Protokoll:
8061

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 8

  • date_rangeSitzungsnummer: 61

  • date_rangeDatum: 8. Dezember 1977

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:02 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/61 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 61. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Meinecke (Hamburg) 4639 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . 4639 A Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . 4639 B Erste Beratung des von den Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Müller (Remscheid), Franke, Frau Will-Feld, Neuhaus, Dr. George, Dr. Laufs, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Hasinger, Müller (Berlin) und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung — Drucksache 8/1086 — Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU . . . 4639 C Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . 4641 B Egert SPD 4642 C Cronenberg FDP 4643 D Erste Beratung des von den Abgeordneten Burger, Geisenhofer, Franke, Dr. Zimmermann, Dr. Ritz, Röhner, Lemmrich, Katzer, Dr. Jenninger, Braun, Zink, Höpfinger, Frau Krone-Appuhn, Kiechle, Hasinger, Schedl, Müller (Remscheid), Müller (Berlin), Dr. Blüm, Frau Karwatzki, Dr. Voss, Dr. George, Stutzer, Köster, Krampe, Frau Hürland, Frau Schleicher, Dr. Jobst, Kraus, Dr. Ham- mans, Ziegler, Glos, Biehle, Dr. Schäuble, Dr. Wörner, Spranger, Dr. Althammer, Engelsberger, Dr. Rose, Frau Dr. Neumeister, Wawrzik, Link, Neuhaus, Vogt (Düren), Dr. Riedl (München), Dr. Laufs, Dr. Becker (Frankfurt), Gerlach (Obernau), Hartmann, Dr. Probst, Dr. Becher (Pullach), Dr. Möller, Lintner, Regenspurger, Breidbach, Susset, Stavenhagen, Bühler (Bruchsal), Josten, Schmidhuber, Dr. Wittmann (München) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Reichsversicherungsordnung, des Angestelltenversicherungsgesetzes und des Reichsknappschaftsgesetzes — Drucksache 8/1087 — Burger CDU/CSU . . . . . . . . . 4645 C Frau Steinhauer SPD 4647 A Geisenhofer CDU/CSU 4648 B Schmidt (Kempten) FDP 4651 A Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 4652 D Präsident Carstens 4653 A Erste Beratung des von den Abgeordneten Hauser (Krefeld), Dr. Zeitel, Schmidhuber, Müller (Remscheid), Franke, Lampersbach, Engelsberger, Schedl, Dr. Schwarz-Schilling, Neuhaus, Dreyer, Feinendegen, Dr. George, Gerstein, Haberl, Dr. Hammans, von der II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Heydt Freiherr von Massen bach, Frau Hoffmann (Hoya), Dr. Hubrig, Dr. Jobst, Kroll-Schlüter, Dr. Kunz (Weiden), Dr. Langner, Pohlmann, Dr. Ritz, Sick, Tillmann, Dr. Unland, Frau Will-Feld, Frau Dr. Wilms, Wissmann, Würzbach, Biehle, Dr. Stavenhagen und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes — Drucksache 8/1105 — Schedl CDU/CSU 4655 A, 4662 C Gansel SPD . . . . . . . . . . 4656 B Hölscher FDP 4660 A Buschfort, Parl. Staatssekretär BMA . . 4664 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 6. Mai 1969 über die an Verfahren vor der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen — Drucksache 8/490 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 8/1257 — 4665 D Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Straßmeir, Dreyer, Feinendegen, Hanz, Frau Hoffmann (Hoya), Dr. Jobst, Lemmrich, Milz, Pfeffermann, Sick, Tillmann, Dr. Waffenschmidt, Weber (Heidelberg), Ziegler und der Fraktion der CDU/CSU Mehrfachtäter-Punktsystem für Kraftfahrer gem. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 15 b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 3. Januar 1974 — Drucksache 8/1122 — Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU 4666 B Daubertshäuser SPD . . . . . . . . 4667 D Hoffie FDP 4669 B Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr Schulte (Schwäbisch Gmünd), Milz, Lemmrich, Tillmann, Pfeffermann, Straßmeir, Weber (Heidelberg), Dreyer, Dr. Jobst, Haberl, Dr. Waffenschmidt, Hanz, Ziegler, Sick, Frau Hoffmann (Hoya), Würzbach, Friedmann, Biechele, Dr. Möller, Bühler (Bruch- sal) und der Fraktion der CDU/CSU Bundesfernstraßenbau — Drucksache 8/1179 — Milz CDU/CSU 4672 A Topmann SPD 4673 C Ollesch FDP 4676 C Aussprache gemäß Arlage 4 Nr. 1 der Geschäftsordnung zum Thema Verwirklichung der Menschenrechte Dr. Schmude SPD 4697 A Dr. Marx CDU/CSU 4698 A Jung FDP 4699 A Dr. Riedl (München) CDU/CSU 4700 A Dr. Corterier SPD 4701 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 4702 D Möllemann FDP 4703 D Dr. Althammer CDU/CSU 4704 D Friedrich (Würzburg) SPD 4705 D Dr. von Dohnanyi, Staatsminister AA . 4706 C Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 4707 C Frau Erler SPD 4708 D Friedrich (Würzburg) SPD (Bemerkung nach § 35 GO) 4709 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Regelung zusätzlicher Fragen der Ausbildungsplatzförderung — Drucksache 8/1235 — Steinert, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg 4709 D Frau Benedix CDU/CSU 4710 B Wüster SPD 4711 D Frau Schuchardt FDP 4712 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1977 hier: Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 8/639, 8/1227 — . . . . 4712 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes — Drucksache 8/1266 — Biehle CDU/CSU 4712 C Horn SPD 4714 A Möllemann FDP . . . . . . . . . . 4714 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Strafvollzugsgesetzes — Drucksache 8/1283 — Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 III Hartmann CDU/CSU . . . . . . . . 4714 C Dr. Schöfberger SPD . . . . . . . . 4716 D Engelhard FDP 4719 B Beratung des Berichts des Finanzausschusses zu der von der Bundesregierung erlassenen aufhebbaren Verordnung über die Beseitigung der Depotpflicht — Drucksachen 8/979, 8/1170 — . . . . 4721 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der von der Bundesregierung vorgelegten zustimmungsbedürftigen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 10/77 — Zollkontingente für Walzdraht und Elektrobleche — 2. Halbjahr 1977) — Drucksachen 8/897, 8/1184 — 4721 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der von der Bundesregierung vorgelegten zustimmungsbedürftigen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 11/77 — Besondere Zollsätze gegenüber Ägypten, Jordanien, Libanon und Syrien — EGKS) — Drucksachen 8/898, 8/1198 — 4721 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nrn. 1408/71 und 574/72 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemenschaft zu- und abwandern Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Anhänge zu den Verordnungen (EWG) Nrn. 1408/71 und 574/72 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu-und abwandern — Drucksachen 8/767, 8/1174 — 4721 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für andere Gewebe aus Baumwolle der Tarifnummer 55.09 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta (für das Jahr 1977) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung von Plafonds und zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Malta (1978) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur vollständigen oder teilweisen Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Erzeugnisse der Kapitel i bis 24 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta (1978) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte Spinnfasern der Tarifnummer 56.04 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Zypern (1978) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Oberbekleidung für Männer und Knaben der Tarifnummer 61.01 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Zypern (1978) — Drucksachen 8/949, 8/964, 8/965, 8/966, 8/1183 (neu) — 4721 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für ein erstes Programm für Forschungsaktionen im Bereich Forschung in Medizin und Gesundheitswesen Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet „Registrierung angeborener Abnormitäten" (Forschung in Medizin und Gesundheitswesen) Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet „Zellalterung und Verminderung der Funktionsfähigkeit der Organe" (Forschung in Medizin und Gesundheitswesen) Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet „Extrakorporale Oxygenation" (Forschung in Medizin und Gesundheitswesen) — Drucksachen 8/753, 8/1172 — 4722 A IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für ein Vierjahresprogramm zur Förderung der Datenverarbeitung in der Gemeinschaft -Drucksachen 8/37, 8/1173 (neu) — . . . 4722 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet der physikalischen Eigenschaften der Lebensmittel — Drucksachen 8/863, 8/1220 — . . . . 4722 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über Bestimmungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung für den Fall der Gewinnberichtigung zwischen verbundenen Unternehmen (Schiedsverfahren) — Drucksachen 8/740, 8/1228 — . . . . 4722 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Anpassung der in Artikel 13 Abs. 1 und 9 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften vorgesehenen Sätze der Tagegelder für Dienstreisen — Drucksachen 8/1119, 8/1242 — . . . . 4722 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3164/76 über das Gemeinschaftskontingent für den Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten — Drucksachen 8/868, 8/1243 — . . . . 4722 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Festlegung einheitlicher Grundsätze für die Kostenrechnung der Eisenbahnunternehmen — Drucksachen 8/735, 8/1244 — . . . . 4722 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG vom 6. Februar 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger — Drucksachen 8/60, 8/1245 — 4722 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Entscheidung des Rates zur Änderung der Entscheidung über die 'Harmonisierung bestimmter Vorschriften, die den Wettbewerb im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr beeinflussen — Drucksadien 8/25, 8/1246 — 4723 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Scheibenwischer und Scheibenwascher von Kraftfahrzeugen Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Entfrostungs- und Trocknungsanlagen von Kraftfahrzeugen Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Innenausstattung der Kraftfahrzeuge (Kennzeichnung der Bedienungselemente, Kontrolleuchten und Anzeiger) — Drucksachen 7/5923, 8/1247 — . . . . 4723 A Fragestunde — Drucksache 8/1288 vom 02. 12. 1977 — Konsequenzen aus der im Bericht des Bundespresseamtes über das „Auslandsecho auf die Entführung von H. M. Schleyer und die Folgen" erwähnten Beschäftigung mit der Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 V „vermeintlichen NS-Nostalgie" und Zweifeln an der „Verwurzelung und Dauerhaftigkeit der Demokratie in Deutschland" MdlAnfr A100 02.12.77 Drs 08/1288 Voigt (Frankfurt) SPD Antw StSekr Bölling BPA 4678 B, D, 4679 A, B, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 4678 C ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU 4678 D ZusFr Ey CDU/CSU 4679 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 4679 A ZusFr Dr. Holtz SPD . . ... . . . 4679 B ZusFr Hansen SPD 4679 B Einladung des früheren Militärattachés Christian Ackerknecht zu einem offiziellen Empfang durch den deutschen Botschafter in Chile sowie Gratulation für den CSU-Vorsitzenden Strauß zu dessen umstrittenen Äuerungen in Chile MdlAnfr A101 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Corterier SPD MdlAnfr A102 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Corterier SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 4679 C, D, 4680 A, B, C, D, 4181 A, B, C, D, 4682 A, B, C ZusFr Dr. Corterier SPD . . . 4679 D, 4681 A ZusFr Dr. Marx CDU/CSU . . 4679 D, 4681 C ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 4680 A, 4681 C ZusFr Graf Huyn CDU/CSU . . 4680 B, 4682 B ZusFr Jahn (Marburg) SPD . . 4680 B, . 4681 B ZusFr Thüsing SPD . . . . . . . . . 4680 C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 4680 C ZusFr Dr. Althammer CDU/CSU . . . 4680 D ZusFr Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU . . 4681 B ZusFr Ey CDU/CSU . . . 4681 D ZusFr Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . 4681 D ZusFr Hansen SPD . . . . . . . . 4682 A ZusFr Strauß CDU/CSU 4682 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . . . 4682 C Änderung der deutschen Haltung gegenüber Chile hinsichtlich der Fragen der Menschenrechte und der Demokratie sowie breitere Erörterung der Fragen der Menschenrechte MdlAnfr A103 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Schmude SPD MdlAnfr A104 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Schmude SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 4682 C, D, 4683 A, B, D, 4684 A, B, C, D, 4685 A, B, C, D, 4686 A, B, C, D, 4687 A, B, C, D, 4688 A, B, C, D, 4689 A, B, C, D, 4690 A, B, C, D, 4691 A ZusFr Dr. Schmude SPD . . . 4682 D, 4687 C ZusFr Dr. Althammer CDU/CDU . . . . 4683 A ZusFr Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . 4683 B, 4687 D ZusFr Strauß CDU/CSU . . . . . . . 4683 C ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU 4683 D, 4689 A ZusFr Conradi SPD 4684 B ZusFr Dr. Riedl (München) CDU/CSU . 4684 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU . . 4684 D, 4688 A ZusFr Thüsing SPD . . . . . . . . . 4685 A ZusFr Möllemann FDP . . . . 4685 A, 4689 C ZusFr Graf Huyn CDU/CSU . . . . . . 4685 B ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . . 4685 C ZusFr Dr. Marx CDU/CSU . . 4685 D, 4690 B ZusFr Dr. Corterier SPD . . . . . 4686 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . 4686 B, 4688 B ZusFr Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU . . . 4686 C, 4688 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . 4686 D, 4690 A ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU . . . 4687 A ZusFr Kunz (Berlin) CDU/CSU 4688 B ZusFr Dr. Ehmke SPD 4688 D ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 4689 D ZusFr Dr. Hennig CDU/CSU 4689 D ZusFr Jung FDP 4690 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 4690 D Fortschritte auf der KSZE-Nachfolgekonferenz in Belgrad hinsichtlich der Entspannungspolitik und von Detailfragen im Bereich der drei Körbe der KSZE-Vereinbarung MdlAnfr A106 02.12.77 Drs 08/1288 Friedrich (Würzburg) SPD MdlAnfr A107 02.12.77 Drs 08/1288 Friedrich (Würzburg) SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 4691 B, C, D, 4692 A, B, C, D, 4693 A, B, C, D, 4694 A, B ZusFr Friedrich (Würzburg) SPD 4691 B, 4693 D ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 4691 C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . 4691 C, 4694 A ZusFr Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . 4691 D ZusFr Dr. Ehmke SPD . . . . . . . . 4692 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 4692 A ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 4692 B VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 ZusFr Dr. Schmude SPD . . . 4692 C, 4694 A ZusFr Möllemann FDP 4692 D ZusFr Mattick SPD 4692 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 4693 B ZusFr Dr. Holtz SPD . . . . . . . 4693 B ZusFr Gansel SPD 4693 C Gespräche des Bundeskanzlers über die Wiederherstellung der Demokratie bei seinem jüngsten Besuch in Polen MdlAnfr A108 02.12.77 Drs 08/1288 Böhm (Melsungen) CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 4694 B, C, D, 4695A,B,D, 4696A,C,D ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 4694 C, D ZusFr Friedrich (Würzburg) SPD . . . 4695 A ZusFr Lagershausen CDU/CSU 4695 B ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 4695 D ZusFr Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . 4696 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 4696 C ZusFr Dr. Ehmke SPD . . . . . . . 4696 D Nächste Sitzung 4723 C Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 4725* A Anlage 2 Vorratshaltung an Lebensmitteln MdlAnfr A59 18.11.77 Drs 08/1200 Ey CDU/CSU ErgSchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 4725* C Anlage 3 Grußtelegramm des Staatssekretärs im BMBW, Dr. Jochimsen, an den Bund demokratischer Wissenschaftler anläßlich eines Hamburger hochschulpolitischen Kongresses MdlAnfr A12 02.12.77 Drs 08/1288 Spranger CDU/CSU MdlAnfr A13 02.12.77 Drs 08/1288 Spranger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 4725* D Anlage 4 Entwicklung des Mittelabflusses bei dem Wohnungsbauprogramm für die Landwirt- schaft MdlAnfr A32 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML 4726* B Anlage 5 Kosten und Schwierigkeiten der elektronischen Lohn- und Gehaltsabrechnungen in Betrieben nach Erhöhung des Weihnachtsfreibetrags gemäß § 19 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes auf 400 DM MdlAnfr A37 02.12.77 Drs 08/1288 Nordlohne CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4726* C Anlage 6 Initiativen der Bundesregierung zur Förderung der Kohleverstromung in der EG MdlAnfr A38 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Steger SPD MdlAnfr A39 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4726* D Anlage 7 Auswirkung des Konditionenkartells der MPEA-Mitgliedsunternehmen zugunsten amerikanischer und zu Lasten deutscher Filmverleiher; Hilfe für deutsche Filmverleiher MdlAnfr A40 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD MdlAnfr A41 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4727* B Anlage 8 Mangel an „Weihnachtsbutter"; Angebot der an die UdSSR zu Vorzugspreisen ver- kauften Butter auf dem italienischen Markt MdlAnfr A44 02.12.77 Drs 08/1288 Susset CDU/CSU MdlAnfr A45 02.12.77 Drs 08/1288 Susset CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML 4728* A Anlage 9 Abbau des Butterberges MdlAnfr A46 02.12.77 Drs 08/1288 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML 4728* C Anlage 10 Aussagefähigkeit des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die gegenwärtige Agrarpolitik MdlAnfr A47 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU MdlAnfr A48 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . . 4728* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 VII Anlage 11 Auswirkungen des Fünfjahresprogramms der italienischen Regierung zur Ankurbelung der italienischen Wirtschaft auf den deutschen Agrarexport MdlAnfr A49 02.12.77 Drs 08/1288 Simpfendörfer SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML 4729* B Anlage 12 Mangel an „Weihnachtsbutter" sowie Ausschluß der Lebensmittelhändler in ländlichen Gebieten von der Butterverteilung MdlAnfr A50 02.12.77 Drs 08/1288 Glos CDU/CSU MdlAnfr A51 02.12.77 Drs 08/1288 Glos CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . . 4729* C Anlage 13 Errichtung von Schrägdeckwerken am Nordstrand der Insel Wangerooge MdlAnfr A52 02.12.77 Drs 08/1288 Nordlohne CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 4730* A Anlage 14 Einfuhr von Vollmilchpulver aus der DDR MdlAnfr A53 02.12.77 Drs 08/1288 Kiechle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . 4730* B Anlage 15 Angaben von Uhrzeit und Dauer der Arbeitspausen für die vom Arbeitsamt zu vermittelnde Arbeit als Voraussetzung für die Vermittlung von Arbeitslosen; Schwierigkeiten bei der Vermittlung von Arbeitslosen wegen der Zugehörigkeit neugegliederter Landkreise zu verschiedenen Arbeitsamtsbezirken MdlAnfr A54 02.12.77 Drs 08/1288 Milz CDU/CSU MdlAnfr A55 02.12.77 Drs 08/1288 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4730* C Anlage 16 Durchführung des arbeitsmarktpolitischen Programms der Bundesregierung vom 25. Mai 1977 MdlAnfr A56 02.12.77 Drs 08/1288 Urbaniak SPD - MdlAnfr A57 02.12.77 Drs 08/1288 Urbaniak SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4730* D Anlage 17 Liquidität des Rücklagevermögens der sozialen Rentenversicherung; Anlage eines Teils des „starren Blocks" des Rücklagevermögens in Form langfristiger Wohnungsbaudarlehen MdlAnfr A58 02.12.77 Drs 08/1288 Kraus CDU/CSU MdlAnfr A59 02.12.77 Drs 08/1288 Kraus CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4731* B Anlage 18 Modellversuche mit Wahltarifen in der gesetzlichen Krankenversicherung MdlAnfr A61 02.12.77 Drs 08/1288 Cronenberg FDP MdlAnfr A62 02.12.77 Drs 08/1288 Cronenberg FDP SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4731* D Anlage 19 Zahl, Gesundheit und Lebenserwartung der in Wechselarbeit beschäftigten Arbeitnehmer MdlAnfr A63 02.12.77 Drs 08/1288 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4732* A Anlage 20 Amtliche Statistik der Arbeitsämter über die unterschiedlichen Kategorien von Arbeitslosen MdlAnfr A64 02.12.77 Drs 08/1288 Stutzer CDU/CSU MdlAnfr A65 02.12.77 Drs 08/1288 Stutzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4732* C Anlage 21 Kündigungen bei Rationalisierungen MdlAnfr A66 02.1237 Drs 08/1288 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4733* A Anlage 22 Mißbrauchstatbestände hinsichtlich der Leistungen und Hilfen der Bundesanstalt für Arbeit; Beantragung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe innerhalb einer vierwöchigen Frist MdlAnfr A67 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Voss CDU/CSU MdlAnfr A68 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Voss CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4733* B VIII Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Anlage 23 Zahl der nicht gemeldeten offenen Stellen; Durchführung der Vermittlungsoffensive durch die Arbeitsverwaltung MdlAnfr A69 02.12.77 Drs 08/1288 Walther SPD MdlAnfr A70 02.12.77 Drs 08/1288 Walther SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4733* C Anlage 24 Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit über die Problematik der Wiedereingliederung Arbeitsloser MdlAnfr A71 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Probst CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4734* A Anlage 25 Prognose der Bundesregierung über die Zahl der Arbeitslosen und über die Steigerung der Bruttolöhne im Jahr 1978; Unterrichtung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages über die finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung MdlAnfr A72 02.12.77 Drs 08/1288 Schedl CDU/CSU MdlAnfr A73 02.12.77 Drs 08/1288 Schedl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4734* C Anlage 26 Vermittlung von Arbeitskräften für die Bauwirtschaft aus EG-Ländern; Verlängerung der Höchstdauer der Überlassung von Arbeitnehmern MdlAnfr A74 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Laufs CDU/CSU MdlAnfr A75 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4734* D Anlage 27 Einladung von Vertretern der HIAG Waffen-SS zu Veranstaltungen der Bundeswehr sowie Teilnahme von Bundeswehrangehörigen an Veranstaltungen der HIAG MdlAnfr A76 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Schöfberger SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 4735* B Anlage 28 Inventarlisten für Inlandsumzüge von Bundeswehrsoldaten und Bundesbediensteten MdlAnfr A33 02.12.77 Drs 08/1288 Ludewig FDP MdlAnfr A78 02.12.77 Drs 08/1288 Ludewig FDP SchrAntw PStSekr Dr. von Billow -BMVg 4735* C Anlage 29 Schadensersatzansprüche der Firma Merex MdlAnfr A79 02.12.77 Drs 08/1288 Gansel SPD MdlAnfr A80 02.12.77 Drs 08/1288 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 4735* D Anlage 30 Zunahme der zu Gewalttätigkeit, Verbrechen und Rassenhaß anreizenden jugendgefährdenden Schriften MdlAnfr A81 02.12.77 Drs 08/1288 Conradi SPD MdlAnfr A82 02.12.77 Drs 08/1288 Conradi SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 4736* A Anlage 31 Erfahrungen mit der Herstellung und dem Vertrieb therapie- und behandlungsgerechter Arzneimittelpackungen nach dem Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz MdlAnfr A83 02.12.77 Drs 08/1288 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 4736* C Anlage 32 Anhebung der Toleranzgrenze bei der Ausnutzung der Ladefläche von Kofferzügen MdlAnfr A84 02.12.77 Drs 08/1288 Angermeyer FDP SchrAntw PStSekr Haar BMV 4736* D Anlage 33 Genehmigung nicht marktgerechter Kiesfrachtraten am Oberrhein durch das Bundesverkehrsministerium MdlAnfr A85 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Vohrer FDP MdlAnfr A86 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Vohrer FDP SchrAntw PStSekr Haar BMV 4737* A Anlage 34 Auswirkung der Herabsetzung der Ermäßigung für Gruppenreisen sowie Reduzierung der Sozialtarife der Bundesbahn MdlAnfr A87 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Hartenstein SPD MdlAnfr A88 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Hartenstein SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 4737* B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 IX Anlage 35 Ratifikation des Europäischen Übereinkommens über die Hauptstrecken des Verkehrs vom 15. November 1975 MdlAnfr A89 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Ahrens SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 4737* C Anlage 36 Gesetzliche Initiativen in bezug auf die . Lärmschutzmaßnahmen an Autobahnen MdlAnfr A90 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 4737* D Anlage 37 Einführung einer Transitsteuer für Lkw-Transporte in Österreich MdlAnfr A93 02.12.77 Drs 08/1288 Kiechle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 4737* D Anlage 38 Überprüfung der Postverwaltungsreform MdlAnfr A94 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP 4738* A Anlage 39 Benachteiligung der bei der Bundespost beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer durch den Wegfall der Trennungsentschädigung MdlAnfr A95 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Geßner SPD SchrAntw PStSekr Haar BMP 4738* B Anlage 40 Vermietung freier Ausbildungsplätze durch die Bundespost an das Land Berlin und Ausbildung von Fernmeldehandwerkern auf diesen Ausbildungsplätzen MdlAnfr A96 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Berger (Berlin) ' CDU/CSU MdlAnfr A97 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP 4738* C Anlage 41 Vereinbarkeit der Unterlassung eines Gesprächs zwischen dem Bundeskanzler und dem polnischen Staatschef Gierek über die Wiederherstellung der Demokratie mit den Aussagen des Bundeskanzlers über die Äußerungen des CSU-Vorsitzenden in Chile MdlAnfr A98 02.12.77 Drs 08/1288 Engelsberger CDU/CSU MdlAnfr A99 02.12.77 Drs 08/1288 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw StMin Wischnewski BK . . . . 4739* A Anlage 42 Zweckgebundene Verwendung der Bundeszuschüsse für das Aachener Alexander-vonHumboldt-Haus SchrAnfr B1 02.12.77 Drs 08/1288 Gerlach (Obernau) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4739* D Anlage 43 Kriterien für die Auswahl der zum dienstlichen Gebrauch in den Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland bestimmten deutschen Zeitungen SchrAnfr B2 02.12.77 Drs 08/1288 Schlaga SPD SchrAnfr B3 02.12.77 Drs 08/1288 Schlaga SPD SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4740* C Anlage 44 Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten durch alliierte oder deutsche Behörden in den im Geltungsbereich des Grundgesetzes verkehrenden Zügen der Deutschen Reichsbahn in Berlin SchrAnfr B4 02.12.77 Drs 08/1288 Gerlach (Obernau) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4741* A Anlage 45 Schaffung zusätzlicher Beamtenstellen in der Verwaltung des Europarats für Mitarbeiter aus den neuen Mitgliedsländern Griechenland, Portugal und Spanien SchrAnfr B5 02.12.77 Drs 08/1288 Alber CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4741* B Anlage 46 Förderung eines inzwischen von K-Gruppen genutzten Heims für ausländische Studierende an der Universität Aachen durch das Auswärtige Amt SchrAnfr B6 02.12.77 Drs 08/1288 Daweke CDU/CSU SchrAnfr B7 02.12.77 Drs 08/1288 Daweke CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4741* B X Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Anlage 47 Überprüfung der im „stern" wiedergegebenen Aussagen von Dr. Issam El-Sartaoui SchrAnfr B9 02.12.77 Drs 08/1288 Gerlach (Obernau) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4742* B Anlage 48 Erteilung eines Einreisevisums SchrAnfr B10 02.12.77 Drs 08/1288 Gerlach (Obernau) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4742* D Anlage 49 Folterungen in den Gefängnissen von Mozambique durch politische Polizei SchrAnfr B11 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4742* D Anlage 50 Erfüllung der in Art. 27 des Weltpakts für bürgerliche und politische Rechte enthaltenen Rechtsverpflichtungen in bezug auf Minderheiten- und Gruppenrechte; Auffassung Polens über das Problem der deutschen Volksgruppe und die Entschädigung für deutsches Eigentum SchrAnfr B12 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAnfr B13 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4743* A Anlage 51 Berücksichtigung neuer Aufgaben im Haushalt des Europarats nach Beitritt der Länder Griechenland, Portugal und Spanien sowie Haushaltsbeitrag der Bundesregierung SchrAnfr B14 02.12.77 Drs 08/1288 Frau von Bothmer SPD SchrAnfr B15 02.12.77 Drs 08/1288 Frau von Bothmer SPD SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4743* D Anlage 52 Entwicklung der Teilzeitbeschäftigung in den Bundesbehörden SchrAnfr B16 02.12.77 Drs 08/1288 Pieroth CDU/CSU SchrAnfr B17 02.12.77 Drs 08/1288 Pieroth CDU/CSU SchrAnfr B18 02.12.77 Drs 08/1288 Pieroth CDU/CSU SchrAnfr B19 02.12.77 Drs 08/1288 Pieroth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . . 4744* C Anlage 53 Anpassung der kommunalen Mustersatzungen an die inhaltlichen Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen SchrAnfr B20 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI 4746* A Anlage 54 Besetzung der Stelle des Datenschutzbeauftragten des Bundes mit einem ehemaligen Abgeordneten SchrAnfr B21 02.12.77 Drs 08/1288 Regenspurger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4746* C Anlage 55 Maßnahmen zum Schutz des TerroristenKronzeugen Ruhland SchrAnfr B22 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Narjes CDU/CSU SchrAnfr B23 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Narjes CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4746* D Anlage 56 Versachlichung der öffentlichen Darstellung von Katastrophenschutzmaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland SchrAnfr B24 02.12.77 Drs 08/1288 Flämig SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI 4747* A Anlage 57 Auswertung der US-Environmental-Protection-Agency-Studie SchrAnfr B25 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI 4747* B Anlage 58 Sicherheitsbarrieren bei Störfällen im Kernkraftwerk Neckarwestheim von Abschaltung des Reaktors SchrAnfr B26 02.12.77 Drs 08/1288 Schäfer (Offenburg) SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 4747* C Anlage 59 Ausrüstung der Beamten des Grenzzolldienstes und des Bundesgrenzschutzes an der deutsch-niederländischen Grenze mit kugelsicheren Westen SchrAnfr B27 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Unland CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMJ 4748* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 XI Anlage 60 Mißbräuchliche Verwendung des Bundesadlers in privaten Flugblättern SchrAnfr B28 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4748* B Anlage 61 Dauer der Genehmigungsverfahren für vergleichbare Anlagen der Bayer AG zur Herstellung von Herbiziden in Dormagen und Antwerpen SchrAnfr B29 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hüsch CDU/CSU SchrAnfr B30 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hüsch CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 4748* C Anlage 62 Verdacht der Steuerung des Terrorismus durch den sowjetischen Geheimdienst KGB SchrAnfr B31 02.12.77 Drs 08/1288 Hofmann (Kronach) SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . .. . 4748* D Anlage 63 Bildung von Ersatzorganisationen für verbotene Parteien SchrAnfr B32 02.12.77 Drs 08/1288 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAnfr B33 02.12.77 Drs 08/1288 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4748* D Anlage 64 Auffassung der OECD über die Lösung des Atommüllproblems SchrAnfr B34 02.12.77 Drs 08/1288 Biechele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4749* B Anlage 65 Förderung der ökologischen Wissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland SchrAnfr B35 02.12.77 Drs 08/1288 Biechele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4749* C Anlage 66 Verbot der Einwegflaschen SchrAnfr B36 02.12.77 Drs 08/1288 Biechele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4750* B Anlage 67 Entwicklung der Gesamtaltersversorgung von Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes im Verhältnis zu Beamten und Arbeitnehmern in der privaten Wirtschaft seit Einführung der Zusatzversorgung SchrAnfr B37 02.12.77 Drs 08/1288 Gansel SPD SchrAnfr B38 02.12.77 Drs 08/1288 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI 4750* D Anlage 68 Sicherstellung der Ansprüche von Beamten aus einer früheren gesetzlichen Rentenversicherung SchrAnfr B39 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Köhler (Duisburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4751* B Anlage 69 Personalausstattung des Umweltbundesamts in Berlin SchrAnfr B40 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAnfr B41 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4351 `.0 Anlage 70 Kündigung langfristig vereinbarter Zinsen für Investitionskredite auf Grund des § 247 BGB SchrAnfr B42 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAnfr B43 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 4752* B Anlage 71 Zunahme des Umfangs der Gesetzblätter des Bundes und der Länder in den letzten Jahren SchrAnfr B44 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Sperling SPD SchrAnfr B45 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Sperling SPD SchrAnfr B46 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Sperling SPD SchrAnfr B47 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Sperling SPD • SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 4753* B XII Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Anlage 72 Bewährung der richterlichen Entscheidung über die Annahme als Kind nach § 14 Nr. 3 f des Rechtspflegergesetzes SchrAnfr B48 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 4754* B Anlage 73 Globale Beantwortung der deinen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion betr. Änderungen der Buchungspraxis im Bundeshaushaltsentwurf 1978 und im Finanzplan der Bundesregierung für die Jahre bis 1981 SchrAnfr B49 02.12.77 Drs 08/1288 Haase (Kassel) CDU/CSU SchrAnfr B50 02.12.77 Drs 08/1288 Haase (Kassel) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 4755* A Anlage 74 Beteiligungen und Kapitaleinlagen nach dem Finanzplan des Bundes 1977 bis 1981 SchrAnfr B51 02.12.77 Drs 08/1288 Höpfinger CDU/CSU SchrAnfr B52 02.12.77 Drs 08/1288 Höpfinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 4757* A Anlage 75 Ausnahme strukturschwacher und peripherer Regionen ohne alternativen Energieträger von der geplanten Verdoppelung der Heizölsteuer SchrAnfr B53 02.12.77 Drs 08/1288 Glos CDU/CSU SchrAnfr B54 02.12.77 Drs 08/1288 Glos CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4757* B Anlage 76 Erhöhung der Freigrenze für Reiseandenken SchrAnfr B55 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 4757* C Anlage 77 Gesetzliche Regelungen für eine leichtere tarifvertragliche oder betriebliche Vereinbarung von Vermögensbildungsmaßnahmen SchrAnfr B56 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Jens (Voerde) SPD SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4757* D Anlage 78 Änderung des Steuerberatergesetzes zur Verhinderung der Gründung von Steuerberatungsgesellschaften durch fremde Kapitalgeber SchrAnfr B57 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Funcke FDP SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4758* A Anlage 79 Informationsaustausch der deutschen Steuerverwaltung mit den Steuerverwaltungen Frankreichs, Großbritanniens und der USA zwecks Aufklärung von Steuerfällen mit Auslandsbeziehungen; Sicherstellung der Besteuerung multinational tätiger Unternehmen SchrAnfr B58 02.12.77 Drs 08/1288 Huonker. SPD SchrAnfr B59 02.12.77 Drs 08/1288 Huonker SPD SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4758* C Anlage 80 Wegfall der Förderungsmittel nach dem Rhein-Bodensee-Programm nach dessen Eingliederung in das Programm für Zukunftsinvestitionen ab 1977 SchrAnfr B60 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4759* A Anlage 81 Entwicklung der investiven Ausgaben des Bundes seit 1972 SchrAnfr B61 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 4759* C Anlage 82 Einhaltung des EG-Verhaltenskodex für europäische Unternehmen mit Tochtergesellschaften in der Republik Südafrika durch die betreffenden deutschen Firmen SchrAnfr B62 02.12.77 Drs 08/1288 Schreiber SPD SchrAntw PStSekr Gründer BMWi . . . . 4760* A Anlage 83 Lieferung militärischen Geräts aus der Bundesrepublik Deutschland über Dritt- oder Viertländer an die Republik Südafrika SchrAnfr B63 02.12.77 Drs 08/1288 Frau von Bothmer SPD SchrAnfr B64 02.12.77 Drs 08/1288 Frau von Bothmer SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4760* B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 81. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember i977 XIII Anlage 84 Kriterien für die Verteilung der Finanzmittel zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur SchrAnfr B65 02.12.77 Drs 08/1288 Milz CDU/CSU SchrAnfr B66 02.12.77 Drs 08/1288 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4760* D Anlage 85 Unterbindung der Werbung für einen höheren Energieverbrauch sowie optimale Nutzung der vorhandenen Energie SchrAnfr B67 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Holtz SPD SchrAnfr B68 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Holtz SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4761* A Anlage 86 Einführung eines „Tages der Energie" zur Aufklärung der Verbraucher über Möglichkeiten der Energieeinsparung SchrAnfr B69 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4761* C Anlage 87 Zuwendungen des. Bundes und der Länder zur Förderung und Nutzung der deutschen Steinkohle in den Jahren 1970 bis 1978 sowie Subventionierung der Stromerzeugung aus Kohle SchrAnfr B70 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAnfr B71 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hubrig CDU/CSU - SchrAnfr B72 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . .. . . 4761* D Anlage 88 Zuschüsse zur beruflichen Eingliederung Behinderter SchrAnfr B75 02.12.77 Drs 08/1288 Hasinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4762* C Anlage 89 Nutzung der derzeitigen Unterbelegung der Kinderkliniken zur Mitaufnahme der Mütter bzw. Väter SchrAnfr B76 02.12.77 Drs 08/1288 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4763* A Anlage 90 Rentenansprüche deutscher Auswanderer in Australien SchrAnfr B77 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAnfr B78 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAnfr B79 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4763* B Anlage 91 Ausweichen der Rentenversicherungsträger bei Rentenanträgen auf den Klageweg SchrAnfr B80 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Simonis SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4764* A Anlage 92 Zunahme der Zahl der arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzprozesse sowie Vermehrung der Richterstellen beim Bundesarbeitsgericht SchrAnfr B81 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Schöfberger SPD SchrAnfr B82 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Schöfberger SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4764* B Anlage 93 Zahl der Bezieher von Berufschadensausgleich oder Schadensausgleich nach dem Bundesversorgungsgesetz in den Jahren 1972 bis 1976 sowie Höhe der für diese Zwecke aufgewendeten Beträge SchrAnfr B83 02.12.77 Drs 08/1288 Burger CDU/CSU SchrAnfr B84 02.12.77 Drs 08/1288 Burger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 4764* D Anlage 94 Erschwerung der Verhandlungen vor dem Bundesarbeitsgericht durch mangelnde Kenntnisse der Rechtsanwälte über das Arbeitsrecht; Zulassung von Vertretern der Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen für die Revisionsvertretung SchrAnfr B85 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Steinhauer SPD SchrAnfr B86 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Steinhauer SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4765* C XIV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Anlage 95 Meldung der New York Times über den Einsatz von Nuklearwaffen in besonderen Situationen SchrAnfr B87 02.12.77 Drs 08/1288 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAnfr B88 02.12.77 Drs 08/1288 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 4766* A Anlage 96 Meldungen in der Welt über reinen neuen Geist im Offizierskorps" SchrAnfr B89 02.12.77 Drs 08/1288 Lattmann SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 4766* A Anlage 97 Verfahren des Bundesverteidigungsministers bei der Beantwortung von Briefen der Abgeordneten SchrAnfr B90 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . . 4766* B Anlage 98 Einsetzung einer interdisziplinären Expertenkommission im medizinischen Bereich SchrAnfr B91 02.12.77 Drs 08/1288 Engelhard FDP SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 4766* C Anlage 99 Giftige Substanzen in Holzschutzmitteln SchrAnfr B92 02.12.77 Drs 08/1288 Ollesch FDP SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 4766* D Anlage 100 Einrichtung von Unterhaltsersatz- und Vorschußkassen im Hinblick auf alleinstehende Väter oder Mütter mit Kindern SchrAnfr B93 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 4767* B Anlage 101 Einsatz des Medizinjournalismus zur Verbesserung der gesundheitlichen Aufklärung und Gesundheitserziehung sowie Forschungsauftrag über die Wirkung des Medizinjournalismus auf das Verhalten von Patienten SchrAnfr B94 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAnfr B95 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 4767* C Anlage 102 Änderung des Jugendschutzgesetzes mit dem Ziel des Verbots der Abgabe von alkoholhaltigen Getränken an Jugendliche SchrAnfr B96 02.12.77 Drs 08/1288 Spitzmüller FDP SchrAnfr B97 02.12.77 Drs 08/1288 Spitzmüller FDP SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 4768* A Anlage 103 Durchsetzung der Leitsätze für Tiefkühlkost SchrAnfr B98 02.12.77 Drs 08/1288 Marschall SPD SchrAnfr B99 02.12.77 Drs 08/1288 Marschall SPD SchrAnfr B100 02.12.77 Drs 08/1288 Marschall SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 4768* B Anlage 104 Vierspuriger Ausbau der Autobahn SingenÜberlingen SchrAnfr B101 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 4768* D Anlage 105 Fahrverbot für Personenkraftwagen mit Anhänger an verkehrsreichen Wochenenden auf Autobahnen sowie Kenntnis der Bundesregierung von derartigen Fahrverboten im europäischen Ausland SchrAnfr B102 02.1237 Drs 08/1288 Jung FDP SchrAnfr B103 02.12.77 Drs 08/1288 Jung FDP SchrAntw PStSekr Haar BMV 4769* A Anlage 106 Ausstattung der Knoten- und Umsteigebahnhöfe der Bundesbahn mit Förderbändern für das Handgepäck der Reisenden SchrAnfr B104 02.12.77 Drs 08/1288 Fellermaier SPD SchrAnfr B105 02.12.77 Drs 08/1288 Fellermaier SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 4769* B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 XV Anlage 107 Einsatz der mit lärmgedämmten Triebwerken ausgerüsteten Lufthansa-Maschinen vom Typ VFW 614 für den Nachtluftpostdienst zur Lärmminderung in der Umgebung von Flugplätzen und zur Sicherung von Arbeitsplätzen in den VFW-Werken SchrAnfr B106 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Hartenstein SPD SchrAnfr B107 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Hartenstein SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 4769* C Anlage 108 Ausschluß der ursprünglich vorgesehenen Trassenführung der Autobahn A 86 Vörstetten-St. Peter zugunsten der Untertunnelung des Roßkopfs SchrAnfr B108 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Vohrer FDP SchrAntw PStSekr Haar BMV 4769* D Anlage 109 • Zahl der Verkehrsunfälle mit Sachschäden über 100 000 DM ohne ausreichenden Versicherungsschutz in den Jahren 1970 bis 1976 SchrAnfr B109 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Langner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 4770* B Anlage 110 Streckenführung für eine Schnellbahnverbindung Köln-Frankfurt SchrAnfr B110 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Nöbel SPD SchrAnfr B111 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Nöbel SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 4770* B Anlage 111 Umfrage über die künftige Verwendungsfähigkeit und Versetzungsbereitschaft bei auf von der Stillegung betroffenen Bahnhöfen und Strecken arbeitenden Bundesbahnbediensteten im Bereich der Bundesbahndirektion Stuttgart SchrAnfr B112 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. George CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 4770* C Anlage 112 Gutachten des Beauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung über die wirtschaftlichere Durchführung der Unterhaltungsarbeiten an den Bundeswasserstraßen durch Einsatz von privaten Naßbaggerunternehmen SchrAnfr B113 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. von Wartenberg CDU/CSU SchrAnfr B114 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. von Wartenberg CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 4770* D Anlage 113 Verbot der Zulassung von Autoreifen zweiter Wahl oder Verschärfung der Auflagen für die Kennzeichnung und Verwendung solcher Autoreifen SchrAnfr B115 02.12.77 Drs 08/1288 Krockert SPD SchrAnfr B116 02.12.77 Drs 08/1288 Krockert SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 4771* A Anlage 114 Zunahme der Verkehrsgefährdung nach dem Ausbau der B 251 zwischen Kassel und Habichtswald SchrAnfr B117 02.12.77 Drs 08/1288 Walther SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 4771* C Anlage 115 Verlängerung der im Bereich Rastatt-Wintersdorf ausgebauten L 78 b bis zur Autobahn; Entscheidung der Bundesbahn für eine Straßenüberführung am schienengleichen Bahnübergang der L 77 in Rastatt SchrAnfr B118 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAnfr B119 02.1237 Drs 08/1288 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 4772* A Verlegung der B 414 im Raum Höchstenbach SchrAnfr B120 02.1237 Drs 08/1288 Peiter SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 4772* C Anlage 117 Aufnahme der Telefonnummern von Rettungsleitstellen in die Kopfeinträge der Telefonbücher SchrAnfr B121 02.12.77 Drs 08/1288 Seefeld SPD SchrAntw PStSekr Haar BMP 4772* C Anlage 118 Einbeziehung der Ferngespräche mit der DDR in die ermäßigten Nachttarife der Bundespost SchrAnfr B122 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP 4773* A XVI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Anlage 119 Beteiligung der Länder an dem Vierjahresprogramm zur Förderung energiesparender Bauinvestitionen ohne Kürzung eigener Modernisierungsprogramme SchrAnfr B123 02.12.77 Drs 08/1288 Krockert SPD SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 4773* B Anlage 120 Anrechnung des Pflegegeldes für ein geistig behindertes Kind auf das Wohngeld SchrAnfr B124 02.12.77 Drs 08/1288 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . 4773* C Anlage 121 Abruf der vom Bund für das Jahr 1977 zur Verfügung gestellten Mittel zur Wohnungsmodernisierung SchrAnfr B125 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Lauritzen SPD SchrAnfr B126 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Lauritzen SPD SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 4773* D Anlage 122 Einwirkung von seit 1969 erlassenen Gesetzen und Verordnungen auf die Genehmigung von Bauten; Bau von Spielplätzen in der Nähe von Neubauten sowie Erhöhung der Quadratmeterzahl für Kinder in den Wohnungen SchrAnfr B127 02.12.77 Drs 08/1288 Niegel CDU/CSU SchrAnfr B128 02.12.77 Drs 08/1288 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 4774* B Anlage 123 Ablehnung des Einbaus von Sonnenkollektoren in Wohnhäusern durch Baugenehmigungsbehörden in einzelnen Bundesländern SchrAnfr B129 02.12.77 Drs 08/1288 Krockert SPD SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 4775* A Anlage 124 Nichtanerkennung von durch West-Berliner Amtsgerichte ausgestellten Erbscheinen durch die DDR SchrAnfr B130 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAnfr B131 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 4775* B Anlage 125 Verpflichtung des Landes Baden-Württemberg zum Abbau von Uranvorkommen in Fremdenverkehrsgebieten durch den Euratom-Vertrag SchrAnfr B132 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAnfr B133 02.12.77 Drs 08/1288 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 4776* A Anlage 126 Abbau der Förderung von Kernreaktoren im Forschungsetat durch Förderung der Entwicklung alternativer Energien SchrAnfr B134 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Holtz SPD SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 4776* C Anlage 127 Ölschieferabbau im Raum Lehre-Schandelah sowie Förderung der Salzkohleverwertung im Raum Helmstedt SchrAnfr B135 02.12.77 Drs 08/1288 . Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU SchrAnfr B136 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 4776* D Anlage 128 Hilfestellung für Arbeitnehmervertreter in den Berufsbildungs- und Prüfungsausschüssen SchrAnfr B137 02.12.77 Drs 08/1288 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 4777* B Anlage 129 Motive für den durch die Vereinigten Deutschen Studentenschaften ausgerufenen „Streik" SchrAnfr B138 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Langguth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 4777* D Anlage 130 Anwendung der veränderten Berlin-Präferenzklausel in Abkommen für Kapitalhilfedarlehen aus Mitteln der Entwicklungshilfe SchrAnfr B139 02.12.77 Drs 08/1288 Dr. Hüsch CDU/CSU SchrAntw PStSekr Brück BMZ 4778* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4639 61. Sitzung Bonn, den 8. Dezember 1977 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Adams * 8. 12. Dr. van Aerssen * 8. 12. Dr. Ahrens ** 8. 12. Dr. Aigner * 8. 12. Alber * 8. 12. Amrehn 16. 12. Dr. Bangemann * 8. 12. Dr. Bayerl * 8. 12. Blumenfeld * 8. 12. Büchner (Speyer) ** 8. 12. Dr. Enders ** 8. 12. Dr. Evers ** 8. 12. Eymer 8. 12. Fellermaier * 8. 12. Flämig * 8. 12. Genscher 8. 12. Haase (Fürth) * 8. 12. Frau Hoffmann (Hoya) 8. 12. Hoffmann (Saarbrücken) * 8. 12. Dr. Holtz ** 8. 12. Dr. h. c. Kiesinger 8. 12. Dr. Klepsch * 8. 12. Klinker * 8. 12. Lange * 8. 12. Lemp * 8. 12. Mischnick 8. 12. Müller (Mülheim) * 8. 12. Müller (Wadern) * 8. 12. Nagel 8. 12. Pfeffermann 8. 12. Rapp (Göttingen) 8. 12. Dr. Rose 16. 12. Schäfer (Offenburg) 8. 12. Schmidt (München) * 8. 12. Schmidt (Wattenscheid) 8. 12. Schreiber * 8. 12. Schwabe * 8. 12. Dr. Schwarz-Schilling 8. 12. Dr. Schwörer * 8. 12. Seefeld * 8. 12. Sieglerschmidt * 8. 12. Dr. Starke (Franken) * 8. 12. Sybertz 16. 12. Dr. Todenhöfer 16. 12. Dr. Vohrer ** 8. 12. Frau Dr. Walz * 8. 12. Wawrzik * 8. 12. Zeyer * 8. 12. Zywietz * 8. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 8/ 1200 Frage A 59, 58. Sitzung, Seite 4461 B) : Die Vorratshaltung an Lebensmitteln (Zivile Verteidigungsreserve), die der Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung in einem Krisen-, Spannungs- oder Verteidigungsfall dient, stammt aus den sechziger Jahren. Für ihre Aufrechterhaltung sind Haushaltsmittel bis 1974 einschließlich bereitgestellt gewesen. In den Jahren von 1970 bis 1974 beliefen sich die Ansätze für Anlegung und Ersatzbeschaffung sowie Haltungskosten auf 1970 - 70,2 Mill. DM 1971 - 63,9 Mill. DM 1972 - 57,5 Mill. DM 1973 - 60,6 Mill. DM 1974 - 59,5 Mill. DM. Ab Haushaltsjahr 1975 wurden aus haushaltsmäßigen Gründen keine Mittel mehr für die Anlegung und Ersatzbeschaffung der Zivilen Verteidigungsreserve vorgesehen. Im Rahmen der Vorhaben der zivilen Verteidigung für die 8. Wahlperiode wird. sich das Bundeskabinett demnächst u. a. mit der Frage der Wiederauffüllung und Fortführung der Zivilen Verteidigungsreserve befassen. Neben der Zivilen Verteidigungsreserve wird als weitere nationale Sicherheitsreserve die Bundesreserve Getreide gehalten. Für diese beliefen sich die Kosten der Vorratshaltung in den Jahren - 1974 auf 39,6 Mill. DM - 1975 auf 37,6 Mill. DM - 1976 auf 36,9 Mill. DM. Der Haushaltsansatz für das Jahr 1977 beträgt 37,0 Mill. DM und im Haushaltsentwurf für das Jahr 1978 sind 55,6 Mill. DM für Kosten der Vorratshaltung der Bundesreserve Getreide vorgesehen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Spranger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A.12 und 13) : Trifft es zu, daß der Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Dr. Jochimsen, dem Bund demokratischer Wissenschaftler (BdWi) anläßlich eines Hamburger hochschulpolitischen Kongresses ein Grußtelegramm gesandt hat, und wenn ja, welchen Beitrag zur politischen Auseinandersetzung mit Kommunisten und solchen Personen, die durch politische Zusammenarbeit mit ihnen deren revolutionäre Ansätze fördern, sieht die Bundesregierung in dem Grußtelegramm? Darf aus dem Vorgang der Schluß gezogen werden, daß die Darstellung unter der Rubrik „Volksfront"-Politik im Verfassungsschutzbericht 1976, der BdWi sei eine kommunistisch beeinflußte Organisation, die Nichtkommunisten zum Kampf gegen 4726* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 „Restauration in Hochschulen" gewinnen wolle, nicht mehr aufrechterhalten wird? Zu Frage A 12: Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat die an ihn gerichtete Einladung des Bundes Demokratischer Wissenschaftler, an dem Hochschulpolitischen Kongreß des Verbandes am 25./26. November 1977 in Hamburg teilzunehmen, nicht angenommen. Der Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Professor Dr. Jochimsen, hat dem Bund Demokratischer Wissenschaftler mitgeteilt, daß er stattdessen bereit sei, mit Mitgliedern des Vorstandes über die Situation an den Hochschulen und die Aufgaben der Hochschulpolitik zu sprechen. Staatssekretär Professor Jochimsen wünschte dem Kongreß, daß er zu den anstehenden Sachfragen einen Beitrag leisten könne. Die Bundesregierung wird den hochschulpolitischen Dialog mit in der Hochschule vertretenen Organisationen führen, sofern sie an einem sachlichen Austausch von Meinungen und Argumenten interessiert sind. Sie hat keine Veranlassung, dem notwendigen Dialog mit den Hochschulangehörigen gerade dort auszuweichen, wo er unbequem sein könnte. Mit der Einladung von Staatssekretär Professor Jochimsen an den Bund Demokratischer Wissenschaftler befindet sich die Bundesregierung im übrigen in Übereinstimmung mit der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung und mit dem Bundestagsausschuß für Bildung und Wissenschaft, die beide den Verband zu ihren Anhörungen von Sachverständigen zum Thema Ausbildungsförderung und Hochschulfinanzierung eingeladen hatten. Zu Frage A 13: Nein. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage A 32) : Wie entwickelt sich der Mittelabfluß bei dem Wohnungsbauprogramm für die Landwirtschaft, kann die Bundesregierung insbesondere Presseveröffentlichungen bestätigen, daß eine geringe Nachfrage nach zinsverbilligten Darlehen zum Neu-, Um-und Ausbau von Wohngebäuden in landwirtschaftlichen Betrieben festzustellen ist, und auf welche Gründe führt die Bundesregierung bejahendenfalls diese Entwicklung zurück? Die landwirtschaftliche Wohnhausförderung ist Bestandteil der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes". Die Durchführung dieser Maßnahme obliegt daher ausschließlich den Ländern. Die Förderung erfolgt über Zuschüsse und Zinsverbilligung. Mit Zuschüssen werden gefördert: — arbeitswirtschaftliche Maßnahmen in Wohnhäusern von GAL-Landwirten — An-, Aus- und Umbau in landwirtschaftlichen Wohnhäusern von Haupterwerbslandwirten. Für beide Maßnahmen wird jeweils ein Zuschuß in Höhe von 23 °/o auf ein förderungsfähiges Investitionsvolumen von bis zu 15 000,— DM gewährt. Im Rahmenplan 1977 wurden für beide Maßnahmen zusammen 40,1 Mill. DM bereitgestellt; 1976 waren es 40,7 Mill. DM. Der Mittelabfluß verläuft zügig. Eine Zinsverbilligung für den Kauf, Neu-, Aus-und Umbau landwirtschaftlicher Wohnhäuser erhalten . entwicklungsfähige landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe für ein förderungsfähiges Investitionsvolumen bis zu 68 000,— DM. Die Bundesregierung hat bisher keine Informationen darüber, daß die Nachfrage nach zinsverbilligten Krediten im Jahre 1977 im Vergleich zu früheren Jahren geringer geworden ist. Da die Förderungsmaßnahmen von den Ländern durchgeführt werden, können erst über die Berichterstattung der Länder im Jahre 1978 genauere Auskünfte erteilt werden. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Nordlohne (CDU/ CSU) (Drucksachen 8/1288 Frage A 37): Welche schätzungsweisen Kosten und betrieblichen Schwierigkeiten sind der Bundesregierung bis heute bekannt geworden, die sich aus der Änderung der Datenverarbeitungsprogramme für die Lohn- und Gehaltskostenabrechnungen in den Betrieben der Bundesrepublik Deutschland dadurch ergeben haben, daß der jetzige Weihnachtsfreibetrag gem. § 19 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes von 400 DM zwar Iohn- und einkommensteuerfrei, nicht aber sozialabgabenfrei ist? Der Bundesregierung sind bisher Schwierigkeiten der von Ihnen genannten Art nicht mitgeteilt worden. Auch telefonische Rückfragen bei Firmen mit größeren EDV-Anlagen brachten kein anderes Ergebnis. Inwieweit sich bei Firmen, die sich mittlerer Datentechnik bedienen, Schwierigkeiten ergeben haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn Sie die Änderung von Datenverarbeitungsprogrammen ansprechen, so möchte ich Sie darauf hinweisen, daß sich diese aus der Änderung des Einkommensteuerrechts ergeben. In der Berechnung der Beiträge für die Sozialversicherung ist im Vergleich zu den Vorjahren keine Änderung eingetreten. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen A 38 und 39) : Welche der im letzten Bericht der Bundesregierung über die Integration in der EG (Drucksache 8/1045) angekündigten Initiativen zur Förderung der Kohleverstromung in der Gemeinschaft hat die Bundesregierung bisher ergriffen, und welche Entscheidungen sind hier in absehbarer Zeit zu erwarten? Wie will die Bundesregierung dem im Zweiten Bericht über die Verwirklichung der Ziele der gemeinschaftlichen Energiepolitik für 1985 (Drucksache 8/845) prognostizierten Rückgang der gemeinschaftlichen Steinkohlenproduktion entgegenwirken, Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4727* und wie kann_ insbesondere der Export von Kohle der Förderländer der Gemeinschaft in die anderen EG-Länder erhöht werden? Zu Frage A 38: Die Bundesregierung hat in den zuständigen EG-Gremien der Gemeinschaft immer wieder wirksame gemeinschaftliche Maßnahmen gefordert, die einen effizienten Anreiz zum Einsatz von Gemeinschaftskohle und damit auch von Kraftwerkskohle bieten. Der von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vorgelegte Vorschlag sieht bisher lediglich Investitionshilfen für den Bau von Kohlekraftwerken vor, wobei der Einsatz von Kohle jeglicher Provenienz, also auch von Drittlandskohle begünstigt werden soll. Die Bundesregierung kann in Übereinstimmung mit dem Beschluß des Bundestages vom 16. Juni 1977 diesem Vorschlag nicht zustimmen, weil die preisgünstige Drittlandskohle keiner finanziellen Förderung bedarf und die vorgesehene Hilfe als Anreiz für den Einsatz von Gemeinschaftskohle unzureichend ist. Zu Frage A 39: Die Prognose der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist eine Zusammenfassung neuerer nationaler Schätzungen der erforderlichen Produktion für die Jahre bis 1985. In dem Bericht der Kommission werden die Gründe für die Rücknahme der Produktionszahlen zwar nicht näher analysiert; es müssen aber folgende Faktoren in Betracht gezogen werden: Minderung der Gesamtenergienachfrage, geringere Absatzchancen der Kohle im Stahlbereich, Abbau der hohen Haldenbestände auf ein normales Niveau. In diesem Zusammenhang muß auch berücksichtigt werden, daß in den letzten Jahren die Einfuhr von Drittlandskohle stetig angestiegen und der innergemeinschaftliche Austausch von Kohle zurückgegangen ist. Durch diese Entwicklung wird das in den Ratsentschließungen vom 17. Dezember 1974 und vom 13. Februar 1975 gesetzte Ziel gefährdet, die Steinkohlenförderung von 250 Millionen t SKE zur Verringerung der Abhängigkeit von Mineralöleinfuhren bis 1985 aufrechtzuerhalten. Es ist daher dringend erforderlich, daß der Gemeinschaftskohle durch geeignete flankierende Maßnahmen ein stabiler Absatz auf der Basis langfristiger Verträge gesichert wird. Neben den in der Beantwortung der Frage 1 genannten Initiativen zur Verstärkung des innergemeinschaftlichen Austausches im Bereich der Kraftwerkskohle wird die Bundesregierung daher zu gegebener Zeit Vorschläge zur Verbesserung und Verlängerung der bis 1981 geltenden Kokskohlebeihilferegelung machen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Martiny-Glotz (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen A 40 und 41): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß sich das Konditionenkartell der MPEA-Mitgliedsunternehmen zugunsten der Marktstellung amerikanischer Filmverleihunternehmen und zu Lasten der deutschen Filmverleiher ausgewirkt hat, und welche Schritte gedenkt die Bundesregierung dagegen gegebenenfalls zu tun? Hält die Bundesregierung eine staatliche Hilfe für deutsche Filmverleiher für erforderlich, oder wird eine Novellierung des Filmförderungsgesetzes auch diesem Problem Rechnung tragen? Zu Frage A 40: Der im April 1975 erfolgten Anmeldung des Konditionenkartells der MPEA-Mitgliedsunternehmen hat das Bundeskartellamt nicht widersprochen. Das Kartell war zuzulassen, da die Prüfung durch die Kartellbehörde ergeben hat, daß die vorgelegten Verträge den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Freistellung vom Kartellverbot entsprechen. Konditionenkartelle sind nämlich dann vom Kartellverbot ausgenommen, wenn sie nur die einheitliche Anwendung allgemeiner Geschäfts-, Liefe-rungs- und Zahlungsbedingungen einschließlich der Skonti zum Gegenstand haben und soweit die Regelungen sich nicht auf Preise oder Preisbestandteile beziehen. Wettbewerblich bedenkliche Auswirkungen waren im Rahmen des damaligen Anmeldeverfahrens vor der tatsächlichen Praktizierung des Kartells nicht erkennbar. Im November 1977 ist das Bundeskartellamt in die Prüfung eingetreten, ob das Kartell die durch Freistellung vom Kartellverbot erlangte Marktstellung mißbräuchlich ausnutzt. Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt diese Prüfung noch nicht beendet ist, kann noch nicht abschließend beurteilt werden, ob sich die Marktstellung der MPEA-Mitgliedsunternehmen zugunsten der amerikanischen und zum Nachteil der deutschen Filmverleiher ausgewirkt hat. Sollte die Prüfung der tatsächlichen Auswirkungen einen Mißbrauch der Freistellung vom Kartellverbot bestätigen, kann das Bundeskartellamt entweder den beteiligten Unternehmen aufgeben, den beanstandeten Mißbrauch abzustellen, bzw. die Verträge entsprechend zu ändern oder die Verträge für unwirksam erklären. Zu Frage A 41: Die Filmförderungsanstalt fördert bereits aufgrund der am 3. März 1974 in Kraft getretenen 2. Novelle zum Filmförderungsgesetz im Rahmen der Projektförderung den Absatz deutscher programmfüllender Qualitätsfilme. (1974 bis 1976 sind insgesamt für diese Förderung von der Filmförderungsanstalt ca. 560 000 DM aufgewendet worden; der Haushaltsansatz für 1977 weist hierfür 800 000 DM aus.) Der Bundesminister des Innern vergibt im Rahmen der kulturellen Filmförderung seit 1. Januar 1977 Verleihprämien für künstlerisch anspruchsvolle deutsche programmfüllende Filme. (1977 sind in Höhe von insgesamt 250 000 DM Verleihprämien zuerkannt worden.) Die wirtschaftliche und kulturelle Förderung des Absatzes zielen primär auf die Verbesserung der Abspielchancen der jeweils förderungswürdigen 4728* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Filme. Die Bundesregierung bedenkt jedoch auch die günstigen Auswirkungen auf die Verleih- und Vertriebsunternehmen, die qualitätvolle oder künstlerisch wertvolle deutsche Filme absetzen. Die Bundesregierung ist sich der Tatsache bewußt, daß der qualitätvolle deutsche Film auch auf dem Binnenmarkt einem starken Wettbewerb ausgesetzt ist, der von einigen ausländischen Filmwirtschaften ausgeht. Ihr sind die sich zuspitzenden Schwierigkeiten bekannt, denen gerade die Verleihunternehmen ausgesetzt sind, die sich diesem Film in besonderem Maße widmen. Es ist daher beabsichtigt, die Absatzförderung in der bevorstehenden Novelle zum Filmförderungsgesetz erheblich zu verstärken. Dabei ist außer einer produktbezogenen Absatzförderung an die Förderung der Kooperation und der Innovation im Bereich des deutschen Verleihs gedacht. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Susset (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 44 und 45) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die für die Aktion „Weihnachtsbutter" von der Gemeinschaft zur Verfügung gestellte Menge an Kühlhausbutter bereits kurze Zeit nach Verkaufseröffnung vergriffen war und der Lebensmittelhandel die Käuferschaft um Verständnis dafür bitten mußte, daß nicht jeder Konsument eine beliebige Menge verbilligte „Weihnachtsbutter" kaufen könnte, da die Brüsseler Kommission eine zu geringe Menge zu verbilligten Preisen freigegeben habe, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Trifft es nach dem Wissensstand der Bundesregierung zu, daß — wie von EG-Agrarkommissar Gundelach in der Öffentlichkeit bekundet — bestimmte Partien der aus EG-Ländern im Rahmen der EG-Butter-Verkaufsaktion an die UdSSR zu Vorzugspreisen verkauften Butter auf dem italienischen Markt aufgetaucht und dort zu sehr niedrigen Preisen angeboten worden sind, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Zu Frage A 44: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die bislang angebotene Weihnachtsbuttermenge insgesamt nicht ausgereicht hat, um die lebhafte Nachfrage auf dem deutschen Markt zu befriedigen, und daß der Einzelhandel deshalb in vielen Fällen den Verkauf pro Person beschränkt hat. Die Bundesregierung fühlt sich dadurch um so mehr in der Richtigkeit ihrer Auffassung bestätigt, daß eine Molkereibutterverbilligung als Dauermaßnahme derartigen zeitlich und mengenmäßig begrenzten Aktionen unbedingt vorzuziehen ist. Sie wird weiterhin um die Durchsetzung ihrer Auffassung in Brüssel bemüht bleiben. Zu Frage A 45: Die Bundesregierung hat zur Zeit noch keine weitergehenden Informationen als die von EG-Kommissar Gundelach bekundeten. Sie geht davon aus, daß die Kommission die erforderlichen Maßnahmen ergreifen wird, um ggf. aufgetretene Verstöße gegen die Bestimmungen der Marktorganisation zu ahnden und eine Wiederholung zu verhindern. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung immer für eine Agrarpolitik eingetreten ist, die Überschußproduktionen reduziert und bei dennoch unvermeidlichen Überschüssen alle gebotenen Möglichkeiten ausschöpft, sie verstärkt den Verbrauchern in der Gemeinschaft zugute kommen zu lassen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage A 46) : Wer trägt die Schuld daran, daß bei der Aktion „Billige Weihnachtsbutter (Molkereibutter)" der Butterberg nicht abgebaut und dem Verbraucher ein stärkerer Butterverbrauch nicht schmackhaft gemacht werden konnte, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung im Interesse des Abbaus des Butterbergs und eines verstärkten Butterkonsums der heimischen Bevölkerung unter Berücksichtigung der vielfach kritisierten verbilligten Butterexporte in die Sowjetunion daraus? Inwieweit durch die Weihnachtsbutteraktion der Produktionsüberhang abgebaut und der Butterverbrauch stimuliert wird, läßt sich heute noch nicht beurteilen. Dazu wird es einer genaueren Analyse nach Ablauf der Aktion bedürfen. Immerhin läßt sich bereits feststellen. daß der Verbraucher auf die nachhaltige Verbilligung um 50 bis 60 Pf je 1/2 Pfund mit spontaner Nachfrage reagiert hat und somit doch ein gewisser stärkerer Butterverbrauch erwartet werden kann. Im übrigen wird die Bundesregierung ihre bisherigen Bemühungen um eine kontinuierliche Verbilligung einer zweiten Buttersorte verstärkt fortsetzen. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 47 und 48) : Teilt die Bundesregierung die in der Fachpresse wiedergegebenen Vorschläge des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, in dem für eine restriktive Agrarpreispolitik, für den Abbau des Grenzausgleichs, für ein Aussetzen der einzelbetrieblichen Investitionsförderung und gegen ein Agrarkreditprogramm plädiert wird? Wie beurteilt die Bundesregierung den Wert und die Aussagefähigkeit des wissenschaftlichen Gutachtens für die gegenwärtige Agrarpolitik? Zu Frage A 47: Die Bundesregierung wird auch in Zukunft unter Berücksichtigung der Lage auf den Agrarmärkten und der Kostensituation für eine Agrarpreispolitik eintreten, die es leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieben ermöglicht, im Wettbewerb zu bestehen. Solange in der Europäischen Gemeinschaft Währungsveränderungen nicht ausgeschlossen werden können, wird die Bundesregierung am System des Grenzausgleichs festhalten. Sie ist entsprechend Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4729* der unterschiedlichen Kostenentwicklung in den Mitgliedstaaten — wie bisher — bereit, pragmatische Anpassungsschritte vorzunehmen. Die einzelbetriebliche Förderung hat ein großes Verdienst an der strukturellen Gesundung und Fortentwicklung der deutschen Landwirtschaft. Wie von der Bundesregierung in Beantwortung der Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU vom 10. 8. 1977 ausgeführt, wird sie auch in Zukunft das Konzept der einzelbetrieblichen Investitionsförderung weiterentwickeln. Zu Frage A 48: Die vorwiegend aus marktpolitischer Sicht gegebenen Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats gehen mehr auf grundsätzliche Erwägungen als auf die z. Z. drängenden Detailfragen der einzelbetrieblichen Investitionsförderung und anderer aktueller agrarpolitischer Probleme ein. Aus diesem Grunde enthält das vorliegende Gutachten zur Anpassung der Agrarpolitik an die veränderten Rahmenbedingungen nur begrenzt operationale Vorschläge. Der Wert des Gutachtens liegt in erster Linie darin, daß es auf die möglichen Nebenwirkungen der einzelbetrieblichen Investitionsförderung im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Marktsituation aufmerksam macht. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Simpfendörfer (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage A 49) : Wie beurteilt die Bundesregierung das Fünfjahresprogramm der italienischen Regierung in Höhe von 23 Milliarden DM zur Ankurbelung der italienischen Agrarproduktion in seiner Auswirkung auf den deutschen Agrarexport und den Selbstversorgungsgrad der EG, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, in bilateralen Gesprächen mit der italienischen Regierung und im Rahmen von Gesprächen im Ministerrat auf alternative Möglichkeiten zur Entlastung der italienischen Zahlungsbilanz hinzuwirken? Die Bundesregierung geht nicht davon aus, daß das 5-Jahresprogramm der italienischen Regierung die Entwicklung des deutschen Agrarexports nach Italien insgesamt merklich beeinflussen wird. Wohl aber ist nicht auszuschließen, daß die zwischen 1970 und 1976 kräftigen nominalen Steigerungsraten des wertmäßigen Exports von Agrargütern aus der Bundesrepublik Deutschland nach Italien künftig nicht mehr erreicht werden. Die Bundesregierung sieht auch keine grundsätzlich nachteilige Wirkung des italienischen Agrarprogramms auf die Agrarmärkte der EG. Produktionssteigerungen sind für solche Erzeugnisse beabsichtigt, deren Märkte, wie z. B. für Schweine- und Geflügelfleisch, ausgeglichen sind und sich ohne Belastung des EG-Haushalts selbst regulieren oder, wie z. B. für Futtergetreide, ein Versorgungsdefizit aufweisen. Demgegenüber setzt das italienische Programm aufgrund ungünstiger Produktionsbedingungen keine Schwerpunkte bei Milch und Rindfleisch, also den wichtigsten Bereichen des deutschen Agrarexports nach Italien. Aus den genannten Erwägungen heraus hat die Bundesregierung keinen Anlaß, Italien eine Alternative zum Agrarprogramm mit ähnlicher Wirkung auf die Handelsbilanz vorzuschlagen. Die Bundesregierung ist sehr daran interessiert, daß Italiens Zahlungsbilanz stabil ist. Aus diesem Grunde begrüßt sie Maßnahmen der italienischen Regierung, die zur Gesundung der Außenhandelsbilanz und damit auch der wirtschaftlichen Situation Italiens beitragen. Nur so kann verhindert werden, daß unsere Exporte nach Italien mangels Kaufkraft zurückgehen oder Maßnahmen wie Bardepotpflicht und Devisensteuer ergriffen werden. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Glos (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 50 und 51) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die im Rahmen der Aktion Weihnachtsbutter verteilte Menge an verbilligter Butter viel zu gering bemessen war, und ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß die bisherigen Butterkontingente nachträglich erhöht werden? Treffen Pressemeldungen über die Aktion Weihnachtsbutter zu, denenzufolge die Lebensmittelhändler auf dem flachen Land und in einigen kleineren Städten von der Butterverteilung ganz oder weitgehend ausgeschlossen wurden, und was gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls gegen diese gravierende Benachteiligung weiter Gebiete unseres Landes zu tun? Zu Frage A 50: Das Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage, wie es bei der Weihnachtsbutteraktion festzustellen war, hätte sich vermeiden lassen, wenn die EG-Kommission und die übrigen Partnerländer den Vorschlägen der Bundesregierung gefolgt wären, eine verbilligte zweite Buttersorte als Dauermaßnahme einzuführen. Die Bundesregierung wird diese nach ihrer Auffassung zweckmäßigere Maßnahme auch weiterhin durchzusetzen suchen. Die Bundesregierung hat bereits bei der Kommission beantragt, die der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Aktion zugeteilte Buttermenge beträchtlich zu erhöhen. Die Kommission hat Prüfung zugesagt und erklärt, daß ihre Entscheidung von der Verfügbarkeit entsprechender finanzieller Mittel abhängt. Zu Frage A 51: Es trifft nicht zu, daß Lebensmitteleinzelhändler auf dem flachen Lande und in einigen kleineren Städten von der Weihnachtsbutteraktion ganz oder weitgehend ausgeschlossen sind. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß in der Anlaufphase infolge der übergroßen Nachfrage Einzelfälle unzulänglicher Verteilung aufgetreten sind, die zu der genannten Einschätzung durch die Presse geführt haben. Das Bundesernährungsministerium und die Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung haben von Anfang an durch engen Kontakt zu den 4730* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 mit der Verteilung befaßten Wirtschaftskreisen auf eine zügige Klärung aller bekannt gewordenen Fälle unzulänglicher Verteilung von Weihnachtsbutter hingewirkt. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Nordlohne (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage A 52) : Ist die Bundesregierung bereit, im Interesse der Nichtzerstörung des Nordstrands der Insel Wangerooge und der hierdurch erhaltenen Existenzsicherung der Insel abweichend von der Einhaltung der generellen Richtlinien bzw. Weisungen zur Errichtung von Schrägdeckwerken auf die beabsichtigte Errichtung eines solchen Schrägdeckwerks im Norden der Insel zu verzichten und in Zusammenarbeit mit dem Land Niedersachsen nach einer Lösung zu suchen (z. B. Verstärkung der vorhandenen Uferschutzmauer), die den Interessen der Inselgemeinde Wangerooge, ihrer Bewohner und insbesondere der hohen Zahl der jährlichen Kurgäste gerecht wird? Die Bundesregierung ist grundsätzlich bereit, zur Erhaltung des Bestandes der Insel Wangerooge die technisch und wirtschaftlich zweckmäßigsten Maßnahmen unter weitgehender Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten durchzuführen. Der Bundesminister für Verkehr hat die zuständige Wasser-und Schiffahrtsdirektion Nordwest angewiesen, die technisch und wirtschaftlich zweckmäßigste Lösung mit den Beteiligten zu finden. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage A 53): Hält es die Bundesregierung für vertretbar bzw. für notwendig, angesichts von erheblichen Überschüssen auf dem Milchsektor innerhalb der EG Vollmilchpulver bzw. Rohmassen, die Vollmilchpulver enthalten, in der Größenordnung von 7 Millionen DM (1976) aus der DDR einzuführen, und wenn ja, sind solche Einfuhren 1977 getätigt worden bzw. für 1978 vorgesehen und gegebenenfalls in welcher Höhe? Die Bundesregierung hält es angesichts der erheblichen Überschüsse auf dem Milchsektor innerhalb der EG für nicht vertretbar, Vollmilchpulver aus der DDR zu beziehen. Hierfür wurden bisher auch keine Bezugsmöglichkeiten eröffnet. Es ist andererseits zutreffend, daß die Bundesregierung den traditionellen Bezug von Rohmassen, die Vollmilchpulver enthalten, zur Süßwasserherstellung auch für 1977 und 1978 weiterhin zugelassen hat. Diese Ware wird seit Jahren kontinuierlich aus der DDR bezogen. Die Bezüge von Rohmassen sind jedoch im Laufe der Jahre zurückgegangen, und zwar von 5 500 t in 1969 auf voraussichtlich 3 300 t in 1977. Im Gegensatz hierzu ist z. B. die Lieferung von Käse aus der Bundesrepublik Deutschland in die DDR mengenmäßig erheblich angestiegen, so daß auch aus dieser Sicht der Bezug der erwähnten Rohmassen vertretbar bleibt. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 54 und 55) : Trifft es zu, daß ein Arbeitsloser bei einer Stellenvermittlung durch die Vermittlungsdienste der Bundesanstalt für Arbeit das Arbeitsplatzangebot ohne rechtliche Konsequenzen ablehnen kann, wenn das zuständige Arbeitsamt dem betreffenden Arbeitslosen keine Angaben über die genaue Uhrzeit und Dauer der Arbeitspausen für die zu vermittelnde Arbeit angibt, und kann der Arbeitslose bei Ablehnung dieses Angebots ohne die betreffenden Angaben weiterhin Arbeitslosengeld bzw. Arbeitlosenhilfe beziehen, und wenn ja, beabsichtigt die Bundesregierung eine Änderung dieser Rechtslage herbeizuführen? Ist die Bundesregierung bereit, dafür Sorge zu tragen, daß in den Landkreisen, die in den letzten Jahren eine kommunale Neugliederung erfahren haben und verschiedenen Arbeitsamtsbezirken angehören, alle Arbeitslosen des jeweiligen Landkreises allen Arbeitsämtern bzw. Arbeitsamtsnebenstellen gemeldet werden, auch dann, wenn der betreffende Landkreis zwei oder mehreren Arbeitsamtsbezirken zugeordnet ist? Zu Frage A 54: Lehnt ein Arbeitloser trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ein vom Arbeitsamt unterbreitetes Arbeitsangebot nur deshalb ab, weil der Arbeitsvermittler keine Angaben über die Arbeitspausen machen kann, so wird das Arbeitslosengeld bzw. die Arbeitslosenhilfe für in der Regel vier Wochen gesperrt. Das Arbeitsangebot braucht grundsätzlich keine Angaben über Arbeitspausen zu enthalten, da es lediglich die wesentlichen Arbeitsbedingungen beschreiben muß. Erfüllt das Arbeitsangebot diese Voraussetzungen, so muß von dem Arbeitslosen erwartet werden, daß er sich mit dem Arbeitgeber in Verbindung setzt und mit ihm die noch offenstehenden Fragen erörtert. Zu Frage A 55: Die bundeseinheitliche Organisation der Arbeitsverwaltung gewährleistet den Ausgleich von Vermittlungsgesuchen zwischen den Arbeitsämtern. Auch zwischen Arbeitsämtern und Nebenstellen desselben Landkreises werden alle für einen Ausgleich in Betracht kommenden Vermittlungsgesuche dem anderen Arbeitsamt gemeldet. Eine schematische Meldung aller Arbeitsuchenden, auch wenn sie für den Ausgleich aus objektiven oder subjektiven Gründen nicht in Betracht kommen, wäre nur unnötige Verwaltungsarbeit. Bei einer stärkeren wirtschaftlichen Verflechtung der Regionen innerhalb eines neu abgegrenzten Landkreises ist davon auszugehen, daß sich die Zahl der ausgleichsfähigen Vermittlungsgesuche laufend erhöht. Arbeitsämter desselben Landkreises werden also- in zunehmendem Umfang Vermittlungsgesuche gegenseitig mitführen. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Urbaniak (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen A 56 und 57): Deutscher Bundestag 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1073 4731* Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob es bei dem arbeitsmarktpolitischen Programm der Bundesregierung vom 25. Mai 1977 zu Verzögerungen bei der Durchführung gekommen ist? Wenn ja, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, einen zügigen Ablauf des Programms zu gewährleisten? Die arbeitsmarktpolitischen Beschlüsse der Bundesregierung vom 25. Mai 1977 zielen auf eine Reihe von Aktivitäten, die bis auf die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für soziale Dienste ohne Verzögerung angelaufen, zum Teil sogar bereits abgeschlossen sind. Ich nenne hier das Vierte Änderungsgesetz des Arbeitsförderungsgesetzes und die Genehmigung des Haushalts der Bundesanstalt für Arbeit mit einer beachtlichen Planstellenmehrung. Während die übrigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen des Programms, auch soweit sie arbeitslose Angestellte erfassen, reibungslos angelaufen sind und durchgeführt werden, sind im Bereich der sozialen Dienste Verzögerungen entstanden. Die potentiellen Träger wollen in erster Linie Arbeitslose beschäftigen, die in sozialen Diensten ausgebildet oder zumindest angelernt sind. Dabei befürchten sie aber, die nach Ausschöpfung der ABM-Mittel erwarteten Folgekosten nicht tragen zu können. Manchmal fehlt es auch an den nötigen Vorstellungen über die Möglichkeiten, die im Bereich der sozialen Dienste für die Beschäftigung von Arbeitslosen bestehen. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat deshalb — und damit komme ich zu Ihrer zweiten Frage — die Bundesanstalt für Arbeit gebeten, in diesen Fällen die Förderung durch ABM-Mittel auf die höchstzulässige Zeit von 2 Jahren dann zu erstrecken, wenn angenommen werden kann, daß dadurch der Übergang in eine Dauerbeschäftigung ermöglicht wird. Im übrigen wird den Arbeitsämtern im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen freie Hand gelassen, um den örtlichen Gegebenheiten entsprechen zu können (z. B. keine bestimmte Quote für Teilzeitkräfte, kein Endtermin). Modellmaßnahmen, wie sie z. B. in Berlin und Bremen vorbereitet werden, lassen hoffen, daß auch im übrigen Bundesgebiet nunmehr in größerem Umfang von der gegebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, den bestehenden Bedarf an Dienstleistungen im sozialen Bereich mit Hilfe der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wenigstens teilweise zu decken. Die Zeit von zwei Jahren müßte ausreichen, um die für die sozialen Dienste zuständigen Entscheidungsgremien — zu denen weder der Bund noch die Bundesanstalt für Arbeit gehören — in die Lage zu versetzen, die haushaltsmäßigen Voraussetzungen für die Weiterbeschäftigung wenigstens eines Teils der eingestellten und inzwischen bewährten Arbeitslosen zu schaffen. Erste Anzeichen sprechen dafür, daß nunmehr die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für soziale Dienste zügiger als bisher eingeleitet werden können. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kraus (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 58 und 59) : Trifft es zu, daß — nach Angaben des Verbands der Rentenversicherungsträger vom August 1977 — nur mehr 22,3 v. H. des Rücklagevermögens der sozialen Rentenversicherung kurzfristig liquidisierbar sind, während die verbleibenden 77,7 v. H. als sogenannter „starrer Block" langfristig gebunden sind, und wird die Bundesregierung bei fortschreitendem Abschmelzprozeß des Rücklagevermögens in Kauf nehmen, daß bei vorfristiger Liquidisierung dieses festen Stocks Verluste eintreten, beispielsweise durch infolge vermehrten Wertpapierangebots an den Börsen fallenden Kurs? Trifft es zu, daß ein Großteil des „starren Blocks" des Rücklagevermögens der Rentenversicherungsträger in Form langfristiger Wohnungsbaudarlehen angelegt ist, und wird die Bundesregierung bei der weiteren Auflösung der Rücklagen es in Kauf nehmen, daß bei einer evtl. erforderlich werdenden vorfristigen Kündigung dieser Darlehnsverträge Rückwirkungen auf den Wohnungsmarkt entstehen, beispielsweise in Gestalt erhöhten Preisgefüges als Folge der erzwungenen anderweitigen Ersatzaufnahme teurer Finanzmittel? Der Anteil der Wohnungsbaudarlehen, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden sowie der Grundstücke an der Rücklage betrug Ende September 1977 rd. 20 v. H., das sind 5,3 Mrd. DM der Rücklage. Nur dieser Anteil von 20 v. H. kann als schwer veräußerbar angesehen werden. Demgegenüber sind z. B. Schuldverschreibungen jederzeit am Kapitalmarkt liquidisierbar. Ob bei einer Veräußerung dieser Vermögensanlagen Verluste eintreten, hängt von der Verzinsung der Schuldverschreibung, ihrer Laufzeit, ihrem Buchwert und der jeweiligen Kapitalmarktlage ab. Die bisherigen Veräußerungen von Schuldverschreibungen durch die Rentenversicherungsträger, die in enger Abstimmung mit dem Bundesarbeitsminister, dem Bundesfinanzminister und der Deutschen Bundesbank vorgenommen wurden, haben durchschnittliche Gewinne von rd. 5 v. H. gegenüber dem Buchwert erbracht. Die Liquidität in der Rentenversicherung ist nach übereinstimmender Auffassung auch der Rentenversicherungsträger für das Jahr 1978 gesichert. Die weitere Liquiditätsentwicklung hängt entscheidend von der weiteren Finanzentwicklung ab. Hierüber sind zuverlässig Aussagen erst nach Vorliegen der abgestimmten Annahmen des Jahreswirtschaftsberichts möglich. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken: Der Umfang der in Wohnungsbaudarlehen und Hypotheken angelegten Vermögen liegt unter einer Monatsausgabe. Auch bei einer Inanspruchnahme der Rücklage, die die Annahmen des Rentenanpassungsberichts 1977 unterschreiten würde, wird eine vorzeitige Auflösung oder anderweitige Liquidierung dieser Darlehen in den nächsten beiden Jahren voraussichtlich nicht erforderlich werden. Die von Ihnen angesprochenen Auswirkungen sind daher nicht zu erwarten. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Cronenberg (FDP) (Drucksache 8/1288 Fragen A 61 und 62): Welche Ergebnisse haben die Untersuchungen gebracht, die nach Mitteilung der Bundesregierung vom April 1977 zur Vorbe- 4732* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 reiturig von Modellversuchen mit Wahltarifen in der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt wurden? Welche Ergebnisse liegen — falls diese Untersuchungen der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen sind —, zwischenzeitlich vor, und zu welchem Zeitpunkt ist mit endgültigen Ergebnissen zu rechnen? Die Vorarbeiten für die von Ihnen genannten Untersuchungen sind — wie ich Ihnen bereits in meiner Antwort am 20. April 1977 angekündigt habe — nach Verabschiedung des KrankenversicherungsKostendämpfungsgesetzes aufgenommen worden. Bei diesen Vorarbeiten ging es bisher um die rechtlichen Voraussetzungen und die versicherungsmathematische Schlüssigkeit vorliegender Wahltarifvorschläge. Weiterhin werden die Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Modellversuche und die Möglichkeiten wissenschaftlicher Untersuchungen anhand vorhandener, bisher nicht ausgewerteter Erfahrungen geprüft. Insbesondere die Abklärung der an einen wissenschaftlichen Modellversuch zu stellenden Anforderungen und Voraussetzungen erweisen sich als schwierig. Angesichts des Standes der Vorarbeiten gehe ich davon aus, daß diese in der ersten Hälfte des Jahres 1978 abgeschlossen sind. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage A 63) : Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, wie hoch die Zahl der ständig in Wechselschicht beschäftigten Arbeitnehmer, insbesondere in der Nachtarbeit, gemessen an der Gesamtzahl aller Beschäftigten ist, und welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor, wie sich dies auf die Gesundheit und Lebenserwartung dieser Arbeitnehmer auswirkt? Zahlen der in Wechselschicht beschäftigten Arbeitnehmer, soweit diese auch Nachtarbeit leisten, liegen mir aus der Zusatzbefragung zum Mikrozensus 1972 vor. Danach betrug die Zahl der Arbeitnehmer, die zugleich Schicht- und Nachtarbeit leisten, im Jahre 1972 über 1,9 Millionen. Gemessen an der Gesamtzahl der abhängig Beschäftigten von knapp 22,5 Millionen im Jahr 1972 entspricht dies einem Vomhundertsatz von rd. 8,5 °/o. Über die Auswirkung der Nacht- und Schichtarbeit auf die Gesundheit und Lebenserwartung der betroffenen Arbeitnehmer liegen der Bundesregierung zur Zeit nur Einzeluntersuchungen vor. Aus ihnen ist jedoch zu entnehmen, daß die vollkontinuierliche Schichtarbeit als besonders belastend empfunden wird. Der gesundheitliche Risikofaktor liegt nach diesen Untersuchungen darin, daß die Nachtschicht phasenverschoben zur menschlichen Tagesrhythmik durchgeführt werden muß. Das kann zu Schlafstörungen, Magen-Darmstörungen u. ä. führen. Um gesicherte Erkenntnisse über die Auswirkung der Schicht- und Nachtarbeit zu gewinnen, hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung beauftragt, ein Forschungsprogramm mit dem Thema „Belastungen durch Nacht- und Schichtarbeit" durchzuführen. Die ersten Ergebnisse werden voraussichtlich 1979 vorliegen. Auf entsprechende Forschungstätigkeiten, die im Bereich des Bundesministeriums für Forschung und Technologie erfolgen, möchte ich ebenfalls hinweisen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Stutzer (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 64 und 65) : Wie viele der in der amtlichen Statistik als arbeitslos Erfaßte haben sich bei den Arbeitsämtern gemeldet, obwohl sie nicht von sich aus die Vermittlung einer Dauerbeschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts anstreben, unterteilt nach Hausfrauen, bei denen die Erwerbslosigkeit als Ausfallzeit in der Rentenversicherung anerkannt wird, Jugendlilien, für die ohne Meldung kein Kindergeld gezahlt wird bzw. Schülern und Studenten, die weiterführende Schulen besuchen oder ein Studium aufnehmen wollen? In wieviel Fällen handelt es sich bei den in der amtlichen Statistik als arbeitslos Erfaßten, die sich bei den Arbeitsämtern gemeldet haben, obwohl sie nicht von sich aus die Vermittlung einer Dauerbeschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts anstreben, um Rentenempfänger, deren Meldung auf Veranlassung eines Versorgungsamts erfolgte, Sozialhilfeempfänger, deren Meldung auf Veranlassung eines Sozialamts erfolgte, Personen, die bei Ehegatten, Eltern oder Kindern beschäftigt waren und dort auch wieder die Arbeit aufnehmen werden und sonstige Personen? Als Arbeitsloser wird von den Arbeitsämtern nur geführt und ausgewiesen, wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Dazu zählt u. a., daß der Betreffende sich persönlich als arbeitslos im Arbeitsamt meldet, eine Tätigkeit als Arbeitnehmer von mehr als drei Monaten sucht und bereit und in der Lage ist, eine zumutbare Arbeit sofort aufzunehmen. Mit der Meldung beim Arbeitsamt bekundet der Arbeitslose grundsätzlich seine Bereitschaft, für eine Vermittlung zur Verfügung zu stehen. Es ist sicherlich nicht mehr immer auszuschließen, daß einzelne Personen sich arbeitslos melden, weil sie sich damit in erster Linie Ansprüche auf Ausfallzeiten in der Rentenversicherung oder auf Kindergeld sichern wollen. Diese Personen können aber statistisch nicht erfaßt werden. Ich wende mich auch dagegen, für bestimmte Gruppen von Arbeitslosen die Arbeitsbereitschaft generell in Zweifel zu ziehen. Das gilt sowohl für die arbeitslosen verheirateten Frauen als auch für die arbeitslosen Jugendlichen, die einen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes haben. Schüler und Studenten, die eine Schule besuchen, können im allgemeinen der Arbeitsvermittlung nicht für eine Vermittlung in eine Beschäftigung von mehr als 3 Monaten zur Verfügung stehen. Sie werden deshalb ggf. als Arbeitssuchende, nicht aber als Arbeitslose gezählt. Über Renten- und Sozialhilfeempfänger, die sich nur auf Veranlassung eines Versorgungs- oder Sozialamtes beim Arbeitsamt arbeitslos melden, ohne von sich aus eine Beschäftigung ernsthaft anzustreben, sind keine Angaben möglich. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4733* Arbeitslose, die eine Tätigkeit nur in einem bestimmten Betrieb suchen, werden nicht als Arbeitslose gezählt. In der Arbeitslosenstatistik sind deshalb auch keine Personen enthalten, die nur bei Angehörigen gearbeitet haben und auch nur dort wieder arbeiten wollen. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Frage A 66) : Wie stellt sich die Bundesregierung zu einem gesetzlichen Verbot von Kündigungen bei Rationalisierung, wie es die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung fordert? Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen hat auf Rückfrage zu der Frage eine Erklärung abgegeben. Nach dieser Erklärung tritt die Gewerkschaft HBV entgegen Ihrer Frage nicht für ein gesetzliches Verbot von Kündigungen bei Rationalisierungen ein. Damit erübrigt sich auch eine Stellungnahme der Bundesregierung. Die Erklärung der HBV stimmt im wesentlichen mit der Ansicht der Bundesregierung überein, insbesondere darin, daß die Regelung von Rationalisierungsfolgen vorrangig Aufgabe der Tarifvertragsparteien ist. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 67 und 68) : Welche und gegebenenfalls wieviel Mißbrauchtatbestände betreffend Leistungen und Hilfen der Bundesanstalt für Arbeit sind der Bundesregierung in den Jahren 1973 bis 1976 bekanntgeworden, und wieviel dieser Mißbrauchtatbestände sind in der angegebenen Zeit strafrechtlich behandelt worden? Hat die Bundesregierung bisher darauf hingewirkt, daß Anträge auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe innerhalb einer kurz bemessenen Frist (etwa vier Wochen) nach Eintritt der Arbeitslosigkeit gestellt werden müssen, und wenn nein, warum nicht? Zu Frage A 67: Eine vollständige Ubersicht darüber, in wie vielen Fällen Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit mißbräuchlich in Anspruch genommen worden sind, läßt sich nicht gewinnen. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Arbeitsämter allen ihnen bekanntgewordenen Fällen von Leistungsmißbrauch nachgehen. Hierbei ist auch zu prüfen, ob eine strafbare Handlung vorliegt und ggf. die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten sind. In den Jahren 1973 bis 1976 hat die Bundesanstalt in folgenden Fällen Strafanzeige erstattet oder Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verdachtes strafbarer Handlungen an die Staatsanwaltschaft abgegeben: — Im Bereich des Arbeitslosengeldes, der Arbeitslosenhilfe und des Unterhaltsgeldes 4 836 Fälle, — im Bereich des Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeldes 193 Fälle, — im Bereich des Kindergeldes 1 716 Fälle, — sonstige Bereiche 461 Fälle. Zu Frage A 68 Der Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe besteht frühestens von dem Tage an, an dem der Arbeitslose Leistungen beim Arbeitsamt beantragt hat. Die Bundesanstalt hat in mehreren Presseerklärungen, Informationsanzeigen in Zeitungen und in Fernsehspots auf das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung hingewiesen. Nach dem Gesetz braucht der Arbeitslose jedoch den Antrag nicht innerhalb einer kurzbemessenen Frist beim Arbeitsamt abzugeben. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Walther (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen A 69 und 70): Gibt es über die offiziell gemeldeten offenen Stellen hinaus noch weitere, nicht gemeldete, rund 400 000 unbesetzte Stellen? Wann wird die vom Bundesarbeitsminister mehrfach öffentlich geforderte Vermittlungsoffensive der Arbeitsverwaltung beginnen? Zu Frage A 69: Nur ein Teil der außerbetrieblichen Umschichtungsprozesse am Arbeitsmarkt findet seinen Niederschlag in den Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit. In einer Vielzahl von Fällen werden Arbeitsverhältnisse gekündigt und Neueinstellungen vorgenommen, ohne daß die Arbeitsämter hiervon Kenntnis erhalten. So wurden im Jahre 1976 knapp 5,9 Millionen Einstellungen vorgenommen, jedoch von den Arbeitsämtern nur rd. 2,3 Millionen offene Stellen neu besetzt. Dies entspricht einem Einschaltungsgrad der Arbeitsverwaltung von 40,9 %. Ich möchte jedoch an dieser Stelle noch einmal einen Appell an die gesamte Wirtschaft bzw. die Arbeitgeber richten, noch mehr als bisher offene Stellen zu melden. Es liegt auf der Hand, daß auf diese Weise der Arbeitsmarkt transparenter und die Vermittlung effektiver gemacht werden kann. Zu Frage A 70: Die vom Bundesarbeitsminister Ehrenberg angekündigte Vermittlungsoffensive hat bereits begonnen. Sie richtet sich an alle am Arbeitsmarktgeschehen Beteiligten. Auf die Notwendigkeit, mehr offene Stellen zu melden, habe ich bereits in der Antwort auf Ihre erste Frage hingewiesen. Auch der einzelne Arbeitslose ist angesprochen, sich verstärkt um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen. Schließlich soll die Vermittlungsoffensive die bemerkenswerten Leistungen der Bediensteten der Bundesanstalt für Arbeit unterstützen. Sie konnten immerhin in den letzten zwölf Monaten über 2,3 Mil- 4734* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 lionen Vermittlungen tätigen. Die Bundesanstalt hat in ihrem neuen Haushalt 1 000 neue Stellen für Vermittler sowie 600 neue Stellen für Berufsberater erhalten. Daneben ist ihre personelle Ausstattung ganz allgemein verbessert worden. Die Arbeitsverwaltung unternimmt derzeit Anstrengungen, sich in die Besetzung zusätzlicher offener Stellen einzuschalten. Davon hat sich der Bundesarbeitsminister durch persönliche Besuche bei Arbeitsämtern überzeugt. Nicht vergessen werden darf schließlich die soeben verabschiedete 4. Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz, mit der auch die Vermittlungsbereitschaft der Arbeitslosen gestärkt wurde. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage A 71): Warum ließ die Bundesregierung in ihren Antworten auf meine Anfragen nach der vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführten Verlaufsuntersuchung zur Problematik der Wiedereingliederung von Arbeitslosen die Frage 54 des entsprechenden Fragebogens unerwähnt, und welche Veröffentlichungen liegen vor oder sind geplant zu den Antworten auf diese Frage? Im Rahmen einer Fragestunde ist es der Bundesregierung nicht immer möglich, auf alle Teilaspekte der umfangreichen Befragung der Arbeitslosen einzugehen, insbesondere dann nicht, wenn endgültige 1 Auswertungen und die Veröffentlichung noch nicht vorliegen. Die Frage 54 des Fragebogens lautete: „Wer trägt nach Ihrer Meinung die Hauptschuld für die gegenwärtige Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland?" Im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung liegen hierzu erste vorläufige Ergebnisse vor. Danach ist die Arbeitslosigkeit nach Meinung der Arbeitslosen hauptsächlich die Folge 1. rein ökonomischer Ursachen, das sind vor allem Weltwirtschaftsprobleme, Ölkrise und Rohstoffprobleme. Diese Antwort kam von 19,8 % der Befragten; 2. der Politik der Bundesregierung, und zwar un-spezifiziert. So antworteten 15,1 O/0 der Befragten; 3. der Politik der jetzigen SPD/FDP-Regierung. Diese Antwort gaben 7,6 % der Befragten; 4. des Verhaltens der Sozialpartner. So wurde von 3,9 O/0 der Befragten geantwortet; 5. der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer. Dies meinten 3,2 % der Befragten. Der größte Teil der Befragten gab keine oder keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Zu diesem Komplex wird nach Mitteilung des Instituts eine Veröffentlichung im Rahmen eines der nächsten Teilberichte zu dieser Untersuchung erwogen. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 72 und 73): Wie rechtfertigt die Bundesregierung die Tatsache, daß sie sich durch den Bundesfinanzminister, den Bundeswirtschaftsminister und den Bundesarbeitsminister auf eine Prognose von 1,03 Millionen Arbeitslosen im Jahre 1978 sowie auf Steigerungen der Bruttolöhne um 5,5 Prozent festlegt, während der Haushalt der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte von nur 950 000 Arbeitslosen ausgeht und Einkommenssteigerungen von 6,7 Prozent zugrunde legt? Wie rechtfertigt es die Bundesregierung, daß sie zur selben Zeit den Abgeordneten jede Auskunft über die Entwicklung der Rentenfinanzen und die ihnen zugrundeliegenden Annahmen bis zur Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts im nächsten Jahr vorenthält, und kommt darin nicht eine Mißachtung des Parlaments zum Ausdruck? Die Bundesregierung legt sich erst im Jahreswirtschaftsbericht, den sie am Anfang kommenden Jahres beschließt, auf eine gesamtwirtschaftliche Projektion für das Jahr 1978 fest. Die Pressemeldungen, von denen die Frage offenbar ausgeht und die besagen, daß sich die Bundesregierung oder einzelne Kabinettmitglieder bereits auf gesamtwirtschaftliche Eckdaten für 1978 festgelegt hätten, treffen deshalb nicht zu. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken: Für die weitere finanzielle Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung ist die künftige Beschäftigten- und Lohnentwicklung von entscheidender Bedeutung. Soweit danach neue Annahmen zu treffen sind, entscheidet die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Jahreswirtschaftsbericht am Anfang des kommenden Jahres. Vor dieser Beschlußfassung kann von einem Vorenthalten der Annahmen und deren Auswirkungen auf die finanzielle Entwicklung der Rentenversicherung nicht die Rede sein. Für die Bundesregierung möchte ich daher mit aller Entschiedenheit die in der Frage zum Ausdruck kommende Unterstellung zurückweisen, daß in der Darstellung dieses Sachverhalts eine Mißachtung des Parlaments liegen könnte. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 74 und 75): Welche Maßnahmen ist die Bundesanstalt für Arbeit bereit zu ergreifen, um fehlende Arbeitskräfte für die Bauwirtschaft aus EG-Ländern direkt zu vermitteln und damit eine Alternative zu den ausländischen Vetleihfirmen zu bieten? Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung der Bauwirtschaft, die im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vorgesehene Höchstdauer der Überlassung von drei Monaten auf neun Monate zu verlängern, um dem regional erheblichen Arbeitskräftemangel insbesondere im Tiefbau abzuhelfen, und welche Folgerungen zieht sie daraus? Zu Frage A 74: Die Bundesanstalt für Arbeit ist bemüht, Arbeitnehmer für die deutsche Bauwirtschaft zunächst über Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4735* den innerstaatlichen Vermittlungsausgleich zu gewinnen. Wenn nachhaltige innerstaatliche Bemühungen nicht erfolgreich sind, versucht die Bundesanstalt darüber hinaus in geeigneten Fällen in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Arbeitskräfte zu gewinnen. Sie bedient sich hierbei eines besonderen von der EG entwickelten Vermittlungsausgleichssystems, — dem sogenannten SEDOC*)-Verfahren-, das z. Z. erprobt wird. Die Bundesanstalt wird bestrebt sein, ihre bisherigen Vermittlungsbemühungen in geeignet erscheinenden Gebieten fortzusetzen. Hierzu müssen ihr allerdings auch entsprechende Vermittlungsaufträge von Arbeitgebern vorliegen. Zu Frage A 75: Die Dreimonatsfrist dient der Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung von der Arbeitsvermittlung. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist Arbeitnehmerüberlassung nur kurzfristig zulässig. Die Dreimonatsfrist ist die gesetzliche Konkretisierung dieses vom Bundesverfassungsgericht verwendeten Begriffs der Kurzfristigkeit. Im übrigen ist nicht ersichtlich, wie durch eine Verlängerung der Überlassungsfrist von drei auf neun Monate der Arbeitskräftemangel im Baubereich beeinflußt werden kann. Denn dadurch könnten keine zusätzlichen Arbeitskräfte gewonnen werden. Es würde nur eine andere Verteilung der vor- ) handenen Arbeitskräfte eintreten. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD)' (Drucksache 8/1288 Frage A 76): Billigt es die Bundesregierung, wenn Vertreter der HIAG Waffen-SS zu Veranstaltungen der Bundeswehr eingeladen werden oder die Bundeswehr Abordnungen. zu Veranstaltungen der HIAG entsendet, und ist eine solche Praxis Teil der Traditionspflege? Die- Bundesregierung billigt weder Einladungen von Vertretern der HIAG zu Veranstaltungen der Bundeswehr noch die Entsendung von Abordnungen der Bundeswehr zur Veranstaltungen der HIAG. Eine solche Praxis ist folglich auch nicht Teil der Traditionspflege. s) Système européen de diffusion des offres et des demandes d'emploi enregistrées en compensation internationale — Europäisches System zur Übermittlung von Stellen- und Bewerberangeboten im internationalen Ausgleich. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Ludewig (FDP) (Drucksache 8/1288 Fragen A 77 und 78): Trifft es zu, daß die umfangreichen Inventarlisten, die früher nur für Auslandsumzüge zur Vorbereitung des Umzugs und zur Bestimmung des Transportraums von Bundeswehrsoldaten und Bundesbediensteten angefertigt werden mußten, auf Grund eines Erlasses des Bundesverteidigungsministeriums vom Juli 1977 auch für Inlandsumzüge benutzt werden müssen, und ist es gegebenenfalls möglich, die zusätzliche Arbeit, die mit der Kontrolle dieser Unterlagen verbunden ist, ohne zusätzliche Arbeitskräfte auszuführen? Wenn dies nicht der Fall sein sollte, wieviel neue Planstellen müssen geschaffen werden, und wie hoch werden die dadurch entstehenden Personalkosten sein? Die bei der Abrechnung von Umzügen in der Vergangenheit gewonnenen Erfahrungen ließen es zum Schutze der Umziehenden geboten erscheinen, das Verfahren für die Erstattung der Beförderungsauslagen prüfungsfähiger zu gestalten. Aus diesem Grunde wurde auch für Inlandsumzüge die schon für Auslandsumzüge vorgeschriebene Inventarliste mit Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 16. März 1977 eingeführt. Der Bundesminister der Verteidigung hat dieses Rundschreiben mit Erlaß vom 31. März 1977 bekanntgegeben; der Erlaß gilt ab 1. Juli 1977. Mit der Inventarliste kann der notwendige Ladungsumfang des Umzugsgutes festgestellt werden. Hinzu kommt, daß die einmal erstellte Inventarliste in der Regel bei weiteren Umzügen, unter Berücksichtigung evtl. eingetretener Veränderungen, erneut verwendet werden kann. Der mit der Erstellung und Prüfung der Inventarliste verbundene Arbeitsaufwand ist geringfügig. Zusätzliche Arbeitskräfte werden für das Verfahren nicht benötigt. Hiermit meine ich, Herr Kollege Ludewig, habe ich Ihre zweite Frage schon beantwortet. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen A 79 und 80): Trifft es zu, daß die Bundesrepublik Deutschland von der Firma Merex auf 8 Millionen DM Schadensersatz verklagt wird, und aus welchen Gründen wird der Prozeß unter Ausschluß der Öffentlichkeit geführt? Inwieweit stehen die Schadensersatzforderungen der Firma Merex im Zusammenhang mit dem rechtskräftigen Freispruch von Merex-Mitarbeitern aus dem November 1975 von dem Vorwurf illegalen Waffenhandels, und aus welchen Gründen hat die Bundesregierung gegebenenfalls gutachtlich auf eine Rücknahme der ursprünglich eingelegten Revision gegen das freisprechende Urteil eingewirkt? Zu Frage A 79: Es trifft zu, daß die Firma MEREX AG die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung und das Bundesministerium der Finanzen, auf Schadenersatz in einer Gesamthöhe von rd. 8 Millionen DM verklagt 4736* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 hat. Das Gericht hat die Klageschrift als VS-Streng Geheim eingestuft. Die dafür maßgeblichen Gründe können daher hier nicht dargelegt werden. Zu Frage A 80: Der der Schadenersatzforderung zugrunde liegende Sachverhalt steht in Zusammenhang mit dem Prozeßgegenstand des angesprochenen Strafverfahrens. Die Bundesregierung hat auf die Rücknahme der in dem Strafverfahren eingelegten Revision keinen Einfluß genommen. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Conradi (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen A 81 und 82): Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Zunahme der verrohenden, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhaß anreizenden Schriften zeigt, daß die Handhabung des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften unzureichend ist, und wenn ja, welche Folgerungen wird sie daraus ziehen? Stimmt mir die Bundesregierung darin zu, daß eine Erweiterung der für eine Indizierung antragsberechtigter Stellen auf die rund 600 Jugendämter in der Bundesrepublik Deutschland zu einer Eindämmung der Gewaltwelle in Roman- und Groschenheften beitragen könnte, und wenn ja, wird sie eine entsprechende Initiative ergreifen? Angaben über die Zahl und damit auch über eine Zunahme der auf dem Markt befindlichen verrohenden, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhaß anreizenden Schriften liegen der Bundesregierung nicht vor. Es gibt allerdings Anzeichen dafür, daß eine Verschiebung des Schriftenangebotes von der Sexualität zur Brutalität stattgefunden hat. Infolge des Fehlens einer umfassenden Marktbeobachtung im Hinblick auf möglicherweise jugendgefährdende Schriften lassen die bisherigen Erkenntnisse aber keine zuverlässigen Schlüsse zu. Nach den Erfahrungen einer jetzt über zwanzigjährigen Tätigkeit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hält es die Bundesregierung jedoch nicht für ausgeschlossen, daß der Rückgang der Anträge bei der Bundesprüfstelle einen Einfluß auf diese Entwicklung hat. Deshalb hat sie Überlegungen angestellt, wie der Kreis der Antragsberechtigten ausgeweitet werden kann. Gegen die Lösung, allen öffentlichen Trägern der Jugendhilfe das Antragsrecht zu verleihen, wurden Bedenken dahin geltend gemacht, eine so erhebliche Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten könne zu einer Vielzahl ungeeigneter Anträge und damit zu einer Beunruhigung der Verleger und Händler sowie zu einer Arbeitsüberlastung der Bundesprüfstelle führen. Die obersten Jugendbehörden der Länder befürchten eine solche Entwicklung nicht. Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit bereitet nunmehr eine Rechtsverordnung vor, durch welche die Landesjugendämter und Jugendämter in den Kreis der Antragsberechtigten einbezogen werden sollen. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage A 83) : Über welche Erfahrungen verfügt die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt über die Herstellung und den Vertrieb therapie- und behandlungsgerechter Arzneimittelpackungen nach dem Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz, und ist nach dem Wissensstand der Bundesregierung garantiert, daß von der pharmazeutischen Industrie und dem Handel solche Arzneimittelpackungen in ausreichender Menge angeboten und von den Ärzten auch dementsprechend den Patienten verordnet werden? Das Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz sieht vor, daß der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen die Richtlinien über die Verordnung von Arznei- und Heilmitteln in der Weise zusammenzustellen hat, daß dem Arzt die Auswahl therapiegerechter Verordnungsmengen ermöglicht wird. Nach Artikel 2 § 11 der Übergangsvorschriften zum Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG) sind diese Zusammenstellungen bis zum 30. Juni 1978 vorzunehmen. Erst von diesem Zeitpunkt ab können daher Erfahrungen hierüber gesammelt werden. Erfahrungen über die Auswirkung dieser Regelung liegen daher noch nicht vor. Im neuen Arzneimittelgesetz, das am 1. Januar 1978 in Kraft tritt, hat das Bundesgesundheitsamt die Befugnis erhalten, im Rahmen des Zulassungsverfahrens durch Anordnung von Auflagen therapiegerechte Packungsgrößen durchzusetzen. Die Pakkungsgrößen müssen den Anwendungsgebieten und der vorgesehenen Dauer der Anwendung angemessen. sein. Arzneimittelhersteller, die sich an angeordnete Auflagen nicht halten, werden ihre Arzneimittel nicht länger in den Verkehr bringen dürfen. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Angermeyer (FDP) (Drucksache 8/1288 Frage A 84) : Ist es bekannt, daß durch eine bessere Ausnutzung der Ladefläche die 38 t gegliederten Kofferzüge fast alle die zulässige Länge von 18 m überschreiten, und ist die Bundesregierung bereit, sich dafür einzusetzen, die vorgegebene Toleranzgrenze von 2 v. H. auf 2h/2 v. H. bis 3 v. H. heraufzusetzen? Es ist denkbar, daß bei ungünstigen Zusammenstellungen die nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) zulässige Länge (18 m) nicht eingehalten wird. Dem Fahrzeughalter obliegt es aber, auf die Einhaltung auch der Längenvorschriften der StVZO durch geeignete Auswahl der Fahrzeuge zu achten. Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften und damit auch die Duldung von Überlängen fällt in die Zuständigkeit der Bundesländer. Die Bundesregierung hat sich jedoch in der Vergangenheit bemüht, gemeinsam mit den Bundesländern einen einheitlichen Grenzwert für die Längentoleranzen festzulegen. Die Beratungen haben zu keinem Ergebnis geführt. Die Bundesregierung wird aber weiterhin darum bemüht sein, ein bundeseinheitliches Vorgehen zu erzielen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4737* Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Vohrer (FDP) (Drucksache 8/1288 Fragen A 85 und 86) : Trifft es zu, daß das Bundesverkehrsministerium am Oberrhein nicht marktgerechte Kiesfrachtraten genehmigt hat, weil die der Genehmigung zugrundeliegenden Daten über die Transportmengen objektiv falsch waren, und wenn ja, was beabsichtigt die Bundesregierung zu unternehmen, um die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums zu revidieren? Ist der Bundesregierung bewußt, daß die von ihr genehmigte Kiesfrachtenregelung am Oberrhein insbesondere durch die neuerliche Rabattminderung am 1. Dezember 1977 zu einer Existenzgefährdung von gut 25 mittelständischen Unternehmen und fast 1 000 Arbeitsplätzen führt? Zu Frage A 85: Die vom Bundesminister für Verkehr genehmigten Binnenschiffsfrachten für Kies und Sand ab Oberrheinplätzen beruhen auf Zahlenangaben, die sowohl aus der amtlichen Statistik belegbar sind als auch in den Grundmengen mit den Angaben der Kiesverlader übereinstimmen. Die Bundesregierung sieht daher keine Veranlassung, die Entscheidung des Bundesminister für Verkehr zu revidieren. Zu Frage A 86: Die vom Bundesminister für Verkehr festgesetzten, nur für den gewerblichen innerdeutschen Binnenschiffsverkehr geltenden Kiesfrachten haben in der Vergangenheit nicht zu einem Verlust an Arbeitsplätzen geführt. Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß auch in Zukunft die innerdeutschen Kiesfrachten keine derartigen Auswirkungen haben werden. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen A 87 und 88) : Wie hat sich die im Mai 1977 bei der Deutschen Bundesbahn vorgenommene Herabsetzung der Ermäßigung für Gruppenreisen von 55 auf 50 v. H. in den Sommermonaten auf die Inanspruchnahme solcher Reisen, insbesondere für Kinder und Jugendliche, im Verhältnis zum gleichen Zeitraum des Vorjahrs ausgewirkt? Trifft es zu, daß die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, die Sozialtarife in den nächsten Jahren weiter herabzusetzen? Zu Frage A 87: Die Rücknahme der Ermäßigung bei sozialindizierten Gruppenreisen um jeweils fünf Punkte hatte — nach vorläufigen Ermittlungen der Deutschen Bundesbahn (DB) — in den Sommermonaten (Juni bis einschl. September) 1977 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in der Zahl der beförderten Personen folgende Auswirkung: Tarifstelle „Schulfahrten" + 17,2 % Tarifstelle „Jugendpflegefahrten" — 9,5 % Tarifstelle „Fahrten für erholungsbedürftige Kinder" +37 %. Zu Frage A 88: Die Bundesregierung bemüht sich z. Z. — im Einklang mit einem entsprechenden Beschluß des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 18. September 1977 — festzustellen, inwieweit eine Umwandlung der Sozialtarife im Personenfernverkehr der Deutschen Bundesbahn in Sonderangebote möglich ist. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Ahrens (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage A 89) : Wann ist mit der Vorlage des Ratifikationsgesetzes zum Europäischen Übereinkommen über die Hauptstrecken des Verkehrs vom 15. November 1975 zu rechnen, bzw. welche Hindernisse stehen einer zügigen Ratifikation im Wege? Die Bundesregierung hat das Europäische Übereinkommen über die Hauptstraßen des internationalen Verkehrs (AGR) am 19. November 1976 gezeichnet. Das Ratifikationsverfahren ist eingeleitet. Mit einer baldigen Ratifikation des Übereinkommens kann gerechnet werden. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Frage A 90) : Welche gesetzlichen Initiativen beabsichtigt die Bundesregierung in bezug auf die Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden und neu zu bauenden Autobahnen, und welche Konsequenzen werden sich daraus in finanzieller Hinsicht und bezüglich des weiteren zweibahnigen Ausbaus von Erschließungsautobahnen in den peripheren Räumen ergeben? Die Bundesregierung wird den Entwurf eines Verkehrslärmschutzgesetzes einbringen, das nähere Bestimmungen über Lärmschutzmaßnahmen bei dem Bau und der wesentlichen Änderung von Straßen und Schienenwegen sowie für bestehende Bundesautobahnen und Bundesstraßen enthalten wird. Aus der endgültigen Festlegung der Grenzwerte ergeben sich erst die Kostenauswirkungen. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage A 93) : Treffen Informationen zu, wonach Osterreich beabsichtigt, eine Transitsteuer für Lkw-Transporte einzuführen, und wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, Verhandlungen mit Osterreich zu führen mit dem Ziel, diese zusätzliche Kostenbelastung für deutsche Transportunternehmen zu verhindern? Es trifft zu, daß die österreichische Regierung beabsichtigt, ab 1. Juli 1978 eine Straßenbenutzungs- 4738* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 steuer für den internationalen Lkw-Verkehr einzuführen. Einzelheiten stehen noch nicht fest. Nach den bisherigen Informationen liegt ein entsprechender Gesetzentwurf dem österreichischen Parlament noch nicht vor. Die Bundesregierung beobachtet die Entwicklung. Sie hat die österreichische Seite vorsorglich darauf hingewiesen, daß die Steuer nicht zu einer Benachteiligung deutscher Transportunternehmer gegenüber österreichischen Unternehmern führen dürfe. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage A 94) : Wird die Bundesregierung insbesondere die in ihrer eigenen Verantwortung unter Bundeskanzler Schmidt durchgeführte oder durchzuführende gebietliche Postverwaltungsreform nochmals überprüfen, weil sie in einigen Fällen sicherlich zurückgedreht werden kann und auch sollte (Bundeskanzler Schmidt in der Mitgliederversammlung des Deutschen Städte-und Gemeindebunds vom 27. Oktober 1977) ? Die Zusammenfassung interner Verwaltungsaufgaben von Postämtern ist mit den von Herrn Bundeskanzler angesprochenen kommunalen Gebietsreformen in keiner Weise vergleichbar. Die gewachsenen Verbindungen zwischen den Postkunden und dem Betriebsdienst der einzelnen Ämter werden durch diese Rationalisierungsmaßnahmen nicht berührt. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Geßner (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage A 95) : Trifft es zu, daß durch den Wegfall der Trennungsentschädigung nach einem Zeitraum von fünf Jahren allein in Düsseldorf mehr als rund 800 ausländische bei der Deutschen Bundespost beschäftigte Arbeitnehmer äußerst nachteilig betroffen werden, und sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, in absehbarer Zeit diese Maßnahme wieder rückgängig zu machen? Bei der Deutschen Bundespost werden z. Z. rund 7 000 ausländische Arbeitnehmer beschäftigt, davon rd. 950 im Bezirk der Oberpostdirektion Düsseldorf. Denjenigen ausländischen Arbeitnehmern, die aufgrund ihrer Einstellung bei der Deutschen Bundespost von der Familie getrennt sind, zahlt die Deutsche Bundespost eine Trennungsentschädigung in Höhe von bis zu 7,50 DM täglich. Die Bezugszeit ist mit Wirkung vom 1. Januar 1977 auf längstens 5 Jahre begrenzt worden. War die Höchstbezugszeit zu diesem Zeitpunkt vollendet oder wurde sie im Laufe des Jahres 1977 erreicht, war die Trennungsentschädigung innerhalb einer bis zu einjährigen Übergangszeit — das Jahr 1977 — zunächst stufenweise zu verringern und dann einzustellen. Im Bereich der Oberpostdirektion Düsseldorf gilt diese Regelung für rd. 600 ausländische Arbeitnehmer. Die Betroffenen sind alle im Jahr 1976 unterrichtet worden. Die Bundesregierung hält diese Regelung für angemessen. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß es im Bereich anderer öffentlicher Arbeitgeber keine vergleichbaren Regelungen gibt. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Berger (Berlin) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 96 und 97) : Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost in Berlin gegen ein Entgelt von knapp 11 Millionen DM 234 freie Ausbildungsplätze an das Land Berlin vermietet, während gleichzeitig die Betriebe der ' privaten Wirtschaft aufgefordert werden, Ausbildungsplätze noch über ihren eigenen Bedarf hinaus zu schaffen, und wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung dies? Trifft es zu, daß mit staatlichen Mitteln auf diesen Ausbildungsplätzen vornehmlich Fernmeldehandwerker ausgebildet werden, also Berufsarten, die vor allem der Deutschen Bundespost selbst zugute kommen, und wenn ja, wie wird dies von der Bundesregierung beurteilt? Die Deutsche Bundespost hat — wie in den vergangenen Jahren — auch z. Z. keinen Nachwuchsbedarf im Fernmeldehandwerk. Trotz dieser Personalsituation hat sie 1975 1 800, 1976 rd. 4 700 und in diesem Jahr rd. 4 000 Auszubildende im Fernmeldehandwerk angenommen. Die über den Bedarf hinaus eingestellten Auszubildenden belasten den Haushalt der Deutschen Bundespost mit insgesamt etwa 850 Millionen DM. Die nach den genannten Einstellungen noch freie Ausbildungskapazität bietet die Deutsche Bundespost gegen Grenzkostenerstattung Dritten zur Nutzung an und leistet damit einen weiteren Beitrag zur Verringerung des Mangels an Ausbildungsplätzen. Das Angebot hat sich bereits in den Vorjahren gut bewährt und wird auch im Land Berlin genutzt. Im allgemeinen wird besonders benachteiligten Jugendlichen durch andere Ausbildungsträger Gelegenheit gegeben, an berufsvorbereitenden oder berufsfördernden Maßnahmen teilzunehmen. Bei der Nutzungsmaßnahme in Berlin wird im Auftrag des Senators für Arbeit und Soziales eine abgeschlossene Berufsausbildung durchgeführt, was für die Jugendlichen einen besonderen Vorteil darstellt. In den Ausbildungsstätten der Deutschen Bundespost zur Berufsausbildung im Fernmeldehandwerk kann naturgemäß auch nur für diesen Beruf ein Ausbildungsgang gewährleistet werden. Hierbei handelt es sich um einen Beruf mit einer breit angelegten Grundausbildung, der für eine spätere Beschäftigung in der gewerblichen Wirtschaft eine gute Mobilität gewährleistet. Auch wird z. B. durch die zusätzliche Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten in der Starkstrom-Installationstechnik für eine umfassende Ausbildung gesorgt. Da die von der Deutschen Bundespost angenommenen Auszubildenden über den Bedarf hinaus eingestellt wurden, mußte allen Auszubildenden bei der Einstellung eröffnet werden, daß sie nicht mit einer späteren Einstellung rechnen können. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4739* Die Ausbildung von Fernmeldehandwerkern muß jedoch im Zusammenhang mit dem Gesamtangebot der Deutschen Bundespost an Ausbildungsplätzen erörtert werden, das 1977 um 12 % gesteigert wurde. Für das Postwesen wurden 3 025 Nachwuchskräfte für den einfachen Dienst, 500 Nachwuchskräfte für den mittleren und 294 für den gehobenen Dienst eingestellt. Das bedeutet eine Steigerung des Ausbildungsplatzangebots im Postwesen um mehr als 50%. Eine so hohe Steigerungsrate ist im Postwesen deshalb sinnvoll, weil die Deutsche Bundespost diesen Kräften nach Abschluß ihrer Ausbildung entsprechende Arbeitsplätze garantieren kann. Die Deutsche Bundespost ist damit das Unternehmen in der Bundesrepublik mit dem größten Ausbildungsplatzangebot. Anlage 41 Antwort des Staatsministers Wischnewski auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen A 98 und 99) : Trifft es zu, daß der Bundeskanzler den polnischen Staats-und Parteichef Gierek nicht an die Wiederherstellung der Demokratie erinnert und sich aus Rücksichtnahme gegenüber den polnischen Machthabern auch nicht bereit erklärt hat, mit einer aussiedlerwilligen deutschen Familie zu sprechen, und wenn ja, wie ist damit und mit der Tatsache, daß der CSU-Vorsitzende wiederholt erklärt hat, in Chile sehr deutlich an die Wiederherstellung der Demokratie erinnert zu haben, die Aussage des Bundeskanzlers vor sozialdemokratischen Betriebsräten in Dortmund zu vereinbaren, er habe es „satt, daß Strauß im Ausland die Diktaturen gesundbeten möchte"? Wie begründet der Bundeskanzler seine Aussage, „daß Strauß unsere Demokratie und wirtschaftliche Ordnung durch Schwarzmalerei krankbeten möchte", angesichts der Tatsache, daß der CSU-Vorsitzende stets engagiert für die Erhaltung unserer freiheitlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung eingetreten ist? Zu Frage A 98: 1. Diese Reise des Bundeskanzlers in die Volksrepublik Polen diente der Fortsetzung des Prozesses der Normalisierung und der Aussöhnung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen, dem Lande, dessen Menschen unter dem letzten Krieg in ganz besonderem Maße zu leiden hatten. 2. Die Auffassung der Bundesregierung über die politische Ordnung kommunistischer Staaten ist der polnischen Seite bekannt. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß kommunistische Staaten ihr politisches System ausdrücklich als nicht den westlichen Demokratievorstellungen entsprechend verstehen. Es bestand daher kein Anlaß, mit der polnischen Seite in eine Diskussion über diese ideologische Frage einzutreten. 3. Es ist nicht zutreffend, daß der Bundeskanzler sich nicht bereit erklärt habe, mit einer aussiedlungswilligen deutschen Familie zu sprechen. Der Bundeskanzler und die Delegation haben in ihren Gesprächen mit der polnischen Führung auf die große Bedeutung hingewiesen, die die Bundesregierung der Frage der Aussiedlung beimißt. 4. Zu der dargelegten Haltung des Bundeskanzlers und seiner Bewertung der Äußerungen des CSU-Vorsitzenden Strauß in Chile sieht die Bundesregierung keinen Widerspruch. Im übrigen ist der entscheidende Satz vom Fragesteller unzulässig verkürzt wiedergegeben. 5. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß Herr Gierek, 1. Sekretär des ZK der PVAP, nicht aber auch Vorsitzender des polnischen Staatsrates ist. Zu Frage A 99: In seiner Sonthofener Rede hat der Abgeordnete Strauß u. a. folgendes ausgeführt: • Lieber eine weitere Inflationierung, weitere Steigerung der Arbeitslosigkeit, weitere Zerrüttung der Staatsfinanzen in Kauf nehmen, als das anzuwenden, was wir als Rezept für notwendig halten mit der Maßgabe, daß sie sagen: „Seht, solange wir da sind, ist unser Leiden ja nicht gar so schlimm. Wenn die aber hinkommen, die muten Euch eine Roßkur zu. Soweit sind wir noch nicht." Es muß wesentlich tiefer sinken, bis wir Aussicht haben, politisch mit unseren Vorstellungen, Warnungen, Vorschlägen gehört zu werden. Diese Begründung für die Äußerungen des Bundeskanzlers in Dortmund am 26. November 1977 ist eindeutig.' Anlage 42 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 1): Welche Maßnahmen hatte die Bundesregierung getroffen, um eine sachgerechte Verwendung der Bundeszuschüsse für das Aachener Alexander-von-Humboldt-Haus sicherzustellen, und was wird die Bundesregierung unternehmen, um die dem Förderungszweck nicht entsprechend verwendeten Mittel zurückzufordern? Das Alexander-von-Humboldt-Haus in Aachen wurde 1958 als Zentrum der internationalen Verständigung und Clubheim für ausländische Studenten der Technischen Hochschule Aachen errichtet. Dafür stellte das Auswärtige Amt einen Baukostenzuschuß in Höhe von 150 000 DM zur Verfügung. Außerdem gab das Auswärtige Amt in den Folgejahren Mittel für ein Alexander-von-Humboldt-Haus stattfindende Begegnungsveranstaltungen mit ausländischen Studenten. Für die übrigen Baukosten sowie laufende Kosten kam das Land Nordrhein-Westfalen auf. Nachdem die Mittel des Auswärtigen Amts bis 1975 der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt und von dieser an den Rektor der TH Aachen weitergeleitet worden waren, wurden sie zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung ab 1976 vom Auswärtigen Amt an den DAAD und von diesem dem Rektor direkt zugeleitet. Der Rektor — handelnd durch den Leiter des 4740* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Akademischen Auslandsamts der TH Aachen — nahm jeweils die Anträge der vom AStA eingesetzten Selbstverwaltung des Alexander-von-HumboldtHauses auf Förderung von Einzelveranstaltungen entgegen, prüfte sie und zahlte entsprechende Einzelbeiträge an die Selbstverwaltung aus. Die o. a. Haushaltsmittel wurden bei Kap. 05 02 Titel 686 41 Pos. 02 Unterpos. A ausgeworfen und betrugen 1977 25 000 DM. Die Zweckbestimmung lautet: Kap. 05 02 Titel 686 41 Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland Ros. 02 Betreuungsmaßnahmen für ausländische Studenten und Hochschulpraktikanten sowie Nachbetreuungsmaßnahmen nach Rückkehr in die Heimatländer A. Betreuung 1. Akademische Auslandsämter der Universitäten (Abwicklung durch DAAD) Für die Verwendung der Mittel sind die jeweiligen Bewilligungsbescheide des Auswärtigen Amts an den DAAD maßgebend, deren Bestandteil die „Richtlinien für die Verwendung der Zuschüsse des Auswärtigen Amts zur Betreuung von Ausländern an deutschen Hochschulen" in der Fassung vom 2. Januar 1977 sind. Die o. a. Maßnahmen reichen nach der Auffassung des Auswärtigen Amts für die sachgerechte Verwendung der Bundesmittel aus. Tatsächlich ist dem Auswärtigen Amt, welches Ihre Anfrage zum Anlaß einer Prüfung genommen hat, kein Fall bekanntgeworden, in dem Mittel gegen die Zweckbestimmung oder entgegen der Richtlinien verwendet worden wären. Vielmehr entsprechen alle aus Mitteln des Auswärtigen Amts geförderten Veranstaltungen einwandfrei der Zweckbestimmung. Das Auswärtige Amt sieht daher keinen Anlaß, die Mittel vom Zuwendungsempfänger zurückzufordern. Eine solche Forderung, die notfalls gerichtlich geltend gemacht werden müßte, hätte auch keine Aussicht auf Erfolg. Die politischen Entwicklungen im Alexander-vonHumboldt-Haus stehen hingegen mit der Verwendung der Haushaltsmittel im Zusammenhang. Mit Sorge hat das Auswärtige Amt von Berichten des Rektors der TH Aachen Kenntnis genommen, nach denen im September 1977 radikale und kommunistische Gruppen Einfluß auf die vom AStA eingesetzte Selbstverwaltung des Alexander-von-Humboldt-Hauses erhielten und das Haus einseitig nutzten. Das Auswärtige Amt hat demgemäß auch begrüßt, daß der Rektor die Selbstverwaltung vorerst ausgesetzt und am 29. November 1977 den Leiter des Akademischen Auslandsamts zum Verwalter des Alexander-von-Humboldt-Hauses bis zur endgültigen Neuregelung der Organisation eingesetzt hat. Die Neuregelung wird in wenigen Wochen erwartet. Das Auswärtige Amt macht im übrigen darauf aufmerksam, daß die Angelegenheit Gegenstand einer Anfrage der Abgeordneten Katzy und Ebert des Landtages Nordrhein-Westfalen gewesen ist, welche vom Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen in der Drucksache 8/2563 beantwortet worden sind. Anlage 43 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schlaga (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 2 und 3) : Ist die Bundesregierung bereit, mitzuteilen, wieviel Exemplare der an die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland gehenden deutschen Zeitungen für den dienstlichen Gebrauch sich jeweils auf die „Frankfurter Allgemeine Zeitung", die „Frankfurter Rundschau", die „Süddeutsche Zeitung", „Die Welt" und die „Stuttgarter Zeitung' verteilen? Werden die in den deutschen Auslandsvertretungen für den dienstlichen Gebrauch eingehenden deutschen Zeitungen von diesen angefordert oder an diese verteilt und gegebenenfalls nach welchen Kriterien? Zu Frage B 2: Wie Sie wissen, hat der Kollege Moersch in seiner Eigenschaft als Parlamentarischer Staatssekretär bereits am 14. März 1974 auf eine entsprechende Frage des Abgeordneten Dr. Riedl zum gleichen Fragenkreis im Bundestag Stellung genommen. Lassen Sie mich die wesentlichen Gesichtspunkte noch einmal zusammenfassen: a) Die Auslandsvertretungen erhalten nach eigener Entscheidung anhand einer Auswahlliste mindestens je zwei überregionale Tageszeitungen und je zwei deutsche Wochenzeitungen. b) Regionale Tageszeitungen werden nur in besonders begründeten Ausnahmefällen geliefert, soweit die Haushaltsmittel dies erlauben. Die Auswahlkriterien, nach denen die für den dienstlichen Bedarf erforderlichen Zeitungen bestellt werden, bestimmt jede Auslandsvertretung im Grundsatz selbst. In Einzelfällen hat das Auswärtige Amt den Versand von Zeitungen an Vertretungen auch ohne Anforderungen veranlaßt. Auch in diesen Fällen liegt jedoch die Entscheidung in letzter Konsequenz bei den Vertretungen, weil sie darüber befinden, ob der dienstliche Bedarf den Dauerbezug der entsprechenden Zeitung notwendig macht. Zu Frage B 3: Aufgrund der von den Auslandvertretungen getroffenen Auswahl werden zur Zeit die folgenden Tageszeitungen geliefert: Frankfurter Allgemeine Zeitung: 188 Abonnements Die Welt: 107 Abonnements Süddeutsche Zeitung: 84 Abonnements Frankfurter Rundschau: 7 Abonnements Die Stuttgarter Zeitung wird bisher von keiner Auslandsvertretung im Abonnement bezogen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4741* Anlage 44 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 4) : In welchen Fällen und auf welche Weise können alliierte oder deutsche Behörden zur Verfolgung oder Verhinderung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten in den im Geltungsbereich des Grundgesetzes verkehrenden Zügen der sowjetzonalen „Deutschen Reichsbahn" in Berlin tätig werden — zu welchen Eingriffen in den Eisenbahnbetrieben sind sie insbesondere im einzelnen befugt —, und wie ist die lückenlose Durchsetzung des geltenden Rechts — insbesondere auch der Grundrechte — in diesen Zügen sichergestellt? Auf dem Gelände und in den Zügen der S- und Reichsbahn in Berlin (West) gilt die in Berlin (West) bestehende Rechtsordnung. Die Alliierten haben kraft ihrer obersten Gewalt alle Befugnisse zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch in diesem Bereich. Die alliierte Zustimmung zum Betrieb der S- und Reichsbahn in Berlin (West) hat diese Befugnisse in keiner Weise berührt. Die Befugnisse der Berliner Polizei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf dem Gelände der S- und Reichsbahn in Berlin (West) sind durch die Anordnung der Alliierten Kommandantura vom 21. August 1962 (BK/0(62)6) umfassend geregelt. Anlage 45 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Alber (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 5): Wird die Bundesregierung im Ministerkomitee des Europarats befürworten, daß nach dem Beitritt bedeutender neuer Mitgliedsländer wie Griechenland, Portugal und Spanien auch für kompetente Mitarbeiter aus diesen Ländern Stellen in der Beamtenschaft dieser Organisation geschaffen werden? Dem Komitee der Ministerbeauftragten liegt zur Zeit der Entwurf einer Direktive über die geographische Aufteilung von Posten im Sekretariat des Europarates zur Beschlußfassung vor. Der Entwurf wurde erarbeitet von einem eigens hierzu berufenen Expertenausschuß. Die in dieser Empfehlung erarbeiteten Richtlinien werden selbstverständlich auch für die neuen Mitgliedstaaten gelten, wenn sie vom Komitee der Ministerbeauftragten demnächst verabschiedet werden. Anlage 46 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Daweke (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 6 und 7): Trifft eine Meldung der FAZ vom 22. November 1977 zu, wonach das Auswärtige Amt mit jährlich 25 000 DM das ursprünglich als Club für ausländische Studierende an der Universität Aachen gedachte Heim und inzwischen nach Äußerungen der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen schon vorwiegend von K-Gruppen genutzte Gebäude gefördert hat? Ist der Zuschußbetrag für das sogenannte „Humboldt-Haus" und das „Rote Haus" in Aachen von diesen Institutionen mißbraucht worden, und wenn ja, beabsichtigt die Bundesregierung, den verantwortlichen kommissarischen Leiter für die genannten Häuser in Regreß zu nehmen, und welche Schritte hat die Bundesregierung eingeleitet, um eine haushaltsgerechte Verwendung der Mittel sicherzustellen? Das Alexander-von-Humboldt-Haus in Aachen wurde 1958 als Zentrum der internationalen Verständigung und Clubheim für ausländische Studenten der Technischen Hochschule Aachen errichtet. Dafür stellte das Auswärtige Amt einen Baukostenzuschuß in Höhe von 150 000 DM zur Verfügung. Außerdem gab das Auswärtige Amt in den Folgejahren Mittel für im Alexander-von-.Humboldt-Haus stattfindende Begegnungsveranstaltungen mit ausländischen Studenten. Für die übrigen Baukosten sowie laufende Kosten kam das Land Nordrhein-Westfalen auf. Nachdem die Mittel des Auswärtigen Amts bis 1975 der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt und von dieser an den Rektor der TH Aachen weitergeleitet worden waren, wurden sie zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung ab 1976 vom Auswärtigen Amt an den DAAD und von diesem dem Rektor direkt zugeleitet. Der Rektor — handelnd durch den Leiter des Akademischen Auslandsamts der TH Aachen — nahm jeweils die Anträge der vom AStA eingesetzten Selbstverwaltung des Alexander-von-HumboldtHauses auf Förderung von Einzelveranstaltungen entgegen, prüfte sie und zahlte entsprechende Einzelbeträge an die Selbstverwaltung aus. Die o. a. Haushaltsmittel wurden bei Kap. 05 02 Titel 686 41 Pos. 02 Unterpos. A ausgeworfen und betrugen 1977 25 000 DM. Die Zweckbestimmung lautet: Kap. 05 02 Titel 686 41 Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland Pos. 02 Betreuungsmaßnahmen für ausländische Studenten und Hochschulpraktikanten sowie Nachbetreuungsmaßnahmen nach Rückkehr in die Heimatländer A. Betreuung: 1. Akademische Auslandsämter der Universitäten (Abwicklung durch DAAD) Für die Verwendung der Mittel sind die jeweiligen Bewilligungsbescheide des Auswärtigen Amts an den DAAD maßgebend, deren Bestandteil die „Richtlinien für die Verwendung der Zuschüsse des Auswärtigen Amts zur Betreuung von Ausländern an deutschen Hochschulen" in der Fassung vom 2. Januar 1977 sind. Die o. a. Maßnahmen reichen nach der Auffassung des Auswärtigen Amts für die sachgerechte Verwendung der Bundesmittel aus. Tatsächlich ist dem Auswärtigen Amt, welches Ihre Anfrage zum Anlaß einer Prüfung genommen hat, kein Fall bekanntgeworden, in dem Mittel gegen die Zweckbestimmung oder entgegen der Richtlinien verwendet worden wären. Vielmehr entsprechen alle aus Mitteln des Auswärtigen Amts geförderten Veranstaltungen einwandfrei der Zweckbestimmung. Das Auswärtige Amt sieht daher keinen Anlaß, die Mittel vom Zu- 4742* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 wendungsempfänger zurückzufordern. Eine solche Forderung, die notfalls gerichtlich geltend gemacht werden müßte, hätte auch keine Aussicht auf Erfolg. Die politischen Entwicklungen im Alexander-vonHumboldt-Haus stehen hingegen mit der Verwendung der Haushaltsmittel nicht im Zusammenhang. Mit Sorge hat das Auswärtige Amt von Berichten des Rektors der TH Aachen Kenntnis genommen, nach denen im September 1977 radikale und kommunistische Gruppen Einfluß auf die vom AStA eingesetzte Selbstverwaltung des Alexander-von-Humboldt-Hauses erhielten und das Haus einseitig nutzten. Das Auswärtige Amt hat demgemäß auch begrüßt, daß der Rektor die Selbstverwaltung vorerst ausgesetzt und am 29. November 1977 den Leiter des Akademischen Auslandsamts zum Verwalter des Alexander-von-Humboldt-Hauses bis zur endgültigen Neuregelung der Organisation eingesetzt hat. Die Neuregelung wird in wenigen Wochen erwartet. Das „Rote Haus" in Aachen hat keine Mittel des Auswärtigen Amts erhalten. Nach dem oben Gesagten ist der von Ihnen erwähnte Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 22. November 1977 zwar in der Schilderung der Entwicklungen im Alexander-von-Humboldt-Haus im wesentlichen zutreffend, nicht aber in der Darstellung der Verwendung der Mittel des Auswärtigen Amts, gegen die es nach Auffassung des Auswärtigen Amts keine Beanstandungen gibt. Vielmehr muß noch einmal hervorgehoben werden, daß aus diesen Mitteln nur Einzelveranstaltungen gefördert wurden, welche in vollem Umfang den Zweckbestimmungen entsprochen haben. Im übrigen hat sich die Situation im Alexandervon-Humboldt-Haus seit der Räumung des „Roten Hauses" und der Einsetzung des Leiters des Akademischen Auslandsamtes zum Verwalter des Alexander-von-Humboldt-Hauses beruhigt. Das Auswärtige Amt macht im übrigen darauf aufmerksam, daß die Angelegenheit Gegenstand einer Anfrage der Abgeordneten Katzy und Ebert des Landtages Nordrhein-Westfalen gewesen ist, welche vom Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen in der Drucksache 8/2563 beantwortet worden sind. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gerlach (Obernau) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 9) : Welche konkreten Ermittlungen hat die Bundesregierung im Fall Dr. Issam El-Sartaoui angestellt, um die im Bericht des „stern" (Jahrgang 1970, Nr. 12) wiedergegebenen Aussagen Dr. Sartaouis zu prüfen, und hat z. B. die Bundesregierung dabei auch die beiden Journalisten nochmals eingehend über den Sachverhalt befragt? Am 10. Februar 1970 hatten drei Palästinenser auf dem Flughafen München-Riem einen Anschlag auf Besatzung und Passagiere einer Boing 707 der israelischen Fluggesellschaft „EL AL" ausgeführt, bei dem ein israelischer Staatsangehöriger getötet und elf weitere Personen z. T. schwer verletzt wurden, darunter zwei der drei Täter. Die Täter wurden nach der Tat festgenommen; es erging Haftbefehl. Die Ermittlungen wurden von der Staatsanwaltschaft München geführt. Die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung sind von der Kriminalpolizei München wahrgenommen worden, die von einem Beamten des Bundeskriminalamtes unterstützt worden ist. Eigene Ermittlungen in dieser Sache hat das Bundeskriminalamt nicht geführt. Die Attentäter wurden durch Strafbefehl des AG München vom 13. April 1970 unter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt und am 16. April 1970 mit LH-Flug 601 nach Beirut abgeschoben. Die Attentäter haben damals angegeben, der „Aktionsorganisation für die Befreiung Palästinas" (AOLP) anzugehören, die im Jahre 1968. von Dr. Issam Ali Sartawi (nicht Sartaoui) gegründet worden ist, und den Auftrag zur Flugzeugentführung sowie die Waffen von Dr. Sartawi erhalten zu haben. Dr. Sartawi hat auch in mehreren Interviews die Verantwortung für den Anschlag übernommen. Soweit hier bekannt ist, hat keine Staatsanwaltschaft gegen ihn selbst ermittelt. Anlage 48 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 10) : Ist es nach internationalen Maßstäben üblich, daß ein Staat jemandem ein Einreisevisum erteilt, der — soweit ersichtlich — bisher unwiderlegt selbst durch ein Interview mit einem Presseorgan öffentlich bekundet hat, daß er der verantwortliche Hintermann eines Terroranschlags mit Toten und Schwerverletzten auf dem Boden dieses Staats ist, und wenn nein, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Nach welchen Gesichtspunkten Staaten Einreise- visen erteilen oder verweigern, ist eine innere Angelegenheit eines jeden Staates. Hierüber pflegen die einzelnen Staaten auch keine Auskunft zu erteilen. Die Frage kann daher in dieser Allgemeinheit nicht beantwortet werden. Anlage 49 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 11) : Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, ob die politische Polizei in Mozambique in den Gefängnissen des Landes schlimmste Formen von Folterungen anwendet und daß diese Maßnahmen von schwarzen Häftlingen „deutsche Folter" genannt werden, weil diese Einheiten von Offizieren des Staatssicherheitsdienstes der DDR geführt werden? Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, die Meldungen bestätigen würden, daß die Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4743* politische Polizei in Mozambique in den Gefängnissen des Landes schlimmste Formen von Folterungen anwendet und daß diese Maßnahmen von schwarzen Häftlingen „deutsche Folter" genannt würden. Anlage 50 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 12 und 13) : Trifft es zu, daß der Artikel 27 des Weltpakts für bürgerliche und politische Redite klare Rechtsverpflichtungen der Vertragspartner in bezug auf Minderheiten- und Gruppenrechte enthält, die wegen der Eindeutigkeit dieser Vertragsverpflichtung in ihrem Wesensgehalt nicht eingeschränkt werden können, sondern von allen Vertragspartnern im Sinne des internationalen Vertragsrechts zu erfüllen sind? Teilt die Bundesregierung die amtliche in Radio Warschau in Deutsch am 11. November 1977 bekanntgegebene polnische Auffassung, daß ein Problem der deutschen Volksgruppe in den von der Volksrepublik Polen verwalteten Gebieten und im polnischen Machtbereich nicht besteht und daß für die Unterzeichnung der Verträge mit den sozialistischen Ländern „auch auf alte Rechnungen ein für allemal, insbesondere auf die Entschädigung für das deutsche Eigentum, verzichtet wurde"? Zu Frage B 12: Nach Art. 27 sind Staaten mit ethnischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten verpflichtet, Angehörigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorzuenthalten, gemeinsam mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen, ihre eigene Religion zu bekennen und auszuüben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen. Der Form nach enthält diese Bestimmung eindeutig eine klare Verpflichtung. Als Träger der dieser Verpflichtung korrespondierenden Rechte werden jedoch nicht die Minderheiten als solche bezeichnet, sondern die einzelnen Angehörigen solcher Minderheiten. Insofern gewährt der Art. 27 keine Gruppenrechte, sondern Individualrechte, zu deren Geltendmachung der Nachweis des Bestehens einer Minderheit erforderlich ist. Auch ihrem Inhalt nach sind die Verpflichtungen, die sich aus Art. 27 ergeben, jedenfalls. im Kern klar. Auf der anderen Seite ist der Umfang der aus ihm erwachsenden Verpflichtungen nicht eindeutig zu beschreiben, weil die in dieser Bestimmung verwendeten Begriffe nicht definiert sind. Da Art. 27 im übrigen aber ohne Einschränkung formuliert ist, stellt sich auch nicht die Frage, ob diese Vorschrift in ihrem Wesensgehalt eingeschränkt werden darf. Art. 27 unterliegt allein der allgemeinen Bestimmung des Art. 5 Abs. 1, derzufolge keine Bestimmung des Paktes dahin ausgelegt werden darf, als begründe sie ein Recht darauf, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die auf die Abschaffung der in diesem Pakt anerkannten Rechte und Freiheiten oder auf weitergehende Beschränkung dieser Rechte und Freiheiten als in dem Pakt vorgesehen hinzielt. Zu Frage B 13: Die Bundesregierung hat bereits früher zu von Ihnen gestellten Fragen darauf hingewiesen, daß sie es generell nicht als ihre Aufgabe ansieht, sich mit publizistischen Äußerungen auseinanderzusetzen. Der Kommentar von Radio Warschau vom 11. November 1977 gibt den bekannten offiziellen polnischen Standpunkt wieder, daß eine deutsche Minderheit in Polen nicht existiert. Polen hat in der „Information" allerdings auch festgestellt: „In Polen ist bis heute aus verschiedenen Gründen (z. B. enge Bindung an den Geburtsort) eine gewisse Zahl von Personen mit unbestreitbarer deutscher Volkszugehörigkeit und von Personen aus gemischten Familien zurückgeblieben, bei denen im Laufe der vergangenen Jahre das Gefühl dieser Zugehörigkeit dominiert hat." Im zweiten Teil Ihrer Frage geben Sie den Kommentar von Radio Warschau nicht zutreffend wieder. In seiner Auseinandersetzung mit der Menschenrechtsdokumentation der CDU/CSU-Fraktion nimmt der Artikel nicht auf den deutschen Verzicht, sondern auf den Verzicht überlebender Polen auf Entschädigungsansprüche Bezug: „Und die Frage der Entschädigung für das deutsche Eigentum. In Polen können solche Forderungen nur schmerzhafte Assoziationen wecken. Wer wem was zu zahlen hätte, fragen diejenigen, die überlebt haben. Wir haben doch Verträge unterzeichnet und im Namen einer besseren Zukunft für alle Völker Europas auf alte Rechnungen ein für allemal verzichtet. Die Verträge der Bundesrepublik Deutschland mit den sozialistischen Ländern haben ein neues, besseres Klima für die europäische Entspannung vorbereitet, was sowohl im Westen als auch im Osten mit Genugtuung aufgenommen wurde. Die beiden Oppositionsparteien in der Bundesrepublik Deutschland versuchen aber unermüdlich, das Werk der Verständigung kaputtzuschlagen." Zum Standpunkt der Bundesregierung möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß die Bundesrepublik Deutschland mit den Ostverträgen auf den Anspruch auf Entschädigung für deutsche Vermögensverluste nicht verzichtet hat. Aber wir wissen, daß diese Ansprüche nicht losgelöst vom Gesamtzusammenhang der Reparationsfrage behandelt werden können. Anlage 51 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau von Bothmer (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 14 und 15): Trifft es zu, daß der inflationsbereinigte Haushalt des Europarats für 1978 keinen Zuwachs für neue Aufgaben aufweist, obgleich die Organisation drei neue, bedeutende Mitgliedsländer — Griechenland, Portugal und Spanien — gewonnen hat? Ist die Bundesregierung damit zufrieden, daß sich durch den Beitritt neuer Staaten zum Europarat ihr Haushaltsbeitrag vermindert, oder ist sie bereit, die derart eingesparten Mittel — es wäre darüber hinaus auch an Aufwertungsgewinne gegenüber dem französischen Franc zu denken — der Arbeit des Europarats als Sondermittel zur Verfügung zu stellen? 4744* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Zu Frage B 14: Der Haushalt des Europarats für das Jahr 1978 liegt bisher nur in einem Entwurf des Generalsekretärs des Europarats vor, über den das Ministerkomitee zur Zeit im Lichte der Empfehlungen des Haushaltsausschusses berät. Die Empfehlungen des Haushaltsausschusses sehen vor, daß Mittel für neue Aufgaben des Europarats durch Einsparungen in anderen Bereichen erwirtschaftet werden sollen. Der Wiedereintritt Griechenlands in den Europarat erfolgte bereits 1974 und der Beitritt Portugals 1976. Den Mehrausgaben, die durch den Beitritt Spaniens erforderlich werden, soll durch eine Erhöhung des Haushalts 1978 Rechnung getragen werden. Zu Frage B 15: Die Bundesrepublik Deutschland hat in den letzten Jahren ständig wachsende Beiträge zum Haushalt des Europarats geleistet, wie aus der anliegenden Aufstellung zu ersehen ist. Der Beitragsanteil der Mitgliedstaaten (bisher 18 % für die Bundesrepublik Deutschland) wird nach Artikel 6 in Verbindung mit Artikel 38 b des Statuts des Europarats durch das Ministerkomitee festgelegt. Durch den Wiedereintritt Griechenlands (1974) und dem Beitritt Portugals (1976) hat sich dennoch für die Bundesrepublik Deutschland eine Senkung weder ihres prozentualen Anteils noch ihres Beitrags überhaupt ergeben. Nach dem Beitritt Spaniens zum Europarat wird für 1978 unser Beitragsanteil auf 17,43 % gesenkt. Gleichwohl wird dies wegen des Anstiegs des Haushaltsvolumens des Europarats keine Einsparungen für uns, vielmehr insgesamt eine höhere Beitragsverpflichtung bewirken. Ebenfalls wegen des erhöhten Haushalts des Europarats haben Wechselkursänderungen für die Bundesrepublik Deutschland nicht zu Einsparungen geführt. Im Jahre 1976 haben dagegen Entwicklungen von Wechselkursen eine zusätzliche Anhebung des deutschen Beitrags bewirkt. Beiträge der Bundesrepublik Deutschland zum Haushalt des Europarats in Mio. DM in Mio. FF 1975 11,8 18,8 1976 14,8 *) 20,6 1977 13,8 23,4 1978 15,2 ") 33,4 *) Ursprünglich waren für 1976 12,6 Millionen DM veranschlagt; der erhöhte Beitrag ist- auf einen Kursverlust der DM gegenüber dem französischen Franc zurückzuführen. **) Der hier erwähnte Voranschlag für den deutschen Beitrag beruht noch auf dem alten Beitragsschlüssel von 18 °/o, er wird sich unter Zugrundelegung des neuen Beitragsschlüssels von 17,43 °/o geringfügig verringern. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 16, 17, 18 und 19) : Wie hat sich die Zahl der teilzeitbeschäftigten männlichen und weiblichen Beamten und sonstiger teilzeitbeschäftigter Bediensteten des Bundes seit 1973 entwickelt, und mit welcher Entwicklung rechnet die Bundesregierung bis 1978? Wie sehen die entsprechenden Zahlen für das Bundesarbeitsministerium aus? In welchen Besoldungsgruppen sind diese Beschäftigten eingruppiert? Welche Personalkosten waren bzw. sind für die Jahre 1973 bis 1978 ausgegeben bzw. im Bundeshaushaltsplan veranschlagt? Zu Fragen B 16 und B 18: Die Zahlen der Teilzeitbeschäftigten im unmittelbaren Bundesdienst mit der Hälfte und mehr als der Hälfte der vollen Arbeitszeit ergeben sich aus der folgenden Übersicht: Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4745* Jahr L gruppen Beamte und Richter 1 Angestellte Arbeiter Insgesamt 1973 2 038 19 460 39 567 61 065 1974 2 420 20 322 41 285 64 027 davon davon davon davon männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich 5 2 415 505 19 817 2 275 39 010 2 785 61 242 h. D. 20 57 g. D. 181 229 m. D. 2 127 18 579 e. D. 92 1 457 41 285 1975 2 857 19 296 36 291 58 444 1976 3 357 I 19 000 36 219 58 576 1977 3 932 19 528 42 516 65 976 davon davon davon davon männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich 29 3 903 682 18 846 7 459 35 057 8 170 57 806 h. D. 34 70 g. D. 315 183 m. D. 3 526 18 332 e. D. 57 943 42 516 Unterlagen für eine Aufgliederung nach der Anzahl der männlichen und weiblichen Teilzeitbeschäftigten und nach Laufbahngruppen liegen für den Gesamtbereich des Bundes nur für die Jahre 1974 und 1977 vor. Die Bundesregierung geht insbesondere im Hinblick auf ihre Bemühungen, die rechtlichen Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung für Beamte zu erweitern, davon aus, daß die Zahl der Teilzeitbeschäftigten zunehmen wird. Ob ihre Bemühungen sich schon im Jahre 1978 werden auswirken können, läßt sich derzeit noch nicht übersehen. Zu Frage B 17: Die Zahlen der Teilzeitbeschäftigten für das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung sehen wie folgt aus: Jahr I Beamte I Angestellte Arbeiter Insgesamt BesGr. m. w. VergGr. m. w. m. w. 1973 A 14 — 1 . VI b — i VII—IX b — 38 — 16 56 1974 A 14 — 1 VI b — 1 VII—IX b — 47 — 17 66 1975 A13 — 1 IIa 1 — A 14 — 1 VI b — 2 VII—IX b — 49 1 16 71 1976 A 14 — 1 V c — 2 VI b — 2 VII—IX b — 41 1 12 59 1977 A 13 — 1 I b — 1 A14 — 1 VIb — 2 VII—IX b — 41 1 10 57 4746* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Zu Frage B 19: Die erbetenen Zahlen über die Personalausgaben in den Jahren 1973 bis 1978 lauten wie folgt: 1973 21 269,3 Millionen DM 1974 24 030,7 Millionen DM 1975 25 449,4 Millionen DM 1976 26 249,0 Millionen DM 1977 27 550,0 Millionen DM (Hochrechnung nach dem Stand 31. Oktober 1977) 1978 28 843,5 Millionen DM (Regierungs- entwurf des Bundeshaushalts 1978) Die vorstehenden Zahlen (Ausgaben der Hauptgruppe 4) umfassen im wesentlichen Gehälter, Vergütungen, Löhne, Versorgungsbezüge, Beihilfen, Trennungsgeld, Umzugskosten, nicht jedoch Reisekosten und die Personalausgaben der im Bundeshaushalt enthaltenen Zuwendungsempfänger. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin (SPD) . (Drucksache 8/1288 Frage B 20) : Wie weit sind die Bemühungen des Bundesinnenministeriums gediehen, die zuständigen kommunalen Selbstverwaltungsorgane zur Anpassung der kommunalen Mustersatzungen an die inhaltlichen Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) anzugleichen? Die auf Bitte meines Hauses von der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Bundesländer eingeleitete Überprüfung, welche Regelungen der von den Ländern bzw. den kommunalen Spitzenverbänden herausgegebenen Mustersatzungen für bestimmte kommunale Einrichtungen und Tätigkeiten wie z. B. Abwasserbeseitigung, Müllbeseitigung oder Straßenreinigung den durch das AGB-Gesetz vom 9. Dezember 1976 gesetzten Maßstäben angepaßt werden sollten, konnte noch nicht abgeschlossen werden. Der von der Arbeitsgemeinschaft eingeschaltete Arbeitskreis III „Kommunale Angelegenheiten" hat zunächst seine Unterausschüsse „Kommunale Finanzen" und „Kommunale Wirtschaft" beauftragt, sich mit der Angelegenheit zu befassen. Der Unterausschuß „Kommunale Finanzen" hat hierüber erstmals im Mai 1977 beraten, jedoch noch keine Einigung erzielen können, welche Regelungen der Mustersatzungen im Hinblick auf das AGB-Gesetz anpassungsbedürftig sein könnten. Auf Bitte des Ausschusses werden im Bundesministerium der Justiz z. Z. die ihm von dem Deutschen Städtetag Ende November zur Verfügung gestellten Mustersatzungen einiger Länder bzw. des hessischen Gemeindetages sowie verschiedene Satzungen der Stadt Köln daraufhin durchgesehen, welche in diesen Satzungen enthaltenen „typischen Klauseln" sich mit den Maßstäben des AGB-Gesetzes nicht vereinbaren lassen. Nach dem Abschluß dieser Überprüfung wird sich der Unterausschuß „Kommunale Finanzen" erneut mit der Anpassung befassen. Der Unterausschuß „Kommunale Wirtschaft" hat sich mit der Angelegenheit in seiner Sitzung am 29./30. November 1977 befaßt. Nach eingehender Aussprache hat der Ausschuß die weitere Beratung zunächst vertagt, bis die Rechtsverordnungen nach den §§ 26 und 27 des Gesetzes über die Allgemeinen Bedingungen der Energieversorgungsunternehmen und die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Wasser und Fernwärme vorliegen. Diese Rechtsverordnungen werden z. Z. von dem Bundesminister für Wirtschaft vorbereitet. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Regenspurger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 21) : Ist es richtig, daß ein ehemaliger Abgeordneter Datenschutzbeauftragter werden soll? Ein Bundesbeauftragter für den Datenschutz konnte bisher nicht bestellt werden, obwohl sogleich nach Verabschiedung des Gesetzes Gespräche mit Persönlichkeiten aufgenommen worden sind, die für dieses Amt in Frage gekommen wären. Der Bundesinnenminister setzt diese Bemühungen mit Nachdruck fort, um so schnell wie möglich den Bundesbeauftragten bestellen zu können. Dabei bitte ich zu bedenken, daß es sich um eine Position handelt, die zum erstenmal besetzt 'wird und für die es — sieht man von dem Hessischen Datenschutzbeauftragen ab — in der Bundesrepublik kein Vorbild gibt. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Narjes (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 22 und 23) : Trifft es zu, daß der Terroristen-Kronzeuge Ruhland — wie er laut „Bild" vom 14. November 1977 zum Ausdrudck gebracht haben soll — von den Sicherheitsbehörden im Stich gelassen wurde und unter seinem alten Namen ohne Polizeischutz weiterleben muß, und wenn ja, welche Gründe sprachen dafür? Erwägt die Bundesregierung konkrete Maßnahmen zum Schutz der Kronzeugen, und wenn ja, welche? Zu Frage B 22: Die zuständige Polizeibehörde des Landes, in dem sich Ruhland ständig aufhält, hat mitgeteilt, daß die angeordneten Schutz- und Sicherungsmaßnahmen zweckentsprechend und ausreichend seien, aber gleichwohl laufend auf ihre Wirksamkeit überprüft würden. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4747* Zu Frage B 23: Schutz- und Sicherungsmaßnahmen für gefährdete Zeugen sind z. Z. Gegenstand von Beratungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Leitung meines Hauses. Die Arbeiten werden voraussichtlich im Frühjahr 1978 abgeschlossen sein. Schon jetzt besteht Übereinstimmung, daß der Schutz gefährdeter Zeugen als Maßnahme der Gefahrenabwehr der Polizei des Landes obliegt, in dem sich der Zeuge dauernd aufhält. In der Praxis wird bereits entsprechend verfahren. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Flämig (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 24) : Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um den die Bevölkerung beunruhigenden Horrorschilderungen im Zusammenhang mit Katastrophenschutzmaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland entgegenzutreten — beispielsweise der Veröffentlichung des Herrn Holger Strohm in seiner Broschüre „Kernenergie", in der er behauptet, die verseuchte, zum Tode verurteilte Bevölkerung" werde durch „Schußwaffeneinsatz am Ausbruch aus betroffenen Gebieten gehindert" oder „mit Leopard-Kampfpanzern überrollt"? Die Bundesregierng hat nicht die Absicht, jeder unqualifizierten Äußerung öffentlich entgegenzutreten, weil solche Aussagen durch das amtliche Dementi eine ungerechtfertigte Aufwertung erfahren würden. Die Bundesregierung geht davon aus, daß unsere Bürger auch ohne „Dementis" die Unsinnigkeit solcher Äußerungen wie der von Ihnen zitierten erkennen. Die Behauptung, die Bevölkerung werde am Verlassen gefährdeter Gebiete gehindert, ist erstmals nach Bekanntgabe des Alarmplans des Kernforschungszentrums Karlsruhe aufgetreten. Die dort vorgesehenen Verkehrseinschränkungen haben den Zweck, Unbeteiligte aus gefährdeten Bereichen fernzuhalten. Umgekehrt ist es wichtig, daß das gefährdete Gebiet verlassende Personen betreut werden und Hinweise für das weitere Verhalten bekommen. Dies gilt für die Notfallschutzplanung an allen technischen Anlagen, einschließlich der kerntechnischen Anlagen und ist in den Katastrophenschutzplänen entsprechend vorgesehen. Die Rahmenempfehlungen für .den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen werden nach dem Stand vom Oktober 1977 z. Z. im Gemeinsamen Ministerialblatt ausgedruckt und stehen somit der Öffentlichkeit zur Information zur Verfügung. Anlage 57 • Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 25) : Wann hat die Bundesregierung die bei der Beantwortung der in der Drucksache 8/838 gestellten Anfrage Nummer 21 angekündigte Auswertung der US-Environmental-Protection-AgencyStudie abgeschlossen, und wann und in welcher Form wird sie den Bundestag darüber unterrichten? Die Studie ist bisher nicht veröffentlicht. Auf offizielle Anfragen bei den zuständigen amerikanischen Behörden gaben diese bisher lediglich zu erkennen, daß eventuell in einigen Monaten mit der Drucklegung eines Berichtes gerechnet werden könne. Ob auch eine Veröffentlichung von Ergebnissen der amerikanischen Arbeiten erfolgen wird, blieb fraglich. Weitere Erkundigungen in den USA haben ergeben, daß die Meldung der Washington Post vom 4. Juli 1977 auf vorzeitigen Informationen über von der US-Energiebehörde (ERDA) in Auftrag gegebene Untersuchungen beruht. Diese werden sich noch über mehrere Jahre erstrecken. Die von der Zeitung veröffentlichten Daten sind demnach keineswegs als gesichert anzusehen. Sie werden deshalb auch von den zuständigen amerikanischen Stellen mit großer Zurückhaltung betrachtet. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schäfer (Offenburg) (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 26) : Welche zusätzlichen Sicherheitsbarrieren wären beim Störfall am 21. September 1977 im Kernkraftwerk Neckarwestheim im Fall der Nichtabschaltung des Reaktors durch Ansprechen eines Druckventils nodi funktionsfähig gewesen? Das Reaktorschutzsystem, das den Reaktor beim Erreichen bzw. Überschreiten bestimmter Grenzwerte automatisch abschaltet, war während des gesamten Vorfalls immer funktionsfähig. Der Prozeßrechner, der zu dieser Zeit für mehrere Stunden ausgefallen war, ist nicht Bestandteil des Schutzsystems und für dessen Funktionsfähigkeit somit bedeutungslos. Wie bei allen Sicherheitseinrichtungen wird gerade beim Reaktorschutzsystem das Prinzip der tiefgestaffelten mehrfachen Schutzbarrieren konsequent angewendet. Hätte die schnelle Druckabsenkung im Sekundärkreis durch Offnen des Sicherheitsventils die Schnellabschaltung nicht ausgelöst, so wäre das bei Erreichen eines anderen der dafür vorgesehenen Reaktorschutzgrenzwerte geschehen, hier bei den Grenzwerten für folgende Prozeßgrößen: — thermische Reaktorleistung — reziproke Periode — kurzzeitkorrigierte thermische Reaktorleistung, gleitender Grenzwert — kurzzeitkorrigierte thermische Reaktorleistung, fester Grenzwert — mittlere Kühlmitteltemperatur — Kühlmitteldruck — Druckhalterwasserstand 4748* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Borm, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Neben der automatischen Abschaltung bei Überschreiten der Grenzwerteinstellung obiger Prozeßgrößen bestand für das Bedienungspersonal jederzeit die Möglichkeit, die Schnellabschaltung manuell vorzunehmen. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Unland (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 27): Warum war es bisher nicht möglich, die Beamten des Grenzzolldienstes und des Bundesgrenzschutzes an der deutsch-niederländischen Grenze, insbesondere im Bereich des Hauptzollamts Gronau, mit kugelsicheren Westen auszurüsten, während die niederländischen Beamten der Marechaussee bereits unmittelbar nach Festnahme des Terroristen Folkerts mit einer derartigen Schutzausrüstung versehen waren? Der Grenzschutzeinzeldienst ist seit einiger Zeit in beschränkter Zahl mit Schutzwesten ausgestattet. Seit etwa drei Monaten sind Schutzwesten auf dem Markt, die gegenüber den früheren Westen wesentlich trageleichter sind. Der Grenzschutzeinzeldienst wird diese Schutzwesten anstelle der bisher vorhandenen alten Schutzwesten erhalten. Wegen der inzwischen eingetretenen verschärften Sicherheitslage wird die Zahl der Schutzwesten auch erhöht und dem vergrößerten Bedarf angepaßt werden. Der Bundesminister der Finanzen wird auch für den Grenzzolldienst Westen im erforderlichen Umfang beschaffen. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 28) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Verwendung des Bundesadlers in privaten Flugblättern — wie z. B. die Verwendung des Bundesadlers auf einem gegen die Kultusminister der Länder gerichteten Flugblatt der SJD — Die Falken (Bezirk Niederbayern/Oberpfalz, Glockengasse 7, 8400 Regensburg) — als rechtswidriger Mißbrauch des Bundesadlers anzusehen ist, und wenn ja, ist sie bereit, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um diesen Mißbrauch zu verfolgen und zu ahnden? Der Bundesregierung ist der in Ihrer Frage angesprochene Sachverhalt nicht bekannt. Eine unbefugte Verwendung des Bundesadlers durch Private stellt nach § 124 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eine Ordnungswidrigkeit dar. Für die Verfolgung und Ahndung ist nach der Verordnung vom 2. Januar 1975 (BGBl. I S. 209) das Bundesverwaltungsamt zuständig. Ich habe das Bundesverwaltungsamt angewiesen, der Angelegenheit nachzugehen. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hüsch (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 29 und 30) : Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, welche Gründe dafür vorliegen, daß gewerbliche Genehmigungsverfahren für gleichartige Anlagen, die einerseits in der Bundesrepublik Deutschland, andererseits in Belgien erstellt werden, trotz gleichartiger Unterlagen in der Bundesrepublik Deutschland mehr als ein Jahr länger dauern als in Belgien, so wie dies z. B. bei der Erweiterung der Anlage zur Herstellung von Herbiziden bei der Bayer AG Dormagen und bei dem entsprechenden Werk in Antwerpen der Fall war? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung innerhalb ihres Verantwortungsbereichs, die deutschen Genehmigungsverfahren so zu beschleunigen, daß eine wettbewerbsverzerrende Benachteiligung gegenüber Produzenten, die gleiche Anlagen außerhalb des deutschen Rechtsgebiets errichten, vermieden wird? Der Bundesregierung sind bisher keine Fälle bekanntgeworden, in denen beanstandet worden ist, daß Genehmigungsverfahren, bei denen vor der Errichtung der Anlage aus Gründen der Vorsorge Belange des Umweltschutzes, des Arbeitsschutzes sowie der Betriebssicherheit geprüft werden, in Bleichgelagerten Fällen in der Bundesrepublik Deutschland wesentlich länger dauern als in Belgien. Die Bundesregierung hatte daher bisher auch keine Veranlassung dazu, den etwaigen Gründen einer angeblich so unterschiedlichen Dauer der Verfahren nachzugehen, die möglicherweise in unterschiedlichen materiellen oder formellen Vorschriften über die Genehmigungsvoraussetzungen, die zu beteiligenden Kreise oder dgl. bestehen können. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung bereits mit der am 1. März 1977 in Kraft getretenen Neunten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Grundsätze des Genehmigungsverfahrens) in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft die Voraussetzungen für eine größtmögliche Vereinfachung und Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens geschaffen hat. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hofmann (Kronach) (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 31) : Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, ob der Verdacht zutrifft, daß der Terrorismus vom sowjetischen Geheimdienst KGB gesteuert werde? Der Bundesregierung liegen keinerlei Anhalts-' punkte darüber vor, daß der Terrorismus vom KGB gesteuert wird. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 32 und 33) : Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4749* Ist die Bestimmung des § 33 Abs. 1 des Parteiengesetzes, welche die Bildung von Ersatzorganisationen für verbotene Parteien untersagt, nach Auffassung der Bundesregierung zwingendes Recht, oder kann eine Ersatzorganisation entgegen dem Wortlaut des Gesetzes auf Grund von Zweckmäßigkeitserwägungen geduldet werden? Welche Voraussetzungen müssen nach Auffassung der Bundesregierung vorliegen, um eine Partei als Ersatzorganisation einer vom Bundesverfassungsgericht verbotenen Partei zu qualifizieren? Im Bereich des öffentlichen Rechts, zu dem § 33 Parteiengesetz gehört, haben Rechtsvorschriften für vollziehende Gewalt, Rechtsprechung und nicht zuletzt alle Normadressaten durchweg bindende Wirkung. Die Feststellung, daß eine Vorschrift des öffentlichen Rechts „zwingendes Recht" ist, besagt deshalb nichts darüber, ob der betreffenden Norm ein Ermessensspielraum für die Exekutive bei Ihrer Anwendung entnommen werden muß oder kann. Diese Frage ist jeweils im Einzelfall entsprechend den Regeln der juristischen Auslegungslehre zu entscheiden, wobei es nicht nur, wie in Ihrer Frage unterstellt wird, auf den Wortlaut ankommen kann. Was den Begriff der Ersatzorganisationen angeht, darf ich Sie auf die einschlägigen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in Band 6 Seite 300, 307 und Band 16 Seite 4, 5 seiner Entscheidungssammlung verweisen. Auch in diesem Zusammenhang bekräftige ich meine Auffassung, daß eine öffentliche Diskussion über die Frage, ob eine Partei als Ersatzorganisation einer bereits verbotenen Partei zu bewerten ist und über die sich daraus etwa ergebenden rechtlichen Konsequenzen nicht opportun erscheint. Die Bundesregierung wird sich an solchen Erörterungen nicht beteiligen. Anlage 64 Antwort des Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 34) : Sind nach dem Wissensstand der Bundesregierung Presseinformationen zutreffend, daß nach Ansicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris der Atommüll kein unlösbares Problem für die Zukunft darstellt und daß sich diese Organisation zu dieser Feststellung durch die Ergebnisse umfassender Studien einer hierfür eingesetzten Expertenkommission qualifiziert sieht, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Der Bundesregierung ist bekannt, daß eine Expertengruppe der OECD/NEA unter Leitung des italienischen Professors Polvani und unter Beteiligung von Experten der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) und aus 8 NEA-Mitgliedstaaten im Frühjahr 1977 einen Bericht (Polvani-Report) OBJECTIVES, CONCEPTS AND STRATEGIES FOR THE MANAGEMENT OF RADIOACTIVE WASTE ARISING FROM NUCLEAR POWER PROGRAMMES vorgelegt hat, der nach eingehenden Beratungen in den OECD/NEA-Beratungsgremien und im Lenkungsausschuß der OECD/NEA im September 1977 als „NEA EXPERTS REPORTS" veröffentlicht wurde. Im Kapitel VI (CONCLUSIONS AND RECOMMENDATIONS) drücken die Experten ihre Überzeugung darüber aus, ... daß die derzeit in der Entwicklung befindlichen Lösungen zur Endlagerung radioaktiver . Abfälle alle Sicherheits- und sonstigen Anforderungen erfüllen werden ... - Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, daß z. Z. eine deutsche Übersetzung des Berichts in Arbeit ist, die in wenigen Wochen über den Bundesminister für Forschung und Technologie erhältlich sein wird. Die OECD/NEA gilt weltweit als auf diesem Gebiet der Kernenergieentwicklung qualifiziert. Ihre Mitgliedstaaten haben sie mit der Durchführung eines international koordinierten Programms auf dem Gebiet der Beseitigung radioaktiver Abfälle beauftragt; einen besonders breiten Raum nehmen dabei gerade die Unterschungen zur Endlagerung in geologischen Formationen ein. Die Bundesregierung sieht ihre Konzeption für die Lösung der Entsorgungsfrage — insbesondere bezüglich der Endlagerung radioaktiver Abfälle in stabilen Formationen des tiefen geologischen Untergrunds — durch den NEA-Expertenbericht bestätigt. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 35) : Wie beurteilt die Bundesregierung Feststellungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft vom März 1977, daß die Ökologie, die Lehre von den Beziehungen des Lebewesens zu seiner Umwelt, in der Bundesrepublik Deutschland eine „ausgesprochen unterentwickelte" Wissenschaft sei, Ausbildung und Forschung im Bereich der ökologischen Wissenschaften stärker gefördert werden müßten und für ausgebildete Ökologen auch im Verantwortungsbereich des Bundes keine angemessenen Berufs- und Arbeitsmöglichkeiten bestünden, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Ganz allgemein — nicht nur auf die Bundesrepublik Deutschland bezogen — ist die ökologische Forschung noch nicht sehr weit entwickelt. Dies liegt u. a. an der ungewöhnlichen Schwierigkeit der Behandlung ökologischer Fragestellungen, die nur interdisziplinär, im Zusammenwirken von Biologen, Chemikern, Medizinern, Meteorologen von anderen, anzugehen sind. Es erscheint bei der Vielzahl und Vielgestaltigkeit ökologischer Probleme unzweckmäßig, von einer Ökologieausbildung an sich zu sprechen; das Problem liegt vielmehr in der Zusammenstellung geeigneter Gruppen von Fachwissenschaftlern zur Lösung der jeweils anstehenden Fragen. Die Bundesregierung kann wegen fehlender Kompetenz daher nicht die Ausbildung von Ökologen vorantreiben, jedoch versucht sie, das Bewußtsein für ökologische Probleme und ihre Bewältigung durch gezielte Programme zu wecken. Für den Bereich ihrer Kompetenz hat die Bundesregierung die Bedeutung, die sie der Ökologie beimißt, anläßlich der Fortschreibung ihres Umweltpro- 4750* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 gramms im Umweltbericht vom 14. Juli 1977 zum Ausdruck gebracht. Von den fünf Schwerpunkten der Umweltpolitik, die der Bericht setzt, betreffen zwei die Ökologie: „Erweiterung und Vertiefung der wissenschaftlichen Grundlagen für alle Bereiche des Umwelt- schutzes, vor allem der Kenntnisse über ökologische und medizinisch-biologische Folgewirkungen von Umweltbelastungen." „Verstärkte Berücksichtigung möglicher — insbesondere ökologischer — Folgewirkungen auf die Umwelt in den Fachplanungen des Bundes." Zur Verwirklichung dieser Schwerpunkte hat sie eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, die nur beispielhaft aufgeführt werden können: — Das Umweltbundesamt erarbeitet ein Informationssystem Ökologie, durch das kurzfristige Wirkungszusammenhänge erfaßt werden, — mit Hilfe eines Expertengremiums wird eine Konzeption für die langfristige Absicherung der Ökosystemforschung für die Bundesrepublik Deutschland erstellt; in sog. „Hauptforschungsräumen" sollen die Kausalzusammenhänge und Entwicklungstendenzen untersucht werden, — in internationalen ökologischen Programmen, wie dem Programm „Der Mensch und die Biosphäre" der UNESCO werden die Probleme der Stadtökologie untersucht. Ebenso werden durch internationale Seminare die Ökosystemforschungen über tropische Regenwälder gefördert, — weiterhin dient ein spezielles Forschungsförderungsprogramm, für das mehr als 5 Millionen DM jährlich anzusetzen sind, der ökologischen Bewertung der Wirkung von Umweltchemikalien. Hier wird insbesondere die wissenschaftliche Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg gesucht. Heute findet z. B. in Berlin zusammen mit der EG-Kommission ein europäisches Seminar über die wissenschaftlichen Probleme der Ökotoxizitätsprüfung statt. Ich bin der Auffassung, daß im Vergleich zu unseren Nachbarstaaten die Ökologie bei uns nicht unterentwickelt ist. Gemessen an den Bedürfnissen an Informationen für die Weiterentwicklung unserer modernen Industriegesellschaft bedarf sie jedoch noch der weiteren Entwicklung. Hier sind noch erhebliche Anstrengungen erforderlich. Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 36) : Wird die Bundesregierung eine Initiative zu einem gesetzlichen Verbot der ,Einwegflaschen" ergreifen, und wenn nein, sind dafür Kostengründe maßgebend oder welche anderen Gründe? Veranlaßt durch die Folgen einer steigenden Verwendung von Einwegflaschen auf Kosten von Mehrwegflaschen hat die Bundesregierung in ihrem Abfallwirtschaftsprogramm '75 und im Umweltbericht '76 besonders hervorgehoben, daß sie den Vertrieb von Getränken, insbesondere von Bier und Erfrischungsgetränken, in Mehrwegflaschen für die abfallwirtschaftlich sinnvollste Lösung des Getränkebehälterproblems ansieht. Abgesehen von erheblich höherer Abwasserbelastung und höherem Wasserbedarf entsteht bei Einwegflaschen ein um etwa 20mal höheres Beseitigungsvolumen bezogen auf die Abfüllmenge. Die Bundesregierung hat für die Durchführung des Abfallwirtschaftsprogramms freiwilligen Lösungen zur Beschränkung des Abfallaufkommens aus Getränkebehältern Vorrang vor staatlichen Eingriffen eingeräumt. An dieser Rangfolge hält sie grundsätzlich fest. Um Einfluß nehmen zu können, hat der Bundesminister des Innern im Frühjahr dieses Jahres einen ausführlichen Dialog mit der Getränke- und Getränkebehälterindustrie sowie dem Handel eingeleitet. Ziel dieser Gespräche ist es, das in der Bundesrepublik Deutschland eingespielte Verwertungssystem von Altglas zu erhalten und durch eine gesteigerte Rückführung von Glasbehältern in den Produktionsprozeß zu einer Verringerung des Altglasvolumens beizutragen. Bei einer Anhörung der betroffenen Wirtschaftskreise, der Verbraucherverbände und kommunalen Spitzenverbände im Bundesministerium des' Innern am 13. Oktober 1977 hat die Hohlglasindustrie zugesagt, ihre Bemühungen um getrennte Sammlung von Altglas weiter zu steigern. Sie stellte dabei in Aussicht, das diesjährige Ergebnis der Altglasverwertung von rund 300 000 t, entsprechend etwa 15 °/o der Gesamtproduktion, auf über 450 000 t im Jahre 1980 zu erhöhen Außerdem will die Glasindustrie die Verringerung des Gewichtes von Einweg- und Mehrwegflaschen mit Nachdruck fortsetzen. Sie geht davon aus, daß dadurch die Gewichtserhöhung des Glasabfallaufkommens vermieden werden kann trotz der zu erwartenden Erhöhung der Flaschenproduktion von 3 bis 5 °/o bis 1980. Des weiteren wird sich die Getränkeindustrie und der Getränkehandel bemühen, die Pfanderhebung für Mehrwegflaschen auf das gesamte Bundesgebiet auszudehnen. In Erwartung dieser privatwirtschaftlichen Initiativen sieht sich die Bundesregierung zunächst nicht veranlaßt, durch eine Gesetzesinitiative in den Getränkemarkt einzugreifen. Bei einer solchen Maßnahme wären neben Kostenfragen insbesondere negative Auswirkungen auf die Arbeitsplatzsituation zu berücksichtigen. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 37 und 38): Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4751* Wie hat sich die Gesamtaltersversorgung von Arbeitern und Angestellten im öffentlichen Dienst im Verhältnis zu Beamten und Arbeitnehmern in der privaten Wirtschaft seit Einführung der Zusatzversorgung entwickelt, und wie beurteilt die Bundesregierung die zukünftige Entwicklung? Wie ist der Stand diesbezüglicher Verhandlungen zwischen den Tarifparteien, und welche Ziele verfolgt die Bundesregierung dabei? Zu Frage B 37: Die Gesamtversorgung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes setzt sich zusammen aus der gesetzlichen Rente und den Leistungen der Zusatzversorgung. Deren Entwicklung ist geprägt durch den 1967 vollzogenen Übergang zum System einer dynamischen beamtenrechtsähnlichen Gesamtversorgung, die dem Versicherten — je nach der Länge der Dienstzeit — zusammen mit der gesetzlichen Rente bis zu 75 v. H. des am Ende des Berufslebens bezogenen Bruttoarbeitsentgelts gewährleistet. Seither haben sich Gesamtversorgung und Beamtenversorgung insoweit unterschiedlich entwickelt, als es um das Verhältnis des verfügbaren Versorgungseinkommens zum letzten verfügbaren Arbeitseinkommen geht. Der Anstieg der Arbeitsentgelte und der Abzüge (Steuern, Sozialversicherungsbeiträge) hat in Verbindung mit dem abzugsfreien Zufluß der Gesamtversorgung dazu geführt, daß die Gesamtversorgung häufig das letzte verfügbare Arbeitsentgelt erreicht oder übersteigt (Überversorgung). Im einzelnen darf ich zum Vergleich der Versorgungssysteme auf das ausführliche Gutachten der „Treuarbeit" verweisen, das als Bundestags-Drucksache 7/5569 vorgelegt worden ist. Das Treuarbeitsgutachten befaßt sich auch mit der Altersversorgung der Arbeitnehmer in der privaten Wirtschaft. Die Bundesregierung hat eine Untersuchung der Disparitäten der Altersversorgungen innerhalb des öffentlichen Dienstes veranlaßt; sie wird sich alsbald erneut mit dieser Angelegenheit befassen. Zu Frage B 38: Zwischen den Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes bei Bund, Ländern und Gemeinden werden seit geraumer Zeit Verhandlungen über das Problem der Überversorgung geführt, von Arbeitgeberseite mit dem Ziel der Wiederherstellung eines angemesseneren Verhältnisses zwischen Versorgungseinkommen und verfügbarem Arbeitseinkommen. Obwohl die auf Spitzen- und Fachebene intensiv geführten Verhandlungen bisher noch nicht zu Ergebnissen geführt haben, hält die Arbeitgeberseite nach wie vor an ihrer Absicht fest, eine Lösung im Verhandlungswege zu erreichen. Anlage 68 Antwort des Pari. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Köhler (Duisburg) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 39): Hat die Bundesregierung sichergestellt, daß Beamte, die früher auch Ansprüche aus einem zurückliegenden Angestelltenverhältnis hatten, durch ergänzende Regelungen zum 20. Rentenanpassungsgesetz den Nichtbeamten gegenüber zumindest nicht benachteiligt werden? Die Bundesregierung hat eine Besitzstandsregelung vorbereitet für diejenigen Beamten und Richter, die ihre Ansprüche auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen nach dem 20. Rentenanpassungsgesetz verloren haben. Es ist vorgesehen, daß die Rehabilitationsmaßnahmen für diesen Personenkreis wie bisher durch die Rentenversicherungsträger auf Kosten des Bundes durchgeführt werden. Ein Entwurf dieser Regelung, dem die hauptbeteiligten Bundesressorts im Grundsatz zugestimmt haben — die Frage einer etwaigen Eigenbeteiligung ist noch offen —, wird den Rentenversicherungsträgern in Kürze zur Stellungnahme zugeleitet. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 40 und 41) : Welche Gründe sind dafür maßgebend, daß das Umweltbundesamt in Berlin 1978 erst etwa 400 Mitarbeiter haben wird, nachdem vom Leiter der Behörde für diesen Zeitpunkt ein Personalbestand von etwa 900 Mitarbeitern" angekündigt worden war (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31. Juli 1974)? Entspricht es den Tatsachen, daß das Umweltbundesamt deshalb auf eigene Forschungsarbeiten weitgehend verzichten muß? Zu Frage B 40: Bei der Errichtung des Umweltbundesamtes war zunächst vorgesehen, daß zur Wahrnehmung der dem Umweltbundesamt zu übertragenden Aufgaben, einschließlich einer umfassenden eigenen Forschungstätigkeit, ein Personalbedarf von etwa 850-900 Beschäftigten in diesem Amt erforderlich wäre. Im Jahre 1972 ist der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung gebeten worden, zur Organisation und Personalwirtschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes beim Bund gutachtlich Stellung zu nehmen. Das Gutachten (Teil I) ist im März 1976 vorgelegt worden. Darin hat der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung sich gegen eine umfassende eigene Forschungstätigkeit des Umweltbundesamtes ausgesprochen und unter Berücksichtigung des verbliebenen Aufgabenumfangs eine personelle Ausstattung der Behörde mit etwa 450 Bediensteten für ausreichend erachtet. Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat das Gutachten zustimmend zur Kenntnis genommen. Nach dem Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1977 stehen dem Umweltbundesamt 377 Planstellen und Stellen zur Verfügung. Als Ergebnis der bisherigen Verhandlungen über den Entwurf des Bundeshaushaltsplans für das Jahr 1978 sind insgesamt 52 neue Planstellen und Stellen für das Amt vorgesehen. Für das Haushaltsjahr 1979 wird ein weiterer Zuwachs bis zu den vom Bundes- 4752* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 beauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung empfohlenen 450 Planstellen und Stellen angestrebt. Sollten in den nächsten Jahren neue schwergewichtige Aufgaben auf das Umweltbundesamt zukommen, wird aufgrund der veränderten Sachlage eine weitere Erhöhung der Planstellen/Stellen überprüft werden müssen. Zu Frage B 41: Zur Durchführung von Forschungsarbeiten durch das Umweltbundesamt ist folgendes festzustellen: Nach dem Gesetz über die Errichtung eines Umweltbundesamtes vom 22. Juli 1974 hat das Umweltbundesamt die Aufgabe, den Bundesminister des Innern — insbesondere in allen Angelegenheiten des Immissionsschutzes und der Abfallwirtschaft — bei der Erarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, der Erforschung und Entwicklung von Grundlagen für geeignete Maßnahmen sowie der Prüfung und Untersuchung von Verfahren und Einrichtungen wissenschaftlich zu unterstützen. Demnach ist das Umweltbundesamt mit Gutachten, Studien und Analysen auf dem Umweltgebiet insofern befaßt, als — Forschungsvorhaben, die Dritte bearbeiten sollen, vorbereitet, d. h. insbesondere definiert werden müssen, — Forschungsergebnisse Dritter auf ihre Verwendbarkeit für Gesetze, Rechts- und sonstige Vorschriften, andere Aussagen und Maßnahmen des Bundesministers des Innern ausgewertet werden müssen, oder — externe Auftragnehmer im Einzelfall für die wissenschaftliche Unterstützung des Bundesministers des Innern nicht in Anspruch genommen werden können. Darüber hinaus nimmt das Umweltbundesamt den Sachverstand Externer in Anspruch, vergibt hierfür Zuwendungen oder Aufträge oder, schließt entsprechende Verträge ab. Zu diesem Zweck hat der Bundesminister des Innern die Bewirtschaftung der ihm für die Ressortforschung auf dem Umweltgebiet zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf das Umweltbundesamt übertragen. Eine umfassende eigene Forschungstätigkeit des Umweltbundesamtes würde dazu führen, daß die Behörde im wissenschaftlichtechnischen Bereich einen Personalkörper vorhalten müßte, der zur Untersuchung spezieller Fragen nicht ständig benötigt wird. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 42 und 43) : Welche Untersuchungen und gegebenenfalls welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die praktischen Auswirkungen des § 247 BGB im Bereich des Verbraucherkredits vor, insbesondere inwieweit ist ihr bekannt, in welchem Ausmaß langfristig aufgenommene Investitionskredite durch diese Vorschrift berührt werden, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus gegebenenfalls für sie im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts? Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, in welcher Industrienation es Rechtsvorschriften gibt, die es gestatten, einen langfristig zu marktüblichen Bedingungen abgeschlossenen Darlehensvertrag über einen Investitionskredit außerhalb eines Insolvenz- oder Vertragshilfeverfahrens vorzeitig durch den Darlehensnehmer zu beenden, und wenn ja, sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, in dieser Richtung Überlegungen anzustellen? Zu Frage B 42: Repräsentative Untersuchungen und detaillierte Erkenntnisse darüber, in welchem Umfang von dem Kündigungsrecht nach § 247 Abs. 1 BGB Gebrauch gemacht wird, liegen der Bundesregierung nicht vor und sind nach einer Umfrage bei den in Betracht kommenden Wirtschaftsverbänden und amtlichen Stellen auch nicht vorhanden. Auf Grund durchgeführter Teilerhebungen lassen sich jedoch folgende vorläufige Anhaltspunkte gewinnen: Im Bereich der Versicherungswirtschaft hat eine vom Bundesaufsichtsamt durchgeführte Umfrage bei 15 größeren Unternehmen (Stand November 1977) mit einem Bestand von 20 932 Millionen DM an Hypotheken-und Schuldscheindarlehen ergeben, daß rund 432 Millionen DM (= 2,09%) durch Kündigungen oder Zinsanpassungswünsche auf der Grundlage des § 247 Abs. 1 BGB betroffen worden sind. Aus dem Bereich der Sparkassen liegen keine konkreten Zahlen vor, man schätzt jedoch auf Grund von Rückfragen das Ausmaß der nach § 247 Abs. 1 BGB gekündigten oder angepaßten Darlehen auf erheblich unter 4 °/o der herausgelegten Kredite. Von seiten der privaten Banken wird ohne Angabe konkreter Zahlen mitgeteilt, Kündigungen und Zinsanpassungswünsche auf der Grundlage des § 247 Abs. 1 BGB hätten in den letzten Wochen — nicht zuletzt auf Grund der öffentlichen Diskussion zu § 247 BGB — zugenommen. Aus dem .Bereich der Volksbanken und Raiffeisenbanken wird berichtet, daß diese Institute im Rahmen von in den Darlehensverträgen vorgesehenen Zinsanpassungsklauseln von sich aus in großem Umfang die Darlehenszinsen gesenkt hätten; ohne diese Maßnahmen hätte in erheblichem Umfang mit Kündigungen gerechnet werden müssen. Bei den durchgeführten Erhebungen ergab sich, daß sowohl private als auch gewerbliche Darlehensnehmer von dem Kündigungsrecht nach § 247 Abs. 1 BGB Gebrauch machen. Das gegenwärtige Ausmaß vorzeitiger Kündigungen nach § 247 Abs. 1 BGB dürfte quantitativ gesehen die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes kaum beeinträchtigen. Zu Frage B 43: Bei Beantwortung dieser Frage muß sich die Bundesregierung auf einige Hinweise zum ausländischen Recht beschränken. Über die Regelung des § 247 BGB hinaus geht, soweit es sich um Konsumentenkredite handelt, die auch von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften aufgegriffene Regelung des britischen Consumer Credit Act 1974. Danach kann der Darlehensnehmer ein Darlehen jederzeit ganz oder teilweise Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1973 4753* vorzeitig unter voller Anrechnung ersparter Zinsen zurückzahlen. Eine derartige Regelung ginge der Bundesregierung wegen der einseitigen Belastung der Kreditgeber zu weit. Ich darf insoweit auf meine Antwort zu Ihrer schriftlichen Anfrage Nr. B 22 (Fragestunde vom 26./27. Oktober 1977) Bezug nehmen. Ein jederzeitiges Ablösungsrecht des Darlehensnehmers — und zwar des privaten wie des gewerblichen — besteht auch im belgischen Recht; hier kann sich allerdings der Darlehensgeber für den Fall der Kündigung eine Entschädigung bis zur Höhe sechsmonatiger Zinsen auf das zurückgezahlte Kapital vorbehalten. Nach Auffassung der Bundesregierung besteht kein Grund, eine solche Regelung derjenigen des § 247 BGB vorzuziehen. Das französische Recht kennt keine dem § 247 BGB entsprechende Regelung. Durch eine perfekte, auch laufende Verträge erfassende staatliche Festlegung höchstens zulässiger vertraglicher Zinsen beschränkt es jedoch die Bewegungsfreiheit der Kreditgeber in weitaus schärferer Form als die Regelung des § 247 BGB. Für die Bundesregierung könnte eine derartige Lösung nicht als Vorbild dienen. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. . de With auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Sperling (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 44, 45, 46 und 47): In welchem Maß hat der Umfang der Gesetzblätter des Bundes in den letzten Jahren zugenommen, und auf welche Art von Gesetzen und Verordnungen sind die Zunahmen hauptsächlich zurückzuführen? Verfügt die Bundesregierung eventuell über Erkenntnisse darüber, in welchem Maß der Umfang der Gesetzblätter der Länder in den letzten Jahren zugenommen hat, und auf welche Art von Gesetzen und Verordnungen diese Zunahme hauptsächlich zurückzuführen ist, und wenn ja, welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung? Im welchem Umfang haben in den Gesetzblättern des Bundes Gesetze und Verordnungen zugenommen, die den einzelnen Bürger direkt betreffen, und welchen Anteil an der Zunahme haben neue öffentliche Aufgaben, die erst in den letzten Jahren gesetzlich geregelt wurden, wie der Umweltschutz? Verfügt die Bundesregierung eventuell über Erkenntnisse darüber, in welchem Umfang in den Gesetzblättern der Länder Gesetze und Verordnungen zugenommen haben, die den einzelnen Bürger direkt betreffen, und welchen Anteil an der Zunahme neue öffentliche Aufgaben, die erst in den letzten Jahren gesetzlich geregelt wurden, wie der Umweltschutz, daran haben, und wenn ja, welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung? Zu Fragen B 44 und 46: A. Der Gesamtumfang des Bundesgesetzblattes sieht für 1970 bis 1977 wie folgt aus; Anlagebände sind gesondert aufgeführt: Bundes- Teil I Teil II gesetzblatt Jahrgang 1970 1 880 Seiten 1) 1 380 Seiten 1971 2 172 Seiten 2) 1 380 Seiten 1972 2 560 Seiten 3) 1 644 Seiten Bundes- Teil I Teil II gesetzblatt 1973 2 000 Seiten 4) 1 876 Seiten 1974 3 744 Seiten 5) 1 588 Seiten 1975 3 186 Seiten 6) 2 420 Seiten 1976 3 884 Seiten 2 000 Seiten 1977 2 600 Seiten 7) 1 500 Seiten 8) (geschätzt) (geschätzt) 1) = zuzüglich 1 Anlageband mit insgesamt 114 Seiten 2) = zuzüglich 5 Anlagebände mit insgesamt 497 Seiten 3) = zuzüglich 1 Anlageband mit insgesamt 84 Seiten 4) = zuzüglich 1 Anlageband mit insgesamt 243 Seiten 5) = zuzüglich 10 Anlagebände 6) = zuzüglich 14 Anlagebände mit insgesamt 917 Seiten 7) = zuzüglich 1 Anlageband mit insgesamt 47 Seiten 8) = zuzüglich 2 Anlagebände mit insgesamt 1 050 Seiten Die Zahl der im Bundesanzeiger verkündeten — kurzlebigen — Rechtsverordnungen zeigt keine auffällige Entwicklung. B. Aussagefähiger ist der Vergleich zwischen Jahrgangsgruppen des Bundesgesetzblatts, wenn jede Jahrgangsgruppe in etwa eine Legislaturperiode des Deutschen Bundestages umfaßt. Das sieht für Bundesgesetzblatt I ohne Anlagebände so aus: 1949-1953: 4 292 Seiten 1954-1957: 4 420 Seiten 1958---1961: 5 071 Seiten 1962-1965: 5 108 Seiten 1966-1969: 6 070 Seiten 1970-1972: 6 612 Seiten (verkürzte Wahlperiode) 1973-1976: 12 796 Seiten. C. Nach Stoffgebieten und Adressaten der Gesetze und Verordnungen wird bei der Veröffentlichungsstatistik bisher nicht unterschieden. Ein Aussondern danach, was „den einzelnen Bürger direkt betrifft", wäre auch deshalb schwierig, weil viele Gesetze zwar ihrer Fassung nach an den Bürger gerichtet sind, der Sache nach aber — eventuell zugleich — auf eine Regelung des Verhaltens der staatlichen Organe (Behörden, Gerichte) hinauslaufen. Der zweite Teil der Frage B 44 und die Frage B 46 lassen sich demnach ohne spezielle Untersuchungen nicht beantworten. D. Nach den vorhandenen statistischen Angaben ist jedoch auf folgendes hinzuweisen: Fast ein Drittel der den Gesetzen gewidmeten Seiten in den letzten Jahrgängen des Bundesgesetzblattes I entfälllt auf deklaratorische Neufassungen, die der jeweilige Fachminister im Bundesgesetzblatt bekanntmacht. Bei den Rechtsverordnungen ist dieser Anteil dagegen geringer: Im einzelnen ergibt sich nach Veröffentlichungsgegenständen, Stückzahlen und Seitenzahlen folgendes Bild: 4754* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Bundesgesetzblatt I, Übersicht über die Jahrgänge 1973-1976 Stückzahlen, in Klammer: Seitenzahlen I1973 1974 1975 I 1976 1. Gesetze a) verkündet 51 (306) 98 (842) 79 (752) 108 (1 047) b) deklaratorisch neugefaßt 9 (118) 16 (391) 25 (431) 22 (474) 2. Rechtsverordnungen a) verkündet 208 (1 036) 289 (1 806) 261 (1 240) 283 (1 696) b) deklaratorisch neugefaßt 9 (175) 10 (239) 16 (335) 20 (179) 3. Anordnungen 8 (11) 12 (17) 13 (15) 12 (78) 4. Entscheidungen (BVerfG) 19 (14) 25 (20) 24 (19) 17 (19) 5. Bekanntmachungen und Berichtigungen 30 (29) 34 (40) 66 (43) 38 (39) 6. Hinweise auf Inhalte anderer Blätter (283) (335) (296) (304) 7. Anzeigen (28) (54) (55) (48) Seitensummen: I (2 000) (3 744) (3 186) (3 884) Danach entfielen von den Gesetzblattseiten, die den eigentlichen Rechtstexten gewidmet sind (Zeilen 1. a+b, 2. a+b), die folgenden prozentualen Anteile auf deklaratorische Neufassungen: Rechts Gesetze verord nungen Zusammen 1973 27,8 % 14,5 % 17,9 % 1974 31,7% 11,7 % 19,2 % 1975 36,4 % 21,3 % 27,8 % 1976 31,2 % 9,5 % 19,2 % 1973 bis 1976 32,4 % 13,8 % 21,2 % Zu Fragen B 45 und 47: Die Bundesregierung verfügt über keine speziellen Erkenntnisse. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 48) : Ist nach der Meinung der Bundesregierung nach § 14 Nr. 3 f des Rechtspflegergesetzes ein Verfahren zulässig und hat es sich bewährt, demzufolge dem Richter nur die Entscheidung über die Annahme als Kind übertragen ist, während alle übrigen Maßnahmen, die der Vorbereitung dieser Entscheidung dienen, dem Rechtspfleger übertragen sind, und ist an die Überprüfung und Änderung dieser Vorschrift gedacht? Die Neufassung des § 14 Nr. 3 Buchst. f des Rechtspflegergesetzes, wie sie auf Vorschlag des Bundesrates anläßlich der Beratungen des Adoptionsgesetzes vom 2. Juli 1976 beschlossen wurde, hat im Bereich einer Landesjustizverwaltung zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Vormundschaftsrichtern und Rechtspflegern geführt. Die dort aufgekommenen Meinungsverschiedenheiten betreffen den Umfang der Übertragung der Entscheidung über die Annahme als Kind auf den Richter. In den parlamentarischen Beratungen ist diese Frage nicht behandelt worden. Die Vormundschaftsrichter argumentieren, nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift seien sie nur zuständig für den Erlaß des Beschlusses, mit dem die Annahme als Kind vom Vormundschaftsgericht ausgesprochen wird (§ 1752 Abs. 1 BGB), die Rechtspfleger hätten dagegen alle Maßnahmen zu treffen, die zur Vorbereitung dieser Entscheidung erforderlich seien. Die Landesjustizverwaltung teilt die Auffassung der Vormundschaftsrichter. Demgegenüber vertreten die Rechtspfleger unter Berufung auf die Begründung zu der in Frage stehenden Vorschrift, wie sie der Bundesrat formuliert (vgl. Drucksache 7/3061) und der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages übernommen (vgl. dessen Bericht vom 27. April 1976, Drucksache 7/5087) hat, und wohl auch auf Stimmen in der Literatur die Auffassung, die Vormundschaftsrichter müßten grundsätzlich auch alle Vorarbeiten Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4755* selbst erledigen, die für den Erlaß des Adoptionsbeschlusses erforderlich seien. Soweit ich bisher sehe, ist es zu größeren Meinungsverschiedenheiten nur im Bereich dieser einen Landesjustizverwaltung gekommen. Die gegensätzlichen Auffassungen scheinen fortzubestehen, wie sich aus dem an Sie gerichteten Schreiben des, Bundes Deutscher Rechtspfleger vom 11. Oktober 1977 ergibt. Zu den konkreten Fragen, die Sie gestellt haben, kann ich mich derzeit zu meinem Bedauern noch nicht äußern, weil ich mir zunächst einen Überblick darüber verschaffen muß, ob die aufgezeigten Meinungsunterschiede auch in den Bereichen anderer Landesjustizverwaltungen aufgetreten sind und ob die Länder eine Überprüfung der Vorschrift des § 14 Nr. 3 Buchst. f RPflG für geboten halten. Ich werde mich mit den Ländern in Verbindung setzen und Sie alsdann weiter unterrichten. Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Haase (Kassel) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 49 und 50): Weshalb hat die Bundesregierung die in der Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion betr. Änderungen der Buchungspraxis im Bundeshaushaltsentwurf 1978 und im Finanzplan für die Jahre bis 1981 enthaltene Frage 1: Welche Haushaltsansätze mit welchen Beträgen sind im Entwurf des Bundeshaushaltsplanes 1978 und im Finanzplan der Bundesregierung für die Jahre bis 1981 anders veranschlagt (z. B. Brutto- statt bisheriger Nettoveranschlagung, Teilung bisher einheitlicher Ansätze) oder anders eingruppiert als im Haushaltsplan 1977? im wesentlichen nur mit Globalzahlen beantwortet, anstatt in der Antwort die einzelnen Haushaltsansätze und Beträge aufzugliedern? Will die Bundesregierung hiermit etwas verdecken, oder ist sie bereit, in der Antwort auf diese Zusatzfrage die erbetene Aufaliederung zum Zweck der Überprüfung nachzuliefern? 1. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort (s. BT-Drucksache 8/1224) auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion vom 2. November 1977 die Veränderungen der Veranschlagungen und deren finanzielle Auswirkungen dargestellt und begründet: Von der erfragten buchhalterischen Aufzählung der einzelnen Haushaltsansätze wurde abgesehen, weil eine solche detaillierte Aufstellung für Parlament und Öffentlichkeit nicht sinnvoll erschien. Sie können sich davon anhand der beigefügten Aufstellung unschwer überzeugen. 2. Für den ersten Teil Ihrer zweiten Frage besteht demnach keine Veranlassung. Im übrigen nehme ich auf die Beantwortung der Frage 1. Bezug. Übersicht über die im Haushaltsentwurf 1978 gegenüber dem Haushaltsplan 1977 veränderten Veranschlagungen Haushaltsentwurf 1978 (Stand: RegEntw.) Haushaltsplan 1977 a) Brutto-/Nettoveranschlagung b) Umgruppierung c) Aufteilung Kap / Kurzbezeichnung Ansatz Ka / Kurzbezeichnung Ansatz Tit. Millionen Tit. Millionen DM DM 07 12 Ausgaben für die 0,0 a) 07 12 Ausgaben für die 0,1 532 02 Kindertagesstätte 532 02 Kindertagesstätte 10 04 Kosten der Vorratshaltung 62,2 a) 10 04 Kosten der Vorratshaltung 125,9 671 02 671 02 23 02 Technische Zusammenarbeit 428,0 b) 23 02 Technische Zusammenarbeit 530,0 686 01 896 03 23 02 Vorhaben der Kirchen 108,0 b) 23 02 Vorhaben der Kirchen 115,0 686 05 896 04 30 05 Nichtnukleare Energiefor- 182,9 c) 30 05 Nichtnukleare Energie- 122,7 68316 schung 68316 forschung - Forschung und Entwicklung - 892 16 Investitionen 125,0 30 06 Meeresforschung 24,0 c) 30 06 Vorhaben der Meeresfor- 67,7 685 20 Meerestechnik 44,0 685 21 schung und -technik Investitionszuschüsse für 5,4 685 21 893 21 Meeresforschung und -technik 32 08 Inanspruchnahme aus - a) 32 08 Inanspruchnahme aus 300,0 870 01 Gewährleistungen 870 01 Gewährleistungen 35 02 Kapitalausgaben 5,5 b) 08 04 Zuschuß an die OFD Berlin 5,5 712 01 539 01 35 11 Bewirtschaftung der 9,0 a) 35 11 Bewirtschaftung der Grund- 24,0 517 02 Grundstücke 517 02 stücke 518 03 Leistungen im Zusammen- 20,0 a) 518 03 Leistungen im Zusammen- 25,0 hang mit der Überlassung hang mit der Überlassung von Sachen an die auslän- von Sachen an die auslän- dischen Streitkräfte dischen Streitkräfte 519 02 Unterhaltung von Grund- 3,9 a) 519 02 Unterhaltung von Grund- 4,3 stücken stücken 526 01 Gerichtskosten 0,3 a) 526 01 Gerichtskosten 0,35 632 01 Erstattung von Personal- und 18,0 a) 632 01 Erstattung von Personal- und 18,5 Sachausgaben Sachausgaben 698 02 Abgeltung von Schäden 31,0 a) 698 02 Abgeltung von Schäden 81,0 712 01 Aufwendungen für 5,0 a) 712 01 Aufwendungen für Liegen- 7,0 Liegenschaften schaften 712 02 Beschaffung von Ersatz- 20,0 a) 712 02 Beschaffung von Ersatz- 27,5 liegenschaften liegenschaften 883 01 Bau- und Instandhaltung 8,0 a) 883 01 Bau- und Instandhaltung 9,0 883 04 Aufwendungen für Straßen- 21,0 a) 883 04 Aufwendungen für Straßen- 24,0 bau bau Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4757* Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekrtärs Haehser auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Höpfinger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 51 und 52): Auf welche Beteiligungen und Kapitaleinlagen beziehen sich die im Finanzplan des Bundes 1977 bis 1981 (Drucksache 8/951) auf Seite 34 in der Kapitalrechnung unter Nummer 32 genannten Beträge? Welche Notwendigkeit kann die Bundesregierung dafür anführen, daß sie solche Beteiligungen und Kapitaleinlagen auch im Ausland erworben hat, wie es sich aus der Drucksache 8/951, Seite 34, unter Nummer 32 ergibt? Zu Frage B 51: Die Zusammenstellung 4 des Finanzplans des Bundes 1977 bis 1981 (BT-Drucksache 8/951) enthält eine Gliederung der Ausgaben des Bundes nach ökonomischen Ausgabearten. Dabei sind unter „Erwerb von Beteiligungen, Kapitaleinlagen" alle Haushaltsansätze der Gruppen 831 (Inland) und 836 (Ausland) nach dem Gruppierungsplan zusammengefaßt. Konkret handelt es sich um die Erhöhung von bestehenden Beteiligungen des Bundes. Die einzelnen Kapitalzuführungen im Inland sind im Bundeshaushalt 1978 (RegE) insbesondere im Einzelplan des für die Bundesbeteiligungen zuständigen Bundesfinanzministers (Kap. 08 06) nachgewiesen. Es handelt sich 1978 insbesondere um die Salzgitter AG und die Volkswagenwerk AG. Eingehende Informationen über die Beteiligungen des Bundes ergeben sich aus der beigefügten Broschüre des Bundesfinanzministerium „Beteiligungen des Bundes 1975". Zu Frage B 52: Bei den Auslandsbeteiligungen handelt es sich um Beteiligungen der Bundesrepublik Deutschland an Entwicklungsbanken, Organisationen und Fonds im Rahmen der multilateralen entwicklungspolitischen Zusammenarbeit (z. B. Internationale Entwicklungsorganisation — IDA —, Weltbank usw.) sowie an der Europäischen Investitionsbank. Damit beantwortet sich Ihre Frage nach der Notwendigkeit von selbst. Für die Bundesrepublik Deutschland ist die Beteiligung auch an der multilateralen Zusammenarbei ein wesentliches Element ihrer Entwicklungspolitik. Die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an der Europäischen Investitionsbank beruht auf ihrer Mitgliedschaft in den EG. Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Glos (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 53 und 54) : Ist die Bundesregierung bereit, im Zusammenhang mit der geplanten Verdoppelung der Heizölsteuer Sonderregelungen für sol- che Städte und Regionen zu schaffen, die über keine alternativen Energieträger für die Wohnraumheizung wie z. B. Erdgas oder Fernwärme verfügen? Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung im Zusammenhang mit der geplanten Verdoppelung der Heizölsteuer zu ergreifen, um weitere Benachteiligungen der strukturschwachen und peripheren Regionen zu vermeiden, die ohnehin schon aus Wettbewerbs- und Frachtkostengründen mit überdurchschnittlich hohen Preisen für Mineralölprodukte belastet sind? Die Bundesregierung beabsichtigt, im Zuge der Fortschreibung des Energieprogramms den gesetzgebenden Körperschaften eine Erhöhung der Heizölsteuer vorzuschlagen. Ohne der für den 14. Dezember 1977 vorgesehenen Entscheidung des Bundeskabinetts vorgreifen zu können, darf ich darauf hinweisen, daß die geplante maßvolle Anhebung der Mineralölsteuer, die einen Liter leichten Heizöls auch unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuerbelastung mit weniger als einem Pfennig zusätzlich belastet, nur begrenzte wirtschaftliche Auswirkungen auf private und gewerbliche Verbraucher haben dürfte. Härteregelungen, insbesondere für solche Städte und Regionen, die über keine alternativen Energieträger für die Wohnraumheizung verfügen, sind daher nicht erforderlich. Die regionale Wirtschaftsstruktur wird durch die angestrebte Heizölsteuererhöhung nicht berührt, da die Erhöhung in gleicher Weise im gesamten Bundesgebiet gelten wird. Im übrigen wäre eine regionale Differenzierung der Heizölsteuer aus verfassungsrechtlicher Sicht problematisch und wegen hoher zusätzlicher Verwaltungskosten nicht zu vertreten. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 55) : Ist die Bundesregierung schon jetzt bereit, wegen des seit 1972 (wo die Freigrenze für Reisemitbringsel auf 125 europäische Verrechnungseinheiten festgelegt wurde) erfolgten Preisanstiegs und wegen der zwischenzeitlich eingetretenen grundlegenden Wechselkursverschiebung die Freigrenze für Reisemitbringsel um ca. 60 v. H. zu erhöhen, wie dies in einem entsprechenden Richtlinienvorschlag der EG-Kommission vorgesehen ist, und ist die Bundesregierung bereit, spätestens im Ministerrat diesem Vorschlag zuzustimmen? Die Herren Kollegen Niegel und Dr. Schwörer haben bereits gleichartige Anfragen an die Bundesregierung gerichtet. Ich verweise auf meine Antwort auf die Anfrage des Kollegen Niegel in der Anlage 5 zum Protokoll der 57. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 23. 11. 1977. Eine entsprechende mündliche Anfrage des Kollegen Dr. von Wartenberg ist in der vorbezeichneten Fragestunde beantwortet worden. Ich bitte, aus diesen Stellungnahmen die Antwort auf Ihre Frage zu entnehmen. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jens (Voerde) (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 56) : Wie weit sind in der Bundesregierung Überlegungen gediehen, gesetzliche Regelungen für einen leichteren Abschluß tarifvertraglicher oder betrieblicher Vermögensbildungsmaßnahmen in Arbeitnehmerhand zu schaffen, und bis wann ist mit entsprechenden Gesetzesvorschlägen zu rechnen? 4758* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Um die vertragliche Begründung von Beteiligungen der Arbeitnehmer an Unternehmen — auch im Rahmen tarifvertraglicher Regelungen — zusätzlich zu erleichtern, wird die Bundesregierung dem Gesetzgeber eine entsprechende Erweiterung des Anlagekatalogs des Sparprämiengesetzes und des Dritten Vermögensbildungsgesetzes vorschlagen und zugleich den Abbau steuerlicher Hemmnisse für solche Beteiligungen anstreben. Welche Maßnahmen im einzelnen zu verwirklichen sind, wird von den fachlich beteiligten Ressorts gegenwärtig unter Berücksichtigung rechtlicher, steuerlicher und gesellschaftspolitischer Gesichtspunkte geprüft. Mit einer vermögenspolitischen Regierungsvorlage ist in Kürze zu rechnen. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Funcke (FDP) (Drucksache 8/1288 Frage B 57): Teilt die Bundesregierung die Besorgnis, daß die verstärkte Gründung von Steuerberatungsgesellschaften durch beratungsfremde Kapitalgeber den Charakter der Steuerberatung als freiberufliche Tätigkeit beeinträchtigt, und sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, dieser Entwicklung durch eine Änderung des Steuerberatergesetzes entgegenzuwirken? Der Bundesregierung ist die Problematik, die sich aus der Kapitalbeteiligung berufsfremder Personen an Steuerberatungsgesellschaften ergeben kann, bekannt. Die bisher bekanntgewordenen Fälle lassen noch nicht den Schluß zu, daß sich der Charakter der Steuerberatung durch Gesellschaften in der letzten Zeit so verändert hätte, daß Maßnahmen des Gesetzgebers erforderlich sind. Grundsätzliche Überlegungen zu dem von Ihnen angesprochenen Fragenbereich mit dem Ziel einer Einschränkung der bisherigen weitgehenden Gründungsfreiheit würden sich auch nicht nur auf das Recht der Steuerberatungsgesellschaften auswirken, sondern außerdem auf das insoweit gleichlautende Recht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie auf die Regelungen, die nach dem Vorschlag einer Arbeitsgruppe der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in den Entwurf einer Richtlinie zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Gesellschaften zur „obligatorischen Prüfung von Rechnungslegungsdokumenten" vorgesehen werden sollen. Eine abschließende Beurteilung der bisher gemachten Lösungsvorschläge ist der Bundesregierung nach dem gegenwärtigen Stand der Untersuchungen noch nicht möglich. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Möglichkeiten einer gesetzlichen Begrenzung einer Kapitalbeteiligung von Nichtsteuerberatern an Steuerberatungsgesellschaften bei der nächsten Novellierung des Steuerberatungsgesetzes, die nach den Vorstellungen der Bundesregierung noch in der laufenden Legislaturperiode erfolgen soll, erneut zu prüfen. Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Huonker (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 58 und 59): Trifft es zu, daß die deutsche Steuerverwaltung mit den Steuerverwaltungen Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika zusammenarbeitet, um durch einen koordinierten Informationsaustausch Steuerfälle mit Auslandsbeziehungen aufklären zu können, und wie ist der Schutz deutscher Steuerpflichtiger und Beteiligter gesichert? Welche Maßnahmen sind ergriffen, um eine zutreffende Besteuerung multinational tätiger Unternehmen sicherzustellen? Zu Frage B 58: Die deutsche Steuerverwaltung arbeitet mit den Steuerverwaltungen Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika schon seit langem bilateral zusammen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß bei multinationalen Verflechtungen — die heute zum Normalbild von Auslandsbeziehungen gehören — eine bloß zweiseitige Zusammenarbeit nicht mehr ausreicht. Die Steuerverwaltungen der vier Länder arbeiten deshalb schon seit längerer Zeit auch multilateral zusammen, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch im internationalen Bereich besser zu gewährleisten. Diese Zusammenarbeit erstreckt sich u. a. auf eine Verbesserung des Auskunftsvrerkehrs, koordinierte Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und auf einen allgemeinen Erfahrungsaustausch, zum Beispiel über Einkunftsverlagerungen in Steueroasen über mehrere Länder hinweg. Diese Zusammenarbeit — die Fachkreisen bekannt ist — hat beachtliche Erfolge gezeitigt. In ihrer Zielsetzung entspricht sie einer Entschließung des Ministerrates der Europäischen Gemeinschaften vom 10. Feburar 1975 und einer Empfehlung des Ministerrats der OECD vom 21. September 1977. Auch andere Länder arbeiten in ähnlicher Weise regional zusammen. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit den genannten Staaten Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abgeschlossen. Diese Verträge enthalten umfassende Vereinbarungen, nach denen Auskünfte zur ordnungsmäßigen Anwendung des deutschen Steuerrechts bzw. des Steuerrechts des Partnerstaates getauscht werden können (sog. „große Auskunftsklausel"). Nach dem Abkommen erfolgt der Auskunftsaustausch zwischen den nationalen Spitzenbehörden, in der Bundesrepublik Deutschland durch den Bundesminister der Finanzen. Auch zwischen den anderen drei Partnerstaaten bestehen entsprechende Abkommen mit großer Auskunftsklausel. Alle Abkommen entsprechen Artikel 26 des OECD-Musterabkommens (Austausch von Informationen) und enthalten dessen Schutzbestimmungen. So ist sichergestellt, daß die erteilten Auskünfte nur für steuerliche Zwecke verwendet werden und daß Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse angemessen geschützt sind. Die materielle Gegenseitigkeit ist gewährleistet. Die Vorschriften der Abgabenordnung über den Auskunftsverkehr mit dem Ausland (§ 117) und über die Anhörung der Beteiligten (§ 91) werden beachtet. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4759* Zu Frage B 59: Eines der wesentlichen Ziele der Zusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen Frankreichs, Großbritanniens und der USA ist es, die zutreffende Besteuerung multinationaler Unternehmen sicherzustellen. Die Zusammenarbeit erstreckt sich z. B. auch auf Fälle, in denen Unternehmen Gewinne auf Basisgesellschatfen in niedrigbesteuernden Ländern verlagert haben oder durch andere Maßnahmen vor der Besteuerung auszuweichen versuchen. Gleichzeitig dient die Zusammenarbeit dazu, gemeinsame Maßstäbe für Verrechnungspreise innerhalb der Konzerne und deren bessere Kontrolle zu entwickeln. Sie verbessert damit zugleich den Schutz dieser Unternehmen vor Doppelbelastungen, die durch unabgestimmte Anwendung der bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen entstehen können. Anlage 80 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 60): Wieviel Projekte, die vor 1977 mit damaliger Förderung nach dem Rhein-Bodensee-Programm begonnen wurden, werden auf Grund der Eingliederung dieses Programms in das Programm für Zukunftsinvestitionen ab 1977 nicht mehr gefördert, und wie ge- denkt die Bundesregierung, die finanzielle Belastung der Kommunen auszugleichen, die diesen dadurch infolge ihres berechtigten Vertrauens auf weitere Förderung entstanden ist? Das neue „Sonderprogramm Rhein-Bodensee", das Bestandteil des „Mehrjährigen öffentlichen Investitionsprogramms zur wachstums- und umweltpolitischen Vorsorge (Programm für Zukunftsinvestitionen)" ist, stellt keine unmittelbare Fortsetzung des früheren „Rhein-Bodensee-Programms" dar. Letzteres sah Bundeszuschüsse für Maßnahmen zur Sanierung des Rheins und des Bodensees innerhalb eines Fünfjahresprogramms vor; diese 5 Jahre waren mit dem 31. Dezember 1976 abgelaufen. Insofern kann von „Eingliederung dieses Programms in das Programm für Zukunftsinvestitionen" nicht gesprochen werden. Bei der Konzeption des neuen Programms, das allerdings auf den Erfahrungen mit dem ausgelaufenen Rhein-Bodensee-Programm basiert, mußte eine Reihe von Modifikationen vorgenommen werden, die sich zum großen Teil dadurch ergaben, daß dieses Programm Bestandteil eines umfassenden Konjunkturprogramms ist. Insbesondere war in das von Bund und Ländern abzuschließende Verwaltungsabkommen — ebenso wie bei den anderen Teilprogrammen — eine Vorschrift aufzunehmen, die die Zusätzlichkeit von aus diesem Programm zu fördernden Maßnahmen verlangt und damit die wirtschaftspolitische Zielsetzung des Gesamtprogramms absichern soll. Nähere Angaben über Anwendung und Auswirkung dieser Regelung können nur die beteiligten Bundesländer machen, denen die Auswahl der Projekte obliegt und die ebenso wie der Bund an das im Juni 1977 in Kraft getretene Verwaltungsabkommen gebunden sind. Anlaß für einen Belastungsausgleich ist schon darum nicht gegeben, weil der bekanntermaßen begrenzte Zeitraum des alten Programms ein Vertrauen auf weitere Förderung nicht rechtfertigen konnte. Anlage 81 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 61) : Wie haben sich die investiven Ausgaben des Bundes seit 1972 in den einzelnen Jahren entwickelt? Auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion sind die investiven Ausgaben des Bundes für die Jahre ab 1962 am 25. Februar 1977 mitgeteilt worden (Bundestagsdrucksache 8/135). Auch der Finanzbericht enthält die jeweiligen Angaben zur Entwicklung der Investitionsausgaben. Die neueren Zahlenangaben ab 1976 sind aus dem Finanzbericht 1978 (S. 154 bis 165) ersichtlich (ohne Konjunktur-und Sonderprogramme). Die von Ihnen für den Zeitraum ab 1972 erbetenen Angaben sind in der beigefügten Ubersicht zusammengestellt. Entwicklung der investiven Ausgaben des Bundes von 1972 bis 1978 Haushaltsjahr Investitionsausgaben (ohne Konjunktur- und Sonder- pro- gramme) Investitionsausgaben (einschl. Konjunktur- und Sonder- Veränderung gegenüber Vorjahr in v. H. — Mrd. Veränderung gegen- über Vorjahr in v. H. gramme) DM — — Mrd. DM — 1972 • 20,2 22,1 22,2 24,9 21,5 24,7 +11,8 + 9,1 + 0,7 +12,1 *) —13,7*) +15,2 — — 1973 1974 1975 1976 28,8 +16,6 — — 1977 — 26,1 23,8 25,1 — (Soll) 29,1 +17,3*) 1978 (Entwurf) — 8,8*) + 5,4 + 16,2 *) ohne Darlehen an BA für Arbeit (2,5 Mrd. DM in 1975) beträgt die Steigerungsrate 1975: +1,0 bzw. +6,3 v. H. 1976: +4,3 bzw. +0,7 v. H. 4760* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Anlage 82 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schreiber (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 62) : Ist die Bundesregierung bereit, dem Bundestag einen jährlichen Bericht über die Einhaltung des EG-Verhaltenskodex für europäische Unternehmen mit Tochtergesellschaften in der Republik Südafrika durch die betreffenden deutschen Firmen zu geben, und was beabsichtigt sie gegenüber solchen Firmen zu unternehmen, die sich der Einhaltung dieses Kodex widersetzen? Der von den EG-Außenministern verabschiedete Verhaltenskodex empfiehlt den Unternehmen der Gemeinschaft mit Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen oder Vertretungen in Südafrika die Beachtung bestimmter Regeln bei der Beschäftigung nichtweißer Arbeitnehmer in ihren südafrikanischen Niederlassungen. Über die erreichten Fortschritte bei Anwendung des Kodex sollen die Unternehmen jährlich einen Bericht veröffentlichen. Diese Berichte werden also allgemein zugänglich sein. Eine zusätzliche Veröffentlichung durch die Bundesregierung erscheint daher entbehrlich. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben erklärt, daß sie die politische Zielsetzung, die dem Verhaltenskodex zugrunde liegt, bejahen und daß die Grundsätze des Kodex in die Praxis umgesetzt werden sollen. Die Bundesregierung hat keinen Anlaß, an dieser Erklärung zu zweifeln. Die Bundesregierung wird — in Übereinstimmung mit der Politik unserer Partner in der Europäischen Gemeinschaft — die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Südafrika und die Wirkung des EG-Verhaltenskodex beobachten und zu gegebener Zeit dem Deutschen Bundestag hierüber berichten. Anlage 83 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau von Bothmer (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 63 und 64) : Wie erklärt sich die Bundesregierung den Umstand, daß die Kriegsmarine der Republik Südafrika zur Zeit mit Schnellbooten — Typenbezeichnung Ramta bzw. Reshef — ausgerüstet wird, die nach Abmessungen, Tonnage, Besatzungsstärke und Bewaffnung mit dem deutschen Schnellboot Typ 143 fast identisch und deren Motoren zudem deutschen Fabrikats sind? Was wird die Bundesregierung tun können, um im Lichte der von ihr mitinitiierten Verpflichtung, welche durch die UN-Resolution Nr. 418 impliziert ist, zu verhindern, daß für militärische Zwecke taugliches Gerät sowie militärische Technologie aus der Bundesrepublik Deutschland über Dritt- und Viertstaaten an die Republik Südafrika geliefert werden? Zu Frage B 63: Die Bundesregierung ist nicht im Besitz von Detailinformationen über die Beschaffenheit südafrikanischer Schnellboote, insbesondere über deren Vergleichbarkeit mit deutschen Schiffen. Eventuelle Übereinstimmungen in Abmessung, Tonnage, Besatzungsstärke und Bewaffnung mit dem deutschen Schnellboot-Typ 143 könnten weder von der Bundesregierung noch von der Lürssen-Werft, die die- ses Boot entwickelt hat, erklärt werden. Fertigungsunterlagen für den Bau von Schnellbooten sind jedenfalls nicht nach Südafrika geliefert worden. Nach Auskunft der Lürssen-Werft wäre ein un-lizenzierter Nachbau der von ihr konstruierten Schiffe allerdings nicht der erste Fall dieser Art. Im übrigen war die Ausfuhr der von einer deutschen Firma nach Südafrika gelieferten Schiffsmotoren genehmigungsfrei zulässig, da solche Motoren keinen spezifischen militärischen Charakter haben und daher. keinen Exportbeschränkungen unterliegen. Zu Frage B 64: Die Bundesregierung trägt der sich aus der Resolution 418 der Vereinten Nationen ergebenden Verpflichtung dadurch Rechnung, daß sie im Genehmigungsverfahren prüft, ob Südafrika Verbrauchsland der zu liefernden Waren ist. Trifft dies zu, wird die Genehmigung für Ausfuhren der in der Resolution genannten Art selbst dann versagt, wenn es sich bei dem Käuferland um ein unproblematisches oder gar ein verbündetes Land handelt. Allerdings sind auch Fälle denkbar, in denen sich der ausländische Käufer erst nach Erhalt der Ware zu einem Reexport entschließt oder seine Reexportabsichten den deutschen Lieferanten nicht mitteilt. In solchen Fällen hat die Bundesregierung nicht die Möglichkeit zu verhindern, daß deutsche Rüstungsgüter und militärische Technologie über andere Länder nach Südafrika gelangen. Eine lückenlose Durchführung der VN-Resolution ist daher nur durch eine weltweite Handhabung des gegen Südafrika verhängten Waffenembargos zu erreichen. Dabei trägt jeder Staat die Verantwortung für Exporte aus seinem Hoheitsgebiet, und zwar sowohl für die Exporte einheimischer als auch ausländischer Ware. Anlage 84 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 65 und 66) : Trifft es zu, daß die Vertreter im gemeinsamen Planungsausschuß von Bund und Ländern bei der Verteilung der Finanzmittel zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur mit Kriterien und Daten arbeiten, die aus der Mitte der 60er Jahre stammen, und wenn ja, aus welchem Grund? Kann die Bundesregierung der der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur zugedachten Leitfunktionen voll nachkommen, indem die Strukturdaten den wirtschaftlichen Veränderungen angepaßt werden, und läßt sich dies beispielsweise konkret für den Aktionsraum Nordeifel nachweisen? Zu Frage B 65: Der Verteilung der Haushaltsmittel der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" liegen unter Berücksichtigung einer Vorabquote für das Zonenrandgebiet und das Saarland die Bevölkerungszahlen der Fördergebiete zugrunde. Die Auswahl der Fördergebiete dieser Gemeinschaftsaufgabe basiert auf den Daten der Neuabgrenzung zum 1. Januar 1975, bei der alle bis zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Daten — soweit sie für die Abgrenzungskriterien von Bedeutung waren — mitverwendet wurden; hierzu gehören u. a. die Ergebnisse der Großzählungen von 1970. Zu Frage B 66: Der von Bund und Ländern gemeinsam gebildete Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" ist sich des Problems bewußt, daß die für die Neuabgrenzung zum 1. Januar 1975' angewandten Abgrenzungskriterien sich zwischen den Großzählungen nur teilweise aktualisieren lassen. Aus diesem Grunde sind bei einer Änderung der Fördergebietskulisse die Aussagekraft der nur teilweise aktualisierten Abgrenzungskriterien und die möglichen Fehlerrisiken des Datenmaterials gegeneinander abzuwägen; dies betrifft nicht nur den Aktionsraum Nordeifel, sondern generell alle Regionen. Anlage 85 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Holtz (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 67 und 68): Gedenkt die Bundesregierung, die Werbung für einen höheren Energieverbrauch zu unterbinden? ist die Bundesregierung bereit, Voraussetzungen dafür zu schaffen, das Stromverbundsystem so einzurichten, daß alle vorhandene Energie optimal genutzt wird? Zu Frage B 67: Im Energiebereich, insbesondere im Elektrizitätsbereich, gibt es seit längerem keine Werbung mehr für einen höheren Energieverbrauch. Soweit Werbung betrieben wird, bezieht sie sich auf Alternativwerbung und vor allem auf Aufklärung über Einsparmöglichkeiten. Die Bundesregierung sieht deshalb gegenwärtig keine Veranlassung für ein Verbot der Werbung für einen höheren Energieverbrauch. Zu Frage B 68: Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, weitere Voraussetzungen für Einrichtungen des Verbundbetriebes zu schaffen. Die Verbundunternehmen bauen und betreiben ihre Netze unter Gesichtspunkten, zu denen neben der Möglichkeit ausreichender Hilfs- und Reservestromlieferungen auch die Optimierung des Energieeinsatzes gehört. Mit diesem Ziel haben sich die Verbundunternehmen zu freiwilliger Zusammenarbeit in der DVG (Deutsche Verbundgesellschaft) und im internationalen Bereich in der UCPTE zusammengeschlossen. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat sich die Zusammenarbeit in diesem Rahmen bewährt. Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 69) Ist die Bundesregierung bereft, in Anbetracht der Lage auf dem Energiesektor, auf Bundesebene einen umfassenden „Tag der Energie" einzuführen, der jeden Bürger immer wieder darauf hinweist, zu überlegen, wieviel Energie er selber in seinem engsten Bereich einsparen kann, und so längerfristig eine gute erzieherische Wirkung ausübt, und wenn nein, mit welchen Mitteln versucht die Bundesregierung, jeden Bürger zum Energiesparen aufzufordern? Die Bundesregierung hat bereits in den Grundlinien . und Eckwerten zur Fortschreibung des Energieprogramms vom 23. März 1977 zum Ausdruck gebracht, daß sie einer Intensivierung der Informationsaktivitäten über Notwendigkeit und Möglichkeiten der Energieeinsparung große Bedeutung beimißt. Sie beabsichtigt dabei, über allgemeine Informationen hinaus die Sachaufklärung und die konkrete individuelle Beratung zu verstärken. Von der Bundesregierung sind in dem Haushalt des Bundesministers für Wirtschaft 1978 erhöhte Mittel für diesen Zweck vorgesehen. Die parlamentarischen Beratungen des Haushalts sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung ist im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit bemüht, die entsprechend der aktuellen Energiesituation geeignetsten Mittel für eine Stärkung des Energiebewußtseins der privaten Verbraucher einzusetzen. In diese Prüfung wird auch die Frage einbezogen werden, ob sich durch die Einführung eines Tages der Energie die von ihr angestrebten Ziele erreichen lassen. Die Bundesregierung neigt allerdings zu der Auffassung, daß sich die Verbraucheraufklärung nicht nur auf einen Tag beschränken darf, sondern kontinuierlich erfolgen und in einer Weise angelegt sein muß, daß der Verbraucher auf die in seinem Bereich bestehenden Einsparmöglichkeiten wiederholt hingewiesen wird, gleichzeitig aber auch in der Lage ist, auf die ihn interessierenden konkreten Fragen eine Antwort zu erhalten. Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 70,71 und 72) : Wie hoch sind im Veranwortungsbereich des Bundes die Zuwendungen für die Förderung und Nutzung der deutschen Steinkohle in den Jahren 1970 bis 1978? Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, wie hoch die in der Frage 70 angesprochenen gesamtstaatlichen Zuwendungen in den Jahren 1970 bis 1978 im Verantwortungsbereich der Bundesländer sind? In welchem Umfang können die gesamtstaatlichen Subventionen zur Förderung und Nutzung der deutschen Steinkohle inklusive von Sozialhilfen dem Bereich der Stromerzeugung aus Kohle zugeordnet werden, und welche Subventionierung der Stromerzeugung aus Kohle ergibt sich hieraus? Zu Frage B 70: Im Zeitraum 1970 bis 1978 leistete bzw. veranschlagt der Bund unmittelbare Zuwendungen für die 4762* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Förderung und Nutzung der deutschen Steinkohle in folgender Höhe: davon für berg- Jahr Gesamtbetrag technische Inno — Millionen DM — vation und Entwicklung 1970 376,5 1971 280,1 —1972 441,4 1973 898,1 4,9 1974 1 074,1 8,8 1975 852,9 31,5 1976 806,1 31,4 1977 1 062,3 36,0 Entwurf 1978 1 407,9 39,8 Die genannten Aufwendungen beinhalten insbesondere Absatz- und Strukturhilfen (z. B. Kokskohlenbeihilfe, Investitions-, Altlasten- und Innovationshilfe) aber auch die Anpassungs- (wie Erblasten, Schrumpfungslasten, Stillegungsprämien usw.) und Sozialhilfen. Bei den Sozialhilfen handelt es sich fast ausschließlich um Zahlungen an die Beschäftigten, nicht an die Bergbauunternehmen. Die vorgenannten Aufwendungen enthalten keine Forschungsmittel für neue Kohleveredlungstechnologien (Vergasung und Verflüssigung), die in den Jahren 1974 bis 1976 mit jeweils rd. 70 Millionen DM/a und für 1977 und 1978 mit 124 bzw. 178 Millionen DM zu veranschlagen sind. Diese Aufwendungen leisten noch keinen unmittelbaren Beitrag zum gegenwärtigen Einsatz deutscher Steinkohle. Hinzuzurechnen im Sinne eines unmittelbaren Beitrags zur Nutzung deutscher Steinkohle sind jedoch die ab 1975 nicht mehr im Bundeshaushalt veranschlagten Zuschüsse nach den Verstromungsgesetzen (Kohlepfennig) ; sie belaufen sich in 1975 auf rd. 0,4 Mrd. DM 1976 auf rd. 1,2 Mrd. DM 1977 auf rd. 1,5 Mrd. DM 1978 auf rd. 2,0 Mrd. DM. Zu Frage B 71: Die Bergbauländer Nordrhein-Westfalen und Saarland beteiligen sich an den Bergbauhilfen in der Regel mit jeweils 1/3, so daß sich die vorgenannten Beträge dadurch um rd. 50 °/o erhöhen. Der vom Bund ohne 1/3 Beteiligung der Länder gegebenen „Innovationshilfe" stehen, insbesondere im Land Nordrhein-Westfalen, landeseigene Mittel für bergtechnische und grubensicherheitliche Forschung und Entwicklung gegenüber, die sich in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 1970 bis 1978 in folgender Höhe bewegen: 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 14,7 19,1 21,4 21,2 23,5 26,5 36,3 58,5 64,9 Zu Frage B 32: Eine Zurechnung der Hilfen auf die einzelnen Kohlearten und damit auch auf die Kraftwerkskohle ist nur im Einzelfall möglich, wie bei der Kokskohlenbeihilfe und der Hilfe nach den Verstromungsgesetzen. Auf die Problematik der Zurechnung der Sozialhilfen wurde bereits in der Frage 70 hingewiesen. Es kann jedoch als Anhalt für eine globale Rechnung dienen, daß etwa 1/3 der. deutschen Steinkohlenförderung in die Verstromung geht. Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hasinger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 75): Sieht die Bundesregierung eine Benachteiligung bei der beruflichen Eingliederung Behinderter darin, daß die Träger einstellungswilligen Arbeitgebern in der Regel höchstens 60prozentige Zuschüsse in Aussicht stellen können, während die Arbeitsverwaltung nach dem Arbeitsförderungsgesetz bei Nichtbehinderten höhere Leistungen gewähren kann, und gedenkt sie, zur Beseitigung dieser Diskrepanz eine Initiative zu ergreifen? Die Leistungen an Arbeitgeber zur Erleichterung der beruflichen Eingliederung Behinderter werden — soweit es sich um Rehabilitationsleistungen handelt — von verschiedenen Trägergruppen gewährt. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle ist die Bundesanstalt für Arbeit insofern zuständiger Rehabilitationsträger. Sie gewährt zwar Eingliederungshilfe an Arbeitgeber zur Erleichterung der Eingliederung Behinderter in Arbeit grundsätzlich in Höhe von 60 v. H. des Arbeitsentgelts. Diese Marge kann aber dann überschritten werden, wenn sich bei de Eingliederung von Behinderten besondere Schwierigkeiten ergeben sollten. Das zuständige Arbeitsamt „vor Ort" kann bis zu 80 v. H. des Arbeitsentgelts bewilligen. Darüber hinaus ist mit Zustimmung des Präsidenten des Landesarbeitsamtes eine noch höhere Leistung möglich (§ 54 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter vom 31. Juli 1975). Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben sich der Regelung der Arbeitsverwaltung grundsätzlich angeschlossen. Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gewähren Eingliederungshilfe nur dann, wenn keine berufsbildende Maßnahme, z. B. eine Umschulung, vorausgegangen ist. Diese Hilfen sollen nach Richtlinien in der Regel 60 v. H. des Arbeitsentgelts nicht überschreiten. Diese Grundsatzregelung schließt allerdings in Einzelfällen eine höhere Leistung nicht aus. Ich gehe dabei davon aus, daß sich die Rentenversicherungsträger von den gleichen Gesichtspunkten leiten lassen wie die Arbeitsverwaltung. An Personen außerhalb des Rehabilitationsbereiches betragen die Leistungen der Arbeitsverwaltung grundsätzlich ebenfalls 60 v. H. des Arbeitsentgelts; in Ausnahmefällen kann auch hier diese Grenze überschritten werden. Für bestimmte Personengruppen — wie z. B. längerfristig Arbeitslose — ist nach Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4763* einer Entscheidung des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit generell Eingliederungshilfe bis zu 80 v. H. des Arbeitsentgelts zugelassen (§§ 28 ff. der Anordnung zur Förderung der Arbeitsaufnahme vom 18. Dezember 1969). Insofern sehe ich grundsätzlich keinen Ansatzpunkt für eine Benachteiligung der Behinderten bei ihrer beruflichen Eingliederung. Sollten Ihnen Einzelfälle zur Kenntnis gelangt sein, die damit nicht in Einklang stehen, bin ich gerne bereit, sie überprüfen zu lassen. Anlage 89 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 76): Teilt die Bundesregierung die Auffassung maßgebender Kinderärzte, daß die derzeitige Unterbelegung der Kinderkrankenhäuser dazu genutzt werden sollte, in allen bundesdeutschen Kinderkliniken die Möglichkeit der Mitaufnahme der Mütter bzw. Väter einzuführen, und inwieweit ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, entsprechende Modellvorhaben zu unterstützen? Die Frage nach der Möglichkeit der Mitaufnahme der Mütter bzw. Väter in allen bundesdeutschen Kliniken muß unter verschiedenen Aspekten beurteilt werden. Einmal ist die Krankenhausbedarfsplanung ausschließlich Sache der Länder; der Bund ist auf der Grundlage des Art. 74 Nr. 19 a Grundgesetz über das Krankenhausfinanzierungsgesetz nur befugt, sich an der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser zu beteiligen. Gemäß § 7 KHG obliegt jedoch dem Bund-Länder-Ausschuß für Fragen der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser unter anderem die Abstimmung der allgemeinen Grundsätze für ein bedarfsgerecht gegliedertes System leistungsfähiger Krankenhäuser. Dieser Ausschuß wird in seiner nächsten Sitzung über die Förderungsfähigkeit von Investitionen für die gemeinsame Unterbringung von Müttern bzw. Vätern im Krankenhaus beraten. Dabei werden auch Fragen der Investitionsfolgekosten und der pflegesatzrechtlichen Behandlung sicherlich eine Rolle spielen. Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 77, 78 und 79) : Hat die Bundesregierung inzwischen wegen der Rentenansprüche deutscher Auswanderer, die entweder naturalisiert oder nicht naturalisiert in Australien leben, mit der australischen Regierung Verhandlungen aufgenommen, um auf Grund des von der Bundesregierung der australischen Regierung 1973 vorgelegten Arbeitspapiers ein Sozialabkommen zu schließen, und wenn ja, in welchem Umfang? Ist die Bundesregierung bereit, nachdem die australische Regierung in einem Pressegespräch am 18. August 1977 mit der Zeitung „Neue Welt" (Melbourne) erklärt hat, „sie habe stets den Standpunkt vertreten, daß die Zahlung der Renten an ehemalige deutsche Staatsbürger auch dann eine rein deutsche Angelegenheit sei, wenn diese ehemaligen Deutschen die australische Staatsbürgerschaft angenommen hätten, so daß vom australischen Standpunkt aus keine Gründe vorliegen, weshalb die deutsche Regierung diese Rentenzahlungen nicht nach Übersee leisten könne", eine kurzfristige Entscheidung zugunsten der naturalisierten und nicht naturalisierten Rentenanspruchsberechtigten zu treffen, damit der Gleichbehandlungsgrundsatz durchgesetzt wird? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die australische Regierung allen eingewanderten Bürgern — also auch den Deutschen wenn diese zehn Jahre in Australien gearbeitet haben und bei Beendigung des 65. Lebensjahres Australien verlassen, die Renten zahlt, ganz gleich, in welchem Teil der Welt diese Bürger ihren Alterswohnsitz genommen haben, und ist die Bundesregierung bereit, nachdem auch Premierminister Fraser vor kurzer Zeit in Australien erklärt hat, daß eine rasche Lösung für diese sozialen Ansprüche aus Gründen der Gerechtigkeit erreicht werden müßte, nunmehr eine positive Lösung herbeizuführen, zumal diese für deutsche Auswanderer in einigen anderen Staaten bereits erfolgt ist? Der australischen Regierung wurde Ende 1973 ein Arbeitspapier übersandt, das die deutschen Vorstellungen über Form und Inhalt eines Abkommens enthielt. Auf Wunsch der australischen Regierung wurden im Mai 1975 in Bonn Gespräche zwischen deutschen und australischen Regierungssachverständigen über ein mögliches Abkommen geführt. Die damals zugesicherte Stellungnahme der australischen Regierung liegt bisher nicht vor. Erst wenn sie eingegangen ist, kann auf deutscher Seite geprüft werden, ob, in welcher Form und mit welchem Inhalt der Abschluß eines Abkommens über Soziale Sicherheit möglich ist. Die australische Regierung ist davon unterrichtet, daß sich die Bundesregierung nicht in der Lage sieht, durch eine Änderung innerstaatlichen Rechts die Rentengewährung an australische Staatsangehörige vorzusehen, die sich gewöhnlich in Australien aufhalten. Die gegenseitige Gleichbehandlung der Staatsangehörigen jedes der beiden Staaten muß nach Ansicht der Bundesregierung mit völkerrechtlich bindender Wirkung gegenüber dem jeweils an- deren Staat staatsvertraglich festgelegt werden, um eine andernfalls mögliche Verschlechterung des innerstaatlichen Rechts des einen Staates gegenüber Staatangehörigen des anderen Staates zu verhindern. Es trifft zu, daß die australische Altersrente nach einem Aufenthalt von mindestens 10 Jahren gewährt und an Rentenbezieher, die Australien verlassen, weitergezahlt wird. Die Zahlung ist allerdings von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängig, bei der andere Einkünfte sowie Grundbesitz und anderes Vermögen in gewissem Umfang zu berücksichtigen sind. Diese Regelungen des australischen Rechts werden bei den Verhandlungen über ein etwaiges Abkommen gebührend berücksichtigt werden. Die Bundesregierung hat seit Jahren immer wieder ihre Bereitschaft, über ein Abkommen über Soziale Sicherheit mit Australien zu verhandeln, gegenüber der australischen Regierung, gegenüber Mitgliedern des Deutschen Bundestages und gegenüber anderen Stellen und Personen bekundet. Sie ist allerdings der Ansicht, daß der Anstoß zu den Verhandlungen von der australischen Regierung ausgehen muß, weil die betroffenen Personen australische Staatsangehörige sind, wobei es insoweit nicht darauf ankommen kann, ob es sich um originäre oder um naturalisierte Australier handelt. 4764* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 80) : Sind der Bundesregierung Sorgen der zuständigen Verbände bekannt, daß die Rentenversicherungsträger bei Rentenanträgen mehr und mehr auf den Klageweg ausweichen, und welche Folgerungen zieht sie bejahendenfalls aus der Tatsache, daß solche Klagen in zunehmendem Male durch mehrere Instanzen gehen und zu -langen Wartezeiten bei den zuständigen Gerichten führen? Der Bundesregierung sind Sorgen der Verbände darüber, daß die Rentenversicherungsträger bei Rentenanträgen mehr und mehr auf den Klageweg ausweichen würden, nicht bekannt. Ich hielte eine solche Sorge auch für unbegründet. In der Zeit von 1974 bis 1976 hat sich die Zahl der Rentenanträge bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung nur geringfügig verändert. Die Zahl der eingegangenen Klagen in Angelegenheiten der Rentenversicherung hat sich dagegen in der genannten Zeit um ein Drittel verringert. Nach den für 1977 vorliegenden Unterlagen ist die Zahl der eingegangenen Klagen weiter gesunken. Soweit eine zunehmende Bearbeitungsdauer bei den Sozialgerichten feststellbar ist, ergibt sich diese vornehmlich daraus, daß 1. der Anteil der nunmehr eingehenden Klagen mit schwereren rechtlichen und tatsächlichen Problemen steigt und 2. nach der der Bundesregierung bekannt gewordenen Entwicklung die von den Gerichten bestellten Gutachter eine längere Zeit für die Abfassung ihrer Gutachten benötigen. Nachteile, die durch eine erforderliche gerichtliche Klärung für den Anspruchsberechtigten eintreten können, werden durch die neuen Regelungen über die Zahlung von Vorschüssen und vorläufigen Leistungen (I §§ 42 und 43 SGB) und die Verzinsung der Insprüche auf Geldleistungen mit 4 v. H. (I § 44 SGB) beseitigt oder zumindest gemildert. Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 81 und 82) : Trifft es zu, daß die Zahl der arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzprozesse sprunghaft angestiegen ist, solche Prozesse durch alle drei Instanzen regelmäßig bis zu vier Jahre dauern, und trotz Änderungen in der Geschäftsverteilung des Bundesarbeitsgerichts immer noch mit einer drittinstanziellen ProzeBdauer von fünfzehn Monaten gerechnet werden muß? Ist die Bundesregierung angesichts der langen Prozeßdauer bei Kündigungsschutzsachen vor dem Bundesarbeitsgericht bereit, dem Bundestag vorzuschlagen, die Richterstellen beim Bundesarbeitsgericht zu mehren und (oder) die Arbeitsgerichtsordnung mit dem Ziel zu novellieren, die Zahl der Revisionen — etwa durch den Wegfall der reinen Streitwertrevisionen — zu mindern und im übrigen die Verfahren zu beschleunigen? Die Zahl der Kündigungsschutzprozesse bei den Gerichten für Arbeitssachen sind vor allem in den Jahren 1974 und 1975 sprunghaft angestiegen. Es trifft nach meinen Informationen auch zu, daß Kündigungsschutzprozesse, wenn sie durch alle drei Instanzen geführt werden, bis zu vier Jahren dauern können. Die Bundesregierung bedauert diesen Zustand. Sie wird daher — und damit komme ich zu Ihrer zweiten Frage — den gesetzgebenden Körperschaften baldmöglichst einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens in allen drei Instanzen zuleiten. Der Gesetzentwurf soll insbesondere die Revisionsverfahren durch eine Entlastung des Bundesarbeitsgerichts von Streitwertrevisionen beschleunigen. Ich hoffe, daß der Gesetzentwurf in den gesetzgebenden Körperschaften so zügig beraten werden kann, daß das Gesetz noch in der ersten Hälfte des kommenden Jahres in Kraft tritt. Als weitere Maßnahme zur Entlastung des Bundesarbeitsgerichts ist auf Vorschlag der Bundesregierung 1976 und 1977 die Zahl der Richterstellen beim Bundesarbeitsgericht um drei auf 20 erhöht worden. Für 1978 hat die Bundesregierung im Entwurf des Bundeshaushaltsplans eine weitere Vermehrung um zwei Richterstellen vorgeschlagen. Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Burger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 83 und 84): Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 1972, 1973, 1974, 1975 und 1976 die Zahl der Bezieher von Berufsschadensausgleich und Schadensausgleich nach dem Bundesversorgungsgesetz? Welche Beträge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den genannten Jahren für diese Zwecke aufgewendet? Angaben über die Zahl der Bezieher von Berufsschadensausgleich und Schadensausgleich nach dem Bundesversorgungsgesetz standen dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in den zurückliegenden Jahren nur aufgrund einmaliger jährlicher Sondererhebungen in den Ländern für den Zahlmonat Oktober zur Verfügung. Dabei konnten wegen der Umstellung der Statistik auf das EDV-Verfahren für die Jahre 1974 und 1975 die Empfängerzahlen nicht für das gesamte Bundesgebiet erfaßt werden. Die Zahlenangaben für die Jahre 1974 und 1975 in der nachstehenden Aufstellung basieren deshalb auf einer Hochrechnung der statistischen An- gaben einiger Länder, die insoweit auch Grundlage der Haushaltsplanung für die Jahre 1974 und 1975 waren. Die Entwicklung der Zahl der Bezieher von Berufsschadensausgleich und Schadensausgleich in. den Jahren 1969 bis 1976 stellt sich danach wie folgt dar: Berufsschadensausgleichsempfänger: Schadensausgleichsempfänger: 1969 116 250 353 268 1970 118 599 262 845 1971 123 690 337 334 1972 126 879 334 212 1973 128 353 317 259 1974 125 900 305 200 1975 122 700 289 200 1976 126 339 197 165 Die Ausgaben für den Berufsschadensausgleich und Schadensausgleich werden zwar im Bundeshaushaltsplan bei Kap. 11 10 unter den Tit. 68 101 und 68 102 gesondert veranschlagt. Dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung liegen jedoch Angaben zu den Istausgaben nur zu jedem der beiden Titel global, nicht aber hinsichtlich der Einzelleistungen Berufsschadensausgleich und Schadensausgleich vor. Ich bin daher nur in der Lage, Ihnen die für Berufsschadensausgleich und Schadensausgleich in den Jahren 1969 bis 1976 veranschlagten Haushaltsbeträge anzugeben, wobei die Angaben zu den Istausgaben für diese Leistungen in der nachstehenden Aufstellung entsprechend ihrem prozentualen Anteil am Gesamtaufwand errechnet sind. Haushaltsjahr veranschlag- prozentuale danach ter Betrag Tit. 68 101/2 Istausgabe Millionen Millionen DM DM Aufwendungen Berufsschadensausgleich: 1969 230,754 10,8 °/o 239,854 1970 233,600 9,8 °/o 241,726 1971 357,400 14,2 °/o 373,549 1972 372,903 14,0 °/0 388,710 1973 410,864 14,4 °/o 427,130 1974 459,675 13,8 °/o 455,831 1975 500,814 13,6 °/o 493,916 1976 506,585 13,3 °/o 519,161 Aufwendungen Schadensausgleich: 1969 236,820 8,4 % 225,806 1970 146,000 4,3 °/o 139,306 1971 282,936 7,8 °/o 271,143 1972 316,933 8,2 °/o 298,313 1973 340,212 8,3 °/o 321,130 1974 395,500 8,7 °/o 374,108 1975 359,338 7,4 °/o 350,218 1976 275,296 5,5 % 279,054 EDV-aufbereitete Daten sowohl für die Empfängerzahl als auch für die Istausgaben nach einzelnen Leistungsarbeiten werden geschlossen erst für das Jahr 1977 vorliegen. Anlage 94 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen • der Abgeordneten Frau Steinhauer (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 85 und 86): Gedenkt die Bundesregierung wegen der im Jahresbericht 1976 des Bundesarbeitsgerichts getroffenen Feststellung, viele vor dem Bundesarbeitsgericht auftretende Anwälte kennen nicht einmal die einfachsten Grundsätze des Arbeitsrechts und erst recht nicht die neueste Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und meist sei ihnen auch das Verfahren vor einem Revisionsgericht unbekannt, durch eine besondere Qualifikation der Prozeßbevollmächtigten, gegebenenfalls durch eine Änderung der jeweiligen Ausbildung sicherzustellen, daß nicht mehr, wie bisher, durch die mangelnde Erfahrung und Sorgfalt dieser Rechtsanwälte nicht nur die Verhandlung erschwert, sondern in nicht wieder auszugleichender Weise die Partei benachteiligt wird? Sieht die Bundesregierung außerdem die Notwendigkeit und Möglichkeiten, zur Qualitätsverbesserung der Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht analog der Regelung in der Sozialgerichtsbarkeit durch Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes für die Revisionsvertretung auch Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zuzulassen, da u. a. nach der im Jahresbericht 1976 des Bundesarbeitsgerichts aufgezeigten Auffassung sachlich fundierte Vergleiche, die wesentlich zur sozialen Befriedung beizutragen vermögen, sich mit den in diesen Bereichen unzureichend qualifizierten Anwälten nicht schließen lassen? Nach geltendem Recht ist jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt zur Prozeßvertretung bei dem Bundesarbeitsgericht berechtigt. Dies führt dazu, daß der Kern der vor dem Bundesarbeitsgericht auftretenden Rechtsanwälte relativ groß ist und der einzelne Anwalt zumeist entsprechend selten vor dem Bundesarbeitsgericht auftritt. Hierin dürfte der Grund dafür zu suchen sein, daß das Bundesarbeitsgericht in seinem Jahresbericht 1976 bei vielen Rechtsanwälten mangelnde Kenntnisse und Erfahrungen im Arbeits- und Revisionsrecht feststellt. Das Problem könnte dadurch gelöst werden, daß nur noch solche Rechtsanwälte vor dem Bundesarbeitsgericht auftreten dürfen, die besonders zugelassen. sind. Das Bundesarbeitsministerium für Arbeit und Sozialordnung hatte zunächst beabsichtigt, eine entsprechende Regelung in den zur Zeit in Vorbereitung befindlichen Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung und Bereinigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens aufzunehmen. Hierauf ist nur deshalb verzichtet worden, weil der Bundesminister der Justiz beabsichtigt, die Zulassung von Rechtsanwälten bei mehreren obersten Bundesgerichten, einschließlich des Bundesarbeitsgerichts, in einem Gesetzentwurf möglichst einheitlich zu regeln. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob und unter welchen Voraussetzungen Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden zur Vertretung vor dem Bundesarbeitsgericht zugelassen werden können. Der Gesetzentwurf soll noch im kommenden Jahr den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden. 4766* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Anlage 95 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Voigt (Frankfurt) (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 87 und 88) : Hat die Bundesregierung Nachforschungen angestellt, um den Wahrheitsgehalt der von Daniel Ellsberg in der New York Times vom 4. November 1977 veröffentlichten Enthüllungen zu prüfen, nach denen seit der Präsidentschaft Eisenhowers bis — möglicherweise — zum heutigen Tag der Einsatz von Nuklearwaffen in besonderen Situationen an US-Offiziere delegiert worden sei? Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus ihren Erkenntnissen zu ziehen, falls sich die Behauptungen Ellsbergs als wahr herausstellen sollten? Der Bundesregierung sind die Äußerungen bekannt. Die Bundesregierung hat über die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika das State Department gebeten, die Äußerungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Die Antwort liegt noch nicht vor. Ich werde Sie darüber unverzüglich unterrichten. Von dem Ergebnis dieser Überprüfung wird es abhängen, ob und welche Konsequenzen von der Bundesregierung zu ziehen sind. Anlage 96 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lattmann (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 89): Trifft es zu, daß die Bundesregierung „einen neuen Geist in das Offizierskorps" hineinzubringen versucht und die Gefahr besteht, „daß bewährte Traditionen des deutschen Soldatentums vor die Hunde gehen", wie der vom Dienst suspendierte Generalleutnant Walter Krupinski laut „Welt" vom 14. November 1977 behauptet haben soll? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, einen neuen Geist in das Offizierskorps zu bringen. Maßgebend für die Ausbildung der Offiziere in der Bundeswehr bleiben unverändert die Grundsätze der Inneren Führung und das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform. Anlage 97 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 90) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Verhaltensweise des Bundesverteidigungsministers, die Antwort auf meinen Brief vom 7. September 1977 in bezug auf Panzerverladungen in Schwarmstedt mit gleichem Text auch an den Bundestagsabgeordneten Würtz zu senden, und zwar so, daß die Antwort an mich durch entsprechenden Versand erst zwei Tage später als beim Abgeordneten Würtz eintraf? Sie hatten sich wie Ihr Kollege Würtz wegen der Panzerverladung auf dem Bahnhof Schwarmstedt an den Bundesminister der Verteidigung gewandt. Das Schreiben des Kollegen Würtz ging am 8. September 1977 und Ihr Schreiben am 9. September 1977 beim Bundesministerium der Verteidigung ein. Im Bundesministerium der Verteidigung werden alle Eingaben in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet. Da es sich in diesem Fall um die gleichen Sachverhalte handelte, wurden beide Antwortschreiben dem Bundesminister der Verteidigung am 22. November 1977 vorgelegt und nach Schlußzeichnung gleichzeitig abgesandt. Ich bedauere, daß Sie die Antwort erst zwei Tage später als der Kollege Würtz erhalten haben. Dies ist nicht auf eine unterschiedliche Bearbeitung der beiden Schreiben zurückzuführen. Anlage 98 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelhard (FDP) (Drucksache 8/1288 Frage B 91) : Ist die Bundesregierung bereit, ähnlich dem Vorbild der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften eine interdisziplinäre Expertenkommission einzusetzen, die sich (eventuell in Verbindung mit der zur Zeit tätigen Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für das Explantationsrecht) unter ethischen, medizinischen und juristischen Gesichtspunkten mit den nachstehenden Fragenkomplexen befassen und gegebenenfalls richtungsweisende Stellungnahmen ausarbeiten sollte: Organspende, -transplantation; bundeseinheitlicher Organspenderpaß Definition und Diagnose des Todeszeitpunktes; passive Sterbehilfe; denkbare Formen einer Ausbildung von auf das Todesgeschehen spezialisierten Personals? Die Fragen der Organspende, Organtransplantation, eines bundeseinheitlichen Organspendepasses und der Definition und Diagnose des Todeszeitpunktes sind eingehend im Rahmen der Bund-LänderArbeitsgruppe in den Jahren 1974 bis 1976 erörtert worden. Ich darf wegen der Ergebnisse auf den Bericht dieser Arbeitsgruppe verweisen. Gegenwärtig bemühen sich die beteiligten Bundesressorts um eine Klärung der Frage, wie die Bedenken gegen den Vorschlag einer gesetzlichen Regelung auf der Basis der Widerspruchslösung behoben werden können. In Übereinstimmung mit der Parlamentarischen Versammlung des Europarates hält es die Bundesregierung für wünschenswert, vor allem auch die von Ihnen angeschnittenen Fragen der passiven Sterbehilfe und der Ausbildung des den Sterbenden behandelnden und betreuenden Personals zu vertiefen. Wenn auch eine gesetzliche Regelung dieses Problemkreises z. Z. von der Bundesregierung nicht angestrebt wird, so hält sie doch eine Erörterung mit Wissenschaftlern der hier in Betracht kommenden Disziplinen für wünschenswert. Anlage 99 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Ollesch (FDP) (Drucksache 8/1288 Frage B 92) : Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4767* Hat die Bundesregierung gleichwertige Erkenntnisse — wie sie Herr Prof. Korte in der Zeitschrift „Schöner Wohnen" veröffentlicht hat — im Hinblick auf die Tatsache, daß fast sämtliche Holzschutzmittel eine biologisch äußerst wirksame giftige Substanz (Pentachlorphenol) enthalten, die letztlich ernste Leberschäden verursachen können, und welche Maßnahmen gedenkt sie im Bejahungsfalle zum Schutze der Bevölkerung zu treffen, insbesondere angesichts der Tatsache, daß in zunehmendem Maße Holz für den Innenausbau von Wohnungen und Häusern verwandt wird? Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß pentachlorphenolhaltige Holzimprägnierungsmittel Gesundheitsschäden verursachen können, wenn sie nicht Bach- und bestimmungsgemäß angewendet werden. Inwieweit Ausgasungen an Pentachlorphenol bei Innenanstrichen ebenfalls in der Lage sind, die menschliche Gesundheit zu schädigen, wird zur Zeit von einer dafür eingesetzten Arbeitsgruppe des Bundesgesundheitsamtes geprüft. Dazu bedarf es jedoch noch langwieriger Untersuchungen. Bei der Beurteilung der eventuellen Gesundheitsschädlichkeit von pentachlorphenolhaltigen Holzschutzmitteln für Innenräume durch das Bundesgesundheitsamt werden sowohl die von Prof. Korte gewonnenen Erkenntnisse als auch die von ihm vorgenommenen Konzentrationsmessungen an Pentachlorphenol in Innenräumen Berücksichtigung finden. Obwohl kein Fall bekanntgeworden ist, bei dem die maximale Arbeitsplatzkonzentration überschritten worden ist, sah sich die Bundesregierung veranlaßt, zulässige Grenzkonzentrationen an Pentachlorphenol in Innenräumen durch das Bundesgesundheitsamt festlegen zu lassen. Sollte sich der Verdacht von Gesundheitsschädigungen schon bei geringen Konzentrationen von Pentachlorphenol bestätigen, wird die Bundesregierung die Hersteller von pentachlorphenolhaltigen Holzschutzmitteln veranlassen, aus diesen Erkenntnissen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, insbesondere diese Mittel nicht mehr als „für den Innenanstrich geeignet" in den Verkehr zu bringen. Anlage 100 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 93) : Wie ist der Stand der Überlegungen bezüglich der Einrichtung von Unterhaltsersatz- und Vorschußkassen im Hinblick auf Leistungen an alleinstehende Eltern mit Kindern, und wann ist gegebenenfalls mit einem Ergebnis zu rechnen? Unter Nr. 46 der Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976 heißt es: „Wir möchten die Unterhaltsleistungen für Kinder von alleinstehenden Erziehungsberechtigten sichern." Hierzu bieten sich folgende Möglichkeiten: 1. Verbesserung der Regelungen über die Unterstützung alleinerziehender Elternteile bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen der Kinder, 2. Errichtung von sogenannten Unterhaltskassen, die die ausbleibenden Unterhaltszahlungen für Kinder alleinerziehender Elternteile bis zur Höhe des BGB-Regelunterhalts aus öffentlichen Mitteln übernehmen und sich auf Grund des auf sie übergehenden Unterhaltsanspruchs an dem zahlungspflichtigen. Elternteil schadlos halten, 3. Verbesserung der im Sozialhilferecht enthaltenen Vorschriften, die alleinerziehende Elternteile betreffen. Die Prüfung der Frage, welche dieser Möglichkeiten von der Bundesregierung verfolgt werden sollen, ist noch nicht abgeschlossen. Wann die Prüfung abgeschlossen sein wird, läßt sich noch nicht absehen. Anlage 101 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 94 und 95): Inwieweit ist die Bundesregierung der Meinung, daß sich der Einsatz des Medizinjournalismus im Rahmen der Bemühungen um eine Verbesserung und Intensivierung der gesundheitlichen Aufklärung und Gesundheitserziehung positiv auswirkt und für die Zukunft ein noch wirkungsvollerer Einsatz des Medizinjournalismus möglich wäre, und wie stellt sie sich einen solchen Einsatz vor? Hält die Bundesregierung — unter den Gesichtspunkten der gesundheitlichen Aufklärung und Gesundheitserziehung — es für sinnvoll, einen Forschungsauftrag über die Wirkungen des Medizinjournalismus auf Patienten bzw. potentielle Patienten sowie möglicherweise auch auf Politiker und deren Verhaltensweisen zu vergeben? Zu Frage B 94: Schon heute kann festgestellt werden, daß viele Beiträge von Medizin-Journalisten in der Laienpresse sachlich fundierte Informationen für ein gesundheitsgerechtes Verhalten der Bevölkerung enthalten und damit einen wirkungsvollen Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Aufklärung und Gesundheitserziehung darstellen. Die Bundesregierung unterstützt diese Arbeit durch die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und empirischen Untersuchungen und bietet interessierten Journalisten von ihr erarbeitetes zusätzliches Informationsmaterial an. Zu Frage B 95: Das Gesundheitswissen, die gesundheitsbezogenen Einstellungen und die gesundheitlichen Verhaltensweisen der Bevölkerung werden von vielen Faktoren bestimmt. Bei einer empirischen Untersuchung kann daher nicht mit der notwendigen wissenschaftlichen Exaktheit festgestellt werden, welche Wirkungen des Medizin-Journalismus auf die von Ihnen genannten Personenkreise hat. Aus diesem Grunde hält die Bundesregierung einen solchen speziellen Forschungsauftrag nicht für angebracht. Zur Fortentwicklung der Maßnahmen der Bundesregierung zur gesundheitlichen Aufklärung und Gesundheitserziehung wird jährlich eine Repräsentativbefragung bei der Bevölkerung ab 14 Jahren durchgeführt. Es ist veranlaßt worden, daß Ihnen das Ergebnis der letzten Untersuchung übermittelt wird. 4768* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Anlage 102 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Spitzmüller (FDP) (Drucksache 8/1288 Fragen B 96 und 97): Ist es unter dem Gesichtspunkt der Ergebnisse moderner Alkoholforschung noch gerechtfertigt, daß das Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit bei Verkauf und Genuß von Alkoholika zwischen „Branntwein" und „anderen alkoholischen Getränken' unterscheidet, indem es Abgabe und Genuß von „Branntwein" bei Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr untersagt, aber bei Jugendlichen über 16 Jahren Abgabe und Genuß „anderer alkoholischer Getränke" gestattet, und wenn nein, wird die Bundesregierung eine entsprechende Initiative ergreifen? Ist der Bundesregierung bekannt, und inwieweit gedenkt sie gegebenenfalls daraus Konsequenzen zu ziehen, daß der Arbeitskreis Alkohol seit zwei Jahren fordert, die Abgabe von alkoholhaltigen Getränken an Jugendliche nicht mehr zu erlauben? Die Festlegung unterschiedlicher Altersgrenzen für die Abgabe von Branntwein und anderen alkoholischen Getränken an Jugendliche, die bereits in der ersten Fassung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit von 4. Dezember 1957 enthalten ist, war damals weder in der Begründung zum Gesetzentwurf noch bei den Ausschußberatungen Gegenstand von Erörterungen oder unterschiedlichen Auffassungen. Es bestand allseits Übereinstimmung darüber, daß der Konsum von Branntwein schneller zu Schäden führen kann, so daß diesen hochprozentigen Genußmitteln ein erhöhter Gefährdungsgrad beizumessen ist mit der Folge eines verstärkten gesetzlichen Schutzbedürfnisses. Der jugendliche Organismus reagiert auf alkoholische Getränke besonders empfindlich. Junge Menschen werden durch alkoholische Getränke stärker stimuliert und berauscht, sie erscheinen schon von daher besonders gefährdet, kritische Konsumgrenzen zu überschreiten. Die Vorschädigungszeiten für Alkoholfolgekrankheiten sind bei ihnen entsprechend verkürzt.. Die Gefahr, von alkoholischen Getränken abhängig zu werden, ist bei ihnen größer als bei Erwachsenen. Deshalb ist es wichtig, abgestufte Zugriffsmöglichkeiten zu den unterschiedlichen alkoholischen Getränken beizubehalten. Auch unter dem Gesichtspunkt, daß in unserer Gesellschaft der Genuß alkoholischer Getränke Teil des Sozialverhaltens ist und deshalb der nicht mißbräuchliche Genuß erlernt und eingeübt werden muß, erscheint es sinnvoll, schwachprozentige alkoholische Getränke jungen Menschen eher zugänglich zu machen als Spirituosen. Letzlich sei darauf hingewiesen, daß Verbotsgesetze nicht nur an dem gesundheitlichen oder pädagogischen Optimum ausgerichtet werden können, sondern daß auch die Möglichkeit der Durchführung berücksichtigt werden muß. Anlage 103 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Marschall (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 98, 99 und 100) : Sieht die Bundesregierung angesichts sich häufender Feststellungen überhöhter Temperatur in Tiefkühltruhen des Lebensmitteleinzelhandels Möglichkeiten, die Leitsätze für tiefgefrorene Lebensmittel auf dem Wege einer Rechtsverordnung wirksamer als bisher durchzusetzen? Hält die Bundesregierung die von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vorgeschlagene Richtlinie über Tiefkühlkost, insbesondere die Erfordernis einer Lager- und Transporttemperatur von —18 Grad Celsius für ausreichend, oder wird eine kühlere Lagerung zur Vermeidung gefährlicher mikrobiologischer Vorgänge als zweckmäßiger angesehen? Sind der Bundesregierung Hilfsmittel bekannt, die — an Verbraucherpackungen angebracht — eine Unterbrechung des Tiefkühlzustands zuverlässig durch Verfärbung anzeigen, bzw. werden solche Möglichkeiten zur Durchsetzung der Leitsätze für tiefgefrorene Lebensmittel als allgemeine Anforderung in Erwägung gezogen? Zu Frage B 98: Die Frage der zulässigen Temperaturtoleranz in tiefgefrorenen Lebensmitteln ist zur Zeit Gegenstand von Erörterungen im nationalen und internationalen Rahmen. Sobald Ergebnisse vorliegen, wird geprüft werden müssen, ob und inwieweit die Leitsätze für tiefgefrorene Lebensmittel einer Änderung bedürfen. Die Ablösung der Leitsätze durch eine Rechtsverordnung wird erst dann in Betracht kommen, wenn die EG-Richtlinie über tiefgefrorene Lebensmittel verabschiedet ist. Zu Frage B 99: Die in dem EG-Arbeitsdokument des Entwurfs eines Vorschlags für eine Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über tiefgefrorene Lebensmittel vorgesehenen Transport-und Lagertemperaturen von — 18° C werden zur Verhinderung des mikrobiellen Verderbs als ausreichend angesehen. Zu Frage B 100: Untersuchungen über die Möglichkeit der Verwendung von Indikatoren, die Temperaturänderungen bzw. Überschreitungen bestimmter Temperaturen durch eine Farbänderung anzeigen, werden schon seit längerer Zeit durchgeführt, ohne daß sie bisher zu einem befriedigenden Ergebnis geführt haben. Von den weiteren Forschungsergebnissen wird es abhängen, ob Kontrollindikatoren zur Feststellung des Temperaturverlaufs während der gesamten Kühlkette künftig eingesetzt werden können. Anlage 104 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 101) : Wird die Bundesregierung auf Grund neuerer Erfahrungen den Autobahnabschnitt Singen—Stockach—Überlingen nunmehr doch von vornherein vierspurig und nicht bloß zweispurig bauen lassen? Die Bundesregierung ist beim Bau neuer Autobahnstrecken an die Dringlichkeitseinstufungen gebunden, die in dem zum Gesetz über den Ausbau Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4769* der Bundesfernstraßen gehörenden Bedarfsplan ausgewiesen worden sind. Für den Bau der zweiten Fahrbahn der Autobahn-Neubaustrecke Singen—Überlingen bedeutet dies, daß ein zeitliches Vorziehen nicht möglich ist, da hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Ob der Bau der zweiten Fahrbahn zwischen Singen und Überlingen, der bisher nur die Einstufung als „möglicher weiterer Bedarf" erhalten hat, bei der nächsten Überprüfung des Bedarfsplanes eine günstigere Bewertung erfahren kann, läßt sich derzeit noch nicht übersehen. Anlage 105 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Jung (FDP) (Drucksache 8/1288 Fragen B 102 und 103) : Kann die Bundesregierung Zahlen bezüglich Verkehrsbehinderung, Unfallgefährdung und technischer Unzulänglichkeit von Personenkraftwagen mit Anhängern nennen, die es geraten erscheinen lassen, Maßnahmen zu überlegen, die auf ein Fahrverbot für diese an verkehrsmassierten Wochenenden auf Teilen des Autobahnnetzes hinauslaufen? Sind der Bundesregierung derartige Fahrverbote innerhalb der EG und im übrigen europäischen Ausland bekannt, und wird sie — bei Verneinung der Frage — ebenfalls darauf verzichten? Amtliches Material über die mit den Fragen gewünschten Angaben liegt nicht vor. Der Bundesminister für Verkehr beabsichtigt nicht, in die Ferienreiseverordnung 1978 ein allgemeines Wochenendfahrverbot für Wohnwagengespanne aufzunehmen. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Bei den Beratungen im Bundesrat können sich Änderungen ergeben. Anlage 106 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Fellermaier (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 104 und 105) : Ist die technische Entwicklung von Kofferförderbändern für das Handgepäck von Reisenden der Deutschen Bundesbahn, nachdem die Deutsche Bundesbahn vor einem Jahr bereits die Tatsache ihrer Erprobung bekanntgab, zum Abschluß gebracht? Hält die Bundesregierung es für sinnvoll, daß die Deutsche Bundesbahn bei einem positiven Ergebnis der Erprobung zur Verbesserung ihres Reiseservice zumindest Knoten- und Umsteigebahnhöfe mit weiteren Förderbändern ausstattet? Zu Frage B 104: Die technische Entwicklung von Kofferförderbändern kann grundsätzlich als abgeschlossen betrachtet werden. Vor einer Serienfertigung wären aller- dings noch gewisse technische Erkenntnisse aus dem Betrieb der in Regensburg/Hauptbahnhof und Basel Bad/Bahnhof installierten Förderbänder zu -berücksichtigen. Zu Frage B 105: Die Kosten für die Fertigung und Aufstellung eines Förderbandes liegen in der Größenordnung von etwa 12 000 DM. Sie sind im einzelnen stark von örtlichen Gegebenheiten, wie z. B. der Länge der Treppe, abhängig. Zu den Investitionskosten kommen nach den bisherigen Erfahrungen erhebliche Betriebsführungskosten, da die Bänder ständiger Wartung bedürfen. Die Förderbänder stellen einen nützlichen Service für die Handgepäckbeförderung der Reisenden dar. Ob Mehrerträge beim Personenverkehr aus dem Einsatz von Förderbändern erwartet werden können, die die Kosten übersteigen, erscheint fraglich. Die Deutsche Bundesbahn (DB), in deren unternehmerischen Entscheidungsbereich derartige Investitionen fallen, beabsichtigt daher z. Z. angesichts ihrer Finanzlage nicht, weitere Förderbänder zu installieren. Anlage 107 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 106 und 107) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, das Bundesunternehmen Deutsche Lufthansa zu veranlassen, für die Abwicklung des Nachtluftpostdienstes die mit lärmgedämmten Triebwerken ausgerüsteten Maschinen vom Typ VFW 614 einzusetzen? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß damit gleichzeitig ein Beitrag zur Lärmminderung in der Umgebung von Flughäfen geleistet und ein wichtiger Schritt zur Sicherung von Arbeitsplätzen in den VFW-Werken getan würde? Die Beschaffung von Flugzeugen ausschließlich für den 'Nachtflugpostdienst wäre wirtschaftlich nicht vertretbar. Diese Dienste müssen daher mit Flugzeugen aus der Tagesflotte der Deutschen Lufthansa betrieben werden. Die Deutsche Lufthansa (DLH) hat bereits früher die Möglichkeit des Einsatzes der VFW 614 im Regionalflugverkehr überprüft und hat keine Möglichkeit gesehen, das Flugzeug wirtschaftlich sinnvoll einzusetzen. Sofern DLH auf Drängen der Bundesregierung nur für den Nachtpostbetrieb VFW 614 einsetzen würde, müßte daher mit erheblichen Ausgleichsforderungen gerechnet.werden. Unter diesen Umständen sieht die Bundesregierung — trotz der unbestreitbaren Vorteile der VFW 614 für die Umwelt — keine Möglichkeit, auf die Lufthansa wegen der Beschaffung dieses Flugzeugs einzuwirken. Ob mit einer Beschaffung der VFW 614 durch die DLH eine längerfristige Verbesserung der Situation des Herstellerwerks zu erreichen wäre, ist zweifelhaft. Anlage 108 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Vohrer (FDP) (Drucksache 8/1288 Frage B 108) : 4770* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Stellungnahme des Autobahnamts Baden-Württemberg zum Regionalplan südlicher Oberrhein keinen eindeutigen Ausschluß der ursprünglich vorgesehenen Trassenführung der Bundesautobahn A 86 über Vörstetten, Denzlingen, Heuweiler, Gundelfingen, Wildtal, St. Peter zugunsten der von der Bevölkerung eher befürworteten Untertunnelung des Roßkopfs erkennbar macht? Die Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg hat mich darüber unterrichtet, daß derzeit eine generelle Untersuchung aller für den Bau der „Schwarzwald-Autobahn" (A 86) in Betracht kommenden Trassenvarianten erfolgt. Ein Vergleich dieser Trassenvarianten und eine abschließende Wertung dürfte jedoch bei den Schwierigkeiten einer solchen Planung noch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Obwohl mir die Stellungnahme des Autobahnamtes zum Regionalplan „Südlicher Oberrhein" nicht bekannt ist, habe ich Verständnis dafür, daß beim gegenwärtigen Stand der Untersuchungen alle technisch möglichen Linienführungen offengehalten werden und nicht schon jetzt ein Ausschluß einer dieser Trassenvarianten aus der beabsichtigten Wertung erfolgt. Anlage 109 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Langner (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 109) : Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, bei wieviel Verkehrsunfällen in den Jahren 1970 bis 1976 jeweils Sachschäden von über 100 000 DM entstanden sind, und in wie vielen dieser Fälle kein ausreichender Versicherungsschutz zur Abdeckung des jeweiligen Gesamtschadens bestand, und wenn ja, wie lauten die entsprechenden Zahlen? . Verläßliches und vollständiges Zahlenmaterial der gewünschten Art ist der Bundesregierung weder aus der Straßenverkehrsunfallstatistik noch aus der Statistik der Kraftverkehrsversicherung oder aus anderen Quellen bekannt. Anlage 110 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Nöbel (SPD) (Druck- sache 8/1288 Fragen B 110 und 111): Hält die Bundesregierung an den Neubauplänen für eine Schnellbahnverbindung Köln—Frankfurt fest, und wenn ja, ist eine Rheinüberquerung zwischen Köln und Bonn unabdingbarer Bestandteil dieser Konzeption? Treffen Informationen zu, nach denen die Deutsche Bundesbahn zur Verbesserung der Verbindung Köln—Frankfurt eine überwiegend linksrheinische Streckenführung befürwortet, und wenn ja, wie sind die Pläne in Einklang zu bringen mit der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar auf die Frage des Kollegen Dr. Schmitt-Vockenhausen in der Fragestunde am 17./19. Oktober 1973 (Drucksache 7/1068, Teil B, Frage 51), nach der eine linksrheinische Führung über die Eifel und den Hunsrück in der Relation Köln—Frankfurt den möglichen Fahrzeitgewinn von etwa einer Stunde wieder zunichte machen würde und außerdem Untersuchungen der Deutschen Bundesbahn ergeben hätten, daß die Trassierung durch die Eifel ungünstiger sei als die durch den Westerwald? Auf Grund der Zielvorgaben des Bundesministers für Verkehr an den Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) vom Dezember 1974 erarbeitet die DB alternativ zur sogenannten Westerwaldtrasse andere Lösungen zur Verbesserung der Verbindung Köln–Frankfurt/M. Eine Rheinquerung zwischen Köln und Bonn ist nur als eine von mehreren Lösungen anzusehen. Die Bauwürdigkeit und ggf. die Wahl der zweckmäßigsten Trasse hängen vom Ergebnis der Bewertungen der verschiedenen z. Z. untersuchten Lösungen ab. Anlage 111 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. George (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 112) : Trifft es zu, daß zur Zeit die Personaldienststellen im Bereich der Bundesbahndirektion Stuttgart per vertraulicher Umfrage die künftige Verwendungsfähigkeit und Versetzungsbereitschaft bei denjenigen Bundesbahnbediensteten ermittelt, die auf Bahnhöfen und Strecken Dienst leisten, welche derzeit zur Überprüfung eventueller Stillegung anstehen (konkret: Pforzheim-Wildbad, Pforzheim-Hochdorf, Freudenstadt-Eutingen), und sieht die Bundesregierung gegebenenfalls in diesen Maßnahmen eine Präjudizierung die alle weiteren Willensbildungsprozesse — wie z. B. in Regionalkonferenzen - zur Farce werden lassen und die darüber hinaus zu einer enormen psychischen Belastung der betroffenen Bundesbahnbediensteten führen, und gedenkt sie, diese Maßnahmen und Wirkungen zu unterbinden? Nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn (DB) finden im Bereich der Bundesbahndirektion Stuttgart und insbesondere auf den von Ihnen aufgeführten Strecken keine Umfragen beim Personal statt, die im Zusammenhang mit einer eventuellen Stillegung dieser Strecken stehen könnten. Lediglich für Personal der Bahnhöfe Höfen (Enz) und Calmbach, das auf Grund von Rationalisierungserfolgen im Zusammenhang mit besseren technischen Sicherungen und Aufhebung von Abfertigungsbefugnissen für Gepäck und Expreßgut frei wird, erfolgen Erhebungen zur Aufstellung von Sozialplänen. Hierbei handelt es sich aber um allgemeine Rationalisierungsmaßnahmen, wie sie im Gesamtbereich der Deutschen Bundesbahn zur Senkung der Personal-und Sachkosten durchgeführt werden. Anlage 112 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. von Wartenberg (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 113 und 114): Ist der Bundesregierung das Gutachten des Präsidenten des Bundesrechnungshofs als Beauftragtem für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung bekannt, wonach die Unterhaltungsarbeiten an den Bundeswasserstraßen beim Einsatz von privaten Naßbaggerunternehmen wirtschaftlicher durchgeführt werden könnten, und wenn ja, wie steht sie dazu? Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus diesen Erkenntnissen zu ziehen? Der Bundesregierung ist das Gutachten des Präsidenten des Bundesrechnungshofes als Beauftragtem für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4771* zur wirtschaftlichen Durchführung der Naßbaggeraufgaben im Zuge der Unterhaltung der Bundeswasserstraßen unter Berücksichtigung der Wettbewerbssituation bekannt. Die Bundesregierung hat zu der Stellungnahme des Beauftragten für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung (BWV) in einem Bericht zur wirtschaftlichen Durchführung der Naßbaggeraufgaben im Zuge der Unterhaltung der Bundeswasserstraßen vom 13. Oktober 1970 Stellung genommen. Der Bericht wurde den Mitgliedern des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zugeleitet (Ausschußdrucksache Nr. 369) und befindet sich in der Beratung. Anlage 113 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Krockert (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 115 und 116) : Dürfen Autoreifen trotz minderer Herstellungsqualität in den Handel gebracht werden, und welche Vorschriften bestehen in diesem Fall hinsichtlich ihrer Verwendungsbeschränkung und Kennzeichnung? Wird die Bundesregierung die Zulassung solcher Autoreifen zweiter Wahl ganz unterbinden oder mindestens die Auflagen für Kennzeichnung und Beschränkung verschärfen, da das Sicherheitsrisiko beträchtlich und der Mißbrauch schwer kontrollierbar ist? Bei den im Handel befindlichen Reifen ist zu unterscheiden zwischen Reifen a) in technisch und optisch einwandfreiem Zustand, b) in technisch einwandfreiem Zustand (mit Schönheitsfehlern), c) die die geforderte Laufruhe nicht aufweisen, und d) mit technischen Mängeln. Die unter b) genannten Reifen sind für Personenkraftwagen, für Motorroller und Krafträder sowie für landwirtschaftliche Fahrzeuge und Geräte bestimmt. Weisen solche Reifen belanglose Fehler auf, die die Brauchbarkeit und damit Verkehrssicherheit der Reifen nicht beeinträchtigen, aber einen „Schönheitsmangel" bedeuten, werden sie von der Industrie als sogenannte „Sekunda-Reifen" (II a-Ware) verkauft. Die Industrie hat solche Reifen bisher durch „SEKUNDA" gekennzeichnet. Seit dem Jahre 1972 wird eine in Europa einheitliche Kennzeichnung durch „secunDA" oder „DA" vorgenommen („DA" steht für das französische „défaut d'aspect"). Die unter c) genannten Reifen haben ebenfalls keine technischen Mängel. Da sie jedoch die Laufruhe nicht aufweisen, die für Fahrzeuge bei hohen Geschwindigkeiten noch für annehmbar gehalten wird (die Fahrzeuge würden stark vibrieren), werden diese Reifen in der Geschwindigkeit zurückgestuft. Sie können nach Auskunft der Hersteller ohne Gefahr für die Verkehrssicherheit zufriedenstellend bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h verwendet werden. Diese Reifen wurden seit 1969 mit „MAX. 80 km/h" und seit 1971 einheitlich in Europa durch „MAX. 100 km/h" gekennzeichnet. Die unter d) genannten Reifen mit technischen Mängeln werden seit 1969 durch „MAX. 30 km/h" gekennzeichnet. Auch diese Kennzeichnung ist europäisch einheitlich. Verwendet werden solche Reifen vorzugsweise an landwirtschaftlichen Anhängern, Baubuden, Kompressor-Anhängern und ähnlichen Fahrzeugen, die in der Bundesrepublik Deutschland ein Geschwindigkeitsschild „25 km/h" nach § 58 StVZO führen müssen. Alle vorstehend genannten Kennzeichnungen „Secunda" oder „MAX. 100 km/h" oder „MAX. 30 km/h" werden auf beiden Reifenseiten in die Reifenwand durch einen Brennstempel eingebrannt. Diese Einbrennung wird vorzugsweise quer durch den Firmennamen vorgenommen und ist ohne Schleifspuren nicht zu entfernen. Nur wenn das Einbrennen im Firmennamen zu Rissen der Seitenwand Anlaß geben könnte, da der Name z. B. bei Radialreifen in der Walkzone angebracht ist, wird der Stempel an anderen Stellen beidseitig eingedrückt. Ferner wird bei Reifen, die für höhere Geschwindigkeiten gedacht waren (S, H, V bzw. SR, HR, VR), aber aus den vorstehend genannten Gründen auf Geschwindigkeiten von 100 km/h oder von 30 km/h zurückgestuft wurden, die Geschwindigkeitskennzeichnung S, H usw. innerhalb der Reifengrößenbezeichnung eindeutig entfernt. Ein Wiederanbringen der erhabenen Originalbeschriftung ist nicht möglich. Eine nachträgliche Geschwindigkeitskennzeichnung durch Einbrennen ist als Fälschung sofort zu erkennen. Angesichts dieser Sachlage kann davon ausgegangen werden, daß betrügerische Manipulationen kaum möglich sind. Die wenigen bekannt gewordenen Verfälschungen werden deshalb m. W. schnell entdeckt und abgestellt. Unfälle, die auf solche Reifen zurückzuführen waren, sind mir bisher nicht gemeldet worden. Die Zulassung solcher Autoreifen zweiter Wahl ganz zu unterbinden oder die Auflagen für Kennzeichnung und Beschränkung zu verschärfen, wird nicht für erforderlich gehalten. Anlage 114 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Walther (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 117)- Kann die Bundesregierung im Anschluß an die Beantwortung meiner Frage vom 23. November 1977 (Drucksache 8/1200, Teil B, Nr. 120) nach Rücksprache mit der hessischen Landesstraßenbauverwaltung Auskunft darüber geben, welche Gründe dazu geführt haben, daß nach dem Ausbau der B 251 zwischen der Stadtgrenze Kassel und Habichtswald trotz aufwendiger Ausbauplanung und -ausführung Überholvorgänge im Gegensatz zum vorherigen Zustand kaum noch möglich sind und damit die Strecke verkehrsgefährdender ist als früher, und billigt die Bundesregierung diese Gründe? Wie ich Ihnen bereits in meiner Antwort auf Ihre Frage vom 23. November 1977 mitgeteilt habe, erfolgte die Planung und der Ausbau der B 251 westlich Kassel in eigener Zuständigkeit der hessischen Straßenbauverwaltung. Dem Bundesminister für Verkehr liegen hierüber keine Pläne vor. 4772* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 Nach Auskunft des Hessischen Landesamtes für Straßenbau waren infolge erheblicher Widerstände größere Eingriffe in den Waldbestand und damit eine zügigere Linienführung nicht möglich. Unter weitgehender Nutzung der bestehenden Straßenflächen sind die vorhandenen engen Kurven auf Radien von mindestens 180 m vergrößert worden. Durch den Ausbau und die damit verbundene höhere Ausbaugeschwindigkeit konnte zwar auf der genannten Strecke die Überholmöglichkeit nicht gesteigert, dennoch aber auf Grund der größeren Fahrbahnbreite und der größeren Radien die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs verbessert werden. Anlage 115 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 118 und 119) : Ist der Bund bereit, die L 78 b (Natostraße), die bisher im Bereich Rastatt-Wintersdorf bis zur B 36 ausgebaut ist, über diesen Schnittpunkt hinaus bis zur Bundesautobahn zu verlängern, um so insbesondere dem zivilen Schwerlastverkehr (Kiestransporte) in Friedenszeiten eine Entlastung zu verschaffen? Weshalb hat die Deutsche Bundesbahn ihre Zusage, den schienengleichen Bahnübergang der L 77 in Rastatt dem Wunsch der Stadt Rastatt entsprechend durch eine Straßenunterführung zu beseitigen, nun wieder zurückgezogen und sich für eine weniger umweltfreundliche Straßenüberführung, die zudem noch zu einem späteren Zeitpunkt erst gebaut werden soll, entschieden? Zu Frage B 118: Im Rahmen einer verkehrswirtschaftlichen Untersuchung wird von der Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg derzeit geprüft, in welcher Weise der Schwerlastverkehr von den im Raum Rastatt_ ansässigen Kieswerken zur Autobahn A 5 Karlsruhe–Basel geführt werden kann. Sollte es sich dabei zeigen, daß die Verlängerung der Landesstraße 78 b die günstigste Lösung darstellt, so wäre es Sache des Landes Baden-Württemberg als zuständigem Baulastträger, diesen Straßenneubau als Landesmaßnahme durchzuführen. Zu Frage B 119: Eine Zusage für den Bau einer Straßenunterführung als Ersatz des Bahnübergangs im Zuge der L 77 in Rastatt wurde von der Deutschen Bundesbahn (DB) bisher nicht gegeben. Diese Baumaßnahme wurde bei den Vorerhebungen für das „Programm für Zukunftsinvestitionen (ZIP)" zwischen der Bundesbahndirektion und dem Regierungspräsidium Karlsruhe erörtert. Sie konnte jedoch im ZIP nicht berücksichtigt werden. Für die aus baulichen und wirtschaftlichen Gründen geplante Straßenüberführung hat das Regierungspräsidium Karlsruhe das Planfeststellungsverfahren im Juni 1975 eingeleitet. Dieses Verfahren ist wegen verschiedener Einsprüche noch nicht abgeschlossen. Aus der Sicht der DB könnte mit dem Bau einer Straßenüberführung kurzfristig begonnen werden. Anlage 116 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 8/1228 Frage B 120) : Wie ist der Stand der Überlegungen hinsichtlich der Verlegung der B 414 im Raum Höchstenbach? Auf Grund von Einsprüchen der Forstverwaltung, des Landschaftsschutzes und des Wasserwirtschaftsamtes mußte die Planung der Verlegung der B 413 südlich Höchstenbach aufgegeben werden. Nach neueren Untersuchungen soll Höchstenbach nördlich umgangen werden. Für diese Linienführung wurde das raumplanerische Verfahren auf Landesebene durchgeführt. Die Maßnahme im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als „möglicher weiterer Bedarf" ausgewiesen. Im Zusammenhang mit der nächsten Überprüfung des Bedarfsplanes werden alle Maßnahmen des „möglichen weiteren Bedarfs" daraufhin untersucht, ob zwischenzeitlich ein Bedarf entstanden ist und in welche Dringlichkeitsstufe ggf. das einzelne Bauvorhaben einzureihen ist. Anlage 117 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Seefeld (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 121) : Ist die Bundesregierung bereit, die Deutsche Bundespost anzuweisen, die Telefonnummern von Rettungsleitstellen — egal ob diese über die Nummer 110 oder andere Nummern erreichbar sind — in den Kopfeinträgen in den Telefonbüchern ausdrücklich aufzunehmen? Bereits vor einem Jahr sind die Oberpostdirektionen angewiesen worden, die von den kreisfreien Städten und Kreisen einzurichtenden Rettungsleitstellen als deren Dienststelle unter dem Suchwort „Rettungsleitstelle" mit Angabe der Rufnummer — alphabetisch bei den Teilnehmereinträgen eingeordnet — aufzuführen. Das gilt auch für die sogenannten Rettungswachen. Es ist jedoch nicht beabsichtigt, die Rettungsleitstellen in den Kopfeinträgen der Ortsnetze unterzubringen. Dieses Vorgehen ist auch mit einer Arbeitsgruppe der technischen Kommission des Arbeitskreises II der Innenminister am 11. Januar 1977 erörtert worden. Es wurde darauf hingewiesen, daß aus Gründen der Übersichtlichkeit und Einheitlichkeit, d. h., damit der Bürger nicht durch eine Vielzahl von Rufnummern verunsichert wird, und unter Berücksichtigung der Vereinbarungen über den Notruf 1 10 mit den Innenministern der Länder die Kopfeinträge der Ortsnetze nicht erweitert werden sollen. Auch auf der Titelseite der Fernsprechbücher werden neben den Rufnummern des Fernamts und der Fernsprechauskunft nur die Notrufnummer 1 10 und gegebenenfalls die Rufnummer des Feuerwehrrufs 1 12 angegeben. Inwieweit weitere Hinweise auf Rettungsleitstellen/ -wachen bei anderen alphabetisch geordneten Einträgen notwendig sind, muß im Einzelfall entschieden Deutscher Bundestag -- 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4773* werden. Die Arbeitsgruppe will sich zu gegebener Zeit erneut mit dem Bundesministerium für das Post-und Fernmeldewesen in Verbindung setzen. Anlage 118 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 122) : Finden bei Ferngesprächen von der Bundesrepublik Deutschland in die DDR die ermäßigten Nachttarife des Fernsprechdienstes der Deutschen Bundespost Anwendung, und wenn nein, ist es möglich, diese ermäßigten Nachttarife wenigstens für das Leitungsnetz der Bundesrepublik Deutschland zu gewähren? Die Gebühren für den innerdeutschen Fernsprechverkehr sind durch die Verordnung über die Gebühren im Post- und Fernmeldeverkehr mit der Deutschen Post der Deutschen Demokratischen Republik vom 4. Juni 1976 (BGBl I S. 1400) geregelt. Eine Änderung dieser Verordnung ist zur Zeit nicht möglich, da bei Ferngesprächen im Verkehr mit der Deutschen Post der DDR die bei Gesprächsverbindungen innerhalb des Bereichs der Deutschen Bundespost üblichen Tarifermäßigungen wegen mangelnder Leitungskapazitäten noch nicht gewährt werden können. Auch die Anwendung ermäßigter Nachttarife nur auf die im Bereich der Deutschen Bundespost verlaufenden Abschnitte von Leitungen in die DDR und nach Berlin (Ost), die im Ergebnis ebenfalls eine Ermäßigung der Gesamtgebühr be- deuten würde, ist deshalb zur Zeit nicht möglich. Tarifermäßigungen können erst dann eingeführt werden, wenn die Leitungen in die DDR und nach Berlin (Ost) den durch eine Gebührensenkung zu erwartenden Verkehrszuwachs aufnehmen können. Als Ergebnis der jüngsten Verhandlungen wird die Zahl der Leitungen in den Bereich der Deutschen Post der DDR bis 1982 um mehr als 700 erhöht werden, wodurch zunächst einmal die Dienstgüte für das vorhandene Verkehrsaufkommen verbessert werden soll. Anlage 119 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Krockert (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 123) : Wird die Bundesregierung in Verhandlung mit den Ländern darauf hinwirken, daß diese ihre Beteiligung an dem Vierjahresprogramm zur Förderung energiesparender Bauinvestitionen nicht durch die Kürzung eigener Modernisierungsprogramme ausgleichen, sondern dieses Programm — wie vom Bund beabsichtigt — als zusätzliche Anstrengung zu den übrigen Maßnahmen zur Anregung der Modernisierungstätigkeit wirksam werden lassen? Die Bundesregierung bemüht sich in den Verhandlungen mit den Ländern um eine Programmdurchführung, die die im Beschluß des Bundeskabinetts genannten Zielsetzungen der Heizenergieeinsparung und der Schaffung zusätzlicher Dauerarbeitsplätze in Ausbaugewerbe und Zulieferindustrie erfüllt. Eine Kürzung landeseigener Modernisierungsprogramme zugunsten des Energieeinsparungsprogramms würde dem beschäftigungspolitischen, aber auch dem wohnungspolitischen Ziel der Modernisierungsprogramme entgegenwirken. Anlage 120 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 124): Trifft es zu, daß das Pflegegeld für ein geistig behindertes Kind bei der Höhe des Wohngeldanspruchs als Einkommen angerechnet wird, und hält die Bundesregierung dieses Verfahren gegebenenfalls für sozialpolitisch vertretbar? Die Einzelheiten des der Frage zugrundeliegenden Sachverhaltes sind mir nicht bekannt. Allgemein möchte ich aber feststellen: Die Gewährung von Wohngeld hängt allgemein vor allem vom Jahreseinkommen der zum Haushalt rechnen- den Familienmitglieder eines Antragberechtigten ab. Zum Jahreseinkommen zählen nach § 10 des Zweiten Wohngeldgesetzes (2. WoGG) alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Steuerpflichtigkeit, auch empfangenes Pflegegeld. Andererseits bleiben bei der Ermittlung des Jahreseinkommens unter anderem steuerfreie Einnahmen außer Betracht, die einer besonderen Zweckbestimmung dienen, somit nicht für den allgemeinen Lebensunterhalt bestimmt sind (§ 14 Abs. 1 des 2. WoGG). Wegen seiner besonderen Zweckbestimmung wird bei der Einkommensermittlung auch das zur Deckung des Sonderbedarfs eines Pflegebedürftigen nach § 69 Abs. 3 Satz 1 des Bundessozialhilfegesetzes geleistete Pflegegeld nicht berücksichtigt (§ 14 Abs. 1 Nr. 18 des 2. WoGG). Zu Pflegebedürftigen im Sinne der angeführten Vorschrift gehört, wer so hilflos ist, daß er im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang der Wartung und Pflege dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen können auch bei einem geistig behinderten Kind gegeben sein. — Auch sonstige Pflegegelder für ein geistig behindertes Kind aus öffentlichen Kassen oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit gewährt werden, bleiben, soweit sie nicht zur Dekkung des Lebensunterhalts bestimmt und steuerfrei sind, bei der Einkommensermittlung außer Betracht (§ 14 Abs. 1 Nr. 17 des 2. WoGG). Eine andere Verfahrensweise wäre sozialpolitisch nicht vertretbar. Anlage 121 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Lauritzen (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 125 und 126) : 4774* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 In welchem Umfang sind bisher die vom Bund für das Jahr 1977 zur Verfügung gestellten Mittel zur Wohnungsmodernisierung bewilligt worden? Trifft es zu, daß in einigen Bundesländern diese Mittel in so geringem Umfang abgerufen worden sind, daß eine Umverteilung erforderlich wird? Mir liegen keine Berichte aus den Ländern darüber vor, in welchem Umfang die Mittel des BundLänder-Modernisierungsprogramms 1977 an Antragsteller bewilligt worden sind. Aus Gesprächen mit Vertretern der Länder ist mir jedoch bekannt, daß die Nachfrage nach diesen Mitteln im allgemeinen größer ist, als Mittel zur Verfügung stehen. Mit einer Umverteilung von Förderungsmitteln, die wegen fehlenden . Interesses von Antragstellern nicht in Anspruch genommen werden, ist nach meiner Kenntnis nicht zu rechnen. Lediglich aus Nordrhein-Westfalen wurden ca. 1 Million DM Darlehensmittel zur Umverteilung zurückgemeldet, weil im Landeshaushalt die komplementären Landesmittel nicht in ausreichender Höhe bereitgestellt worden waren. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, daß das Modernisierungsprogramm 1977 verspätet angelaufen ist. Nach Inkrafttreten des Wohnungsmodernisierungsgesetzes mußte eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern abgeschlossen werden. Der Abschluß der Verwaltungsvereinbarung hat sich vor allem dadurch verzögert, daß einige Länder erst drei Monate nach Übersendung der vom Bund unterschriebenen Verwaltungsvereinbarung die unterzeichnete Vereinbarung zurücksandten. Die Bundesmittel konnten daraufhin am 8. August 1977 verteilt werden. Die Bewilligungstätigkeit wurde in einigen Ländern nach Weiterverteilung der Mittel auf die Bewilligungsstellen im Lande erst Mitte September aufgenommen. Mit einem ähnlich späten Anlaufen ist im kommenden Programmjahr nicht zu rechnen. Anlage 122 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 127 und 128) : Welche Gesetze und Verordnungen wurden im Zuständigkeitsbereich des Bundes seit Oktober 1969 beschlossen, die Einwirkungen auf die Genehmigung von Bauten haben bzw. zu einer Verzögerung von Baugenehmigungen für Hoch- und Tiefbauten führen können? Teilt die Bundesregierung die Meinung führender Ärzte, Psychologen und Soziologen, daß die zur geistigen Entwicklung der Kinder dringend notwendigen Spielplätze in der Nähe der Neubauten, die vorgesehene Quadratmeterzahl für Kinder in den Wohnungen sowie der Schallschutz im Wohnungsbau nach wie vor unzureichend sind, und wird die Bundesregierung — soweit das in ihrem Verantwortungsbereich möglich ist — die notwendigen Maßnahmen einleiten, um diesem Zustand abzuhelfen, und wie stellt sich dies konkret dar? Zu Frage B 127: In einem Baugenehmigungsverfahren können rd. 250 gesetzliche Regelungen zur Anwendung kommen, davon rd. 90 Rechtsvorschriften des Bundes. Seit Oktober 1969 wurden in 89 Fällen Rechtsvorschriften des Bundes, die für das Baugenehmigungsverfahren von Bedeutung sein können, neu erlassen oder bestehende Rechtsvorschriften geändert. Eine Einzelaufzählung dieser Vorschriften würden den Umfang der im Rahmen der Fragestunde üblichen Antworten sprengen (vgl. Ziff. 1 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde). Die Mehrzahl dieser Vorschriften betreffen Spezialmaterien, die nur bei einzelnen Sonder-Bauvorhaben zu berücksichtigen sind; für die überwiegende Zahl der genehmigungspflichtigen Bauvorhaben, insbesondere von Wohngebäuden, haben diese Vorschriften keinerlei Bedeutung und führen deshalb auch zu keiner Verlängerung des Baugenehmigungsverfahrens. Soweit die Vorschriften für ein Bauvorhaben einschlägig sind, ist es in erster Linie eine Frage der innerbetrieblichen Organisation der Baugenehmigungsbehörden, dafür zu sorgen, daß keine Verzögerung des Genehmigungsverfahrens eintritt. Falls gewünscht, kann eine Zusammenstellung der Vorschriften übersendet werden. Zu Frage B 128: 1. Die Anlage von Spielplätzen auf Wohngrundstücken ist in den Wohnungsbau-Förderungsbestimmungen und in den Bauordnungen der Bundesländer • — in einzelnen Bundesländern auch durch sogenannte Spielplatzgesetze — geregelt. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat — im Rahmen seiner begrenzten Zuständigkeit — diese Regelungen unterstützt. Auf seine Veranlassung wurde die Planungsnorm DIN 18 034 „Spielplätze für Wohnanlagen" erarbeitet. Im Rationalisierungskatalog und in den Einsatzrichtlinien für den sozialen Wohnungsbau wird auf diese Planungsnorm besonders Bezug genommen. 2. Geräumige Kinderzimmer, deren Grundriß eine zweckmäßige Möblierung und Flächennutzung erlaubt, sind für die Entwicklung der Kinder von großer Bedeutung. Vor allem sollte jedes Kind ein eigenes Zimmer haben. Andererseits stehen Raumgröße und Raumzahl in unmittelbarem Zusammenhang mit der Wohnungsgröße insgesamt. Damit erhebt sich die Frage der Finanzierung und der laufenden Belastung bzw. Miete. In den Jahren 1971 bis 1976 stieg die durchschnittliche Wohnfläche der Neubauten von 84,9 auf 95,5 qm. Die durchschnittliche Raumzahl erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 4,31 auf 4,66. Damit hat sich in unseren Wohnungen auch der Platz für Kinder stetig vergrößert. Dieser Anstieg setzt sich fort. Bei den im Jahr 1976 baugenehmigten Neubauten, d. h. bei den Wohnungen, die in diesem Jahr fertiggestellt werden, liegt die durchschnittliche Wohnfläche bei 100,1 qm, die durchschnittliche Raumzahl bei 4,73. Administrative Eingriffe in diese erfreuliche Entwicklung werden von der Bundesregierung nicht für erforderlich gehalten. 3. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Anforderungen an den baulichen Schallschutz in Gebäuden ausreichend sind, wenn die Schallschutzmaßnahmen sachgemäß ausgeführt werden. Die z. Z. stattfindende Überarbeitung der technischen Regelungen im baulichen Schallschutz wird weitere Verbesserungen des Schallschutzes bringen. Die Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4775* Bundesregierung unterstützt im Rahmen ihrer Möglichkeiten diese Arbeiten. Die Bundesregierung wird im übrigen demnächst Vorschläge zur Reduzierung des Verkehrslärms vorlegen, insbesondere zur Festlegung verbindlicher Schallschutzwerte mit dem Ziel einer spürbaren Verbesserung der Lärmsituation in den Städten. Anlage 123 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Krockert (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 129) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß Baugenehmigungsbehörden in einzelnen Bundesländern den Einbau von Sonnenkollektoren in Wohnhäusern mit der Begründung ablehnen, daß ein kollektorbestücktes Dach nicht in die Landschaft oder nicht zur übrigen Bebauung passe, und sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, daß mit den Ländern über den Rang der Energieeinsparung in Abwägung mit anderen Gesichtspunkten eine grundsätzliche Klärung herbeigeführt wird? Die Schwierigkeiten in der Praxis beim Einbau von Sonnenkollektoren in baulichen Anlagen sind der Bundesregierung bekannt. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat sich deshalb vor einiger Zeit an die Fachkommission „Bauaufsicht" und „Städtebau" der Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister bzw. Senatoren der Länder (ARGEBAU) mit der Bitte gewandt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Soweit bekannt, wird in der ARGEBAU ein Beschluß der Ministerkonferenz mit dem Ziel vorbereitet, die Nutzung der Solarenergie zu erleichtern. Dabei wird eine vernünftige Lösung des gestalterischen Problems angestrebt. werden müssen. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wird sich darum bemühen, eine solche Lösung herbeizuführen. Anlage 124 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 130 und 131) : 1st es richtig, daß die „DDR" Erbscheine, die von West-Berliner Amtsgerichten ausgestellt sind, nicht mehr anerkennt, und wenn ja, seit wann ist der Bundesregierung das bekannt? Was hat die Bundesregierung dagegen bereits unternommen, und wie wird sie weiter vorgehen? Zu Frage B 130: • Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Behörden in der DDR bereits seit längerer Zeit hier ausgestellte Erbscheine nicht oder nicht ohne weiteres anerkennen und daß das gleiche — zumindest neuerdings — auch für Erbscheine gilt, die in Berlin (West) ausgestellt sind. Im einzelnen bemerke ich insoweit folgendes: In der DDR galt früher das Erbrecht des BGB. Dies hat sich inzwischen geändert. Abweichungen galten zunächst nur für das Ehegattenerbrecht (insoweit bestehen unterschiedliche Quotelungen) sowie das Erbrecht des nichtehelichen Kindes. Seit dem 1. Januar 1976 gilt in der DDR nicht mehr das BGB. Es wurde durch das Zivilgesetzbuch der DDR abgelöst. Die erbrechtlichen Regelungen in der DDR weichen nunmehr in erheblichem Umfang von dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Erbrecht ab. Besonderheiten gelten namentlich dann, wenn der Erblasser außerhalb der DDR wohnhaft ist und sich der Nachlaß bzw. Teile des Nachlasses in der DDR befinden. Nach § 25 Abs. 1 des Rechtsanwendungsgesetzes der DDR bestimmen sich die erbrechtlichen Verhältnisse im Hinblick auf das in der DDR belegene Vermögen nach dem Recht des Staates, dessen Bürger der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes war. In diesem Zusammenhang verdient hervorgehoben zu werden, daß in der Bundesrepublik Deutschland wohnende Personen, die vorher in der DDR wohnhaft waren und nach dem dort geltenden Recht Staatsbürger der DDR waren, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von der DDR weiterhin als ihre Staatsbürger in Anspruch genommen werden. Personen, bei denen diese Voraussetzungen gegeben sind, werden im Hinblick auf das in der DDR belegene Vermögen nach dem Recht der DDR beerbt. Darüber hinaus ergibt sich aus § 25 Abs. 2 des Rechtsanwendungsgesetzes, daß sich die erbrechtlichen Verhältnisse in bezug auf das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden, die sich in der DDR befinden, stets nach dem Recht der DDR bestimmen. Bei Vorlage eines hier bzw. in Berlin (West) ausgestellten Erbscheins ist mithin nach dem Recht der DDR stets zu prüfen, ob der Erbschein dem in der DDR geltenden Recht entspricht. Bereits vor Inkrafttreten des ZGB haben daher DDR-Behörden in den Fällen der gesetzlichen Erbfolge vielfach bei Vorlage hier ausgestellter Erbscheine Einwendungen erhoben. Sie ließen diese Erbscheine nur dann gelten, wenn sie für den Rechtsverkehr in der DDR durch die Staatlichen Notariate ausdrücklich zugelassen waren. Nach dem Inkrafttreten des ZGB konnte in zunehmendem Maße festgestellt werden, daß die DDR-Behörden hier (bzw. in Berlin [West]) ausgestellte Erbscheine nicht mehr anerkennen und von den Erben verlangen, für den Bereich der DDR gegenständlich beschränkte Erbscheine vorzulegen. Insoweit bestimmt § 414 ZGB, daß sich in den Fällen, in denen sich Nachlaßgegenstände in der DDR befinden und das Staatliche Notariat für die Erteilung eines Erbscheines für den gesamten Nachlaß nicht zuständig ist, ein auf die in der DDR befindlichen Gegenstände beschränkter Erbschein erteilt werden kann. Nach den bisher vorliegenden Erfahrungen besteht der Eindruck, daß die früher geübte Praxis der Anerkennung des hier ausgestellten Erbscheines für den Rechtsverkehr in der DDR durch die Staatlichen Notariate aufgegeben wurde, obgleich das früher praktizierte Anerkennungsverfahren durch die Staatlichen Notariate auch nach dem in 4776* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 der DDR jetzt geltenden Recht weiterhin zulässig sein dürfte (vgl. § 42 des Notariatsgesetzes in Verbindung mit § 192 f der neuen ZPO). Würde sich im Anerkennungsverfahren allerdings ergeben, daß der hier ausgestellte Erbschein nicht dem in der DDR geltenden Recht entspricht, bliebe dem Erben ohnehin nichts anderes übrig, als einen gegenständlich beschränkten Erbschein zu beantragen. Zu Frage B 131: Bei der Regelung des Erbrechts sowie der Frage, in welcher Weise das Erbrecht nachzuweisen ist, handelt es sich ohne Zweifel um eine innere Angelegenheit der DDR. Es liegt auf der Hand, daß die Bundesregierung keine Möglichkeit hat, auf die Regelungen in der DDR einzuwirken. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bestehen im Hinblick auf die Anerkennung von Erbscheinen auch keine vertraglichen Vereinbarungen. Der Abschluß eines Rechtshilfeabkommens konnte bislang nicht erreicht werden. Anlage 125 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius (SPD) (Drucksache 8/1288 Fragen B 132 und 133) : Inwieweit verpflichtet der Euratom-Vertrag das Land Baden-Württemberg dazu, Uranvorkommen in Fremdenverkehrsgebieten, wie Gernsbach und Menzenschwand nicht nur prospektiv zu suchen, sondern bei einem positiven Ergebnis abzubauen, wenn öffentliche Belange berührt werden? Wie definieren sich „überwiegend öffentliche Belange", die einem Abbau entgegenständen? Zu Frage B 132: Der Eurotomvertrag enthält keine Verpflichtung zum Abbau von Uranvorkommen. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften kann nach Art. 70 Abs. 2 des Euratomvertrages lediglich unverbindliche Empfehlungen für die Entwicklung der Schürfung und Erzgewinnung an die Mitgliedstaaten richten. Außerdem kann der Rat gemäß Art. 70 Abs. 4 mit qualifizierter Mehrheit feststellen, „daß die Schürfungsmaßnahmen und die Steigerung der Erzgewinnung in erheblichem Maße unzureichend bleiben, obwohl Erzeugungsmöglichkeiten wirtschaftlich auf lange Sicht gerechtfertigt erscheinen". In diesem Fall wird unterstellt, daß der betreffende Mitgliedstaat auf das Recht des gleichen Zugangs zu dem sonstigen Aufkommen innerhalb der Gemeinschaft verzichtet. Zu Frage B 133: Die Frage, wann „überwiegend öffentliche Belange" einem Abbau entgegenstehen, läßt sich nur an Hand des konkreten Einzelfalls beantworten. Die Entscheidung hierüber ist von den zuständigen Landesbehörden zu treffen. Anlage 126 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Holtz (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 134) : Denkt die Bundesregierung daran, die bisherige Bevorzugung der auf Kernspaltung beruhenden Reaktoren im Forschungsetat durch eine verstärkte Förderung der Forschung und Entwicklung alternativer Energien bzw. Technologien abzubauen? Die Bundesregierung fördert im Rahmen ihres Programms Energieforschung und Energietechnologien 1977-1980 Forschung, Entwicklung und Innovation sowohl im Bereich der nichtnuklearen Energie als auch der Kernenergie, insbesondere fortgeschrittener Reaktortypen wie der Hochtemperatur- und Schnellen Brutreaktoren. Seit 1974 haben sich die Aufwendungen für die Energieforschung stark zugunsten der nichtnuklearen Forschung entwickelt. War das Verhältnis von nuklearer zu nichtnuklearer Energieforschung (ohne Einbeziehung der Fusionsforschung) im Jahre 1973 noch 46,2 : 1, so liegt es 1977 schon bei 3,2 : 1. Die Bundesregierung hat im Programm Energieforschung und Energietechnologien 1977-1980 erklärt, daß es im Rahmen der jeweils gültigen Finanzplanung wahrscheinlich zu Änderungen in der Mittelverteilung kommt, die den Anteil der nichtnuklearen Energieforschung weiter erhöhen werden. Anlage 127 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Köhler (Wolfsburg) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Fragen B 135 und 136) : Wie beurteilt die Bundesregierung die wirtschaftlichen Aussichten in der Ölschieferausbeutung im Raum Lehre-Schandelah, und welche Priorität gibt sie diesem Projekt im Vergleich zu den übrigen mit Bundesforschungsmitteln geförderten Möglichkeiten zur Deckung oder Substitution des deutschen Bedarfs an Mitteldestillaten? Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, daß ihre Förderung der Erforschung eines möglichen Ölschieferabbaus im Raum Lehre-Schandelah und die Förderung der Salzkohleverwertung im Raum Helmstedt durch den sogenannten Kohlepfennig für sie auch eine übergeordnete Fortschreibung des Bundesraumordnungsplans Rechnung zu tragen hat? Zu Frage B 135: Die Vorräte an Ölschiefer im Raum Schandelah betragen nach letzten Schätzungen zwei Milliarden t. Die darin enthaltenen Ölvorräte belaufen sich auf rund 100 Millionen t. Diese Vorräte sind damit um ca. 25 Millionen t größer als die Summe aller derzeitig gewinnbaren Erdölreserven in der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesregierung fördert bei den Braunschweigischen Kohlenbergwerken ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm mit dem Ziel, die Lagerstätten- und Vorratsdaten, die bisher nur in Umrissen bekannt waren, zu erkunden, Schwelverfahren auf ihre technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit zu untersuchen und das im -Labor gewonnene Schieferöl auf seine Einsetzbarkeit in der petrochemischen Industrie zu prüfen. Die Frage der Wirt- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4777* schaftlichkeit einer künftigen Ölschiefernutzung ist zentraler Gegenstand der Untersuchungen. Aus dem laufenden Programm und den bisherigen Ergebnissen kann die Wirtschaftlichkeit noch nicht verläßlich abgeschätzt werden. Das bedeutet: Die Frage, ob es zu einem Abbau des Ölschiefers kommt, ist offen Aufgrund der bisher vorliegenden Ergebnisse hält es die Bundesregierung im Rahmen ihrer Bemühungen um die Energiesicherung und die Verringerung der Abhängigkeit von Erdölimporten für geboten, die Untersuchungen fortzusetzen. Dieses Vorhaben ergänzt die Bemühungen der Bundesregierung, durch die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Kohleverflüssigung die Voraussetzungen zur Deckung eines Teils des künftigen Bedarfs an Mitteldestillaten aus heimischen Quellen zu schaffen. Zu Frage B 136: Im Bundesraumordnungsprogramm ist das Konzept der Vorranggebiete entwickelt worden, das auch die Gebiete für die Gewinnung von Rohstoffen und Mineralvorkommen von besonderer Bedeutung einschließt. Eine Bestandsaufnahme derartiger Vorranggebiete kann zur Fortschreibung des Bundesraumordnungsprogramms beitragen. Dies setzt allerdings eine bundesweite Bestandsaufnahme voraus. Der Abbau von Lagerstätten ist ohne vorherige landesplanerische Stellungnahme bzw. ein entsprechendes Raumordnungsverfahren nicht möglich. Insoweit ist auch der Abbau von Lagerstätten in den entsprechenden Regionalplan und das Landesraumordnungsprogramm planerisch eingebettet. Anlage 128 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 8/1288 Frage B 137) : Welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, den Arbeitnehmervertretern in den Berufsbildungs- und Prüfungsausschüssen, die meist ihre Tätigkeit nebenamtlich ausüben, in ihrer verantwortungsvollen Aufgabe Hilfestellung zu leisten, und in welcher Weise werden potentielle Ausschußmitglieder auf ihre Aufgabe vorbereitet? Die Bundesregierung mißt der Qualifikation der Mitglieder in den Berufsbildungs- und- Prüfungsausschüssen, die ihre Tätigkeit nach dem gesetzlichen Auftrag des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 (BBiG) ausüben, erhebliche Bedeutung zu. Diese verantwortungsvolle Tätigkeit kann nur dann wirkungsvoll ausgeübt werden, wenn die Ausschußmitglieder über ein hohes Maß an pädagogischen, fachlichen und berufsbildungsrechtlichen Kenntnissen verfügen. Es wird anerkannt, daß die Aneignung für die meist ehrenamtlich ausgeübte Tätigkeit oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, da sie neben der regulären Berufsarbeit durchgeführt werden muß. Daher unterstützt die Bundesregierung die Bestrebungen um eine Qualifikation der Ausschußmitglieder mit finanziellen Zuwendungen zu Förderungsmaßnahmen. Seit 1975 wurden entsprechende Haushaltsmittel im Haushaltsplan des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (BMBW) eingestellt; auch im Entwurf des Haushaltsplanes für 1978 sind wieder derartige Förderungsmittel ausgewiesen worden. Die Ausrichtung und Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen (Seminare, schriftliches Lehrmaterial) obliegt dabei den gesellschaftlichen Gruppen, die nach dem BBiG für die Benennung der Ausschußmitglieder zuständig sind. Ein Teil der Kosten — mindestens 25 °/o — sind von den Trägern der Weiterbildungsmaßnahmen aufzubringen. Der überwiegende Teil der Kosten (bis zu 75 %) wird jedoch aus Haushaltsmitteln des BMBW gedeckt. Das Angebot des BMBW für eine derartige Förderung haben die Spitzenverbände der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber bereitwillig aufgenommen. Seit 1975 werden entsprechende Projekte unter der Trägerschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Deutschen Angestelltengewerkschaft, der Industriegewerkschaft Metall, des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels und des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung gefördert. Weitere Förderungsanträge liegen dem BMBW vor und sollen in der nächsten Zeit bewilligt werden. An Finanzmitteln des BMBW sind bisher 1,5 Millionen DM bereitgestellt worden. Von diesen Bundesmitteln entfallen rund 1,2 Millionen DM (80 °/o) auf Weiterbildungsmaßnahmen der Gewerkschaften. Die Bedeutung, die der BMBW der Förderung der Ausschußmitglieder zumißt, kommt dadurch zum Ausdruck, daß in den letzten Monaten für Weiterbildungsmaßnahmen des Deutschen Gewerkschaftsbundes, die sich an die bereits geförderten Maßnahmen anschließen, für das Jahr 1977 weitere 541 000 DM bewilligt wurden. Dabei reicht das Weiterbildungsangebot von eintägigen Seminaren bis zu Modell-Lehrgängen, die sich über mehrere Tage erstrecken und umfaßt Themen wie Berufsbildungsrecht, Mitbestimmung und Prüfungstechniken. Unter den bisher entwickelten Lehrmaterialien und Schulungsheften sind u. a. ein „Prüfer-Handbuch" für einen speziellen Ausbildungsbereich sowie ein Arbeitsheft über Beurteilungsfragen in der betrieblichen Berufsausbildung zu nennen. Anlage 129 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Langguth (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 138) : Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, ob es bei dem durch die Vereinigten Deutschen Studentenschaften ausgerufenen „Streik" sichtbar auch weitere Motive als lediglich die nach Meinung der Vereinigten Deutschen Studentenschaften verschlechterte Lage der Studenten gibt? Die Vereinigten Deutschen Studentenschaften (VDS) haben in ihrer Mitte November 1977 herausgegebenen „VDS-press Nr. 5/77" folgende fünf Gründe für die Bejahung des von ihnen empfohle- 4778* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 nen und unterstützten Vorlesungsboykotts angeführt: Das Hochschulrahmengesetz und seine Umsetzung in Landeshochschulgesetze; die Verschärfung der bestehenden Prüfungsordnungen; das Ordnungsrecht und die sogenannten „Berufsverbote"; der Erhalt der verfaßten Studentenschaft und der Versuch, das sogenannte „politische Mandat" in Anspruch zu nehmen sowie der Versuch „besonders der CDU/CSU ... , immer mehr demokratische Rechte abzubauen". Der Bundesregierung stehen keine Hinweise zur Verfügung, daß die VDS mit ihrem Vorlesungsboykott noch weitere Ziele verfolgen. Insbesondere stehen ihr keine Informationen darüber zur Verfügung, daß die VDS mit ihrem Vorlesungsboykott einen „Frontalangriff gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung starten", wie Sie in Ihrer Pressemitteilung vom 23. November 1977 schreiben. Ihr sind im Gegenteil zwei von sachlichem Engagement getragene offene Briefe an den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Herrn Brandt, sowie an den Präsidenten der Westdeutschen Rektorenkonferenz, Herrn Professor Steinlin, bekannt. Die Bundesregierung begrüßt die in diesen Briefen erkennbare Bereitschaft der VDS zu einem „konstruktiven Dialog". Anlage 130 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hüsch (CDU/CSU) (Drucksache 8/1288 Frage B 139) : Von welchem Termin an wird die Bundesregierung die veränderte Berlin-Präferenzklausel in Abkommen für Kapitalhilfedarlehen aus Mitteln der Entwicklungshilfe (vgl. Drucksache 8/779 zu Nummer 9) anwenden, nachdem trotz der entsprechenden Erklärung vom 25. Juli 1977 in dem nahezu zwei Monate später abgeschlossenen Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tunesischen Republik über finanzielle Zusammenarbeit (vgl. BGBl. 1977 II S. 1201) noch die alte Klausel Verwendung gefunden hat? Die Berlin-Präferenzklausel wird vorab mit Wirkung vom 1. Januar 1978 in dem erwähnten Sinn geändert. Die Neubearbeitung des Musterabkommens befindet sich noch in der Abstimmung zwischen den Ressorts.
Gesamtes Protokol Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806100000
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Am 4. Dezember 1977 hat der Abgeordnete Dr. Meinecke (Hamburg) seinen 60. Geburtstag gefeiert. Ich spreche Ihnen, Herr Kollege Meinecke, die herzlichen Glückwünsche des Hauses dazu aus.

(Beifall)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung um die von der Fraktion der SPD beantragte Aussprache gemäß Anlage 4 Nr. 1 der Geschäftsordnung zum Thema Verwirklichung der Menschenrechte ergänzt. Der Tagesordnungspunkt soll heute nach der Fragestunde aufgerufen werden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann stelle ich fest, daß das Haus damit einverstanden ist.
Amtliche Mitteilung ohne Verlesung
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 7. Dezember 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Rapp (Göppingen), Junghans, Dr. Holtz, Dr. Schmude, Bindig, Dr. Böhme (Freiburg), Büchler (Hof), Dr. Diederich (Berlin), Dürr, Fellermaier, Frau Dr. Focke, Friedrich (Würzburg), Haase (Fürth), Huonker, Ibrügger, Immer (Altenkirchen), Jahn (Marburg), Dr. Jens, Junker, Kretkowski, Lenders, Frau Dr. Lepsius, Dr. Linde, Müller (Nordenham), Frau Renger, Dr. Schachtschabel, Dr. Schäfer (Tübingen), Scheu, Schluckebier, Schmidt (München), Dr. Spöri, Stahl (Kempen), Wolfram (Recklinghausen), Angermeyer, Wurbs, Dr. Haussmann, Frau Matthäus-Maier, Zywietz, Dr. Vohrer, Frau Schuchardt und der Fraktionen der SPD, FDP betr. Welttextilabkommen — Drucksache 8/1231 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1314 verteilt.
Ich rufe nunmehr den Tagesordnungspunkt 3 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Müller (Remscheid), Franke, Frau Will-Feld, Neuhaus, Dr. George, Dr. Laufs, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Hasinger, Müller (Berlin) und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung
— Drucksache 8/1086 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Innenausschuß
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Erhard das Wort.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0806100100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen mit dem vorgelegten Gesetzentwurf einen einzigen Paragraphen der Reichsversicherungsordnung ändern. Es soll weder für irgendeinen Bürger ein Pfennig mehr Geld bewilligt noch irgendein Anspruch verkürzt werden. Wir wollen nur eine der Regierung bereits gegebene Ermächtigung zum Erlaß einer komplizierten und umfangreichen Rechtsverordnung konkretisieren und auch teilweise einschränken. Ziel unserer Vorstellungen ist eine größere Sicherung der Person in ihrem Intimbereich.
Der § 319 der Reichsversicherungsordnung gibt dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung das Recht, für jeden einzelnen Bürger eine Versicherungsnummer einzuführen. Die Versicherungsnummer wird nach Schätzungen 90 bis 95% der Bevölkerung erfassen. Der Einstieg ist die sogenannte Krankenversicherungsnummer. In diesem Zusammenhang läuft bereits seit dem 1. April im schleswig-holsteinischen Kreis Rendsburg/Eckernförde ein vom Bundesarbeitsministerium und von der Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung initiierter Testversuch.
Ursprünglich, nämlich bei der Einfügung dieser Ermächtigung in die Reichsversicherungsordnung, war beabsichtigt, als Versicherungsnummer das im Entwurf eines Bundesmeldegesetzes vorgesehene Personenkennzeichen zu verwenden. „Als Versicherungsnummer soll grundsätzlich das Personenkennzeichen verwendet werden", so heißt es im Bericht des Ausschusses für Arbeit vom 16. Juni 1972, zu Drucksache VI/3508, Seite 12. Es heißt dort weiter:
Falls sich die Einführung des Personenkennzeichens verzögert, ist vorgesehen, bis zu seiner Einführung die Versicherungsnummer der Rentenversicherung zu verwenden, damit unterschiedliche Versicherungsnummern in der Krankenversicherung und Rentenversicherung vermieden werden.
Mit der Einführung eines allgemeinen Personenkennzeichens hatte sich der Rechtsausschuß in der vorigen Periode in seiner Sitzung am 5.- Mai 1976 eingehend befaßt und einstimmig bei einer Stimmenthaltung empfohlen:
4640 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Erhard (Bad Schwalbach)

Die Entwicklung, Einführung und Verwendung von Numerierungssystemen, die eine einheitliche Numerierung der Bevölkerung im Geltungsbereich dieses Gesetzes ermöglicht' (Personenkennzeichen), ist unzulässig.
Inzwischen hat sich auch die Innenministerkonferenz dahin verständigt, bei der Vorlage eines Entwurfs für ein neues Bundesmeldegesetz ein Personenkennzeichen nicht mehr vorzusehen.
Meine Damen und Herren, in den Vereinigten Staaten hat das Problem eines allgemeinen Personenkennzeichens eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. In dem erneut eingebrachten Gesetzentwurf HR 14161 der Abgeordneten Goldwater jun. und Koch heißt es in der Sektion 6 B — natürlich in Übersetzung —:
Niemand darf ohne ausdrückliche Genehmigung des Kongresses ein allgemeines Kennzeichen, das irgendeinem anderen Personenkennzeichnungssystem entspricht, entwickeln oder benutzen.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich bereits mit dieser Problematik bei der Mikrozensusentscheidung befaßt und gesagt, „wenn der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen zwangsweise in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren, sei es auch in der Anonymität einer statistischen Erhebung, und ihn damit wie eine Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme zugänglich ist", wäre dies mit der Menschenwürde nicht zu vereinbaren.
Hier. stellt sich für uns nun die Frage: Welches Ziel wird mit der Einführung einer bundeseinheitlichen Versicherungsnummer verfolgt? Welche Konsequenzen sind zu befürchten? Wir haben eine breite Literatur aus jüngster Zeit, aus der wir die richtigen Erkenntnisse nehmen können.
Zunächst muß aber festgestellt werden, daß eine moderne Industriegesellschaft unstreitig auf datentechnisch erfaßte Informationen angewiesen ist. Richtige und rechtzeitige Informationen können für Wirtschaftsunternehmen und für den Bürger von entscheidender Bedeutung sein, selbstverständlich auch für die Verwaltungen. Auch die geplante Krankenversicherungsnummer und die in diesem Zusammenhang zu entwickelnde allgemeine Versicherungsnummer und das hiermit verbundene Datensystem mögen Verwaltungsarbeit, Zeit und Kosten einsparen. Die Sozialversicherungsträger und die öffentlichen Hände müssen die technischen Fortschritte nutzen und in ihrem Bereich auch einsetzen. Grenzen moderner Techniken müssen aber. sorgfältig dort gezogen werden, wo die Intimsphäre des Bürgers verletzt werden kann. Man muß nämlich wissen, daß die Versicherungsnummer nicht nur für die Krankenversicherung und die Rentenversicherung Verwendung finden würde, sondern selbstverständlich auch für die Unfallversicherung und für die Arbeitslosenversicherung. Es gibt kein Verbot und keine zwingende Vorschrift, die den Minister bindet, daß diese Nummer auch sonst nicht verwendet werden darf, z. B. durch Banken oder durch andere Verwaltungen. Die geplante Versicherungsnummer ist mit den vorgenannten . verfassungs- und rechtspolitischen Grundsätzen kaum vereinbar.
Neben der erstrebten Rationalisierung der Krankenversicherung und der für notwendig gehaltenen Dokumentation in den Krankenkassen soll sich die Kennzeichnung der Krankenkassen, deren Vertragspartner und ihrer Mitglieder in ein Gesamtsystem zur Kennzeichnung der Arbeitgeber sowie der Träger der Sozialversicherung und der Bundesanstalt für Arbeit einpassen und als Möglichkeit für den „Aufbau der Datenbasis für die Sozialdatenbank" dienen. So läßt sich im Bundesarbeitsblatt 1977, Seite 155 nachlesen. Dort heißt es dann weiter, und es ist ganz wichtig, dies zu beachten:
Art und Umfang des Datenaustausches zwischen den Beteiligten bleibt der Vereinbarung zwischen ihnen überlassen.
Welches sind aber die Daten, die im Rahmen der Disposition der Beteiligten frei ausgetauscht werden dürfen? Hier gibt Aufschluß eine ganze Vielzahl von Publikationen, und zwar unter dem Titel „Informationssysteme in der GKV" und „Sozialdatenbank", vor allem erschienen beim Bundesarbeitsministerium. Dabei wird immer wieder betont, daß Grundgedanke dieser Informationssysteme die personenbezogene Kennzeichnung und Erfassung aller Leistungsdatenträger und leistungsauslösenden Bescheinigungen ist. Das heißt, es werden mehrere hundert Millionen Kranken- und Überweisungsscheine, rund 450 Millionen Arzneiverordnungen und ca. 70 Millionen' Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen pro Jahr lückenlos gespeichert, festgehalten und ausgewertet. Jede Spritze, jeder Verband, jedes Medikament, jede Diagnose und jede Fehlzeit sollen gespeichert werden.
Diese Systeme sollen von allen gesetzlichen Krankenkassen aufgebaut und deren Daten in einer mehrstufigen Hierarchie über die Landes- auf der Bundesebene zusammengeführt werden. Hierdurch sollen die Krankenkassen in die Lage versetzt werden, ihre Versicherten nach Merkmalen wie — ich zitiere hier das, was man lesen kann — Alter, Geschlecht, Familienstand, Tätigkeitsmerkmale, Wirtschaftszweige, Stellung im Beruf sowie nach Diagnosen — z. B. Risiken wie hoher Blutdruck, Kreislaufschwäche und Übergewicht — personenbezogen zu überwachen. Diese Angaben sollen zugleich Planungsdaten für die Bedarfsdeckung mit Gesundheitsgütern liefern.
Es ist offensichtlich, daß diese Versicherungsnummer technisch einem allgemeinen Personenkennzeichen nicht nur nahekommt, meine Damen und Herren, sondern ein allgemeines Personenkennzeichen unter schlicht anderer Bezeichnung darstellt. Die Einführung und Verwendung dieser Versicherungsnummer führt im Ergebnis dazu, daß die elektronische Datenverarbeitung in der Lage ist, über den betreffenden Bürger gesammelte medizinische Einzelinformationen schnell und in beliebigen Kombinationen zusammenzufügen, so daß ein Röntgenbild der Persönlichkeit zur Verfügung steht. Im Ergebnis heißt
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4641
Erhard (Bad Schwalbach)

das: absolut verwaltete Medizin über den total gespeicherten Bürger. Der Computer wird zum allwissenden Medizinmann, der Arzt zu dessen Gehilfe und der Versicherte und Patient zum entpersönlichten und damit inhumanen, würdelosen, gläsernen Objekt. Dieses Objekt ist auf einen einzigen Blick durchschaubar für die Verwaltungen, die ich eben genannt habe, und damit auch für viele andere mehr.
Der Datenmoloch wird gleichzeitig zu einem Machtfaktor, der das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient de facto außer Kraft setzt. Ganz natürlich wird hier das Mißtrauen sogar institutionalisiert.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf die im Protokoll festgehaltenen Ausführungen, die im Rechtsausschuß zu diesem Problem gemacht worden sind, und auf eine weitere, in der Öffentlichkeit zugängliche Stelle hinweisen, nämlich auf einen Beschluß der 8. Vollversammlung der Gemeinsamen Synode der katholischen Bistümer vom 22. November 1975, aus der ich auszugsweise zitieren möchte:
Zugleich spüren wir deutlicher die Fragwürdigkeit und geheime Verheißungslosigkeit, die in einer rein technokratisch geplanten und gesteuerten Zukunft der Menschheit steckt. Schafft sie wirklich einen neuen Menschen? Oder nur den völlig angepaßten Menschen? Den Menschen, . .. eingemauert in eine überraschungsfreie Computergesellschaft, erfolgreich eingefügt in die anonymen Zwänge und Mechanismen einer von fühlloser Rationalität konstruierten Welt — rückgezüchtet schließlich auf ein anpassungsschlaues Tier?
Um dies zu verhindern, meine Damen und Herren, sieht der Gesetzentwurf technische Bestimmungen vor, die es unmöglich machen, eine einheitliche Versicherungsnummer für das ganze Bundesgebiet zu schaffen. Der Entwurf ermöglicht aber die elektronische Datenerfassung und Datenverarbeitung in angemessenem Rahmen. Diese Grenzziehung für die Datenverarbeitung im medizinischen Bereich erscheint nicht nur aus juristischen, sondern insbesondere auch aus moralischen und ethischen Gründen geboten.
Wir, meine Damen und Herren, verkennen nicht, daß es noch sehr sorgfältiger weiterer Überlegungen und wahrscheinlich gesetzlicher Vorschriften bedarf, vielleicht sogar eines Sozialdatenschutzgesetzes, um möglichst jeden Mißbrauch der empfindlichen personenbezogenen Daten weiter einzuschränken oder gar auszuschließen. Was wir jetzt aber schon tun können, sollten wir nicht unterlassen. Wenn bei der weiteren Gesetzesberatung noch bessere Lösungen erkennbar werden sollten, so werden wir dem Besseren sicher gerne zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806100200
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0806100300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung gibt dem Datenschutz,
mithin dem Schutz des Persönlichkeitsbereichs, hohen Rang. Der Datenschutz ist ein ganz wesentliches Element unseres freiheitlichen sozialen Rechtsstaates. In der Sozialversicherung hat man die Notwendigkeit des Datenschutzes — denn nur der Name ist relativ neu, nicht die Sache selbst — schon früh erkannt.
Bereits die Reichsversicherungsordnung enthält Regelungen zum Schutz des Versicherten vor Mißbrauch von Informationen über seine Person. Im Allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuchs haben wir eine umfassende, sorgfältig durchdachte Geheimhaltungsvorschrift für den gesamten Anwendungsbereich dieses Gesetzes geschaffen. Einen weiteren wichtigen Fortschritt bringen die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes, die zum 1. Januar 1978 in Kraft treten werden. Lassen Sie mich hier nur auf einen Punkt hinweisen, nämlich auf § 12 dieses Gesetzes, der vorschreibt, daß Behörden und sonstige öffentliche Stellen, also auch die Krankenkassen, die Art der von ihnen oder in ihrem Auftrag gespeicherten personenbezogenen Daten, die Aufgaben, zu deren Erfüllung die Kenntnis dieser Daten erforderlich ist, die Stellen, an die sie personenbezogene Daten regelmäßig übermitteln, und die Art, der zu übermittelnden Daten dem betroffenen Personenkreis bekanntzugeben haben. Hierdurch wird die Datenverarbeitung nicht nur für den einzelnen Bürger transparent gemacht, auch der Gesetzgeber erhält eine bisher nicht vorhandene Ubersicht über den Datenfluß in der öffentlichen Verwaltung und damit auch die Möglichkeit, gezielt dort einzugreifen, wo es seiner Meinung nach nottut.
Wir tun im Bereich der Sozialversicherung aber noch mehr. Im Bundesarbeitsministerium werden zusätzliche bereichsspezifische Datenschutzregelungen geprüft. Dabei geht es u. a. um Einzelheiten der Datenübermittlung und der Auskunft an den Betroffenen über die zu seiner Person gespeicherten Daten. Wir dürfen und werden auch nicht zögern, sofort zusätzliche Regelungen zu treffen, wenn sich Unzulänglichkeiten oder Lücken im Datenschutz zeigen. Es steht für uns völlig außer Frage, daß auch bei der Einführung einer Versicherungsnummer die Erfordernisse des Datenschutzes zu beachten und zu berücksichtigen sind.
Aber das erfordert sehr viel mehr und Grundsätzlicheres, als in der Vorlage der Opposition zum Ausdruck kommt. Mit kleinlichen technischen Regelungen am Rande die Sicht für die Gesamtaufgabe Datenschutz zu versperren wäre weder der Sache dienlich noch dem hohen Rang des Datenschutzes angemessen.

(Wehner [SPD]: Sehr richtig!)

Ich hätte sehr ernste Bedenken, wenn mit solch vordergründigen Schranken und Hindernissen ausgerechnet die Krankenversicherungsträger daran gehindert würden, sich moderner, rationeller Verwaltungstechniken in vollem Umfang zu bedienen.
So sieht der Gesetzentwurf der CDU/CSU u. a. vor, daß die Versichertennummer nur für das Leistungsrecht verwendet werden darf. Das gäbe eine
4642 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Bundesminister Dr. Ehrenberg
sehr eigenartige Folge, nämlich die, daß es den Krankenkassen im gesamten Bereich des Meldewesens, des Beitragseinzugs und bei allen übrigen Verwaltungsaufgaben unmöglich wäre, sich der eigenen Versicherungsnummer zu bedienen.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Das kann ja wohl nicht Sinn einer vernünftigen Regelung sein.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das stimmt doch nicht!)

— Sie müssen Ihren Gesetzentwurf präziser formulieren, wenn man das dort nicht herauslesen soll.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Er ist präzise!)

Denn im übrigen, meine Damen und Herren von der Opposition, würde Ihr Entwurf auch dazu führen, daß der engbegrenzte Nummernvorrat nicht ausreicht, um dauerhaft ein rationelles Verwaltungsverfahren zu gewährleisten. Die Mitgliederfluktuation bei den Krankenversicherungsträgern ist so groß, daß ein auf Ihre Vorschläge hin begrenzter Nummernvorrat bereits nach etwa zehn Jahren erschöpft wäre. Die Unterlagen der Krankenkassen sind aber in der Regel 30 Jahre aufzubewahren, so daß die Versichertennummern in dieser Zeit nicht für neue Mitglieder verwendbar sind. Bei organisatorischen Änderungen, beispielsweise bei der Auflösung oder Zusammenlegung von Krankenkassen, wäre die Kapazität bereits früher erschöpft, so daß der Mitgliederbestand völlig neu durchnumeriert werden müßte. Hinzu kommt, daß nach der Reichsversicherungsordnung auch für die Familienangehörigen eine Versichertennummer verwendet werden soll, wodurch ebenfalls die knappe Stellenkapazität noch rascher erschöpft sein würde. Ich warne daher mit allem Nachdruck davor, vorschnell durch kurzsichtig einschränkende technische Regelungen notwendige Entwicklungen zu unterbinden und die Verwaltungsarbeit zu erschweren, ohne daß der Bürger in seinen Persönlichkeitsrechten dadurch besser geschützt würde.
Im übrigen läuft zur Zeit ein von der Selbstverwaltung der Krankenversicherung getragener Modellversuch in Rendsburg/Eckernförde zur Erprobung eines Versichertenausweises. Durch diesen Modellversuch wollen wir in der Praxis feststellen, ob der heutige Krankenschein durch diesen Versichertenausweis im Sinne rationellerer Arbeit abgelöst werden kann. Dieser Modellversuch gilt zwar nicht unmittelbar dem Problem der Versichertennummer. Da der Versichertenausweis aber eine Nummer enthält, dürfte ein Nebeneffekt dieses Modellversuches auch sein, Erfahrungen darüber zu erhalten, in welcher Form Versichertennummern zu Verwaltungserleichterungen und Einsparungen führen. Dieses Projekt, an dem Krankenkassen, Ärzte und Apotheken mitarbeiten, wird zum Jahresende abgeschlossen. Bei gründlicher Auswertung werden die Ergebnisse gegen Ende des nächsten Jahres vorliegen. Ich fände es reichlich unklug, wenn wir diese praktischen Erfahrungen bei den Überlegungen zur
Frage einer Versichertennummer nicht einbezögen und nicht dementsprechend abwarteten.
Lassen Sie mich abschließend folgendes feststellen. Persönlichkeitsschutz ist absolutes Gebot und vorrangige Aufgabe. .Aber nicht durch kleinliche Behinderung der Verwaltungsarbeit im Bereich der Krankenversicherung kann Persönlichkeitsschutz erreicht werden, sondern nur durch echte, effektiv greifende Datenschutznormen und -schranken. Das sicherzustellen ist unser Ziel. Der eng angelegte Gesetzentwurf der Opposition scheint mit allerdings dabei wenig hilfreich zu sein.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806100400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Egert.

Jürgen Egert (SPD):
Rede ID: ID0806100500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich bemühen, nach den zutreffenden Bemerkungen, die der Bundesarbeitsminister zu der Gesetzesinitiative der Opposition gemacht hat, mich vor unnötigen Wiederholungen zu bewahren.
Während der parlamentarischen Sommerpause hat uns der Fraktionsvorsitzende der Opposition mit markigen Worten eine Herbstoffensive angekündigt, eine Herbstoffensive, die die Koalitionsfraktionen das Fürchten lehren sollte. In der Sozialpolitik sollen nun wohl die drei Gesetzentwürfe, die heute in erster Lesung beraten werden, dieses Versprechen einlösen. Wenn wir uns den materiellen Gehalt der drei Gesetzentwürfe ansehen, entpuppt sich die groß angekündigte Herbstoffensive als ein sozialpolitisches Sonnenwendfeuer: der Berg hat gekreißt, und drei Mäuslein waren geboren.
Mein Part ist in dieser Debatte, mich mit dem Gesetzentwurf zur Änderung der Reichsversicherungsordnung, dort konkret zu § 319 RVO, auseinanderzusetzen. Ich will nun nicht mehr so viel von Intimschutz und Nummern reden. Man könnte die merkwürdigsten Assoziationen bekommen. Ich will versuchen, Ihre Initiative einmal einzuordnen. Ich fürchte, daß Sie mit diesem Gesetzentwurf in der sozialpolitischen Landschaft tolpatschig herumtapsen, weil konzeptionelle Unklarheit Sie dazu verführt, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun. Ich werde das in einigen Punkten noch erläutern.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Wir hätten die Ermächtigung streichen können!)

Auch der' Vortrag des Kollegen Erhard hat deutlich gemacht, daß Sie zunehmend in ideologischen Verdächten gefangen sind. Diese wenden Sie sonst zwar gegen uns; aber nun wollen Sie sie auch einmal gegen die Ermächtigungsnorm im § 319 RVO wenden, die die Möglichkeit der Einführung der Versicherungsnummer vorsieht. Da Sie in ideologischen Verdächten gefangen sind, werden Sie für organisatorische und strukturelle Notwendigkeiten im Gesundheitswesen zunehmend blind.
Wir Sozialdemokraten wollen und werden die Ökonomie im Gesundheitswesen ausbauen. Wir haben bereits erste Schritte gemacht. Wir sind bereit, Maßnahmen zu treffen, die die Effizienz im
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4643
Egert
Gesundheitswesen steigern. Dies kann zwischen sachverständigen Kritikern unseres Gesundheitswesens im Grunde nicht mehr strittig sein. Dabei sind wir Partner bei dem Versuch, organisatorischen Notwendigkeiten im Gesundheitswesen Rechnung zu tragen. Wir unterstützen das Bemühen, die Möglichkeiten der Datenverarbeitung sinnvoll in unser System der Gesundheitssicherung einzubeziehen. Die Basis für all diese Aktivitäten sind Erfahrungen aus der Praxis und die Erkenntnisse, die wir auch aus Modellversuchen gewinnen. Wir sind lernbereite und lernfähige Partner bei dem Versuch, aus den gewonnenen Erkenntnissen auch die notwendigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Weil wir die Bereitschaft zum Lernen haben, weil wir bereit sind, alle Erkenntnisse vorurteilsfrei zu prüfen, und weil wir die Krankenkassen als einen Teil der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen nicht mit besonderem vorwurfsvollen Mißtrauen begleiten, weil wir organisatorische Effektivität nicht grundsätzlich als den Versuch mißverstehen, den Menschen einer zunehmenden anonymen Bürokratisierung und Katalogisierung auszuliefern, sind wir unbefangen genug, zu prüfen, ob und wie die Ermächtigungsnorm des § 319 RVO zweckmäßig ausgefüllt werden kann.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das kann man nur einschränken!)

Wir sehen gegenwärtig keinen begründeten Anlaß, die Ermächtigungsnorm des § 319 einzugrenzen. Wir wollen den Trägern der Krankenversicherung die Möglichkeit erhalten, sich zeitgemäßer und ' rationeller Verfahrenstechniken zu bedienen.
Als Begründung zu dem Gesetzentwurf tragen Sie vor, daß das Versicherteninteresse, der Persönlichkeitsschutz besondere Anforderungen an den Umgang mit den gewonnenen Daten stellen. Sosehr wir diesem Anliegen dem Grunde nach zustimmen, sosehr widerstrebt es uns, mit Ihnen nicht zur Kenntnis zu nehmen, daß bereits mit § 12 des Bundesdatenschutzgesetzes, aber auch mit den Vorschriften des Sozialgesetzbuches — der Bundesarbeitsminister hat im einzelnen darauf hingewiesen — sensible Instrumente geschaffen worden sind, um genau dieser grundsätzlichen Position Rechnung zu tragen. Dabei schließen wir nicht aus, daß sich aus den praktischen Erfahrungen mit der Anwendung der Vorschriften in diesen Gesetzen neue regelungsbedürftige Tatbestände ergeben.
Was Sie in Ihrem Gesetzentwurf dazu anbieten, offenbart ein fundamentales Mißverständnis, nämlich den Glauben daran, daß mit einer rein technischen Regelung, die Eingrenzung der Zahl der Stellen einer Versicherungsnummer, ein Mehr an Schutz persönlicher Daten erreicht werden kann. Damit behindern Sie nur die störungsfreie und kostensparende Anwendung moderner Technik; Sie sichern nicht den Schutz persönlicher Daten. Sollten sich Unzulänglichkeiten und Lücken im Datenschutz zeigen, sind wir zur punktuellen Korrektur bereit. Ein entschiedenes Nein sagen wir jedoch zu dem Versuch, bereits im Vorgriff kleinliche Behinderungen der Arbeit der Krankenversicherungen durch gesetzliche Änderungen zu verankern.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang noch einen Hinweis. Persönliche Daten über Krankheiten können in der Selbstverwaltung nicht nur bei der Krankenversicherung gespeichert werden. Sie werden jetzt schon in erheblichem Umfang bei den Kassenärztlichen Vereinigungen gespeichert. Wenn es Ihnen also ausschließlich um das Problem des Datenschutzes ginge, so frage ich, wo Ihre Vorschläge für eine Regelung in diesem Bereich der Selbstverwaltung unseres Gesundheitswesens sind.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806100600
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Erhard?

Jürgen Egert (SPD):
Rede ID: ID0806100700
Ja, bitte.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0806100800
Herr Kollege, ist Ihnen entgangen, daß die Einführung eines allgemeinen Personenkennzeichens eine gesetzliche _ Regelung durch den Gesetzgeber — sprich: Bundestag — erfordert, daß hier aber der Regierung eine Ermächtigung mit praktisch dem gleichen Ergebnis gegeben ist und daß es nur darum gehen kann, ob ein allgemeines Personenkennzeichen auf diesem oder jenem Wege verhindert werden soll?

Jürgen Egert (SPD):
Rede ID: ID0806100900
Wissen Sie, es geht uns darum, aus den Erkenntnissen, aus den Modellversuchen, die laufen, soweit sie mittelbar oder unmittelbar für die Eingrenzung, die Sie wünschen, bedeutsam sind, die Schlußfolgerung zu ziehen, und zwar nicht im Vorgriff auf diese Erkenntnisse, sondern auf einer sachlichen Grundlage. Mir scheint sinnvoll zu sein, daß wir uns gemeinsam die Zeit lassen, aus diesen Modellen zu lernen. Ich glaube, daß das dem Interesse der Menschen, gerade da, wo es um den Schutz persönlicher Daten geht, mehr Rechnung trägt.
Weil wir das Problem, das hinter dem Gesetzentwurf der Opposition steht, für gewichtig halten, widersprechen wir nicht der Überweisung des Gesetzentwurfs. Wir lehnen den von der Opposition gewählten Weg aber ab. Wir halten ihn tendenziell für selbstverwaltungsfeindlich. Zu gegebener Zeit werden wir in den Ausschußberatungen unsere Bedenken im einzelnen vortragen. Wir wollen auf der Grundlage des bereits vorliegenden und noch vorzulegenden Erfahrungsmaterials, soweit es datenmäßig bedeutsam ist, und unter Einbeziehung der Erfahrungen, die die Länder Rheinland-Pfalz und Berlin mit der Einführung von Versicherungsnummern gemacht haben, prüfen, welche das bestehende Recht ergänzenden gesetzlichen Regelungen gegebenenfalls getroffen werden müssen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806101000
Das Wort hat Herr Abgeordneter Cronenberg.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID0806101100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Franke [CDU/CSU] : Sie können sich einfach auf Herrn Erhard beziehen; dann ist alles in Ordnung!)

4644 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Cronenberg
— Lieber Kollege Franke, ganz so einfach werde ich es nicht machen,

(Franke [CDU/CSU] : Schade!)

wenngleich ich Ihnen in der vorweihnachtlichen Stimmung verspreche, es recht kurz zu machen.
Höchstmögliche Effektivität auch durch Rationalisierungsmaßnahmen, auch durch Einsatz von Computern ist ein Anliegen, das von der Opposition gelegentlich überzeugend vorgebracht wird. Es deckt sich mit unseren Wünschen und Zielvorstellungen.
Ebenso heftig wird natürlich höchstmöglicher Datenschutz verlangt. Selbstverständlich habe ich Verständnis dafür, daß Sie von der Opposition uns auf diesem Gebiet nicht ganz über den Weg trauen. Das gehört zu der Rollenverteilung, wie sie in diesem Hause nun einmal üblich ist.

(Franke [CDU/CSU]: Da auch!)

— Auch da, Kollege Franke.
Die Kunst, je nach Lage der Dinge jeweils das eine Ziel zu vergessen und das andere besonders herauszustreichen, ist ebenfalls ein Privileg der Opposition, das wir einfach zur Kenntnis zu nehmen haben. Die Kunst, beide Ziele miteinander zu verbinden und eine vernünftige gesetzliche Regelung zu finden, ist Aufgabe und Verpflichtung des ganzen Hauses. Um dies zu erreichen, werden wir mit der Absicht, aus der Vorlage ein gescheites Gesetz zu machen, der Überweisung zustimmen.
Die Sicherung individueller Persönlichkeitsrechte und das individuelle Recht auf Datenschutz sind für uns Liberale ein hochrangiger und besonders sensibler Bereich des Persönlichkeitsrechts. In dem Schutz dieses Persönlichkeitsrechts lassen wir uns von niemandem übertreffen. Ferner wollen wir mit dem Datenschutz dafür sorgen, daß ein Übergewicht der Verwaltung gegenüber dem Bürger, in unserem Fall gegenüber dem Versicherten, verhindert wird. Neben einem Datenmißbrauch wollen wir auch eine Zweckentfremdung der Datenverarbeitung verhindern.
Jeder Bürger gibt seine personenbezogenen Daten und Informationen nur zu einem bestimmten Zweck ab, ganz besonders wenn es sich um Angaben gegenüber Behörden und Amtspersonen handelt. Die Vermischung solcher Daten und Informationen und somit zweckentfremdeter Gebrauch müssen daher in jedem Fall verhindert werden.
Deshalb haben wir für einige grundsätzliche Bedenken, die hier von der Opposition vorgetragen worden sind, durchaus Verständnis.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Bei einem Datenverbund zwischen Krankenversicherung und anderen Trägern der sozialen Sicherung könnten in der Tat Angaben, die der Bürger als Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung abgibt, und zwar ausschließlich aus Gründen der gesetzlichen Krankenversicherung, mit anderen Aufgabenbereichen der sozialen Sicherung zusammengeführt werden. Dadurch würden sie dem eigentlichen Zweck entfremdet.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Ich scheue mich nicht, dies als einen Unterfall des Datenmißbrauchs zu bezeichnen.
Es gehört aber zu den Grundprinzipien liberaler Politik, die Persönlichkeitssphäre des einzelnen Bürgers zu schützen. Aus diesem Grunde ist meine Fraktion von jeher immer wieder für einen weitgehenden Datenschutz eingetreten, ohne bei der notwendigen Verarbeitung personenbezogener Daten eine weitgehende Bürgerfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit außer acht zu lassen. Deshalb hat sich meine Fraktion so nachhaltig für die Verabschiedung des Bundesdatenschutzgesetzes in der vergangenen Legislaturperiode eingesetzt, deshalb haben wir auch immer wieder einen spezifischen Datenschutz für alle in Betracht kommenden Spezialbereiche gefordert.
Um so erstaunter sind wir allerdings darüber, daß ein solcher Antrag nun von der CDU/CSU kommt, die ja das Datenschutzgesetz — aus welchen Gründen auch immer — in der vergangenen Legislaturperiode abgelehnt hat.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Es reicht doch nicht!)

Nun, sei's drum. Für uns lautet die Frage heute: Hat die CDU/CSU das Ziel, nämlich den Schutz besonders sensibler Daten im Bereich der Sozialversicherung, mit dieser Vorlage erreicht? Sind die vorgesehenen Mittel angemessen oder nicht? Wir jedenfalls sind in jeder Beziehung gegen eine Verdatung des Bürgers durch ein allumfassendes Personenkennzeichen.

(Katzer [CDU/CSU]: Sehr gut! Das können wir ja gemeinsam machen!)

Daraus müssen selbstverständlich für den Datenschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung auch Konsequenzen gezogen werden.

(Katzer [CDU/CSU]: Sehr vernünftig!)

Der Minister hat eben, so meine ich, sehr überzeugend dargestellt, daß die Vorschläge der CDU/ CSU in dieser Form keine geeigneten Mittel sind, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Meine Fraktion appelliert allerdings deswegen an den Bundesarbeitsminister, uns nunmehr alsbald konkrete Vorschläge Unter Verwendung der Erfahrungen der Modellversuche für einen angemessenen und wirksamen Datenschutz in diesem Bereich vorzulegen,

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

damit diese Vorschläge in den Beratungen auch berücksichtigt werden können.
Nur der Vollständigkeit halber möchte ich hier den nachhaltigen Wunsch meiner Fraktion vortragen, daß wir auch für andere Bereiche einen solchen spezifischen Datenschutz erhalten. Wir hoffen, hier von allen Fraktionen entsprechende Unterstützung zu bekommen. Der notwendige Schutz unserer Bürger vor Eingriffen in die Persönlichkeitssphäre muß gewährleistet werden. Verwaltungen dürfen nur auf diejenigen Daten zurückgreifen, die für die Erfüllung ihrer rechtmäßigen Aufgaben erforderlich sind. Dieses Ziel ist nur durch angemessene Datenschutzregelungen zu erreichen, nicht aber dadurch, daß
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4645
Cronenberg
man der Verwaltung das für ihre Funktionsfähigkeit notwendige Instrumentarium wegnimmt oder kleinliche Beschränkungen einbaut.
Auch in der Krankenversicherung müssen die Ordnungsmerkmale, ohne die ein Computer nun einmal nicht funktioniert, funktionsgerecht gestaltet werden können. Die Mißbrauchsgefahr geht nicht von den Ordnungsmerkmalen an sich aus, aber die Menschen, die mit diesen Merkmalen umgehen, stellen in der Tat eine gewisse Gefahr dar. Die Verbindung von Daten kann die Persönlichkeitssphäre verletzen, kann den Bürger belästigen, kann den Bürger in letzter Konsequenz sogar manipulierbar machen.
Unsere gemeinsame Aufgabe im Ausschuß wird es sein, eine Lösung zu finden, die notwendige funktionierende Computersysteme ermöglicht, und dies ohne jede Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes des einzelnen Bürgers. Ich hoffe, daß wir hier übereinstimmend zu einer vernünftigen Regelung kommen werden.

(Beifall)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806101200
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Gesetzentwurf auf Drucksache 8/1086 an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend — und an den Innenausschuß — mitberatend — zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Es erhebt sich kein Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr Punkt 4 unserer Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Burger, Geisenhofer, Franke, Dr. Zimmermann, Dr. Ritz, Röhner, Lemmrich, Katzer, Dr. Jenninger, Braun, . Zink, Höpfinger, Frau Krone-Appuhn, Kiechle, Hasinger, Schedl, Müller (Remscheid), Müller (Berlin), Dr. Blüm, Frau Karwatzki, Dr. Voss, Dr. George, Stutzer, Köster, Krampe, Frau Hürland, Frau Schleicher, Dr. Jobst, Kraus, Dr. Hammans, Ziegler, Glos, Biehle, Dr. Schäuble, Dr. Wörner, Spranger, Dr. Althammer, Engelsberger, Dr. Rose, Frau Dr. Neumeister, Wawrzik, Link, Neuhaus, Vogt (Düren), Dr. Riedl (München), Dr. Laufs, Dr. Becker (Frankfurt), Gerlach (Obernau), Hartmann, Dr. Probst, Dr. Becher (Pullach), Dr. Möller, Lintner, Regenspurger, Breidbach, Susset, Stavenhagen, Bühler (Bruchsal), Josten, Schmidhuber, Dr. Wittmann (München) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Reichsversicherungsordnung, des Angestelltenversicherungsgesetzes und des Reichsknappschaftsgesetzes
— Drucksache 8/1087 —
Überweisungsvorschlag des Altestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Innenausschuß
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Burger.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0806101300
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schwerbehinderte sollen schon mit 60 Jahren aufhören dürfen. Diese von der CDU/CSU beantragte Regelung ist eine vor allem sozialpolitisch vernünftige Maßnahme. Sie soll auch Bestandteil des Programms zum Abbau der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter sein. Über 40 000 Behinderte sind arbeitslos; die älteren haben kaum eine Chance, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.
Nach bisheriger Gesetzeslage kann ein flexibles Altersruhegeld allgemein mit Vollendung des 63. Lebensjahres beantragt werden. Darüber hinaus können anerkannte Schwerbehinderte bereits mit Vollendung des 62. Lebensjahres flexibles Altersruhegeld erhalten. Voraussetzung ist jedoch eine Wartezeit von 35 Versicherungsjahren. Nach dem Stand vom Juli 1976 haben insgesamt 60 000 Betroffene Altersruhegeld mit 62 Jahren bezogen. Seit 1973 bestand die Möglichkeit, flexibles Altersruhegeld zu beantragen. Nach den gewonnenen Erfahrungen steht eindeutig fest, daß -sich diese Regelung für Behinderte in der Praxis bewährt hat.
Diese bewährte Maßnahme soll nun ausgebaut werden. Nur auf eigenen Wunsch soll denjenigen Schwerbehinderten, die auf Grund ihrer Behinderung im Arbeits- und Erwerbsleben besonderen seelischen und körperlichen Belastungen ausgesetzt sind, ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsprozeß bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres ermöglicht werden.
Vielfach sind diese älteren Behinderten nicht in der Weise beruflich eingegliedert, wie dies heute durch moderne Rehabilitationsverfahren möglich geworden ist. Erhebungen haben gezeigt, daß besonders die Kriegsbeschädigten oft auf sogenannten Behindertenarbeitsplätzen beschäftigt waren, die in den letzten Jahren zunehmend wegrationalisiert worden sind. Da eine erneute Umschulung wegen des Alters nicht mehr sinnvoll erscheint und der Arbeitsmarkt für ältere Menschen mit Handikaps wenig Chancen bietet, muß nach Auffassung der CDU/CSU mit der gezielten Maßnahme einer Herabsetzung der Altersgrenze für diese Betroffenen geholfen werden. Neben dieser Beseitigung von sozialen Härten sollen durch das Vorziehen der Rente auf das 60. Lebensjahr und das dadurch bedingte Ausscheiden älterer Behinderter Arbeitsplätze für jüngere Schwerbehinderte verfügbar werden.
Meine Damen und Herren, die Anzahl der erwerbstätigen Schwerbehinderten im Alter von 60 und 61 Jahren dürfte sich nach sorgfältigen Schätzungen auf 21 000 bis 22 000 Personen belaufen. Wir erwarten, daß etwa 75 0/o das vorgezogene Altersruhegeld beantragen werden. Unterstellt man eine Monatsrente von etwa 1200 DM, so ergibt sich eine Belastung für die Rentenversicherung im Jahre 1978 von rund 300 Millionen DM. Eine teilweise kostenmäßige Neutralisierung ergibt sich daraus, daß ein relativ hoher Anteil des Personenkreises bereits Berufsunfähigkeitsrente bezieht und deshalb nur die Differenz zwischen dieser Rente und dem
4646 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Burger
Altersruhegeld zu Buche schlägt. Wir sind überzeugt, daß die Schätzungen dieser voraussichtlichen Mehrausgaben nicht überschritten werden. Es muß dabei berücksichtigt werden, daß schon nach bis- herigem Recht Frauen, wenn sie in den letzten 20 Jahren vor Vollendung des 60. Lebensjahres überwiegend erwerbstätig waren, mit 60 Jahren Altersruhegeld erhalten können. Beinahe 900 000 Frauen haben hiervon Gebrauch gemacht.
Eine weitere Schwelle liegt in der Bedingung, daß 35 Versicherungsjahre als Anwartschaft nachgewiesen werden müssen. Am 1. Juli 1977 betrugen die anrechnungsfähigen Versicherungsjahre bei den Altersruhegeldern der Frauen in der Arbeiterrentenversicherung nur 22,6 Jahre und bei den Männern 37,4 Jahre. In der Angestelltenversicherung waren es bei den Frauen 27,6 Jahre und bei den Männern 38 Jahre. Diese Durchschnittszahlen zeigen, daß die erforderliche Voraussetzung, 35 Versicherungsjahre zu haben, für das vorgezogene Ruhegeld eine starke Hinderung bedeutet. Die Ausgaben werden sich also sicherlich in den Grenzen halten, die wir in unserem Antrag vorgesehen haben.
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU ist nach sorgfältiger 'Beratung zu der Auffassung gekommen, trotz Finanzkrise in der Rentenversicherung die Herabsetzung der Altersgrenze für Behinderte zu fordern.

(Hört! Hört! bei der SPD)

Unser Grundsatz, keine ausgabenwirksamen Anträge zu stellen, bedeutet nicht, daß wir uns nicht in einzelnen Bereichen für besonders Betroffene, wie Kriegsopfer, Behinderte und andere, einsetzen, um deren Probleme sinnvoll und finanziell vertretbar lösen zu helfen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Sie sollen nicht Opfer einer wirtschaftspolitischen und sozialpolitischen Entwicklung sein, für die sie nichts können und die positive und konstruktive Entwicklungen beinahe unmöglich gemacht hat.
Als Ergebnis einer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik steht die Bundesregierung derzeit zum drittenmal innerhalb eines halben Jahres in der Erwartung von Defiziten in den Finanzen der Rentenversicherung. Die Vorschußlorbeeren für Minister Ehrenbergs Rettung der Rentenkassen sind rasch verwelkt. Gedämpfte Konjunktur und Wachstumsschwäche mit der Folge rückläufiger Beitragseinnahmen zwingen zu weiterem Eingreifen. Die Mehraufwendungen für unseren Antrag müssen in den Zusammenhang der Gesamtsituation eingeordnet werden. Sie dürfen nicht bagatellisiert, aber auch nicht dramatisiert werden.
Wenn Sprecher der SPD auf diese Mehrausgaben kritisch hingewiesen haben, so muß ich daran erinnern, daß auch die Bundesregierung mit ihren Beschlüssen vom 14. September dieses Jahres Ausgaben in Höhe von 7,5 Milliarden DM aus dem Bundeshaushalt zur Entlastung der Rentenversicherung verfügt hat. Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie müssen — darum sind Sie gebeten — mit gleichen Maßstäben rechnen.

(Beifall bei der CDU/CSU) -

Der Bundesarbeitsminister, der SPD-Abgeordnete Glombig und der FDP-Kollege Schmidt (Kempten) haben inzwischen in öffentlichen Erklärungen weitere Entscheidungen bezüglich der Rentenversicherung angekündigt. Erneut versäumen es aber die Bundesregierung und die Koalition ein klares und dauerhaft angelegtes Sanierungskonzept unter Zugrundelegung realistischer Annahmen über die wirtschaftliche Entwicklung vorzulegen.
Meine Damen und Herren, wir fordern dieses Konzept unter Einbeziehung unseres heutigen Antrags.

(Glombig [SPD] : Das ist eine Unverfrorenheit!)

Wir erwarten, daß diese Koalition, die unter dem Anspruch, mehr soziale Gerechtigkeit zu schaffen, angetreten ist, dieser notwendigen sozialpolitischen Initiative zustimmt.
Auch in Frankreich hat man vergleichbare Regelungen bereits beschlossen. Je nach Berufsgruppe können neuerdings Franzosen ab 60 Jahren in den Ruhestand gehen.
Der Bundeskanzler hat öfter von dem Modell Deutschland gesprochen. Hier kann die Koalition konkret beweisen, was hinter diesen Worten steht.
Bereits jetzt hat unser Antrag vielfache Zustimmung gefunden. Die Finanzierung der Verbesserung ist möglich und wird netto weniger zu Buche schlagen, als man zunächst annehmen könnte, weil Folgekosten aus Verdrängungsprozessen als Ergebnis einer anhaltend angespannten Arbeitsmarktsituation so oder so entstehen.
Erst kürzlich mußten 100 Millionen DM für die Schaffung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte zur Verfügung gestellt werden. Weitere 100 Millionen DM werden folgen. Mit hohen Beiträgen wurden unterschiedlichste Programme finanziert.
Bei der jetzt betroffenen Gruppe von Behinderten handelt es sich um gesundheitlich angeschlagene Mitbürger, die überwiegend Anspruch auf Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsrente haben. Dieser Anspruch müßte in jedem Einzelfall unter Beiziehung von ärztlichen Gutachten und meist unter Inanspruchnahme der Sozialgerichte geltend gemacht werden. Dies bedeutet nicht nur Verwaltungs-, Gutachter- und Gerichtskosten, sondern auch Kummer, Sorgen und seelische Belastungen für jeden einzelnen Betroffenen.
Unser Gesetzentwurf ist auch deshalb gerechtfertigt, weil dieser Personenkreis — wie die Erfahrung zeigt — meist als Folge einer größeren Belastung eine verkürzte Lebensdauer hat.
Abschließend möchte ich folgendes sagen. Viele und gute Gründe sprechen für diesen von uns vorgelegten Gesetzentwurf, der gezielt Probleme lösen will, die sich vor allem als Folge Ihrer Politik in voller Härte zeigen. Wir beantragen Überweisung unseres Gesetzentwurfes an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und erhoffen und erwarten nach gründlicher Beratung eine breite Zustimmung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4647

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806101400
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Steinhauer.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID0806101500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Herren und Damen! Vorweg eines: Es gibt in diesem Hause wohl kaum jemanden, der bestreitet, daß sich die Einführung der flexiblen Altersgrenze im Jahre 1972 — übrigens unter Federführung eines sozialdemokratischen Arbeitsministers — bewährt hat.

(Hasinger [CDU/CSU]: Mit CDU/CSU-Mehrheit beschlossen!)

— Sie konnten ja nicht anders. Ich werde Ihnen dazu gleich noch etwas sagen. •

(Franke [CDU/CSU] : Sie hatten an dem Tag damals in diesem Hause nicht die Mehrheit!)

Der vorliegende Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion ist unaufrichtig, unvollständig und unsolide. Dies ist durch die Ausführungen von Herrn Burger noch bestätigt worden.

(Beifall bei der SPD — Hasinger [CDU/ CSU] : Schämen Sie sich doch!)

Der Gesetzentwurf verursacht für die Rentenversicherung ganz unbestreitbar zusätzliche Belastungen. Ein Deckungsvorschlag wird nicht gemacht. Das ist ein durchsichtiges Doppelspiel. Man kann nicht tagtäglich die finanzielle Situation der Rentenversicherung schwarz und schwärzer malen und im gleichen Atemzug einen Antrag stellen, ohne dessen Auswirkungen in gebührendem, notwendigem, einer soliden Politik entsprechendem Maße zu berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Dies widerspricht jeglicher Verantwortung in der Politik.

(Hasinger [CDU/CSU] : Sie haben in diesem Punkt ein schlechtes Gewissen!)

— Prüfen Sie einmal Ihr Gewissen! Wenn der Gesetzentwurf zur Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze mehr als einen weiteren propagandistischen Effekt bezwecken soll, muß sich die Opposition entscheiden: Entweder ist die Finanzlage in der Rentenversicherung so, wie sie sagt; dann muß sie ihren Antrag zurücknehmen. Wenn sie aber ihren Entwurf, so wie er ist, verantworten zu können glaubt, muß sie auch sagen, wo die Überschüsse in der Rentenversicherung herkommen sollen, aus denen sie ihren Vorschlag finanzieren will.

(Beifall bei der SPD)

Zu dem Inhalt des Gesetzentwurfes der Opposition möchte ich folgendes sagen. Das Anliegen, die Altersgrenze für Schwerbehinderte herabzusetzen, wird von der SPD-Bundestagsfraktion voll und ganz geteilt.

(Franke [CDU/CSU] : Darum lehnt ihr den Gesetzentwurf ab!)

Die weitere Herabsetzung der Altersgrenze, insbesondere für Schwerbehinderte, ist ein altes sozialdemokratisches Ziel,

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

das erst kürzlich auf unserem Parteitag in Hamburg bekräftigt worden ist.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Dazu brauchen wir von der Union keinen Nachhilfeunterricht.

(Beifall bei der SPD — Burger [CDU/CSU] : Das war das letzte! — Dr. Jenninger [CDU/ CSU]: Sprüche klopfen! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sehr solide ist das!)

Die Einführung der flexiblen Altersgrenze im Jahre 1972 halte ich übrigens für eine der wesentlichsten Reformen im sozialpolitischen Bereich.

(Burger [CDU/CSU] : Das ist unerhört! — Egert [SPD] : Wo ist das Geld, Herr Burger? — Lebhafte Gegenrufe bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806101600
Meine Damen und Herren, ich bitte um mehr Ruhe und Aufmerksamkeit für die Rednerin.

Waltraud Steinhauer (SPD):
Rede ID: ID0806101700
Damit wurde die seit Jahrzehnten feststehende starre Altersgrenze von 65 Jahren für den Bezug von Altersruhegeld aufgelockert. Übrigens: Dies bedeutet ein Stück mehr an freiheitlicher Entscheidung, mehr Freiheit für die Arbeitnehmer.

(Franke [CDU/CSU]: Dann stimmt doch zu!) Wir sind auch für die Herabsetzung der Altersgrenze als arbeitsmarktpolitische Maßnahme, selbst wenn wir die Wirksamkeit dieses Instrumentes keineswegs überschätzen. Vor der Entscheidung muß vor allem auch gründlich geklärt werden, welcher Art die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen sind. Ich kann Ihnen aus Gesprächen mit Betriebsräten berichten, daß dann, wenn nicht mehr voll einsatzfähige ältere Arbeitnehmer vorzeitig Altersruhegeld in Anspruch nehmen, deren Arbeitsplätze nicht erneut besetzt werden. Das heißt: Arbeitgeber beschäftigen schwerbehinderte und gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitnehmer oftmals wegen längerer Betriebszugehörigkeit, sind bei deren Ausscheiden aber nicht bereit, jüngere Arbeitnehmer neu einzustellen.


(Zuruf von der SPD: So ist das!)

Man darf bei den Überlegungen in diesem Zusammenhang ferner nicht übersehen, daß bei einer vorzeitigen Rentenbeantragung auch das Überwechseln von Vollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung mit einer Verdienstgrenze von bis zu 1 000 DM bedeutsam sein kann. Das bedeutet: Vollzeitarbeitsplätze könnten in Teilzeitarbeitsplätze für den gleichen Arbeitnehmer umgewandelt werden.
Ich betone noch einmal ausdrücklich: Wir sind um der Sache selbst willen und im Interesse der Schwerbehinderten für die Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze auf 60 Jahre.

(Hasinger [CDU/CSU] : Aber wir sagen dennoch nein!)

— Warten Sie mal ab! — Aber das kann uns nicht
dazu verleiten, den nicht solide finanzierten und
nicht ordentlich durchgerechneten Gesetzentwurf
4648 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Frau Steinhauer
der CDU/CSU zu unterstützen. Im Gegensatz zur Union sagen wir ehrlich, daß die Herabsetzung der Altersgrenze, und sei es nur für einen begrenzten Kreis, nämlich hier der Schwerbehinderten, bei der gegenwärtigen Finanzlage der Rentenversicherung nur dann verantwortet werden kann,

(Müller [Berlin] [CDU/CSU] : Auf einmal?)

wenn die Rentenversicherung höhere Einnahmen erhält oder an anderer Stelle Einsparungen vorgenommen werden.
Deshalb bleibt die Herabsetzung der Altersgrenze für Schwerbehinderte in der Diskussion. Aber diese Diskussion kann erst auf der Grundlage des Anfang 1978 vorzulegenden Rentenanpassungsberichts geführt werden und gehört in den Gesamtzusammenhang des 21. Rentenanpassungsgesetzes, mit dem über die weiteren Maßnahmen zur Konsolidierung der Rentenversicherung entschieden werden muß.
Man kann es nicht so machen wie Sie, meine Herren und Damen von der Opposition, daß man aus den gesamten zusammenhängenden Problemen Rosinen heraussucht, wie es hier durch diesen Gesetzentwurf geschehen ist, ohne die Auswirkungen insgesamt sehen zu wollen.
Deshalb plädieren wir dafür, den diesbezüglichen Antrag der CDU/CSU an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zu überweisen. Dort besteht die Möglichkeit, dieses Problem im Zusammenhang mit dem 21. Rentenanpassungsgesetz sorgfältig in die Diskussionen einfließen zu lassen und zu überprüfen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806101800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Geisenhofer.

Franz Xaver Geisenhofer (CSU):
Rede ID: ID0806101900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Steinhauer, Ihre unqualifizierten Angriffe

(Widerspruch bei der SPD und der FDP — Beifall bei der CDU/CSU)

auf die Unionsfraktion,

(Zuruf des Abg. Egert [SPD])

daß der Gesetzentwurf unaufrichtig und unsolide sei, weise ich mit Nachdruck zurück.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie können uns doch nicht den ehrlichen Willen absprechen, hier das Beste zu wollen! Wo führt denn das hin!

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Weil ihr da drüben nichts fertig kriegt, außer das Geld aus der Tasche zu ziehen!)

Frau Kollegin Steinhauer hat sich verbal für die Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze für Schwerbehinderte ausgesprochen. Sie hat es zumindest als wünschenswert erachtet, daß darüber beim 21. Rentenanpassungsgesetz diskutiert wird.

(Hasinger [CDU/CSU] : Es stört sie nur, daß .das von uns kommt!)

Wenn ich das richtig deute, dann tritt an die Stelle der bisher bekundeten Ablehnung unseres Gesetzentwurfs die Verschiebung der Entscheidung auf spätere Zeiten.

(Franke [CDU/CSU]: Leider ja! — Hasinger [CDU/CSU] : Oder auf den Sankt-Nimmerleins-Tag!)

Daraus möchte ich schließen, daß unser CDU/CSU-Gesetzentwurf draußen in der breiten Öffentlichkeit so große Zustimmung bei den Behinderten, bei den Kriegsopferverbänden, bei den Betriebsräten und bei den Betrieben gefunden hat,

(Franke [CDU/CSU] : Und den Gewerkschaften!)

daß Sie es jetzt nicht mehr wagen, eine Ablehnung vorweg auszusprechen.
Frau Steinhauer, Sie haben die Forderung an die CDU/CSU erhoben, wir möchten einen Deckungsvorschlag für die 300 Millionen DM vorlegen, die unser Gesetzentwurf für das Jahr 1978 kostet. Aber die Frage nach der Vorlage des Deckungsvorschlags würde sich heute gar nicht stellen, wenn die SPD/FDP-Regierung von Anfang an eine solide Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und Rentenpolitik betrieben hätte.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Egert [SPD])

Frau Steinhauer, Sie haben eine Schärfe in die Diskussion gebracht. Wundern Sie sich nicht, wenn ich Ihnen mit dieser Schärfe antworte.

(Beifall bei der CDU/CSU) Wer mehr ausgibt, als er einnimmt,


(Dr. Ritz [CDU/CSU]: So ist es!)

und wer noch dazu die Milliardenrücklagen ver-
braucht, hat das Recht verwirkt, Stabilitätspolitik
auf dem Rücken der Schwerbehinderten auszutragen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806102000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Glombig?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806102100
Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

(Zuruf von der SPD: Er weiß genau, warum!)

— Ich habe nur eine kurze Redezeit. Ich bitte dafür um Verständnis. Wir werden alle Fragen im Ausschuß behandeln.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! — Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Hier sind sie Ihnen peinlich! — Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Glombig hat in einer mir vorliegenden Presseerklärung die CDU/CSU vor einer Irreführung der Rentner und Beitragszahler gewarnt. Auf die Frage, wer wen irreführt, darf ich noch im Laufe meiner Ausführungen eingehen.
Der Kollege Burger hat schon die Zielsetzung des ' Gesetzentwurfs dargelegt. Ich betone noch einmal,

Geisenhofer
daß nur derjenige das Vorziehen der flexiblen Altersgrenze auf das 60. Lebensjahr beantragen kann, der 35 Versicherungsjahre nachweist. Die überwiegende Mehrzahl der Schwerbehinderten werden diese Möglichkeit, zwei Jahre früher in Rente zu gehen, begrüßen und auch davon Gebrauch machen.
Wir wissen, daß es unter den Schwerbehinderten auch solche gibt, die bis zum 62. Lebensjahr weiterarbeiten wollen, vielleicht sogar noch darüber hinaus, weil sie eine befriedigende, gut bezahlte Arbeitsstelle haben. Nach unseren Gesetzesformulierungen — darauf haben wir großen Wert gelegt — ist sichergestellt, daß kein Schwerbehinderter vorzeitig gegen seinen Willen vom Arbeitgeber in Rente geschickt werden kann.

(Dr. Ritz [CDU/CSU]: So ist es!)

Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion verfolgt in erster Linie gesundheitspolitische und damit humanitäre Ziele. Viele anerkannte Schwerbehinderte können in der freien Wirtschaft den erhöhten Anforderungen unserer Leistungsgesellschaft nicht mehr voll nachkommen. Sie arbeiten bereits auf Kosten ihrer Gesundheit.
Bei der Abfassung unseres Gesetzentwurfs haben wir auch die Frage geprüft, ob nicht das geltende Rentenrecht ausreicht, Schwerbehinderten nach einem Jahr Arbeitslosigkeit den Rentenbezug mit dem 60. Lebensjahr zu ermöglichen.- Theoretisch wäre das bei entsprechender Manipulation hart am Rande der Legalität möglich. Aber unser Gesetzentwurf verhindert, daß Gutachter und vertrauensärztliche Gutachten den Weg bestimmen. Die Schwerbehinderten sollen ohne diese schwierigen Maßnahmen in Rente gehen können.

(Hasinger [CDU/CSU]: So ist es!)

Nach allen bisherigen Erfahrungen und Überlegungen vertritt die CDU/CSU die Auffassung, daß es sinnvoller ist, Schwerbehinderten in diesem Alter das Ausscheiden aus dem Arbeitsprozeß zu ermöglichen, damit jüngere Arbeitskräfte, auch Schwerbehinderte Arbeitslose an ihre Stelle treten können. Auch der VdK-Präsident, Staatssekretär a. D. Weißhäupl, hat an die SPD/FDP appelliert, dem Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zuzustimmen.

(Hasinger [CDU/CSU]: Hört! Hört!) Ich habe dem nichts hinzuzufügen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Sprecherin der SPD hat erklärt, der Gesetzentwurf stehe im Widerspruch zu den Sanierungs-und Stabilitätsbemühungen der Bundesregierung. Ich habe den Eindruck, die Stabilitätsbemühungen der Regierung konzentrieren sich bei den Schwerbehinderten auf einen ganz falschen Personenkreis. Wer in der Vergangenheit nicht sparsam gewirtschaftet hat, hat in der Gegenwart das Recht verwirkt, Stabilitätspolitik auf dem Rücken der Schwerbehinderten zu betreiben.
Zu Zeiten der Unionsregierung hatten wir eine stabile Wirtschaft und Währung, volle Rentenkassen und keine Arbeitslosigkeit. Sie, meine Damen
und Herren von der SPD, können es drehen und wenden wie Sie wollen: in Ihre Regierungszeit fallen nun einmal die Stagnation der Wirtschaft, die Rezession, 1 Million Arbeitslose, leere Rentenkassen und eine gigantische Staatsverschuldung. Das ist doch nicht von der Hand zu weisen.
Was die Irreführung der Rentner betrifft, Herr Glombig, möchte ich folgendes sagen. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß bei der Fernsehdiskussion der Parteivorsitzenden mit dem Bundeskanzler unsere Herren Kohl und Strauß ernst auf die Milliardendefizite in der Rentenversicherung hingewiesen haben. Der Herr Bundeskanzler hat das als unchristliche Panikmache abgetan mit dem Hinweis: Es gibt keine Probleme, sondern höchstens ein Problemchen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Glombig [SPD])

Dann hat der gleiche Bundeskanzler von dieser Stelle bei seiner Regierungserklärung am 16. Dezember zugegeben,

(Dr. Ritz [CDU/CSU]: Roßtäuscherei!)

daß bis zum Jahre 1980 ein Defizit von 82 Milliar-
den DM in der Rentenversicherung vorhanden sei.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht! — Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, was vor der Wahl ein Problemchen war, nicht existent war, ist nach der Wahl zum größten Finanzierungsproblem der 90jährigen Geschichte der deutschen Sozialversicherung geworden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Dank der SPD! — Egert [SPD] : Was sollen diese dummen Zwischenrufe?!)

Wer nach der Wahl zugibt, was er vorher bestreitet, nur um die Wahlen zu gewinnen, muß sich von uns den Vorwurf gefallen lassen, daß er Wähler und Rentner getäuscht hat.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ritz [CDU/ CSU]: Roßtäuscherei!)

Wir von der CDU/CSU-Fraktion vertreten die Auffassung, daß eine verantwortungsbewußte Regierung,

(Zuruf des Abg. Egert [SPD])

die eine solide Politik betreiben will, auch für die . Zeiten der wirtschaftlichen Flaute immer noch so hohe Reserven zur Verfügung haben muß, daß ein Härteausgleich in der Sozialpolitik oder daß ein Anliegen wie das der CDU/CSU ohne Beitragserhöhung und ohne Erhöhung des Bundeshaushalts erfüllt werden kann.
Meine Damen und Herren von der Koalition, weil Sie uns Unsolidität vorwerfen:

(Zuruf von der SPD: Genau! — Weiterer Zuruf des Abg. Egert [SPD])

wir werden auch nie vergessen, daß Sie beim 20. Rentenanpassungsgesetz die drei Monatsrücklagen in der Rentenversicherung von ca. 35 Milliarden D-Mark abgeschmolzen haben bzw. abschmelzen
4650 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Geisenhofer
werden auf eine Monatsrücklage. Ist das eine solide Politik?

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

Wer soll dann eigentlich die kleinsten Erschütterungen in der Sozialversicherung auffangen, wenn die Rücklage abgeschmolzen ist?

(Egert [SPD] : Wir haben keine Sozialversicherungsbanken!)

Von unserem Gesetzentwurf sind Schwerbehinderte berührt, die kein Verständnis dafür haben, daß Sie jetzt darauf hinweisen, daß eine defizitäre Lage der Rentenversicherung vorhanden sei, denn die Kriegsopfer und die Schwerbehinderten haben diese Defizite nicht verursacht und nicht verschuldet.

(Egert [SPD]: Sehr richtig! — Glombig [SPD] : Aber die CDU/CSU mit der vorgezogenen Anpassung!)

Wir von der Union haben mit dem Schuldenberg in der Rentenversicherung nichts zu tun. Wir haben rechtzeitig vor dem falschen Weg gewarnt. Sie haben das ignoriert; Sie allein tragen die Verantwortung.
In diesem ursächlichen Zusammenhang möchte ich aus der Regierungserklärung des Bundeskanzlers Brandt aus dem Jahre 1969 zitieren: „Wir sind die Regierung der sozialen Reformen, wir bringen mehr soziale Gerechtigkeit in unser Land."

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: So ist es!)

— Er mag es gut gemeint haben, meine Damen und Herren, aber Regierungen und Politiker werden nicht nach dem Wollen beurteilt, sondern nach den Taten.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Die Taten waren schlecht.

(Zuruf des Abg. Glombig [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, es ist für uns schwer verständlich — und vielleicht können Sie uns da eine Aufklärung geben —, warum Sie unsere soziale Maßnahme für Schwerbehinderte nun verzögern. Sie trauen sich nicht, sie abzulehnen.

(Egert [SPD] : Nicht verzögern, wir wollen sachgerecht prüfen! — Weiterer Zuruf von der SPD)

— Sie wollen das verzögern, hinausschieben — das ist gerade von Ihrer Kollegin gesagt worden —, während sich Ihr Sprecher, Herr Reuschenbach, für das Vorziehen der flexiblen Altersgrenze auf das 59. Lebensjahr für die Arbeitnehmer in der Stahlindustrie, die in Bedrängnis gekommen sind, einsetzt. Da verstehe ich den Sachverhalt wirklich nicht mehr.
Angesichts solcher Widersprüche muß ich Ihnen, meine Herren von der SPD und der FDP, den Vorwurf machen, daß Sie gar nicht willens sind, den sozial Schwächsten jetzt und sofort zu helfen,

(Egelt [SPD] : Das ist ungeheuerlich, was Sie da sagen!)

vermutlich vor allem deswegen, weil dieser An-
trag von der Opposition, von der CDU/CSU, kommt.

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Egert [SPD] : Quatsch!)

Meine Damen und Herren, ich bin auch verbittert, denn im Kern betreiben Sie soziale Demontage: beim 20. Rentenanpassungsgesetz, beim 9. Kriegsopferanpassungsgesetz, beim Haushaltsstrukturgesetz,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und nach außen bezichtigen Sie die CDU/CSU der sozialen Demontage.

(Zurufe von der SPD)

Ich darf Frau Staatssekretärin Anke Fuchs ansprechen, die am 4. Oktober beim Bund der Kriegsblinden in Mainz vor 2 000 Kriegsblinden sinngemäß folgendes gesagt hat: Ich warne vor jenen konservativen Kräften, die da sagen, die Grenzen des Sozialstaats seien erreicht, ja, sogar überschritten.

(Egert [SPD]: Eine gute Erkenntnis!)

Meine Damen und Herren, ohne es offen zu sagen, hat sie auf Franz Josef Strauß angespielt und versucht, ihn zu verdächtigen.

(Lachen und Zurufe bei Abgeordneten der SPD)

Wir ziehen uns diesen Schuh nicht an.

(Franke [CDU/CSU] : Es war Herr Farthmann, der das gesagt hat!)

Ich möchte mit Nachdruck richtigstellen, daß Franz Josef Strauß nie gesagt hat: Bei den Kriegsblinden, bei den Schwerbehinderten, bei den Kriegs- und Wehrdienstopfern, bei den Kleinrentnern sind die Grenzen des Sozialstaats erreicht oder überschritten. Er hat vielmehr jene Kreise gemeint — meine Damen und Herren von der SPD, hören Sie jetzt gut zu —, die als Ergebnis Ihrer Reformeuphorie Sozialleistungen erhalten haben, obwohl sie der Hilfe der Gemeinschaft gar nicht bedurft hätten.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Und das entscheidet Strauß? — Weitere Zurufe von der SPD)

Franz Josef Strauß hat sich immer im sozialen Bereich für einen Härteausgleich eingesetzt. Aber Sie machen ihn zum Buhmann der Nation.

(Zurufe von der SPD)

Ich warne vor diesem Weg. Ich möchte Herrn Bundesminister Ertl danken, daß er sich wenigstens in diesem Bereich schützend vor Strauß gestellt hat.
Meine Damen und Herren, zum Schluß bitte ich Sie, dem Überweisungsantrag zuzustimmen. Ich darf die Mitglieder des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung bitten, den Gesetzentwurf im Ausschuß zügig und positiv zu behandeln, denn draußen wird dieser Gesetzentwurf dringend erwartet.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806102200
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (Kempten).
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4651

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0806102300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, unsere schwerbehinderten älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger haben es nicht verdient, in einer Debatte, in der es um die echten Anliegen dieses Personenkreises geht — ich glaube, da decken sich unsere Meinungen —, zum Objekt einer Polemik zu werden, wie sie leider Gottes bei den Ausführungen der beiden Begründer des Antrags zu spüren. war.

(Glombig [SPD] : Es waren unterschiedliche Begründungen!)

— Darauf komme ich noch, Herr Kollege Glombig.
Ich bedaure dies doppelt, weil wir uns interfraktionell darüber einig waren — ich habe dafür viel Verständnis, und den Verantwortlichen der Opposition danke ich dafür —, daß dieser Personenkreis und dieser Sachverhalt nicht geeignet sind, auf dieser Grundlage Fragen der Rentenfinanzierung, Fragen der Vergangenheit, Fragen des Arbeitsmarktes und alles das, was es an unterschiedlichen Meinungen gibt, zu diskutieren, diese Unterschiede also auf dem Buckel dieses Personenkreises auszutragen. Dies war eine Vereinbarung. Ich muß feststellen, daß beide Sprecher der Opposition sich nicht daran gehalten haben.

(Zuruf des Abg. Geisenhofer [CDU/CSU])

— Herr Kollege Burger hat dies bereits in seiner Begründung getan. — Ich sage hier ganz offen, daß ich dem Kollegen Franke gesagt habe, daß wir das bedauern, weil wir im Interesse der Sache und der Fragen, um die es hier geht, eine Vereinbarung ge- troffen hatten.
Deshalb werde ich mich auch nicht zu all den Fragen äußern, obwohl es viel dazu zu sagen gäbe, sondern ich will mich nur auf den Sachverhalt beziehen, um den es hier geht. Ich unterstelle auch nicht, Herr Kollege Geisenhofer, daß nicht jeder — und dieses Haus hat das schon einmal 1972 bewiesen —, der eine Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze für Schwerbehinderte beantragt, das Beste will.

(Glombig [SPD] : Gegen den Widerstand der CDU/CSU!)

Ich muß natürlich feststellen, daß es einen Unterschied gibt zwischen dem guten Willen und einer entsprechenden Beratung, einem entsprechenden Vertreten vor allen, die damit zu tun haben. Insoweit, nämlich vom Zeitpunkt und von der unterschiedlichen Begründung her — darauf werde ich noch eingehen —, nicht von der Sache her, ist dieser Antrag sehr mit einem Fragezeichen zu versehen.
Als wir alle, meine Damen und Herren, am 22. September 1972 die Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze für Schwerbehinderte auf 62 Jahre gemeinsam in diesem Hohen Hause beschlossen haben, war dies ein gemeinsamer gesellschaftspolitischer Wille aller Fraktionen des Deutschen Bundestages. Ich möchte hier ganz eindeutig sagen: Dieser Wille, unseren schwerbehinderten älteren Mitbürgern besonders zu helfen, besteht heute und besteht morgen bei den Freien Demokraten — ich möchte sagen: im ganzen Hause — ganz genauso.
Wir waren uns damals auch von vornherein dessen bewußt, daß die Herabsetzung nicht nur ein Problem finanzieller Art sein kann, sondern daß es darüber hinaus gesellschaftspolitisch bedeutsam ist, dem älteren Mitbürger generell mehr Freiheit zu geben. Aber ich muß auch daran erinnern: In den Ausschußberatungen war damals natürlich auch schon klar, daß eine Herabsetzung der Altersgrenze so lange zu Mehrbelastungen führen muß, solange es keine versicherungsmathematischen Abschläge, sondern andere Rentenberechnungen gibt. Da wir alle der Meinung waren und sind, daß versicherungsmathematische Abschläge in diesen Fällen nicht gerechtfertigt erscheinen, muß man sich über weitere Schritte sorgfältiger Gedanken machen, als Sie das bei der Vorbereitung Ihres Antrages jedenfalls getan haben.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806102400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hasinger?

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0806102500
Bitte.

Albrecht Hasinger (CDU):
Rede ID: ID0806102600
Herr Kollege, da Sie gerade versicherungsmathemateische Abschläge abgelehnt haben: Antworten Sie auf die Frage nach der generellen Möglichkeit von versicherungsmathematischen Zuschlägen im Rahmen der flexiblen Altersgrenze ebenfalls mit einem apodiktischen Nein oder ist Ihre Haltung in diesem Punkt etwas offener?

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0806102700
Wir müssen zwei Dinge unterscheiden, Herr Kollege Hasinger. Ich habe bewußt gesagt: für diesen Personenkreis und für die Herabsetzung der Altersgrenze. Von der Herabsetzung der Altersgrenze für Schwerbehinderte ist jedoch zu unterscheiden die generell freie Wahl, aus dem Arbeitsleben auszuscheiden — mit versicherungsmathematischen ,,Abschlägen" — oder länger im Arbeitsprozeß zu bleiben — mit entsprechenden Zuschlägen. Das ist eine andere Sache. Sie wissen ja, daß wir uns damals auch sehr für Zuschläge bei Weiterarbeit eingesetzt haben. Das ist dann auch Gesetz geworden; insoweit also kein Dissens.

(Katzer [CDU/CSU] : Das ist aber geändert worden!)

Nun aber noch einmal zurück zu Ihrer Vorlage, vor allem zur Begründung. Sie haben vielleicht zunächst mit der Möglichkeit gerechnet — das geht zumindest aus Ihrer Begründung hervor; diese Überlegungen gab es auch an anderen Stellen —, einen gewissen arbeitsmarktpolitischen Effekt zu erzielen. Frau Kollegin Steinhauer hat schon darauf hingewiesen, wie schwierig es sein wird, einen Arbeitsplatz, der durch Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze freigeworden ist, wieder mit einem Schwerbehinderten zu besetzen, weil eben viele Arbeitgeber diesen Arbeitsplatz dann einfach einsparen. Zu dieser Einschätzung sind im übrigen im Zusammenhang mit diesem Problem auch die Tarifpartner gekommen: daß es möglicherweise mehr um den Abbau von Arbeitsplätzen gehe bzw. um die Weiterarbeit in Form der Teilzeitbeschäftigung mit 1 000 DM Zusatz als um Neueinstellung.
4652 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Schmidt (Kempten)

Wir wissen auch sehr genau, daß der Arbeitsmarkt trotz der hohen Zahl von Arbeitslosen nur sehr schwer in gleicher Weise qualifizierte Arbeitnehmer für einen freiwerdenden Arbeitsplatz anbieten kann. Oft nehmen gerade Schwerbehinderte hochqualifizierte Arbeitsplätze ein — gerade bei ihnen ist oftmals die Bereitschaft größer, sich besonders zu qualifizieren, weil sie eben den Beweis ihrer Fähigkeit erbringen wollen —; da wird es nicht leicht sein, einen solchen Arbeitsplatz wieder zu besetzen. Insoweit sehen wir nur wenig Chancen, durch Flexibilität, durch Neubesetzung zum jetzigen Zeitpunkt arbeitsmarktpolitisch etwas zu erreichen. Auch der Zeitpunkt Ihrer Vorlage ist eben problematisch.
Eine weitere Bemerkung zu dem Personenkreis, der in Frage käme, und den sich aus der vorgeschlagenen Gesetzesänderung ergebenden Kosten. Die Zahl von 21 000 bis 22 000 Personen ist, wie Sie auch wissen, Herr Kollege Geisenhofer, eine Annahme. Es gibt nur fortgeschriebene Zahlen. Im Moment gibt es ja, wie Sie selbst sagen, überhaupt nur Annahmen: 75 % Inanspruchnahme, wobei sich die Frage stellt, ob diese 75 % überhaupt die Grenze von 35 Jahren erreicht und alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt haben. Das alles sind offene Fragen. Damit ist auch kaum zu beweisen, daß die von Ihnen vorausgesagten 300 Millionen DM ausreichen wenden bzw. daß ein Teil davon durch Wiedereinstellung und sich daraus ergebende Beitragsleistungen ausgeglichen werden könnte, so daß Sie auch vom Kostenfaktor her — ich will gar nicht höhere Zahlen anführen — der Verantwortung, zum richtigen Zeitpunkt etwas Vernünftiges zu tun, nicht gerecht werden. Das kann nur im Gesamtüberblick erfolgen. Die beste Begründung, daß dies nur im Gesamtüberblick geschehen kann, hat ja der Kollege Burger mit geliefert, indem er polemisch auf die Rentenfinanzen einging, andererseits aber deutlich machte, wie sehr wir den Gesamtüberblick nach Vorlage eines Rentenberichtes im Zusammenhang mit dem 21. Rentenanpassungsgesetz brauchen, um neue Fragen und auch diese Frage prüfen zu können. Es wäre also wenig hilfreich, heute darüber zu entscheiden, und es läge nicht im Interesse der Betroffenen, vorher Entscheidungen im Ausschuß zu treffen. Hier haben sich — ich muß es noch einmal sagen — die Begründer etwas unterschiedlich verhalten. Der Kollege Burger hat „sorgfältige Beratung" gesagt. Darunter habe ich verstanden, daß wir sorgfältig im Rahmen der Vorlage des Rentenberichtes, im Rahmen des Gutachtens des Sozialbeirates und auch angesichts der Notwendigkeit der weiteren Konsolidierung der Rentenversicherung diesen Punkt einbeziehen.
Aber der Kollege Geisenhofer hat das, weil Frau Kollegin Steinhauer darauf hingewiesen hat, als eine Verschiebung angesehen. Er hat gemeint, das müsse möglichst schnell geschehen. Hier sollten Sie sich mal einigen, ob nicht die von Ihnen gezeigte Verantwortung im Rahmen der sorgfältigen Beratung das Richtigere ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist kein Widerspruch! — Franke [CDU/CSU] : Das ist kein Dissens!)

— Entschuldigen Sie, Herr Kollege Franke, Frau Steinhauer hat darauf hingewiesen, daß das im Rahmen des 21. Rentenanpassungsgesetzes zur Disposition steht. Dem hat Herr Geisenhofer entgegengehalten, das sei Verschiebung. Kollege Burger hat eben hier bestätigt, daß er es auch so sieht: Beratung im Gesamtüberblick, nach der Vorlage des Rentenberichts.

(Franke [CDU/CSU] : Nein, Herr Kollege Burger hat sorgfältige Beratung verlangt!)

— Die sorgfältige Beratung — nun müssen wir doch ein bißchen in die Details gehen — kann sowieso erst im Januar/Februar erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt liegt der Rentenbericht vor. — Sind wir uns da einig? — Okay.

(Franke [CDU/CSU]: Das 21. RAG wird aber erst im Herbst verabschiedet!)

— Das ist sicher nicht der Fall. Es wird verabschiedet, wenn der Rentenbericht vorliegt und sich die Beratungen daran anschließen. Dann liegt ja auch ein Gutachten über die Dinge vor. Aber wir wollen nicht in die Details gehen; das ist Sache des Ausschusses.
Lassen Sie mich zu der ersten Begründung zurückkehren. Der Kollege Burger hat einleitend gesagt: Schwerbehinderte sollen schon mit 60 Jahren aufhören dürfen. Wir sollten uns alle bemühen, daß wir dies eines Tages im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten unseren schwerbehinderten Mitbürgern ermöglichen können. Wir müssen es aber auch vor den Beitragszahlern verantworten, wir müssen es verantworten vor der Gesamtfinanzierung, und wir müssen es auch für die nächste und die übernächste Legislaturperiode verantworten. Es ist nicht, wie es zunächst aussieht, etwas, was man so leicht über die Bühne bringen kann. Für uns Freie Demokraten geht es um eine bedeutsame und verantwortungsvolle Aufgabe. Das wollen wir durch Überweisung an den Ausschuß und durch Einbeziehung in die Beratungen zum 21. RAG endgültig bekunden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806102800
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0806102900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Opposition, aber auch die Debattenbeiträge der Abgeordneten Burger und Geisenhofer machen es notwendig, daran zu erinnern, daß die Einführung der flexiblen Altersgrenze durch die sozialliberale Koalition ein ganz entscheidender Schritt war, der individuell freiheitliche Bestimmungsmöglichkeiten in die Sozialversicherung brachte. Ihr Gesetzentwurf beweist — neben vielem anderem, auf das ich noch zu sprechen kommen will —, daß Sie sich, wenn auch spät, zu den sozialpolitischen Grundsätzen der Koalition bekennen. Hier muß daran erinnert werden, daß der Abgeordnete Barzel in der Abschlußdebatte der sozialpolitischen Gesetzgebung des Jahres 1972 — damals mit dem ganzen Gewicht des CDU/CSU-Frak-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4653
Bundesminister Dr. Ehrenberg
tionsvorsitzenden — im Zusammenhang mit der flexiblen Altersgrenze von einer leichtfertig genährten Hoffnung sprach. Das sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU 1972.

(Burger [CDU/CSU] : Was hat heute Ihre Sprecherin gesagt?)

Ich glaube, daran muß man erinnern, wenn man den Stellenwert dessen, was Sie jetzt vorlegen, richtig beurteilen will.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806103000
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hasinger?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0806103100
Ich habe keine Veranlassung, die Abgeordneten der CDU besser zu behandeln, als der Abgeordnete Geisenhofer meine Fraktionskollegen behandelt hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU: Herr Minister! — Franke [CDU/CSU]: Ehrenberg kneift! Sie haben die Hose gestrichen voll! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806103200
Herr Abgeordneter Franke, ich rufe Sie wegen Ihres Zwischenrufes zur Ordnung.

(Franke [CDU/CSU] : Das ist mein erster!)


Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0806103300
Es wurde auch Zeit, daß Sie einmal einen Ordnungsruf bekommen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806103400
Herr Bundesminister, ich muß Sie darauf hinweisen, daß ordnungsleitende Bemerkungen des Präsidenten nicht Gegenstand der Diskussion sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0806103500
Das muß ich respektieren. Ich habe nur von dem Recht, auf Zwischenfragen nicht zu antworten, so Gebrauch gemacht, wie der Kollege Geisenhofer das tat.

(Katzer [CDU/CSU] : Das ist doch ein Unterschied! Das kann man nicht so nehmen! — Hasinger [CDU/CSU] : Kehren Sie zu Ihrem Manuskript zurück! — Franke [CDU/CSU]: Lesen Sie weiter vor! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Herr Franke, wir können auch in einen Dialog eintreten, wenn Sie Wert darauf legen.

(Franke [CDU/CSU]: Sie wollen ja nicht!) — Mit Ihnen möchte ich das nicht.

Sie haben hier einen Gesetzentwurf über einen sehr dringlichen, sehr notwendigen und sozialpolitisch höchst wünschenswerten Tatbestand vorgelegt. Nur haben Sie mit keinem Satz, mit keiner Silbe gesagt, wie dieses notwendige, dringliche Anliegen finanziert werden soll. Gerade nach dem,
Herr Kollege Geisenhofer, was Sie selber von diesem Pult aus über die Rentenfinanzen gesagt haben, ist das nicht zu verstehen. Das Gebaren desjenigen, der wie Sie von der Bundesregierung sagt, daß sie mehr ausgebe als einnehme, und selbst einen Gesetzentwurf vorlegt, dessen Realisierung bis 1981 1,5 Milliarden DM kosten würde, und das, losgelöst von jedem finanziellen Zusammenhang, jetzt schnell verabschiedet haben will, muß man schlicht als finanziell unseriös bezeichnen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

So kann man nicht partiell mit Finanzdispositionen umspringen. Auch Sie wissen selbstverständlich — es ist genug darüber berichtet worden —, daß sich das Bundeskabinett bereits am 14. September mit der Frage der flexiblen Altersgrenze für Behinderte beschäftigt hat und daß der Bundesarbeitsminister vom Kabinett den Auftrag bekommen hat, die Möglichkeiten, die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen, aber natürlich auch die Finanzierbarkeit zu prüfen. Ich würde mir höchst unseriös vorkommen, hier eine Detailprüfung ohne den unveränderlichen Gesamtzusammenhang des 21. Rentenanpassungsgesetzes vorzunehmen. Wer dazu den Kopf schüttelt oder das ablehnt, der will Probleme lösen, die nicht partiell, sondern nur im Gesamtzusammenhang lösbar sind. Dafür gibt es keine bessere 'Bezeichnung als „unseriös".
Herr Kollege Geisenhofer, eine Bemerkung muß ich im Anschluß an das, was Sie in Erwiderung auf die Ausführungen der Kollegin Steinhauer gesagt haben, wirklich noch machen. Sie haben die Sozialdemokraten davor gewarnt, Franz Josef Strauß zum Buhmann der Nation zu machen. Herr Kollege Geisenhofer, die Warnung an die Sozialdemokraten ist nicht nötig. Dafür sorgt Franz Josef Strauß selber.

(Beifall bei der SPD)

Wenn die Bürger das mal vergessen, dann fährt er rechtzeitig nach Chile, damit es wieder alle wissen, welchen Stellenwert er hat.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Was soll das? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Was das soll? Es darf also nur Herr Kollege Geisenhofer so etwas sagen, wir nicht.

(Erneute Zurufe von der CDU/CSU)

Ich bitte Sie, diesen Stellenwert so zu beurteilen, wie er zu beurteilen ist.
Ich bitte sie sehr herzlich, sozialpolitisch dringliche Anliegen nicht dadurch in einen falschen Zusammenhang zu bringen, daß sie ohne Finanzierungsvorschläge und aus dem notwendigen Gesamtzusammenhang herausgelöst dargestellt werden. Wir werden bei der Beratung des Rentenanpassungsberichts und des 21. Rentenanpassungsgesetzes auch die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen einer Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze sehr sorgfältig zu prüfen haben. Ich würde Sie sehr darum bitten, selber einmal Gespräche mit Personalchefs von Unternehmungen darüber zu führen, ob denn
4654 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Bundesminister Dr. Ehrenberg
ernsthaft damit zu rechnen ist, daß diese Plätze neu besetzt werden, möglichst mit Behinderten, oder ob nicht bei der anhaltenden Wirtschaftsschwäche die große Gefahr besteht, daß diese Plätze nicht neu besetzt,. sondern eingespart werden.
Bei jeder notwendigen Aufrechnung der Gesamtkosten der Sozialversicherung, bei der man ja nicht nur die Rentenversicherung, sondern selbstverständlich auch die Arbeitslosenversicherung sehen muß, muß man sehr sorgfältig zu erfassen versuchen, mit welcher Wiederbesetzungsquote bei einer solchen Maßnahme denn wohl zu rechnen ist.

(Katzer [CDU/CSU] : Das ist kein Argument!)

— Verehrter Herr Kollege Katzer, das ist kein Argument gegen die Notwendigkeit und Dringlichkeit dieser Maßnahme.

(Katzer [CDU/CSU]: Erstens!)

Es ist aber wohl ein Argument, wenn man sich über die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen Klarheit verschaffen will. Dann darf man ja wohl nicht mit einer Wiederbesetzungsquote von 100% rechnen, sondern man sollte sich bemühen, sorgfältig zu erfassen, wieviel es sein können. Auch 75 % halte ich für zu hoch.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806103600
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Burger?

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0806103700
Herr Minister, Herr Kollege Katzer hat eben auf das Schwerbehindertengesetz hingewiesen. Berücksichtigen Sie nicht die Pflichtquoten, die wir dort haben? Und denken Sie nicht daran, daß wir heute moderne Rehabilitationszentren haben, die Schwerbehinderte auf vollen beruflichen Einsatz im Arbeitsleben vorbereiten, wodurch die Menschen im Gegensatz zu früher wettbewerbsfähig sind? Sehen Sie da nicht eine viel größere Chance zur Besetzung der Pflichtplätze?

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0806103800
Herr Kollege Burger, für die Rehabilitationszentren haben wir in den letzten sieben Jahren viel getan.

(Burger [CDU/CSU] : Zur Sache, Herr Minister!)

Vorher gab es davon sehr viel weniger. Ich berücksichtige das wohl. Aber trotz der Pflichtquoten, trotz der Rehabilitationszentren gibt es arbeitslose Schwerbehinderte, leider viel zu viel. Diesen Effekt müssen Sie doch sehen. Es wäre höchst leichtfertigt, jetzt so zu tun, als wäre die Wiederbesetzung- von vornherein in der von Ihnen angenommenen Höhe gegeben.
Daß die von Ihnen genannten Tatbestände begünstigend hinzukommen, darüber gibt es gar keinen Zweifel. Nur wird das allein für eine Wiederbesetzung nicht reichen. Da wird noch eine ganze Menge von gutem Willen bei den Unternehmern und effektiver Arbeitsvermittlung hinzukommen müssen, um das zu erreichen.
Aber, es sei nochmals gesagt, auch wenn die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen kleiner sein sollten, als Sie annehmen — ich fürchte, sie werden kleiner sein —, ändert das nichts an den sozialpolitisch dringlichen Anliegen dieser Maßnahme. Aber es ändert auch nichts daran, daß man das nicht aus dem Gesamtfinanzzusammenhang herausnehmen und nicht isoliert verabschieden darf. Wir müssen es vielmehr sorgfältig prüfen im Rahmen aller Bemühungen, im Zusammenhang mit dem 21. Rentenanpassungsgesetz Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherung in einem ausgewogenen Gleichgewicht zu halten. Nur wenn wir das Problem also nicht isoliert angehen, werden wir es lösen können.
Gerade vor dem Hintergrund Ihres Gesetzentwurfes möchte ich Sie sehr herzlich darum bitten, auch in der Öffentlichkeit mehr als bisher auch Ihrerseits den Eindruck zu hinterlassen, daß die Rentenfinanzen seit 1957 untrennbar mit der wirtschaftlichen Entwicklung verbunden sind.

(Burger [CDU/CSU] : Das haben wir immer gesagt! — Katzer [CDU/CSU] : Das hätte man Ihrem Vorgänger sagen müssen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Bei vielen Ihrer Ausführungen kann man heute leider nicht sehen, daß Sie das wissen!

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Wenn Sie es wüßten, hätten Sie diesen Gesetzentwurf zum 21. RAG und nicht isoliert eingebracht, und Sie würden nicht von „Verschiebung" reden, wie der Kollege Geisenhofer es tut, wenn die Kollegin Steinhauer auf das 21. Anpassungsgesetz verweist.
Diesen Zusammenhang gilt es zu wahren. Die Bundesregierung ist bereit, in diesem Zusammenhang das Problem mit Vordringlichkeit zu prüfen. Eine unverzichtbare Grundbedingung ist allerdings, daß es geeignete Finanzierungsmöglichkeiten gibt. Ich wäre sehr dankbar, wenn auch die Opposition diese unverzichtbare Grundbedingung respektieren und nicht versuchen würde, in der Öffentlichkeit und bei den Verbänden den Eindruck zu erwecken, Sie hätten dieses Problem, an dem wir seit langen Zeiten sorgfältig arbeiten, auf den Tisch gelegt. Ich kann Ihnen nur versichern, wir werden das mit aller gebotenen Sorgfalt im Gesamtzusammenhang des 21. Rentenanpassungsgesetzes — und nicht isoliert — behandeln.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Müller [Berlin] [CDU/CSU] : Darüber bestimmt der Gesetzgeber!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806103900
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Gesetzentwurf auf Drucksache 8/1087 an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, an den Innenausschuß — mitberatend — sowie an den Haushaltsausschuß — mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung — zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Es erhebt sich kein Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4655
Präsident Carstens
Ich rufe nunmehr Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Hauser (Krefeld), Dr. Zeitel, Schmidhuber, Müller (Remscheid), Franke, Lampersbach, Engelsberger, Schedl, Dr. Schwarz-Schilling, Neuhaus, Dreyer, Feinendegen, Dr. George, Gerstein, Haberl, Dr. Hammans, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Frau Hoffmann (Hoya), Dr. Hubrig, Dr. Jobst, Kroll-Schlüter, Dr. Kunz (Weiden), Dr. Langner, Pohlmann, Dr. Ritz, Sick, Tillmann, Dr. Unland, Frau Will-Feld, Frau Dr. Wilms, Wissmann, Würzbach, Biehle, Dr. Stavenhagen und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs
, eines Gesetzes zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes
— Drucksache 8/1105
Überweisungsvorschlag des Altestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft
Ausschuß für Wirtschaft
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das Wort zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Schedl.

Albert Schedl (CSU):
Rede ID: ID0806104000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion hat Ihnen auf Drucksache 8/1105 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes vorgelegt, den ich kurz wie folgt begründen darf.
Im Rahmen der Bemühungen um ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot wurde und wird draußen in der Diskussion von den Betrieben immer wieder u. a. auch das Schwerbehindertengesetz angesprochen, und zwar in folgendem Sachzusammenhang:

(V o r s i tz : Vizepräsident Frau Renger)

Nach § 6 Abs. 1 dieses Gesetzes sind bei der Arbeitsplatzerfassung die Plätze von Auszubildenden mitzuzählen. Von der Zahl der Arbeitsplätze hängt aber die Höhe der Ausgleichsabgabe ab, die zu zahlen ist, wenn in einem Betrieb keine oder nicht genug Schwerbehinderte beschäftigt sind. Für eine Reihe von Betrieben ergibt sich hieraus eine sehr beträchtliche Steigerung der Ausgleichsabgabe, falls sie auch nur einen Auszubildenden mehr als bisher einstellen. Daß eine derartige Vorschrift die Ausbildungsbereitschaft nicht fördert, braucht wohl nicht mehr besonders betont zu werden.
Die Mobilisierung der letzten Reserven an Ausbildungsplätzen im Bereich der Wirtschaft ist, so meinen wir, ein wichtiges Ziel, das alle Fraktionen in diesem Hause vor Augen haben müssen. Deshalb kommt dem Abbau dieser Vorschrift, weil sie eben in diesem Zusammenhang als eine ausbildungshemmende Vorschrift anzusehen ist, wie wir meinen, erhebliche Priorität zu. Diese arbeits- und ausbildungsmarktpolitische Komponente ist möglicherweise zum Zeitpunkt der parlamentarischen Verabschiedung dieses Gesetzes Anfang 1974 nicht in al- len Konsequenzen gesehen worden, nicht zuletzt deshalb, weil ja damals am Ausbildungsmarkt die
Zahlen noch ganz anders waren, als das heute der Fall ist.
Daß sich die Einbeziehung dieser Zahlen besonders bei mittelständischen und handwerklichen Betrieben deutlich auswirkt, ist selbstverständlich, wenn man diesen Zusammenhang sieht. In strukturschwachen Gebieten, in denen vielfach keine Großbetriebe für eine Berufsausbildung zur Verfügung stehen, bildet das Potential der kleinen Ausbildungsbetriebe aber nach wie vor das wichtigste Reservoir für zusätzliche Ausbildungsplätze, die wir in den nächsten beiden Jahren angesichts der Zahl der Auszubildenden brauchen. Diese Gründe haben uns bewogen, den Antrag zu stellen, daß der frühere Rechtszustand wiederherzustellen ist und daß die Ausbildungsplätze nicht als Pflichtplätze im Sinne des § 6 Abs. 1 des Schwerbehindertengesetzes zählen sollen.
Der zweite Teil der von unserer Fraktion vorgelegten Änderungsinitiative zielt auf eine weitere Entlastung im Kostenbereich. Wir alle wissen — gerade nach den letzten gutachtlichen Äußerungen der Wirtschaftswissenschaftler —, daß die diesbezügliche Belastung bei den kleinen und mittleren Betrieben die Grenze des Erträglichen erreicht, in vielen Fällen bereits überschritten hat. Nach dem bis 1974 gültigen Recht waren schwerbehinderte Arbeitgeber in kleinen Betrieben auf die Pflichtzahl anzurechnen. Diese Anrechnungsmöglichkeit war insbesondere dann sinnvoll, wenn der Arbeitgeber in der Arbeitsausübung nicht unerheblich behindert oder wenn die Beschäftigung von Schwerbehinderten in seinem Betrieb nach der Lage des Arbeitsmarktes besonders erschwert war. Auch diese Möglichkeit ist mit der Novellierung vom 29. April 1974 weggefallen. Damit ist eine gesetzliche Benachteiligung eingetreten, die ich an einem Beispiel verdeutlichen möchte:
Der Inhaber eines Unternehmens mit ca. 50 Beschäftigten ist mit einem Behinderungsgrad von 70 % — z. B. wegen einer Beinamputation — grundsätzlich als Schwerbehinderter anerkannt. Durch seine Behinderung wird er zweifelsfrei in der Ausübung seiner Tätigkeit erheblich beeinträchtigt. Trotzdem wird er nicht auf die drei auf sein Unternehmen — nach dem jetzigen Gesetzesstand — entfallenden Pflichtplätze anerkannt. Da die Eingliederung von Schwerbehinderten gerade in seiner Unternehmensgröße nachweislich sehr schwierig ist, ohnehin häufig auch entsprechende Schwerbehinderte auf dem Arbeitsmarkt gar nicht zur Verfügung stehen, muß dieser schwerbehinderte Arbeitgeber eine finanzielle Mehrbelastung für sein Unternehmen in Höhe von 1 200 DM hinnehmen, der nach unserer Auffassung — da eben der Arbeitgeber nicht auf die Pflichtplätze angerechnet wird — jegliche Berechtigung fehlt. Dieser Tatbestand ist bei der Beratung im Jahre 1974 zwar diskutiert worden, aber doch nicht endgültig entsprechend gewürdigt worden.
Ein besonders schwieriges Problem entsteht häufig bei kleinen und mittleren Unternehmungen, die einen hohen Anteil von Frauenarbeitsplätzen haben und in denen die vollständige Besetzung der
4656 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Schedl
Pflichtplätze nahezu ausgeschlossen ist. Gerade weil der betroffene Personenkreis schwerbehinderter Betriebsinhaber klein ist, ist auch nicht einzusehen, warum § 5 Abs. 3 der alten Fassung, der im Einzelfall für den betroffenen Arbeitgeber durchaus bedeutungsvoll war, gestrichen wurde. Wir möchten gerne auch hier den alten Gesetzesstand wiederherstellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Gesetzentwurf ist sicher schon von vielen kritisch betrachtet worden. Am Nicken des Kollegen Gansel sehe ich, daß die Kritik unter Umständen gleich folgen wird. Man könnte auch böswillig sagen: Es handele sich im Schwerbehindertenbereich um einen Schritt in die falsche Richtung. Diese Würdigung wäre absolut falsch.
Wir meinen, daß es angesichts der Belastung gerade der kleinen und mittleren Unternehmungen mit einem schwerbehinderten Unternehmensinhaber und angesichts der überschaubar kleinen Zahl der Betroffenen durchaus gerechtfertigt ist, einen solchen Schritt zu unternehmen. Dieses Gesetz bringt im übrigen für die Schwerbehinderten praktisch keine Nachteile, würde aber für die anderen erhebliche Besserstellungen bringen.
Meine verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie im Namen der ,CDU/CSU-Fraktion dieser Änderung des Gesetzes für Schwerbehinderte zuzustimmen. Ich weise Sie noch einmal darauf hin, daß wir damit keinerlei soziale Schlechterstellung beabsichtigen, sondern daß wir damit Schranken abbauen wollen, um erhebliche Verbesserungen .am Ausbildungsplatz und Arbeitsmarkt zu erreichen, die wir für zwingend notwendig halten.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806104100
Ich eröffne nun die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Gansel.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806104200
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schedl, passagenweise war ich mir bei Ihrer Rede im unklaren, ob Sie noch für die CSU gegen den Antrag der CDU/CSU auf Senkung der flexiblen Altersgrenze sprachen oder ob Sie schon für die CSU für den CDU/CSU-Antrag zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes sprechen wollten.
Es gibt manchmal Situationen, da scheint es so, als sollte nur ein Detail geändert werden. Aber oft ist es so — das wissen wir alle —, daß der Teufel im Detail steckt. Manchmal ist es sogar eine richtige Massenversammlung von Teufeln. So ist das bei Ihrem heute vorgelegten Antrag.
Die CDU/CSU beantragt nämlich heute, das Schwerbehindertengesetz so zu ändern, daß bei der Berechnung der Zahl der Pflichtplätze für behinderte Arbeitnehmer die Auszubildenden nicht mehr und die Arbeitgeber wieder berücksichtigt werden sollen. In nur leicht polemischer Kürze — ich werde es nachher ausführen —: ein Antrag für Arbeitgeber und gegen Auszubildende.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden diesen Antrag in der Sache ablehnen, ¿C aber aus Gründen der parlamentarischen Fairneß eine Überweisung an den Ausschuß akzeptieren.
Unsere Haltung zu dem Unionenantrag ist bereits vor drei Wochen auf dem Hamburger Parteitag klargestellt worden — ich darf aus einem Beschluß zitieren, Frau Präsidentin —:
Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Die Arbeitswelt ist nicht nur ein Teil des Lebensinhalts der Arbeitnehmer, sondern sie bestimmt auch weitgehend Familienleben, Freizeitverhalten und Stellung in der Gesellschaft. Die Modernisierung der Wirtschaft und die qualitative Verbesserung der Arbeitswelt müssen Hand in Hand gehen. Die Humanisierung der Arbeitswelt ist ständige gesellschaftspolitische Aufgabe. Die SPD weist alle Versuche zurück, den von ihr geschaffenen und ausgebauten Arbeitsschutz, wie Jugendarbeitsschutzgesetz, Schwerbehindertengesetz und Arbeitssicherheitsgesetz, unter dem Vorwand wirtschaftlicher Zwänge abzubauen.
Die CDU/CSU beruft sich auf einen wirtschaftlichen Zwang, auf den Zwang, Ausbildungsplätze für Jugendliche schaffen zu müssen. Über diesen Zwang brauchten wir heute allerdings nicht zu diskutieren, wenn die private Wirtschaft ihr Versprechen, in diesem Jahr 100 000 zusätzliche Ausbildungsplätze bereitzustellen, auch. eingehalten hätte. Die CDU/CSU nimmt diesen Zwang aber auch nur zum Vorwand. Tatsächlich wird durch ihren Antrag nämlich kein einziger zusätzlicher Ausbildungsplatz garantiert. In der Begründung heißt es wortwörtlich, daß die „Ausbildungsfreudigkeit" der Unternehmen erhöht werden soll. Wir tadeln hier auch die Sprachverwirrung, denn von der privaten Wirtschaft ist nicht Ausbildungsfreudigkeit, sondern Ausbildungspflichtbewußtsein zu fordern.
Der Antrag der Union bedeutet schließlich nicht einen Ausbau, sondern einen Abbau des Schwerbehindertengesetzes.

(Abg. Burger [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Herr Burger, was gibt es? Ich gestatte die Zwischenfrage.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806104300
Herr Abgeordneter Burger, Sie haben die Erlaubnis zu einer Zwischenfrage schon bekommen. Bitte schön.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0806104400
Herr Kollege Gansel, vielen Dank, daß Sie mir Gelegenheit zu einer Frage geben.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806104500
Ich weiß, daß Sie immer kommen.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0806104600
Ich möchte Sie fragen, ob Sie diesen Satz auch aufrechterhalten, wenn ich Sie darauf hinweise, daß wir in Drucksache 8/439 — Antrag der Fraktion der CDU/CSU, Programm zur Sicherung und Weiterentwicklung des Ausbildungs-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4657
Burger
platzangebotes; ich frage Sie zugleich, ob Sie dies gelesen haben — folgendes gefordert haben:
Um insbesondere der mittelständischen Wirtschaft die Einstellung zusätzlicher Auszubildender zu erleichtern, sollen Ausbildungsplätze nicht mehr als Arbeitsplätze zählen; schwerbehinderte Jugendliche sind auf das Pflichtplatzsoll anzurechnen.?
Was ist daran eine Aushöhlung des Schwerbehindertenrechtes? .

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806104700
Das letztere, die Anrechnung ist geltendes Recht. Ich werde Ihnen das nachher noch im einzelnen erklären. Im übrigen bedanke ich mich für die Zwischenfrage. Ich weiß, daß Sie immer zu meinen treuesten Zuhörern gehören, Herr Burger.

(Zurufe von der CDU/CSU: Es sind nicht viele!)

Die Union greift mit ihrem harmlos erscheinenden Antrag des Kern des Schwerbehindertengesetzes an, nämlich die Beschäftigungspflicht und die Ausgleichsabgabe, indem sie die Berechnungsgrundlagen verändern will. Deshalb sind ein paar grundsätzliche Bemerkungen angebracht.
Eine Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber gegenüber Schwerbehinderten ist notwendig, weil, um die von der Union gewählte Sprache gegen sie selbst zu wenden, die „Beschäftigungsfreudigkeit" der Arbeitgeber gegenüber behinderten Arbeitnehmern konstant unterentwickelt geblieben ist. Wir haben unter Mißachtung strikt marktwirtschaftlicher Prinzipien Betriebe mit weniger als 16 Beschäftigten von der Beschäftigungspflicht entbunden, um ihnen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber größeren Unternehmen zu verschaffen. Erst bei Unternehmen mit 16 und mehr Beschäftigten beträgt der Pflichtsatz für die Einstellung schwerbehinderter Arbeitnehmer 6 % der Arbeitsplätze. Als Arbeitsplatz gelten — so heißt es in § 6 des Schwerbehindertengesetzes — „alle Stellen, auf denen Arbeiter, Angestellte, Beamte, Richter sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden".

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806104800
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stutzer?

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806104900
Ja.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0806105000
Herr Kollege Gansel, würden Sie zur Kenntnis nehmen, daß es im gesamten Bundesgebiet — auch in Ihrem Wahlkreis Kiel — eine ganze Anzahl von Betrieben, insbesondere im Handwerk, gibt, die 14 oder 15 Beschäftigte haben und die dann, wenn sie jetzt zusätzlich einen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen, so daß sie auf 16 Beschäftigte kämen, wahrscheinlich eine Ausgleichsabgabe zahlen müßten, also obendrein noch bestraft würden, weil sie zusätzlich Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, da sie qualifizierte schwerbeschädigte Facharbeiter nicht bekommen? Sie wissen ja, daß bei 16 und mehr Beschäftigten
entweder ein Schwerbehinderter eingestellt werden muß oder die Ausgleichsabgabe gezahlt werden muß. Sie kommen von der Ausgleichsabgabe heute nicht mehr frei.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806105100
Über dieses Thema diskutieren wir heute. Deshalb habe ich hier das Wort ergriffen. Wenn Sie noch einen Augenblick Geduld haben, werden Sie auf diese Frage die angemessene Antwort bekommen.
Ich will es noch einmal klarmachen, weil bei der Union offenbar eine elementare Unkenntnis über das Schwerbehindertengesetz existiert.

(Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

— Warten Sie nur ab. Ich war auch erstaunt, als ich dies schwarz auf weiß feststellte.
Sie wollen die „Auszubildenden und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte" streichen, obwohl Sie eigentlich wissen müßten, daß diese Gruppe mit folgender Begründung in das neue Schwerbehindertengesetz einbezogen worden ist — ich zitiere aus den Materialien —:
Dadurch
— durch diese neue Regelung —
wird die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber auch auf diesen besonders schutzbedürftigen Personenkreis
— nämlich die behinderten Jugendlichen —
ausgedehnt, dessen Vermittlung in eine der genannten Stellen sich im Gegensatz zu der Vermittlung Nichtbehinderter oft sehr schwierig gestaltete. Die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber umfaßt danach künftig die Pflicht, Ausbildungsplätze und sonstige Stellen zur beruf- lichen Bildung auch für Schwerbehinderte zur Verfügung zu stellen und Schwerbehinderte zu ihrer Berufsausbildung oder sonstigen beruflichen Bildung einzustellen.
„Verpflichtung" heißt es in den Materalien. Die Unionen begründen ihren heutigen Antrag auf Drucksache 8/1105 — ich muß wiederum zitieren, Frau Präsidentin — folgendermaßen:
Die Einbeziehung der Ausbildungsplätze in § 6 hat nicht zur Folge, daß die Betriebe zur Ausbildung schwerbehinderter Jugendlicher verpflichtet werden. Das Schwerbehindertengesetz kennt keine personen- bzw. personengruppenbezogene Beschäftigungspflicht unter Schwerbehinderten.
Damit beweisen Sie nicht nur Ihre Unkenntnis der Entstehung des Gesetzes, sondern Sie beweisen auch Ihre Unkenntnis des Gesetzestextes selbst. Der § 5 des Gesetzes lautet nämlich — wiederum muß ich um Erlaubnis bitten, zu zitieren —:
Beschäftigung besonderer Gruppen
Schwerbehinderter
Unter den Schwerbehinderten, die von den Arbeitgebern nach § 4 zu beschäftigen sind,
4658 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Gansel
müssen sich in angemessenem Umfang befinden
1. Schwerbehinderte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 80 v. H.,
2. Schwerbehinderte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben,
3. sonstige nach Art und Schwere ihrer Behinderung besonders betroffene Schwerbehinderte.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806105200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schedl?

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806105300
Wenn Sie nur Ihre Gesetzeskenntnisse verbessern und mich nicht im Redefluß hemmen wollen — gern!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806105400
Herr Kollege Gansel, ich möchte nicht Ihren Redefluß hemmen, sondern Sie folgendes fragen. Ohne daß wir jetzt in ein diffiziles Auseinanderlegen von Nebensätzen und Paragraphen kommen — was zwar unsere Aufgabe ist, aber nicht unsere alleinige Aufgabe — ist meine Frage an Sie folgende: Würden Sie dieser unserer Änderung zustimmen, wenn wir damit wollen, daß Ausbildungsplätze nicht als Arbeitsplätze gezählt werden und damit der ausbildungsplatzhemmende Faktor entfällt, aber selbstverständlich alle Vergünstigungen behinderter Auszubildender nach wie vor in vollem Umfang erhalten bleiben?

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806105500
Wenn Sie damit eine Ausbildungspflicht dieser Betriebe akzeptieren: ja. Darauf komme ich noch zum Schluß. Aber dies wäre bei Ihnen ja etwas völlig Neues. Immerhin: Wenn Sie lernfähig sind, dann wäre das eine Entwicklung.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

Aber nun passen Sie auf! Es geht weiter. Ich habe also aus dem Gesetz vorlesen müssen, daß hier wortwörtlich von dem personengruppengezogenen Schutz die Rede ist, dessen Existenz Sie in Ihrer Begründung schlichtweg abstreiten. Daß mit jener Ziffer 3 in § 5 auch Jugendliche gemeint sind, ergibt sich übrigens aus § 7 Abs. 7 des Gesetzes, der die Anrechnung eines Schwerbehinderten, der zu einer beruflichen Ausbildung beschäftigt wird, auf mehr als einen Pflichtplatz zuläßt.
Am 29. September 1975 haben die Unionen in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung betreffend Ausbildungschancen für behinderte Jugendliche erklärt — ich darf zitieren —:
Unser Staat ist aus Gründen der Solidarität mit den behinderten Jugendlichen verpflichtet, diesen eine Berufsbildung zu ermöglichen, die es ihnen trotz ihrer Behinderung erlaubt, sich im Arbeitsleben zu behaupten. Behinderte Jugendliche müssen es als besondere Diskriminierung empfinden, wenn ihnen kein geeigneter Ausbildungsplatz oder später Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Sie rufen nach dem Staat und kennen noch nicht einmal Gesetze, die hier einstimmig beschlossen
worden sind. Sie reden von Pflicht des Staates und kennen Ihre Pflichten nicht. Sie sprechen von Diskriminierung und diskriminieren selbst.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Sie haben am 5. Januar 1976 eine weitere Kleine Anfrage eingebracht, betreffend — laut Überschrift — wachsende Sorge um schwerbehinderte Arbeitnehmer.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806105600
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stutzer?

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806105700
No, nein, danke. — Damals, als Sie diese Anfrage einbrachten, waren 32 000 Schwerbehinderte arbeitslos. Wie sieht denn Ihre „wachsende Sorge" heute aus, da wir 42 000 arbeitslose Schwerbehinderte haben? Dadurch, daß allein die 1,3 Millionen betriebsgebundener Ausbildungsplätze Ihrem Antrag gemäß bei der Berechnung der Stellen pauschal weggestrichen würden, würden bis zu 80 000 Pflichtplätze für Schwerbehinderte vernichtet.
Welche Auswirkungen würde das haben? Der verbesserte Kündigungsschutz der Schwerbehinderten würde -es zwar verhindern, daß diejenigen entlassen werden, die jetzt auf den von Ihnen zu streichenden Pflichtplätzen beschäftigt sind. Diejenigen aber, die eine Arbeitsstelle suchen, würden weniger Aussicht haben, einen Arbeitgeber zu finden, der einen Schwerbehinderten einstellen will, um die für den unbesetzten Pflichtplatz fällige Ausgleichsabgabe zu sparen. Sie würden also die Vermittlung arbeitsloser Schwerbehinderter schwerstens behindern.
Sie würden auch keine zusätzlichen Ausbildungsplätze garantieren können; denn eine allgemeine Ausbildungspflicht kennen sie nicht, und wo es eine besondere gibt, z. B. im Schwerbehindertengesetz für behinderte Jugendliche, erkennen sie sie nicht an,

(Stutzer [CDU/CSU]: Sie bringen alles durcheinander, Herr Gansel! — Zuruf von der CDU/CSU: Ihnen fehlt jede Erkenntnis!)

weil sie nicht mit finanziellen Sanktionen verbunden ist.
Sie würden auch kleinen und mittleren Betrieben nicht gezielt helfen, denn Ihr Antrag bezieht sich auf alle Arbeitgeber, große und kleine, private und öffentliche. Sie würden auch nicht die gesetzestreuen Betriebe honorieren, die nämlich alle Pflichtplätze mit Schwerbehinderten besetzt haben. Nein, von Ihrer Gesetzesänderung würden nur die Arbeitgeber profitieren, die für jeden unbesetzten Pflichtplatz die gesetzliche Ausgleichsabgabe von 100 DM monatlich zu entrichten haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt ja alles nicht, was Sie sagen!)

Die Beschäftigung Schwerbehinderter ist Pflicht; § 4 des Gesetzes. Wer sie verletzt, begeht eine Ordnungswidrigkeit; § 57 des Gesetzes. Die Zahlung der Ausgleichsabgabe hebt die Pflicht zur Beschäf-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4659
Gansel
tigung Schwerbehinderter nicht auf; § 8 Abs. 1. Es ist keine Unsitte, sondern Unrecht, wenn manche Arbeitgeber lieber die Ausgleichsabgabe zahlen, als Behinderte zu beschäftigen. Die übelste Form der Diskriminierung arbeitsloser Schwerbehinderter wäre deshalb eine Prämiierung rechtswidrig handelnder Arbeitgeber, indem ihre Zahlungsverpflichtung herabgesetzt wird.
Bis zu 80 000 vernichtete Arbeitspflichtplätze bedeuten — jetzt komme ich wohl zu Ihrem eigentlichen Thema — eine Entlastung privater Arbeitgeber von der Ausgleichsabgabe in Höhe von 100 Millionen DM jährlich. Geht es Ihnen um eine pauschale Entlastung für Große und Kleine, Gerechte und Ungerechte? Nein, nicht für Gerechte, sondern nur für Ungerechte; siehe oben.

(Stutzer [CDU/CSU]: Sie begreifen ja das Thema gar nicht, Herr Gansel!)

Sagen Sie nicht, das sei für die Klimaverbesserung in der deutschen Wirtschaft notwendig. Allein die steuerlichen Entlastungen vom 1. September 1977 und vom 1. Januar 1978 betragen 3,5 Milliarden DM für die Privatwirtschaft,

(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt bringen Sie Kraut und Rüben durcheinander!)

d. h. fünfunddreißigmal soviel wie Ihr Änderungsantrag zum Schwerbehindertengesetz. Man kann doch mit der Gießkanne keine Klimaverbesserung erreichen.
Deshalb, meine Damen und Herren, lautet mein Vorschlag: Wenn wir über das Problem zusätzlicher Ausbildungsplätze reden wollen, ist im Ausschuß reichlich Gelegenheit dazu. Aber diesen Ihren Gesetzesantrag sollten Sie zurückziehen. Sie haben hier noch eine Chance.

(Beifall bei der SPD)

In der Vergangenheit ist allerdings auch von den Unionen ein weniger radikaler oder — genauer — weniger extremer Vorschlag gemacht worden, und zwar sollte die Bundesregierung prüfen, ob sie von der Möglichkeit Gebrauch machen kann, gemäß § 8 Abs. 6 durch Rechtsverordnung die Ausgleichsabgabe bei Betrieben unter 30 Beschäftigten zu erlassen. Das wäre zwar eine gezielte mittelstandsfördernde Maßnahme. Aber es fragt sich, ob die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, daß nämlich „die Zahl der unbesetzten Pflichtplätze die Zahl der unterzubringenden Schwerbehinderten so erheblich übersteigt, daß die Pflichtplätze dieser Arbeitgeber nicht in Anspruch genommen zu werden brauchen".
Wie ist denn die Situation? Nach den letzten statistischen Erhebungen haben wir 985 000 Pflichtplätze und auf diesen nur 620 000 behinderte Arbeitnehmer. Vom L Oktober 1975 bis zum 31. März 1977 sind allein 1,2 Millionen Anerkennungsanträge gestellt worden. Das die. eine wirklich dramatische Zahl über Ausbeutung, Fahrlässigkeit, Leichtsinn, Selbstverschulden, Schicksal, jedenfalls von Leid in unserer Gesellschaft. Etwa 300 000 Arbeitnehmer werden allein auf Grund dieser Anträge in den nächsten Monaten als Schwerbehinderte noch anerkannt werden. Das bedeutet: Die Zahl der Pflichtplätze und der unterzubringenden Schwerbehinderten ist in etwa ausgeglichen. — Würde die Bundesregierung den § 8 Abs. 6 des Schwerbehindertengesetzes voll ausschöpfen, so würden 54 000 Pflichtplätze verlorengehen, von denen zur Zeit keine 20 000 besetzt sind, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem wir 42 000 arbeitsuchende Schwerbehinderte zählen. Wer nicht nur die Rentabilität dieser Betriebe, sondern auch die Interessen der Schwerbehinderten vertritt, kann nicht verlangen, daß an der Ausgleichsabgabe zurückgesteckt wird.
Es gibt allerdings ein paar problematische Fälle — die kennen wir aus Gesprächen mit Inhabern kleiner Betriebe —, in denen die Ausgleichsabgabe ausbildungshemmend wirken könnte. Herr Schedl, über den Punkt kann man diskutieren, dann nämlich, wenn gleichzeitig den Schwerbehinderten, die selbst Arbeit suchen, nicht geschadet wird. Wenn nämlich ein Betrieb mit 15 oder 23 Beschäftigten bereit ist, nur eine zusätzliche Ausbildungsstelle zur Verfügung zu stellen, könnte er dadurch in die gesetzliche Pflicht geraten, für einen Schwerbehindertenplatz Ausgleichsabgabe zu zahlen. Darauf, Herr Stutzer, reduziert sich das Problem.

(Stutzer [CDU/CSU] : Das war meine Frage vorhin, Herr Gansel!)

Man könnte daran denken, in solchen Fällen auf die Ausgleichsabgabe zu verzichten, aber nur in diesen. Darüber kann man reden. Allerdings ist der bürokratische Aufwand relativ groß, und es bestehen auch juristische Bedenken, ob das Schwerbehindertengesetz zur Ausbildungsplatzförderung benutzt werden kann. Politische Bedenken bestünden gewiß auch, wenn der Eindruck entstehen könnte, arbeitslose Jugendliche und arbeitslose Schwerbehinderte sollten gegeneinander ausgespielt werden. Wir sind aber bereit, über dieses Problem, das allerdings mit dem Wortlaut Ihres Gesetzentwurfes überhaupt nichts zu tun hat, im Ausschuß zu diskutieren.
Meine Damen und Herren, wir haben nicht mit dem Schwerbehindertengesetz gespielt, sondern es mit Taten erfüllt. Durch das Sonderprogramm für Schwerbehinderte haben wir mit Zuschüssen von 100 Millionen DM, die übrigens aus der Ausgleichsabgabe finanziert wurden, im vergangenen Jahr 7 600 arbeitslose Schwerbehinderte und 950 behinderte Jugendliche in Arbeits- und Ausbildungsplätze gebracht — übrigens 12 000 D-Mark pro Arbeitsplatz.
Dieses Programm wollen wir erneut auflegen.
Ich komme zum Schluß: Auch für dieses neue Programm, das tatsächlich Ausbildungsplätze für Schwerbehinderte Jugendliche bringt, brauchen wir die 100 Millionen DM Ausgleichsabgabe, um die die Antragsteller der Unionen die Arbeitgeber pauschal und ohne Auflagen entlasten wollen. Ich habe mir einmal angesehen, wer Ihren Gesetzentwurf unterschrieben hat. Dort sind 34 Kolleginnen und Kollegen namentlich aufgeführt. Von diesen 34 sind 26 Arbeitgeber oder Angestellte von Arbeitgeberverbänden. Weiterer Kommentar überflüssig!

(Beifall bei der SPD)

4660 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806105800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hölscher.

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0806105900
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns mit der Opposition einig, Herr Kollege Schedl, daß es aller Maßnahmen bedarf, um Ausbildungsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Es bedarf vor allen Dingen Anreize, um Ausbildungsplätze zu schaffen. Hier würden wir uns über Ihre Lippenbekenntnisse hinaus einmal eine konstruktivere Haltung zu Fragen der Ausbildungsplatzförderung im Rahmen von Umlagefinanzierung und vielem anderen mehr wünschen. Ich glaube, daß hier die ganz entscheidenden Anreize für die kleinen und mittleren Unternehmen liegen, damit es in der Ausbildungslandschaft besser wird.

(Zuruf des Abg. Hasinger [CDU/CSU])

Wir sind auch nicht erst seit heute — wir sind schon lange an der Lösung dieses Problems — mit Ihnen der Meinung, daß überprüft werden muß, wo der Schaffung von Ausbildungsplätzen entgegenstehende Regelungen abgebaut werden müssen. Hierbei bedarf es auch einer Überprüfung des Schwerbehindertengesetzes. Damit sind wir einverstanden. Nach diesem Gesetz ist tatsächlich ein kleiner Betrieb, der 15 Leute beschäftigt und der beabsichtigt, einen Auszubildenden einzustellen, vor die Frage gestellt, ob er dies tun soll, weil er dann in die Pflicht des Gesetzes hineinkommt und Ausgleichsabgaben zahlen muß, wenn dieser Auszubildende kein schwerbehinderter Jugendlicher ist. In solchen Grenzfällen — und geben wir zu, es sind Grenzfälle — kann es auch vorkommen — dies ist nicht zu bestreiten —, daß man auf den Ausbildungsplatz verzichtet.
Andererseits tritt dieses Problem nur an zwei Schnittpunkten auf. Auch dies sollte einmal deutlich festgestellt werden. Das ist einmal der Übergang von 15 auf 16 Beschäftigte und noch einmal der Übergang von 24 auf 25 Beschäftigte, weil dort die Pflicht zur Beschäftigung von zwei Schwerbeschädigten entsteht. Für den Betrieb, der diese Grenzen überschritten hat, stellt sich die Frage eigentlich nicht. Ihm kann es gleich sein, weil er ohnehin bereits in der Verpflichtung entsprechend den Quoten steht.
Meine Damen und Herren, auch wenn wir nicht wissen, wieviel Betriebe an diesen Grenzen liegen — es gibt hier keine statistischen Unterlagen —, und auch wenn wir nicht genau wissen, ob Unternehmer tatsächlich vor dem Überschreiten dieser Hürden wegen der Einbeziehung der Auszubildenden in die Arbeitsplatzzählung zurückschrecken, möchten wir nicht, daß Ausbildungsplätze verlorengehen. Wir suchen selbst seit einiger Zeit nach einer Lösung für dieses meiner Meinung nach mehr psychologisch zu wertende Problem.
Vor uns liegt ein Entwurf der CDU/CSU-Fraktion. Herr Kollege Schedl, ich fand es auch parlamentarisch sehr gut — so etwas erleben wir nicht oft —, daß Sie mitten in der Beratung zur ersten Lesung erklärt haben, daß Sie Ihren Gesetzentwurf substantiell ändern wollen, nachdem der Kollege Gansel
hier — wie ich glaube, überzeugend — dargelegt hat, daß in der konsequenten Anwendung Ihres Entwurfs mit dem Schwerbehindertengesetz etwas geschähe, was Sie sich eigentlich nicht wünschen können.

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Ich komme hierauf noch zurück. Sie werden verstehen, daß für uns nur das schriftlich Vorliegende Verhandlungsgrundlage zu sein hat. Ihr Gesetzentwurf hätte, wenn wir ihn so verabschieden, in der Anwendung verheerende Konsequenzen für die Förderung schwerbehinderter Jugendlicher, die einen Ausbildungsplatz suchen.
Wir haben doch alle gemeinsam 1974 diesen Gesetzentwurf verabschiedet. Ein ganz wichtiges Ziel dieses Gesetzes war, schwerbehinderten Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu verschaffen. Deshalb — und nur deshalb — wurden ja die Auszubildenden in das Gesetz mit einbezogen. Damit wollen Sie, Herr Schedl — ich nehme wieder Ihren Gesetzentwurf wörtlich —, Schluß machen. Indem Sie das Gesetz nur noch auf Beschäftigte global angewandt wissen wollen, schaden Sie natürlich den schwerbehinderten Jugendlichen. Nach dem Gesetz zählen Ausbildungsplätze nicht nur bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl mit; schwerbehinderte Auszubildende werden auch auf die Pflichtplätze angerechnet.
Was Sie sicher übersehen haben — ich glaube, derjenige, der Ihren Auftrag erfüllt und diesen Entwurf erarbeitet hat, sollte sich wirklich einmal ernsthaft mit dem Schwerbehindertengesetz befassen —, ist: Wir haben als Förderungskriterium für schwerbehinderte Jugendliche noch hineingeschrieben, daß sogar eine Mehrfachanrechnung erfolgen kann. Auch damit wäre Schluß gemacht, wenn Ihr Gesetzentwurf so, wie Sie ihn eingebracht haben, beschlossen würde.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806106000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stutzer?

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0806106100
Bitte schön.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0806106200
Herr Kollege, sind Sie mit mir der Meinung, daß Sie den schwerbehinderten Jugendlichen allein dadurch helfen, daß Sie die schwerbehinderten Jugendlichen, die sich in der Ausbildung befinden, wenn sie im Betrieb beschäftigt werden, auf das Pflichtplatzsoll anrechnen?

(Zurufe von der SPD)


Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0806106300
Ich glaube, Sie kennen Ihren eigenen Entwurf nicht.

(Stutzer [CDU/CSU] : Das war eine Frage!)

Ich darf es noch einmal im Klartext sagen. Ihr Entwurf sieht nicht etwa eine Differenzierung vor, die man sich vorstellen könnte, nämlich daß bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahlen die Auszubildenden nicht mitgerechnet werden. Das steht bei Ihnen
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4661
Hölscher
zwar. Aber Sie gehen weiter, weil Sie es undifferenziert eingebracht haben. Das heißt, daß nach Ihrem Entwurf auch bei der Einstellung eines schwerbehinderten Auszubildenden keine Anrechnung auf die Pflichtquote erfolgt,

(Burger [CDU/CSU]: Das ist falsch!)

so daß sich ein Arbeitgeber, vor die Entscheidung gestellt, einen erwachsenen schwerbeschädigten Arbeitnehmer einzustellen oder einen Jugendlichen, für den erwachsenen Schwerbeschädigten entscheiden wird. Er wird keinesfalls einem schwerbeschädigten Jugendlichen einen Ausbildungsplatz geben, weil dieser im Sinne des Gesetzes durch Ihre Änderung kein Schwerbehinderter mehr wäre.

(Burger [CDU/CSU] : Das ist falsch!)

— Herr Kollege Burger, Sie bestreiten das. Ich will hier nicht noch einen ganzen Katalog von Paragraphen anführen, die als Schlußfolgerung aus der von Ihnen vorgeschlagenen Änderung des § 6 auf schwerbehinderte Jugendliche keine Anwendung mehr fänden. Nur ein Beispiel; das ist § 11. § 11 regelt die Pflichten der Arbeitgeber gegenüber Schwerbehinderten im Sinne dieses Gesetzes. Wenn Sie aber den Auszubildenden aus § 6, wo der Schwerbehinderte definiert wird, streichen, kann auch § 11, der die Pflichten des Arbeitgebers gegenüber den Schwerbehinderten im Sinne dieses Gesetzes definiert, keine Anwendung mehr finden. Das heißt konkret: Für schwerbehinderte Auszubildende gibt es in den Betrieben bei internen Fortbildungskursen keine Bevorzugung mehr, bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes gibt es keine Rücksichten mehr und vieles andere mehr. Herr Kollege Burger, ich gestehe insbesondere Ihnen persönlich zu, daß Sie das nicht gewollt haben. Aber Sie können mir nicht vorwerfen, daß ich auf die Konsequenzen hinweise, die eine Verabschiedung Ihres Gesetzentwurfes bedeuten würde. Dann ändern Sie den Gesetzentwurf, so daß er jedenfalls nicht die sozialpolitisch verheerenden Folgen hat, die er in dieser Fassung haben muß.
Wenn wir möglicherweise vorhandene Ausbildungsplatzhemmnisse, die im Schwerbehindertengesetz liegen, abbauen wollen, bedarf es eigentlich keines Gesetzentwurfes; denn wir sollten hier schnell handeln. Ein Gesetzentwurf erfordert, wie wir ja wissen, ein relativ zeitraubendes Beratungsverfahren. Ich möchte für meine Fraktion in aller Offenheit einige Alternativvorschläge machen und die Bundesregierung bitten, in dieser Richtung einmal Überlegungen anzustellen. Ein Gesetzentwurf — wenn ich das noch einschieben darf — wäre zu diesem Zeitpunkt eigentlich auch nicht förderlich; denn wir sind als Sozialpolitiker wohl alle der Meinung, daß es einer weitergehenden Novellierung des Schwerbehindertenrechtes bedarf. Das sollten wir im nächsten Jahr ernsthaft in Angriff nehmen. Nur fehlen uns bis jetzt noch die entsprechenden statistischen Entscheidungsgrundlagen. Sie wissen selbst, daß es 300 000 unentschiedene Fälle vor den Behörden gibt. Erst wenn wir wissen, wie die Situation im Schwerbehindertenbereich aussieht, können wir uns erneut mit der sehr wichtigen Frage der
Höhe der Quoten usw. befassen. Wir sollten das in diesem Zusammenhang sehen und nichts vorziehen, was hinterher nicht mehr in den Gesamtzusammenhang einzubauen ist.
Deshalb bitte ich die Bundesregierung — weil eben der Weg der Rechtsverordnung der schnellere, der praktikablere ist —, als Alternative einmal zu . überlegen, ob nicht durch den Erlaß einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 6 die Ausgleichsabgabe für Arbeitgeber mit weniger als 30 Arbeitsplätzen erlassen werden kann. Hierdurch werden alle die Handwerksbetriebe und kleinen Unternehmen begünstigt, die heute in der Grenze bei 16 Beschäftigten ein Hindernis für zusätzliche Ausbildungsarbeitsplätze sehen. Durch eine solche Verordnung blieben die Anreize bestehen — und darauf kommt es uns als Sozialpolitiker doch auch an
schwerbehinderten Jugendlichen einen Ausbildungsplatz anzubieten, weil eben die Auszubildenden selbst sowohl im Positiven, bei der Begünstigung, als auch im Negativen, wenn Sie so wollen, beim Mitzählen, im Gesetz berücksichtigt blieben.
Eine andere Alternative wäre — der Kollege Gansel sprach sie an — eine Rechtsverordnung, die vorsieht, die Ausgleichsabgabe nur bei der Einstellung von Auszubildenden zu erlassen. Auch das wäre wohl ein Weg, der genau dem Petitum der Verbände Rechnung trägt; denn Kritik an der Grenze von 16 wurde ja nicht aus allgemeinen beschäftigungspolitischen Gründen laut, sondern diese Grenze wurde dezidiert als ausbildungsplatzhemmende Regelung angeführt.
Dann gäbe es natürlich noch den dritten Weg. Das wäre der Weg eines Gesetzentwurfs, allerdings eines ganz anderen Gesetzentwurfs, als Sie ihn eingebracht haben. Ich habe schon gesagt, ich halte diesen Weg für zu zeitraubend und auch zeitlich nicht für angebracht, weil wir uns mit dem Schwerbehindertengesetz einmal umfassend befassen sollten. Meine Fraktion ist auch der Meinung, daß die Rechtsverordnung die praktikablere Lösung ist.
Lassen Sie mich zum zweiten Teil Ihres Gesetzentwurfes kommen. Jetzt muß ich etwas sagen, was dem Kollegen Gansel sicher nicht gefallen wird. Ich meine die Anrechnung des schwerbehinderten Arbeitgebers auf die Pflichtzahl. Für uns — ich denke, für uns alle — ist ein Schwerbehinderter zunächst einmal, gleich ob er ein Arbeitnehmer oder Arbeitgeber ist, ein Bürger, dem geholfen werden muß. Wir haben als FDP auch öffentlich gesagt, daß gerade der Handwerker — es dreht sich ja hier um die Kleinen —, daß der Ingenieur, der Architekt es zumindest emotional als unbillig empfindet, daß er zwar als schwerbehinderter Selbständiger genauso wie ein schwerbehinderter Arbeitnehmer mit den Beschwernissen seiner Behinderung am Arbeitsplatz kämpfen muß, das Schwerbehindertengesetz aber für ihn nicht gilt. Ich denke, wir sollten sehr wohl gemeinsam eine Regelung finden können, die den schwerbehinderten Arbeitgeber eines Kleinbetriebes — vielleicht kann man das eingrenzen auf die Kleinbetriebe — auch als 'Schwerbehinderten sieht, da doch auch — und das wird vielleicht emo-
4662 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Hölscher
tional als Unbilligkeit angesehen —, die hohen Chefs des öffentlichen Dienstes in die Pflichtquote ihrer Behörden eingerechnet werden, z. B. ein deutscher Oberbürgermeister einer Großstadt und — mein Parteifreund wird es mir verzeihen — auch der Bundeswirtschaftsminister.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806106400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Gansel?

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0806106500
Bitte schön.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806106600
Herr Kollege Hölscher — weil Sie mich angesprochen haben; ein Blick ins Gesetz wirkt ja immer Wunder —: darf ich Sie ganz kollegial darauf -aufmerksam machen, daß das Schwerbehindertengesetz doch eine Bestimmung für den schwerbehinderten Arbeitgeber vorsieht, nämlich über die Förderung der selbständigen Tätigkeit, daß die Hauptfürsorgestellen z. B. schwerbehinderten Arbeitgebern Kapitalhilfe geben können und daß sie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt werden sollen? Es ist also nicht so, daß wir die restlos vergessen hätten, sondern diese Bestimmungen gibt es.

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0806106700
Herr Kollege Gansel, niemand bestreitet, daß es für alle Schwerbehinderte, unabhängig davon, in welcher Funktion sie stehen, Fördermaßnahmen gibt. Wir haben die beste Kriegsopferversorgung der ganzen Welt. Auch dies ist eine Förderung für Schwerbeschädigte, Kriegsbeschädigte, die unabhängig von dem Status stattfindet, den der einzelne in der Gesellschaft hat. Aber, Herr Kollege Gansel, auch Sie können nicht bestreiten, daß der kleine Handwerker, der 15 Beschäftigte hat; schwerkriegsbeschädigt ist, es nicht ganz einsieht, warum er, der oft auch die gleiche Arbeit macht wie sein Arbeitnehmer, nun nicht in die volle Begünstigung durch das Gesetz kommt. Sehen wir es doch ruhig auch einmal emotional! Er weiß, daß sein Oberbürgermeister — vielleicht ist er in der Stadt — in die Pflichtquote eingerechnet wird, und er weiß, wenn er sich für Bundespolitik interessiert, daß auch die Quote des Wirtschaftsministeriums durch den Chef mit erfüllt wird. Hier treten zumindest Gefühle der Unbilligkeit auf. Ich halte diese Forderung auch nicht für das Kardinalproblem dieses Volkes, dieses Parlaments, der Wirtschaft. Hier sollten wir großzügig sein. Es handelt sich nur um die Kleinbetriebe. Es dreht sich hier nicht um den Mehrheitsaktionär -eines großen internationalen Konzerns.
Im übrigen, Herr Kollege Gansel, sollten wir auch verhindern, daß sich ein solcher Arbeitgeber etwa als Arbeitnehmer bei seiner Ehefrau einstellen läßt oder eine komplizierte GmbH-Konstruktion wählt, bei der es in bestimmten Fällen möglich ist, sich als Geschäftsführer anrechnen zu lassen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was es gibt!)

Zum Schluß möchte ich folgendes sagen. Es bedurfte nicht des Gesetzentwurfs, der zweifellos
mangelhaft ist. Demjenigen, der ihn gemacht hat, würde ich, wenn ich in Ihrer Fraktion wäre, einmal einige Dinge aus dieser Debatte vorlesen und ihm in schwarzem Einband zu Weihnachten das Schwerbehindertengesetz schenken. Herr Schedl, Sie waren es sicher nicht, schon gar nicht war es Frau Hürland.
Wir sind selbst seit geraumer Zeit dabei einen praktikablen Weg zu finden, Ausbildungsplatzhemmnisse abzubauen. Der Gesetzentwurf der CDU wird hoffentlich ohnehin überflüssig, weil wir mit dem baldigen Erlaß einer Rechtsverordnung rechnen. Jedenfalls wäre die generelle Herausnahme der Auszubildenden aus dem Schwerbehindertengesetz eine behindertenfeindliche Handlung, und die kann die Opposition wohl auch nicht gewollt haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806106800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schedl.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806106900
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte eigentlich nur noch wegen der Ausführungen des Kollegen Gansel ganz kurz hierher kommen. Vorab zu dem, was der Kollege Hölscher gesagt hat. Herr Kollege Hölscher, wenn ich es richtig beurteile, ist der zweite Teil, die Unternehmer im kleinen und mittleren Bereich, ein Problempunkt, den Sie genauso sehen wie wir und den Sie ebenso behandelt wissen wollen. Über den Weg wird man sich einigen können.
Aber jetzt zum ersten Punkt, Herr Kollege Gansel. Sie werden doch nicht glauben, daß Ihnen irgend jemand in diesem Haus oder auch draußen, der die sehr geschickte Anlage der Debatte durch Sie sieht, abnimmt, daß das, was Sie uns unterstellen, wirklich unser Wille war. Sie haben generell festgestellt: Sie, die CDU/CSU, beurteilen die Lage nach der Rentabilität der Betriebe und nicht nach der Situation der Schwerbehinderten, und hier haben 26 Unternehmer unterschrieben. Herr Kollege Gansel, Gott sei Dank gibt es bei uns wie bei Ihnen noch einige Unternehmer in der Fraktion. Nur finde ich unter den Unterzeichnern beim besten Willen nicht 26 Unternehmer. Selbst wenn es so wäre, wäre das auch nicht schlimm. Aber allein diese Feststellungen zeigen, daß Sie hier etwas tun, was man an dieser Stelle nicht tun sollte: Sie unterstellen uns, wir wollten Politik gegen Behinderte, für Unternehmer betreiben und damit wieder einmal die Kapitalisten bevorzugen und sozial Schwache schwächen. Das wollen wir nicht, Herr Kollege Gansel.
Daß hier in der Technik der Gesetzesformulierung ohne Zweifel ein Mangel vorliegt, mag durchaus zugestanden werden; aber dieser Mangel kann uns nicht als Gesetzeswille, als Absicht unterstellt werden, weil wir an Dutzenden von Stellen erklärt haben: Natürlich wollen wir nicht nur dafür sorgen, daß der schwerbehinderte Auszubildende mehr und bessere Ausbildung bekommt, sondern auch
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4663
Schedl
dafür, daß dies im Rahmen des Gesetzes auch angerechnet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Gansel, wir sind selbst daran schuld, weil Sie eine Lücke geschickt gefunden, sofort hineingestoßen haben und dann daraus eine breite unsoziale Haltung in unserer Fraktion hergeleitet haben. Herr Hölscher, nicht nur die Formulierer sind schuld, sondern auch wir. Aber Sie haben ein Heer von Formulierern, im Vergleich zu uns, die wir solche Dinge mit einigen wenigen Mitarbeitern formulieren müssen. Wir wollen, daß die Zahl der Auszubildenden nicht angerechnet wird, wenn mit einer zusätzlichen Einstellung die Zahl 16 überschritten wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806107000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Glombig?

Albert Schedl (CSU):
Rede ID: ID0806107100
Selbstverständlich, Herr Kollege Glombig.

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0806107200
Herr Kollege Schedl, ist Ihnen inzwischen der ganze Widerspruch zwischen dem Antrag auf weitere Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze für Schwerbehinderte und den Ausführungen vor allem Ihres CSU-Kollegen Geisenhofer dazu auf der einen Seite und der Herabsetzung der Möglichkeiten für Schwerbehinderte, vor allem für jugendliche Schwerbehinderte, d. h. zu diesem Antrag, der von Ihnen jetzt zum zweitenmal begründet wird, auf der anderen Seite deutlich geworden?

Albert Schedl (CSU):
Rede ID: ID0806107300
Herr Kollege Glombig, vielen Dank für diese Frage. Es mag sich hier, wenn man es so will und vereinfachend betrachtet, um einen Widerspruch handeln. Ich glaube aber nicht, daß es sich in Wirklichkeit um einen Widerspruch handelt. Der Antrag, der vorher hier eineinhalb Stunden behandelt worden ist, wurde von Ihnen mit dem Hinweis überwiesen: Wir wollen das nicht jetzt, sondern im nächsten Jahr erledigen. Der Antrag ist nicht zuletzt wegen der großen finanziellen Bedenken, die Sie haben, überwiesen worden. Diesen Antrag kann man auf gar keinen Fall als eine soziale Schlechterstellung der Schwerbehinderten betrachten. Ihre Feststellung würde aber nur stimmen, wenn dieser Antrag eine Schlechterstellung mit sich brächte. Nur ist hierin keine soziale Schlechterstellung der Schwerbehinderten enthalten.

(Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Gansel, er könnte nur dann eine Schlechterstellung mit sich bringen, wenn damit z. B. die Behindertenabgabe entfällt. Aber die entfällt jedoch nicht, weil sie nicht anfällt.

(Lachen bei der SPD)

Sie müssen die Praxis sehen.

(Abg. Gansel [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Sofort, Herr Gansel. Der Sechzehnte — das ist der Auszubildende — wird nicht eingestellt, wei] der Arbeitgeber sonst die Abgabe zahlen muß Wenn er ihn nicht einstellt, zahlt er die Abgabe also nicht. Jetzt sagen Sie mir bitte, wo dort etwas entfällt!

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806107400
Eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Gansel.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806107500
Herr Schedl, darf ich Ihnen sagen, daß ich jetzt tatsächlich fast den Eindruck habe — —

(Zurufe von der CDU/CSU: Frage!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806107600
Ich darf Sie bitten, eine Frage zu stellen.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806107700
Ich habe gesagt: „darf ich Ihnen sagen ...?”

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806107800
Na ja — okay!

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806107900
Darf ich Ihnen sagen, daß ich jetzt doch fast den Eindruck habe, daß Sie nicht wissen, was Sie beantragt haben, da Ihre Gesetzesformulierung dazu führt, daß pauschal 1,3 Millionen Ausbildungsplätze allein in der betriebsgebundenen Ausbildung bei der Berechnung der Pflichtabgabe ausfallen, was, wenn diese Plätze nicht besetzt sind — und sie sind zum großen Teil nicht besetzt —, einen Ausfall von 100 Millionen DM Ausgleichsabgabe jährlich bedeuten würde, also genau so viel, wie wir für ein Sonderprogramm brauchen? Haben Sie das nicht gewußt? Dann ziehen Sie Ihren Antrag zurück, und ich nehme meine Ausführungen zurück, Dann können wir uns einigen, dann können wir einen Kompromiß schließen. Nehmen Sie Ihren Gesetzentwurf zurück, und ich nehme meine Rede zurück! Das ist ein Angebot — obwohl ich dabei zusetze.

Albert Schedl (CSU):
Rede ID: ID0806108000
Herr Kollege Gansel, für dieses Angebot möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Nur werden Sie sicherlich davon ausgehen, daß wir dieses Angebot nicht annehmen, weil es das Problem nicht löst, das wir alle miteinander lösen müssen.
Das Problem besteht ganz einfach in folgendem. Wenn wir diese Schranke nicht in irgendeiner Form gemeinsam aus der Welt schaffen, dann werden Sie, ganz gleich, mit welchen Vorstellungen, die Bewältigung der Zahl der Auszubildenden in den nächsten Jahren nicht schaffen. Herr Hölscher, da hilft keine Umlagefinanzierung, da hilft kein irgendwie geartetes Modell wie „Knüppel aus dem Sack". In diesem Bereich müssen Sie Reglementierungen abschaffen.
Jetzt muß ich eines sagen. Herr Gansel, was mich sehr wundert, sind die Widersprüche zwischen Ihren Einlassungen heute hier und den Einlassungen Verantwortlichster Ihrer Fraktion, die man in bestimmten Kreisen draußen hören kann. So habe ich gestern abend eine Einlassung gehört, in der erklärt
4664 Deutscher 'Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Schedl
wurde: Wir müssen in allernächster Zeit in Richtung ausbildungshemmende Vorschriften einiges miteinander regeln, damit sich diese Dinge noch besser darstellen lassen und wir die Auszubildenden unterbringen.
Noch einmal: Es trifft zu, daß die Formulierung dieses Gesetzentwurfs nicht absolut richtig ist und unseren Willen nicht absolut klarmacht. Das sei zugestanden. Das liegt ganz einfach daran, daß wir, wie ich schon gesagt habe, kein Heer von Formulierern haben, sondern auf andere Weise da herangehen müssen als Sie. Das werden Sie mir auch zugestehen.
Was wir wollen, wissen Sie. Wir wollen — und hier trifft ein Teil Ihrer Bemerkungen zu — die Auszubildenden aus der Zählung herausnehmen, um damit über der 15er-Schranke Möglichkeiten zur Einrichtung zusätzlicher Ausbildungsplätze zu haben. Wir wollen die Vergünstigung für schwerbehinderte Auszubildende weiterhin aufrechterhalten. Herr Gansel, das ist nicht auf die Rentabilität der Betriebe angelegt, sondern ist von der Sorge um viele Jugendliche und ihre Ausbildungsplätze getragen.
Deswegen sage ich erneut: Überlegen auch Sie noch einmal, ob es hier nicht Möglichkeiten gibt, sich zu treffen. Sie sollten nicht sagen, wir wollten schon wieder etwas am Netz der sozialen Sicherheit kappen. Was nutzt denn dies alles, wenn Tausende auf der Straße stehen, die keinen Ausbildungsplatz haben! Denen schaden wir mehr, wenn wir uns hier nur über Prinzipien streiten.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806108100
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Buschfort.

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0806108200
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben einen Gesetzentwurf eingebracht, der das erst 1974 verabschiedete neue Schwerbehindertengesetz in einem wichtigen Punkt, nämlich bezüglich der Ausbildungsplätze für schwerbehinderte Jugendliche, ändern soll. Eine Regelung, die vor drei Jahren nach eingehender Erörterung des Für und Wider mit Zustimmung aller Fraktionen dieses Hohen Hauses verabschiedet werden konnte, soll nun wieder rückgängig gemacht werden.

(Pfui-Ruf von der SPD)

Damit erreichen die Bemühungen einen Höhepunkt, die schon kurz nach Verabschiedung des neuen Schwerbehindertengesetzes von seiten der Wirtschaft eingesetzt haben und nunmehr seit drei Jahren andauern.
Ich muß hier auch ganz ernsthaft die Frage wiederholen, die mein Kollege Gansel schon gestellt hat: Warum ist dieser Gesetzentwurf eigentlich z. B. nicht von Herrn Burger, nicht von Herrn Geisenhofer, nicht von Herrn 'Blüm, nicht von Herrn Zink, nicht von Herrn Katzer, nicht vom Kollegen Müller (Berlin) unterschrieben worden? In der Tat sollten sich insbesondere die Sozialpolitiker der Opposition sehr wohl überlegen, ob sie zu diesem Gesetz ihre Hand reichen wollen.
1974 hat die Regelung, daß die Stellen Auszubildender als Arbeitplätze im Sinne des Schwerbehindertengesetzes gelten, auf Vorschlag der Bundesregierung Eingang in das Gesetz gefunden. Ziel des Vorschlages war es, die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber zugunsten Schwerbehinderter auch auf die schwerbehinderten Auszubildenden auszudehnen.
In diesem Punkte darf ich auf Ihre Einlassungen, Herr Stutzer, eingehen. Sie haben natürlich recht, wenn Sie hier sagen, es gehe nicht nur um die Frage der Anrechnung, die ja auch Sie wollen. Ich sage, es geht um die Ausbildungspflicht und um die unterschiedliche Erfassung der einzelnen Gruppierungen, wie wir sie bei den Schwerbehinderten vorfinden. Von daher ist es mit der Anrechnung nicht getan; es geht hier um die Ausbildungspflicht, die gänzlich aufgehoben würde, wenn der Personenkreis der Auszubildenden aus dem Gesetz herausgenommen würde. Ich komme darauf aber gleich noch einmal zurück.
Ich will auch hinzufügen, daß man diese Frage zur Zeit natürlich vor dem Hintergrund des enger gewordenen Umfangs der angebotenen Ausbildungsstellen beurteilen muß. Wir wissen, daß es auch schon damals sehr schwierig war, Schwerbehinderte in Ausbildungsstellen zu vermitteln.

(Hasinger [CDU/CSU] : Sind Sie also bereit, in eine Prüfung dieser Frage einzutreten?)

— Jawohl, darauf komme ich gleich noch einmal. Vielleicht hören Sie aufmerksam zu; ich habe zu diesem Fragenkomplex drei Vorschläge vorzubringen.
Die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber sollte deshalb auch die Pflicht umfassen, Ausbildungsplätze für Schwerbehinderte zur Verfügung zu stellen, soweit diese nicht wegen besonderer Behinderung auf überbetriebliche oder außerbetriebliche Ausbildungsstätten angewiesen sind. Heute will die Opposition das pauschal über Bord werfen, obwohl die schwerbehinderten Jugendlichen doch gerade jetzt — in Zeiten geburtenstarker Jahrgänge und eines verschärften 'Wettbewerbs auf einem engen Ausbildungsstellenmarkt — auf einen besonderen Schutz angewiesen sind.
Die Opposition bestreitet in der Begründung ihres Gesetzentwurfes auch, daß der § 6 des Schwerbehindertengesetzes den gewünschten Effekt gehabt habe; die Regelung des Gesetzes bringe nicht nur keinen Nutzen für die Ausbildung schwerbehinderter Jugendlicher, sondern sei sogar ausbildungshemmend, was ja wohl heißen soll, sie sei schädlich für die Situation Auszubildender. — Bei dieser Einschätzung sollte man eigentlich erwarten, daß die Opposition Vorschläge dazu macht, wie das mit § 6 verfolgte Ziel des Schutzes auszubildender Behinderter auf andere Weise besser erreicht werden kann. Aber danach muß man in diesem Gesetzentwurf vergeblich suchen.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4665

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806108300
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hasinger?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0806108400
Bitte!

Albrecht Hasinger (CDU):
Rede ID: ID0806108500
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Herausnahme behinderter Jugendlicher aus der Anrechnung ein redaktionelles Versehen bei der Abfassung dieses Gesetzentwurfes war und daß dies hier von den Sprechern der CDU/CSU-Fraktion bereits mehrfach erklärt worden ist?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0806108600
Wenn Ihre Äußerung eine Antwort für die Opposition ist, kann ich in meiner Rede einiges überschlagen. Ich möchte dann nur noch dazu etwas sagen, wie man Veränderungen — die dann möglicherweise weitgehend mit den Ihren übereinstimmen — vornehmen kann. Ich kann dann insbesondere darauf verzichten, noch einmal auf all die Unzulänglichkeiten in ihrem Gesetzentwurf einzugehen.
Meine Damen und Herren, das Thema der heutigen Debatte sollte nicht sein: „Wie beseitigt man Schutzregelungen zugunsten behinderter Jugendlicher?", sondern: „Wie verbessert und verstärkt man die Regelungen des Schwerbehindertengesetzes, damit diesem besonders schutzbedürftigen Personenkreis geholfen werden kann?" Ich meine, es lohnt sich, darüber nachzudenken. Im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung wird an der Lösung dieses Problems gearbeitet. Eine Maßnahme, die einen sehr wichtigen Beitrag dazu leisten soll, wird das neue, das zweite 100-Millionen-DM-Sonderprogramm für Schwerbehinderte sein, das voraussichtlich Anfang des Jahres 1978 in Kraft treten kann und das der Förderung des Ausbildungsplatzangebotes für Schwerbehinderte besondere Aufmerksamkeit schenkt. Über weitere Maßnahmen wird bei der Vorbereitung der Ausgleichsabgabeverordnung gesprochen werden.
Ich darf auch daran erinnern, daß wir mit § 8 Abs. 6 des Schwerbehindertengesetzes die Möglichkeit haben, auf dem Verordnungswege Klein- und Mittelbetriebe von der Ausgleichsabgabe zu entlasten. Diese Maßnahme würde gerade die ausbildungsintensiven Betriebe erfassen. Ob von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werden kann, wird bereits in Kürze absehbar sein, nämlich dann, wenn die noch für diesen Monat angekündigte Auswertung der Betriebserhebung für 1976 durch die Bundesanstalt für Arbeit vorliegt.
Erlauben Sie mir, daß ich jetzt noch wenige Bemerkungen zur Frage der Anrechnung schwerbehinderter Arbeitgeber auf einen Schwerbehindertenplatz mache. Dieser Vorschlag ist sozialpolitisch nicht überzeugend. Das geltende Gesetz ist ein Gesetz zur Sicherung der Eingliederung schwerbehinderter Arbeitnehmer. In diesem Zusammenhang möchte ich auch eine Bemerkung zu der Rede meines Kollegen Hölscher machen. Es ist fraglich, ob der Herr Minister als schwerbehinderter Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes gilt, denn er ist ja auch wohl kein lupenreiner Beamter im Sinne des Gesetzes. Es ist also zweifelhaft, ob Ihr Beispiel stimmte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie ist es mit dem Oberbürgermeister?)

— Auch der Oberbürgermeister kann nur dann angerechnet werden, wenn er — wie in bestimmten Städten — als Vollbeamter gilt. In anderen Städten gilt der Oberbürgermeister nicht als Vollbeamter. Ich muß auch hier sagen, daß dieses Beispiel nicht ganz zutreffend ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie ist es mit dem Parlamentarischen Staatssekretär?)

Insgesamt gesehen ist es mit der Zielsetzung des Schwerbehindertengesetzes nicht vereinbar, die Anrechnung schwerbehinderter Arbeitgeber auf einen Pflichtplatz für Schwerbehinderte zuzulassen. Daraus hat der Gesetzgeber des Jahres 1974 die Konsequenzen gezogen. Deshalb ist diese Möglichkeit im Schwerbehindertengesetz mit Zustimmung aller Fraktionen dieses Hohen Hauses und aller Länder nicht mehr vorgesehen. Auch in diesem Punkte kann der Opposition nicht gefolgt werden.
Meine Damen und Herren, es ist sicher unsere Aufgabe, die Wirkungen der bisherigen Sozialpolitik zu hinterfragen; bessere Lösungen müssen das Ergebnis sein. Um diese Aufgabe geht es der Bundesregierung anläßlich der heutigen Debatte. Es geht nicht um eine schlechtere, sondern um eine bessere Eingliederung schwerbehinderter Jugendlicher in das Berufs- und Arbeitsleben. Dazu wird die Bundesregierung demnächst die bereits angekündigten Vorschläge unterbreiten.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806108700
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte.
Der Ältlestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, dem Ausschuß für Bildung und Wissenschaft und dem Ausschuß für Wirtschaft — mitberatend — sowie dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 6. Mai 1969 über die an Verfahren vor der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen
— Drucksache 8/490 —
Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 8/1257 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Wittmann (München) Abgeordneter Sieglerschmidt

(Erste Beratung 32. Sitzung)

4666 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Vizepräsident Frau Renger
Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Einzelberatung in zweiter Lesung. Ich rufe die Artikel 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf. Die Abstimmung erfolgt zusammen mit der Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Punkt 7 der Tagesordnung wird heute nachmittag im Anschluß an die Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses aufgerufen.
Ich rufe nunmehr Punkt 8 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Straßmeir, Dreyer, Feinendegen, Hanz, Frau Hoffmann (Hoya), Dr. Jobst, Lemmrich, Milz, Pfeffermann, Sick, Tillmann, Dr. Waffenschmidt, Weber (Heidelberg), Ziegler und der Fraktion der CDU/CSU
Mehrfachtäter-Punktsystem für Kraftfahrer gem. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 15 b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom 3. Januar 1974
—Drucksache 8/1122 —
Uberweisungsvorsdilag des Ältestenrates:
Ausschuß für Verkehr und für das Post- und
Fernmeldewesen
Das Wort zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Schulte (Schwäbisch Gmünd).

Dr. Dieter Schulte (CDU):
Rede ID: ID0806108800
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt in unserem Land 25 Millionen Kraftfahrer. Dies bringt erhebliche Probleme für die Verkehrssicherheit mit sich. Eine so große Zahl an Kraftfahrern verursacht aber auch eine erhebliche Zahl an Verkehrsverstößen. Dies stellt naturgemäß jede Rechtsordnung vor schwierige Fragen.
Es ist deshalb verständlich, daß man nach einer Vereinheitlichung und nach einer Vereinfachung gesucht hat, daß man versucht hat, zu schematisieren. Der Versuch dieser Schematisierung der Behandlung von Verkehrsverstößen hatte als Produkt den sogenannten Flensburger Punktekatalog.
Diese Schematisierung verlangt eine besondere Skepsis. Mittlerweile ist bei uns jeder fünfte Kraftfahrer in Flensburg eingetragen. Der Punktekatalog ist also inzwischen zu einem Problem für Millionen von Bürgern in unserem Land geworden.
Als vor vier Jahren die Diskussion über den Punktekatalog stattfand, hat ein Journalist geschrieben, beim Punktekatalog handle es sich um die Findung der Gerechtigkeit nach dem Computer. Dieser Begriff ist sicherlich richtig; denn die Automatik, die hier eingeführt wurde, rasiert Gerechte und Ungerechte gleichermaßen oder bringt sie gar um ihre Existenz. Die Umstände des Einzelfalles werden in der Praxis nicht oder kaum geprüft. Es kann passieren, daß jemand als Kavalier der Straße öffentlich ausgezeichnet wird und daß er kurz danach wegen 18 Punkten in Flensburg seinen Führerschein verlieren soll. Dieses ist passiert und hat das Verwaltungsgericht in Koblenz jüngst beschäftigt.
Es ging darum, daß der Kraftfahrer wegen dreier Verstöße 18 Punkte bekommen hat. Er hat — so meldet die „Bonner Rundschau" — einem Arbeitskollegen sein Moped ausgeliehen, obwohl dieser keine Fahrerlaubnis besaß. Das gab sechs Punkte. Er hat das Moped selbst gefahren, obwohl es nicht versichert war. Er hat es also offensichtlich nach dem Winter vom Boden heruntergeholt und ausprobiert ob es noch knattert und ob er es verkaufen kann. Das gab auch sechs Punkte. Er hat dann als drittes — ebenfalls mit einer Ahndung von sechs Punkten — einen ihm geschenkten alten „Käfer" auf einem Feldweg ausprobiert, obwohl das Fahrzeug nicht zugelassen war.
Dieser Kavalier der Straße, meine Damen und Herren, stand vor dem Verwaltungsrichter in Koblenz. Der Richter hat ihm den Führerschein nicht entzogen. Wäre es nicht eine unzulässige Einmischung in die dritte Gewalt, dann müßte man von dieser Stelle aus dem Richter danken.
Meine Damen und Herren, der Punktekatalog oder die Praxis mit diesem Punktekatalog enthält eine Reihe von Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten. Da geht es z. B. um die Bewertung einzelner Verkehrsverstöße mit einer bestimmten Punktzahl. Es heißt, „im Interesse der einheitlichen Behandlung gleichliegender Fälle" müsse nach dem Punktekatalog vorgegangen werden. Ich stelle einmal ein paar Fälle gegenüber, damit wir entscheiden können, ob hier wirklich eine einheitliche Behandlung gleichliegender Fälle vorliegt. Wenn das nicht der Fall ist, müssen wir handeln.
Meine Damen und Herren, man bekommt in Flensburg sechs Punkte eingetragen, wenn man auf der Autobahn mit einem 38-Tonnen-Zug fährt und dieser nicht versichert ist. Man bekommt aber die gleichen sechs Punkte, wenn man ein nicht versichertes Moped auf einem Feldweg ausprobiert. Man bekommt sechs Punkte, wenn man als Unternehmer anordnet, daß ein Omnibus oder ein Lkw ohne Führerschein gefahren wird. Man bekommt aber die gleichen sechs Punkte, wenn man zuläßt, daß ein Arbeitskollege ohne Führerschein das Moped ausprobiert, um zu prüfen, ob er dieses seinem Sohn schenken kann. Man bekommt fünf Punkte, wenn man durch leichte Fahrlässigkeit oder durch leichtes Mitverschulden einem anderen ein paar Kratzer beibringt. Genauso bekommt man fünf Punkte, wenn man einen anderen Autofahrer grob fahrlässig zum Krüppel macht. Die Liste solcher Beispiele ließe sich fortsetzen. Wenn vorher von Gerechtigkeit aus dem Computer gesprochen wurde, so muß man jetzt bereits sagen: Hier kommt die „Gerechtigkeit" aus einem offensichtlich falsch programmierten Computer.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Punktekatalog und die im Punktekatalog vorgenommene schematische Addition von Punkten auf Grund von Verkehrsverstößen berücksichtigen auch nicht die tatsächliche Fahrleistung, berücksichtigen nicht, ob jemand im Jahr 5 000 km fährt oder als
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4667
Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd)

Berufskraftfahrer 100 000 km hinter sich läßt. Gewiß kann man sagen, der Berufskraftfahrer bringe die größere Erfahrung mit. Auf der anderen Seite ist aber sein Risiko, bei 100 000 km Fahrleistung im Jahr beim Überholen eines Lkw einmal ein Verkehrsschild zu übersehen, ungleich größer. Der Punktekatalog und die Praxis der Handhabung dieses Punktekatalogs berücksichtigen dies nicht. Hier muß versucht werden, dem Einzelfall gerechter zu werden.
Es geht aber nicht nur darum, wieviel Punkte ausgegeben werden. Es geht nicht nur darum, wie man addiert. Wir müssen uns vielmehr auch einmal die Wirkung des Führerscheinentzugs nach dein Erreichen von 18 Punkten ansehen. Einem Sonntagsfahrer wird der Entzug des Führerscheins lange nicht so viel ausmachen wie z. B. einem Taxifahrer, einem Handelsvertreter oder einem kleinen Selbständigen, der darauf angewiesen ist, den Lkw selbst zu fahren. Es sollte also auch ein Unterschied zwischen Sonntagsfahrern und Berufskraftfahrern gemacht werden, wenn es um die Wirkung geht. Der Führerscheinentzug hat die Wirkung einer Strafe, auch wenn es im juristischen Sinne nicht um eine Strafe geht. Oftmals sieht der Betroffene den Führerscheinentzug im Vergleich zu einer Geldstrafe oder anderen Eingriffen sogar als die härtere Maßnahme an. Nach unserer Rechtsordnung überprüfen wir bei jedem Kriminellen, ob es strafmindernde oder strafschärfende Umstände gibt. Bei jedem Kriminellen überlegt man sich, ob man eine Strafe nicht zur Bewährung aussetzen sollte. Ich meine, daß den Kraftfahrern ein solches Bemühen nicht länger vorenthalten werden darf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei den Vorschriften über die Verjährung, d. h. über die Löschung von Punkten, die sich Kraftfahrer eingehandelt haben, war man besonders einfallsreich. In der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung heißt es, daß die Tilgung von eingetragenen Bußgeldentscheidungen gehemmt wird, wenn während einer zweijährigen Frist weitere Ordnungswidrigkeiten eingetragen werden. Das bedeutet: Wenn man zwei Jahre lang eine weiße Weste behält, dann findet eine Tilgung statt. Wenn man aber nach 23 Monaten einen weiteren Verkehrsverstoß begeht, auch wenn dieser nur mit einem einzigen Punkt geahndet wird, gibt es eine Verjährung oder eine Tilgung nicht, so daß sich also das Punktekonto über Jahre hin summiert. Das wirkt sich vor allem bei Berufskraftfahrern aus.
Nach unserer Ansicht kann dies so nicht bleiben. Irgendwann muß auch mit dem Eintrag in Flensburg Schluß gemacht werden. Irgendwann muß auch für den Kraftfahrer das gelten, was auf allen anderen Feldern des Rechts gilt. Hier müßte auch auf die Schwere des Verstoßes Rücksicht genommen werden, indem man z. B. die Tilgungszeit staffelt, je nachdem, um wie viele Punkte es bei dem Eintrag gegangen ist. Hier muß gehandelt werden. Wir wollen nicht den Verkehrssünder auf Lebenszeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Neben all diesen Fragen muß einem weiteren Gedanken nähergetreten werden. Unser Verkehrsrecht zeichnet sich immer mehr durch Reglementierung, Gebote, Verbote und Strafandrohungen aus. Wir haben eine Unmenge Verkehrsschilder. Auf der anderen Seite spielt — ich beklage dies — die Verkehrserziehung immer noch eine untergeordnete Rolle, vor allem wenn es um die Kraftfahrer geht.
Wir sollten deshalb bei einer Änderung des Punktekatalogs, die wir ja hier beantragen, in die Überlegungen einbeziehen, ob man nicht eine Regelung vorsehen sollte, wonach man Punkte tilgen kann, indem man sich einer Nachschulung unterzieht, indem man also einen Kursus in Zusammenarbeit mit den Verkehrsverbänden, der Verkehrswacht, dem ADAC oder anderen mitmacht, wie dies bereits im Freistaat Bayern versucht wird.
Was wir wollen, ist also ein System der Verkehrserziehung und ein System der Bewährung. Strafen und andere Eingriffe haben wir in unserem Verkehrsrecht genug.
Dieser Antrag darf nicht mißverstanden werden, als stehe er unter dem Motto: Freie Fahrt für Verkehrsrowdies. Dieser Antrag darf auch nicht mißverstanden werden, als liege uns die Verkehrssicherheit nicht am Herzen. Was wir wollen, das ist eine gerechtere Ahndung von Verkehrsverstößen; das ist, daß persönliche Umstände besser berücksichtigt werden; das ist, daß nicht unbesehen Existenzen vernichtet werden. Wir wollen Gerechtigkeit auch für den Autofahrer. Das Recht nach Katalog muß verbessert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806108900
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Daubertshäuser.

Klaus Daubertshäuser (SPD):
Rede ID: ID0806109000
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Man muß wohl feststellen, daß die Forderung der Opposition nach einem Erfahrungsbericht nicht neu ist und auch keine originäre Idee der Opposition darstellt. Bei der Verabschiedung des Mehrfachtäterpunktsystems in der 7. Wahlperiode war es übereinstimmende Auffassung, nach einer gewissen Zeit der Praxis mit diesem System zu einem ausführlichen Erfahrungsaustausch zu kommen.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Nach drei Jahren Laufzeit ist dieser Zeitpunkt nun da.
Daß es bei diesem Erfahrungsaustausch in erster Linie darauf ankommt, die Erkenntnisse der Basis zu verarbeiten, dürfte für alle einleuchtend sein. Deshalb haben die Bundesländer, auf deren Verantwortung ich hier ausdrücklich hinweise, bereits Anfang dieses Jahres die Stellungnahmen ihrer unteren Straßenverkehrsbehörden eingeholt. Daraus ersehen Sie, daß die Regierung bereits seit einem dreiviertel Jahr arbeitet. Der erste Gedankenaustausch auf der Ebene des Bundesministers für Verkehr mit den zuständigen Ressorts der Länder hat bereits Anfang Oktober dieses Jahres stattgefunden. Daraus mögen Sie ersehen, daß die Opposition mit ihrem Antrag offene Türen einrennt.
4668 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Daubertshäuser
Ich halte es für sinnvoll, auch noch einmal die Gründe in Erinnerung zu rufen, die zum jetzt gültigen System führten. Es geht darum, eine einheitliche Verwaltungspraxis bei der Entziehung der Fahrerlaubnis und bei den vorausgehenden Maßnahmen zu erreichen. Dabei sollten auch die Gleichbehandlung der Kraftfahrer erzielt werden sowie durch ein abgestuftes Maßnahmensystem in präventiver Weise die Verkehrssicherheit gestärkt werden. Ein weiteres, grundsätzliches Anliegen war es, durch objektive Kriterien das Verfahren für den einzelnen Kraftfahrer durchschaubarer und auch vorhersehbarer zu machen.
Nun, nach einer über dreijährigen Erfahrung mit diesem System, sind wir der Auffassung, daß es eine Reihe von Möglichkeiten gibt, zu einer wesentlichen Verbesserung zu kommen. Wenn wir diese Schwachstellen nun abklopfen, möchte ich jedoch vor dem falschen Eindruck warnen, wir seien grundsätzlich gegen die Absicht, Mehrfachtäter auf ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu überprüfen und diese gegebenenfalls auch von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen. Es sind insbesondere vier Bereiche, die nach unserer Auffassung einer Überprüfung wert sind, nämlich die Bewertung von Verkehrsverstößen, die Tilgung oder auch — im Zusammenhang mit der Nachschulung — die Rabattgewährung bei Eintragungen im Verkehrszentralregister, die Gewährleistung von flexiblen Maßnahmen zur sachgerechten Beurteilung des jeweils konkreten Einzelfalles und die Nachschulung für Mehrfachtäter.
Ich möchte nun einige Beispiele nennen, bei denen es nach unseren Informationen zu Spannungen gekommen ist. Es ist zu überlegen, ob bei der Bewertung einzelner Verkehrsverstöße zwischen kriminellem Unrecht und bloßem Ordnungsunrecht differenziert werden muß. Wesentlich erscheint uns bei der Frage nach der Eignung als Kraftfahrer die Bewertung nach dem Kriterium der Verkehrsgefährdung und der Verkehrsgefährlichkeit. Das heißt im konkreten, daß z. B. bei fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung als Folge eines Verkehrsverstoßes weniger auf Grund der bedauerlichen Folge als vielmehr der Verkehrsverstoß als solcher qualifiziert und dann natürlich auch bepunktet werden muß. In diesem Zusammenhang ist auch zu überlegen, ob die noch als Bagatellverstöße anzusehenden Zuwiderhandlungen in den Verwarnungsgeldbereich einbezogen und diese damit von der Eintragung in das Verkehrszentralregister ausgenommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Aber, meine Damen und Herren, wenn man dieses System praktikabel halten will, dann dürfte es allerdings sehr schwer werden, von einer pauschalen Gesamtbetrachtung abzugehen. Auch die hier kompetenten Verbände sind der Auffassung, daß angesichts der Massenhaftigkeit der Verstöße im Bereich des Straßenverkehrs auf eine Generalisierung bei der Bewertung nicht verzichtet werden kann. Das bedingt nach unserer Auffassung aber auch, nach Wegen zu suchen, die eine verstärkte Einzelfallprüfung zulassen. Dies gilt dann insbesondere
für die Maßnahmen, die bei 18 Punkten einsetzen. nämlich mit dem Entzug.
Bei den Entscheidungen über Maßnahmen gegen Mehrfachtäter ist auch das Problem der Berücksichtigung der tatsächlichen Fahrleistung überdenkenswert. In den weiteren Verhandlungen im Ausschuß muß ausgelotet werden, wie das ohne Zweifel bestehende Spannungsverhältnis zwischen Berufskraftfahrern und den sogenannten Sonntagsfahrern praktikabel gelöst werden kann. Wir könnten uns durchaus vorstellen, daß bei der Entscheidung über Maßnahmen nach 18 Punkten der Umstand der höheren Fahrleistung gebührend berücksichtigt werden sollte.
Ein ähnliches Spannungsverhältnis besteht in den Fällen, bei denen durch Entzug der Fahrerlaubnis der Arbeitsplatz bzw. die Arbeitsexistenz verlorengeht. Bei allem Verständnis für die durch die Entziehung der Fahrerlaubnis eintretenden wirtschaftlichen und damit auch sozialen Schwierigkeiten darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß es zu einer Abwägung dieser privaten Interessen gegenüber dem Erfordernis des öffentlichen Interesses an Verkehrssicherheit kommen muß. Wir sind der Auffassung, daß diesem öffentlichen Interesse, nämlich Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten und unfähigen Kraftfahrern, immer noch die höhere Priorität eingeräumt werden muß.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ein schwieriger Punkt in den späteren Ausschußberatungen dürfte auch die Frage sein, ob die sogenannten Halterverstöße für sich allein die Fahrerlaubnisentziehung rechtfertigen. In der bisherigen Rechtsprechung ist dies uneinheitlich beurteilt worden. Nach unserem jetzigen Informationsstand neigen wir dazu, bei ausschließlich begangenen Halterverstößen statt der Fahrerlaubnisentziehung eine gewerberechtliche Lösung anzustreben, die allerdings wirkungsvoll genug sein muß, um die Verkehrssicherheit zu stärken.
In den Veröffentlichungen zu diesem Gesamtfragenkomplex bildete die Tilgungsregelung einen besonderen Schwerpunkt. Das hierbei häufig zu lesende Schlagwort, wonach die jetzt gültige Tilgungsregelung Verkehrssünder auf Lebenszeit schaffe, scheint mir doch etwas überspitzt, ja, polemisch. Wenn man sich nämlich einmal die realen Zahlen anschaut, wird man sehr schnell feststellen, daß z. B. 1976 im Verkehrszentralregister über 1,2 Millionen Personen gelöscht wurden. Das ist immerhin ein Viertel des Gesamtbestandes derer, die dort eingetragen wurden. Bei dem häufig zur Untermauerung genannten Beispiel für die Verkehrssünder auf Lebenszeit handelt es sich um ausgesprochene Ausnahmefälle. Bei der künftigen Diskussion dürfte Übereinstimmung darüber herrschen, daß diese Ausnahmefälle nicht der Maßstab für eine an den Prinzipien der Verkehrssicherheit orientierte Tilgungsregelung sein dürfen. Es ist ja gerade Aufgabe dieser Regelung, sicherzustellen, daß der häufig auffallende und damit in aller Regel auch unfähige Kraftfahrer auf seine weitere Eignung als Kraftfahrer überprüft werden kann. Meine Damen und Herren, gleichwohl sind auch wir bereit, die jetzt gültige Tilgungsregelung zu überprüfen. Dabei muß man al-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4669
Daubertshäuser
lerdings beachten, daß das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 1976 auch die Erwartung an den Gesetzgeber ausgesprochen hat, daß er die Tilgungsbestimmungen in besonderen Fällen verschärft.
Das unter Punkt 6 des Oppositionsantrages auftauchende Stichwort Nachschulung ist ja wohl auch nicht mehr so taufrisch, wie mancher glauben mag, denn bereits im Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregierung vom 28. November 1973

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Wenn es alles so alt ist, warum habt ihr es denn nicht längst gemacht?)

— ich sage etwas dazu; Sie wissen das sehr genau, Herr Dr. Schulte — ist dieses Programm und dieses Instrument sehr breit dargestellt worden. Es geht nun darum, daß wir nach der vergleichenden Gesamtauswertung — wir haben zur Zeit fünf Modelle in der Praxis am Laufen — eine Entscheidung treffen müssen, welches von den fünf Modellen bundesweit angewandt werden kann. Wir können uns durchaus vorstellen, daß dieses Instrument der Nachschulung mit Gewährung eines Punkterabatts wirkungsvoll in das bisherige Gesamtsystem eingebaut werden könnte.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend möchte ich feststellen, daß wir eine Beseitigung von Schwachstellen für dringend erforderlich halten. Das dürfte jedoch wohl kaum eine grundlegende Reform des Punktesystems notwendig machen. Wir erkennen jedoch an, daß die von mir nur teilweise angesprochenen Probleme schwierig und komplex sind und auch in einer sehr engen Berührung mit anderen Rechtsinstitutionen stehen. Deshalb halten wir den im Oppositionsantrag genannten Termin 31. April 1978 für sehr bedenklich. Wir sollten alle gemeinsam ein Interesse daran haben, möglichst umfassend informiert zu werden, um dann von einer gesicherten Grundlage aus auch im Detail diskutieren zu können.
Deshalb, meine Damen und Herrren, sollten wir auch das Motto eines jeden verantwortungsbewußten Kraftfahrers für unsere Weiterarbeit in der Beratung beachten, nämlich: Qualität geht vor Schnelligkeit.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806109100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoffie.

Klaus-Jürgen Hoffie (FDP):
Rede ID: ID0806109200
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die mit recht anschaulichen Beispielen unterlegten Ausführungen des Kollegen Dr. Schulte können, wie ich meine, nicht darüber hinwegtäuschen, daß an dem Antrag der Oppositionsfraktion zum sogenannten Mehrfachtäter-Punktsystem für Kraftfahrer am meisten wohl der unnötige Versuch von Selbstdarstellung irritiert; denn in Ihrem vordergründig unbändigen Drang zur Aktion haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, diesmal wieder auf dem Gebiet der Verkehrspolitik und einmal mehr ein Thema aufgegriffen, das ja schon längst Zug um Zug in Bearbeitung ist.
Sie wollen von der Bundesregierung zugunsten der Autofahrer Taten sehen, die gewisse, von allen
bereits erkannte Schwachstellen in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 15 b der StraBenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 3. Januar 1974 beseitigen, obwohl die Exekutive schon ganz solide Tätigkeit zeigt, an Hand der in nunmehr dreijähriger Praxis mit dieser Verwaltungsvorschrift gewonnenen Erfahrungen Unebenheiten und Widersprüchlichkeiten zu beseitigen und Verbesserungsmöglichkeiten ganz fair und vernünftig zu realisieren. Sie wollen die grundsätzliche Richtung für diese Tätigkeit vorzeichnen, obwohl diese Stoßrichtung bereits expliziert ist.
Sie hätten nicht diese Initiative vom Stapel lassen müssen, um uns zu demonstrieren, daß die Kommunikation zwischen der CDU/CSU-Fraktion in Bonn und Ihren Länderverkehrsministern halbwegs funktioniert. Sie wissen, was auf der Bund-Länder-Ebene innerhalb der Verwaltung auf verkehrspolitischem Gebiet in der Mache ist. Es ist auch keine tüchtige Leistung, nur flugs in einem Antrag nachzuvollziehen, was als Arbeitsauftrag an zwei Bund-LänderArbeitsgruppen vergeben worden ist. So lebt man fürs Showgeschäft, und so liebt man eben den Showeffekt. Etwas anderes wäre es, wenn Sie dem Publikum etwas Neues, etwas Eigenständiges, etwas Originelles böten.
Von Ihrer derzeitigen psychologischen Struktur her ist Ihr Vorstoß sehr wohl verständlich, jedoch ist eine intensive Sachdiskussion über das Mehrfachtäter-Punktsystem im Deutschen Bundestag nach Meinung der Freien Demokraten heute noch verfrüht und deshalb zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich auch überflüssig.

(Zuruf von der CDU/CSU: Also warten wir noch drei Jahre!)

Man täte besser daran, Herr Kollege, bei aller Relevanz, die die zu behandelnde Thematik natürlich für die einzelnen Kraftfahrer hat, erst einmal -die Ergebnisse dieser beiden Arbeitsgruppen abzuwarten, um dann an Hand deren Änderungs- und Ergänzungsempfehlungen diesen oder jenen Punkt im Mehrfachtäter-Punktsystem zu überdenken und gegebenenfalls natürlich auch abzuändern.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Diese Arbeitsgruppen kamen erst, als wir in der Öffentlichkeit waren!)

Befürchtungen daß die Diskussion über die Frage, Herr Dr. Schulte, ohne Ihren Antrag am Bundestag vorbeiliefe, sind sicher überhaupt nicht gerechtfertigt, da der Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages, obgleich ja nur informell beteiligt, bei der ausführlichen Aussprache über das MehrfachtäterPunktsystem vor dem seinerzeitigen Erlaß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 15 b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung im Jahre 1973 mit vielen seiner Änderungsvorschläge erfolgreich war. Damals bestand Einmütigkeit darüber, daß auch künftige Entwürfe bzw. Änderungsvorschläge aus diesem Bereich im zuständigen Bundestagsfachausschuß behandelt werden sollen, wenn es sich — wie hier — um Grundsatzfragen handelt. Auch wenn die Verantwortung für den Erlaß solcher Verwaltungsvorschriften nach dem Straßenverkehrsgesetz beim Bundesverkehrsminister und beim Bundesrat liegt,
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Hoffie
erwartet der Verkehrsausschuß, daß er von der Bundesregierung nicht nur unterrichtet wird, sondern daß seine Stellungnahmen auch gewürdigt und nach Möglichkeit berücksichsichtigt werden; denn der Ausschuß ist ja für die gesamte Verkehrspolitik mit verantwortlich.
Außerdem ist das von Ihnen geforderte Timing — der Termin 31. März 1978, bis zu welchem die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen umfangreichen und detaillierten Erfahrungsbericht über das Mehrfachtäter-Punktsystem vorlegen soll — so knapp bemessen, daß der Termin schlechterdings objektiv nicht haltbar ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd [CDU/CSU])

— Aber Herr Schulte, Sie selbst und die Ländervertreter haben doch einen gemeinsamen Erfahrungsbericht nach drei Jahren gefordert. Dann ist dieser Termin 31. März 1978 eben nicht haltbar, oder aber Sie setzen sich auch in Widerspruch zu Ihren eigenen Länderministern. Nachdem von Anfang an sowohl der Bund als auch die Länder beabsichtigt hatten, nach dreijährigem Vollzug des neuen Mehrfachtäter-Punktsystems in einem ausführlichen Bericht die Erfahrungen und die Bewertungen auszutauschen, hatten die Länder seit Anfang dieses Jahres die Stellungnahmen ihrer Straßenverkehrsbehörden eingeholt, die die Grundlage für einen ersten Gedankenaustausch auf der Bund-Länder-Ebene am 4. und 5. Oktober dieses Jahres waren. Bei grundsätzlich positiver Beurteilung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift durch die Straßenverkehrsbehörden und durch die Länder, insbesondere im Hinblick auf das Erreichen der wesentlichen Zielsetzung, bestand ja Übereinstimmung darin, daß das MehrfachtäterPunktsystem nicht ohne Schwachstellen ist und Änderungen sowie Neuerungen bedarf.
Diese Vorberatungen haben aber auch gezeigt, daß zur Formulierung von Änderungs- sowie Ergänzungsempfehlungen wegen der schwierigen und komplexen Probleme umfangreiche Vorbereitungen notwendig sind und die Bildung von zumindest zwei Bund-Länder-Arbeitsgruppen sinnvoll ist. Diese "Arbeitsgruppen, die vor allem die Bepunktung und den Maßnahmenkatalog überarbeiten sollen, werden die Arbeitsergebnisse auf Grund der umfangreichen Datenerhebung realistischerweise erst gegen März/ April 1978 vorlegen können. Die sich daran anschließenden Beratungen zwischen Bund und Ländern sind mit Sicherheit nicht vor der nächsten parlamentarischen Sommerpause zu beenden, wie Sie sich ja selbst leicht ausrechnen können.
Das bedeutet als Fazit, daß ein fundierter Bericht, ein Bericht, der nicht nur über das Knie gebrochen sein soll, dem Bundestag frühestens erst nach der Sommerpause 1978 zugeleitet werden kann. Wollen Sie sich denn in Anbetracht dieser Lage nicht dazu verstehen — das müssen Sie sich fragen lassen —, diesen Bericht nun wirklich erst einmal abzuwarten und von einem der uns alle interessierenden Sache nicht dienlichen Parforceritt abzusehen?
Ohne der ausführlichen Diskussion über den kommenden Bericht vorgreifen zu wollen, möchte ich, an-
knüpfend an die in Ihrem Antrag formulierten Forderungen, einige kurze Feststellungen treffen. Die Punkte beim Mehrfachtäter-Punktsystem, die immer wieder im Mittelpunkt der kritischen Betrachtung stehen, sind allen, die auf dem Gebiet der Verkehrspolitik tätig sind, bekannt und haben auch in den Katalog der Opposition Eingang gefunden. Inwieweit diese und darüber hinausgehende Kritik berechtigt ist, ist ein Teil des Untersuchungsauftrags, der den beiden schon genannten Arbeitskreisen erteilt worden ist.
Immer wieder wird angegriffen, daß Verkehrsstraftaten grundsätzlich höher bepunktet werden als Verkehrsordnungswidrigkeiten, die mit einem Bußgeld belegt werden. Meine Fraktion bedauert, daß in dieser Frage die dogmatischen Erwägungen der Justizverwaltungen bisher im Vordergrund standen und die dem Mehrfachtäter-Punktsystem zugrunde liegende Frage der Eignung als Kraftfahrer, die viel wichtigere Bewertung des Kriteriums der Verkehrsgefährdung und der Verkehrsgefährlichkeit in den Hintergrund gedrängt wurde. Wir teilen den Verbesserungsvorschlag beispielsweise des ADAC, innerhalb der Ordnungswidrigkeiten eine sachgerechte, d. h. an der Verkehrsgefährlichkeit orientierte Relation herzustellen und gleichzeitig dafür zu sorgen, daß eine Angleichung der Bußgeldregelsätze und der Punktebemessung erfolgt. Genauso scheint es sinnvoll zu sein, gewisse bepunktete Ordnungswidrigkeiten in den eintragungsfreien Verwarnungsgeldbereich herunterzustufen, andere umgekehrt heraufzustufen.
Der FDP erscheint es ebenfalls fraglich, ob die sogenannten Halterverstöße wie bisher verfolgt werden sollen, mit dem Ergebnis, daß eine Fahrerlaubnis durch die zuständige Verwaltungsbehörde ausschließlich wegen Halterverstößen entzogen werden kann. Wir begrüßen wegen unserer Vorbehalte gegen diese Praxis ausdrücklich die neuere Tendenz in der Rechtsprechung, die eine Ungeeignetheit im Sinne des § 4 des Straßenverkehrsgesetzes wegen Halterverstößen eben nur dann annimmt, wenn diese entweder zugleich die Unzuverlässigkeit des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen offenbaren oder wenn sie Eignungsbedenken auf Grund von Führerverstößen zusätzlich verstärken, aber ansonsten wegen schlechter Betriebsüberwachung die Halter nur über das Gewerberecht bestrafen möchte. Der gewerberechtlichen Lösung, Herr Dr. Schulte, gibt die FDP den Vorzug, da sie wirkungsvoll genug zu sein scheint, um die der Verkehrssicherheit abträglichen Halterverstöße einzudämmen und auch adäquat zu verfolgen.
Aber überzogen erscheint meiner Fraktion der auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, heute wieder gebrauchte Slogan der „Verkehrssünder auf Lebenszeit". Die Fakten widerlegen diesen Vorwurf. Gemäß der geltenden Tilgungsregelung wurden 1976 im Verkehrszentralregister mehr als 1,2 Millionen Eintragungen gelöscht. Das macht etwa ein Viertel aller eingetragenen Personen aus. Das ist ein hoher Umschlag. Überschläglich hochgerechnet ergibt sich daraus, daß nur ein geringer Anteil immer kurz vor Tilgungsreife der letzten Eintragung einen weiteren bepunkteten Verkehrsverstoß begeht und somit auf Dauer,
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Hoffie
also auf Lebenszeit, eingetragen bleibt. Solche Ausnahmefälle, die hierdurch vielleicht die kritische Punktzahl erreichen, können und dürfen nicht der Maßstab für eine an den Prinzipien der Verkehrssicherheit orientierte Tilgungsregelung sein. Ob von dem zum Strafregister analogen Tilgungsgrundsatz beim Verkehrszentralregister abgewichen werden soll, möchte ich heute ebensowenig abschließend beurteilen wie die Frage einer Reduzierung der bisherigen Tilgungsfristen in bestimmten Fällen. Darüber wird uns der Bericht der Bundesregierung sicherlich mehr Aufschluß geben. Diese Frage könnten wir jetzt nicht so leichtfertig entscheiden. Beachtet werden sollte in diesem Zusammenhang aber auch, meine Damen und Herren von der Opposition, daß das Bundesverwaltungsgericht sich, wie hier schon erklärt wurde, in einer erst jüngst veröffentlichten Entscheidung aus dem Jahre 1976 für eine Verschärfung der Vorschriften über die Tilgungsfristen in bestimmten Fällen ausgesprochen hat.
Bei allem Verständnis für die durch den Entzug der Fahrerlaubnis entstehende schwierige Situation im beruflichen wie im privaten Bereich sollte nach Auffassung der FDP wie bisher der Gesichtspunkt im Vordergrund stehen, daß wirtschaftliche Nachteile, im Zweifel auch ein Berufsverlust infolge der Entziehung, gegenüber dem Erfordernis der Verkehrssicherheit, gegenüber dem öffentlichen Interesse nach dem Schutz der Allgemeinheit vor wirklich ungeeigneten Kraftfahrern zurückzutreten haben.
Inwieweit eine Korrektur der Bewertung im Einzelfall, um der tatsächlichen Schwere eines Verkehrsverstoßes besser Rechnung zu tragen, und inwieweit die Berücksichtigung der tatsächlichen Fahrleistungen bei den Entscheidungen über Maßnahmen gegen Mehrfachtäter möglich sind, werden wir an Hand des Berichtes sicher besser erörtern können, als es heute bei dieser Debatte oder auch bei den Ausschußberatungen möglich ist. Vielleicht ergibt sich ein Weg über die wünschenswerte Erweiterung des Ermessensspielraums der Verwaltungsbehörden bei dem Verfahren zum Entzug der Fahrerlaubnis.
Unbestritten hat die Frage des verstärkten und effektiven Einbaus des Instruments der Nachschulung in das Mehrfachtäter-Punktsystem ganz besonderes Gewicht. Entsprechende Nachschulungsmodelle sind schon heute in verschiedenen Bundesländern auch mit wissenschaftlicher Koordinierung durch die Bundesanstalt für Straßenwesen in Erprobung und Entwicklung. Die ausstehenden Wirksamkeitsuntersuchungen über die einzelnen Modelle werden etwa gegen Ende 1978 vorliegen, so daß der Verkehrsausschuß dieses Thema dann eingehend beraten kann. Davon unabhängig wird nach dem Arbeitsauftrag für die Arbeitsgruppe 2 dieses Gremium schon jetzt die rechtlichen Grundlagen erarbeiten, durch die das Instrument der Nachschulung in das Mehrfachtäter-Punktsystem eingeführt werden kann. Ein effektives Nachschulungsmodell bietet vielleicht mehr als viele Bußgeldtatbestände die Gewähr dafür, die Autofahrer, die sich teilweise so leichtfertig bewußt über die Verkehrsgebote und -verbote hinwegsetzen und damit sich und andere Ver-
kehrteilnehmer ernsthaft gefährden, zu einem adäquaten Verhalten im Straßenverkehr zu bringen.
Der Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages ist sicher der bessere Ort- um Ihren, wie wir meinen, überflüssigen Antrag weiter zu behandeln,

(Straßmeir [CDU/CSU] : Warum reden Sie denn hier so lange?)

sofern Sie ihn nicht, was wir begrüßen würden, Herr Kollege Straßmeir, zurückzögen, um später an Hand des schon in Arbeit befindlichen Berichts der Bundesregierung in die Sachdiskussion einzutreten.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Dann würdet ihr ihn neu einbringen!)

Herr Kollege, die Vertreter der von Ihnen geführten Bundesländer haben diesen Zeitplan mit aufgestellt. Der Bericht ist zu dem in Ihrem Antrag jetzt genannten Termin überhaupt nicht möglich; aber wir werden die kurze Zeit von zwei bis drei Monaten, um die die Frist verlängert wird, noch abwarten können, um dann auf einer soliden Grundlage diskutieren zu können. Dann braucht das nicht so mit der linken Hand zu geschehen, wie das heute hier der Fall sein muß.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Herr Kollege Schulte, ansonsten bleibt resümierend das zu wiederholen, was gestern der Mitherausgeber der Ihnen sicherlich gewogenen, recht konservativen „Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Johann Georg Reißmüller, hinsichtlich Ihrer Rolle, Arbeit und Qualität der Opposition mit den Worten ins Stammbuch geschrieben hat:
Sie
— die Opposition —
zerfasert sich in tausend Aktionen, Vorstößen, Rückzügen ... Diese Opposition erweckt den Eindruck, als fehlten ihr die Themen .. .
Aus ihrer seltsamen Konturlosigkeit kann die Union nicht mit einer Flucht ins Personelle und Taktische herausfinden, ... mit Geschäftigkeit im Nebensächlichen, .. .
Das sind nicht meine Ausführungen, sondern das ist ein Zitat, das ich mit Genehmigung zitiert habe und zitieren darf. Dem ist, was dieser Antrag erneut sehr deutlich beweist, aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806109300
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte.
Der Ältestenrat schlägt vor, diesen Antrag an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu überweisen. — Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Milz, Lemmrich, Tillmann, Pfeffermann, Straßmeir, Weber (Heidelberg), Dreyer, Dr. Jobst, Haberl, Dr. Waffenschmidt, Hanz, Ziegler, Sick, Frau
4672 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Vizepräsident Frau Renger
Hoffmann (Hoya), Würzbach, Friedmann, Biechele, Dr. Möller, Bühler (Bruchsal) und der Fraktion der CDU/CSU
Bundesfernstraßenbau — Drucksache 8/1139 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Verkehr und für das Post- und
Fernmeldewesen (federführend)

Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
Das Wort zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Milz. Ich bitte alle herzlich, sich kurz zu fassen, damit wir damit noch vor der Mittagspause fertig werden.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0806109400
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mich bemühen, Ihrer Bitte soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Ich hoffe auf mildernde Umstände, wenn ich zunächst wenige Sätze zum Auftritt unseres Kollegen Hoffie sage. Wenn ein Antrag von der Union kommt, muß er von Anfang an schlecht sein. Deshalb muß er in billiger Polemik abgeputzt werden.

(Zurufe von der CDU/CSU: So ist es! — So hat er es gemacht!)

Ich hoffe, daß es dem zweiten Antrag nicht so ergeht, da er nicht nur durch eigenes Erleben begründet ist, sondern auch durch Aussagen potenter Vertreter der Bundesregierung geradezu notwendig geworden ist.

(Zurufe von der SPD)

— Ich sage dies sehr wohlwollend, Herr Kollege, obwohl wir davon ausgehen, daß es die kaum noch gibt.
Meine Damen und meine Herren, dieser Antrag ist, wie ich schon sagte, u. a. auf Grund von Aussagen verschiedener Mitglieder der Bundesregierung entstanden. Beispielsweise sagte Herr Staatssekretär Schlecht am 7. September dieses Jahres, der Investitionsstau im Bereich des Straßenbaus habe die Höhe von 15 Milliarden DM erreicht.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Diese Summe wurde dann zwar nach unten etwas verändert, aber immerhin durch den Bundeskanzler mit ca. zehn Milliarden DM beziffert.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja auch noch etwas!)

Selbst wenn wir davon ausgehen, daß es nur zehn Milliarden sind, muß alles getan werden, nach Mitteln und Wegen zu suchen, diesen Investitionsstau — aus vielen Gründen, auf die ich nachher noch zurückkommen möchte — abzubauen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, die Union hat in einem Antrag mit fünf Einzelpunkten den Versuch unternommen, Ihnen einen Weg aufzuzeigen, wie man das machen kann. Wir hoffen, daß Sie, wenn Sie einsichtig sind — daran glauben wir hin und wieder noch —,

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber naiv!) diesem Antrag folgen. •

Ich darf zu den einzelnen Punkten ganz wenige Bemerkungen machen.
Meine Damen und Herren, wir stellen fest, daß in der Ausbaustufe I a eingestufte Straßenbauprojekte häufig nicht ausgeführt werden können und daß in den einzelnen Ländern nicht ausreichend ausführungsreife Maßnahmen zur Verfügung stehen, die an deren Stelle treten könnten. Wir verkennen dabei nicht, daß schon heute in Einzelfällen auch die Ausbaustufe I b herangezogen werden kann. Dies geschieht aber, wie wir glauben, nicht in dem Maße, daß die zur Verfügung stehenden Mittel ohne große Schwierigkeiten abgebaut werden.
Wir halten es für notwendig, die Bundesregierung aufzufordern, hier einen Schritt weiterzugehen, mehr Mut zu zeigen, um auf diese Weise die zur Verfügung gestellten Mittel zügiger abfließen zu lassen.
Zum zweiten Punkt unseres Antrages möchte ich auf einen redaktionellen Fehler aufmerksam machen; hier ist ein Druckfehler vorgekommen. Es darf in der vorletzten Zeile nicht „Planungs v e r -lauf", sondern muß „Planungs v o r lauf" heißen.

(Zuruf von der SPD: Das ist etwas anderes!) — Natürlich ist das etwas anderes.

Meine Damen und Herren, die Punkte 1 und 2 stehen miteinander in einem engen Zusammenhang, weil häufig festgestellt werden muß, daß die Landesplanungsbehörden keine ausreichenden Möglichkeiten haben, sogenannte Schubladenpläne zu entwickeln, auf die sie, wenn — aus welchen Gründen auch immer — Schwierigkeiten auftreten, zurückgreifen können, um sie in den Genehmigungsgang zu geben und auf diese Weise in den einzelnen Bundesländern zum Abbau des Investitionsstaus beizutragen. Es ist notwendig, daß auch die Bundesregierung das Ihre dazu beiträgt, den Landesplanungsbehörden die Möglichkeit zu geben, den Planungsvorlauf zu vergrößern, um dazu beizutragen, daß das Übel, von dem ich mehrfach sprach, beseitigt wird.
Eine der Ursachen, mit denen wir uns zu beschäftigen haben, ist — darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen — die Tatsache, daß der Schallschutz im Bereich des Straßenbaus bisher überhaupt nicht geregelt ist. Die Bundesregierung hat zwar im Ausschuß mehrfach erklärt, sie werde uns in absehbarer Zeit einen Vorschlag machen; auf diesen Vorschlag warten wir bis heute noch. Auch die Bürger und die Straßenbaufirmen warten darauf. Eine der Ursachen, weshalb es notwendig ist, den Planungsvorlauf zu vergrößern, ist also auch in der Untätigkeit der Bundesregierung auf dem Gebiet des Schallschutzes zu sehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum dritten Punktkommen und feststellen, daß in einer Zeit, die mit der heutigen nicht vergleichbar ist, die Bundesregierung zu der durchaus vernünftigen Auffassung gelangt war, daß man — zur Streckung der Mittel und um wenigstens eine teilweise Befriedi-
Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4673
Milz
gung der berechtigten Forderungen der Bürger zu erreichen — zunächst einmal zu einem teilweise einstreifigen Ausbau kommen müßte. Wir haben diese Auffassung damals mitgetragen. Nicht mit der heutigen vergleichbar ist sie insofern, als damals Mittel in zu geringem Maße zur Verfügung standen, während heute auf Grund der Umstände, von denen ich sprach, mehr Mittel, als abfließen können, zur Verfügung stehen. Deshalb sollte die Bundesregierung aufgefordert werden, darüber nachzudenken, ob man nicht von diesem ehemals richtigen Beschluß in der Weise herunterkommt, daß man schon heute die Straßen komplett baut, die zunächst nur einstreifig vorgesehen waren, zumal ja auch für diese Straßen schon beim einstreifigen Ausbau Kosten in Höhe von ca. 70 bis 85% der Gesamtkosten entstehen.
Sehr wichtig, ist auch das, was im Anhang zum Ausbauplangesetz in der Rubrik „Möglicher weiterer Bedarf" aufgeführt ist. Hier knüpfen wir an das an, was die Union zur Situation der Kommunen gesagt hat, denn hier sind die Gemeinden, zum Teil aber auch die Länder betroffen.
Wir haben im Ausbauplangesetz diese Rubrik „Möglicher weiterer Bedarf". Sie führt dazu, daß dann, wenn der Bund sein Interesse am Ausbau einer Trasse bekundet hat, andere Baulastträger nicht mehr tätig werden können oder nicht mehr tätig werden wollen. Wir meinen, es sei unerträglich, diesen Zustand fortbestehen zu lassen, und möchten die Bundesregierung animieren, diese Rubrik schneller abzubauen, schneller zu sagen, was denn nun wirklicher Bedarf ist, damit mögliche andere Baulastträger, damit die Länder, damit die Gemeinden in die Lage versetzt werden, in eigener Verantwortung notwendige Straßenbaumaßnahmen durchzuführen.
Meine Damen und Herren, schließlich zum letzten Punkt, der nicht weniger wichtig ist als die bisherigen. Alles das, was wir begehren, zielt auch darauf ab, die Arbeitslosigkeit abzubauen. Dazu zunächst ein paar Zahlen: Es hat beispielsweise der Vorsitzende der IG Bau, Steine, Erden, der ja eher der SPD/FDP als uns nahesteht, erklärt, daß allein in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1977 6 000 Arbeitsplätze im Straßenbau gefährdet seien, weil die Straßenbaumittel nicht abfließen. Wir alle wissen, meine Damen und Herren, daß seit 1970 im Bereich des Straßenbaus insgesamt 52 000 Arbeitsplätze verlorengegangen sind. Wir sollten eigentlich auch wissen, daß in der Vergangenheit im Straßenbau gerade die nicht voll ausgebildeten Arbeitskräfte sehr stark beschäftigt wurden, und wir wissen auch, daß diese Arbeitskräfte bei der heutigen Struktur der Arbeitslosigkeit sehr viel schwerer als ausgebildete Arbeitskräfte vermittelt werden können. Dann aber, wenn dies so ist, meinen wir, sei es notwendig, auch um der Arbeitslosen willen, auch um des Abbaus dieser unerträglichen Zahlen von Arbeitslosen willen unserem Antrag zu folgen, da wir davon ausgehen, daß dann im Bereich der ungelernten Arbeitskräfte die notwendige Linderung der Not eintritt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir appellieren an Ihren guten Willen und an Ihren Sachverstand. Hier geht es nicht darum, darüber zu diskutieren, ob ein Antrag der Union richtig oder falsch ist, sondern in erster Linie darum, das Problem des Straßenbaus in den Griff zu bekommen. Mir laden Sie zu objektiver Mitarbeit ganz herzlich ein.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806109500
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Topmann.

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806109600
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag einiger Abgeordneter — insoweit, Herr Milz, dürfen Sie davon ausgehen, daß wir wirklich guten Willens sind, uns jedem Antrag, von wo er auch immer kommen mag, mit allem Nachdruck zuzuwenden —

(Zurufe von der CDU/CSU: Jetzt kommt es! — Das ist nett!)

verfolgt nach unserer Auffassung — sicherlich nach sehr wohlwollender Einstufung unsererseits — scheinbar drei Ziele, nämlich die Sicherung der Kontinuität im Bundesfernstraßenbau,

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Einsatz blockierter Mittel an sinnvoller anderer Stelle und schließlich schnelle Abwicklung von Sonderprogrammen für Konjunktur und Wachstum. Ich nehme an, daß ich insoweit mit Ihnen noch voll übereinstimme. Inhaltlich, meine Dame und meine Herren von der Opposition, knüpft dieser Antrag an die Diskussion im Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen im April 1976 an über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 — Drucksache 7/5090. Ich glaube, es ist ganz interessant, Herr Milz, wenn wir uns einmal den Verhandlungsverlauf und das damalige Ergebnis dieser Beratung aus dem Jahre 1976 noch einmal vor Augen führen, weil zum damaligen Zeitpunkt der Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen des Deutschen Bundestages weitergehende Forderungen des Bundesrates einmütig zurückgewiesen hat.

(Zuruf von der CDU/CSU: Woher wissen Sie das?)

— Weil Herr Lemmrich damals Schriftführer war und weil das im Protokoll so wiedergegeben wurde.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Ich bedauere es an sich, daß Herr Lemmrich heute nicht unter uns weilt,

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir auch!)

denn er war in der Tat Berichterstatter. — Sie bedauern das auch, na sehen Sie, hier besteht heute wiederum eine Übereinstimmung zwischen uns.
Ich meine, zunächst einmal müßte geprüft werden, ob die in Abs. 1 Ihres Antrages, meine Damen
4674 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Topmann
und Herren von der Opposition, gestellte Forderung, die im weitesten Sinne mit der damaligen Forderung des Bundesrates identisch ist, den § 6 des Gesetzes über den Ausbau von Bundesfernstraßen wie folgt neu zu formulieren:
Innerhalb eines Landes können in begründeten Ausnahmefällen die Straßenbaupläne im Einzelfall auch Maßnahmen enthalten, die nicht der im Bedarfsplan festgelegten Dringlichkeitsstufe entsprechen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was wäre daran so schlecht?)

— Entschuldigung, ich bin ja nur dabei, die Entwicklung chronologisch aufzuzeigen. Damals waren auch Sie, die Vertreter der CDU/CSU im Ausschuß, der Auffassung, daß man das im Interesse der Kontinuität der Priorität im Bundesfernstraßenbau nicht würde tun können. Jetzt frage ich mich: Was hat sich seit 1976 nun wirklich so Entscheidendes geändert?

(Zuruf von der CDU/CSU: Einiges!)

Wir wissen — ich hoffe, Sie wissen es auch, Herr
Milz; aber davon gehe ich aus —, daß die Minder-
ausgaben der Jahre 1976 und — vorausschauend
— 1977 nicht oder nicht wesentlich höher sind als in den vorausgehenden Jahren, also in den Jahren, die ja doch maßgeblich dafür Pate gestanden haben, daß wir zu unserer einmütigen Auffassung gekommen sind.
In diesem Zusammenhang ist zunächst einmal festzustellen, daß keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, nach denen der Bundesregierung vorgeworfen werden könnte, die Möglichkeiten des § 3 und des § 6 des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen nicht flexibel genug ausgelegt zu haben. Dafür gibt es nach unserer Überzeugung keine Anhaltspunkte.
Meine Damen und Herren von der Opposition, eigentlich hätten Sie im Wissen um die bestehenden gesetzlichen Regelungen — ich komme gleich noch einmal darauf zurück — hier nicht nur einen Antrag stellen, sondern eine Gesetzesänderung beantragen müssen; denn Sie könnten Ihre in Ihrem Antrag zum Ausdruck kommenden Vorstellungen zu § 1 und § 3 des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen nur mit einer Gesetzesänderung verwirklichen, weil das derzeitige Gesetz Ihre Vorstellungen in der Tat nicht mehr abdeckt.
Für meine Meinung, daß die Bundesregierung die Dinge sehr flexibel gehandhabt hat, spricht — ich erwähnte es eben schon — der Umstand, daß wir 1976 und 1977 eben nicht zu dem von Herrn Milz zitierten hohen Investitionsstau gekommen sind. Das ist nicht der Fall.
Herr Milz, ich könnte mir vorstellen, daß möglicherweise Sie und einige andere, die dazu Stellung bezogen haben, nicht zwischen „Investitionsstau" und „Projektstau" differenziert haben. Das müssen wir sauber auseinanderhalten. Es mag durchaus sein, daß der Projektstau in den letzten Jahren sehr viel größer war als der Investitionsstau. Nur dank der Flexibilität unserer Bundesregierung, die im Einvernehmen mit den Ländern und unter ihrer Mitarbeit für eine vernünftige Auslegung der von mir eben zitierten Paragraphen Sorge getragen hat, ist es bisher nur zu einem tragbaren Investitionsstau gekommen.
Eine sicherlich auch für Sie unverdächtige Zeitschrift wie „Straße und Wirtschaft" hat am 7. November 1977, also vor wenigen Wochen, ganz eindeutig auf diesen Unterschied hingewiesen und dabei zum Ausdruck gebracht, daß man das nicht zusammenwerfen dürfe.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806109700
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Milz?

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806109800
Ja.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0806109900
Herr Kollege, sind Sie mit mir einer Meinung — ohne darüber zu streiten, ob „Projektstau" oder „Investitionsstau" —, daß beides Arbeitslosigkeit verursacht?

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806110000
Nein, ein Projektstau muß nicht unbedingt Arbeitslosigkeit zur Folge haben, Herr Milz. Wenn die Flexibilität in den Verhaltensweisen der Bundesregierung und der Landesregierungen auch fürderhin — wer wird schon daran zweifeln wollen — gegeben ist, dann wird immer gemäß § 3 und § 6 des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen und einer sinnvollen Fortschreibung des Bedarfsplans dafür Sorge getragen werden, daß aus dem Projektstau kein Investitionsstau wird. Das ist doch der Punkt.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Weshalb die zehn Milliarden? — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Worauf wurden § 3 und § 6 bisher angewendet?)

— Ich habe doch gesagt, daß es die zehn Milliarden nicht gibt. Soweit der Bund betroffen ist, sieht es doch so aus, daß wir im vergangenen Jahr etwa 150 bis 180 Millionen DM hatten und in diesem Jahr nicht sehr viel mehr haben. Das sind Mittel, die seit Jahren mit einer Steigerungsrate zwischen 3 und 4 °/o — wenn Sie so wollen — von einem Jahr zum anderen weitergegeben worden sind. Das ist doch die ganze Wahrheit.

(Abg. Milz [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Herr Milz, wenn man mir die Zeit anrechnet, bin ich gern bereit, Ihre Zwischenfrage zuzulassen. Wenn nicht, dann muß ich zum Ende kommen. Ich würde Ihnen gern die Gelegenheit zu einer Zwischenfrage geben, weil ich weiß, daß Sie interessante Zwischenfragen zu stellen in der Lage sind.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806110100
Es gibt ja noch weitere Beratungen. Ich kann Ihnen die Zeit nicht anrechnen.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4675

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806110200
Wenn ich die Zeit nicht angerechnet bekomme, kann ich die Zwischenfrage nicht zulassen.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Nordrhein-Westfalen hat im letzten Jahr 17 Millionen DM nicht verbauen können!)

— Herr Schulte, ich komme noch darauf zurück.
Von daher gesehen spricht nach unserer Auffassung nichts dafür, ohne Not die sicherlich von uns allen gewünschte Kontinuität der Prioritäten im Bundesfernstraßenbau aufzugeben.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist das!)

Im übrigen hoffe ich, daß auch Sie die von der Bundesregierung praktizierte flexible Anwendung der §§ 3 und 6 des schon mehrfach zitierten Gesetzes im Interesse der regionalen Ausgewogenheit nur auf den Bereich innerhalb der Ländergrenzen bezogen wissen wollen. Die gestrige Debatte im Verkehrsausschuß — das darf ich hier einmal ganz deutlich sagen — bestätigt diese unsere Hoffnungen. Hoffentlich bleibt es dabei, meine Damen, meine Herren. Alles andere, nämlich das Abgehen von den sogenannten Länderkontingenten, würde den unter nicht leichten Bedingungen gefundenen Grundkonsens zwischen der Bundesregierung und den Länderregierungen in Frage stellen und neue erhebliche Schwierigkeiten herausfordern.

(Milz [CDU/CSU] : Wer hat denn das beantragt?)

— Es gibt ja noch einen weiteren Antrag, über den wir uns demnächst — zunächst im Ausschuß und dann im Plenum — sicherlich unterhalten werden. Es steht also noch einiges im Raum. Herr Milz, wenn Sie richtig zugehört hätten, hätten Sie gehört, daß ich eben noch einmal gesagt habe: Nach dem gestrigen Verlauf der Ausschußsitzung bin ich der Meinung, daß wir hier gemeinsam guter Hoffnung sein können. Das hat sich, wie ich meine, vorhin schon erledigt.

(Milz [CDU/CSU] : Wir sind gespannt, was daraus wird!)

Unter Ziffer 2 Ihres Antrags beantragen Sie, sicherzustellen, „daß — in Anbetracht der großen Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Planungen — der Planungsverlauf" — Sie haben sich mittlerweile korrigiert und richtiggestellt, daß es „Planungsvorlauf" heißen muß — „wesentlich verbessert wird". Wir gehen mit Ihnen in der Meinung einig, daß es in einigen Ländern dringend notwendig erscheint

(Milz [CDU/CSU] : Wo z. B.?)

— z. B. in Nordrhein-Westfalen —, die Planungskapazitäten im Sinne der Ausweitung zu verbessern. Meine Damen und Herren, ich nehme an, daß Sie früher im Erdkundeunterricht nicht gefehlt haben, als dieses Problem behandelt wurde. Das Land Nordrhein-Westfalen war schon damals das am dichtesten besiedelte Land der Bundesrepublik.

(Zuruf des Abg. Milz [CDU/CSU])

— Nun hören Sie doch einmal zu, Herr Milz. Ich habe mir eben doch auch die Geduld abgezwungen, ruhig zu sein.
Es unterliegt, wie ich glaube, keinem Zweifel, daß im Lande Nordrhein-Westfalen nach der Entwicklung berechtigter Bürgeranliegen dann und wann die größten Schwierigkeiten entstanden. Es gibt ja auch niemanden, der bereit ist, abzustreiten, daß im Lande Nordrhein-Westfalen vor zwei Jahren — bedingt durch all die Schwierigkeiten, die auch Sie eben schon angesprochen haben — ein gewisses Planungsloch entstanden ist.

(Milz [CDU/CSU] : Das müssen Sie Herrn Arendt sagen!)

— Entschuldigung, das wissen wir doch alle. Weil wir das wissen, sind wir der Auffassung, daß es in erster Linie an den Ländern als den für die Planung zuständigen Auftragsverwaltungen liegt, dafür Sorge zu tragen, daß mehr als in der Vergangenheit ein schnellerer Planungsdurchlauf erfolgt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das liegt an den Länderministern!)

— Natürlich, überall! Wem sagen Sie das? Sie laden hier laufend Kanonen mit Luftballons. Das knallt zwar ein bißchen, aber es kommt nicht viel heraus. Merken Sie das eigentlich gar nicht? Ich verstehe das nicht.

(Zustimmung bei der SPD)

Das Land Nordrhein-Westfalen — ich bin sogar ein wenig stolz darauf, Ihnen das sagen zu können — hat aus diesen Schwierigkeiten schon die richtigen Konsequenzen gezogen. Es hat dafür Sorge getragen, daß die Planungskapazitäten bei den Landschaftsverbänden Westfalen/Lippe und Rheinland erheblich aufgestockt worden sind. Man ist dort guten Mutes, daß das von mir eben zitierte Planungsloch, das vor zwei Jahren zu entstehen begann, im nächsten bzw. übernächsten Jahr geschlossen werden kann. Man wird in diesem Sinne weiterarbeiten.
Lassen Sie mich zu diesem Punkt ein Letztes sagen. Sie haben nicht ganz ohne Grund — weil es in Ihrem Antrag ja nicht „Planungsverlauf", sondern „Planungsvorlauf" heißen sollte — in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Bedeutung eines Lärmschutzgesetzes bzw. einer Lärmschutzverordnung hingewiesen. Herr Milz, Sie wissen genausogut wie wir, daß es nicht die Schuld der Bundesregierung ist, daß wir diesen Gesetzentwurf bis zum heutigen Tage nicht auf dem Tisch liegen haben. Schon vor Monaten bestand Einvernehmen zwischen der Bundesregierung und den Fraktionen des Deutschen Bundestages, daß eine Lärmschutzverordnung erlassen werden sollte. Die Verordnung lag im Entwurf bereits vor.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806110300
Herr Kollege, Sie haben noch eine Minute Redezeit zur Verfügung.

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806110400
Dann aber haben die Ministerpräsidenten — Herr Dr. Schulte, das wissen Sie doch auch —, vielleicht aus der Motivation heraus,
4676 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Topmann
für den Bereich der Länder und der Gemeinden nicht die entsprechenden Läumschutzwerte festsetzen zu können

(Zuruf von der CDU/CSU)

— natürlich stimmt das —, dieser Lärmschutzverordnung nicht die nötige Unterstützung gegeben, so daß wir jetzt auf ein neues Läumschutzgesetz hinarbeiten müssen. Ich bin im Wissen um die Flexibilität unserer Regierung auch insoweit der Überzeugung, daß uns der Entwurf eines solchen Gesetzes in den nächsten Wochen vorgelegt wird und daß es für die Länder mit einem solchen Gesetz in der Tat leichter werden wird, die Planungsvorläufe zweckmäßiger zu gestalten.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Zwei Jahre zu spät! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Es _kommt noch ein Jahr hinzu!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806110500
Würden Sie zum Ende kommen, Herr Kollege!

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806110600
Ja; ich werde das versuchen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)

Zu Punkt 3 gilt im wesentlichen das, was ich zu Punkt 1 gesagt habe. Wir verkennen dabei nicht, daß es von Fall zu Fall durchaus zweckmäßig sein kann, im Sinn Ihrer Forderung Überlegungen anzustellen, unter den Voraussetzungen des § 6 über den Ausbau der Bundesfernstraßen oder aber in Fortschreibung des Bedarfsplans über den Ausbau von Bundesfernstraßen in Abweichung von der bisherigen Einstufung in bestimmten Bereichen sofort die Voraussetzungen für einen zweibahnigen Ausbau zu schaffen. Lassen Sie mich —

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806110700
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806110800
Zu Punkt 5, Herr Milz, — —

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806110900
Nein, nein, Herr Abgeordneter! Ich bitte um Verzeihung; aber Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806111000
Nur noch einen Schlußsatz, Frau Präsident! Ich glaube,

(Zuruf von der CDU/CSU: Komma!)

daß die Bundesregierung sehr zufrieden dieser Diskussion zuhören konnte,

(Zuruf von der CDU/CSU: Punkt!)

weil sich doch eindeutig herausgestellt hat, daß sich die Bundesregierung in ihrem Handeln bestätigt fühlen kann, zumal .. .

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806111100
Jetzt ist es zu Ende, Herr Abgeordneter! Jetzt gibt es wirklich keine Verlängerung mehr.

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806111200
.. . zumal sie doch mit ihrem Handeln schon zu einem viel früheren Zeitpunkt das erledigt hat, meine Damen und Herren von der Opposition, ...

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806111300
Herr Kollege, ich bitte, jetzt das Rednerpult zu verlassen!

Günter Topmann (SPD):
Rede ID: ID0806111400
... was Sie in Ihrem Antrag erst verlangen. — Herzlichen Dank!

(Lachen bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806111500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ollesch.

Alfred Ollesch (FDP):
Rede ID: ID0806111600
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Keine Sorge: Ich werde nicht erst einer Aufforderung bedürfen, um zu einem erträglichen Ende zu kommen.
Herr Kollege Milz, Sie hatten vorhin den Eindruck — Sie haben es jedenfalls nach der Rede meines Kollegen Hoffie so dargestellt —, als seien wir von vornherein der Auffassung, alles, was die Opposition an Anträgen einreicht, sei schlecht.

(Zuruf des Abg. Milz [CDU/CSU])

— Ja, Herr Milz, das war wirklich ein falscher Eindruck. Ich möchte da meinen Kollegen Hoffie in Schutz nehmen. Er wird genauso wie ich versuchen, die Dinge sehr sachlich und sachbezogen zu sehen.
Ich muß zu Ihrem Antrag sagen: Dieser Antrag, den wir jetzt zu behandeln haben, ist nicht schlecht; er ist, wie man in der Wetterkunde sagt, wechselhaft. Es sind einige Teile drin, denen ich frohgemut zustimmen kann, und einige Punkte, zu denen ich schlicht und einfach nein sagen muß,

(Zurufe von der CDU/CSU)

wenn ich meine früheren Handlungen oder meine früheren Überlegungen nicht ad absurdum führen will.
Zuerst zu den guten Dingen. Ich bin mit Ihnen der Meinung, es muß sichergestellt werden, daß der Planungsvorlauf wesentlich verbessert wird, damit wir nicht in die Situation hineingeraten, in der wir nicht nur im Verkehrsbereich, sondern auch andernorts stecken: daß zwar die finanziellen Mittel vorhanden sind, aber auf Grund zurückhängender Planungen nicht sachgemäß und zweckbestimmt eingesetzt werden können. Hier sind wir mit Ihnen der Meinung, daß es nachzudenken gilt, ob die Zeiten nicht wesentlich verkürzt werden können.
Ihr Punkt 5 findet die Zustimmung des ganzen Hauses, nehme ich an. Wir stellen fest, daß die Bundesregierung sich ja bemüht, die Chancen für die Strukturpolitik konsequent zu nutzen, um so einen wichtigen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit zu leisten. Wir haben ja Flexibilität im Straßenbau. Das kann doch nicht abgestritten werden. Auch die Maßnahmen der Dringlichkeitsstufe I a vollziehen sich ja in einem Zeitraum bis 1985. Ich meine, zehn Jahre sind doch ausreichend Zeit, um Flexibilität auch bei den durchzuführenden Maßnahmen zu er-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4677
Ollesch
reichen. Das ist unser Ziel. Hier sagen auch wir ungehemmt ja.
Den Punkt 3 Ihres Antrags, zu überprüfen, welche der zunächst einbahnig vorgesehenen Autobahnen in Anbetracht der hohen Kosten einer nur teilweisen Bauausführung voll ausgebaut werden kann, unterstütze ich voll und ganz.
Ich bin auch der Meinung, daß dort, wo ein Finanzüberhang besteht, weil Projekte nicht realisiert werden können, die im Bau befindlichen, zunächst einmal nur unzulänglichen Teilstrecken sofort ausgebaut werden sollten. Das gilt beispielsweise für Brükken; denn Brücken, die zwar im Unterbau für den Vollausbau vorgesehen sind, aber dann im Oberbau nur zur Hälfte ausgeführt werden, werden nachher natürlich im Vollausbau entschieden teurer, als wenn sie in einem Zuge gebaut werden. Es gibt Beispiele — ich selbst habe in meinen Erklärungen in der Öffentlichkeit auch darauf hingewiesen —, wo man von dem ursprünglich geplanten zweibahnigen Ausbau sofort auf den vierbahnigen übergehen sollte, weil Verkehrsbedarf vorhanden ist,

(Straßmeir [CDU/CSU]: So ist es!)

und der zweibahnige Ausbau nur deshalb gewählt wurde, weil die Finanzdecke knapp war.

(Beifall bei der CDU/CSU Straßmeir [CDU/CSU]: So ist es!)

Ich bin der Meinung, dies sollte überprüft werden. Wir haben in den Auseinandersetzungen um den Straßenbaubedarfsplan in der Vergangenheit im Ausschuß einige der zweibahnig vorgesehenen Strecken gleich auf Vollbahnen gebracht, und zwar einstimmig. Ich erinnere an die A 57 von Krefeld nach Goch, die auf Grund unseres Votums nun vierbahnig voll ausgebaut wird.
Aber nun komme ich zum Punkt 1. Dem kann ich ganz und gar nicht zustimmen. Ich möchte es in der Hand des Verkehrsausschusses, des Deutschen Bundestages lassen, welche der Straßenbaumaßnahmen, die erst nach 1985 geplant sind, vorgezogen wird. Herr Kollege Milz, die Abstimmung mit den Bundesländern bei Projekten, die wir im vergangenen Jahr zurückgestuft haben, wäre sehr schnell zu erreichen, und dann würden wir nicht mehr gehört. Das könnte z. B. dazu führen, daß der Südabschnitt der A 31, der sich nach dem Willen des Landes Nordrhein-Westfalen und des Verkehrsministeriums zunächst in der Dringlichkeitsstufe I a befand und den wir dann in die Dringlichkeitsstufe I b heruntergestuft haben, wieder in der Dringlichkeitsstufe I a erscheint. Ich möchte ganz und gar nicht, daß das alles automatisch geschehen kann, ohne daß wir dazu gehört werden, Herr Kollege Milz.

(Zuruf von der CDU/CSU: Darüber gibt es auch keine Meinungsverschiedenheiten!)

— Nein, aber so steht es hier.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nein, nein! Lesen Sie es mal genau!)

Wir haben ja die Möglichkeit, die Klassifizierung zu ändern. Sie haben einen Antrag eingereicht — er liegt im Verkehrsausschuß —, zu einer an-
deren Einstufung einer bestimmten Autobahn zu kommen, nämlich der A 7 in bezug auf den Mittelabschnitt. Hier finden Sie meine volle Zustimmung, weil ich dieses Verkehrsband für äußerst notwendig halte. Die Umstufung wäre auch nach § 6 des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen möglich. Aber wenn wir, der Gesetzgeber, für diese Strecke eine Änderung der Ausbaustufung vornehmen, scheint mir das noch sicherer zu sein, und deshalb sollten wir das tun. Wir sollten aber sehr sorgfältig überlegen, wo wir das tun, damit wir nicht zu einer uferlosen Veränderung kommen. Es war nicht ganz einfach, im vergangenen Jahr die I a-Durchstufung im Ausschuß vorzunehmen. Damals mußten wir einige Wünsche der Länder im Hinblick auf die Notwendigkeit ablehnen, für die Finanzierung der vordringlich zu bauenden Strecken zu sorgen. Aber darüber werden wir im Ausschuß im einzelnen reden.
Punkt 4 findet auch nicht meine Zustimmung, denn das sind Maßnahmen für den weiteren Bedarf, die erst für die Zeit nach dem Jahre 2000 zur Ausführung kommen. Jetzt schon Rangfolgen für die Zeit nach dem Jahre 2000 festzulegen, scheint mir einfach unmöglich zu sein. Denn im Laufe der nächsten 23 bzw. 22 Jahre können noch viele Veränderungen in den Verkehrsströmen stattfinden, so daß eine Entscheidung über die Reihenfolge der dann zu realisierenden Projekte heute noch nicht herbeigeführt werden kann.

(Milz [CDU/CSU] : Die Trassen sollen freigehalten werden, Herr Ollesch! Darum geht es!)

— Eine endgültige Entscheidung! — Es gibt Strecken in der weiteren Bedarfsplanung, da kann ich schon jetzt nein sagen. Aber zum größten Teil der Strecken, die als weiterer Bedarf ausgewiesen sind kann man heute noch nichts sagen, auch sicherlich in zwei oder drei Jahren noch nicht.

(Abg. Milz [CDU/CSU] : meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806111700
Herr Kollege, wir sind schon über die Zeit. Bitte, stellen Sie Ihre Zwischenfrage zurück.

Alfred Ollesch (FDP):
Rede ID: ID0806111800
Ich nehme das zur Kenntnis. Wir sind über 13 Uhr hinaus. Wir hatten uns das als Grenze gesetzt.
Wir werden also im Ausschuß eingehend darüber sprechen.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Wir finden einen Weg, uns zu einigen! — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Da kommen wir zueinander!)

Ich darf für die Freien Demokraten sagen:, Einige Ihrer Wünsche finden unsere Unterstützung. Bei denen, wo ich hier Kritik ausgesprochen und Bedenken vorgetragen habe, werden wir uns noch sehr eingehend über den Sinn und die Zweckmäßigkeit zu unterhalten haben.
4678 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Ollesch
Wir sind mit der Überweisung an den Verkehrsausschuß einverstanden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0806111900
Damit schließe ich die Debatte. Der Überweisungsvorschlag liegt Ihnen vor. — Dagegen erhebt sich kein Widerspruch; so beschlossen.
Ich unterbreche die Sitzung bis 14 Uhr. Wir beginnen dann mit der Fragestunde.

(Unterbrechung von 13.07 bis 14.00 Uhr)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806112000
Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
— Drucksache 8/1288 —
Wir kommen zunächst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und Bundeskanzleramts. Zur Beantwortung steht uns Herr Staatssekretär Bölling zur Verfügung.
Der Herr Abgeordnete Engelsberger hat um schriftliche Beantwortung der Fragen 98 und 99 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 100 des Herrn Abgeordneten Voigt auf:
Welche Konsequenzen beabsichtigt die Bundesregierung aus der im Bericht des Presse- und Informationsamts über das „Auslandsecho auf die Entführung von H. M. Schleyer und die Folgen" erwähnten Beschäftigung mit der „vermeintlichen NS-Nostalgie" und Zweifeln an der „Verwurzelung und Dauerhaftigkeit der Demokratie in Deutschland" zu ziehen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806112100
Herr Abgeordneter, es gibt im Ausland einige besorgte und ernst zu nehmende Stimmen. Wir nehmen diese Kritik nicht auf die leichte Schulter. Dennoch, so denke ich, sollten wir allgemein bei den Maßnahmen der politischen Öffentlichkeitsarbeit und der auswärtigen Kulturpolitik vermeiden, mit übertriebenen Gegenaktionen oder gar mit förmlichen Kampagnen zu reagieren. Dadurch würde nur die in unserer Analyse, auf die Sie sich in Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, bezogen haben, vermerkte Tendenz dramatisiert.
Im Sinne Ihrer Fragestellung darf ich daran erinnern, daß der Bundeskanzler in diesem Hohen Hause wiederholt darauf hingewiesen hat — und das ist für unsere Arbeit eine verbindliche Richtlinie —, daß wir überzogene oder auch bösartige Polemik in ausländischen Medien wohl besser mit Gelassenheit ertragen, daß wir uns aber die Sensibilität für sachliche und begründete Kritik bewahren sollten.
Es ist und bleibt unerfreulich, daß hier und da in der Bundesrepublik Deutschland Geschäfte mit der Nazi-Nostalgie gemacht werden, was erst kürzlich der Vorsitzende der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, Herr Wehner, unterstrichen hat. Es
sollte kein Zweifel daran sein, daß die Bundesregierung das Geschäft mit dem Hitler-Faschismus mißbilligt.
Im Vordergrund unserer Bemühungen, Herr Abgeordneter, wird auch künftig die Vermittlung eigener Erfahrungen durch Einladungen im Rahmen des Besucherprogramms der Bundesregierung und im Rahmen kultureller Veranstaltungen stehen. Der Möglichkeit, die ausländischen Besucher unmittelbar und individuell mit den Verhältnissen, insbesondere natürlich mit den politischen Verhältnissen, in der Bundesrepublik Deutschland vertraut zu machen, kommt gerade in der gegenwärtigen Situation besondere Bedeutung zu.
Daneben werden sich die zuständigen Stellen der Bundesregierung, vor allem das Presse- und Informationsamt und das Auswärtige Amt, auch künftig um ein gründliches Informationsangebot bemühen, damit im Ausland ein realitätsnahes, objektives Deutschlandbild vermittelt werden kann.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806112200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0806112300
Herr Bölling, teilen Sie meine Auffassung, daß es über die von Ihnen genannten Maßnahmen hinaus sinnvoll ist, z. B. bei der Bundeszentrale für politische Bildung einen Schwerpunkt bei der Auseinandersetzung mit dieser NS-Nostalgie zu setzen, um im Ausland glaubwürdig zu machen, daß wir auch im Inland versuchen, bei der heranwachsenden Jugend und auch bei den Erwachsenen uns weiter mit diesem Problem auseinanderzusetzen?
Bölling, Staatssekretär: Ich glaube, Herr Abgeordneter Voigt, daß das eine gute Anregung ist, will aber anmerken, daß die Bundeszentrale schon in der Vergangenheit dazu wichtige Beiträge geleistet hat.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806112400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0806112500
Herr Staatssekretär, warum spricht die Bundesregierung und warum sprechen Sie von „Hitler-Faschismus" statt von „Nationalsozialismus", nachdem gerade die wirklich oder angeblich sozialistische Komponente der Nationalsozialistischen Deutschen ArbeiterPartei (NSDAP) Millionen von Deutschen im Jahre 1933 unter dieser Flagge dem Nationalsozialismus zugeführt hat?
Bölling, Staatssekretär: Ich glaube, Herr Abgeordneter Dr. Mertes, daß dies eben eine der großen Manipulationen und Irreführungen durch die Hitler-Partei gewesen ist; denn in Wahrheit war diese Partei weder national noch war sie eine Arbeiterpartei, noch hatte sie etwas mit Sozialismus zu tun.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das ist etwa so wie mit der DDR: weder deutsch noch demokratisch!)

Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4679

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0806112600
Herr Staatssekretär, wird das Geschäft mit der NS-Nostalgie, von dem Sie sprachen, in einigen ausländischen Staates nicht um ein Vielfaches übertroffen im Vergleich zu unserem eigenen Land?
Bölling, Staatssekretär: Es ist richtig, Herr Abgeordneter, daß es Geschäftemacher auch jenseits der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland gibt. Aber zu ihnen habe ich im Zusammenhang mit der Frage des Abgeordneten Voigt nicht Stellung zu nehmen. Das ist bedauerlich. Wir können uns nur um das kümmern und zu dem Stellung nehmen, was in den Grenzen unseres eigenen Landes geschieht.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806112700
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0806112800
Herr Staatssekretär, ordnen Sie den Film von Joachim Fest über Hitler und seine Diktatur in die sogenannte vermeintliche Nazi-Nostalgie ein?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Hupka, ich habe das Handicap, daß ich diesen Film, obwohl ich mir das vorgenommen hatte, noch nicht selber habe sehen können. Insofern habe ich nicht die Kompetenz zu einem Urteil. Ich habe darüber nur Rezensionen gelesen. Aber ich unterstelle, daß sich der Autor sicherlich nicht an einer Nostalgie beteiligen wollte. Ob der Film politisch opportun gewesen ist, kann ich Ihnen aus eigener Anschauung als Urteil nicht sagen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806112900
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Holtz.

Prof. Dr. Uwe Holtz (SPD):
Rede ID: ID0806113000
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung es für empfehlenswert, den Geschichtsunterricht an den Schulen wieder stärker in den Vordergrund treten zu lassen?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Holtz, Sie wissen natürlich genau wie ich, daß die Möglichkeiten der Bundesregierung hier auf Anregungen beschränkt sind, weil das eine originäre Kompetenz der Bundesländer ist. Aber sicherlich teilt die Bundesregierung, vor allem auch der Bundeskanzler, die Meinung, daß hier etwas versäumt worden ist und daß gerade das, was in den letzten Wochen und Monaten in unseren befreundeten Ländern an kritischen Urteilen geäußert und geschrieben worden ist, Anlaß wäre, im Sinne Ihrer Bemerkung darüber kritisch nachzudenken.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806113100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hansen.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0806113200
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, dem Kollegen Dr. Mertes Quellen nachzuweisen, aus denen er sich unterrichten kann, damit er nicht wieder zu einer solch ungeheuerlichen Geschichtsklitterung kommt wie die, die in seiner Frage steckte?
Bölling, Staatssekretär: Ich glaube, Herr Abgeordneter Hansen, daß der Abgeordnete Dr. Mertes zu solchen Quellen auch Zugang findet, ohne daß ich sie ihm vermittle. Das, worauf es mir politisch ankam, habe ich mir erlaubt, ihm zu sagen.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Jedenfalls hat er das erlebt! Wir auch! Wir brauchen nichts darüber zu lesen; wir haben das erlebt!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806113300
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister Dr. von Dohnanyi zur Verfügung.
Die Frage 105 des Abgeordneten Dr. Schwencke (Nienburg) ist vom Fragesteller zurückgezogen worden.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Hört! Hört! Warum wohl?)

Ich rufe die Frage 101 des Abgeordneten Dr. Corterier auf:
Trifft es zu, daß der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Chile den früheren Militärattaché, Christian Ackerknecht, dem brutale Folterverbrechen angelastet werden und dessen Zurückziehung aus Bonn erwirkt wurde, zu einem offiziellen Empfang eingeladen hat und diesen — nach der Darstellung des „Spiegels" vom 28. November — sogar für „unschuldig" hält, und welche Schritte gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls zu unternehmen?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0806113400
Herr Kollege, die deutsche Botschaft in Santiago hatte bei der Einladung formale Kriterien angelegt, so daß unter 500 Eingeladenen auch Herr Ackerknecht einbezogen wurde. Im übrigen möchte ich mich an die Regel halten, auch über einen abberufenen Diplomaten an dieser Stelle kein Urteil abzugeben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806113500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Corterier.

Dr. Peter Corterier (SPD):
Rede ID: ID0806113600
Herr Staatsminister, hält es denn die Bundesregierung für richtig, wenn die deutsche Botschaft in einem Land wie Chile bei einer derartigen Einladung lediglich nach formalen Kriterien vorgeht?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, wir können aus der Zentrale des Auswärtigen Amtes heraus natürlich nicht die einzelnen Einladungen bestimmen. Insofern läßt sich kein allgemeines Urteil fällen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806113700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0806113800
Herr Staatsminister, stimmen Sie meiner Auffassung zu, daß es in allen Ländern den jeweiligen Botschaftern und ihrer Verantwortung überlassen bleiben muß, wen sie zur Gewinnung von Informationen und zur Förderung der Politik der Bundesregierung zu Empfängen einladen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Marx, ich habe eben gesagt, daß es dem Auswärti-
4680 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Staatsminister Dr. von Dohnanyi
gen Amt nicht möglich ist, im Einzelfall Einladungen zu bestätigen oder zu überwachen. Insofern hat natürlich die einzelne Botschaft eine große Bandbreite bei der Einladung derjenigen, die sie für einen Empfang für richtig hält.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806113900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0806114000
Herr Staatsminister, sind Sie bereit, namens der Bundesregierungs zu bestätigen, daß der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Santiago de Chile sich im Sinne seiner beamtenrechtlichen Pflichten wie stets auch in diesem Falle völlig korrekt und loyal zur Bundesregierung verhalten hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Mertes, ich habe ja gerade gesagt, daß es mir von hier aus nicht möglich ist und daß es dem Auswärtigen Amt nicht möglich ist, die Einzelfälle einer solchen Einladung zu überwachen. Deswegen kann man eine solche Frage nicht in der von Ihnen vorgesehenen Weise beantworten.

(Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Dem stimme ich nicht zu!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806114100
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf Huyn.

Graf Hans Huyn (CSU):
Rede ID: ID0806114200
Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß bei der Beurteilung von Personen allgemein der internationale Rechtsgrundsatz zu beachten ist, daß Anschuldigungen, wie immer und von wem immer sie erhoben worden sind, erst dann als feststehend betrachtet werden, wenn sie auch bewiesen und gerichtlich festgestellt sind?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Graf Huyn, ich würde gern zurückkommen auf die Formulierung, die ich hier benutzt habe. Ich habe gesagt, daß ich mich an die Regel halten möchte, auch über einen abberufenen Diplomaten von dieser Stelle kein Urteil abzugeben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806114300
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn.

Gerhard Jahn (SPD):
Rede ID: ID0806114400
Herr Staatsminister, kann man annehmen, daß ein hochrangiger Beamter der Bundesrepublik Deutschland — und so ist ein Botschafter ja wohl einzuordnen — auch bel dem Aussprechen von Einladungen in eigener Verantwortung Kenntnis von den Auffassungen seiner Regierung hat, daß er sich über Meinungen der Regierung, die ihn entsandt hat, und des Parlamentes des Landes, dem er zu dienen hat, orientiert?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Jahn, selbstverständlich kann man das unterstellen. In diesem Fall sind auf der Grundlage formaler Kriterien 500 Personen eingeladen worden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806114500
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Thüsing.

Klaus Thüsing (SPD):
Rede ID: ID0806114600
Herr Staatsminister, ist die Bundesregierung bereit, den Botschafter in Santiago de Chile, damit sich ähnliche Vorkommnisse nicht wiederholen, darauf hinzuweisen, daß Herr Ackerknecht als Stadtkommandant von Rancagua nach vorliegenden und nicht widersprochenen Dokumenten für die Folterung von mindestens 500 politischen Häftlingen verantwortlich war, selber folterte und bei seinen Methoden auch vor Folterungen von Frauen und Kindern nicht zurückschreckte?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, durch Ihre Fragestellung würden Sie mich zwingen, von dem Grundsatz abzugehen, den ich eben darzulegen versucht habe: daß nämlich die Bundesregierung von dieser Stelle aus kein Urteil über einen akkreditierten Diplomaten — auch nicht über abberufene — abgeben kann. Infolgedessen kann ich zu der materiellen Frage, die Sie gestellt haben, keine Antwort geben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806114700
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0806114800
Herr Staatsminister, ist aus Ihrer Antwort an den Kollegen Dr. Mertes zu schließen, daß sich unsere Botschaft in Santiago. de Chile nicht loyal verhalten hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Hupka, die Botschaft hat bei der Einladung zu die-sein Empfang formale Kriterien angelegt. Die Einladung ist durch die Botschaft erfolgt. 500 Personen sind eingeladen worden. Es geht also nicht um die Loyalität des Botschafters.
Vizepräsident-Stücken: Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Althammer.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0806114900
Herr Staatsminister, wenn Sie sich schon einer Äußerung in der Sache enthalten — zu diesem ausländischen Diplomaten —, würden Sie dann angesichts der Behauptungen, die Shier aufgestellt worden sind, wenigstens zugestehen, daß einem ausländischen Diplomaten dasselbe Recht zusteht, das jedem deutschen Staatsbürger zusteht: daß er als unschuldig zu gelten hat, solange keine Beweise vorliegen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Dies ist sicherlich richtig, Herr Kollege Althammer.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806115000
Ich rufe die Frage 102 — Abgeordneter Corterier — auf:
Hat der deutsche Botschafter in Chile — wie durch die Presse verbreitet wurde — dem CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß zu seinen später in der Bundesrepublik Deutschland umstrittenen Äußerungen gratuliert?
Bitte, Herr Staatsminister.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4681
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Der deutsche
Botschafter in Santiago hat dienstlich versichert, daß er dem CSU-Vorsitzenden nicht gratuliert, sondern ihm nach seiner Ansprache bei der akademischen Feierstunde lediglich die Hand gegeben habe.

(Lachen bei der CDU/CSU — Heiterkeit bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806115100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Corterier.

Dr. Peter Corterier (SPD):
Rede ID: ID0806115200
Herr Staatsminister, können wir nach dieser, wie ich offen sagen möchte, nicht sehr befriedigenden Auskunft wenigstens davon ausgehen, daß sich der Botschafter in Chile in Zukunft beim Händeschütteln mehr Zurückhaltung auferlegen wird?

(Heiterkeit)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Corterier, ich wiederhole: Der Botschafter hat versichert, er habe nicht gratuliert, sondern er habe lediglich die Hand gegeben. Er hat hinzugefügt, man möge eventuell den hier anwesenden Abgeordneten Strauß danach fragen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806115300
Herr Staatsminister, es ist nicht üblich, daß von Abgeordneten Fragen an Abgeordnete gestellt werden, sondern hier wird die Regierung gefragt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becher.

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0806115400
Herr Staatsminister, ist die Bundesregierung gewillt, einem Botschafter, der die ganze Bundesrepublik Deutschland vertritt, nur deshalb den Maulkorb des Herrn Kollegen Corterier umzuhängen, weil er ausnahmsweise einmal ein Mitglied der Opposition beglückwünscht oder diesem gratuliert?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich kann nicht bestätigen, daß eine solche Gratulation vorgelegen hat. Der Botschafter hat gesagt, er habe lediglich die Hand geschüttelt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806115500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn.

Gerhard Jahn (SPD):
Rede ID: ID0806115600
Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, ob der Herr Botschafter etwa zu spät zu dem Vortrag von Herrn Strauß gekommen ist, so daß er keine Gelegenheit hatte, ihm vorher rechtzeitig die Hand zu schütteln?

(Heiterkeit)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Jahn, ich kann das nicht bestätigen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806115700
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0806115800
Herr Staatsminister, haben Sie ein Gefühl für die Unerhörtheit dieses Vorganges, daß in diesem Hause Fragen der Art gestellt werden, ob ein Botschafter einem frei gewählten Abgeordneten dieses Hauses, der seit 28 Jahren für Freiheit und Recht eintritt und am Aufbau der Bundesrepublik Deutschland wesentlich mitgewirkt hat, für eine Rede die Hand schüttelt oder gratuliert?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Marx, Sie wissen, ich würde von dieser Stelle aus niemals Fragen qualifizieren, die von Abgeordneten gestellt werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806115900
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0806116000
Herr Staatsminister, gibt es unter Anlegung der von Ihnen soeben zitierten formalen Kriterien zwischen dem Fall der Anschuldigungen gegen den noch amtierenden Ständigen Vertreter der DDR in Bonn und dem Fall der Anschuldigung gegen den nicht mehr amtierenden chilenischen Militärattaché Parallelen, und, wenn ja, worin bestehen diese Parallelen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Mertes, ich erinnere an eine bravouröse Fragestunde von Herrn Wischnewski in diesem Hause, in der er auf entsprechende Fragen darauf hingewiesen hat, daß er von dieser Stelle keine Urteile über ausländische Diplomaten abgeben werde.

(Böhm [Melsungen] [CDU/CSU] : Herr Kohl ist doch kein ausländischer Diplomat! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806116100
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0806116200
Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Auffassung, daß im westlichen Europa der freundschaftliche Handschlag noch als Ausdruck freundschaftlicher Zugeneigtheit gewertet werden kann?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich bin nicht in der Lage, den Handschlag des Herrn Botschafters zu werten. Er hat lediglich festgestellt, er habe die Hand geschüttelt und nicht gratuliert.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806116300
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schröder (Lüneburg).

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0806116400
Herr Staatsminister, welche Richtlinien hat das Auswärtige Amt für das Händeschütteln von Diplomaten in Ostblockstaaten, insbesondere beim Verkehr mit den Staatssicherheitsministern und NKWD-Chefs erlassen?
4682 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, wie Sie meiner Antwort entnehmen können, gibt es gerade für das Händeschütteln keine Richtlinien.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806116500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hansen.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0806116600
Herr Staatsminister, vor dem Hintergrund der aktuellen innenpolitischen Diskussion über individuellen Terror möchte ich Sie fragen, ob Sie mit mir darin übereinstimmen, daß es sehr wohl gute Gründe dafür geben kann, jemandem, der staatlich organisierten Terror in einem anderen Land verherrlicht, nicht die Hand zu schütteln.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, dieser generellen Feststellung, die Sie hier treffen und die sich nicht auf bestimmte Personen bezog, kann man natürlich immer zustimmen.

(Zurufe von der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806116700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strauß.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0806116800
Herr Staatsminister, vermögen Sie auf Grund eigener Urteilskraft zu erkennen, daß Fragen auch so gestellt werden können, daß ihre Formulierung schon eine Lüge bedeutet, z. B. wenn ich Sie fragen würde, ob Sie Ihre Frau immer noch schlagen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Strauß, selbstverständlich ist einer so abstrakten Feststellung zuzustimmen. Nur würde ich doch niemals einen Abgeordneten des Hauses, der Fragen an die Bundesregierung stellt, auf diese Weise qualifizieren.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806116900
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Graf Huyn.

Graf Hans Huyn (CSU):
Rede ID: ID0806117000
Herr Staatsminister, da Sie mir sicher zustimmen, daß Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Mertes nicht Herrn Michael Kohl betreffen konnte, weil dieser wohl nicht als ausländischer Diplomat bezeichnet werden kann, möchte ich die Frage des Abgeordneten Mertes wiederholen und um eine Antwort bitten.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Graf Huyn, Sie geben mir Gelegenheit, meine vorangegangene Antwort zu verdeutlichen. Ich hatte hier gesagt, daß es die Bundesregierung ablehnt, von dieser Stelle aus Urteile über ausländische Diplomaten abzugeben. Im Rahmen dieser Grundhaltung der Bundesregierung hat Herr Staatsminister Wischnewski in einer Fragestunde diesen Grundsatz auf den Ständigen Vertreter der DDR angewandt. Nichts anderes wollte ich sagen und nichts anderes habe ich gesagt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806117100
Ich bin der Meinung, daß die Hintergründe hier nicht völlig aufgeklärt wer-
den können. Aber es muß sich um einen sehr langen Händedruck gehandelt haben, wenn man die Zahl der zu diesem Vorgang gestellten Zusatzfragen bedenkt.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0806117200
Herr Staatsminister, gibt es irgendeine Passage in der Rede des Abgeordneten Strauß bezüglich der Menschenrechte von Gefangenen in Chile, die eine Hingeneigtheit oder ein freundschaftliches Beglückwünschen irgendwie gerechtfertigt hätte?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Voigt, ich will Ihre Frage konkret und präzise beantworten. Einen besonderen Hinweis auf das Vorhandensein oder die Lage politischer Gefangener in Chile gab es meines Wissens in der Rede des Abgeordneten Strauß in Chile nicht.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806117300
Ich rufe die Frage 103 des Abgeordneten Dr. Schmude auf:
Teilt die Bundesregierung die verschiedentlich vertretene Auffassung, daß in Chile hinsichtlich der Fragen der Menschenrechte und der Demokratie eine Entwicklung eingetreten sei, die eine Änderung der Haltung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Chile rechtfertigen könnte?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Die Bundesregierung stützt sich in ihrer Beurteilung der innenpolitischen Lage in Chile in erster Linie auf den Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen vom 29. September 1977. Die Bundesregierung begrüßt im übrigen alle Bemühungen einzelner Persönlichkeiten, in Chile zur Wiederherstellung der Demokratie beizutragen. Derartige Bemühungen werden neben der Feststellung einer fortdauernden Verletzung der Menschenrechte in dem zitierten Bericht ebenfalls angedeutet.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806117400
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schmude.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0806117500
Herr Staatsminister, ist der Bundesregierung außerhalb dieses Berichts der UNO-Kommission bekannt, daß es in Chile noch im Laufe der letzten zwei Monate zahlreiche Verhaftungen politisch Verfolgter und dabei zum Teil das Verschwinden solcher Personen gegeben hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, der UNO-Bericht verweist an einer Stelle auf bestimmte Praktiken im Jahr 1977 und sagt, daß auch in letzter Zeit monatlich noch etwa 10 bis 15 Personen auf diese Weise verschwunden sind oder verhaftet wurden. Wir haben keine Hinweise darauf, daß dies in den allerletzten Monaten nicht fortgesetzt worden sei.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806117600
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schmude.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0806117700
Herr Staatsminister, hätte die Bundesregierung nach ihrem Stand der Erkenntnisse Veranlassung, die Auffassung zu teilen, derjenige,
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4683
Dr. Schmude
der dem chilenischen Militärregime Menschenrechtsverletzungen, Folter und Terror vorwerfe, betreibe Heuchelei und Verleumdung, gegen die man Chile in Schutz nehmen müsse?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Ich sagte Ihnen, Herr Kollege, die Bundesregierung stützt sich in erster Linie auf das Urteil des Berichts, den ich zitiert habe. Nach diesem Bericht sind solche Tatsachen in Chile in der Tat nachweisbar. Insofern kann man nicht von Heuchelei sprechen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806117800
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Althammer.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0806117900
Herr Staatsminister, nachdem Sie in Ihrer ersten Antwort eben erklärt haben, Sie begrüßten es sehr, wenn sich Personen für die Wiederherstellung der Demokratie in Chile einsetzten, frage ich Sie, ob Sie es für richtig halten, daß auch der Mann, der sich in Chile für die Wiederherstellung der Demokratie in wiederholten öffentlichen Erklärungen eingesetzt hat, Franz Josef Strauß, hier einer Verherrlichung des Terrorismus geziehen wird?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, wenn die Äußerungen des Kollegen Strauß in Chile insgesamt betrachtet werden, so gibt .es neben den Erklärungen zur Demokratie, auf die Sie eben Bezug genommen haben, den Tatbestand, daß sich die chilenische Regierung trotz der in dem UNO-Bericht festgestellten Tatsachen durch diese Äußerungen in ihrer gegenwärtigen Existenz bestätigt fühlen mußte.

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grunde, Herr Kollege, bin ich sicher, daß diese sicherlich auch gemachten Äußerungen des Kollegen Strauß aus der Sicht der Bundesregierung nicht ausreichend waren, um die Demokratie in Chile voranzutreiben.

(Erneuter Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806118000
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schröder (Lüneburg).

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0806118100
Herr Staatsminister, können Sie, nachdem Sie über durch ein UNO-Gremium festgestellte Menschenrechtsverletzungen in Chile im Jahre 1977 referiert haben, dem Hause über das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen in den Jahren 1972 und 1973 Auskunft geben, wie sie in der Deklaration des frei gewählten chilenischen Parlaments vom 22. August 1973 festgehalten sind?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich glaube nicht, daß es zweckmäßig ist, Verletzungen, die in einer früheren Zeit geschehen sein mögen und die, wie Sie sagen, durch das Parlament bestätigt worden seien,

(Zuruf von der CDU/CSU: Sind!)

als eine Art Ausgleich für Verletzungen der Menschlichkeit, die noch heute in Chile geschehen, zu betrachten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806118200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strauß.

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0806118300
Herr Staatsminister, ganz abgesehen von der Tatsache, daß die Bundesregierung dem Regime Allende mit seinen ebenfalls nachgewiesenen notorischen Menschenrechtsverletzungen zu dieser Zeit noch automatische Waffen für den Bürgerkrieg geliefert hat,

(Zuruf von der SPD: Fragen!)

also ganz abgesehen davon — Sie kennen den Vorgang —

(Weitere Zurufe von der SPD)

— das ist unangenehm, das glaube ich Ihnen —, aber abgesehen davon — darüber werden wir uns ein anderes Mal unterhalten —,

(Weitere Zurufe von der SPD)

haben Sie klare Informationen oder zuverlässige Beweise dafür, daß der UNO-Bericht über Chile auf bessere Informationen zurückgreift als der UNO-Bericht, der schließlich zur Verurteilung der Bundesrepublik wegen Waffenlieferungen nach Südafrika und nuklearer waffentechnischer Zusammenarbeit geführt hat, zu einer Verurteilung mit großer Mehrheit?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Strauß, ich muß Ihnen Ihre Frage leider mit Ja beantworten. Denn so gerne die Bundesregierung bestätigen würde, daß es Menschenrechtsverletzungen in Chile nicht gibt

(Zuruf von der CDU/CSU: Das war nicht die Frage!)

oder der UNO-Bericht in dieser 'Beziehung nicht glaubwürdig wäre,

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

muß ich doch leider feststellen, Herr Kollege Strauß, daß in diesem Bericht — und ich würde Sie bitten, das doch einmal nachzulesen — einzelne Personen benannt sind, die Zeugnis von dem, was ihnen geschehen ist, abgelegt haben. Ich habe, offen gesagt, den Eindruck, daß Sie, Herr Kollege Strauß, diesen Bericht nie gelesen haben; sonst würden Sie die Frage nicht stellen.

(Beifall bei der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806118400
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0806118500
Herr Staatsminister, ist es in diesem Zusammenhang auch nach Ihrer Auffassung wichtig, daran zu erinnern, daß es allein in den letzten Jahren verschiedene
4684 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Dr. Mertes (Gerolstein)

Fälle gab, in denen Länder, die von nichtkommunistischen oder antikommunistischen autoritären oder totalitären Regimen beherrscht wurden, zur Rechtsstaatlichkeit und zur Freiheit zurückgefunden haben, daß es aber kein kommunistisches Land gibt, das diesen Weg zurück in die Rechtsstaatlichkeit und die Freiheit gefunden hätte?

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Mertes, die Frage, über die wir hier diskutieren und zu der die Bundesregierung Auskunft geben soll, ist die nach der Lage in Chile. Zu dieser Lage in Chile habe ich mich auf den Bericht der UNO-Kommission bezogen, der zu unserem Bedauern eine eindeutige Auskunft über die Menschenrechtslage in Chile gibt. Nur dazu habe ich hier gesprochen.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Aber das war nicht meine Frage! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806118600
Meine Damen und Herren, der Präsident kann die Bundesregierung nicht zwingen, die Antwort zu geben, die die Abgeordneten erwarten. Das steht außerhalb der Möglichkeiten der Reglementierung durch den Präsidenten bei Fragestunden.

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Conradi.

(Nordlohne [CDU/CSU] : Die Abwertung der Fragestunde geht weiter! — Strauß [CDU/CSU]: Das ist doch eine parlamentarische Witzstunde und keine Fragestunde mehr!)

Conrad! (SPD) : Herr Staatsminister, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Qualifizierung des Vorsitzenden der Chilenischen christ-demokratischen Partei, Frei, als eines „verschlissenen, greinenden Typs" der Wiederherstellung der Demokratie und der Menschenrechte in Chile dienlich ist?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Conradi, ich möchte das, was Sie soeben gefragt haben, nur verneinen. Dies ist der Herstellung der Demokratie in Chile sicherlich nicht dienlich gegewesen.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806118700
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Riedl.

Dr. Erich Riedl (CSU):
Rede ID: ID0806118800
Herr Staatsminister, können Sie bestätigen, daß der von Ihnen erwähnten Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen auch Kuba und Uganda, also das von Idi Amin geführte Uganda, angehören?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, die Kommission, der auch — —

(Nordlohne [CDU/CSU] : Ja oder nein! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Auf die Frage eingehen! Ja oder nein!)

— Herr Präsident, wenn ich die Chance bekomme, hier zu antworten, will ich das gerne tun.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806118900
Herr Staatsminister, sowenig ich Sie veranlassen kann, die Antwort zu geben, die Abgeordnete erwarten,

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

sowenig kann ich die Abgeordneten daran hindern, Zwischenrufe zu machen.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

— So ist es, Herr Abgeordneter Wehner. (Zurufe von der SPD)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Präsident, ich war dabei, die Frage zu beantworten, und lief Gefahr, von den Kollegen der Union nicht mehr verstanden zu werden.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Ja, es ist richtig.

(Dr. Riedl [München] [CDU/CSU] : Soll ich die Frage wiederholen?)

— - Nein ich habe die Frage bestätigt. Zugleich möchte ich unterstreichen, daß die Vereinten Nationen in ihrer Generalversammlung gestern eine Resolution mit den Stimmen der Vereinigten Staaten, aller Länder der Europäischen Gemeinschaft und mit den Stimmen auch z. B. der Sowjetunion verabschiedet haben, die einheitlich die besondere Menschenrechtslage in Chile bestätigt.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CSU/CSU]: Die leugnen wir ja gar nicht!. — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Insofern wird damit dieser Bericht in seinem Inhalt bestätigt. Denn auch die Resolution nimmt Bezug auf die Fortdauer der Verletzung von Menschenrechten, um die es hier doch geht. Oder ist jemand für die Fortdauer der Verletzung von Menschenrechten in Chile?

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806119000
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0806119100
Herr Staatsminister, Sie haben vorhin gesagt, Sie wollten Äußerungen von Abgeordneten nicht qualifizieren. Ich frage Sie, ob das auch für Äußerungen von Abgeordneten der Opposition gilt. Denn soeben haben Sie dem Abgeordneten Strauß hier unterstellt — das ist eine reine Vermutung Ihrerseits —, daß er die Dokumente nicht einmal gelesen habe. Ist das Ihres Amtes?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, es ist sicherlich nicht meines Amtes, den Kollegen Strauß zu bitten, etwas zu lesen. Nur, ich hatte auf Grund seiner Fragestellung den Eindruck, daß
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4685
Staatsminister Dr. von Dohnanyi
I er die Einzelheiten, nach denen er mich ja gefragt hat und die in dem Kommissionsbericht enthalten sind, nicht kannte. Sonst, so habe ich vermutet, hätte er nach solchen Einzelheiten nicht gefragt.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806119200
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Thüsing.

Klaus Thüsing (SPD):
Rede ID: ID0806119300
Herr Staatsminister, ist die Bundesregierung, damit die Zweifel der Abgeordneten Strauß und Riedl (München) ausgeräumt werden, bereit, den von Ihnen erwähnten Bericht des Sozialausschusses der UNO bekanntzumachen, in dem der Regierung in Chile auf Antrag der USA und der UdSSR ständige und flagrante Verletzungen der Menschenrechte vorgeworfen werden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, der Bericht und die von mir zitierte Resolution sind natürlich bekannt. Ich gehe davon aus, daß sie auch in den Unterlagen der Opposition vorhanden sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806119400
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Möllemann.

Jürgen W. Möllemann (FDP):
Rede ID: ID0806119500
Herr Staatsminister, gibt es neben der Dokumentation, auf die Sie abgehoben haben und die hier auf Grund der Tatsache in' Zweifel gezogen wird, weil an ihrer Erstellung auch Vertreter totalitärer Staaten mitgewirkt haben könnten, andere Dokumente, etwa von Bündnispartnern, Berichte aus deren Botschaften in dem Land, von dem wir hier sprechen, die an Kritik das untermauern, was gegenüber Chile erhoben wird?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Möllemann, es gibt solche Berichte. Auch in diesen Berichten, z. B. in einem Bericht der neun EG-Botschaften, wird darauf hingewiesen, daß es weiterhin einen Umgang mit aus politischen Gründen Verhafteten gibt, der unseren Vorstellungen von Menschenrechten nicht entspricht.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806119600
Eine weitere Zusatzfrage, Abgeordneter Graf Huyn.

Graf Hans Huyn (CSU):
Rede ID: ID0806119700
Herr Staatsminister, ist die — gelinde gesagt — einseitige Beantwortung der in diesem Hause gestellten Fragen, die sogar so weit geht, daß die Sowjetunion zum Zeugen in Fragen der Menschenrechtsverletzungen aufgerufen wird, vielleicht durch die Befangenheit zu erklären, der die Bundesregierung unterliegen muß, da sie sich gestern vor diesem Hohen Hause dazu gezwungen sah, zugeben zu müssen, daß auf Kosten des deutschen Steuerzahlers drei Anhänger einer Organisation in Chile, die vom Verfassungsschutz als — ich zitiere — „extremistisch und terroristisch" bezeichnet wurde, in die Bundesrepublik Deutschland verbracht wurden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Graf Huyn, wenn ich Ihre Frage richtig verstanden
habe, so könnte ich sie kurz und knapp mit Nein
beantworten. Aber ich bin nicht sicher — die Frage
war lang —, ob Ihnen diese Antwort genügen würde.
Lassen Sie mich bestätigen, daß die Resolution, die gestern verabschiedet wurde und die der Regierung in Santiago erneut ständige und flagrante Verletzung der Menschenrechte vorwirft, mit 98 gegen 12 Stimmen bei 28 Enthaltungen verabschiedet worden ist. Mir lag nicht daran, die Sowjetunion als Zeuge anzurufen, sondern auf die breite Basis der Verurteilung in den Vereinten Nationen hinzuweisen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806119800
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Däubler-Gmelin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID0806119900
Herr Staatsminister, sind Sie der Auffassung, daß es einer besonders kritischen Haltung gegenüber Menschenrechtsverletzungen entspricht oder daß es auch nur dem Bemühen, die Demokratie in Chile wieder einzuführen, dient, wenn sich ein Abgeordneter dieses Hauses als Mitglied der Strauß-Delegation in Chile über die Anwälte, die sich im Auftrag des katholischen Vikariats der Solidarität unter anderem auch für die Opfer der Menschenrechtsverletzungen einsetzen, äußert, daß die über ihr Land nur so redeten wie Croissant über die Bundesrepublik?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Frau Kollegin,
Vergleiche, die aus Chile im Zusammenhang mit bestimmten Vorgängen in der Bundesrepublik oder in Europa zu uns herübergeklungen sind, waren insgesamt für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig.

(Beifall bei der SPD)

Dies gilt natürlich auch für diesen Vergleich.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806120000
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0806120100
Herr Kollege von Dohnanyi, da mir die Zerstörung der Menschenrechte, gleichgültig wo, persönlich sehr nahegeht, frage ich Sie, ob die Bundesregierung bereit ist, in den Vereinten Nationen darauf hinzuwirken, daß diese einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen und die Art dieser Menschenrechtsverletzungen in vielen anderen Ländern der Welt erstellen lassen und ob Sie hoffen, daß es, wenn es solch einen Bericht gäbe, ähnliche Zahlen von Ja-Stimmen, Nein-Stimmen und Enthaltungen gibt, wie die, die Sie eben vorgetragen haben.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Marx, die Bundesregierung hat sich in den Vereinten Nationen wiederholt — zuletzt durch den Bundesaußenminister — für das allgemeine Durchsetzen der Menschenrechte eingesetzt.

(Strauß [CDU/CSU] : Wieder nicht die Frage beantwortet!)

— Herr Kollege Strauß, ich darf doch die Frage weiter beantworten?
4686 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Staatsminister Dr. von Dohnanyi
Hierzu gehört selbstverständlich auch eine ausreichende Information. Die Information aus einem Bericht kann für die Feststellung der Verletzung von Menschenrechten dienlich sein. Soweit solche Berichte vorliegen, wird sie die Bundesregierung auf ihren sachlichen Inhalt prüfen und ihnen, wenn sie sie sachlich für richtig hält, zustimmen und die Durchsetzung der Menschenrechte auch mit Hilfe solcher Berichte unterstützen.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806120200
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Corterier.

Dr. Peter Corterier (SPD):
Rede ID: ID0806120300
Herr Staatsminister, trifft es zu, daß an der Arbeit der Ad-hoc-Gruppe, die für die Vereinten Nationen den Bericht, von dem hier die Rede ist, erstellt hat, kein einziger Vertreter eines totalitären Staates mitgewirkt hat, sondern — ich zitiere aus dem Bericht —: Herr Allana als Vorsitzender aus Pakistan, Herr Benetis aus Ekuador, Herr Diéye aus Senegal, Herr Kamara aus Sierra Leone und der bekannte österreichische Jurist Ermacora. Glauben Sie, daß angesichts dieser Zusammensetzung der Kommission die Zweifel, die die Opposition an der Objektivität des Berichtes hat, gerechtfertigt sind?

(Zurufe von der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Corterier, für uns ist der Bericht der Vereinten Nationen — ich sagte das — die wesentliche Grundlage für die Beurteilung der Lage in Chile. Selbstverständlich gehen wir nach Prüfung davon aus, daß die beteiligten Persönlichkeiten die Lage in Chile objektiv und sachlich geprüft haben. Dies ist der Grund, warum wir uns auf diese Informationen und auf die angegebenen Details stützen.

(Dr. Riedl [München] [CDU/CSU] : Lauter kleine Waldheims sind das!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806120400
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0806120500
Herr Staatsminister, indem ich bei Ihnen die Kenntnis der Gulag-Trilogie von Solschenizyn voraussetze, frage ich Sie, ob Sie bereit sind, dem Hohen Hause mitzuteilen, woher die Sowjetunion ihre Aktivlegitimation bezieht, um über Diktaturen und deren Praktiken in anderen Erdteilen zu urteilen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Hupka, es steht der Bundesregierung nicht an, das Verhalten anderer Staaten in der UNO zu begutachten oder zu kritisieren.

(Zuruf von der CDU/CSU: Südafrika!)

Sie haben mich vorhin auch nicht dazu gehört, als es um die Feststellung ging, wer sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten und wer zugestimmt hat. Wir gehen davon aus, daß die Sowjetunion in diesem Falle einem berechtigten Anliegen der Vereinten Nationen zugestimmt hat und damit die breite Basis der Verurteilung Chiles in der Menschenrechtsfrage hat offenkundig erscheinen lassen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806120600
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Becher. Es liegen noch Wortmeldungen zu weiteren zwei Zusatzfragen vor. Mit Rücksicht auf die anderen Fragen und die sich anschließende Aktuelle Stunde wollen wir die Behandlung dieser Frage danach abschließen. Herr Abgeordneter Becher!

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0806120700
Herr Staatsminister, warum hat die Bundesregierung in Anbetracht der schlechten Beurteilung, die Sie offenbar der Regierung Pinochet geben, genau diese Regierung Pinochet gebeten, sich nicht an der Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland zu beteiligen, die von der UNO wegen angeblicher Waffenlieferungen an Südafrika ausgesprochen wurde?

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, wir gehen davon aus, daß es darauf ankommt, die Verletzung von Menschenrechten, wo immer wir auf diese Tatbestände stoßen, zu beseitigen, soweit dies in unserer Kraft liegt, und der Respektierung der Menschenrechte zum Durchbruch zu verhelfen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Weißbuch!)

Insofern besteht kein Widerspruch zwischen den beiden Verhaltensweisen: einerseits die auf Grund des Berichtes festgestellte Verletzung von Menschenrechten zu rügen und andererseits alle Staaten dazu aufzurufen, in der Frage der Beurteilung der Bundesrepublik Deutschland der Wahrheit zu folgen. Mehr haben wir gegenüber der Regierung in Santiago nicht getan.

(Beifall bei der SPD — Lagershausen [CDU/ CSU] : Glauben Sie das selbst? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Das versteht doch kein Mensch!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806120800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0806120900
Herr Staatsminister, trifft es zu, daß der Bundesregierung bei der Sicherheitsüberprüfung, die der Aufnahme der genannten chilenischen Flüchtlinge vorausgegangen ist, genau bekannt war, daß selbst die chilenischen Behörden den Genannten keine terroristischen Handlungen vorgeworfen haben, und daß insofern die Vorwürfe, die hier von dem Abgeordneten Huyn gegenüber diesen chilenischen Emigranten erhoben worden sind, nicht einmal von den chilenischen Behörden gegenüber diesen Emigranten erhoben worden sind?

(Zuruf von der CDU/CSU: Aber vom deut schen Verfassungsschutz!)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich kann im Augenblick dazu keine Auskunft geben, weil mir der Tatbestand im Einzelfall in Chile
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4687
Staatsminister Dr. von Dohnanyi
nicht bekannt ist. Sicher ist nur, daß die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht gestattet worden wäre, wenn es sich um „Terroristen" gehandelt hätte.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806121000
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerster.

Dr. Johannes Gerster (CDU):
Rede ID: ID0806121100
Herr Staatsminister, im Anschluß an die Frage des Kollegen Becher frage ich Sie: Wann, wo und durch wen hat sich die Bundesregierung bei ihren zahlreichen Reisen in den Ostblock dort öffentlich für die Wiederherstellung der Menschenrechte eingesetzt, was doch die Voraussetzung dafür wäre, um Äußerungen anderer Politiker bewerten und würdigen zu können?

(Dr. Hupka [CDU/CSU]: Ausflug nach Oreanda!)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich möchte an Stelle vieler anderer Feststellungen

(Zuruf von der CDU/CSU: Da müssen Sie erst nachlesen!)

— ja, mir liegt daran, Ihnen dies in Erinnerung zu rufen — nur eine einzige derartige Feststellung zitieren,

(Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie auch die Tischrede von Helmut Schmidt bei Gierek?)

weil sie seit Beginn der Entspannungspolitik unsere Position so deutlich macht. Ich zitiere aus der Erklärung des damaligen Bundeskanzlers Brandt beim Treffen mit dem Vorsitzenden des Ministerrats der DDR, Willi Stoph, in Erfurt:
Es muß Ziel und Sinn unserer Bemühungen sein, Fortschritte zu erzielen, die mehr Freizügigkeit bringen und den Menschenrechten Raum schaffen. Wir werden jedenfalls unsere Auffassung hierzu weiter vertreten.
Deutlicher konnte das nicht gesagt werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Wann war das? Lang, lang ist's her! — Zuruf von der CDU/CSU: Keine Aufforderung an die DDR! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806121200
Ich rufe die Frage 104 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmude auf:
Hat die Bundesregierung aus den bisherigen Erörterungen über die Verwirklichung der Bestimmungen der KSZE-Schlußakte den Eindruck gewonnen, daß der Behandlung der Menschenrechtsproblematik nicht genügend Raum gegeben wird?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Die Frage der Menschenrechte ist in Belgrad mit hoher Intensität behandelt worden. Dabei hat auch die deutsche Delegation eine wichtige Rolle gespielt. Sie hat am 2. Dezember einen von Botschafter Goldberg eingebrachten Vorschlag für das Abschlußdokument mitgestaltet und mitunterzeichnet. Neben diesen nötigen Klarstellungen im prinzipiellen Bereich der
Menschenrechte sind für die Bundesrepublik Deutschland konkrete Verbesserungen zugunsten der Menschen von besonderer Bedeutung.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806121300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schmude.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0806121400
Können Sie bestätigen, Herr Staatsminister, daß die angesprochene Rolle der Bundesrepublik in der Zusammenarbeit mit den westeuropäischen Staaten und den Vereinigten Staaten von Amerika eine aktive Rolle in voller Übereinstimmung ist und gewesen ist?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Ich kann das bestätigen, Herr Kollege Schmude. Ich habe vor wenigen Tagen in Belgrad ein Gespräch mit dem Leiter der Delegation der Vereinigten Staaten, Herrn Goldberg, gehabt und dabei feststellen können, daß es in diesen Fragen eine volle Übereinstimmung gibt.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806121500
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schmude.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0806121600
Hätte sich die Delegation der Bundesrepublik Deutschland für die Verwirklichung von Menschenrechten bei dieser Nachfolgekonferenz erfolgreicher einsetzen können, wenn sie als amtliches Dokument eine Dokumentation über die Verletzung von Menschenrechten an Deutschen und in Deutschland mit der Verpflichtung zur Verfügung gehabt hätte, dieses im einzelnen dort einzuführen und zu erläutern?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Schmude, die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa greift ja nicht ohne Grund über das deutsch-deutsche Verhältnis hinaus. Wir gehen davon aus, daß nur durch eine Aussöhnung zwischen beiden Seiten Europas auch das deutschdeutsche Verhältnis schrittweise normalisiert werden kann. Insofern wäre eine Verengung der Debatte auf der Seite der Bundesrepublik allein auf das deutsch-deutsche Verhältnis sicher nicht nützlich gewesen.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das hat niemand gewollt, und dies zu unterstellen wäre auch falsch!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806121700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schröder (Lüneburg).

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0806121800
Herr Staatsminister, welche konkreten Vorschläge sind eigentlich in Belgrad von der sowjetischen Regierung auf den Tisch gelegt worden, mehr Menschenrechte, beispielsweise das Recht der freien Rede und die Freizügigkeit, in ihrem Hoheitsbereich einzuführen und damit der KSZE-Schlußakte von Helsinki nachzukommen?
4688 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Schröder, Ihnen ist doch so gut wie der Bundesregierung bekannt, daß es zu diesen Fragen und ihrer Bedeutung für die Gesellschaften in Ost und West unterschiedliche Auffassungen gibt. Es ist doch unbestritten, daß die Sowjetunion in diesen Fragen weniger Initiativen ergreift als z. B. in Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit oder in anderen Fragen der Schlußakte von Helsinki.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806121900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0806122000
Herr Staatsminister, war bei der Behandlung der Menschenrechtsproblematik in Belgrad auch die der deutschen Staatsangehörigen unter polnischer Verwaltung, für die ja unmittelbare Schutzpflicht besteht, deutscherseits so klar angesprochen worden, wie das im halbjährlichen Rechenschaftsbericht des Präsidenten Carter erfolgte, der nach der Meldung des Nachrichtenspiegels der Bundesregierung vom 6. Dezember 1977 Polen als das Land tadelte, bei dem es von allen Ländern die größten Härten in der Ausreise gebe?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, Sie wissen, daß die Bundesregierung diese Probleme nicht nur im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und nicht nur in Belgrad, sondern an vielen anderen Stellen anspricht. Wir werden ja nachher bei Fragen nach der Reise des Bundeskanzlers darauf eingehen können, daß diese Härtefälle ausdrücklich auch vom Bundeskanzler angesprochen worden sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806122100
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0806122200
Herr Staatsminister, in welcher Weise hat die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland während des Überprüfungstreffens in Belgrad die Dokumentation der CDU/CSU zur Wahrung der Menschenrechte in ihre Verhandlungen. mit einbeziehen können?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Hupka, die Dokumentation, die erst jetzt zur Verfügung steht, wurde ja von Ihren Kollegen — ich habe nicht genau in Erinnerung, ob nicht sogar von Ihnen selbst — in Belgrad verschiedenen Delegationen zur Verfügung gestellt. Selbstverständlich hat auch die Bundesregierung Sachverhalte zur Kenntnis genommen und nimmt Sachverhalte zur Kenntnis, die sich in dem besonderen deutsch-deutschen Verhältnis niederschlagen. Nur unterstreichen wir, daß die Konferenz in Belgrad eben nicht eine Konferenz über die besonderen deutsch-deutschen Verhältnisse ist, sondern eine Konferenz über die Sicherheit und Zusammenarbeit in ganz Europa.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806122300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz (Berlin).

Gerhard Kunz (CDU):
Rede ID: ID0806122400
Herr Staatsminister, wegen der unauflösbaren Verbindung zwischen Entspannung und Menschenrechten und wegen der Unmöglichkeit, die Menschensrechtsproblematik nur abstrakt zu erörtern, frage ich Sie, welche konkreten Fälle, welche Schicksale von Menschenrechtsverletzungen an Deutschen die Bundesregierung bisher in Belgrad vorgetragen hat.

(Lagershausen [CDU/CSU]: Keine!)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Kunz, ich kann Ihnen jetzt

(Lagershausen [CDU/CSU] : Keine nennen!)

Einzelfälle nicht nennen. Aber ich unterstreiche noch einmal, daß es der Bundesregierung wie auch den übrigen Partnern bei der Konferenz darum geht, das Schicksal der Menschen in Europa und damit im anderen Teil Deutschlands zu erleichtern, die Entspannung und die Sicherheit in Europa zu fördern, und daß dabei Einzelfälle, soweit sie hierfür eine Rolle spielen, selbstverständlich auch in den Beratungen mit herangezogen- werden.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806122500
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becher.

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0806122600
Herr Staatsminister, ist die Bundesregierung im Hinblick auf Ihre soeben getroffene Aussage über die Mitverwendung der Dokumentation der CDU/CSU jetzt bereit, auf dem Wege einer Mitteilung diese Dokumentation in die Drucksachen des Deutschen Bundestages einzubringen, zumal damit der beschämende Eindruck abgewehrt werden könnte, den ich darin erblicke, daß sich ein Mitglied des amerikanischen Kongresses bereit erklärt hat, diese Dokumentation in die Drucksachen des amerikanischen Kongresses einzubringen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Zunächst, Herr Kollege, möchte ich Sie berichtigen: Eine solche Erklärung gibt es nicht. Auch in den Vereinigten Staaten, wo die Drucklegungspraxis für Vorgänge im Kongreß sehr viel weiter ist als bei uns, ist eine solche Drucklegung nicht vorgesehen.
Im übrigen habe ich auch vorhin nicht „Verwendung" gesagt, sondern ich habe erklärt, daß für die Bundesregierung Einzelfälle auch im deutsch-deutschen Verhältnis eine Rolle spielen, weil diese ja einen Teil des Entspannungsprozesses in Europa darstellen und die Konferenz sich - auf diesen ganzen Entspannungsprozeß bezieht. In diesem Rahmen werden selbstverständlich auch Einzelfälle, die aus einere solchen Dokumentation erkennbar werden, mit einbezogen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806122700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ehmke.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0806122800
Herr Staatsminister, in welchem Ausmaß sind die Glaubwürdigkeit und die Position der Bundesrepublik und des Westens in der Diskussion der Menschenrechtsfrage in Belgrad da-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4689
Dr. Ehmke
durch geschwächt worden, daß Herr Kollege Strauß und andere Mitglieder der Opposition in der Welt herumgereist sind und Regierungen Lob gespendet haben, von denen wir wissen, daß sie Menschenrechte mit Füßen treten?

(Dr. Becher [Pullach] [CDU/CSU] : Meinen Sie Polen?)

Das trifft für Südafrika eben so zu wie für Chile.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Ehmke, ich möchte jetzt nicht auf einzelne Äußerungen in Chile eingehen, die eine negative Wirkung auf diese Darstellung der Bundesrepublik haben könnten. Aber ich gehe davon aus, auch wenn ich die deutsche Presse hierzu lese, und zwar in ihrer ganzen Breite, daß aus den Äußerungen eine negative Wirkung auf die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik Deutschland in Menschenrechtsfragen abgeleitet werden kann. Ich bedauere das; aber ich sehe es so.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806122900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0806123000
Herr Staatsminister, können Sie dem Hohen Hause bestätigen, daß die CDU/CSU-Fraktion weder in Ausschußberatungen noch im Plenum des Deutschen Bundestages jemals eine Verengung der Menschenrechtsfrage auf die betroffenen Deutschen vogeschlagen oder angeregt hat, sondern daß sie ihr Weißbuch verstanden hat als einen Beitrag zu einer Teilproblematik des KSZE-Überprüfungstreffens, die der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland besonders am Herzen liegt, weil wir das einzige zwischen Ost und West, zwischen Freiheit und Unfreiheit geteilte Land in Europa sind, und wollen Sie bitte zur Kenntnis nehmen, daß wir in der Einleitung unseres Weißbuches über die menschenrechtliche Lage in Deutschland und der Deutschen in Osteuropa ausdrücklich erklärt haben: „Unsere menschliche Solidarität gehört allen Menschen in aller Welt, gleichgültig unter welchem politischen System sie leben, die in ihren Menschenrechten verletzt sind"?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Mertes, die Einleitung zu Ihrer Dokumentation ist mir bekannt. Insofern kann ich Ihnen bestätigen, daß dies so in der Einleitung geschrieben steht.

(Heiterkeit bei der SPD und der. FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Die erste Frage haben Sie nicht beantwortet!)

— Herr Kollege, ich dachte, ich dürfte hier immer nur eine Zusatzfrage beantworten, nicht zwei.

(Erneute Heiterkeit bei der SPD und der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Haben wir irgendwo zur Verengung gedrängt?)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806123100
Herr Abgeordneter Mer- tes! — Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Möllemann.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sie sind ausgewichen, Herr Staatsminister!)


Jürgen W. Möllemann (FDP):
Rede ID: ID0806123200
Herr Staatsminister, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß der Delegation meiner Fraktion, die sich ebenfalls in Belgrad vor Ort informiert hat, von den Vertretern der Delegationen der Staaten des Ostens, des Westens und der Neutralen erklärt wurde, daß ihnen die in der CDU-Dokumentation enthaltenen Fälle bereits von der Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bekanntgemacht worden seien, daß es also eines solchen Anstoßes nicht bedurft hätte?

(Dr, Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist doch gar nicht die Frage! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staátsminister: Herr Kollege Möllemann, ich habe ja darauf hingewiesen, daß Einzelfälle, soweit sie für diesen Gesamtprozeß relevant sind, von der Delegation der Bundesregierung dort angesprochen werden. Ich habe versucht, die Kollegen der Union damit zu beruhigen, daß damit die Interessen, die die Union offenbar wahrnehmen will, auch wahrgenommen sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806123300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0806123400
Herr Staatsminister, da die Bundesregierung offenbar weder die Dokumentation der Opposition noch die Dokumentation des Bundes der Vertriebenen in irgendeiner Weise in Belgrad einzubeziehen gewillt ist, möchte ich Sie allgemein fragen, in welcher Weise sich die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Nachfolgekonferenz überhaupt an den Menschenrechtsdiskussion in Belgrad beteiligt hat.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Wittmann, wenn ich diese Einzelpunkte alle aufzählen sollte, könnten wir den Rest der Fragestunde damit füllen. Das begann mit der Eingangserklärung des Delegationsleiters, Staatssekretär van Well. Und ich zitierte eben, vor wenigen Tagen — ich glaube, es war am 2. Dezember — haben wir ebenfalls einen Schritt getan durch die Zustimmung und die Unterschrift unter einen von Herrn Botschafter Goldberg vorgebrachten Vorschlag für die Abfassung der Abschlußdokumentation. Hier gibt es also eine Viel- zahl von Initiativen zu berichten, die ich nicht alle aufzählen kann.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806123500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hennig.

Dr. Ottfried Hennig (CDU):
Rede ID: ID0806123600
Herr Staatsminister, hatte die deutsche Delegation in Belgrad bereits Gelegenheit, die Zusage des Bundesaußenministers wahrzunehmen, die Dokumentation des BdV, die in der
4690 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Dr. Hennig
vorigen Frage angesprochen worden ist, dort in die Debatte einzuführen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich kann dies im Augenblick nicht ausdrücklich bestätigen. Ich müßte nachfragen. Ich unterstreiche aber noch einmal: Es geht darum, all die auf diese Weise bekanntwerdenden Einzelheiten einzubeziehen, und ich gehe davon aus, daß auch diese Einzelheiten einbezogen worden sind.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806123700
Meine Damen und Herren, ich werde noch vier weitere Zusatzfragen zulassen. — Herr Abgeordneter Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0806123800
Herr Staatsminister, sind Sie bereit, dem Bundestag eine Dokumentation vorzulegen, aus der hervorgeht, wieviel konkrete Menschenrechtsfälle die Bundesregierung gelöst hat im Vergleich zu anderen westlichen Teilnehmerstaaten der KSZE, insbesondere im Hinblick auf die Lösung von Aussiedlerproblemen, Problemen der Familienzusammenführung und Schaffung von Reisemöglichkeiten, was einerseits ein Ausdruck der besonderen innerdeutschen Problematik ist, andererseits aber ein Ausdruck der besonders qualifizierten Behandlung der Menschenrechtsproblematik durch die Bundesregierung sein könnte und dies bestätigen könnte? Sind Sie bereit, dem Bundestag eine solche vergleichende Ubersicht vorzulegen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Voigt, selbstverständlich wäre ich dazu bereit. Ich weiß nicht, ob es erforderlich ist; denn dem Hause sind von mir und von anderen in den Fragestunden, in den Debatten und in den Ausschüssen die Zahlen über die Entwicklung der Familienzusammenführung, der Umsiedlung usw. immer wieder vorgetragen worden. Es kann überhaupt gar keinen Zweifel an dem Erfolg dieser konkreten Menschenrechtspolitik der Bundesregierung bestehen.

(Beifall bei der SPD)

Ein Vergleich mit anderen westlichen Staaten in der Quantität allein wäre natürlich wegen der besonderen Lage der Bundesrepublik Deutschland nicht relevant.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : In Deutschland, nicht in der Bundesrepublik Deutschland!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806123900
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0806124000
Herr Staatsminister, darf ich noch einmal nachfragen, ob Sie sich in allem immer klar darüber waren, daß unsere Absicht — auch schriftlich niedergelegt im Weißbuch — immer darin bestand, einen Teil des großen und umfassenden Problems, und zwar den uns am nächsten liegenden, den deutschen Teil, darzustellen, und daß der erkrankte Herr Außenminister dem Vorsitzenden unserer Fraktion in einem Schreiben hat mitteilen lassen, daß er diese Dokumentation mit großem Inter-
esse aufgenommen habe, sie sei im Auswärtigen Amt sofort mit Sorgfalt ausgewertet worden? Ich darf nur einen Satz abschließend zitieren: „Dabei wurde festgestellt, daß es sich um eine zutreffende Sammlung von Fakten handelt, die, soweit sie die Implementierung der Schlußakte von Helsinki betreffen, sich mit den Erkenntnissen der Bundesregierung deckt."

(Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Marx, gerade weil sie sich mit den Erkenntnissen der Bundesregierung deckt, geht die Bundesregierung zwar davon aus, daß Ihr Weg eines besonderen Einbringens möglicherweise mit der Absicht verbunden war, die Diskussion über die Menschenrechte nicht einzuengen; aber eben diese Absicht wäre nach unserer Auffassung durch ein Einbringen, wie Sie es vorgeschlagen haben, nicht realisierbar gewesen. Wir sind der Meinung: Wir müssen die Diskussion breit halten; wir beziehen die Einzelfälle ein, die uns bekannt sind. So verfährt die Bundesregierung, und ich meine, so verfährt sie sehr erfolgreich.

(Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerostein] [CDU/CSU] : Das Parlament hat eine zusätzliche Aufgabe! — Wehner [SPD]: 195 von Ihren Leuten waren ja nur da!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806124100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jung.

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0806124200
Herr Staatsminister, unabhängig von der Tatsache, daß die Bundesregierung ja die einzelnen Fälle, die in der Dokumentation enthalten sind, bereits aufgenommen hatte und auch die Delegation dies in ihren Unterlagen hatte: Ist Ihnen bekannt, warum die CDU/CSU ihre Dokumentation erst 14 Tage nach Abschluß der Implementierungsphase in Belgrad vorgelegt hat und daß auf die Frage, warum das so spät geschehen sei, geantwortet wurde, dies sei deshalb geschehen, weil ja andere innenpolitische Ereignisse die Vorlage zu einem früheren Zeitpunkt nicht ermöglicht hätten?

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das sollte Herr Jung uns fragen, nicht den Staatsminister!)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Jung, es steht mir nicht an, von dieser Stelle aus die Terminpläne der Opposition zu beurteilen. Wann die Opposition einen solchen Vorgang einbringen möchte, ist Entscheidung der Opposition. Die Bundestagsfraktionen der Koalition haben ja hierzu ihre Meinung geäußert.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806124300
Letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0806124400
Herr Staatsminister, hat es die Glaubwürdigkeit und Durchschlagskraft der menschenrechtlichen Argumente der Bundesregierung bei dem Folgetreffen in Belgrad eigentlich gestärkt, daß sich die Bundesregierung entgegen dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4691
Jäger (Wangen)

31. Juli 1973 und dem dort niedergelegten ausdrücklichen Auftrag auch nach der Unterzeichnung in Helsinki geweigert hat, die DDR aufzufordern, in Gespräche über den Abbau von Terror und Unmenschlichkeit an der innerdeutschen Grenze einzutreten?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Jäger, wie Sie wissen, dienen die drei Körbe der Schlußakte von Helsinki dem Ziel der Sicherheit, der Zusammenarbeit und der Entspannung in Europa. In der Diskussion um Korb III geht es eben um alle Bereiche in Europa, um die Auseinandersetzung, die wir um die Menschenrechte führen. Damit geht es selbstverständlich auch um die Problematik im Zusammenhang mit der DDR. Insofern wird Ihrem Anliegen durch die Teilnahme der Bundesregierung an der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa entsprochen.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Auch das Parlament hat die Pflicht!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806124500
Ich rufe die Frage 106 des Herrn Abgeordneten Friedrich auf:
Sind nach dem bisherigen Stand der KSZE-Nachfolgekonferenz in Belgrad Fortschritte in Richtung auf eine positive Weiterentwicklung der Entspannungspolitik erkennbar?
Die Frage 107 steht in unmittelbarem Zusammenhang damit. Wenn Sie den Wunsch äußern sollten, Herr Staatsminister, beide Fragen zusammen zu beantworten, hätte, wie ich glaube, der Fragesteller keine Einwendungen.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Ich möchte die Fragen doch gerne getrennt beantworten.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806124600
Bitte sehr.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Das Ministertreffen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit am 22. November 1977 hat den bisherigen Verlauf des Belgrader Folgetreffens positiv gewürdigt. Es ist zu erwarten, daß sich die Ministertagung der NATO, die gerade in Brüssel stattfindet, dieser Wertung anschließen wird. Die Schlußakte von Helsinki hat sich als ein wesentlicher Beitrag zur Fortführung der Entspannungspolitik erwiesen. Die Belgrader Folgekonferenz verspricht heute positiv zu enden und weitere Schritte der Entspannung in Zukunft zu erleichtern.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806124700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Friedrich.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0806124800
Herr Staatsminister, nach Helsinki war aus den Ländern Osteuropas zu hören, daß sich die Situation vieler, vor allem der Kirchen, verbessert hat. Können Sie bestätigen, daß diese Aussage richtig ist und daß das ausgebaut wird?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Es gibt sicherlich Beweise für diese Entwicklung, Herr Kollege Friedrich.

(Zuruf von der CDU/CSU: Welche?)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806124900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0806125000
Herr Staatsminister, da sowohl Sie in Ihrer Antwort wie der Kollege Friedrich in seiner Frage von „der Entspannungspolitik" sprechen, möchte ich Sie fragen, ob Sie mir bestätigen können, daß die inhaltlich-konkrete Auslegung des Begriffes „die Entspannungspolitik" im Osten und im Westen sehr verschieden oder gar gegensätzlich ist, und ob Sie dem Hohen Hause einige Beispiele für diese Unterschiedlichkeit oder Gegensätzlichkeit der Auslegung in Ost und West geben könnten.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Mertes, weil es unterschiedliche Auffassungen gibt, ist die Schlußakte von Helsinki so wesentlich; und weil es Unterschiede gibt, ist die Begegnung in Konferenzen wie eben in Belgrad von so großer Bedeutung.

(Dr. Langguth [CDU/CSU]: Beispiele!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806125100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0806125200
Herr Staatsminister, können Sie mir darüber Auskunft geben, ob es irgendeine westliche Regierung oder eine relevante gesellschaftliche Gruppierung innerhalb der westlichen Staaten gibt, die Zweifel an der Notwendigkeit der Fortsetzung des Entspannungsprozesses auch im Zusammenhang mit der KSZE hegen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Voigt, ich glaube, heute nicht mehr.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806125300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schröder (Lüneburg).

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0806125400
Herr Staatsminister, Sie haben eben von Fortschritten bei allen drei Körben gesprochen, und das heißt für mich: auch Fortschritte in der Frage der Menschenrechte. Darf ich Sie fragen, was sich in der Frage der Menschenrechte in den Ländern hinter dem Eisernen Vorhang konkret verbessert hat? Gibt es beispielsweise in der Sowjetunion jetzt keine psychiatrischen Anstalten mehr, in denen politische Gegner inhaftiert werden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Schröder, zu solchen Verbesserungen gehören nicht nur die bereits zitierten Umsiedlungen, Reisen und Begegnungen, die durch die Schlußakte sicherlich erleichtert worden sind — das ist wohl unbestritten —, sondern dazu gehört wahrscheinlich auch eine gewisse Praxis in den Staaten auf der östlichen Seite, mit denjenigen, die anderer Meinung sind
— die man auch Dissidenten nennt —, anders zu verfahren, als das früher häufig der Fall war. Wir betrachten auch diese veränderte Praxis als einen
— wenn auch immer noch unzureichenden — Fortschritt in der Frage, um die es Ihnen geht. So
4692 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Staatsminister Dr. von Dohnanyi
könnte ich eine Vielzahl von solchen Entwicklungen nennen, die allerdings immer nur Schritte in die Richtung sind, die wir anstreben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806125500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ehmke.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0806125600
Herr Staatsminister, wird die Auffassung der Bundesregierung, daß das Dokument von Helsinki nur ein Ausgangspunkt sein konnte, den es auch in der Frage der Menschenrechte mit Nachdruck und mit Geduld weiterzuverfolgen gilt, wenn man wirklich Fortschritte erreichen will, von unseren Verbündeten und auch von den neutralen Staaten in Belgrad geteilt?

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Gilt das auch für Chile?)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Ehmke, ich glaube, daß es niemanden gibt, der diese Auffassung nicht teilt. Der Fortschritt, der in der Schlußakte seine Grundlage hat, kann nur schrittweise möglich gemacht werden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806125700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0806125800
Herr Staatsminister, wertet die Bundesregierung auch offensichtlich noch fehlende Fortschritte bezüglich der Beachtung des durch Prinzip VII der Schlußakte von Helsinki ebenfalls bekräftigten Art. 27 des Weltpaktes für Menschenrechte positiv, also bezüglich der Gruppenrechte und der muttersprachlichen Rechte Deutscher, die nach Aussage der Bundesregierung vor dem Bundesrat konstant umfassend und schwerwiegend verletzt werden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, ich habe eben in der Antwort auf die Frage des Kollegen Ehmke gesagt, daß die Schlußakte ein Ziel darstellt, das selbstverständlich noch nicht vollkommen realisiert ist. Sie haben Beispiele dafür genannt, wo es noch an der Verwirklichung der Zielsetzung fehlt. Die Bundesregierung hat das niemals bestritten. Wir wären ja in der vollkommensten aller Welten, wenn alles das, was in der Schlußakte von Helsinki vorgesehen ist, heute in Ost und West schon Wirklichkeit wäre.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806125900
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0806126000
Herr Staatsminister, Sie haben eben in Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Friedrich behauptet, die Situation der Kirchen im Ostblock habe sich gebessert. Können Sie dem Hohen Hause Beweise für Ihre Behauptung vorlegen, daß sich die Situation der Kirche etwa in Rußland, in Litauen, in der Ukraine und in der Tschechoslowakei seit der Verabschiedung der KSZE-Schlußakte in Helsinki gebessert hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Zunächst einmal, Herr Kollege Hupka, möchte ich unterstreichen, daß die Frage des Kollegen Friedrich allgemeiner formuliert war und daß in ihr nicht einzelne Länder herausgehoben wurden. Ich begründe meine Antwort z. B. damit, daß ganz offenbar die Begegnung zwischen Herrn Gierek und Kardinal Wyszyński andeutet, daß sich die Lage der Kirche in Polen vereinfacht hat. Nur um solche Schritte in die richtige Richtung, Herr Kollege Hupka, kann es gehen. Selbstverständlich gibt es noch immer deutliche Beweise für den Mangel an Religionsfreiheit in Ländern Osteuropas oder in der Sowjetunion.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806126100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmude.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0806126200
Herr Staatsminister, ist nach Ihrer positiven Darstellung des Verlaufs der Entspannungspolitik auch der Umkehrschluß gerechtfertigt, daß ein Scheitern der Konferenz von Helsinki vor zwei Jahren für Entspannungspolitik und Menschenrechte gleichermaßen verhängnisvoll gewesen wäre wie ein Scheitern der jetzigen Nachfolgekonferenz etwa infolge von Überfrachtung mit einzelnen Punkten?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Meine Antwort ist uneingeschränkt ja, Herr Kollege Schmude.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Von Herrn von Dohnanyi hätte ich auch keine andere Antwort erwartet!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806126300
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Möllemann.

Jürgen W. Möllemann (FDP):
Rede ID: ID0806126400
Herr Staatsminister, die Verwirklichung der Schlußakte mit allen ihren Bestimmungen soll ja schrittweise erfolgen. Darüber waren sich die Unterzeichner, darunter auch der Vatikan - der Draht scheint nicht so ganz zu klappen —, ja klar. Dazu sollen Folgekonferenzen durchgeführt werden. Teilen Sie meinen Eindruck, daß man mit der zeitlichen Anordnung weiterer Folgekonferenzen so vorgehen sollte, daß überhaupt die Chance bleibt, Verabredungen in den teilweise etwas schwerfälligeren Bürokratien der einzelnen beteiligten Staaten umzusetzen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Möllemann, ich glaube, daß es jetzt zunächst darauf ankommt, diese Überprüfungskonferenz abzuschließen. Dafür sind ja bestimmte Terminvorstellungen vereinbart worden. Es wird auf dieser Konferenz darauf ankommen, einen Beschluß über das Datum einer darauffolgenden Konferenz zu fassen.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Es gibt ja den Gipfelvorschlag von Herrn Schmidt!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806126500
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mattick.

Kurt Mattick (SPD):
Rede ID: ID0806126600
Herr Staatsminister, nachdem die Opposition uns dringend davor gewarnt hat, die
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4693
Mattick
KSZE-Akte mit zu unterschreiben, und uns heute klarmacht, wie wichtig die KSZE-Akte war — denn sonst würde die ganze Diskussion hier nicht möglich sein —, sieht sich die Regierung einmal in der Lage, eine Synopse zu erstellen, was wäre, wenn es die KSZE nicht gäbe, damit wir deutlich machen können, wie wichtig es ist, daß die Opposition Opposition bleibt?

(Beifall bei der SPD)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Mattick, ich will gerne — ich wurde ja vorhin schon einmal danach gefragt — den Versuch machen, zu überlegen, auf welche Weise die Vielfalt der Fortschritte im Gefolge der Schlußakte von Helsinki dargestellt werden können. Aber es besteht ja kein Zweifel, daß die Opposition, die damals gegen eine Unterzeichnung war,

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : So wie die SPD gegen die NATO war und trotzdem NATO-treu ist!)

heute, Herr Kollege Mertes, wohl sicherlich auch sieht, daß es zweckmäßig war, die Schlußakte zu unterzeichnen und diese Möglichkeiten für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu öffnen. Aber das alte deutsche Sprichwort „Man lernt nie aus" gilt eben auch für die Opposition.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806126700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0806126800
Herr Staatsminister, wie ist es mit dem von Ihnen hier skizzierten Verfahren des Versuchs der schrittweisen Verwirklichung der einzelnen Bestimmungen der KSZE- Schlußakte vereinbar, daß die Bundesregierung nach der Unterzeichnung im Sommer 1975 keine Versuche unternommen hat, in großen und weiten Bereichen, vor allem des Korbes III, zu konkreten Gesprächen und Verhandlungen mit den Staaten des Ostblocks auf diesen Gebieten zu kommen, und daß sie es selbst jetzt bei den innerdeutschen Gesprächen nicht unternimmt, in diese Gespräche, die Staatssekretär Gaus führt, wesentliche Erleichterungen aus dem Korb III ausdrücklich einzubeziehen, wie wir gestern vom Minister für innerdeutsche Beziehungen in Berlin hören mußten?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Jäger, ich kann zunächst Ihre Feststellung nicht bestätigen. Die Bundesregierung bemüht sich auf allen Ebenen, im Rahmen ihrer Gesamtpolitik und in Verfolg der Schlußakte von Helsinki, um die Realisierung der Rechte und Chancen aus dem Korb III. Ich kann nicht bestätigen, daß dies nicht erfolge.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806126900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Holtz.

Prof. Dr. Uwe Holtz (SPD):
Rede ID: ID0806127000
Herr Staatsminister, wird die Entspannungspolitik nicht zu. häufig verengt, zur einseitigen Tribunalisierung gewisser Länder genutzt, und vergißt man dabei nicht, daß zur Entspannungspolitik etwa auch der Handel, die Wirtschaft und der soziale Bereich gehören?

(Zurufe von der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Holtz, die Bundesregierung umfaßt mit dem Begriff „Menschenrechte" eine breite Palette der Rechte des einzelnen, zu denen selbstverständlich auch z. B. die Freiheit von Not gehört. Wir haben nie einen Zweifel daran gelassen, daß wir die Menschenrechte nicht einengen, sondern breit in ihrer Gesamtwirkung für den einzelnen definieren.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806127100
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0806127200
Herr Staatsminister, hat die Bundesregierung schon Vorstellungen über Daten, Themenstellungen, Teilnehmer, eventuell auch über den Ort der von Ihnen angesprochenen Folgekonferenzen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, die Teilnehmer sind diejenigen, die die Schlußakte gezeichnet haben. Über das Datum wird wohl im Zusammenhang mit dem Abschluß der Überprüfungskonferenz in Belgrad zu entscheiden sein. Ich möchte mich deswegen hier zu dem noch offenen Beratungsprozeß jetzt nicht im einzelnen äußern.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806127300
Ich rufe die Frage 107 des Herrn Abgeordneten Friedrich auf:
Welche sachlichen Fortschritte bei der Erörterung der Detailfragen im Bereich der drei Körbe der KSZE-Vereinbarung gibt es auf der Belgrader Nachfolgekonferenz?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: In Belgrad wurde bisher das Hauptgewicht auf einen gründlichen Meinungsaustausch über die bisherige Verwirklichung der Schlußakte gelegt. Die Aussprache über die konkreten Vorschläge, die die Beteiligten eingebracht haben, hat erst begonnen. Es ist noch zu früh, Aussagen über die Einzelergebnisse zu machen. Das Ziel der Beiträge durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland besteht darin, solche konkreten Vorhaben, im Rahmen der Schlußakte, zu vereinbaren, die die Basis des Entspannungsprozesses verbreitern würden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806127400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Friedrich.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0806127500
Herr Staatsminister, kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, welcher der drei Körbe in der Schlußerklärung ein besonderes Gewicht haben wird?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Friedrich, wir gehen wie immer davon aus, daß diese drei Körbe nebeneinander stehen und gleichgewichtig sein werden. .
4694 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806127600
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0806127700
Herr Staatsminister, kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, welche konkreten Vorschläge in bezug auf die drei Körbe von der Bundesregierung bisher in der Nachfolgekonferenz eingebracht worden sind und welche bisher ein gewisses positives Echo erfahren haben?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Ich möchte noch einmal den konkreten Vorschlag zitieren, von dem ich bereits sprach, den wir mit unterzeichnet haben und der von Botschafter Goldberg vorgelegt worden ist. Im übrigen gibt es eine vielfältige Palette von einzelnen Punkten; aber ich möchte dem Ergebnis nicht vorgreifen, indem ich einzelne so herauswähle, als seien sie wichtiger als andere. Ich möchte Sie bitten, sich mit der umfassenden Beantwortung dieser Frage noch etwas zu gedulden.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806127800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmude.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0806127900
Herr Staatsminister, da unsere Aufmerksamkeit immer wieder sehr stark auf den Korb III der KSZE-Schlußakte konzentriert wird, frage ich Sie, ob es auch in den anderen Bereichen der KSZE-Schlußakte wichtige Punkte gibt, in denen eine Weiterentwicklung der Entspannungspolitik möglich ist, und ob Sie in der Lage sind, den einen oder anderen Punkt, in dem eine Vertiefung und eine Erweiterung aussichtsreich versucht werden könnten, hier zu nennen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Schmude, ich unterstreiche noch einmal: Die drei Körbe stehen nebeneinander und sind gleichgewichtig. Die Bundesregierung hat zu allen Bereichen Vorschläge überdacht und zum Teil auch begonnen zu diskutieren, um so eine Konkretisierung in dem von mir zitierten Sinne möglich zu machen. Aber ich würde Sie bitten, es mir hier zu erlassen, die eine oder andere dieser Überlegungen zu konkretisieren, weil damit eine Auswahl getroffen würde, die den Eindruck erwecken könnte, als wäre das eine bedeutender als das andere. Ich möchte das wirklich dem Beratungsergebnis und auch der Abstimmung unter den Partnern in Belgrad überlassen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806128000
Ich rufe die Frage 108 des Abgeordneten Böhm (Melsungen) auf:
Hat sich Bundeskanzler Schmidt bei seinem jüngsten Besuch in Polen dort öffentlich und nichtöffentlich für die Herstellung eines freiheitlich-demokratischen und parlamentarischen Systems in diesem Land eingesetzt, und bei welcher Gelegenheit und in welcher Form ist dies gegebenenfalls geschehen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Der Besuch des Bundeskanzlers diente der von allen Fraktionen des Deutschen Bundestages gewünschten Aussöhnung zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk sowie der Behandlung konkreter Fragen der
Beziehungen zwischen beiden Staaten und internationaler Fragen. Im Urteil aller Beteiligten war die Reise des Bundeskanzlers im Rahmen dieser Aufgabenstellung des offiziellen Besuchs ungewöhnlich erfolgreich.
Im übrigen ist, was Ihre Frage betrifft, den Gesprächspartnern in Polen die Auffassung der Bundesregierung über die Grundlagen der Demokratie bekannt. Die von der Bundesregierung, allerdings nicht von der Opposition, maßgeblich mit beeinflußte Schlußakte von Helsinki dient der Verständigung über diese bekannten gegenteiligen Meinungen hinweg und der Ermöglichung humanitärer Lösungen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806128100
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Böhm.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0806128200
Herr Staatsminister, darf ich Ihre Antwort als Bestätigung dafür ansehen, daß es Bundeskanzler Schmidt vermieden hat, in Polen öffentlich oder nichtöffentlich auf die Herstellung freiheitlich-demokratischer Verhältnisse und eines parlamentarischen Systems zu drängen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, wenn der Bundeskanzler im Zeichen der Versöhnung zwischen beiden Völkern nach Polen reist, wird wohl niemand hier oder in Polen auf den Gedanken kommen, daß der Bundeskanzler durch diese Reise das kommunistische Verfassungs- oder Gesellschaftskonzept als solches bestätigen oder gutheißen wollte.

(Zurufe von der CDU/CSU: Siehe Chile!)

Diese Gegensätze — ich unterstreiche es noch einmal — sind bekannt. Es bedurfte zur Bestätigung dieser unterschiedlichen Auffassungen keiner zusätzlichen Äußerungen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806128300
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Böhm.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0806128400
Herr Staatsminister, wie können Sie dann dem Hohen Hause die Dreistigkeit des Bundeskanzlers Schmidt erklären,

(Wehner [SPD] : Hört! Hört! — Weitere Zurufe von der SPD — Wehner [SPD] : Hört! Hört! Herr Präsident!)

— die Dreistigkeit des Bundeskanzlers erklären, der dem Vorsitzenden der CSU, Franz Josef Strauß, vorgeworfen hat, er habe es satt, daß Strauß im Ausland die Diktaturen gesundbeten möchte, wenn einerseits der Bundeskanzler beim Besuch einer Diktatur nicht auf die Wiederherstellung oder die Herstellung freiheitlicher Verhältnisse drängt, es andererseits aber der CSU-Vorsitzende Strauß — das kann ich persönlich bezeugen — in Chile getan hat?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, es ging dem Herrn Bundeskanzler bei diesen Fest-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4695
Staatsminister Dr. von Dohnanyi
Stellungen sicherlich um die Tatsache, daß durch die Äußerungen 'des Vorsitzenden der CSU, Franz Josef Strauß, in Chile mindestens Mißverständnisse darüber entstehen könnten, ob eine demokratische Partei in der Bundesrepublik Deutschland die Regierung, ich sage: die Diktatur in Chile als solche gutheißt.

(Dr. Becher [Pullach] [CDU/CSU] : Und was ist mit der SPD bezüglich Polens? — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Und wie ist das, wenn ihr euch in Moskau abküßt?! — Heiterkeit und weitere Zurufe von der CDU/ CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806128500
Meine Damen und Herren, ich darf bitten, in der Fragestunde mit Zwischenrufen ein bißchen mehr Zurückhaltung zu üben. Wir kommen ohnedies mit den Fragen nicht zurecht.
Bitte schön, Herr Staatsminister.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Präsident, es war keine Zusatzfrage gestellt; es waren viele Zwischenrufe. Ich warte auf die Zusatzfrage.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806128600
Dann Herr Abgeordneter Friedrich, bitte.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0806128700
Herr Staatsminister, würden Sie in der Bewertung unserer Möglichkeiten, auf die polnische Regierung einzuwirken, eher dem zustimmen, was das CDU-Präsidiumsmitglied Dr. Walther Leisler Kiep am 14. Juni 1976 in Warschau gesagt hat, als es erklärte:
Es empfiehlt sich insbesondere in dem schwierigen Bereich der Ost-West-Beziehungen die Machtverhältnisse und Machtpotentiale nüchtern einzuschätzen getreu dem alten Sprichwort: Man soll die List und Schlauheit des Fuchses nicht noch dadurch vergrößern, daß man ihr die Dummheit der Hühner hinzufügt.
So die Bewertung von Herrn Kiep.

(Dr. Hupka [CDU/CSU] : Das war auf Sie gemünzt! — Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Friedrich, ich kann dem zustimmen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806128800
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lagershausen.

Karl-Hans Lagershausen (CDU):
Rede ID: ID0806128900
Herr Staatsminister, können Sie mir sagen, was den Herrn Bundeskanzler in Warschau davon abgehalten hat, angesichts der zur gleichen Zeit in Chile möglichen öffentlichen Veranstaltung der Deutschen in Chile von der polnischen Regierung die gleichen Rechte für die Deutschen in Polen zu verlangen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, Sie wissen, daß sich der Bundeskanzler auf vielen
Ebenen — auch in diesen Gesprächen und durch frühere Gespräche — intensiv für die Interessen der Deutschen in Polen eingesetzt hat.
Da Ihre Frage den Vergleich noch einmal herausfordert, so will ich doch sagen, daß die Äußerungen des Vorsitzenden der CSU, Franz Josef Strauß, nach der Einschätzung auch unserer Botschaft in Santiago weit über das hinausgehen. Ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus einem Bericht einige wenige Zeilen verlesen.

(Lagershausen [CDU/CSU] : Nennen Sie mir bitte die Aktivitäten des Bundeskanzlers in Warschau!)

— Darf ich die Antwort beenden, Herr Kollege! Es heißt hier:

(Weiterer Zuruf des Abg. Lagershausen [CDU/CSU])

Seine
— des Kollegen Franz Josef Strauß —
ausdrückliche Zustimmung zu der Beseitigung der Volksfrontregierung durch das Militär und seine Kritik an den chilenischen Christdemokraten als „Steigbügelhalter der Kommunisten" muß den chilenischen Militärs und ihren Freunden

(Zurufe von der CDU/CSU: Polen!) wohl in den Ohren geklungen haben.

Um diese Bestätigung ging es hier in der Unterscheidung der beiden Fälle.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU: Polen! — Wehner [SPD] : Menschenrecht durch Geschrei! — Lagershausen [CDU/CSU]: Wie lautet die Erklärung des Bundeskanzlers in Warschau?)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806129000
Ich bitte, die Fragen und die Antworten auf den aufgerufenen Punkt zu beziehen.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Präsident, ich habe es, wenn hier in einer Nachfrage beide Themen, Polen und Chile, zusammengebracht werden, etwas schwer, meinerseits nicht die Perspektive der Bundesregierung deutlich zu machen, warum diese beiden Vorgänge eben nicht miteinander verglichen werden können. Mehr, Herr Präsident, habe ich nicht versucht.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806129100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Voigt.

Karsten D. Voigt (SPD):
Rede ID: ID0806129200
Herr Staatsminister, trifft es zu, daß Bundeskanzler Schmidt in der Volksrepublik Polen sehr wohl öffentlich die Problematik der Menschenrechte im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland bzw. Deutschland insgesamt und Polen in der gemeinsamen Geschichte angesprochen hat, indem er in seiner Rede in Auschwitz
4696 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Voigt (Frankfurt)

darauf hingewiesen hat, wie weit die Verletzung der Menschenrechte nicht nur durch die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen, sondern auch durch das Leiden der Deutschen in der Nachkriegszeit das deutsch-polnische Verhältnis auch in der Gegenwart belasten kann?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Ich kann das bestätigen, Herr Kollege Voigt.

(Zustimmung bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806129300
Meine Damen und Herren, weitere Zusatzfragen sind nicht möglich; lediglich die bereits gemeldeten kommen noch zum Zuge. Bitte, Herr Abgeordneter Schröder (Lüneburg).

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0806129400
Herr Staatsminister, unter Bezugnahme auf Ihre Antwort auf die Ursprungsfrage möchte ich Sie fragen: Wann und bei welchen Ländern gelten Reisen von deutschen Politikern als Anerkennung der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung und wann nicht?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, die Bundesregierung steht auf dem Standpunkt, daß alle Abgeordneten, Parteivorsitzenden und Politiker der Bundesrepublik Deutschland das Recht haben — ja, vielleicht sogar die Pflicht —, sich vor Ort über die wirklichen Verhältnisse zu informieren. Es gibt also keine Kritik an der Tatsache der Reise. Meine Feststellung vorhin bezog sich auf das, was auf dieser Reise gesagt und wie sie verstanden worden ist.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

In einem Pressebericht, zu dem ich jetzt komme, wird festgestellt, daß Franz Josef Strauß mit seiner Entscheidung, Chile zu besuchen, Mut bewiesen habe und mit seiner Unterstützung des Staatsstreichs vom 11. September 1973 ein beachtliches Risiko auf sich genommen habe.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

Dies sagt-„El Mercurio", eine Zeitung, der Sie, wenn ich richtig informiert bin, Herr Kollege Strauß, ein Interview gegeben haben.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

Dieser Punkt, das offenbare — ich sage das einmal so — Mißverständnis — denn das kann es ja wohl nur sein —, daß der Kollege Strauß diese Regierung sogar in ihrem Staatsstreich hat stützen und bestätigen wollen, ist doch das, was die Kollegen aus der SPD und FDP, wenn ich es richtig verstehe, hier kritisieren.

(Beifall bei der SPD — Strauß [CDU/CSU] : Haben Sie die Botschaft angewiesen, das richtigzustellen?)

— Herr Präsident, darf ich auf einen Einwurf des Herrn Abgeordneten Strauß eingehen?

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806129500
Nein, das war keine Zusatzfrage. Wir behandeln nur Zusatzfragen. — Ich
mache noch einmal darauf aufmerksam, daß sich die Zusatzfrage auf die aufgerufene Frage zu beziehen hat.

(Wohlrabe [CDU/CSU] : Die Antwort auch!)

Ich bitte, darauf Rücksicht zu nehmen. Sonst kann ich die weiteren Zusatzfragen nicht mehr zulassen.
Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0806129600
Mit Bezug auf die Frage 109 — Staatsbesuch des Bundeskanzlers in Polen — stelle ich die Frage, Herr Staatsminister: Hat der Bundeskanzler bei seiner Reise nach Warschau in irgendeiner Weise sein Mitgefühl für die polnischen Bürgerrechtler und die Vertreter des Komitees zur Verteidigung der Rechte der Arbeiter, Adam Mich-nik und Jacek Kuron, wobei letzterer auch auf Grund eines hervorragenden Interviews im Deutschlandfunk Repressalien ausgesetzt war, zum Ausdruck gebracht, so wie z. B. der niederländische Außenminister in Prag die Verfasser der „Charta 77" besucht hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, erstens habe ich vorhin schon einmal ein Zitat aus dem Jahre 1970 gebracht, um zu zeigen, wie Mitglieder der Bundesregierung seit Beginn der Entspannungspolitik zu diesem Thema Stellung genommen haben.
Zweitens möchte ich bestätigen, daß der Bundeskanzler und auch andere Mitglieder der Koalition, wenn sie in diese Länder fahren, diese Fragen aufwerfen. Und, Herr Kollege, es kann kein Zweifel daran bestehen, daß nach einer solchen Reise wie der des Bundeskanzlers niemand auf die Idee kommen würde, daß wir das Problem der Dissidenten nicht als ein menschliches, als ein menschenrechtliches Problem sähen. Niemand von uns würde, wenn darüber hier in der Presse frei diskutiert wird, dies als Heuchelei bezeichnen. Das ist doch wiederum der. Gegensatz zwischen beiden Fällen.

(Beifall bei der SPD — Dr. Czaja [CDU/ CSU]: Das ist doch keine Antwort auf meine Frage!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806129700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ehmke.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0806129800
Herr Staatsminister, hat die Reise des Bundeskanzlers nach Polen zusätzliche Anhaltspunkte dafür erbracht, daß die sich abzeichnende Annäherung zwischen polnischer Regierung und katholischer Kirche im Gesamtzusammenhang der Entspannungspolitik zu sehen ist, und wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß beim Besuch von Herrn Gierek in Rom auch Kardinal Wyszyński am Abend zu dem Galaempfang gekommen ist, den Ministerpräsident Andreotti für den polnischen Gast gegeben hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Ehmke, ich habe bereits bestätigt, daß die Beziehung zwischen Kirche und Partei oder Regierung in einigen Ländern Osteuropas durch den von Hel-
Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4697
Staatsminister Dr. von Dohnanyi
sinki ausgelösten Entspannungsprozeß ganz sicherlich positiv beeinflußt worden ist. Der Vorgang, den Sie soeben angesprochen haben, ist gewissermaßen symbolisch für die Fortschritte, die in dieser Richtung gemacht werden konnten.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806129900
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Geschäftsordnung zwingt mich, die Fragestunde jetzt abzubrechen. Ich weise noch darauf hin, daß die Fragen 42, 43, 60, 91, 92, 124 bis 127 von den Fragestellern zurückgezogen wurden. Die übrigen nicht behandelten Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe den Zusatzpunkt zur Tagesordnung auf:
Aussprache gemäß Anlage 4 Nr. 1 der Geschäftsordnung zum Thema Verwirklichung der Menschenrechte
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Schmude.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0806130000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Übermorgen, am 10. Dezember 1977, begehen wir den 30. Jahrestag der allgemeinen Menschenrechtserklärung. Wir können aus Anlaß dieses Tages feststellen, daß mit dem Fortgang der Entspannungspolitik, vor allem mit der Festlegung der KSZE-Schlußakte von Helsinki und dem Bemühen um die darin enthaltenen Prinzipien der Menschenrechte, den Menschenrechten verstärkt Geltung und Nachdruck verschafft worden ist.
Zugleich müssen wir zur Kenntnis nehmen — und können es im wesentlichen nur bestätigen —, was Amnesty International, die Gefangenenhilfsorganisation, die übermorgen den Friedensnobelpreis verliehen bekommen wird, heute festgestellt hat, daß nämlich in den meisten Ländern der Welt Menschenrechtsverletzungen immer noch in irgendeiner Form geschehen.
Diese Situation und auch die einstimmige Empfehlung der IPU in ihrer Herbstkonferenz dieses Jahres in Sofia geben uns Anlaß, in Übereinstimmung mit der FDP-Fraktion zum Thema Verwirklichung der Menschenrechte hier heute eine Aktuelle Stunde durchzuführen.
Für uns Sozialdemokraten ist der Kampf um die Menschenrechte die Quelle unseres politischen Handeins.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Deshalb lassen wir in der Bewertung, in der Wertschätzung der Menschenrechte ebensowenig irgendwelche, Abstriche zu wie in der Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen. Zur Durchsetzung von Menschenrechten mag es unterschiedliche Formen des Vorgehens geben, und es gibt sie nach den Umständen des einzelnen Landes, des einzelnen Falles. Dieses Vorgehen darf sich nicht in Deklamationen zur Selbstberuhigung erschöpfen. Es muß an der Wirksamkeit des Handelns zugunsten der Betroffenen orientiert sein.

(Beifall bei der SPD)

Konkrete Handlungen, die helfen, müssen immer den Vorrang vor bloßen Erklärungen oder gar bloßer Propaganda haben.
Keine Zurückhaltung in diesem Sinn kann es aber rechtfertigen, daß Menschenrechtsverletzungen, und gar in der schwersten Form der Tötung, des Terrors und der Folter, verharmlost oder gar gerechtfertigt werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir müssen sehen, welcher Schaden der Geltung der Menschenrechte dadurch angetan wird, daß das etwa aus Gründen politischer Zweckmäßigkeit geschieht, weil es sich z. B. um ein Regime handelt, das gegen den Kommunismus kämpft oder es vorgibt.
Menschenrechte haben einen Selbstwert, .der die Einschränkung durch solche Zweckmäßigkeitserwägungen nicht zuläßt,

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

der es andererseits aber auch nicht zuläßt, Menschenrechte als Instrument in der politisch-ideologischen Auseinandersetzung einzusetzen und schon damit zu verbrauchen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe geglaubt, daß wir uns in diesem Hause in dieser Auffassung einig seien, zu der ich jetzt von einigen Kollegen aus der Opposition Zustimmung sehe. Äußerungen aus den letzten Monaten aber, z. B. die Formulierung des Herrn Kollegen Zimmermann, die Menschenrechte könnten als Vehikel zur Durchsetzung westlicher Politik eingesetzt werden,

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

und mehr noch das Verhalten des Kollegen Strauß in Chile, haben uns Grund zu starker Irritation und Sorge gegeben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir fragen uns, ob wirklich in Ziel und Wertmaßstab noch Übereinstimmung besteht. Wir haben Sorge, daß die Glaubwürdigkeit unseres Eintretens für die Menschenrechte im Inland wie im Ausland in Gefahr gerät. Wir fürchten, daß der ohnehin schwierige Zugang zum internationalen Verständnis für unsere Sicht der Menschenrechte durch solche Vorgänge verschüttet werden kann.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Natürlich wollen wir das in Gang gekommene so positive und erfolgsträchtige internationale Gespräch über Menschenrechte durch solche Vorgänge weder abbrechen noch abbiegen lassen. Deshalb unternehmen wir heute den Versuch einer Klärung in dieser Aktuellen Stunde, den Versuch, darauf hinzuweisen, welche weitgehende Verantwortung wir haben, die ernstgenommen und durch tatsächliches Handeln unterstrichen werden muß.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806130100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Marx.
4698 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0806130200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat den Eindruck, daß der Antrag, der dieser Aktuellen Stunde zugrunde liegt, auf den Versuch abzielt, eine Debatte nachzuholen, die wir in diesem Hause anläßlich der Vorlage unseres Weißbuches gerne geführt hätten

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : 195 Stimmen!)

und vor der wir gewünscht hätten, Herr Kollege Wehner, sie hätte das erbracht, was Herr Schmude im ersten Teil seiner Rede eben durchblicken ließ, als er von seiner Hoffnung sprach, es gäbe wenigstens im Hinblick auf die Verwirklichung der Menschenrechte, im Kampf um sie, auch anläßlich des Tages der Menschenrechte am 10. Dezember, den er angezogen hat, in diesem Hause noch eine Gemeinsamkeit. Dies hätten wir gern nicht nur in einer Aktuellen Stunde und nach einer Fragestunde, in der Sie ja eine klägliche Rolle gespielt haben, bestätigt bekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Schmude sagte, die Verwirklichung der Menschenrechte sei Ausgangspunkt der Politik. Wir, die Christlich Demokratische Union, haben unser Bemühen immer so verstanden, dafür zu sorgen, die dem einzelnen Menschen unwiederholbar und unverwechselbar innewohnenden unveräußerlichen Rechte zu begreifen, zu erkämpfen und ihnen überall dort, wo sie gefährdet sind, zum Durchbruch zu verhelfen und sie zu verteidigen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : 195 Stimmen!)

Herr Schmude hat eben Herrn Kollegen Zimmermann zitiert. Dazu muß ich sagen, daß es leider richtigt ist, daß die Verteidigung der Menschenrechte eine typisch westliche, im westlichen Kulturkreis herangewachsene und von den parlamentarischen Demokratien besonders hervorgehobene Aufgabe ist. Gerade deshalb, Herr Kollege Wehner, ist es so schmerzlich sehen zu müssen, daß es — ich wiederhole es — unter uns nicht zumindest in dieser Frage eine gewisse Zusammenarbeit und Verständigung geben kann.
Herr Kollege Schmude, ich sagte: Menschenrechte für alle, für alle Gruppen, zu aller Zeit und überall. Ich sage das in Ihrer Richtung, weil ich es als ein Abweichen von Ihren eigenen Postulaten empfunden habe, wenn Sie in einer Ihrer früheren Reden z. B. die Überlegung der Schaffung eines Volksgruppenrechtes für Deutsche in den Gebieten ostwärts von Oder und Neiße, in Polen als eine „fünfte Kolonne" diffamiert haben.

(Beifall bei der CDU/CSU — Pfui-Rufe von der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Sie wissen ganz genau, daß das meine Formel im Godesberger Programm ist!)

Ich habe jetzt nicht über das Godesberger Programm gesprochen — darüber könnte man stundenlang sprechen —,

(Wehner [SPD]: Doch, das war meine Formel in dem Programm!)

sondern ich habe über das gesprochen, was der Kollege Schmude zum gleichen Thema zu anderer Zeit hier gesagt hat. Ich nehme mir das Recht heraus, darauf zu antworten.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Sie haben ja alle Rechte! Sie haben das Minderheitenrecht!)

Meine Damen und Herren, ich komme noch einmal auf das Thema zurück, das ich vorhin angesprochen habe. Eben hat es in der Fragestunde zu verschiedenen Themen eine lange Diskussion gegeben. Ich habe vorhin drei Sätze aus einem Brief, den Staatssekretär van Well im Auftrag des erkrankten Außenministers an unseren Fraktionsvorsitzenden geschrieben hat, in die Debatte im Rahmen der Fragestunde eingeführt. Das Weißbuch unserer Fraktion ist, ich kann sagen, ein Bestseller geworden. Wir sind gerade dabei, das 40 000. Exemplar drucken zu lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielleicht, Herr Kollege Wehner, haben wir es Ihrer ungezügelten Polemik dagegen zu verdanken, daß in der deutschen Öffentlichkeit der Sinn dafür geschärft worden ist und daß die deutsche Öffentlichkeit auch begreift, daß es in diesem Hause eine Partei,

(Wehner [SPD] : 195 Stimmen, mehr nicht!)

nämlich die Christlich Demokratische Union und die Christlich-Soziale Union, gibt, die für die Verwirklichung der Menschenrechte hier im Parlament,

(Wehner [SPD] : Wo waren Sie denn? Wo waren Sie dann?)

in den Ausschüssen und draußen ihre Pflicht tut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen.

(Wehner [SPD] : Sehr gut!)

Es ist heute sehr- oft gesagt worden, man müsse bei der Verwirklichung der Menschenrechte nach gewissen Himmelsrichtungen sehen. Ich habe vorhin gesagt, daß ich für mich ein sehr betontes Engagement in dieser Frage empfinde. Ich möchte keine Himmelsrichtung auslassen. Aber ich wäre dankbar, wenn Sie sich dann nicht auf einem Auge, nämlich auf dem linken Auge, als blind erweisen würden

(Beifall bei der CDU/CSU)

und bei Ihren Reisen und Ihren Gesprächen und Diskussionen mit kommunistischen Staaten einmal nicht feige wären, sondern wagen würden, was Strauß in Chile wagte,

(Beifall bei der CDU/CSU)

nämlich darauf hinzuweisen, daß er hoffe und wünsche und daß wir alle daran arbeiten, daß es sich bei der gegenwärtigen Diktatur um ein vorübergehendes System handle, dem eine parlamentarische plurale Demokratie, die unsere Hilfe verdient, folgen könne.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4699

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806130300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jung.

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0806130400
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Menschenrechte sind etwas Grundsätzliches. Ohne Menschenrechte kann es keine Sicherheit, keine Freiheit, keinen vertrauenswürdigen Frieden geben. Dementsprechend verfolgt die sozialliberale Koalition mit der Friedens- und Ostpolitik seit 1969 eine aktive Menschenrechtspolitik.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Diese heutige Debatte — zwei Tage vor dem Tag der Menschenrechte — muß uns an das eigentliche Problem der Menschenrechte führen, wie wir es auch von den KSZE-Nachfolgekonferenzen erwarten, wenngleich die KSZE-Vereinbarungen nicht einklagbar sind.
Dies kann die einäugige und verengte Sicht, die ich leider auch in dem Beitrag des Kollegen Marx feststelle, nicht leisten.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Da ist z. B. die von Ihnen als Bestseller bezeichnete Menschenrechtsdokumentation der Unionsparteien, die ich als solche gar nicht kritisieren will, Herr Kollege Marx,

(Beifall bei der CDU/CSU)

die aber — und nun hören Sie gut zu — erst 14 Tage nach Abschluß der Implementierungsphase in Belgrad vorgelegt wurde.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das trifft nicht zu! Ich habe das vorhin durch eine Zusatzfrage deutlich zu machen versucht. (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das trifft nicht zu!)

Für die außenpolitische Nutzung — Herr Kollege Mertes, Sie sagen: Das trifft zu —

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das trifft nicht zu!)

wurde sie also zu spät vorgelegt.

(Wehner [SPD] : 195 Stimmen, mehr nicht! Der CDU war sie 195 Stimmen wert, mehr nicht! — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/ CSU] : Und Herrn Wehner keine Stimme!)

Auf die Frage, warum die Vorlage so spät erfolgte, gab es die entlarvende Erklärung, das Thema wäre wegen anderer, innenpolitischer Schwerpunkte. — die ich hier nicht anzuführen brauche —

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sie wissen genau, worum es geht!)

sonst untergegangen..
Meine Damen und Herren, Sie sollten sich wirklich ernsthaft überlegen, ob diese — um es vorsichtig zu formulieren — sehr durchsichtige Haltung das vorgebliche Anliegen nicht völlig entwertet.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Herr Kollege, das ist unfair; das ist ausgesprochen unfair!)

Hier wird nämlich deutlich, daß diese Dokumentation in erster Linie eine innen- und parteipolitische Zielsetzung hat und erst in zweiter Linie den Betroffenen wirklich hilft.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Unglaublich! Eine Unterstellung!)

Demgegenüber möchte ich die FDP-Haltung ver deutlichen, indem ich mit Genehmigung des Präsidenten meinen Parteifreund Außenminister Genscher zitiere, der bei unserem Parteitag deutlich gemacht hat:
Die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte ist für uns Liberale in unserem Selbstverständnis verwurzelt. Deshalb treten wir überall für die Menschenrechte ein. Es ist kein Zufall, daß die Forderung nach einem Menschenrechtsgerichtshof der Vereinten Nationen ein einstimmiger Beschluß unseres Parteitages in Freiburg ist. Dahinter steht die Forderung nach einer Objektivierung dieser Frage. Gerade weil für uns die Menschenrechte von so zentraler Bedeutung sind, müssen wir in der politischen Diskussion unseres Landes verhindern, daß sie als Instrument zu einer Neuauflage des Kalten Krieges oder als Mittel zur innenpolitischen Profilierung mißbraucht wird.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Weil wir weltweit für die Menschenrechte eintreten, hüten wir uns vor jener ideologischen Einäugigkeit, die erst fragt, wer die Menschenrechte verletzt, und dann erst entscheidet, ob man dagegen auftritt oder nicht.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Eine Verleumdung!)

Wir fragen nach dem Verletzten und kämpfen für sein Recht, gleichgültig wo.
Die Regelungen in Prinzip 7 sowie Korb III der Schlußakte haben bisher immer dann zu Erfolgen geführt, wenn der mühselige Weg kleiner Veränderungen beschritten wurde.
Natürlich hat der westlich-demokratische Freiheitsbegriff keinen Eingang in die Ideologien kommunistischer Systeme gefunden, ebensowenig wie in die Doktrinen anderer Diktaturen. Schließlich be deutet unser Freiheitsbegriff dort Systemveränderung. Diese ist nicht aufzwingbar, das wissen Sie; sie führt eher zur verschärften Abgrenzung.
Die zugegeben mühselige Praxis hat dennoch zu zählbaren Erfolgen geführt. Während z. B. bis 1966 in 17 Jahren 532 000 Aussiedler aus Ostblockstaaten kamen, in den folgenden zehn Jahren bis zum Abschluß des Helsinki-Abkommens nur noch 200 000, waren es in den knapp zwei Jahren nach Helsinki bereits über 100 000. Das bedeutet also seit Helsinki 50 000 Zuwanderer aus diesen Gebieten pro Jahr.
Ich sehe bereits die rote Glocke.

(Heiterkeit)

4700 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1973

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806130500
Die rote Lampe.

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0806130600
Die rote Lampe! Das war eine kleine Fehlleistung, weil zur gleichen Zeit die Glocke kingelte. Ich habe beides zusammengefaßt.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das war eine Kontrahierung!)

Herr Präsident, ich bin nicht mehr in der Lage, die vielen positiven Zahlen vorzutragen, die sich aus den Zureisen aus dem Osten, aus der Familienzusammenführung, aus den Begegnungen mit Bürgern der DDR, aus den Rentnerreisen usw. ergeben. Aber ich möchte hier abschließend deutlich machen, daß wir auch weiterhin Menschenrechtsverletzungen in aller Welt bekämpfen, uns aber mit aller Kraft dagegen stellen werden, daß uns einseitige, aus politisch-ideologischen Motiven veranlaßte Menschenrechtskampagnen um die notwendige Glaubwürdigkeit bringen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Marx [CDU/CSU] : Deshalb haben Sie sich in der Fragestunde nicht beteiligt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806130700
Das Wort hat der Abgeordnete Riedl.

Dr. Erich Riedl (CSU):
Rede ID: ID0806130800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fragen, mit denen wir soeben in der Fragestunde konfrontiert waren, und Äußerungen wie beispielsweise die des Kollegen Schmude kommen fast alle aus der äußersten linken Ecke dieser SPD-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU — Lachen und Zurufe von der SPD)

Ihren Fragestellern und Ihren Rednern geht es einzig und allein darum, die Reise des Vorsitzenden der CSU nach Chile zum Gegenstand einer innenpolitischen Hetzkampagne zu machen.

(Wehner [SPD] : Sie reden wie ein Absteiger!)

Dieser Versuch, meine Damen und Herren, ist schäbig, ist diskriminierend und ist ausschließlich auf Unwahrheiten aufgebaut.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Reden Sie als Absteiger? Sie wollten doch aufsteigen! — Weitere Zurufe von der SPD)

— Herr Kollege Wehner, im Gegensatz zu Ihnen

(Wehner [SPD]: . . . steige ich nicht ab!)

— Sie sind schon abgestiegen, Herr Wehner — habe ich an dieser Reise teilgenommen.

(Lachen bei der SPD)

Ich bin Zeuge aller öffentlichen Äußerungen von Herrn Strauß gewesen, und ich bin Zeuge fast aller internen Gespräche gewesen. Deshalb habe ich mich auch hier zu Wort gemeldet.
Die Wahrheit ist, meine Damen und Herren, daß Franz Josef Strauß nach Chile gefahren ist, um
sich — wie in den meisten anderen Ländern der Welt in all den Jahren zuvor auch — einen persönlichen Eindruck von den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen in diesem Land zu machen.

(Liedtke [SPD] : Den hat er auch wiedergegeben!)

Er ist hingefahren als Demokrat,

(Wehner [SPD] : Ja!)

er hat dort gesprochen als Demokrat,

(Wehner [SPD] : Wie kam er wieder?)

und er ist von vielen Hunderten und Aberhunderten von Chilenen auch als Demokrat verstanden worden,

(Wehner [SPD] : Ja!)

nur nicht von Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Was müssen die vielen Tausende von Zuhörern in Chile eigentlich von dieser Bundesrepublik Deutschland halten, wenn sie jetzt in den Zeitungen lesen und im Rundfunk hören müssen, wie Sie die Äußerungen von Herrn Strauß, die er in Chile gemacht hat, in diffamierender Weise entstellen?

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehmke [SPD] : Was sagt denn Herr Frei?)

Die Wahrheit ist, meine Damen und Herren, daß sich Franz Josef Strauß in vier großen Reden in Chile für die parlamentarische Demokratie, für die Wiedereinführung der Menschenrechte, für die Soziale Marktwirtschaft und für soziale Gerechtigkeit eingesetzt hat.

(Lachen bei der SPD)

Jawohl, meine Damen und Herren, lassen Sie sich doch die Tonbandabschriften vorlegen und lassen Sie sich vor allen Dingen den Bericht des deutschen Botschafters geben, der dem Auswärtigen Amt vorliegt. Warum lesen Sie denn diesen Bericht nicht vor? Weil Sie Angst haben, daß Ihre Unwahrheiten aufgedeckt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Wahrheit ist,

(Wehner [SPD]: Sagen Sie mal, was Wahrheit ist! — Weiterer Zuruf von der SPD)

daß Franz Josef Strauß in Llanquihue — das muß ich mir von Ihnen, Herr Wehner, als junger Politiker überhaupt nicht sagen lassen, was Wahrheit ist, überhaupt nicht —

(Wehner [SPD]: Sie steigen ja auch ab! — Weitere Zurufe von der SPD — Gegenrufe von der CDU/CSU)

den deutschen Einwanderern seinen Dank und die Anerkennung für ihre 125jährige Aufbauarbeit in Chile ausgesprochen hat. Meine Damen und Herren, es ist eine Schande,

(Wehner [SPD] : Ja, sehr wahr!)

Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4701
Dr. Riedl (München)

daß an dieser 125-Jahr-Feier aus Anlaß der deutschen Einwanderung kein einziger offizieller Vertreter der deutschen Bundesregierung teilgenommen hat.

(Hört! Hört! und Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Die Reise von Franz Josef Strauß nach Chile hat zur gleichen Zeit stattgefunden wie die Reise von Bundeskanzler Helmut Schmidt nach Polen. Wir haben in Chile unter einer Militärdiktatur mit einem
autoritären Staatssystem, mit vielen, vielen Menschen frei, ungezwungen, ohne Aufsicht und ohne Zensur gesprochen. So hat Helmut Schmidt in Polen mit den dort lebenden Deutschen nicht gesprochen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

So hat Helmut Schmidt wahrscheinlich auch gar nicht sprechen können. Ich werfe ihm das persönlich nicht einmal vor.

(Zurufe des Abg. Wehner [SPD] sowie weitere Zurufe von der SPD und von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wer sechs Tage lang durch Chile gereist ist, kann sicherlich nicht sagen, daß er nun alles über dieses Land, seine politischen, seine wirtschaftlichen, seine sozialen Verhältnisse weiß. Eines ist aber sicher, er kann jetzt eher fragen, und zwar auch jene, die hier im Plenum sowie in Presse, Funk und Fernsehen vier Jahre nach dem Putsch in Chile noch immer in sehr scharfer und leider meist verzerrender Weise Darstellungen über dieses Land verbreiten. Wenn wir hier mehr tun wollen, als uns nur innenpolitisch gegenseitig zu verteufeln, dann müssen jene Kritiker aber auch ihrerseits — und da sind Sie angesprochen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion — deutliche und detaillierte Beweise über die Zustände in Chile in die öffentliche Debatte einführen.

(Dr. Ehmke [SPD] : Da brauchen Sie doch nur die Christdemokraten dort zu fragen! — Weitere Zurufe von der SPD)

— Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Ehmke, haben wir mit den Christdemokraten in Chile gesprochen. Sie reden mit den Kommunisten und Sozialisten.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, Franz Josef Strauß und seine Begleiter sind nicht nach Chile gefahren — damit Sie auch das deutlich wissen —, um Menschenrechtsverletzungen dieses Regimes zu entschuldigen oder zu verniedlichen.

(Zuruf von der SPD: Haben Sie aber getan!)

Ich wünschte mir, daß Helmut Schmidt und auch sein sozialdemokratischer Amtsvorgänger Willy Brandt bei all ihren Reisen, die sie in den letzten Jahren wahrlich gemacht haben, vor allen Dingen in den totalitären Staaten, ein so klares Bekenntnis für die parlamentarische Demokratie abgegeben hätten, wie es Franz Josef Strauß in Chile getan hat.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Na, na! Zurufe von der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0806130900
Das Wort hat Herr Abgeordneter Corterier.

Dr. Peter Corterier (SPD):
Rede ID: ID0806131000
Herr Kollege Riedl, Ihre Rede war so schlecht wie der Tabellenstand von 1860,

(Heiterkeit bei der SPD und FDP — Zurufe von der CDU/CSU: Billiger geht es nicht! — Aufhören! Rote Karte! — Platzverweis! — Foulspieler! — Buh-Rufe von der CDU/CSU)

und im Verdrehen von Tatsachen sind Sie beinahe schon so gut wie der Herr Strauß. Ich werde dem einiges entgegenzustellen haben.

(Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/ CSU)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

Meine Damen und Herren, zunächst möchte ich sagen, wie sehr ich mich darüber freue, daß der frühere Bischof der lutherischen Kirche in Chile, —

(Anhaltende Zurufe und Buh-Rufe von der CDU/CSU — Glocke des Präsidenten — Fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806131100
Meine
sehr geehrten Damen und Herren, sosehr der Tabellenstand der Fußballbundesliga interessiert, bitte ich doch jetzt einmal dem Redner zuzuhören.

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Peter Corterier (SPD):
Rede ID: ID0806131200
Meine Damen und Herren, ich wollte sagen, daß ich mich sehr darüber freue, daß Helmut Frenz, der frühere Bischof der lutherischen Kirche in Chile, der 1975 ausgewiesen worden ist wegen seiner Unterstützung der politischen Gefangenen nach dem Militärputsch, auf der Tribüne Platz genommen hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir müssen uns heute über die Menschenrechte und über die Chilereise von Herrn Strauß aus folgendem Grund unterhalten. Er hat sich mit dem,, was er dort geäußert hat, völlig außerhalb der Solidarität all derjenigen gestellt, die für eine Verteidigung der Menschenrechte — sei es im Osten, sei es im Westen — eintreten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Diese Feststellung des Hauptgeschäftsführers 0 der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, Heribert Scharrenbroich, habe ich mir sehr gerne zu eigen gemacht.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das Bild, das durch die Erklärungen von Franz Josef Strauß über die menschenrechtliche Lage in Chile in der Öffentlichkeit entstanden ist, stellt eine schlimme Verharmlosung der wirklichen Verhältnisse in dieser Militärdiktatur dar.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

4702 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Dr. Corterier
Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, aus einem Interview mit dem Deutschen Fernsehen vom 25. November, in dem Herr Strauß sagte: „Es ist einfach Unsinn, davon zu reden, daß in Chile gemordet und gefoltert würde." Mord und Folterungen in Chile sind für Strauß schlicht und einfach Legenden. Die FAZ konnte am 25. November berichten: „Für Strauß funktioniert in Chile die rechtsstaatliche Ordnung ungeschmälert."
Der „Bayernkurier" maßt sich sogar an, zu empfehlen, wir könnten von Strauß in diesem Zusammenhang durchaus noch lernen.

(Dr. Ehmke [SPD] : Das kann ich mir vorstellen! — Weitere Zurufe von der SPD)

Ich muß mit aller Schärfe sagen, daß wir die Verharmlosung von Folter, Terror, Mord und politischer Unterdrückung schlimmsten Ausmaßes nicht dulden werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

Wer in eine Militärdiktatur reist und sich von dem „inneren Frieden" und der „politischen Stabilität"' dort so außerordentlich beeindruckt zeigt wie Herr Strauß, der verhöhnt Tausende von Menschen, die um ihrer Freiheit willen Verfolgung, Verhaftung und schlimmsten Druck auf sich nehmen müssen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Graf Huyn [CDU/CSU] : Moskau! — Zuruf von der CDU/CSU: Polen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Gestern ist im Wirtschafts- und Sozialausschuß der Vereinten Nationen eine Resolution zu Chile verabschiedet worden, die klar zum Ausdruck bringt,

(Zuruf des Abg. Wohlrabe [CDU/CSU])

daß in Chile weiterhin, und zwar konstant und offenkundig — wie es dort heißt —, Menschenrechte und fundamentale Freiheitsrechte verletzt werden. Dieser Entschließung — und das sollten Sie sich einmal ansehen, meine Damen und Herren von der Opposition —

(Lagershausen [CDU/CSU] : Der hat Idi Amin auch zugestimmt!)

haben alle westlichen Staaten zugestimmt. Als einziges Land hat sich Spanien der Stimme enthalten.
In dem Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe der UNO, von dem heute schon die Rede war, über die Situation in Chile ist von körperlichen Mißhandlungen von Gefangenen, von Stromstößen, von Verbrennungen und schlimmsten Mißhandlungen, von Bedrohung von Angehörigen usw. die Rede.
Unserer Meinung nach ist in Chile keine wirkliche Besserung abzusehen, selbst wenn man sich wie Herr Strauß damit zu trösten versucht, daß numerisch die Zahl der Verfolgten abgenommen hat. Dies hängt schlicht und einfach damit zusammen, daß die Opposition in Chile inzwischen auf grausamste Weise durch Mord und Vertreibung dezimiert worden ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich möchte abschließend folgendes sagen, meine Damen und Herren. Wir Sozialdemokraten müssen heute die Frage an die CDU und vor allem an ihren Vorsitzenden richten: Wollen Sie, daß sich nur einzelne Christdemokraten von Herrn Strauß distanzieren, oder sind auch Sie endlich bereit, ein klares Wort zu sprechen?

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

Wenn dieses Wort heute nicht kommt, wäre dies ein schwerer Schlag gegen die Gemeinsamkeit der Demokraten in diesem Lande, von der in diesen Wochen soviel die Rede ist.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Diese Gemeinsamkeit hätten Sie beim Weißbuch praktizieren sollen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Sehr viele auf allen Seiten dieses Hauses versuchen doch, dieser Gemeinsamkeit der Demokraten einen konstruktiven Inhalt zu geben.
Sie, Herr Strauß, haben in letzter Zeit wohlweislich nicht davon geredet. Mit dem Persilschein für Herrn Pinochet

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Behaupten Sie doch nicht so dummes Zeug!)

und dem, was Sie schon bei vielen Gelegenheiten etwa über Südafrika sagten, haben Sie sich vor der demokratischen Öffentlichkeit dieses Landes und der Welt als Sympathisant von Diktatoren erwiesen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU] : Damit reiht er sich in die Reihe der Linken ein! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806131300
Das Wort hat der Abgeordnete Schröder (Lüneburg).

(Unruhe)

— Ich bitte noch einmal dem Redner die Möglichkeit zu geben, sich im Hause verständlich zu machen.

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0806131400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schmude sprach von Irritation und Sorge in bezug auf die Verwirklichung der Menschenrechte. Ich greife diese Aussage auf. Herr Schmude, in der Tat: Irritation und Sorge erfüllen mich und meine Fraktion seit Anbeginn über die Haltung der SPD-Fraktion in der Frage der Menschenrechte, insbesondere was die doppelgleisige Behandlung dieser Frage weltweit anbelangt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU]: Doppelte, Moral!)

Mit Irritation und Sorge kann ich es nur zur Kenntnis nehmen, wenn sich Herr Schmidt hinstellt und wörtlich erklärt: Wir haben kein Interesse daran, daß bei der Nachfolgekonferenz in Belgrad irgend jemand auf die Anklagebank gesetzt wird, selbst dann, wenn die Menschenrechte nicht eingehalten worden sind. Mit Irritation und Sorge kann es mich nur erfüllen, wenn Herr Wehner wörtlich
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 19/7 4703
Schröder (Lüneburg)

erklärt: Es wäre verantwortungslos, den sogenannten Dissidenten mit wortreicher Kraftmeierei beizuspringen und dadurch in Wirklichkeit die Entspannungspolitik zu zerstören.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Mit Irritation und Sorge kann es mich nur erfüllen, wenn sich Herr Ehmke hinstellt und wörtlich erklärt: Wer versucht, die Belgrader KSZE-Nachfolgekonferenz zu einem Anklageforum umzufunktionieren, strebt eine Rückkehr zur Konfrontation des Kalten Krieges an.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Das alles ist doch in der Praxis eine Absage an die Verwirklichung von Menschenrechten hinter dem Eisernen Vorhang, weil Sie nicht gewillt sind, den Fehlweg Ihrer sogenannten Entspannungspolitik einzusehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Irritation und Sorge kann es mich auch nur erfüllen, wenn die Spitzen der SPD es ablehnen, die sogenannten Dissidenten aus der Sowjetunion und hinter dem Eisernen Vorhang zu empfangen, und auf der anderen Seite Gespräche mit palästinensischen Terroristen führen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Die werden von denen geküßt!)

Mit Irritation und Sorge kann es mich auch nur erfüllen, wenn der Herr Bundeskanzler nach seiner Rückkehr aus Polen von einem freundschaftlichen Verhältnis spricht, das ihn mit dem polnischen Parteichef Gierek verbindet.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Ich möchte nicht wissen, wohin wir gekommen wären, wenn sich etwa Herr Strauß hingestellt hätte und von einem freundschaftlichen Verhältnis mit Herrn Pinochet gesprochen hätte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Irritation und Sorge kann es mich nur erfüllen, daß dieser Bundeskanzler es unterlassen hat — das ist in der Fragestunde deutlich geworden —, in Polen dafür einzutreten, was uns Deutschen zunächst einmal am allermeisten unter den Nägeln brennt, nämlich für die Verwirklichung der Menschenrechte, d. h. auch für die Volksgruppenrechte unserer eigenen deutschen Landsleute.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und mit Irritation und Sorge muß es mich erfüllen, wenn Sie zwar rundum in der westlichen Welt Politiker beschimpfen, aber Herrn Breschnew mit Bruderküssen und Umarmungen empfangen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Irritation und Sorge muß es mich erfüllen, daß Ihre Helfershelfer draußen im Lande jahrelang das Problem Vietnam, Kambodscha und Laos zu einem Fetisch hochstilisiert haben, und seitdem die Kommunisten dort die Macht ergriffen haben, wird darüber der Mantel des Schweigens gedeckt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Den Krieg erklären!)

Mit Irritation und Sorge kann es mich nur erfüllen,

(Wehner [SPD] : Stukas hinschicken!)

daß Sie Mozambique und Angola monatelang zum Gegenstand politischer Attacken gemacht haben, und seitdem die Kommunisten dort das Heft in der Hand haben, wird der Mantel des Schweigens auch dort heruntergelassen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Reden Sie nur so weiter!)

Mit Irritation und Sorge kann es mich nur erfüllen, wie doppelbödig Ihre Moral in bezug auf die Menschenrechte in Chile ist. Denn wo waren Sie denn, meine Damen und Herren, als 1972 und 1973 in diesem Lande unter einem marxistischen Regime die Menschenrechte mit Füßen getreten wurden?

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das ist eine Lüge!)

Ich darf mit Genehmigung des Präsidenten aus dem Beschluß des frei gewählten chilenischen Parlamentes vom 22. August 1973 zitieren, in dem es wörtlich heißt

(Glocke des Präsidenten) — als Schlußsatz, Herr Präsident

Es ist erwiesene Tatsache, daß die gegenwärtige Regierung
— damit waren Ihre Freunde des Herrn Allende gemeint —
von allem Anfang an auf die Eroberung der totalen Macht ausgegangen ist in der offenkundigen Absicht, die gesamte Bevölkerung der rigorosesten politischen und wirtschaftlichen Kontrolle durch den Staat zu unterwerfen und auf diesem Wege ein Regime zu errichten, welches dem System der repräsentativen Demokratie diametral entgegengesetzt ist.
Meine Damen und Herren, dieses alles erfüllt mich mit Irritation und Sorge.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806131500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Möllemann.

Jürgen W. Möllemann (FDP):
Rede ID: ID0806131600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Diskussion über die Außenpolitik und deren entscheidenden Prinzipien zum Kampfinstrument der parteipolitischen inneren Auseinandersetzung erklärt wird — und dies ist offenkundig nach diesem etwas irritierenden Beitrag des Kollegen Schröder der Fall —,

(Zurufe und Lachen bei der CDU/CSU)

dann muß das dieser Außenpolitik, d. h. unserer Handlungsfähigkeit auf internationaler Ebene, nicht unbedingt — um es ganz vorsichtig auszudrücken — nützlich sein.

(Zustimmung bei der SPD)

Dem Ansehen dieses Parlaments aber und darüber hinaus dem Ansehen der deutschen Außen-
4704 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Möllemann
politik schadet es ganz sicher, wenn eine Diskussion über das Thema „Menschenrechte" unter das Motto gestellt wird: Haust du meinen Chile-Reisenden, haue ich deinen Polen-Besucher.

(Beifall bei der FDP)

Abgesehen davon, daß eine solche Verfahrensweise außer Emotionen — wie man ja hier erleben kann — kaum etwas anderes bewirkt, halte ich den Versuch der Union, die Kritik am skandalösen Auftreten des Dr. h. c. Strauß in einem Land, in dem auch Christdemokraten in Konzentrationslagern sitzen, mit dem Verweis auf ein Land zu kontern, das unter deutschen Konzentrationslagern unsäglich gelitten hat, für eine grobe Geschmacklosigkeit.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Der CDU-Abgeordnete Wissmann für die Junge Union, der Vorsitzende des Rings Christlich Demokratischer Studenten, Herr Pflüger, der Geschäftsführer und der Bundesvorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerausschüsse, die italienischen Christdemokraten, die belgischen Konservativen und schließlich der Vorsitzende der chilenischen Christdemokraten, sie alle haben so eindeutig Stellung bezogen, haben den erneuten Strauß-Eklat so unmißverständlich gebrandmarkt, daß jeder weitere Kommentar sich erübrigt.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ihre Entschuldigungen und Ihre Versuche der Rechtfertigungen sind nur noch peinlich. Chile ist eine faschistische Diktatur, deren Verharmlosung Sie, Herr Dr. Strauß, nur kennzeichnet.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

— Da ich Ihre Heiterkeit erlebe, Herr Dr. Kohl: wie ist es denn Ihnen ergangen? Sie, Herr Kohl, dürfen ja noch nicht einmal mehr kritische Briefe an Herrn Pinochet schreiben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wie lange eigentlich — aber das werden Sie in Ihrem stillen Kämmerlein schon viel schlimmer erlebt haben, als wir uns das überhaupt vorstellen können —, wie lange werden Sie sich von Franz Josef Strauß noch düpieren lassen müssen?

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Ach Gott! Packen Sie doch ein!)

Die deutsche Außenpolitik tritt unter der Federführung von Hans-Dietrich Genscher glaubwürdig und entschlossen für folgende drei Prinzipien ein. Erstens. Wir sind weltweit für die Verwirklichung der Menschenrechte.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wer nicht?)

Zweitens. Wir bemühen uns weltweit um den Abbau von Spannungen, um friedliche Entwicklungen zu ermöglichen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Sie sagen jetzt gerade: „Das sagen Sie". Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Fairneß besäßen, sich bei solchen Kollegen zu unterrichten, mit denen ich zusammen auf internationalen Konferenzen bin, wo ich sehr eindeutig und unmißverständlich Kritik auch an die Staaten richte, an die Sie sich allerdings ganz einseitig und allein mit Ihrer Kritik richten.

(Zustimmung bei der SPD — Strauß [CDU/ CSU] : Was hat Ihr Parteifreud Moersch zu Chile gesagt?)

Drittens. Wir nehmen auch natürlich weltweit unsere eigenen Interessen wahr.
Diese Prinzipien lassen sich bedauerlicherweise — hier im Hause weiß das doch eigentlich jedermann — nicht überall in vollem Umfang durchsetzen. In der Mehrzahl der Staaten der Welt werden die Menschenrechte nicht oder nicht voll respektiert. In vielen Gebieten gibt es gravierende militärische und soziale Spannungen. Häufig haben wir aber gerade in solchen Ländern sehr handfeste Interessen wahrzunehmen. Solche Konflikte, die sich daraus ergeben, hat unsere Außenpolitik zu bewältigen. Genau das leistet die Außenpolitik, die Hans-Dietrich Genscher prägt, mit gutem Erfolg. Dies findet seinen Niederschlag in der geachteten und geschätzten Position der Bundesrepublik Deutschland im Weltsicherheitsrat. Dies ist in der wachsenden Anerkennung unserer Politik in den Staaten der Dritten und Vierten Welt zu beobachten. Das drückt sich schließlich natürlich darin aus, daß wir mit der Schlußakte von Helsinki, die 35 westliche, östliche und neutrale Staaten Europas und Nordamerikas gegen Ihren Rat unterzeichnet haben, eine Dokumentation des Willens dieser Staaten erreicht haben, die Menschenrechte überall zu verbessern.
Daß dies noch nicht so ist, wissen wir genauso gut wie Sie. Nur versuchen wir mit konkreten praktischen Schritten, den Menschenrechten weltweit Schritt für Schritt näherzukommen, statt mit sturer, einseitiger Polemik das Klima für einen weiteren Wandel zu vergiften.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806131700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Althammer.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0806131800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser Debatte ist unser Kollege Franz Josef Strauß schon wiederholt zitiert worden.

(Zurufe von der SPD)

Ich möchte ein offizielles Kommunque vom 23. November 1977 wiedergeben und mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten Franz Josef Strauß zitieren.

(Zurufe von der SPD) Franz Josef Strauß hat in Chile erklärt:

Ich sehe in Chile eine starke Jugendbewegung, die bereit ist, auf moralischen Grundlagen eine solide Demokratie zu errichten. Das ist das Wichtigste.
In einer Ansprache vor der Fachhochschule Frederico Santa Maria erklärte Strauß, die parlamentarische Demokratie sei die beste Gewähr für ein Gleich-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4705
Dr. Althammer
gewicht zwischen den Gewalten der Exekutive und Legislative sowie den Rechten jedes einzelnen Bürgers.
Strauß fuhr fort:
Ich möchte an die Jugend Chiles, an die chilenischen Männer und Frauen appellieren, mitzuarbeiten an der Gestaltung einer neuen Verfassung und einer neuen Demokratie, einer Ordnung auf der Grundlage von Moral und christlichen Gesetzen, einer Ordnung, die im Dienst des Landes steht und im Rahmen der Toleranz und menschlichen Würde gestaltet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU — Böhm [Melsungen] [CDU/CSU] : Das paßt den Sozialisten nicht!)

Diese Erklärungen haben in Chile überall größten Beifall gefunden. An Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir die Frage zu stellen, wo es seitens der SPD oder irgendwelcher Regierungsmitglieder derartige Erklärungen aus Diktaturen gibt, in die Sie gereist sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Marx hat schon erklärt, daß die CDU/CSU für die Wahrung der Menschenrechte überall in der Welt ist. Wir wenden uns gegen die Heuchelei, die bei der SPD angewendet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das beginnt bereits bei der Wortwahl. Wenn man in den Osten fährt, wird nicht von Diktaturen gesprochen; im Westen heißt es da ganz anders. Diese doppelte Moral ist besonders verwerflich, wenn es um die Situation in Deutschland geht. Die Bürger in Deutschland wären dankbar, wenn die SPD nur mit dem halben Engagement, mit dem sie hier über Chile diskutiert, über die Menschenrechtsverletzungen in Deutschland selbst spräche.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zu der Frage, wie es sich anhört, wenn über Deutschland gesprochen wird, möchte ich ein Zitat des Herrn Kollegen Schmude bringen. Er sagt über die Dokumentation der CDU/CSU:
Fast unbemerkt bleibt dabei die aus dem vorgelegten Text der Großen Anfrage ersichtliche politisch bedenkliche Absicht, die Bundesregierung zum Vortrag des Inhalts der Dokumentation auf der KSZE-Nachfolgekonferenz in Belgrad zu veranlassen. Dabei kann auch die Opposition nicht im Zweifel darüber sein, daß die Bundesregierung bei einem derartigen Vorgehen in Belgrad als Störenfried wirken würde, auch gegenüber den westlichen Teilnehmern.
Wiederholt ist die UNO-Erklärung zu Chile angesprochen worden. Ich frage Sie: Warum hat diese Bundesregierung keinerlei Maßnahmen getroffen, damit die Menschenrechtsverletzungen im anderen Teil Deutschlands vor die UNO kommen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wahrscheinlich befürchtet die SPD, daß sich dann zeigen würde, mit welcher Einseitigkeit manche Dinge in der UNO behandelt werden.

(Zuruf von der SPD: Eines geht doch nur: Entweder Sie wollen oder Sie wollen nicht!)

Ich darf, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die Frage stellen, warum die SPD diese Dinge so einseitig behandelt hat.. Hier kommt die Wut vieler Marxisten darüber zum Ausdruck, daß die Rechnung in Chile nicht aufgegangen ist.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: So ist es!)

Es gibt in Chile nicht die U-Boot-Stützpunkte der Sowjetunion, die schon geplant waren.

(Wehner [SPD] : Was wollen Sie denn damit gegen uns sagen? Was soll denn das?)

Es gibt nicht die totale Machtübernahme, die in Chile ebenfalls geplant war.
Herr Kollege Wehner, lassen Sie mich folgendes sagen. Wir haben es satt, daß ein Politiker, der seit 30 Jahren eine maßgebende Rolle im Aufbau und Ausbau unserer parlamentarischen Demokratie gespielt hat, der zwölf Jahre Minister war und drei Jahre mit Ihnen, Herr Wehner, in einem Kabinett gesessen hat, in dieser Weise diffamiert wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben es auch satt, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß man diesen Politiker in jeder schwierigen Situation, wenn der Krisenstab zusammentritt oder in anderen Fällen, ruft, aber wenige Wochen später denselben Mann hier zu diffamieren versucht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806131900
Herr Kollege Althammer, Sie haben sich soeben über die Wortwahl beklagt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn auch Sie bei Ihren Worten sorgfältig wägen würden. Die Einführung des Wortes „Heuchelei" war in dieser Weise auch nicht angemessen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Friedrich.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0806132000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist eine Aktuelle Stunde zum Tag der Menschenrechte. Der Deutsche Bundestag sollte dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit des zweiten Versuchs einer deutschen Demokratie nicht dadurch Schaden zufügen — und ein solcher Schaden ist denkbar —, daß er den Tag der Menschenrechte in einen Tag deutscher Menschenrechthaberei umwandelt. Dies wäre eine schlimme Sache.

(Zustimmung bei der FDP)

Soweit es um die Bemerkungen des Kollegen Althammer geht, kann ich Ihnen da ganz ruhig und rasch antworten. Verehrter Kollege Althammer, heute morgen war in den Nachrichten zu höhren, daß die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten bei der UNO gemeinsam eine Resolution eingebracht haben, um das Pinochet-Regime zu verurteilen.
Aber ich möchte hier etwas ganz anderes anfügen, nachdem Ihre Fragen in der Fragestunde heute nicht zum Zuge gekommen sind, was ja nicht unsere Schuld ist. Wer als Deutscher — ich sage jetzt etwas zu Polen und zu den Fragen von vorhin — nach 1945 einmal den Weg in Auschwitz-Bir-
4706 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Friedrich (Würzburg)

kenau von der Rampe bis hin zum Denkmal geschritten ist, wo Millionen vorangegangen sind, die mit Giftgas und Krematorium ausgelöscht worden sind, der wird im Zusammenhang mit dem Wort „Menschenrechte" mit Polen sehr behutsam umgehen müssen. Niemand in diesem Hause sollte versuchen, Polen über Menschenrechte von uns aus zu belehren. Er würde nicht nur von Edward Gierek und dem Kardinal-Primas Wyszynski, er würde auch von jedem katholischen Bauern und kommunistischen Industriearbeiter zurückgewiesen werden.
Zum Tage der Menschenrechte haben wir nicht zu vergessen, daß das Ausland in den letzten Wochen sehr kritisch auf uns geschaut hat. Viele von uns waren zwar zu Recht empört, aber selbstgefällig sollten wir auch nicht sein.
Wenn es heute in der Bundesrepublik Mode sein darf, daß zur Verherrlichung Hitlers Schallplatten mit. dem Ziel der Vergiftung unserer Jugend produziert werden,

(Zurufe von der CDU/CSU)

dann ist es die Pflicht dieses Parlaments, am Tag der Menschenrechte der Schande und der Opfer der Nazibarbarei zu gedenken.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Dies wäre nach meiner Auffassung heute ein wichtiger Auftrag. Wenn es in diesem Zusammenhang für die Politiker der Bundesrepublik Deutschland ohne Unterschied der Parteien so etwas wie eine geschichtliche Aufgabe gibt, dürfen wir nicht zulassen, daß die Diffamierung kritischer Geister einhergeht mit Sympathie für Rassismus und mit Verständnis für Menschen folternde Diktatoren.

(Beifall bei der SPD)

Insoweit ist die Frage besorgter Nachbarn berechtigt, wohin dieses heute wieder so mächtige Land geriete, wenn in ihm, in dieser Bundesrepublik, Franz Josef Strauß mehr Macht hätte.
Es ist uns — und wir sind bereit, mit Ihnen darüber ganz offen zu diskutieren — nicht verwehrt, kommunistische Regime zu kritisieren, weil wir 'einen Hitler hatten. Aber wir sollten, wenn wir über Chile sprechen, doch auch daran erinnern, daß die Menschenrechte vor allem in Lateinamerika das ganze soziale Dasein des Menschen umfassen, und wir sollten einmal prüfen, warum in vielen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas Kommunisten Zulauf haben. Auch darüber müßte heute diskutiert werden.

(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

Menschenrechte sind zu wichtig, als daß sie als Instrument der Propaganda mißbraucht werden dürften.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Soweit es um Europa geht, sollten wir als Deutsche im übrigen anderen Völkern das gleiche Recht der Wandlung zubilligen wie uns selbst. Oder, um es als Sozialdemokrat für eine Partei zu sagen, in der Menschen ihr Leben, ihre Gesundheit und ihre Freiheit für die Menschenrechte geopfert haben:
Wir sind der Meinung, die wirksamste Menschenrechtspolitik ist eine aktive Friedenspolitik.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806132100
Das Wort hat Herr -Staatsminister von Dohnanyi vom Auswärtigen Amt.

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0806132200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will auf einige Punkte eingehen.
Der Kollege Schröder hat sich negativ darüber geäußert, daß der Bundeskanzler gesagt hat, er empfinde Freundschaft zu Herrn Gierek.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist der Meinung, daß es darauf ankommt, Freundschaft mit Polen zu suchen. Wir dürfen dies von Ihnen nicht zerstören lassen!

(Beifall bei der SPD und der FDP — Lagershausen [CDU/CSU] : Gierek ließ auf polnische Arbeiter schießen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Als das Wort von der Freundschaft fiel, habe ich aus
Ihrer Fraktion den Zwischenruf „Pfui!" gehört. Ich finde, dies ist eine schlimme Sache.

(Erneuter Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU] : Kennen Sie den Unterschied zwischen Regime und Volk? — Anhaltende weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

Herr Strauß hat zwischendurch eingeworfen, er wolle wissen, was denn Herr Moersch auf seiner Reise gesagt habe. Herr Kollege Strauß, ich muß sagen, ich habe mir angesehen, was Karl Moersch berichtet hat. Er hat immer an erster Stelle berichtet, er habe sich — mit konkretem Erfolg — darum bemüht, die Frage der Hunderte von Gefangenen mit den dort zuständigen Leuten zu besprechen und sogar einige zu befreien. Ich muß leider sagen, daß Sie, zweimal von Herrn Loewenthal befragt, was Sie denn konkret bezüglich des Problems der politischen Gefangenen getan hätten, darauf keine Antwort gegeben haben. Ich muß das feststellen!

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung sieht wie alle ihre Vorgängerinnen eine besondere Verpflichtung aller Deutschen, besonders der politisch verantwortlichen, die Menschenrechte, die Rechte des einzelnen Menschen in das Zentrum der Politik zu stellen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Ja, dann tun Sie es doch!)

Wir — und ich bin sicher, auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition — vergessen nie den Ausgangspunkt 1949, als wir noch vor den Trümmern und noch nahe an der Schande der Verbrechen, der Folter und des Mordes des Dritten Reiches standen. Deswegen haben wir die Grundrechte in das Grundgesetz geschrieben, und des-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4707
Staatsminister Dr. von Dohnanyi
wegen sagen wir, daß die Prinzipien, die dahinter stehen, eben nicht nur für uns allein gelten.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Wer mordet denn heute in Deutschland? Es gibt viel aktuellere Morde in Deutschland!)

Wir müssen nun sorgfältig darauf schauen, daß durch Äußerungen drinnen und draußen keine Mißverständnisse entstehen. Ich bin hier vorhin aufgefordert worden, doch aus dem Bericht der deutschen Botschaft zu verlesen. Meine Damen und Herren, ich will das hier tun; ich lese vor aus einem Bericht vom 23. November von der zweiten Seite.

(Zuruf von der CDU/CSU: Alles oder nichts!)

— Ich lese die „Wertung" vor. Da heißt es:
Obwohl Strauß sich stets zur parlamentarischen Demokratie bekannte

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

und damit eine andere Position bezog als manche Vertreter und Anhänger der chilenischen Militärregierung, war der Besuch des CSU-Vorsitzenden für die chilenische Regierung ein großer Erfolg. Strauß war der prominenteste Politiker aus der westlichen Welt, der Chile seit dem Umsturz von 1973 besucht hat.

(Dr. Althammer [CDU/CSU] : Nur in den Osten darf man fahren!)

Seine ausdrückliche 'Zustimmung zu der Beseitigung der Volksfrontregierung durch das Militär und seine Kritik an den chilenischen Christdemokraten als Steigbügelhalter der Kommunisten muß den chilenischen Militärs und ihren Freunden wohl in den Ohren geklungen haben.
Dies ist das Problem.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Und, Herr Strauß: Wenn die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" — Ihnen doch weiß Gott nicht abgeneigt — in einer Überschrift schreibt „Für Strauß funktioniert in Chile die rechtsstaatliche Ordnung ungeschmälert", dann sehen Sie doch, wohin das Mißverständnis Sie getragen hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Daß Sie bagatellisieren, ergibt sich doch aus solchen Äußerungen wie denen der „Süddeutschen Zeitung", in denen es heißt: Nach den Worten des CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß ist das Ansehen Chiles im Ausland durch eine internationale Kampagne von Lügen und Verleumdungen schlimm entstellt, während doch, meine Damen und Herren, alle, die sonst nach Chile reisen, über die Zustände dort berichten. Und, Herr Strauß: Wenn Sie der „BildZeitung" sagen: „als ob in Chile wahllos gemordet und gefoltert werde", so muß ich ehrlich sagen, daß ich die Einfügung des Wortes „wahllos" an dieser Stelle geschmacklos finde.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, der Anlaß heute gibt uns Gelegenheit, alle politisch Verantwortlichen —
alle! — zu bitten, sich ihrer Verantwortung für das Bild, das sich die Welt von uns macht, bewußt zu sein. Wir können unsere Geschichte, meine Damen und Herren, doch nur dann hinter uns lassen, wenn wir heute keinen Zweifel darüber entstehen lassen, daß Rassismus und Faschismus für uns in jeder Form verwerflich sind und bleiben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich füge hinzu: Alle, die über Südafrika und Chile sprechen, müssen sich dieser Verantwortung bewußt sein.

(Erneuter Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806132300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0806132400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege von Dohnanyi, Sie haben uns nicht überzeugen können. Denn Sie weichen der eigentlichen Fragestellung aus, nämlich der Frage nach dem doppelten moralischen Maß bei der Behandlung von Menschenrecht und Freiheit. Heute hat in diesem Hause ein Gespräch zwischen Helmut Kohl, Franz Josef Strauß und Eduardo Frei stattgefunden. Ich möchte aus dem Kommuniqué nur folgendes zitieren, um Ihnen im. entscheidenden Punkt zu widersprechen:
Herr Strauß erklärte Herrn Frei, daß er nicht nur in diesem Gespräch, sondern auch in seinen öffentlichen Reden in Chile und im Gespräch mit dem Staatspräsidenten Pinochet die Notwendigkeit der Rückkehr zur Demokratie in Parlament und politischen Parteien betont und als Voraussetzung dafür funktionsfähige politische Parteien und verantwortungsbewußte freie Gewerkschaften genannt habe.

(Dr. Corterier [SPD] : Den Absatz vorher!)

Demgegenüber bezeichnet Ihr Parteivorsitzender Willy Brandt, wenn er als deutscher Bundeskanzler vor den Vereinten Nationen spricht, die Diskussion über die Deutschlandfrage — und das heißt nun einmal über die Menschenrechte in Deutschland — als querelles allemandes, als deutsches Gezänk, das nicht vor dieses Weltforum gehöre. Andererseits verweisen Sie heute immer wieder auf die Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen in Chile just durch die UNO. Dieser Widerspruch ist es, den wir nicht begreifen können, den wir immer wieder angreifen müssen und auch angreifen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dem sehr bibelfesten Bundeskanzler dieses Landes muß einmal ins Stammbuch geschrieben werden, was er beim weisen König Salomo findet: „Zweierlei Gewicht und zweierlei Maß ist beides dem Herrn ein Greuel..., und ein falsche Waage ist nicht gut." Diese falsche Waage, dieses doppelte Maß, dieses doppelte Gewicht ist es, was wir wegen der Glaubwürdigkeit des Ringens um die Menschenrechte anprangern müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

4708 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Dr. Mertes (Gerolstein)

Ein weiteres: Herr Kollege Friedrich, wie können Sie es wagen, eine Partei, deren führende Gründungspersönlichkeiten — genau wie die Ihrigen — aus dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus hervorgegangen sind und deren politisch-moralische Grundlagen eine einzige Absage an jegliche Form und Begründung der Unterdrückung von Menschenrecht und Freiheit bleibt, wie sie es seit ihren Anfängen war, in einen Zusammenhang, auch nur in einen entfernten Zusammenhang oder auch nur in einen subtil andeutenden Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus zu stellen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Kennen Sie denn nicht Namen wie den von Jakob Kaiser? Kennen Sie denn nicht den Namen des Vaters unserers Kollegen Graf Stauffenberg? Ich bitte Sie: Wollen wir denn die letzten grundlegenden Gemeinsamkeiten in diesem Hohen Hause durch dieses doppelte Maß zerstören? Müssen wir uns nicht verneigen vor den Opfern jeglicher — ich sage: jeglicher — Form totalitärer Herrschaft in unserem deutschen Vaterlande?
Nun ein Wort zu unserem Weißbuch über die menschenrechtliche Lage in Deutschland und der Deutschen in Osteuropa, weil die entscheidenden Dinge hier mit Hilfe von Unterstellungen immer wieder falsch dargestellt werden.
Nach unserer Verfassungsordnung hat die jeweilige Bundesregierung in der Außenpolitik die Prärogative. Wir haben Verständnis dafür, daß die Bundesregierung als Exekutive auf die Bedeutung und den Nutzen der diplomatischen, der diskreten Verhandlungsmethode hinweist und ihrerseits als Regierung dieser Methode auch bei dem Bemühen um die Verwirklichung der Menschenrechte den Vorzug gibt. Nur, wenn sie glaubt, so verfahren zu müssen — wir finden übrigens, daß das nicht immer richtig ist —, dann sollte sie als Exekutive vom Parlament nicht verlangen, daß die Wahrnehmung der wenigen außenpolitischen Rechte und Pflichten, die diesem Hause obliegen, voll auf die Bundesregierung ausgerichtet sein müßte. Wir haben Gewaltentrennung. Das ist ein Wesen der Demokratie.

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Auch dieses Parlament muß sich auf seine spezifische Weise außenpolitisch artikulieren können. Wenn die Koalition glaubt, sich in allem und jedem hinter die Regierung stellen zu müssen — bis hin zu den Methoden —, dann wird eben die Opposition zum Treuhänder der parlamentarischen Rechte in der Außenpolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch von der SPD)

Wenn Sie unser Weißbuch unvoreingenommen lesen, dann müßten Sie anerkennen, meine Damen und Herren, daß dieses Weißbuch eine parlamentarische, also eine betont öffentliche Unterstützung der Position des Westens und der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad ist. So ist es von allen unseren westlichen Gesprächspartnern in Belgrad auch verstanden worden. Diese haben uns doch gesagt, daß die Regierungen, daß die Belgrader Delegationen dieses Kernproblem Europas und dieses Kernproblem unseres deutschen Vaterlandes nicht ohne den Rückenwind einer breiten Offentlichkeit und ohne die Stimme der Parlamente, die frei reden dürfen und müssen, behandeln könnten.
Wenn Sie als Koalitionsfraktionen glauben — aus Gründen, die ich hier nicht diskutiere —, daß Sie samt und sonders, in allem und jedem, zu Stil und Methode der Bundesregierung stehen müßten, dann lassen Sie doch die Opposition als die Treuhänderin der parlamentarischen Rechte in der Außenpolitik die Stimme frei erheben, so, wie es die deutsche Frage verlangt. Diese Deutschland-Frage ist natürlich auch eine Machtfrage. Diese Frage ist eine staatsrechtliche und eine völkerrechtliche Frage. Diese Frage ist in ihrem Wesen vor allem aber eine Frage der Verwirklichung oder der Verletzung der Menschenrechte in dem einzigen Lande, das in Europa zwischen West und Ost, zwischen Freiheit und Unterdrückung, gewaltsam geteilt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alle frei gewählten Abgeordneten in diesem Hause sollten die Kraft haben, sich hier zusammenzufinden und endlich dieses zweierlei Gewicht und dieses zweierlei Maß zu verdammen, das auf die Dauer doch zur Unglaubwürdigkeit dieses Parlaments führen muß.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Nach rechts und nach links gelten die gleichen Maßstäbe. Das aber heißt: Sie dürfen nicht gegenüber dem Osten — weil er Nuklearwaffen hat und unter Umständen den Frieden gefährden könnte — schweigen und gegenüber einem Land wie Chile, in dem die Menschenrechte ebenfalls verletzt werden — weil es in unserem außenpolitischen Aktionsfeld einen anderen, einen geographisch ferneren und machtpolitisch schwächeren Platz einnimmt — eine völlig andere Sprache sprechen. Ich kann dem bibelfesten Herrn Bundeskanzler, seiner Regierung wie seiner Koalition nur noch einmal Salomos Spruch mit allem Nachdruck vors Gewissen führen:
Zweierlei Gewicht und zweierlei Maß ist beides dem Herrn ein Greuel, und eine falsche Waage ist nicht gut.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806132500
Meine Damen und Herren, nach den strengen Regeln der Aktuellen Stunde verbleiben für die folgende Rednerin, Frau Abgeordnete Erler, noch drei Minuten. Sie haben das Wort.

Brigitte Erler (SPD):
Rede ID: ID0806132600
Meine Damen und Herren, nachdem heute dauernd von Heuchelei und Einseitigkeit die Rede gewesen ist, möchte ich Ihnen nur ein kurzes Erlebnis erzählen, das ich vor einem halben Jahr gehabt habe. Ich habe einige Kollegen von der CDU und CSU gebeten, eine Petition für einen politichen Gefangenen in Uruguay zu unterschreiben. Er war von Amnesty als nicht Gewalt befürwortender Gefangener anerkannt. Er saß dort ohne Urteil. Er wurde seit Jahren schwer gefoltert. Es bestand die
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4709
Frau Erler
dokumentierte Gefahr, daß er in den nächsten Tagen völlig verschwinden würde. Ein einziger der Kollegen von der CDU hat ohne zu fragen unterschrieben.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Bei mir waren Sie aber nicht! — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Bei mir waren Sie auch nicht!)

Alle anderen wollten erst versichert haben, daß dies kein Kommunist sei. Offensichtlich dürfen Kommunisten gefoltert werden und verschwinden.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Wen haben Sie denn gefragt? — Lagershausen [CDU/ CSU] : Wie war Ihr Einsatz für die Charta '77?)

— Entschuldigung, ich habe mich, als ich in Bulgarien war, dort für politisch Verfolgte eingesetzt.

(Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806132700
Meine
Damen und Herren, ich bitte, sich freundlicherweise so zu verhalten, daß die Rednerin ungestört sprechen kann.

Brigitte Erler (SPD):
Rede ID: ID0806132800
Warum haben denn die Äußerungen von Strauß in Chile und die von Dregger in Südafrika eine solche Empörung in der Öffentlichkeit ausgelöst? Weil dort die Grundwerte, auf denen unsere Gesellschaft beruht, verhöhnt worden sind, die Rechte des einzelnen Menschen und die Rechte auf politische Beteiligung der Bevölkerung.
Eben hat das Herr Kollege Althammer noch bestätigt, indem er wiederum die Demokratie in Chile beschimpft und Vorwände zur Rechtfertigung des Putsches in Chile geliefert hat.

(Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

Glauben Sie, daß es unserer Glaubwürdigkeit im Hinblick auf die Vertretung der Menschenrechte — auch gegenüber den Ostblockstaaten — nützt, wenn Herr Dregger den Iran, eine der schlimmsten Folterdiktaturen, als eines der stabilsten Länder der freien Welt bezeichnet oder wenn Herr Todenhöfer die Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika als Terroristen diffamiert und gleichzeitig kein einziges Wort dazu sagt, wenn Rhodesien in Mozambique einfällt?

(Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Ihre Rede wird Radio Moskau mit Wohlgefallen zitieren — mit all den Verleumdungen!)

Oder glauben Sie, daß es unserer Glaubwürdigkeit nützt, wenn diverse Kollegen von der CDU oder der CSU das Apartheidsregime in Südafrika unterstützen, indem sie dauernd rassistisch behaupten, die Schwarzen seien noch nicht reif, sich selber zu regieren.

(Zustimmung bei der SPD)

Alles dieses aber ist auf einen gemeinsamen Nenner
zu bringen: Hier werden kurzsichtige deutsche Wirtschaftsinteressen in den Ländern der Dritten Welt
vertreten. Offensichtlich wird die Freiheit deutscher Investitionen mit der Freiheit von Menschen verwechselt.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806132900
Ich
schließe die Aussprache im Rahmen der Aktuellen Stunde.
Zu einer persönlichen Bemerkung gemäß § 35 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Friedrich das Wort.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0806133000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Mertes hat hier Ausführungen gemacht, denen ich entnehmen mußte, daß er den Eindruck hat, ich hätte Mitglieder des Hauses mit dem Nationalsozialismus identifiziert. Ich möchte feststellen: Das Protokoll wird ergeben, daß dies nicht geschehen ist. Ich hielt es allerdings für meine Pflicht, an diesem Tag der Menschenrechte der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806133100
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zum Gesetz zur Regelung zusätzlicher Fragen der Ausbildungsplatzförderung
— Drucksache 8/1235 — Berichterstatter: Senator Steinert
Herr Senator, Sie haben als Berichterstatter das Wort.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0806133200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner 451. Sitzung am 4. November 1977 zu dem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Regelung zusätzlicher Fragen der Ausbildungsplatzförderung die Anrufung des Vermittlungsausschusses beschlossen.
Einziger Anrufungsgrund war das Begehren, in § 1 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 die Einzugsstellen für die Abgabe nach dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz im Gesetz selbst konkret zu benennen. In der Gesetzesfassung des Bundestagsbeschlusses sieht der § 1 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 vor, daß der zuständige Bundesminister durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Einzug der Berufsausbildungsabgabe auf selbständige Bundesoberbehörden oder bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts überträgt.
Der Bundesrat weist in seinem Vermittlungsbegehren darauf hin, daß eine Übertragung durch Rechtsverordnung nur dann zulässig sei, wenn die in Betracht kommenden Einzugsstellen im Gesetz selbst konkret genannt sind.
Der Vermittlungsausschuß hat am 23. November 1977 das Anrufungsbegehren erörtert, aufgenom-
4710 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Senator Steinert (Hamburg)

men und folgenden Beschluß gefaßt, der Ihnen in der Bundestagsdrucksache 8/1235 vorliegt.
Der Vermittlungsausschuß hat zur Konkretisierung der Einzugsstellen in § 1 die Absätze 2 und 3 geändert und einen neuen Absatz 5 eingefügt.
Der § 1 des Gesetzes sieht jetzt insgesamt für die Einziehung der Berufsausbildungsabgabe folgende Regelung vor:
1. für den Bereich der bundesunmittelbaren und bundesweit zuständigen Berufsgenossenschaften: die Berufsgenossenschaften selbst;
2. für den Bereich, in dem der Bund und die Bundesanstalt für Arbeit Träger der Unfallversicherung sind: das Bundesamt für Finanzen;
3. für den Bereich der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften mit Ausnahme des Bereichs Gartenbau: das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft;
4. für den Bereich der (nicht bundesweit zuständigen) „Metallberufsgenossenschaften" : die (bundesunmittelbare) Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenossenschaft;
5. für den Bereich der (nicht bundesweit zuständigen) „Bauberufsgenossenschaften" : die (bundesunmittelbare) Bauberufsgenossenschaft Wuppertal;
6. für den Bereich der Länder und Gemeinden: die durch die Landesregierungen bestimmten Stellen.
Durch den in § 1 eingefügten Absatz 5 wird sichergestellt, daß die bundesweit zuständigen Einzugsstellen die Berufsausbildungsabgabe zentral für das ganze Bundesgebiet einschließlich Berlins ein- ziehen müssen. Damit wird auch für den Bereich der an sich nur regional zuständigen Metall- und Bauberufsgenossenschaften den Anforderungen des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG Genüge getan.
Durch diesen Vorschlag des Vermittlungsausschusses sind Rechtsverordnungen insoweit nicht mehr erforderlich.
Der Vermittlungsausschuß hat damit dem Anrufungsbegehren des Bundesrates voll entsprochen.
Ich bitte Sie deshalb namens des Vermittlungsausschusses um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei allen Fraktionen)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806133300
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Das Wort zu einer Erklärung hat Frau Abgeordnete Benedix.

Ursula Benedix (CDU):
Rede ID: ID0806133400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer die parlamentarische Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung zusätzlicher Fragen der Ausbildungsplatzförderung nicht verfolgte, dem muß der Gesamtzusammenhang auch nach den Darlegungen des Herrn Senators Steinert verschlossen bleiben — bei dieser Verästelung von Ergänzungen für die Ergänzung eines ergänzten Gesetzestorsos.
Deshalb kurz eine Erklärung zum Stammbaum. Er hieß Berufsbildungsgesetz. Er scheiterte 1976 im
Bundesrat. Um diese Hürde zu umgehen, vollzog die Regierungskoalition das Kunststück der Aufspaltung in einen zustimmungsbedürftigen und in einen nichtzustimmungsbedürftigen Gesetzesteil. Der nichtzustimmungsbedürftige Teil nennt sich Ausbildungsplatzförderungsgesetz. Der zustimmungsbedürftige wurde nochmals gespalten, und zwar in den Teil, der die Steuerfreiheit der Zuschüsse betrifft — er wurde bereits durch das Steuerentlastungsgesetz geregelt —, und in den Gesetzesteil, der uns vom Vermittlungsausschuß noch einmal zur parlamentarischen Abstimmung zugeleitet worden ist und der das Verfahren der Einziehung der Berufsausbildungsabgabe betrifft.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806133500
Frau Kollegin, einen Augenblick! Ich möchte die Damen und Herren nochmals darum bitten,. die Gespräche so zu führen, daß in jedem Fall die Rednerin voll verständlich bleibt.
Bitte, Frau Kollegin.

Ursula Benedix (CDU):
Rede ID: ID0806133600
So ist die Zustimmung der Länder — auch der meisten von der CDU/CSU regierten Länder — zu erklären. Die Länder befinden sich hier sozusagen im Vollzugszwang, seit das Ausbildungsplatzförderungsgesetz gegen unser Votum verabschiedet worden ist. Die Zustimmung zu diesem Ergänzungsgesetz seitens der Länder bedeutet also nicht automatisch die Zustimmung zum Stammgesetz und ganz bestimmt nicht zu seinen Intentionen.
Die Regelung des Einziehungsverfahrens der Berufsausbildungsabgabe, die uns heute hier vorliegt, soll das Ausbildungsplatzförderungsgesetz in seinem wesentlichen Teil, nämlich der betrieblichen Umlage, überhaupt erst wirksam machen. Die Gründe, die uns, die CDU/CSU-Fraktion, damals zwangen, dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz die Zustimung zu verweigern, machen es uns auch heute unmöglich, der vorliegenden Ergänzung zum Zweck der Praktizierung dieses Gesetzes zuzustimmen.
Die steuerrechtliche Problematik und das mehr als angreifbare Gesetzgebungsverfahren bei diesem Ergänzungsgesetz hat mein Kollege Dr. Pfennig am
7. Oktober in diesem Hohen Haus überzeugend angesprochen. Ich beschränke mich deshalb auf die nochmalige kurze Darlegung der Ablehnungsgründe, die in unserer bildungspolitischen Überzeugung liegen.
Auch Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, bekennen sich heute zum dualen System. Sie sagen heute auch, für die duale Ausbildung gebe es keine Alternative.
Angesichts dieser erfreulichen, aber relativ jungen Erkenntnis ist dies nicht überzeugend genug. Es fehlen die Taten. Was tun Sie, um in dieser schwierigen Situation die enormen Anstrengungen der Ausbildungsbetriebe anzuerkennen und zu unterstützen? Wir honorieren Sie die schon seit einigen Jahren laufende Rekordleistung der Wirtschaft, das persönliche Engagement der Präsidenten, der Geschäftsführer, die Zahl zusätzlicher Ausbildungsplätze zu erhöhen? 20 000 zusätzliche Ausbildungs-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4711
Frau Benedix
plätze allein im Handwerk, meine Damen und Herren, trotz ungünstiger Wirtschaftslage, trotz langer Diffamierungskampagnen! Ich möchte sagen, das ist eine Leistung der Wirtschaft, für die es bisher beim Staat noch kein Beispiel gibt. Das beweist doch, daß es für die Kräfte der Eigenverantwortung keinen Ersatz gibt. Das beweist, daß eigenes Wollen zu allen Zeiten noch die stärksten Antriebskräfte entwickelt hat, viel stärkere, als sie jede noch so perfekte Bürokratie entwickelt hat. Aber wer ein marxistisches Grundverständnis hat, kann das natürlich nicht begreifen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806133700
Frau Kollegin, ich habe nur eine Bitte. Zu Anträgen des Vermittlungsausschusses werden Erklärungen abgegeben. Sie kommen allmählich zu einer Art Debattenbeitrag. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie zu Ihrer Erklärung zurückkehrten.

(Beifall bei der SPD)


Ursula Benedix (CDU):
Rede ID: ID0806133800
Meine Damen und Herren, ich sagte: Sie bekennen sich zur Dualität, worüber wir uns sehr freuen. Aber ich meine, Sie müßten deutlich machen, daß dahinter eine echte Überzeugung steht. Ich möchte Sie fragen: Wo tun Sie das, wo haben Sie z. B. einmal die enge Verzahnung zwischen Theorie und Praxis betont, die sehr wichtig ist, oder wo haben Sie sich einmal dazu geäußert, daß es für das Lernen im Betrieb keinen Ersatz gibt? Wo haben Sie einmal begründete Antworten auf diese Fragen gegeben? Wo haben Sie einmal geschrieben, daß der junge Mensch in der unmittelbaren Verbindung von Betrieb und Schule die Notwendigkeit von Präzision und Konzentration, die Notwendigkeit absoluter Verläßlichkeit erfährt? Wo habe ich einmal aus Ihrem Munde gehört, daß sich im Betrieb am besten die Fähigkeit zur Übernahme von Verantwortung entwickelt, auch die Fähigkeit, sich in das Sozialgefüge einzufügen? Wo haben Sie einmal mit Verve dargelegt, daß es bei der Ausbildung eben nicht nur um Fertigkeiten und Kenntnisse geht, sondern daß das Einüben von Verhaltensweisen und bestimmten Eigenschaften für den Ernstfall mindestens ebenso wichtig ist? Wo sind hier Ihre Fragen, Ihre Antworten?
Ihre Antwort lautet heute: Ergänzungsgesetz zum Ausbildungsplatzförderungsgesetz. Für uns ist dieses Ausbildungsplatzförderungsgesetz eine Art Damoklesschwert, das Sie über die ausbildenden Betriebe hängen, das Damoklesschwert der zusätzlichen Kostenbelastung und des staatlichen Hineinwirkens in die betriebliche Ausbildung. Mit diesem Ergänzungsgesetz lösen Sie gleichsam die Halterungen dieses Schwertes, so daß es zu jeder Zeit nach Ihrer Berechnung der sogenannten Überhangquote auf die Betriebe heruntergelassen werden kann. Dies ist für uns keine überzeugende Art, Engagement zu fördern,
Die dadurch bewirkte Unsicherheit der Ausbildungsbetriebe kann kurzfristig zur Lähmung, langfristig sogar zur Aufgabe des persönlichen opfervollen Einsatzes aus engagiertem Interesse führen.
Dies wäre — ich glaube, das Wort ist hier nicht zu
hoch gegriffen — in der Tat ein nationales Unglück

(Lachen bei der SPD)

— jawohl —, denn unsere duale Ausbildung ist eine in der ganzen Welt anerkannte spezifische Kraft, die wir uns im Interesse unserer Jugend nicht kaputtmachen lassen dürfen. Diese spezifische Ausbildung ist es vornehmilch, die den jungen Menschen zu dem Facharbeiter, dem Techniker, dem Kaufmann und dem Verwaltungsfachmann macht, der in der Welt anerkannt, gesucht und gefragt ist.
Das sogenannte Wirtschaftswunder verdanken wir vornehmlich dieser Ausbildung. Darum müssen wir Ihrer verschiedenen Reformansätze nachhaltig kritisch begleiten und durchleuchten. Leider müssen wir immer wieder befürchten, daß Sie direkt oder indirekt den Abbau des dualen Systems bewirken.
Meine Damen und Herren, eine praxisgerechte Ausbildung liegt nicht nur im unmittelbaren Interesse der jungen Menschen, die ja in einem bestimmten Alter die theoretische Schulung satt haben; sie liegt auch im unmittelbaren Interesse einer zukunftsweisenden Volkswirtschaft mit ausreichendem Wachstum. Sie können deshalb darauf bauen, daß wir alles tun werden, um unsere in der Welt anerkannte deutsche Ausbildungsart zu stärken, sie nicht aushöhlen zu lassen. Deshalb unser Widerstand und deshalb heute hier auch die Ablehnung dieses Ergänzungsgesetzes zum Ausbildungsplatzförderungsgesetz.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806133900
Das Wort hat der Abgeordnete Wüster.

Kurt Wüster (SPD):
Rede ID: ID0806134000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zur Kollegin Frau Benedix will ich ,nur eine kurze Erklärung abgeben und kein Grundsatzreferat halten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die heute zur Diskussion stehende Drucksache 8/1235 regelt ausschließlich das Verfahren des Einzuges der Berufsausbildungsabgabe. Meine Fraktion hat bereits in den Ausschußberatungen die Auffassung vertreten, daß die vom Bundesrat vorgeschlagene Beauftragung der Berufsgenossenschaften mit dem Einzug der Abgabe die rationellste und auch die kostengünstigste Lösung darstellt. Eine bundeseinheitliche Beauftragung der Berufsgenossenschaften war deshalb nach unserer Meinung nur konsequent. Eine länderbezogene Regelung hätte die bundeseinheitliche Erfassung der Lohnsummen nicht möglich gemacht und zu völlig unnötigen Verwaltungsschwierigkeiten und vermeidbaren Kosten geführt. Es geht also hier nur um ein praktikables Verfahren, das kostengünstiger, unaufwendiger und damit auch besser funktioniert.
Die Bedenken des Bundesrates sind auch weitgehend ausgeräumt worden, nachdem wir die Möglichkeit des Ministers für Bildung und Wissenschaft entfernt haben, per Verordnung zu bestimmen, welche Maßnahmen weiterhin getroffen werden sollen, um Einzugsstellen zu beauftragen, die Ausbildungs-
4712 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Wüster
abgabe zu kassieren. Wir meinen nun, daß den Wünschen des Bundesrates voll entsprochen worden ist; wir begrüßen, daß wir zustimmen können, und erbitten auch die Zustimmung der Opposition.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806134100
Das Wort hat Frau Abgeordnete Schuchardt.

Helga Schuchardt (FDP):
Rede ID: ID0806134200
Meine Damen und Herren! Das Ergebnis der Beratungen im Vermittlungsausschuß stellt zunächst einmal einen Abschluß, wenn nicht das Ende der Diskussion in dieser Frage dar. Das sogenannte Ergänzungsgesetz stellt sicher, daß für den Fall des Inkrafttretens der Umlagefinanzierung nach dem Ausbildungsförderungsgesetz das Verwaltungsverfahren bundeseinheitlich und möglichst unaufwendig gehandhabt werden soll.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich den Ausführungen von Herrn Wüster insoweit inhaltlich anschließen und nur noch eines hinzufügen: Ich darf daran erinnern — und vielleicht sollte das die CDU vor ihrer Stimmabgabe auch noch einmal erwägen —, daß sie selbst 1969 einhellig in diesem Hause mit den anderen Fraktionen festgestellt hat, daß wir unbedingt ein Umlagefinanzierungssystem brauchten. Wir haben dafür eine Kommission im Deutschen Bundestag eingesetzt, die sogenannte Edding-Kommission, die dazu Vorschläge gemacht hat. Wir stehen jetzt am Ende einer sehr aufwendigen Diskussion und hoffen, daß wir mit dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz und vor allem mit diesem Ergänzungsgesetz die Voraussetzungen für die junge Generation geschaffen haben, in den nächsten Jahren ein hinreichendes Ausbildungsplatzangebot herzustellen.
Ich möchte die Union bitten, diesem Kompromiß des Vermittlungsausschusses zuzustimmen. Wir sind dem Bundesrat entgegengekommen, und ich meine, auf dieser Ebene kann man sich sehr wohl einigen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806134300
Meine
Damen und Herren, das Wort wird nicht weiter begehrt. Wer dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Der Vorschlag ist mit sehr großer Mehrheit angenommen worden.
Ich rufe nunmehr Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1977
hier: Einzelplan 12
Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr
— Drucksachen 8/639, 8/1227 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Müller (Nordenham)

Meine Damen und Herren, es liegt ein Bericht des Herrn Abgeordneten Müller (Nordenham) vor. Ich frage, ob der Herr Berichterstatter zusätzlich das Wort wünscht. — Das ist nicht der Fall. Wird in der Aussprache das Wort gewünscht? — Auch das ist nicht der Fall.
Wer der Beschlußempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Meine Damen und Herren, dem Beschluß des Haushaltsausschusses ist mit sehr großer Mehrheit entsprochen worden.
Ich rufe nunmehr Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Neunten
Gesetzes Änderung des Wehrsoldgesetzes
— Drucksache 8/1266 —
Das Wort zur Begründung der Vorlage wird nicht gewünscht.
In der Aussprache erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Biehle.

Alfred Biehle (CSU):
Rede ID: ID0806134400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst eine Vorbemerkung. Wir haben heute eine Tagesordnung mit insgesamt 26 Punkten. Die Bundesregierung und die Koalition sprudeln nur so vor Initiative und Tatkraft, so daß bis jetzt zur Behandlung des Punktes 10 noch kein einziger von Ihnen geschickt werden konnte. Dagegen stammen alle bisher beratenen Gesetzesentwürfe des heutigen Tages von der CDU/ CSU-Opposition, von der die SPD/FDP-Koalition ja immer sagt, daß es mangelnde Initiative sei, durch die sie sich auszeichne.

(Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

— Die Tatsachen sind anders, Herr Wehner, auch wenn Sie dies nicht wahrhaben wollen. Wenn es heute auf die Koalition angekommen wäre, hätte der Bundestag pausieren müssen.
Wir beraten heute einen Gesetzentwurf zur Wehrsolderhöhung, der mit leider allzu großer Verspätung von der Regierung vorgelegt worden ist. Meine Fraktion hat hier schon seit langer Zeit die Erhöhung des Wehrsoldes und des Entlassungsgeldes gefordert, um einmal der inflationistischen Entwicklung in ihrer Auswirkung auch gegenüber den Wehrpflichtigen Rechnung zu tragen, zugleich aber in der Frage der Wehrgerechtigkeit einer Tendenz entgegenzutreten, die immer mehr eine ungleiche finanzielle Belastung der Dienenden gegenüber den zu Hause Weiterverdienenden mit sich bringt.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Mit dieser Forderung nach Erhöhung standen wir auch bisher nicht allein. Ich darf nur daran erinnern, daß vom Bundeswehrverband bis zum Deutschen Gewerkschaftsbund immer deutlicher darauf hingewiesen wurde, daß — so z. B. der DGB am 21. Oktober 1977 — die Preisentwicklung trotz Kantinenreform endlich eine rasche und positive Entscheidung für die Wehrpflichtigen im Lande erfordere, zumal seit der letzten Wehrsolderhöhung,
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4713
Biehle
die am 1. Januar 1974 stattfand, vier Jahre vergangen seien. Beim Entlassungsgeld gab es leider sogar seit fünf Jahren keine Anhebung mehr. So erfreulich es ist, daß der Bundesverteidigungsminister diese Erhöhung unter dem Druck der Öffentlichkeit endlich im Kabinett durchsetzen und seine wiederholten Ankündigungen auch mit einem Gesetzentwurf in die Tat umsetzen konnte, so bedauerlich ist es, daß — wie 1973 auch diesmal erst nach monatelangem Feilschen im Regierungs- und Koalitionslager um den ehrlich verdienten Wehrsold — die Erhöhung nicht schon zum 1. Juli 1977, sondern erst zum 1. Januar 1978 erfolgt. Dennoch begrüßt meine Fraktion grundsätzlich die Gesetzesvorlage.
Lassen Sie mich nochmals unterstreichen, warum wir schon vor geraumer Zeit eine Erhöhung des Wehrsoldes als besonders notwendig ansahen. Seit der letzten Wehrsolderhöhung am 1. Januar 1974 ist z. B. der Preisindex für die Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte nach Angaben der Bundesregierung um 19 °/o gestiegen. Selbst wenn ich einen Teil davon für Verpflegung, Bekleidung und Unterkunft in Anrechnung bringe, verbleibt noch ein beachtlicher Prozentsatz von Mehrkosten zuungunsten der Wehrpflichtigen. Seit 1974 sind außerdem auch die Löhne und Gehälter — dies ebenfalls nach Angaben der Regierung — brutto um 23,6 v. H. und netto um 18,8 v. H. gestiegen. Die vielen Vorteile der zu Hause verbleibenden, weil nicht eingezogenen Wehrpflichtigen oder auch der Wehrdienstverweigerer — unter anderem durch höhere Verdienste — liegen auch hier klar auf der Hand.
Schließlich ist auch der Teilindex für Verkehr und Nachrichtenübermittlung seit 1974 um 22,1 % gestiegen. Davon sind besonders viele Wehrpflichtige betroffen, da die infolge der steigenden Zahl von Wehrdienstverweigerern immer häufiger werdende heimatferne Einberufung auch eine stärkere finanzielle Belastung durch die höheren Kosten für die Heimfahrt verursacht.
Auch die Kantinenreform hat sich nicht als der große Wurf zur finanziellen Entlastung der Soldaten erwiesen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Alles in allem besteht also eine volle Berechtigung für die rasche Anhebung von Wehrsold und Entlassungsgeld. Die besondere Zuwendung ist dabei eine automatische Folge der Wehrsoldanhebung, da sie in ihrer Höhe dem Monatsbetrag des Wehrsoldes der Gruppe 2 entspricht; das ist die Gruppe der Gefreiten.
Daß die mit der Wehrsolderhöhung ab 1. Januar 1978 verbundene Umstellung von halbmonatlicher Zahlung auf monatliche Zahlung eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes mit sich bringt, ist eine begrüßenswerte Nebenerscheinung.
Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zur einheitlichen Anhebung des Wehrsoldes um 1 DM in allen 13 Wehrsoldgruppen. Vom Inkrafttreten des ersten Wehrsoldgesetzes am 1. April 1957 an gab es bis 1971 bei den zwischenzeitlich durchgeführten vier Erhöhungen differenzierte bzw. gestaffelte Anhebungen entsprechend den Funktionen bzw. den Dienstgraden. Lediglich zum 1. Januar 1974 wurde der Wehrsold erstmals einheitlich in allen Gruppen um 1 DM angehoben. Der damalige Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, der Kollege Schmidt (Würgendorf), hat noch am 25. September 1973 in einer Vorlage gegenüber dem Verteidigungsausschuß zur Wehrsolderhöhung 1971 erklärt — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
Mit dieser Anhebung sollte nicht nur die 1970 eingetretene und für 1971 zu erwartende allgemeine Einkommensentwicklung berücksichtigt werden; die Verbesserung sollte auch dazu dienen, den bewährten Soldaten, die auf Grund der Übernahme von Funktionen befördert werden, einen stärker als bisher leistungsbezognen Wehrsold zu gewähren.
Dieser hier angesprochene leistungsbezogene Wehrsold hatte 1971 die Wirkung, daß beim Grenadier die Anhebung 20 % ausmachte, beim Gefreiten 331/3 %, beim Obergefreiten 44 °/o, beim Hauptgefreiten 662/30/o, und beim Unteroffizier gar 80 °/o. Die heutige nivellierende Anhebung um einheitlich 1 DM für die 13 Wehrsoldgruppen bringt ab 1. Janurar 1978 eine Erhöhung — man höre jetzt — um 18,2% beim Grenadier, um 14,3 % beim Gefreiten, um 131/s % beim Obergefreiten, um 11,7 % beim Hauptgefreiten, um 10 % beim Unteroffizier, Stabsunteroffizier und Fahnenjunker und um 9 % bei allen Feldwebeldienstgraden. Dies wäre fortzusetzen: beim Hauptmann z. B. beträgt sie 7,1 °/o. Das ist also genau das Gegenteil von dem, was damals gesagt wurde; es handelt sich, so meine ich, um eine leistungsfeindliche bzw. nicht funktionsgerechte Wehrsolderhöhung. Man muß sich dabei fragen, wann bei dieser Nivellierungstendenz der Feldwebel den gleichen Wehrsold wie der Grenadier bekommt.
Wir wünschen dringend, daß dieser Entwicklung Einhalt geboten und der funktions- und leistungsbezogene Wehrsold wieder in den Vordergrund gestellt wird.
Die Gesetzesvorlage der Bundesregierung vom 4. November 1977 ist am 25. November dieses Jahres vom Bundesrat beraten worden; sie fand dort volle Billigung.
Damit die wehrpflichtigen Soldaten, wie es vorgesehen ist, zum 1. Januar 1978 in den Genuß dieser Erhöhung kommen, sagen wir ja zum Gesetz und stimmen der Ausschußüberweisung zu. Der Verteidigungsausschluß wird morgen darüber beraten. Der Innenausschuß hatte das Gesetz bereits gestern, am Mittwoch, dem 7. Dezember, auf der Tagesordnung.
Ich darf unsere Bitte wiederholen, dem Antrag auf Ausschußüberweisung zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806134500
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Horn.
4714 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977

Erwin Horn (SPD):
Rede ID: ID0806134600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Die Vorlage über die Erhöhung des Wehrsoldes liegt uns vor. Die sozialdemokratische Fraktion wird dem zustimmen. •
Wir wissen, daß die Wehrpflichtigen ein Opfer für uns bringen. Dies ist uns bekannt. Wir wissen andererseits aber auch, daß sie nicht in ein allgemeines Tarifgefüge einzubinden sind. Ich glaube, darin besteht Übereinstimmung bei allen politischen Parteien hier im Bundestag. Infolgedessen wissen wir — wir wollen der Bundesrepublik Deutschland eine Wehrpflichtarmee erhalten —, daß sich auf Grund ihrer Aufgaben dort Ungerechtigkeiten und auch Schwierigkeiten ergeben. Wir bürden sie dem jungen Menschen auf, weil es für seinen Staat, für unseren Staat geschieht, für den er sich einsetzen soll. Wir haben versucht, über ein gewisses soziales Netz, in das auch er einbezogen wurde, Ungerechtigkeiten zu mildern Darüber hinaus müssen wir noch im Bundestag und in den Ausschüssen beispielsweise über eine Ausweitung der freien Wochenendfahrten von einer Wochenendfahrt im Monat auf mehrere sprechen. Ich erinnere daran, daß wir das System heimatnaher Einberufung noch verbessern müssen,

(Beifall bei der SPD)

um hier die Schwierigkeiten zu verringern. Die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien haben in den letzten Jahren eine vorbildliche Leistung im Sinne dessen erbracht, daß sie Ausbildung und Bildung und zugleich auch den Rüstungsbereich für unsere Soldaten adäquat ausgestaltet haben, so daß sie ihre Aufgabe erfüllen können.
Ich bin der Auffassung, daß für die nächsten Jahre der Soldat selber in seinen sozialen Bindungen und auch in seinen persönlichen Rechten im Mittelpunkt stehen muß. Aus diesem Grunde sehen wir den Gesetzentwurf als einen Anfang an. Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei stimmt der Vorlage zu.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806134700
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Möllemann.

Jürgen W. Möllemann (FDP):
Rede ID: ID0806134800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe mich in der glücklichen Lage, den Argumenten meines Vorredners und auch dem Fazit des Vorvorredners, nämlich der Zustimmung zur Überweisung, zustimmen zu können. Ich halte es wie der Kollege Horn für notwendig, daß wir in der Tat dafür sorgen, daß die menschlichen Belange auch innerhalb der Bundeswehr im nächsten Haushaltsansatz stärker berücksichtigt werden. Wir alle haben bei den jetzt ja schon relativ zahlreichen Debatten über das Thema Sicherheitspolitik in dieser Legislaturperiode Gelegenheit genommen, diese Problemfelder aufzuzählen.
Ich kann also für meine Fraktion der Überweisung zustimmen und ankündigen, daß wir uns mit den übrigen Fraktionen um eine Besserstellung der
Wehrpflichtigen wie der Berufssoldaten kümmern werden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806134900
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Ich schlage Ihnen vor, die Vorlage dem Innenausschuß — federführend —, dem Verteidigungsausschuß — mitberatend — und dem Haushaltsausschuß — mitberatend und gemäß § 96 GO — zu überweisen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Strafvollzugsgesetzes
— Drucksache 8/1283 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß
Ich frage zunächst, ob die Vorlage begründet werden soll. — Das ist offensichtlich nicht der Fall.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hartmann.

Klaus Hartmann (CSU):
Rede ID: ID0806135000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der zur Beratung anstehende Gesetzentwurf des Bundesrates hat zum Gegenstand die Schaffung einer wirksamen Möglichkeit zur Überwachung des Besuchsverkehrs der Untersuchungsgefangenen und Strafgefangenen aus terroristischen Vereinigungen mit Verteidigern sowie die Verbesserung der Überwachung des schriftlichen Verteidigerverkehrs. Eine richterliche Besuchsüberwachung soll unter den gleichen Voraussetzungen möglich sein, unter denen nach geltendem Recht eine Überwachung des Schriftverkehrs stattfinden kann.
Wir wollen im Rahmen dieser ersten Lesung nicht die große Debatte zum Thema „Unterbindung der Verteidigerkonspiration" führen. Dies wird in der zweiten und dritten Lesung unserer Gesetzentwürfe zur Bekämpfung des Terrorismus geschehen. Ich beschränke mich heute auf die Erklärung, daß und aus welchen hauptsächlichen Gründen wir, die CDU/ CSU-Fraktion dieses Hohen Hauses, die Gesetzesinitiative des Bundesrates unterstützen und ihr zustimmen werden, und zwar auch insoweit, als der vorliegende Entwurf über unsere bisherigen Vorschläge hinausgeht.
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Besuchsüberwachung ist verfassungskonform und rechtsstaatlich unbedenklich. Sie ist zur Unterbindung hochgefährlicher Konspiration sowohl notwendig als auch geeignet und stellt deshalb eine nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Rechtsgüterabwägung angemessene Maßnahme dar. Ich kann der Verlockung nicht widerstehen, dies mit den eigenen, wenn auch früheren Worten der Bundesregierung, insbesondere des Herrn Bundeskanzlers und des Bundesministers der Justiz zu begründen. Das liegt
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4715
Hartmann
nicht daran, daß mir keine eigene Begründung einfiele, aber es erscheint mir besonders apart, die neuerlichen Gegner der Besuchsüberwachung mit ihren eigenen früheren befürwortenden Argumenten zu konfrontieren. Eine Chronik der widersprüchlichen Behandlung des Themas hat Herr Kollege Dr. Zimmermann bereits am 28. Oktober dieses Jahres von dieser Stelle aus dargelegt.
Zur verfassungsmäßigen und rechtsstaatlichen Unbedenklichkeit darf ich Herrn Bundesjustizminister Vogel zitieren, der am 18. Dezember 1974 vor diesem Hohen Hause folgendes mit der ihm eigenen Überzeugungskraft ausgeführt hat. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten wie folgt zitieren:
So ist einerseits die Behauptung unrichtig, die von der Bundesregierung zunächst vorgeschlagene Überwachungsregelung sei rechtsstaatlich bedenklich und mache frühere Reformen rückgängig.
Diese rechtliche Würdigung läßt sich substantiell auch auf den jetzigen Bundesratsvorschlag anwenden, und zwar auch insoweit, als dieser über den damals zur Debatte stehenden Vorschlag hinausgeht.
In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf die Überwachungsregelungen in anderen freiheitlichdemokratischen Rechtsstaaten, wie sie auch der Präsident des Deutschen Anwaltvereins jüngst zitiert hat. Ich kann darauf aus Zeitgründen jetzt nicht näher eingehen.
Zur Notwendigkeit der vorgeschlagenen Gesetzesregelung berufe ich mich ebenfalls auf die Bundesregierung, die in der Begründung ihres früheren Gesetzentwurfes Drucksache 7/5401 die damals vorgeschlagene Besuchsüberwachung damit gerechtfertigt hat — auch hier darf ich mit Genehmigung wieder wörtlich zitieren —, „daß sich die Anzeichen dafür verstärken, daß gerade Beschuldigte, die schwerer Straftaten im Terrorbereich verdächtig sind, ihr Recht auf ungehinderten Verkehr mit ihren Verteidigern zum Zusammenhalt der kriminellen Vereinigung und zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit mißbrauchen und daß die Überwachung ein geeignetes Mittel sei, den spezifischen Gefahren zu begegnen, die sich aus der Konspiration inhaftierter Mitglieder krimineller Vereinigungen mit ihren Komplizen in der Freiheit ergeben". In der Begründung des Regierungsentwurfs eines Strafverfahrensänderungsgesetzes spricht die Bundesregierung selbst von der „immensen Gefahr, die von einem Verteidiger ausgeht,' der seine Position als unabhängiges Organ der Rechtspflege zum Zusammenspiel mit dem Beschuldigten ausnutzt oder gemeinsame Sache mit diesem macht".
Es liegt eine Überfülle von gesicherten Erkenntnissen darüber vor, daß diese Gründe fortbestehen. In einem Bericht des Bundeskriminalamts vom Juli 1977 über das Info-System der RAF heißt es, daß dieses Info-System der inhaftierten Terroristen über bestimmte Anwälte besser denn je funktioniert und daß die frühere postalische Kommunikation mit hoher Wahrscheinlichkeit weitgehend durch eine mündliche Kommunikation bzw. durch die unmittelbare Weitergabe von Schriftstücken während nicht überwachter Verteidigerbesuche ersetzt worden sein
dürfte. Von den in Stammheim gewonnenen Erkenntnissen sei nur genannt, daß die dort einsitzenden Gewalttäter seit 1974 nur 206 Privatbesuche, aber 2 210 Verteidigerbesuche empfangen haben

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

und daß niemand bestreiten kann, daß es anläßlich einer solchen Vielzahl unüberwachter Verteidigerbesuche ohne weiteres möglich war, nicht nur mündliche Informationen, sondern auch Kassiber und andere Gegenstände auszutauschen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Die Ergebnisse sind hinreichend bekannt!)

Die Zweckmäßigkeit einer Besuchsüberwachung ergibt sich aus folgenden Überlegungen. Selbstverständlich vermag auch die Besuchsüberwachung eine Konspiration nicht völlig auszuschließen. Kein Paragraph irgendeiner Rechtsordnung, sei er noch so rigoros, vermag letztlich irgendein inkriminiertes Handeln auf die Quantität null zu reduzieren. Zwischen totaler Rigorosität einerseits und untätigem Gewährenlassen andererseits aber liegen viele präventive Möglichkeiten unterschiedlichen Wirkungsgrades.
Eine Besuchsüberwachung ist wirkungsvoller als der selbst durch Herabsetzung der Verdachtsschwelle erweiterte Verteidigerausschluß, weil zu erwarten ist, daß ein in Konspirationsverdacht geratener Verteidiger nach seinem Ausschluß umgehend durch ein unbeschriebenes Blatt als sogenannter „Vertrauensanwalt" — ich setze dieses Wort bewußt in Anführungszeichen — ersetzt wird, der die Konspiration fortspinnt.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Die optische und akustische Besuchsüberwachung durch einen Richter ist auch wirkungsvoller als eine optisch und akustisch transparente Trennscheibe im Besucherraum, weil eine solche allenfalls die Übergabe von Gegenständen zu verhindern vermag, nicht aber den mündlichen Austausch von Informationen oder das Zeigen von Unterlagen, Zeichnungen oder etwa Tatortskizzen durch die Trennscheibe; das ist sehr einfach.

(Zuruf von der CDU/CSU: So können auch konspirative Pläne weitergegeben werden!)

Dann kommt der Einwand der vom Überwachungsrichter nicht zu entschlüsselnden Codesprache. Fest steht auf alle Fälle, daß durch die Überwachung relevante Klartextinformationen abgefangen und unterbunden werden können. Das Ausweichen auf eine Codesprache beschränkt unbestreitbar die Kommunikationsmöglichkeiten und erschwert die Erörterung kompletter und detaillierter Tatpläne ganz erheblich bzw. schließt diese weitestgehend aus. Auch dieses Argument, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat der amtierende Bundesminister der Justiz früher für eine Besuchsüberwachung ins Feld geführt.
Auch der Herr Bundeskanzler und sein Vizekanzler haben die Besuchsüberwachung als rechtsstaatliches, notwendiges und geeignetes Mittel zur Unterbindung der Konspiration befürwortet

(Lambinus [SPD] : Die sind im Gegensatz zu Ihnen lernfähig!)

4716 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Hartmann
— der Bundeskanzler tat es zuletzt noch nach dem Mord an Generalbundesanwalt Buback und seinen Begleitern —, bevor sie unter Vorschützen angeblich neuer Erkenntnisse, die uns bis heute vorenthalten werden, vor den Linken in ihren Parteien in die Knie gegangen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Ja, die laufen schon auf den Knien!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Vorwurf, wir wollten mit der Besuchsüberwachung allzu unbedenklich die freie Verteidigung beeinträchtigen, trifft uns ebensowenig, wie die Besuchsüberwachung auf die Anwaltschaft schlechthin oder auf den integren Verteidiger zielt. Die Besuchsüberwachung soll ja nicht zur Regel gemacht werden. Die Regel bleibt weiter der unüberwachte Verteidigerverkehr, wie er in § 148 Abs. 1 StPO beschrieben steht. Die Besuchsüberwachung kann nach dem vorliegenden Vorschlag angeordnet werden. Kein Richter wird von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, wenn es ihm nicht zwingend geboten erscheint.
Wir nehmen die Bedenken, die von fachlicher Seite gegen eine Besuchsüberwachung vorgebracht werden, sehr ernst. Wir kommen aber nach einer verantwortungsvollen Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter zu dem Ergebnis, daß Leben, körperliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit gegenüber einem ungehinderten Verteidigerverkehr
— so hoch dieses Prinzip im liberalen Rechtsstaat auch zu veranschlagen ist — die höherwertigen Rechtsgüter sind. Wer anders gewichtet, wer die Besuchsüberwachung ablehnt, sollte sich vergegenwärtigen, wie er vor den Fragen und Vorhalten möglicher künftiger Opfer und ihrer Angehörigen bestehen will, wenn nach möglichen weiteren terroristischen Gewalttaten nicht nur der Verdacht, sondern auch der unwiderlegliche Beweis dafür zutage treten sollte, daß diese Gewalttaten anläßlich unüberwachter Verteidigerbesuche geplant, vorbereitet und gesteuert worden sind. Wir entscheiden uns jedenfalls dafür — ich gebrauche die Worthülsen des Herrn Bundeskanzlers —, nichts zu versäumen und nichts zu verschulden.
Noch auf ein Wort, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die Vertreter der Koalition im Rechtsausschuß haben mit ihrer Mehrheit gestern unsere
— in einem noch einvernehmlich aufgestellten Prioritätenkatalog zusammengefaßten — Vorschläge zur besseren Bekämpfung des Terrorismus ausnahmslos abgelehnt,

(Dr. Penner [SPD] : Es war auch ziemlich viel Törichtes dabei!)

man könnte sagen: abgeschmettert.

(Lambinus [SPD] : Und Sie unsere!)

Sie haben die totale Ablehnung so weit getrieben, daß Sie sogar gegen die heraufgesetzte Verdachtsstufe aus unserem früheren Vorschlag zum Verteidigerausschluß gestimmt haben, den wir Ihnen nochmals angeboten haben, um zu testen, wie weit Sie die merkwürdige Solidarität der Demokraten, wie Sie sie verstehen, nämlich die Unsolidarität oder die Solidarität im Ablehnen treiben. Dies ist, so scheint
es mir, der Vozug des von Herrn Conradi auf dem Parteitag der SPD artikulierten Geistes, daß es hier mit der CDU/CSU keine Gemeinsamkeit geben darf. Hören Sie doch endich auf mit Ihrem Gemeinsamkeitsgerede!

(Zurufe von der CDU/CSU: Sehr richtig! — Gequassel!)

Das Wort „Heuchelei" habe ich soeben verschluckt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806135100
-Herr Kol-
lege, das ist natürlich auch eine Methode, aber damit kommen Sie nicht durch.

(Wehner [SPD] : Nein, bei dem kommt's hinten wieder heraus!)

So geht es nicht!

Klaus Hartmann (CSU):
Rede ID: ID0806135200
Hören Sie doch endlich auf mit dem Gemeinsamkeitsgerede! Sie reden davon, wenn es Ihnen in den Kram paßt, wenn Sie Verantwortung umverteilen wollen. Aber dann, wenn es zum Treffen kommt, ist Fehlanzeige! Ein Dreivierteljahr herumfilibustern, uns dann hinunterbügeln — anders kann man das nicht bezeichnen — und dann vielleicht unsere Stimmen als Lückenbüßer reklamieren wollen, wenn Ihre linken Parteifreunde, die gegen den Terrorismus gesetzgeberisch überhaupt nichts tun wollen, Sie selbst bei der Durchsetzung Ihres zur wirksamen Bekämpfung des Terrorismus untauglichen gesetzgeberischen Sparprogramms im Stich lassen. So können Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, mit den Problemen und mit der Opposition,

(Wehner [SPD]: Die ist ein Problem, ja!)

einer konstruktiven und erwiesenermaßen zur Solidarität bereiten Opposition, nicht umspringen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Falsch betont!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806135300
Das Wort
hat der Herr Abgeordnete Dr. Schöfberger.

Dr. Rudolf Schöfberger (SPD):
Rede ID: ID0806135400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Forderung nach Einführung der Überwachung des mündlichen Verteidigergesprächs hatten Sie ja — zugegeben — früher einmal einige Partner, mittlerweile aber stehen Sie mit der Mehrheit des Bundesrates völlig allein auf weiter Flur, Herr Kollege Hartmann.
Die Bundesrechtsanwaltskammer, immerhin eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, spricht sich nachhaltig gegen die Überwachung des mündlichen Verteidigerverkehrs aus, ebenso der Deutsche Anwaltverein. — Sie werden sagen, wenn man die Sümpfe austrocknen will, darf man die Frösche nicht fragen. Man dürfe deswegen auf das Urteil der Verteidigerorganisationen keinen allzu großen Wert legen. Aber das Interessante ist, daß auch der Deutsche Richterbund die Verteidigerüberwachung ablehnt. 31 prominente Strafrechtsprofessoren nahezu
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4717
Dr. Schöfberger
aller deutschen Universitäten lehnen die Überwachung des mündlichen Verteidigerverkehrs ab.

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Auch Juristen können irren!)

Sechs namhafte Bundesrichter lehnen sie nicht nur ab, sondern unterzeichnen und veröffentlichen eine Protesterklärung, was ja bei Bundesrichtern nicht gerade an der Tagesordnung ist. Der Generalbundesanwalt lehnt in einem vorgestern gegebenen Interview die Überwachung des mündlichen Verteidigerverkehrs als völlig unnütz und überflüssig ab. Wie gesagt, mit Ihren Vorschlägen werden Sie also sicher noch an Stammtischen Gehör finden, aber in der ganzen Fachwelt treffen Sie rundum auf Ablehnung,

(Beifall bei der SPD)

und das sollte doch auch zu denken geben.
Nun wird immer wieder behauptet, es gebe ja in anderen europäischen Ländern die Verteidigerüberwachung schon längst. Wie verhält es sich damit genau? Keine Überwachung gibt es in Belgien und in Großbritannien; dort gibt es allerdings eine Sichtkontrolle. Keine Überwachung gibt es in Frankreich, keine Überwachung gibt es in Italien — auch dort wieder nur Sichtkontrolle —, und in Schweden können nur Wahlverteidiger überwacht werden, nicht jedoch Pflichtverteidiger. Auf der anderen Seite gibt es eine Überwachung des mündlichen Verteidigerverkehrs: in Dänemark bis zum Beginn der Hauptverhandlung, in den Niederlanden höchstens sechs Tage lang und nur bis zum Abschluß der. Tätigkeit des Untersuchungsrichters, also nicht während einer laufenden Hauptverhandlung, in Osterreich bis zu drei Monaten, längstens jedoch bis zur Zustellung der Anklageschrift, also nicht während einer laufenden Hauptverhandlung, und in der Schweiz nur so lange, bis der Zweck der Untersuchung erreicht ist, also auch nicht während einer Hauptverhandlung.
Das heißt also: Wenn wir die Verteidigerüberwachung ablehnen, befinden wir uns in guter Gesellschaft. Wenn Sie die Verteidigerüberwachung vor der Hauptverhandlung fordern, befinden Sie sich auch in guter europäischer Gesellschaft. Wenn Sie aber, wie Sie uns im Entwurf vorschlagen, eine Verteidigerüberwachung während einer laufenden Hauptverhandlung fordern, stehen Sie auch im europäischen Vergleich völlig allein da und kommen in die Nähe kommunistischer und faschistischer Systeme. Denn sicher hat es bei Baskenprozessen eine Verteidigerüberwachung während des Hauptverfahrens gegeben, ja, schlimmer noch: es hat überhaupt keine rechtsstaatliche Verteidigung gegeben. Und das ist ja der Punkt: daß Sie uns — weit hinter 1964 zurückgehend — eine Verteidigerüberwachung während eines laufenden Hauptverfahrens ansinnen.
Hierzu habe ich doch folgende Fragen an Sie zu stellen: Wollen Sie die Überwachung dann nur in der Besucherzelle oder auch im Gerichtssaal? Und wenn sie sich nicht im Gerichtssaal abwickeln soll, was soll dann die in der Besucherzelle praktizierte erbringen? Wenn Sie aber die Überwachung
in den Gerichtssaal hineintragen wollen, wie können Sie dann noch eine rechtsstaatliche Verteidigung gewährleisten? Das sind die Fragen, die Sie beantworten müssen.
Der Bundeskanzler und der Bundesjustizminister wollten, solange sie für eine Überwachung eingetreten sind, niemals eine Überwachung während der laufenden Hauptverhandlung — zu keinem einzigen Zeitpunkt. Im übrigen sind das nicht nur Menschen, die überzeugend wirken, sondern die sich gelegentlich auch von Argumenten überzeugen lassen. Denn sie nehmen ja nicht Anteil an der pathologischen Lernunwilligkeit anderer.

(Beifall bei der SPD)

Im übrigen, Herr Kollege Hartmann, meine Damen und Herren, sind wir ja nicht mit Blindheit geschlagen. Wir wissen genausogut wie Sie, daß es unter den 31 000 zugelassenen deutschen Rechtsanwälten und unter den 120, die als Wahl- oder Pflichtverteidiger in sogenannten Terroristenprozessen tätig sind, eine eingrenzbare, überschaubare Zahl sogenannter Rechtsanwälte gibt, die ihre Stellung und ihr Mandat schamlos mißbrauchen und mit den beschuldigten oder angeklagten Terroristen unter einer Decke stecken. Davon gehen wir aus. Schließlich haben ja die zuständigen Oberlandesgerichte schon fünf solcher Anwälte aus dem Verkehr gezogen, weil wir zum 1. Januar 1975 die gesetzlichen Möglichkeiten dazu geschaffen hatten.
Darüber hinaus gibt es jetzt noch eine begrenzte Zahl — man tut sich hier beim Schätzen sehr schwer —, etwa ein halbes Dutzend oder ein Dutzend Verteidiger, die auf Grund bestimmter Tatsachen in Verdacht stehen, mit den Angeklagten gemeinsame Sache zu machen. Wer als Verteidiger in eineinhalb Jahren 585 Besuche abstattet — da teilen wir Ihre Beurteilung —, geht über das in einem „normalen" Strafverfahren Übliche weit hinaus und setzt sich damit schon einem gewissen Verdacht aus.
Wenn wir nun gemeinsam die Tatsachen feststellen und gemeinsam die Gefährlichkeit dieser Vorgänge einschätzen, worin liegt dann der wesentliche Unterschied zwischen der Auffassung der Opposition und der der Koalition? Der Unterschied liegt wohl in der Reaktion. Statt die wenigen Verdächtigen, die wir alle erkannt zu haben glauben, gezielt aus dem Prozeß und nachfolgend aus der Anwaltschaft herauszuholen und in ihrer Wirkung unschädlich zu machen, geben Sie mit der nach freiem Ermessen zu handhabenden Schrotflinte der Überwachung ungezielte Streuschüsse auf die gesamte Anwaltschaft ab

(Hartmann [CDU/CSU] : Da überschätzen Sie aber unsere deutschen Richter!)

— ohne zu zielen.

(Hartmann [CDU/CSU] : Die haben doch zu zielen!)

— Herr Kollege Hartmann, Ihre Freunde in Baden-Württemberg haben nach dem Stammheimer Landrecht schon monatelang Verteidigergespräche abgehört, wenn auch illegal. Würden Sie uns sagen,
4718 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Dr. Schöfberger
was dabei außer an Elektrikerkosten und an Verletzungen einiger Grundrechte, z. B. des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, herausgekommen ist?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Glauben Sie wirklich, daß die legale Verteidigerüberwachung — eine etwa von uns beschlossene — mehr zutage fördern könnte als- eine illegale Verteidigerüberwachung?

(Hartmann [CDU/CSU] : Verhindern soll sie!)

- Wer künftig als Anwalt — und jetzt kommt unsere Alternative — auf Grund bestimmter Tatsachen verdächtig ist, mit Terroristen unter einer Decke zu stecken, den wollen wir durch ein schnelles justizförmiges Verfahren aus dem Prozeß ausschließen lassen. Wer ausgeschlossen ist, Herr Kollege Hartmann, braucht nicht überwacht zu werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wer dagegen als Anwalt nicht im Verdacht der Kollaboration steht, braucht weder ausgeschlossen noch überwacht zu werden. Wozu dann eigentlich die Überwachung des mündlichen Verteidigerverkehrs noch dienen soll, möchte ich Sie fragen.
Ursprünglich haben Sie Ihren Vorschlag damit begründet, daß die Übergabe von Sachen während des Verteidigergesprächs verhindert werden sollte. Diese Argumentation ist nach den Erfahrungen in Stammheim etwas brüchig geworden, weil es andere Kommunikations- und Übergabemöglichkeiten gibt und auch in Zukunft geben wird. Um dem zu begegnen, wollen wir Trennscheiben einführen. Ich frage mich, warum Sie sich, wenn Sie so sehr auf die Verhinderung solcher Übergaben erpicht sind, gestern im Rechtsausschuß bei der Abstimmung über die Einführung der Trennscheiben der Stimme enthalten haben, warum Sie nicht mit aller Konsequenz mit uns gegangen sind.

(Beifall bei der SPD)

Eine Trennscheibe muß der rechtsstaatliche Strafprozeß ertragen können. Bequem ist sie sicher nicht. Aber er muß sie ertragen können. Eine Überwachung des vertraulichen Verteidigergesprächs in die Hauptverhandlung hinein erträgt der rechtsstaatliche Strafprozeß jedoch nicht.
Nun kann man nicht sagen, daß eine solche Überwachung gänzlich untauglich wäre. Ich räume Ihnen gern ein, daß man bei dieser Gelegenheit die eine oder andere verbotene' Kommunikation aufdecken und daraufhin das Gespräch unterbinden könnte.
Aber es kommt auf den Preis an, den man für einige Mücken zahlen muß, die man bei dieser Gelegenheit einfangen könnte. Stammheim hat doch gezeigt, daß es eine Fülle von Kommunikationsmöglichkeiten gibt, nicht nur das Verteidigergespräch. Wer sagt uns denn, daß Gefängnisärzte, Gefängnispersonal, Kalfaktoren, auch sächliche Dinge wie elektrische Leitungen, Transistoren, Radioempfänger, Sendemöglichkeiten, nicht geeignet seien, Kommunikation herzustellen? Woher nehmen Sie eigentlich nach Stammheim noch den übersteigerten Glauben, mit einer Verteidigerüberwachung das alles abdichten zu können?
Wir sind der Auffassung, daß der Preis dafür zu hoch ist. Wir sind der Meinung, daß die Überwachung des mündlichen Verteidigerverkehrs ein tiefer Eingriff in den Strafprozeß sein würde. Wir wollen nicht sagen, daß das alles verfassungswidrig wäre. Aber wir befürchten, daß sich dadurch die rechtsstaatliche Qualität unseres Strafprozesses deutlich wahrnehmbar verschieben würde.
Aus meiner Praxis weiß ich, daß man mit einem Beschuldigten oder Angeklagten als erstes Gespräche über ein mögliches Geständnis oder ein mögliches Teilgeständnis führen muß, daß man als zweites darüber sprechen muß, ob er in der Hauptverhandlung schweigen oder sich offenbaren soll, daß man über die mögliche Verunsicherung von Belastungszeugen und die Herbeischaffung von Entlastungszeugen sprechen muß, daß man sich darüber unterhalten muß, ob es für die Verteidigung günstig oder ungünstig ist, wie man Zeugen aus dem
Zeugenstand bringt, indem man sie auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht hinweist, daß man das gesamte Verhalten des Angeklagten gegenüber Mitangeklagten besprechen muß, daß man die gesamte Prozeßstrategie und die Justizförmlichkeit des Verfahrens — nicht nur Schuld und Nichtschuld — mit dem Angeklagten besprechen muß.
Glauben Sie, Herr Kollege Hartmann und diejenigen, die Sie die Überwachung fordern, denn wirklich, daß bei einer Überwachung, also in Anwesenheit eines Richters noch ein vertrauliches, unbeeinflußtes und ungezwungenes Gespräch im Sinne des Rechtstaates möglich ist? Sie können dem Angeklagten, den Sie zu verteidigen haben, dann ein dutzendmal und hundertmal sagen, er brauche keine Scheu zu haben, sich zu äußern, denn der Richter, der danebensitze, sei mit dem Prozeß nicht befaßt und dürfte auch nichts weitersagen. Es wird doch einem normalen Angeklagten überhaupt nicht bei-
' zubringen sein, daß er angesichts einer dabeisitzenden Justizperson seine Scheu ablegt. Er wird halt mit seinen Offenbarungen nicht nur zurückhaltend sein, sondern sie unterdrücken. Dadurch leidet ein ordentlicher Strafprozeß. Ich sage das nicht nur im Interesse der Angeklagten, sondern genauso im Interesse der Verteidigung und des gesamten Strafverfahrens.
Ich komme zum Schluß. Herr Kollege Hartmann, das deutsche Strafprozeßrecht ist die Magna Charta des Angeklagten. Die Qualität einer rechtsstaatlichen Strafprozeßordnung bemißt sich ja nicht nur danach, wie sie mit einem schuldig zu Sprechenden umgeht, sondern auch danach, wie sie mit einem Unschuldigen verfährt, der ohne sein Zutun in die Mühle der Justiz gelangt ist. Auch für letzteren wollen wir hier doch Gesetze machen. Wir gehen davon aus, daß gerade er eine ordentliche Verteidigung braucht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806135500
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hartmann?

Dr. Rudolf Schöfberger (SPD):
Rede ID: ID0806135600
Ja.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4719

Klaus Hartmann (CSU):
Rede ID: ID0806135700
Herr Kollege Schöfberger, bevor Sie zum Schluß kommen: Sind Sie bereit, Ihre vorhin gemachte — objektiv falsche — Aussage, die Bundesregierung habe niemals eine Verteidigerüberwachung vertreten, die nicht durch den Beginn der Hauptverhandlung limitiert gewesen sei, angesichts des Wortlautes der Bundestagsdrucksache 7/4005 vom 1. September 1975 zurückzunehmen, die einen Vorschlag enthalten hat, der zeitlich in keiner Weise limitiert ist?

Dr. Rudolf Schöfberger (SPD):
Rede ID: ID0806135800
Ich lasse mich gern belehren, Herr Kollege Hartmann. Ich bin bisher gutgläubig davon ausgegangen, daß es zu einer Verteidigerüberwachung während der Hauptverhandlung und im Gerichtssaal nicht kommen sollte. Zum anderen möchte ich Ihnen entgegenhalten, daß die Äußerungen des Bundesjustizministers vom 18. Dezember 1974, die Sie heute zitiert haben, in einer Zeit gefallen sind, in der es noch keine gesetzliche Möglichkeit des Verteidigerausschlusses gegeben hat und in der die Problematik eine ganz andere war als heute, da es diese Möglichkeit gibt. -

(Beifall bei der SPD)

Wir sind also der Meinung — damit komme ich zum Schluß —, daß das freie, unbeeinträchtigte Verteidigergespräch mit dem Angeklagten das Kernstück des rechtsstaatlichen Strafprozesses ist. Daran knüpfen wir unsere herzliche Bitte an Sie, noch einmal gründlich zu überlegen, ob Sie wirklich in dieses Kernstück eingreifen wollen. Wir würden Ihnen nicht vorwerfen, daß Sie von diesem Vorhaben Abstand nehmen, denn die Problematik ist in der Tat so schwierig, daß man sich wechselseitig eine Änderung des Standpunktes zubilligen muß. Wir sind entschlossen, den Verteidigerausschluß auf die Fälle des durch Tatsachen begründeten einfachen Verdachts zu erstrecken und im übrigen den Austausch von Sachen durch die Einführung der Trennscheibe zu unterbinden. Wir laden Sie herzlich ein, während der Beratungen in den Ausschüssen nach Kräften mitzuhelfen, in dieser Richtung zu arbeiten.
Ich möchte nicht nur für die hier besprochene Problematik, sondern für die innere Sicherheit ganz allgemein mit dem Grundsatz schließen, nach dem wir Sozialdemokraten handeln. Wir Sozialdemokraten tun alles, was notwendig, zweckmäßig und rechtsstaatlich ist, um terroristische Gewaltverbrechen wie alle anderen Arten von Schwerverbrechen energisch und effektiv zu bekämpfen. Wir werden aber auch alles unterlassen und abwehren, was die Qualität unseres Rechtsstaats in Richtung zum Unrechtsstaat auch nur verschieben könnte. Darüber besteht in der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion ausnahmslose Einmütigkeit.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806135900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelhard.

Hans A. Engelhard (FDP):
Rede ID: ID0806136000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat bereits eingehend
die Argumente genannt, die gegen die Überwachung des Gesprächs zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger sprechen.
In der Argumentation sind wir mittlerweile ja ein gutes Stück vorangekommen. Wir stellen nicht mehr allein die Frage: Ist es rechtsstaatlich überhaupt möglich, die Überwachung der Verteidigergespräche vorzusehen? Die Frage ist ja auch nicht allein: Wird mit der Entscheidung über diese Frage gleichzeitig entschieden, ob wir ein Rechtsstaat sind oder nicht? Wir sind dem Präsidenten des Deutschen Anwaltvereins als dem Vorsitzenden der größten deutschen Anwaltsorganisation ausdrücklich dafür dankbar, daß er neulich mit allem Nachdruck darauf hingewiesen hat, daß sich alles, was wir• zur Bekämpfung des Terrorismus bisher beschlossen haben, im Rahmen unserer rechtsstaatlichen Ordnung gehalten hat.
So allein stellt sich also die Frage nicht. Aber wir werden natürlich immer sehen müssen, meine Damen und Herren von der Opposition, daß nicht alles, was nicht verfassungswidrig ist, rechtsunbedenklich ist und daß nicht alles, was sich in den Grenzen der Verfassung bewegt, auch klug und für die Praxis nützlich ist.
Wir haben ja mittlerweile eine ganze Fülle von Erfahrungen und Erkenntnissen gesammelt. Auch die Opposition sollte sich diesen Erkenntnissen, die ihr ja ebenso bekannt sind, nicht verschließen.
Es ist bereits auf den Sinneswandel des Deutschen Richterbunds hingewiesen worden. Es handelt sich ja nicht um eine Furcht der Richter, über Gebühr mit neuen Aufgaben belastet zu werden. Sie haben wie viele andere Berufe ihr spezielles Risiko zu tragen. Aber sie sehen wohl sehr deutlich, daß ihnen durch die Überwachung der Gespräche etwas aufgehalst werden soll, was der einzelne überhaupt nicht zu leisten vermag.
Wenn Sie, Herr Kollege Hartmann, die Frage stellen, wie wir von der Koalition nach einem neuen Anschlag dastehen werden, wenn die Verwandten eines Opfers uns fragen werden, ob wir frei von Schuld sind und alles Notwendige getan haben, dann muß ich Ihnen die Frage stellen: Was würden nach Einführung der Überwachung jene sagen, denen Sie, obwohl Sie die Tatsachen besser kennen, zunächst vorgegaukelt haben, jetzt sei tatsächlich alles geschehen, um im Rahmen des Menschenmöglichen jedes Loch zu stopfen?
Der Justizminister des Landes Baden-Württemberg hat im Bundesrat am 4. November erklärt, ein Teil der Publizistik habe bei Würdigung der Stammheimer Vorgänge die Aussage getroffen, das Land Baden-Württemberg habe den Anspruch verwirkt, schärfere Maßnahmen bei der Terroristenbekämpfung zu verlangen. Das sagen wir von der Koalition nicht. Wir sind bestürzt über die Vorgänge in Stammheim. Wir können darüber hinaus keine Schadenfreude empfinden, auch wenn von dieser Stelle einmal hervorgehoben werden muß, daß es immer wieder der Ministerpräsident eben dieses Landes war,

(Dr. Penner [SPD] : Der Gralshüter der inneren Sicherheit!)

4720 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1973
Engelhard
der in einer besonders hämischen Weise alle jene, die seine Meinung in diesem Bereich nicht zu teilen vermochten, herabzusetzen und zu rügen gewußt hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Wehner [SPD] : Leider wahr!)

Wir müssen doch sehen, daß gerade in den in Stammheim zutage getretenen Vorgängen eine ganz beträchtliche Differenz zwischen der Fülle der immer neuen Gesetzesinitiativen und dem gewissenhaften, sorgfältigen Vollzug der Gesetze deutlich wird, die wir seit langem haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wenn man das sieht, braucht man sich nicht nur über die Frage zu unterhalten: Werden Richter, die Gespräche zu überwachen haben, Codesätze und Codeworte verstehen? Wie ist es mit den ständig wechselnden Richtern, die bei denselben Beschuldigten überwachend tätig werden müssen? Wird man bei der Fülle der Anwaltsbesuche, die auch ich sehr negativ beurteile und die ein schlechtes Licht auf die betreffenden Anwälte werfen, deswegen zu einer zeitlichen und mengenmäßigen Kontingentierung der Besuche schreiten müssen, und wie soll dies im einzelnen geschehen, wenn genügend Richter zur Überwachung vorhanden sein sollen?
Nein, wir werden uns auch noch mit anderen Fragen auseinandersetzen müssen. Wenn in Stammheim die Untersuchung der wenigen weiblichen Häftlinge, nachdem sie Besuch erhalten hatten, deshalb nicht möglich war, weil weibliches Justizpersonal in der Abteilung nicht immer vorhanden war, dann will ich einmal die Frage stellen: Wer gibt uns die Gewähr dafür, daß künftig immer genügend Richter vorhanden sein werden, um die Gespräche zu überwachen?

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir kennen alle die anderen Fragen. Was soll der Richter unternehmen, wenn der Codesatz gefallen ist, der ihm verdächtig erscheint? Er wird das Gespräch abbrechen; aber seinen Adressaten hat dieses Codewort bereits erreicht. Wann kann ein solcher Besuch fortgesetzt werden? Sie werden natürlich bei einem überwachten Gespräch auch die Stellung und
Körperhaltung der beiden Beteiligten seitens des Richters vorschreiben müssen. Der Händedruck muß unterbleiben, weil bereits bei diesem Händedruck ein zusammengerollter kleiner Kassiber übergeben werden kann.
Wir sind zunächst einmal mehr für den gewissenhaften Vollzug der Gesetze, die wir haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir sind z. B. für die Trennscheibe, die nach Auffassung der Bundesregierung bereits im geltenden § 148 der Strafprozeßordnung vorgesehen ist. Denn ob ein Schriftstück vom Richter durchgesehen wird, darf ja nicht davon abhängig sein, ob man sich für die Übermittlung der Deutschen Bundespost oder eines Boten bedient oder ob es von einem Anwalt bei einem Besuch mitgebracht und übergeben wird. Deswegen haben wir gestern im Rechtsausschuß diesen § 148 Abs. 2 der Strafprozeßordnung zusätzlich klargestellt und die Bestimmung aufgenommen, daß
Vorrichtungen geschaffen werden können, um zu verhindern, daß nicht vom Richter durchgesehenes Schriftmaterial beim Besuch des Anwalts übergeben werden kann.
Zum anderen bemühen wir uns — wir haben das • auch gestern wieder im Rechtsausschuß getan — um einen wirksameren Verteidigerausschluß. Wir haben jetzt vorgesehen, die Verdachtsschwelle dort, wo es notwendig ist, zu senken, auf einen durch bestimmte Tatsachen begründeten Verdacht zu gehen. Darüber hinaus gibt es die Initiative der Freien Demokraten, die es für notwendig halten, auch das Anklagemonopol der Generalstaatsanwaltschaften dadurch anzureichern, daß hier die Ehrengerichte als Standesgerichtsbarkeit leichter tätig werden können, um jene ständigen gegenseitigen Anschuldigungen, der eine oder der andere habe nicht rechtzeitig gehandelt, aufzulösen und in einem intensiven Zusammenwirken dazu zu kommen, daß jene Anwälte, die sich nicht als Organe der Rechtspflege darstellen, aus dem Prozeß herausgenommen werden können.

(Beifall bei der FDP)

Aber das alles ist bekannt. Daß wir uns hier so ernst unterhalten, ist vielleicht gar nicht richtig, weil die Union den Vorschlag des Bundesrates so ernst nun auch wieder nicht nimmt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie kommen Sie denn darauf?)

Dieser weitestgehende Vorschlag, wie wir ihn noch nie hatten, soll lediglich an die Voraussetzungen geknüpft sein, daß es sich um ein Strafverfahren handelt, das eine terroristische Gewalttat zum Gegenstand hat, sonst keine weitere Voraussetzung. Dies hatten wir noch in keinem Vorschlag. Daß das so hart gekommen ist, hat wohl den Grund, daß es sich hier um Spielmaterial handelt. Man weiß genau, dies wird vom Deutschen Bundestag nie verabschiedet werden, aber man hofft, im Bereich der Gesetzgebung dafür etwas einhandeln zu können.
Dann mußte natürlich auch Herr Dr. Kohl den Beweis antreten, bei dieser Sache alle von einem CDU-Ministerpräsidenten geführten Länder einmal hinter der Fahne sammeln zu können. Das wirft dann ein gewisses Schlaglicht auf kommende Ereignisse, wo sich die beiden Unionen versammeln werden, um sich über schwierige Fragen ihres inneren Betriebs auseinanderzusetzen. Eine gewisse Morgengabe von seiten der CDU mag hier eine günstige Stimmung erzeugen. Wir sind bei aller Bereitwilligkeit natürlich kein Hilfsorgane Ihrer Strategiekommission.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Hartmann [CDU/CSU]: Sie deuten wohl Ihre eigenen Träume?)

Herr Kollege Hartmann, der Staatsminister der Justiz des Landes Bayern, Herr Dr. Hillermeier, hat im Bundesrat abschließend am 4. November 1977 gesagt, er bitte, den Entwurf gleich zu verabschieden und nicht an die Ausschüsse zu überweisen. Dies sei nicht notwendig, weil man über diese Frage bereits jüngst und auch schon früher sehr ausführlich beraten habe. Wir könnten hier ebenso verfahren. Wir tun das nicht. Wir werden diesen Antrag dem Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages zur Be-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4721
Engelhard
ratung überweisen. Sie werden aber nicht verwundert sein, wenn ich Ihnen abweichend vom sonst Gewohnten schon bei der ersten Lesung ankündigen kann, daß wir uns auch bei noch so eingehenden Beratungen mit dem Thema im Sinne der von Ihnen gewünschten Entscheidung nicht werden anfreunden können.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0806136100
Weitere
Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache und schlage Ihnen vor, den Entwurf an den Rechtsausschuß zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu der von der Bundesregierung erlassenen aufhebbaren Verordnung über die Beseitigung der Depotpflicht
— Drucksachen 8/979, 8/1170
Berichterstatter:
Abgeordneter Rapp (Göppingen)

Eine mündliche Ergänzung des 'schriftlichen Berichts wird nicht gewünscht. Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ein Antrag aus der Mitte des Hauses liegt nicht vor, so daß wir nur Kenntnis nehmen und keine Beschlußfassung erfolgt.
Ich rufe die Punkte 13 und 14 der Tagesordnung auf:
13. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu der von der Bundesregierung vorgelegten
zustimmungsbedürftigen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 10/77 — Zollkontingente für Walzdraht und Elektrobleche — 2. Halbjahr 1977)

— Drucksachen 8/897, 8/1184 —
Berichterstatter: Abgeordneter Reuschenbach
14. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu der von der Bundesregierung vorgelegten
zustimmungsbedürftigen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 11/77 — Besondere Zollsätze gegenüber Ägypten, Jordanien, Libanon und Syrien — EGKS)

— Drucksachen 8/898, 8/1198 — Berichterstatter: Abgeordneter Wissmann
Ich danke den Herren Berichterstattern für die vorgelegten Berichte. Eine mündliche Ergänzung wird nicht gewünscht. Das Wort zur Aussprache wird nicht begehrt. Ich frage, ob das Haus damit einverstanden ist, daß wir über beide Vorlagen gemeinsam abstimmen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann verfahre ich so.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Wirtschaft auf den Drucksachen 8/1184 und 8/1198. Wer zustimmen will, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Ich rufe nunmehr die Punkte 15 bis 26 unserer Tagesordnung auf:
15. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß) zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nrn. 1408/71 und 574/72 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Anhänge zu den Verordnungen (EWG) Nrn. 1408/71 und 574/72 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern
— Drucksachen 8/767, 8/1174 —Berichterstatter: Abgeordneter Sybertz
16. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für andere Gewebe aus Baumwolle der Tarifnummer 55.09 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta (für das Jahr 1977)
Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung von Plafonds und zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Malta (1978)
Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur vollständigen oder teilweisen Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Erzeugnisse der Kapitel i bis 24 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta (1978)
Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte Spinnfasern der Tarifnummer 56.04 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Zypern (1978)
Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Oberbekleidung für Männer und Knaben der Ta-
4722 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
rifnummer 61.01 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Zypern (1978)

— Drucksachen 8/949, 8/964, 8/965, 8/966, 8/1183 (neu)
Berichterstatter: Abgeordneter Angermeyer
17. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie (17. Ausschuß) zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung
Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für ein erstes Programm für Forschungsaktionen im Bereich Forschung in Medizin und Gesundheitswesen
Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet „Registrierung angeborener Abnormitäten" (Forschung in Medizin und Gesundheitswesen)

Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet „Zellalterung und Verminderung der Funktionsfähigkeit der Organe" (Forschung in Medizin und Gesundheitswesen)

Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet „Extrakorporale Oxygenation" (Forschung in Medizin und Gesundheitswesen)

—Drucksachen 8/753, 8/1172 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Stockleben Abgeordneter Lenzer
18. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie (17. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für ein Vierjahresprogramm zur Förderung der Datenverarbeitung in der Gemeinschaft
— Drucksachen 8/37, 8/1173 (neu)
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Steger
Abgeordneter Dr. Freiherr S pies von Büllesheim
19. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie (17. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag eines Beschlusses des Rates zur Festlegung einer konzertierten Aktion der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiet der physikalischen Eigenschaften der Lebensmittel
— Drucksachen 8/863, 8/1220 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Grunenberg Abgeordneter Dr. Riesenhuber
20. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates über Bestimmungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung für den Fall der Gewinnberichtigung zwischen verbundenen Unternehmen (Schiedsverfahren)

— Drucksachen 8/740, 8/1228 —
Berichterstatter; Abgeordneter Dr. Kreile
Abgeordneter Rapp (Göppingen)

21. Beratung -der Beschlußempfehlung des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Anpassung der in Artikel 13 Abs. i und 9 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften vorgesehenen Sätze der Tagegelder für Dienstreisen
— Drucksachen 8/1119, 8/1242 — Berichterstatter: Dr. Wernitz
22. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3164/76 über das Gemeinschaftskontingent für den Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten
— Drucksachen 8/868, 8/1243 — Berichterstatter: Abgeordneter Paterna
23. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Feststellung einheitlicher Grundsätze für die Kostenrechnung der Eisenbahnunternehmen
— Drucksachen 8/735, 8/1244 —Berichterstatter: Abgeordneter Wiefel
24. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG vom 6. Februar 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Be-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 61. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1977 4723
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
triebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger
— Drucksachen 8/60, 8/1245 —
Berichterstatter: Abgeordneter Tillmann
25. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Entscheidung des Rates zur Änderung der Entscheidung über die Harmonisierung bestimmter Vorschriften, die den Wettbewerb im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr beeinflussen
— Drucksachen 8/25, 8/1246
Berichterstatter: Abgeordneter Feinendegen
26. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Scheibenwischer und Scheibenwascher von Kraftfahrzeugen
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Entfrostungs- und Trocknungsanlagen von Kraftfahrzeugen
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Innenausstattung der Kraftfahrzeuge (Kennzeichnung der Bedienungselemente, Kontrolleuchten und Anzeiger)

— Drucksachen 7/5923, 8/1247 —
Berichterstatter: Abgeordneter Feinendegen
Ich danke zunächst den Herren Berichterstattern für die vorgelegten Berichte und frage, ob eine Ergänzung gewünscht wird. — Das ist offensichtlich nicht der Fall.
Ich frage, ob das Wort zur Aussprache verlangt wird. — Auch das ist nicht der Fall.
Ich schlage Ihnen vor, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam über die Vorlagen abstimmen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann verfahre ich so.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlungen der Ausschüsse auf den Drucksachen 8/1174, 8/1183 (neu), 8/1172, 8/1173 (neu), 8/1220, 8/1228, 8/1242, 8/1243, 8/1244, 8/1245, 8/1246 und 8/1247.
Meine Damen und Herren, wer hier zustimmt, gebe bitte .das Handzeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Damit sind die Beschlußempfehlungen einstimmig gebilligt.
Wir stehen somit am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 14. Dezember 1977, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.