorzugung der Wehrpflichtigen zur Folge, die durch bessere Bildungsvoraussetzungen ohnehin über die besseren Berufsaussichten verfügen. Schließlich könnte dadurch auch die Deckung des Personalbedarfs der Streitkräfte erschwert, wenn nicht in Frage gestellt werden, weil die einer Einberufung entgegenstehenden Hinderungsgründe mit steigendem Alter erheblich zunehmen. Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Möllemann (FDP) (Drucksache 8/1826 Fragen B 63 und 64): Stimmt die Bundesregierung zu, daß im Raum Erding/Freising wegen der relativ geringen Auslastung des Freisinger Standortschießplatzes für einen weiteren Schießplatz in diesem Raum kein Bedarf besteht? Hält die Bundesregierung an ihrer am 15. Februar 1978 geäußerten Meinung fest, wonach aus einer Reihe von Gründen das Zengermoos im Landkreis Erding (Regierungsbezirk Oberbayern) als Standort für eine Schießanlage nicht in Betracht kommt, wenn der Bedarf tatsächlich unterstellt werden kann? Zu Frage B 63: Ihre Fragen nach dem Bedarf der Bundeswehr an einer weiteren Standortschießanlage im Raum Erding/Freising und der Eignung des Zengermooses dafür beantworte ich wie folgt: Die Bundeswehr benötigt für die Ausbildung der Soldaten der Garnison München dringend eine eigene Standortschießanlage im Raum München. Die Truppe muß bisher auf andere, weit entfernte Anlagen ausweichen. Dieser Zustand kann im Interesse des Ausbildungsstandes der Truppe nicht länger hingenommen werden. Selbst wenn zeitweilig die für die Luftwaffe gebaute Schießanlage in Freising nicht voll ausgelastet gewesen sein sollte, kommt eine Mitbenutzung durch Heereseinheiten schon wegen der zu großen Entfernung sowie des Mangels an Transportraum, vor allem aber wegen des Verlustes an Ausbildungszeit durch Fahrten nicht in Betracht. Außerdem könnte in der Anlage in Freising der Ausbildungsbedarf für die Garnison München bei weitem nicht gedeckt werden. Zu Frage B 64: Die Bundesregierung hat sich zum Standort Zengermoos am 15. Februar 1978 nicht geäußert. An diesem Tage hat allerdings bei der Wehrbereichsverwaltung VI eine Behördenbesprechung mit Vertretern von Kommunal- und Landesbehörden über Fragen des Standortes einer Schießanlage stattge- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7411* funden. In gleicher Sache wurde auf Wunsch der Gemeinden Erding, Garching und Lohhof Ende Februar 1978 ein weiteres Gespräch mit Vertretern des Bundesministeriums der Verteidigung geführt. Nach dem Ergebnis der letzten Besprechung soll die Eignung der bisher nicht untersuchten Ödlandflächen des Zengermooses für eine Schießanlage geprüft werden. Diese Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Anlage 80 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen B 65 und 66) : Sind dem Bundesverteidigungsministerium Klagen der Kompanie-, Staffel- und Inspektionsfeldwebel über Personalführungsprobleme, die anläßlich einer Fachtagung des Deutschen Bundeswehrverbands am 14./15. April 1978 in Bonn dargestellt wurden, bekannt, und wenn ja, welche 'Folgerungen zieht sie daraus? Kann der Bundesverteidigungsminister in diesem Zusammenhang bestätigen, daß als Ursachen überzogene Versetzungshäufigkeit, übertriebene Lehrgangsbeschickung sowie Strukturververänderungen ohne Rücksicht auf die Grenzen menschlicher Belastbarkeit in Frage kommen, und wenn ja, was gedenkt das Bundesverteidigungsministerium zur Minderung dieser Probleme konkret zu tun? Zu Frage B 65: Dem Bundesministerium der Verteidigung sind Klagen der Kompanie-, Staffel- und Inspektionsfeldwebel über Personalführungsprobleme nicht bekannt. Sie sind auch nicht als Folge der Fachtagung vom Deutschen Bundeswehrverband an das Bundesministerium der Verteidigung herangetragen worden. Die Kenntnis von der Fachtagung wie auch von den dabei getroffenen Feststellungen der Kompanie-, Staffel- und Inspektionsfeldwebel beruht auf der entsprechenden Darstellung im Verbandsorgan des Deutschen Bundeswehrverbandes in der Ausgabe 5/78. Zu Frage B 66: Der Bundesminister der Verteidigung kann in diesem Zusammenhang nicht bestätigen, daß als Ursachen für die vermeintlichen Beeinträchtigungen der Stimmung in der Truppe überzogene Versetzungshäufigkeit, übertriebene Lehrgangsbeschickung sowie Strukturveränderungen ohne Rücksicht auf die Grenzen menschlicher Belastbarkeit in Frage kommen. Soweit Versetzungen zur Korrektur nicht dienstgradgerechter Verwendungen erforderlich sind, habe ich bereits in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 26. April 1978 Stellung genommen (Protokoll der 87. Sitzung des Deutschen Bundestags, S. 6886). Auf die sonstigen im Interesse der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr notwendigen und unvermeidlichen Versetzungen kann nicht verzichtet werden. Ihre Zahl wurde in den letzten Jahren schon sehr stark verringert, hat aber nunmehr nahezu die untere Mindestgrenze erreicht. Die Teilnahme an Lehrgängen ist für die Aus-und Weiterbildung der Soldaten unumgänglich. Schon aus Wirtschaftlichkeitserwägungen müssen bestimmte Ausbildungsvorhaben zentral an dafür eingerichteten und materiell wie personell ausgestatteten Ausbildungseinrichtungen durchgeführt werden und können nicht dezentralisiert erfolgen. Nicht zuletzt wegen der zivilberuflich verwertbaren Lehrgangsabschlüsse liegt die Lehrgangsteilnahme aber auch im eigenen Interesse der entsandten Soldaten. Zu meinem Erstaunen entnehme ich dem Artikel in „Die Bundeswehr 5/78" auch, daß die Tagungsteilnehmer trotz ihrer Klagen über übertriebene Lehrgangsbeschickung zugleich festgestellt haben sollen, daß „weder Offiziere noch Unteroffiziere hinreichend für die Ausübung ihrer Fürsorge- und Betreuungsaufgaben ausgebildet sind. Es fehle auch an politischer Bildung und an einer besonderen pädagogischen Ausbildung der Gruppenführer, Zugführer und Kompaniefeldwebel". Dieses Manko kann sicherlich kaum ohne weitere Lehrgangsbeschickungen wettgemacht werden. Daß es daher gelegentlich zu Vertretungen und Doppelfunktionen kommen kann, ist unvermeidlich und muß im Interesse der Qualifikationsverbesserung ertragen werden. Bei Lehrgängen von mehr als 6monatiger Dauer wird ohnehin durch die Versetzung des Lehrgangsteilnehmers auf eine Planstelle des Schüleretats die Ersatzgestellung bei der entsendenden Einheit sichergestellt. Strukturveränderungen wie Heeresmodell 4 oder das neue Sanitätsmodell sind noch nicht durchgeführt, sondern befinden sich noch im Stadium des Truppenversuchs. Die auch vom Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages im Zusammenhang mit der Aufstellung von drei neuen und der Umgliederung zweier bestehenden Brigaden aufgeführten Beanstandungen wurden geprüft. Er spricht von Überbeanspruchung der Unteroffiziere und Überstrapazierung des Schlüsselpersonals. Weder eine Überbeanspruchung konnte im kürzlichen Erfahrungsaustausch mit den Brigadekommandeuren festgestellt werden, noch wurden gesundheitliche Beeinträchtigungen gemeldet. Vorgeschlagen wurde eine Entlastung des Kompanietruppführers unter Aufgabenverlagerung zum Kompaniefeldwebel. Der inzwischen eingesetzte Technische Unteroffizier hat sich bewährt und trägt zur besseren Wahrnehmung der Aufgaben auf dem Gebiet der Materialverwaltung bei. Die Zugführer werden in ihren normalen Zuständigkeiten für das Material ihrer Teileinheiten stärker gefordert. Das Vertreterproblem bei Schlüsselpersonal ist nicht strukturrelevant, da auch jetzt keine Reserve an Führungskräften gehalten wird. Die Inanspruchnahme von Schülerplanstellen bei längerfristigen Lehrgängen wird Erleichterung bringen. Im übrigen wird es auf der Kompanieebene als nicht gravierend beurteilt. 7412* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Die Feststellung, Strukturveränderungen ließen die Grenzen menschlicher Belastbarkeit unberücksichtigt, kann also nicht bestätigt werden. Nach der erprobungsbedingten Belastung ist nach Abschluß der Erprobung nun eine Normalisierung eingetreten. Anlage 81 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Würzbach (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 67 und 68) : Wie hoch sind die tatsächlichen Einsparungen der auf Grund des Haushaltsstrukturgesetzes vorgenommenen Verlängerung der Dienstaltersgrenze für Berufssoldaten um ein Jahr? Wann gedenkt die Bundesregierung, dem einmütigen Entschluß des Verteidigungsausschusses vom 18. Januar 1978 nachzukommen und die Dienstzeitverlängerung für Berufssoldaten zurückzunehmen und die Dienstzeit auf den Stand von vor dem 1. Januar 1976 zurückzubringen? Zu Frage B 67: Durch die auf Grund des Haushaltsstrukturgesetzes erfolgte Anhebung der Besonderen Altersgrenzen für Berufssoldaten um ein Jahr sind im Verteidigungshaushalt (EPl 14) keine Einsparungen erzielt worden. Minderausgaben sind im Versorgungstitel des Einzelplans 33, der vom Bundesminister der Finanzen unmittelbar verwaltet wird, eingetreten, und zwar ca. 106 Millionen DM in den Jahren 1976 und 1977. Zu Frage B 68: Die Dienstzeitverlängerung für Berufssoldaten infolge der Heraufsetzung der Besonderen Altersgrenzen der Berufssoldaten kann nicht exklusiv für die Soldaten zurückgenommen werden. Die Bestimmungen des Haushaltsstrukturgesetzes betrafen seinerzeit nicht nur die Soldaten (Art. 9, § 1), sondern die Polizeibeamten im Bundesgrenzschutz (Art. 7, § 1), die Beamten der Bundesanstalt für Flugsicherung (Art. 8, § 1), die Beamten des Bundes (Art. 3), der Länder (Art. 5) und die Richter (Art. 6). Entsprechend muß auch die Herabsetzung der betroffenen Altersgrenzen auf den Stand vor dem Inkrafttreten des Haushaltsstrukturgesetzes für die vorgenannten Personengruppen gemeinsam betrieben werden. Dafür ist der Bundesminister des Innern federführend. Ihm hat der Bundesminister der Verteidigung am 12. Mai 1977 eine positive Stellungnahme zur Frage der Wiederherstellung des Rechtsstandes vor Inkrafttreten des Haushaltsstrukturgesetzes zugeleitet. Anlage 82 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Berger (Lahnstein) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 69, 70, 71 und 72): Besteht die Absicht, das wehrgeschichtliche Museum der Bundeswehr aus Rastatt zu verlegen und gegebenenfalls wohin? Ist die Bundesregierung an der Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz — die Bereitschaft dazu besteht — in dieser Angelegenheit interessiert? Hat es bereits vorbereitende Gespräche oder gar Verhandlungen nachgeordneter Bundesbehörden mit an der Unterbringung interessierten Städten oder Grundstückseigentümern gegeben? Haben sich bereits Städte, gegebenenfalls welche, um die Unterbringung des wehrgeschichtlichen Museums beworben? Zu Frage B 69: Aus zwingenden Gründen ist es erforderlich geworden, Untersuchungen mit dem Ziel einzuleiten, die im Bereich der Bundeswehr vorhandenen umfangreichen Bestände wehrtechnischer Exponate an einer Stelle zusammenzuführen. Im wesentlichen handelt es sich dabei um Großgerät (Flugzeuge, Panzerkampfwagen, Geschütze und Schiffszubehör), das in erster Linie für Anschauungszwecke bei Neuentwicklungen und Erprobungen sowie für die Heranbildung technischen Personals an einem zentral gelegenen Ort benötigt wird. Soweit dienstliche Interessen nicht entgegenstehen, sollen diese Materialien im Rahmen einer umfassenden Ausstellung zur deutschen Wehrgeschichte auch der interessierten Öffentlichkeit für die Besichtigung zugänglich gemacht werden. Der Bestand des Wehrgeschichtlichen Museums (WGM) in Rastatt kann hierbei nicht außer Betracht bleiben. Der gegenwärtige Stand der Voruntersuchungen reicht zu einer abschließenden Beantwortung der Frage noch nicht aus, ob das WGM in die Überlegungen einbezogen bleibt. Gegebenenfalls würden Auswirkungen auf das WGM erst in etwa acht bis zehn Jahren eintreten. Die Landesregierung von Baden-Württemberg ist in diesem Sinne unterrichtet worden. An eine geschlossene Verlegung des WGM, dessen Bestände zu einem großen Teil Leihgaben des Landes Baden-Württemberg sind, in einen Ort außerhalb der Landesgrenzen ist jedoch nicht gedacht. Zu Frage B 70: Sollten die eingeleiteten Untersuchungen zu einem entsprechenden Ergebnis führen, ist die Bundesregierung selbstverständlich an der Unterstützung ihres Vorhabens durch das Land Rheinland-Pfalz wie auch jedes anderen Landes interessiert. Zu Frage B 71: Zur Neuordnung des Museumswesens der Bundeswehr und zur Lösung seiner Unterkunftsprobleme auf Dauer sind alle sich bietenden Möglichkeiten zu untersuchen. Daher gab es wiederholt Erörterungen zwischen der WBV V und den zuständigen Behörden des Landes Baden-Württemberg zur Behebung der Raumnot des WGM. Im Zusammenhang mit der dienstlich notwendigen Zusammenführung der wehrtechnischen Exponate an zentraler Stelle fand bisher eine erste unver- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7413* bindliche Fühlungnahme zwischen der WBV IV und Behördenvertretern des Landes Rheinland-Pfalz statt. Für weitergehende Gespräche oder das Einleiten von Verhandlungen mit den Landesregierungen von Baden-Württemberg bzw. Rheinland-Pfalz bieten die ersten Anfänge der Voruntersuchungen noch keine tragfähige Grundlage. Zu Frage B 72: Neben der Stadt Rastatt, die das Wehrgeschichtliche Museum behalten möchte, haben sich als Museumsstandort angeboten — Germersheim mit dem früheren Zeughaus (Eigentümer der Anlage : Rheinland-Pfalz) — Koblenz mit der ehem. Feste Ehrenbreitstein (Eigentümer der Anlage : Rheinland-Pfalz). Anlage 83 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 73) : Teilt das Bundesverteidigungsministerium die kritischen Bemerkungen des Personalratsvorsitzenden der Standortverwaltung Düren, Hubert Wachendorf, zum Problem der Großkassen (Wehrreport 4/1978, Seite 14) in der Bundeswehr, und wenn nein, trifft der Vorwurf zu, daß wegen langwieriger verwaltungstechnischer Wege oft auf den Skontoabzug bei Rechnungen verzichtet werden muß? Die Neuregelung der Kassenorganisation ist mit Zustimmung des Hauptpersonalrates durchgeführt worden. Die Kassengeschäfte werden seitdem kostensparender und zügiger abgewickelt. Die Bearbeitungszeit für die Prüfung und Zahlungsanweisung von Rechnungen mit kurzen Fälligkeitsterminen und Skontoabzügen ist zwar für die jeweiligen Dienststellen, die sich nicht am Sitz einer Kasse befinden und dorthin auch keine Versorgungs- und Kurierfahrten in Anspruch nehmen können, durch die Schaffung der Großkasse um einen Tag, der für den Postweg benötigt wird, verkürzt worden. Da aber entsprechende Rechnungen als sogenannte Sofortsache behandelt werden, ist sichergestellt, daß Skontofristen auch in diesen Fällen eingehalten werden können. Der Überweisungsverkehr der Großkassen ist durch den Einsatz spezieller Computer für das Fertigen von Überweisungen verbessert worden. Dringliche Überweisungen — z. B. bei Skontoabzug — werden am Tag des Eingangs bearbeitet und spätestens am nächsten Vormittag bei der Landeszentralbank-Zweiganstalt eingereicht. Auf diese Weise werden Skontoverluste vermieden.' Fahrten zu den Großkassen, um Ergebnisse abzustimmen, verursachen keine zusätzlichen Kosten, weil der Aufwand für die Abstimmung der Haushaltsüberwachungslisten nach Einführung des neuen automatisierten Buchführungsverfahrens insgesamt vermindert worden ist. So konnte u. a. die frühere Weisung aufgehoben werden, alle Haushaltsüberwachungslisten monatlich mit der Kasse abzustimmen, weil den zahlungsanweisenden Dienststellen jetzt monatlich Listen mit den Titelergebnissen zur Verfügung gestellt werden. Anlage 84 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hölscher (FDP) (Drucksache 8/1826 Frage B 74): Treffen Presseberichte zu, wonach die US-Streitkräfte beantragt haben, in Stuttgart-Plieningen einen Landeplatz für Hubschrauber einzurichten, und ist die Bundesregierung bereit, einen Landeplatz zu genehmigen, auch wenn Tausende von Anwohnern einer unzumutbaren Lärmbelästigung ausgesetzt sind? Ihre Fragen, ob Presseberichte zutreffen, wonach die US-Streitkräfte beantragt haben, in StuttgartPlieningen einen Landeplatz für Hubschrauber einzurichten, und ob die Bundesregierung bereit ist einen Landeplatz zu genehmigen, auch wenn Tausende von Anwohnern einer unzumutbaren Lärmbelästigung ausgesetzt sind, beantworte ich wie folgt: Die US-Streitkräfte haben im Oktober 1977 ein Gelände südostwärts der Kelley-Barracks StuttgartMöhringen im unmittelbaren Anschluß an die Kaserne angefordert, weil sie die Einrichtung eines Hubschrauberlandeplatzes ausschließlich für Offiziere im Generalsrang und für medizinische Notfälle einzurichten beabsichtigen. Das Landbeschaffungsvorhaben liegt nur Zeit dem Finanzministerium Baden-Württemberg vor, das nach Abschluß des nach dem Landbeschaffungsgesetz vorgeschriebenen Anhörungsverfahrens die Stellungnahme der Landesregierung abgeben wird. Erst danach kann über das Vorhaben der US-Streitkräfte endgültig entschieden werden. Anlage 85 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Dr. von Geldern (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 75) : Wann ist mit der Bereitstellung der erforderlichen Finanzmittel zum Ausbau der überlasteten Kreuzung der Bundesstraße 6 und der Hinrich-Wilhelm-Kopf-Straße in Cuxhaven- Altenwalde zugunsten der in der Hinrich-Wilhelm-Kopf-Kaserne stationierten Soldaten zu rechnen? Ihre Frage nach der Bereitstellung der erforderlichen Finanzmittel zum Ausbau der Kreuzung der Bundesstraße 6 und der Hinrich-Wilhelm-KopfStraße in Cuxhaven-Altenwalde beantworte ich wie folgt: Die angesprochene Kreuzung wird von der niedersächsischen Straßenbauverwaltung zu Lasten des 7414* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Bundesministers für Verkehr und der Stadt Cuxhaven ausgebaut. Für die Zwecke der Bundeswehr ist zusätzlich nur eine Schaltmöglichkeit von der Wache zur vorgesehenen Ampelanlage gefordert worden, die für Alarmierungsfälle benötigt wird. Lediglich die hierfür erforderlichen Mittel von 20 000,— DM werden aus dem Verteidigungshaushalt bestritten. Diese Summe steht dem für die Baudurchführung zuständigen Straßenbauamt jederzeit auf Anforderung zur Verfügung. Nach meiner Kenntnis ist der Baubeginn für den Sommer dieses Jahres vorgesehen. Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Graf Huyn (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 76) : Warum sind die Dienstposten der hauptamtlichen Ausbildungsbeauftragten der Bundeswehrverwaltung (Standortverwaltungen) noch nicht nach A 11 angehoben worden, obwohl der Bundesrechnungshof nach zwei eingehenden Überprüfungen ein dahin gehendes Votum abgegeben hat, und wann ist beabsichtigt, diese Stellen anzuheben? Das Bundesministerium der Verteidigung hält in Übereinstimmung mit dem Bundesrechnungshof die Bewertung des Dienstpostens eines hauptamtlichen Ausbildungsbeauftragten bei den Standortverwaltungen mit Besoldungsgruppe A 11 für sachgerecht. Nach dem Aufstellungsrundschreiben des Bundesministers der Finanzen zum Haushalt 1979 sind jedoch auch für diesen Haushalt Hebungen von Planstellen ausgeschlossen. Eine Anhebung der Dienstposten für hauptamtliche Ausbildungsbeauftragte nach Besoldungsgruppe A 11 ist daher z. Z. nicht zu erreichen. Ich werde jedoch die Hebung auch in die nächste Haushaltsforderung aufnehmen. Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 77, 78 und 79): Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, welche Vor- und Nachteile die künstliche Belüftung in den Zügen der Deutschen Bundesbahn für den Reisenden hat? Treffen nach dem Erkenntnisstand der Bundesregierung die Ergebnisse zu, die französische Gutachter für Krankenhausbelüftungsanlagen vorgelegt haben, daß durch künstliche Belüftung in Krankenhäusern Bazillen fort- und übertragen werden und daß aus diesem Grunde künstliche Belüftungsanlagen in Krankenhäusern wieder abgeschafft werden sollen, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie für ihre Zuständigkeit daraus? Besteht die Gefahr, daß durch Belüftungsanlagen in Eisenbahnwaggons Bazillen im Kreislauf von Abteil zu Abteil getragen werden können? Zu Frage B 77: Aus technischen Gründen ist es erforderlich, bei schnellfahrenden Reisezügen die Fenster geschlossen zu halten und deshalb für Belüftung Klimaanlagen zu installieren. Die Deutsche Bundesbahn hat mitgeteilt, daß bei der künstlichen Belüftung gleichmäßig gefilterte Frischluft und Umluft aus den jeweiligen Abteilen — je nach Jahreszeit erwärmt oder gekühlt — in Höhe der Fenster in den Fahrgastraum eingeblasen wird. Von den Reisenden werden die individuell regelbaren Klimaanlagen überwiegend begrüßt; Nachteile in seuchenhygienischer Sicht sind bisher nicht bekanntgeworden. Zu Frage B78: Die Bundesregierung hat sich mit der genannten Problematik seit längerem befaßt, auch wenn ihr die der Anfrage zugrunde liegenden französischen Publikationen bisher nicht zugänglich waren. Die Bundesregierung sieht nach den ihr vorliegenden Erkenntnissen keine Notwendigkeit zu einem Verbot derartiger Anlagen, vielmehr hat sie erkannt, daß diese einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung von Krankenhausinfektionen (z. B. im Operationsbereich zur Erreichung keimfreier Verhältnisse) liefern können. Wohl aber sind Anforderungen an die Einrichtung, Wartung und Überwachung solcher Anlagen im Rahmen der „Hospitalismus"-Bekämpfung erforderlich. Zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen liegen seit 1976 Richtlinien der beim Bundesgesundheitsamt geschaffenen Kommission vor. Diese beziehen die Fragen einer durch künstliche Belüftungsanlagen in Krankenhäusern verursachten Keimverschleppung ein. Die in diesem Zusammenhang notwendigen technischen Voraussetzungen und Anforderungen sind in der im Beuth-Verlag im April 1978 erschienenen VDI-Richtlinie DIN 1946 Teil 4 „Raumlufttechnische Anlagen in Krankenanstalten" niedergelegt. Außerdem ist die genannte Problematik einschließlich gegebenenfalls zu ziehender rechtlicher Folgerungen Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Untersuchungen und Diskussionen der einschlägigen Institutionen bzw. Gremien des Bundes und der Länder, um auch die neuesten Erkenntnisse verwerten zu können. Zu Frage B 79: Eine Gefahr, daß durch die Zwangsbelüftung in den Reisezugwagen der Deutschen Bundesbahn Bakterien im Kreislauf von Abteil zu Abteil getragen werden, besteht nicht, da direkte Umluftkanäle zwischen den Abteilen nicht vorhanden sind und durch einen geringen Überdruck die Abluft von dort nur in den Seitengang gelangen kann. Die Infektionsgefahr ist deshalb im Schienenverkehr nicht größer als bei den übrigen öffentlichen Verkehrsmitteln. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7415* Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schrift- liche Frage der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 80): Wie sieht die Bundesregierung die verstärkte staatliche Überprüfung der Einnahmen von Jugendspielmannzügen und Jugendorchestern, die ja noch nicht einmal die Kosten für Kleidung, Instrumente, Noten usw. decken, und wodurch eine wertvolle und notwendige Jugendarbeit gefährdet wird, und ist sie bereit, hier Abhilfe zu schaffen? Jugendspielmannszüge und Jugendorchester sind in der Regel gemeinnützig und genießen die zahlreichen mit der Gemeinnützigkeit verbundenen Steuervergünstigungen. Zu Steuern werden sie herangezogen, wenn sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten, der kein Zweckbetrieb ist. Einen derartigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb können die Auftritte sowie die geselligen Veranstaltungen der Spielmannszüge und Orchester bilden, wenn dabei Einnahmen erzielt werden. Voraussetzung ist jedoch, daß der Überschuß der Einnahmen über die Kosten der Auftritte und Veranstaltungen im Dreijahresdurchschnitt höher als 12 000 DM im Jahr ist. Wird die Freigrenze im Dreijahresdurchschnitt überschritten oder liegen die Voraussetzungen für die Behandlung als gemeinnützige Körperschaften nicht vor, können die Vereine einen Körperschaftsteuerfreibetrag von bis zu 5 000 DM im Jahr in Anspruch nehmen. Sowohl die Freigrenze von 12 000 DM als auch der Freibetrag von 5 000 DM sind so großzügig bemessen, daß es nur ausnahmsweise zu einer Besteuerung der Jugendspielmannszüge und Jugendorchester kommen dürfte. Im Interesse der Wettbewerbsneutralität und der steuerlichen Gleichbehandlung der Jugendspielmannszüge und Jugendorchester im Verhältnis zu uneingeschränkt steuerpflichtigen Berufsmusikern ist es gerechtfertigt, daß die Finanzbehörden überprüfen, ob die mit der Gemeinnützigkeit verbundenen Steuervergünstigungen zu Recht in Anspruch genommen werden oder ob die Voraussetzungen für eine Besteuerung gegeben sind. Dies geschieht im Rahmen des normalen Veranlagungsverfahrens, das mit einem Steuerbescheid oder einem Freistellungsbescheid endet. Freistellungsbescheide werden nach dem Einführungserlaß zur neuen Abgabenordnung in der Regel alle drei Jahre überprüft. Ein Prüfungsturnus von drei Jahren erscheint der Bundesregierung nicht unangemessen. Ihr sind keine Tatsachen bekannt, die den Schluß auf eine verstärkte staatliche Überprüfung rechtfertigen, wie sie in Ihrer Anfrage unterstellt wird. Anlage 89 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hoffmann (Saarbrücken) (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 81): Hat die Bundesregierung die gleichen Erkenntnisse wie amerikanische Forscher, die nach neuesten Presseberichten feststellten, daß die Einnahme der Anti-Baby-Pille doch krebsfördernd sei, wenn ja, was denkt die Bundesregierung zu tun, um die Bevölkerung aufzuklären, und wird die Bundesregierung gegebenenfalls Forschungsprojekte mit dem Ziel in Auftrag geben oder schon laufende Projekte verstärkt fördern, daß ungefährliche Antikonzeptiva hergestellt und angeboten werden? Tierexperimentelle Ergebnisse, von denen eine krebsfördernde Wirkung von Hormonen abgeleitet wurde, die in Antibabypillen enthalten sind, lassen sich nicht direkt auf den Menschen übertragen. Das sehr umfangreiche Material derartiger Ergebnisse ist in dem Bericht zusammengefaßt: George Washington University Medical Center, Department of Medical and Public Affairs. Oral Contraceptives, Washington, DC, 1977 (Population Reports Series A, No. 4) . Die in (der amerikanischen Literatur beschriebenen Fälle von Gebärmutterschleimhautkarzinomen, die in einen Zusammenhang mit der Einnahme von Antibabypillen gebracht wurden, haben keine Bedeutung für die Bundesrepublik, da es sich bei diesen oralen Kontrazeptiva um Zweiphasenpräparate handelte, die in vergleichbarer Form in der Bundesrepublik nicht auf dem Markt waren und sind. Die bisher vorliegenden Daten für die Bundesrepublik Deutschland ergeben keinen eindeutigen Beweis für ein erhöhtes Krebsrisiko bei langjähriger Einnahme hormonaler Kontrazeptiva. Die Verwendung der neueren niedriger dosierten Hormonpräparate ist generell auf Grund der Annahme eines veringerten Risikos aller möglichen schädlichen Nebenwirkungen zu empfehlen. Die Notwendigkeit der Durchführung epidemiologischer Langzeitstudien beschränkt sich nicht auf die Frage nach einem möglichen erhöhten Krebsrisiko, sondern muß die anderen bisher bekanntgewordenen Risiken, von denen einige vitale Bedeutung haben, mit einbeziehen. Das vitale Risiko der Einnahme von Antibabypillen erscheint bei älteren Frauen, die Raucherinnen sind, wegen der möglichen schweren Gefäßschäden und Veränderungen in der Blutgerinnung größer als das Krebsrisiko. Die Aufklärung der Frauen über die möglichen Schäden der langfristigen Einnahme von Antibabypillen kann sich deshalb nicht auf bestimmte Formen eines noch nicht ausreichend ermittelten Krebsrisikos beschränken. In ,der Bundesrepublik Deutschland sind bereits epidemiologische Studien mit der speziellen Fragestellung eines Krebsrisikos durchgeführt worden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen lassen kein erhöhtes Krebsrisiko bei Anwendung von Antibabypillen erkennen. Neue Studien mit dem Ziel der Erfassung aller unerwünschter Wirkungen von Antikonzeptiva mit niedrig dosierten Anteilen neuartiger Hormone befinden sich gegenwärtig in der Planungsphase. Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 82): 7416* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Ist der Bericht der „Hamburger Morgenpost" vom 24. Mai 1978 über die mangelnde staatliche Hilfe bei der psychotherapeutischen Betreuung der „Landshut-Geiseln" zutreffend, und welche Hilfeleistungen sind von Seiten der Bundesregierung bisher erfolgt? Die Darstellung der Hamburger Morgenpost über die staatliche Hilfe für die Opfer des Geiseldramas trifft nicht zu. Die Insassen der „Landshut", die mit Schadensersatzforderungen an die Lufthansa herangetreten sind, wurden über ihre Rechte nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG), über das Antragserfordernis sowie über das für sie zuständige Versorgungsamt informiert. Im Januar dieses Jahres hat die Lufthansa auf Veranlassung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung alle Insassen des Flugzeugs auf das OEG und insbesondere auf die Möglichkeit der psychotherapeutischen Behandlung hingewiesen. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat in einem Rundschreiben die für die Durchführung des OEG zuständigen obersten Landesbehörden gebeten, dafür Sorge zu tragen, daß den Betroffenen rasch geholfen wird. Der Versorgungsverwaltung liegen derzeit 36 An- träge von Insassen der „Landshut" vor. Die versorgungsärztlichen Untersuchungen haben gezeigt, daß nur in Einzelfällen eine bleibende gesundheitliche Beeinträchtigung zu befürchten ist; nur in 2 Fällen wird eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 v. H. gezahlt. 10 Antragstellern ist eine Kur bewilligt worden. In anderen Fällen werden Heilbehandlungskosten erstattet und Heilbehandlungsmaßnahmen — soweit zur Überwindung der seelischen Folgeerscheinungen erforderlich und vom Betroffenen gewünscht auch psychotherapeutische Behandlung — durchgeführt. Die Bundesregierung geht in ihren Bemühungen um die Geiselopfer davon aus, daß die Entscheidung darüber, ob staatliche Hilfe benötigt wird und in Anspruch genommen werden soll, den Betroffenen überlassen bleiben muß. Von diesem Grundgedanken ging auch der Gesetzgeber des OEG aus, als er die Versorgung vom Antrag abhängig machte. Schließlich ist noch auf das Gesundheitssystem der Bundesrepublik hinzuweisen. Derzeit sind mehr als 90 v. H. der Bevölkerung krankenversichert. Jeder krankenversicherte Passagier der „Landshut", der einer psychotherapeutischen Behandlung bedarf, kann diese auch als Leistung seiner Krankenkasse erhalten. Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Daweke (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 108): Beabsichtigt die Bundesregierung, bei Einführung der Fernsprechnahbereiche ebenfalls eine Bereinigung der Ortsnetze mit dem Ziel, die in den Jahren 1969 bis 1971 neu geschaffenen Gemeindegrenzen mit denen der Ortsnetze in Kongruenz zu bringen? Der weitere Ausbau des Fernsprechnetzes muß sich unter Beachtung wirtschaftlicher Maßstäbe an der Struktur der vorhandenen technischen Einrichtungen und dem zu erwartenden Verkehrsbedürfnis orientieren. Für die Abgrenzung politischer Gemeinden sind andere Kriterien maßgebend, die sich jedoch für fernmeldetechnische Zwecke nicht eignen. Die nunmehr verabschiedete Regelung für die Ausgestaltung der Nahbereiche ist ein erster Schritt, die bei der kommunalen Neuordnung entstandenen tariflichen Probleme im Fernsprechdienst mit fernmeldeadäquaten Mitteln zu lösen. Die Deutsche Bundespost nimmt bei dieser Neuregelung Mindereinnahmen von jährlich rd. 1 Mrd. DM in Kauf und geht damit bis an die Grenze des bei vernünftiger Risikoabwägung finanziell noch Vertretbaren. Weitere Schritte können erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn sich die konkreten Auswirkungen des neuen Tarifsystems voll überblicken lassen. Auf jeden Fall werden durch die Nachbereiche so große einheitliche Tarifgebiete geschaffen, daß jeder Fernsprechkunde seine Gemeindeverwaltung zur Nahgesprächsgebühr erreicht. Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 109 und 110) : Trifft es zu, daß Nr. 28 des Amtlichen Fernsprechbuches 1979/80 nicht mehr die Bereiche Freiburg, Offenburg, Donaueschingen und Konstanz umfassen wird, den Bereich Donaueschingen vielmehr mit Nr. 27 anders zuteilen wird? Teilt die Bundesregierung meine Meinung, daß der Bereich Donaueschingen nicht vom Regierungsbezirk Freiburg abgetrennt werden sollte, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Durch das ständige Anwachsen der Zahl der Fernsprechteilnehmer werden die amtlichen Fernsprechbücher immer umfangreicher und für die Benutzer wird der Gebrauch mühsam. Sie müssen deshalb dort neu abgegrenzt werden, wo sie andernfalls ihren Zweck als handliches Nachschlagewerk zur schnellen Information der Fernsprechkunden nicht mehr erfüllen. Die Oberpostdirektionen Freiburg im Breisgau, Karlsruhe und Stuttgart bemühen sich deshalb zur Zeit um die Überarbeitung einiger amtlicher Fernsprechbücher. Sie haben die besonders betroffenen Institutionen und Wirtschaftsverbände über die beabsichtigten Neuabgrenzungen unterrichtet und darauf hingewiesen, daß nach Möglichkeit die Kreis- bzw. Regionsgrenzen zukünftig berücksichtigt werden sollen. Danach, soll der Bereich Donaueschingen wegen seiner Zugehörigkeit zur Region Schwarzwald-BaarHeuberg zusammen mit dem Bereich Neckar-Alb in einem amtlichen Fernsprechbuch aufgeführt werden. Da leider wegen der sonst auftretenden erwähnten Schwierigkeiten bei der Handhabung des Buches keine Möglichkeit besteht, den Bereich Donaueschingen weiterhin mit Freiburg in einem amtlichen Fernsprechbuch zusammenzufassen, ist dies die sinnvollste Lösung. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7417* Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Stutzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 111) : Sieht die Bundespost einen kundenfreundlichen Service darin, daß Eilpäckchen, die morgens beim Zustellpostamt eingehen, nicht, wie von den Absendern erwartet, einer besonderen Eilzustellung, sondern der normalen Paketzustellung unterliegen und dadurch den Empfänger in vielen Fällen erst mittags oder nachmittags — also nicht früher als ein normales Päckchen — erreichen, und ist im Hinblick darauf, daß hierdurch vielen Kunden erhebliche Nachteile entstehen, beabsichtigt, dieses Zustellungsverfahren zu ändern? Päckchen werden im Normalfall zusammen mit den Paketen vom Paketzusteller ausgeliefert. Päckchen können auch wie Schnellpaketsendungen zustellt werden, wenn für sie die Eilzustellgebühr entrichtet worden ist. Sie werden dann, wenn sie nach Beginn der Paketzustellung am Bestimmungsort eintreffen, mit Eilzustellung an Werktagen bis 19.00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen bis 12.00 Uhr ausgeliefert. Diese Regelung ist seinerzeit auf ausdrücklichen Wunsch der Wirtschaft, die bereit war, die damit verknüpften Nachteile in Kauf zu nehmen, in die Postordnung aufgenommen worden. Weil sie immer wieder zu Unzuträglichkeiten führte, wird durch die Sechste Verordnung zur Änderung der Postordnung, die der Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost am 26. April 1978 beschlossen hat, eine neue Regelung eingeführt. Das Leistungsangebot der Post für den Kleingutbereich wird durch die Möglichkeit der Eilzustellung — auf jeden Fall durch besonderen Boten — erweitert. Für die vorrangige Beförderung der Päckchen und freigemachten Paketsendungen gibt es künftig die Versendungsform „Schnellsendung". Schnellsendungen, die am Eingangstag nicht die Paketzustellung erreichen, werden künftig an Werktagen bis 21.00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen bis 12.00 Uhr gesondert zugestellt. Falls darüber hinaus der Absender an einer beschleunigten Zustellung durch Eilboten interessiert ist, soll er vom 1. Januar 1979 an für alle Schnellsendungen zusätzlich die besondere Versendungsform „Eilzustellung" wählen können. Schnellsendungen mit dem Vermerk „Eilzustellung" — also auch die Päckchen — werden dann nach dem Eingang auf jeden Fall unverzüglich durch Eilboten zugestellt. Anlage 94 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 112): Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige Situation der Postversorgung auf dem Lande insbesondere in den Landkreisen Diepholz, Soltau/Fallingbostel, Verden, Nienburg und Rotenburg/Wümme und in diesem Zusammenhang den Vorschlag, daß zur Verbesserung der Postversorgung in Landgemeinden die Post Karten an ihre Kunden ausgibt mit dem Inhalt „An den Postzusteller: Kommen Sie bitte zur Abholung eines Paketes, einer Geldüberweisung, usw.... zu ... Name, Anschrift", die von den Postkunden in den Briefkasten geworfen werden, damit der Kunde weder, wie es teilweise üblich ist, am Briefkasten noch auf der Straße auf den Zusteller zu warten braucht, um seine Postgeschäfte zu tätigen? Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich im ländlichen Bereich tiefgreifende Strukturveränderungen ergeben. Deshalb muß unter dem Gesichtspunkt einer auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichteten wirtschaftlichen Betriebsführung das gegenwärtige System der Postversorgung im ländlichen Bereich überarbeitet werden. Dies trifft auch für die Landkreise Diepholz, Soltau, Fallingbostel, Verden, Nienburg und Rotenburg an der Wümme zu. Erste Vorstellungen für eine Neuordnung der Postversorgung des Landes und der Stadtrandgebiete gehen dahin, ein System von — ortsfesten Annahmestellen (Postämter und Poststellen), — mobilen Annahmestellen (Fahrbaren Postschaltern) und — Zustellern mit Annahmemöglichkeiten (Landzustellern) aufzubauen. Auch der Vorschlag, zur Verbesserung der Postversorgung in Landgemeinden Karten zum Herbeirufen des Landzustellers an die Kunden auszugeben, wird in diese Überlegungen einbezogen. Für Empfänger auf abgelegenen Gehöften stehen bereits seit längerer Zeit besondere Briefkästen (EB 101) zur Verfügung, die nicht nur der Zustellung dienen, sondern vom Postkunden auch zur Einlieferung von Sendungen oder zum Herbeirufen des Zustellers benutzt werden können. Anlage 95 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Sperling auf die Schrift- lichen Fragen des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 113 und 114) : Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus einem vom Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau sowie den Bausparkassenverbänden in Auftrag gegebenen Forschungsbericht, der die „Sickereffekte verschiedener Formen der Wohnbau- und Bausparförderung" zum Gegenstand hat? Ergeben sich nicht aus der Tatsache, daß die Hilfen zur Vermögensbildung im Wohnungsbau, wie sie insbesondere die Bausparförderung darstellt, über die Sickereffekte nicht zuletzt auch unteren Einkommensschichten zugute kommen, zusätzliche Gesichtspunkte in bezug auf die Effizienz der Bausparförderung und die Problematik der Einkommensgrenzen, und ist die Bundesregierung auf Grund der Ergebnisse der Sickerstudie bereit, ihre Haltung zu der Forderung nach einer Erhöhung der Einkommensgrenzen zu überprüfen? Zu Frage B 113: Die Bundesregierung fühlt sich durch die Ergebnisse der vom Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zusammen mit den Bausparkassenverbänden in Auftrag gegebenen Forschungsarbeit in ihrer Politik zur Förderung der Ei- 7418* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 gentumsbildung im Wohnungsbereich bestätigt. Sie ist bereits bisher davon ausgegangen, daß der Bau bzw. Erwerb von Eigenheimen und Eigentumswohnungen durch Haushalte, die schon bisher gut mit Wohnraum versorgt waren, über sogenannte Sikkereffekte indirekt in erheblichem Umfang zu einer Verbesserung der Wohnungsversorgung einkommensschwächerer Haushalte beiträgt. Dies ist nicht zuletzt auch die Rechtfertigung dafür, daß schon seit Jahren der größere Teil der Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau in die Förderung des Baues von Eigenheimen und Eigentumswohnungen innerhalb weiterer Einkommensgrenzen als im traditionellen sozialen Wohnungsbau gelenkt wird. Zu Frage B 114: Aus dem Gutachten ergeben sich keine zusätzlichen Gesichtspunkte in bezug auf die Effizienz der Bausparförderung. Die Bundesregierung hat in der letzten Zeit mehrfach die Bedeutung des Bausparens gewürdigt. Sie hat dabei vor allem auf die wohnungs-, vermögens- und auch konjunkturpolitische Bedeutung des Bausparens hingewiesen und in diesem Zusammenhang noch einmal herausgestellt, daß gerade beim Bausparen anders als etwa beim allgemeinen Kontensparen die Umsetzung von Sparleistungen in Investitionsentscheidungen unmittelbar gesichert ist. Angesichts der außerordentlich günstigen Entwicklung der Spargeldeingänge bei den Bausparkassen und der Baugenehmigungen für Eigenheime besteht gegenwärtig keine Veranlassung, die bisherige Haltung zu der Forderung nach einer Erhöhung der Einkommensgrenzen zu überprüfen. Anlage 96 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Fragen B 116, 117, 118 und 119) : Wie viele Auslandsreisen sind im Zeitraum 1. Januar 1975 bis 1. Juni 1978 von Mitarbeitern der Unterabteilung Energieforschung im dienstlichen Auftrag unternommen worden, welche sind im Bundesforschungsministerium bzw. beim Projektträger Jülich abgerechnet worden? Welche Auslandsreisen wurden im Zeitraum 1. Januar 1975 bis 1. Juni 1978 von Mitarbeitern des Projektträgers „Energieforschung" in Jülich unternommen, und welche wurden auf Veranlassung des Bundesforschungsministeriums durchgeführt? Wie viele Mitarbeiter im Bundesministerium für Forschung und Technologie sind seit 1969 bis zum 1. Juni 1978 im Bundesministerium für Forschung und Technologie, differenziert nach einzelnen Besoldungsgruppen, neu eingestellt worden? Wie viele Mitarbeiter im Bundesministerium für Forschung und Technologie sind seit 1969 bis zum 1. Juni 1978 aus den Diensten des BMFT ausgeschieden, und welche davon nicht aus Alters- und Krankheitsgründen? Zu Fragen B 116 und 117: Die Zahl der Auslandsdienstreisen bestimmter Mitarbeiter des Bundesministeriums für Forschung und Technologie bzw. des Projektstabes Energieforschung bei der Kernforschungsanlage Jülich (KFA) seit 1975 kann nicht ohne unangemessenen Zeitaufwand festgestellt werden. Denn hierzu wäre — soweit nicht zufällig Zahlenmaterial schon aufbereitet ist — eine Durchsicht der abgehefteten Belege aller Dienstreisen des Ministeriums und aller KFA-Mitarbeiter seit 1975 notwendig! Immerhin kann ich Ihnen wenigstens für die unmittelbare Vergangenheit für das Ministerium mitteilen, daß von Mitarbeitern der Unterabteilung 31 (Energieforschung) im Jahre 1977 insgesamt 190 im Jahre 1978 bisher 88 Dienstreisen ins Ausland — meist Tagesreisen zu Gremien in Brüssel (EG) oder Paris (OECD) — durchgeführt worden sind, die sämtlich im Ministerium abgerechnet wurden. Einen Ausnahmefall stellen die Dienstreisen eines von der Projektleitung Energieforschung der KFA zur Gewinnung von Erfahrungen im BMFT abgestellten Mitarbeiters dar, der bis Sommer 1976 verschiedene Auslandsdienstreisen im Zuge der Durchführung des Programms „nichtnukleare Energieforschung" beim Projektträger in Jülich abgerechnet hat. Dieser Mitarbeiter wird seit Juni 1976 als Personalaushilfe aus den dafür vorgesehenen Haushaltsmitteln des Einzelplans 30 finanziert; seitdem werden gleichzeitig auch seine Dienstreisen vom BMFT bezahlt. Auch von den Mitarbeitern der Projektleitung Energieforschung (PLE) Jülich müssen in nicht unerheblichem Umfang Auslandsdienstreisen durchgeführt werden. Die meisten dieser Reisen kommen auf Veranlassung des BMFT zustande. Dies gilt insbesondere für die Mitarbeit der PLE in Fachausschüssen der EG und der OECD bzw. IEA sowie bei der bilateralen Zusammenarbeit im Rahmen von Projekten der Energieforschung. In den Gremien zur Lenkung dieser Projekte werden die Interessen der Bundesrepublik Deutschland von den Mitarbeitern der PLE im Rahmen ihres Auftrages wahrgenommen. Ferner ist es notwendig, daß Mitarbeiter der PLE — in Abstimmung mit dem BMFT — internationale Tagungen besuchen, auf denen der Stand der Technik im Bereich der nichtnuklearen Energieforschung erörtert wird. Zu Frage B 118: Im Bundesministerium für Forschung und Technologie sind seit Gründung dieses Ministeriums (1. Januar 1973) 224 Mitarbeiter eingestellt worden. Diese gliedern sich wie folgt auf: Beamte: Bes.-Gr. A 6 = 2 A 7 = 5 A 8 = 6 A 9 = 7 A 10 = 14 A11 = 11 Al2 = 2 A 13 = 34 A 14 = 25 A15 = 1 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7419* Angestellte BAT IX = 28 VIII = 10 VII = 24 VI = 4 Vc = 1 Vb = 3 IV = 1 II a = 1 Ib = 3 Ia = 2 AT — 5 82 Arbeiter: MTB VIII = 5 VII = 21 IV = 7 III = 2 35 insgesamt 224 Bei der Aufgliederung sind die Mitarbeiter den Beamten zugerechnet, deren Übernahme als Beamte von vornherein beabsichtigt war, die jedoch bis zur Erfüllung der beamtenrechtlichen Einstellungsvoraussetzungen als Angestellte geführt wurden. Zu Frage B 119: In o. a. Zeitraum sind 138 Mitarbeiter ausgeschieden, davon 58 aus den Gründen Alter, Krankheit, Tod. In dieser Zahl sind nicht enthalten die Abgänge auf Zeit (Beurlaubungen, Abordnungen, Versetzungen auf Zeit). Anlage 97 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 120): Welche Ausgaben sind, im Bundesministerium für Forschung und Technologie bisher (Stand bis 1. Mai 1978) für die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Kernenergie getätigt worden, und in welchem Umfange werden nach Erkenntnissen des Bundesministers für Forschung und Technologie die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Kernenergie von Kernenergiegegnern zur Finanzierung ihrer eigenen Arbeit genutzt? Vom 1. Januar 1975 bis zum 30. Juli 1978 sind insgesamt Ausgaben in Höhe von DM 8 670 354,14 für Information und Diskussion in der Öffentlichkeit über Notwendigkeit und Sicherheit, Nutzen und Risiken der Kernenergie getätigt worden. Neben der Veröffentlichung von Anzeigen, der Herausgabe zahlreicher Informationsschriften, z. B. Taschenbuch „Kernenergie — Eine Bürgerinformation", Dokumentation „Zur friedlichen Nutzung der Kernenergie", Magazin „Energiediskussion", sind die Aktivitäten gesellschaftlicher Gruppen und der Träger der Erwachsenenbildung zur Information und Diskussion über Kernenergie fachlich und finanziell unterstützt worden. Zu diesem Zweck ist vom Bundesministerium für Forschung und Technologie ein Merkblatt herausgegeben worden, das Richtlinien und Bedingungen für die Gewährung von Zuschüssen für Veranstaltungen im Rahmen des Bürgerdialogs Kernenergie enthält. Alle Antragsteller sind danach verpflichtet, daß auf den geförderten Veranstaltungen eine ausgewogene Information über alle mit der Nutzung der Kernenergie zusammenhängenden Fragen durchgeführt wird. Die Notwendigkeit zur Abstimmung des Programms und die Zweckbindung der Mittel schließen eine Verwendung der Mittel für Zwecke, die nicht im Rahmen der Informations- und Diskussionsaktion über Nutzen und Risiken der Kernenergie liegen, aus. Anlage 98 Antwort des Bundesministers Dr. Hauff auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 121) : Treffen Pressemeldungen zu, daß auf Grund der vom amerikanischen Kongreß verabschiedeten „Nichtweiterverbreitungsakte 1978" durch eine Novelle zum Atomgesetz eine wirtschaftliche Nutzung des Schnellen Brüters in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen werden solle, da Zuwiderhandlungen gegen amerikanische Forderungen mit einem Uran-Embargo belegt würden, und hat die „Nichtverbreitungsakte 1978" letztlich nicht zur Folge, daß die deutsche Reaktorindustrie schwer beeinträchtigt wird und sogar die vorgesehene Atomdeponie in Gorleben amerikanischer Zustimmung bedarf? Die gegenwärtigen Überlegungen über eine Änderung atomrechtlicher Vorschriften stehen in keinem Zusammenhang mit dem Nichtverbreitungsgesetz der USA. Das amerikanische Nichtverbreitungsgesetz sieht einen Genehmigungsstopp für Uranexporte vor, solange nicht das Empfängerland, in unserem Falle die Europäische Gemeinschaft, die grundsätzliche Bereitschaft zur Neuverhandlung der auf diesem Gebiet bestehenden Zusammenarbeitsabkommen erklärt hat. Die Bundesregierung ist bemüht, eine Erklärung der Gemeinschaft herbeizuführen, die es der amerikanischen Regierung erlaubt, weitere Exporte zu genehmigen. Soweit sich bisher die Konsequenzen des sehr schwer durchschaubaren und erst vor kurzem in Kraft getretenen amerikanischen Nichtverbreitungsgesetzes übersehen lassen, kann bei wohlwollender Interpretation durch die amerikanische Bundesregierung eine schwere Beeinträchtigung der deutschen Reaktorindustrie ausgeschlossen werden. Zur Errichtung des Entsorgungszentrums Gorleben habe ich bereits am 13. April 1978 zu der Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs Stellung genommen. Die Bundesregierung ist auf Grund der derzeitigen Erkenntnisse weiterhin der Überzeugung, daß ihr Entsorgungskonzept, das ausschließlich auf die Bedürfnisse der friedlichen Kernenergie-Nutzung abgestellt ist, durch das Nichtverbreitungsgesetz grundsetzlich nicht berührt wird. 7420* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 Anlage 99 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 8/1826 Frage B 122) : Ist die Bundesregierung bereit, bei den Bundesländern dafür einzutreten, daß bei der Fortschreibung des Bildungsgesamtplans auch der Sport angemessen berücksichtigt wird, weil dies den Erklärungen im bundeseinheitlichen „Aktionsprogramm Schulsport" aus dem Jahr 1972 und dem 1970 von der Bundesregierung vorgelegten Programm „Der Sport an Schule und Hochschule" entsprechen würde? Die Bundesregierung betrachtet die im Programm „Der Sport an Schule und Hochschule" (1970) und im „Aktionsprogramm für den Sport" (1972) verkündeten Ziele als Bestandteil des Bildungsgesamtplans 1973. Daher hat sich die Bundesregierung anläßlich der Aufnahme der Arbeiten zur Fortschreibung des Bildungsgesamtplans für die Erarbeitung eines Kapitels „Sportliche Bildung" ausgesprochen. Die BundLänder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) hat am 3. Oktober 1977 ihren Ausschuß Bildungsplanung gebeten, zu prüfen, „in welchem Umfang und in welcher Weise der Sport in die Fortschreibung des Bildungsgesamtplans aufgenommen werden soll". Auf Wunsch einiger Länder wurden zugleich die Sportministerkonferenz der Länder sowie die kommunalen Spitzenverbände um Stellungnahmen gebeten. Die Ständige Konferenz der Sportminister der Länder hat nunmehr die BLK davon unterrichtet, daß sie „insbesondere aus verfassungsrechtlichen und sportpolitischen Überlegungen" die Einbeziehung des Sports in die Fortschreibung ablehne. Deshalb wird die BLK auf ihrer nächsten Sitzung am 5. Juni die Frage erneut behandeln. Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, von ihrer bisherigen Haltung abzugehen. Sie wird im Rahmen des BLK-Abkommens das in ihren Kräften Stehende tun, um eine Einbeziehung der bildungsrelevanten Teile des Sports in die Fortschreibung zu erreichen. Diese Einbeziehung entspricht auch den Zielvorstellungen des Deutschen Sportbundes. Anlage 100 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (SPD) (Drucksache 8/1826 Fragen B 123 und 124) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die Empfehlung des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, Engholm, zu verwirklichen, der sich nachdrücklich für einen „notenlosen Schulsport" ausgesprochen hat? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bemühungen um einen „notenlosen Schulsport" im Interesse der Kinder und Jugendlichen vor allem aus dem Bereich der Elternschaft, der Pädagogen und Mediziner sowie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft unterstützt werden, und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung im Zusammenwirken mit den Bundesländern für ihre Bildungs- und Sportpolitik daraus zu ziehen? Zu Frage B 123: Der Schulsport wird im Bildungsgesamtplan von 1973 nicht behandelt. Gleichwohl bemüht sich die Bundesregierung, auch diesen Bereich in der Fortschreibung des Bildungsgesamtplans zu berücksichtigen. Die Sportministerkonferenz hat sich jedoch in einer Stellungnahme vom 26. April 1978 gegen die Einbeziehung des Sports in die Bildungsplanung der BLK ausgesprochen. Grundlage für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Schulsport ist das „Aktionsprogramm" von 1972. Einige der Forderungen des „Aktionsprogramms", insbesondere auch zur Anzahl der Sportstunden in den Stundentafeln der einzelnen Schulstufen, wurden von den Ländern inzwischen weitgehend erfüllt. In Modellversuchen wurden alle offenen Fragen im Sportbereich mit besonderen Schwerpunkten im Vorschulbereich, in der Grundschule und in der Sonderschule untersucht und wichtige Modelle für die Weiterentwicklung erprobt. Besonderes Gewicht wird dazu künftig auf die Verbesserung der Sportlehrerausbildung insbesondere für berufliche Schulen, auf die bessere Verknüpfung von Theorie und Praxis, auf die Verbesserung des Sportangebots in den beruflichen Schulen, insbesondere in den Teilzeitschulen und in den Sonderschulen zu legen sein. Die Bundesregierung hat keine Möglichkeit, auf einen Verzicht auf die Benotung von Schulsport unmittelbar einzuwirken. Im Hinblick auf die notwendige Bewegungserziehung innerhalb und außerhalb der Schule können jedoch den Ländern durch eine zweckentsprechende Modellversuchspolitik des Bundes wichtige Anstöße zur Untersuchung des Problemfeldes und zur Erprobung von Modellen in den einzelnen Schulstufen und -arten gegeben werden. Ein erster Schritt in diese Richtung ist z. B. das nordrhein-westfälische Projekt zur Erprobung einer täglichen Bewegungszeit in der Grundschule. Zu Frage B 124: Der Bundesregierung ist bekannt, daß sich pädagogisch interessierte und engagierte Persönlichkeiten und Organisationen um einen „notenlosen Schulsport" bemühen. Grundsätzlich sind Bestrebungen, Leistungsbewertungen durch Schulnoten bei jüngeren Schülern zugunsten eines humaneren, der kindlichen Persönlichkeit gerechter werdenden Systems aufzugeben, zu begrüßen. Darüber hinaus kann nach heutiger Kenntnis auf die Benotung von Sportunterricht bereits verzichtet werden, wo z. B. der spielerische Akzent, wie in den Anfangsklassen der Grundschule, oder die therapeutische Wirkung, wie in einigen Formen der Sonderschule, im Vordergrund steht. Es muß jedoch gesehen werden: Solange überhaupt Leistung in der Schule benotet wird, kann, um der Chancengerechtigkeit willen, auch von der Benotung der sportlichen Leistung nicht völlig abgesehen werden. Im Rahmen der Aufgaben der Schule, kindliche Begabungen und Anlagen zu wecken und zur Entfaltung zu bringen, kann im bestehenden Leistungsbewertungssystem auf die Möglichkeit der Förderung sportlicher Begabungen durch Leistungsanreize auch in Form von Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7421* Schulnoten nicht verzichtet werden. Die Bundesregierung wird sich in diesem Sinne weiterhin im Rahmen ihrer Möglichkeiten, insbesondere durch die Unterstützung von Modellversuchen, für größere Chancengerechtigkeit einsetzen. Anlage 101 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 8/1826 Frage B 125) : Wieviel zusätzliche Lehrstellen werden 1978 aus dein laut Staatssekretär Grünewald dieser Tage vor Journalisten mitgeteilten rund 20 v. H. höheren Angebot an Ausbildungsplätzen für Dienststellen des Bundes auf die Dienststellen des Bundes in den Landkreisen Birkenfeld und Bad Kreuznach entfallen? Die für 1978 zu erwartende Erhöhung der Ausbildungsleistungen des Bundes ist auf Grund einer Schnellumfrage des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft bei allen Bundesministerien ermittelt worden. Dabei ist nach Ausbildungsarten, z. B. Berufsausbildung nach dem Berufsausbildungsgesetz, Ausbildung im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und sonstigen Ausbildungsgängen unterschieden worden. Eine Aufteilung des Angebots an Ausbildungsplätzen nach Regionen wurde bei der Schnellumfrage nicht erfragt. Die Bundesregierung ist deshalb gegenwärtig nicht in ,der Lage, Auskünfte über die regionale Verteilung des Angebots an Ausbildungsplätzen im Bereich des Bundes zu geben.
Gesamtes Protokol Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809300000
Die Sitzung ist eröffnet.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich habe die traurige Pflicht, Ihnen den Tod unseres Kollegen Bertram Blank bekanntzugeben. Er starb in den frühen Morgenstunden des 23. Mai im Alter von nur 48 Jahren an einer schweren Krankheit.
Bertram Blank wurde am 9. April 1930 in Bonn geboren. Nach dem Abschluß der Schule studierte er von 1960 bis 1965 Rechtswissenschaft. Als Assessor und Regierungsrat war er bei der Bezirksregierung in Köln und von 1965 bis 1972 als Erster Beigeordneter der Stadt Bensberg tätig. 1969 wurde er Mitglied der SPD.
Bertram Blank war ein gläubiger Katholik, der sich bei seiner politischen Arbeit mit all seiner Kraft der Nöte und Sorgen seiner Mitbürger annahm. Die Ämter, die er innehatte, verdeutlichen sein weitgespanntes Engagement. Er war stellvertretender Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Rheinisch-Bergischer Kreis, Mitglied der Gewerkschaft ÖTV und der deutsch-israelischen Gesellschaft.
Dem Bundestag gehörte er seit 1972 an. Hier war er ordentliches Mitglied des Haushaltsausschusses und stellvertretendes Mitglied des Verteidigungsausschusses sowie des Ausschusses für Forschung und Technologie. Seine Fraktion wählte ihn auch zum stellvertretenden Obmann ihrer Haushaltsgruppe.
Als Hauptarbeitsgebiet darf seine Tätigkeit im Verteidigungsbereich, sein Einsatz für die Probleme der Soldaten und die Sicherheit unseres Staates angesehen werden. Noch am 10. Mai dieses Jahres vertrat er als Berichterstatter für den Verteidigungshaushalt eine Vorlage im Verteidigungsausschuß. Unmittelbar danach mußte er den Ausschuß unter Schmerzen verlassen.
Wir sind tief betroffen über seinen Tod. Der Deutsche Bundestag verliert mit Bertram Blank einen hochgeschätzten Abgeordneten, der sich seiner Pflicht aufopferte. Ich spreche seinen Angehörigen, besonders seiner Frau und seinen drei Kindern, sowie der Fraktion der SPD meine aufrichtige und herzliche Anteilnahme aus.
Der Deutsche Bundestag wird Bertram Blank ein ehrendes und dankbares Andenken bewahren.
Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Sitzen erhoben. Ich danke Ihnen dafür.
Meine Damen und Herren, für den verstorbenen Abgeordneten Blank ist am 26. Mai dieses Jahres der Abgeordnete Sander in den Deutschen Bundestag eingetreten. Ich begrüße den uns bekannten Kollegen sehr herzlich und wünsche ihm eine erfolgreiche Mitarbeit im Deutschen Bundestag.

(Beifall)

Als Mitglieder des Verwaltungsrats der Lastenausgleichsbank hat die Fraktion der CDU/CSU den Abgeordneten Dr. Czaja, die Fraktion der SPD Herrn Walter Haack zur Wiederwahl vorgeschlagen. Ist das Haus mit diesen Vorschlägen einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Damit sind der Abgeordnete Dr. Czaja und Herr Walter Haack gemäß § 7 Abs. 4 des Gesetzes über die Lastenausgleichsbank als Mitglieder des Verwaltungsrats dieser Bank gewählt.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung ergänzt werden um die in der Ihnen vorliegenden Liste „Zusatzpunkte zur Tagesordnung" aufgeführten Vorlagen:
1. Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung des Asylverfahrens (Drucksache 8/1836)

Überweisungsvorschlag:
Innenausschuß (federführend) Rechtsausschuß
2. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Antragsfrist für die Abgabe des Antrags auf Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs (Drucksache 8/1813)

Überweisungsvorschlag: Finanzausschuß
3. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Drucksache 8/1820)

Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Punkt 6 der Tagesordnung soll abgesetzt werden.
Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe und höre auch dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung wie folgt abgewickelt



Präsident Carstens
werden: zunächst Punkt 2, dann Punkt 5, der voraussichtlich um 15.30 Uhr aufgerufen wird, dann Punkt 3, Punkt 4, Punkt 7 — zusammen mit Zusatzpunkt 1 —, anschließend die Punkte 8 bis 17 sowie die Zusatzpunkte 2 und 3. — Ich sehe und höre auch dazu keinen Widerspruch. Ich stelle das Einverständnis des Hauses fest.
Ich rufe nunmehr Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung über die Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen für Abrüstung in New York und die NATO-Tagung der Staats- und Regierungschefs in Washington
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809300100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor zwei Stunden aus Amerika zurückgekehrt, begrüße ich die Gelegenheit, den Bundestag sogleich über Verlauf und Ergebnisse dieser Reise zu unterrichten. Sie diente mit ihren beiden Stationen in New York und in Washington zwei Hauptzielen, zwischen denen ein enger Zusammenhang besteht: In New York habe ich vor der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen zu Themen der Abrüstung und Rüstungsbegrenzung die Politik der Bundesregierung in diesen Fragen dargelegt; in Washington haben wir zusammen mit den anderen Regierungschefs und Ministern der NATO-Staaten Beschlüsse gefaßt, die das Atlantische Bündnis und seine gemeinsame Fähigkeit zur Verteidigung stärken werden.
Zwischen Rüstungsbegrenzung und Stärkung der westlichen Allianz besteht kein Widerspruch, sondern vielmehr ein innerer logischer Zusammenhang. Es handelt sich um komplementäre und sich gegenseitig ergänzende politische Ziele. Denn die Gewährleistung des militärischen Gleichgewichts ist eine unerläßliche Voraussetzung für dauerhafte Entspannung. Und dies gilt ebenso für Fortschritte in der Abrüstung.
Die Reise gab den Herren Genscher, Apel und mir außerdem Gelegenheit zu Gesprächen mit einer Reihe von Staatsmännern aus vielen Regionen der Welt. Davon hebe ich hier meine ausführliche Unterredung mit Präsident Carter hervor, die erneut und unmißverständlich hat klarwerden lassen, daß wir und die amerikanische Regierung nicht nur in allen Grundfragen der Politik, sondern daß wir auch weitgehend bis in die Details übereinstimmen.
Die Initiative zur Sondergeneralversammlung der UNO zu den Abrüstungsthemen ging von der Dritten Welt aus. Die Bundesregierung hatte diese Initiative von vornherein aktiv unterstützt. Vielleicht darf ich hier einflechten, daß ich mich darüber freue, daß in der nächsten Woche Mitglieder des Unterausschusses Abrüstung und Rüstungskontrolle des Bundestages in New York Gelegenheit nehmen werden, sich unmittelbar über die Sondergeneralversammlung zu unterrichten und dort auch ihrerseits Gespräche zu führen.
In der gegenwärtig noch andauernden einleitenden Generaldebatte am East River in New York kam es uns darauf an, nicht nur unser allgemeines
Interesse an dieser Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen zu bekunden, sondern auch mit einem konzeptionellen Beitrag die für uns entscheidenden Akzente zu setzen.
Ich habe in meiner dortigen Rede hervorgehoben, daß zur Verwirklichung eines stabileren Friedens vier Elemente notwendig sind:
erstens eine Politik des politischen, des strategischen, des militärischen Gleichgewichts;
zweitens — auf der Grundlage solchen Gleichgewichts — eine Politik der Entspannung, der Konflikteindämmung und des Interessenausgleichs;
drittens die Fähigkeit und der Wille zu wirksamer Krisenbeherrschung; denn Krisen können trotz Gleichgewichts und trotz Entspannungspolitik immer neu und auch unvorhergesehen auftreten;
viertens die Vorhersehbarkeit, die Berechenbarkeit, die Transparenz des eigenen politischen und militärischen Verhaltens.
Diese vier Leitmotive, wenn ich sie so nennen darf, haben ganz genauso auch unseren Beitrag zur Ratssitzung und zu den diesjährigen Entscheidungen der Nordatlantischen Allianz wenige Tage später bestimmt.
Vor dem Hintergrund dieser vier Prinzipien habe ich in den Vereinten Nationen den Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Festigung des Friedens, zur Stabilität, zur Rüstungsbegrenzung dargestellt und dabei natürlich auch auf unseren Verzicht auf A-Waffen, B-Waffen und C-Waffen hingewiesen, den wir unseren Verbündeten gegenüber schon im Jahre 1954 geleistet haben. Ich habe weiter auf unsere Unterstützung der bisherigen Bemühungen zur Begrenzung der Rüstungen, auf die europäischen Einigungsbestrebungen, auf unsere Partnerschaft in der Atlantischen Allianz sowie auf die Notwendigkeit unseres Beitrags zur kollektiven Verteidigungsfähigkeit unseres Bündnisses hingewiesen, um in der Sondergeneralversammlung auch auf diese Weise ein realistisches Bild zu zeichnen.
Wir haben erstens vorgeschlagen, unsere Erfahrungen bei der Kontrolle unseres Verzichts auf die Herstellung chemischer Waffen anderen Staaten zur Verfügung zu stellen. Zweitens haben wir vorgeschlagen, unsere seismologischen Einrichtungen für die Verifikation eines vollständigen Atomteststoppvertrages oder des Comprehensive Test Ban, wie er in der internationalen Diskussion meistens genannt wird, zur Verfügung zu stellen. Wir haben drittens eine internationale Konvention über die Beschränkung internationalen staatlichen und kommerziellen Handels mit konventionellen Waffen vorgeschlagen. Viertens sind wir für die Schaffung von mehr Vertrauen ineinander durch größere Transparenz, durch größere Durchsichtigkeit bei Aufwendungen für militärische Zwecke und bei militärischen Aktivitäten eingetreten.
In dem Zusammenhang möchte ich, meine Damen und Herren, eine Passage, die mir am East River am Herzen gelegen hat, besonders erwähnen: Der Abbau von Mißtrauen, Furcht und Feindschaft ist eine universale Aufgabe, sie besteht auf der ganzen



Bundeskanzler Schmidt
Welt. Es liegt wohl an uns Älteren, dies den jüngeren Menschen nahezubringen. Unser Land hat mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk positive Erfahrungen gemacht. Es gibt ebenso positive Ansätze im Verhältnis zur Volksrepublik Polen. Ich denke, diese Politik der Vertrauensbildung und Versöhnung unter jungen Menschen ist eine Aufgabe, die sich auch die Vereinten Nationen zu eigen machen sollten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir haben dort unsere Bereitschaft erklärt, zu einem neuen internationalen Programm beizutragen, das der Verständigung unter der jungen Generation aller Völker dient, und wir haben uns vorbehalten, im Laufe des Jahres den Vereinten Nationen dazu einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten.
In den nächsten vier Wochen wird ja noch weiterhin die Thematik der nuklearen Rüstungsbegrenzung und Abrüstung im Mittelpunkt der Diskussionen in New York stehen. Von unmittelbarer Aktualität ist dabei SALT, sind also die Gespräche über die Begrenzung strategischer Waffen, Gespräche, die zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion geführt werden, wobei der Ausdruck „strategische Waffen", wie Sie alle wissen, in dem Zusammenhang interkontinentale nukleare, atomare Zerstörungsmittel meint, mit denen die eine Weltmacht das Land der anderen Weltmacht verwüsten kann und umgekehrt.
Im Zusammenhang mit der nuklearen Problematik habe ich — wie übrigens auch Vizepräsident Mondale, der dort für die Vereinigten Staaten von Amerika sprach — auf die Bedeutung der Disparitäten im Mittelstreckenbereich hingewiesen. Ich habe festgestellt, daß diese Waffen mit ihrer gleichfalls enormen Vernichtungskraft für Europa und für andere Regionen eine ebenso existentielle Bedrohung darstellen, wie sie für die beiden Großmächte die strategischen Interkontinentalwaffen darstellen. Diese Mittelstreckenwaffen dürfen deshalb in einem ausgewogenen System des militärischen Gleichgewichts nicht außer Betracht bleiben.
Wir haben weiterhin unterbreitet, daß die europäischen KSZE-Erfahrungen in und seit Helsinki auch im weltweiten Rahmen genutzt werden sollten, und dachten an dieser Stelle besonders an die vertrauensbildenden Maßnahmen, zu denen man sich in Helsinki ja einstweilen nur freiwillig, in der Form einer Absichtserklärung, verpflichtet hat; sie haben noch keine völkerrechtliche Bindungswirkung. Ich habe die Entwicklung von vertrauensbildenden Maßnahmen auch in anderen Regionen der Welt gefordert.
In diesen Zusammenhang der Vertrauensbildung gehört die immer dringlicher werdende Transparenz, die Durchsichtigkeit der tatsächlichen militärischen Lage, der tatsächlich vorhandenen militärischen Mittel. Es ist notwendig, den konkreten Vereinbarungen zur Rüstungsbegrenzung, die angestrebt werden, verläßliche Daten, verläßliche Zahlen zugrunde zu legen. Mir erscheint es bedeutsam, daß inzwischen bereits in drei Bereichen die Verfügbarkeit verläßlicher Daten und Zahlen international als notwendig anerkannt wird, nämlich bei den Beratungen der Vereinten Nationen über Vergleichbarkeit und Offenlegung der militärischen Haushalte im allgemeinen, bei SALT im besonderen und zum dritten bei MBFR, bei den Wiener Verhandlungen über beiderseitig ausgewogene Rüstungsbegrenzung in Mitteleuropa.
Die enge Verbindung von Verteidigung und Rüstungsbegrenzung als Elementen einer geschlossenen realistischen Sicherheitspolitik ist auch auf diesem NATO-Gipfeltreffen in Washington ein beherrschendes Thema gewesen. Sie erkennen das, meine Damen und Herren, auch an dem Kommuniqué, von dem ich annehme, daß es spätestens heute abend in Deutschland auch gedruckt vorliegen wird; vielleicht steht es schon in einigen Morgenzeitungen.
Dort, im Kommuniqué, wird zu MBFR festgehalten, daß die Bündnispartner ihre Verhandlungsposition mit dem Ziele der Herstellung einer übereinstimmenden kollektiven Gesamthöchststärke — also auf beiden Seiten der Gleichung — und mit dem Ziele eines Abbaus der Disparitäten der Panzer auf beiden Seiten der Gleichung bekräftigen. Weiter wird festgehalten, daß die westliche Initiative vom April dieses Jahres, an deren Hervorbringung wir ja seit dem Sommer des vorigen Jahres drei Vierteljahre gearbeitet haben, in ihrer Bedeutung gewürdigt wurde, daß die Bündnispartner die Klärung der Datenausgangsbasis in Wien als für substantiellen Fortschritt in den Verhandlungen entscheidend ansehen und daß wir ein Verhandlungstreffen auf Außenministerebene vorschlagen werden, wenn substantielle Fortschritte in diesen Gesprächen erzielt werden. Die Position stellt klar, daß die zwischen Ost und West festgestellte konzeptionelle Einigung über das Ziel der ungefähren Parität durch die Einigung über die Daten und durch Fortschritte bei MBFR nunmehr auch konkretisiert und anschließend realisiert wird.
Natürlich wurde in die Konsultationen im Nordatlantikrat auch der Stand von SALT einbezogen. Daneben, aber keineswegs am Rande hatten der Bundesminister des Auswärtigen, der Bundesminister der Verteidigung und ich Gelegenheit, uns sehr ausführlich von amerikanischen SALT-Experten über den allerjüngsten Stand jener Verhandlungen unterrichten zu lassen. Ich habe schon erwähnt, daß dieses Thema gleichzeitig auch zwischen Präsident Carter und mir erörtert worden ist, ebenso wie wir es in gesonderten Gesprächen mit seinem Sicherheitsberater erörtert haben. Ich habe diese Gelegenheiten genutzt, um unsere Sorge über die im Mittelstreckenbereich bestehenden Potentiale zum Ausdruck zu bringen. Wir haben klargemacht, daß wir es für unerläßlich halten, daß dieses Problem sorgfältig und gemeinsam analysiert wird, und daß sodann das unter den Bündnispartnern konsultiert wird, was daraufhin einzuleiten ist.
Ich begrüße, daß der französische Staatspräsident in seiner Rede vor der Sondergeneralversammlung in New York die französische Abrüstungspolitik überzeugend reaktiviert hat. Darin liegen Chancen, die es zu nutzen gilt.



Bundeskanzler Schmidt
Ich selbst habe im ürbigen in der Sondergeneralversammlung am East River darauf hingewiesen, daß die Mittel für den wirtschaftlichen und sozialen Aufbau der Entwicklungsländer dann jedenfalls gesteigert werden können, wenn es gelingt, die Rüstungen zu begrenzen und den Aufwand für militärische Zwecke einzuschränken. Auch wir Deutsche könnten noch mehr tun, obwohl wir Entwicklungshilfe bereits in beträchtlichem Umfange leisten. Unser inzwischen massiv erhöhter Entwicklungshilfehaushalt beträgt mehr als ein Zehntel unserer Verteidigungsausgaben. Das ist weitaus mehr als in den allermeisten Ländern der Welt. Wenn alle Länder es so einrichten könnten wie wir, ginge es den Völkern in den Entwicklungsländern wesentlich besser.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Besonders die Länder im Osten Europas müssen sich vorrechnen lassen — ich habe das auch in New York getan —, daß sie erheblich, ja daß sie hundertfach hinter den Leistungen der westlichen Staaten zurückbleiben.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Leider wahr!)

Wir haben in diesem Zusammenhang klar zum Ausdruck gebracht, daß wir in den Waffenlieferungen des Ostblocks an die Entwicklungsländer keinen Beitrag zu friedlichen Entwicklungen sehen können. Waffen können keine landwirtschaftlichen Maschinen, keine Düngemittelfabriken, keine Schulen und keine Ausbildungsstätten ersetzen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich wiederhole, was auch dort vorgetragen wurde, daß es schon bisher die Politik der Bundesregierung war, nur in insgesamt geringfügigen Ausnahmefällen Waffen an Staaten außerhalb des Nordatlantischen Bündnisses zu liefern. Dabei soll es auch bleiben. Nach neutralen Analysen haben deutsche Waffenlieferungen an die Dritte Welt nur drei Hundertstel eines einzigen Prozents unseres Sozialprodukts betragen. Nach unseren eigenen Feststellungen betrug dieser Anteil an unserer Gesamtausfuhr zwei Zehntel eines Prozents.
Wie der Bundestag weiß, lassen wir Waffenlieferungen in internationale Spannungsgebiete grundsätzlich nicht zu. Wir werden auch in Zukunft den Entwicklungsländern nicht Waffen, sondern vielmehr wirtschaftliche Kooperation anbieten: Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Nur so besteht überhaupt Aussicht, den Abstand zwischen den Ländern der Dritten Welt und den Ländern Europas und Nordamerikas Schritt für Schritt zu verringern.
Dabei machen uns die Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent Sorgen. Wir haben gemeinsam mit unseren westlichen Verbündeten die Gefahren einer Politik erörtert, welche dort bestehende Instabilitäten ausnutzt. Gespräche, die darüber in Kürze zwischen Vertretern westlicher Staaten unter Einschluß unseres Landes in Paris stattfinden werden, sind Ausdruck solcher Sorge. Die
Bundesrepublik wird das in ihrer Macht Stehende auch weiterhin tun, um mitzuhelfen, daß Konflikte in Afrika entschärft werden und wir so zur Aufrechterhaltung der Selbständigkeit und der Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten beitragen.
Ich habe in New York in der UNO sehr deutlich hervorgehoben, daß der Weltfriede nicht nur eine militärische Komponente, sondern auch eine ökonomische und eine soziale Komponente hat. Angesichts des interdependenten Weltzusammenhanges, in dem fast alle Völker leben — die Chinesen in der Volksrepublik China vielleicht relativ am wenigsten — und von dem wir alle abhängig sind, können sich nicht einzelne Staaten oder ganze Gruppen von Staaten dauerhaft eines beträchtlichen Wohlstands erfreuen, während viele andere am Rande des Existenzminimums verbleiben.
Ich habe in New York allerdings auch nachhaltig klargemacht, daß die Bundesregierung nicht bereit ist hinzunehmen, daß von ihr mit Kapitalhilfe oder technischer Hilfe unterstützte Länder später oder gleichzeitig in UN-Entschließungen oder anderswo falsche Behauptungen über uns aufstellen,

(Beifall bei der SPD)

z. B. falsche Behauptungen über angebliche militärische oder atomare Zusammenarbeit mit Südafrika, oder uns auf andere Weise zu Unrecht kritisieren. Die Position der Bundesrepublik Deutschland ist klar: Uns geht es nicht um den Aufbau von Machtpositionen in der Dritten Welt, für uns sind die Entwicklungsländer ebensowenig ein Feld der ideologischen Auseinandersetzung, sondern wir werden im Bewußtsein gegenseitiger Abhängigkeit und gegenseitiger Verantwortlichkeit unsere humanitäre Zielsetzung weiterhin ,durch praktische Solidarität beweisen, wobei wir allerdings erwarten, daß Solidarität nicht als Einbahnstraße betrachtet wird.
Lassen Sie mich jetzt zu den Beratungen und Aktivitäten des Nordatlantikrats einige Sätze des Berichtes anschließen. Das Atlantische Bündnis hat sich in Washington erneut als fähig und willens erwiesen, auch unter den sich verändernden weltpolitischen Gegebenheiten seine Aufgabe zu erfüllen, nämlich das zur Sicherung des Friedens erforderliche Gleichgewicht der Kräfte zu gewährleisten, ohne das politische Stabilität nicht denkbar ist. Das dabei bekräftigte Bekenntnis von Präsident Carter zur Allianz sowie die von allen Partnern bestätigte Strategie der Allianz verdienen besondere Hervorhebung.
Ich will dabei nicht verschweigen, daß die Allianz nicht frei ist von internen Problemen. Ich denke dabei an die Süd-Ost-Flanke. Hier gilt es, im Geiste der Bündnissolidarität Lösungen zu finden, die den Interessen aller Beteiligten Rechnung tragen und zu einer baldigen Wiederherstellung der vollen Verteidigungsfähigkeit in dieser wichtigen Region führen.
Wir haben sehr begrüßt, daß unsere Freunde Karamanlis und Ecevit das persönliche Gespräch wiederaufgenommen haben. Wir haben an dieser positiven Entwicklung durchaus keinen nebensächlichen Anteil. Sie waren beide nacheinander hier in



Bundeskanzler Schmidt
Bonn zu Besuch. Wir haben intensiv mit beiden
reden dürfen und das auch in Amerika fortgesetzt.
Es bestand in Washington in den Beratungen des Rates Einigkeit darüber, daß nur Verteidigungsfähigkeit plus Entspannungspolitik uns den Frieden sichern können. Dies ist auch Kernaussage einer sehr umfangreichen Analyse der künftigen Entwicklungen im Ost-West-Verhältnis, die, für jene Ratstagung erarbeitet, durch den Rat in Washington verabschiedet worden ist. Ich nehme an, daß sie im Auswärtigen Ausschuß behandelt werden kann.
Nach unseren übereinstimmenden Feststellungen bestehen in Europa auch auf konventionellem Gebiet erhebliche Disparitäten, und zwar zugunsten des Warschauer Pakts. Ich habe darüber auch mit den sowjetischen Gästen heute vor drei oder vier Wochen ausführlich gesprochen. Solange diese Disparitäten nicht abgebaut werden, sind wir gezwungen, innerhalb des Bündnisses die erforderlichen Verteidigungsmaßnahmen zur Erhaltung unserer Sicherheit zu treffen.
Deshalb hat das Bündnis in Washington in Gestalt eines Langzeit-Verteidigungsprogramms Beschlösse gefaßt, die darauf abzielen, seine Verteidigungsfähigkeit zu verbessern. Die Partner der Allianz sind bereit, dafür weitere Mittel bereitzustellen. Geplant ist ein jährliches reales Wachstum von 3 %. In unserer eigenen mittelfristigen Finanzplanung ist dafür vorgesorgt.
Dabei geht es der NATO nicht darum, meine Damen und Herren, mit dem Warschauer Pakt numerisch gleichzuziehen. Vielmehr wird die Stärkung der Vorneverteidigung und der Stärkung der Fähigkeit, wirkungsvoll einer Überraschung zu begegnen, der Vorrang eingeräumt. Ich brauche die Bedeutung dieser beiden Punkte gerade für unser Land nicht besonders zu betonen.
Die Bundesregierung hat die Arbeiten an diesem Langzeit-Verteidigungsprogramm von Anfang an nachdrücklich gefördert. Unser Beitrag ist dann in der gemeinsamen Beratung in Washington auch besonders anerkannt worden.
Dieses Langzeit-Verteidigungsprogramm koordiniert zum erstenmal die Aktionsprogramme über einen Fünfjahresrahmen hinaus und schafft damit auch neue Möglichkeiten für die rechtzeitige Standardisierung, die Harmonisierung der Waffensysteme — hier hatte in meinem Entwurf ein Wortungetüm gestanden: „Steigerung der Interoperabilität" (ich habe das weglassen wollen, weil es außer den Fachleuten des Verteidigungsausschusses kaum jemand versteht; für die letzteren habe ich es jetzt in Klammern aber doch ausgesprochen) — und für die gemeinsame Nutzung neuer Technologien.
Wir sind mit unseren Bündnispartnern davon überzeugt, daß ein solches kollektives Programm dazu beitragen wird, glaubhafte Abschreckung auch in den 80er Jahren zu gewährleisten. Es werden zugleich davon wichtige Impulse auf die Bemühungen ausgehen, den transatlantischen Rüstungsverkehr, der auch keine Einbahnstraße sein darf, in konkrete Bahnen zu lenken. Präsident Carter hat in Washington erneut seine Entschlossenheit bekundet, auf diesem schwierigen Gebiet Fortschritte zu erzielen.
Ich will hier einfügen, daß wir im Nordatlantikrat dem italienischen Volke angesichts der schweren Prüfungen, der Ermordung von Aldo Moro unser Mitgefühl ausgedrückt und der italienischen Regierung und meinem Freunde Andreotti angesichts ihrer Standhaftigkeit unseren Respekt bekundet haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir waren uns im Rat darüber einig, daß die Bekämpfung der internationalen Geißel des Terrorismus gemeinsam geschehen muß.
Übrigens waren die Mitglieder der Bundesregierung während der Reise durch Kontakte mit Bonn und mit Berlin natürlich über die hiesigen aktuellen Vorgänge informiert. Ich habe andererseits auch mit Genugtuung die Festnahmen in Jugoslawien zur Kenntnis genommen. Wir danken dafür den jugoslawischen Sicherheitsbehörden und danken gleichzeitig den Behörden Frankreichs und anderer Länder.

(Beifall)

Die Freipressung in Berlin und die dortigen Attentate nach dem Muster der Roten Brigaden in Italien haben uns empört. Ich gehe davon aus, daß das Land Berlin, in dessen Verantwortung die Sicherheit der Strafanstalt Moabit liegt, die Vorgänge rückhaltlos aufklärt und sodann Folgerungen ziehen wird. Ich behalte mir vor, bei der Behandlung dieses Tagungsordnungspunkts im weiteren Verlauf des heutigen Tages dazu Stellung zu nehmen.
Die Bündnispartner haben sich in Washington natürlich auch mit den Entwicklungen der letzten Zeit in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes befaßt. Das Bündnis teilt unsere Einschätzung, daß die Situation in und um Berlin insgesamt ohne ernste Störungen war, daß Schwierigkeiten in gewissen wichtigen Bereichen jedoch angehalten haben. Die Bündnispartner haben die bekannten Grundpositionen des Bündnisses zu Berlin bekräftigt, insbesondere das Bekenntnis zur strikten Einhaltung und vollen Anwendung aller Bestimmungen des vierseitigen Abkommens.
Am Vorabend des NATO-Gipfels sind, wie üblich, die Außenminister Frankreichs, Englands, der Vereinigten Staaten und unser Außenminister zu ihrem traditionellen Viereressen über Deutschland und Berlin zusammengetroffen. Das Treffen verlief im Geiste der traditionellen Freundschaft. Es erbrachte Einigkeit in allen wichtigen Sachfragen. Die Außenminister der Drei Mächte teilten unsere Bewertung des Besuchs des sowjetischen Generalsekretärs Breschnew in bezug auf Berlin und die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten.
Im Mittelpunkt meiner Begegnungen am Rande der Sondergeneralversammlung und des NATO-Gipfels stand — ich sagte es schon - eine ausgiebige partnerschaftliche, freundschaftliche Unterhaltung mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, Jimmy Carter. Ich habe den Präsidenten über



Bundeskanzler Schmidt
die Gespräche mit dem Generalsekretär Breschnew unterrichtet. Präsident Carter seinerseits hat mir eine umfassende Unterrichtung über den gegenwärtigen Stand und die Absichten der amerikanischen SALT-II-Gespräche gegeben. Ich habe dabei beim amerikanischen Präsidenten großes Verständnis für die europäischen Sicherheitsinteressen auf dem Felde der Mittelstreckenwaffen gefunden.
Wir waren uns, was den vierten Weltwirtschaftsgipfel angeht, der Mitte Juli in Bonn stattfinden wird, einig, daß wir alle miteinander, gemeinsam für mehr Wachstum sorgen müssen, daß die Welt aber auch eine Verringerung der Inflation insgesamt braucht und daß wir in aller Welt mit der Energie sparsamer umgehen müssen, wenn wir bei der Bekämpfung der Zahlungsbilanzungleichgewichte und der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit in verschiedenen Ländern Fortschritte erzielen wollen. Wir wollen deshalb in Bonn über die Möglichkeiten sprechen, unsere ökonomischen Politiken zu koordinieren. Wir haben aber auch Übereinstimmung erzielt, daß die längerfristigen strukturellen Probleme, denen sich unsere Volkswirtschaften und die Weltwirtschaft insgesamt gegenübersieht, nicht minder dringlich sind und daß sie unsere volle Aufmerksamkeit und Entschlossenheit erfordern, wenn wir die Grundlagen unseres Wohlstands nicht gefährden wollen. Ich füge hier quasi in Klammern ein, daß ich davon ausgehe, daß insbesondere die kanadische Regierung, der Regierungschef Pierre Trudeau, uns auf diesem Felde einen guten Beitrag auf der Gipfelkonferenz wird leisten können.
Zurück zu den Begegnungen in Washington. Es besteht danach gute Aussicht — das erscheint mir wichtig; ich weise insbesondere jene Mitglieder des Parlaments darauf hin, die in einem anderen Gremium an den Vorbereitungen gerade dieses Gesprächsteils beteiligt gewesen sind —, daß sie durch das Nonproliferationsgesetz des amerikanischen Senats ausgelösten Schwierigkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und Euratom in Kürze befriedigend gelöst werden können. „Gelöst" bezieht sich auf die Lösung der prozeduralen Streitfragen.
Die Begegnung mit Präsident Carter war — ich glaube, ich erwähnte es — durch ein Vier-AugenGespräch mit seinem Sicherheitsbeauftragten Brzezinski vorbereitet worden, der mir unter anderem einen ausführlichen Bericht über seine Gespräche mit der chinesischen Führung gegeben hat, Eindrücke, die das ergänzen und bestätigen, was viele von uns bei eigenen Reisen erfahren hatten. Lassen Sie mich diesen Teil des Berichts mit der Feststellung beenden, daß Atmosphäre und Inhalt des Gesprächs mit dem amerikanischen Präsidenten die solide Partnerschaft zwischen den Regierungen, die enge Freundschaft zwischen beiden Völkern erneut bekräftigt haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich will gleich ein Wort über mein Gespräch mit dem französischen Staatspräsidenten sagen, aber vielleicht sollte ich hier einfügen: Wenn man so wie gegenüber den Regierungspersonen in Frankreich oder England oder Dänemark oder Holland, Italien,
Irland, Luxemburg, Belgien fast jeden Monat Gelegenheit hat, sich in irgendwelchen Ratssitzungen der EG zu treffen, dann ergibt sich dabei zweierlei. Zum einen stehen zwar manchmal die Zeitungen voll von „schärfsten Auseinandersetzungen". Das betrifft dann meistens die Agrarminister. Man hat sich schon an diese „schärfsten Auseinandersetzungen" gewöhnt, weil ja insgesamt doch der Wille zum Kompromiß das Ganze kennzeichnet und jedesmal die Einigung hinterherkommt. Zum anderen führt dann aber diese vielfältige Häufigkeit der Begegnungen in den europäischen Räten eben dazu, daß sich nicht monatelang Konfliktstoffe auftürmen können, die erst dann, wenn es endlich nach einem halben Jahr zu einer Sitzung kommt, der Bereinigung bedürfen, dann aber auch bereinigt werden. Im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika, im Verhältnis zu Kanada gibt es nicht so vielfältige Sitzungen und persönliche Begegnungen. Die sind etwas seltener. Deswegen finde ich es ganz erklärlich, wenn sich da ein bißchen mehr aufhäuft bis zur nächsten Begegnung, aber genauso selbstverständlich ist es, daß es dann — ähnlich wie in den europäischen Räten — bei solcher Gelegenheit bereinigt und in Ordnung gebracht wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Dem französischen Staatspräsidenten Giscard d'Estaing habe ich für die Hilfe gedankt, welche französische Truppen deutschen Staatsbürgern in Zaire geleistet haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich habe die positive Haltung bekräftigt, die wir gegenüber den französisch-belgischen Aktionen in Zaire eingenommen haben.
Präsident Giscard d'Estaing seinerseits hat mir die französischen Vorschläge für die Abrüstungsmaßnahmen, insbesondere für die von ihm vorgeschlagene Europäische Abrüstungskonferenz erläutert. Ich halte für bedeutsam und will hier festhalten, daß Frankreich diese Konferenz im Rahmen der KSZE-Teilnehmer angeregt hat, d. h. unter Beteiligung der beiden nordamerikanischen Staaten, USA und Kanada.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Insgesamt, meine Damen und Herren — und ich habe vielerlei Gespräche mit anderen weggelassen —, unsere Gespräche der letzten Woche haben bestätigt: Mit unseren Partnern verbindet uns ein Verhältnis des Vertrauens. Dies ist ja auch hier in Deutschland besonders deutlich geworden durch den Besuch der britischen Königin in der Bundesrepublik Deutschland ebenso wie in Berlin. Wir haben ihre Feststellung, daß Großbritannien fest auf unserer Seite und auf der Seite der Berliner steht, mit Genugtuung und mit Dankbarkeit entgegengenommen.

(Allgemeiner Beifall)

Und ich hatte den Eindruck, der Besuch hat auch der Königin Spaß gemacht.
Generalsekretär Waldheim hat uns ganz ausdrücklich für unsere Unterstützung der Vereinten Nationen auf mehreren Gebieten gedankt und da-



Bundeskanzler Schmidt
bei besonders auch unsere Bemühungen um eine Lösung des Namibia-Problems erwähnt. Entsprechend dem aus diesem Hause immer wieder geäußerten Anliegen habe ich dem Generalsekretär unseren Wunsch auf stärkere Beteiligung von Deutschen in den Stäben der Vereinten Nationen vorgetragen und darf Ihnen berichten, meine Damen und Herren, daß hier Aussichten auf weitere Fortschritte bestehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Lassen Sie mich zur abschließenden Bewertung kommen. Diese Reise der deutschen Delegation fügt sich in die Kontinuität unserer Außenpolitik der letzten zehn Jahre nahtlos ein. Einer ihrer tragenden Grundsätze ist, daß Entspannung nötig ist und daß sie ein Gleichgewicht der militärischen Kräfte voraussetzt. Dies habe ich sowohl auf der Abrüstungskonferenz der Vereinten Nationen in New York als auch beim NATO-Gipfeltreffen in Washington konsequent vertreten. Aber Entspannungspolitik kann nicht nur in Europa betrieben werden. Wer in anderen Regionen, sei es im Nahen Osten, sei es in Afrika, sei es anderswo auf der Welt, auf Konfrontation setzt, der gefährdet das Gleichgewicht und untergräbt das Werk der Entspannung.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir haben in Washington mitgeholfen, daß die westliche Allianz ihre jedermann erkennbaren Verteidigungsaufgaben auch in den 80er Jahren und jedenfalls so lange erfolgreich erfüllen kann, bis zwischen Ost und West einvernehmliche Lösungen möglich werden. Wir haben in New York dazu beigetragen, daß der Weg zu einvernehmlichen Lösungen auch beschritten werden kann. Die Politik des Abbaus von Spannungen — das ist unser Ziel, aber nicht nur unser Ziel, es ist der gemeinsame Wille der Allianz, wie er auch erneut im Kommuniqué von Washington zum Ausdruck kommt — muß weitergehen, realistisch, hartnäckig, auch mutig. Wer zur falschen Zeit aufgibt, weil er nicht beim ersten, zweiten oder dritten Anlauf schon vollen Erfolg erlebt, der kann die Gefahr heraufbeschwören, daß wir uns in eine Zeit zurückentwickeln, in der Konfrontationen die Regel waren und in der tiefes Mißtrauen die Lösung von Konflikten fast unmöglich gemacht hat. Auch die beiden Partner bei SALT, die Vereinigten Staaten von Amerika und die Sowjetunion, geben nicht auf, auch wenn sie im ersten oder zweiten oder dritten Anlauf noch nicht den unterschriftsreifen Erfolg erreicht haben, meine Damen und Herren.
Ich darf zusammenfassen. Unsere Gespräche und Verhandlungen haben deutlich gemacht:
Erstens. Unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika und zu unseren anderen Verbündeten in der Atlantischen Allianz ist in einer festen und vertrauensvollen Sicherheitspartnerschaft begründet.
Zweitens. Gemeinsam erkennen wir die wachsende politische Bedeutung der Länder der Dritten Welt. Wir bejahen sie, und wir bieten den Ländern der Dritten Welt eine faire Partnerschaft an.
Drittens. Die Bundesrepublik Deutschland wird in ihrer Arbeit für den Frieden in der Welt überall als ein konstruktiver Partner geachtet. — Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809300200
Das Haus hat die Erklärung der Bundesregierung von dem Herrn Bundeskanzler gehört. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Zimmermann.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0809300300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß der Herr Bundeskanzler Regierungserklärungen abgibt, ist sein gutes Recht, auch aus dem Anlaß der ihm für die Darstellung seiner Politik und für seine Selbstdarstellung vorteilhaft erscheint. Wir würdigen durchaus die physische und psychische Leistung,

(Zurufe von der SPD)

daß der Herr Bundeskanzler in einem so nahen Zusammenhang mit seinem Aufenthalt in Washington diese Erklärung abgegeben hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auf der anderen Seite haben wir natürlich weder die Regierungserklärung noch die Papiere, die von drüben erst herüberkommen müssen, studieren können. Wir müssen deshalb aus dem Stand und mit Vorbehalt antworten.
Ein einziger Satz der Empörung über das, was in Berlin geschehen ist, Herr Bundeskanzler, ist zu wenig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gibt hier keine weiteren Tagesordnungspunkte, bei denen dieses Thema erörtert werden kann. Es ist innerhalb der Regierungserklärung zu erörtern: Also ist es mit dieser Regierungserklärung aufgerufen.
Die gewaltsame Befreiung des einsitzenden Terroristen Meyer ist letzten Endes die Frucht einer Politik, die das Notwendige auf dem Gebiet der inneren Sicherheit nicht getan hat und die Hilfe der Opposition gegen die Linken in der SPD sich nicht in Anspruch zu nehmen traute, als es darum ging, Wirksames zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

In Holland, in der Schweiz in Frankreich und jetzt auch in Jugoslawien werden deutsche Terroristen dingfest gemacht. Bei uns kommen sie als offizielle Besucher in eine festungsartig ausgebaute Haftanstalt und holen ihren Genossen heraus.

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Leider ist das so! Ein blamabler Vorgang!)

Die Zeitungen beschäftigen sich ausführlich mit diesem Thema unter der Überschrift: „Koalitionsrücksichten schützen Justizsenator Baumann". Von Allianzverpflichtungen zwischen Bonn und Berlin ist die Rede. Man will den Rücktritt nicht als eine Kette von Rücktritten — vorher Oxfort, vorher Neubauer und jetzt Baumann — erscheinen lassen. Man



Dr. Zimmermann
befindet sich wieder einmal in einer Koalitionsklemme. Und wieder einmal sind Koalitionsrücksichten wichtiger als eine Politik der Sicherheit für Berlin.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ritz [CDU/ CSU] : Leider wahr!)

Herr Bundeskanzler, ein stellvertretender Vorsitzender der SPD kann sich nicht davon freisprechen, wenn alle Welt die Überschrift hat: Berliner SPD stützt Senator Baumann — Stobbe teilte mit, daß die SPD-Fraktion einstimmig beschlossen hat, den Mißtrauensantrag der CDU gegen Baumann zurückzuweisen.
Meine Damen und Herren, mit der Deckung, die hier aus Koalitionsrücksichten dem FDP-Justizsenator Baumann durch den Regierenden Bürgermeister Stobbe und durch die SPD gewährt wird, übernehmen Sie — das müssen Sie wissen — die Mitverantwortung für die unglaublichen Fahrlässigkeiten, die im Moabiter Strafvollzug geschehen sind und die nicht auf Unfähigkeit der Justizwachtmeister, sondern auf mangelnden konsequenten Weisungen des Senators Baumann beruhen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ritz [CDU/ CSU]: So ist es!)

Sonst wäre es ja wohl nicht jetzt, nachher, notwendig gewesen, gleich ein ganzes Bündel von Maßnahmen neu anzuordnen.
Diese Mitverantwortung, meine Damen und Herren auch von der SPD, übernehmen Sie gegenüber einem Mann, der am 11. Oktober 1977 im Gastkommentar der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" schrieb, ihm sei das — bekanntlich nur mit Hilfe der CDU/CSU-Fraktion zustande gekommene — Kontaktsperregesetz ein „Anlaß zur Sorge". Er hat dieses Gesetz als nicht erforderlich bezeichnet.
Auf welchem Boden dieser Justizsenator Baumann (FDP) steht und mit welchem geistigen Hintergrund er ausgestattet ist, müssen einige Zitate zeigen, die typisch dafür sind, wer von SPD und FDP in die wichtigsten Positionen für die Gewährleistung der inneren Sicherheit in Land und Bund berufen worden ist.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Herr Baumann sagte am 19. Juli 1976: „Ich würde unter Umständen sogar eine schwächere Reaktion des Staates gegenüber der Anarchoszene in Kauf nehmen."

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Hat er ja!)

Er hat hervorragend und richtig prognostiziert.

(Dr. Ritz [CDU/CSU]: So ist das!)

Er sagte am 16. Mai 1977 — übrigens wiederum in einem „Spiegel"-Gespräch; er war ein sehr häufiger Gesprächspartner des „Spiegel" —: „Seien wir wachsam gerade gegenüber Überwachungsgelüsten." Der Mann kann deutsch, meine Damen und Herren. Er gilt als hervorragender Jurist. Er weiß, was er sagt. Wenn er hier „Gelüste" mit dieser genüßlichen Tonart in Verbindung mit „Überwachung" bringt, dann zeigt er natürlich, daß Überwachung als solche schon etwas Triebhaftes, Lustvolles, ja
geradezu Perverses ist. Das ist der geistige Hintergrund, der hier in dieser Wortwahl ganz deutlich wird.

(Beifall bei .der CDU/CSU)

Am 26. September 1977 sagte Herr Baumann: „Man darf nicht um geringfügiger, ganz geringfügiger Erfolge willen die Freiheit aller in einem unerträglichen Maße einschränken."

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Da wird der Bock zum Gärtner gemacht!)

„Die Terroristen wollen ja nur, daß der Staat überreagiert." Fragen Sie doch, meine Damen und Herren, die Bevölkerung draußen, ob sie sich in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlt durch Maßnahmen der Polizei und der Regierung! Die fühlt sich nur eingeschränkt durch Angst vor terroristischen Überfällen, durch sonst nichts.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es kommt aber noch besser. Im Dezember 1977 sagte der Justizsenator Jürgen Baumann — nach Hanns Martin Schleyer, wie ich einfügen darf —: „Die größte Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat ist ein Politiker, der glaubt, daß dieser demokratische Rechtsstaat in Gefahr ist."

(Weiskirch [Olpe] [CDU/CSU] : Unerhört ist das!)

Was sagt der Justizsenator eigentlich jetzt, da in Berlin nicht nur die Kette an Ausbrüchen, Morden, Freipressungen, sondern jetzt auch Überfälle auf offener Straße à la italienischer Roter Brigaden sozusagen an der Tagesordnung sind, um, offensichtlich erkennbar in einem unmittelbaren Zusammenhang, den Lorenz-Drenkmann-Prozeß platzen zu lassen, weil es keine Verteidiger und dann vielleicht auch keine Richter und am Schluß erst recht keine Angeklagten mehr gibt? Das ist doch die Absicht, die hier verfolgt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und da soll der Rechtsstaat nicht in Gefahr sein?
Ein letztes Zitat. Am 13. Februar 1978 sagte Jürgen Baumann:
Mir geht es darum, daß man die Weichen von vornherein richtig stellt und nicht später wieder mit anderen Maßnahmen herumknabbert an der Rechtsstellung des Verteidigers.
Auch hier eine Wortwahl wie bei den „Überwachungsgelüsten". Das Herumknabbern am Verteidiger — das heißt in deutsch übersetzt: Jede Untersuchung des Verteidigers, jede Einschränkung, jede Überwachung des Verteidigers wird vom Herrn Justizsenator Baumann als ein Herumknabbern, also als etwas Schlechtes, als etwas Ehrenrühriges, als etwas Widerwärtiges, als etwas nicht Notwendiges empfunden.
Meine Damen und Herren, die Sie in Berlin und hier in Bonn Verantwortung tragen, ist es so, wie die „Welt" am 30. Mai schreibt? Sie schreibt:
Der FDP-Minister, der angeblich etwas zuviel
gegen die Terroristen getan hat, .soll gehen,



Dr. Zimmermann
und der FDP-Minister, der ersichtlich zuwenig
gegen die Terroristen getan hat, soll bleiben.
Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen haben vier Frauen — eine freigepreßte und drei aus einer Berliner Haftanstalt ausgebrochene; das war bekanntlich der Grund für den Rücktritt des Justizsenators Oxfort — dem Terroristen Meyer zur Flucht verholfen. Das war möglich, obwohl eine Arbeitsgruppe der Sicherheitsbehörden schon in der zweiten Hälfte 1976 festgestellt hat, daß bei den in der Untersuchungshaftanstalt Moabit inhaftierten politisch motivierten Straftätern die Gefahr von Ausbrüchen und Befreiungsversuchen erfahrungsgemäß besonders hoch zu veranschlagen ist. Wie an diesem Mittwoch, gestern im Rathaus Schöneberg bekannt wurde, hat diese Arbeitsgruppe, der Vertreter der Justizverwaltung, des Innensenators, der Bauverwaltung und der Polizei angehörten, diese Warnung in einem vertraulichen Bericht über bauliche Sicherheitsmaßnahmen in den Berliner Vollzugsanstalten geäußert. Auch die Pforte, durch die jetzt Till Meyer entführt wurde, ist in diesem Bericht namentlich als Sicherheitsrisiko angesprochen worden.

(Weiskirch [Olpe] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Der Bau jenes Pavillons vor dieser Pforte ist — so liest man es — inzwischen auch von der Justizverwaltung geplant — geplant! —, eineinhalb Jahre, nachdem dieser erschütternde Bericht vorgelegt worden ist.
Meine Damen und Herren, man muß leider sagen, Berlins SPD/FDP-Senat hat eine traurige Tradition im fahrlässigen Umgang mit Gewalttätern erreicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es wird aber wohl so sein, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" gestern unter der Überschrift „Der Fall Moabit" schrieb:
Berlins Justizsenator Baumann sieht keinen Anlaß, wegen der Moabiter Affäre zurückzutreten. Nach den trüben Erfahrungen mit Hessens ehemaligem Ministerpräsidenten Osswald, der am 3. Oktober 1976 unmittelbar nach Schließung der Wahllokale das Handtuch geworfen hatte, sollte die Auskunft Baumanns wohl vorerst dahin relativiert werden, daß er jedenfalls vor dem Wahlschluß in Hamburg und Niedersachsen am Sonntagabend nicht zurücktritt.
Alles das ist schon einmal dagewesen. Meine verehrten Anwesenden,

(Wehner [SPD] : Anwesenden!)

— meine verehrten Damen und Herren Kollegen, Herr Kollege Wehner, wenn Ihnen diese Anrede besser gefällt — —

(Wehner [SPD] : Ich wollte Ihnen nur den Übergang von der Wahlversammlung zur Bundestagssitzung erleichtern! — Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Das begreift der doch nicht!)

— Das haben Sie mir voraus, Herr Kollege Wehner;
bei Ihnen gibt es diese Übergänge von Wahlversammlungen zu Bundestagssitzungen nicht, bei Ihnen ist immer Wahlversammlung.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Das war schwach!)

Nun möchte ich zu dem kommen, was .der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung zur Abrüstungskonferenz und zur NATO gesagt hat. Auf der Abrüstungskonferenz sind Standpunkte ausgetauscht worden, zum Teil unvereinbare Standpunkte. Dennoch hat eine solche Konferenz ihren guten Sinn. Sie trägt dazu bei, den Gedanken der Abrüstung weltweit zu popularisieren, weltweit ein Klima zu begünstigen, das gegen Wettrüsten und gegen die Anwendung von Gewalt in den internationalen Beziehungen gerichtet ist.
In der Tat ist es so, daß anhaltendes Wettrüsten große Gefahren für die Zukunft der Menschheit unvermeidbar heraufbeschwören muß. Es überlastet die jeweiligen Volkswirtschaften und bedroht damit den. Lebensstandard der betroffenen Völker. Damit behindert es auch die Möglichkeiten der Industriestaaten, der noch zu entwickelnden Welt auf die Beine zu helfen, Hunger und Elend einzudämmen und für eine allgemeine, letztlich auch wieder uns zugute kommende Ausbreitung von Wohlstand zu sorgen. Und schließlich beinhaltet fortdauerndes Wettrüsten auch die Möglichkeiten des Anwachsens der Kriegsgefahr.
Nur, wer Politik mit dem Ziel der Abrüstung betreiben will, darf nicht den Zusammenhang mit den traurigen Realitäten der Welt, in der wir leben, verlieren. Angesichts des gewaltigen, laufend bedrohlich weiter wachsenden Militärpotentials des Warschauer Pakts, angesichts der expansiven, auf Gewinnung immer neuer maritimer und territorialer Einflußzonen gerichteten Politik Moskaus ist das allererste Gebot, das wir zu befolgen haben, die Sorge um unsere Sicherheit, um die Sicherheit der freien Welt, um die Sicherheit aller Staaten in der Welt, die sich gegen Agitation, Infiltration, Subversion und Aggression wehren wollen.
Die Sowjetunion mag im Augenblick an vieles denken; an Abrüstung im vernünftigen Sinne des Wortes, an eine Abrüstung also, die auf Gegenseitigkeit beruht und Gleichgewicht zum Ziel hat, denkt sie jedenfalls gegenwärtig — nicht. Im, Bereich der strategischen Waffen will sie ihr hohes Niveau numerisch halten und qualitativ verbessern. Ihre konventionelle Übermacht in Europa soll bestehenbleiben. Wenn sie nicht gerade den angeblich friedenserhaltenden Charakter der sogenannten „gewachsenen Stärkeverhältnisse" zur Rechtfertigung ihrer Übermacht bemüht, leugnet sie diese, indem sie unter Vorlage falscher Zahlen die ebenso falsche Behauptung aufstellt, Parität sei bereits gegeben.
Meine Damen und Herren, ich finde es wirklich unerhört, daß der sowjetische Außenminister Gromyko vor wenigen Tagen, wenige Tage vor der Abrüstungskonferenz, erklärt hat, die Sowjetunion habe seit Jahren in Europa keinen Soldaten und keinen Panzer mehr in das Glacis eingeführt.

(Zurufe von der CDU/CSU: Unglaublich! — Unerhört!)




Dr. Zimmermann
— Eine wirklich unerhörte, lügnerische Behauptung!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und in der sogenannten Grauzone zwischen strategischen und taktischen Kampfmitteln verlangt die Sowjetunion kategorisch westliche Zugeständnisse, während sie ebenso kategorisch eigene ablehnt.
Wieder war es Gromyko, der letzte Woche in New York keinerlei Kompromißbereitschaft hinsichtlich ,der SS 20 gezeigt, jedoch ganz aggressiv die Beschränkung der Cruise Missiles auf Flugweiten von 600 und 2 500 km und das totale Verbot der Neutronenwaffe verlangt hat.
Abrüstung, meine Damen und Herren, die auf Gegenseitigkeit beruht und Gleichgewicht zum Ergebnis hat, ist für uns — wenn überhaupt — nur dann erreichbar, wenn die Staaten des Westens aus einer Position der Sicherheit, die es ohne Verstärkung ihrer Positionen nicht gibt, an diese Aufgabe herangehen; Schwäche und Unsicherheit erhöhen die Gefahr.
Wir begrüßen daher den NATO-Gipfel und seine Ergebnisse ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Er hat ein realistisches Bild von den gegebenen Bedrohungen gezeichnet, ein Bild allerdings, wie wir es in den letzten Jahren nur noch von uns selber und von bestimmten Experten aufgezeichnet erhielten. Von den meisten verantwortlichen Politikern, vor allem solchen, die hier sitzen, haben wir es nicht aufgezeichnet erhalten. Der NATO bleibt unter den heute gegebenen Umständen gar nichts anderes übrig; als Verteidigungsbereitschaft und militärische Schlagkraft zu erhöhen. Sie darf, wie Carter richtig sagt, ihre Wachsamkeit nicht auf Europa beschränkt lassen. Die sowjetisch-kubanischen Aktivitäten in Afrika gehen uns alle an und fordern uns alle zum Handeln auf, wie es z. B. Frankreich dem Westen in Shaba nun schon zum zweiten Male vorgemacht hat. Wir begrüßen daher das von den Bündnispartnern beschlossene langfristige Verteidigungsprogramm zur Stärkung der Kampfkraft der verbündeten Streitkräfte. Auch stehen wir mit Nachdruck hinter der in der Minister-Richtlinie 1977 aufgestellten Forderung, die finanziellen Verteidigungsplanungen jährlich real um 3 010 zu steigern. Wir sind darüber hinaus der Auffassung, daß neben den USA die Bundesrepublik Deutschland in hohem Maß zur Steigerung ihres Verteidigungsauftrages verpflichtet ist, und zwar nicht nur, weil wir nach den Vereinigten Staaten die wirtschaftlich Stärksten im Bündnis sind, sondern auch deshalb, weil wir an der Nahtstelle des Bündnisses sitzen und unsere Sicherheit besonders empfindlich ist.

(Dr. Marx [CDU/CSU]: So ist es!)

Schließlich begrüßen wir die Erkenntnisse des NATO-Gipfels hinsichtlich der Lage und der Notwendigkeiten in Afrika. Die geplante Konferenz in Paris, auf der die Verbündeten — hoffentlich konkret! — beraten wollen, wie den afrikanischen Staaten gegen Aggressionen von außen verstärkt geholfen werden soll, halten wir nicht nur für gut und richtig, sondern auch für dringend geboten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ganz allgemein sagen: Wir sind zwar die parlamentarische Opposition in der Bundesrepublik Deutschland,

(Dr. Corterier [SPD] : Sie werden es auch bleiben!)

aber wir praktizieren mit Ihnen Gemeinsamkeit dort, wo Sie nach unserer Überzeugung einen richtigen Weg gehen. Sie haben daher in allem, was zu einer Stärkung der NATO und zu einer Stärkung der Verantwortung ihrer Mitglieder führt, unsere volle Unterstützung. Aber gerade weil diese Dinge für uns wichtig, lebenswichtig sind, müssen wir auch auf die Schwachpunkte hinweisen, Herr Bundeskanzler, die Ihre Sicherheitspolitik, Abrüstungs- und Verteidigungspolitik bei aller in gemeinsamen Texten zum Ausdruck gebrachten verbalen Übereinstimmung mit den Bündnispartnern aufweist.
Ich will es konkretisieren: Auch Sie, Herr Bundeskanzler, sprechen auf sicherheitspolitischem Gebiet mitunter eine Sprache, die nachdenklich macht.
Beginnen wir mit den abrüstungspolitischen Aussagen in der gemeinsamen Erklärung, die Sie zusammen mit Herrn Breschnew kürzlich abgegeben haben. Wörtlich heißt es dort: „Beide Seiten betrachten es als wichtig, daß niemand militärische Überlegenheit anstrebt." Darum, Herr Bundeskanzler, geht es doch in Europa nicht! Die Sowjetunion hat Überlegenheit, und zwar eine ganz erdrückende, und obwohl dies so ist, gestatten Sie eine Formel, die diese Überlegenheit praktisch leugnet.
Was soll das Bekenntnis in dieser Erklärung zu den Wiener Verhandlungen über eine Verminderung der Streitkräfte in Mitteleuropa, wenn das Wort „ausgewogen" nirgendwo im Text auftaucht, wenn man eine „annähernde" Parität genügen läßt und damit den Interpretationskünsten Böswilliger Tür und Tor öffnet? Sie wissen doch wie wir, daß nach Moskaus Auffassung „annähernde" Parität schon heute existiert.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das hat Gromyko vor den Vereinten Nationen gesagt!)

— Das hat Gromyko in den Vereinten Nationen ja gesagt.
Was muß denn Herr Breschnew aus der Tatsache folgern, daß Sie seine Terminologie übernehmen? Daß Sie etwa alles in Ihrer Macht in Europa Stehende tun werden, um echtes Gleichgewicht zu érreichen? Mit Sicherheit nicht! Er wird sich in seinem Bestreben ermutigt fühlen, schöne Worte statt wirklicher Entspannung zu geben, Worte, wie er sie jetzt in Prag gesagt hat — und das schließt sich würdig an die Aussage seines Außenministers an —, es gebe keine Waffenart — so Breschnew —, zu deren. Einschränkung oder Verbot die UdSSR auf Grund einer gemeinsamen Verabredung und Vereinbarung nicht bereit wäre.
Was soll das gemeinsam mit Breschnew abgelegte Bekenntnis zu MBFR, wenn dieser nicht daran denkt, das für uns doch unverzichtbare Prinzip ge-



Dr. Zimmermann
meinsamer Höchststärken festschreiben zu lassen? Warum bestärken Sie, Herr Bundeskanzler, den sowjetischen Staatschef in diesem Bestreben, indem Sie auf diese Weise das von den Sowjets favorisierte Prinzip nationaler Höchststärken weiterhin in der Diskussion lassen?
Nun könnte man Ihre gemeinsame Erklärung insoweit noch als einen Akt der Höflichkeit einem ausländischen Staatsmann gegenüber abtun. Aber dagegen sprechen weitere Einlassungen zu diesem Thema, denn auch dort, wo Sie alleine gesprochen haben, gebrauchen Sie Formeln, die in Moskau gut klingen. So verrieten Sie dem Bonner „General-Anzeiger" kurz vor Ihrer Reise nach New York, daß man bei MBFR — so wörtlich — auf „letzte Akkuratesse" verzichten könne. Ein schönes Wort - als ob nicht auch Sie wüßten, welche schwerwiegenden Nachteile Deutschland schon einmal durch einen bewußten Verzicht auf Akkuratesse, wie ihn Ihre Parteifreunde Brandt und Bahr bei Aushandlung und Abfassung der Ostverträge praktiziert haben, eingehandelt worden sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In New York haben Sie wiederum zweideutig formuliert. Ihre Formel, wonach in der militärischen Rüstung die Parität insgesamt hergestellt werden müsse, kann leider auch so ausgelegt werden, daß in Europa dann keine konventionelle Parität gegeben sein müsse, wenn zwischen den beiden Bündnissystemen nur insgesamt, also bei Hinzurechnung auch aller atomaren Möglichkeiten, Parität besteht — ein gefährlicher Gedankengang, der der Aufklärung bedarf.
Auch müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, was Ihre in New York aufgestellte These bedeuten soll, daß sich das Gleichgewicht auch auf den wirtschaftlich-sozialen Bereich erstrecken soll. Heißt das in verklausulierter Form etwa, daß den Sowjets zum Ausgleich für die größere Wirtschaftskraft des Westens ein Fortbestehen ihres militärischen Potentials in Europa zugestanden werden soll? Oder was sonst heißt diese zweideutige Formel?
Solche Zweideutigkeiten, Herr Bundeskanzler, belasten das Bündnis insbesondere mit den Vereinigten Staaten. Auch bestärken Sie damit die sowjetische Führung in der Hoffnung, weder durch SALT II noch durch MBFR oder eine andere Abrüstungskonferenz ihre derzeitige Positionen, die auf den Erhalt bestehender und auf die Schaffung neuer Übergewichte abzielen, in Frage stellen zu müssen.
Es gibt aber, Herr Bundeskanzler, bei Ihnen nicht nur Zweideutigkeiten, es gibt auch nicht akzeptable Eindeutigkeiten, so wenn Sie im Vorfeld des NATO-Gipfels im amerikanischen Fernsehen behauptet haben, die Neutronenwaffe werde zum gegenwärtigen Zeitpunkt innerhalb der NATO noch nicht gebraucht. Herr Bundeskanzler, diese Waffe wird genau jetzt gebraucht, denn jetzt besteht die erdrükkende Überlegenheit sowjetischer offensiver Panzerdivisionen, zu deren wirksamer Bekämpfung diese Waffe ein besonders geeignetes Mittel ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben dem amerikanischen Präsidenten vor dem Gipfel eine Lektion erteilt. Politik, sagten Sie, müsse berechenbar sein. Auch wir sind dieser Meinung. Wir folgen Ihnen, wenn Sie sagen, wenn Sie sagten — jetzt nach dem großen Treffen ist alles natürlich Jubel, Trubel, Heiterkeit —, daß die Politik der USA in den letzten Jahren auf einer Reihe von Gebieten unsicher, unentschlossen, ja, zum Teil verworren erschien. Dies gilt für finanzpolitische und wirtschaftliche Fragen ebenso wie für SALT II. Dies gilt auch für Afrika. Aber nicht nur die Politik der USA sollte eindeutig und berechenbar sein, Herr Bundeskanzler, sondern auch die Ihre.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Die Sowjetunion, aber auch Kuba und die DDR betreiben seit langer Zeit einen Abrüstungsverbalismus, der in Wirklichkeit expansive Ziele verfolgt.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Mein Kollege Alois Mertes hat vor wenigen Tagen mit Recht geäußert, für Moskau bedeute Entspannung in Deutschland und Osteuropa Verhinderung der Menschenrechte, während für Bonn und den Westen Entspannnung Durchsetzung der Menschenrechte heißen müsse. Dieser Gegensatz von Interessen und Überzeugungen darf nicht in einem Entspannungsnebel verschwinden, wo die Worte eine ganz andere Wirklichkeit ausdrücken, als sie verbal sagen. Wir müssen immer wieder ungeschminkt unsere Auslegung von politischen Schlüsselbegriffen wie Sicherheit, Gleichheit, Parität und Entspannung exemplarisch erläutern.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Das deshalb, weil die Ausdrucksweise auch der Deklaration zwischen Breschnew und Ihnen, Herr Bundeskanzler, vom 6. Mai 1978 einen Eindruck von Übereinstimmung in der Sache vorgibt, zu dem man festhalten muß, daß Vorstellungen von Harmonie, die in Wirklichkeit nicht besteht, einer wirklichen Friedenssicherung nur schaden können.
Seit den Jahren des Beginns der Koalition von SPD und FDP haben wir innenpolitisch einen Linksruck und außenpolitisch eine neue deutsche Ostpolitik zu verzeichnen, wie sie auch im Ausland klassifiziert worden ist, eine Politik, die im wesentlichen jahrelang erhobenen westpolitischen Forderungen Moskaus entgegenkam und damit eine wesentliche politische und juristische Positionsverbesserung der Sowjetunion gegenüber Deutschland und Westeuropa mit sich gebracht hat.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Die Regierungskoalition ist heute zu einem guten Teil Gefangene dieser Politik geworden. Um nicht offenkundig zu machen, daß die von Anerkennung, Vorleistung und Verzicht erhoffte Entspannung nicht eingetreten ist, um also das Scheitern dieser Politik nicht eingestehen zu müssen, tut die Bundesregierung manches, was sie vielleicht in Wirklichkeit gar nicht will, nur um Moskau bei Laune zu halten.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : So ist es!)

So wagt man doch heute nicht einmal, das bescheidene Viermächteabkommen voll auszuschöpfen, ob-



Dr. Zimmermann
wohl diese banale Selbstverständlichkeit der „vollen Anwendung" dieses Abkommens erst jüngst wieder bekräftigt wurde.

(Zuruf des Abg. Möllemann [FDP])

Der Herr Kollege Wehner hat gegenüber Moskau erklärt, das Viermächteabkommen sei in der Vergangenheit von uns häufig „bewußt fehlerhaft" gehandhabt worden.
Wie stolz war die Bundesregierung auf die menschenrechtliche Seite der KSZE-Schlußakte von Helsinki. Aber als es galt, in Belgrad Nägel mit Köpfen zu machen, hat man regierungsamtlich gesagt, daß die Politik der Durchsetzung der Menschenrechte selbstverständlich keine antikommunistische Stoßrichtung bekommen dürfe.
Auch in der Politik gegenüber Afrika war die Politik der Bundesregierung im Zwielicht. Als ob es die für uns lebenswichtige Kaproute nicht gäbe, als ob im südlichen Afrika keine Deutschen und Deutschstämmigen lebten, hat die Bundesregierung bislang dort Bestrebungen begünstigt, die den Interessen der Deutschen, Deutschstämmigen und Europäer diametral entgegengesetzt waren und die darüber hinaus auch für die Stämme der schwarzen Bevölkerung keineswegs das Heil bedeuten würden, sondern neues Unrecht bei gleichzeitiger Verelendung im ökonomischen Bereich brächten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundeskanzler, in diesem Zusammenhang muß Ihr Interview mit „Newsweek" angesprochen werden. Vier Stunden lang waren Sie mit einem Journalisten zusammen, der dann eine flagrante Indiskretion begangen hat. War es wirklich eine echte Indiskretion, oder war sie vielleicht diplomatisch gewollt? Auch diese Frage muß erlaubt sein, wenn aus dem Interview, seiner Urfassung und seiner verlautbarten Fassung so offenbar unterschiedlich hervorgeht, wie weit Sie die sowjetische Führung schonen wollten. Wenn Sie sich bei dieser Passage ungerecht behandelt vorkommen sollten, dann werden Sie doch bitte deutlicher! Sagen Sie ja, und sagen Sie nein, wenn Sie dieses oder jenes meinen! Bei der Neutronenwaffe haben Sie sehr wohl die Bedeutung gerade für Mitteleuropa und insbesondere für die Bundesrepublik Deutschland erkannt. Sie haben nicht für diese Waffe optiert, Sie haben sie mit der fadenscheinigen Begründung von sich weggeschoben, daß hier eine ausschließliche Zuständigkeit des amerikanischen Präsidenten vorliege. Dabei haben die Vereinigten Staaten auf ein Votum ihrer Partner in Europa, insbesondere auf Ihr Votum, gewartet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen, Herr Bundeskanzler, daß das Zwielichtige, das in Ihrer Politik so oft sichtbar wird, nicht allein Eigenbau ist. Wir wissen, daß Sie unter dem Druck der Herren Bahr und Brandt und des breiten linken Randes Ihrer Partei und Fraktion stehen. Es gibt immer mehr selbsternannte Außenminister, die dem. eigentlichen Regierungschef und Außenminister nach Moskau und Washington jeweils voraus- oder hinterherfahren, offenbar um das
zu sagen, was wirklich Sinn der deutschen Politik ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen, daß diese drei Gruppen von Personen Sie dazu verurteilen, taktisch zu lavieren, und davon abhalten, die Richtlinien der von Ihnen erkannten Politik wirklich zu bestimmen.

(Wehner [SPD]: Sie merken aber auch alles!)

Die Linksaußen Ihrer Partei haben in vielen Fragen das Heft in der Hand, Herr Kollege Wehner. Das ist leicht zu merken, das weiß die ganze Öffentlichkeit. Neuerdings haben die gleichen Personen, die ich soeben genannt habe, das Heft beim Radikalenerlaß in die Hand genommen, bei der Antiterrorgesetzgebung haben sie es nie aus der Hand gegeben, und beim Recht der elterlichen Sorge steht uns eine neue, von den Eltern in diesem Land flagrant abgelehnte Einmischung des Staates in die Familie unmittelbar bevor.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: So ein Quatsch!)

Ich habe in diesem Zusammenhang sehr eingehend die positiven Seiten der Abrüstungsdebatte und des NATO-Gipfels herausgestellt. Ich wiederhole, daß wir zur Zusammenarbeit auf diesen existentiell wichtigen Gebieten bereit sind. Wir suchen die Kooperation innerhalb des Bündnisses auch gegenüber den Verhandlungspartnern von MBFR und SALT, aber nicht auf der Basis der Ungleichheit, sondern auf der Basis der Gleichheit. Wir suchen eine Entspannung, bei der wir die Teilung nicht verfestigen und unsere eigene Freiheit nicht riskieren wollen, sondern die unsere Freiheit sichert und die Freiheit der übrigen Deutschen wiederherstellt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Solange das Ost-West-Verhältnis — das ist leider immer noch der Fall — von sowjetischer Hochrüstungspolitik und weltweiter Einflußstrategie geprägt bleibt, solange es genauso wie die Analyse ist, die auf dem Washingtoner Gipfel gegeben wurde, solange muß unsere Wachsamkeit der Freiheit und nur der Freiheit gelten, wie hoch ihr Preis auch sein mag!

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809300400
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Ehmke.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0809300500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fand die Einleitung von Herrn Kollegen Zimmermann bemerkenswert für die Einschätzung des NATO-Gipfels und der UNO-Generalversammlung durch die Opposition. Sie halten das offenbar für zweitrangige Ereignisse, verglichen mit Ihres Versuch, Herr Dr. Zimmermann, hier Berliner Abgeordnetenhaus zu spielen — und das auch nur, weil am nächsten Sonntag zwei Landtagswahlen vor der Tür stehen.

(Widerspruch von der CDU/CSU)

Es hat Sie offenbar noch nicht einmal nachdenklich gemacht, daß den Terrorakten in Berlin die



Dr. Ehmke
gleiche Zeitplanung zugrunde liegt, daß diese Terrorakte ebenso auf den Termin der Landtagswahlen zielen. Sie steigen vielmehr in diese Zeitplanung ein und sprechen dann von der Solidarität der Demokraten.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Wehner [SPD] : Leider wahr!)

Was Sie zu den Fragen der Abrüstungs- und Entspannungspolitik gesagt haben, zeichnete sich zunächst dadurch aus, daß Sie offenbar die letzte Rede, die Herr Kollege Strauß hier im Hause gehalten hat, nicht mitbekommen haben — oder sie ist wieder aus dem Verkehr gezogen worden. Zum Teil, Herr Dr. Zimmermann, haben Sie hier in der Tonart des Kalten Krieges gesprochen,

(Widerspruch von der CDU/CSU)

in dem Sie offenbar immer noch ein goldenes Zeitalter sehen, in dem es für die Unionsparteien leicht war, mit simplen antikommunistischen Parolen satte Mehrheiten zu kriegen. Aber die Zeiten sind vorbei.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU] : So ein Quatsch! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion möchte ich dem Herrn Bundeskanzler für seine heutige Regierungserklärung danken.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir möchten ihm dafür danken, daß er in New York vor der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen, die auf eine Initiative der blockfreien Nationen zurückging, unsere Vorstellungen zu den ebenso lebenswichtigen wie schwierigen Themen der Abrüstung entwickelt und den Friedenswillen unseres Volkes in feierlicher Form bekräftigt hat. Der Bundeskanzler hat auf der NATO-Gipfelkonferenz in Washington unseren Willen zur Verteidigung wie zur Entspannung bekundet und hat diese beiden Seiten unserer Politik in dem Wort von der politschen Sicherheitspartnerschaft zusammengefaßt.
Er hat den Zusammenhang von Sicherheits-, Ent-spannungs- und Wirtschaftspolitik ebenso dargelegt wie den Zusammenhang von Abrüstung und verstärkter Kooperation mit der und für die Dritte Welt. Er hat dabei in New York wie in Washington dieselbe Sprache gesprochen. Er hat damit für unsere Politik der engen Zusammenarbeit im. Bündnis und des Entspannungsbemühens gegenüber dem Osten auf der Basis eines politischen, strategischen und militärischen Gleichgewichts zusätzliche Glaubwürdigkeit gewonnen.
Meine Damen und Herren, dies ist besonders in einer weltpolitischen Situation wichtig, in der die Fortführung der Entspannungspolitik auf erhebliche Schwierigkeiten gestoßen und die Skepsis gegenüber ihren Möglichkeiten in Ost und West offensichtlich gewachsen ist.
Das ist ein bedrückender Vorgang; denn wie auch Herr Kollege Strauß in seiner bedeutenden Rede vom 11. Mai an dieser Stelle ausgeführt hat — im Gegensatz zu Herrn Zimmermann haben wir das noch nicht vergessen —, kann man zwar über die
Wege der Entspannung verschiedener Meinung sein, aber es gibt, wie auch Herr Strauß gesagt hat, keine Alternative zur Entspannung. Der Vergleich mit der Alternative von Leben und Tod, den Herr Kollege Strauß in diesem Zusammenhang herangezogen hat, war tiefgründiger, als dem Kollegen Strauß bewußt gewesen sein mag. Wie Bundespräsident Heinemann einmal gesagt hat: Im Zeitalter der Atomwaffen gibt es jenseits des Friedens keine Existenz.
Wenn diese Tatsache zwischen uns unbestritten ist — und das ist in diesem Hause offenbar der Fall —, dann wäre es doch töricht, die Möglichkeiten wie die Schwierigkeiten der Entspannungspolitik zum Gegenstand kurzatmiger Überlegungen oder gar Polemiken zu machen. Auch Landtagswahlen rechtfertigen nicht, mit den Lebensinteressen unseres Volkes so umzugehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Ritz [CDU/CSU] : Sie haben es nötig!)

In der öffentlichen Diskussion sind viele Gründe dafür genannt worden, warum die Entspannungspolitik auf Schwierigkeiten gestoßen ist: der Übergang von der Phase des politischen Durchbruchs zum mühseligen Alltag des Interessenausgleichs und der Kooperation bei grundsätzlichen Gegensätzen der Gesellschaftsordnungen; die Enttäuschung der Sowjetunion über die — gerade in der Wirtschaftskrise — weit hinter ihren übertriebenen Erwartungen zurückgebliebene wirtschaftliche Kooperation mit dem Westen; das Mißtrauen der Sowjetunion gegenüber den Absichten der Vereinigten Staaten angesichts etwa des Jackson-Amendments zum sowjetisch-amerikanischen Handelsvertrag sowie angesichts der Menschenrechtskampagne und der geänderten Abrüstungsstrategie der neuen amerikanischen Administration.
Das Mißtrauen des Westens gegenüber den Absichten der Sowjetunion ist auch gewachsen angesichts der forcierten Rüstungsbemühungen der Sowjetunion, angesichts ihrer Interventionen in Afrika und angesichts ihrer Behandlung von Dissidenten. Es hat auf beiden Seiten mißtrauensbildende Maßnahmen gegeben, während man gleichzeitig in anderen Bereichen um vertrauensbildende Maßnahmen verhandelt hat. Solche Rückschläge mögen bei den grundsätzlichen Unterschieden der beiden Systeme unvermeidbar sein. Unser Lebensinteresse gebietet es, dafür zu sorgen, daß sie nicht zu einer neuen Form von Kaltem Krieg zurückführen.
Was waren eigentlich die entscheidenden Motive dafür, daß es in Ost und West überhaupt zur Entspannungspolitik kam? Im Westen zunächst die Einsicht, daß die Politik des Kalten Krieges, des „Roll back", die „Politik der Stärke" gescheitert war mit dem Durchdenken der Möglichkeiten bzw. Unmöglichkeiten, einen Atomkrieg zu führen; insbesondere nach dem Anschauungsunterricht der Berlin-Krise von 1961 und der Kuba-Krise von 1962 setzte sich die Einsicht durch, daß Sicherheit nur im Frieden zu erreichen ist und dieser nur in einem Interessenausgleich der ideologisch so unterschiedlichen Blöcke gefunden werden kann.
Im Osten, speziell in der Sowjetunion war das Jahr 1956 in diesem Zusammenhang von besonderer



Dr. Ehmke
Bedeutung. Der XX. Parteitag der KPdSU mit dem Geheimreferat Chruschtschows über die Verbrechen Stalins setzte einen Prozeß der Entstalinisierung in der Sowjetunion und in den osteuropäischen Ländern in Gang. Das Jahr 1956 sah dann aber auch die Aufstände in Polen und in Ungarn. Ein Motiv der Entspannungspolitik für die sowjetische Seite mag daher wohl gewesen sein, sich für die Sicherung ihres Glacis in Osteuropa nicht nur auf Panzer stützen zu müssen, sondern durch die Politik des Gewaltverzichts und der wirtschaftlichen Kooperation im nationalen wie im wirtschaftlichen Bereich die innere Lage jener Länder und zugleich den Einfluß der Sowjetunion in diesen Ländern zu stabilisieren. Das wirtschaftliche Interesse bestand auch für die Sowjetunion selbst, in der ein überaltertes bürokratisches Wirtschaftssystem zwar militärische und zivile Großprojekte ermöglicht, aber den technologischen Vorsprung des Westens nicht aufgeholt und die Probleme der allgemeinen Hebung des Lebensstandards nur sehr begrenzt gelöst hatte.
Die sowjetischen Militärs schließlich waren für den Gedanken einer Entspannung gegenüber dem Westen wohl vor allem darum zu gewinnen, weil sie die Lage der Sowjetunion gegenüber der Volksrepublik China im Auge hatten.
Unsere eigenen Motive deckten sich mit denen des Westens, ohne sich in diesen zu erschöpfen. Für die deutsche Politik kam es auch darauf an, sich nicht zwischen die Stühle zu setzen, zu verhindern, daß Entspannung zwischen den Großmächten auf unsere Kosten getrieben werden würde. Es war eine Politik, die die Bundesrepublik vor drohender außenpolitischer Isolierung bewahrte, eine Politik des Realismus und zugleich eine Politik der wahren Stärke, da sie keine Berührungsangst mit dem Kommunismus hat; eine Politik, die sowohl unter europäischen wie unter deutschen Gesichtspunkten in der Zunahme des Handels, des Austauschs, der Kontakte und der immer dichter werdenden Beziehungen zwischen West und Ost keine Gefahr, sondern eine Chance sieht; eine Politik, die versucht, aus der Sondersituation der deutschen Teilung insofern eine Tugend zu machen, als sie die Bundesrepublik als Vorkämpfer der Entspannung zum Vorkämpfer eines Europa macht, in dem die Deutschen in ihren beiden Nachkriegsstaaten zunächst einmal wenigstens wieder in ein vernünftiges nachbarschaftliches Verhältnis miteinander kommen können.
Die Erfolge dieser Politik sind heute unter objektiv Urteilenden unbestritten: die zwar langsame, aber fortschreitende Normalisierung unseres Verhältnisses zur Sowjetunion, zu den osteuropäischen Staaten, zur DDR; die Verbesserung der Lage West-Berlins durch das Viermächteabkommen; die humanitären und kooperativen Fortschritte im Gefolge der KSZE, übrigens auch der Belgrader Konferenz, von der der amerikanische Außenminister vor kurzem mit Recht gesagt hat, daß sie positive Wirkungen entfaltet habe, lange bevor sie zusammengetreten war.
Trotz dieser Fortschritte steht die Entspannungspolitik aus den obengenannten Gründen heute vor
Schwierigkeiten, und nicht nur das. Sie steht zugleich vor einer besonders kritischen Schwelle: Sie muß entweder in Form der Rüstungskontrolle und der Rüstungsreduzierung auch auf das engere militärische Gebiet übergreifen oder aber die Entspannungspolitik — und damit auch die Möglichkeiten eines wahren Fortschritts im Nord-Süd-Verhältnis — drohen am weltweiten Wettrüsten und an der mit ihm verbundenen Vergeudung wichtiger Ressourcen zu scheitern.

(Zustimmung bei der SPD)

Es scheint mir wichtig zu sein, in dieser Situation nicht zu polemisieren, sondern zu prüfen, ob denn die ursprünglichen Motive für die Entspannungspolitik, ob sich die Interessenlage, der sie entsprang, in Ost und West, geändert hat oder nicht. Ich bin der Meinung, daß das nicht der Fall ist.

(Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

Beide Seiten wissen heute noch besser als vor fünfzehn Jahren, daß ein Atomkrieg das voraussichtliche Ende ihrer Völker wäre, denn die Bedrohung mit der Katastrophe ist inzwischen noch größer geworden. Der Westen ist im ganzen mit der Entspannungspolitik gut gefahren. Der Ostblock hat zwar militärisch den großen Vorsprung der Vereinigten Staaten auf strategisch-nuklearem Gebiet im wesentlichen aufzuholen vermocht — darauf komme ich noch zurück —, aber wirtschaftlich und technologisch hat der Westen seinen Vorsprung eher noch ausgebaut, und ideologisch war die Sowjetunion seit dem zweiten Weltkrieg noch nie derart in der Defensive, und zwar auch im eigenen Lager des Weltkommunismus, wie sie es heute ist.
Die Sowjetunion steht heute in Osteuropa vor keinen geringeren Problemen als früher. Und diese Probleme sind jedenfalls auf Dauer noch weniger als früher mit Panzern zu lösen. Die Sowjetwirtschaft bricht ohne Transfer von westlichem Know-how und Kapital sicher nicht zusammen, aber zumindest das Tempo der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Sowjetunion wird von Umfang und Art dieses Transfers nicht unwesentlich bestimmt. Herr Kollege Strauß ist neulich weiter gegangen und hat sogar davon gesprochen, daß für die Sowjetunion „ein wirtschaftlicher Zwang zur Zusammenarbeit mit dem Westen aus technisch-industriellen Abläufen heraus" bestehe. Eine etwaige Erwartung der Sowjetführung, durch diese wirtschaftlich-technische Kooperation mit dem Westen der Notwendigkeit einer Reform ihres Wirtschaftssystems enthoben zu werden, wird sich dabei meines Erachtens allerdings nicht erfüllen.
Was schließlich die Volksrepublik China betrifft, so ist diese nicht schwächer und ihr Verhältnis zur Sowjetunion nicht besser geworden. Die Reise des Generalsekretärs der KPdSU an die chinesische Grenze zeugt davon ebenso wie die Hinweise von sowjetischer Seite, die sich bei der Diskussion der Waffen der Grauzone häufen werden, daß die Sowjetunion schließlich eine zweite, eine sehr lange zweite Grenze habe. Dies ist ein zentraler politischer und militärischer Faktor der Weltpolitik, der aber selbst für China-Reisende der CSU/CDU kein Anlaß sein sollte, in Peking antisowjetische Stammtischsprüche zu klopfen, wie es Herr Kollege



Dr. Ehmke
Zimmermann getan hat. Politisch seriöse China-Reisende werden bei den Gesprächen in Peking nicht vergessen, daß sie es dort mit einer politischen Führung zu tun haben, die zwar China wirtschaftlich der Welt gegenüber zu öffnen beginnt, die aber immer noch am Dogma von der Unvermeidbarkeit eines dritten Weltkrieges festhält, die also die Schwelle zu einer weltweiten Politik der Koexistenz noch nicht überschritten hat.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Neuerdings nicht mehr!)

Das sowjetische Interesse an der Entspannungspolitik ist also sicher nicht schwächer geworden, sondern ganz im Gegenteil. Man mag einwenden, dies möge zwar objektiv richtig sein, wer aber könne garantieren, daß sich die sowjetische Führung subjektiv gemäß dieser objektiven Interessenlage verhalten werde.
Das führt mich zu einer der zentralen Fragen in der Auseinandersetzung um die Entspannungspolitik, die heute in den Vereinigten Staaten wie in unserem Land geführt wird. Einer der erfahrensten Experten der Vereinigten Staaten in Sachen Sowjetunion, George F. Kennan, hat in einem bemerkenswerten Artikel in der „Washington Post" vom Dezember 1977 darauf hingewiesen, daß die militärisch-technische Diskussion zu komplex sei, um zuverlässige Anhaltspunkte für die notwendigen politischen Entscheidungen liefern zu können. Wenn ich einen Ausdruck von Oliver Wendel Holmes aus dem juristischen Bereich in den militärischen Bereich transponieren darf, möchte ich sagen: Die Politik muß vor der vielleicht trügerischen Exaktheit militärtechnischer Analysen auf der Hut sein.
Kennan weist darauf hin, daß es eine viel tiefere Frage sei, die dem Streit um die Entspannungspolitik zugrunde liege, nämlich die Frage, welche Auffassung wir von der sowjetischen Führung haben und von den Bedingungen, unter denen sie handeln muß. Die eine Meinung sieht, wenn ich hier mit Kennan übertreiben darf, in der sowjetischen Führung eine Gruppe von Unholden, die frei von allen innenpolitischen Problemen nur auf das eine aus sind, nämlich den freien Westen zu ruinieren und zu unterdrücken. Nach der anderen Meinung handelt es sich bei der sowjetischen Führung um ziemlich normale Männer, die zwar in gewissem Sinne Opfer ihrer eigenen Ideologie sind, die andererseits aber doch nur so handeln, wie eben verantwortliche Menschen einer Großmacht im technologischen Zeitalter zur Wahrung ihrer eigenen Interessen zu handeln pflegen. Diese Meinung hält die Sowjetunion für eine sehr konservative, vielleicht die konservativste Führung, die irgendwo heute in der Welt regiere, ziemlich fortgeschritten im Lebensalter, auf das Ende ihrer politischen Karriere zugehend und daher allen anderen zugeneigt als schnellen Abenteuern. Diese Männer teilten mit dem Rest der Welt das Entsetzen über einen atomaren Krieg und seien im wesentlichen mit der Wahrung ihrer bestehenden politischen Macht und ihres bestehenden politischen Einflusses in der Welt beschäftigt

(Dr. Schwarz-Schilling [CDU/CSU] : Das merkt man in Afrika!)

— ich komme dazu noch —; es seien Männer, deren Motivation im wesentlichen defensiv sei, wie sich auch auf der Belgrader Konferenz gezeigt hat — die defensive Rolle der Sowjetunion dort hat der Kollege Kohl neulich mit Recht hervorgehoben —, und es seien Männer, die vor großen wirtschaftlichen und innenpolitischen Problemen der weiteren Entwicklung der Sowjetunion stünden.
Ich möchte für mich keinen Zweifel daran lassen, daß die zweite Betrachtungsweise den Tatsachen sehr viel näher kommt als die erste. Auch Herr Strauß scheint nun diese Auffassung zu teilen. Seine Worte über die Friedensliebe des russischen Volkes und seines Staatspräsidenten unterschieden sich jedenfalls wohlwollend vom traditionellen Vokabular der deutschen Rechten.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Was ist das, die „deutsche Rechte", Herr Ehmke?)

Es scheint mir eine der wesentlichen Aufgaben unserer Diskussion zu sein, jenseits von Zerrbildern, wie sie in Deutschland noch von der NS-Propaganda mit herrühren,

(Zurufe von der CDU/CSU)

und von* Wunschbildern, wie die prokommunistische Propaganda sie verbeitet, ein realistisches Bild der Sowjetunion zu gewinnen und mit zur Grundlage unserer Politik zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Schließen Sie Kurt Schumacher ein?)

Es gibt ein historisch begründetes Mißtrauen der Sowjetunion gegenüber dem Westen, und es gibt ein legitimes Sicherheitsinteresse der sowjetischen Führung gegenüber dem Westen wie unserer Führung gegenüber dem Osten. Es gibt aber auch ein Interesse der Sowjetführung, ihre eigenen wirtschaftlichen und innenpolitischen Probleme besser zu lösen, durch Entspannung im militärischen Sektor gegenüber dem Westen, Ressourcen freizumachen für die Entwicklung des Lebensstandards in der Sowjetunion und im Ostblock.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Hoffentlich wissen die das!)

Das heißt nicht, daß die Sowjetführung sich je für den inneren Lebensstandard gegen die äußere Sicherheit entscheiden könnte, es heißt aber wohl, Herr Kollege Mertes, daß es zu einer klugen Politik des Westens gehören muß, das Interesse der Sowjetunion an einer Entspannungspolitik, an einer Begrenzung der Rüstung, die ihr Mittel freigibt für die binnenwirtschaftliche Entwicklung ihres eigenen Landes, wachzuhalten und zu fördern. Dies muß eine der zentralen Aufgaben westlicher Politik gegenüber dem Osten sein.

(Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

Herr Kennan hat dabei übrigens mit Recht darauf hingewiesen, daß es insoweit der Westen zum Teil auch selbst mit in der Hand hat, die Haltung zu beeinflussen, mit der eine neue sowjetische Führung, die in den nächsten Jahren ja unvermeidlich ist, dem Westen gegenübertreten wird. Die Analyse George



Dr. Ehmke
F. Kennans wird meines Erachtens durch die Ergebnisse des Breschnew-Besuchs in Bonn bestätigt. Die sowjetische Führung hat in der politischen Deklaration wie mit ihrer Unterschrift unter ein auf 25 Jahre angelegtes wirtschaftliches Kooperationsabkommen — in beiden Dokumenten ist West-Berlin einbezogen — ihr tiefes eigenes Interesse an der Fortführung der Entspannungspolitik bekundet. Sie hat gleichzeitig zum ersten Mal in einer Ost-West-Erklärung die Feststellung unterschrieben, daß niemand militärische Überlegenheit anstrebe und daß annähernde Parität und Gleichheit zur Gewährleistung der Verteidigung ausreichen.
Kollege Zimmermann, ich verstehe Ihre Kritik an dieser Formulierung nicht. Die Worte von der approximate parity sind Worte, die 1973 von der NATO in die MBFR-Verhandlungen eingeführt wurden. Sie haben doch selbst gesagt, daß die Sowjetunion früher davon sprach, daß das bestehende Übergewicht zu ihren Gunsten ein friedenserhaltender Faktor sei. Davon sind wir weg. Wir sind jetzt jedenfalls bei der gleichen Sprache. Die Sorge, daß wir damit etwas anerkennen, was nicht unseren Interessen entspricht, ist doch darum überflüssig, weil die Datendiskussion ja noch fortgeführt und abgeschlossen werden muß.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809300600
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mertes?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0809300700
Gerne.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0809300800
Herr Kollege Ehmke, besteht das Problem nicht darin, daß die Sowjetunion zwar jetzt auf die Vokabel „Parität" eingeschwenkt ist, daß sie aber inhaltlich unter der Parität etwas ganz anderes als der Westen versteht, und ist die Wiener Zahlendiskussion nicht deshalb ein so hochpolitisches Thema?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0809300900
Herr Kollege Mertes, ich bin der Meinung, daß mit der Übernahme der gleichen Worte noch nicht unbedingt schon die Einigung in der Sache gefunden sein muß. Aber Sie können mir doch sicher darin zustimmen, daß es ein Fortschritt ist, wenn sich beide nun den gleichen Maßstab für ihre Politik zu eigen machen und wenn die Diskussion jetzt nicht mehr um zwei verschiedene Maßstäbe geht, sondern über die Frage, was dieser eine Maßstab konkret bedeutet.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Hätte die Sowjetunion nicht den Willen, diese Diskussion zu führen, wäre es unverständlich, daß sie sich zu meiner und Ihrer großen Überraschung überhaupt auf die Datendiskussion eingelassen hat. Denn das war ja ein sehr erfolgreicher Durchbruch auf dem Gebiet der Abrüstung.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809301000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Zimmermann?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0809301100
Ja, bitte.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0809301200
Herr Kollege Ehmke, glauben nicht auch Sie, daß zwischen der gemeinsamen Verwendung einer Vokabel wie Parität oder annähernde Parität und dem, was Gromyko — ich habe ihn zweimal zitiert — und was Breschnew gesagt haben — wovon wir beide wissen, daß es die Unwahrheit über die wirkliche Zahl der Panzer und Soldaten in Europa ist —, daß also zwischen diesen beiden Verbalismen ein ungeheurer Unterschied ist, der erst durch ganz konkrete lange Verhandlungen ausgefüllt werden muß und bei dem man jedenfalls sehen muß, daß es ein riesiger Unterschied ist?

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Eben das ist es!)


Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0809301300
Natürlich muß das gemeinsam Erklärte durch lange Verhandlungen ausgefüllt werden. Das sehen wir wie Sie. Wir wären dankbar, wenn Sie uns dabei unterstützen würden. Dann kämen wir vielleicht schneller voran. Im übrigen wissen Sie doch, daß es nicht so einfach ist, etwa nur Panzer mit Panzern zu vergleichen. Es war schließlich die NATO, die in der Option III eine Reduzierung von Panzern auf der einen Seite und eine Reduzierung von taktischen Nuklearwaffen auf der anderen Seite vorgeschlagen hat. Da wird es ja schon schwerer, Parität etwa nur numerisch zu sehen. Der Bundeskanzler hat das vorhin mit Recht ausgeführt. Sie können doch nicht einfach sagen, Herr Dr. Zimmermann, daß es keine politische Bedeutung hat, daß die Sowjetunion den alten europäischen Grundsatz des Gleichgewichts — politisch, strategisch, militärisch und auch wirtschaftlich — als gemeinsame Grundlage der Entspannungs- und Abrüstungspolitik akzeptiert.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Gleichgewicht? Wo denn gibt es Parität?)

Im militärischen Bereich wird von annähernder Gleichheit und Parität gesprochen, politisch insgesamt geht es darum, zu einer Situation des Gleichgewichts zu kommen. Darum hat es keinen Zweck — ich verstehe das nicht, da wir uns über die Notwendigkeit einig sind, diese Worte jetzt in konkreten Verhandlungen zu erproben —, daß Sie hier nun wieder antikommunistische Schlagworte reinbringen, die für die Verhandlungen doch gar nichts bedeuten. Ich muß Ihnen sagen: Da hat mir neulich die Rede von Herrn Strauß sehr viel besser gefallen.
Sie können die Deklaration nach dem BreschnewBesuch auch darum nicht einfach vom Tisch wischen, Herr Kollege Zimmermann, weil die sowjetische Führung bisher zum erstenmal ihre Bereitschaft bekundet hat, die Waffen der Grauzone in zukünftige Verhandlungen einzubeziehen und den neuen MBFR-Vorschlag der NATO, der auf eine Initiative des Bundeskanzlers und der Bundesregierung zurückgeht, in Wien zu verhandeln.
Sie haben recht: Es geht jetzt darum, diese Worte in den konkreten Abrüstungsverhandlungen, die laufen oder neu eröffnet werden müssen, zu prüfen, auf ihren praktischen Gehalt hin zu testen. Wer



Dr. Ehmke
nicht die Geduld hat, diese Erklärungen einem solchen Test zu unterwerfen, erweckt Zweifel an der
Ernsthaftigkeit seines eigenen Entspannungswillens.

(Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das müssen Sie Willy Brandt sagen!)

Herr Kollege Kohl hat hier neulich den Versuch gemacht, die Ernsthaftigkeit des sowjetischen Willens zur Entspannung unter anderem mit dem Hinweis in Frage zu stellen, daß der Zeitpunkt des Breschnew-Besuchs taktisch bestimmt gewesen sei. Er sei in eine Zeit zunehmender deutsch-amerikanischer Meinungsunterschiede gelegt worden. Herbert Wehner hat demgegenüber mit Recht darauf hingewiesen, daß die sowjetische Seite weder den Versuch gemacht hat, die Bundesrepublik von ihren Verbündeten zu trennen, noch gar, sie gegen die Verbündeten auszuspielen. Und der Herr Bundesaußenminister hat mit Recht erklärt, daß Maßstab unserer Beurteilung die Beantwortung der Frage sein sollte, ob der Besuch den deutschen Interessen genützt oder nicht genützt hat. Nach unserer Meinung hat er ihnen genützt.
Ich frage mich übrigens auch, ob nicht der Vorstellung, der sowjetische Staatspräsident habe die Strapazen einer Reise nach Bonn auf sich genommen, nur um uns im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten zu irritieren, nicht doch eine arg naive Auffassung von der Politik der Sowjetunion zugrunde liegt.

(Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/ CSU]: Um Gottes willen!)

Eine solche Argumentation ist im übrigen, Herr Kollege Kohl, auch unserem Verhältnis zu den Vereinigten Staaten zutiefst inadäquat. Willy Brandt hat anläßlich des 30. Jahrestages des Marshallplans noch einmal die Gemeinsamkeit der Grundinteressen und Grundüberzeugungen beider Völker unterstrichen. Dazu gehört auch das gemeinsame Bekenntnis zu den Menschenrechten, so sehr man über die Frage streiten kann, in welcher Form sie am besten geltend gemacht werden. Darüber gibt es inzwischen ja auch in Washington second thoughts. Die Gemeinsamkeit dieses AufeinanderangewiesenSeins wird erneut unterstrichen werden, wenn Präsident Carter, worauf wir uns freuen, demnächst die Bundesrepublik und West-Berlin besuchen wird.
Zu diesen Gemeinsamkeiten gehört auch die Einsicht in die Notwendigkeit der Politik der Entspannung, der Rüstungskontrolle und der Abrüstung, in der die Bundesrepublik doch den Vereinigten Staaten gefolgt ist und nicht umgekehrt. Der Bundeskanzler hat in seiner Rede vor der Sondergeneralversammlung dem amerikanischen Präsidenten ausdrücklich noch einmal für die Energie und die Überzeugungskraft gedankt, mit der er diesen Prozeß, einschließlich der Frage einer Einschränkung der weltweiten Rüstungsexporte, fördert. Umgekehrt hat uns der Stellvertreter des Ständigen Vertreters der Vereinigten Staaten bei den Vereinten Nationen, Botschafter Leonhard, in einer bemerkenswerten Rede vor dem Abrüstungsseminar der Sozialistischen Internationale in Helsinki aufgefordert, in
Europa doch etwas mehr Aufgeschlossenheit und Phantasie für die Probleme der Abrüstung aufzubringen.
Wir müssen uns heute, so meine ich, Herr Kollege Kohl, auf beiden Seiten des Atlantiks vor einer Gefahr hüten: vor der Versuchung, die jeweiligen innenpolitischen Kontroversen in das Verhältnis der beiden Staaten und Völker hineinzutragen. Es dürfen derartige Lebensfragen z. B. nicht zu jeweiligen Wahlkampfmitteln instrumentalisiert werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das machen Sie doch schon seit neun Jahren, beispielsweise „Friedenspolitik und Sozialdemokratie"! Das ist doch Ihr Geschäft!)

Ich weiß, daß heute die Auseinandersetzungen in der Menschenrechtsfrage in den Vereinigten Staaten, insbesondere im amerikanischen Kongreß, Mißtrauen gegen die Sowjetunion wachsen lassen. Das gleiche gilt für die Rüstungspolitik der Sowjetunion, auch wenn der Westen seine Rüstung ebenfalls ständig verbessert. So berichtet ja die Bundeswehr z. B. zu Recht und mit Stolz über die in den letzten Jahren erzielten Verbesserungen vor allen Dingen im Bereich der Panzer- und der Flugabwehr.
Besonders aktuell — Herr Mertes, jetzt komme ich zu Ihrer Frage — ist die Verschlechterung der politischen Atmosphäre zwischen Washington und Moskau durch die sowjetischen und kubanischen Interventionen in Afrika. Entspannung und Abrüstung haben sicher regionale Aspekte; aber auf der anderen Seite kann die Entspannungspolitik auf die Dauer nicht auf bestimmte Regionen beschränkt bleiben. Die Entspannungspolitik muß daher auch auf Afrika ausgedehnt werden, denn noch gilt sie dort nicht. Friedenspolitik kann nur weltweit angelegt sein.
Der Grundsatz der Unteilbarkeit des Friedens und der Sicherheit in allen Teilen der Welt ist anläßlich des Breschnew-Besuchs, Herr Dr. Zimmermann, zum erstenmal von der Sowjetunion mit unterschrieben worden, gewissermaßen als Vorgriff auf die Diskussionen in der Sondergeneralversammlung. In dem am Schluß des Breschnew-Besuchs herausgegebenen Kommuniqué haben beide Seiten die Auffassung vertreten, daß dem Ziel der Sicherung der Entspannung und des Friedens in Afrika die Achtung der Unabhängigkeit, die Souveränität, die Unverletzlichkeit der Grenzen und die territoriale Integrität der afrikanischen Staaten gemäß den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen und den Beschlüssen der OAU entsprechen.

(Vorsitz : Vizepräsident Stücklen)

Der Bundeskanzler hat daher in seiner Rede vor den Vereinten Nationen mit Recht darauf hingewiesen, daß das, was z. B. im Nahen Osten oder jetzt in Afrika passiert, auch das in Europa langsam wachsende Vertrauen wieder in Mißtrauen rückverwandeln könnte. Zweifellos versucht die Sowjetunion in Afrika, in Lücken hineinzustoßen, die die westliche Politik gelassen hat. Wir müssen ja sehen, daß es zwischen der Kennedy- und Carter-Admini-



Dr. Ehmke
stration kaum eine amerikanische Afrikapolitik gegeben hat. Auch die Entwicklung in Angola ist übrigens etwas komplizierter gewesen, als die offiziöse Lesart es heute meist wahrhaben will.
Die Carter-Administration hat wieder eine Afrikapolitik. Bundesaußenminister Genscher hat vor einigen Wochen hier im Hause ausführlich dargelegt, daß und warum diese Afrikapolitik Präsident Carters von der Bundesregierung unterstützt wird. Diese neue amerikanische Afrikapolitik setzt auf das Eigeninteresse und den Willen zur Selbständigkeit der afrikanischen Völker. Meine Meinung ist, die Sowjetunion wird auf die Dauer in Afrika feststellen müssen, daß ihre Bäume nicht nur in Ägypten nicht in den Himmel wachsen. Und Castro wird eines Tages feststellen müssen, daß Afrika zu groß für ihn ist.

(Beifall bei der SPD)

Die Vorgänge in Zaire haben gezeigt, daß eine solche langfristige Politik unter Umständen durch kurzfristige Notmaßnahmen ergänzt werden muß. Darüber soll in der nächsten Woche in Paris weiter gesprochen werden. So wichtig dies auch ist — noch wichtiger ist ein langer Atem für eine Politik der Unterstützung der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Staaten Afrikas. Ich bin der Meinung, es muß zu einem Schwerpunkt der wirtschaftlichen Nord-Süd-Politik gerade der europäischen Staaten werden, auf wirtschaftlichem Gebiet zu dieser Unabhängigkeit beizutragen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren von der Opposition, falls wir uns insoweit einig sein sollten, dann müßten wir uns aber noch in einem weiteren Punkt einig werden, nämlich daß es in der Frage der Apartheid kein Wackeln geben kann.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

In dieser Frage der Rassendiskriminierung muß die Opposition wie die Regierung eine klare Position beziehen,

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das hat sie getan!)

die einerseits unseren Grundwerten und Grundüberzeugungen entspricht und die andererseits den jungen Völkern Afrikas das Mißtrauen nimmt, wir verfolgten in einer Art Fortsetzung von Kolonialpolitik mit anderen Mitteln doch nur die Interessen des weißen Mannes. Herr Kollege Zimmermann, ich sage es Ihnen noch einmal: Die sicherste Art, die KapRoute zu gefährden, ist, das zu machen, was Ihr Parteivorsitzender Strauß macht, nämlich die Apartheidpolitik der Vorster-Regierung zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD — Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Das hat er überhaupt nicht getan!)

— Wir haben hier ja eine Debatte darüber geführt; Sie können das nachlesen.

(Dr. Zimmermann [CDU/CSU] : Das hat Strauß nie getan, und das wissen Sie! — Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Bewußte Diffamierung!)

— Dann lesen Sie einmal die Debatte nach. Ich habe ihm das damals genauso vorgeworfen wie heute.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Hier wird ein Mann absichtlich diffamiert! — Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] : Sie wissen, daß Sie die Unwahrheit sagen!)

Die Sowjetunion wird durch die Gespräche in Bonn und die Erörterungen in New York zur Kenntnis genommen haben, daß ihr Verhalten in Afrika von entscheidender Bedeutung für die auch von ihr gewünschte Fortführung der Entspannungspolitik in Europa geworden ist. Ich möchte hier aber Zweifel gegenüber der Vorstellung anmelden, der amerikanische Präsident solle etwa die Unterzeichnung des SALT II-Abkommens, das nach Auskünften beider Seiten fast durchverhandelt ist, von Entwicklungen in Afrika abhängig machen. Natürlich hängt alles in der Weltpolitik irgendwie zusammen.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : So ist es!)

Daraus folgt aber noch nicht, daß man alle schwierigen Probleme miteinander verzahnen muß. Ich fürchte vielmehr, eine solche „Gebiß-Theorie" würde uns unfähig machen, überhaupt noch eine der harten Nüsse zu knacken, die darauf warten, geknackt zu werden.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Bitte nicht mit dem Gebiß! Dafür gibt es doch Instrumente!)

Wir dürfen gegenüber der Gesamtatmosphäre sicher nicht unempfindlich sein. Wir sollten aber versuchen, Fortschritte schrittweise dort zu erreichen, wo sie zu erreichen sind.
Dazu gehört der Abschluß eines SALT II-Abkommens, das auch den Weg zu einem ersten MBFRAbkommen ebnen mag. Der Herr Bundeskanzler hat nie einen Zweifel daran gelassen, daß wir für den Abschluß eines SALT II-Abkommens sind. Mit den Widerständen im amerikanischen Senat wird schließlich der Präsident fertig zu werden haben. Vor dem Frühjahr 1979 wird eine Ratifizierungsdebatte voraussichtlich ja selbst dann nicht beginnen können, wenn das Abkommen noch in diesem Herbst unterzeichnet werden sollte. Auf keinen Fall dürfen wir aber diese Aufgabe des amerikanischen Präsidenten erschweren.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Der Bundeskanzler hat in den letzten Monaten
— ich erinnere an seinen Vortrag vor dem Institut für Strategische Studien in London im Oktober 1977
— immer wieder betont, daß angesichts der Tatsache, daß die Sowjetunion auf dem Gebiet der strategischen Waffen gleichgezogen hat, die in Europa bestehenden Disparitäten auf dem Gebiet der eurostrategischen und der konventionellen Waffen militärisch und politisch eine größere Bedeutung gewinnen. SALT II hindert aber nicht den Abbau dieser Disparitäten. Die Bereitschaft der Sowjetunion, auch über Waffen der Grauzone zu verhandeln, wie die interessanten Abrüstungsvorschläge des französischen Staatspräsidenten eröffnen den Weg, über diese Fragen in SALT III zu verhandeln. Insoweit müßte dann allerdings — ich nehme an, darin stimmen wir überein — der Bilateralismus der Großmächte ein Ende finden.



Dr. Ehmke
In den Wiener MBFR-Verhandlungen muß die Datendiskussion zu Ende geführt und dann über die neue Initiative der NATO, die auf eine Anregung des Bundeskanzlers zurückgeht, verhandelt werden.
Das alles ist aber nur ein Anfang. Der Übergang von bloß quantitativer Rüstungsbegrenzung zu Begrenzung der qualitativen Entwicklung von Rüstungstechnologien steht uns noch bevor. Er wird in Ost und West eine sehr schwierige Konversion von Produktions- und Forschungskapazitäten aus dem Rüstungs- in den zivilen Bereich zur Voraussetzung haben. Das Problem der Abrüstung reicht auch insoweit tief in die Probleme der Weltwirtschaftsordnung und der Weltwirtschaftspolitik hinein.
Wir hoffen, daß die Ergebnisse der ersten Sondergeneralversammlung der UNO für die Lösung dieser Fragen der Abrüstung, die Fragen unseres Überlebens sind, bessere Voraussetzungen schaffen werden.
Die Beratungen des NATO-Gipfels dürften der Sowjetunion noch einmal vor Augen geführt haben, daß diese Abrüstungspolitik keine Einbahnstraße ist. Disparitäten, die nicht durch Abrüstung abgebaut werden, werden in der irrationalen Logik gegenseitigen Mißtrauens und Wettrüstens schließlich durch Aufrüstung ausgeglichen werden.
Präsident Carter hat großen Mut zur Unpopularität gezeigt, den gerade wir Europäer honorieren sollten, als er durch seine Entschlüsse in Sachen B 1-Bomber, MX-Rakete und Neutronenwaffe der Sowjetunion signalisiert hat, daß die Vereinigten Staaten — so groß die arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitische Versuchung sein mag — nicht an einer weiteren Umdrehung der Rüstungsschraube interessiert sind.
Keiner sollte diese Haltung des amerikanischen Präsidenten als Schwäche mißverstehen. Es ist nun an der Sowjetunion, ihre Erklärungen von Bonn und New York, die einen großen Fortschritt darstellen, mit uns in konkreten Verhandlungen in gute Ergebnisse umzusetzen. Gelingt das nicht, wird die öffentliche Meinung auch in Europa — da bin ich sicher — dem amerikanischen Präsidenten auf einen Weg folgen, den sie sowenig wie er gehen will, der dann aber notwendig werden könnte.
Aus dieser Feststellung spricht Sorge, nicht Ungeduld. Wir werden noch viel, viel Geduld haben müssen, um den Frieden zu sichern. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang aber auch einen Vergleich: Der Prozeß der europäischen Einigung läuft nun schon 25 Jahre; immer wieder bauen sich neue Schwierigkeiten auf. In jeder Phase der Entwicklung kommen wir dem Ziel nur wenig näher. Warum eigentlich soll der Entspannungsprozeß zwischen Ost und West, der nun an die kritische Schwelle der Abrüstung gekommen ist, an anderen zeitlichen Maßstäben gemessen werden können? Vielleicht kann der Hinweis auf diesen zeitlichen Aspekt, Herr Kollege Kohl, auch dazu beitragen, die Möglichkeit einer gemeinsamen Außenpolitik in diesen lebenswichtigen Fragen doch noch einmal ernsthaft zu überdenken.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809301400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoppe.

Hans-Günter Hoppe (FDP):
Rede ID: ID0809301500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland sind die Impulse der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen für Abrüstung und ganz besonders die der NATO-Gipfelkonferenz von herausragender Bedeutung. Die Freien Demokraten stellen mit Genugtuung fest, daß beide Ereignisse von der aktiven und konzeptionell klaren Mitgestaltung unserer Bundesregierung erkennbar beeinflußt wurden. Wir sprechen dem Bundeskanzler und dem Bundesaußenminister dafür Dank und Anerkennung aus, insbesondere für ihren überzeugenden Einsatz in. New York und in Washington.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Sie haben damit den Interessen unseres Landes gedient.
Meine Damen und Herren, bevor ich auf die Perspektiven der Verteidigungspolitik und der Abrüstungsbemühungen näher eingehe, will ich eine Enttäuschung nicht verhehlen. Die Ausführungen des Kollegen Zimmermann zeugten doch wohl von den Schwierigkeiten der Opposition, zum belebenden Disput beizutragen.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ach, Herr Hoppe, hören Sie doch mit Ihren Pflichtbeiträgen zur Koalitionstreue auf!)

Sie entblößten vielmehr, wie mir scheint, in schockierender Weise die Anstrengungen, nur nicht aus dem Wahlkampftritt zu kommen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Herr Zimmermann hat seine Ouvertüre hier mit einem falschen Thema im falschen Saal eröffnet.

(Erneuter Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Dieser seltsamen Unternehmung verdanken wir die befremdliche Tatsache, daß ein Terrorist sozusagen auf NATO-Format getrimmt wurde und zumindest ansatzweise gegen die UNO-Debatte gestellt wird. Ich gehe deshalb auf diese Anwürfe ein; denn sie verlangen zwingend eine Klarstellung.
Die gewaltsame Befreiung des in Berlin-Moabit inhaftierten Angeklagten Meyer ist ein schwerer Schlag für die Strafverfolgung. Sie hat ebenso negative psychologische Auswirkungen wie die gestern verübten Anschläge auf zwei Berliner Anwälte. Wir Freien Demokraten erwarten, daß alles, aber auch alles, zur Aufdeckung der Hintergründe und zur Beseitigung erkannter Schwachstellen getan wird.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Da können wir nur lachen!)

Die Ermittlungen der Justiz und die Untersuchungen des parlamentarischen Ausschusses sind im Gange. Wenn die Sachverhalte geklärt sind, muß festgestellt werden, ob man politischer Verantwortung gerecht geworden ist oder nicht. Dann erst kann über jene Fragen befunden werden, die von der CDU/CSU von Anfang an marktschreierisch als politische Hieb-und Stichwaffen eingesetzt werden.



Hoppe
Meine Damen und Herren, es sollten auch hier keine politischen Unwerturteile gesprochen, es sollte nicht der Stab über Menschen gebrochen werden, bevor ausreichende Faktenkenntnis besteht. Das jedenfalls ist ein Stil, der bitter macht.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Dann gilt das auch für Stuttgart! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Er dient mit Sicherheit nicht der politischen Klärung, sondern schafft ein Klima, in dem sich nur der wohifühlen kann, der auf die Erzeugung von Lebensunsicherheit sowie auf Aggression und Angst setzt.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Die Saat des Terrorismus würde aufgehen, wenn die demokratischen Parteien den Bürgern in unserem Staat ein Bild des maßlosen und rücksichtslosen Gegeneinanders böten, dem dann nämlich nur noch das Gefühl der Ohnmacht folgen könnte. Wir haben gewiß schwere Rückschläge bei der Bekämpfung des Terrorismus erlebt, aber wir haben auch handfeste Erfolge errungen. Wir sollten das nicht zu klein schreiben, sondern herausheben, weil es trotz aller noch vorhandenen Bedrohung die notwendige Rükkenstärkung vermittelt und auch jenes Maß an Selbstsicherheit, das wir benötigen, um den Kampf gegen den Terrorismus erfolgreich zu bestehen.
Die eindeutig gewachsenen Fähigkeiten unserer Sicherheitsorgane zur methodisch ausgefeilten Zielfahndung und die enorm verbesserte Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg haben zu einer Kette gravierender Fahndungserfolge geführt. Ich darf jetzt aufzählen: Festnahme von Knut Folkerts im September 1977, Festnahme von Christoph Wackernagel und Gert Schneider im November 1977 in Holland, Festnahme von Christian Möller und Gabriele Kröcher-Tiedemann im Dezember 1977 in der Schweiz, Festnahme von Christine Kuby im Januar 1978 in Hamburg, Festnahme von Stefan Wisniewski und Marion Folkerts — —

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Herr Kollege Hoppe, haben Sie diese vorbereitete Rede auch schon vor der Rede des Kollegen Zimmermann gehabt?)

— Verehrter Herr Kollege Kohl, ich habe mir die Daten deshalb geben lassen, weil ich befürchtet habe, da Sie hier im Bundestag heute Wahlkampf veranstalten wollen,

(Beifall bei der FDP und der SPD)

und weil Sie nicht bereit sind, auf eine Regierungserklärung auch konstruktiv einzugehen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Deshalb, verehrter Herr Kollege Kohl, darf ich fortfahren, denn das gehört dann auch zu diesem Thema, das der Kollege Zimmermann in diese Debatte eingeführt hat: Festnahme von Stefan Wisniewski und Marion Folkerts im Mai 1978 in Frankreich, Festnahme von Sieglinde Hofmann, Peter Boock, Rolf Clemens Wagner und Brigitte Mohnhaupt ebenfalls im Mai in Jugoslawien. Und hierbei handelt es sich nur um die spektakulärsten Fälle, denn insgesamt sind seit September 1977 37 Verhaftungen in der Terroristenszene erfolgt.
Dieser Erfolg wäre ohne die enge Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern gerade auf diesem Gebiet nicht möglich, und dabei können die Verdienste von Werner Maihofer von niemandem ernsthaft bestritten werden.

(Beifall bei der FDP — Dr. Kohl [CDU/CSU]: Aber Herr Hoppe, das müssen Sie doch dem Herrn Möllemann sagen und nicht uns!)

Was nun die Auslieferung betrifft, so wickelt sich dies nach einem streng rechtsförmlichen Verfahren ab. Dabei wird von Recht und Vertrag um kein Jota abgewichen.
Herr Kohl, auf Ihren Zwischenruf hin sage ich Ihnen noch einmal: Hier soll nicht abgerechnet und nicht aufgerechnet werden. Hier soll auch nicht die gewaltsame Befreiung in Berlin der Versorgung des harten Kerns der RAF und dem großartig funktionierenden Kommunikationssystem in Stammheim gegenübergestellt werden. Nur sollte für uns alle die Besinnung auch auf jene Ereignisse den selbstgerechten Eifer bremsen; und das sollte eigentlich verhindern, daß in schlichter Einfalt diese Vorgänge mit dem Versagen der Sicherheitspolitik, die den Bedürfnissen der Menschen nicht mehr gerecht werden könne, gleichgesetzt werden.
Das sollten wir uns und sollten wir der Sache nicht antun. Ich nenne eine solche Haltung destruktiv, weil sie auf Untergangsstimmung und nicht auf Mitverantwortung setzt. Es ist das Gegenteil dessen, was im guten Sinne als Patriotismus bezeichnet wird. Das wird ausgerechnet von Politikern praktiziert, die sich gern das schmückende Beiwort „patriotisch" zulegen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir dürfen es einfach nicht zulassen, daß Terroristen unser politisches Handeln diktieren. Die Diskussion über Terroristenabwehr darf auch nicht durch Wahltermine bestimmt werden. Für den Ausbau der inneren Sicherheit ist das Gift.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sehr gut! — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Es gibt doch niemanden, der auf Wahltermine mehr Rücksicht nimmt als Sie!)

Trotz des schweren Rückschlags, den wir in Berlin erlebt haben, gibt es keinen Anlaß zur Hysterie. Die Worte des Generalbundesanwalts sollten überall Eindruck machen. Vielleicht nehmen auch Sie ein Urteil aus dem Ausland zur Kenntnis: „Le Monde" stellt in der Ausgabe vom 31. Mai fest, die Verhaftung in Belgrad sei der wichtigste Sieg seit Mogadischu.
Ich möchte zur Regierungserklärung zurückkommen und hier für die Freien Demokraten feststellen: Die Sondergeneralversammlung fügt mit ihren Ergebnissen dem bisherigen Dialog über Rüstungskontrolle eine neue wichtige Nord-Süd-Dimension hinzu. Vor allem zeigt sie die zunehmende Interdependenz zwischen allen Regionen der Welt bei der Aufgabe der Friedenssicherung auf. Es war deshalb sehr richtig, daß die Bundesregierung die Initiative der nichtgebundenen Staaten, auf die diese
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode 93. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Juni 1978 7303
Hoppe
Sondergeneralversammlung zurückgeht, von Anfang an unterstützt hat.
Ohne Zweifel wird das Ergebnis dieser UNO-Debatte die laufenden Verhandlungen über Abrüstung und Rüstungskontrolle beeinflussen, wie auch die im Vorfeld des New Yorker Ereignisses stattgefundenen Gespräche zwischen den maßgebenden Repräsentanten der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland von anregender und fortwirkender Bedeutung sind. Ich verweise noch einmal auf den vom Bundeskanzler und dem sowjetischen Staats-und Parteichef unterschriebenen Satz, daß annähernde Gleichheit und Parität zur Gewährleistung der Verteidigung ausreichen. Es war nur logisch, daß der Bundeskanzler vor den Vereinten Nationen auf diesem Kernsatz aufbaute und einleuchtende Schlußfolgerungen für eine umfassende Sicherheitspolitik zog.
Verteidigung und Rüstungsbegrenzung sind für die Bundesregierung Teile eines geschlossenen sicherheitspolitischen Konzepts. Es ist deshalb kein Gegensatz zur Politik der Entspannung, sondern ihre Bedingung, wenn wir auf die Kraft unseres Verteidigungsbündnisses, d. h. auch auf seine Abschreckungsfähigkeit Wert legen. Insofern sind die Sondergeneralversammlung und das NATO-Gipfeltreffen zwei Seiten ein und derselben Medaille. Ihre gemeinsame Zielsetzung ist Stabilisierung des Friedens und Herstellung der Sicherheit für die größtmögliche Zahl von Menschen. Konkreter gesagt: Entspannungspolitik kann keine regionale Angelegenheit sein. Sie ist unteilbar.
Präsident Carter hat diesen Grundsatz in Washington in sehr drastischer Form, dabei vor allem auf die Krisenherde in Afrika bezogen, formuliert. Dieser Grundsatz entspricht auch den eindeutigen Richtpunkten unserer Regierung. Diese perspektivische und praktische Übereinstimmung, an deren inhaltlichen und atmosphärischen Pflege der Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher sicher keinen unwesentlichen Anteil hat, sollte nicht geringgeschätzt und darüber hinaus von professionellen Schwarzsehern ständig in Zweifel gezogen werden. US-Außenminister Vance hat am Dienstag noch einmal die Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland als ausgezeichnet und von erstrangiger Bedeutung für beide Seiten bezeichnet. Das sollte in unserem Lande von allen, auch von der Opposition, zur Kenntnis genommen werden.
Ich bekräftige noch einmal, daß gerade wir Freien Demokraten als Befürworter einer realistischen Entspannungspolitik auf die volle Funktionsfähigkeit des westlichen Bündnisses und auf die vertrauensvollen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika größten Wert legen; denn ohne die Stabilität der westlichen Allianz und ohne die Unterstützung durch die amerikanischen Freunde wäre ein substantieller und gesicherter Fortschritt der auf Verständigung und Zusammenarbeit in Europa angelegten Politik nicht möglich. Deshalb hat jede unserer Initiativen auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik nur dann Sinn Lind Nutzen für unser Land, wenn die umfassende Kongruenz der Absichten und
Erwartungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten voll gewahrt bleibt.
Deutschen Sicherheitsinteressen wird es ganz gewiß am wenigsten entsprechen, wenn in Phasen der Abklärung neu auftauchender Fragen in rüder Form gegen die amerikanische Administration zu Feld gezogen wird oder behauptete Differenzen zwischen Bonn und Washington genüßlich kultiviert werden. Gerade in der Auseinandersetzung um die Neutronenwaffe haben dabei die Kollegen Strauß und Kohl, wie mir scheint, Fehlleistung über Fehlleistung produziert. Weshalb wollen Sie nicht begreifen, daß mit dem Beschluß Präsident Carters, die endgültige Entscheidung über den Bau der Neutronenwaffe in die Abrüstungsverhandlungen einzuführen, ein Angebot gemacht wurde, das die Abrüstungsbemühungen aus der geradezu diabolischen Verknüpfung mit verstärkter Aufrüstung auf beiden Seiten lösen kann? Dieses Angebot sollte deshalb nicht zerredet, sondern von allen Parteien dieses Hauses unterstützt werden.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das wird es doch!)

Wir begrüßen es, ,daß die NATO für die Verhandlungen in Wien die Zielsetzung bekräftigt hat: Herstellung der ungefähren Parität in der Form einer übereinstimmenden kollektiven Gesamthöchststärke beim Personal der Landstreitkräfte beider Seiten und Abbau der Panzerdisparität. Es ist zu hoffen, daß die im April vorgelegte Initiative, an der die Bundesregierung maßgeblich mitgewirkt hat, konkret beantwortet wird und daß die mit dieser Initiative verbundene Datendiskussion zu einer Klärung der Ausgangslage und schließlich zu einer Dateneinigung führt. Diese Einigung ist eine substantielle Voraussetzung für ein glaubwürdiges Ergebnis der MBFR-Verhandlungen.
Günstig stehen auch 'die Aussichten für einen Abschluß der SALT-Verhandlungen. So berechtigt die Hoffnungen darauf sein mögen, daß diese Verhandlungen in absehbarer Zeit erfolgreich beendet werden können, so betrüblich ist aber gerade aus europäischer Sicht die Erkenntnis, daß ein mögliches SALT-II-Ergebnis die bestehenden Disparitäten bei den Mittelstreckenraketen unberührt läßt. Diese Disparitäten dürfen genausowenig aus den Augen verloren werden wie die Panzerüberlegenheit des Warschauer Pakts. Eine Antwort darauf stellt zweifellos das am Mittwoch in Washington verabschiedete langfristige Verteidigungsprogramm der westlichen Allianz dar. Das Bündnis orientiert sich dabei ausschließlich an seinem Verteidigungsauftrag. Der Schwerpunkt liegt bei der gerade für unser Land lebenswichtigen Vorne-Verteidigung und der Fähigkeit, wirkungsvoll auf einen Überraschungsangriff reagieren zu können. Der deutsche Beitrag ist in Washington voll anerkannt worden. Es wäre gut, wenn er auch hierzulande von keiner Partei in Zweifel gezogen würde.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich will die militärpolitische Thematik nicht bis ins Detail darstellen. Mein Kollege Möllemann wird



Hoppe
darauf noch eingehen können. Mir liegt jetzt mehr daran, auf das hohe Maß an übereinstimmender Beurteiung aller Bündnispartner hinzuweisen, daß die realistische Entspannungspolitik konsequent fortgesetzt werden muß.
Diese Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen einer Ost-West-Studie, die auf Initiative von Präsident Carter erarbeitet worden ist und die umfassende Analysen der künftigen Trends im Ost-West-Verhältnis klarlegt. Es ist erfreulich, daß sich die Regierung Schmidt/Genscher darin ebenso bestätigt sehen kann wie durch das spürbar gewachsene Bewußtsein der NATO-Partner für die wirtschaftliche Dimension unserer Sicherheit. Auch für die Zukunftssicherung Berlins weiß die Bundesregierung um das Engagement und den Rückhalt unserer Verbündeten.
Meine Damen und Herren, ein besseres Ergebnis dieses Gipfeltreffens ist in der Tat nur schwer vorstellbar. Es bestärkt uns in der Überzeugung, daß unsere schwierige und nie endende Arbeit zur Festigung des Friedens auf sicherem Boden weiterentwickelt werden kann.
Der Deutsche Bundestag hat allen Anlaß, die elementare Bedeutung dieser Tatsachen herauszustellen und den Bürgern in unserem Lande zu vermitteln; denn all diese Anstrengungen auf dem Gebiet der Verteidigung, der politischen Entspannung der konkreten Abrüstung haben letztlich den einzelnen Menschen zum Adressaten. Sein Leben in Freiheit ohne Not und Angst zu sichern, bleibt der Antrieb unserer Politik.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809301600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Kohl.

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809301700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst einmal nach dem, was hier von einigen Kollegen vorgetragen wurde, eine Bemerkung zu dem Sinn und dem Gegenstand dieser heutigen Debatte. Damit, Herr Kollege Hoppe, kein Zweifel darüber aufkommen kann — und das mußten Sie wissen, als Sie eben Ihre irreführenden Äußerungen machten —: Diese heutige Debatte hat die Regierungserklärung des Bundeskanzlers zum Gegenstand. Es war uns aus gutem Grunde angesichts der innenpolitischen Entwicklung in der Bundesrepublik signalisiert worden, daß der Herr Bundeskanzler die Güte haben werde, auch Themen aus der Innenpolitik anzusprechen.

(Wehner [SPD] : Unglaublich!)

— Und das scheint mir auch, Herr Kollege Wehner, ganz richtig zu sein. Wenn wir schon einmal die Chance haben, hier im Parelament mit dem Herrn Bundeskanzler zu diskutieren, dann wollen wir über deutsche Politik, wie sie die Bürger erfahren, wie sie die Bürger bedrückt, wie sie die Bürger auch im Blick auf Abhilfe bei den Problemen anschauen, miteinander sprechen — natürlich auch und gerade über die Gegenstände, die der Kanzler besonders vorgetragen hat.
Das ist insofern schon, Herr Kollege Hoppe, ein Stück Generalaussprache. Wer Sie heute bei Ihren
Äußerungen geleitet hat, verstehe ich sowieso nicht. Wer um Gottes willen, lieber Herr Hoppe, hat Sie denn veranlaßt, jetzt diese Loyalitätserklärung für Werner Maihofer abzugeben? Das erinnert einen doch verdächtig an die Loyalitätserklärungen der Sozialdemokraten für den Bundesminister Leber. Erst die Erklärungen und dann der Sturz! Das ist doch die Erfahrung, die wir hier im Deutschen Bundestag gemacht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dieses Thema haben doch nicht wir in die Debatte eingeführt. Diese Debatte in Sachen Maihofer ist doch Monat um Monat im Blick auf diesen aus der Sicht der Sozialdemokratischen Partei ungeliebten Minister angereichert worden. Es waren doch gerade vor ein paar Tagen zehn Abgeordnete der SPD, die öffentlich mit entsprechend drastischen Äußerungen bis hin zu der Rücktrittsforderung für den Fall eines Falles hervorgetreten sind. Und der neben Ihnen sitzende Abgeordnete Möllemann, einer der bedeutenden Köpfe Ihrer Fraktion, war doch schnell fertig mit der Zunge und hat sich dieser Meinung dann doch auch sofort angeschlossen. Auch das läßt sich doch überhaupt nicht leugnen. Ich bin sicher, daß Herr Möllemann jetzt sagen wird, er sei immer für Werner Maihofer gewesen und werde auch in Zukunft für Werner Maihofer sein. Nur, Herr Maihofer hat inzwischen begriffen, daß ihm das alles nichts hilft. Wer ihm wirklich helfen wird, müssen wir in den nächsten Wochen abwarten.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809301800
Herr Abgeordneter Kohl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Möllemann?
Dr. Kohl (CDU/CSU) Bitte schön.

Jürgen W. Möllemann (FDP):
Rede ID: ID0809301900
Herr Kollege Kohl, wären Sie so freundlich — das, obwohl ich weiß, daß Sie ohnehin gerade gegen besseres Wissen gesprochen haben —, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich die in der Presse mir zugeschriebene Äußerung unverzüglich dementiert habe, weil sie nicht den Tatsachen entsprach?

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809302000
Ich kann nur sagen: Das nehme ich gerne zur Kenntnis; denn es zeigt, daß die FDP wieder zu ein bißchen Selbstdisziplin zurückfindet. Das ist immerhin ein sehr bedeutender Vorgang, mit dem ich einverstanden bin. Nur, Herr Kollege Möllemann, Sie können doch nicht leugnen, daß das, was im Blick auf den Bundesinnenminister seit Monaten läuft, nicht nur aus den Reihen der Sozialdemokraten kommt. Das ist die bittere Enttäuschung über den weiten Weg des Werner Maihofer vom Linken zum Rechten, an der Mauer von Damaskus, zum Mann der Staatspolitik oder wie Sie es nennen wollen. Diese Enttäuschung steckt doch auch tief in Ihren eigenen Reihen.
Ich hätte dieses Thema wahrlich nicht angesprochen. Aber wenn Sie, Herr Hoppe, an dieses Pult treten und uns zumuten, daß wir alles das klaglos anhören, was Sie dem Wähler jetzt glauben vor-



Dr. Kohl
setzen zu müssen, dann kann ich nur sagen: das ist ziemlich unerträglich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Damit komme ich zu einem anderen Punkt. Wer hat Sie denn veranlaßt, von Wahlterminen zu reden? Wenn es schon in diesem Hause Strategen gibt, die die Ereignisse der Staatspolitik und die Wahltermine virtuos auf glückliche Weise verbinden, dann sind es doch wirklich die großen Lenker der Regierungskoalition. Ich mache Ihnen daraus keinen Vorwurf; dafür haben Sie die Mehrheiten, und Sie nehmen Ihre Platzchance wahr. Aber muten Sie uns doch bitte nicht noch zu, Ihnen bei diesen Dingen zu applaudieren. Das ist doch schon ein Stück Unverfrorenheit, um es einmal deutlich und drastisch zu sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist doch kein Zufall, Herr Kollege Hoppe, daß die Debatte und die Schlußabstimmung über die Rentengesetzgebung just am nächsten Donnerstag stattfinden, daß eben das, was mit dem Rentenbetrug des Jahres 1976 zusammenhängt, erst nach der Wahl zur Sprache gebracht werden soll. Und, Herr Kollege Hoppe, ohne irgend jemandem zu nahezutreten: Sie haben so leidenschaftlich über die Terrorismusbekämpfung geredet. Daß der Pannenbericht doch irgendwann einmal kommen wird, ist ja für uns alle eine gewisse Hoffnung. Hoffnung ist bekanntlich schon sehr viel im Leben. Aber ursprünglich sah das Konzept bei allen Beteiligten so aus — wie mir gesagt wurde —, daß wir über diesen Bericht Mitte oder Anfang Mai miteinander sprechen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809302100
Herr Abgeordneter Kohl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wehner?

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809302200
Bitte schön.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0809302300
Herr Kollege Dr. Kohl, halten Sie es nicht für möglich, diese ungeheuerliche Art, mit dem Wort „Betrug" in diesem Haus eine Fraktion und eine Regierung treffen zu wollen, zurückzunehmen?

(Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)


Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809302400
Herr Kollege Wehner, zunächst einmal darf ich Sie bitten — obwohl das eine Ihrer bekannten Taktiken ist —, wenn Sie mich schon zitieren, richtig zu zitieren. Ich kann Ihnen dazu nur sagen, damit das ganz klar ist — Ihre Fraktion habe ich in diesem Zusammenhang übrigens noch gar nicht angesprochen; aber wenn Sie es unbedingt wollen, bin ich bereit, auch das zu tun —: Unsere gemeinsame Muttersprache kennt für einen bestimmten Vorgang das Wort „Betrug". Wenn einer mit erklärter Absicht und in voller Kenntnis dei Tatsachen das Gegenteil von dem öffentlich beteuert, was der Wahrheit entspricht, und er weiß, daß damit bestimmte Handlungen des Betroffenen, wie beispielsweise des Wählers, hervorgerufen werden, dann nenne ich das Betrug, Herr Kollege Wehner. Das ist ganz klar und deutlich.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Sehr verehrter Herr Kollege Kohl, darf ich Sie also künftig einen „Betrüger" nennen?)

— Herr Kollege Wehner, wie Sie mich in Zukunft oder heute nennen, ist mir ziemlich gleichgültig.

(Zuruf von der SPD: Zyniker!)

Ich stehe dann in einer stolzen Reihe von Zeitgenossen, die Sie innerhalb und außerhalb der SPD mit Ihren speziellen Ausdrücken belegt haben. Das ficht mich nicht weiter an, um das ganz deutlich zu sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie müssen schon entschuldigen, ich verwende jetzt einmal eine von Ihnen gerne gebrauchte Formulierung, Herr Kollege Wehner. Es ist schon ziemlich unerträglich, daß Sie hier in einer solchen Weise das parlamentarische Leben gestalten, daß im Bundestag nahezu keine Politik mehr stattfindet, weil Sie sich in der Innenpolitik in gar keinem Punkt mehr einigen können. Wenn man Ihnen das in zurückhaltender Form nur vorhält, dann reagieren Sie in dieser Weise. Es hat niemand den Kollegen Hoppe veranlaßt, diese Themen so anzusprechen. Wenn Sie sie aber ansprechen, dann müssen Sie schon hinnehmen, daß Sie die entsprechende Antwort bekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Herr Kollege Ehmke hat ziemlich am Ende seiner Ausführungen noch einmal davon gesprochen, daß im Blick auf Entspannungspolitik, daß im Blick auf die Notwendigkeit, die Veränderungen in der Welt, auch der strategischen Kraftlinien, sorgfältig zu beobachten — ich sage es mit meinen Worten —, gemeinsame Außenpolitik not täte. Herr Kollege Ehmke, Sie haben von diesem Pult von vielen Kollegen gerade haben Sie Franz Josef Strauß mehrmals zitiert; lesen Sie auch unter diesem Gesichtspunkt seine letzte Rede, die er hier gehalten hat, nach — immer wieder gehört, daß wir es für eine vernünftige Politik halten, wenn wir die Kontroversen in wichtigen Feldern, in denen sie unübersehbar sind, hier austragen, aber daß es um unseres gemeinsamen Staates willen erwünscht ist, daß es Felder der Politik geben könnte, geben müßte, in denen wir aus demokratischem Konsens Gemeinsamkeit üben. Wir wären sehr glücklich, wenn wir in Feldern der Außenpolitik mehr Gemeinsamkeit haben könnten. Aber, Herr Kollege Ehmke, da ist es hier nicht mit verbalen Bekundungen getan, sondern da muß man schon bereit sein, auch die Konsequenzen daraus zu ziehen. Wenn Sie seit dem Beginn der 70er Jahre — jetzt spreche ich die Sozialdemokratische Partei an — Friedenspolitik als ein parteiisch' Ding, als eine parteiische Sache für sich in Anspruch nehmen, wenn Sie jeden, der eine andere Meinung in Grundfragen der deutschen Außenpolitik vertrat, der Anti-Friedenspolitik geziehen haben, wenn Sie jetzt wieder — schauen Sie sich doch einmal Ihre eigenen Wahlplakate in Hamburg und in Niedersachsen an — die Behauptung aufstellen, SPD und Frieden seien sozusagen deckungsgleich und synonym, dann schaffen Sie doch gar keine Voraussetzungen für ein vernünftiges Gespräch zur gemeinsamen Außenpolitik. Dabei ist dies



Dr. Kohl
doch sehr töricht, wie jeder weiß. Es gibt keinen parteiischen Frieden, und es gibt auch keine parteiische Friedenspolitik. Es ist doch absurd, behaupten zu wollen, daß in diesem Hause eine Fraktion eine Politik betreibt, die Frieden und Freiheit nicht dienen will. Wenn es richtig ist, daß wir gemeinsam dem Frieden und der Freiheit und der Wohlfahrt und der sozialen Gerechtigkeit in unserem Lande dienen wollen — und das dürfen wir doch selbstverständlich voneinander annehmen —, dann, Herr Ehmke, kann man über den Weg streiten, aber man kann doch nicht von vornherein den guten Willen und die guten Absichten des anderen bestreiten. Das tun Sie fortdauernd, auch heute wieder in Ihrer Rede.
Sie haben dann einfließen lassen, das sei „Kalter Krieg", wenn jemand dies oder jenes sage. Ich habe hier Formulierungen des amerikanischen Präsidenten — ich will sie gar nicht alle vortragen — aus den letzten Tagen seines Sicherheitsberaters Brzezinski. Wenn ich diese Formulierungen hier ohne Zitatangabe verwendete, würde doch ein Großteil Ihrer Freunde in der Fraktion der SPD „Kalter Krieg" denken oder laut rufen. Sie haben ein weiteres verräterisches Zitat gebracht, das ich überhaupt nicht begreifen kann, Herr Ehmke. Sie sagten — ich bringe es jetzt in meiner Formulierung; ich konnte so schnell nicht notieren — im Blick auf die innere Entwicklung der Sowjetunion — dabei sprachen Sie eine ganze Reihe von uns durchaus genauso beurteilter Vorgänge an —, wir müßten von einem Rußland-Bild weg, das noch aus der Folge der NS-Zeit geprägt sei. Ich kann dazu nur sagen, Herr Ehmke, ich habe kein aus der Folge der NS-Zeit geprägtes Bild der Sowjetunion, und in meiner Fraktion hat es auch niemand.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sollten doch nicht unsere eigene Argumentation gegenüber der Sowjetunion, die doch auf dem Prinzip der Sachgerechtigkeit und auf unseren eigenen Erkenntnissen beruht, die wir vielleicht unterschiedlich interpretieren, damit abwerten, daß wir uns den Vorwurf zuziehen — das ist die Konsequenz Ihres Denkens —: Wer die Sowjetunion kritisiert, der kritisiert sie als Folge eines Sowjetunionbildes aus der NS-Zeit. Dies ist unerträglich, wenn Sie so mit uns umgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, im Laufe des Vormittags ist uns der Wortlautauszug aus dem Schlußkommuniqué des NATO-Gipfeltreffens zugegangen. Deswegen zunächst dazu noch eine Bemerkung: Wir, die CDU/CSU-Fraktion, begrüßen die Feststellung im Schlußkommuniqué:
daß die Mitglieder der Allianz ihre Solidarität und ihre Wachsamkeit wahren und ihre Verteidigungskraft auf einer Ebene halten müssen, die dem Angriffspotential des Warschauer Paktes entspricht, während sie zugleich sich um die Förderung von Entspannung bemühen sollen.
Das, meine Damen und Herren, ist eine notwendige
Korrektur und auch eine Festlegung für die Ostpolitik der Bundesregierung, für die vor allem Herr
Brandt als Bundeskanzler, aber auch Sie, Herr Bundeskanzler, in sehr leichtfertiger Weise und häufig aus opportunistischen, tagespolitischen Gründen dazu neigten, elementare Sicherheitsinteressen zu vernachlässigen. Wir begrüßen die klare Feststellung, daß die Sowjetunion und einige ihrer Alliierten Situationen von Instabilität und regionalen Konflikten in der Dritten Welt ausgenutzt haben und daß diese — nun angeführt und zitiert — „Mißachtung der Unteilbarkeit der Entspannung die weitere Verbesserung von Ost-West-Beziehungen nun in Gefahr" bringe. Meine Damen und Herren, das ist genau das, was wir etwa in der letzten Debatte, Franz Josef Strauß und ich, nach dem Breschnew-Besuch hier festgestellt haben. Damals schrien Sie, das sei „Kalter Krieg", das sei „ewig gestrig". Wenn ich an die Afrika-Debatte im Hause denke, da war das alles „Kalter Krieg" und „ewig gestrig" . Ich kann nur sagen: wenn das, was hier festgelegt wurde, auch von Ihnen in der SPD überall im Lande vertreten würde, wären wir auf dem Wege zu einer gemeinsamen Außenpolitik, Herr Kollege Ehmke, einander ein wesentliches Stück nähergekommen.
Wir begrüßen in diesem Kommuniqué die Feststellung, daß die strikte Beachtung und uneingeschränkte Erfüllung aller Bestimmungen des Viermächteabkommens für die Förderung der Entspannung, die Aufrechterhaltung von Sicherheit und die Entwicklung von Zusammenarbeit in ganz Europa i von höchster Bedeutung sind. Wir weisen mit Sorge auf den Versuch hin, die auch im Schlußkommuniqué festgestellten anhaltenden Schwierigkeiten in und um Berlin von sogenannten ernsten Störungen abzugrenzen. Wir alle wissen aus der Erfahrung der Berlin-Politik, wie fließend der Übergang ist, vor allem für die Betroffenen in Berlin.
Herr Bundeskanzler, wir begrüßen die Bekräftigung der Schlußakte von Helsinki und die Feststellung, daß es auf dem nächsten Treffen 1980 in Madrid auch zu überprüfen gelte, ob es nicht nur in den Beziehungen zwischen den Staaten, sondern auch im Leben von Einzelpersonen merkbare Verbesserungen gebe. Das ist eine bedeutsame Ausführung, und ich hoffe, daß die Realitäten dem folgen werden. Wir, meine Damen und Herren, in der CDU/CSU-Fraktion begrüßen die nüchterne und realistische Einschätzung auch der sowjetischen Politik, wie sie jetzt die Presse und insbesondere der amerikanische Präsident Jimmy Carter auf dem NATO-Gipfel und auch seine Berater vorgenommen haben. Wir begrüßen erstens die Deutlichkeit des Hinweises, daß die Sowjetunion und andere Warschauer-Pakt-Staaten durch ihre fortdauernde Aufrüstung für unser Bündnis eine Bedrohung darstellen und daß diese Aufrüstung über die durchaus legitimen Sicherheitsbedürfnisse der Sowjetunion hinausgehe. Zweitens: Die Wachsamkeit der NATO — und auch das ist ein wichtiger Satz, der dort gesprochen wurde — darf und kann nicht auf Europa beschränkt bleiben. Die Sowjetunion und Kuba sind in Afrika gegenwärtig 1 dabei, einzelne Nationen daran zu hindern, ihren eigenen Weg zu finden. Drittens: Die Vereinigten Staaten werden das strategische und nukleare Gleichgewicht mit der Sowjetunion wahren. Viertens: Die militärische Herausforderung durch die



Dr. Kohl
I Sowjetunion erfordert die Modernisierung der Streitkräfte und zusätzliche Militärmacht für das Atlantische Bündnis.
Die CDU/CSU-Fraktion teilt diese Beurteilung der Sicherheitsinteressen des Atlantischen Bündnisses in vollem Umfang. Wir haben das bereits in der Debatte zur sogenannten Neutronenwaffe am 13. April deutlich gesagt.
Damals haben Sie, Herr Bundeskanzler, und Ihre Fraktion versucht, Ihre Übereinstimmung mit der Politik der amerikanischen Regierung zu dokumentieren. Dies erfüllt uns mit Genugtuung, wenn wir daran denken, wie Sie, Herr Bundeskanzler, und andere Redner der Koalition noch im April und Mai heftig dabei waren, jeden, der in diesem Sinn sprach — Carter, Brzezinski; auch das Kommuniqué formulierte so —, als „Kalten Krieger" oder als eine Kategorie des Kalten Krieges zu bezichtigen.

(Widerspruch bei der SPD)

— Sie brauchen doch nur die Debatte nachzulesen.
Wir erwarten von Ihnen, Herr Bundeskanzler, daß Sie jetzt auch in der eigenen Partei Ihren Worten Taten folgen lassen. Sie fordern doch ständig mehr Führung vom amerikanischen Präsidenten und von der amerikanischen Regierung im Bündnis. Ich kann nur sagen: Führen Sie doch selbst einmal in der eigenen Koalition und in der eigenen Partei! Dann wären wir doch schon ein Stück weitergekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das war doch der Grund, warum Sie in Sachen Neutronenwaffe die amerikanische Politik so halbherzig unterstützten: nicht, weil Sie in der Sache anderer Meinung waren, sondern weil Sie mutlos waren und es nicht wagen konnten, gegenüber den Linken in Ihrer eigenen Partei hier einen klaren Kurs zu steuern. Es waren doch Ihre Politik, Herr Bundeskanzler, und die öffentliche Kampagne Ihrer Partei, der SPD, gegen die Neutronenwaffe, die damals zu einer Belastung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses geführt haben.
Wenn Sie das schon nicht selber zugeben, ist es ja immer sehr gut, die Verlautbarungen und Darstellungen Ihres Pressechefs zu hören und zu lesen. Er ist eine bedeutende Persönlichkeit, der immer bedeutende Ausführungen zur Zeitgeschichte macht. Der hat nun der Presse über Ihr Tun berichtet — das ist ja sein amtliches Geschäft —, daß Sie, Herr Bundeskanzler, Befürchtungen über eine Finnlandisierungspolitik der Bundesregierung ausgeräumt haben.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809302500
Was ist eigentlich den Herrn Bölling veranlaßt, überhaupt anzunehmen, daß es Befürchtungen wegen einer Finnlandisierungspolitik geben könnte? Waren es nur die schrecklichen Schwarzmalereien dieser finsteren Gestalten aus der Opposition? Oder war es vielleicht doch die Folge Ihres üblichen Rundumschlags? Sie haben ja auf diesem Gebiet jetzt wieder Bedeutendes geleistet.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Wir wissen ja, wie sehr amerikanische Senatoren oder Kongreßmänner erfreut sind, von einem Gast, der da über den Ozean kommt, Hinweise zu bekommen,

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : East River!)

wie sie sich endlich zu verhalten hätten. Ich kann nur sagen: Sagen Sie doch das alles einmal im Parteipräsidium der SPD zu 'Bahr und Brandt und den anderen! Dort sind Sie aufgerufen, Rundumschläge, wenn Sie sie schon verabreichen wollen, zu erteilen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wer hat denn das Gespenst der Finnlandisierungspolitik aufgebracht? Ich habe Sie, Herr Bundeskanzler, von dieser Stelle aus gewarnt, diesen doch ganz und gar unglücklichen Vergleich mit dem Rückversicherungsvertrag aus der Welt zu schaffen. Sie haben das damals in der Ihnen eigenen Art weggefegt. Der Herr Bundesaußenminister ist ganz gegen seine Art Ihnen an diesem Tag mit einem historischen Ausflug beigesprungen, der nicht unbedingt würdig ist, in unsere Geschichtsbücher aufgenommen zu werden.
Wenn man den Rückversicherungsvertrag in diese Debatte einführt, darf man sich doch nicht wundern, wenn jetzt überall das Mißvergnügen und das Mißtrauen mit Händen greifbar sind. Aus dem Besuch Breschnews den Vergleich mit dem Bismarckschen Rückversicherungsvertrag zu ziehen, war eine Fehlleistung ersten Ranges.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Das ist doch eine Klitterung!)

Ich muß Ihnen sagen, Herr Bundeskanzler — auch das muß ich jetzt nachtragen —: Damals war ich der Meinung — da habe ich Ihnen offensichtlich Unrecht getan —, das sei so eine Formulierung, wie sie ohne langes Nachdenken schon einmal passieren kann. Inzwischen weiß ich: Das war eine Höchstleistung Ihrer Berater, die in dieser Sache offensichtlich den Punkt der Geschichte gesucht haben, wo die Statur der Kanzler endlich in eine vergleichbare Größe gebracht wird.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Alles dumme Verhöhnung!)

Meine Damen und Herren, ich sage es jetzt so, wie ich es empfinde. Wir haben eine ganze Menge einzuwenden gehabt und immer noch einzuwenden gegen die Politik Willy Brandts. Aber der Vergleich mit dem Rückversicherungsvertrag wäre ihm mit Sicherheit nicht eingefallen. Daß muß man ihm zur Ehre wirklich sagen.
Herr Bundeskanzler, Sie haben sehr empört reagiert Die verheerende Wirkung dieser historischen Parallele ist unübersehbar. Das Ganze zeigt ein Stück Konzeptionslosigkeit, Unklarheit und Schwäche in Ihrer Außenpolitik, die mehr als bemerkenswert ist.
Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrer Rede vor der UNO darauf hingewiesen, daß es gelingen müsse, die Rüstung zu begrenzen, damit zusätzliche Mittel zugunsten der Entwicklungsländer freiwerden.



Dr. Kohl
Sie sprechen von sogenannten leistungsfähigen Staaten, die ein großes militärisches Potential besitzen, .dafür einen ungewöhnlichen finanziellen Aufwand treiben, die aber gegenüber den Entwicklungsländern auf dem. Felde des Transfers von Kapital und Technologie nur völlig Unzureichendes leisten.
Wenn Sie jetzt noch hinzugefügt hätten, wie es der amerikanische Präsident in der ihm eigenen offenen und deutlichen Weise getan hat, daß die Sowjetunion damit gemeint war — es kann gar niemand anders gemeint sein —, dann könnte ich nur sagen: Das sind vorzügliche Formulierungen, die voll und ganz unsere Unterstützung finden. Nur muß ich auch hier sagen, Herr Bundeskanzler: Warum sagen Sie das nicht einmal hier in diesem Saal und von diesem Pult aus angesichts einer ganzen Gruppe von Abgeordneten Ihrer eigenen Fraktion, die während entwicklungspolitischer Debatten völlig andere Ausführungen zu diesem Thema machen? Sie sprechen hier sehr Vernünftiges, sehr Kluges aus. Aber warum gehen Sie, um Ihre Sprache von heute früh zu benutzen, dabei an das Ufer des East-River? Warum bleiben Sie nicht am Ufer des Rheines und sprechen hier einmal mit klarer, mutiger Sprache Vernünftiges und Kluges aus?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das, Herr Kollege Ehmke, wäre beispielsweise ein Feld in der Außenpolitik, auf dem wir uns wieder sehr rasch einigen könnten. Wir brauchen dabei nur ein Stück mit Offenheit aufeinander zuzugehen.
Herr Bundeskanzler, Sie hatten dann die Freundlichkeit, mit einem sehr bemerkenswerten Einstiegssatz zu sagen, Sie hätten gehört, die Opposition erwarte, daß Sie auch etwas zu den neuesten innenpolitischen Ereignissen sagen. In der Tat: Wir erwarten das, denn Sie sind Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, und wir erwarten von Ihnen nicht nur, daß Sie die Staatsgäste aufs beste empfangen — es ist sehr gut, wenn Sie das tun —; darüber hinaus erwarten wir auch, daß Sie bei den anderen Bereichen Ihrer Amtsgeschäfte uns wenigstens gelegentlich teilhaben lassen an Ihren weitreichenden Überlegungen.
Seit Monaten herrscht in der deutschen Innenpolitik Stillstand. Sie sehen es ja im parlamentarischen Alltag. Ihre Regierung packt überhaupt keines der wirklichen Probleme des Landes an. Sie weicht aus, sie verleugnet sie, oder es werden allgemeine markige Erklärungen abgegeben. Die Politik wird auf künstlich inszenierte Nebenkriegsschauplätze ab- gedrückt. Während Sie, Herr Bundeskanzler, mit einem beachtlichen Feuerwerk politischer Schaueffekte Ihr ganzes Geschick darauf verwenden, jeden Konflikt mit den Ideologen Ihrer Partei zu vermeiden, wachsen die Problemwerke. Die Zeit läuft dahin, bleibt ungenutzt. Während sich die Bundesregierung um klare Entscheidungen im Bereich der inneren Sicherheit herumdrückt, rüsten unübersehbar die Terroristen zu neuen Anschlägen.
Die besorgniserregenden Zahlen unserer Bevölkerungsentwicklung werden verharmlost.

(Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

Die notwendigen konkreten Maßnahmen der Familienpolitik bleiben aus. — Herr Wehner, Sie mögen darüber lachen.

(Wehner [SPD] : Ja, wirklich! Mehr Kinderkriegen bringen Sie auch noch auf!)

Ich kann nur sagen: Herr Wehner, lachen Sie doch darüber. Im Zusammenhang mit den Zukunftserwartungen können Sie ruhig lachen. Ich hoffe nur, daß möglichst viele sehen, wie Sie zu diesem Thema lachen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Erneuter Zuruf der Abg. Wehner [SPD])

Die Gesetzesflut und der staatliche Bürokratismus,

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Die alte Platte!)

die immer weiter voranschreitende Vormundschaft der Bürokratie gegenüber den Bürgern werden von Ihnen, Herr Bundeskanzler, in gewichtigen Sonntagsreden beklagt, obwohl doch gerade Ihre Fraktion, Ihre Partei und Ihre Regierung mehr Verantwortung dafür trägt als je zuvor eine Regierung. Müssen wir Ihnen wirklich vorrechnen, was Sie auf dem Wege zu Ihrer sozialistischen Lebensqualität in den letzten neun Jahren an Gesetzen und Verordnungen produziert haben?

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Wollten Sie nicht zur Regierungserklärung reden?)

Herr Kollege Ehmke, das ist gar nicht mehr mit Zahlen, sondern nur noch in Kilo auszudrücken. Herr Bundeskanzler, zur Sicherung der Berufschancen der jungen Generation fällt Ihnen ja außer dem Bildungszentralismus auch nicht mehr viel ein.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809302600
Herr Abgeordneter Kohl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ehmke?

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809302700
Ja, gern.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0809302800
Herr Kollege, ich wundere mich über das, was Sie über die Gesetzgebung dieses Hauses sagen,

(Zurufe von der CDU/CSU: Fragen!)

angesichts der Tatsache, daß die Unionsparteien weit
über 90 0/o der in diesem Hause beschlossenen Gesetze mit getragen haben

(Frau Pack [CDU/CSU] : Herr Präsident, der fragt ja gar nicht!)

und außerdem auch noch die Verantwortung für eine viel weitergehende Bürokratisierung in. den Landesverwaltungen dort, wo Sie regieren, tragen.

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809302900
Der. verehrte Kollege Ehmke hat zwar keine Frage gestellt, aber ich will versuchen, die Frage aus dem Satzgebilde herauszukristallisieren. Herr Kollege Ehmke, Sie sind ein rechtskundiger Mann. Sie sind Professor der Rechte. Ihnen brauche ich doch nicht zu sagen, wie Gesetze



Dr. Kohl
zustande kommen. Sie waren doch viel zu lange Chef des Bundeskanzleramtes,

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Zu lange!)

um beispielsweise nicht zu wissen, wie der Ablauf einer Regierung ist. Aus all diesen Gründen können Sie die Gesetzesflut nun doch wirklich nicht der Opposition anlasten. Damit das klar ist: Daß wir allesamt, alle Parteien und alle Fraktionen — Landtage und Kommunalparlamente eingeschlossen —, in der Gefahr stehen, zuviel reglementieren zu wollen — oft genug auch auf die Forderung der Bürger hin, die ja im ersten Teil der Festrede weniger Gesetze fordern und im zweiten Teil der Festrede sagen: Unser Anliegen muß aber gesetzlich geregelt werden —, weiß auch ich. Ich war bisher aber immer der Meinung — so verändern sich ja wirklich die parlamentarischen Qualitäten, Herr Kollege Ehmke —, daß die Mehrheit wenigstens noch für sich in Anspruch nimmt, die Verantwortung für die Gesetze zu tragen, die verabschiedet worden sind. Das gehört doch eigentlich noch zum parlamentarischen Leben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, mehr als sieben Monate sind ins Land gegangen, seit Hanns Martin Schleyer das Opfer einer dramatischen Terrorwelle wurde, die mit seiner Ermordung gipfelte. Jeder weiß, daß seit diesem Zeitpunkt zur Verbesserung der inneren Sicherheit nichts Entscheidendes geschah. Die im April dieses Jahres nach einem rundherum würdelosen Tauziehen mit den Fraktionslinken der SPD endgültig verabschiedete Novelle zur Strafprozeßordnung ist ein Flickwerk. Den Namen Antiterrorpaket, der aus Ihren Kreisen einmal geprägt wurde,

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Das sind Sprüche!)

verdient dieses Fragment gewiß nicht. Jedermann ist offenkundig, daß wir den Terror mit all dem, was bisher geschah, mit den bisherigen Maßnahmen nicht überwinden.
Herr Kollege Ehmke und vor allem Herr Hoppe, im Blick auf Ihre Ausführungen von heute möchte ich dies sagen. Wenn gegenwärtig in der Bundesrepublik über Parteienverdruß diskutiert wird, so hat das seinen Grund doch auch darin, daß immer mehr Bürger sich in der Politik ihres Staates nicht wiederfinden. Wenn sich in einer sehr seriösen Umfrage eines der großen deutschen Institute die Wähler von SPD, FDP und CDU/CSU jeweils mit Zweidrittelmehrheit in der Frage der kämpferischen Auseinandersetzung des Staates mit dem Terrorismus zutiefst enttäuscht zeigten, so ist das doch keine Scharfmacherei, sondern die Stimmung und der Wille der Bürgerschaft unseres Landes. Das Wesen von Demokratie besteht ganz gewiß nicht darin, daß Politiker eine Demoskopie in Auftrag geben, das Ergebnis ablesen und dann in die Tat der Gesetzgebung umsetzen. Das wäre das Schlimmste, was uns passieren könnte. Das Wesen von Demoskopie und die Erfahrung aus Versammlungen — auch im Wahlkampf — besteht doch darin, daß wir uns der Meinung unserer Bürger stellen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das gilt doch für uns alle:
Wenn wir hier aus dem Saale herausgehen und dann draußen in den Versammlungen, in den Bürgergesprächen, in den Sprechstunden erleben, was oft aus unseren hiesigen Taten geworden ist, sehen wir doch, daß die feststellbare Diskrepanz eines der Probleme der parlamentarischen Demokratie ist. Herr Hoppe, wenn nun zwei Drittel der potentiellen FDP-Wähler sagen, daß sie diese Gesetzgebung ganz und gar nicht mehr verstehen, dann muß Sie das doch zum Nachdenken zwingen, nicht aber zu solchen Floskeln veranlassen, wie Sie sie heute hier abgelassen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sage das vor allem jenen, die zu ihrer Zeit hier mit stolzem Schritt durch diesen Saal gingen und von sich sagten, sie wollten mehr Demokratie wagen. Zu „mehr Demokratie wagen" gehört auch, den Willen des Bürgers in die politische Arbeit mit aufzunehmen und nicht die pseudoelitäre Arroganz zu haben, das, was die Leute denken, beiseite zu schieben. Wir sind dafür, in diesem Zusammenhang über die Verantwortlichkeit mit unseren Bürgern zu sprechen. Die Mehrheit der SPD-Fraktion — Sie wissen das so gut wie ich — denkt doch gerade in dieser Sache so, wie auch wir denken. Es ist doch nur die Angst vor den Linken, die die Sperrmöglichkeit in Ihrer Fraktion besitzen, welche Sie zu Ihrem Tun veranlaßt. Gerade im Bereich der inneren Sicherheit wird doch das Verhalten der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien für den Bürger immer unverständlicher.
Die Forderung nach wirksamen Gesetzen, nach einer Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen gegen terroristische Anschläge kann doch nicht abgetan werden als „Ordnungshysterie", als „Überreaktion", als „Abbau des Rechtsstaates". Die Maßstäbe, die Sie, meine Damen und Herren von SPD und FDP, in Fragen der inneren 'Sicherheit anlegen, entfernen sich immer weiter vom politischen, vom demokratischen Wollen unserer Bürger. Daran kann man keine Freude haben, denn dies gefährdet den Rechtsstaat. Überhaupt muß doch einmal die Frage aufgeworfen werden — gerade jetzt angesichts so vieler Wahlkampfäußerungen von Ihrer Seite —: Wer gefährdet denn eigentlich den Rechtsstaat? Der Politiker, der fordert, daß konspirierende Anwälte besser überwacht werden, oder Terroristen, denen es zu leicht gemacht wird, mit gefälschten Anwaltspapieren ihre Komplizen aus der Festung Moabit herauszuholen? Meine Damen und Herren, dies alles ist wirklich sehr bedrückend.
Und, Herr Hoppe, das, was Sie nun hier als große Weißwäsche für den Senator Baumann vorgebracht haben, war wirklich eine Höchstleistung der Verdrehung der Tatsachen. Herr Hoppe, ich hätte mir gewünscht, die Herren der FDP, der SPD und der Bundesregierung hätten am Abend jenes schlimmen 19. Oktober, als der Mord an Hanns Martin Schleyer und die Vorgänge in Stammheim bekanntwurden, genauso reagiert. Ich habe die Formulierungen alle noch im Kopf. Da war nicht immer Klugheit gegenwärtig, sondern da ist an diesem Abend aus der Emotion heraus ganz anderes gesagt worden. Wenn jetzt Herr Baumann in dieser Form der Öfentlich-



Dr. Kohl
keit gegenübertritt, muß man eben sagen: Gegen ihn zeugen alle seine Reden und Taten. Wenn man sich jahrelang hinstellt und sich in dieser Weise profiliert, wenn man als Justizsenator von Berlin, einer so schwierigen Stadt in diesem Sachzusammenhang, noch im Dezember, also vor rund sechs Monaten, erklärt, die größte Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat ist ein Politiker, der glaubt, daß dieser demokratische Rechtsstaat in Gefahr ist, dann muß man sich doch fragen lassen: Was ist eigentlich im Kopf dieses ordentlichen Professors der Rechte vorgegangen? Tatsächlich aber, Herr Hoppe, ist es doch so — und deswegen habe ich Sie nicht verstanden —, daß Sie genauso denken wie ich. Auch die meisten in der FDP und in der SPD denken genauso.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Und fünf Sechstel der Mitglieder der Bundesregierung denken genauso. Was glauben Sie denn, was der Herr Bundeskanzler Helmut Schmidt tun würde, wenn er einmal wirklich sagen könnte, vom Druck der Linken in der SPD befreit, was er zu diesem Thema zu sagen für richtig hält?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie schnell waren Sie, meine Damen und Herren, immer mit Rücktrittsforderungen bei der Hand! Ich erinnere an den Vorgang um den Kollegen Traugott Bender.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Was haben die da geschrien!)

Wenn Sie die Vorgänge jetzt einmal in Ruhe vergleichen, müssen Sie doch wenigstens zugeben: Es ist beschämend, wie Sie sich jetzt, nur um sich in Berlin an der Macht festzukrallen, in einem Koalitionsgestrüpp zusammengetan haben, um alles, was überhaupt nur geht, zuzudecken und die einzelnen zu halten nach dem Motto: Wenn der eine den anderen hält, gehen wir gemeinsam nicht unter. Meine Damen und Herren, die Wähler werden Ihnen in Berlin zum. gegebenen Zeitpunkt die entsprechende Lektion erteilen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Rechtsstaat, unser Rechtsstaat lebt aus der Loyalität und dem Vertrauen der Bürger. Dieses Kapital wird leichtfertig verspielt, wenn sich der Staat, unser Staat, unser demokratischer Staat unfähig zeigt, das Recht zu wahren und die Sicherheit des Bürgers als friedenstiftende Qualität des Staates zu gewährleisten. Meine Damen und Herren, der skandalöse Ausbruch des Terroristen Till Meyer zeigt doch erneut die Entschlossenheit, die ungebrochene Entschlossenheit der Terroristen, und daß sie zu jeder Zeit zu weiteren Anschlägen fähig sind.
Im Zusammenhang mit dieser Entführung kommen jetzt in der Bevölkerung ganz böse Reden auf. Wir sind doch nicht wirklich ein Parlament, wenn wir das hier nicht mehr zur Sprache bringen,

(Dr. Marx [CDU/CSU]: So ist es!)

wenn wir so tun, als gehe uns das gar nichts an und genüge es, wenn in einem vertraulich tagenden Ausschuß darüber berichtet wird. Es muß doch darüber gesprochen werden, daß wir dabei sind, in
eine Vertrauenskrise sondergleichen zwischen Bürger und Staat hineinzugeraten, weil es dem Bürger eben ganz und gar unverständlich ist, daß der Staat bei vielen kleinen kriminellen Vergehen bis hin zu Ordnungstatbeständen bei Verkehrssündern voll und ganz funktioniert, während es sich bei Verbrechern schlimmster Art, die diesen Staat zerstören wollen, zeigt, daß er offensichtlich doch nicht ganz in der Lage ist, kraftvoll zu reagieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das für mich Bestürzende ist, meine Damen und Herren, daß Sie das draußen doch alles genauso sehen und erfahren. Ich bin sicher, daß eine große Mehrheit der Fraktionskollegen aller drei Fraktionen — quer durchs ganze Haus — genauso denkt. Wie soll denn ,der Bürger Vertrauen zum Staat haben, wenn er erfährt, daß es der Polemik — etwas anderes war es nicht — gegen die bessere Überwachung konspirativer Anwälte oft genug gelungen ist, diejenigen, die für die Sicherheit in Haftanstalten verantwortlich sind, so weit einzuschüchtern, daß bereits der Ausweis eines Anwalts genügt, um in eine solche Strafanstalt hineingehen zu können?
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich, weil ich die seltene Chance habe, Herr Kollege Brandt, mich mit Ihnen direkt über dieses Thema unterhalten zu können — es ist nicht das gleiche Thema, damit kein Mißverständnis aufkommt, sondern es ist ein anderes Thema, aber es ist auch ein Thema, das uns zutiefst bewegt —, auch ein Wort zum Radikalenerlaß sagen. Wie, glauben Sie, sollen denn die Bürger unseres Staates Vertrauen haben können, wenn etwa im Blick auf den sogenannten Radikalenerlaß solche Äußerungen gemacht werden, wie Sie sie jetzt gemacht haben? Herr Ehmke sprach von Gemeinsamkeit. Ja, meine Damen und Herren, Sie kündigen doch ein Stück Gemeinsamkeit um das andere auf! Herr Kollege Brandt, wir beide waren damals die federführenden Mitglieder dieses Kreises: ich als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, Sie als Bundeskanzler. Wir waren doch beide zu jeder Stunde selbstverständlich voll bereit, die freiheitliche Grundordnung, unser Grundgesetz, das Beamtenrecht zu respektieren. Schon das Wort „Radikalenerlaß" ist ja eine Verfälschung der Grundidee,

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Richtig! Sehr gut!)

die hier zugrunde liegt. Wir haben es viel zu früh zugelassen — ich sage das an uns alle gerichtet —, daß aus einer Sache ein Terminus wurde, der von vornherein mit einem unterschwelligen Grundton belastet war.
Herr Kollege Brandt, was wollten wir damals denn eigentlich? Ich unterstelle Ihnen doch jetzt nicht, weil das Januar 1972 war, daß das Wahlvorbereitung für die Bundestagswahl gewesen ist. Das tue ich nicht, Herr Kollege Brandt; denn damals stand der Termin ja noch gar nicht unmittelbar bevor. Ich sage dies, weil in der Öfentlichkeit darüber diskutiert wird. Es muß doch einmal möglich sein, Herr Kollege, daß wir wenigstens in einer Sache übereinstimmen. Ist es denn bei Ihnen schon so weit, sind Sie so programmiert, daß Sie bereits dann



Dr. Kohl
„nein" sagen, wenn nur der aufgerufene Redner X der CDU angehört? Es ist doch wirklich eine schlimme Entwicklung in unserem Parlament, wenn wir nicht mehr miteinander reden können.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809303000
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Friedrich?

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809303100
Ja, gerne.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0809303200
Herr Dr. Kohl, ist Ihre — vorgestern durch Ihren Pressesprecher verkündete — Gemeinsamkeit mit den NS-Taten Dr. Filbingers auch ein Stück der demokratischen Gemeinsamkeit, die Sie hier ansprechen?

(Ohound Pfui-Rufe bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Eine ganz üble Zwischenfrage! Schämen Sie sich! — Weitere Zurufe und Unruhe bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Sonst reden wir hier einmal über NS-Taten! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : So ist das hier! So wollt ihr das! — Frau Pack [CDU/CSU]: Herr Abgeordneter Schäfer äußert sich nicht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Schäfer! Schäfer! — Fortgesetzte erregte Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Darüber können wir reden! Dazu sind wir bereit! — Glocke dés Präsidenten — Dr. Marx [CDU/CSU] : Dreckschleuder vom Dienst!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809303300
Meine Damen und Herren — —

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Und der schämt sich nicht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU — Glocke des Präsidenten)

Ich bitte, auf das Glockenzeichen des Präsidenten zu achten. Ich bitte um Ruhe im Hause! Herr Abgeordneter Dr. Kohl, fahren Sie bitte fort.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : „NS-Taten" hat er gesagt!)


Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809303400
Meine Damen und Herren, ich will auf das, was der Herr Abgeordnete Friedrich gesagt hat, gleich eingehen, aber lassen Sie mich den anderen Gedankengang noch zu Ende bringen, weil mir das sehr wichtig ist.
Wir sind davon ausgegangen, Herr Kollege Brandt, daß uns in der konkreten Situation, wie wir sie zu Beginn der 70er Jahre vorfanden, das Zunehmen radikaler, vor allem linksradikaler Gruppen — aus welchen Gründen auch immer — es zwingend geboten erscheinen ließ — uns, den Repräsentanten aller demokratischen Parteien; ich beziehe hier ausdrücklich den damaligen Bundesinnenminister und jetzigen FDP-Vorsitzenden Hans-Dietrich Genscher ein, der ja auf seiten der Bundesregierung mit federführend war —, dafür Sorge zu tragen, daß Feinde der Demokratie, ob das nun Neofaschisten oder Kommunisten irgendeiner Provenienz sind, an den Schaltstellen der Macht unseres Staates nichts verloren haben. Wir waren der Meinung — und wir in der CDU/CSU bleiben der Meinung —, daß es unerträglich ist, daß Kommunisten oder Faschisten Richter, Staatsanwälte und Lehrer an unseren Schulen werden können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir kämpfen leidenschaftlich für die Freiheit eines jeden Bürgers. Meine Damen und Herren, Freiheit ist sehr leicht zu fordern und zu ertragen, wenn man sie für sich selbst in Anspruch nimmt. Freiheit, wie wir sie verstehen, ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden, dessen Meinungen schwer zu ertragen sind. Aber das ist das Wesen von Freiheit, wenn es wirkliche Freiheit sein soll.
Deswegen, weil wir für Freiheit sind, ist es ja bei uns wie in nur wenigen Ländern der Welt möglich, politische Gesinnung zu demonstrieren. Wo gibt es noch solche Möglichkeiten, Versammlungen zu stören, wie jeder von uns das in diesen Tagen im Wahlkampf wieder erlebt hat? Ich bin immer dafür, dies offen auszutragen, denn Demokratie heißt Ringen um den besten Weg der Politik, heißt doch niemals, daß man sich polizeilich gegen Ideen abschirmen kann, Herr Kollege Brandt. Das ist doch die großartige Sache bei den Menschenrechten und bei der Bürgerrechtsbewegung, daß Panzer, Mauern, Stacheldraht Ideen eben nicht zerstören können, daß Ideen vor der Geschichte immer stärker waren.

(Beifall beider CDU/CSU)

Aber, Herr Kollege Brandt, es gibt doch nicht nur das Recht des einzelnen, etwa einen Beruf ergreifen zu können. Es gibt doch auch das Recht des Mitbürgers, der von diesem Beruf des anderen in irgendeiner Form in Anspruch genommen wird, beeinträchtigt wird. Unser Freiheitsrecht heißt doch immer: Respekt vor der Freiheit des danebenstehenden Nächsten, des Nachbarn, des Mitbürgers. — Ich weiß nicht, warum Sie darüber jetzt lachen müssen, Herr Kollege Wehner, aber das ist wirklich Ihre Sache.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich kann nur sagen, Herr Kollege Brandt: Das Recht des Kindes, des acht-, neun-, zehnjährigen Kindes in der Grundschule, das Recht des Kindes im Gymnasium oder in der Berufsschule, das Recht der Eltern dieses Kindes hat doch ein gleiches Gewicht. Herr Kollege Brandt, 98 % der Bürger unseres Landes — wir können das ja in einem Bundesland, wo die Verfassung dies zuläßt, einmal gemeinsam in einer Bürgerinitiative ausprobieren; lassen Sie uns das doch einmal machen, ich lade Sie als Parteivorsitzenden der SPD herzlich zu einer solchen Volksabstimmung ein — wollen nicht, daß ihre Kinder von kommunistischen oder faschistischen Lehrern in den Schulen gegen den Staat, gegen die freiheitliche Ordnung, gegen den Geist des Elternhauses umfunktioniert werden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Aufstehen! — Dr. Marx [CDU/CSU]: Bleiben Sie ruhig sitzen! — Weitere Zurufe)




Dr. Kohl
— Herr Kollege Wehner, ich weiß, daß Ihnen diese Debatte unangenehm ist.

(Wehner [SPD] : Nein! Sie beweist nur, daß es Ihnen heute auf den Skandal und nicht auf die Sache ankam! — Unruhe)

— Herr Kollege Wehner, es ist ein bestürzender Vorgang, daß Sie das, was ich gerade eben zu dem Thema Verfassungsfeinde an Schulen angesprochen habe, in das Wort „Skandal" gekleidet haben. Das ist ein bemerkenswerter Vorgang.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Brandt, als ich Ihren Text las, war die erste Frage, die ich mir stellte, ob Sie eigentlich einmal als ein Mann, der nun auch seinen Lebensweg gegangen ist, auch durchlitten hat, mit jenen Familien gesprochen haben, die seit Generationen etwa gegen die Kommunisten stehen und sozialdemokratisch wählen. Ich komme, wie Sie wissen, aus einer Stadt, wo viele solcher Familien leben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es in meiner Heimatstadt eine Familie gibt, die seit Generationen — ich sage es noch einmal — SPD wählt und wo die Mutter oder der Vater bereit wären, ihre Kinder zu kommunistischen Lehrern in die Schule zu schicken. Ich glaube es nicht, weil ich das nirgendwo erlebt habe. Darum geht es doch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was Sie hier bis hin zu dem törichten Wort vom Berufsverbot, das jetzt in Ihren Kreisen immer mehr kolportiert wird, zum Ausdruck bringen, ist für sich schon schlimm.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das ist eine Formel der Kommunisten!)

Jetzt komme ich zu dem Kollegen Friedrich. Ich will auch da noch ein Wort zuvor sagen. Herr Kollege Brandt, wir sind damals auseinandergegangen und waren uns darüber im klaren, daß dieser sogenannte Radikalenerlaß niemals das Signal zur Hexenjagd etwa auf junge Leute bedeutet hat. Das war nie anders in unseren Diskussionen formuliert worden. Sie waren damals genau wie ich der Meinung, daß wir versuchen wollen, diese kraftvolle freiheitliche Demokratie zu gestalten, aber daß zu den Grundrechten auch immer das Recht auf Irrtum gehört. Meine Damen und Herren, wer sich geirrt hat, muß aber die Fähigkeit haben, zur Erkenntnis zu gelangen.

(Abg. Brandt [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Herr Kollege Brandt, bevor Sie Ihre Frage stellen, möchte ich den Gedanken noch zu Ende führen. Wir in der CDU/CSU waren immer dagegen, daß man einem jungen Mann, der mit 18, 19 Jahren oft genug auf Grund des Versagens des Elternhauses, der gähnenden Langeweile seiner Umgebung, der Verführung durch viele Faktoren den Weg in eine radikale Gruppe gefunden hat, das als Kainsmal bis ans Ende seines Lebens anhängt. Wir waren immer dafür, daß er die Chance haben muß, dazuzulernen. Es ist ein wichtiger Auftrag demokratischer Parteien, gerade junge Leute aus radikalen Gruppen
in die Parteien der demokratischen Mitte zurückzuholen. Das war immer unsere Auffassung. Daran hat sich nichts geändert.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809303500
Herr Abgeordneter Kohl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Brandt?

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809303600
Bitte schön.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809303700
Herr Kollege Kohl, darf ich Ihr Wort von der Hexenjagd aufgreifen und Sie fragen, ob Sie es für völlig unerheblich halten, daß ein Mitglied des Bundesverfassungsgerichts unlängst gesagt hat, die bürokratischen Auswirkungen jener Vereinbarung von Anfang 1972, an die Sie erinnerten, hätten etwas Erstickendes an sich? Ich teile diese Auffassung und bin deshalb der Meinung, dies muß in Ordnung gebracht werden; denn das habe ich damals nicht gewollt, und hoffentlich Sie auch nicht.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809303800
Herr Kollege Brandt, ich kenne diese Äußerung eines Richters vom Bundesverfassungsgericht nicht. Mit dem Zitat selbst kann ich nicht sehr viel anfangen; denn ich kenne überhaupt niemanden in der Bundesrepublik, der etwa das, was dieser Richter in diesem Zitat, das Sie soeben zitiert haben, wenn es so richtig ist — ich habe keinen Zweifel daran —, befürchtet, will. Ich habe deutlich die Intentionen hier wiedergegeben, die wir damals gemeinsam hatten. Ich kann nur sagen: Wenn solche Punkte vorhanden sind, dann lassen Sie uns darüber reden. Aber das sollte nicht in der Form geschehen, daß man, wie Sie, sagt, daß die Gegner des Staates nur noch aus Beamtenstellen bei Staatskanzleien, Sicherheitsdiensten usw. auszuschließen sind.
Herr Kollege Brandt, Sie schulden uns und Ihren eigenen Freunden die Antwort in Sachen Lehrer. Ich weiß, daß Sicherheitsdienste wichtig sind, und ich weiß auch, daß die Beamten einer Staatskanzlei wichtig sind. Aber auf die lange Sicht — damit es keinen Zweifel geben kann — sind für mich die Lehrer die allerwichtigsten; denn hier geht es um die Zukunftschancen der jungen Generation.

(Beifall bei der CDU/CSU — Abg. Liedtke [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ich möchte jetzt keine Frage zulassen; denn ich muß mich jetzt dem Kollegen Friedrich zur weiteren Beantwortung seiner Fragen zuwenden.
Nun ist hier ein Vorgang gestaltet worden, der seinen Grund hat und der in einem Gesamtvorgang zu sehen ist, der gegenwärtig in der Bundesrepublik stattfindet. Herr Abgeordneter Friedrich, ich habe soeben mit Zustimmung Ihres Parteivorsitzenden erklärt: Wir wollen keine Hexenjagd. Wir wollen auch, daß einer, der in jungen Jahren zu einer extremen Gruppe kam, nicht ein Kainsmal bis ans Ende seiner Tage an sich trägt, daß ihm das Grund-



Dr. Kohl
recht des Irrtums, der Fähigkeit des Dazulernens zugemessen wird.

(Frau Pack [CDU/CSU]: Sonst dürfte Herr Wehner nicht hier sitzen!)

Das war immer unsere Meinung.
Wenn Sie jetzt in der Debatte um den Ministerpräsidenten, unseren Freund Hans Filbinger, diesen Zusammenhang herstellen, dann, Herr Friedrich, zeigt sich ganz klar und deutlich, was Ihre eigentliche Absicht ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht Ihnen überhaupt nicht um Hans Filbinger, es geht Ihnen nicht um den Kollegen Puvogel oder diesen oder jenen. Es geht Ihnen ausschließlich darum, ein Schlachtengemälde zu errichten, nach dem — in Ehmkes Formulierung kam das Wort wieder vor — die Rechten die Schuld für alles tragen.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : „Neonazis" !)

Wer rechts ist und wer Nazi ist, bestimmen Sie. Das ist jener Akt schlimmer Heuchelei,

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

daß es Ihnen gar nicht um das Schicksal des einzelnen geht — ich komme auch darauf noch zu sprechen —, sondern daß Kategorien geschaffen werden. Weil Sie mit Ihrem intellektuellen Beitrag zur deutschen Politik am Ende sind,

(Konrad [SPD] : Das müssen ausgerechnet Sie sagen!)

weil Sie mit Ihrer Politik überhaupt am Ende sind, brauchen Sie jetzt die Diffamierungswand für eine ganze Gruppe in unserem Volk.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809303900
Herr Abgeordneter Dr. Kohl, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809304000
Nein, danke.
Weil Sie gar nicht mehr in der Lage sind, sich dem Thema zuzuwenden, das eigentlich unser Thema ist, nämlich aus der Geschichte zu lernen, und weil Sie wissen, daß Sie mangels Ihrer Beiträge dabei sind, die Macht zu verlieren, deswegen muß jetzt diffamiert werden. Deswegen wollen Sie so eine Art Schnüffelei und Gesinnung der Reentnazifizierung 30 Jahre nach dem Ende Adolf Hitlers einführen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Brandt, damit das klar ist: Ich werde leidenschaftlich dafür kämpfen, daß wir uns in der Union nicht in der gleichen Weise betätigen. Ich sehe die Pflicht unserer und vor allem auch meiner eigenen Generation, die nach dem Kriegsende noch ein Kind war und gar nicht in die Versuchungen jener Zeit geraten konnte, darin, zum inneren Frieden beizutragen. Ich finde es eine erbärmliche Sache, wenn Sie jetzt versuchen, mit denen, die Ihnen dabei dienlich sind, in alten Skripten von 20- oder 22jährigen herumzusuchen, mit dem Rotstift herumzukorrigieren, um Ihr Feindbild von heute entsprechend beweisen zu können. Diese Art historischer Mistkäferei wird uns den inneren Frieden nicht bringen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und was dabei so besonders erbärmlich ist — ich sage dieses Wort so hart —, ist, daß Sie Unterschiede machen. Sie machen einen Unterschied zwischen jenem, der damals in jüngeren oder älteren Jahren einmal Hitler anhing und nach dem Krieg zur SPD ging — der hat die volle Reinigung erfahren — —

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

— Herr Kollege Brandt, ich kenne Sie als einen Mann, der eigentlich für das noch Sinn haben müßte. Es ist doch unerträglich, daß' hier Geschichte so aufgearbeitet wird, daß der, der zur SPD ging, die volle Reinigung, die Katharsis erfahren hat, Anspruch auf himmlische und irdische Glückseligkeit hat, derjenige, der es nur bis zur CDU brachte, im Fegefeuer verharren muß und der, der es nur bis zur FDP brachte, vorerst geschont wird, solange Sie die FDP in der Koalition brauchen. Das ist doch Ihre Moral.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809304100
Herr Abgeordneter Kohl, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809304200
Ja.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809304300
Herr Kollege Kohl, könnten Sie mir vielleicht darin zustimmen, daß irgendwo eine Grenzlinie zwischen dem Vorgang, den Sie eben beschrieben haben, verläuft, nämlich wie sich Männer oder Frauen, die früher einer anderen Auffasung anhingen, im demokratischen Deutschland verhalten, und der Frage, ob jemand fähig ist oder nicht, sich dazu zu äußern oder sich davon abzusetzen, daß er im Dienste Hitlers Landsleute umgebracht hat?

(Beifall bei der SPD — Frau Pack [CDU/ CSU] : Das ist eine Unverschämtheit!)


Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809304400
Herr Kollege Brandt, ich beantworte Ihre Frage sehr klar. Aber ich war noch nicht ganz mit dem anderen Gedankengang zu Ende.
Herr Kollege Brandt, hier spreche ich Sie als den Repräsentanten der SPD an, der in der Kontinuität einer über hundertjährigen Parteigeschichte steht: Wenn wir unter den großen demokratischen Gruppen bei allem Streit, bei aller leidenschaftlichen Auseinandersetzung um den Weg unserer Politik nicht mehr fähig sind, uns die moralische Qualität unseres Tuns gegenseitig zuzubilligen, ist das das Ende unseres Staates.

(Mattick [SPD] : Sie haben doch das Taschentuch zerrissen!)




Dr. Kohl
Sie, Herr Kollege Brandt, haben es doch zugelassen, und der Bundeskanzler hat es zugelassen. Er ist der zweite Vorsitzende der SPD. Der schweigt sich ohnedies über dieses alles hinweg. Es ist leichter in diesen Zeiten, in Washington aufzutreten, als hier zu diesen brisanten Fragen

(Widerspruch bei der SPD)

— doch, meine Damen und Herren — klar Rede und Antwort zu stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Brandt, Sie wissen so gut wie ich, daß aus diesen vielen Millionen, die damals, aus welchen Gründen auch immer — da waren persönlich ehrenhafte Gründe des Idealismus dabei und Gründe bloßen Opportunismus; das ist heute übrigens auch noch so; so ganz anders sind die Menschen nicht geworden — in der NS-Zeit dabei waren, doch dieser unser demokratischer Staat mit erwachsen ist. Diese Millionen haben doch mit dieser riesigen Mehrheit unsere Demokratie mitgebaut. Deswegen bin ich dagegen — ich sage das auch im Blick auf meine eigene Partei, damit da gar kein Zweifel aufkommt —, daß wir jetzt nachforschen: Der hat dort das geschrieben, und jener hat dort das geschrieben.
Herr Brandt, Sie dürfen sich doch nicht beschweren, wenn Sie, Ihre eigene Partei, fortdauernd Öl in dieses Feuer hineingießen. Sie tun es doch, indem Sie konservativ immer als reaktionär, als halbfaschistisch darstellen. Das ist doch das, was an Wortklitterung in den letzten Jahren geschehen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt zu Ihrer konkreten Frage. Herr Kollege Brandt, Sie wissen so gut wie ich, daß in geschichtlich so schweren Zeiten, wie es auch das Dritte Reich war, der eine in eine persönlich ungleich schwierigere Lage kam und der andere mehr Glück hatte.

(Frau Pack [CDU/CSU] : Oder emigriert ist!)

Jetzt spricht beispielsweise über die Taten im Dritten Reich eine ganze Generation, die damals noch gar nicht lebte, die zum Teil durch miserablen, nicht existenten Geschichtsunterricht ein völlig falsches Bild von dieser Zeit bekommen hat. Mir tut es weh — ich war 15 Jahre alt —, wenn ich gelegentlich beobachte, wie Leute über Zeiten und über Menschen, über Gefahren und Versuchungen reden, die das nur noch aus den Akten und aus den Büchern kennen können, die in die Gefahr, in die Versuchung nie gekommen sind. Ich brauche Ihnen, Herr Kollege Brandt, das wahrlich nicht zu sagen; Sie wissen das auch.
Wenn das aber so ist, muß man doch im Einzelfall auch überlegen — jetzt spreche ich den Kollegen Hans Filbinger an; daran führt gar kein Weg vorbei —, ob man versucht, einen Mann zu treiben und zur Strecke zu bringen, oder ob man mit ihm ein Gespräch über diese Zeit führt. Wer Hans Filbinger kennt — ich kenne ihn seit Jahrzehnten; ich bin ihm freundschaftlich verbunden —, weiß, daß er ein Mann ist, der aus seiner ganzen Art, aus seinem Herkommen, aus seiner Überzeugung, auch aus seiner religiösen Überzeugung — warum soll ich das
hier verschweigen? — heraus natürlich kein Mann des NS-Staats war. Es ist eine zutiefst deprimierende Sache, wenn jetzt nach über 30 Jahren sozusagen ein Gesinnungszertifikat abgefordert wird. Er war damals in einer besonders schweren, menschlich tief bedrückenden Situation. Wer mit ihm darüber redet, kann das in jeder Sekunde verspüren. Das geht in dem Mann natürlich heute noch um, wie es jedem von uns in einer vergleichbaren Lage, wie ich glaube, auch ginge. So etwas bedrückt einen.

(Sieglerschmidt [SPD] : Er verteidigt doch dieses Urteil!)

Er ist ein Mann, der anderen geholfen hat — das ist doch unbestreitbar —, der in diesem konkreten Fall offenkundig nicht helfen konnte.
Wer ist nun derjenige, der im Bundestag aufsteht und mit einem Akt von Selbstgerechtigkeit ohnegleichen erklärt: Mir wäre das nicht passiert? Das ist pharisäische Gesinnung.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Roth [SPD] : Ein Mann, der heute junge Leute auf Grund ihrer Gesinnung nicht einstellt! — Gegenruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU] : Was wissen Sie davon?)

Herr Kollege Brandt, das Bedrückende an der Sache ist doch, daß diese persönliche geschichtliche Erfahrung eines Mannes aus einer exponierten Generation jetzt mit der Tagespolitik vermengt wird. Wenn Hans Filbinger in einer anderen der drei im Parlament vertretenen Parteien wäre, würde niemand über diesen gleichen Vorgang reden. Das wissen Sie so gut wie ich. Das ist das, was in diesem Zusammenhang erbärmlich ist.

(Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

Glauben Sie mir: Das bringt uns nicht weiter. Unsere wichtige historische Pflicht ist es, aus diesen schrecklichen Erfahrungen, die unser Volk im 20. Jahrhundert machen mußte, für die Kinder zu lernen. Natürlich gehören zur deutschen Geschichte Auschwitz, Maidanek und Treblinka; ich habe es schon mehrmals hier gesagt. Aber auch der 20. Juli gehört dazu. Herr Kollege Brandt, ich bin der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Union, einer Partei, die ihren entscheidenden Impuls aus dem deutschen Widerstand empfangen hat. In wenigen Tagen begehen wir den 100. Geburtstag von Andreas Hermes, dem ersten Vorsitzenden der CDU in einem wichtigen Teil Deutschlands. Dieser Mann war noch ein Jahr, bevor er Parteivorsitzender wurde, vom Blutgericht Roland Freislers zum Tode verurteilt worden. Er ist dann in der Sowjetunion von sowjetischen Gerichten erneut verurteilt worden. Bei dieser Herkunft, meine Damen und Herren, müssen wir doch mit niemandem darüber reden, was Geist des Widerstandes ist. In dieser CDU/CSU-Fraktion sitzt der Sohn des Grafen Stauffenberg. Wir müssen doch nicht darüber reden, ob wir gegen Hitler stehen, ob wir gegen den faschistischen Geist stehen. Das ist doch nun wahrlich für uns selbstverständlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)




Dr. Kohl
Aber gerade weil dies so ist und weil es so verderblich ist, Herr Kollege Brandt, daß Abgeordnete wie der Kollege Friedrich eben solche Fragen in solcher Formulierung stellen, weil sich ja hier ein Geschichtsbild bei ihm festsetzt — nicht bei uns —, das Schlimmes verrät — er wird ja nicht nur hier so reden, sondern er wird ja draußen in Franken so handeln —,

(Zuruf von der CDU/CSU: Schlimmer!)

müssen wir hier so leidenschaftlich darüber reden.
Meine Damen und Herren, hier geht es nicht um Leugnen, Abstreiten oder um die Diskussion von Tatbeständen — gar keine Spur davon. Hier geht es darum, daß wir uns zunächst einmal selbst die Frage stellen, was für einen Beitrag wir selbst zu leisten bereit sind. Nur damit das noch einmal klar wird, Herr Kollege Brandt: Ich will mich nicht daran beteiligen, und ich werde alles tun, daß wir uns nicht daran beteiligen, da aufzurechnen; denn das Ende ist das Ende jedes fairen Miteinander in der Demokratie. Aber tun Sie endlich das, was Ihres Amtes als Parteivorsitzender ist! Und der Bundeskanzler soll endlich durch den Einsatz seiner Autorität darauf hinwirken, daß diese Dinge unterbleiben.

(Dr. Ehmke [SPD] : Sie machen „Freiheit oder Sozialismus"! Das ist die Arbeitsteilung!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809304500
Herr Abgeordneter Kohl, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809304600
Nein, ich habe nicht die Absicht, eine Frage des Abgeordneten Friedrich zu beantworten.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal zu dem Thema Terrorismus zurückkehren. Wir fragen Sie, wo Ihre Vorschläge in dieser konkreten Situation zur Beschleunigung der unerträglich langen Strafverfahren, zur Vereinheitlichung des Polizeirechts, zur Verbesserung des Melderechts, zur Verhinderung gewaltsamer Demonstrationen und zur Verbesserung der Arbeit der Sicherheitsbehörden bleiben, und, Herr Kollege Brandt, Herr Bundeskanzler, wo bleiben eigentlich Ihre Beiträge zur Auseinandersetzung mit den geistigen Ursachen des Terrorismus?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Saat Ihres Nichtstuns, Ihres Kneifens geht doch auf, wenn in diesen Tagen der Bundesvorstand der Jusos das Urteil im Rechtsstreit Böll—Walden — das ist ein Rechtsstreit; da kann man unterschiedlicher Meinung sein; da kann man auch Schelte üben, das ist alles legitim —, das Urteil eines ordentlichen deutschen Gerichts

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Des obersten Bundesgerichts!)

— ja, eines Bundesgerichts — in diesem Zusammenhang „politische Justiz" nennt.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, ich muß Sie fragen: Wohin sind wir eigentlich gekommen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Da, Herr Bundeskanzler, genügt es nicht, daß Sie, wie ich kürzlich in einer Zeitung las, klagen, wenn es um die Gesetze gegen den Terror gehe, dann lasse Sie die Fraktion aus Angst vor den Unterbezirken hängen. Haben Sie doch einmal keine Angst! Kommen Sie hier in den Bundestag, vertreten Sie Ihre Meinungen, die so weit von den unsrigen in Wahrheit nicht entfernt sind — ich habe sie ja oft genug in der Zeit des Krisenstabes gehört —, dann werden Sie eine Mehrheit haben. Wenn doch wenigstens die Mitglieder der Bundesregierung, die Bundestagsabgeordnete sind, hier mitstimmen, hätten wir eine prachtvolle Mehrheit der Vernunft in diesem Hause.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber das alles ist Ihnen bekannt, und leider hat sich in diesem Zusammenhang dann gar nichts mehr entwickelt.
Ich will wegen des an sich nicht geplanten Zwischenstücks dieser Debatte, das ich aber — ich sage das ausdrücklich — für sehr wesentlich für unsere eigene Orientierung halte, noch ein kurzes abschließendes Wort sagen.
Meine Damen und Herren, wir halben heute die Regierungserklärung gehört, wir 'haben von den neuesten wichtigsten Erkenntnissen gehört, die aus dem Bereich der NATO auf uns zukommen, und wir haben ein bemerkenswertes Wort zum Thema Wachstum gehört, Herr Bundeskanzler, das ich doch noch ansprechen will. Da ich den Text nicht vorher hatte, mußte ich mir das jetzt aus meinen Notizen zusammensuchen.
Nach dem EG-Gipfel von Kopenhagen betonten Sie, Herr Bundeskanzler, es sei kein Wachstumsversprechen, auch in London nicht, gegeben worden, nur eine mehr oder minder unverbindliche Projektion. Manchmal habe ich fast den Eindruck, Sie sollten mal wieder bei Ihrem alten Lehrer Karl Schiller nachhören, was der einmal unter Projektion verstanden hat. Eine Projektion enthält nicht nur ein hohes Maß an voluntaristischer Aussage darüber, was die Regierung anstrebt oder zu erreichen für möglich hält, eine Projektion — so haben wir es einmal gelernt — ist das in Zahlen gegossene Ziel der Regierung, an dem sie sich messen lassen muß. Herr Bundeskanzler, die permanente Korrektur von Wachstumsprojektionen ist insofern das sich fortsetzende Eingeständnis der Regierung für ihre eigene Unfähigkeit. Nicht Projektionen müssen revidiert werden, wenn abzusehen ist, daß sie nicht zu erreichen sind, die Politik muß endlich den Mut zur Kurskorrektur finden. Sie haben diese Kurskorrektur in Ihrer eigenen Partei bisher nicht durchsetzen können.
Der Graf Lambsdorff hat da wieder sehr kluge Worte — er ist übrigens ein Meister im Sprechen kluger Worte — vor dem Bundesverband der Deutschen Industrie gesprochen. Ich möchte nur einmal wissen, ob er so auch in der Koalition spricht, wenn es darum geht, diese Klugheit in Paragraphen und



Dr. Kohl
Artikel von Gesetzen zu gießen. Er hat dort gesagt, daß die Notwendigkeit der wachstumspolitischen Vorsorge in der Steuerpolitik durchschlagen müsse. Das sind für uns vertraute Klänge, meine Damen und Herren. Es ist doch ganz eindeutig, daß wir genau dies wollen. Deswegen unterstützen wir die Absicht, Wenn sie Graf Lambsdorff wirklich hat, gegen Verzicht auf protektionistische Maßnahmen unseren Außenhandelspartnern wachstumspolitisches Entgegenkommen der Bundesrepublik zu offerieren. Dazu braucht es aber eine konsequente Wachstumspolitik, gegen die sich die Bundesregierung bislang immer wieder tatsächlich gewandt hat; denken Sie nur an die Steuersenkungsvorschläge.
Sie wissen sehr genau, Herr Bundeskanzler, daß die Bundesregierung auch auf der Währungskonferenz in Mexiko auf der Sünderbank saß. Dort nämlich mußte der Bundesfinanzminister, der eine die Investitionen und Innovationen lenkende Politik propagiert, zu seinem Leid erfahren, daß nach vorherrschender Meinung eine Politik der Steuerentlastung wirksamer ist — auch hier altbekannte Grundsätze — als zusätzliche Staatsausgaben.
Die Politik wird also an Zugeständnissen nicht vorbeikommen. Die Bundesregierung wird das tun müssen. Deswegen will ich noch einmal ganz kurz unsere Programmpunkte hierzu vortragen.
Erstens: Abbau der investitions- und leistungshemmenden Überbesteuerung.
Zweitens: Förderung privater 'Investitionen und des Wunsches nach Selbständigkeit.
Drittens: Förderung neuer Techniken und Erfindungen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit auf Jahrzehnte hinaus sichern.
Viertens: Ausweitung der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, Abbau mobilitätsfeindlicher Regelungen, Stärkung der marktwirtschaftlichen Dynamik durch Förderung von jungen kleinen und mittleren Unternehmen.
Herr Bundeskanzler, wenn Sie das, was Graf Lambsdorff vor dem BDI andeutete, in die Praxis Ihrer Politik im Wege von Gesetzen und im Wege von Politik einbringen, werden Sie unsere Unterstützung finden. Das ist das, was wir jetzt brauchen. Wir haben aber den Eindruck, daß Sie sich um des Machterhalts willen immer mehr der Verantwortung entziehen, daß Sie eben erpreßbar sind, wie es hier einmal gesagt worden ist, von den Linken in Ihrer eigenen Fraktion.
Herr Bundeskanzler, es gibt ein Bürgerrecht auf eine Regierung, die führt, die Zeichen setzt, die nicht erpreßbar 'ist. Bitte mißachten Sie dieses Bürgerrecht nicht, gehen Sie nicht vor einer kleinen Minderheit in Ihrer Partei in die Knie! Wenn diese Abgeordneten auf dem linken Flügel der SPD ihre wahren Anliegen vor der Wahl erklärt hätten, hätten sie dieses Haus nie erreicht, das ist ganz sicher, auch nicht, wie ich glaube, die Zustimmung Ihrer eigenen Gruppierung. Eine solche Politik, die weiße Flagge zu zeigen, verspielt und zerstört Vertrauen. Und was wir brauchen, ist eine Bürgerschaft, die Vertrauen hat, das Vertrauen, daß der Staat und die
Politik und die Regierung in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, in der Steuer-, der Finanz- und der Haushaltspolitik, in der Energiepolitik, in der Familien- und Bevölkerungspolitik, in den Fragen der inneren Sicherheit endlich handelt.
Vielleicht, Herr Bundeskanzler, haben wir heute noch die Chance, dazu von Ihnen ein Wort zu hören. Es wäre zu lang, wenn wir bis zu Ihrem nächsten Bericht von einer Auslandsreise warten müßten. Auslandsreisen sind wichtig. Daß Sie die deutschen Interessen im Ausland richtig vertreten, ist bedeutsam und wichtig. Aber es ist auch wichtig, daß wir das eigene Haus bestellen. Unser Gewicht in der Welt wird um so größer sein, je besser unser Haus, unsere Bundesrepublik Deutschland bestellt ist. Vielleicht haben Sie die Güte, Herr Bundeskanzler, uns dazu noch einiges zu sagen.

(Wehner [SPD]: Sie reden wie ein ...! — Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809304700
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen.
Ich darf zuvor bekanntgeben, daß interfraktionell vereinbart worden ist, daß die Mittagspause ausfällt. Die Debatte wird also bis zum Ende durchgeführt.

(Wehner [SPD] : Vereinbart war es nicht! Aber wir haben es gehört!)

— Herr Abgeordneter Wehner, Ihre Parlamentarischen Geschäftsführer

(Wehner [SPD] : Ich habe nur gesagt: Es ist nicht interfraktionell vereinbart! Aber wir haben uns zu fügen, wie das hier üblich ist!)

haben das dem Präsidium mitgeteilt.

(Wehner [SPD] : Und ich teile Ihnen mit, wie das wirklich ist! Weil hier einer verrücktspielt und eineinhalb Stunden redet, haben wir uns danach zu richten, was Sie hier vorschlagen! — Beifall bei ' der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Unglaublich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Herr Abgeordneter Wehner, ich rufe Sie zur Ordnung.

(Wehner [SPD] : Das war gut! — Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Der Schmidt darf nicht reden! Wehner läßt den Bundeskanzler nicht reden! Das ist das Problem!)

Das Wort hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0809304800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tagesordnung des Deutschen Bundestages für seine heutige Sitzung sieht unter Punkt 2 vor: „Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung über die Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen für Abrüstung in New York und die NATO-Tagung des Staats- und Regierungschefs in Washington" und an anderer Stelle unter Punkt 4: „Beratung des An-



Bundesminister Genscher
traps der Fraktion der CDU/CSU betr. Verbesserung der Arbeit der Sicherheitsbehörden des Bundes". Das heißt auf deutsch, daß auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages heute sowohl die Fragen der äußeren wie die der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland stehen. Es bestand kein Anlaß, den Bericht über die Tagungen in New York und Washington mit Fragen der inneren Sicherheit zu vermischen, so bedeutend sie sind und so ernst sie genommen werden müssen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Herr Kollege Kohl, Sie haben hier auf sehr ernst zu nehmende Fragen verwiesen, die uns alle bewegen. Ich habe bei Ihren Ausführungen an das Jahr 1946 zurückdenken müssen. Mir sind im Zusammenhang mit dem Jahr .1946 drei Namen bewußt geworden, die ich in die Erinnerung des Hohen Hauses zurückrufen möchte.
Einen haben Sie genannt. Dieser eine Name war Andreas Hermes. Der andere, -den ich für uns in Anspruch nahm, war Wilhelm Külz. Der dritte, den ich für die Sozialdemokratische Partei nennen möchte, war ein Mann, der lange Zeit hier in diesem Haus gesessen hat nicht in der ersten Reihe und vielleicht nicht in dem Maß beachtet, wie sein geschichtliches Verdienst es erfordert hätte —, nämlich der Abgeordnete Franz Neumann, der Mann, der dafür gesorgt hat, daß in Berlin jedenfalls die Zwangsvereinigung von Sozialdemokraten und Kommunisten auf sowjetischen Druck nicht durchgeführt werden konnte.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Marx [CDU/CSU] : Er ist von seiner eigenen Partei verachtet worden!)

Er steht stellvertretend für jene Sozialdemokraten, die in der damaligen sowjetischen Besatzungszone unter ungleich ungünstigeren Voraussetzungen einen ähnlichen Versuch unternommen haben.
Ich nenne diese drei Namen, meine Damen und Herren, weil diese drei Namen die Erkenntnis dreier großer politischer demokratischer Richtungen aus den Erfahrungen des Dritten Reiches verkörpern, nämlich zusammenzustehen, wenn eine neue Bedrohung kommt, von welcher Seite auch immer sie kommen mag. Ich habe Sorge gehabt, das könne heute verlorengehen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Mattick [CDU/CSU] : Das ist verlorengegangen!)

Vor mir liegt eine Schrift über die Ziele der „Roten Armee Fraktion", in der es heißt:
Stadtguerilla zielt darauf, den staatlichen Herrschaftsapparat an einzelnen Punkten zu destruieren, stellenweise außer Kraft zu setzen, den Mythos von der Allgegenwart des Systems und seiner Unverletzlichkeit zu zerstören.
An anderer Stelle wird dann gesagt:
Durch geeignete Aktionen muß die Guerilla klarstellen, daß sich ihre Angriffe grundsätzlich gegen alle Institutionen des Klassenfeindes, alle Verwaltungsdienststellen und Polizeiposten, gegen Direktionszentren der Konzerne, aber auch
gegen alle Funktionsträger dieser Institutionen, gegen leitende Beamte, Richter, Direktoren usw. richten, daß der Krieg in die Wohnviertel der Herrschenden getragen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist im Grunde die Ankündigung von Revolution, Terror und Rückfall in die Barbarei. Das erfordert nicht, daß wir uns gegenseitig demokratische Zuverlässigkeit bestreiten, sondern daß wir jetzt zusammenstehen in der Abwehr dieser Herausforderung für unseren freiheitlichen Rechtsstaat.

(Beifall bei der FDP und der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mein Kollege Hoppe hat Herrn Kollegen Maihofer nicht gegenüber jemandem in Schutz genommen. Herr Kollege Maihofer tut seine Pflicht, und weil er sie tut, stehen wir zu ihm. Ich würde sehr vorsichtig sein mit der Zitierung von Treuebekenntnissen zu eigenen Parteifreunden. Da gibt es Beispiele in der Geschichte aller Parteien über die Langlebigkeit solcher Erklärungen und Bekenntnisse.
Lassen Sie mich auch ein Wort sagen zu den Vorgängen in Berlin und dazu, warum sich der Bundeskanzler in der Regierungserklärung darauf beschränkt hat, seine Bestürzung über diese Vorgänge zum Ausdruck zu bringen. Er hat hinzugefügt, er behalte sich vor, später noch dazu Stellung zu nehmen, nämlich dann, wenn über die Fragen der inneren Sicherheit zu sprechen ist, wenn es über dieses Thema zur Diskussion kommt, die heute noch stattfindet.
Wir wollen auch nicht vergessen, daß heute das Abgeordnetenhaus von Berlin — und das ist der Ort, wo die Verantwortlichen ihre parlamentarische Verantwortung auch durchzustehen und wahrzunehmen haben — tagt und sich mit den Vorfällen von Moabit befassen wird.
Senator Baumann hat sich von der ersten Stunde an zu seiner Verantwortung bekannt. Die Regierungsfraktionen in Berlin, Freie Demokraten und Sozialdemokraten, haben nichts unternommen, um irgend etwas zu verschleiern, sondern sie haben die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragt. Es wird heute in öffentlicher parlamentarischer Debatte und nicht hinter verschlossenen Türen über dieses Thema zu reden sein.
Das ist die Art, wie in einer Demokratie Vorgänge dieser Art behandelt werden. Das hat nichts zu tun mit Verschleierung, Unter-den-Teppich-Kehren oder Kumpanei in Koalitionen. Deshalb waren die Angriffe deplaziert.
Ich hatte bei mancher Kritik an dem Justizsenator Baumann mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten den Eindruck, hier gehe es weniger um die Kritik an einem für einen bestimmten Bereich verantwortlichen Minister als vielmehr um die Auseinandersetzung mit einem anerkannten liberalen Strafrechtslehrer, der beachtenswerte Aussagen zur freiheitlichen Gestaltung unseres Rechts- und Staatssystems gemacht hat.



Bundesminister Genscher
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir diese Debatte, soweit sie sich mit diesem Thema befaßt, in ihrer ganzen Tragweite beurteilen wollen, so muß zweierlei berücksichtigt werden. Die Terroristen könnten in der Bundesrepublik Deutschland keinen größeren Erfolg erreichen, als uns entweder dazu zu bringen, durch Hektik in der Gesetzgebung den freiheitlichen Rechtsstaat in seinem Wesenskern zu beschädigen, oder die demokratischen Parteien in der Auseinandersetzung über den Terrorismus zu einer Selbstzerfleischung der Demokratie in unserem Lande zu bringen. Beides kann niemand wollen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Fünf Jahre sind keine Hektik!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zu dem Thema zurückkommen, das heute auf der Tagesordnung steht, nämlich zu dem Bericht des Bundeskanzlers über die Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen. Das war kein Reisebericht über einen Ausflug des Bundeskanzlers nach New York, sondern es war die Berichterstattung über eine der bedeutungsvollsten Konferenzen, die die Vereinten Nationen in den letzten Jahren abgehalten haben. Die Lösung der großen Fragen zwischen Nord und Süd, die Überwindung der Kluft zwischen reichen und armen Ländern ist die zentrale Aufgabe unserer Zeit. Wenn wir sie nicht lösen, werden wir nicht nur dem moralischen Anspruch unserer Verfassung nicht gerecht, sondern wir werden auch nicht in der Lage sein, den Frieden weltweit zu bewahren. So gesehen ist das Thema, das dort verhandelt wurde, Friedenspolitik. Ich hätte dazu in der Debatte von allen Seiten des Hauses Sachbeiträge erwartet.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Der Bundeskanzler hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Staaten der Dritten Welt nicht von ungefähr den Antrag auf Durchführung dieser Sondergeneralversammlung gestellt haben. Sie haben diesen Antrag gestellt, weil sie spüren, wie übermäßige Rüstungsausgaben der Industriestaaten die Fähigkeiten der Industriestaaten einschränken, ihnen die notwendige Hilfe bei ihrer Entwicklung und bei der Überwindung von Armut, Hunger und Not zu leisten. Es besteht kein Zweifel — dies ist von der Bundesregierung hier von diesem Pult aus genauso wie in den Vereinten Nationen wiederholt zum Ausdruck gebracht worden —, daß die Pflicht zur Hilfe für die Staaten der Dritten Welt nicht eine spezielle, nur den marktwirtschaftlich orientierten Industriestaaten gestellte Aufgabe ist, sondern daß es sich um eine Aufgabe handelt, der sich alle Industriestaaten stellen müssen. Ich wiederhole, was ich bei anderer Gelegenheit gesagt habe: Ich halte es für einen unerträglichen Zustand, daß alle kommunistischen Industriestaaten zusammengenommen weniger öffentliche Entwicklungshilfe leisten, als die Bundesrepublik Deutschland dies allein tut.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, dieses Thema der Disproportionen in der Hilfeleistung ist vom Bundeskanzler vor den Vereinten Nationen, im Deutschen Bundestag und bei anderen Gelegenheiten einschließlich der Konferenzen der NATO und des Wirtschaftsgipfels in London zu einem zentralen Thema der internationalen Diskussion gemacht worden. So gesehen begrüßt derjenige, der die Ergebnisse und Aussagen des NATO-Gipfels begrüßt, derjenige, der die Haltung der westlichen Staaten bei dieser Sondergeneralversammlung begrüßt, auch derjenige, der die Haltung der amerikanischen Regierung begrüßt, auch die Haltung der Bundesregierung. Denn hier besteht eine nahtlose Übereinstimmung zwischen uns und unseren westlichen Verbündeten sowie unseren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft.
Der Bundeskanzler hat für die Bundesregierung vor der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen ein realisierbares und realistisches Konzept zur Frage der Abrüstung vorgetragen. Er hat der Versuchung widerstanden, durch großflächige, sich möglicherweise über Jahrzehnte erstreckende, nicht konkretisierbare Programme die Aufmerksamkeit abzulenken von jenen internationalen Verhandlungen, bei denen jetzt schon, wenn beide Seiten es wollen, Fortschritte möglich sind. Ich erwähne die MBFR-Verhandlungen in Wien, die SALT-Verhandlungen und auch die Grauzonen-Problematik, auf die die Bundesrepublik Deutschland in besonderer Weise hingewiesen hat.
Herr Kollege Zimmermann hat dem Bundeskanzler gesagt, er habe von „ungefährer Parität" gesprochen und damit zu einer unklaren Begriffsbildung beigetragen. Ich möchte Ihnen aus dem NATO-Kommuniqué einmal vorlesen, was dort steht:
Sie
— nämlich die Teilnehmerstaaten —
bestätigen ihre Zustimmung zu dem vereinbarten Ziel der Verhandlungen, zu einem stabileren Kräfteverhältnis sowie zur Stärkung von Frieden und Sicherheit in Europa beizutragen. Dieses Ziel würde durch ihren Vorschlag erreicht werden, einen ungefähren Gleichstand der Landstreitkräfte im Gebiet der Reduzierungen in der Form einer übereinstimmenden kollektiven Gesamthöchststärke für den Personalbestand der Landstreitkräfte und der Verminderung der Disparität bei den Kampfpanzern zu erreichen. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf die bedeutende neue Initiative, die sie
— also die westliche Seite —
am 19. April in die Verhandlungen einführten und bei der sie nun eine ernsthafte und konstruktive Reaktion der Teilnehmerstaaten des Warschauer Paktes erwarten. Diese Bündnispartner sind der Auffassung, daß die Datendiskussion in Wien ein wesentliches Element der Bemühungen um ein befriedigendes Ergebnis ist und daß die Klärung der Datenbasis daher für substantielle Fortschritte in den Verhandlungen entscheidend ist.



Bundesminister Genscher
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Einführung des Begriffs der ungefähren Gleichheit, des Begriffs der ungefähren Parität und des Nichtstrebens nach einseitiger Überlegenheit in ein west-östliches Dokument anläßlich des Besuchs des Generalsekretärs Breschnew in der Bundesrepublik Deutschland war in der Tat ein bedeutender Fortschritt für die internationale Abrüstungsdiskussion, weil sie uns die Möglichkeit gibt, in dieser Diskussion unter Berufung auf dieses Dokument auch die östliche Seite beim Wort zu nehmen, wenn es darum geht, diese Ziele zu erreichen. Wir wären aber einer Illusion unterlegen — und das war nicht der Fall —, wenn wir davon ausgegangen wären, daß über die Frage, ob die Parität schon vorhanden ist, Einigkeit erzielt wäre. Deshalb kommt dem Satz so entscheidende Bedeutung zu — ich wiederhole ihn —:
Diese Bündnispartner sind "der Auffassung, daß die Datendiskussion in Wien ein wesentliches Element der Bemühungen um ein befriedigendes Ergebnis ist und daß die Klärung der Datenbasis daher für substantielle Fortschritte in den Verhandlungen entscheidend ist.
Meine Damen und Herren, das ist doch kein Dokument, das ohne oder gegen die Bundesrepublik Deutschland verabschiedet worden ist, sondern wir gehören mit zu den Autoren dieses Dokuments, das deutlich macht, daß Voraussetzung jeder realistischen Truppenreduzierung in Europa zunächst einmal die Klärung der vorhandenen Personalstärken und auch der vorhandenen Panzerstärken ist.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809304900
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Mertes?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0809305000
Bitte schön!

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0809305100
Herr Bundesminister, indem ich dieser Ihrer Klärungsforderung ausdrücklich zustimme, möchte ich Sie fragen: Besteht das Problem nicht darin, daß ein Text wie die deutsch-sowjetische Deklaration vom 6. Mai 1978 bei unserer Öffentlichkeit den Eindruck einer weitgehenden politischen Harmonie schafft, während dann komplizierte NATO-Texte, denen ich ausdrücklich zustimme, die eigentliche Korrektur dieses Harmonieeindrucks darstellen, die aber die deutsche Öffentlichkeit in dieser Form kaum wahrnehmen kann?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0809305200
Herr Kollege, diese Gefahr sehe ich nicht. Vielmehr sehe ich darin umgekehrt eine Chance für uns, daß Begriffe, die seit langem zu den zentralen Zielen unserer Abrüstungspolitik gehören, die auf lange Zeit von der östlichen Seite abgelehnt wurden, nunmehr, nachdem sie in einem zweiseitigen ost-westlichen Dokument enthalten und damit von der anderen Seite als solche akzeptiert sind, die Basis der Argumentation bilden und nunmehr jene gleiche dynamische Kraft für die Veränderung des Bewußtseins in der weltweiten Diskussion haben werden, wie die Begriffe aus der Schlußakte von Helsinki sie inzwischen auch haben, auch gegen den Pessimismus derjenigen, die der Meinung waren, man dürfe nichts unterschreiben, bei dem nicht von vornherein in jeder einzelnen Wortwahl die totale Übereinstimmung hergestellt sei. Das ist der eigentliche Punkt.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Deshalb glauben wir an die Dynamik einer solchen Politik, die durch Überzeugung, Gespräch und Verhandlung die Diskussion voranbringt mit dem Ziel, als Ergebnis der Diskussion sachliche, realisierbare Ergebnisse zu erreichen. Ich denke, daß die Anerkennung, die diese gemeinsame Erklärung des Bundeskanzlers und des sowjetischen Generalsekretärs im NATO-Rat und bei unseren Gesprächspartnern in Washington gefunden hat, zeigt, daß man die Bedeutung der Aufnahme dieser Begriffe in ein west-östliches Dokument dort genauso hoch einschätzt, wie auch wir das tun.
Nun ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Zusammenhang mit der NATO-Tagung in Washington auch die Frage behandelt worden, wie es sich denn mit der Entspannungspolitik im Verhältnis zu den Vorgängen und Entwicklungen in Afrika verhalte. Hier im Deutschen Bundestag wurde heute morgen die Frage aufgeworfen, warum denn die Bundesregierung nicht früher und von sich aus auf die Probleme Afrikas aufmerksam gemacht und die dort vorhandenen Gefahren und Probleme gesehen hätte. Meine sehr verehrten Damen und Herren, schon bei der NATO-Ratstagung in Oslo im Jahre 1975 ist über die äußeren Rahmenbedingungen der Sicherheit der NATO-Staaten diskutiert worden. Schon auf der NATO-Ratstagung in Oslo 1975 waren wir uns — und zwar ausgelöst durch einen deutschen Diskussionsbeitrag — darüber einig, daß nicht allein das Kräfteverhältnis der Bündnisse auf europäischem Boden zueinander, die innere Stärke der NATO, unsere wirtschaftliche Stärke und politische Stabilität für unsere Sicherheit entscheidend sind, sondern auch das Kräfteverhältnis und mögliche Kräfteverschiebungen um Europa und um die Vereinigten Staaten herum.
In diesem Zusammenhang ist damals auch auf die Gefahr hingewiesen worden, die sich aus einer Verschiebung der Machtverhältnisse in Afrika ergeben könne. Ich denke, daß die Afrikapolitik der Europäischen Gemeinschaft, die sich in Übereinstimmung mit der Afrikapolitik der Vereinigten Staaten und Kanadas befindet, einen wesentlichen Anteil daran hat, daß die Möglichkeiten zur Ausnutzung von Schwächepunkten in Afrika nicht größer geworden sind, als man es damals befürchten mußte, sondern im Gegenteil: Unser Konzept der Stärkung der Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten durch wirtschaftliche Hilfe, unser Konzept der Stärkung ihrer wirtschaftlichen Unabhängigkeit und wirtschaftlichen Stabilität und damit auch ihrer politischen Stabilität, um sie gegen Einflüsse von außen immun zu machen, ist die Antwort der westlichen Staaten auf den Versuch, Einflußzonen in Afrika zu errichten.



Bundesminister Genscher
Die Bundesregierung hat deshalb in dem besonderen Fall, der sich eben in Zaire zugetragen hat, ausdrücklich und als eine der ersten Regierungen der französischen und der belgischen Regierung für ihren Einsatz zur Rettung von Menschenleben gedankt und hat das auch als eine politisch wichtige Aktion gewertet, als Zeichen dafür, daß der Westen nicht desinteressiert abseits steht, wenn mit Unterstützung von außen die territoriale Integrität eines afrikanischen Staates beeinträchtigt wird.
Denn es gehört nun einmal zu den Grundsätzen der Organisation für Afrikanische Einheit, daß die territoriale Integrität und der ungeschmälerte Bestand der afrikanischen Staaten auf jeden Fall gewahrt bleiben sollen, wenn nicht Afrika durch endlose Grenzkorrekturen im Chaos versinken soll. Das gilt auch dort, wo diese Grenzen als Produkt kolonialer Grenzziehung möglicherweise der inneren Logik widersprechen mögen. Ich glaube, es war ein Akt der Weisheit der afrikanischen Staaten, daß sie sich zu einem solchen Grundsatz entschlossen haben. Wir stehen hier hinter der Organisation für Afrikanische Einheit, und wir sind daran interessiert, daß diese Organisation gestärkt wird, daß sie die Möglichkeit erhält, afrikanische Probleme mit afrikanischen Möglichkeiten und Mitteln zu lösen, damit Afrika nicht Schauplatz des Austragens eines Ost-West-Gegensatzes wird — zum Nachteil nicht nur der Europäer, sondern auch der Afrikaner. Denn wir müssen daran interessiert sein, daß dieses Afrika ein unabhängiges Afrika ist. So wahren wir auch unsere eigenen Sicherheitsinteressen, und so erreichen wir, daß die Staaten Afrikas als unabhängige Staaten in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Staaten Europas ihre Entwicklung vorantreiben können.
Meine Damen und Herren, das bedeutet in dieser außerordentlich schwierigen Lage, die jetzt in Afrika entstanden ist, daß wir mit großer Sorgfalt dafür sorgen, daß die Initiative der fünf westlichen Sicherheitsratsmitglieder zur Lösung der Namibia-
Frage — und zwar zur friedlichen Lösung der Namibia-Frage — nicht Schaden leidet, sondern diese Entwicklung fortgesetzt werden kann und Namibia nicht in einem Rassenkrieg versinkt und daß wir mit der gleichen Intensität unsere amerikanischen und britischen Freunde bei ihren Versuchen unterstützen, in Rhodesien eine entsprechende friedliche Lösung möglich zu machen.
Auch das war Gegenstand der Aussprache bei Gelegenheit des NATO-Gipfels in Washington im Kreis der NATO-Partner, nicht weil sich die NATO in afrikanische Angelegenheiten einmischen wollte, sondern weil die in der NATO zusammengeschlossenen Demokratien wollen, daß nicht nur sie selbst in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts ihr eigenes Schicksal gestalten können, sondern daß das gleiche auch die afrikanischen Staaten tun können. Dazu ist notwendig, daß wir alle auch in den sehr schwerwiegenden Fragen des südlichen Teils Afrikas — ich schließe hier die Republik Südafrika ein — eine glaubwürdige Haltung einnehmen, und zwar auch in der Menschenrechtsfrage.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier ist heute über die Menschenrechtsfrage, über. ihre faszinierende Wirkung gesprochen worden, die über Mauer und Stacheldraht hinweggeht, die nicht durch Zensur und Gefängnis zu unterdrücken ist. Aber das Eintreten für die Verwirklichung der Menschenrechte muß allumfassend sein: in Europa wie in anderen Teilen der Welt, wie auch im südlichen Afrika, auch dort, wo Rassendiskriminierung eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung darstellt.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Marx [CDU/CSU] : Und bei den Befreiungsbewegungen, überall!)

Vielleicht sollten Sie einmal mit jenem Kollegen aus Ihrer Fraktion sprechen, der nach seiner Rückkehr aus Südafrika im Rundfunk gesagt hat, einige Fortschritte hätte man da unten schon gemacht. So habe er z. B. beobachtet, daß jetzt schon die Schwarzen und Weißen zusammen im Fahrstuhl fahren dürften. Meine Damen und Herren, man muß sich einmal überlegen, wie das bei Menschen ankommen muß, die darum ringen, daß sie ihre Gleichberechtigung auf der Grundlage ihrer Hautfarbe erringen, wenn in dieser Form über ihre Probleme gesprochen wird.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Mir geht es hier nicht darum, eine emotionale Behandlung dieser Frage zu erreichen, sondern ich möchte um Verständnis dafür ringen, daß die Unabhängigkeit Afrikas — das war ein wichtiges Thema in Washington — Verwirklichung von Menschenrechten, von Selbstbestimmung, aber auch ein Stück Sicherheitspolitik für Europa und für die Bundesrepublik Deutschland ist.
Deshalb waren das, was der Bundeskanzler hier als Ergebnis dieses NATO-Gipfels vorgetragen hat, und das, was er als Ergebnis der Sondergeneralversammlung vorgetragen hat, mehr als ein Reisebericht. Meine sehr verehrte Damen und Herren, was hier vorgetragen wurde und was hier gewürdigt werden konnte, war ein Konzept der westlichen Demokratien zur Bewahrung ihrer Freiheit, zur Stärkung ihrer Sicherheit und zur Fortsetzung ihrer Friedenspolitik auf der Grundlage eines handlungsfähigen Bündnisses. Das war das Thema heute morgen. Das andere steht am Nachmittag an.
Wir werden uns den Fragen der inneren Sicherheit so wenig entziehen wie den Fragen der äußeren Sicherheit. Aber es wird uns nichts nützen, für die innere Sicherheit einzutreten, wenn nicht die äußere Sicherheit gewahrt ist. Das getan zu haben war ein Ergebnis der Konferenz von Washington. Das sollte das Haus unterstützen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0809305300
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809305400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige polemische Äußerungen des Herrn Abgeordneten Kohl, insbesondere die Benutzung solcher Worte wie Kneifen oder Auswei-



Bundeskanzler Schmidt
chen, zwingen mich, in Ihre Mittagspause hinein noch einmal das Wort zu nehmen. Ich hatte mir dies ja heute morgen vorbehalten und muß von dem Vorbehalt jetzt Gebrauch machen.
Ich sagte schon heute morgen, die Bundesregierung gehe davon aus, daß das Land Berlin, in dessen Verantwortung die Sicherheit der Berliner Strafanstalten liegt, die dortigen Vorgänge rückhaltlos aufklären und sodann die sich daraus ergebenden Folgerungen ziehen wird. Ich füge jetzt hinzu: Es muß und kann ja wohl auch durch geeignete Maßnahmen und Einrichtungen verhindert werden, daß in ein Gefängnis eine Maschinenpistole verbracht wird und sich inhaftierte Terroristen der gegen sie verhängten Haft entziehen können. Dazu braucht es, Herr Abgeordneter Kohl, keinerlei neuer Gesetze, sondern dafür gibt es Gesetze, die das verhindern. Die müssen nur angewandt werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU] : Was ist mit dem Bundesminister, der nicht dafür sorgt, daß sie eingehalten werden? — Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Wir brauchen keine neuen Gesetze, sondern neue Senatoren!)

Man braucht keine neuen Gesetze. Deswegen weise ich die Insinuationen des Oppositionsführers zurück, die besagten, die Selbstbeschränkung im Machen immer neuer Gesetze sei Grund dafür, daß hier und dort schlimme — ich wiederhole es: schlimme — Fehler passieren.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Das ist doch eine Fehlorientierung der Öffentlichkeit! — Dr. Marx [CDU/CSU] : Er hat Ihren Justizsenator gemeint!)

Ich denke, es sollte sich niemand durch die Wiederholung der Forderung nach immer neuen Gesetzen

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Er weiß selber, daß das nicht stimmt, was er sagt!)

von den eigentlichen Fehlern oder Lücken, die in der Anstaltssicherheit offensichtlich vorhanden sind, und nicht nur in Berlin zutage getreten sind, abhalten lassen.
Ich will übrigens über die Kritik an diesen Vorkommnissen dort nicht vergessen, daß einer der Anstaltsbeamten unter Einsatz seines Lebens die Befreiung eines weiteren gefährlichen Häftlings verhindert hat, und dies verdient Anerkennung.

(Beifall — Zurufe von der CDU/CSU)

Ich will hinzufügen, daß wir die meisten der an den Mordanschlägen in Deutschland beteiligten Terroristen kennen. Wir werden sie — dessen bin ich gewiß — auch und gerade mit Hilfe der Regierungen derjenigen Staaten, in denen sie sich gegenwärtig aufhalten, früher oder später ihren gesetzmäßigen Richtern und damit ihrer Strafe zuführen. Ganz offensichtlich sind viele deutsche Terroristen derzeit unter dem Druck der Fahndung in den ausländischen Untergrund weggetaucht. Aber ich füge auch hinzu, daß uns die gegenwärtige Ruhe nicht täuschen darf.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Richtig!)

und daß weitere Herausforderungen unseres Stehvermögens nicht ausgeschlossen werden können, bevor dieser Wahn zu Ende geht. Wir werden diese Herausforderungen auch bestehen. Wir werden übrigens, Herr Abgeordneter Kohl, gewiß auch alle notwendigen Konsequenzen aus den Fahndungsfehlern ziehen müssen. Wenn ich „wir" sage, so meine ich Bund und Länder.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das sagen Sie schon fünf Jahre!)

Bald wird der Bericht des früheren Kollegen Höcherl vorliegen, dem ich nicht vorgreifen will.

(Frau Pack [CDU/CSU] : Aber nach den Wahlen!)

Aber auch hier auf diesem Felde handelt es sich ganz offenbar weniger darum, daß neue Gesetze und neue Paragraphen notwendig wären,

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Oder neue Minister!)

wie es auch aus Ihrer Rede wieder hervorzuklingen schien,

(Dr. Marx [CDU/CSU] : „Schien" ! Jetzt wird er schon vorsichtiger!)

sondern es handelt sich darum, daß das, was an Instrumenten da ist, zielstrebig eingesetzt werden muß.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Wer setzt ein?)

Ich bin jedenfalls, Herr Abgeordneter Kohl — ich sage das nicht zum erstenmal —, ein Gegner uferloser immer neuer Gesetzgebung und ewiger Basteleien.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das sind wir alle! Sie machen einen neuen Kriegsschauplatz! — Zuruf von der CDU/CSU: Unsere Vorschläge haben Sie mit Nein beantwortet! — Weitere fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU)

Allerdings ist wohl jetzt schon klar — die Bundesregierung hat das von Anfang an vertreten —, daß nämlich die Verbesserung der praktischen polizeilichen Möglichkeiten sowohl politisch als auch aus Gründen der Zweckmäßigkeit den Vorrang vor immer neuen, wenn zum Teil auch durchaus diskutablen Vorschlägen zur Änderung des Strafrechts haben muß, weil nämlich der simple Satz richtig bleibt, daß nur derjenige bestraft werden kann, der infolge zweckdienlicher Fahndung tatsächlich festgesetzt und seinem Richter zugeführt werden konnte.

(Pfeffermann [CDU/CSU] : Aber bevor er gelaufen ist!)

Wir werden die Terroristen, die es jetzt gibt, ergreifen, und sie werden bestraft werden; aber ein Ende des Terrorismus wäre damit nur dann erreicht, wenn nicht weiterhin jüngere Menschen in aller Welt auf diesem wahnwitzigen und auch für sie selbst schrecklich endenden Weg weitergehen.



Bundeskanzler Schmidt
Deswegen denke ich, daß wir, unbeschadet der hier etwas reichlich hitzig ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten, die ja wohl leider weiter so ausgetragen werden, jeder in seinem Felde dazu beitragen soll, daß es allüberall, auch auf unseren Schulen, auch auf unseren Hochschulen, in unseren Verbänden, eine klare, auf ein klares Ziel gerichtete Erziehung zur Rechtsstaatlichkeit gibt: Rechtsstaatlichkeit des Verhaltens des einzelnen oder einer Gruppe oder eines Verbandes, auch und gerade im Falle des Interessenkonflikts, des geistigen Konflikts oder des ideologischen Konflikts. Ich bin mir darüber klar, daß Erziehung — schon dieser Begriffsname — nicht überall in Deutschland sehr groß geschrieben wird. Deswegen betone ich es ein zweites Mal: Erziehung zur Rechtsstaatlichkeit, gerade für den Fall des Konfliktes.
Es muß deshalb — wenn ich das im übrigen einfügen darf — wohl vielen von Ihnen ebenso gehen wie mir, es muß wohl jedem verantwortlichen Politiker so gehen: Es macht uns Sorge, daß bei uns gegenwärtig mit nationalsozialistischer oder neonazistischer Literatur und Schallplatten Geschäfte gemacht werden können und daß neonazistische Gruppen — und nicht nur linksextremistische — jugendliche Anhänger finden, ,die sich zur Gewalt bekennen.
Ich weiß, daß es nur wenige Irregeleitete sind. Die gibt es überall und immer. Auch die Terroristen sind nur wenige Irregeleitete. Ich weiß auch, daß die überwältigende Mehrheit unserer Bürger diesen Neonazisten genauso ablehnend gegenübersteht wie den Terroristen. Aber all das entbindet niemanden in den Schulen und Hochschulen, in den Ländern und im Bund von der Pflicht zu größter Aufmerksamkeit.
Ich, Herr Abgeordneter Kohl, möchte ebensowenig wie Sie kommunistische oder neonazistische Erziehungseinflüsse in unseren Schulen und Hochschulen wirksam werden sehen.

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Ein gutes Wort!)

Ich frage mich aber, ob Ihre Ausführungen zu dem Extremistenerlaß von 1972 wirklich ein wesentlicher Beitrag dazu gewesen sein können.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Jetzt sagt er selbst „Extremistenerlaß"!)

Ich war von Anfang an — ich darf die Gespräche aus dem Jahre 1972 in Ihre Erinnerung rufen — ein Gegner dieses Erlasses, weil ich nie geglaubt habe, daß man gesetztes Recht und höchstrichterliche Rechtsprechung auf dem Weg über die Erlaßpraxis von noch so vereinigten Regierungschefs, sei es der Länder oder ,des Bundes, zu beeinflussen versuchen sollte. Ich räume ein — und nicht mit Vergnügen —, daß jener Erlaß inzwischen einen Teil der Rechtsprechung beeinflußt hat.
Das, was für die Einstellung in den öffentlichen Dienst gilt, und das, was für das Recht gilt, unter dem Angehörige des öffentlichen Dienstes, z. B. auch in Schulen, ihren Pflichten, ihren Aufgaben, ihren Obliegenheiten nachzugehen haben, das steht im Beamtenrecht, in einigen Fällen sogar im Ver-
fassungsrecht. Bundesverwaltungsgericht, Verfassungsgericht und andere hohe Gerichte haben für die Auslegungsschwierigkeiten, die es naturgemäß immer gibt = sonst bräuchten wir keine Gerichte —, die Richtlinien gegeben, an die sich die Verwaltung zu halten hat. Extremistenerlasse sind keine Richtlinien, die gesetztes oder gesprochenes Recht ersetzen können.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das war auch nie gedacht!)

Ich halte sie deswegen im Grunde für verfehlt, Herr Abgeordneter Kohl.
Sie haben — und das will ich in dem Zusammenhang erwähnen — auf ein bestimmtes Urteil der jüngsten Zeit abgehoben und sich darüber beklagt, daß sich der Abgeordnete Willy Brandt und andere meiner Freunde an diesem Urteil gerieben haben.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das stimmt doch Das habe ich gar nicht gesagt! Ich habe die Jusos zitiert!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809305500
— Na gut. Bleiben wir bei den Jusos. Vielleicht habe ich es falsch erinnert. Mir liegt nicht daran, Sie in diesem Punkte falsch zu interpretieren. Ich korrigiere mich gerne auf Ihren Zuruf hin.
Ich will Ihnen nur eines sagen — darauf kommt es mir nun allerdings an —: Urteilsschelte gehört zu den demokratischen Rechten freier Meinungsäußerung jedes Bürgers in ,der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der SPD)

Das Recht zur Urteilsschelte gilt sogar — obwohl ich es bisher nicht in Anspruch genommen habe und auch heute gewiß nicht in Anspruch nehmen will — gegenüber Urteilen des Bundesverfassungsgerichts.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809305600
Herr Bundeskanzler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kohl?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809305700
Bitte sehr.

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809305800
Herr Bundeskanzler, würden Sie mir zustimmen, daß wir in bezug auf das Recht zur Urteilsschelte — ich habe das gleiche gesagt — übereinstimmen, daß wir aber hoffentlich auch darin übereinstimmen, daß es aus dem Geist unserer freiheitlichen Demokratie nicht statthaft ist, in diesem Zusammenhang von „politischer Justiz" und „politischen Urteilen" zu reden? Das ist doch der Punkt!

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809305900
Ich stimme Ihnen zunächst zu, daß wir in bezug auf das Recht zur Urteilsschelte offenbar einer Meinung sind, was auch durchaus einschließt, daß man ein Urteil von zwei verschiedenen Blickrichtungen aus schelten kann und daß sich die Scheltenden gegenseitig schelten können.



Bundeskanzler Schmidt
I Der Ausdruck politische Justiz — ich kenne das
Papier nicht, auf das Sie sich bezogen — kann zunächst ein wertneutraler sein. Jeder von uns hat schon von politischen Strafprozessen gesprochen. Dies war offenbar ein Zivilprozeß, wenn ich Sie vorhin richtig verstanden habe. Er muß in den letzten Tagen abgeschlossen worden sein, in denen ich im Ausland war. Ich bitte, mir nachzusehen, daß ich mit den Einzelheiten nicht vertraut bin.

(Lachen und Zurufe bei der CDU/CSU)

— Sicherlich gibt es auch politische Prozesse, die in der Gestalt des Zivilprozesses auftreten. Politische Beleidigungsklagen beispielsweise, die auch nicht gerade in einem Strafprozeß verhandelt werden müssen, liegen an der Grenze.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das ist aber kein politischer Prozeß, sondern ein Prozeß, der sich mit politischen Problemen befaßt!)

— Wenn der Ausdruck politischer Prozeß einen herabsetzenden Charakter haben sollte, wäre ich sehr vorsichtig, einen solchen Ausdruck zu gebrauchen, Herr Abgeordneter.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809306000
Herr Bundeskanzler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lenz?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809306100
Ich darf vielleicht meine Ausführungen zu Ende führen; denn ich möchte Sie nicht mit anderem aufhalten als mit meinen Antworten auf die Herausforderungen, die ich aus dem Munde des Oppositionsführers gehört habe.
Er hat auch über die Erforschung der Ursachen des Terrorismus gesprochen. Nicht nur ich, sondern die Bundesregierung insgesamt mißt dieser Erforschung große Bedeutung zu. Die Bundesregierung hat ja gemeinsam mit den Innenministern der Länder unter Federführung des Kollegen Maihofer ein großes Vorhaben auf diesem Felde in Gang gesetzt. Ich hoffe, daß es ohne kraftraubende Kompetenzschwierigkeiten auf verschiedenen staatlichen Ebenen oder zwischen verschiedenen staatlichen Ebenen vorangebracht werden kann.
Ich will in dem Gesamtzusammenhang allerdings eines sagen. Weder dient es der geistigen Erforschung des Terrorismus noch dient es dem Bewußtsein der Rechtsstaatlichkeit in unserem Lande, wenn in einzelnen Teilen des Landes oder in einzelnen Verwaltungsbereichen eine Schnüffeleipraxis in bezug auf das, was Menschen in relativ jugendlichem Alter einmal gesagt, getan, getragen oder zerrissen haben, nun dazu führt, daß das alles in die Akten geschrieben wird und daraus Rückschlüsse für den weiteren Verlauf eines dann noch 40 Jahre betragen sollenden Berufslebens gezogen werden.

(Beifall bei der SPD)

Das ist eine Praxis, die jedenfalls von der Rechtsprechung nicht verlangt, von ihr auch nur sehr teilweise gedeckt und zum Teil sogar verurteilt wird, eine Praxis, die in dem Lande des Ministerräsidenten kulminiert, über den Herr Abgeordneter Kohl vorhin lange gesprochen hat.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Auch das ist nicht richtig! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Schlicht unwahr, Herr Bundeskanzler!)

Diese Praxis ist in vielen Fällen ein Verstoß gegen den Anstand, der auch von staatlichen Behörden verlangt wird.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Von welchem Land sprechen Sie?)

— Es ist ganz klar, von welchem Land ich spreche. Ich will auch gerne den Namen aussprechen und an die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kohl hinsichtlich der Person des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Dr. Filbinger einiges anknüpfen.
Zunächst den einen Satz: Ich stimme Ihnen, Herr Abgeordneter Kohl, für meine Person jedenfalls, darin zu: Ich bin auch gegen die Aufrechnung politischer Irrtümer aus Jugendzeiten. Ich habe mich daran nicht beteiligt. Aber wenn jener Ministerpräsident, wie es doch nun vielfältig in den Debatten berichtet worden ist, die um seine Person im Laufe der letzten Wochen stattfanden, tatsächlich gesagt haben sollte: Was damals Rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein, — wenn dieser Satz von dem erwachsenen, juristisch gebildeten, völlig ausgereiften Manne an der Spitze jenes Landes heute tatsächlich so gesprochen worden sein sollte, dann ist eine solche Einlassung für mich tief schmerzlich.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Eine solche Einlassung halte ich für unvertretbar. Derjenige, der eine solche Einlassung angreift, der nützt nach meiner Vorstellung unserem Volke und unserer Rechtskultur.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wer einen solchen Satz verteidigte, daß das, was im März oder April 1945 Rechtens war, auch heute nicht Unrecht sein könne, der würde uns allen schaden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Das ist mit Sicherheit aus dem Zusammenhang gerissen! — Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Sie unterstellen etwas! — Dr. Kohl [CDU/ CSU] : Wo hat er das gesagt? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Herr Abgeordneter Kohl, rechnen Sie bitte nicht — —

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie unterstellen das, und er kann sich nicht wehren! — Zurufe von der CDU/CSU: Wo hat er das gesagt?)

— Ich habe es in mehreren Zeitungen gleichzeitig so gelesen, und Sie haben es auch gelesen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)




Bundeskanzler Schmidt
Für den Fall, daß der Herr Ministerpräsident Filbinger es dementieren sollte

(Zurufe von der CDU/CSU: Das kann man immer so sagen! — Rufmord!)

— ich hatte gesagt: „falls er es so gesprochen haben sollte" —, werde ich in bezug auf seine Person meine eben gemachten Ausführungen für gegenstandslos erklären,

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Nach der Wahl!) Zeit genug hat er dazu gehabt.


(Beifall bei der SPD und der FDP)

Herr Abgeordneter Kohl, ich glaube nicht, daß es dem Gewicht einer solchen Auseinandersetzung gerecht wird, wenn Sie die Äußerungen eines Ministerpräsidenten gegen möglicherweise sehr unbedachte Äußerungen junger Leute, Jusos z. B., aufrechnen wollen.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Wo habe ich denn aufgerechnet?)

— Das schien mir der Zweck Ihrer Rede zu sein.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Sie können nicht einfach der Wahrheit zuwider eine Äußerung behaupten, die ich nicht getan habe! Das war eine Unterstellung! — Gegenruf des Abg. Wehner [SPD] : Wollen Sie noch eine Stunde reden?)

Ich gehöre ja beinahe Filbingers Generation an, und auch ich habe in der Nazi-Zeit sechs Jahre lang die Uniform der Wehrmacht getragen und vieles miterlebt. Ich weiß aus eigener Erfahrung wie jeder der damals erwachsen werdenden oder schon erwachsenen Generation, daß man — sei es als Soldat, sei es als Kriegsrichter oder Marinerichter — in vielerlei schwierige und schwierig zu bewältigende Situationen geraten konnte. Es gibt noch ein paar Ältere in diesem Saal, die das alles miterlebt haben. Ich will darüber nicht nachträglich rechten. Der eine ist einer bestimmten sittlich schwierigen Situation vielleicht mit etwas Glück besser gerecht geworden als der andere, vielleicht mit etwas Pech. Ich würde es nicht gut finden, darüber nachträglich zu rechten.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Das sagen Sie mal Herrn Eppler!)

Für mich stehen nicht — wenn ich mich salopp ausdrücken darf — 30 oder wieviel Jahre zurückliegende Sünden oder — bei anderen — Jugendsünden zur Debatte. Für mich steht eigentlich, wenn der Name Dr. Filbingers fällt, der ja wohl z. B. der Erfinder des Schlagwortes von der Alternative „Freiheit oder Sozialismus" ist, die Art seines politischen Kampfstils und sein pathologisch gutes Gewissen zur Debatte.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich benutze sodann für die ganze Bundesregierung die Gelegenheit, zu unterstreichen, was der Herr Kollege Genscher im Laufe dieser Mittagsdebatte ausgeführt hat, nämlich den Appell, in diesen Fragen des Rechts und der Aufrechterhaltung des
Rechts zusammenzustehen. Ich füge hinzu: Ich wünschte mir — unabhängig von unseren Kontroversen —, daß wir auch erkennen, daß wir zusammenstehen müssen und daß wir infolgedessen auch zusammenstehen wollen in der Erziehung zur Rechtsstaatlichkeit, was durchaus viel, viel Gelegenheit läßt, sich zu irren und etwas zu tun, was vor Gericht anders beurteilt wird, als man es selbst im Augenblick seines Handelns beurteilt hat; sonst brauchten wir keine Gerichte. Erziehung zur Rechtstaatlichkeit ist etwas, auf das man sich auf allen Seiten des Hauses einigen sollte.
Nun hat der Abgeordnete Kohl die für mich erstaunliche Bemerkung gemacht, im Bundestag finde keine Politik statt — er hat gesagt: „mehr". Ich weiß nicht, an welchen Zeitraum er dabei dachte.

(Zuruf von der SPD: An seine anderthalbstündige Rede!)

Ich will Ihnen eines sagen, Herr Abgeordneter Kohl: Die Mehrheit dieses Hauses und die Bundesregierung verfolgen auf vielen Feldern seit Jahr und Tag sehr klare politische Linien. Sie erleiden dabei bisweilen Rückschläge und Enttäuschungen; sie sind insgesamt dabei gut gefahren, das Land ist dabei insgesamt gut gefahren. Wer eine andere Politik will, der muß sie in diesem Hause vortragen, damit Politikauseinandersetzung stattfinden kann.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Es hat doch keinen Sinn, wenn man einerseits auf die Darbietung der eigenen politischen Substanz verzichtet, diesen Verzicht andererseits bemänteln zu wollen durch verbale Kraftakte wie „Betrug" und dergleichen Worte, wie Sie sie heute morgen gebraucht haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Sie haben gesagt, es gebe keine parteiische Friedenspolitik. Es klang ein Vorwurf daraus hervor.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ich habe gesagt, Herr Bundeskanzler, es gebe keinen parteiischen Frieden! Das ist doch ein Unterschied! Bitte, zitieren Sie endlich einmal korrekt! — Pfeffermann [CDU/CSU] : Das kann der gar nicht! Ein plakativer Verdreher! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Verehrter Herr Abgeordneter, im Gegensatz zu der Situation, in der Sie sich befanden, als Sie auf meine Rede antworteten — Sie hatten meinen Text vor sich —, habe ich Ihren Text nicht vor mir. Ich zitiere aus dem Gedächtnis und lasse mich gerne in dem Zitat korrigieren. Das, worauf es ankommt, folgt ja noch erst. Ich nehme also Ihren korrigierenden Zwischenruf gerne auf.
Sie haben gesagt, es gebe keinen parteiischen Frieden. Dann haben Sie meinen Parteifreunden oder der ganzen Regierung — das weiß ich nicht so genau, ich muß jetzt vorsichtig sein in meinem Zitat, weil es vielleicht nicht ganz stimmt —, vorgeworfen, wir täten so, als ob Sie nicht für den Frieden einträten.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ja!)




Bundeskanzler Schmidt
Das haben Sie so gemeint?

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ja, ich habe Ihre Wahlplakate in Niedersachsen gesehen!)

— Ich habe sie nicht gesehen,

(Lachen bei der CDU/CSU)

aber ich muß Ihnen eines ganz deutlich sagen: Ich bin in der Tat der Meinung, daß Ihre Außenpolitik dem Frieden nicht dient, selbst wenn sie es will. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich komme darauf gleich zurück, mache aber darauf aufmerksam, daß ein Christdemokrat, der sich ausschließlich über Kraftworte oder Wahlkampfschlagworte oder Schlagzeilen des Gegners deren Exklusivität wegen aufregt, dann im Glashaus sitzt, wenn er nicht in der eigenen Partei dafür sorgt, daß der alternative Gebrauch, die polarisierende Gegenüberstellung von Sozialismus und Freiheit endlich aufhört.

(Beifall bei der SPD)

Das haben doch Sie angefangen, um damit zu insinuieren: Die einen sind für den Sozialismus, aber nur wir, die anderen, die Christdemokraten, sind für die Freiheit. Das war doch wohl Ihre Erfindung, die am Anfang dieser Spirale steht. Wenn auf beiden Seiten zurückgesteckt werden könnte, werden Sie mich dabei finden.

(Zuruf des Abg. Konrad [SPD])

Und nun komme ich zu der Frage, ob Ihre Außenpolitik dem Frieden wirklich dienlich wäre. Sie haben die erstaunliche Bemerkung gemacht, das gemeinsame, von uns mit erarbeitete Kommuniqué des Nordatlantikrates bedeute eine Korrektur der Außenpolitik der Bundesregierung. Was in diesem Kommuniqué steht, Herr Abgeordneter Kohl, entspricht unserer Überzeugung — einer Überzeugung und einer Politik, die wir uns im Lauf von mehr als achteinhalb Jahren erarbeitet haben.
Vielleicht darf ich Sie mit einem gewissen Stolz darauf hinweisen, daß die These vom militärischen Gleichgewicht als einer unverzichtbaren Voraussetzung für Entspannungspolitik der Titel eines Buches ist, das ich während der Großen Koalition_ geschrieben und veröffentlicht habe. Es hat übrigens den Untertitel „Deutsche Friedenspolitik".
Ich darf hier eine gewisse Kontinuität des Denkens und Handelns über ein volles Jahrzehnt jedenfalls für mich in Anspruch nehmen und brauche mir nicht gefallen zu lassen, daß jemand, der zu jener Zeit — sehr verdienstvoll wahrscheinlich - in einem Land Ministerpräsident war, herkommt, die Geschichte klittert und so tut, als -ob eine Versammlung dieser Woche in Washington uns korri- gieren müßte. Im Gegenteil. Unser Beitrag zur gemeinsamen Stabilitätspolitik des Westens war, dieses doppelte Ziel der Allianz zu setzen, nämlich Verteidigungsfähigkeit und Gleichgewicht aufrechtzuerhalten und auf der Basis des Gleichgewichts gleichzeitig die Allianz insgesamt zur Entspannungspolitik einzusetzen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich muß in diesem Zusammenhang auch den damaligen Außenminister Willy Brandt nennen, in dessen Zeit es nämlich fällt, daß die Allianz — soweit wir Deutschen dabei damals beteiligt waren, war es Willy Brandt; übrigens, wenn ich mich richtig erinnere, auch Gerhard Schröder — auf der Basis des Harmel-Berichts zur Zeit der Großen Koalition sich dieses doppelte Ziel gesetzt hat: zum einen die Fähigkeit zur kollektiven Selbstverteidigung zu erreichen und zu bewahren und zum anderen, gestützt auf diese Fähigkeit, die Eindämmung der Konflikte und die kompromißweise Lösung von Konflikten — schlechthin die Entspannungspolitik — ins Visier zu nehmen und als Ziel, als Konzept danebenzustellen.
Ihr Konzept ist das in den letzten achteinhalb Jahren nie gewesen. Sie waren gegen die Ostverträge; Sie waren gegen Helsinki; Sie waren gegen die KSZE. Selbst als die Bundesrepublik Deutschland in die Vereinten Nationen eintrat, waren Sie gespaltener Meinung.
Ich werfe Ihnen das heute nicht vor., Ich bringe es nur deshalb vor, um Ihnen ins Bewußtsein zu heben, Herr Abgeordneter Kohl, der Sie damals in Mainz waren, daß es nicht so ist, daß die deutsche Bundesregierung von heute aus heutigen NATO-Kommuniqués zu lernen hätte, was die doppelte Zielsetzung von Verteidigungsfähigkeit und Entspannung bedeutet. Sondern ich muß Ihnen sagen: Sie haben von der doppelten Zielsetzung der Strategie der Allianz immer nur die erste Hälfte begriffen, niemals . die zweite Hälfte, die Entspannungspolitik.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir sind stolz darauf, daß wir die beiden Hälften der gemeinsamen Weltpolitik der Allianz entfaltet haben — gemeinsam mit unseren Freunden in Amerika, unabhängig davon, welcher Präsident regierte, mit unseren Freunden in Kanada, unabhängig davon, welche Partei dort regierte, mit Frankreich, unabhängig davon, wer dort Präsident war, und ebenso unabhängig von innenpolitischen Entwicklungen in England, in Italien, in Westeuropa, in Nordeuropa.
Lediglich die deutsche CDU/CSU hat ich will
nicht polemisieren und drücke mich deshalb zurückhaltend aus — hier einen gewissen Nachholbedarf. Sie haben sich auch heute in diesem Punkt, obwohl ich mit einem zur Differenzierung geneigten Ohr durchaus Ansätze gehört habe, nicht klar dazu bekannt.
Deutlich ist, daß der außenpolitische Anpassungsprozeß dieser bedeutenden deutschen Parteigruppierung CDU und CSU an die Gesamtpolitik des westlichen Bündnisses noch nicht voll gelungen ist. Er ist bei der CSU weniger gelungen als bei der CDU.

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Ja, es gibt Ausnahmen, z. B. die Rede des Kollegen Strauß, die vorhin mit Recht in Erinnerung gerufen wurde. Das war eine Überraschung, die auch ich registriert habe. Der Anschluß ist aber immer noch nicht voll hergestellt.



Bundeskanzler Schmidt
Ich habe durchaus gehört, daß Sie gesagt haben, Sie teilten in weitestem Umfang den Inhalt des Kommuniqués des Nordatlantikrats. Wenn das so ist, Herr Abgeordneter Kohl, dann lassen Sie doch endlich einmal diese Zustimmung einwirken auf die öffentliche Meinung der Bundesrepublik Deutschland. Dann sagen Sie es doch endlich einmal so deutlich, daß es nicht durch alles mögliche Rankenwerk wieder in Frage gestellt wird. Dann sagen Sie doch endlich — Sie würden uns dann manches der Schlachtfelder abgraben, auf denen wir uns mit Ih- nen herumschlagen müssen — dem deutschen Volk deutlich, daß Sie diese Kombination von Verteidigung und Entspannungspolitik in all ihren wichtigen Details, wie sie die westliche Allianz im Laufe der letzten acht, neun oder zehn Jahre gemeinsam betrieben hat, für richtig halten und daß Sie diese Einsicht nunmehr bejahen. Das wäre wirklich ein Schritt voran, und dann hätten Sie zum heutigen Thema etwas beigetragen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Statt dessen haben Sie noch einmal das Märchen aufgebracht, das neulich schon der Abgeordnete Strauß mit dem Rückversicherungsvertrag vorgetragen hatte. Es war eine Verfälschung. Ich benutze das harte Wort, das Sie hier vorhin eingeführt haben, meinerseits nicht. Die Verfälschung ist durch Herrn Kollegen Genscher unter wörtlicher Vorlesung des originalen Interviews richtiggestellt worden.
Sie haben heute gleichwohl dieselbe Fälschung noch einmal vorgetragen. Sie haben dann gemeint, es sei demjenigen, den Sie mit diesem Wort „Rückversicherungsvertrag" in Anspruch nahmen, zu Unrecht in Anspruch nahmen, um seine eigene Statur gegangen. Ich will Ihnen mal was sagen: Ich habe um meine Statur keine Sorgen, Herr Kohl. Die ist in der ganzen Welt anerkannt!

(Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU — Frau Pack [CDU/CSU]: Welche Hybris! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich bin bereit, die Orte Mainz und Kassel auszunehmen, soweit es sich dort um christlich-demokratische Abgeordnete handeln sollte.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sie haben eine pathologische Arroganz! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Dann appellierte der Abgeordnete Kohl an den Bundeskanzler, er solle in seiner eigenen Partei und Koalition mehr Führung ausüben, er solle nicht nur im Ausland die Wahrheit sagen, er solle auch im Inland dasselbe sagen. Herr Abgeordneter Kohl, es gibt sicherlich in der Partei, der ich angehöre, verschiedene politische Strömungen, und manchmal bedaure ich das. Manchmal sähe ich es lieber, sie würden weniger nach außen dringen. Ich sähe es lieber, sie würden im Innern zu kompromißweiser Entscheidung geführt werden. Aber dies ist ja nicht die einzige Partei mit verschiedenen Strömungen. Die regelmäßige Wiederkehr des Namens Kreuth in
den deutschen Zeitungen erinnert mich daran, daß es dergleichen auch anderswo gibt.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Ein schwacher Trost ist Ihnen geblieben!)

Ich bedaure es gleichwohl.
Sodann haben Sie erneut diese alte Klitterung im Zusammenhang mit einer bestimmten Waffe vorgebracht, über die der amerikanische Präsident eine von uns voll gebilligte und getragene Entscheidung gefällt hat. Sie haben mir Mutlosigkeit vorgeworfen. Auch wenn Ihr Nebenmann jetzt den gleichen Zwischenruf machen sollte wie eben: An ziviler Courage, Herr Abgeordneter Kohl, lasse ich mich ungern übertreffen, auch nicht von Ihnen. Ich bin auch gar nicht getroffen, wenn Sie hier Defizite vortragen wollen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Pfeffermann [CDU/CSU] : Der Cassius Clay des Deutschen Bundestages! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich bilde mir nämlich etwas darauf ein, .daß ich vor Kongressen der Deutschen Gewerkschaftsbewegung auf Punkt und Komma dasselbe sage wie vor Kongressen der Arbeitgeber oder der Unternehmer.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Pfeffermann [CDU/CSU]: Zu etwas unterschiedlichen Zeiten!)

Ich bilde mir etwas darauf ein, daß ich in den Vereinten Nationen nicht anders gesprochen habe als im Nordatlantikrat.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich bilde mir etwas darauf ein, daß ich im Ausland nicht anders spreche als im Deutschen Bundestag. Sie können sich darauf verlassen, daß ich genauso in den Gremien meiner Partei und meiner Fraktion spreche — nicht immer zu jedermanns Freude, wie ich einräume. Aber das ist alles ein und dieselbe Politik, von der ich noch einmal betone, daß sie im allgemeinen im Ausland, einschließlich der dortigen Christdemokraten, durchaus anerkannt wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Fragen Sie einmal Herrn Andreotti. Fragen Sie einmal Herrn Tindemans. Fragen Sie einmal Ihre christdemokratischen holländischen Kollegen.

(Kittelmann [CDU/CSU] : Wann hört denn die Beweihräucherung auf? — Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Die gewinnen dauernd Wahlen! Das macht uns großen Spaß!)

— Wir werden ja auch Wahlen gewinnen, lieber Freund. Ihr werdet am nächsten Montag dumm aus der Wäsche gucken.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ich kann mich an keine Wahl erinnern, die Sie gewonnen haben, Herr Bundeskanzler! — Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Sie präsidieren doch einer Koalition der Verlierer!)




Bundeskanzler Schmidt
— Dann will ich meinen nächsten Satz lieber an Sie adressieren, Herr Kollege Kohl. In Wirklichkeit ist es doch so: Auch die Mehrheit der deutschen Bürger, einschließlich vieler Wähler und sogar Mitglieder Ihrer Partei, ist mit der gegenwärtigen Bundesregierung und mit dem gegenwärtigen Bundeskanzler durchaus zufrieden und will ihn jedenfalls nicht mit Ihnen vertauschen, Herr Abgeordneter Kohl.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)

Mir ist das auch durchaus verständlich, denn es ist ja nicht recht zu erkennen, welche andere Politik in der Substanz — nicht in der Wortwahl, denn diese ist deutlich verschieden, wie Sie gemerkt haben — der Herr Oppositionsführer machen wollte. Bei ihm müßte man die Katze im Sack kaufen, und es stellte sich außerdem noch heraus, daß es der Herr Abgeordnete Strauß ist, der den Sack zugebunden hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809306200
Meine Damen und Herren, laut Tagesordnung müßte jetzt die Fragestunde beginnen. Ich bin aber darauf hingewiesen worden, daß es hier wohl eine Mehrheit gibt, die meint, wir sollten diese Debatte jetzt nicht unterbrechen. Ich muß — weil Betroffene sich auf die ursprüngliche Zeitplanung eingerichtet haben — das Haus aber fragen: Gibt es Bedenken, daß wir die Aussprache jetzt fortsetzen? — Das ist nicht der Fall.
Dann erteile ich dem Herrn Abgeordneten Brandt das Wort.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das Sicherheitsrisiko!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809306300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Abgeordnete Kohl hatte sich während einer längeren Passage seiner Rede heute vormittag an meine Adresse gewandt. Es wäre nicht in Ordnung, wenn ich ihm darauf nicht antwortete. Das Rederecht der Regierung geht vor; deshalb bin ich erst jetzt an der Reihe.
Bevor ich meine Antwort vor allen Dingen zu zwei Punkten gebe, Herr Kollege Kohl, möchte ich Ihnen in aller Offenheit sagen, wie ich die bisherige Debatte und auch die Beiträge von Ihnen und Herrn Zimmermann aufgefaßt habe: als das interessante, wenn auch, wie ich glaube, nicht besonders hilfreiche Beispiel dafür, wie man eine Debatte im Deutschen Bundestag umfunktionieren kann. Ich gebe Ihnen neidlos zu: Das können Sie. Ich bezweifle aber sehr, daß damit der Arbeit dieses Hauses und der deutschen Demokratie gedient ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Wollen Sie bestimmen, was wir sagen dürfen? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich möchte mich zu zwei Punkten äußern, nach denen Sie besonders gefragt haben. Erstens beziehe ich mich auf das, was mit dem sogenannten Extremisten- oder. Radikalenbeschluß aus dem Jahre 1972 zusammenhängt. Zweitens möchte ich mich zu dem äußern, was Sie in einer öffentlichen Äußerung gestern noch deutlicher als in Ihrer heutigen Rede als den Versuch bestimmter Leute, eine Art neuer Entnazifizierung in der Bundesrepublik anleiern zu wollen, bezeichnet haben.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Unter Aussparung der Sozialdemokraten!)

Was den ersten Punkt angeht, Herr Kollege Kohl, so haben Sie — das stützt sich auf einen Artikel, von dem ich gar nicht weiß, ob Sie ihn ganz gelesen haben oder ob Sie ihn nur auszugsweise kennen; ich muß übrigens zugeben: Mir kann es auch passieren, daß man zuerst nur Auszüge bekommt und hinterher nachfragen muß, in welchen Zusammenhang man das Gelesene einordnen muß — heute hier und noch mehr in Reden in Niedersachsen in den letzten beiden Wochen folgenden Eindruck erweckt: Da kommen die Sozialdemokraten und deren Vorsitzender sagt: Dieser Erlaß — oder wie immer man es nennen will — aus dem Jahre 1972 paßt uns nicht mehr; davon nehmen wir Abschied. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten ist dafür, daß unsere Kinder von Kommunisten unterrichtet werden. — Das ist die Kurzfassung dessen, was Sie hier nicht nur dem Hause, sondern von diesem Hause aus den uns Zuhörenden haben vermitteln wollen.
Jetzt möchte ich Ihnen mal in fünf Minuten darlegen, worum es dabei wirklich geht und daß Sie eigentlich Grund hätten, nuancierter an dieses Problem heranzugehen, als es Ihre beiden Kurzfassungen ergeben.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Als Sie es eben dargestellt haben!)

Herr Kollege Kohl, es ist richtig: Damals, im Jahre 1972, kamen zuerst die Innenminister. Ich glaube, es war der Hamburger Innensenator, der deren Vorsitzender war. Dann kamen die Ministerpräsidenten; Sie waren Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Dann hat das Kabinett natürlich von mir Bericht darüber bekommen, und wir alle waren der Meinung, wir sollten den Versuch machen — leider ist er meinen Beobachtungen nach schon vor langem gescheitert —, natürlich nicht neues Recht zu setzen — das wußten wir damals schon —, aber auf der Basis des geltenden Rechts die Verfahrensweisen bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst zu vereinheitlichen und das gebotene Maß an Rechtssicherheit herzustellen, damit nicht in einem Land anders als im anderen und in den Ländern anders als im Bund verfahren würde.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das war sehr verdienstvoll!)

Genau dies aber ist — wie jeder feststellt, der sich umschaut in deutschen Landen — nicht erreicht worden.

(Zustimmung bei der SPD — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wo nicht?)

Vielmehr ist die einheitliche Handhabung durch
eine Vielzahl von einander völlig entgegengesetzten



Brandt
Verhaltensweisen und Handhabungen abgelöst worden.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Osswald z. B. damals in Hessen!)

Die Überprüfungspraxis zahlreicher Behörden hat eine Eigendynamik entwickelt, die auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts leider nicht zurückgeschraubt hat. Das ist die Tatsache.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Welche Behörden, Herr Brandt?)

Die Verselbständigung ist zuweilen so weit gegangen,

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Er soll doch einmal Roß und Reiter nennen!)

daß den Überprüfungen geradezu groteske Züge anhaften.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wo denn?)

Dazu haben nicht nur wir uns geäußert, sondern das ist immer mehr ein Ärgernis in deutschen Landen geworden.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Roß und Reiter nennen!)

— Warten Sie einen Augenblick! — Es wurde ins Gegenteil verkehrt, was mit dem Beschluß der Ministerpräsidenten erreicht werden sollte.
Dies gilt zunächst in zahlenmäßiger Hinsicht. Keiner von uns hat damals gemeint, dies würde dazu führen, daß in Hunderttausenden von Fällen danach gefragt würde, was jemand einmal in einer Schülerzeitung geschrieben hat, ob er einmal an einer Demonstration teilgenommen hat, ob ein Mädchen irgendwann einmal an einem Info-Stand gestanden hat. Ich habe das nicht gemeint und nicht gewollt, und ich meine, Sie haben es damals auch noch nicht so gewollt.
Dies gilt aber nicht nur in zahlenmäßiger Hinsicht, sondern auch in bezug auf die Belastung, die sich für das geistige Klima in der Bundesrepublik ergeben hat. Der Aufsatz, auf den Sie sich in einer unerlaubten Kurzfassung beziehen, trägt nicht ohne Grund die Unterüberschrift „Eine Belastung für das geistige Klima in der Bundesrepublik Deutschland". Darum geht es.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Und jetzt sage ich ohne Polemik: Es ist offenbar nicht oder nur sehr schwer möglich — und das geht nicht nur an die Adresse von Ländern der einen Couleur —, Tatsachenerhebungen und Gesinnungskontrollen voneinander zu trennen.
Da aber haben für viele meiner Freunde und mich, aber auch für viele, die nicht Sozialdemokraten sind, und für manche, die gar keiner Partei angehören, Anlaß zu besonderer Sorge Tendenzen in einigen Ländern gegeben, einem Bewerber schon anzulasten, daß er Teile der Verfassung für veränderungswürdig hält, auch wenn er die Grundrechte bejaht. Hieraus Verfassungsfeindlichkeit abzuleiten, ist besorgniserregend. Das Grundgesetz darf nicht so restriktiv
ausgelegt werden, wie es die Art vieler Konservativer in diesem Lande ist.

(Beifall bei der SPD)

Die Sozialdemokratische Partei hat schon im Jahre nach dem Beschluß, auf den Sie sich bezogen haben, schon im Frühjahr 1973, als ich noch für die Regierungsgeschäfte verantwortlich war, auf ihrem Hannoverschen Parteitag festgestellt:
Die Selbstverständlichkeit, daß Personen, die verfassungswidrige Ziele verfolgen, nicht in den öffentlichen Dienst gehören, darf nicht länger dazu mißbraucht werden, Duckmäuserei mit Verfassungstreue gleichzusetzen.

(Beifall bei der SPD und der FDP) Das hat die SPD schon im Jahre 1973 gesagt.

Was nun die Lehrer angeht, Herr Kollege Kohl: Wenn Sie die Freundlichkeit hätten, sich mit meinen Gedanken dazu unvoreingenommen auseinansetzen, so würden Sie folgendes feststellen: Ich habe gesagt — das trifft sich übrigens mit Überlegungen mancher meiner Kollegen und Freunde aus der Freien Demokratischen Partei —: eine Sache ist, daß es für die eigentlichen sicherheitsrelevanten Bereiche wohl einer automatischen Vorprüfung bedarf, während es für die anderen Bereiche — und dazu gehören dann auch die Schulen — weniger darauf ankommt, was jemand einmal in der Schülerzeitung X geschrieben oder ob er einmal an einer Demonstration teilgenommen hat. Vielmehr kommt es auf sein Verhalten in der Ausbildung und im Dienst an. Und dazu haben wir in unserer Bundesrepublik Deutschland das Disziplinarrecht.

(Beifall bei der SPD)

Im übrigen sage ich — Kommunisten her, Kommunisten hin; ich sage es weit darüber hinaus —: Gerade in der Schule gilt es, jede Form von Indoktrination zu verhindern,

(Beifall bei der SPD und der FDP)

und Indoktrination hängt bekanntlich nicht von einer bestimmten Parteizugehörigkeit ab.
Ich habe gemeint und meine: Die negativen Folgen des seinerzeitigen Ministerpräsidenten-Beschlusses müssen bereinigt werden. Ich meine, das ist ein demokratisch-rechtsstaatliches Gebot. Ich meine auch, daß es nicht auf die lange Bank .geschoben werden darf. Deshalb bin ich dem Bremer Bürgermeister, meinem Kollegen und Freund Hans Koschnick, so dankbar, daß er sich dieser schwierigen Aufgabe — im Kontakt mit Kollegen aus anderen Ländern und auch nach Vorklärungen in der eigenen Partei — über die Parteigrenzen hinweg annehmen will.
Lassen Sie mich Ihnen, verehrte Kollegen von der CDU/CSU, sagen: In der Verteidigung unserer rechtsstaatlichen Demokratie, so wie sie durch das Grundgesetz festgelegt ist, ließen und lassen wir uns in dieser Bundesrepublik Deutschland von niemandem übertreffen und überbieten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)




Brandt
Deshalb galt und gilt auch: Wer die Demokratie bekämpfen will, der soll sich seinen Arbeitsplatz nicht in der Verwaltung des demokratischen Staates suchen. Das hat aber nichts damit zu tun, daß wir nicht aufgerufen wären — wir jedenfalls fühlen uns aufgerufen; ich bin sogar ungeduldig, daß wir dabei nicht rascher Fortschritte machen —, Ansätze zur Gesinnungsschnüffelei und zum Duckmäusertum im Keim zu ersticken. Denn das müßte die Aufgabe sein.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Äußerung des Bundesverfassungsrichters Helmut Simon, die ich heute früh durch meine Zwischenfrage zitiert habe, Herr Kollege Kohl, daß die Auswirkungen dieses Erlasses etwas Erstickendes an sich hätten, müßte uns doch allen zu denken .geben.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sagen Sie einmal, wo!— Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

In diesem Zusammenhang, Herr Kollege Kohl, muß ich mit Entschiedenheit die Äußerungen zurückweisen, die Sie in den letzten Tagen — außerhalb dieses Hauses häufiger als hier — gemacht haben, nämlich Ihre Deutung der Solidarität der Demokraten. Ich fand es makaber, das bitterernste Thema des Terrorismus erneut in den Wahlkampf, in die Landtagswahlkämpfe zu tragen; aber das ist Ihre Sache.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Makaber sind die Tatsachen! — Frau Pack [CDU/CSU] : Das brennt den Leuten doch unter den Nägeln! — Lachen und weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

— Hören Sie einmal einen Augenblick zu! — Dies ist um so empörender, als sich der niedersächsische Ministerpräsident Albrecht noch immer nicht von seiner unglaublichen Äußerung von vor etwas mehr als einem Monat distanziert hat, durch die er die Entstehung des Terrorismus und Gewaltverbrechen mit der Bildung der sozialliberalen Koalition ursächlich in Zusammenhang bringen wollte.

(Pfui-Rufe bei der SPD)

Und ich sage Ihnen hier wie der Öffentlichkeit in Niedersachsen: Wer zu einem bitterernsten Thema so leichtfertig und leichtgewichtig daherredet — das war übrigens zu dem Zeitpunkt, . als der Führer der italienischen Christdemokraten, Aldo Moro, in der Hand der Terroristen war, die ihn dann umgebracht haben — und dann nicht .die Kraft hat, das in Ordnung zu bringen, der taugt nicht zum Regierungschef eines deutschen Landes.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Herr Brandt, im Gegensatz zu Ihnen ist er noch Regierungschef! — Diese Wahlrede! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Das hilft ja alles nichts! Sie haben das ja gewollt,
und Sie können doch nicht erwarten, daß Sie es in
der SPD und an deren Spitze mit Masochisten zu tun haben. Das können Sie 'doch wohl nicht erwarten!

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Wer mußte denn als Regierungschef zurücktreten, und wer ist denn als Regierungschef zurückgetreten? Sie oder Herr Albrecht? — Dr. Marx [CDU/CSU] : Und warum? — Gegenrufe von der SPD)

Herr Kollege Kohl, ich komme zu dem anderen Punkt, nämlich zu Ihrer Unterstellung, die gestern in der 'Mitteilung aus Ihrer Fraktion noch etwas deutlicher war als heute. Sie nannten es besonders verantwortungslos, daß es die Taktik — so hieß es wörtlich — führender Sozialdemokraten sei, eine Art neue Entnazifizierungskampagne zu entfachen.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Unter Aussparung der Sozialdemokraten!)

Herr Kollege Kohl, Sie haben heute in mehreren Zusammenhängen, wo es vielleicht nicht so angebracht war, den Ausdruck „ungeheuerlich" verwendet. Ich verwende ihn in diesem Zusammenhang.

(Beifall bei der SPD)

Die deutschen Sozialdemokraten haben sich mit Kurt Schumacher — und ich war dieser seiner Meinung — schon damals, als diese sogenannte Entnazifizierung eingeführt wurde, dagegen gewendet, daß hier in diesem Land die Kleinen gehängt wurden und man die Großen laufen ließ.

(Beifall bei der SPD — Frau Pack [CDU/ CSU] : Wie billig!)

Ich halte es für Konrad Adenauers große staatsmännische Leistung, daß er einen generationsmäßigen Abstand zwischen dem Ende der NS-Zeit und denen, die dann diesen Staat zu stabilisieren hatten, geschaffen hat. Das ist eine Leistung durch Zeitgewinn, die manche falsch eingeschätzt haben, aber die wohl als eigentlicher Ertrag der Ära Adenauer übrigbleibt. Darin stimme ich mit Ihnen natürlich überein. Dieses Volk hätte nicht leben können, diese Republik hätte nicht Gestalt annehmen können, wenn sich nicht alle Beteiligten geöffnet hätten für alle Teile des Volkes und wenn wir nicht Schlachten von gestern und vorgestern solche hätten bleiben lassen, wenn wir uns nicht vorgenommen hätten, sie nicht immer noch einmal zu schlagen. Das ist die eine Seite.
Ich habe mich an der öffentlichen Debatte über einen deutschen Ministerpräsidenten nicht beteiligt. Ich glaube, es ist dabei von mehr als einer Seite Unzweckmäßiges gesagt worden.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : In allen Zeitungen steht es!)

Aber ich stehe zu dem, was ich gestern aus gegebenem Anlaß einigen Journalisten gesagt habe, daß man nämlich schon über die Sensibilität eines Rhinozeros oder über eine ungewöhnliche Fähigkeit zur Verdrängung verfügen muß, wenn man nicht die Kraft oder den Mut aufbringt, sich — jedenfalls hinterher — eindeutig vom furchtbaren Tun von Richtern im Hitlerstaat abzusetzen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)




Brandt
Zeitungsartikel sind eine Sache. Akademische Abhandlungen sind eine andere Sache. Todesurteile und deren Exekution haben noch eine besondere Qualität.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte, verehrte Anwesende, jetzt auch noch vier Bemerkungen zum eigentlichen Gegenstand der Debatte machen.
Erstens. Es ist heute üblich geworden, für Entspannung zu sein. Ich will nicht an Zeiten erinnern, in denen man deswegen noch hart getadelt wurde. Es ist gut, wenn man jedenfalls verbal für Entspannung ist.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Es kommt darauf an, was man darunter versteht!)

Gerade weil ich, wie jeder weiß, mich für den Abbau von Spannungen, wie ich meine, ohne Illusionen, aber mit Beharrlichkeit eingesetzt habe

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Wie S i e meinen!)

— hören Sie doch einmal zu, Herr Marx; hier werden Sie wahrscheinlich sogar zustimmen —, deshalb sage ich: Politische Entspannung wird die nächsten Jahre und wird die Entwicklung hinein ins nächste Jahrzehnt nicht überleben, wenn sie nicht durch Vereinbarungen auf dem militärischen Gebiet ergänzt wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das ist meine Einsicht in den Prozeß, in dem wir stehen und der vor uns liegt.
Ich muß allerdings, Herr Kollege Kohl, zurückweisen, wenn Sie in diesem Zusammenhang denen, die Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre die politische Verantwortung für die Bundesrepublik getragen haben und dabei eine Mehrheit in diesem Haus und auch der deutschen Wähler hinter sich gebracht haben, unterstellen, sie hätten die Sicherheitsinteressen dieses Staates vernachlässigt. Das ist nicht nur unrichtig und ungerecht, sondern es ist auch die Unterstellung, daß man die Interessen dieses Staates nicht so wahrgenommen hätte, wie man es beschworen hatte. Diesen Vorwurf brauche ich nicht hinzunehmen. Ich nehme ihn auch nicht hin.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Er wird auch ganz eindeutig durch die Erörterungen im Bündnis in jenen Jahren und durch das, was deutsche Verteidigungsminister hier und anderswo dargelegt haben, widerlegt.
Zweitens. Ich sagte, politische Entspannung allein werde nicht halten. Ich stimme auch mit der These überein — das ist ein Gebiet, wo es jedenfalls Annäherungen zwischen Regierung und Opposition gab —, daß Entspannung, die allein auf Europa beschränkt bliebe, auch nicht viele Jahre halten würde. Allerdings mache ich dann folgende Einschränkung. Zu glauben, man könnte die Entwicklung auf anderen Kontinenten allein aus der Übertragung der Kategorien erklären, mit denen wir es in Europa im Ost-West-Konflikt zu tun haben, führt uns in die Irre. Das hat uns Asien gezeigt. Der britische Premierminister hat im Anschluß an die NATO-Tagung nicht ohne Grund deutlich darauf hingewiesen, daß
auch in Afrika eine ganze Reihe eigener — nicht nur zusätzlicher, sondern originärer — Elemente im Spiel sind, die man immer in ihrem Zusammenwirken mit den von außen kommenden interventionistischen Faktoren sehen muß.
Drittens. Auch mir liegt daran, wie es der Kollege Ehmke heute vormittag für die sozialdemokratische Partei schon getan hat, der Bundesregierung, dem Bundeskanzler, dem Bundesaußenminister für den gewichtigen deutschen Beitrag insbesondere auch zur Erörterung der Vereinten Nationen zu einem Thema, das dort noch jahrelang die Menschen in Anspruch nehmen wird, Dank zu sagen. Aber es wird von dort etwas ausgehen. Jedenfalls wird einiges von dem, was dort eingespeist wird, im internationalen öffentlichen Bewußtsein weiterwirken. Ich hoffe, daß ein paar Zahlen auch in unserem Volk deutlicher werden, z. B. die Zahl, daß heute, an diesem 1. Juni 1978, wie an jedem Tag dieses Jahres zwei Milliarden DM für Rüstung auf der Welt ausgegeben werden, 800 Milliarden DM in einem Jahr. Ich sage uns allen, Ihnen und den Menschen draußen: Eine nochmalige Verdoppelung dieser weltweiten Rüstungen halten selbst die stärksten Volkswirtschaften nicht durch. Die Menschheit rennt in ihr Verderben, wenn es die politisch Verantwortlichen im nächsten Jahrzehnt nicht dahin bringen, daß sich die Rüstungsspirale nicht weiter nach oben dreht.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Viertens ist dann mit dem Thema der Rüstungsbegrenzung, zu dem es einen — ich sage es noch einmal — gewichtigen deutschen Beitrag gegeben hat, der Ausgleich zwischen reichen Industrieländern und armen Entwicklungsländern enger verbunden, als wir bisher gemeint haben. Die Anregung, die der französische Staatspräsident Giscard d'Estaing hierzu in New York gegeben hat, die andere gegeben haben — ich erwähne jetzt nicht ausdrücklich die beiden wichtigen Passagen in der Rede des Bundeskanzlers hierzu —, sollten nachdrücklich weiter verfolgt werden. Das Echo läßt hoffen, daß nach dem Ende dieser Sondergeneralversammlung gerade auch das Thema Abrüstung und Entwicklung einen festeren Platz in der öffentlichen Meinung behalten wird. Ich meine, es darf keine Illusion bleiben, daß ein Teil der Mittel, die heute für Rüstungen auf der Welt ausgegeben werden, künftig, noch im nächsten Jahrzehnt, für die Entwicklung auf der südlichen Halbkugel und für die Kooperation zur Verfügung stehen müssen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809306400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kohl.

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809306500
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst eine kurze Bemerkung zu dem Stil, mit dem Sie, Herr Bundeskanzler, die parlamentarische



Dr. Kohl
Auseinandersetzung im Blick auf Ihre Zitatenfähigkeit hier praktizieren.

(Zurufe von der SPD)

Sie sagten beiläufig, Sie hätten nicht meinen Text. Sie haben gesehen, daß ich weitgehend frei gesprochen habe. Herr Bundeskanzler, Sie wissen auch, daß wir immer reden müssen, ohne Ihre Texte wirklich zu kennen. Es gehört zu Ihrer Regierungspraxis im Umgang mit der Opposition, daß man etwa eine Minute vor Sitzungsbeginn, wenn überhaupt, einen Text der Regierungserklärungen in die Hand bekommt.

(Zuruf von der FDP)

— Vielleicht sind es auch fünfzehn Minuten.
Herr Bundeskanzler, Sie haben vorhin aus der Fülle Ihrer parlamentarischen Erfahrungen und der Bedeutung dieser Erfahrungen beiläufig die Provinz da draußen erwähnt. In einem ordentlichen deutschen Landtag, gleichgültig, ob SPD oder CDU dort die Regierungsgeschäfte führen, wäre Ihre Praxis im Umgang mit der Opposition bei Regierungserklärungen völlig undenkbar. Das ist Ihr spezieller Stil.

(Beifall bei der CDU/CSU) Aber ich weiß, das ficht Sie alles nicht an.

Ich muß sagen: Ich muß Ihnen auch im Namen meiner Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion meine rückhaltlose Bewunderung darüber zum Ausdruck bringen

(Demonstrativer Beifall bei der SPD)

— jetzt müssen Sie wirklich klatschen —, wie Sie es fertigbringen, sich über viele Minuten unentwegt selbst zu loben und das auch noch zu glauben, was Sie gesagt haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Wenn es andere nicht tun, tut er es selber!)

Ich habe selten einen Politiker erlebt, der sich mit soviel Überzeugung selbst auf die Schulter schlägt und unentwegt sagt, was er für ein großartiger Mann ist.

(Erneute Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundeskanzler, ich habe überhaupt nichts dagegen, daß das so ist und Sie das so glauben. Das ist wirklich Ihre Sache. Aber ersparen Sie uns die Peinlichkeit, das andauernd von Ihnen hören zu müssen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es war schon verräterisch — ich bin hier nicht an das Pult gegangen, um tiefenpsychologische Zusammenhänge aufzudecken, aber das ist so reizvoll, daß ich als Parlamentarier abdanken müßte, wenn ich es nicht wenigstens andeutete —, daß Sie sogar noch der Vergleich mit Bismarck gereizt hat. Das war sehr bemerkenswert, Herr Bundeskanzler.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Ich habe das im Zusammenhang mit dem Rückversicherungsvertrag ganz anders gesehen — ebenso
das, was Sie dann über den Bundesaußenminister
gesagt haben. Das Zitat habe ich gar nicht verwandt. Das, was Sie hier veranstaltet haben, war ein reines Schattenboxen. Ich habe nur gesagt, daß Sie bei dem Begriff „Rückversicherungsvertrag" die Inspiration bekommen haben — und daß Sie auf die gleiche Ebene wie jener andere Kanzler kommen wollten. Das war schon zu viel — oder zu wenig, wie man es nimmt. Sie sind natürlich mehr als jener Kanzler. Sie sind einzig in Ihrer Art. Das ist in der Tat bemerkenswert, Herr Bundeskanzler.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In diese Betrachtung paßt auch, wie Sie dann die übrigen Tatsachen darstellen. Herr Bundeskanzler, ich käme doch nie auf einen solchen Gedanken, wenn ich — so wie Sie — die Bundestagswahl verloren hätte. Sie sind — und das ist statistisch nachweisbar; alles können Sie doch nicht herumdrehen — der Mann, der in der Geschichte der Bundesrepublik bei einer Wahl den höchsten Stimmenverlust eingeheimst hat. Da reden Sie von einem Wahlsieg. Das ist auch bemerkenswert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Brandt, was müssen Sie dann im Zusammenhang mit der 72er Wahl sagen, wenn das 1976 ein Wahlsieg war? Ich sage Ihnen das zum Trost, wenn Sie hier so über manches Ihre Gedanken anstellen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, eines ist sicher: In der Frage der völlig uneingeschränkten Bewunderung für sich selbst ist Helmut Schmidt der Größte in unserer Bundesrepublik. Er wird auch in langer Zeit nicht übertroffen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber jetzt, Herr Bundeskanzler, ein paar Bernerkungen zu jenem Teil Ihrer Ausführungen zur Sachpolitik, von dem ich einfach sagen muß: Das kann nicht so stehenbleiben. Auch auf die Gefahr hin, daß Sie es wieder verübeln: Der amtierende Kanzler der Bundesrepublik Deutschland darf zu Recht in diesem Fall an seinen Amtseid erinnert werden, wonach er für alle Bürger die Geschäfte zu führen hat — ich unterstelle, daß Sie das tun wollen. Sie sollten aber nicht aus bloß parteipolitischem Interesse von der Rostra des Deutschen Bundestages herab sagen: Die Außenpolitik der CDU/CSU-Fraktion dient nicht dem Frieden. Und dann haben Sie nach einer Pause hinzugefügt: Selbst wenn sie dies will.
Herr Bundeskanzler, es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder es fehlt Ihnen an intellektueller Einsicht — und ich denke nicht daran, Ihnen das zu unterstellen —, oder es ist einfach böswillig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie kennen so gut wie ich unsere Texte. Sie kennen die gemeinsame Wahlplattform von CDU und CSU, die verbindlich ist. Sie haben eine ähnliche Wahlplattform in der SPD. Das ist das Übliche in Parteien. Sie wissen ganz genau, daß alles das, was Sie über den Zusammenhang zwischen Verteidigungs- und Abrüstungspolitik hier behauptet haben, einfach unwahr ist. Wir haben Friedenspolitik



Dr. Kohl
immer unter den folgenden zwei Gesichtspunkten gesehen: Friede ist für uns nur ein wahrer Friede in Freiheit. Freiheit kostet das Opfer der Verteidigungsbereitschaft. Und Entspannung ist eine wichtige Voraussetzung für dauerhafte Friedenspolitik. Das habe ich von diesem Pult oft genug gesagt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundeskanzler, wie können Sie, wenn Sie wirklich so viele Kontakte mit ausländischen Politikern haben, ernsthaft behaupten, die CDU/CSU habe den Anschluß an die Gesamtpolitik des Bündnisses verloren?

(Huonker [SPD]: Weil es wahr ist!)

Herr Bundeskanzler Helmut Schmidt: Wir, die Christlich Demokratische Union und die ChristlichSoziale Union, sind Mitglieder der Europäischen Volkspartei. Die CDU ist die größte Landesverbandspartei der Europäischen Volkspartei. Wir sind Mitglieder der Europäischen Demokratischen Union, Herr Bundeskanzler Helmut Schmidt. Wir befinden uns in der Parteiengemeinschaft, ,die die stärkste parteipolitische Gruppierung in Europa ist. Das wissen Sie doch so gut wie ich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie etwa das Programm der Europäischen Volkspartei im Blick auf die Europawahlen im nächsten Jahr betrachten, werden Sie feststellen, in welch starkem Umfang sich hier Geist vom Geiste aus den Unionsparteien niedergeschlagen hat; in welch starkem Maße wir bei der Formulierung der Grundsätze mitgewirkt haben. Angesichts solcher Tatsachen können Sie es sich doch nicht so einfach machen und von diesem Pult aus sagen: Ihr findet nicht Anschluß an die Gesamtpolitik des Bündnisses. Den findet überhaupt nur einer; nur unter der Führung von Helmut Schmidt findet ein Anschluß an irgend etwas statt — nur an die Wähler nicht, Herr Bundeskanzler, wenn ich Sie noch einmal an Ihr Wahlergebnis vom letzten Mal erinnern darf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dann haben Sie eine solche Verdrehung vorgenommen — da ist an sich die Intelligenz des Zuschauers herausgefordert —, daß man das gar nicht mehr ansprechen sollte. Aber ich muß es dennoch tun. Sie haben schlankweg behauptet, wir wollten den Terrorismus mit mehr Gesetzen bekämpfen. Sie haben die allgemeine Verdrossenheit über die Gesetzesflut mit der Terrorismusgesetzgebung in Zusammenhang gebracht. Herr Bundeskanzler, Sie wissen, daß das nicht stimmt. Sie wissen so gut wie ich, daß die wirkliche Bekämpfung des Terrorismus auf drei Feldern gleichzeitig geschehen muß. Das erste Feld betrifft den gesamten Bereich, wo es um die Verstärkung der Staatsorgane — auch im technischen Bereich — geht, um die Zusammenarbeit von Bund und Ländern, um die Zusammenarbeit mit befreundeten Ländern in Europa — und zwar außerhalb der Gesetzgebung. Hier bleibt noch vieles zu tun; einiges ist geschehen.
Zweitens. Sie selbst haben doch Krisenstäbe, Diskussionsrunden nach der Ermordung von Hanns Martin Schleyer einberufen und gesagt, was man
alles tun müsse. Daß es nicht zur gesetzgeberischen Arbeit kam, liegt doch nicht an Ihren neuen Einsichten, sondern das liegt daran, daß Sie in der eigenen Partei keine Mehrheit haben, daß Sie erpreßbar geworden sind, daß in Wirklichkeit die Linken dieses Kabinett regieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das dritte Feld, Herr Bundeskanzler, bei der Bekämpfung des Terrorismus ist für uns das wichtigste. Das ist die Auseinandersetzung mit den geistigen Hintergründen. Da höre ich von Ihnen immer wieder, daß diese Auseinandersetzung notwendig sei. Ich frage Sie: Was haben Sie getan, was haben Sie in Ihrer eigenen Partei getan, um die Diskussion zu fördern? Es ist doch z. B. unerträglich, daß an deutschen Universitäten ganze Institute, ganze Fakultäten in einer Weise indoktriniert sind, daß die Freiheit von Lehre und Forschung dort abgeschafft ist — und Andersdenkende nicht mehr geduldet werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein Weiteres: Im Zusammenhang mit .den Fragen, die Sie gegenüber Hans Filbinger aufwarfen, ist eigentlich deutlich geworden, Herr Kollege Brandt
— bei Herrn Schmidt eigentlich mehr als bei Ihnen —, um was es Ihnen wirklich geht. Herr Bundeskanzler, Sie waren mit dem Thema sehr rasch zu Ende, um dann zu sagen, daß dieser Mann
— ich zitiere Sie wörtlich — ein pathologisch gutes Gewissen habe. Schließlich meinten Sie, der eigentliche Punkt sei, daß er in der Gegenwart eine so entschiedene, eine so entschlossene, eine so kantige Politik führe. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich finde das, was Sie gesagt haben, unerträglich.
Wenn Sie sich mit dem Politiker Hans Filbinger über seine politischen Aussagen in der Frage des Terrorismus oder in Fragen der Bildungspolitik auseinanderzusetzen haben, dann tun Sie das bitte. Aber vermengen Sie nicht Vorgänge miteinander, die miteinander gar nichts zu tun haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist das eigentlich Unerträgliche. Aus Ihren Äußerungen, Herr Bundeskanzler, ist deutlich geworden: Ihnen geht es doch gar nicht um Fragen der jüngsten Geschichte, sondern Ihnen geht es um die Diffamierung eines politischen Gegners, den Sie als gefährlich erkannt haben. Das ist die eigentliche Erfahrung.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Roth [SPD] )

Dann seien Sie, Herr Bundeskanzler, ganz unbesorgt um den Parteivorsitzenden. In der Zeit meines Amtes als Parteivorsitzender sind CDU und CSU die mitgliederstärkste Partei in Deutschland geworden. Um das zu erreichen, werden Sie noch lange brauchen. Ich kann Ihnen nur sagen: Sprechen Sie mehr mit Ihren Mitgliedern. Bringen Sie uns doch einmal eine sozialdemokratische Mutter, die damit einverstanden ist, daß ihre Kinder in der Schule von kommunistischen Lehrern erzogen werden. Dann hätten wir einmal ein Beispiel.

(Beifall bei der CDU/CSU)





Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809306600
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0809306700
Nein.

(Wehner [SPD] : Wie viele Stunden soll diese Groteske noch andauern? — Zurufe von der CDU/CSU: Unerhört! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Herr Abgeordneter Wehner, die CDU/CSU-Fraktion erträgt Sie jetzt seit Jahrzehnten. Sie müssen mich auch noch zehn Minuten lang ertragen.
Letzter Punkt, Herr Bundeskanzler. Sie haben wieder nach der Alternative gefragt. Die Alternative liegt doch auf dem Tisch. Wir haben Ihnen zum Thema Wiederbelebung unserer Wirtschaft und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Vorschläge gemacht. Wir haben Ihnen doch Jahr für Jahr Vorschläge zur Beseitigung der Abgaben- und Steuerlast des Bürgers gemacht. Wir waren als Opposition dazu bereit, auch unpopuläre Entscheidungen mitzutragen. Sie wissen doch so gut wie ich, daß keines Ihrer staatlichen Investitionsprogramme die Zündung bringen wird, daß die Zündung nur erfolgt, wenn wir den Bürger von Steuern und Abgaben entlasten, wenn wir die Investitionsfreudigkeit im privaten Sektor herausfordern. Das ist doch der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sagen Sie bitte nicht unseren Zuhörern, wir hätten keine Alternative, sonst muß ich Ihnen die Drucksachen vorlegen und Sie bitten, doch endlich einmal mitzustimmen. Dann wäre das Problem gelöst.
Ich will noch einen zweiten Punkt nennen, der in den nächsten Jahren zu einem Skandal zu werden droht: Wo ist eigentlich Ihre Energiepolitik, Herr Bundeskanzler? Wir, die CDU/CSU, haben Ihnen angeboten, bei notwendigen, wichtigen, schwierigen und vielleicht auch unpopulären Entscheidungen die Verantwortung mit zu übernehmen. Sie waren doch gar nicht in der Lage, dieses Angebot anzunehmen. Wie hieß es kürzlich in einem Kreis, als über das Thema gesprochen wurde? Diese Vorlage könne nicht eingebracht werden, weil es keine Mehrheit gebe. Auf meine erstaunte Frage nach dem warum wurde mir dann gesagt: Natürlich — im Parlament könne man eine Mehrheit haben, aber in der Koalition nicht. Und weil in der Koalition keine Mehrheit besteht, kann man natürlich auch im Parlament keine Mehrheit herbeiführen. Das ist der Stil der Zusammenarbeit bei uns in der Bundesrepublik.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Brandt, noch eine kurze Bemerkung zu dem, was Sie hier zum Extremistenerlaß sagten. Ich kann nicht erkennen, daß Sie zu den Vorwürfen in diesem Zusammenhang wirklich etwas Bereinigendes gesagt hätten. Denn im Kernstück sind wir doch gar nicht auseinander, und wir waren es auch damals nicht.

(Zuruf von der SPD)

— Ich weiß nicht, warum Sie jetzt so dazwischenrufen; Sie wissen ja noch gar nicht, was ich sagen will. Ich habe es Ihnen heute früh schon einmal versichert: Das ist ja das Schlimme in dieser parlamentarischen Auseinandersetzung; Sie sind schon dagegen, wenn nur der Name aufgerufen wird, anstatt sich um das Thema zu bemühen.
Herr Kollege Brandt, wir sind doch damals gemeinsam davon ausgegangen — ich lege Wert auf diese Feststellung, weil ich hoffe, daß man doch noch etwas an Gemeinsamkeit retten kann —, daß hier nicht linear verfahren werden darf, sondern daß man das individuelle Schicksal des Betroffenen sehen muß. Ich kann Ihnen nur sagen: ich war viele Jahre in einem solchen Amte, und ich habe das nie anders gehandhabt. Weil dies so ist, verstehe ich diesen Einwand überhaupt nicht. Wenn Sie hier beispielsweise von Hunderttausenden von Fällen sprechen, dann muß ich Ihnen doch wirklich die Frage stellen: Von welchen „Hunderttausenden von Fällen" reden Sie denn eigentlich? Es kann doch gar keine Rede davon sein, daß in Hunderttausenden von Fällen Recherchen dieser Art, die Sie beklagt haben, angestellt werden. Aber, meine Damen und Herren, wir haben doch damals nicht neues Recht gesetzt — Herr Kollege Brandt, das muß man doch noch einmal in Erinnerung rufen —, sondern wir haben den Text —

(Zuruf von der SPD)

Wissen Sie, Herr Kollege, ich war viele Jahre Ministerpräsident eines Bundeslandes. Ich habe täglich mit diesen Fragen zu tun gehabt. Mit jemandem darüber zu diskutieren, der offensichtlich die einfachsten Voraussetzungen nicht hat, ist sehr schwierig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Brandt, hier geht es doch darum, daß man die geltende Verfassung, den geschriebenen Text der Verfassung, auch den Geist der Verfassung — es gibt ja auch eine Erfahrung aus der lebenden Verfassung; das ist doch unstreitig — und das Beamtenrecht als die andere rechtliche Grundlage nicht verändert, sondern daß man sie aus einer gemeinsamen Grundkonzeption anwendet. Das war, wenn Sie so wollen, die Idee bei diesem Erlaß. Damals waren wir auch alle einig. Es hat doch nicht die CDU/CSU zu vertreten, daß sofort nach diesen Erlaß einige sozialdemokratisch geführte Bundesländer angefangen haben, hier nicht mehr mitzumachen — und jene Kräfte in Ihrer Partei sich regten, die etwas ganz anderes wollten. Sie müssen schon in den Diskussionen der kommenden Monate den Beweis antreten, wo die beklagten Recherchen „hunderttausendfach" angestellt worden sind. Ich sage Ihnen voraus: Dieser Beweis wird Ihnen sehr schwerfallen.
Und dann, Herr Kollege Brandt — und das ist eigentlich das Stichwort —, die Belastung für das geistige Klima! Das klingt sehr gut. Keiner von uns ist für eine Belastung des geistigen Klimas. Nur: Das wird im Zusammenhang mit der Kampagne gegen die „Berufsverbote" ausgesprochen. Da gibt es ja einen psychologischen Zusammenhang. Das brauche ich Ihnen nicht näher zu interpretieren. Es heißt doch, daß etwa deutsche Ministerpräsidenten und der damalige Bundeskanzler — es richtet sich doch eigentlich gegen Sie selbst — ausgezogen wä-



Dr. Kohl
ren, um eine Belastung für das geistige Klima herbeizuführen.

(Sieglerschmidt [SPD] : Sie sind ein ganz großer Verdreher!)

Das wollten Sie nicht — und das wollte ich nicht, Herr Kollege Brandt. Wir waren uns einig, daß hier eine wichtige, die Freiheit des Staates qualifizerende, garantierende Entscheidung zu treffen war. Das freiheitliche Klima in unserem Lande wollte niemand von uns verletzen oder gar zerstören.

(Sieglerschmidt [SPD] : Das ist eine miese Art und Weise!)

Worum geht es denn? Es geht darum, engagierte Kommunisten, engagierte Faschisten, Neofaschisten von den Schaltstellen der Macht im Staat fernzuhalten.

(Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Brandt, lassen Sie mich das noch einmal sagen, weil hier offensichtlich ein erheblicher Unterschied besteht: Für mich ist die Erziehung von Kindern eine ebenso wichtige Aufgabe wie die Tätigkeit in einer Staatskanzlei.

(Frau Pack [CDU/CSU] : Viel wichtiger!)

Ich halte das für eine der wichtigsten Fragen, aus welchem Geiste Lehrer unsere Kinder erziehen. Wir wollen Lehrer in unseren Schulen haben, die aus dem Geist unserer Verfassung unsere Kinder erziehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist die Grundlage.
Wenn ich im Wahlkampf davon sprach, daß ich bedaure, daß die Solidarität der Demokraten aus dem Herbst vergangenen Jahres bei der Terrorismusgesetzgebung zerbrochen sei,

(Zurufe von der SPD)

dann weiß ich nicht, warum Sie das hier ansprechen. Es ist doch so, Herr Kollege Brandt: In den Wochen des Krisenstabes haben wir zusammengewirkt. Wir haben heute keine Chance mehr, zusammenzuwirken — und zwar auf Grund der Entwicklung in Ihrer eigenen Partei.

(Zurufe von der SPD)

Ich bedaure das.
Amüsiert hat mich — nur am Rande will ich das sagen —, daß Sie hier feierlich Ernst Albrecht die Regierungsfähigkeit abgesprochen haben, Herr Kollege Brandt, wo ich doch weiß, wie sehr Sie im stillen Kämmerlein froh wären, Sie hätten Albrecht anstelle von Ravens.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie mögen ja politisch anderer Meinung sein, aber Sie wissen doch, daß das ein Mann ist mit einer bedeutenden Qualifikation für dieses Amt. Sie sollten doch wenigstens hier im Bundestag nicht jenen Stil praktizieren, den Sie da in Niedersachsen praktizieren: „Soziale Politik statt Herrn Albrecht". Dort haben Sie ja jetzt das Wort „Herr Albrecht" zum Schimpfwort gemacht. Ich kann nur sagen: Was soll denn das, wenn man die bürgerliche Anrede nun zur Diffamierung umfunktioniert? Es ist weit
gekommen mit dem intellektuellen Beitrag deutscher Sozialdemokraten im Wahlkampf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine letzte kurze Bemerkung. Herr Kollege Brandt, was immer Sie sagen mögen zu dem Thema Entnazifizierung, Re-Entnazifizierung nach 30 Jahren: Ich stehe zu all dem, was ich heute früh zum Thema selbst sagte. Ich stehe aber vor allem zu einem: zur Friedenspflicht unserer Generation. Das System ist erkennbar: daß an dem oder jenem Punkte plötzlich gegraben wird, daß dann Schriften von jungen Leuten — das ist nicht nur ein Beispiel; Sie wissen so gut wie ich, das sind sehr viele Beispiele —, gefunden werden.

(Zuruf von der SPD: Was waren Sie denn?)

Da reißt man dann oft genug drei, vier, fünf, acht Sätze aus einem Zusammenhang,

(Zurufe von der SPD)

und dann proklamiert man, daß man jemanden „zur Strecke gebracht" habe — ich verwende dieses Wort. Sie haben das damals am Beispiel des Minister Puvogel erleben können, Herr Kollege Brandt. Das war ein typisches Beispiel für die pharisäische Gesinnung, die Teile der deutschen Sozialdemokratie hier zum Ausdruck gebracht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann nur sagen, Herr Kollege Brandt, ich verstehe nicht, daß nicht wenigstens Sie und einige in Ihrer Partei die Einsicht gewinnen, daß es unser gemeinsames Amt ist, das zu beenden.
Es sind auf diesem Weg genug Fehler von allen Seiten — ich betone: von allen Seiten — gemacht worden. Es nützt uns überhaupt nichts, auf diesem Weg fortzufahren.
Das hätte ich gern heute von Ihnen gehört: daß der Vorsitzende der SPD genauso wie der Vorsitzende der CDU hier erklärt, daß er seinen Beitrag leisten will, um diese Entwicklung zu beenden.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809306800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wehner.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Groteske zweiter Akt! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wie lange soll die Groteske noch dauern? Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0809306900
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt, über den hier von Anfang an gesprochen wird, lautet: „Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung über die Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen für Abrüstung in New York und die NATO-Tagung der Staats- und Regierungschefs in Washington."

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Alles andere hat zu schweigen!)

Ich sage dazu: Es wird in keinem anderen Parlament der atlantischen Gemeinschaft etwas mit dem
Verlauf der heutigen Sitzung des Deutschen Bundes-

Wehner
tages Vergleichbares geschehen in bezug auf die Berichterstattung und die Würdigung und die Erörterung dieser Tagungen, die Gegenstand auch unserer Berichterstattung und Diskussion sind.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Und Ihre Zwischenrufe!)

Ich sage Ihnen, daß die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sich dagegen verwahrt, die hier demonstrierte Art und Weise zur Lähmung und Entwürdigung der Arbeit des Parlaments weiter anzusehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Lebhafter Widerspruch und Lachen bei der CDU/CSU)

— Wer sind Sie denn, die Sie hier plötzlich feixen? Wo waren Sie denn, als dieser Bundestag im Jahr 1949 anfing?

(Unruhe bei der CDU/CSU)

Wo nehmen Sie denn den Mut her,

(Zurufe von der CDU/CSU) diesen Bundestag um jeden Ruf zu bringen?


(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU: Wo waren S i e denn?)

Ich habe Ihnen in der letzten Debatte vor Pfingsten gesagt:

(Zuruf von der CDU/CSU: Wo waren Sie denn vor 30 Jahren?)

Sie sind gar nicht eine parlamentarische Opposition; Sie sind eine außerparlamentarische Opposition, im Sinne nämlich von APO, aber rechts draußen.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Es gibt zu meinem Bedauern nach unserer Geschäftsordnung und auch nach unserer Praxis bei allem, was sonst den Deutschen an Organisationsfähigkeit nachgesagt wird, keine Möglichkeit,

(Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Leider Gottes! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— nein, nein! — Sie dazu zu bringen, daß Sie Ihrer Aufgabe als Parlamentarier endlich gerecht werden und sich mit der Tagesordnung befassen.

(Beifall bei der SPD — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

Ich frage Sie: Wo und wie wollen Sie das denn verantworten, Sie feixende Meute

(Erregte Zurufe von der CDU/CSU)

— ja, das sind Sie! —,

(Anhaltende Empörung bei der CDU/CSU) all diese Punkte ganz einfach zu übergehen? Vizepräsident Frau Funcke: Herr Abgeordneter!


(Anhaltende erregte Zurufe von der CDU/ CSU — Pfeffermann [CDU/CSU] : Wir sind doch nicht im Reichstag!)


Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0809307000
Wir sind ganz woanders!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809307100
Herr Abgeordneter Wehner!

(Anhaltende Empörung bei der CDU/CSU)


Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0809307200
Wie das heute von Ihnen gedacht war und wie diese Sitzung heute denaturiert wurde, habe ich erlebt.

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809307300
Herr Abgeordneter Wehner, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

(Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU) Wehner (SPD) : Ich sage Ihnen noch einmal:


(Dr. Marx [CDU/CSU] : Die Präsidentin will mit Ihnen sprechen!)

Die SPD verwahrt sich gegen diese Art, das Arbeitsprogramm, das wir heute angenommen haben, von Ihnen derart sabotieren zu lassen!

(Beifall bei der SPD — Anhaltende Unruhe bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809307400
Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksache 8/1826 —
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Böhme zur Verfügung.

(Anhaltende Unruhe)

— Ich bitte das Haus um Ruhe, damit die Fragestunde beginnen kann.
Ich rufe die Frage 51 des Abgeordneten Stavenhagen auf:
Hat die Bundesregierung bereits Erkenntnisse darüber, wie hoch die Schäden des Unwetters vom 22. und 23. Mai dieses Jahres in den betroffenen Gebieten sind?

Dr. Rolf Böhme (SPD):
Rede ID: ID0809307500
Frau Präsidentin, die mündlichen Anfragen 51 bis 58 befassen sich alle mit den Folgen des Unwetters vom 22. und 23. Mai dieses Jahres.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809307600
Sie wollen offensichtlich alle Fragen gemeinsam beantworten.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ja, ich bitte darum.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809307700
Ich muß zunächst jeden Fragesteller um sein Einverständnis bitten. Es bleiben natürlich für jeden zwei Zusatzfragen. Sind die Herren Dr. Stavenhagen, Dr. Früh, Dr. Friedmann und Herr Susset damit einverstanden, daß die



Vizepräsident Frau Funcke
Beantwortung gemeinsam vorgenommen wird? — Ich höre keinen Widerspruch.
Dann rufe ich auch die Fragen 52 bis 58 auf:
Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen des Nachtragshaushalts für 1978 Finanzmittel für ein Soforthilfeprogramm bereitzustellen und für eine rasche und unbürokratische Abwicklung zu sorgen?
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung eingeleitet, um möglichst rasch einen Gesamtüberblick über die verheerenden Auswirkungen des Hochwassers in Südwestdeutschland zu erhalten, und wie hoch sind nach bisherigen Erkenntnissen die entstandenen Schäden anzusetzen?
Welche Hilfen gedenkt die Bundesregierung unmittelbar zur Überwindung von Notständen einzusetzen, und welche längerfristigen Maßnahmen sind geplant, um die schweren Schäden im privaten und öffentlichen Bereich möglichst auszugleichen?
Welche finanziellen und steuerlidien Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Geschädigten der Hochwasserkatastrophe, die über Südwestdeutschland in den letzten Tagen hereingebrochen ist, zu helfen, soweit die Schäden nicht durch die gesetzliche Gebäudeversicherung bzw. durch andere Versicherungen beglichen werden?
Ist die Bundesregierung bereit, falls sie in den vorgenannten Schadensfällen augenblicklich keine Möglichkeiten zur direkten Hilfe sieht, durch Einrichtung eines „Katastrophenfonds" im Rahmen des Bundeshaushalts die Voraussetzung dafür zu schaffen, daß sowohl die bereits jetzt eingetretenen Schäden wie auch künftige ganz oder zumindest teilweise abgegolten werden können?
Wird die Bundesregierung zur Behebung der umfangreichen Schäden, die durch die starken Regenfälle in Süddeutschland entstanden sind, schnell und unbürokratisch Mittel bereitstellen?
Welchen Umfang werden diese Mittel gegebenenfalls erreichen?
Bitte schön.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich bedanke mich.
Ich beantworte die Fragen 51 bis 58 im Zusammenhang wie folgt. Erstens. Die Bundesregierung hat bisher nur vorläufige Schätzzahlen der betroffenen Landesregierungen über die Höhe der Schäden des Unwetters vom 22./23. Mai 1978 im landwirtschaftlichen Bereich. Danach werden diese Schäden auf insgesamt etwa 60 Millionen DM geschätzt.
Bei den anderen Schadensbereichen hat die Bundesregierung über die Berichte in den Medien hinaus keine weiteren Erkenntnisse. Der Umfang der Schäden kann nur von den betroffenen Ländern festgestellt werden.
Zweitens. Der Bundesminister der Finanzen hat schon im März 1977 einen umfangreichen Katalog für steuerliche Sofortmaßnahmen bei Naturkatastrophen ausgearbeitet und seine Zustimmung allgemein zu den Maßnahmen erteilt, die die Landesfinanzbehörden der vom Hochwasser betroffenen Länder in diesem Rahmen im einzelnen für erforderlich halten.
In Betracht kommen insbesondere: Steuerstundungen, Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen, Sonderabschreibungen bei der Ersatzbeschaffung und Wiederherstellung von beschädigten Wirtschaftsgütern sowie schließlich Lohnsteuerfreiheit bei Unterstützungen von privaten Arbeitgebern an unwettergeschädigte Arbeitnehmer bis zum Betrag von 1 500 DM.
Im Einzelfall können weitere Billigkeitsmaßnahmen getroffen werden, soweit eine besondere Not. Lage vorliegt. Die zuständigen Landesbehörden werden auf diese Hilfsmaßnahmen in geeigneter Form hinweisen. Die Länder sind aufgefordert, dem Bundesminister der Finanzen mitzuteilen, welche Maßnahmen sie im einzelnen vorsehen.
Drittens. Für Hilfsmaßnahmen in Katastrophenfällen sind in erster Linie die Länder zuständig. Eine Mitfinanzierung durch den Bund könnte nur ausnahmsweise aus dem Gesichtspunkt der gesamtstaatlichen Repräsentation in Betracht kommen. Das Ergebnis wäre allerdings ein weiterer lall einer Mischfinanzierung durch Bund und Länder mit der bekannten Problematik.
Voraussetzung einer Bundesbeteiligung ist, daß die eingetretenen Schäden so groß sind, daß von einer Katastrophe nationalen Ausmaßes, gesprochen werden muß. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann erst geprüft werden, wenn die betroffenen Landesregierungen mit entsprechenden Feststellungen und dem Wunsch an den Bund herangetreten sind, sich an der Behebung der Schäden zu beteiligen. Dies ist bisher nicht geschehen.
Viertens. Gegen die Einrichtung eines auf Dauer angelegten Katastrophenfonds bestehen erhebliche Bedenken. Wie ich bereits ausgeführt habe, ist eine Zuständigkeit der Mitfinanzierung des Bundes nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen gegeben. Aus haushaltsrechtlichen Gründen ist daher von einem Dauerfonds abzusehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809307800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stavenhagen.

Dr. Lutz G. Stavenhagen (CDU):
Rede ID: ID0809307900
Herr Staatssekretär, wird die Instandsetzung von bundeseigenen Einrichtungen wie Bauten an Wasserwegen und an Straßen dazuführen, daß hierfür Mittel aus dem Bundeshaushalt verwendet werden und dadurch bei anderen Projekten Verzögerungen eintreten?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Dies läßt sich im Moment nicht absehen, weil hierzu genaue Zahlen noch nicht vorliegen, wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809308000
Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Lutz G. Stavenhagen (CDU):
Rede ID: ID0809308100
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir den Katalog der steuerlichen Maßnahmen im genauen Wortlaut zur Verfügung stellen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Selbstverständlich. Bitte sehr.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809308200
Dann möchte ich die Fragesteller der Reihenfolge nach aufrufen. Herr Abgeordneter Dr. Früh, möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? — Bitte schön.

Dr. Isidor Früh (CDU):
Rede ID: ID0809308300
Herr Staatssekretär, würden Sie, wenn die Meldungen der Länder vorliegen — man geht ja davon aus, daß es sich um rund 1 Milliarde DM handelt —, dann auch unmittelbar Vorschläge machen, wie diese doch beträchtlichen Schäden in Zusammenarbeit mit dem Bund möglichst bald bereinigt werden können?



Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Wenn die betroffenen Länder sich an uns wenden, werden wir selbstverständlich zusammen mit den Ländern adäquate Vorschläge erörtern. Dies ist, wie gesagt, bisher noch nicht geschehen, weil die Länder sich noch nicht an uns gewandt haben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809308400
Eine weitere Zusatz. frage des Herrn Abgeordneten Früh.

Dr. Isidor Früh (CDU):
Rede ID: ID0809308500
Herr Staatssekretär, würden Sie sich auch dafür aussprechen, daß man Untersuchungen darüber anstellt, inwieweit Dämme oder Flußführungen im Rahmen einer Gemeinschaftsaufgabe verbessert werden könnten, damit eventuell solch große Niederschläge nicht wieder zu ähnlichen Ergebnissen führen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie ich vorhin schon mitteilte, liegen bisher ausschließlich aus dem landwirtschaftlichen Bereich erste vorläufige Schätzzahlen vor. Ich bin gern bereit, nach Vorliegen weiterer Zahlen Ihre Anregung zu überprüfen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809308600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Friedmann.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (CDU):
Rede ID: ID0809308700
Herr Staatssekretär, worauf ist es zurückzuführen, daß es nach dem übereinstimmenden Urteil der geschädigten Gemeinden leichter war, die Hilfe französischer und kanadischer Streitkräfte als die der deutschen Bundeswehr zu erhalten?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich bedaure es sehr, wenn dieser Eindruck entstanden ist. Dies liegt dann aber daran, daß die Länder sich wohl nicht in richtiger Form an den Bund gewandt haben. Wie ich Ihnen vorhin in der Antwort ausdrücklich mitteilte, haben die Länder sich bisher noch nicht an den Bund gewandt. Es ist nicht möglich, daß der Bund ohne Ansuchen von sich aus Hilfe leistet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809308800
Eine weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (CDU):
Rede ID: ID0809308900
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß der Einsatz der Bundeswehr auch möglich ist, ohne daß die Länder sich an den Bund wenden?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Mindestens setzt ein Eingreifen auch der Bundeswehr voraus, daß entsprechende Anfragen seitens der Länder vorliegen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809309000
Eine dritte Zusatzfrage.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (CDU):
Rede ID: ID0809309100
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß Mittel, die in anderen Katastrophenfällen für andere Länder seinerzeit bereitgestellt wurden, in erheblichem Umfang nicht abgerufen wurden?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Dazu kann ich Ihnen im Moment keine konkrete Auskunft geben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809309200
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Susset.

Egon Susset (CDU):
Rede ID: ID0809309300
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, die von der Landesregierung Baden-Württemberg schon bekanntgegebene ungefähre Schadenshöhe im privaten Bereich, im gemeindlichen Bereich und auch beim Gewerbe und in der Landwirtschaft von 500 bis 700 Millionen DM als gerechtfertigt anzusehen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dies kann ich natürlich nicht. Wie ich Ihnen schon sagte, sind bisher nur im landwirtschaftlichen Bereich Schätzzahlen — insgesamt belaufen sich die Schätzungen auf etwa 60 Millionen DM — gemeldet worden. Im Hinblick auf die anderen Schadensbereiche — ich wiederhole meine Antwort noch einmal — hat die Bundesregierung über die Berichte in den Medien hinaus keine weiteren Erkenntnisse. Wir stellen anheim, daß die Landesregierungen der Bundesregierung weitere Aufschlüsse geben und dies nicht nur über die Medien erledigen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809309400
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Susset.

Egon Susset (CDU):
Rede ID: ID0809309500
Herr Staatssekretär, ich entnehme beispielsweise der heutigen Ausgabe von VWD, daß Schäden — und zwar aufgegliedert nach den Bereichen, wie ich es vorhin vorgetragen habe — in Höhe von 500 bis 700 Millionen DM als festgestellt angesehen werden können.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich nehme dies zur Kenntnis und stelle anheim, daß die Länder an den Bund herantreten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809309600
Eine Frage des Herrn
Abgeordneten Lambinus.

Uwe Lambinus (SPD):
Rede ID: ID0809309700
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß auch der Freistaat Bayern bisher nicht an den Bund mit der Bitte um eine Bundesbeteiligung bei der Behebung der Schäden herangetreten ist?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Ich kann mitteilen, daß bisher der Bundesregierung nur vorläufige Schätzzahlen der betroffenen Landesregierungen, dann also wohl auch des Freistaates Bayern, über die Höhe der Schäden im landwirtschaftlichen Bereich mitgeteilt worden sind. Darüber hinaus ist bisher nichts geschehen, was mir im gegenwärtigen Moment bekannt wäre.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809309800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Spöri.

Dr. Dieter Spöri (SPD):
Rede ID: ID0809309900
Herr Staatssekretär, darf ich präzisierend nachfragen, ob es bisher seitens der Landesregierung Baden-Württemberg einen offiziellen Antrag auf flankierende Hilfeleistung seitens des Bundes gibt.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Soweit bisher bekannt ist, nicht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809310000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Ey.

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0809310100
Herr Staatssekretär, bis zu welchem Zeitpunkt glaubt die Bundesregierung einen halbwegs exakten Gesamtüberblick über die entstandenen Schäden, länderweise geordnet, zu haben, wobei ich davon ausgehe, daß Ihr Haus sich längst mit den Ländern und deren Referenten in Verbindung gesetzt hat?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir warten die Berichte der Länder ab und werden dann unverzüglich die Gesamtübersicht erstellen.

(Ey [CDU/CSU] : Bis wann?) — Das läßt sich im Moment nicht absehen.


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809310200
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Roth.

Wolfgang Roth (SPD):
Rede ID: ID0809310300
Herr Staatssekretär, nachdem Sie gesagt haben, daß sich kein Land — weder Bayern noch Baden-Württemberg noch Rheinland-Pfalz — bisher an die Bundesregierung gewandt hat, um die verfassungsrechtliche Möglichkeit auszulösen, überhaupt Hilfe zu erhalten: Gibt es wenigstens inoffiziell politische Bemühungen der betroffenen Länder, mit dem Bundesfinanzministerium zu Regelungen zu kommen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Dies ist mir nicht bekannt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809310400
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Huonker.

Gunter Huonker (SPD):
Rede ID: ID0809310500
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß eine über die steuerlichen Hilfen hinausgehende Hilfe seitens des Bundes nur darin bestehen könnte,, daß man eine Hilfsmaßnahme trifft, die etwa mit dem häufig diskutierten Tatbestand der Mischfinanzierung zu tun hat, und halten Sie es für denkbar, daß die Landesregierung von Baden-Württemberg deshalb noch nicht an den Bund herangetreten ist, weil man vermeiden will, sich durch ein solches Hilfeersuchen in Widerspruch zu den früheren Aussagen in Sachen Mischfinanzierung zu setzen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann den ersten Teil Ihrer Frage bestätigen. Eine Mitfinanzierung durch den Bund könnte nur ausnahmsweise aus dem Gesichtspunkt der gesamtstaatlichen Repräsentation in Betracht kommen. Das Ergebnis wäre dann, wie Sie treffend gefragt haben, ein weiterer Fall einer Mischfinanzierung durch Bund und Länder mit der bekannten Problematik. Die weitere Unterstellung, die Sie hinsichtlich des Landes Baden-Württemberg gemacht haben, kann ich freilich nicht bestätigen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809310600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Gerster.

Dr. Johannes Gerster (CDU):
Rede ID: ID0809310700
Herr Staatssekretär, würden Sie freundlicherweise einmal die Höhe der Schäden einer derartigen Naturkatastrophe beziffern, ab der sich der Bund von sich aus verpflichtet fühlt, tätig zu werden, und könnten Sie sich mit mir auf die Definition einigen, daß der Bund bereits dann zuständig ist, wenn derartige Naturkatastrophen die Grenzen mehrerer Bundesländer überschreiten?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Für die Zuständigkeit des Bundes, Herr Kollege, gibt es keine von vornherein feststehenden Grenzen. Maßgebend ist zunächst die Höhe des Schadens privater Geschädigter, vermindert um Versicherungsleistungen und einen zumutbaren Eigenanteil der Geschädigten. Dabei sind alle Schadensbereiche zu berücksichtigen, nicht nur der von mir vorhin erwähnte Bereich der Landwirtschaft. Zum anderen ist zu prüfen, ob die Finanzkraft des einzelnen Landes zur Behebung des verbleibenden Schadens ausreicht. Nur soweit dies nicht der Fall ist, kann eine Bundeszuständigkeit angenommen werden. Für die Behebung von Schäden an öffentlichen Einrichtungen von Ländern und Gemeinden fehlt im übrigen eine Bundeszuständigkeit. Bei der von mir vorhin genannten Schadens-höhe von etwa 60 Millionen DM, bisher festgestellt und gemeldet im landwirtschaftlichen Bereich, dürfte eine Bundeszuständigkeit nicht angenommen werden können.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809310800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Ey.

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0809310900
Herr Staatssekretär, ist in Ihrem Hause daran gedacht, eine Schadensverständigenkommission zu berufen, um eine möglichst ausgewogene und unter den unterschiedlichen Verhältnissen gerechte Form der Schadensregulierungen und Hilfen einzuleiten?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bitte um Verständnis, daß diese Frage sachgerecht erst beantwortet werden kann, wenn die Schätzmeldungen der Landesregierungen vorliegen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809311000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Spöri.




Dr. Dieter Spöri (SPD):
Rede ID: ID0809311100
Herr Staatssekretär, davon ausgehend, daß in meinem Wahlkreis Heilbronn allein 137 gewerbliche mittelständische Betriebe von den Folgen dieser Unwetterkatastrophe betroffen sind, möchte ich Sie fragen, ob die Bundesregierung be- reit ist, zu prüfen, ob diesen mittelständischen Firmen nicht aus ERP-Mitteln Hilfe geleistet werden kann?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Diese Prüfung müßte von den die ERP-Mittel verwaltenden Instanzen autonom durchgeführt werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809311200
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Gerster.

Dr. Johannes Gerster (CDU):
Rede ID: ID0809311300
Herr Staatssekretär, da Sie hier lediglich von landwirtschaftlichen Schäden gesprochen haben und da es der Bundesregierung bisher offenbar entgangen ist, daß auch erhebliche Schäden etwa an Gebäuden entstanden sind, möchte ich Sie fragen: Wären Sie bereit, für die Bundesregierung zur Kenntnis zu nehmen, daß im Bereich der Gebäude, der Wohnungen, der Eigentumswohnungen zumindest ebenso hohe Schäden entstanden sind?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich darf auf meine Ihnen vorhin erteilte Antwort verweisen, in der ich ausdrücklich darauf hingewiesen habe, daß bei der Feststellung der endgültigen Höhe des Schadens natürlich alle Schadensbereiche zu berücksichtigen sind. Dies habe ich vorhin ausdrücklich erwähnt. Ich habe vorhin nur das mitteilen können, was dem Bund bisher mitgeteilt worden ist, nämlich Schadensmeldungen aus dem landwirtschaftlichen Bereich. Es ist wohl nicht Sache des Bundes, festzustellen, daß andere Schadensmeldungen nicht erfolgt sind, und dies zu rügen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809311400
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Lambinus.

Uwe Lambinus (SPD):
Rede ID: ID0809311500
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß es der Bundesregierung auf Grund einer vom Freistaat Bayern angestrengten Verfassungsklage unmöglich ist, bei der Schadensregulierung derartiger Fälle unmittelbar mitzuwirken?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Wie ich vorhin schon sagte, ist die Rechtslage ,die, daß die Feststellung des Umfangs der Schäden nur von den Ländern vorgenommen werden kann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809311600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Roth.

Wolfgang Roth (SPD):
Rede ID: ID0809311700
Herr Staatssekretär, es könnte ja sein, daß die Fragestunde von heute ein Verhalten, eine Handlung der betroffenen Bundesländer auslöst, die zu entsprechenden Anträgen gegenüber dem Bund führt. Würden Sie dann als Bundesregierung schnell, unverzüglich und wirksam helfen wollen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Daß dies, wenn die Voraussetzungen vorliegen, geschehen wird, habe ich vorhin schon zum Ausdruck gebracht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809311800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Huonker.

Gunter Huonker (SPD):
Rede ID: ID0809311900
Herr Staatssekretär, sind Sie schon in der Lage, die Wirksamkeit der vom Finanzminister des Landes Baden-Württemberg angeordneten steuerlichen Maßnahmen zu beurteilen, und sind Sie ferner, sobald der Bundesregierung dies möglich ist, bereit, uns die Steuerausfälle zu nennen, die auf Grund dieser im Interesse der hochwassergeschädigten Bürger angeordneten Maßnahmen entstehen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dies kann ich im Moment noch nicht. Ich darf aber auf einen Teil meiner eingangs gegebenen Antwort verweisen, wonach die Länder aufgefordert sind, dem Bundesminister der Finanzen mitzuteilen, welche Maßnahmen sie im einzelnen vorsehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809312000
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte schön.

Dr. Karl Becker (CDU):
Rede ID: ID0809312100
Herr Staatssekretär, da Sie erwähnten, daß keines der Länder an Sie herangetreten ist, möchte ich Sie fragen: Könnten Sie sich vorstellen, daß die Bundeswehr bei der akuten Beseitigung von Schäden mithilft und daß ein Angebot der Bundeswehr bei den betroffenen Landkreisen als sehr dienlich und auch zweckfördernd angesehen würde?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Den ersten Teil Ihrer Frage, Herr Kollege, kann ich nicht bestätigen. Ich habe vielmehr ausgeführt, daß die betroffenen Landesregierungen bisher vorläufige Schätzzahlen über die Höhe der Schäden des Unwetters im landwirtschaftlichen Bereich sehr wohl gemeldet haben.
Den zweiten Teil Ihrer Frage kann ich nicht beurteilen. Ich verweise auf das, was ich vorhin gesagt habe, daß nämlich das Tätigwerden der Bundeswehr wohl voraussetzt, daß solche entsprechende Anfragen erfolgen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809312200
Keine Zusatzfrage mehr?
Die Frage 59 der Abgeordneten Frau Funcke ist von der Fragestellerin für heute zurückgezogen worden.
Die Fragen 60 und 61 des Herrn Abgeordneten Dr. Voss werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 62 des Herrn Abgeordneten Spöri auf:
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß der marktwirtschaftliche Lenkungsmechanismus für Investitionen ausgehöhlt wird, wenn über Abschreibungsgesellschaften ein steigender Anteil des Anlagekapitals vorrangig nach der Höhe der zu erwartenden Verlustzuweisungen angelegt wird, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus?



Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß der marktwirtschaftliche Lenkungsmechanismus für Investitionen durch die Zulassung des negativen Kapitalkontos für Kommanditisten und durch die Praxis der sogenannten Abschreibungsgesellschaften beeinflußt wird und daß dadurch Fehlleitungen von Investitionskapital möglich sind.
Für die an einer Abschreibungsgesellschaft interessierten Kapitalanleger steht — durch entsprechende Werbung bewußt gefördert — in aller Regel die Erzielung einer möglichst hohen Verlustquote im Vordergrund. Die damit zu erreichenden Steuerersparnisse sind der Hauptanreiz, sich an Abschreibungsgesellschaften zu beteiligen. Die Abschreibungsgesellschaften erreichen hohe Verlustzuweisungen nicht zuletzt auch durch möglichst geringe Eigenkapitalquoten und durch eine Aufblähung der Anlaufkosten.
Bei den Kapitalanlegern wie auch bei den Abschreibungsgesellschaften, welche die Beteiligungen anbieten, treten Rentabilitätserwägungen, die sonst dem marktwirtschaftlichen System zugrunde liegen, oft zurück. Diese Tendenz wird zusätzlich dadurch gefördert, daß die derzeitige steuerliche Praxis nicht nur Liquiditätsvorteile und Zinsgewinne möglich macht, sondern vielfach gerade beim völligen Verlust der Vermögensanlage unter Umständen endgültige Steuerersparnisse erlaubt, die den Kapitaleinsatz übersteigen.
Die unverhältnismäßig hohe Zahl der Konkurse in diesem Bereich in der Vergangenheit ist demnach nicht zufällig und zeigt, daß tatsächlich volkswirtschaftliche bedenkliche Fehlleitungen von Investitionskapital erfolgt sind.
Frau Präsidentin, ich bitte darum, die nächste Frage nach Möglichkeit im Zusammenhang hiermit beantworten zu können.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809312300
Wenn der Fragesteller damit einverstanden ist, rufe ich zusätzlich Frage 63 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Wird die Bundesregierung angesichts der Praktiken von Abschreibungsgesellschaften entsprechend einer Empfehlung des Bundesrats einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des .negativen Kapitalkontos" vorlegen?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hält die gegenwärtige steuerliche Praxis, welche die Abschreibungsgesellschaften begünstigt, für änderungsbedürftig. Die derzeitige Besteuerungslage ist allerdings beim sogenannten negativen Kapitalkonto auch nach geltendem Recht umstritten. Beim Bundesfinanzhof sind zur Zeit mehrere Revisionen anhängig, die zu einer Klärung der Rechtslage führen können. Der Bundesminister der Finanzen ist diesen Verfahren beigetreten und hat dort die Auffassung vertreten, daß Verlustzuweisungen bei Kommanditisten auch nach geltendem Recht grundsätzlich nur bis zur Höhe der Vermögenseinlage zulässig sind.
Unabhängig von diesen Revisionsverfahren begrüßt die Bundesregierung die Entschließung des Bundesrates vom 3. Juni 1977, die eine grundsätzliche gesetzliche Lösung beabsichtigt. Es wird derzeit geprüft, mit welchen geeigneten gesetzgeberischen Maßnahmen dieser Entschließung gefolgt werden kann, welche als Ziel formuliert hat, die steuerliche Anerkennung eines negativen Kapitalkontos bei Mitunternehmern von Kapitalgesellschaften, die nur beschränkt haften, grundsätzlich auszuschließen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809312400
Eine Zusatzfrage.

Dr. Dieter Spöri (SPD):
Rede ID: ID0809312500
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung es für mit marktwirtschaftlichen Ordnungsprinzipien unvereinbar hält, wenn heutzutage die Steuersparbranche mit Annoncen Werbung macht, in denen Verlustzuweisungen statt betriebswirtschaftlicher Ertragschancen angepriesen werden?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie ich schon feststellte, ist die Praxis der sogenannten Abschreibungsgesellschaften geeignet, Auswirkungen auf den Lenkungsmechanismus für Investitionen zu haben. Es trifft zu, daß dadurch Fehlleitungen von Investitionskapital möglich und auch tatsächlich eingetreten sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809312600
Eine weitere Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809312700
Herr Staatssekretär, nachdem Sie neue Initiativen der Bundesregierung auf diesem Felde angekündigt haben, darf ich Sie vielleicht fragen, was die Bundesregierung bisher konkret gemacht hat, um mißbräuchliche Entwicklungen auf dem Gebiet der Abschreibungsgesellschaften einzuschränken.
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, in den letzten Jahren sind verschiedene Regelungen getroffen worden, die dazu dienen sollten, die Herbeiführung von Verlusten durch besondere steuerliche Aufwandsposten zu verhindern. Insbesondere wegen des Ausweichens auf die allgemeinen steuerlichen Bestimmungen haben sich diese Maßnahmen als nur begrenzt wirksam erwiesen.
Gesetzlich wurde eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt. Die wichtigste ist wohl die Einführung der generellen Verlustklausel ab 1975, wonach erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen nicht zur Entstehung und Erhöhung eines betrieblichen Verlusts führen dürfen. Ausnahmen von dieser Vorschrift gelten nur bei den Berlin-Präferenzen und bei den Sonderabschreibungen auf Seeschiffe.
Zu diesen gesetzlichen Maßnahmen hinzu kommen noch eine Reihe von Verwaltungserlassen, die in den letzten Jahren ergangen sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809312800
Eine weitere Zusatzfrage.




Dr. Dieter Spöri (SPD):
Rede ID: ID0809312900
Herr Staatssekretär, innerhalb welcher zeitlichen Fristen rechnen Sie mit der Vorlage des von Ihnen angesprochenen Gesetzentwurfs seitens der Bundesregierung?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Wie ich Ihnen schon mitteilte, hatte der Bundesrat im Jahre 1977 eine Entschließung gefaßt. In Zusammenarbeit mit den Ländern wird jezt geprüft, wie dieser Entschließung nachgekommen wird. Einen genauen Zeitplan kann ich Ihnen nicht nennen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809313000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0809313100
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, waren Ihnen ein Teil der Zusatzfragen des Kollegen Spöri schon zuvor bekannt, daß Sie Ihre Antwort so flüssig ablesend geben konnten?

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809313200
Herr Kollege, die Frage wird nicht zugelassen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Huonker.

Gunter Huonker (SPD):
Rede ID: ID0809313300
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die interessierte Öffentlichkeit, die sich mit dem Gedanken trägt, sich an solchen Abschreibungsgesellschaften zu beteiligen, deren Risiko häufig nicht zu übersehen ist, durch die jetzt in dieser Fragestunde stattfindende Diskussion darauf hingewiesen wird, daß damit zu rechnen ist, daß diese Art der „Steuerstundung" künftig nicht mehr möglich sein wird?
Dr. Böhme, Parl. Staatssekretär: Es wird im Rahmen der Verwirklichung der von mir genannten Entschließung zu prüfen sein, welche gesetzlichen Maßnahmen da getroffen werden.
Ich darf noch hinzufügen, daß es üblich ist, Herr Kollege Jäger, Antworten auf mögliche Zusatzfragen, die aus dem Gesamtzusammenhang erwartet werden können, entsprechend zu präparieren. Eine sachgerechte Information dieses Parlaments erfordert dies.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809313400
Keine weitere Zusatzfrage? - Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Böhme. Ich bedanke mich.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung ist Herr Staatsminister Wischnewski anwesend. Ich rufe die Frage 128 des Herrn Abgeordrieten Graf Stauffenberg auf:
Sind Ordnungsgeld und Verfahrenskosten im Zusammenhang mit der gegen den Bundeskanzler am 15. September 1976 erlassenen einstweiligen Verfügung auch nicht vorübergehend oder vorschußweise aus öffentlichen Miteln bezahlt worden, und bejahendenfalls über welchen Zeitraum hinweg (Beantwortung der Frage 65 in der 86. Sitzung des Deutschen Bundestages) ?

Hans-Jürgen Wischnewski (SPD):
Rede ID: ID0809313500
Herr Kollege Graf Stauffenberg, ich beantworte Ihre Frage wie folgt. Ich verweise auf die Antwort, die Staatssekretär Dr. Schüler auf die mündliche Frage des Abgeordneten Hartmann in der Fragestunde des Bundestages am 20. April gegeben hat. Er hat ausgeführt, daß weder zur Begleichung der Verfahrenskosten noch des Ordnungsgeldes öffentliche Mittel in Anspruch genommen worden sind. Dem ist nichts hinzuzufügen. Öffentliche Mittel sind auch nicht vorübergehend oder vorschußweise zum Einsatz gekommen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809313600
Keine Zusatzfrage? — Dann bedanke ich mich beim Herrn Staatsminister Wischnewski.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Zur Beantwortung ist Herr Bundesminister Genscher anwesend.
Ich rufe Frage 129 der Frau Abgeordneten Erler auf.
Hat die Bundesregierung humanitäre Hilfe für West-SaharaFlüchtlinge z. B. in Form von Babynahrung verweigert, obwohl der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit am 19. Oktober 1977 eine solche in verstärktem Maße gefordert hat, und wenn ja, mit welcher Begründung?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0809313700
Frau Kollegin, die Bundesregierung hat sowohl im Dezember 1976 wie auch 1978 humanitäre Hilfsmaßnahmen zugunsten von Westsahara-Flüchtlingen unterstützt. Diese Frage wurde unter anderem auf Anregung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Sitzung des Unterausschusses Humanitäre Hilfe des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages vom 14. Dezember 1977 behandelt. Dort hat das Auswärtige Amt einen weiteren finanziellen Betrag für Unterstützungsmaßnahmen einer deutschen privaten Hilfsorganisation angekündigt. Im April 1978 erhielt demzufolge das Diakonische Werk einen entsprechenden Zuschuß von 200 000 DM. Diese Hilfsorganisation übernahm die Verantwortung dafür, daß die Mittel zur Befriedigung der dringendsten Bedürfnisse der Flüchtlinge verwendet werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809313800
Eine Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809313900
Herr Bundesminister, wie ist es dann zu erklären, daß der Antrag von „Terre des Hommes" seit zwei Jahren im Kompetenzgerangel zwischen BMZ, BMI und AA hin- und hergeschoben wird und daß bisher noch nicht über ihn entschieden worden ist?
Genscher, Bundesminister: Frau Abgeordnete, die Mittel, die für diese Zwecke bereit stehen, sind beschränkt. Deshalb kann ich nicht von vornherein die in Ihrer Frage liegende Unterstellung, es handele sich um Kompetenzgerangel, bejahen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809314000
Eine Zusatzfrage.

Brigitte Erler (SPD):
Rede ID: ID0809314100
Herr Bundesminister, sind Sie für einen entsprechenden Antrag von „Terre des Hommes" zuständig?



Genscher, Bundesminister: Die Bundesregierung ist zuständig, Frau Abgeordnete.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809314200
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 130 des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt auf:
Gehört zu den Zielen, die mit der Durchführung der ersten allgemeinen, unmittelbaren Wahlen zum Europäischen Parlament verfolgt werden, nicht zuletzt auch das Bestreben, den Wählern in den neun Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft bewußt zu machen, daß sie nicht nur Bürger der einzelnen Mitgliedstaaten bzw. der Länder- oder Gebietskörperschaften, in die diese sich aufgliedern, sind, sondern Rechte und Pflichten als Bürger der Europäischen Gemeinschaft wahrzunehmen haben?
Genscher, Bundesminister: Ja.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809314300
Eine Zusatzfrage.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0809314400
Herr Bundesminister, ich kann aus Ihrer Antwort entnehmen, daß diese Zielsetzung der Wahlen von der Bundesregierung bejaht wird. Wenn das so ist, frage ich die Bundesregierung: Hält sie es mit dieser Zielsetzung nicht für unvereinbar das war Gegenstand meiner ersten Frage — oder doch mindestens dieser abträglich, wenn die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und des Saarlandes beabsichtigen, am Tage der Wahlen zum Europäischen Parlament in ihren Ländern Kommunalwahlen durchzuführen, wie nach einem Treffen der beiden Ministerpräsidenten in Mainz am 19. April 1978 bekanntgegeben wurde?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, soweit ich informiert bin, ist eine endgültige Entscheidung über die Abhaltung der Kommunalwahlen noch nicht getroffen worden. Die Probleme, die Sie bei einem zeitlichen Zusammenfallen der Kommunalwahlen und der europäischen Wahlen erkennen, sehe ich ähnlich wie Sie und werde deshalb Gelegenheit nehmen, mit den Herren Ministerpräsidenten über den Gesichtspunkt der Bedeutung der europäischen Wahlen zu sprechen.

(Beifall bei der SPD — Sieglerschmidt [SPD] : Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809314500
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 131 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
Nimmt der Deutsche Gewerkschaftsbund Einfluß auf die Berufung von Sozialreferenten an den 'deutschen Botschaften, und wenn ja, auf Grund welcher gesetzlichen Bestimmungen?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, das Verfahren bei der Besetzung der Sozialreferentenstellen an unseren Auslandsvertretungen ist gesetzlich nicht geregelt. Es entspricht einer auf das Jahr 1950 zurückgehenden Praxis. Danach verständigt sich das Auswärtige Amt über die Benennung der Sozialreferenten mit dem Bundesminister für
Arbeit und Sozialordnung und dem Deutschen Gewerkschaftsbund.

(Dr. Corterier [SPD] : Das ist eine gute Praxis!)

Beide können dem Auswärtigen Amt Besetzungsvorschläge unterbreiten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809314600
Eine Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0809314700
Herr Bundesminister, wenn man diese Praxis anwendet, warum wendet man sie nicht auch bei der Ernennung von Attachés für Agrarfragen, für Wirtschaftsfragen usw. an, so daß man dort den Deutschen Bauernverband, den BDI oder den Beamtenbund genauso um Einvernehmen fragt, wie es hier der Fall ist?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß wir uns bei der Besetzung von Fachreferentenstellen in den Botschaften generell den Grundsatz zu eigen machen sollten, daß es sich um eine Art berufsständischer Vertretungen handelt.

(Beifall bei der SPD)

Gleichwohl habe ich mit dem Präsidenten verschiedener Verbände über die Angelegenheit gesprochen. Wenn von dort aus qualifizierte Vorschläge gemacht werden, werden sie berücksichtigt. Aber man kann das nicht generell tun. Ich glaube, daß diese Frage auch schon geprüft worden ist, als man das von mir geschilderte Verfahren in bezug auf die Beteiligung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Aussicht genommen hatte. In dem damaligen Brief, der der Vereinbarung zugrunde liegt, heißt es:
Ich habe mich daher in erster Linie an den Deutschen Gewerkschaftsbund mit der Bitte gewandt, mir geeignete Personalvorschläge zu machen. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß die Sozialreferenten ausschließlich von den Gewerkschaften gestellt werden sollen. Ich wäre Ihnen im Gegenteil dankbar, wenn Sie mir auch von sich aus einige Vorschläge übermittelten, die ich gern wohlwollend prüfen würde.
Der Brief ist an den Präsidenten des Deutschen Caritas Verbandes, Herrn Prälaten Müller, gerichtet. Er ist unterzeichnet: „Mit freundlichen Grüßen Ihr Dr. Konrad Adenauer."

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809314800
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0809314900
Herr Bundesminister, wären Sie bereit, auch andere im sozialen Bereich tätige Organisationen, wie den Christlichen Gewerkschaftsbund, hier einzuschalten, oder wollen Sie die Praxis als solche überhaupt abschaffen, daß man unabhängige Beamte und Angestellte als Sozialreferenten nimmt?



Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich kann eine Praxis gar nicht abschaffen, sondern das Beamtenrecht bindet mich. Ich lasse mich insofern gern binden. Wie Sie schon aus dem Datum 1950 sehen, handelt es sich um eine beinahe 30 Jahre lang erprobte Praxis. Im übrigen fällt es mir, wie Sie wissen, ohnehin immer schwer, mich in Gegensatz gerade zu einer von Herrn Dr. Adenauer eingeführten Praxis zu verhalten.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD)

Aber ich bin bereit, qualifizierte Persönlichkeiten aus allen Bereichen mit zu berücksichtigen. Ich sage noch einmal: Ich habe mit Präsidenten verschiedener Verbände gesprochen. Wenn von dort aus auch für die zeitweise Beschäftigung qualifizierter Persönlichkeiten Vorschläge gemacht werden können, so werden diese Vorschläge dasselbe Maß an Beachtung wie diejenigen des Deutschen Gewerkschaftsbundes finden; denn wir sind daran interessiert, einen großen Erfahrungsbereich in die Arbeit des Auswärtigen Dienstes einzubeziehen, ohne das sich damit in irgendeiner Weise eine Einschränkung der Personalhoheit des Bundesministers des Auswärtigen ergeben darf. Das würde in der Tat gegen Beamtengesetze und unsere Personalpolitik verstoßen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809315000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hasinger.

Albrecht Hasinger (CDU):
Rede ID: ID0809315100
Herr Bundesminister, können Sie bestätigen, daß in den letzten Jahren in Verfolg der von Ihnen genannten Praxis zunehmend mehr Bewerber vorgeschlagen wurden, die nicht aus gewerkschaftlicher oder betrieblicher Praxis kamen, sondern junge Akademiker waren, insbesonder aus dem Bereich von Stiftungen?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich kann das nicht bestätigen. Ich kann es aber nicht dementieren. Ich müßte es nachprüfen.
Allerdings möchte ich hinzufügen, daß eine akademische Vorbildung nicht von vornherein ein disqualifizierendes Merkmal für die Tätigkeit im Auswärtigen Dienst ist

(Heiterkeit — Beifall bei der FDP und der SPD — Hasinger [CDU/CSU] : Da sind wir uns völlig einig!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809315200
Eine Frage der Frau Abgeordneten Steinhauer.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID0809315300
Herr Bundesminister, können Sie mir bestätigen, daß es in vielen Ländern der Welt üblich ist, bei der Berufung von Sozialreferenten in den Auswärtigen Dienst die Gewerkschaft zu konsultieren, und ist es nicht so, daß manche Beamte aus Ihrem Hause unter Umständen nicht bereit sind, einer solchen Berufung, die auf Zeit erfolgt, in diesem Bereich überhaupt Folge zu leisten?
Genscher, Bundesminister: An sich besteht kein Mangel an Bereitschaft bei den Angehörigen des Auswärtigen Dienstes, solche Aufgaben zu übernehmen; denn der Auswärtige Dienst verfügt über eine große Anzahl auch für diese Aufgaben befähigter Beamter. Inwieweit in anderen Ländern ein vergleichbarer Tatbestand da ist, vermag ich deshalb nicht zu beurteilen, Frau Abgeordnete, weil wir uns — für uns sage ich: gottlob — in einer Staats-und Gesellschaftsordnung befinden, in der es freie Gewerkschaften gibt, während das Verhältnis von Staat und Gewerkschaften in vielen anderen Staaten ein gänzlich anderes ist, so daß dort möglicherweise andere Motivationen für die Vorschläge vorliegen, als das bei uns der Fall ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809315400
Keine weitere Frage.
Dann rufe ich die Frage 132 des Herrn Abgeordneten Becher auf:
Wie hoch ist nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung das Ausmaß der Truppenstärke und Waffenhilfe sowie die Zahl der Berater, mit denen Kuba, die „DDR", die CSSR und andere Mitgliedstaaten des Warschau-Paktes stellvertretend für die Sowjetunion in die internen Verhältnisse Afrikas eingreifen?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, exakte Angaben über Truppen, militärische Berater, Ausbilder und Experten, die die Staaten des Warschauer Paktes, insbesondere in jüngster Zeit aber Kuba, in die verschiedenen Staaten Afrikas entsandt haben, liegen nicht vor. Der britische Außenminister David Owen hat am 5. April 1978 in einer Rede vor dem Unterhaus festgestellt, daß sich zur Zeit etwa 16 000 kubanische Militärs in Äthiopien und 20 000 in Angola aufhalten. Auch in anderen afrikanischen Staaten hat die Zahl solcher militärischer Berater oder Soldaten in jüngster Zeit zugenommen.
Im übrigen bitte ich um Verständnis, wenn die Bundesregierung an ihrer bisherigen Praxis festhält, Angaben über ihr bekannte, aber nicht veröffentlichte Details nur in den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu machen.
Zur Beantwortung des zweiten Teils . der Frage nach dem Umfang der Waffenhilfe möchte ich auf die Veröffentlichungen des Londoner Instituts für strategische Studien verweisen, insbesondere auf die Veröffentlichung aus dem Jahre 1977/78.
Die Sowjetunion und die anderen Warschauer-Pakt-Staaten lieferten in den letzten Jahren Waffen und militärische Ausrüstungen im Wert von jährlich bis zu 3 Milliarden Dollar an Länder der Dritten Welt. Es handelt sich dabei um eine Schätzung, der als Berechnungsbasis Preise vergleichbarer westlicher Waffensysteme zugrunde liegen.
Die Sowjetunion und andere Staaten Osteuropas haben seit 1975 Abkommen über Waffenexporte mit ca. 29 Ländern der Dritten Welt in einer Gesamthöhe von 11,7 Milliarden US-Dollar geschlossen, wobei der größte Teil dieser Abkommen bisher nur teilweise abgewickelt worden ist.
Über den Anteil Afrikas an diesen Globalzahlen liegen exakte Angaben nicht vor.
Im übrigen möchte ich ausdrücklich auf die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU vom 4. Mai 1977 — Drucksache 8/345 — verweisen.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809315500
Eine Zusatzfrage.

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0809315600
Herr Minister, um ein Beispiel aus der jüngsten Zeit aufzugreifen: Teilt die Bundesregierung die Feststellung des Präsidenten Carter und seiner Mitarbeiter, daß der von Angola aus durchgeführte Einfall in Zaire auch von Kubanern vorbereitet und mit geleitet wurde?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich habe heute in der Debatte zum Ausdruck gebracht, daß wir uns in der Beurteilung der Entwicklung und auch bestimmter bedrohlicher Situationen in Afrika in voller Übereinstimmung mit unseren westlichen Verbündeten befinden, eingeschlossen die Regierung der Vereinigten Staaten. Ich darf an dieser Stelle hinzufügen, daß es am Vorabend der NATO-Konferenz im Rahmen einer Zusammenkunft der Außenminister der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland eine vertiefte Erörterung auch dieser Fragen gegeben hat. Wir stehen unter dem Eindruck, daß die Eindringlinge in Zaire ihren Vorstoß nicht aus eigener Kraft, sondern nur mit Unterstützung afrikafremder Kräfte unternehmen konnten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809315700
Eine weitere Frage.

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0809315800
Herr Minister, wie steht die Bundesregierung zu den Meldungen, wonach auch der vor drei Wochen durchgeführte Besuch des Verteidigungsministers der DDR, Heinz Hoffmann, und der beiden NVA-Generale Reinhold und Hoppe in Angola dem Ausbau von Militärhilfe für Kampfaktionen sowohl gegen Zaire wie gegen Südafrika gedient haben soll?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, mir liegen in diesem Augenblick — in diesem Augenblick! — und an dieser Stelle keine Informationen vor, die es rechtfertigen würden, daß ich dazu regierungsamtlich eine verbindliche Stellungnahme abgebe. Ich will dieser Frage aber gern nachgehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809315900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Werner.

Herbert Werner (CDU):
Rede ID: ID0809316000
Herr Bundesaußenminister, würden Sie den Informationsgrad des Auswärtigen Amtes als auf der Höhe bezeichnen, wenn Sie auf der einen Seite von knapp über 30 000 Kubanern sprechen und auf der anderen Seite der Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten, Herr Brezinski, in den vergangenen Tagen die Zahl von mindestens 40 000 nannte und gleichzeitig davon sprach, daß die Milliardensummen der sowjetischen Militärhilfe im vergangenen Jahr um ein Beachtliches höher gewesen sein dürften als etwa im Jahre 1976, als die Bundesregierung eine Zahl von 5 Milliarden DM genannt hatte?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, zunächst einmal werden Sie Verständnis dafür haben, daß ich den Informationsstand des Auswärtigen Amtes für kaum übertreffbar halte.
In der Sache möchte ich hinzufügen, daß wir, wie eben schon geschildert, in einem ständigen Meinungsaustausch mit unseren amerikanischen und anderen Verbündeten stehen. Eine der Erkenntnisse dieses Informationsaustausches besteht darin, daß es natürlich nie möglich ist, in solchen Fällen absolut verläßliche Zahlen zu ermitteln. Das liegt in der Natur der Sache und wird Ihnen von jedem Fachmann bestätigt werden. Ich glaube, politisch und militärstrategisch bedeutungsvoller als ein numerischer Streit, der eine eher quantitative denn qualitative Bedeutung hat, ist die Tasache des militärischen Engagements als solche.

(Dr. Corterier [SPD] : Wir sollten Herrn Werner zum Zählen hinschicken!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809316100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0809316200
Herr Minister, da in der deutschen Öffentlichkeit häufig der Eindruck entsteht, daß die Sowjetunion, wenn sie mit Hilfe von Waffenlieferungen oder Beratern versucht, in Afrika Einfluß zu erzielen, ihr angestrebtes Ziel auch immer erreicht, möchte ich Sie fragen, ob es nicht auch Beispiele dafür gibt, daß Länder, die von der Sowjetunion Waffenhilfe und Berater erhalten haben, entweder gar nicht erst in das Lager der Sowjetunion eingetreten oder aber später aus diesem Lager abgeschwenkt sind und westliche Positionen übernommen haben, so daß man sagen kann, daß sich die Hilfe der Sowjetunion aus ihrer Sicht zum Teil sogar kontraproduktiv erwiesen hat?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich bin der festen Überzeugung, daß sich die Politik der Staaten der Europäischen Gemeinschaft und auch unserer amerikanischen und kanadischen Freunde — die Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten durch Nichteinmischung, aber wirtschaftliche Hilfe, damit durch Herstellen wirtschaftlicher Stabilität, Schaffung sozialer Gerechtigkeit und damit politischer Stabilität zu sichern — langfristig mehr auszahlt als das Vollpumpen von Entwicklungsländern mit Waffen.
Dies vorausgeschickt, kann ich Ihnen bestätigen, daß nicht in allen Ländern, in die seitens der Sowjetunion oder ihrer Verbündeter Waffen oder Berater entsandt worden sind, die damit gehegten Hoffnungen erfüllt worden sind. Ich glaube, daß sich unser Konzept langfristig durchsetzt. Und ganz sicher hat jener afrikanische Staatsmann recht, der einmal hier in Bonn gesagt hat: Afrika braucht keine Stalinorgeln, Afrika braucht Traktoren.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809316300
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0809316400
Herr Kollege Genscher, nachdem bei einem früheren Treffen zwischen dem damaligen Bundeskanzler Brandt und dem Minister-



Dr. Marx
präsidenten Stoph aus der DDR die Formulierung gebraucht worden ist, von deutschem Boden dürfe nie wieder Krieg ausgehen, darf ich fragen, ob Sie in der Lage sind, die kriegstreibenden Kräfte der DDR, Berater und Soldaten, in verschiedenen afrikanischen Staaten in ihrem ungefähren numerischen und qualitativen Gewicht diesem Hause vorzutragen.
Genscher, Bundesminister: Nicht in diesem Augenblick, Herr Abgeordneter. Ich habe hier Zahlen für den Warschauer Pakt insgesamt genannt. Aber in dem geeigneten Gremium sind wir, soweit sie vorliegen und soweit die dafür zuständigen Dienststellen der Bundesregierung dazu in der Lage sind, natürlich bereit, das zu tun.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809316500
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0809316600
Herr Bundesminister, da Sie den Informationsstand Ihres Hauses für fast nicht übertreffbar erklärt haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie in der Lage sind, uns wenigstens vor dem Hintergrund der Äußerung des äthiopischen Junta-Chefs Mengistu, u. a. DDR-Truppen kämpften und stürben an der Seite seiner Soldaten, die Zahl der Soldaten und Militärberater der DDR, die derzeit in Äthiopien im Einsatz sind, mitzuteilen.
Genscher, Bundesminister: Wenn Sie die Frage vorher schriftlich vorgelegt hätten, wäre ich sicher dazu in der Lage gewesen, Herr Abgeordneter.

(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809316700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0809316800
Herr Bundesminister, trifft es zu, daß der sowjetische Entspannungsbegriff ausdrücklich die Förderung von sogenannten nationalen Befreiungskriegen — etwa in Afrika — vorsieht und deckt und daß insofern im sowjetischen sogenannten Entspannungsverhalten gar nichts Überraschendes eintritt?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, Sie werden sich erinnern, daß wir uns bei der Diskussion der Deklaration, die der Bundeskanzler und der sowjetische Generalsekretär Breschnew unterzeichnet haben, auch über die Formulierung unterhalten haben, daß der Friede unteilbar ist. Diese Formulierung macht deutlich, daß bei diesen Gesprächen auch eine solche Frage erörtert wurde, weil die Bundesregierung der festen Überzeugung ist, daß es zu ihrer weltweiten Friedenspolitik gehört, alle Konflikte auf friedlichem Wege zu lösen. Dazu gehört auch die Lösung der Fragen, die uns — wie ich fest überzeugt bin — gemeinsam bedrücken, nämlich die Beendigung der Kolonialherrschaft in Namibia und in Rhodesien und die Überwindung der Rassentrennungspolitik in Südafrika.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809316900
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0809317000
Herr Bundesminister, da es allgemeine Auffassung dieses Hohen Hauses ist, daß es zwischen uns und der DDR besondere innerdeutsche Beziehungen gibt, frage ich, warum das, was das Auswärtige Amt über das Engagement der DDR in Afrika weiß, nur dem Ausschuß bekanntgegeben werden soll und nicht der deutschen Öffentlichkeit.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Genscher, Bundesminister: Es geht gar nicht um das Wissen des Auswärtigen Amtes. Außerdem, wenn Sie schon auf die besonderen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zur DDR hinweisen, so werden Sie mir gern zugeben, daß für das Verhältnis zur DDR nicht das Auswärtige Amt zuständig ist, sondern das Bundeskanzleramt, Herr Abgeordneter.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Dr. Hupka [CDU/CSU]: Aber für Afrika!)

Sie wissen, daß wir bei Abschluß des Grundvertrages gemeinsam großen Wert darauf gelegt haben. Wir müssen hier bei der Wahrnehmung unserer Rechtsposition sehr bedachtsam sein, um nicht etwas ins Gleiten geraten zu lassen.
Was im übrigen solche Zahlenangaben angeht, so beruhen sie sehr häufig auch auf Erkenntnissen der dafür zuständigen Dienste, in deren Entscheidungsbereich es liegen muß, inwieweit sie das Maß ihrer Erkenntnisse öffentlich offenbaren oder in vertraulichen Gremien. Das ist also nicht eine Entscheidung des Außenministers, sondern die Entscheidung ist an anderer Stelle zu treffen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809317100
Eine Frage der Frau Abgeordneten Erler.

Brigitte Erler (SPD):
Rede ID: ID0809317200
Herr Bundesminister, teilen Sie meine historische Analyse, daß es bisher immer nur in solchen Ländern möglich war, kubanische Truppen ins Land zu rufen, wo allzu lange kolonialistische oder aber unterdrückende Strukturen wie etwa in Äthiopien auch mit Unterstützung des Westens aufrechterhalten wurden?
Genscher, Bundesminister: Frau Abgeordnete, ich möchte dazu eine generelle Bemerkung machen. Ich glaube, daß es bei der Betrachtung der Entwicklung in den Staaten der Dritten Welt zum Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht der Völker der Dritten Welt gehört, daß wir uns zu Anwälten ihrer eigenen Entscheidungen über ihre innere Ordnung machen und uns nicht in die Rolle eines Lehrmeisters oder gar eines Landes begeben, das die Hingabe von Hilfe mit Bedingungen für eine bestimmte innere Ordnung verknüpft. Was wir anzubieten haben, ist unser freiheitliches Staats-, Wirtschafts-und Gesellschaftssytem als Beispiel und Modell mit der Möglichkeit, es freiwillig zu übernehmen oder nicht.



Bundesminister Genscher
Die historische Erfahrung zeigt in der Tat, daß jene ehemaligen Kolonien, die in besonderer Weise auf die Unabhängigkeit vorbereitet worden sind, den Weg in die Unabhängigkeit, in das Finden einer nationalen Identität am leichtesten gegangen sind, verglichen mit jenen, in denen der Prozeß der Entkolonisierung am längsten hinausgezögert worden ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Siehe Uganda!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809317300
Keine Frage.
Ich rufe die Frage 133 des Herrn Abgeordneten Dr. Becher auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die Gefahr der in Afrika geführten Stellvertreter-Kriege durch eigene Maßnahmen sowie gemeinsam mit ihren Verbündeten vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufklären und abwenden zu helfen?
Genscher, Bundesminister: Die Bundesregierung tritt dafür ein, Konflikte überall in der Welt mit ausschließlich friedlichen Mitteln zu lösen. Ihre Afrika-Politik ist darauf angelegt, durch politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit Unabhängigkeit und Stabilität der Staaten Afrikas zu erhöhen, um sie dadurch in die Lage zu versetzen, neuen wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Abhängigkeiten zu widerstehen. Die Bundesregierung wirkt auf diese Weise aktiv bei dem Abbau von Konflikten in Afrika mit. Sie ist davon überzeugt, daß die Ausräumung der Ursachen der friedensbedrohenden Konflikte die wirksamste Politik gegen ein Vordringen außenafrikanischer Mächte in Afrika ist. Die Bundesregierung ist bereit, hierbei Mitverantwortung zu übernehmen, wie sie es bereits im Rahmen der Namibia-Initiative der fünf westlichen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats getan hat. Für konkrete Maßnahmen zur Verhinderung oder Beendigung bewaffneter Konflikte in Afrika ist nach Auffassung der Bundesregierung zunächst die Organisation für afrikanische Einheit als regionale Organisation der afrikanischen Staaten berufen. Ob darüber hinaus auf Wunsch der OAE oder im Einvernehmen mit ihr der UN-Sicherheitsrat mit der Vermeidung oder Beendigung eines bewaffneten Konflikts in Afrika befaßt werden soll, ist eine Frage der politischen Zweckmäßigkeit, die im konkreten Fall von der Bundesregierung gemeinsam mit ihren Verbündeten und Partnern geprüft wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809317400
Eine Zusatzfrage.

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0809317500
Herr Bundesminister, erblickt die Bundesregierung in den gestrigen Afrika-Beschlüssen des NATO-Gipfels auch eine Verpflichtung, zu verhindern, daß die in meiner ersten Frage genannten Staaten durch allzu umfangreiche Kredit- und Wirtschaftshilfen zusätzlich befähigt werden, mit unserem Geld sozusagen indirekt Stellvertreterkriege in Afrika zu führen?
Genscher, Bundesminister: Welche Staaten haben Sie dabei im Auge, Herr Abgeordneter, damit ich Ihre Frage präzise beantworten kann?

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0809317600
Insbesondere die Ostblockstaaten.
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich glaube, es bestand Einigkeit darüber, daß der wirtschaftliche Austausch zwischen der Bundesrepublik Deutschland — wie übrigens auch anderer westlicher Staaten — und den Staaten Osteuropas im gegenseitigen Interesse liegt, daß insbesondere auch das langfristige wirtschaftliche Abkommen der materiellen Absicherung der politischen Zielsetzung, nämlich der Fortsetzung der Entspannung und damit auch der Schaffung von Voraussetzungen für die Lösung heute noch nicht lösbarer oder nicht lösbar erscheinender Probleme dient. Unter diesem Gesichtspunkt sehen wir die wirtschaftlichen Beziehungen. Dies ist übrigens eine Praxis, die alle Bundesregierungen eingehalten haben, wie etwa das Verhalten früherer Bundesregierungen z. B. nach dem Bau der Mauer in bezug auf den Interzonenhandel gezeigt hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809317700
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0809317800
Herr Bundesminister, wäre im Hinblick auf die Tatsache, daß in allerpenetrantester Weise sich ja wohl Kuba verhält, und im Hinblick auf die Beschlüsse der UNO gegenüber z. B. Rhodesien die Bundesregierung bereit, gemeinsam mit ihren Verbündeten im Sicherheitsrat der UNO Sanktionen gegen Kuba zu verlangen, wenn dieses Land nicht bereit ist, seine Truppen unverzüglich aus Afrika zurückzuziehen?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich glaube, es wird Ihnen nicht entgangen sein, daß im Kreis der blockfreien Staaten sich die Zweifel mehren, ob es noch berechtigt ist, Kuba zu dem Kreis der blockfreien Staaten zu rechnen. Ich halte das für eine interessante und den Tatsachen entsprechende Entwicklung. Ich glaube, daß viele öffentliche Erklärungen nicht nur der Bundesregierung, sondern auch ihrer Verbündeten dazu beigetragen haben, das Bewußtsein für diese Rolle Kubas zu stärken. Hierin sehe ich die größere Wirkungsmöglichkeit als in den von Ihnen ins Auge gefaßten Vorschlägen, die im übrigen ja Mehrheiten brauchten, von deren Erreichbarkeit jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Sie sicher ebensowenig überzeugt sind, wie ich es bin.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809317900
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0809318000
Herr Bundesminister, teilen Sie die außerordentlich hohe Einschätzung der UNO, ihrer Beschlüsse und der Mitwirkungsmöglichkeiten der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der UNO, wie sie in dieser Frage zum Ausdruck kommt, vor allen Dingen, nachdem das doch offensichtlich eine grundsätzliche Kurskorrektor der CDU gegenüber den Beschlüssen der UNO und der Mitarbeit innerhalb der UNO andeutet?



Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung mißt den Vereinten Nationen eine hohe Bedeutung bei. Nicht zuletzt deshalb hat sie sich entschlossen, Mitglied der Vereinten Nationen zu werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809318100
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0809318200
Herr Kollege Genscher, sind Sie in der Lage — ich stelle die Frage auf Grund Ihrer vorhergehenden Antwort —, diesem Haus gegenüber die Aktivitäten kubanischer militärischer Einheiten in einem fremden Kontinent, in Afrika, zu klassifizieren?
Genscher, Bundesminister: Ich halte es für eine wirklich interventionistische, zum Teil die Unabhängigkeit anderer Staaten beeinträchtigende Politik.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809318300
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0809318400
Herr Bundesminister, ist das Auswärtige Amt bereit, den Kollegen Voigt schriftlich darüber zu informieren, in welchen Spezialorganisationen der Vereinten Nationen die Bundesrepublik Deutschland seit 1952 aktiv mitwirkt und daß es in diesem Haus bis zum Jahr 1969 einen Konsens darüber gab, den Vereinten Nationen nicht beizutreten, wenn gleichzeitig die DDR beitritt?
Genscher, Bundesminister: Ich kann diese Frage wie die meisten Ihrer Fragen, Herr Abgeordneter, mit einem uneingeschränkten Ja beantworten.

(Heiterkeit)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809318500
Eine Frage der Frau Abgeordneten Erler.

Brigitte Erler (SPD):
Rede ID: ID0809318600
Herr Bundesminister, ist die Bundesregierung bereit, entsprechend auch die militärischen Aktivitäten der Franzosen im Tschad und in der Westsahara zu klassifizieren?
Genscher, Bundesminister: Nein. Der Sachverhalt liegt anders.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Dieser Versuch, das zusammenzubringen! Da fehlt doch wirklich der Kopf, das zu unterscheiden!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809318700
Keine Frage mehr? — Ich rufe die Frage 134 des Herrn Abgeordneten Marx auf:
Ist die Bunderegierung der Auffassung, daß sie — sei es versehentlich oder gar bewußt fehlerhaft — das Viermächteabkommen über Berlin nicht korrekt eingehalten hat?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat das Viermächteabkommen für Berlin bisher stets strikt eingehalten und voll angewendet. Sie wird das auch in Zukunft tun.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU) Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.


Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0809318800
Herr Bundesaußenminister, empfinden Sie ähnlich wie ich vor dem Hintergrund dieser klaren Antwort die Behauptung, die Bundesregierung habe in der Vergangenheit, sei es versehentlich oder gar bewußt, das Viermächteabkommen über Berlin fehlerhaft ausgelegt und angewendet, als schädlich für unsere Deutschland- und Berlin-Politik und darüber hinaus für unsere Außenpolitik?
Genscher, Bundesminister: Mir ist, Herr Abgeordneter, ein an die Adresse der Bundesregierung gerichteter Vorwurf dieser Art nicht bekannt.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809318900
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0809319000
Herr Bundesaußenminister, da Sie eine vorzüglich arbeitende Pressestelle haben, ist Ihnen sicher durch diese Pressestelle wiederholt zugegangen, daß dieser Vorwurf gegen Ihr Haus erhoben worden ist. Ich frage, ob Sie bereit sind, in diesem Haus diesen Vorwurf als unqualifiziert zu bezeichnen.
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich muß Sie bitten, zu zitieren, worauf sich der an die Adresse des Auswärtigen Amts gerichtete Vorwurf gründet. Ich weiß natürlich als Zeitungsleser wie Sie, daß ein allgemeinerer Vorwurf dieser Art erhoben worden ist.
Sie haben mich aber gefragt: an die Adresse des Auswärtigen Amts. Ich habe gesagt, ein solcher Vorwurf an die Adresse des Auswärtigen Amts sei mir bis zur Stunde nicht bekanntgeworden. Sollte er mir bekanntwerden oder sollte er erhoben werden — jetzt oder in Zukunft —, so würde ich diesen Vorwurf als unberechtigt zurückweisen, und zwar in vollem Bewußtsein der Feststellung, die ich hiermit wiederhole — wie ich hoffe: zu Ihrer Befriedigung -, daß die Bundesregierung das Viermächteabkommen bisher stets strikt eingehalten und voll angewendet hat und sich auch in Zukunft so verhalten wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809319100
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 135 des Herrn Abgeordneten Kunz auf:
Kann die Bundesregierung gegebenenfalls konkrete Fälle nennen, in denen sie — sei es versehentlich oder gar bewußt fehlerhaft — das Viermächteabkommen über Berlin nicht korrekt eingehalten hat?
Genscher, Bundesminister: Die Bundesregierung, Herr Abgeordneter, hat das Viermächteabkommen bisher stets strikt eingehalten und voll angewendet und wird das auch in Zukunft tun.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809319200
Eine Zusatzfrage.

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0809319300
Kann ich, Herr Minister, Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie mit mir der Auffassung sind, daß auch in Zukunft die Möglichkeit gegeben ist, Institutionen des Bundes in Berlin zu begründen, sofern die allein für die drei Westsektoren zuständigen Drei Mächte dies gestatten?
Genscher, Bundesminister: Unabhängig davon, daß es sich hier nicht um eine aktuelle Frage handelt, beantworte ich Ihre Frage mit Ja.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809319400
Eine weitere Zusatzfrage.

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0809319500
Kann ich Ihre Antwort weiterhin so interpretieren, daß Sie mit mir die Auffassung teilen, daß europäische Institutionen, wenn die Europäische Gemeinschaft solche Institutionen in Berlin zu begründen wünscht, dort genauso legal sind wie in anderen Teilen der Gemeinschaft?
Genscher, Bundesminister: Wenn Sie ebenfalls hinzufügen „mit Einverständnis der Drei Mächte" und unter meiner Hinzufügung, daß es sich auch dabei nicht um eine aktuelle Frage handelt, beantworte ich Ihre Frage mit Ja.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809319600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0809319700
Herr Bundesminister, nachdem die Bundesregierung in diesem Hause einmal eine bestimmte Zitierweise der sowjetischen Seite zum Berlin-Abkommen und zu den rechtlichen Bindungen West-Berlins an die Bundesrepublik Deutschland als unkorrekt bezeichnet hat: Sind Sie der Auffassung, daß es auch für die Mitglieder dieses Hauses wichtig ist, das Berlin-Abkommen immer richtig, in allen Nuancen richtig zu zitieren?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich halte es für eine pure Selbstverständlichkeit, daß Abkommen immer richtig zitiert werden. Das gilt insbesondere für Abkommen von einer so zentralen Bedeutung, wie sie das Viermächteabkommen für Berlin hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809319800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0809319900
Herr Bundesminister, würden Sie mir zustimmen, daß zwar das vertragsrechtliche, legalistische Abstecken von Grenzen der Anwendung des Berlin-Abkommens wichtig ist, um deutlich zu machen, wo diese Grenzen liegen, daß aber damit natürlich über den politischen Hintergrund einer vollen Anwendung und strikten Einhaltung im konkreten Fall noch nichts gesagt ist?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, die strikte Einhaltung und volle Anwendung sollte ja alle Aspekte bei der Anwendung des Viermächteabkommens für Berlin deutlich machen. Ich würde nur gern das Wort „legalistisch" gestrichen haben,

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

weil das Wort „legalistisch" den Eindruck erwecken könnte, als ob die Berufung auf geltende Verträge oder Gesetze einen gewissen Hautgout hätte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809320000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0809320100
Herr Bundesminister, kann ich Ihrer Antwort an den Kollegen Kunz entnehmen, daß die Bundesregierung der Auffasung ist, daß es bisher jedenfalls weder leichtfertige noch gar absichtliche Verletzungen des Viermächtestatus durch die Bundesregierung — oder weil man es „einmal probieren wollte" — gegeben hat?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich kann nur zum wiederholten Male sagen, was ich bereits ausführte, nämlich daß die Bundesregierung das Viermächteabkommen für Berlin immer strikt eingehalten und voll angewendet hat und das auch in Zukunft tun wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0809320200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0809320300
Herr Bundesminister, würden Sie auch in Kenntnis der Behauptung der sowjetischen Nachrichtenagentur „Nowosti" vom 25. Mai, die sagt, die Ausdehnung eines Visums, das in den Paß eines Ausländers gedruckt wird, auch auf das Land Berlin sei nicht eine Fahrlässigkeit eines nachlässigen Konsularbeamten, sondern eine bewußte Mißachtung des vierseitigen Abkommens, die vorhin in Beantwortung der ersten Frage getroffene klare Feststellung, daß die Bundesregierung das Viermächteabkommen bisher strikt eingehalten und voll angewendet habe, aufrechterhalten?
Genscher, Bundesminister: Ich erhalte auch unter dieser Voraussetzung die von mir nunmehr wiederholt getroffene Feststellung voll aufrecht. Ich füge hinzu, meine Kollegen: Wir sprechen im Zusammenhang mit Berlin und der strikten Einhaltung und vollen Anwendung des Viermächteabkommens von einem Thema von vitaler Bedeutung für die deutsche Politik. Ich bin deshalb um große Klarheit und Eindeutigkeit bemüht gewesen, und ich denke, daß wir alle — auf welcher Seite des Hauses wir auch sitzen — ein Interesse daran haben, diese Diskussion in großer Verantwortung zu führen, wohl wissend, daß das Viermächteabkommen von außerordentlicher Bedeutung für die Bindungen und die Entwicklung der Bindungen Berlins an den Bund ist. Deshalb ist die Bundesregierung ja so sehr daran interessiert, daß sie das Abkommen strikt einhält und voll anwendet und damit behutsam mit diesem wichtigen Abkommen umgeht.

(V o r s i t z : Präsident Carstens)





Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809320400
Ich darf nunmehr die Leitung der Sitzung übernehmen und die Frage 136 des Herrn Abgeordneten Kunz (Berlin) aufrufen:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß keinerlei Anlaß besteht, Positionen in bezug auf Berlin (West) abzubauen, da das Viermächteabkommen stets strikt eingehalten und voll angewendet worden ist, wie dies dem Abkommen entspricht?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Auswärtigen.
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, darf ich hierzu aus der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 11. Mai im Anschluß an den Besuch des Generalsekretärs Breschnew zitieren:
Ich habe besonderen Wert darauf gelegt, unseren Gesprächspartnern deutlich zu machen, daß unsere Berlin-Politik nicht darauf ausgerichtet ist, die bestehende Lage zu verändern, sondern daß wir sie erhalten und stabilisieren wollen.
Der Herr Bundeskanzler hat weiter gesagt — ich zitiere wiederum wörtlich —:
Man muß sich von der Vorstellung trennen, daß die Sicherheit und die Lebenskraft Berlins durch bloß demonstrative Aktivitäten und Initiativen, die niemandem tatsächlichen Nutzen bringen, wirklich gestärkt werden könnten. Im Interesse Berlins muß sich eine verantwortungsbewußte Berlin-Politik an den vom Viermächteabkommen gegebenen Möglichkeiten und Grenzen orientieren.
Es ist zu begrüßen — damit gebe ich meinen während der Debatte vom 11. Mai 1978 gewonnenen Eindruck wieder —, daß die Ausführungen der Vertreter aller Parteien im Deutschen Bundestag erkennen ließen, daß die Berlin-Frage behutsam behandelt werden muß. Das ist auch die Auffassung der Drei Mächte.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809320500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz (Berlin).

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0809320600
Da Sie, Herr Minister, sehr zu Recht auf die Kontinuität der Berlin-Politik abgehoben haben, darf ich Sie in diesem Zusammenhang fragen, ob Sie mir bestätigen können, daß der Angriff, der durch die sowjetische Nachrichtenagentur „Nowosti", auf die Herr Kollege Marx Bezug genommen hat, wonach das Verfahren zur Übernahme von Bundesgesetzen nach Berlin kritisiert wird, ein erstmaliger Angriff dieser Art ist und nach dem abgeschlossenen Besuch von Breschnew besonders aufhorchen läßt.
Genscher, Bundesminister: Er wäre besser unterblieben.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809320700
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kunz.

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0809320800
Herr Minister, teilen Sie meine Auffassung, daß alle Angriffe, die in diesem von Herrn Marx und mir in Bezug genommenen
Nachrichtenbulletin von „Nowosti" enthalten sind, insgesamt einen höchst untauglichen Versuch einer Ummünzungskampagne hinsichtlich des Abkommens über Berlin darstellen?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, durch die Verwendung der Worte „alle Angriffe" schaffen Sie einen so allgemeinen Begriff, daß wir uns später darüber verständigen müßten, was Sie dabei alles im Sinne hatten. Deshalb sehe ich mich außerstande, Ihre Frage zu diesem Zeitpunkt zu beantworten, denn ich kann nur das beurteilen, was ich selbst gelesen habe.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809320900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kittelmann.

Peter Kittelmann (CDU):
Rede ID: ID0809321000
Herr Minister, wie qualifizieren Sie die Tatsache, daß das. sowjetische Nachrichtenmagazin „Nowosti" gerade jetzt nach dem Besuch von Herrn Breschnew die Anwürfe in einer sehr detaillierten Weise vorbringt, und ist damit zu rechnen, daß die Sowjetunion nach dem Besuch von Herrn Breschnew das Berlin-Thema wiederum in einer formal weitergehenden Weise behandeln wird, als es während des Besuches zu erkennen war?
Genscher, Bundesminister: Wir halten uns an das, was in der Deklaration zu dieser Frage gesagt worden ist.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809321100
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sieglerschmidt.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0809321200
Herr Bundesminister, da ich ja fragen muß: Darf ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich die Vokabel „legalistisch" auch gern streichen möchte? Aber dann kommt meine Frage: Halten Sie nicht auch insbesondere die Fälle, in denen die Sowjetunion Kritik an Dingen übt, die so wie bisher schon in Berlin gewesen sind, für besonders schwerwiegend und deswegen besonders zurückweisungswürdig?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, Sie führen mit Ihrer Frage in den Bereich der gewachsenen Bindungen. In der Tat ist es dort natürlich besonders schwerwiegend. Aber ich bitte, den Begriff der Entwicklung der Bindungen, der auch gedeckt wird durch das Viermächteabkommen, gleichwohl nicht geringzuschätzen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809321300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0809321400
Herr Bundesminister, dann habe ich Sie wohl richtig verstanden, wenn die Bundesregierung die Bestimmungen des Viermächteabkommens, wo es heißt, daß sie berücksichtigen bei der Erweiterung der Bindungen, daß wie bisher Berlin nicht von der Bundesrepublik Deutschland regiert wird, daß darin klar zum Ausdruck kommt, daß die bisherige Praxis in der Bun-



Jäger (Wangen)

desrepublik Deutschland und in West-Berlin nicht als ein untersagtes Regieren in diesem Sinne aufgefaßt werden kann?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, darf ich Sie bitten, diese Frage zu wiederholen?

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0809321500
Ich darf sie verkürzt wiederholen, Herr Bundesminister: Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß in der Formulierung des Viermächteabkommens klar zum Ausdruck kommt, daß die bisherige Bindungspraxis West-Berlins an die Bundesrepublik Deutschland durch diese Formulierung nicht als ein von diesem Abkommen untersagtes Regieren qualifiziert wird?
Genscher, Bundesminister: Die Bindungen werden durch das Viermächteabkommen nicht nur bestätigt, sondern ihre Entwicklung wird sogar für zulässig erklärt.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809321600
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0809321700
Herr Bundesminister, teilen Sie meine Auffassung, daß ein vorschneller und leichtfertiger Gebrauch der Qualifikation „demonstrativ" für normale Ausschöpfungsmaßnahmen gegenüber dem Berlin-Abkommen den deutschen und Berlin-Interessen abträglich ist?
Genscher, Bundesminister: Wenn es vorschnell und leichtfertig geschieht, was sicher eine Beurteilungsfrage ist, ja.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809321800
Meine Damen und Herren, weitere Zusatzfragen zu dieser Frage liegen nicht vor.
Bei der Frage 137 bittet der Fragesteller um schriftliche Beantwortung. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nunmehr die Frage 138 des Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung in der gemeinsamen Erklärung des Zentralkomitees der KPdSU, des Präsidiums des Obersten Sowjets und des Ministerrats der UdSSR (Tass vom 11. Mai 1978) über Inhalt, Tragweite, Schwerpunkte und politische Bedeutung des Besuchs des Staats- und Parteichefs Breschnew in Bonn, oder sieht sie als Ergebnis der Gespräche und Verhandlungen sowie der ausgetauschten Dokumente noch andere Schwerpunkte und Auswirkungen?
Herr Bundesminister.
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung bewertet den am 12. Mai 1978 veröffentlichten Beschluß der sowjetischen Führung zum Besuch von Generalsekretär Breschnew, dem sowjetischen Staatsoberhaupt, in der Bundesrepublik Deutschland als eine wichtige politische Erklärung. Sie begrüßt u. a. die in diesem Beschluß enthaltene Aussage, auch in Zukunft im Geiste des gegenseitigen Einvernehmens, der Offenheit und des wachsenden Vertrauens gegenüber der Bundesrepublik Deutschland zu handeln und das Ziel zu verfolgen, weiterhin die Qualität und das Niveau der beiderseitigen Beziehungen anzuheben. Das sind Gedanken, die auch in der anläßlich des Besuches unterzeichneten gemeinsamen Deklaration zum Ausdruck gekommen sind.
Der Herr Bundeskanzler hat am 11. Mai 1978 in seiner Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag die Haltung der Bundesregierung zu der deutsch-sowjetischen Gipfelbegegnung eingehend dargelegt. Der Bundesminister des Auswärtigen hat in der anschließenden Debatte ebenfalls ausführlich Stellung genommen. Der Auswärtige Ausschuß des Deutschen Bundestages wurde schon am 10. Mai über die Besuchsergebnisse unterrichtet. Daher möchte 'ich es mir versagen, die Besuchsergebnisse noch einmal im einzelnen zu analysieren.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809321900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0809322000
Herr Bundesaußenminister, hat die Bundesregierung in ihrer Wertung nicht auch den beiderseits erklärten Willen — auch den der Sowjetunion — zum Abbau des militärisch-konventionellen Übergewichts mit der Tendenz zum Gleichgewicht in Europa hervorgehoben, und steht nicht in völligem Gegensatz dazu die soeben von Ihnen behandelte sowjetische Erklärung, die die deutsche Verantwortung für eine starke Abrüstung — aber ohne jede Erwähnung des Gleichgewichts — in den Vordergrund rückt?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, wir waren. uns bei der Diskussion über die gemeinsame Deklaration darüber einig, daß es jetzt darum geht, die darin genannten Zielsetzungen in die Tat umzusetzen. Dazu bieten insbesondere die sogenannten MBFR-Verhandlungen in Wien Gelegenheit.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809322100
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0809322200
Herr Bundesaußenminister, kann die Bundesregierung bestätigen, daß die in der amtlichen TASS-Erklärung enthaltenen Hinweise auf ein europäisches Wettrüsten die daran nicht beteiligte Bundesrepublik Deutschland nicht treffen können und daß sie die Behauptung von dem bereits bestehenden unveränderbaren Gleichgewicht in Europa nicht teilen kann?
Genscher, Bundesminister: Der Herr Bundeskanzler hat heute in der Regierungserklärung und in seinem späteren Beitrag darauf hingewiesen, daß das Ziel der Herstellung eines Gleichgewichts zu den zentralen Zielen der Abrüstungspolitik der Bundesregierung gehört. Schon daraus ergibt sich, daß wir dieses Ziel als noch nicht erreicht betrachten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809322300
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Ich rufe die Frage 139 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Sieht die Bundesregierung — so wie die offizielle Presse — Parallelen im Zusammenhang mit den Gesprächen, Verhand-



Präsident Carstens
lungen, Dokumenten und Vertragsentwürfen beim Besuch des Staats- und Parteichefs Breschnew einerseits zu den deutschsowjetischen Abkommen von Berlin des Jahres 1925, andererseits zu den zahlreichen bisherigen Bestrebungen „zur Verwirklichung der leninistischen friedliebenden Politik der KPdSU und der Sowjetunion"?
Herr Bundesminister.
Genscher, Bundesminister: Die deutsche Seite hat sich — damals wie heute — bei der Gestaltung ihrer Beziehungen zur Sowjetunion vom Geist der Verständigung und des Friedens leiten lassen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809322400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0809322500
Könnten Sie im Zusammenhang mit meiner Frage eindeutig feststellen, daß es Parallelen zu der Kombination von wirtschaftlichtechnischen Hilfen und einer neuen gewandelten Qualität politischer Beziehungen, wie sie bei der Vorbereitung des Abkommens von 1925 auf beiden Seiten ausdrücklich angeführt wurde, derzeit nicht gibt, weil jede Wechselpolitik zwischen West und Ost für uns von Verhängnis wäre?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, die Situation der Jahre 1925 und 1926 ist mit der des Jahres 1978 aus verschiedenen Gründen nicht vergleichbar. Zum einen ist Deutschland geteilt. Es gibt Militärblöcke auf dieser Welt. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche andere Unterschiede, so daß ich mich darauf beschränken möchte, zu wiederholen, daß wir uns — heute wie damals — vom Geist der Verständigung und des Friedens leiten lassen. Ich glaube, es wäre verfehlt, wenn wir den krampfhaften Versuch machten, Parallelen zu ziehen, die einer seriösen historischen Überprüfung möglicherweise nicht standhielten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809322600
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0809322700
Herr Bundesaußenminister, zeigt sich nicht gerade in Ihrer voll zu billigenden Distanzierung von solchen Parallelen der fundamentale Unterschied in der Beurteilung der Ziele der Beziehungen zur Sowjetunion, wie sie in der sowjetischen Presse und wie sie hier vorgenommen wird?

(Dr. Corterier [SPD] : Abstruser geht es nicht mehr!)

Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich glaube, es ist für niemanden — unabhängig davon, ob er sich mit Politik beschäftigt oder nicht — ein Geheimnis, daß die Ziele kommunistischer Staaten sowohl außen- als auch innenpolitisch gänzlich andere sind als die demokratischer Staaten, zu denen wir uns rechnen.

(Dr. Corterier [SPD] : Hört! Hört! — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Auch bei der Entspannung!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809322800
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Ich rufe die Frage 140 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Glaubt die Bundesregierung, wie Frau Staatsminister Dr. Hamm-Brücher erklärt haben soll, bei der Rettungsaktion der französischen und belgischen Fallschirmjäger in der Zaire-Provinz Shaba „Neokolonialismus" entdeckt zu haben, und wenn ja, warum?
Zur Beantwortung, Herr Bundesminister.
Genscher, Bundesminister: Die Äußerungen von Frau Staatsminister Dr. Hamm-Brücher sind, wohl durch verkürzte Wiedergabe, mißverstanden worden. Sie hat keineswegs die humanitäre Rettungsaktion Frankreichs und Belgiens in einen Zusammenhang mit dem Begriff des Neokolonialismus gestellt.
Die Haltung der Bundesregierung zu dieser Frage ist klar. Sie ist bei der Begegnung der Außenminister der Europäischen Gemeinschaft, im NATO-Rat und heute im Deutschen Bundestag — aber auch bei anderen Gelegenheiten — mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht worden.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809322900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgegeordneter Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0809323000
Herr Bundesaußenminister, sind Sie dann bereit, dem Hohen Hause den ganzen Text mitzuteilen, nachdem es nicht möglich war, vom Bundespresseamt oder vom Auswärtigen Amt den genauen Text zu erhalten, weil hier ein Verbot der Wiedergabe erlassen worden war?

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, wenn Sie wünschen, den ganzen Text zu hören, ist Ihr Informationsbedürfnis schon jetzt als so wichtig anzuerkennen, daß Ihnen auf jeden Fall der ganze Text zugestellt werden wird.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809323100
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0809323200
Kann ich dann davon ausgehen, Herr Bundesaußenminister, daß diese Formulierung „Neokolonialismus" nicht in Übereinstimmung mit der offiziellen Haltung der Bundesregierung steht?
Genscher, Bundesminister: Die Bundesregierung hat nur eine offizielle Haltung. Wir haben überhaupt gar keine inoffizielle Haltung!

(Heiterkeit und Zustimmung bei der FDP und der SPD — Dr. Hupka [CDU/CSU] : Aber wer ist Frau Hamm-Brücher?)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809323300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0809323400
Herr Bundesminister, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung sehr großes Gewicht darauf legt, daß bei keiner der politischen Maßnahmen, die sie in



Voigt (Frankfurt)

Afrika unterstützt, irgendwie der Eindruck entstehen könnte, als wollte sie eine Politik des Neokolonialismus unterstützen?
Genscher, Bundesminister: Die Bundesregierung hat es sich im Gegenteil, wie ich heute schon bei der Beantwortung anderer Fragen zum Ausdruck gebracht habe, zum Ziel gesetzt, die Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten zu stärken. Das ist die Ablehnung einer Politik des Neokolonialismus. Das hat aber nichts mit dem Vorgang zu tun, über den wir hier eben gesprochen haben, Herr Kollege.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809323500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0809323600
Herr Bundesminister, wie erklären Sie den Umstand, daß Frau Staatsminister Hamm-Brücher, deren Äußerung so, wie sie in der Presse wiedergegeben worden ist, ja erhebliches Aufsehen erregt hat, bisher keinerlei Dementi hat hören lassen und daß wir bis zum heutigen Tag, bis zu Ihrer Äußerung erleben mußten, daß hier peinliches Schweigen herrschte?

(Dr. Hupka [CDU/CSU] : So ist es!)

Genscher, Bundesminister: Ob das Schweigen peinlich war, überlasse ich Ihrer Beurteilung, aber die Gelegenheit, die mir durch die Frage gegeben wurde, diese Erklärung abzugeben und die Position
der Frau Staatsminister als eines Teils der Bundesregierung darzustellen, zeigt die Nützlichkeit und Bedeutung von Fragestunden des Deutschen Bundestages.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809323700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0809323800
Herr Kollege Genscher, da Sie freundlicherweise dem Kollegen Hupka zugesagt haben, den gesamten unverkürzten und unverstellten Wortlaut zur Verfügung zu stellen: Wären Sie, da die Sache ja nicht nur ein Gespräch zwischen Ihnen und ihm, sondern öffentlich von Interesse ist, bereit, durch Ihre Pressestelle den vollen unverkürzten und unverstellten Wortlaut verbreiten zu lassen?
Genscher, Bundesminister: Ja.

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Danke!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809323900
Weitere Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor.
' Ich rufe Frage 141 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung der Äußerung des polnischen Botschafters Piatkowski bei, daß mit „eindeutig negativen Folgen" („Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 18. Mai 1978) zu rechnen sei, wenn die deutsch-polnischen Schulbuchempfehlungen nicht zu einer Revidierung der Schulbücher in der Bundesrepublik Deutschland führen sollten, und was gedenkt die Bundesregierung gegen eine derartige Drohung zu tun?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Auswärtigen.
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hält es nicht für sinnvoll, zu einer ihr nur indirekt aus Zeitungsberichten bekanntgewordenen Diskussionsäußerung Stellung zu nehmen, von der ihr weder der genaue Wortlaut noch der Zusammenhang, in dem die Äußerung gefallen sein soll, bekannt sind.
Maßgebend und verbindlich für den Standpunkt beider Seiten bleiben die Ihnen bekannten Feststellungen, die in der gemeinsamen deutschpolnischen Erklärung vom 25. November 1977 getroffen worden sind.
Mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich daraus zitieren:

(Präsident Carstens: Bitte schön, Herr Minister!)

Beide Seiten würdigten die vor kurzem der Öffentlichkeit vorgelegten Empfehlungen der gemeinsamen Schulbuchkonferenz und die in diesem Zusammenhang in beiden Ländern erzielten Fortschritte bei der Berücksichtigung der Empfehlungen in der Schulpraxis. Sie hielten jedoch weitere intensive Anstrengungen zur Erreichung des gemeinsamen Zieles einer vorurteilsfreien, auf gegenseitiges Verstehen gerichteten Erziehung der Jugend für notwendig. Sie brachten ihre Entschlossenheit zum Ausdruck, in dieser Richtung alles zu tun, was in ihren Kräften steht.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809324000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0809324100
Herr Bundesaußenminister, wäre es nicht die Aufgabe und die Pflicht des Auswärtigen Amts gewesen, sich den genauen Text zu besorgen, um nachher dementsprechend vielleicht ein Gespräch mit dem polnischen Botschafter zu führen, zumal ja, wie Sie sagten, die Ausführungen Ihnen, d. h. dem Auswärtigen Amt, zumindest in indirekter Rede und als Zitat bekanntgewesen sind?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich sage noch einmal, daß wir uns an das halten, was vereinbart ist.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809324200
tine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0809324300
Ist daraus aber nicht zu schließen, wenn man die Äußerungen des Botschafters der Volksrepublik Polen ernst nimmt — man muß sie ernst nehmen —, daß es hier offizielle Stellen gibt, die sich nicht daran halten wie die Bundesregierung?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, im Gegensatz zu mir unterstellen Sie die Richtigkeit der Wiedergabe dieser Äußerungen.




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809324400
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Ich rufe die Frage 142 des Herrn Abgeordneten Fiebig auf:
Ist der Bunderegierung einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 18. Mai 1978 zufolge bekannt, daß nach einem Bericht des US-Bundesrechnungshofes sich die CIA zur Beschaffung von Informationen über Ost-Europa der Mitarbeit von 22 Personen bedient hat, denen Nazi-Kriegsverbrechen zur Last gelegt werden, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Regierung der Vereinigten Staaten zu veranlassen, diesen Vorgang aufzuklären?
Zur Beantwortung, Herr Bundesminister des Auswärtigen.
Genscher, Bundesminister: Die Botschaft in Washington ist aufgefordert worden, den Sachverhalt aufzuklären.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809324500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fiebig.

Udo Fiebig (SPD):
Rede ID: ID0809324600
Herr Bundesaußenminister, -werde ich dann über das Ergebnis der Recherchen informiert werden?
Genscher, Bundesminister: Ja.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809324700
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Ich rufe die Frage 143 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann (München) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß deutsche Aussiedler aus dem polnischen Machtbereich bei Besuchen in der Botschaft der Volksrepublik Polen in Bonn angehalten werden, sich der polnischen Sprache zu bedienen, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus?
Herr Bundesminister des Auswärtigen.
Genscher, Bundesminister: Die Bundesregierung, Herr Abgeordneter, hat bisher keinen Anlaß gehabt, sich mit dem von Ihnen dargestellten Sachverhalt zu befassen. Beschwerden über die Praxis der polnischen Botschaft sind ihr bisher nicht zugegangen.
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß sich auch deutsche Auslandsvertretungen im Umgang mit Personen, die der deutschen Sprache mächtig sind, im allgemeinen vorzugsweise der deutschen Sprache bedienen. Das entspricht der Praxis, die auch von den Auslandsvertretungen anderer Staaten befolgt wird.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809324800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0809324900
Herr Minister, würden Sie diese meine Frage aufnehmen und als einen Anhaltspunkt und eine Beschwerde in dieser Richtung werten?
Genscher, Bundesminister: Ich bin gern bereit, Ihre Frage aufzunehmen, um der Angelegenheit nachzugehen. Ob Anlaß zu einer Beschwerde besteht, kann erst dann beurteilt werden, wenn der Sachverhalt in gebotener Weise aufgeklärt ist.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809325000
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0809325100
Herr Minister, ist es nicht ein Unterschied, ob sich eine Auslandsvertretung ihrer Sprache bedient, andererseits aber Besucher auffordert, sich der Sprache der Auslandsvertretung zu bedienen, oder ist es so, daß die Deutsche Botschaft z. B. in Warschau Besucher auffordert, sich der deutschen Sprache zu bedienen, ansonsten ihre Gesuche nicht verhandelt werden?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, darf ich noch einmal den entscheidenden Satz aus meiner Antwort zitieren. Dann wird vielleicht die Haltung der Bundesregierung verständlicher. Ich hatte gesagt:
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß sich auch deutsche Auslandsvertretungen im Umgang mit Personen, die der deutschen Sprache mächtig sind, im allgemeinen vorzugsweise der deutschen Sprache bedienen.
Was z. B. zu prüfen ist, ist die Frage, ob es sich in den von Ihnen genannten Fällen um Personen handelt, die der polnischen Sprache mächtig sind.

(Dr. Wittmann [München] [CDU/CSU] : Nein, das ist nicht der Fall!)

— Herr Abgeordneter, ich möchte Sie bitten, wenn Sie konkrete Fälle haben, diese mir zuzuleiten, damit ich diesen konkreten Fällen nachgehen kann.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809325200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0809325300
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß auch in anderen Fällen, in denen es sich um Deutsche aus Ostdeutschland handelt, die ihren Wohnort seit über 10 Jahren verlassen haben und in Anfragen schriftlicher Art an die polnische Botschaft herantreten, diese verlangt, die Anfragen und die zusätzlichen Schreiben in polnischer Sprache vorzulegen?
Genscher, Bundesminister: Herr Abgeordneter, ich werde der Sache nachgehen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809325400
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Ich rufe dann noch die Frage 144 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann auf:
Was unternimmt die Bundesregierung dagegen, daß von den Aussiedlern aus Ostblockstaaten ein Verzicht auf dort gelegenes Vermögen verlangt wird?
Herr Bundesminister des Auswärtigen.
Genscher, Bundesminister: Die in Ihrer Frage enthaltene Feststellung, daß von den Aussiedlern aus Ostblockstaaten ein Verzicht auf dort gelegenes Vermögen verlangt wird, trifft in dieser Form nicht zu. Die Gesetzgebung dieser Staaten in bezug auf Vermögen von Aussiedlern, die nach dem Recht des jeweiligen Ostblockstaates in der Regel dessen



Bundesminister Genstier
Staatsangehörigkeit besitzen, ist unterschiedlich. Im allgemeinen wird von den Aussiedlern, die nicht anders behandelt werden als sonstige Personen, die ihren Wohnsitz in das westliche Ausland verlegen, eine Regelung der Vermögensverhältnisse verlangt, die durch entgeltliche oder unentgeltliche Verfügungen getroffen werden kann. In Anbetracht des verständlichen Wunsches, so schnell wie möglich in die Bundesrepublik Deutschland überzusiedeln, können bei einem Verkauf von Gegenständen, die nach der Gesetzgebung des jeweiligen Ostblockstaates nicht mitgenommen werden können, allerdings unter Umständen nur ungünstige Preise erzielt werden.
Hinzu kommt, daß bei unentgeltlichem Erwerb von Grundstücken, wie Erbschaft, Schenkung und Ersitzung, nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht mancher Ostblockstaaten außer bei landwirtschaftlichem Besitz hohe Steuern fällig werden. Sollten der Bundesregierung Einzelfälle bekannt werden, in denen Aussiedlern durch das Steuerrecht besondere Härten entstehen, wird sie diese Fälle mit der jeweiligen Regierung des osteuropäischen Staates aufnehmen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809325500
Ich kann wegen der fortgeschrittenen Zeit nur noch die beiden Zusatzfragen des Herrn Fragestellers und keine weiteren zulassen.
Herr Abgeordneter Wittmann, Sie haben eine Zusatzfrage.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0809325600
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß auch andere nichtkommunistische Staaten bei Auswanderung derartige Verzichtserklärungen bzw. Regelungserklärungen verlangen?
Genscher, Bundesminister: Ich kann Ihnen im Moment solche Staaten nicht nennen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809325700
Es tut mir leid; aber ich kann außer einer möglichen Zusatzfrage des Fragestellers keine weiteren Zusatzfragen zulassen.
Ich danke dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen für die Beantwortung der Fragen.

(Beifall)

Wir sind am Ende der Fragestunde.
Die nicht mehr aufgerufenen Fragen werden schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Fragen 82, 83, 97, 115, 116, 121 und 122 sind zurückgezogen worden.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, ist zum Tagesordnungspunkt 2 noch ein Punkt zu erledigen. Zu diesem Punkt hatte der Herr Abgeordnete Friedrich (Würzburg) um Gelegenheit zur Abgabe einer persönlichen Erklärung nach § 35 der Geschäftsordnung gebeten. Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Friedrich hierzu das Wort.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0809325800
Herr Präsident! Der CDU-Abgeordnnte Dr. Kohl hat mir heute in der Debatte zur Regierungserklärung unterstellt, meine an ihn gerichtete Frage sei Teil einer gegen Dr. Filbinger gerichteten Kampagne, die von mir auch außerhalb des Hauses, z. B. in Franken, geführt werde.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Nach dieser persönlich gezielten Unterstellung habe ich nach § 35 der Geschäftsordnung das Wort begehrt. Zu den Äußerungen Dr. Kohls stelle ich fest:

(Zuruf von der CDU/CSU: Si tacuisses!)

Ich habe mich bisher weder in Franken noch sonstwo öffentlich an den Äußerungen zur Debatte über Dr. Filbinger beteiligt. Deshalb war meine Frage an Dr. Kohl auch nicht Teil einer Kampagne. Sie bezog sich vielmehr auf den nachfolgenden Wortlaut einer Presseerklärung der CDU/CSU-Fraktion vom 30. Mai, also von vorgestern, in der es heißt — ich zitiere mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten —
In seinem Lagebericht vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat der Fraktionsvorsitzende Dr. Helmut Kohl auch zu der Kampagne gegen Ministerpräsident Dr. Filbinger Stellung genommen. Dabei hat er u. a. erklärt: „Die CDU/CSU-Fraktion bekundet ihre Solidarität mit Ministerpräsident Hans Filbinger".

(Dr. Corterier [SPD] : Unerhört!)

Weiter heißt es dann in dieser Presseerklärung in nichtwörtlicher Rede:
Kohl erklärte weiter, die jetzt gegen Filbinger laufende Kampagne sei Teil einer Gesamtstrategie, die darauf abziele, die Führung der Union oder einzelne ihrer Repräsentanten zu diffamieren.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)

Soweit der Text der CDU/CSU-Presseerklärung, in der Dr. Kohl seine volle Solidarität — ohne Wenn und Aber — mit Dr. Filbinger bekundete.

(Hört! Hört! bei der SPD)

Ich stellte heute meine Frage, weil zwischen der von Dr. Kohl vor zwei Tagen abgegebenen Solidaritätserklärung für Dr. Filbinger, in der von ihm eine Gesamtstrategie, besonders der SPD, gegen die Union unterstellt wird, und seiner heutigen Aussage im Parlament über die von ihm angestrebten Gemeinsamkeiten der Demokraten ein eklatanter Widerspruch besteht.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809325900
Herr Abgeordneter, ich muß Sie darauf hinweisen: Sie dürfen in Ihrer Erklärung nach § 35 nur Erklärungen zurückweisen, die in bezug auf Ihre Person abgegeben worden sind, oder eigene Ausführungen richtigstellen. Ich bitte Sie, sich daran zu halten.

(Beifall bei der CDU/CSU)





Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0809326000
Ich weise die Erklärung zurück, in der mir eine persönliche Kampagne unterstellt wird, weil der ganzen deutschen Öffentlichkeit bekannt ist, daß die Veröffentlichung gegen Dr. Filbinger von so angesehenen Zeitungen wie der Wochenzeitung „Die Zeit" oder der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" oder in dieser Woche erneut auf drei Seiten von der „Zeit" zuerst publiziert worden ist. Deshalb ist der Vorwurf einer Kampagne der SPD ungerechtfertigt. Dies wird abgedrängt, weil sich Dr. Kohl moralisch zu Dr. Filbinger nicht erklären kann.

(Beifall bei der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809326100
Meine Damen und Herren, wir fahren dann in der Abwicklung der Tagesordnung fort.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1978 (Nachtragshaushaltsgesetz 1978)

— Drucksache 8/1801 —
Wird das Wort zur Einbringung der Vorlage gewünscht? — Der Herr Bundesminister der Finanzen.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0809326200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat am 10. Mai 1978 den schon Anfang dieses Jahres angekündigten Entwurf eines Nachtragshaushalts 1978 beschlossen und diesen dann dem Deutschen Bundestag zugeleitet. Mit rund 939 Millionen DM neuen Ausgaben sieht dieser Entwurf die Finanzierung wichtiger struktur-
und beschäftigungspolitischer Maßnahmen vor. Einschließlich des Nachtrags werden die Ausgaben des Haushalts 1978 gegenüber 1977 nunmehr um 10,8 v. H. auf 189,4 Milliarden DM steigen.
Die zusätzlichen Ausgaben entfallen im wesentlichen auf folgende Schwerpunkte: zusätzliche erhebliche investive Hilfen für den Steinkohlenbergbau einschließlich Forschung und Innovation, Erhöhung der Förderbeihilfe für deutsche Kokskohle, Investitionshilfen für eine grundlegende Neugliederung saarländischer Stahlunternehmen, Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen für die durch die Anpassungsmaßnahmen in der saarländischen Stahlindustrie freigesetzten Arbeitnehmer, Förderung der Stahlforschung und der nichtnuklearen Energieforschung, der Entwicklung neuer Technologien auf diesem Gebiet, Kapitalzuführung an die Salzgitter AG, Hilfsmaßnahmen für die deutsche Seefischerei sowie die Förderung der Arbeitsaufnahme in Berlin. Daneben sind neue Verpflichtungsermächtigungen von rund 1,4 Milliarden DM zu erwähnen, die im wesentlichen eine mittelfristige Fortsetzung dieser Maßnahmen sicherstellen sollen.
1978 bis 1981 werden die investiven Hilfen für den Steinkohlenbergbau um rund 2,3 Milliarden DM aufgestockt. Damit soll die Förderkapazität langfristig gesichert werden. Die derzeitige Lage des deutschen Bergbaus erlaubt es den Unternehmen leider immer weniger, die dafür erforderlichen Investitionen selbst zu finanzieren. Deshalb wird die bisherige Investitionshilfe durch die Erhöhung des Zuschußanteils der öffentlichen Hand verbessert. Den zusätzlichen Mittelbedarf bringen der Bund zu zwei Dritteln, die Bergbauländer zu einem Drittel auf. Außerdem erhält der Bergbau Mittel für eine Verstärkung der Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, die vor allem zum Ziel haben, seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Der Bundesanteil an diesen Hilfen beträgt etwa 390 Millionen DM im Jahr.
Neben diesen Investitionshilfen wird die Förderbeihilfe für die Lieferung von Kokskohle an Stahlunternehmen erheblich verbessert. Die langanhaltende Stahlflaute, weltweite Strukturveränderungen in der Stahlindustrie, der Kostenanstieg im deutschen Bergbau und nicht zuletzt die uns auch auf anderen Gebieten Sorge bereitende Dollarkursentwicklung haben dazu geführt, daß gegenwärtig Kokskohle auf dem Weltmarkt zu Preisen bezogen werden kann, die wesentlich unter den kostendekkenden Preisen unseres Bergbaus liegen. Die für 1978 von 13,50 DM auf 38,40 DM je Tonne erhöhte Förderbeihilfe schafft hier einen Ausgleich, indem sie dem Bergbau kostendeckende Erlöse und der Stahlindustrie die Beschaffung der Kokskohle zu einem international vergleichbaren Preisniveau ermöglicht. Im Nachtragshaushalt des Bundes sind für die Zahlung der Kokskohlenbeihilfen zusätzlich 314 Millionen DM vorgesehen. Der Gesamtjahresbedarf hierfür beläuft sich auf ca. 1,1 Milliarden DM; davon trägt der Bund, wie gesagt, zwei Drittel.
Mit diesen zusätzlichen Hilfen für den deutschen Bergbau hat die Bundesregierung ihre Absicht dokumentiert, die Option in den 80er Jahren für den Energieträger Kohle offenzuhalten. Die Maßnahmen dienen aber auch der Erhaltung vieler Arbeitsplätze, insbesondere natürlich im Saarland und im Ruhrgebiet.
Erhebliche Mittel sind für eine grundlegende Neugliederung saarländischer Stahlunternehmen vorgesehen, die durch Ausmaß und Dauer der weltweit schwierigen Absatzlage für Stahl besonders betroffen sind. Die Anpassung an die veränderte Weltmarktlage erfordert hohe Investitionen, die der Bund bezuschußt, um die Wettbewerbsfähigkeit der saarländischen Stahlindustrie langfristig zu erhalten und damit Arbeitsplätze zu sichern. Für 1978 sind hierfür rund 50 Millionen DM vorgesehen; in den kommenden vier Jahren sollen weitere 200 Millionen DM bereitgestellt werden. Diese Hilfe wird vor allem mit Rücksicht auf die besondere Situation im Saarland gewährt.
Daneben hat die Bundesregierung zur Finanzierung eines neuen Programms zur Förderung der Stahlforschung mit einem Volumen von 120 Millionen DM in den Nachtragshaushalt 1978 einen Teilbetrag von 20 Millionen DM eingestellt. Damit soll die Entwicklung neuer Technologien gefördert werden, insbesondere zur Verbesserung des Stahlherstellungsverfahrens und zur Qualitätssteigerung der bei uns produzierten Stähle.



Bundesminister Matthöfer
Außerdem werden von 1978 bis 1981 200 Millionen DM je zur Hälfte vom Bund und von den Ländern Saarland und Rheinland-Pfalz an regionalen Förderungsmitteln bereitgestellt. Diese Mittel dienen zur Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen im Saarland und in einem Teil von Rheinland-Pfalz für die durch die Anpassungsmaßnahmen der saarländischen Stahlindustrie freigesetzten Arbeitnehmer.
Ich gehe davon aus, daß es über die grundsätzliche Notwendigkeit dieser Fördermaßnahmen keinen Streit gibt. Wenn wir aber der Meinung sind, daß die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Fördermaßnahmen für die Kohle, für den Stahl und für die deutsche Seefischerei notwendig und richtig sind, dann müssen wir auch eine finanzielle Deckung dieser zusätzlichen Maßnahmen und Ausgaben sicherstellen. Die Ausgaben des Nachtragshaushalts sollen nach dem Regierungsentwurf in Höhe von 231 Millionen DM durch Kürzungen von Ausgabeansätzen des bisherigen Haushalts 1978 — eine Reihe von Ausgaben entfallen auf Grund der tatsächlichen Entwicklung — und im übrigen durch eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme um 708 Millionen DM auf insgesamt 31,5 Milliarden DM gedeckt werden.
Die Bundesregierung, insbesondere auch der Bundesfinanzminister werden sich einer Suche ,des Parlaments nach weiteren Einsparungen im Haushalt nicht in den Weg stellen.

(Zurufe)

— Herr Kollege Löffler, ich freue mich über jeden Beifall, in diesem Falle insbesondere deshalb, weil es mir endlich gelungen ist, die Aufmerksamkeit des Hauses zu erregen. — Es müßte sich dann allerdings, wie der Herr Kollege Hoppe angekündigt hat, wirklich um bis ins einzelne gehende Sparvorschläge handeln, die nicht Investitionsausgaben betreffen sollten. Das schränkt uns schon einmal ein. Außerdem habe ich ungeheuer große Mühe, die vom Parlament beschlossene Minderausgabe von 2,5 Milliarden DM in diesem Jahr zu erbringen, d. h., Sie dürften mir auch nicht diese Minderausgabe erhöhen, wenn das Ganze praktikabel bleiben soll. Wenn Sie uns im Rahmen dieser Einschränkungen dabei helfen, die Kreditaufnahme möglichst gering zu halten, dann wollen wir Ihnen dabei nicht nur nicht im Wege stehen, sondern auch mit unseren schwachen Kräften noch helfen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Nicht so bescheiden, Herr Minister! — Welche Gnade!)

— Ich habe immer gedacht, Herr Kollege Dr. Stavenhagen, Sie legten Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Bundesfinanzminister. Das ist meine bisherige Erfahrung. Das wird sicher auch so bleiben.
Ein Nachtragshaushalt kann aber sicher nicht Anlaß sein, die über 7 000 Ausgabeansätze des Bundeshaushalts jeweils aktualisieren zu wollen. Auch
— wie ich schon sagte — eine Erhöhung der globalen Minderausgabe von 2,5 Milliarden DM erschien der Bundesregierung nicht sinnvoll. Ich habe mich sorgfältig bemüht, dieser Auflage des Parlaments nachzukommen. Wir haben Schwierigkeiten, schon die 2,5 Milliarden DM zu erbringen. Aber wir wollen doch jeden vernünftigen, wirklich operationellen Weg zu zusätzlichen Einsparungen gern gemeinsam mit dem Parlament gehen.
Die Bundesregierung wird im Haushaltsvollzug auf eine sorgfältige und sparsame Mittelbewirtschaftung hinwirken. Es wäre aber unvernünftig, an den Ansätzen pauschale Einsparungen erzwingen zu wollen.
Ich bin mir sehr der Problematik bewußt, die durch die kumulierte Kreditaufnahme der letzten Jahre geschaffen worden ist und die sich bei der weiterhin notwendigen expansiven öffentlichen Haushaltsgestaltung noch verschärfen kann. Ich füge aus gegebenem Anlaß hinzu, daß der Bundesminister der Finanzen und die Bundesregierung den einstimmig gefaßten Beschluß des Deutschen Bundestages, mittelfristig auf eine Konsolidierung des. Bundeshaushalts hinzuwirken, respektieren und ihm auch das volle Gewicht zumessen, das ihm zukommt, weil ihm schwerwiegende und beachtenswerte Gesichtspunkte zugrunde liegen.
Wir haben es dabei erstens mit der ökonomischen Problematik zu tun, die Kreditmärkte und das Zinsniveau nicht unnötig durch einen zu hohen öffentlichen Kreditbedarf zu belasten. Der öffentliche Kreditbedarf darf nicht Kapitalbildung und Kreditaufnahme der privaten Wirtschaft einengen. Das gegenwärtig ungewöhnlich niedrige Zinsniveau zeigt, daß die öffentliche Kreditaufnahme sich bisher nicht störend ausgewirkt hat.
Wir müssen zum zweiten sorgfältig darauf achten, daß die Defizite der öffentlichen Hand nicht zu einer zu großen Bürde für die vor uns liegenden Jahre werden. Schon jetzt ist mit einer hohe Belastung durch Zinsen und Tilgungen zu rechnen, die den finanzwirtschaftlichen Spielraum künftiger Haushalte in geradezu besorgniserregender Weise einschränkt. Dabei wissen wir heute noch nicht, wann wieder eine bessere konjunkturelle Lage einen deutlichen Abbau der Kredite zuläßt. Ich muß hier wieder erwähnen, daß angesichts dieses früher oder später auf uns zukommenden Zwangs zum Abbau der Verschuldung — —
Herr Kollege Dr. Kohl, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diesem einen Satz zuhören würden, weil er eigentlich für Sie gedacht war.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ich höre Ihnen immer so zu, wie Sie mir zuhören, Herr Kollege! — Heiterkeit und Beifall bei der CDU/ CSU — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ich hatte hier mit meinem Nachbarn eine Sachfrage zu erörtern!)

— Ja, bitte, ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen, daß jetzt etwas kommt, was ich eigentlich auf Sie gezielt hatte sagen wollen. Ich dachte mir, es wäre vielleicht höflich, Sie darauf hinzuweisen.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ich bedanke mich für Ihre Freundlichkeit!)




Bundesminister Matthöfer
Ich muß hier wieder erwähnen, daß angesichts dieses früher oder später auf uns zukommenden Zwangs zum Abbau der Verschuldung Diskussionen über Steuererleichterungspläne in Größenordnungen von zweistelligen Milliardensummen unrealistisch sind.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie das auch Herrn Fredersdorf! — Dr. Kohl CDU/ CSU] : Ist das auch die Meinung Ihres Kollegen Lambsdorff?)

— Ich setze mich jetzt mal mit Ihnen, Herr Kollege Dr. Kohl, auseinander.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809326300
Meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, einen Augenblick. Zum Ablauf der Debatte: Ich muß darauf hinweisen, daß der Herr Bundesminister eine Rede zur Einbringung seiner Vorlage hält. Zwischenfragen sind nicht gestattet, Zwischenrufe sind gestattet. — Bitte schön!

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0809326400
Es ist deshalb, Herr Präsident, auch dem Redner erlaubt, auf Zwischenrufe einzugehen.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Mein Zwischenruf lautete: Ist das auch die Meinung des Grafen Lambsdorff?)

— Herr Kollege Dr. Kohl, ich darf an der Stelle fortfahren, wo ich unterbrochen wurde.
Ich weiß nicht, wie hoch Sie sich zahlenmäßig die Steuersenkung vorstellen. Man müßte das vorher wissen, weil der Tarif nur dann entsprechend gestaltet werden kann, wenn man eine Größenordnung hat.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Herr Bundesminister, wir können gemeinsam klein anfangen, wenn Sie nur mitmachen!)

— Ich darf Sie einmal bitten, mir durch Zwischenruf Ihre Größenordnung zu sagen, weil ich dann darauf eingehen würde, was dies für die Pläne Ihres Kollegen Dr. Strauß bedeutete, eine Verfassungsklage einzureichen, weil das Defizit seiner Meinung nach jetzt zu hoch ist. Was Sie mir zumuten, Herr Dr. Kohl, ist nach Meinung Ihres Kollegen. Dr. Strauß eine Verfassungswidrigkeit.

(Rawe [CDU/CSU] : Aber Sie können doch die Ausgaben senken! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Sparen!)

Wenn ich diese Ausgaben für Investitionen mache, wie es hier weitgehend der Fall ist, dann befinde ich mich — immer nach Meinung des Kollegen Dr. Strauß — in Übereinstimmung mit der Verfassung. Wenn ich das tue, was mir der Herr Kollege Dr. Kohl anträgt, bin ich — nicht nach meiner Meinung, sondern immer nach Meinung des Kollegen Dr. Strauß — außerhalb der Verfassung. Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn Sie beide sich einigen würden.

(Dr. Kohl [CDU/CSU]: Wir zwei müssen uns einigen!)

— Nein, nein, Herr Kollege Dr. Kohl, erst einmal einigen Sie sich mit Ihrem Mitoppositionsführer — man weiß ja da nie, wer wirklich das Sagen hat —,

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das ist ganz eindeutig!)

damit die Union einmal mit einer Stimme spricht und nicht so ein Stimmenwirrwarr von Trommeln und Trompeten und Klarinetten zu hören ist. Zwischendurch kommt immer auch einmal eine menschliche Stimme durch,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

und einige reden dann auch noch mit gespaltener Zunge — nicht Sie —, so daß ich nie wirklich weiß, wer denn hier nun für die Union spricht. Die Gesamtheit Ihrer Vorschläge, Herr Kollege Dr. Kohl, ist in sich so widersprüchlich, daß sie wirklich, wenn sie als Einheit gedacht wäre, als Scharlatanerie bezeichnet werden müßte.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Hoffentlich ist Ihr Text besser als Ihr Ausflug eben!)

Insofern gebe ich also den Vorwurf, die Konsolidierung des Bundeshaushalts nicht genügend im Auge zu behalten, an den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU weiter.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ein dritter Gesichtspunkt, den wir bei der Kreditaufnahme des Bundes beachten müssen, ist in der Tat die von mir vorhin erwähnte und von Herrn Dr. Strauß genannte Vorschrift des Art. 115 des Grundgesetzes. Der Vorsitzende der CSU, Strauß, hat es für richtig gehalten, sich öffentlich auf eine bestimmte Interpretationsweise festzulegen. Wenn ich Art. 115 hier erst an dritter Stelle erwähne, so gewiß nicht aus Mangel an Respekt vor dem geltenden Verfassungsrecht. Art. 115 verweist uns aber nach seinem klaren Wortlaut auf die Prüfung, ob eine Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt. An diesem Tatbestandsmerkmal möchte sich der Herr Vorsitzende der CSU aber vorbeimogeln, indem er einfach behauptet, dies sei eine Ausnahmebestimmung, und etwas, was eine Ausnahmebestimmung zulasse, dürfe nicht öfter als zwei- oder drei- oder, was weiß ich, viermal vorkommen. Das ist keine seriöse Argumentation, weil sie nicht dem klaren Wortlaut des Verfassungstextes entspricht.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Das Grundgesetz begrenzt die Kreditaufnahme des Bundes in Zeiten einer Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts nicht. Das wirtschaftliche Gleichgewicht ist derzeit in der Bundesrepublik, aber nicht nur in der Bundesrepublik, gestört, weil bei uns wie anderswo eine hohe Arbeitslosigkeit besteht und wir immerhin in unserem Lande eine Million Menschen haben, die Arbeit suchen, weil das wirtschaftliche Wachstum derzeit nicht ausreicht, die Rationalisierungseffekte auch nur auszugleichen, geschweige denn ausreicht, per Saldo noch neue Arbeitsplätze zu schaffen. Auch das außenwirtschaftliche Gleichgewicht ist angesichts der dramatischen Veränderung von Wechselkursen und Außenhandelsströmen wohl nicht als ungestört zu betrachten.



Bundesminister Matthöfer
Wenn die Opposition in diesem Punkte anderer Meinung ist, soll sie dies klar sagen und öffentlich betonen, daß die deutsche Wirtschaft in Ordnung und im Gleichgewicht sei. Dann allerdings, Herr Kollege Dr. Kohl, wenn Sie dieser Meinung sind, die deutsche Wirtschaft sei im Gleichgewicht, bitte ich aber auch, eine mögliche Anwendung des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes nicht mehr in Betracht zu ziehen, weil nämlich das eine das andere ausschließt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich bin darüber hinaus gespannt, welches Echo eine solche Position, wir hätten Gleichgewicht und da sei nicht mehr viel zu tun, in der internationalen Diskussion hätte. Es fällt uns ohnehin schon schwer genug, die deutsche Position international wirksam zu vertreten. Ich wäre dankbar, wenn die Opposition ihre Angriffe auf die Bundesregierung so einrichten könnte, daß die Vertretung unseres nationalen Interesses an einer vernünftigen Wirtschaftspolitik im Ausland nicht im Inland unnötigerweise gemindert würde.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das mittelfristig oberste Ziel der Finanzpolitik ist es, dazu beizutragen, durch ausreichendes Wirtschaftswachstum die Vollbeschäftigung in unserem Lande wiederherzustellen und langfristig zu sichern.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das schafft ihr nicht!)

— Ich will mich gar nicht darauf einlassen, ob wir das schaffen. Das hängt natürlich auch sehr von Umständen ab, die außerhalb unseres Einflußbereiches liegen. Wir haben es hier mit internationalen Entwicklungen zu tun. Allerdings würde ich mich freuen, wenn ich eines Tages einmal von der Opposition eine einheitliche und klare Position, mit der ich mich argumentativ auseinandersetzen könnte, zu hören bekäme über den Weg zur Erreichung der Vollbeschäftigung und ihrer langfristigen Sicherung; darauf warte ich noch.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Weil Sie selbst keine Position haben! — Weitere Zurufe von der" CDU/CSU)

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, daß dies ein schwieriger, längerfristiger Prozeß sein wird, der auch strukturelle Umstellungen und Anpassungen erfordert. Dies ist in erster Linie eine Aufgabe der Wirtschaft selbst. Der Staat kann aber neben der Setzung der richtigen Rahmenbedingungen, wozu er verpflichtet ist, versuchen, Impulse in die richtige Richtung zu geben. Er ist in unserem Lande dazu sogar gesetzlich, auch grundgesetzlich verpflichtet.
Das notwendige Wirtschaftswachstum kann nur dadurch erzielt werden, daß alle Anstrengungen darauf konzentriert werden, den technischen Fortschritt und seine wirtschaftliche Nutzung durch Innovation und zukunftsgerichtete Investitionen zu fördern. Hier, Herr Dr. Kohl, ist ein Punkt, wo ich mit Ihrer Liste, die Sie heute vormittag vorgetragen haben, übereinstimme, und das ist die Notwendigkeit der Förderung neuer Existenzgründungen in unserem Lande, der Förderung der Innovations- und Investitionsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen.

(Zuruf des Abg. Rawe [CDU/CSU] — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Da haben wir aus den letzten Jahren einiges vorzuweisen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

Sie werden sich noch wundern, was wir da noch alles tun werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU — Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809326500
Es tut mir leid, Herr Abgeordneter Haase (Kassel), Zwischenfragen sind während der Einbringungsrede nicht gestattet.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0809326600
Aber Sie sind ja ein berühmter Zwischenrufer; warum rufen Sie nicht?

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Ich kann kaum an mich halten! — Heiterkeit)

— Zwischenrufe, Herr Kollege Haase, die Ihnen ja nicht fremd sind, sind Ihnen gestattet.

(Zurufe und Heiterkeit)

Der Entwurf des Nachtragshaushalts ist ein Schritt in diese Richtung. Wir meinen, es sei ein richtiger Schritt in diese Richtung. Ich bitte sehr herzlich um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809326700
Meine Damen und Herren, ich eröffne die allgemeine Aussprache.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Haase (Kassel).

Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0809326800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, es ist schade, daß uns ein Ereignis von nationaler Bedeutung bevorsteht und wir verpflichtet sind, uns hier kurz zu fassen. Manche Ihrer Äußerungen müßten mich veranlassen, in dem einen oder anderen Punkt jetzt die Klingen mit Ihnen zu kreuzen.
Lassen Sie mich nur zu dem letzten Punkt Ihrer Rede etwas sagen. Sie beliebten zu bemerken, wir würden uns noch wundern, was Sie noch alles tun werden zur Ermutigung der Gründung selbständiger Existenzen. Habe ich richtig gehört, daß die Partei, die den Unternehmern die gelben Punkte aufdrückt, sie zu gierigen Profithyänen stempelt, plötzlich auf die Idee gekommen ist, Neugründungen von unternehmerischen Existenzen unterstützen zu wollen? Habe ich das richtig gehört? Erst machen Sie die Leute kaputt, und nachher wollen Sie Neugründungen fördern. Das ist Sozialismus!

(Beifall bei der CDU/CSU)





Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809326900
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Westphal?

Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0809327000
Herr Kollege Westphal, ich habe Herrn Löffler versprochen, nur 15 Minuten zu reden.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809327100
Sie brauchen nur ja oder nein zu sagen, Herr Abgeordneter, aber Sie müssen sich entscheiden.

Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0809327200
Nein.

(Westphal [SPD] : Im Gegensatz zu Ihnen kann ich an mich halten!)

Die Kernfrage dieses Nachtragshaushalts ist ebenso wie beim Etat 1978 die Höhe des Schuldenzuwachses, die in diesem Jahr wieder einen traurigen Nachkriegsrekord erreicht. Herr Bundesfinanzminister, ich bin eigentlich ein bißchen traurig darüber, daß Sie dieses Basisproblem unserer finanziellen Existenz so diskret am Rande haben liegenlassen, daß Sie es so gar nicht im Detail behandelt haben.
Ist Ihnen nicht bewußt, in welcher Situation wir uns befinden? Dazu sind Sie zu klug und mit den Dingen zu sehr befaßt. Sie wissen schon, in welcher Situation wir uns befinden, nämlich, Herr Minister, daß in etwa fünf, sechs Jahren die gegenwärtige Verschuldungshöhe nicht einmal mehr ausreichen wird, die Zinsen zu zahlen. Herr Minister, in einer solchen Situation kann man doch nicht nonchalant über die Dinge hinweggehen.
Aber ich weiß: Ihre Augen richten sich nur noch bis auf das Jahr 1980; wie Karl Schiller, der Sie ja kannte, sagt: nur bis zum Tellerrand der nächsten Wahl, was danach passiert, ist alles egal. Diese Wahl wollen Sie erreichen, und so verhalten Sie sich auch. Ich muß es sagen: leider.

(Beifall bei der CDU/CSU — Bundesminister Matthöfer: Die Rede hätten Sie unter Brüning halten können!)

— Herr Kollege, ich komme nachher noch ganz kurz auf Brüning. Sie sollten sich im Zusammenhang mit Herrn Brüning ein bißchen über die historischen Zusammenhänge unterrichten.
Übrigens: Die Brüningsche Politik — sagen Sie das einmal Ihren hauseigenen Schreibern — ist aus guten Gründen von der sozialdemokratischen Fraktion des Deutschen Reichstags toleriert worden, verehrter Herr Minister. Wenn Herr Brüning ein bißchen mehr Erfolg gehabt hätte, wenn ihm außer den Sozialdemokraten noch ein paar andere geholfen hätten, dann wäre uns unter Umständen das Dritte Reich erspart geblieben. Schmähen Sie nicht den Brüning.

(Beifall bei ,der CDU/ CSU)

Bereits der Schuldenzuwachs nach dem ursprünglichen Haushaltsplan, der jetzt noch um 700 Millionen DM erhöht werden soll, übersteigt trotz aller
Buchungstricks — Herr Minister, Sie wissen Bescheid — schon zum drittenmal entgegen dem Gebot des Art. 115 des Grundgesetzes die Ausgaben
für Investitionen. Zwar sind Ausnahmen — da sind wir uns einig — zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zugelassen, aber die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenzahl von 1 Million, die auch für dieses Jahr trotz des witterungsbedingten Rückgangs der Arbeitslosenzahl im Mai erwartet wird, ist leider keine Ausnahme mehr. Es scheint unter der Verantwortung dieser Regierung zur Regel zu werden.
Auch gesamtwirtschaftlich ist diese Schuldenwirtschaft nicht weiter vertretbar. Die Mehrheit der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute plädierte im April zwar für höhere Haushaltsdefizite, aber nicht für erhöhte Haushaltsdefizite schlechthin, sondern ausschließlich zu dem Zweck, mit öffentlichen Investitionen das gesamtwirtschaftliche Wachstum nachhaltig zu fördern und — das „und" wird bei Ihnen immer vergessen — den Leistungswillen zu fördern und die den Leistungswillen hemmenden Steuerbelastungen zu beseitigen. Das wird auch mit diesem Nachtragshaushalt nicht erreicht. Was Sie als investive Ausgaben im Haushalt bezeichnen, wird nur um 400 Millionen DM erhöht. Die Schuldenlast steigt dagegen um 700 Millionen DM.
Im übrigen gibt es bei diesen Gutachten auch noch ein Minderheitsvotum; das sollte man sich auch einmal ansehen. Dabei handelt es sich um das Essener Institut. Es warnt, daß erneute Steigerungen des Defizits die Verunsicherungen nicht verringern, sondern vergrößern. Herr Minister, an dieser Stelle müßte ich eigentlich Ausführungen über die Bedeutung der Erwartungen und Stimmungen in unserem Lande, über die Bedeutung der Psychologie im ökonomischen Prozeß machen. Sie wissen darüber aber letztlich genausogut Bescheid wie ich. Sie verstoßen auch hier wieder gegen diese Grundgesetze.
Diese Einwände gelten grundsätzlich für alle Maßnahmen — so sagt das Essener Institut —, die die Verschuldung des Staates erhöhen, also auch für zusätzliche Ausgaben für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Wenn überhaupt, dann dürfen nach Auffassung der Essener höhere Schulden allenfalls mit dem Ziel einer Einebnung der starken Progression im Lohn- und Einkommensteuertarif in Kauf genommen werden. Das entspricht im wesentlichen auch der Auffassung des Sachverständigenrates in seinem letzten Jahresgutachten und auch der Auffassung der CDU/CSU-Fraktion.
Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, Sie stehen jetzt vor dem Scherbenhaufen Ihrer Politik mit Dauerarbeitslosigkeit und Schulden über Schulden. Statt wegweisende Zukunftsperspektiven geben zu können, beschränkt sich die Bundesregierung auf die notdürftigen Reparaturen selbstverschuldeter Unfälle. Auch der Nachtragshaushalt mit seinen Subventionen an notleidende Wirtschaftszweige ist nichts anderes. Meine Damen und Herren, Sie laufen doch der Entwicklung im Grunde genommen nur hinterher. Herr Minister, passen Sie einmal auf. Ich zitiere Sie; das hört doch jeder gern. In der „Wirtschaftswoche" vom 12. Mai haben Sie einen guten Vergleich angestellt. Wie ein Radfahrer handeln Sie, der alle 100 m absteigt, um den Reifen



Haase (Kassel)

neu aufzupumpen, anstatt sich einmal die Zeit zu nehmen, den Reifen zu flicken. So handelt die Bundesregierung und so handeln die sie tragenden Parteien.

(Beifall bei der CDU/CSU — Gärtner [FDP] : Na, na!)

— So ist es doch tatsächlich. Ich wäre ja glücklich, verehrter Herr Gärtner, wenn Sie uns dabei helfen würden, die Freunde auf den Pfad der Tugend zu bringen und endlich nicht nur permanent anzuhalten und Korrekturen vorzunehmen, sondern einmal eine Reform an Haupt und Gliedern herbeizuführen. Aber leider wird sich diese Reform an Haupt und Gliedern mit unseren sozialdemokratischen Kollegen nicht herbeiführen lassen.
Auch Kanzler Schmidt hat z. B. in seiner aufschlußreichen Rede in Oslo zugeben müssen, daß die entscheidende Ursache für die anhaltende Investitionsschwäche und Dauerarbeitslosigkeit und damit auch für die schwere Krise der Staatsfinanzen letztlich psychologischer Natur ist und in der allgemeinen Unsicherheit und dem mangelnden Vertrauen in die Zukunft begründet liegt. Die riesigen Schuldenzuwächse können angesichts des schon erreichten Schuldenstandes die allgemeine Unsicherheit nur vergrößern. Sie sind daher nicht nur verfassungsrechtlich unzulässig, finanzpolitisch gefährlich, sondern auch Gift für die Konjunktur.
Meine Damen und Herren, unter den Finanzpolitikern waren wir uns quer durch die Fraktionen bei allen Unterschieden in der verfassungsrechtlichen Beurteilung im Grundsatz einig, daß der durch die überhöhten Ausgaben bedingte Schuldenzuwachs des Bundes zumindest mittelfristig zu hoch ist. Der Herr Kanzler Schmidt hat bereits in seiner Regierungserklärung zu Beginn dieser Legislaturperiode angekündigt, daß die Neuverschuldung des Bundes künftig niedriger sein müsse. Damit hat er recht.
Herr Kollege Hoppe hat bei der zweiten Lesung des Haushalts 1978 die damals beschlossenen Nettokreditaufnahmen als wohl endgültig ausgereizt bezeichnet. Ich begrüße es ausdrücklich, daß er — leider offensichtlich im Gegensatz zur Haltung der FDP-Minister im Kabinett — das nicht einfach als Geschwätz von gestern abgetan hat, sondern von der FDP-Fraktion durch unseren verehrten Kollegen Gärtner angekündigt wurde, wenigstens die 700 Millionen DM des Nachtrags, für die die Regierung .eine zusätzliche Kreditaufnahme vorgesehen hat, durch Einsparungen zu decken. Wenn Sie dabei bleiben, verehrter Herr Kollege Gärtner, haben Sie uns an Ihrer Seite, und mit uns haben Sie ja bekanntlich die Mehrheit.
Möglicherweise kommt jetzt die unvermeidliche Frage — wie immer — nach den Kürzungsvorschlägen der Opposition. Meine Damen und Herren, wir drücken uns ja gar nicht vor der Entscheidung, aber es ist nun einmal nicht Aufgabe der Opposition, zu den für eine dauerhafte Konsolidierung notwendigen Eingriffen die erforderlichen Vorschläge zuerst zu machen, um den Regierungsparteien die Möglichkeit zu geben, die Opposition dann jeweils bei den betroffenen Gruppen draußen im Lande zu verteufeln.
Ich erinnere nur — ich kann mir jedes weitere Wort sparen — an die Aktion, die der Bundesminister für Soziales, der Herr . . .

(Zurufe von der CDU/CSU: Na, wie hieß er denn noch? Arendt!)

— nein, Ehrenberg,

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

im Zusammenhang mit den Vorschlägen des Kollegen Windelen, die Transferleistungen einmal unter die Lupe zu nehmen, bewirkt hat. Das ist ja die Tragik. Wenn wir Ihren Wünschen Rechnung tragen, Vorschläge auf den Tisch zu legen, heißt es: Seht die sozialen Demonteure! Herr Kollege Löffler, wenn ich demnächst sage: wir wollen das BAföG mal ein bißchen einfrieren, so garantiere ich Ihnen: Ihre Kollegen aus dem Bildungsbereich ziehen an den deutschen Universitäten umher und sagen: Schreibt dem Haase einen Brief; das ist der, der euch an die Dividenden will.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Ich garantiere Ihnen: das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Meine Damen und Herren, es gehört zu den vornehmsten Führungsaufgaben der Regierung, ein umfassendes Sanierungskonzept vorzulegen. Das ist nun mal die Rollenverteilung.
Wir sagen ja gar nicht wie weiland die Sozialdemokraten — ich erinnere mich noch sehr gut jener Formulierung —: „Wer sind wir denn? Für was halten Sie uns denn eigentlich? Wir waschen doch nicht anderer Leute schmutzige Wäsche!" Das haben Sie seinerzeit, im Jahre 1966, auf unsere Fragen geantwortet, welche Überlegungen Sie hätten.

(Zurufe von der CDU/CSU: Wehner!)

Sie antworteten uns: „Das ist euer Tisch; den habt ihr gedeckt, und nun müßt ihr zusehen, wie die Zeche bezahlt wird." Wir verhalten uns gar nicht so. Herr Kollege Westphal, wir gehen ja auf Ihre Vorstellungen ein. Bringen Sie sie auf den Tisch, und Sie werden sehen, daß wir mittun. Ich erinnere Sie daran: Beim Haushaltsstrukturgesetz haben wir 40 von 44 Kürzungsanträgen unsere Zustimmung gegeben. Sie können doch nicht sagen, wir verhielten uns gewissenlos. Wir machen doch mit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn wir hier über Schulden und Einsparungen diskutieren, dürfen wir uns nicht auf den Nachtrag beschränken.

(Westphal [SPD] : 50 Milliarden DM Steuerentlastung fordert die Opposition nach dem heutigen Stand! Und zu Stahl und Kohle hat die Opposition nichts zu sagen, obwohl das der Inhalt der Vorlage ist!)

— Gut, Sie haben es gehört.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Vor eineinhalb Monaten, am 13. April 1978, hat dieses Hohe Haus die Bundesregierung einstimmig aufgefordert, mit der Vorlage des Haushaltsplans 1979 und der Fortschreibung des Finanzplans für die



Haase (Kassel)

Jahre bis 1982 unter Berücksichtigung des Art. 115 des Grundgesetzes den Schuldenzuwachs abzubauen und die Neuverschuldung zu verringern. Wir waren uns alle — Herr Kollege Löffler, Herr Kollege Hoppe, ich darf Sie besonders ansprechen — einig, was das bedeutet. Nach dem noch geltenden Finanzplan vom Herbst des letzten Jahres sollte der Ausgabenzuwachs des Bundes ab 1979 auf jährlich 6 % gesenkt werden. Das wurde von dem früheren Finanzminister Apel stets als Beginn der notwendigen Konsolidierung bezeichnet. Nach der Steuerschätzung vom Februar reicht dies indessen nicht aus, um den einstimmigen Grundsatzbeschluß des Bundestages zu verwirklichen. Bei 6 % würde der Schuldenzuwachs in allen Jahren des neuen Finanzplans nicht niedriger, sondern durchweg höher liegen.
Der Notwendigkeit äußerster Sparsamkeit verschloß sich auch der neue Bundesfinanzminister, Herr Kollege Matthöfer, zunächst nicht. Dem Finanzplanungsrat legte er im April eine Projektion vor, in der der mittelfristige Ausgabenzuwachs auf 5 bis 5,5 O/o festgelegt wurde. Und Herr Kanzler Schmidt erklärte noch am 26. April vor seiner Fraktion: „Die Fraktion muß damit rechnen, daß ich mich im Zweifel auf der Seite des Finanzministers befinde." Um so überraschter, Herr Minister Matthöfer, war ich, als Sie am 10. Mai 1978, noch keinen Monat nach der einstimmigen Verabschiedung des Grundsatzbeschlusses, plötzlich von Ihrer bisherigen Haltung abrückten und ankündigten, daß die Bundesausgaben im nächsten Jahr doch wieder stärker steigen sollen.
Nun, als Forschungsminister hatten Sie sich wohl schon in der Energiedebatte als sehr beweglicher Politiker erwiesen. Ursprüngliche Positionen haben Sie aufgegeben, als Sie in Ihrer Partei Widerstand von links verspürten. Der fatale Eindruck ist nicht von der Hand zu weisen, verehrter Herr Matthöfer, daß sich jetzt das, was damals geschah, wohl in der Finanzpolitik wiederholen soll.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt versuchen Sie nach der Methode „Haltet den Dieb" der Opposition eine „in sich widerspruchsvolle Politik" vorzuwerfen.
Meine Damen und Herren, die Haltung der Union ist klar und eindeutig. Wir haben doch alle erfahren, wohin uns immer mehr Staat, die von der SPD durchgesetzte Politik einer ständigen Erhöhung des Staatsanteils geführt haben. Alle zwölf Konjunkturprogramme seit 1973 haben uns aus den Schwierigkeiten nicht herausgeholfen.
Auch der Bundeswirtschaftsminister — das ist interessant, man müßte bei diesen Formulierungen verweilen — hat jetzt erklärt: „Ich mache keinen Hehl aus meiner Auffassung, daß ich von kurzfristig wirkenden oder nicht wirkenden Konjunkturspritzen nichts halte." Ja, er hat solche Konjunkturspritzen — Herr Matthöfer, hören Sie zu —, wie das, was sein Kollege, der Finanzminister, jetzt vorhat, als „konjunkturpolitisches Showgeschäft" bezeichnet. Auch er hat dabei vor zu hohen Ausgaben gewarnt, weil diese die auch von ihm als notwendig anerkannte „langfristig angelegte Entlastung der Unternehmen und der Einkommensbezieher" erschweren oder verhindern.
Graf Lambsdorff hat damit eindeutig die Richtigkeit der eindeutigen Prioritäten der Union bekräftigt, nämlich erstens Stärkung von Leistungswillen, Investitionsbereitschaft und Selbständigkeit, zweitens Milderung der Steuer- und Ausgabenlast, drittens — gleichzeitig — langfristiger Abbau des Schuldenzuwachses und des Staatsanteils. Das, was sowohl wir als auch Graf Lambsdorff fordern, ist nicht Brüningsche Politik. Herr Matthöfer, die Brüningsche Politik können Sie doch im Grunde genommen nur aus der damaligen Situation heraus werten, von dem Reparationsdruck herunterzukommen. Ich würde Ihnen hier gern noch mehr sagen, aber die Zeit erlaubt es nicht.
Wenn wir angesichts der konjunkturellen Lage den Abbau der leistungshemmenden heimlichen Steuererhöhungen bei der Lohn- und Einkommensteuer und — mittelfristig — der investitionshemmenden ertragsunabhängigen Steuern den Vorrang vor hohen Ausgabensteigerungen einräumen, so sind wir uns darüber im klaren, daß der Schuldenzuwachs nicht sofort auf das vertretbare Normalmaß heruntergefahren werden kann. Auch wir müssen — das sei der Redlichkeit halber hier betont — eine hohe Verschuldung in Kauf nehmen, aber eben nur vorübergehend und zu einem anderen Zweck, auch zu dem Zweck, daß über mehr Wachstum wieder echte Wachstumssteuern in die Kassen des Staates fließen. Nur dann, wenn Sparsamkeit wieder oberstes Gebot ist, sich die Staatsausgaben wieder nach den vertretbaren Einnahmeerwartungen richten, kommen wir aus der Einbahnstraße einer immer höheren Staatsverschuldung heraus. Herr Matthöfer, wir brauchen eine Ausgabenpolitik, die sich wieder an der Leistungsfähigkeit dieser Republik orientiert und die Augenmaß beweist.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809327300
Herr Abgeordneter, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0809327400
Ich bin sofort fertig, Herr Präsident. — Deshalb fordern wir bereits für 1979 eine Tarifreform an Stelle der vom Finanzminister jetzt offensichtlich übernommenen Forderungen des Hamburger SPD-Parteitages. Wir stimmen der Formulierung des Herrn Kollegen Hoppe zu: „Das Ziel der Haushaltskonsolidierung darf nicht unter dem Schuldenberg versinken." Jetzt können Sie und die von Ihnen ins Kabinett entsandten Minister beweisen, daß das, was Sie damals gesagt haben, nicht nur leere Worte waren. Noch ist es nicht zu spät, die vom Finanzminister Matthöfer beabsichtigte Weichenstellung rückgängig zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Westphal [SPD]: Kein Wort zu Kohle und Stahl!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809327500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Löffler.




Lothar Löffler (SPD):
Rede ID: ID0809327600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Haase frage ich mich, ob wir wirklich bei Punkt 5 der Tagesordnung, erste Beratung eines Nachtragshaushalts 1978, sind

(Beifall bei der SPD)

oder ob der Bundestagspräsident so etwas wie eine Therapiestunde aufgerufen hat.
Mit diesem Nachtragshaushalt beweist die Bundesregierung, wie ernst sie ihre Verpflichtung gegenüber den arbeitenden Menschen und gegenüber der Wirtschaft in unserem Lande nimmt. Alle Ausgaben in diesem Nachtragshaushalt sind der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage angepaßt und sollen helfen, Schwierigkeiten in einigen Sektoren und Regionen zu mildern oder gar zu beseitigen.
Für die Opposition ist dieser Nachtragshaushalt — anders war es auch nicht zu erwarten, Herr Kollege Haase — lediglich eine erneute willkommene Gelegenheit, ihre sattsam bekannten Vorwürfe gegen die Finanzpolitik der Bundesregierung zu wiederholen. Die vorgebrachten Argumente werden ja durch die ständige Wiederholung nicht schärfer; im Gegenteil, sie wirken nun langsam schon etwas abgestanden.
Wenn ich mich dennoch mit Ihrer Argumentation auseinandersetze, dann deshalb, weil ich Ihnen, Herr Haase, nicht die Gelegenheit geben möchte, mit Ihren polemischen Attacken die Köpfe unserer Bürger zu verwirren. Z. B. hat ja bereits im Vorfeld der Auseinandersetzung um den Nachtragshaushalt der Kollege Dr. Franz Josef Strauß einen Artikel geschrieben, den Sie ja für die Vorbereitung Ihrer Rede weidlich benutzt haben. Es ist auch gut so, daß Sie das aus persönlichen Gründen getan haben;

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie denken wie Herr Matthöfer, ich denke wie Herr Strauß!)

man muß auch an seine eigene Zukunft denken, Herr Haase, und da ist es sehr gut, wenn Sie sich so verhalten.
Dieser Artikel strotzt ja von haltlosen Vorwürfen, Unterstellungen und Verunglimpfungen gegenüber dem Bundesfinanzminister, und zwar so sehr, daß in ihm für die sachliche Auseinandersetzung kaum noch Platz blieb. Sachlich enthält er wahrlich nichts Neues; alte Bekannte geben sich ein polemisches Stelldichein. Dazu gehören auch die Schlagworte — die Sie zum Teil wiederholt und noch vergröbert haben — von der gegenwärtigen Schuldenmißwirtschaft, der Vertrauenskrise, der Unglaubwürdigkeit usw. usw. — alles schon längst gehört.
Im übrigen wiederholt der Kollege Strauß — was Sie auch getan haben — ohne jede Begründung die These von den sogenannten Selbstheilungskräften der Wirtschaft, die nicht zum Zuge kommen können, weil die böse Bundesregierung diese Selbstheilungskräfte hemmt.
Herr Haase, leider haben Sie nichts anderes zu bieten gehabt als das, was in dem Artikel steht. Sie haben dem Bundesfinanzminister vorwurfsvoll zugerufen: Das ist Ihre Politik. Ich darf den Satz mit einer kleinen Abwandlung an Sie zurückgeben: Das ist Ihre Polemik.
Noch ein weiteres, Herr Haase: Weil Sie gerne klirren, müssen Sie uns nicht ständig einen Scherbenhaufen einreden. Benutzen Sie besser den Scherbenhaufen der finanzpolitischen Konzeption Ihrer Fraktion, dann haben Sie genug Möglichkeiten, Geräusche zu machen.

(Dr. Waigel [CDU/CSU] : Das war selten schwach! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

— Wissen Sie, das alles wird natürlich durch Geschrei nicht besser. Sie müssen sich schon einmal das eine oder das andere anhören.

(Erneute Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, in diesem Nachtragshaushalt werden 314 Millionen DM als Zuschüsse zur Erleichterung der Produktion von Kokskohle und Hochofenkoks zu den im Haushalt 1978 schon bewilligten 365 Millionen DM hinzugefügt. Damit wird der deutschen Eisen- und Stahlindustrie und dem deutschen Steinkohlebergbau geholfen. Die Hilfe besteht darin, daß die erhöhte Differenz zwischen dem kostendeckenden Preis für deutsche Kohle und dem Wettbewerbspreis von Drittlandskohle ausgeglichen wird.
Ich frage mich nun allen Ernstes: Was könnten bei diesem Problem die sogenannten Selbstheilungskräfte der Wirtschaft bewirken?

(Sehr wahr! bei der SPD)

Zechenstillegungen, weitere Erschwerung des Stahlabsatzes, Gefährdung der Arbeitsplätze!

(Sehr gut! bei der SPD)

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir dieses Problem den von Ihnen apostrophierten Selbstheilungskräften der Wirtschaft überließen, wäre die Folge die Vernichtung von Arbeitsplätzen, was wir uns gerade in der jetzigen Situation nicht erlauben und leisten wollen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir wollen keine Selbstheilung durch Absterben wirtschaftlicher Bereiche oder durch Vernichtung von Arbeitsplätzen, sondern wollen Selbstheilung durch Hilfe zu einer langfristigen Gesundung, und die bieten wir im Bereich Kohle und Stahl mit diesem Nachtragshaushalt an.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, ist unsere soziale Komponente der Politik, die wir auch in schwierigen Situationen nicht aufgeben werden.
Oder nehmen wir die 348 Millionen DM Zuschüsse für Investitionen an Unternehmen des Steinkohlebergbaus: Sie sind nötig, um begonnene Rationalisierungsmaßnahmen fortzuführen und die Förderkapazität des deutschen Steinkohlebergbaus langfristig zu sichern. Die sogenannten Selbstheilungskräfte der Wirtschaft würden zum Zusammenbruch



Löffler
von Unternehmungen führen, Arbeiter arbeitslos auf die Straße setzen und unsere langfristige Energieversorgung auf das Empfindlichste gefährden.
Das gleiche gilt auch für die Investitionszuschüsse für Unternehmen der saarländischen Stahlindustrie sowie für die Mittel, mit denen die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" für das Saarland aufgestockt wird. Ich kann mir vorstellen, daß der saarländische Ministerpräsident unsere Hilfe über den Nachtragshaushalt 1978 mehr schätzt als die vage Hoffnung auf das, was Sie als Selbstheilungskräfte der Wirtschaft bezeichnen.
Sie haben aber nicht ein Wort dazu gesagt, wie durch Ihre Politik, um ein anderes Beispiel zu nennen, 60 Millionen DM für die Forschung in den Bereichen Kohle, Stahl und Energie zusätzlich frei werden sollen. Die sogenannten Selbstheilungskräfte würden im Bereich der Hochseefischerei ohne Hilfe von außen den Patienten nicht gesunden, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit zugrundegehen lassen.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Wenn man den Leistungswillen der in unserer Wirtschaft als Unternehmer und als Arbeiter tätigen Menschen stärken will, dann kann man das nur tun, wenn man ihnen solidarische Hilfe gewährt, insbesondere dann, wenn sie in Schwierigkeiten geraten sind, die nicht national zu verantworten sind.

(Beifall bei der SPD)

Nein, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie von Selbstheilungskräften sprechen, meinen Sie offensichtlich etwas anderes als wir.

(Dr. Waigel [CDU/CSU] : Das ist wahr!)

— Ja, ja, Herr Waigel, so ist das leider. Wir bieten Arznei zur Heilung und wollen mit unseren Maßnahmen nicht beim Faustrecht des Stärkeren Geltung verschaffen.

(Zuruf des Abg. Dr. Waigel [CDU/CSU])

Die Finanzierung dieses Nachtragshaushalts ist nicht ganz leicht. Wir werden uns in den Beratungen im Haushaltsausschuß bemühen, so viel Deckung wie möglich aus dem Haushalt 1978 zur Verfügung zu stellen. Dabei hoffen wir, daß wir die Deckungsvorschläge der Bundesregierung so verbessern, daß wir die zusätzliche Nettokreditaufnahme von 710 Millionen DM deutlich absenken können. Wenn wir dabei jegliche Erhöhung der Nettokreditaufnahme vermeiden können, um so besser. Die Opposition ist aufgerufen, freundlichst eingeladen — so möchte ich unter Kollegen sagen —, dabei mitzuhelfen. Allerdings, lieber Herr Kollege Waigel, kommen Sie nicht mit dem einfachen Vorschlag, die globale Minderausgabe zu erhöhen, weil das nämlich kein finanzpolitisch seriöser Vorschlag wäre. Es muß- bei dem Suchen nach Deckung auch vermieden werden, daß Mittel zur Deckung herangezogen werden, die an ihrer jetzigen Stelle im Haushaltsplan ebenfalls konjunkturwirksam eingesetzt sind. Das bedeutet auch: Kürzungen an Investitionen kann es nicht geben.
Wie nicht anders zu erwarten war, hat der Sprecher der Opposition die gemeinsame Beschlußempfehlung des Deutschen Bundestages auf Drucksache 8/1589 zur dauerhaften Konsolidierung des Haushalts erwähnt. Wir stehen natürlich zu dieser Beschlußempfehlung, lieber Herr Kollege Haase. Aber eine dauerhafte Konsolidierung kann ja wohl nicht nur durch phantasieloses Streichen von Ausgaben erreicht werden — so hat ja nicht einmal der als sehr sparsam bekannte preußische König Friedrich Wilhelm I. seine Staatsfinanzen geführt —, sondern eine dauerhafte Konsolidierung kann doch nur durch eine Wiedergewinnung der vollen Auslastung unserer Produktionskapazitäten und durch den Abbau der heute vorhandenen Arbeitslosigkeit erreicht werden. Es wäre ja wohl ein Widersinn, Herr Haase, mit dem auch Sie nicht leben könnten, den Haushalt mit allen Mitteln konsolidieren zu wollen und dabei weite Bereiche der Gesellschaft und Wirtschaft zu ruinieren.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Davon hat kein Mensch geredet!)

Wir Sozialdemokraten wissen, daß es in der gegenwärtigen Finanzpolitik keine Patentrezepte gibt.
Ich habe mir drei Beispiele herausgesucht, um das
einmal zu belegen. Ich zitiere das „Handelsblatt"
vom 21. März 1978. Dort heißt es unter der Über
schrift „Der Staat machte die Konjunktur kaputt" :
Die unter dem vermeintlichen Diktat der Konsolidierung stehenden Etatplanungen und der
noch restriktivere Vollzug der öffentlichen
Haushalte bremsten das Wachstum der Inlandsnachfrage zu stark ab, um die Unternehmen zu einer stetigen, über die mit den Rationalisierungsinvestitionen hinausgehende Erweiterung der Produktionskapazitäten zu veranlassen.
So stand es im „Handelsblatt" vom 21. März.
Am 9. März sagte der Vizepräsident der Deutschen Bundesbank — ich zitiere wieder —:
Nach meiner Auffassung ist die vorgesehene Vorschuldung in dieser Höhe notwendig
— nicht nur möglich, sondern notwendig —,
um ein ausreichendes Wachstum der Binnennachfrage sicherzustellen. Sie ist aber andererseits nicht so groß, daß davon Gefahren für die Preisstabilität in der Bundesrepublik ausgehen könnten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt ja auch, aber es geht um die Höhe der Verschuldung!)

Der Präsident der Deutschen Bundesbank warnte gestern in „Bilanz" vor einer weiteren Staatsverschuldung, weil sonst der Geldwert zu stark gefährdet sei. So könnte man jetzt noch Stöße von Papier darüber vorlesen, welche guten Ratschläge uns die Fachleute oder diejenigen geben, die sich für solche halten. Ich glaube, wir müssen unseren eigenen Weg gehen, den wir vor unseren Wählern, vor diesem Volk, zu verantworten haben.
Der Staat muß in der gegenwärtigen Situation sowohl Sparsamkeit üben als auch die Konjunktur beleben und stützen. Dabei reicht es nicht, nur Be-



Löffler
stehendes zu erhalten — auch das muß in der jetzigen Situation getan werden —, sondern wir müssen gleichzeitig Wege für eine gesunde zukünftige wirtschaftliche Entwicklung ebnen. Diese Doppelaufgabe, mit dem richtigen Augenmaß wahrgenommen, schafft die beste Vertrauensbasis für Wirtschaft und Gesellschaft und nicht das ständige Tartarengerede von angeblicher Mißwirtschaft.
Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Dieser Nachtragshaushalt beweist einmal mehr, daß sich die Arbeitnehmer und die Unternehmer auf die sozialliberale Koalition verlassen können. Unbeirrt von undifferenziertem Gerede von Sparsamkeit bietet dieser Nachtragshaushalt Hilfe zur Heilung der gegenwärtigen Schäden in einigen Bereichen unserer Wirtschaft, damit aus regionalen und sektoralen Schäden nicht innerhalb unseres Staates der große Schaden mit all seinen unberechenbaren sozialen und politischen Konsequenzen wird. Herr Bundesfinanzminister, wir werden den von Ihnen vorgelegten Nachtragshaushalt mit aller Sorgfalt beraten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809327700
Das Wort hat der Herr Abgeordneter Gärtner.

Klaus Gärtner (FDP):
Rede ID: ID0809327800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beratung des ersten Nachtragshaushalts in diesem Jahr wird sich sicherlich — dazu war auch der Beitrag des Kollegen Haase angelegt — nicht auf die vorliegenden Druckseiten ides Haushalts beschränken, die hier ausgeteilt worden sind, sondern sie wird sich mit ein wenig mehr beschäftigen. Ich meine, es ist aber dennoch ganz sinnvoll, wenn man manche dieser Ausgabenpositionen noch einmal unter die Lupe nimmt. Insbesondere finde ich es bemerkenswert, wie der jetzige Bundesfinanzminister beim Ressortwechsel einiges an offenbar ungelösten bzw. lösungswürdigen Problemen mitgenommen hat und nun ohne das bislang übliche Streitverfahren zwischen Finanzminister und Ressortchef in seiner eigenen Person kurzerhand gleich entschieden hat. Ich denke dabei an die Positionen, die sich insbesondere mit dem Einzelplan 30 befassen.
Dennoch bleibt in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß gerade in dem Bereich der nichtnuklearen Energieforschung wohl auch unbestrittenermaßen ein großer Nachholbedarf besteht. Die Bekräftigungen einer sicheren und unabhängigen nationalen Energieversorgung haben zu lange darunter gelitten, daß wir unsere öffentlichen Mittel ziemlich einseitig auf nur ein Energiedarbietungskonzept konzentriert haben. Der nun eingeschlagene Weg, der nach meinem Eindruck noch verstärkt werden muß, ist zu begrüßen.
Dennoch wird die Ausgabenseite dieses Nachtragshaushaltes wohl hier und im Haushaltsausschuß weniger Streit entfachen. Der interessantere Teil dieses Entwurfs ist die Einnahmeseite. Die — wenn ich das so sagen darf — spärliche Größe
der Einnahmenpositionen im Entwurf kann nicht zufriedenstellen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

Das kann deshalb nicht zufriedenstellen, weil wir hier nicht so tun können, als ob wir nicht im Deutschen Bundestag am 13. April 1978, also vor nicht allzu langer Zeit, einmütig beschlossen hätten, daß wir die mittelfristige Haushaltssanierung ernsthaft betreiben wollen. Dies hat der Herr Bundesfinanzminister — wenn ich das richtig im Hinterkopf habe — mit Dankbarkeit — wenn auch mit zähneknirsdhender Dankbarkeit, habe ich den Eindruck — entgegengenommen.

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Herr Kollege Waigel, bitte, korrigieren Sie doch Ihre Rede weiter. Vielleicht geht das dann besser.
Es besteht die Aufgabe für das gesamte Parlament, diesem Beschluß Rechnung zu tragen. Ich gehe davon aus, daß nicht nur wir Freien Demokraten zu diesem Beschluß stehen, sondern auch die Kollegen Dr. Kohl und Dr. Zimmermann, die diesen Antrag auf der Drucksache 8/1480 vom 26. Januar 1978 hier eingebracht haben.
Wenn dies, meine Damen und Herren, von der Opposition bejaht wird, dann müßte vorher allerdings einiges an Widersprüchlichkeiten aus der Welt geschafft werden.
Wenn ich höre, daß der Oppositionsführer eine erkleckliche Steuersenkung schon zum 1. Januar 1979 verspricht — um es für die anderen Kundigen in diesem Hause noch einmal zu wiederholen —, aber gleichzeitig in dem von ihm unterschriebenen Antrag drinsteht, daß mit dem Haushalt 1979 die mittelfristige Haushaltssanierung eingeleitet werden solle, ist das ein gut Stück politischer Kühnheit, weil das gar nicht so zu bewältigen ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das geht!)

Vielleicht können Sie Wunder vollbringen, aber hier in diesem Hause wohl weniger.
Der stellvertretende Vorsitzende Dr. Dregger hat im übrigen in einem Beitrag für die Zeitschrift „Expreß", also in einem Beitrag, wo ihn kein Journalist möglicherweise falsch interpretieren konnte, am
25. Mai geschrieben, es gäbe noch „Staatsausgaben, die nicht aufschiebbar sind und ihrerseits Geld erfordern". Er hat dabei im Zusammenhang mit der geringen Geburtenrate in der Bundesrepublik Deutschland an das Kindergeld gedacht. Dies sind natürlich „investive Ausgaben" — wenn ich Ihnen das einmal sagen darf.
Ich sehe also überhaupt nicht, wie das alles mit den Äußerungen des Kollegen Dr. Strauß in Einklang zu bringen ist, der dies völlig anders gesehen hat. Ich meine: Man kann nicht alles mit dem laufenden Wahlkampf entschuldigen.
Wie ist das mit dem, was ich in der „Welt" vom
26. Mai lesen durfte? Der Kollege Spranger gab einem die Ehre. Die Überschrift lautete: „Spranger fordert Verbesserungen beim Bundesgrenzschutz". Im weiteren Verlauf des Artikels ist die Rede da-



Gärtner
von, daß die Aufstockung des Bundesgrenzschutzes — —

(Abg. Spranger [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Sie können sich hinsetzen, weil Sie doch wohl auch hier um 19 Uhr wieder herausgehen wollen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809327900
Soll das heißen, daß Sie die Zwischenfrage nicht zulassen?

Klaus Gärtner (FDP):
Rede ID: ID0809328000
Wir haben uns richtig verstanden. Herr Spranger hat das noch nicht verstanden.
Es ist also dort davon die Rede, daß der Bundesgrenzschutz von jetzt 22 000 Mann auf insgesamt 30 000 Mann verstärkt werden sollte.

(Spranger [CDU/CSU] : Welche Vorschläge haben denn Sie?)

Ich bin zwar nicht sicher, ob man das hier in diesem Rahmen sagen darf, aber ich möchte dennoch bemerken, daß in der Union gelegentlich darauf geachtet werden sollte, daß nicht jeder jeden Tag etwas anderes erklärt, nur damit sichergestellt ist, daß sich der breite Klientel daraus das für sich Passende heraussuchen kann.

(Spranger [CDU/CSU] : Was hat der Bundesgrenzschutz mit Erziehungsgeld zu tun?)

— Es kann natürlich sein, daß Sie Ihre Auffassungsgabe ein bißchen verbessern müßten.
Herr Strauß sollte also sein Augenmerk nicht nur auf den Oppositionsführer richten, sondern auch auf Kollegen aus der eigenen Landesgruppe.
Herr Kollege Haase, das Problem mit dem Tellerrand ist in diesem Zusammenhang natürlich so eine Sache. Was Sie da eben auf die Koalition abgezogen haben, würden Sie dann bei kritischer Begutachtung der eigenen Parteifreunde auch dort ganz gut anbringen können.
Ich meine: Die Forderung des Oppositionsführers nach Steuersenkungen schon zum 1. Januar 1979 kann kein ernsthafter Beitrag zur Haushaltssanierung sein.
Wir sollten auch nicht vergessen, daß wir bereits in den letzten zwei Jahren durch mehrfaches Fordern und durch Mitstimmen in diesem Plenum und im 'Bundesrat Einnahmeausfälle in Höhe von etwa 20 Milliarden DM beschlossen haben.
Ich frage mich langsam, wie man das alles zusammenbringen will, wenn man auf der einen Seite — wie das der Kollege Spranger getan hat — mit 8 000 Planstellen und rund 400 Millionen DM mehr für den konsumtiven Bereich ausgibt — —

(Spranger [CDU/CSU]: Sie lassen ja nicht einmal eine Zwischenfrage zu! Das zeigt, wie schwach Ihre Position ist!)

— Wie schwach die Opposition ist? Das stimmt.

(Spranger [CDU/CSU] : Es zeigt, wie schwach Ihre Position ist, wenn Sie nicht einmal die Zwischenfrage zulassen!)

— Also, damit Sie endlich zufrieden sind, bitte!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809328100
Es liegt in Ihrem Ermessen, wie Sie sich entscheiden wollen. — Bitte, Herr Abgeordneter Spranger!

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0809328200
Herr Gärtner, nachdem Sie meine Vorschläge kritisiert und abgelehnt haben: Kann man dann wenigstens von Ihnen Vorschläge bekommen, wie Sie die 30 bis 40 % nicht besetzten Stellen beim Bundesgrenzschutz und die dadurch bedingte nicht ausreichende Einsatzfähigkeit ausgleichen wollen?

Klaus Gärtner (FDP):
Rede ID: ID0809328300
Herr Kollege Spranger, dies ist nun wirklich nicht der Vorgang, der zur Rede steht. Es geht doch darum, daß Sie gefordert haben, die jetzige Zahl von 22 000 Stellen auf 30 000 zu erhöhen. Das ist der Punkt, sonst überhaupt nichts. Ich bin gerne bereit, den Vorgang mit Ihnen nachher noch einmal zu diskutieren, aber ich bin auf Grund Ihrer Intervention jedenfalls nicht in der Lage, meinen Vorwurf zurückzunehmen.
Wenn ich die beiden Positionen sehe — auf der einen Seite ein Steuersenkungspaket in Höhe von 10 bis 15 Milliarden DM und auf der anderen Seite die anderen Vorschläge, die gelegentlich auftauchen —, dann kommt das eigentlich einem Streichungsantrag des Art. 115 des Grundgesetzes gleich.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Wer heute verantwortungsbewußt Haushaltspolitik treiben will, —

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Sie müssen das wirklich laut sagen. Ich habe den Eindruck, Sie möchten gerne noch etwas sagen.

(Erneuter Zuruf von der CDU/CSU)

— Wir geben uns ja wirklich redlich Mühe. Herr Haase ist ja nicht umsonst ein so liebenswürdiger Mensch und hat mir ein entsprechendes Angebot gemacht, wobei ich allerdings immer noch sagen muß, Herr Haase: Mehrheit und Mehrheit sind zwei Paar Schuhe. Es kommt immer auch auf die Struktur der Mehrheit an. Das müssen Sie sehen. Wir haben ja, was die Mehrheit angeht, vor acht Tagen im Haushaltsausschuß eine kleine Kostprobe vorgeführt bekommen, als es um den Zollfahndungsdienst ging. Im Haushaltsausschuß haben wir diese Zollfahndungszulage gemeinsam abgelehnt, und Ihre Kollegen im Innenausschuß haben sie wieder einführen wollen. Das verstehe ich unter Struktur der Mehrheit. Man muß, auch in den einzelnen Parlamentsausschüssen, ein bißchen stimmiger handeln, damit die Widersprüchlichkeit nicht so offen zutage tritt.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Es wird also notwendig sein, eine Haushaltskonsolidierung mittelfristig einzuleiten. Das heißt noch lange nicht, daß die Haushaltskonsolidierung mit der Brechstange herbeigeführt werden kann. Eine entsprechende Bereinigung der öffentlichen Ausgaben muß man natürlich auch im jeweiligen konjunkturpolitischen Zusammenhang sehen. Vom Kaputtsparen kann aber in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rede sein. Viele Dinge, die auch von



Gärtner
der Opposition beklagt werden, etwa die Belastungen des Haushalts, die die Transferausgaben bewirkt haben, sind ja keine Erfindungen, die die Koalition auf den Weg gebracht hat, sondern vieles ist mit Ihrer Zustimmung gelaufen. Viele Vorschläge der Union sind in diesem Hause eben auch abgelehnt worden; sie waren alles andere als billig, wenn man die Situation des Bundeshaushaltes berücksichtigt.
Ich habe darauf hingewiesen, daß die Haushaltssanierung auch eine gewisse Signalwirkung in bezug auf die Verbesserung der Haushalte der Länder und Gemeinden hat. Das ist eine Aufgabe von mittelfristiger Perspektive. Dennoch sollten wir bereits heute, bei den Beratungen des Nachtragshaushalts 1978, den Versuch unternehmen, ein erstes Signal zu setzen, um bei der Vorlage des Haushaltes 1979 dann deutlich machen zu können, daß wir unseren Beschluß vom 13. April 1978 sehr ernst nehmen. Das heißt für meine Fraktion, bei den kommenden Beratungen im Haushaltsausschuß den energischen Versuch zu unternehmen, eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme zu vermeiden. Der Finanzminister hat eben erklärt, er sei für Vorschläge offen. Herr Finanzminister, ich bin sicher: wenn viele suchen, wird auch manches gefunden.
Nach meinem Eindruck wird es keine leichte Arbeit sein, den Satz von der Veränderung der Ausgabenstruktur der öffentlichen Haushalte in die Wirklichkeit umzusetzen. Das heißt ja nicht nur, neue Mittel für Investitionen freizumachen, sondern das muß wohl auch bedeuten — wenn wir nicht grundsätzlich davon ausgehen wollen, daß die Steuereinnahmen in überraschend hohem Maße fließen —, an traditionelle Bestände der Ausgabenstruktur heranzugehen. Wenn ich mir vor Augen halte, was die Sicherheitspolitiker jetzt schon wieder zusammen alles verhackstücken, kann ich nur sagen: Aufpassen, es geht an eure Stellen. Das Herangehen an traditionelle Bestandteile der Ausgabenstruktur wird also nicht nur den Willen, das auch tatsächlich zu tun, erfordern, sondern wird darüber hinaus eine Menge an Mut und auch an Durchhaltevermögen verlangen.
Es geht nämlich auch darum, daß wir die Personalkosten in den öffentlichen Haushalten endlich senken müssen. Von daher nehme ich an, daß auch die Herren Innenpolitiker, die Mitglieder des Innenausschusses wieder zuhören. Wenn wir neue Stellen schaffen, kommen wir in die Verlegenheit, daß dadurch erhebliche Mittel langfristig gebunden und nicht mehr frei verfügbar sind. Deshalb muß, wenn wir in den öffentlichen Haushalten mehr Stellen ausweisen, der Versuch unternommen werden, die Kosten für die bestehenden Stellen und für die neuen Stellen — aber eben nicht nur für die neuen Stellen alleine — zu senken. Die Gültigkeit des Satzes von der problemlosen Zuwachsrate im öffentlichen Dienst, der unaufhaltsamen Strukturverbesserung, des Haltens von Besoldungsgruppen kann für die Zukunft nicht ohne weiteres übernommen werden. Ich bin mir sicher, daß dieser Forderung eine Vielzahl von Bürgern zustimmen wird. Ebenso wird eine Vielzahl von Bürgern, die von unserer Arbeit im Ausschuß betroffen werden, wenig erfreut sein. Nur,
wir haben überall geringere Zuwachsraten. Dann soll es noch Bereiche geben, in denen die Bestandteile, die aus den Jahren stammen, in denen wir positive Zuwachsraten hatten, einfach fortgeschrieben wurden. Dies wird keiner verstehen. Ich meine, veränderte Bedingungen haben insoweit ihre Konsequenzen, auch wenn dies nicht ganz erfreulich ist.
Es wird auch nicht darum gehen, auf der einen Seite nur zu sparen und Schulden machen zu wollen, denn sparen und sparen sind ebenso zwei Paar Schuhe wie das Schuldenmachen. Wenn man Schulden für Zukunftsinvestitionen macht, z. B. für den Bereich des Umweltschutzes, der Entwicklung neuer Technologien, dann ist dies ein Verfahren, das im übrigen auch vom Grundgesetz voll abgedeckt wird. Die Frage ist ja auch, wie beispielsweise ein gutes Unternehmen seine eigene Zukunftspolitik betreibt. Sie wird es nach demselben Grundsatz machen. Es ist also zu fragen, ob nicht angesichts der gegenwärtigen Ausgabenstruktur unserer öffentlichen Haushalte, Bund, Länder und Gemeinden wieder mehr zu Investitionshaushalten kommen müssen, denn wir haben im Grunde eher Interventionshaushalte und Transferhaushalte, also Haushalte, die ihrer Aufgabe eigentlich nicht gerecht werden, Rahmendaten für mittelfristige Entwicklungen abzugeben, sondern die bei entstehenden Problemen nur noch intervenieren, dabei aber strukturelle Problemlösungen fast völlig aus den Augen verlieren. Von daher besteht das Problem, daß die Verschuldung bei der jetzigen Haushaltsstruktur eben nicht einfach in die Zukunft fortgeschrieben werden kann. Es geht also auch nicht darum, übermorgen eine Haushaltskonsolidierung herbeizuführen, aber es muß schon jetzt der erste Schritt dafür getan werden, daß wir unseren Satz von ,der mittelfristigen Haushaltskonsolidierung ernst nehmen.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch zwei Punkte ansprechen, die auf der Ausgabenseite des vorliegenden Nachtragshaushalts eine gewisse Rolle spielen. Das ist diesmal die Frage, die mit dem Bereich Stahl zusammenhängt. Wir haben in diesem Bereich unsere Probleme. Ich bin sicher, daß wir der Anstrengungen aller bedürfen, um für den Bürger in unserem Lande in den Regionen, die betroffen sind, insbesondere einen Übergang und eine Problemlösung zu finden, die die Schwierigkeiten der Anpassung erträglicher werden läßt.
Es geht auch um regionale Probleme, nämlich um Probleme, die das Saarland hat. Wenn ich richtig sehe, bin ich der einzige Saarländer, der zu diesem Punkt spricht. Ich halte es eigentlich für verwunderlich, daß diejenigen, die ein erkleckliches Maß am Bundeshaushalt partizipieren, die Debatte nicht mitverfolgen.
Man muß sehen, daß es nicht nur darum geht, für ein Land Prozentsätze für die Investitionsförderung heraufzusetzen, diese und jene Mark aus öffentlichen Haushalten zu bewegen, sondern es muß auch möglich sein, daß ein Land von sich aus eine selbstbewußte Politik der Darstellung seiner Entwicklungspotentiale nach außen betreibt. Ein Land, das im Grunde durch seine Regierung hier dem Parlament in einem Memorandum die Vergan-



Gärtner
genheit vorträgt und beklagt, daß es immer zu kurz gekommen sei, wird natürlich kein psychologisches Klima erwecken, das Unternehmen dazu bewegt, sich dort anzusiedeln, oder junge Menschen davon abhält, auszuwandern. Ob ein Land Anreize bietet zur Ansiedlung von Unternehmungen mit Zukunftsperspektiven oder zum Verbleiben der Bürger in diesem Lande, hängt nicht nur davon ab, wieviel Geld wir aus öffentlichen Haushalten bereitstellen. Es hängt vielmehr auch davon ab, wie Politiker eines Landes bereit sind, ihr Land offensiv und selbstbewußt nach draußendarzustellen. Attraktivität einer Region ist nicht nur eine Frage der öffentlichen Fördersätze, sondern hängt auch nicht unwesentlich von ganz branchenfremden Merkmalen ab, z. B. von der Frage der Schulpolitik, von dem Freizeit- und Erholungswert und nicht zuletzt auch von der sogenannten allgemeinen kulturellen Landschaft. In diesen Bereichen gehört einiges an Leistungen dazu, die ein Land selbst vollbringen kann. Auf diese Leistungen sollten wir alle warten, damit wir nicht hinsichtlich der Höhe der Mittel, die wir in unsere Haushalte einstellen, überrascht sind, wenn wir in den nächsten Jahren feststellen, daß wir zwar viel Geld ausgeben wollten, aber insgesamt die Entwicklung nicht auf den Weg gebracht haben, auf den diese Länder einen Anspruch haben.
In diesem Sinne hoffe ich auf eine fruchtbare Arbeit im Haushaltsausschuß während der kommenden Wochen. Ich bedanke mich für das Zuhören und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809328400
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gärtner, für den freundlichen Wunsch am Schluß Ihrer Ausführungen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Gesetzentwurf auf Drucksache 8/1801 an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehen und höre keinen Widerspruch; dann ist das so beschlossen.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften
— Drucksachen 8/1606, 8/870 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 8/1846 —Berichterstatter: Abgeordneter Walther
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuß)

— Drucksache 8/1792 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Broll Abgeordneter Liedtke

(Erste Beratung 83./42. Sitzung)

Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Broll.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0809328500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf der Drucksache 8/1792, die Ihnen vorliegt, hat sich ein kleiner Druckfehler eingeschlichen. Auf Seite 21, wo die Hochschullehrerbesoldung, die neue C-Besoldung, abgedruckt ist, müssen C-4-Professoren in der zehnten Dienstaltersstufe nicht 4 352,72 DM, sondern 4 362,72 DM verdienen. Ich will nicht behaupten, daß die meisten Professoren angesichts ihrer notorischen Zerstreutheit auf diesen Fehler gekommen wären, meine aber doch, daß wir die Berichtigung vornehmen sollten, denn schließlich kann heute jeder einen Taschenrechner haben, und nachher kommt einer darauf, daß das Gesetz nicht stimmt. Für den Haushaltsausschuß zur Beruhigung, Kollege Haase: Die Mehrausgaben dabei sind minimal.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Achte Gesetz war uns als „Müllgesetz" angekündigt worden. Wir haben uns aber durch diese Bezeichnung der Beamten des Ministeriums nicht den Blick für die schweren Probleme vernebeln lassen, die in diesem Gesetz verborgen sind. Da wir am Ende nach vier langen Sitzungen, in denen wir der geballten Front der Bundesregierung und des Bundesrates gegenüberstanden, doch zu einer einmütigen Abstimmung im Innenausschuß gekommen sind, will ich nur auf die Punkte eingehen, die wir im Innenausschuß anders geregelt haben und die wir Ihnen anders vorschlagen möchten, als sie von Bundesrat und Bundesregierung vorgeschlagen waren.
Da ist zunächst einmal die Regelung der Mehrarbeitsvergütung für Beamte. Im Bereich der inneren Sicherheit und bei bestimmten anderen Diensten schlug die Bundesregierung vor, die Ermächtigung, Mehrarbeit bei Beamten über 40 bis 80 Stunden pro Monat nicht durch Freizeit, sondern durch Geld zu vergüten, zu verlängern bis zum 31. Dezember des Jahres 1980. Dann sollte offenbar sprunghaft der Bedarf an Überstunden aufhören. Wir waren der Meinung, daß es zwar taktlos wäre, hier öffentlich zu vermuten, die Bundesregierung könne dann eines Tages wiederum um Verlängerung dieser Ermächtigung bitten, wie es schon einige Male passiert ist, wir sind andererseits aber nicht harmlos genug, um nicht zu sehen, daß eine Verführung in solch einer Ermächtigung liegt. So haben wir eine stufenweise Reduzierung dieser Überstundenvergütung beschlossen. Wir sind dabei dem Bundesrat, den Bundesländern sehr weit entgegengekommen. Bis Ende dieses Jahres dürfen sogar über 80 Stunden und dann fortlaufend jedes Jahr 80, 70, 60, 50 Überstunden vergütet werden; dann soll Schluß sein.
Wir haben Respekt vor den Beamten, die bei minimalem Entgelt Überstunden über das Maß hinaus zu leisten bereit gewesen sind, das normalerweise im Beamtengesetz vorgesehen ist. Wir haben Respekt vor den Beamten, die weitgehend aus dem Bereich der inneren Sicherheit kommen, daß sie diese Bereitschaft gezeigt haben, obwohl netto außer-



Broll
ordentlich wenig herauskommt und der Vergleich mit den im Tarifbereich üblichen Überstundenvergütungen gescheut werden muß.
Wir sind aber der Meinung gewesen, meine sehr verehrten Damen und Herren — das sage ich ganz besonders auch für meine Fraktion —, daß erstens Länder und Bund sich darauf einstellen müssen, daß innere Sicherheit angesichts der heutigen Bedrohung nicht erreicht werden kann, wenn nicht die Organe der inneren Sicherheit auch mit dem nötigen Personal ausgestattet werden. Wir sind zweitens der Meinung, daß wir unseren Beamten nicht zumuten können, daß in manchen Bereichen, wo Überstunden verordnet werden, gezahlt wird, in anderen Bereichen, etwa der Bundeswehr, wo auch regelmäßig viele Überstunden gefordert werden, aber kein Pfennig gezahlt wird. Um der Gleichheit willen meinten wir auch, daß diese Regelung endlich beendet werden sollte. Schließlich sind wir der Meinung, daß das ganze System der Überstundenbezahlung im Grunde ein Fremdkörper in der Beamtenbesoldung ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

So wollten wir zumindest auf das bisher im Gesetz vorgesehene Maß zurückgehen. Wenn wir heute schon hören, daß man von der Einführung der 35-Stunden-Woche redet, wo im öffentlichen Dienst wirklich nichts mehr rationalisiert werden kann, wo jede eingesparte Stunde 2,5 % mehr Personalkosten und entsprechend mehr Investitionskosten verursachen wird, dann muß hier im öffentlichen Dienst Klarheit herrschen: Derlei Forderungen werden durch Überstunden keineswegs abgegolten werden können.
Wir haben uns nicht dazu entschließen können, dem Antrag des Bundesrates zu folgen, beim technischen und wissenschaftlichen Personal von Forschungsschiffen überhaupt keine Überstundenbezahlung zuzulassen. Dieser Antrag kam ja vom Bundesrat, soviel ich weiß auf Initiative des Freistaates Bayern. Bei allem Respekt vor der Weisheit der Bayerischen Staatsregierung meinten wir doch, daß Bayern eher eine binnenländische Kontinentalmacht etwa wie Osterreich oder die Schweiz sei. Wenn Bayern in der Geschichte auch einmal sehr weit nach Süden vorgedrungen war, so daß ein Herzog, wenn er sich auf einen weit im Süden seines Landes gelegenen Berg gestellt hätte, wohl die Kuppeln von San Marco hätte erkennen können, wenn er ein Fernrohr gehabt hätte,

(Heiterkeit)

so sind wir doch der Meinung, daß in maritimen Dingen die Bundesregierung sehr viel größere Kompetenz hat — hinreichend bewiesen durch die Tatsache, daß der Kanzler bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Helgoländer Lotsenmütze trägt.

(Heiterkeit)

Der zweite wesentliche Punkt, zu dem wir uns im Innenausschuß erhebliche Gedanken gemacht haben und in dem wir auch zu einer einmütigen Entscheidung gekommen sind, bezieht sich auf die Hochschullehrerbesoldung. Hier hatte der Bundesrat, seinem Finanzausschuß und seinem Innenausschuß folgend, eine totale Veränderung der einmal vorgesehenen C-Besoldung vorgeschlagen, die die C-Besoldung wiederum der H-Besoldung, die ihrerseits wiederum der A-Besoldung ähnlich war, also den Regeln, die für die in den aufsteigenden Gehaltsgruppen befindlichen Beamten gelten, angepaßt hätte. Der Innenausschuß des Bundestages folgte hier — und er bittet Sie, heute auch hier so zu beschließen — dem Vorschlag des Kultusausschusses des Bundesrates, der grundsätzlich — wie auch wir — der Meinung war, man möge bei der einmal im Zweiten Besoldungsvereinheitlichungsund Neuregelungsgesetz konzipierten neuen Hochschullehrerbesoldung bleiben, in der bei C 2, C 3 und C 4 jeweils zwei normale A-Gehaltsgruppen zusammengefaßt werden. Nun ist die Frage, ob bei Beamten, die kontinuierlich alle zwei Jahre im Gehalt aufsteigen, ein besonderer Anreiz auf ihren Fleiß ausgeübt wird, sicherlich umstritten. Wir können uns heute darüber nicht äußern; aber wir sollten zumindest die Tradition und vielleicht auch die Illusion, daß dadurch ein Mehr an Leistung auch ein bißchen honoriert werde, anerkennen und sollten bei der C-Besoldung alter Weise bleiben. Wir sind dabei dem Bedürfnis des Bundesrates sehr entgegengekommen, der etwa 80 Millionen DM einsparen wollte. Wir sind bei der C 1-Besoldung, in der sich die Hochschulassistenten befinden, dem Votum der Bundesregierung gefolgt und sparen allein dabei bis zu 25 Millionen DM jährlich ein. Wir haben ferner gesagt, daß bei der Besoldung C 2 bis C 4, in der sich die Professoren der Fachhochschulen und der Wissenschaftlichen Hochschulen befinden, eine Verminderung der Bezüge nach der alten C-Besoldung um 2,5 % zu vertreten wäre. Ich bin dankbar, daß die SPD-Gruppe von ihrem ursprünglichen Plan, um 3 % zu vermindern, heruntergegangen und bei 2,5 % geblieben ist. Nicht, daß diese 8 Millionen DM nicht doch noch interessant wären, die dadurch zusätzlich gespart werden könnten! Wir meinten aber, ein demonstrativer Akt gegen die Professoren, denen vor drei Jahren eine Veränderung ihrer Besoldung versprochen worden war, sei gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angebracht, weil sie ja ein paar Schmälerungen ihres Status in Kauf nehmen, den Wegfall der Emeritierung, mehr Lehrverpflichtungen, deutlich mehr Verpflichtungen durch einen im Zuge scheinbarer Demokratisierung aufgeblähten Verwaltungs- und Sitzungsapparat, größere Studentenzahlen, durch ihren ständigen Kampf, in dem sie stehen, mit ideologisierten Gruppen, mit den Anforderungen an Wissenschaft, Forschung, Prüfungen usw.
Ich bitte Sie, dieser Version, die wir im Innenausschuß beschlossen haben, zuzustimmen. Ich fordere den Bundesrat auf, Verständnis dafür zu haben, daß wir in diesem entscheidenden und außerordentlich gefährlichen Augenblick der hochschulpolitischen Entwicklung zeigen wollen, daß wir den Hochschullehrern helfen wollen, die Schwierigkeiten zu bestehen, daß wir anerkennen wollen, in welcher Bedrängnis sie im einzelnen stehen.
Wenn wir wohl auch zugeben müssen, daß unter offenbar falscher Auslegung der Chancengleichheit



Broll
mancher auf einen Hochschulprofessorenstuhl gekommen ist, der dort genausowenig hingehört wie ich als Vertreter der Bundesrepublik auf die Olympiade, der ich die Kugel nie weiter als 6,50 m gestoßen habe, so müssen wir doch wissen, daß die Mehrheit der Hochschulprofessoren treu zur Verfassung steht, beharrlich und konsequent die Freiheit der Wissenschaft, die wissenschaftliche Sauberkeit, den demokratischen Rechtsstaat gegenüber den Studenten vertritt.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

Wenn wir wollen, daß sie auch weiter den jungen Menschen den Weg in die wissenschaftliche Haltung, den Weg in ihre persönliche berufliche Zukunft und auch den Weg zu unserem demokratischen Rechtsstaat weisen, sollten wir, so meine ich, bei diesem Vorschlag, dem die Hochschullehrerverbände inzwischen zugestimmt haben, bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809328600
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Liedtke.

Karl Liedtke (SPD):
Rede ID: ID0809328700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben diese Gesetzesvorlage einstimmig verabschiedet und brauchen uns hier erfreulicherweise nicht zu streiten. Ich nutze das, indem ich Sie mit einer Kurzform meiner Bemerkungen beglücke.
Die Hochschullehrerbesoldung in der jetzigen Form ist vom Bundesrat bereits für den Vermittlungsausschuß anvisiert. Wir sehen sie also wieder. Den Ländern will ich nur sagen: Sie zahlen; im Vermittlungsausschuß wird dann auch ihr Wort zählen.
Was die Überstunden anlangt, bleiben wir hart; denn überarbeitete Menschen bringen auch überarbeitete Leistungen. Hier geht es um den empfindlichen Bereich der Medizin. Auch ich habe lieber einen frischen als einen überarbeiteten Arzt, wenn ich mich ihm anvertrauen muß.
Der Polizei in den Ländern möchte ich sagen, daß ihr Begehren — A 9 plus Zulage — in einem eigenen Gesetz erfaßt ist, das demnächst im Innenausschuß behandelt wird.
Meine Damen und Herren, Sie haben mir sehr aufmerksam zugehört. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809328800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wendig.

Dr. Friedrich Wendig (FDP):
Rede ID: ID0809328900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich will in der Tat versuchen, dem Vorbild meines Kollegen Liedtke zu folgen, und mich außerordentlich kurz fassen. Es gibt im Grunde genommen drei Schwerpunkte dieses Gesetzes. Zwei Schwerpunkte wurden schon genannt: die Hochschullehrerbesoldung und die Mehrarbeitsvergütung. Da diese beiden Punkte sowie der dritte Punkt einstimmig im Innenausschuß beraten wurden, will ich darauf verzichten, hier nähere Ausführungen zu machen.
Ich möchte zur Hochschullehrerbesoldung nur zum Ausdruck bringen, daß auch wir erwarten und hoffen, daß der Bundesrat die von uns vorgeschlagene Lösung im Interesse der Hochschullehrer und der Hochschulpolitik billigen wird.
Beim zweiten Punkt, nämlich der Mehrarbeitsvergütung, möchte ich mich ebenfalls hinter die vom Innenausschuß beschlossene Regelung stellen. Ich möchte für meine Fraktion nur zum Ausdruck bringen, daß wir, ebenso wie es der Kollege Broll vorgetragen hat, dieses nur als eine Übergangslösung ansehen, die sowohl aus arbeitsmarktpolitischen als auch aus beamtenpolitischen Gründen einmal ein Ende haben muß. Wir werden uns also überlegen, ob wir hier nicht sehr bald zu einer anderen Lösung dieses Problems kommen müssen.
Nun noch der dritte und letzte Punkt, von dem, wie ich gehört habe, noch nicht die Rede war. Er betrifft eine Änderung des Entwicklungshelfergesetzes. Auf die Initiative meiner Fraktion hin wird der Entwicklungdienst künftig den anderen Gemeinschaftsdiensten gleichgestellt. Die Gleichrangigkeit kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, daß nach einem zweijährigen — unter bestimmten Voraussetzungen auch schon nach fünfzehnmonatigem — Entwicklungsdienst die Pflicht erloschen ist, Grundwehrdienst und Zivildienst zu leisten. Hieraus hat sich für meine Fraktion die zwingende Konsequenz ergeben, daß die vom Wehrdienst und Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer auch im Rahmen des öffentlichen Dienstrechts nicht anders als der Grundwehrdienst gewertet werden darf. Ich freue mich, daß dieser unser Antrag im Ausschuß Zustimmung gefunden hat. Mit dieser Neuregelung wird eine Lücke geschlossen, die bisher im Bereich der Dienstpflichtigen für den Staat und unsere Gesellschaft bestanden hat.
Damit habe ich, wie ich glaube, auch nicht zu lange gesprochen.

(Beifall)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809329000
Ich schließe die Aussprache. Ich weise noch einmal darauf hin, daß auf Seite 21 ein Druckfehler vorhanden ist, der hier entsprechend berücksichtigt wird.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe Art. I, II, III, III a, IV, V sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetzentwurf in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich eröffne die dritte Beratung.
Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Das Gesetz ist damit einstimmig gebilligt.



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Der Ausschuß empfiehlt, die zu dem Gesetzentwurf Drucksachen 8/1606, 8/870 eingegangenen Petitionen und Eingaben für erledigt zu erklären. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Zu Punkt 4 der Tagesordnung — Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Verbesserung der Arbeit der Sicherheitsbehörden des Bundes — Drucksache 8/1771 — teile ich Ihnen mit, daß der Antrag für heute zurückgezogen ist.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Zimmermann, Dr. Eyrich, Röhner, Spranger, Gerlach (Obernau), Dr. Bötsch, Dr. Klein (Göttingen), Berger (Herne), Dr. Wittmann (München), Schwarz, Dr. Pfennig, Hartmann, Regenspurger, Dr. Laufs, Glos, Biehle, Klein (München) und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung des Asylverfahrens
— Drucksache 8/1719 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Innenausschuß (federführend) Rechtsausschuß
in Verbindung mit Zusatzpunkt 1 zur Tagesordnung auf :
Erste Beratung des von den Fraktionen der
SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung des Asylverfahrens
— Drucksache 8/1836 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Innenausschuß (federführend) Rechtsausschuß
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Spranger.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0809329100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allein zwei Voraussetzungen können zu dieser Stunde noch eine Rede rechtfertigen: erstens die schwerwiegende Bedeutung des Gegenstandes und zweitens die Selbstverpflichtung des Redners, sich so kurz wie möglich und nötig zu fassen. Ich glaube, es ist gut, daß wir noch Zeit finden, hier die erste Lesung dieser zum Gegenstand der Beratung zu erhebenden Gesetzentwürfe durchzuführen.
Die vielen ungelösten innenpolitischen Probleme, die wir beklagen, haben sich um die ständig wachsenden, nicht mehr tragbaren Schwierigkeiten vermehrt, die ein seit Jahren kontinuierlich und seit der Jahreswende 1976 nahezu sprunghaft-dramatisch ansteigender Zustrom von Asylbewerbern in der Bundesrepublik Deutschland verursacht. Die Zahl der Asylbewerber wuchs von über 5 900 im Jahre 1973 über 11 100 im Jahre 1976 auf 16 410 im Jahre 1977 an. Das ist eine Steigerung von über 48 % in einem Jahr. In den ersten vier Monaten des Jahres 1978 waren es 8 751 Asylbewerber. Hochgerechnet auf 1978 ergibt sich eine Zahl von 28 000 Asylbewerbern.
Die Ursachen dieses Anstiegs erklären sich nicht allein aus der Tatsache, daß der Rechtsanspruch auf Asyl bei uns in einem international kaum vergleichbaren, einzigartig liberalen Asylrecht anerkannt und
verwirklicht ist. Es ist auch nicht allein der große Anreiz, den die Bundesrepublik Deutschland durch schnelle und umfassende Eingliederung nach Anerkennung des Asylbewerbers bietet. Die im Vergleich zum sprunghaften Anstieg der Zahl der Asylbewerber abnehmende Zahl von Anerkennungen beweist neben anderen Erkenntnissen, daß Asyl in steigendem Maße mißbräuchlich verlangt wird. Die weit überwiegende Zahl der heutigen Asylbewerber schützt lediglich persönliche politische Verfolgung vor, um sich wirtschaftliche Vorteile durch langjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu verschaffen. Vor allem über Ost-Berlin werden immer mehr dieser Wirtschaftsflüchtlinge — insbesondere aus Pakistan — asylrechtsmißbräuchlich eingeschleust. Besonders verwerflich dabei ist die Tatsache, daß die Asylerschleichung von gewissenlosen Geschäftemachern, „Schleppern" und Agenturen in den Heimatländern, aber auch in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt, ja sogar organisiert wird, die sich dann an den letzten Ersparnissen, am hier verdienten Arbeitslohn oder an den hier erhaltenen Sozialhilfen solcher Menschen bereichern.
Unser Asylverfahren schleppt sich zur Zeit über sechs Verfahrensstationen hin, von der Vorprüfung des Sachverhalts durch das Bundesamt in Zirndorf bis zur Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht; anschließend dann noch das über zwei Verwaltungs- und drei Gerichtsinstanzen laufende Ausweisungsverfahren der Ausländerbehörde. Wir müssen feststellen, daß keine andere westliche Demokratie auch nur annähernd derartige Verfahrensvielfalt kennt, die dem Ansturm der Asylbewerber nicht mehr gewachsen ist.
Gerade bei erkennbar aussichtslosen Asylanträgen werden mit anwaltlichem Beistand alle Verfahrensstationen bis zuletzt ausgeschöpft, um den Aufenthalt so lang wie möglich auszudehnen. Dies führt zu einer Verstopfung der Rechtsmittelzüge mit einer sich hinziehenden Verfahrensdauer von zur Zeit durchschnittlich fünf bis acht Jahren. Diese Verlängerung der Verfahrensdauer führt zu erhöhter Einreise, diese wiederum vergrößert die Zahl der Bewerber, was wiederum das Verfahren verlängert; also ein ganz schlimmer Circulus vitiosus, der durchbrochen werden muß.
Die Bundesländer können schon seit langem den Zustrom nicht mehr bewältigen. Die Kapazität der Sammelunterkünfte ist erschöpft. Die Schwierigkeiten der Unterbringung der Asylanten in den Gemeinden und in den Landkreisen werden unerträglich. Auch die finanzielle und die sicherheitsmäßige Belastung kann nicht mehr verkraftet werden.
Diese Entwicklung wird aber auch denjenigen, die zu Recht die Anerkennung als politisch Verfolgte bei uns begehren, in keiner Weise mehr gerecht. Gerade im Interesse der tatsächlich politisch Verfolgten liegt es, zu einer Beschleunigung des Verfahrens zu kommen und Mißbrauch des Asylrechts zu verhindern. Wir wollen, daß das Asylrecht generös gewährt wird, aber nur solchen, die tatsächlich politisch verfolgt werden.



Spranger
Seit geraumer Zeit hat deshalb die CDU/CSU die rechtsstaatlich einwandfreie Beschleunigung des Asylverfahrens unter voller Anwendung der humanitären Grundsätze und unter Berücksichtigung des berechtigten Anspruchs der wirklich politisch Verfolgten auf die schnelle Feststellung ihres Status und ihre baldige Eingliederung in unsere Gesellschaft gefordert. Mit Anfragen und Stellungnahmen im Bundestag und in den Ausschüssen hat die CDU/ CSU seit Sommer 1977 wiederholt auf das Handeln der Bundesregierung, auf gesetzliche Beschleunigung gedrängt.
Da es zu unserem großen Bedauern dazu leider nicht kam, hat die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag einen eigenen Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Asylverfahrens vorgelegt. Dieser Entwurf erhält uneingeschränkt das verfassungsmäßig gewährleistete Grundrecht auf Asyl, beschleunigt das Verfahren erheblich und gibt die Möglichkeit, eklatante Mißbräuche zu verhindern. Unter Wahrung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze wird das Asylverfahrensrecht an das bestehende Rechtsschutzsystem angepaßt. Die Übernahme von Flüchtlingen im Einzelfall aus humanitären Gründen außerhalb des Asylrechts bleibt unberührt. Ich darf zur Abkürzung im einzelnen auf den Entwurf verweisen und nur kurz den wesentlichen Inhalt angeben.
Wir wollen, daß das Widerspruchsverfahren abgeschafft wird. Dort waren ohnehin selten neue Erkenntnisse zu gewinnen. Dadurch kann das Verfahren um durchschnittlich etwa neun Monate verkürzt werden.
Wir sind auch der Meinung, daß das Berufungsverfahren für alle Asylklagen entfallen kann. Wir wollen keine Gabelung des Rechtsmittels — aus verschiedenen Gründen, die später in den Ausschußberatungen dargelegt werden. Wir erhoffen uns dadurch eine Verkürzung des Verfahrens um zusätzlich 47 Monate.
Schließlich soll zur weiteren Beschleunigung des Verfahrens eine Pflicht zur unverzüglichen Meldung der Asylbewerber bei den Grenz- bzw. Ausländerbehörden vorgesehen sein. Antragstellung und Bearbeitung sollen beschleunigt werden.
Nach unserer Überzeugung würde ein Gesetz, das unserem Entwurf entspricht, erreichen, daß politisch Verfolgte im Sinne des Grundgesetzes innerhalb eines überschaubaren Zeitraums ihre Anerkennung als Asylberechtigte erhalten, daß Schutzsuchende aus Bürgerkriegs- und anderen Krisengebieten, die nicht die Voraussetzungen der persönlichen Verfolgung erfüllen, im Rahmen der Möglichkeiten unseres Landes nach den Vorschriften des Ausländerrechts betreut werden können, ohne auf unbegründete Asylanträge verwiesen zu werden, und daß schließlich Arbeitsuchenden, die aus arbeitsmarktpolitischen Gründen nicht aufgenommen werden können, sowie insbesondere Organisationen und Personen, die sich an der Einschleusung dieser Menschen bereichern, der Umweg über mißbräuchliche Berufung auf das Asylrecht verschlossen wird.
Wir sollten nicht übersehen, daß auch die finanzielle Belastung durch asylrechtsmißbräuchliche Praktiken um Millionen gekürzt werden kann — angesichts der Lage der öffentlichen Hände ein sicherlich bedeutsamer Effekt. Schließlich wird das durch den Wegfall der Widerspruchsausschüsse freiwerdende Personal die Anerkennungsausschüsse verstärken und das Verfahren dort beschleunigen. Das gleiche gilt für den Wegfall der personellen und finanziellen Belastungen der Gerichte.
SPD und FDP haben kurz vor der heutigen Debatte ihrerseits einen Entwurf eingebracht. Ich möchte mich dazu einer Stellungnahme enthalten. Das wird im Ausschuß zu geschehen haben und auch geschehen. Entscheidend ist, daß im Ausschuß und im Parlament unverzüglich eine schnelle Beratung der überfälligen Gesetzesänderung erfolgt, die zu einer wirksamen Beschleunigung des Asylverfahrens führt, was sicherlich im Interesse aller in diesem Hohen Hause ist.
Nach Auffassung der CDU/CSU kann das Gesetz noch vor der Sommerpause abschließend beraten werden. Wir werden auf Einhaltung dieser Zeitvorstellung drängen. Die Probleme sind seit langem bekannt. Unsere Aufgabe ist es nun, dieses Probleme zu lösen. Dies verlangen Rechtsstaatlichkeit und Humanität gegenüber jenen, die tatsächlich wegen politischer Verfolgung Asyl im freien Teil Deutschlands begehren. Das verlangt aber auch die politische Verantwortung gegenüber unseren Bürgern, denen die nicht mehr übersehbaren Belastungen durch Mißbrauch des Asylrechts nicht mehr zuzumuten sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809329200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bühling.

Reinhard Bühling (SPD):
Rede ID: ID0809329300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Notwendigkeit der Abkürzung des Asylverfahrens bestehen keinerlei Meinungsunterschiede. Das etgibt sich schon daraus, daß die Überschrift beider Gesetzentwürfe, die das Asylverfahrensrecht ändern sollen, das Wort „Beschleunigung" enthält.
Wenn aber über Beschleunigung nachgedacht wird, muß zunächst folgendes festgehalten werden: Die Bundesrepublik Deutschland hat ein sehr großzügiges Asylrecht. Sie gewährt allen politisch verfolgten Ausländern Asyl auf Grund einer Verfassungsbestimmung — Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG — und stellt zur Durchsetzung dieses Rechts, ebenfalls nach dem Grundgesetz — Art. 19 Abs. 4 —, den Rechtsweg zur Verfügung. Diese Regelungen des Grundgesetzgebers von 1949 beruhen auf den bitteren Erfahrungen der Nazizeit, in der viele Deutsche ins Ausland fliehen mußten und sich glücklich schätzen konnten, wenn sie dort Asyl fanden.
Es steht außer Frage, daß die SPD-Fraktion diesen Verfassungsgrundsätzen nicht nur im rechtlich gebotenen Mindestumfang nachkommen will. Der Entwurf der Regierungsfraktionen steht vielmehr auf dem Standpunkt, daß trotz aller Verfahrensände-



Bühling
rungen dem Recht auf Asyl, der wirklich gegebenen Zwangslage eines Asylbewerbers in verfahrensmäßig großzügiger und gründlicher Weise weiterhin entsprochen werden soll.
Die erschreckenden Zahlen, die uns zum Handeln zwingen, brauche ich nicht zu wiederholen. Insoweit kann ich mich auf die Angaben in der Vorlage und auch auf meinen Vorredner beziehen. Ich möchte nur nochmals die bedauerliche Tatsache hervorheben, daß die Zahl der Asylanträge auch in den letzten Monaten stark gestiegen ist.
Nun zu den Beschleunigungsmaßnahmen im einzelnen. Zunächst zu dem Punkt, in dem wir im Ergebnis mit dem Gesetzentwurf der CDU/CSU übereinstimmen: Das Widerspruchverfahren soll entfallen. Das spart nicht nur die Zeitdauer einer Instanz. Es setzt darüber hinaus viel Personal frei, das in den Anerkennungsausschüssen gleich am Anfang mitarbeiten und dadurch den Beginn des Verfahrens wesentlich beschleunigen kann. Der geringen Zahl der Antragsteller — im Jahre 1976 waren es knapp 3 % —, deren Widerspruch bisher Erfolg hatte, wird in Zukunft das Verwaltungsgericht zu ihrem Recht verhelfen. Wir werden im Verlauf der weiteren Beratungen zu prüfen haben, ob bindend vorgeschrieben werden soll, daß die Vorsitzenden der Anerkennungsausschüsse die Befähigung zum Richteramt haben sollten. Dies könnte möglicherweise die Qualität schon der Verwaltungsentscheidungen erhöhen.
Zum zweiten folgt ein Problem, bei dem wir nur zum Teil mit dem Entwurf der CDU/CSU übereinstimmen, nämlich die Regelung der Berufungsinstanz. Es ist in der Tat außergewöhnlich, daß im Durchschnitt der Jahre 96 % der Berufungen in Asylsachen zurückgewiesen werden und nur 4 % Erfolg haben. Vielfach ist deshalb gefordert worden, die Berufung gänzlich auszuschließen. Auch die CDU/CSU will diesen Weg gehen. Aber dagegen bestehen doch Bedenken. Es muß nicht nur an die große Masse der Mißbrauchsfälle, sondern auch an die wirklich problematischen Asylgesuche gedacht werden. Für diese soll der Rechtsschutz möglichst nicht verkürzt werden. Es gibt doch wohl Fälle aus manchen Ländern, die eine wirklich eingehende Prüfung in zwei Tatsacheninstanzen verlangen. Gleichwohl kann in der überwiegenden Mehrzahl der Asylsachen die zweite Tatsacheninstanz entfallen. Wenn alle fünf Richter des Verwaltungsgerichts die Asylklage für offensichtlich unbegründet halten, können sie die Berufung ausschließen. Das wird bei ungefähr 80 % aller Klagen der Fall sein. Aber auch dann, wenn nur noch 20 % aller erstinstanzlichen Urteile berufungsfähig blieben, wäre das immerhin noch die fünffache Zahl der wirklich erfolgreichen Berufungen.
Nun zu unserem dritten Vorschlag, einem Vorschlag, der nur im Entwurf der Regierungsfraktionen steht. Das gerichtliche Verfahren soll in der Weise dezentralisiert werden, daß durchschnittlich in jedem Bundesland ein Gericht für Asylsachen zuständig wird. Zur Zeit entscheidet für das ganze Bundesgebiet — mit Berlin — allein das Verwaltungsgericht Ansbach in Bayern. Dort waren am
1. Januar 1978 5 557 Asylprozesse anhängig. Die Aufarbeitung dieses Rückstandes würde jahrelang dauern. Inzwischen sind aber schon wieder viele neue Sachen hinzugekommen, und immer mehr kommen hinzu. Die Aufteilung der- Zuständigkeiten auf etwa zehn Verwaltungsgerichte könnte nach einer gewissen Übergangszeit Entscheidungen möglicherweise schon nach einigen Monaten bringen. In diesem Zusammenhang möchte ich noch hervorheben, daß der Freistaat Bayern mit Recht wiederholt darauf hingewiesen hat, daß er seine ausschließliche Belastung mit Asylprozessen für untragbar hält.
Es ist darüber hinaus vorgeschlagen worden, daß die Verwaltungsgerichte über die Klagen, die sie einstimmig für offensichtlich unbegründet halten, durch Beschluß, d. h. ohne mündliche Verhandlung, entscheiden. Ich verkenne nicht, daß dies eine weitere wesentliche Vereinfachung insofern mit sich brächte, als es keines Dolmetschers für seltene oder in Deutschland wenig bekannte Sprachen mehr bedürfte. Gleichwohl ist uns das Asylrecht doch zu bedeutsam, als daß wir dem Asylbewerber nicht die Chance geben müßten, vor dem Gericht selbst zu erscheinen und seine Sache selbst zu vertreten bzw. vertreten zu lassen. Hier müssen die Verwaltungsgerichte auf Abhilfe sinnen und sich der Mitwirkung möglichst vieler sprachendienstlicher Institutionen versichern.
Was werden nun alle diese Änderungen in der Praxis mit sich bringen? Das Asylverfahren wird in den Mißbrauchsfällen, d. h. in mindestens 80 % der Verfahren, von durchschnittlich sieben Jahren auf schätzungsweise eineinhalb Jahr verkürzt. Das bringt in mehrfacher Hinsicht günstige Ergebnisse mit sich, einmal die Entlastung der Verwaltung, zum zweiten eine erhebliche Einsparung von Sozialhilfemitteln, die in dreistellige Millionenzahlen geht. Die Spannungen zwischen Personen, die sich zu Unrecht jahrelang in Deutschland aufhalten, und der einheimischen Bevölkerung würden wesentlich abgebaut. Den berüchtigten Einschleusungsorganisationen und allen ihren Helfershelfern würde weitgehend das Handwerk gelegt. Nicht zuletzt würden die echten Asylbewerber, für die Art. 16 des Grundgesetzes wirklich geschaffen worden ist, schneller und besser zu ihrem Recht kommen.
Diese Vorteile würden allen Bundesländern zugute kommen, da die Asylbewerber gegenwärtig auf das ganze Bundesgebiet verteilt werden. Demgemäß sind auch alle Länder daran interessiert, daß die gegenwärtigen Verhältnisse grundlegend verändert werden. Das gilt übrigens nicht nur für die Länder, sondern mindestens ebenso auch für die zahlreichen Gemeinden, die sich darüber beschweren, daß ihre Sozialverwaltung und ihr Sozialetat unnötig beansprucht werden.
Noch wichtiger und erfreulicher wäre aber die Entlastung Berlins, das durch den organisierten Asylmißbrauch bei weitem am stärksten betroffen wird. Auf Grund der speziellen Zugangsverhältnisse, die sich aus dem besonderen Status Berlins ergeben, reisen über den DDR-Flughafen Schönefeld oder über die U-Bahn und die S-Bahn von Ost-Berlin aus im-

Bühling
mer noch über die Hälfte aller Antragsteller für die gesamte Bundesrepublik über Berlin (West) ein. Das waren im Vorjahr immerhin rund 10 000 Personen, und es würden in diesem Jahr noch viel mehr, wenn der Gesetzgeber nicht alsbald Einhalt gebietet. Die Stadt steht dadurch nicht nur vor Schwierigkeiten, sondern vor praktisch unlösbaren Problemen. Die Arbeitsbedingungen für die Angehörigen der Verwaltung, die sich mit den Asylbewerbern befassen, sind ihnen nicht mehr länger zuzumuten. Die zusätzliche Unterbringung der neu einreisenden Asylsuchenden ist nach wie vor sehr problematisch; die Bevölkerung wird dadurch weitgehend beunruhigt. All diese Lasten würden zwar nicht von heute auf morgen von Berlin genommen, würden sich aber doch fortlaufend vermindern. Es besteht die begründete Hoffnung, daß sie auf ein noch erträgliches Maß zurückgeführt werden können.
Ein Rechtsvergleich mit allen westeuropäischen Staaten ergibt, daß die Bundesrepublik Deutschland auch bei Verabschiedung unseres Gesetzentwurfs immer noch das gründlichste Verfahren für Asylanträge haben wird. Das gilt besonders für den Rechtsschutz durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit, den es in anderen Staaten entweder gar nicht oder nur in geringerem Umfang gibt.
Ich darf deshalb abschließend der Hoffnung Ausdruck geben, daß die Beschleunigung des Asylverfahrens möglichst bald geltendes Recht wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809329400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfgramm.

Torsten Wolfgramm (FDP):
Rede ID: ID0809329500
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Begründung des Gesetzentwurfs der Koalition bezieht sich auf die in der letzten Zeit in besonders bedrückendem Maß gestiegene Zahl der Asylbewerber und die immer weiter steigende Zahl der offensichtlich unbegründet gestellten Asylanträge. Die Berechnungen haben ergeben, daß bei einer Ausschöpfung aller Rechtsmittel etwa eine Dauer von acht bis neun Jahren anzunehmen ist. Acht bis neun Jahre bis zu einer endgültigen Entscheidung, ob ein Asylbewerber wirklich Asyl in der Bundesrepublik Deutschland erhält oder nicht, gleicht einer Rechtsverweigerung für diejenigen, die dann schließlich das Asyl erhalten. Wenn Sie im Verhältnis dazu die Zeit nehmen, nach der ein in Deutschland ansässiger Ausländer einen Einbürgerungsantrag stellen kann, nämlich nach zehn Jahren, dann scheint doch wohl die Zeit von neun Jahren, nach der der Asylantrag abgelehnt werden kann, diese Diskrepanz deutlich zu machen.
Das Asylrecht in der Bundesrepublik ist im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten in der Verfassung verankert. Wir nehmen auch aus diesem Grunde als Liberale das Aylrecht außerordentlich ernst. Wir bejahen den Grundsatz, wie er in der Festschrift für Günther Küchenhoff 1972 von Wollenschläger formuliert worden ist. Ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten:
Gleichviel, ob man den Asylgedanken aus einem erweiterten Gastrecht im Sinne frühester Rechtsordnung, aus religiösen Ursprüngen oder einer allgemeinen Humanität herleiten will, sein wesentlichster Kern war und ist der gleiche, nämlich einem aus nicht objektiv gerechtfertigten, gewissermaßen schon aus dem Naturrecht abzuleitenden Gründen oder, laienhaft ausgedrück, aus ungerechten Gründen verfolgten Menschen Schutz und Hilfe angedeihen zu lassen.
Genau dies hat auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen bereits 1948 festgeschrieben.
Wir wollen mit diesem Entwurf, den wir hier heute in der ersten Lesung vorgelegt haben, die Pervertierung und den Mißbrauch des so wichtigen Rechtes nicht hinnehmen. Wir wollen durch eine Straffung zu einer zeitlich wirksamen Asylgewährung kommen. Wir wollen aber auf der anderen Seite auch eine strenge Beachtung der liberalen und rechtsstaatlichen Position sicherstellen. Deswegen sieht unser Entwurf vor, daß das Berufungsverfahren nur dann entfällt, wenn das Verwaltungsgericht einstimmig und nach mündlicher Verhandlung, d. h. nach Teilnahme des Klägers, die Klage als offensichtlich unbegründet abweist und nicht etwa durch ein reines Beschlußverfahren, in dem der Kläger mündlich nicht gehört werden kann. Die Berufung bleibt in den anderen Fällen voll erhalten, ebenso die Revisionsinstanz. Ich verhehle nicht, daß für uns Liberale bei den Vorberatungen zu diesem Entwurf die Möglichkeit, durch eine sogenannte Annahmeberufung die Berufungsinstanz einzubeziehen, angenehm erschien. Aber wir müssen das im Hinblick auf weitere Verzögerungen sehen. Wir werden diese Frage im Ausschuß noch eingehend prüfen und überprüfen. Unter keinen Umständen werden wir, wie die Opposition vorschlägt, die Berufung generell wegfallen lassen.
Entgegen der CDU-Vorstellung sprechen wir uns für eine Dezentralisierung der Verfahren aus, um hier zu einer größeren Entlastung zu gelangen. Wenn wir aber auf der einen Seite die Verfahren beschleunigen, dürfen wir auf der anderen Seite nicht unbeachtet lassen, daß die Verwaltungsvorschriften der Ausländerbehörden, z. B. die Nrn. 6 und 3 zum § 38 Ausländergesetz hin und wieder sehr weit ausgelegt werden. Wir werden hier darauf achten müssen, daß bei einer entsprechenden Verkürzung der Verfahren nicht der Zweck umgekehrt wird, so daß der Ausländer durch eine zu rasch und zu weit ausgelegte Norm abgeschoben wird.
Unrecht und Gewalt haben trotz allen Bemühungen in vielen Staaten der Welt leider noch ihren festen Platz. Es ist eine der vornehmsten humanitären Pflichten der freiheitlich-demokratischen Länder, Asyl für politisch Verfolgte zu gewähren. Wir Wollen mit dem Entwurf dieses Recht der Ausländer und diese Pflicht unseres Landes stärken und sichern. Wir wollen zu einer rascheren und schnelleren Entscheidung über die Gewährung des Asylrechts für die politisch Bedrängten kommen. Aber nicht nur die Gewährung des Asylrechts erfolgt nach rechtsstaatlichen, freiheitlichen und humanitären Kriterien, auch



Wolfgramm (Göttingen)

der weitere Aufenthalt in der Bundesrepublik vollzieht sich nach diesen rechtsstaatlichen Grundsätzen. So hat sich auch das Auslieferungsverfahren strengsten rechtsstaatlichen Anforderungen zu unterwerfen, und kein Ausländer wird bei einem noch so politisch wichtigen Auslieferungsbegehren zum bloßen Objekt staatlichen Handelns. Dies gilt selbstverständlich auch für das Auslieferungsbegehren der jugoslawischen Regierung.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809329600
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Baum.

Gerhart Rudolf Baum (FDP):
Rede ID: ID0809329700
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben nahezu alles dargelegt, was hier zu sagen ist, so daß ich mich auf wenige Bemerkungen beschränken möchte.
Die Bundesregierung hält eine Verkürzung der Verfahren für dringend notwendig. Sie hat dem Innenausschuß schon vor längerer Zeit einen Bericht vorgelegt, auf den ich mich beziehe. Die Zahlen, die wir in diesem Jahr in den ersten vier Monaten haben, lassen den Rückschluß zu, daß wir etwa 24 000 Asylanten im Jahre 1978 zu erwarten haben gegenüber 16 000 im Vorjahr. Erfahrungsgemäß werden 85 % davon nicht anerkannt.
Wir sind uns alle über die Zielrichtung notwendiger gesetzlicher Änderungen einig. Unter Wahrung der. humanitären Grundsätze, die unser verfassungsrechtlich garantiertes Asylrecht kennzeichnen, soll das Anerkennungsverfahren so beschleunigt werden, daß es dem Anspruch der politisch Verfolgten auf schnelle Feststellung gerecht wird. Wir sind uns einig, was den Wegfall des Widerspruchsverfahrens angeht. Wir haben Bedenken, Herr Kollege Spranger, hinsichtlich des generellen Wegfalls des Berufungsverfahrens. Das haben Herr Kollege Wolfgramm und Herr Kollege Bühling soeben schon ausgeführt. Eines der wesentlichen Probleme klammert der Gesetzentwurf der Opposition völlig aus: die Belastung des Verwaltungsgerichts Ansbach. Ich möchte hier auch für die Innenminister der Länder erklären, daß eine Dezentralisierung der verwaltungsgerichtlichen Verfahren notwendig ist.
Uns allen geht es darum, das Asylrecht gerade im Interesse der politisch Verfolgten durch ein neues, effektiveres Verfahrensrecht zu stärken. Das Asylrecht soll politisch Verfolgten Schutz bieten, es darf jedoch nicht als Weg zu einer aus wirtschaftlichen Gründen angestrebten Einwanderung mißbraucht werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0809329800
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Ich schlage Ihnen vor, die Vorlagen an den Innenausschuß — federführend —, an den Rechtsausschuß — mitberatend — und an den Haushaltsausschuß — mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung — zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr die Punkte 8 und 9 der Tagesordnung sowie die Zusatzpunkte 2 und 3 auf:
8. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik im Handel und Gastgewerbe (Handelstatistikgesetz — HGStatG)

— Drucksache 8/1766 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Innenausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
9. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von örtlichen Zuständigkeiten der Landesversicherungsanstalten in Niedersachsen — Drucksache 8/1772 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Antragsfrist für die Abgabe des Antrags auf Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs
— Drucksache 8/1813 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß
Erste Beratung des von ,der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol
— Drucksache 8/1820 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Finanzausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Ich frage das Haus, ob das Wort gewünscht wird. — Das ist offensichtlich nicht der Fall. Die Überweisungsvorschläge bitte ich aus der Tagesordnung zu ersehen. Ich frage, ob Änderungen oder Ergänzungen gewünscht werden. — Das ist nicht der Fall. Wenn ich keinen Widerspruch sehe und höre, sind die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe die Punkte 10 und. 11 der Tagesordnung auf:
10. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu dem Antrag der Fraktion der CDU/ CSU
Verbesserung der Verkehrssicherheit für motorisierte Zweiradfahrer
— Drucksachen 8/1269, 8/1732 —
Berichterstatter: Abgeordneter Hoffie
11. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu dem



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Dritten Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 8 des Personenbeförderungsgesetzes
— Drucksachen 8/803, 8/1731 —
Berichterstatter: Abgeordneter Waffenschmidt
Die antragstellende Fraktion der CDU/CSU hat im Einvernehmen mit den beiden anderen Fraktionen beantragt, die beiden Punkte von der Tagesordnung abzusetzen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu dem
Erfahrungsbericht der Bundesregierung zur Ausführung des Gesetzes über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft
— Drucksachen 8/712, 8/1726 —
Berichterstatter: Abgeordneter Kirschner
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er eine Ergänzung des Berichts zu geben wünscht. — Das ist nicht der Fall. Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich frage, ob das Wort begehrt wird. — Das ist nicht der Fall.
Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses, den Erfahrungsbericht zur Kenntnis zu nehmen, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags des Präsidenten des Bundesrechnungshofes
Rechnung und Vermögensrechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 1977 — Einzelplan 20 —— Drucksache 8/1776 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Haushaltsausschuß
Das Wort wird nicht begehrt. — Es wird vorgeschlagen, die Vorlage an den Haushaltsausschuß zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr die Punkte 14 bis 17 der heutigen Tagesordnung auf:
14. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates betreffend die Errichtung einer Europäischen überberuflichen Organisation für Tafelwein
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die Gemeinsame Marktorganisation für Wein
— Drucksachen 8/1608 Nr. 20, 8/1767 —Berichterstatter: Abgeordneter Schartz (Trier)

15. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Aussichten der Wirtschafts- und Währungsunion
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über eine „bessere Koordinierung der einzelstaatlichen Wirtschaftspolitik"
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat betreffend das wirtschafts- und währungspolitische Aktionsprogramm 1978
— Drucksachen 8/1258, 8/1132, 8/1619, 8/1768 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Narjes
Abgeordneter Dr. Schachtschabel
16. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über die Einführung eines gemeinschaftlichen Beihilfesystems zugunsten des innergemeinschaftlichen Austausches von Kraftwerkskohle
— Drucksache 8/1687, 8/1763 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Wolfram (Recklinghausen)

17. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates über die Unterstützung gemeinschaftlicher Vorhaben zur Exploration von Kohlenwasserstoffen (Änderung des Vorschlags der Kommission an den Rat vom 29. November 1974)

Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Durchführung der Verordnung (EWG) über die Unterstützung gemeinschaftlicher Vorhaben zur Exploration von Kohlenwasserstoffen
— Drucksachen 8/1191, 8/1760 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ahrens
Ich frage, ob einer der Herren Berichterstatter das Wort wünscht. — Das ist nicht der Fall. Ich danke den Herren Berichterstatter.
Ich frage das Haus, ob Einverständnis darüber besteht, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam ab-



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
stimmen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann kann ich so verfahren.
Wir kommen damit zur Abstimmung über die Beschlußempfehlungen der Ausschüsse auf den Drucksachen 8/1767, 8/1768, 8/1763 und 8/1760. Wer den Vorschlägen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe den Deutschen Bundestag zu seiner nächsten Sitzung für Mittwoch, den 7. Juni 1978, 13 Uhr ein.
Die heutige Sitzung ist damit geschlossen.