Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich unserem Kollegen Amrehn, der heute seinen 65. Geburtstag feiert, sehr herzlich gratulieren. Leider kann er wegen seiner Erkrankung an unseren Beratungen vorläufig nicht teilnehmen. Wir alle wünschen ihm von ganzem Herzen eine baldige Wiederherstellung seiner Gesundheit.
Es liegt Ihnen folgende Liste von Vorlagen nach dem Stand vom 8. November 1977 vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:1. Betr.: Bericht der Bundesregierung über die Integration in den Europäischen GemeinschaftenBezug: Beschlüsse des Deutschen Bundestages vom 22. Februar und 28. April 1967
zuständig: Auswärtiger Ausschuß , Haushaltsausschuß2. Betr.: Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung in den ersten zwei FörderungsjahrenBezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 13. Dezember 1973
zuständig: Ausschuß für Wirtschaft , Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen, Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Haushaltsausschuß3. Betr.: Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 8/1128)zuständig: Ausschuß für Arbeit und SozialordnungErhebt sich gegen die vorgesehenen Überweisungen Widerspruch? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Somit sind die Überweisungen beschlossen.Amtliche Mitteilungen ohne VerlesungDer Bundeskanzler hat mit Schreiben vorn 11. November 1977 mitgeteilt, daß der Bundesrat in seiner Sitzung am 4. November 1977 gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes beschlossen hat, gegen den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes keine Einwendungen zu erheben. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1186 verteilt.Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 10. November 1977 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schmidhuber, Dr.Probst, Engelsberger, Dr. Jobst, Biehle, Dr. Waigel, Spranger, Klein , Dr. Bötsch, Lintner, Regenspurger, Höffkes, Niegel, Frau Krone-Appuhn, Rainer, Dr. Rose, Dr. Wittmann (München), Spilker, Hartmann, Glos, Dr. Riedl (München), Dr. Stavenhagen und Genossen betr. Versuchsanlage für Verkehrstechniken im Donauried (Drucksache 8/1093) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1176 verteilt.Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 9. November 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Hürland, Gerstein, Schmöle, Löher, Vogel , Frau Karwatzki, Dr. Meyer zu Bentrup, Frau Fischer, Volmer, Reddemann und Genossen betr. Rohstoff-Rückgewinnungsanlagen (Drucksache 8/1106) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1177 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 10. November 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schmidhuber, Dr. Waigel, Engelsberger, Biehle, Dr. Althammer, Lenzer, Höpfinger, Kraus, Dr. Kunz , Dr. Müller, Lintner, Gerlach (Obernau), Regenspurger, Dr. Rose, Dr. Bötsch, Klein (München), Haberl, Niegel, Dr. Dollinger, Sick, Dr. Stavenhagen und Genossen betr. Rationelle Energienutzung — Steuerliche Gleichstellung von Dieselmotoren mit Strömungsmaschinen und Heizkesseln (Drucksache 8/1094) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1188 verteilt.Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 14. November 1977 im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister für Wirtschaft die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Dr. Probst, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Pfeffermann und der Fraktion der CDU/CSU betr. Umweltfreundliche Technik beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1194 verteilt.Der Staatsminister im Auswärtigen Amt hat mit Schreiben vom 8. November 1977 im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jentsch , Tillmann, Dr. Evers, Dr. Schäuble, Kittelmann, Dr. Hüsch, Dr. Müller, Schwarz, Spilker, Stücklen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Ergebnis der Sitzung des UNESCO-Sportkomitees (Drucksache 8/1004) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1196 verteilt.Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 15. November 1977 im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Auswärtigen die Kleine Anfrage der Ab- geordneten Rühe, Pfeifer, Frau Benedix, Daweke, Prangenberg, Dr. Hornhues, Dr. Rose, Frau Krone-Appuhn, Dr. Kunz , Schmidt (Wuppertal), Frau Dr. Wilms, Frau Dr. Wisniewski, Dr. Stercken, Ey, de Terra, Dr. Jaeger und der Fraktion der CDU/CSU betr. Behandlung deutscher Studenten in den EG-Ländern (Drucksache 8/1111) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1197 verteilt.Der Staatsminister im Auswärtigen Amt hat mit Schreiben vom 8. November 1977 im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit die Kleine Anfrage der Abgeordneten Batz, Bich- ner , Klein (Dieburg) , Müller (Bayreuth) , Dr. Müller-Emmert, Dr. Penner, Scheffler, Schirmer, Hauck, Dr. SchmittVockenhausen, Dr. Holtz, Schluckebier, Mischnick, Hoffie, Frau Schuchardt, Dr. Vohrer und der Fraktionen der SPD, FDP betr. Sportförderung in Afrika, Asien und Lateinamerika (Drucksache 8/982) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1199 verteilt.Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 18. November 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Eyrich, Spranger, Erhard , Schwarz, Wohlrabe, Dr. Müller, Dr. Wittmann (München), Dr. Jentsch (Wiesbaden), Gerster (Mainz) und der Fraktion der CDU/CSU betr. „Russell-Tribunal über die Repression in der Bundesrepublik Deutschland" (Drucksache 8/953) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1205 verteilt.
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4388 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenDer Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 18. November 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Haase , Amling, Dr. Bußmann, Eickmeyer, Ewen, Frau Dr. Hartenstein, Immer (Altenkirchen), Dr. Jens (Voerde), Konrad, Dr. Kreutzmann, Dr. Lauritzen, Dr. Linde, Männing, Mahne, Möhring, Müller (Schweinfurt), Neumann, Müntefering, Peiter, Dr. Schachtschabel, Schirmer, Schwabe, Stahl (Kempen), Dr. Staudt, Wüster, Frau Steinhauer, Seefeld, Angermeyer, Dr. Haussmann, Spitzmüller, Schmidt (Kemp-ten), Ludewig, Dr. Vohrer betr. Bedeutung und Entwicklung des Campingwesens (Drucksache 8/1115 [neu]) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1207 verteilt.Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 21. November 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Strauß, Dr. Häfele, Windelen, Haase und der Fraktion der CDU/CSU betr. Änderungen der Buchungspraxis im Bundeshaushaltsentwurf 1978 und im Finanzplan für die Jahre bis 1981 (Drucksache 8/1117) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1224 verteilt.Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordnung:Fragestunde— Drucksache 8/1200 —Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung.Frage 1 des Herrn Abgeordneten Reddemann:Kann die Bundesregierung mitteilen, ob die Bundesanwaltschaft, das Bundeskriminalamt oder andere amtliche Institutionen im Zuge der Ermittlungen gegen die sogenannte RAF und verwandte Gruppen auch Untersuchungen gegen den u. a. von Klaus Croissant und Volker Schlöndorff geleiteten „Rechtshilfefonds" der Baader-Meinhof-Bande vornehmen oder vorgenommen haben?Bitte, Herr Staatssekretär.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen Dr. Klaus Croissant wegen Verdacht eines Vergehens nach § 120 a StGB wurden bei der Durchsuchung des Büros Croissant, Newerla und Müller auch Unterlagen über den „Rechtshilfefonds für die Verteidigung politischer Gefangener" — das war ein Zitat — sichergestellt. Diese Unterlagen werden gegenwärtig vom Bundeskriminalamt daraufhin überprüft, ob Gelder des Rechtshilfefonds zu strafbaren Zwecken verwendet worden sind. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungsverfahren sind jedoch Verdachtsgründe in dieser Richtung nicht gegeben.
Außer dem genannten Ermittlungsverfahren gegen Croissant, der Treuhänder des Rechtshilfefonds war, werden gegenwärtig keine weiteren Ermittlungsverfahren gegen die Beiratsmitglieder des Rechtshilfefonds, insbesondere auch nicht gegen Volker Schlöndorff, geführt.
Zusatzfrage.
Ist die Bundesregierung bereit, dem Bundestag endgültige Informationen über den Stand der Dinge zu geben, wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Sehr gern.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit ist die Frage
aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Bülow steht zur Verfügung.
Herr Abgeordneter Biehle hat die Frage 2 eingebracht. — Der Kollege ist nicht im Saal, so daß ich bitte, die Frage schriftlich zu beantworten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Hauff zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 104 des Herrn Abgeordneten Hubrig auf:
Wieviel Projekte hat die Deutsche Wagnisfinanzierungsgesellschaft seit ihrer Gründung unterstützt, und wie hoch sind die Geschäftsverluste dieses Unternehmens?
Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Hubrig, die Deutsche Wagnisfinanzierungsgesellschaft mbH hat seit ihrer Gründung elf Projekte, davon vier Firmenneugründungen, durch eingegangene Beteiligungen unterstützt. Die Geschäftsverluste belaufen sich im Geschäftsjahr 1976/77 voraussichtlich auf 2,55 Millionen DM.
Zusatzfrage? — Dann rufe ich die Frage 105 des Herrn Abgeordneten Dr. Hubrig auf:
Was sind die Gründe für die im Haushalt des Bundesforschungsministers veranschlagten Verlustbeteiligungen des Bundes in Höhe von 1,8 Millionen DM für 1978 und von 930 000 DM im Jahr 1977?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Dr. Hauff, Parl. Staatssekretär: Die Gründe für die Veranschlagung von Bundesmitteln liegen in den Anlaufverlusten der Wagnisfinanzierungsgesellschaft. Diese Verluste waren insofern zu erwarten, als sie sich aus Geschäftsverlusten und Wertberichtigungen zusammensetzen, Gewinne der Wagnisfinanzierungsgesellschaft ihrer Struktur nach jedoch nur auf dem Weg der Veräußerung von Beteiligungen zu erzielen sind. Es liegt im Wesen der Beteiligung am risikoreichen Innovationsvorhaben, daß es nach wenigen. Jahren nach der Geschäftsaufnahme noch nicht zu Veräußerungen kommen konnte. Die Gesellschaft muß die Mittel aus Gewinnen späterer
Jahre an den Bund zurückzahlen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, diese Verluste ergeben sich ausschließlich aus den Beteiligungen und sind nicht etwa in der Gesellschaft selbst entstanden, als Aufwandsverluste oder dergleichen?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977 4389
Dr. Hauff, Parl. Staatssekretär: Die Verluste setzen sich aus drei Faktoren zusammen: erstens den Aufwendungen für die Geschäftsführung, zweitens Wertberichtigungen struktureller Art und drittens Wertberichtigungen im Einzelfall.
Sie haben noch eine Zusatzfrage? — Bitte, Herr Kollege.
„Im Einzelfall" heißt: bezogen auf das Unternehmen, Herr Staatssekretär?
Dr. Hauff, Parl. Staatssekretär: „Im Einzelfall" heißt: bezogen auf die einzelne Beteiligung.
Damit sind die beiden Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatsminister Dr. von Dohnanyi zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Gerlach auf:
Auf welche Tatsachen stützt die Bundesregierung ihre Aussage, ihr lägen keine Erkenntnisse vor, denenzufolge Herr Dr. Issam El-Sartaoui an terroristischen Aktionen beteiligt gewesen sein soll, obwohl er nach dem Bericht des „stern" nach seiner eigenen Aussage als Chef der „Aktionsorganisation zur Befreiung Palästinas" die Verantwortung für das Attentat auf dem Flughafen München-Riem vom 10. Februar 1970 trägt?
Bitte, Herr Staatsminister.
Den zuständigen Stellen der Bundesregierung liegen über Herrn Dr. Sartaoui keine Erkenntnisse vor. Er ist im übrigen Gesprächspartner auch zahlreicher anderer westlicher Regierungen.
Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, liegen keine Erklärungen oder keine Erkenntnisse vor, obwohl, wie ich in meiner Frage schon festgestellt hatte, der „Stern" im Jahrgang 1970, Nr. 12, hierüber ausführlich berichtet hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, die Berichterstattung des „Stern" ist natürlich bekannt, aber es liegen keine Erkenntnisse vor. Ich darf das noch einmal unterstreichen.
Weitere Zusatzfrage.
Heißt das, daß dem Bericht des „Stern" in den Ermittlungen nicht mit dem erforderlichen Nachdruck nachgegangen worden ist?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, das heißt es nicht. Es heißt, daß keine Erkenntnisse vorliegen.
Ich rufe Ihre Frage 11 auf, Herr Abgeordneter Gerlach:
Hat die Bundesregierung vor der Erteilung des Einreisevisums für Dr. Issam E1-Sartaoui die sich aus diesem Bericht ergebenden Vorwürfe geprüft, und hält sie es für tragbar, daß ein Mann, der u. a. „Westdeutschland als feindliches Gebiet" bezeichnet und „Bomben als Visitenkarte" zur Eröffnung eines Dialogs für geeignet hält, in der Bundesrepublik Deutschland u. a. vom Staatsminister im Bundeskanzleramt zu einem Gespräch empfangen wurde?
Herr Staatsminister.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Da keine Erkenntnisse über Herrn Sartaoui vorliegen, konnten diese bei der Erteilung des Einreisevisums auch nicht geprüft werden. Im übrigen ist Herr Sartaoui von Herrn Wischnewski im Rahmen seiner Zuständigkeit als Vorsitzender der internationalen Kommission beim Parteivorstand der SPD empfangen worden.
Zusatzfrage.
Es ist aber doch richtig, daß die Person, die im „Stern" fotografiert worden ist, mit der Person identisch ist, mit der Herr Wischnewski gesprochen hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Das ist richtig, Herr Kollege.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Hat es dann Herr Staatsminister Wischnewski nicht für erforderlich gehalten, sich angesichts des Berichts im „Stern" vorher besser zu versichern, als es offensichtlich durch die mangelhaften Ermittlungen geschehen ist, welche Aussagen von dem betreffenden Einreisenden gemacht worden sind und ob diese Aussagen im „Stern" der Richtigkeit entsprechen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, Herr Wischnewski hat einen Brief des Kollegen Zimmermann an den Herrn Bundeskanzler beantwortet. Herr Präsident, ich darf daraus vielleicht kurz zitieren. Herr Wischnewski schreibt hier:
Das Gespräch mit Herrn Dr. Issam El-Sartaoui diente dazu, den Standpunkt einer für die Zukunft des Nahen Ostens maßgeblichen politischen Kraft zu erfahren.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger.
Herr Staatsminister, ist die Feststellung, die der Kollege Gerlach in seiner Frage nach Erkenntnissen der Bundesregierung getroffen hat, zutreffend, daß dieser Mann die Bun-
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4390 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977
Jäger
desrepublik Deutschland mit der Bezeichnung „Westdeutschland" und „feindliches Gebiet" versehen hat?Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, wir haben die Bemerkungen im „Stern" nicht im einzelnen überprüft. Ich unterstreiche noch einmal, es liegen keine Erkenntnisse vor.
Herr Abgeordneter Dr. Jobst hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 119 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Fragen 120 und 121 der Abgeordneten Frau Berger auf:
Hat die Bundesregierung inzwischen insbesondere auf Grund der Ausführungen des Regierenden Bürgermeisters von Berlin am 9. November neue Erkenntnisse gewonnen, die sie das Auftreten des PLO-Vertreters Frangi in Berlin anders beurteilen läßt, als es in der Antwort von Staatsminister Dr. von Dohnanyi auf meine Frage am 10. November 1977 geschehen ist?
Welche Schritte gedenkt die Bundesregierung nunmehr zu unternehmen, um mögliche Wiederholungen solcher Vorfälle zu verhindern?
Herr Staatsminister und Frau Kollegin, ich glaube, die beiden Fragen können gemeinsam beantwortet werden. Sie können dann die vier Zusatzfragen geschlossen stellen. — Bitte, Herr Staatsminister.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Die zuständige Staatsanwaltschaft in Berlin hat im Zusammenhang mit den Ausführungen von Herrn Frangi in Berlin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Bundesregierung möchte sich vor Abschluß dieses Ermittlungsverfahrens oder eines etwaigen Strafverfahrens zu dieser Angelegenheit nicht äußern. Ich bitte Sie daher um Ihr Verständnis, daß auch die Ausführungen des Herrn Regierenden Bürgermeisters von Berlin am 9. November unter den geschilderten Umständen keine Änderung der Stellungnahme bewirken können.
Frau Kollegin.
Herr Staatsminister, nachdem ja die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und die politische Stellungnahme des Regierenden Bürgermeisters etwas völlig Verschiedenes sind, möchte ich Sie fragen, ob die Bundesregierung bereit ist, zuzugestehen oder einzusehen, daß es wirklich befremden muß, wenn der dem Geschehen nicht nur räumlich nähere Bürgermeister von Berlin an seiner Tatsachenfeststellung und an seiner Kritik festhält, während die Bundesregierung den Tatbestand offensichtlich immer noch völlig anders beurteilt.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Frau Kollegin, ich kann nicht einsehen, daß die Bundesregierung hier einen Tatbestand beurteilt. Wir beurteilen den Tatbestand ausdrücklich deshalb nicht, weil ein Ermittlungsverfahren im Gange ist.
Die nächste Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, hält es die Bundesregierung wirklich für vertretbar, daß — ich knüpfe hier an Ihre Antwort in der letzten Fragestunde an — den Aussagen eines Mannes, der wegen seiner Aktivitäten für die PLO bereits einmal aus der Bundesrepublik ausgewiesen worden ist, mehr Glauben geschenkt wird als der Stellungnahme des Regierenden Bürgermeisters von Berlin und den Berichten demokratischer Zeitungen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Frau Kollegin, ich unterstreiche noch einmal: es geht hier nicht um die Frage des Glauben-Schenkens. Beim letztenmal ging es um die Frage der Information. Ich habe auch das letzte Mal ausdrücklich darauf hingewiesen, daß für den Fall, daß in diesem Ermittlungsverfahren Feststellungen getroffen würden, auf diese Feststellungen hin natürlich auch reagiert werde. Heute geht es um keine materielle Beurteilung, sondern um den Hinweis, daß die Bundesregierung wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens zu dem Komplex nicht Stellung nehmen möchte.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, nachdem Hunderte von Menschen die Äußerungen des Herrn Frangi gehört haben, nachdem darüber berichtet worden ist und nachdem der Regierende Bürgermeister von Berlin dazu Stellung genommen hat, möchte ich Sie unabhängig vom schwebenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren noch einmal fragen, ob Sie eine erneute Ausweisung des Herrn Frangi ins Auge fassen würden bzw. in welcher Weise Sie ihm deutlich machen wollen, daß er in der Bundesrepublik Deutschland unerwünscht ist.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Frau Kollegin, es tut mir wirklich leid; Sie können doch nicht erwarten, daß ich auf eine solche Frage antworte, nachdem ich ausdrücklich festgestellt habe, daß sich die Bundesregierung angesichts des laufenden, schwebenden Verfahrens nicht imstande sieht zu kommentieren.
Sie haben noch eine letzte Zusatzfrage. Oder wollen Sie von Ihrem Recht keinen Gebrauch mehr machen?
Doch, die letzte Frage hätte ich gern noch gestellt.Herr Staatsminister, bedeutet eigentlich Ihre ganz besondere Art der Beantwortung meiner Fragen, daß die Bundesregierung eine Änderung Ihrer Haltung gegenüber der nicht nur nach meinem Urteil verbrecherischen PLO ins Auge faßt?Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Frau Kollegin, ich halte dies wirklich nicht für eine faire Unterstellung. Die Bundesregierung hat beim letztenmal
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977 4391
Staatsminister Dr. von Dohnanyiwahrheitsgemäß nach dem Stand der ihr damals vorgelegenen Informationen geantwortet.
Sie haben in der Zwischenzeit dazu noch einmal schriftlich gegenüber dem Bundesaußenminister Stellung genommen.
Die Antwort, die damals gegeben wurde, war wahrheitsgemäß, aufrichtig und so umfassend, wie sie nach dem Stand der Informationen sein konnte.Heute, Frau Kollegin, verweise ich ausdrücklich auf das schwebende Verfahren. Ich bitte wirklich darum, nicht den Versuch zu machen, mich hier auf anderem Wege, sozusagen durch die Hintertür, festlegen zu wollen.
Der Herr Abgeordnete Milz hat um schriftliche Beantwortung seiner eingereichten Fragen 122 und 123 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
— Nein, er hatte sich wieder hingesetzt. Meine Damen und Herrn, es tut mir sehr leid: wer sitzt, ist kein Fragesteller für Zusatzfragen im Sinne der Fragestunde. Ich bitte dafür um Verständnis. Das steht ausdrücklich in den Richtlinien.
— Meine Damen und Herren, in den Richtlinien steht ausdrücklich, daß derjenige, der eine Zusatzfrage zu stellen wünscht, an einem der Mikrophone stehen muß.
Ich rufe die Frage 124 des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans auf. — Der Herr Abgeordnete Dr. Hammans ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Dr. Hennig hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Fragen 125 und 126 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 127 des Herrn Abgeordneten Kretkowski auf.
— Der Herr Abgeordnete Kretkowski ist nicht im Saal. Deshalb werden diese Frage und die von. ihm noch eingereichte Frage 128 schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 129 des Herrn Abgeordneten Dr. Abelein auf:
Hat die Bundesregierung bei den Vorbereitungen zum angekündigten Besuch des sowjetischen Staats- und Parteichefs Breschnew eine befriedigende Klärung des Schicksals von Rudolf Heß erzielt, und ist dementsprechend mit der baldigen Freilassung des Eingekerkerten zu rechnen?
Bitte, Herr Staatsminister.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich die beiden Fragen gern im Zusammenhang beantworten.
Ist der Herr Fragesteller einverstanden? — Ich sehe, er ist einverstanden. Dann rufe ich noch die Frage 130 des Herrn Abgeordneten Dr. Abelein auf:
Wird andernfalls die Freilassung des seit über sechsunddreißig Jahren inhaftierten Rudolf Heß Gegenstand von Gesprächen zwischen der Bundesregierung und Breschnew bei dessen Besuch in Bonn sein?
Bitte, Herr Staatsminister.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Der Sowjetunion ist die Haltung der Bundesregierung zur Frage der Freilassung von Rudolf HeB bekannt. Seit vielen Jahren setzt sich die Bundesregierung bei den vier Gewahrsmächten dafür ein, daß Rudolf Heß aus humanitären Gründen begnadigt wird. Die Gesprächspunkte für die Beratungen zwischen Generalsekretär Breschnew und dem Herrn Bundeskanzler stehen noch nicht fest.
Erste Zusatzfrage.
Hat die Bundesregierung — wenn es darum geht, diese Gesprächspunkte festzulegen — die Absicht, den Fall Heß und die Freilassung von Rudolf Heß unter diese Gesprächspunkte mit aufzunehmen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Abelein, ich unterstreiche noch einmal, daß die Gesprächspunkte noch nicht festliegen, und ich füge hinzu, daß wir in der Vergangenheit diesen Punkt immer wieder unterstrichen und aufgenommen haben und möglicherweise auch diesmal Gelegenheit gegeben sein wird, diesen Punkt anzusprechen.
Eine
zweite Zusatzfrage.
Gibt es in jüngster Vergangenheit über die Routinekontakte hinaus, bei denen möglicherweise in allgemeiner Form auch ein solcher Fall angesprochen wurde, eine ganz konkrete Aussprache mit den Russen über diesen Punkt?Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich würde meinen, wenn wir mit Vertretern der Sowjetunion sprechen, sind das nie Routinegespräche. Wenn in solchen Gesprächen ein solches Thema aufgegriffen wird, hat dieses Thema immer Gewicht.
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4392 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977
Staatsminister Dr. von Dohnanyi— Herr Kollege Marx, das steht völlig im Einvernehmen mit anderen Erklärungen der Bundesregierung.
Würde die Bundesregierung denn den Besuch von Breschnew als einen guten Anlaß ansehen, um bei diesem Problem, das die Beziehungen zwischen beiden Staaten belastet, zu einer Lösung zu kommen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich unterstreiche noch einmal: Die Gesprächspunkte liegen noch nicht fest. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, wird der Punkt wiederum angesprochen werden.
Keine
weiteren Zusatzfragen.
Der Herr Abgeordnete Niegel hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 131 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 132 ist von dein Herrn Abgeordneten Lagershausen eingebracht. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 133 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Kann die auch durch den Vertragspartner des Warschauer Vertrags veranlaßte „Verratstätigkeit der Frau Helge Berger" mit ihrem Einfluß auf den „Verlauf der Warschauer Verlandlungen" nach näherer Prüfung sich als „bestimmter Umstand" herausstellen, der im Sinne von Artikel 49 der Wiener Vertragsrechtskonvention „dahin geltend gemacht werden" könnte, „daß die vertragliche Bindung ungültig wird" (vgl. Fleischhauer, Die Wiener Vertragsrechtskonferenz, Jahrbuch für Internationales Recht, 15/229, Anm. 69: as invalidating its consent to be bound by the treaty")?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, wie ich in der Fragestunde am 10. November wiederholt festgestellt habe, sind die Ergebnisse der Verhandlungen über den Warschauer Vertrag durch die Verratstätigkeit von Frau Berger nicht beeinflußt worden. Daher kann durch sie auch die rechtliche Verbindlichkeit des Warschauer Vertrages nicht berührt worden sein.
Sie haben Zusatzfragen. Bitte, Herr Kollege.
Herr Staatsminister, inwiefern hat die Bundesregierung festgestellt, daß bei, wie Sie sich ausdrückten, der Verratstätigkeit der Frau Helge Berger keine schweren Nachteile für die Bundesrepublik Deutschland tatsächlich eingetreten sind, um so mehr als aus dem Prozeßverlauf ersichtlich ist, daß sie den vollen deutschen Verhandlungsspielraum preisgegeben hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Dies ist die Erkenntnis der Bundesregierung sowohl aus dem Zusammenhang des Verfahrens gegen Frau Berger wie
der übrigen Zusammenhänge im Laufe der Verhandlungen.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatsminister, nachdem Sie nur zu den Ergebnissen der Verhandlungen, aber nicht zu den Auswirkungen des Verlaufs der Verhandlungen Stellung genommen haben, frage ich Sie noch einmal, ob die eingehende Prüfung der Frage, ob schwere Nachteile erwachsen sind oder nicht — dies bezieht sich auch auf ein eventuell täuschendes Verhalten des Vertragspartners —, bereits vor dem Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf vorgenommen worden ist oder ob diese Prüfung auf Grund der Urteilsbegründung nochmals durchgeführt werden wird?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Nach meiner jetzigen Kenntnis — ich kann den genauen Zeitpunkt im Augenblick nicht nennen — umfaßt die Prüfung beide Zeiträume.
Herr Abgeordneter Wittmann, eine Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatsminister, hat die verurteilte Helge Berger bei ihren Tätigkeiten zugunsten eines ausländischen Nachrichtendienstes im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Warschauer Vertrag dem Nachrichtendienst auch Informationen über Verhandlungspositionen der Bundesregierung zukommen lassen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Nach der uns vorliegenden Erkenntnis nicht, denn ich habe unterstrichen, daß nach dem heutigen Stand der Erkenntnis die Verratstätigkeit von Frau Berger keinen Einfluß auf die Ergebnisse hatte.
Herr Abgeordneter Jäger, eine Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, kann die Bundesregierung in Abrede stellen, daß die erfolgreichen Bemühungen des Vertragspartners, in diesem Fall den Verhandlungsspielraum der Bundesregierung durch geheimdienstliche Tätigkeiten auszuloten, nicht nur als ein unfreundlicher Akt, sondern auch als ein Schaden für die Vertragsgrundlagen anzusehen sind, auf denen dieser Vertrag errichtet worden ist?Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich verweise noch einmal auf meine Stellungnahme heute und in den vorangegangenen Fragestunden, daß eben ein Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der Vertragsverhandlungen und der Verratstätigkeit von Frau Berger nach den Erkenntnissen der Bundesregierung nicht festzustellen ist.
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Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977 4393
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka.
Herr Staatsminister, ist die Bundesregierung bereit, nach Studium des Urteils und seiner Begründung dem Auswärtigen Ausschuß darüber zu berichten, ob es während der Verhandlungen über den Warschauer Vertrag entscheidende, gewichtige Nachteile für die deutsche Position durch die Verratstätigkeit von Frau Berger gegeben hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten ist die Bundesregierung gegenüber dem Auswärtigen Ausschuß stets zu jeder sachdienlichen Auskunft bereit.
Herr Abgeordneter Langguth, eine Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, auf Grund Ihrer Antwort möchte ich doch noch einmal fragen: Wieso hat Frau Bergers Agententätigkeit auf den Verlauf der Verhandlungen nach Ihrem Eingeständnis tatsächlich Einfluß genommen, die Ergebnisse der Verhandlungen aber nicht beeinflußt, obwohl die Ergebnisse von Verhandlungen immer von deren Verlauf abhängen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Ich habe nie gesagt, daß sie sich auf den Verlauf der Verhandlungen ausgewirkt hat. Das haben Sie, Herr Kollege, soeben unterstellt. Wenn ich das gesagt hätte, bestünde ein anderer Zusammenhang.
— Aber gewiß nicht, Herr Kollege Czaja.
Herr Abgeordneter Haase, eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, um noch einmal ganz deutlich zu fragen und damit Irrtümer auszuschließen: Sind durch Frau Berger dem besagten ausländischen Nachrichtendienst Unterlagen, Dokumente, Papiere der Bundesregierung zur Kenntnis gebracht worden, die diesen Fragenkomplex betreffen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich unterstreiche noch einmal: Die Verratstätigkeit von Frau Berger, von der ich auch beim letzten Mal gesagt habe, daß sie im zeitlichen Zusammenhang steht — das habe ich ja nicht bestritten —, steht nicht im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Vertragsverhandlungen. Das war der Ausgangspunkt der Fragestellung, und die Frage habe ich klar beantwortet.
Ich rufe
die Frage 134 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Welche Auswirkungen auf die Bundesrepublik Deutschland und Europa auf nahe und auf weite Sicht mißt die Bundesregierung der Feststellung des Politbüromitglieds Suslow und des Politbürokandidaten Ponomarjew bei, die „Wiederholung der Hauptzüge der Oktoberrevolution in internationaler Größenordnung" sei unvermeidbar, „der revolutionäre Weltprozeß sei unwiderstehlidi im Ansteigen" und das. Leben sowie die revolutionäre Praxis würden die „unveräußerlichen Merkmale der sozialistischen Revolution . .. in jedem Land bestätigen" ?
Bitte, Herr Staatsminister.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, die Bundesregierung hält die zitierten Äußerungen für Fehleinschätzungen der historischen Entwicklung, wie sie seit Jahrzehnten aus dem sowjetischen Lager zu hören sind, aber auch ebenso oft durch den Verlauf der Geschichte widerlegt wurden.
Eine Zusatzfrage.
Rechnet die Bundesregierung damit, daß diese Fehleinschätzungen über die weltrevolutionären Ziele, die der Cheftheoretiker Suslow sowie Ponomarjew offen verkündet haben, auch die Grundlage des Verhandelns von Parteichef Breschnew sein werden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich kann ja über die ideologischen Grundlagen der Verhandlungen von Herrn Generalsekretär Breschnew von dieser Stelle aus kaum eine verbindliche Auskunft geben.
Aber wenn ich hinzufügen darf: Ich glaube, daß niemand im Saale ist, der sich vor historischen Fehleinschätzungen, die häufig widerlegt wurden, fürchten kann.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Czaja.
Können sich diese gewaltigen Fehleinschätzungen über das angeblich unwiderstehliche Ansteigen des revolutionären Weltprozesses und die unvermeidbare Wiederholung der Oktoberrevolution in jedem Lande auch auf die Verhandlungen mit anderen Ostblockstaaten, beispielsweise in Warschau, auswirken?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß ein Verhandlungspartner, der auf einer bestimmten ideologischen Grundlage steht, insofern auch konsequent ist. Aber ich sage noch einmal: Ich nehme doch an, daß in diesem Saal niemand ist, der sich vor erwiesenermaßen falschen historischen Einschätzungen fürchtet.
Herr Ab-
geordneter Jäger, eine Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, liegt in der Beurteilung der Äußerungen von Suslow
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4394 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977
Jäger
als Fehleinschätzungen nicht ein bedenkliches Herunterspielen der Bedeutung dieser Ausführungen angesichts der Tatsache, daß wir in unserem südlichen Nachbarkontinent Afrika eine Entwicklung dieses weltrevolutionären Prozesses bei einer Zahl von Ländern beobachten, die wir alle miteinander noch vor wenigen Jahren für unmöglich bzw. unwahrscheinlich gehalten haben?Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, Jäger, auch in Afrika hat es in den letzten Jahren Fälle gegeben, die die Einschätzung von Suslow deutlich widerlegt haben. Deswegen warne ich dieses Haus davor, den Hinweis auf die revolutionären Kräfte in der Welt zu überschätzen.
Damit
sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes beantwortet. Herr Staatsminister, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Baum zur Verfügung.
Der Abgeordnete Hoffie hat zwei Fragen eingereicht. Ist eine gemeinsame Beantwortung möglich? — Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich die Fragen 3 und 4 des Abgeordneten Hoffie auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, eine Verordnung auf Grund des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm zu erlassen, durch die über die Erstattung von Aufwendungen für bauliche Lärmschutzmaßnahmen bei Wohngebäuden in den Lärmschutzzonen der Flughäfen hinaus eine neue Kategorie für diejenigen Gebiete eingeführt wird, die im Bereich sogenannter Tiefflugbänder für militärische Übungsflüge liegen, in denen zum Teil erheblich größere und folgenschwerere Lärmbelästigungen als im Einzugsbereich von Flughäfen festzustellen sind?
Ist die Bundesregierung bereit, bei positiver Beurteilung des
Vorschlags baldmöglichst eine entsprechende Novellierung einzuleiten, oder wie gedenkt sie bei negativer Beurteilung der Frage die Bürger in diesen Gebieten besser gegen die beträchtlichen Lärmbelästigungen zu sdiützen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Hoffie, das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm ermächtigt die Bundesregierung lediglich zum Erlaß von Rechtsverordnungen zur Festsetzung von Lärmschutzbereichen an Verkehrsflughäfen, die dem Fluglinienverkehr angeschlossen sind, und an militärischen Flugplätzen, die dem Betrieb von Flugzeugen mit Strahltriebwerk zu dienen bestimmt sind, sowie zur Festsetzung der baulichen Schallschutzanforderungen. Eine Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen an Wohngebäuden ist nur in der Schutzzone I der Lärmschutzbereiche vorgesehen. Für eine Regelung zur Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen in Gebieten konzentrierten Tiefflugbetriebs enthält das Gesetz keine Ermächtigung.
Die Bundesregierung bereitet derzeit einen Bericht über ihre Erfahrungen beim Vollzug des Fluglärmgesetzes vor. Sie wird dabei auch die Frage der Lärmbelastung der Bevölkerung durch militärische Tiefflüge in ihre Überlegungen einbeziehen.
Es wird dabei allerdings nur um solche Bereiche gehen, Herr Kollege Hoffie, bei denen eine Lärmbelastung vorhanden ist, die der entspricht, die in einem Lärmschutzbereich nach dem Fluglärmgesetz gegeben ist.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär,' nachdem Sie erklärt haben, daß die Bundesregierung zur Zeit einen entsprechenden Bericht vorbereite, in dem auch die Frage der Lärmbelästigung der Gebiete unter Tiefflugbändern eine Rolle spielen wird, darf ich Sie fragen, bis zu welchem Zeitpunkt dieser Bericht vorliegen wird.
Baum, Parl. Staatssekretär: Bei der Vorbereitung haben sich Schwierigkeiten ergeben. Ich nehme aber an, daß mit der Vorlage in den ersten Monaten des nächsten Jahres zu rechnen ist. Außerdem erwägen wir, eine wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag zu geben, Herr Kollege Hoffie, die das Problem klären helfen soll, das Sie angeschnitten haben. Ich kann nur noch einmal betonen: Es kann sich nur um die Gebiete handeln, die ich hier aufgeführt habe, nicht etwa um das ganze Bundesgebiet und alle Tiefflugzonen.
Noch
eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Steger.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, in diesen Bericht über die Tiefflugbänder für militärische Übungsflüge auch das Problem einzubeziehen, daß sich die Siedlungsstruktur in der Bundesrepublik in den letzten Jahren beträchtlich gewandelt hat und daß heute Tiefflugbänder über dicht besiedelte Wohngebiete führen, wo vor zehn Jahren, als die festgelegt wurden, noch grüne Wiese war?
Baum, Parl. Staatssekretär: Ja, Herr Kollege. Das ist gerade einer der Punkte, die der Untersuchung bedürfen. Letztlich ist es dann — wenn es zu Maßnahmen kommen sollte — eine Entscheidung dieses Hauses, die auch mit finanziellen Lasten verbunden sein würde.
Der Abgeordnete Biehle hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 5 gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Schirmer auf:Welche Auswirkungen für die Förderung des Deutschen Sportbunds durdi den Bund hat nach Auffassung der Bundesregierung die Ankündigung des DSB-Präsidenten Dr. h. c. Willi Weyer,, ab 1978 auf die institutionelle Förderung durch den Bund verzichten zu wollen, und wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Darstellung des DSB-Präsidenten, durch die institutionelle Förderung könne sich der DSB zu einer nachgeordneten Behörde des Bundesinnenministeriums entwickeln?Bitte, Herr Staatssekretär.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977 4395
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schirmer, nach Auffassung der Bundesregierung bedeutet die Ankündigung des Präsidenten des Deutschen Sportbundes, ab 1978 auf die institutionelle Förderung durch den Bund verzichten zu wollen, daß der Deutsche Sportbund seinen Personal- und Geschäftsbedarf künftig selbst finanzieren wird. Die Bundesregierung ist bereit, auch nach Wegfall der institutionellen Förderung finanzielle Hilfe zu leisten, soweit es sich um die Förderung von abgrenzbaren Einzelprojekten handelt, an denen ein besonderes Bundesinteresse besteht. Sie erwartet hierzu konkrete Vorschläge des Deutschen Sportbundes.Die Bundesregierung begrüßt die Absicht des Deutschen Sportbundes, die dieser in eigener Verantwortung trifft. Der vom Deutschen Sportbund eingeschlagene Weg entspricht dem Verständnis der Bundesregierung von der Selbstverantwortung der Dachorganisation des Sports und dem Subsidiaritätsprinzip, wonach staatliche Hilfe nur insoweit zulässig ist, als Selbsthilfe nicht möglich ist.Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der hohe Mitgliederbestand und die dem Deutschen Sportbund insbesondere im Bereich der Zweckerträge aus Lotterien zugänglichen Finanzierungsquellen eine gesicherte Grundlage für die finanzielle Selbständigkeit bieten müßten. Die Bundesregierung hat das Ihre dazu beigetragen, dem deutschen Sport solche Finanzierungsquellen zu erschließen.Ich möchte noch darauf hinweisen, daß durch das Ausscheiden des Deutschen Sportbundes aus der institutionellen Förderung die bisherige Förderungspraxis des Bundesministeriums des Innern gegenüber den Bundessportfachverbänden nicht berührt wird. Die bisher für den DSB aufgewendeten Mittel können vielmehr auch für zusätzliche Maßnahmen der Bundessportfachverbände eingesetzt werden, wenn diese — das ist die Voraussetzung — im Bundesinteresse liegen. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die durch höhere Beitragszahlungen der Verbände mitgetragene Selbstfinanzierung des DSB nicht ihrerseits dazu führt, daß der Finanzbedarf der Bundessportfachverbände gegenüber dem Bund steigt.Die bisherige partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen BMI und DSB gibt, Herr Kollege, keinen Anlaß zu der Feststellung, der Bundesminister des Innern greife in die internen Belange des Deutschen Sportbundes ein und dieser drohe sich etwa zu einer nachgeordneten Behörde oder zu einer Unterabteilung des BMI zu entwickeln. Es ist mir bislang — auch nicht etwa durch Hinweise des DSB — kein einziger Fall bekanntgeworden, der diesen Vorwurf rechtfertigen könnte. Die Bundesregierung geht im nationalen wie im internationalen Bereich strikt vom Prinzip der Autonomie des Sports aus. Entsprechende Äußerungen des DSB-Präsidenten sind deshalb wohl nur vor dem Hintergrund des Ringens des DSB um finanzielle Selbständigkeit zu verstehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schirmer? — Bitte.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß die Bundeshilfen für den Deutschen Sportbund und für die von Ihnen genannten Bundesfachverbände bis an die Grenze des Zulässigen für bestimmte, von ihnen auch zu bezeichnende Projektmaßnahmen genutzt werden sollten, damit erreicht wird, daß auf diesem Wege nun auch Felder auf sportlichem Gebiet, die bisher noch nicht bezuschußt wurden, mit einbezogen werden können?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich teile Ihre Auffassung, daß mit den freiwerdenden Mitteln natürlich neue, bisher nicht bestellte Felder der Projektförderung — sei es beim DSB, sei es bei den Bundessportfachverbänden — erschlossen werden können. Das würde ich sehr begrüßen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß es zunehmend gelungen ist, die Partnerschaft zwischen dem Deutschen Sportbund und seinen Fachverbänden und Ihrem Hause wie auch diesem Parlament zu festigen, was in vielfältigen Aktionen seinen Niederschlag gefunden hat?
Baum, Parl. Staatssekretär: Auch da teile ich Ihre Meinung, Herr Kollege. Ich glaube, wir haben ein vorbildliches Verhältnis der Partnerschaft zwischen Staat und Sport entwickelt, und ich würde mich freuen, wenn wir das auch auf manchen internationalen Bereich übertragen könnten.
Herr Abgeordneter Walther, bitte.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß Ihr Haus von der Absicht des Deutschen Sportbundes, aus der institutionellen Förderung entlassen zu werden, erst aus der Presse erfahren hat und Ihnen ein diesbezüglicher Schriftverkehr nicht vorliegt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es finden vielfältige Gespräche mit dem Deutschen Sportbund statt, und diese haben schon frühzeitig die Absicht des Deutschen Sportbundes signalisiert, eine solche Entwicklung einzuleiten, so daß wir nicht überrascht worden sind. Ich muß allerdings sagen, Herr Kollege, daß uns einige Details der Begründung zuerst aus der Presse bekanntgeworden sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jentsch.
Herr Staatssekretär, wird die Formulierung „nachgeordnete Behörde", die Präsident Weyer wohl benutzt hat, nicht vielleicht doch etwas verständlicher, wenn der Präsident vorträgt, daß jede Beförderung und jede
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4396 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977
Dr. Jentsch
Anschaffung in seinem Hause praktisch einer Abstimmung mit dem Bundesminister des Innern bedarf?Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die institutionelle Förderung bringt es mit sich, daß eine Abstimmung zunächst mit der Bundesregierung — mit dem Bundesinnenminister, mit dem Bundesfinanzminister — und dann natürlich mit dem .Haushaltsausschuß dieses Parlaments zu erfolgen hat. Das ist eine Regelung des Haushaltsrechts, die jeden Zuwendungsempfänger trifft, die aber keinen Einfluß auf das Verhältnis zwischen Sport und Staat, wie ich es geschildert habe, hat. Aber es ist richtig, daß bei einem Ausscheiden aus der institutionellen Förderung das Haushaltsrecht jedenfalls für diesen Teil des Haushalts des DSB nicht mehr gilt.
Nun
kommt die nächste Frage des Herrn Abgeordneten Schirmer — es handelt sich um Frage 7 —, mit der festgestellt werden soll, wie sich das Partnerschaftsverhältnis in Zahlen ausdrückt:
In welchem Umfang und in welchen Fachbereichen haben sich die Bundesmittel für den Deutschen Sportbund seit 1969 erhöht?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Baum, Parl. Staatssekretär: Die Bundesmittel für den Deutschen Sportbund haben sich von 1969 bis 1977 von 572 000 DM auf 4 488 000 DM erhöht; das ist also eine Steigerung auf nahezu das Achtfache. Die Zahl der hauptamtlichen Kräfte des DSB ist in diesem Zeitraum von 41 auf 72 gestiegen. Die Erhöhung wirkte sich zugunsten aller Fachbereiche des DSB aus. Der Bundesausschuß zur Förderung des Leistungssports des DSB ist hierbei der am stärksten begünstigte Fachbereich. Dies entspricht der Tatsache, daß die Förderungszuständigkeit des Bundes primär auf dem Gebiet des Leistungssports liegt.
Keine
weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Broll auf:
Welche weiteren Fälle außer dem des DKP-Funktionärs R. Röder im Bereich des Bundes sind der Bundesregierung bisher bekannt, in denen wegen Fehlens der „normalen Aufmerksamkeit" Verbeamtungen oder Beförderungen von Bediensteten vorgenommen wurden, obwohl eine Eignungsvoraussetzung eindeutig fehlt, und was hat die Bundesregierung getan, damit sie wenigstens im nachhinein von solchen Fällen erfährt?
Herr Staatssekretär.
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Broll, der Bundesregierung sind keine der in Ihrer Frage unterstellten Fälle bekannt.
In diesem Zusammenhang könnte allenfalls noch die im Bereich des Postministers liegende Personalsache des Briefträgers Repp eine Rolle spielen. Dazu haben meine Kollegen Wrede und Haar in ihren Antworten auf diesbezügliche Fragen am 1. August und am 7. Oktober 1977 Stellung genommen. Ich wollte Sie nur der Vollständigkeit halber auf diesen Komplex hingewiesen haben.
Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, bedeutet das, daß runde Bataillone von Radikalen im öffentlichen Dienst allein des Bundes trotz „normaler Aufmerksamkeit" in den Staatsdienst als Beamte aufgenommen worden sind?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir wissen, daß hier die Rechtslage sehr schwierig ist. Wir gehen selbstverständlich davon aus, daß — das werde ich zu Ihrer zweiten Frage im einzelnen noch ausführen — von den zuständigen Einstellungsbehörden die gebotene Aufmerksamkeit aufgewandt wird.
Aber Sie wissen auch, daß es eine andere Frage ist, jemanden, der im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, aus diesen Gründen aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen — eine andere Frage als die, ihn einzustellen.
Sie haben noch eine Zusatzfrage. Bitte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, wäre es nicht in jedem Falle besser, statt eine normalerweise anstehende Beförderung vorzunehmen, den Ausschluß aus dem Dienst unmittelbar zu vollziehen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Das hängt, Herr Kollege, von dem Einzelfall ab. Sie wissen, daß wir strikt jeden Einzelfall untersuchen. So generell kann ich Ihnen dazu keine Antwort geben.
Herr Abgeordneter Spranger zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, daß die Deutsche Bundesbahn und das entsprechende Ministerium vor der Einstellung des Herrn Röder wiederholt davor gewarnt wurden, so daß von einer vorsätzlichen Einstellung des DKP-Mitgliedes gesprochen werden muß?
Baum, Parl. Staatssrekretär: Herr Kollege, zu diesem Fall ist hier schon wiederholt Stellung genommen worden. Ich bin von dem Fragesteller nicht ausdrücklich darauf angesprochen worden. Ich glaube, dem Hause ist bekannt, was sich im Falle Röder entwickelt hat. Ich habe bewußt im Zusammenhang mit dieser Frage auf jenen Fall nicht Bezug genommen.
Ich rufe die nächste Frage, Frage 9, des Herrn Abgeordneten Broll auf:Welche Vorkehrungen hat der Bundesverkehrsminister in seinem Geschäftsbereich und welche die Bundesregierung für ihren Bereich insgesamt getroffen, um für die Zukunft sicherzustellen, daß bei jeder Verbeamtung oder Beförderung eines Bediensteten wenigstens mit der „normalen Aufmerksamkeit" geprüft wird, ob alle beamtenrechtlichen Voraussetzungen für die beabsichtigte Maßnahme vorliegen?Bitte, Herr Staatssekretär.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977 4397
Baum, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung geht davon aus, daß im Rahmen der von den zuständigen Behörden jeweils anzustellenden Einzelfallprüfungen die geltenden Rechtsvorschriften genau beachtet und voll angewendet werden.Die Bundesregierung hat keine Veranlassung, die Pflicht- und Gesetzestreue der für Personalentscheidungen zuständigen Bediensteten und deren durch Art. 20 Grundgesetz gebotene Bereitschaft und Fähigkeit, sich an Gesetz und Recht zu halten, in Zweifel zu ziehen.
Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, gehen Sie davon aus, daß die vom Beamtengesetz verlangte Bereitschaft des Beamten, sich jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzusetzen, bei den im Verfassungsschutzbericht genannten Zahlen von Beamten gewährleistet ist, die Mitglieder radikaler Parteien sind?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Prozentsatz ist ja sehr gering. Ich habe Ihnen darzulegen versucht, wie es dazu kam, daß sich jetzt dieser Bestand ergibt. Das ist eine lange Entwicklung. Sie müssen auch immer sehen, in welchen Bereichen die von Ihnen genannten Beschäftigten tätig sind. Also: Anlaß zu einer Besorgnis besteht sicherlich nicht. Das weist ja der Verfassungsschutzbericht im einzelnen aus.
Eine weitere Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht auch, daß die Frage des Grades der Gefährdung der Bundesrepublik unabhängig von der Rechtsfrage zu sehen ist, ob Einstellungen angesichts des Beamtengesetzes hier überhaupt vorgenommen werden dürfen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung hat auch im Zusammenhang mit dem wichtigen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ihre Auffassung zur Rechtsfrage wiederholt unmißverständlich, auch vor diesem Hause, klargemacht. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Spranger.
Herr Staatssekretär, muß davon ausgegangen werden, daß ein Fall Röder sich eventuell wiederholt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe Ihnen eben ausgeführt, daß ich davon ausgehe, daß die zuständigen Behörden die notwendige Sorgfalt walten lassen. Ich habe damit nicht zu dem Fall Röder Stellung genommen.
Ich rufe die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann auf:
Wird die Grenzkommission zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der „DDR" nach Beendigung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Markierung der Demarkationslinie aufgelöst, und werden danach die jeweiligen Länder in Ausübung ihrer Zuständigkeit z. B. im Rahmen technischer Kommissionen die auftretenden weiteren Probleme mit den Behörden der „DDR" erörtern?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wittmann, Ihre Frage ist bereits durch die Antwort auf eine entsprechende Frage des Herrn Kollegen Dr. Mertes am 9. November 1977 beantwortet worden. Danach ist folgendes festzustellen. Ich wiederhole kurz das, was Herrn Kollegen Mertes von meinem Kollegen von Schoeler geantwortet worden ist.
Weder das Zusatzprotokoll zum Grundlagenvertrag noch die Erklärung zu Protokoll über die Aufgaben der Grenzkommission befristen deren Arbeiten. Eine solche Befristung ergibt sich auch nicht aus der Natur der zu regelnden praktischen Fragen. Nach Auffassung der Bundesregierung besteht daher kein Anlaß, losgelöst vom Auftrag des Grundlagenvertragswerks eine institutionelle Neuordnung für Angelegenheiten der Grenze zur DDR vorzunehmen. Hinzu kommt, daß sich die Grenzkommission und die dort auf unserer Seite praktizierte Zusammenarbeit von Bund und Ländern auch praktisch bewährt haben.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß auch in ähnlichen Abkommen mit völkerrechtlich anerkannten Staaten und nicht mit einem Staat, der laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Verhältnis zu uns eine mindere völkerrechtliche Qualität hat, Grenzkommissionen festgelegt sind und daß man bei einer vernünftigen Auslegung der Vertragstexte davon ausgehen muß, daß diese Kommissionen nach Erfüllung der Aufgabe, sprich: Markierung der Demarkationslinie usw., dann ihre Aufgabe als beendet ansehen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn Sie sich den Auftrag der Grenzkommission genau vor Augen führen, werden Sie sehen, daß es nicht allein um Markierungen geht, so daß schon von daher sich der Auftrag nicht erledigt.
Die letzte Zusatzfrage.
Ich habe das nur beispielhaft angeführt. Aber ist es nicht von der Sache her so, daß solche Dinge enden und daß hier die Länderzuständigkeit eingreift? Denn sonst, Herr Staatssekretär, sehe ich nicht ein, warum der Grundlagenvertrag und die entsprechenden anderen Vereinbarungen vom Bundesrat her nicht zustimmungs-
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Dr. Wittmann
pflichtig waren; also aus der Ratio der Sache muß jetzt doch wohl die Zuständigkeit auf die Länder übergehen.Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, mir ist nicht bekannt, daß auch nur ein Bundesland an der bewährten Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund in dieser Frage Anstoß genommen hätte oder diesen Zustand beenden möchte.
— Ja, das sagen Sie jetzt. Das hätte man vielleicht vermuten sollen. Uns ist offiziell davon nichts be-kann. Ich bin der Meinung, die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern hat sich in der Grenzkommission bei der Vorbereitung der Verhandlungen außerordentlich gut bewährt.
Ich rufe die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann auf:
Welche Form wird das Dokument haben, in welchem der Verlauf der Demarkationslinie zur „DDR" nach Beendigung der Arbeiten der gemeinsamen Grenzkommission festgelegt wird?
Baum, Parl. Staatssekretär: Wie dargelegt wurde, ist die Arbeit der Grenzkommission nicht befristet. Von einer bevorstehenden „Beendigung der Arbeiten" kann daher, Herr Kollege, nicht gesprochen werden. Über die gegenwärtig angestellten Überlegungen zu einer Gesamtdokumentation der bisherigen Arbeiten der Grenzkommission, insbesondere auch der noch nicht in Kraft getretenen Regelungen über praktische Fragen, ist der Innenausschuß am 19. Oktober dieses Jahres vertraulich unterrichtet worden. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich in der Offentlichkeit hierauf nicht eingehen kann.
Zusatzfrage.
Darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie meine Auffassung teilen, daß die Qualität der Grenzfestlegungen und damit die Qualität der Grenze bzw. Demarkationslinie zur DDR im Sinne des Völkerrechts wesentlich davon abhängt, welche Form irgendwelche festlegenden oder fixierenden Dokumente haben werden; denn Sie werden mir zugeben, daß irgendwelche Unterschriften ja irgendwann einmal über den Verlauf der Grenze geleistet werden müssen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir haben in dieser vertraulichen Sitzung des Innenausschusses wirklich eingehend zur Problematik Stellung genommen. Sie werden verstehen, daß es für unsere Verhandlungsposition nicht günstig wäre, wenn wir das jetzt hier gemeinsam öffentlich erörterten. Ich kann nur das wiederholen, was der Regierungssprecher vor einigen Tagen in der Bundespressekonferenz gesagt hat: Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, daß über die Elbe- Grenze kein Staatsvertrag geschlossen werden soll.
Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete Dr. Hammans ist nicht im Saal, so daß die Frage 14 schriftlich beantwortet wird. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete von Wartenberg hat um schriftliche Beantwortung der beiden von ihm eingereichten Fragen 15 und 16 gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Jäger auf:
Hat die Bundesregierung im Rahmen der Erörterungen in der Grenzkommission die DDR darauf hingewiesen, daß sie in Nummer 4 des Protokollvermerks zu Artikel 23 des Verkehrsvertrags die Zugehörigkeit der gesamten Breite der Elbe zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland selbst bestätigt hat?
Baum, Parl. Staatssekretär: Wenn Sie es gestatten, würde ich diese Frage und die Frage 18 gern zusammen beantworten.
Der Fragesteller ist nicht einverstanden.
Baum, Parl. Staatssekretär: Gut. Zunächst zur Frage 17. Auch für diese Frage gilt, Herr Kollege Jäger, daß die Bundesregierung nicht in der Offentlichkeit Einzelheiten laufender Gespräche mit der DDR ausbreiten kann. Ich möchte deshalb auch nicht darauf eingehen, inwieweit die genannte Bestimmung zur Interpretation der Grenzvereinbarungen der früheren Besatzungsmächte bedeutsam sein kann. Im übrigen ist sie selbstverständlich zur Sprache gekommen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß der Wortlaut dieser kurzen Protokollnotiz — sie lautet: „Binnenschiffe der Deutschen Demokratischen Republik, die auf diesem Grenzstreckenabschnitt der Elbe im Binnenverkehr zwischen den Häfen der Deutschen Demokratischen Republik eingesetzt sind, werden mit einer besonderen Flagge gekennzeichnet und unterliegen nicht der Grenzabfertigung durch Behörden der Bundesrepublik Deutschland" — eine Ausnahme von der Regel konstituiert, daß die Grenzabfertigung auf diesem Elbabschnitt von den Behörden der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen wird, was eindeutig für Hoheitsrechte der Bundesrepublik Deutschland auf diesem Elbstrekkenabschnitt spricht?Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann nur die Antwort wiederholen, die ich Ihnen eben gegeben habe und in der ich deutlich gemacht habe, daß die Bundesregierung ihre Meinung dazu nicht sagen wird. Ich habe eine Meinung. Ich kenne
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977 4399
Parl. Staatssekretär Baumauch die Vorschrift sehr genau. Sie haben Ihre Frage praktisch wiederholt. Ich muß Ihnen leider die gleiche Antwort geben.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Kann die Bundesregierung wenigstens zu folgender Auffassung, die ich vertrete, eine zustimmende Antwort geben, nämlich daß dieses mittelbare Eingeständnis, das die DDR mit der Zustimmung zu dieser Protokollnotiz seinerzeit beim Verkehrsvertrag eingegangen ist, für den Verlauf der Gespräche jetzt von großer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland ist?
Baum, Parl. Staatssekretär: Ich habe Ihnen soeben gesagt, daß diese Vorschrift zur Sprache gekommen ist. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schmude.
Herr Staatssekretär, können Sie uns mitteilen, wie oft die Bundesregierung schon Gelegenheit genommen hat, diese ihre Darlegungen in diesem Haus zu machen und wie oft sie im Innenausschuß die Einzelheiten bereits erörtert hat — mit den gleichen Abgeordneten, die heute hier Fragen stellen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es liegt mir keine Statistik vor. Aber allein ein Aktenordner, den ich zufällig bei mir habe und der die Zeit ab 1973 betrifft, enthält 28 Vorgänge, an denen Sie ja selbst in Ihrer Funktion als Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium beteiligt waren.
Ich rufe
die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Jäger auf:
Hat der Sprecher des Bundesinnenministeriums mit seiner diesbezüglichen Erklärung die Bedeutung der in einem rechtsstaatlichen Verfahren ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs über den Verlauf der Demarkationslinie mit der nicht einmal den Schein eines gerichtlichen Verfahrens wahrenden Äußerung des obersten DDR-Gerichts zum Grenzverlauf gleichgesetzt, und hat der Sprecher mit seiner Erklärung die Auffassung der Bundesregierung wiedergegeben?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich möchte zu Ihrer Frage feststellen: Eine solche Gleichsetzung ist nicht vorgenommen worden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, besteht eine solche Gleichsetzung für den Leser der normalen deutschen Tagespresse nicht darin, daß der Sprecher der Bundesregierung beide Gerichtsentscheidungen — eine eines obersten Bundesgerichts der Bundesrepublik Deutschland und eine dieses „Gerichts" dort drüben — in einem Atemzug nennt, so daß der Eindruck entstehen muß, hier werde beides in einen Topf geworfen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich glaube, bei vernünftiger Wertung dieser Erklärung kann man nicht davon ausgehen, daß ein Vertreter der Bundesregierung hier eine Gleichsetzung vornehmen wollte.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Wäre es nicht geboten gewesen, gerade angesichts verschiedener anderer Äußerungen, z. B. aus der DDR, die gleichzeitig über die Tagespresse und über die Nachrichtenagenturen gingen, hier einen sorgfältigeren Sprachgebrauch zu wählen, der es vermieden hätte, daß der Eindruck entstehen kann, hier werde die rechtsstaatliche Entscheidung eines obersten Gerichts der Bundesrepublik Deutschland auf eine Stufe mit einer politischen Aktion gestellt, die von der DDR-Regierung veranlaßt ist?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich sehe keinen Anlaß zu dieser Befürchtung. Ich möchte aber sagen, daß ich angesichts der Fragen, die hier vorliegen, den Eindruck habe, daß einige Kollegen der Opposition die Entscheidung des Ost-Berliner Gerichts höher einschätzen, als ich es tue.
Herr Abgeordneter Möhring, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir darin zustimmen, daß die beiden Voten oberster Gerichtshöfe schon deshalb nicht vergleichbar sind, weil der BGH in seinem Urteil vom 2. Februar 1977 sich nur punktuell geäußert hat, weil diese punktuelle Äußerung sich auch nur auf ein nicht unumstrittenes Gutachten des Herrn Professor Rauschning stützt und weil drittens in der Beschlußbegründung des BGH noch nichts gesagt wird über den gesamten anderen Verlauf der innerdeutschen Grenze im Elbabschnitt, so daß wir uns nicht ausschließlich auf den Aufgabenkatalog beziehen müssen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie sind auf wichtige Elemente der BGH-Entscheidung eingegangen, wie ich es noch tun werde, weil dazu noch Fragen aus dem Hause vorliegen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller .
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, welche Bedeutung nach Auffassung der Bundesregierung die Ziffer 4 des Protokollvermerks zu Art. 23 des Verkehrsvertrags in bezug auf die Rechtsverhältnisse in diesem Zonengebiet hat, derzufolge die Schiffe, die auf dem Streckenabschnitt Lauenburg—Schnackenburg der Elbe zwischen Häfen der Deutschen Demokratischen Republik eingesetzt sind, mit einer besonderen Flagge gekennzeichnet werden?
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4400 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977
Herr Kollege Müller, entschuldigen Sie bitte, aber diese Zusatzfrage gehört zu der vorherigen Frage. Es tut mir leid, aber ich kann das jetzt nicht noch einmal aufgreifen lassen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Broll.
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Meinung meines Kollegen, der eben gefragt und behauptet hat, die Behauptung in dem Gutachten von Herrn Professor Rauschning, daß die Grenze sich nach den Abmachungen der Alliierten bestimme, sei umstritten?
Baum, Parl. Staatssekretär: Ich habe hier nicht dezidiert zu dem Gutachten und einigen Elementen des Gutachtens Stellung genommen, wie auch der Kollege das nicht getan hat. Das ist nicht meine Aufgabe; danach bin ich nicht gefragt worden. Es würde wohl den Rahmen dieser Fragestunde sprengen, wenn man das täte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hasinger.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, in Anknüpfung an die vorvorherige Frage: Halten Sie es für zweckmäßig, das Urteil des Bundesgerichtshofs in seiner Bedeutung zu relativieren, oder halten Sie es nicht vielmehr für richtig, dieses Urteil als eine wichtige Unterstützung unseres Rechtsstandpunkts anzusehen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin danach ausdrücklich in den Fragen des Herrn Kollegen Schmöle gefragt. In diesem Zusammenhang gehe ich gern auf beide Beschlüsse ein.
Ich wäre dankbar, wenn sich die Zusatzfragen nur auf die jeweils behandelte Frage erstreckten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kreutzmann.
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, daß bereits durch den Verkehrsvertrag eine ausreichende Sicherung dafür geboten ist, daß die Vertragsstaaten einen reibungslosen Binnenschiffsverkehr auf dem Elbabschnitt zwischen km 472,6 und km 566,3 gewährleisten und diese Festlegung auch durch diese Urteile nicht in Frage gestellt werden kann?
Baum, Parl. Staatssekretär: Ich teile Ihre Meinung.
Herr Kollege Kreutzmann, auch diese Frage steht nicht mehr unmittelbar im Zusammenhang mit der Frage des Abgeordneten Jäger. Sie können möglicherweise im Zusammenhang mit den Fragen des Kollegen Schmöle noch Zusatzfragen stellen.
Ich rufe nunmehr die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Jentsch auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den derzeitigen Stand der innerdeutschen Sportbeziehungen angesichts der Tatsache, daß die östliche Seite für 1974 nur 40, für 1975 nur 62, für 1976 ebenfalls nur 62 und für 1977 nur 66 Sportbegegnungen zwischen Vereinen des DTSB der DDR und des DSB zugelassen hat, obwohl der DSB für 1975 222, für 1976 129 und für 1977 über 300 Begegnungen vorgeschlagen hat?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Jentsch, es trifft zu, daß im Jahre 1974 40 Sportbegegnungen vereinbart wurden und seit 1975 nur eine geringfügige Erhöhung der zwischen dem DSB und dem DTSB der DDR abgesprochenen Sportbegegnungen zu verzeichnen ist.
Im Unterschied zu Ihren Angaben sind im Jahre 1976 allerdings 64 und im Jahre 1977 68 Sportbegegnungen festgelegt worden. Hier liegt also eine geringfügige Abweichung vor.
Der DSB hat sich bei allen seinen Verhandlungen mit dem DTSB der DDR für eine Ausweitung des innerdeutschen Sportverkehrs eingesetzt. Er hat deshalb auch regelmäßig eine wesentlich höhere Anzahl von Begegnungen vorgeschlagen, als in die Rahmenvereinbarungen aufgenommen wurde.
Der Präsident des DSB hat mir mitgeteilt, daß er auch bei den künftigen Verhandlungen auf eine Ausweitung des innerdeutschen Sportverkehrs drängen werde. Hierbei lege er Wert darauf, daß künftig auch Begegnungen auf der mittleren und unteren Ebene in bisher nicht berücksichtigten Sportarten, auf dem Gebiet des Jugendsports und im kleinen Grenzverkehr stattfinden. Der derzeitige Stand der innerdeutschen Sportbeziehungen könne noch nicht als befriedigend bezeichnet werden.
Die Bundesregierung teilt diese Meinung und hofft, daß bei den bevorstehenden Gesprächen zwischen DSB und DTSB am 1. Dezember Fortschritte erzielt werden können. Sie geht hierbei davon aus, daß die dem DSB angeschlossenen Mitgliedsorganisationen durch strenge Einhaltung der abgeschlossenen Verträge ihren Beitrag zu einer möglichst störungsfreien Weiterentwicklung des innerdeutschen Sportverkehrs leisten.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Ansicht, daß die DDR eine besonders ausgeprägte Praxis der Einengung der innerdeutschen Sportbeziehungen dadurch handhabt, daß sie im Gegensatz zu Staaten des Ostblocks keine außerhalb des festgelegten Sportkalenders von den Vereinen oder Verbänden frei vereinbarten Sportbegegnungen zuläßt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Wenn Sie gestatten, würde ich das im Rahmen der Beantwortung Ihrer nächsten Frage beantworten.
Ich rufe jetzt die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Jentsch auf:
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977 4401
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenTeilt die Bundesregierung die aus Kreisen des Deutschen Fußballbunds geäußerte Kritik, wonach die von der östlichen Seite erzwungene Praxis der Vereinbarung eines Sportkalenders dem Grundsatz der Freizügigkeit im Sportverkehr widerspricht, weil sie die Zahl der Begegnungen willkürlich begrenzt und unmittelbare Vereinbarungen zwischen den Vereinen des DTSBund des DSB unmöglich macht?Der Fragesteller kann dann noch zwei weitere Zusatzfragen stellen.Baum, Parl. Staatssekretär: Mit dem Hinweis auf die aus Kreisen des DFB geäußerte Kritik nehmen Sie offenbar Bezug auf eine Resolution des Deutschen Fußballbundes vom 29. Oktober 1977 in Saarbrücken. Darin hat der DFB den DSB als Partner des DTSB aufgefordert, in zukünftigen Gesprächen eine wesentliche Verbesserung der derzeitigen Situation des innerdeutschen Sportverkehrs auf der Grundlage der Freizügigkeit anzustreben. Die Bundesregierung hält jede Initiative für nützlich, die geeignet ist, die innerdeutschen Sportbeziehungen zu verbessern.Andererseits sieht die Bundesregierung den Grundsatz der Freizügigkeit im innerdeutschen Sportverkehr — jetzt komme ich zu Ihrer Zusatzfrage — nicht allein schon dadurch in Frage gestellt, daß Sportbegegnungen zwischen dem DSB und dem DTSB der DDR in einem sogenannten Sportkalender vereinbart werden.
Meine Zusatzfrage ging dahin, ob Sie, Herr Staatssekretär, bestätigen können, daß sich hier die Praxis des DTSB der DDR von der anderer Ostblockstaaten unterscheidet.
Baum, Pari. Staatssekretär: Ja, es gibt gewisse Unterschiede.
Eine weitere Zusatzfrage.
Teilen Sie meine Meinung, Herr Staatssekretär, daß ein Sportverkehr, der sich auf Sportfunktionäre und Spitzensportler beschränkt und jede Begegnung außerhalb der Wettkampfstätte peinlichst vermeidet, schwerlich als Beitrag zur menschlichen Begegnung innerhalb des geteilten Deutschlands angesehen werden kann?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie ich ausgeführt habe, legt der Deutsche Sportbund Wert darauf, künftig auch Begegnungen auf mittlerer und unterer Ebene, bei bisher nicht berücksichtigten Sportarten, auf dem Gebiet des Jugendsports und im kleinen Grenzverkehr stattfinden zu lassen, also auch außerhalb der Zone des Spitzensports.
Letzte Zusatzfrage.
Dann muß ich Sie weiter fragen, Herr Staatssekretär: Sehen Sie Anzeichen dafür, daß es eine derartige Änderung in der Haltung der DDR geben wird, die wir wohl alle einheitlich wünschen? Und welche konkreten Schritte werden Sie dazu einleiten?
Baum, Parl. Staatssekretär: Wie Sie wissen, werden die Verhandlungen vom Deutschen Sportbund geführt. Das entspricht unserer Auffassung über das Verhältnis von Staat und Sport in unserem Land. Die Verhandlungen werden am 1. Dezember 1977 im Hinblick auf das Jahr 1978 geführt. Ich kann nur hoffen, daß Fortschritte in dem Sinne erzielt werden, wie Sie es hier ausgeführt haben.
Herr Abgeordneter Jäger zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, worauf führt es die Bundesregierung zurück, daß die von Ihnen in der Antwort auf die Frage des Kollegen Jentsch geschilderte Entwicklung seit der Vereinbarung von Helsinki nicht wesentlich günstiger verlaufen ist, wo sich in Abschnitt 1 Buchst. g des Korbes III alle Teilnehmerstaaten, also auch die DDR, über das im Grundlagenvertrag Niedergelegte hinaus verpflichtet haben, den Sportaustausch der internationalen Praxis anzugleichen, was hier ja wohl nicht der Fall ist?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, zunächst müssen wir wohl festhalten, daß sich die Praxis gegenüber manchem früheren Jahr wesentlich verbessert hat. Dies ist bei aller Kritik und Unzufriedenheit festzustellen. Über die Gründe brauche ich Sie sicher nicht zu belehren; Sie sind auf dem Gebiet der innerdeutschen Beziehungen fachkundig.
Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Müller auf:
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß nahezu 20 000 Pakistani in einem türkischen Lager auf eine Einreise über Ost-Berlin nach West-Berlin warten, um hier als asylsuchende Ausländer mindestens drei bis fünf Jahre Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung, Herr Kollege, sind entsprechende Meldungen bekannt. Ob sie zutreffen, wird derzeit über unsere Botschaft in der Türkei ermittelt.
Ich möchte Ihre Frage zum Anlaß nehmen, hier zu sagen, daß die Bundesregierung das Problem der asylbegehrenden Pakistani mit großer Sorge beobachtet. Der Anteil der Pakistani an der Gesamtzahl der Asylsuchenden beträgt jetzt fast ein Viertel. Die Zahl der pakistanischen Asylsuchenden ist gegenüber dem Vorjahr um 66 % gestiegen. Nicht zuletzt darauf ist auch der Anstieg der Gesamtzahl der Asylbewerber um insgesamt 37 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zurückzuführen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie sind also auch meiner Meinung, daß die weitere Einschleusung von Asylsuchenden nach West-Berlin nicht nur eine finanzielle Überforderung von Berlin bedeutet, sondern auch eine politische und gesellschaftliche Gefahr ist?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das war nicht Ihre Frage. Idh habe mich dazu nicht geäußert. Aber es ist gar keine Frage, daß hierdurch Schwierigkeiten für Berlin entstehen. Dazu hat sich der Innenausschuß bei Sitzungen, die er in Berlin abgehalten hat, berichten lassen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller.
Haben Sie denn vor, diese bequeme Schleuse für ausländische Asylsucher, die nur wegen der Höhe der Sozialhilfe einströmen, in irgendeiner Weise zu schließen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich würde das ausführen, wenn ich jetzt Gelegenheit hätte, Ihre zweite Frage zu beantworten.
Eine Zusatzfrage zu der ersten Frage, Herr Abgeordneter Dr. Langguth.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, können Sie denn auch die von Herrn Kollegen Müller genannt Zahl von 20 000 Pakistani in dieser konkreten Form bestätigen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Nein, das kann ich nicht. Ich habe eben ausgeführt, daß der Bundesregierung zwar solche Meldungen über das Lager in der Türkei bekannt sind — darauf bezieht sich ja die Zahl 20 000 —, daß wir derzeit aber Ermittlungen anstellen, um die Tatsachen zu erhärten. Wenn wir zu einem Ergebnis gekommen sind, werden wir natürlich entsprechende Schritte einzuleiten haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster.
Herr Staatssekretär, liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, daß Pakistani von Geschäftemachern nach Deutschland eingeschleust werden?
Baum, Parl. Staatssekretär: Natürlich. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin gesagt, gegenüber dem vorigen oder vorvorigen Jahr habe es eine Zunahme der Zahl der Asylbewerber aus Pakistan um 66 % gegeben. Gibt es eine Chance, daß die Zahl wieder heruntergeht, oder ist zu befürchten, daß die Zahl weiter zunimmt,
und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit die Zahl nicht weiter zunimmt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Diese Frage drängt sich geradezu auf.
Das ist
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um einen weiteren Zustrom der über Ost-Berlin nach West-Berlin kommenden asylsuchenden Ausländer — die allein seit Anfang 1977 die Zahl von 7 000 erreicht haben — zu verhindern oder aber um das Anerkennungsverfahren so zu ändern bzw. zu verkürzen, daß kein besonderer Anreiz mehr besteht, in aussichtslosen Fällen um Asyl nachzusuchen?Bitte, Herr Staatssekretär.Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, die Bundesregierung hat bereits verschiedentlich dargelegt, daß sie einen schnelleren Abschluß der Asylverfahren für dringend geboten hält. Sie hat durch entsprechende Personalverstärkung beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Zirndorf bereits eine erhebliche Beschleunigung der Widerspruchsverfahren erreichen können. Trotz hohen Zugangs konnte die Zahl der anhängigen Widerspruchsverfahren von 4 260 am 1. Januar 1977 auf 3 770 am 1. November 1977 gesenkt werden. Es besteht hier ein Zusammenhang zwischen der Dauer der Verfahren und dem Anreiz, die Bundesrepublik überhaupt aufzusuchen.Demgegenüber hat die Zahl der bei den bayerischen Verwaltungsgerichten anhängigen Asylverfahren erheblich zugenommen. Die Zahl der beim Verwaltungsgerichts Ansbach anhängigen Asylverfahren stieg seit dem 1. Januar 1977 von 3 207 auf 5 084 Verfahren, die bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof München, von 986 auf 1 655 Verfahren. Eine erhebliche Beschleunigung der Gerichtsverfahren durch entsprechende Personalverstärkungsmaßnahmen des Freistaates Bayern ist deshalb dringend erforderlich.Die Bundesregierung hat sowohl in ihren Antworten vom 13. Mai und vom 21. Juni 1977 auf Kleine Anfragen als auch in einem Bericht des Bundesinnenministers vom 8. November an den Innenausschuß des Deutschen Bundestages, der sich mit diesem Thema eingehend befassen will, verschiedene Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung aufgeführt, die ich hier nicht im einzelnen wiedergeben möchte. Die Bundesregierung muß zunächst die Entscheidung dieses Hauses in dieser Frage abwarten, ehe sie weitere gesetzgeberische Maßnahmen in Erwägung ziehen kann. Wie ich hörte, hat sich heute der Rechtsausschuß mit der Materie befaßt.Wegen des Problems der Einreise von Asylsuchenden über Berlin , Herr Kollege, darf ich auf die Erörterungen des Innenausschusses vom 25. Mai dieses Jahres verweisen. Ich möchte auch das aus bekannten Gründen hier nicht offen darlegen, um nicht weiteren Anreiz zu bieten.
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Herr Ab-
geordneter Müller, Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich wollte Sie gerade fragen: Welche anderen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den sogenannten Geschäftemachern, den Anwerbern in den Heimatländern der Asylsuchenden, vor allem aber den Rechtsanwälten, die schon bei der Anwerbung in den Heimatländern empfohlen werden, das Handwerk zu legen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist in dem vertraulichen Bericht aufgeführt, den ich Ihnen gerne zur Verfügung stelle, den der Bundesminister des Innern am 8. November dieses Jahres dem Innenausschuß dieses Hauses vorgelegt hat.
Herr Abgeordneter Müller, eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann man nicht dem in Frage stehenden Personenkreis von asylsuchenden Ausländern bis zur Anerkennung die Sozialhilfe nach dem BSHG in Form von Naturalien einschließlich Unterbringung in dafür geeigneten Gemeinschaftsunterkünften gewähren, so daß das geltende Recht überhaupt nicht berührt würde und damit keine besonderen Anreize mehr bestünden, hierher zu kommen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das würde, wenn ich mich nicht täusche, eine Änderung der geltenden Gesetze notwendig machen.
Herr Abgeordneter Haase.
Herr Staatssekretär, bei aller Anerkennung der Geheimhaltungsbedürftigkeit Ihrer Ausführungen frage ich Sie, ohne daß ich jetzt von Ihnen in Ihrer Antwort Details wünsche. Sieht man seitens der Bundesregierung keine Möglichkeit, weil es sich hier in den meisten Fällen offensichtlich um einen Mißbrauch unseres Asylangebotes handelt, dieses Schlupfloch Berlin zu verstopfen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das hängt natürlich mit dem Status von Berlin zusammen, den wir hier gemeinsam verteidigen. Das ist eine Folge, die sich aus diesem Status, auch aus der Freizügigkeit innerhalb der einzelnen Teile Berlins ergibt. Das muß man ganz deutlich sagen.
Herr AbgeordneterSpranger.
Herr Staatssekretär, warum hat sich die Bundesregierung eigentlich bis heute geweigert, zur Beschleunigung des Asylverfahrens das Berufungsverfahren, wie wiederholt gefordert,
abzuschaffen, und wann kann endlich mit einer dementsprechenden Entscheidung gerechnet werden?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung hat diesem Hohen Hause, wie ich schon ausgeführt habe, verschiedene Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung vorgelegt:
Erstens. Wegfall des Berufungsverfahrens im Asylrecht und in vergleichbaren Rechtsgebieten.
Zweitens. Wegfall des Widerspruchsverfahrens bei gleichzeitiger Dezentralisierung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.
Drittens. Dezentralisierung des Asylverfahrens, d. h. Übertragung der Entscheidungsbefugnisse über Asylanträge auf Behörden der Länder und damit eine Verteilung der Arbeitslast auf mehrere Behörden und mehrere Gerichte.
Diese Überlegungen liegen dem Hohen Hause vor und werden zur Zeit oder in Kürze beraten werden.
Herr Abgeordneter Kunz, Sie wollten noch eine Zusatzfrage stellen.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir eine Mitteilung darüber zukommen lassen, aus der sich ergibt, daß Sie dieses Problem auch mit der Regierung der DDR in einem geeigneten Zusammenhang besprochen haben?
Baum, Parl. Staatssekretär: Nein.
Eine
letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Hupka.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie uns hier so viele Zahlen genannt haben: Gibt es eine Zahl, die den Prozentsatz von Pakistanis festhält, die um Asyl bitten und denen das Asyl verwehrt werden muß?
Baum, Parl. Staatssekretär: Diese Zahl gibt es sicher, Herr Kollege. Ich habe sie hier nicht präsent, kann sie Ihnen aber gerne geben.
Das waraus der Frage nicht ersichtlich.Ich rufe Frage 23 des Abgeordneten Dr. Langguth auf:Trifft es nach den Erkenntnissen der Bundesregierung zu, daß an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland eine Politik der sogenannten gewerksdiaftlichen Orientierung nicht nur von dem DKP-nahen Marxistischen Studentenbund Spartakus, sondern auch vom Sozialistischen Hochulbund (SHB) vertreten wird?Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es trifft zu, ich beantworte Ihre Frage also mit Ja. Hierauf wurde bereits in der ausführlichen Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Krey zur sogenannten gewerkschaftlichen Orientierung von MSB und SHB in der Fragestunde vom 9. November 1977 hingewiesen.
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4404 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977
Zusatzfrage.
Heißt das, daß damit auch der SHB wie der MSB Spartakus die Gewerkschaften langfristig zu klassenorientierten Kampfverbänden umgestalten will?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das haben wir Ihnen eindeutiig dargelegt. Da der Begriff „gewerkschaftliche Orientierung" in der politischen Diskussion der Studenten eindeutig von MSB Spartakus und SHB geprägt ist und als Abgrenzungskriterium gegenüber anderen linksextremistischen Gruppierungen verwandt wird, kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß es sich bei Listen, die sich ausdrücklich als „gewerkschaftlich orientiert" oder in ähnlicher Weise bezeichnen, um orthodox-kommunistisch beeinflußte Bündnisse handelt.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Gibt es denn überhaupt unterschiedliche Auffassungen zwischen MSB Spartakus und SHB speziell in der Beurteilung der gewerkschaftlichen Orientierung als politischer Strategie?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe soeben ausgeführt, daß dies, wenn überhaupt, nur in Nuancen der Fall sein kann.
Herr Abgeordneter Hasinger.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß die Bezeichnung „gewerkschaftlich orientiert" für derartige Listenverbindungen oder Wahlvorschläge ein Namensmißbrauch ist, weil die Gewerkschaften mit den Bestrebungen derjenigen, die diesen Namen in Anspruch nehmen, nicht das geringste zu tun haben?
Baum, Parl. Staatssekretär: Das kann ich nur unterstreichen. Die Verwendung dieses Begriffes durch diese Verbände ist eine grobe Anmaßung.
Frage 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Langguth:
Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, an wieviel Hochschulen der Allgemeine Studentenausschuß von Wahllisten getragen wird, die sich selbst „gewerkschaftlich orientiert" nennen, und ob es sich hierbei in der Regel um Einheitslisten aus Mitgliedern oder Sympathisanten des MSB Spartakus handelt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Nach der von der Westdeutschen Rektorenkonferenz, Herr Kollege, zusammengestellten Ubersicht über die Ergebnisse der Wahlen zu den Studentenvertretungen im Sommersemester 1977 — Stand 31. Juli 1977 — waren
an 23 von 190 aufgeführten Hochschulen Gruppen im Allgemeinen Studentenausschuß vertreten, die sich als „Gewerkschaftlicher Arbeitskreis der Studenten", „Gewerkschaftliche Orientierung", „Gewerkschaftlich Orientierte Liste" oder in gleichartiger Weise bezeichnen. Außerdem sind in sechs Fällen über GEW- bzw. ÖTV-Listen Vertreter in den AStA gelangt.
Da der Begriff „Gewerkschaftliche Orientierung" etwas anderes bedeutet — jetzt wiederhole ich das, was ich Ihnen soeben schon gesagt habe —, als wir hier gemeinsam verstehen, kann es sich bei den Listen nur um orthodox-kommunistisch beeinflußte Bündnisse handeln.
Haben
Sie noch eine Zusatzfrage?
Teilt die Bundesregierug damit also konkret die Auffassung, daß es sich bei den „GO"-Listen in der Regel um eine erhöhte Form der Volksfront in Gestalt von Einheitslisten handelt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Ich möchte Ihrem Begriff „Volksfront" nicht unbedingt zustimmen, auch nicht in der Abwandlung „erhöhte Volksfront". Ich habe Ihnen die Meinung der Bundesregierung zu den beiden Verbänden und zu diesen Listen klar gesagt.
Keineweiteren Zusatzfragen.Ich darf mitteilen, daß der Herr Abgeordnete Büchner und der Herr Abgeordnete Schulze (Berlin) um, schriftliche Beantwortung der von ihnen eingereichten Fragen 25 und 26 bzw. 27 und 28 gebeten haben. Dem wird entsprochen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe nunmehr die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:Warum bezeichnet die Bundesregierung die Auseinandersetzung um einen neuen Ausweis für Aussiedler, der nicht mehr wie bisher als Vertriebenen- und Flüchtlingsausweis für jedermann ersichtlich die rechtliche Stellung gemäß dem Bundesvertriebenen- und -flüchtlingsgesetz nachweisen wird, als „unfruchtbare Auseinandersetzung", „fruchtlosen Streit", zumal 500 000 Aussiedler bis zur Stunde den Vertriebenen- und Flüchtlingsausweis erhalten haben?Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Dr. Hupka, in Anbetracht dessen, daßerstens die beabsichtigte Änderung des Ausweises weder die Rechtsstellung der Aussiedler im Rahmen der geltenden Gesetze noch die Ansprüche oder die Leistungen nach dem Bundesvertriebenengesetz einschränkt oder verändert,zweitens der künftige Ausweis mit der Bezeichnung „Aussiedler" einen deutlichen Hinweis auf das Bundesvertriebenengesetz enthalten wird,drittens der Ausweis für Aussiedler dadurch entgegen Ihrer Auffassung auch künftig deren rechtliche Stellung nach dem Bundesvertriebenengesetz für die Betroffenen sowie für die damit befaßten Personen ersichtlich werden läßt,
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977 4405
Parl. Staatssekretär Baumviertens die beabsichtigte Änderung für neu auszustellende Ausweise sich auf die in der Frage angeführten 500 000 Aussiedler nicht auswirken wird, weil sie sich nicht auf Aussiedler erstreckt, die vor dem 31. Dezember 1977 eingereist sind,fünftens die Bundesregierung sich auch bei diesen Überlegungen davon leiten läßt, alles zu tun, was die Aussiedlungsbemühungen der betroffenen Personen erleichtert,ist es für die Bundesregierung nicht erkennbar, welche Früchte für die Betroffenen die Auseinandersetzung oder ein Streit über die Bezeichnung des Ausweises tragen kann.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir darin zustimmen, daß sich die Verhältnisse für einen Aussiedler aus der Sowjetunion oder aus Rumänien oder aus den Oder/Neiße-Gebieten, was sein persönliches Schicksal betrifft, heute nicht anders darstellen als in den Jahren bis jetzt, als jeder Aussiedler den Vertriebenen- und Flüchtlingsausweis bekam?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich verstehe nicht den Zusammenhang, den Sie hier mit der neuen Verwaltungsvorschrift herstellen wollen. Wir gehen ja nicht auf die Situation ein, in der sich der einzelne befindet, sondern wir bewerten diese neue Verwaltungsvorschrift. Das habe ich getan.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn Sie sich auf die neue Verwaltungsvorschrift beziehen, die ja noch nicht genehmigt ist, die noch im Bundesrat ansteht, wenn ich richtig informiert bin, dann muß es bestimmte Gründe geben, warum man von einem bestimmten Datum an auf Grund einer Verwaltungsvorschrift einen neuen Ausweis aushändigt, obwohl die Betroffenen nicht danach verlangt haben.
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir haben in diesem Hause wiederholt dargelegt — ich habe eine ganze Liste von Fragen, die hier beantwortet worden sind —,
warum wir diese Änderung vornehmen. Ich sehe darin überhaupt keine gravierende politische Entscheidung, die Sie veranlassen könnte, Kritik zu üben.
Ich rufe die Fragen 32 und 33 des Herrn Abgeordneten Schmöle auf:Wie beurteilt die Bundesregierung den Beschluß des Präsidiums des obersten Gerichts der DDR „zur Gewährleistung der Einheitlichkeit der mit dem territorialen Geltungsbereich der Gesetze verbundenen Anwendung zivil- und strafrechtlichen Bestimmungen", in dem behauptet wird, die Grenze zwischen derBundesrepublik Deutschland und der DDR im Elbebereich verlaufe „in der Mitte des Talwegs des Flusses"?Welche Rechtsauffassung in bezug auf den Verlauf der Zonengrenze im Elbebereich vertritt demgegenüber die Bundesregierung, und auf welche einschlägigen Entscheidungen oberster Bundesgerichte stützt sie sich dabei?Bitte.
— Zu diesem Komplex nicht mehr!Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Haltung der DDR zum Grenzverlauf im Elbeabschnitt ist bekannt; daher enthält der Beschluß des Präsidiums des obersten Gerichts der DDR nichts Neues. Die Bundesregierung sieht auch keinen Anlaß, sich über das bisher Gesagte hinaus zu der Entscheidung eines DDR-Gerichts zu äußern, zumal diese ersichtlich zu der Interpretation der Grenzvereinbarungen der Besatzungsmächte nichts beiträgt und ohnehin die Grenzfeststellung nicht präjudizieren kann.Da ich mich jetzt auf die Frage 14 des Kollegen Hammans beziehe, möchte ich die Antwort auf diese Frage hier zur Kenntnis geben. Der Auftrag der Grenzkommission nach dem Zusatzprotokoll zum Grundlagenvertrag in Verbindung mit der Erklärung zu Protokoll über die Aufgaben der Grenzkommission macht deutlich, daß für den Grenzverlauf die Vereinbarungen der früheren Besatzungsmächte entscheidend sind. Zur Feststellung des von den ehemaligen Besatzungsmächten festgelegten Verlaufs der Grenze bedarf es der Übereinstimmung beider Seiten in der Grenzkommission. Beschlüsse innerstaatlicher Gerichte — wie des Präsidiums des Obersten Gerichts der DDR — können ihrer Natur nach keine den Grenzverlauf bestimmende Wirkung haben.Im übrigen erwartet die Bundesregierung, daß die bisherige Praxis im Elbeabschnitt unberührt bleibt. Diese Praxis ist insbesondere durch Art. 23 des Verkehrsvertrages mit der DDR vom 26. Mai 1972 bestimmt, wonach beide Staaten einen reibungslosen Binnenschiffsverkehr im Elbeabschnitt gewährleisten.Für die Grenzkommission sind im Hinblick auf den Elbeabschnitt als Vereinbarungen der früheren Besatzungsmächte nicht nur das Londoner Protokoll vom 12. September 1944, sondern auch die später zwischen den Besatzungsmächten vereinbarten Abweichungen von den Festlegungen des Londoner Protokolls maßgeblich. Auf Einzelheiten kann ich hier nicht eingehen; ich beziehe mich insoweit auf die Antwort vom 5. Februar 1975 auf eine Kleine Anfrage. Ich möchte lediglich erwähnen, daß die im Londoner Protokoll genannten alten Landes- und Provinzgrenzen die Elbe mehrfach gekreuzt haben.Die Grenzkommission hat die Aufgabe, die Grenzvereinbarungen der früheren Besatzungsmächte anzuwenden. Ungeachtet der Tatsache, daß die Interpretation von Vereinbarungen der Besatzungsmächte in erster Linie durch deren Äußerungen bestimmt ist, wird die Bundesregierung mit großer Sorgfalt auch oberstgerichtliche Entscheidungen berücksichtigen, in denen zur Auslegung der Vereinbarungen der Besatzungsmächte beigetragen wird. Dem Be-
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4406 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977
Parl. Staatssekretär Baumschluß des Zweiten Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 2. Februar 1977, der in der öffentlichen Erörterung eine große Rolle spielt, trägt die Bundesregierung im Rahmen ihrer Aufgaben und Zuständigkeiten die gebührende Rechnung. Bekanntlich trifft der Beschluß eine strafprozessuale Zuständigkeitsentscheidung, worauf eben schon hingewiesen worden ist.Ich möchte aber ebenso an das erinnern, was der Regierungssprecher am 9. November 1977 vor der Bundespressekonferenz ausgeführt hat, daß es nämlich „schwer war und auch heute noch ist, solche Unterlagen zu finden, die unseren Anspruch, das, was wir politisch für wünschbar halten, zweifelsfrei dokumentieren". Ich brauche hierzu nicht auf Einzelheiten einzugehen, Herr Kollege. Die Präsenz der Streifenboote der DDR auf der Elbe seit mehreren Jahrzehnten besagt genug.Nach alledem ist die Ausklammerung der Elbeproblematik aus der Arbeit der Grenzkommission, wie sie von der Bundesregierung und der niedersächsischen Landesregierung übereinstimmend angestrebt wird, die gegenwärtig allein mögliche Konsequenz.
Herr Abgeordneter, Sie haben jetzt vier Zusatzfragen. Durch die Einbeziehung der Frage des Herrn Abgeordneten Hammans ist das Ganze etwas lang geraten.
Im Interesse des Fortgangs werde ich mich bemühen, mit zwei Zusatzfragen auszukommen.
Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung feststellte, daß sich von seiten der DDR auf Grund dieses Beschlusses an der bisher gehandhabten Praxis Änderungen ergeben, würde sie dann Konsequenzen hinsichtlich der Mitarbeit in der Grenzkommission in Erwägung ziehen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe ausgeführt, daß die Bundesregierung erwartet, daß die bisherige Praxis im Elbeabschnitt unberührt bleibt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Sie haben weitere Zusatzfragen.
Darf ich trotzdem noch einmal nachfragen, ob die Bundesregierung sich vorstellen könnte, daß sie weitergehende Maßnahmen ergreifen würde, wenn die von Ihnen geäußerte Erwartung sich nicht als richtig erweisen sollte.
Baum, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat gegenwärtig keinen Anlaß, sich zu dieser Frage öffentlich zu äußern.
Herr Kollege, damit sind Sie bei Ihrem Vorsatz geblieben, nur zwei Zusatzfragen zu stellen.
Bitte, Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, auch wenn man davon ausgeht, daß allgemeine Übereinstimmung darüber besteht, daß für die Grenzlinie ausschließlich die alliierten Festlegungen durch das Londoner Protokoll oder andere Nachkriegsentscheidungen maßgeblich sind: Ist es nicht gleichwohl von Bedeutung, daß die DDR durch diese Gerichtsentscheidung jetzt erstmals auch durch einen förmlichen Akt von der Auffassung abweicht, die sie in dem von mir bereits in einer früheren Frage angesprochenen Protokollvermerk zu Art. 23 des Verkehrsvertrages selber eingenommen hat?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe noch in Erinnerung, wie Sie diesen Spruch, als Sie ihn vorhin mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs verglichen, beurteilt haben.
Für die Bundesregierung hat sich mit diesem Beschluß keine neue Lage ergeben. Ich habe Ihnen die Meinung der Bundesregierung vorgetragen, wie sie in diesem Hause und in der Öffentlichkeit seit langem vertreten wird.
Herr Abgeordneter Schmude, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie uns sagen, wie umfangreich und gehaltvoll die Darlegungen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluß vom 2. Februar 1977 zur Elbegrenze sind und welche neuen rechtlichen Erkenntnisse und Hilfen die Bundesregierung aus dieser Begründung gewinnen kann?
Baum, Parl. Staatssekretär: Das würde natürlich längere Ausführungen erfordern, Herr Kollege. Ich habe schon gesagt, daß der Beschluß eine strafprozessuale Zuständigkeitsfrage betrifft. In der Begründung wird bemerkt, daß nach der geschichtlichen Entwicklung seit 1945 die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bei Elbkilometer 540,5 am Ostufer der Elbe verläuft.
Da zwei Fragen gemeinsam beantwortet worden sind, haben Sie die Möglichkeit einer weiteren Zusatzfrage.
Verstehe ich Sie also richtig, Herr Staatssekretär, daß sich der Bundesgerichtshof ungeachtet des jahrelangen Streits und der Diskussion um die Elbegrenze in diesem Bereich auf einen einzigen lapidaren, feststellenden Satz beschränkt und diesen allenfalls noch auf ein von der CDU/ CSU in Auftrag gegebenes Gutachten stützt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, in der Tat ist die Begründung nicht sehr umfangreich. Ob sie lapidar ist, das möchte ich einmal dahingestellt sein lassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hasinger.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977 4407
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, macht es in der Bewertung einer gerichtlichen Entscheidung einen Unterschied, auf welche Vorentscheidungen, Gutachten oder sonstigen Erkenntnisse sie sich stützt und von wem diese gegebenenfalls veranlaßt worden sind?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe Ihnen dargelegt, welchen Wert wir dieser Entscheidung beimessen, in welcher Form wir sie berücksichtigen. Die Fragen zu diesem Beschluß können nicht Anlaß sein, nun auch noch das Gutachten, das der Entscheidung zugrunde liegt, im einzelnen zu erörtern. Es handelt sich hier um einen so komplizierten und komplexen Bereich, daß es weder dem Beschluß noch dem Gutachten, noch unserer Position, noch Ihrer Position gerecht würde, wenn wir das in einem verkürzten Gedankenaustausch abhandeln wollten.
Herr Abgeordnet Möhring, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir zustimmen, daß es verhängnisvoll sein könnte, wenn wir durch eine verstärkte öffentliche Diskussion dieses schwierigen Themas den Eindruck erweckten, als hätten wir in der Frage der Grenzfeststellung einen eigenen Ermessensspielraum, und wenn wir damit von den Aufgaben bzw. den Pflichten unserer Alliierten ablenkten?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe dem, was ich gesagt habe, nichts hinzuzufügen. Das zielt in die Richtung Ihrer Bemerkungen.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz.
Herr Staatssekretär, können Sie Herrn Kollegen Schmude bitte mitteilen, daß der Beschluß des Bundesgerichtshofes unbestreitbar auf das Rauschning-Gutachten ausdrücklich Bezug nimmt?
Herr Kollege, Dreiecksfragen sind im allgemeinen nicht zulässig. Ich bitte um Verständnis. Ich glaube, wir sollten die Sache damit beenden.
Der Abgeordnete Böhm hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 54 gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Haehser zur Verfügung.
Die Frage 34 ist von dem Abgeordneten Haase eingereicht worden:
Wann legt die Bundesregierung den Subventionsbericht vor, und wie erklärt sie die Tatsache, daß der Subventionsbericht in diesem Jahr nicht zusammen mit dem Haushaltsplan dem Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet wurde, wie es § 12 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft zwingend vorschreibt?
Herr Kollege Haase, die Bundesregierung hat den 6. Subventionsbericht am 15. November 1977 verabschiedet und am 17. November dem Präsidenten des Deutschen Bundestages und dem Präsidenten des Bundesrates zugesandt. Die Fertigstellung hat sich wegen zusätzlicher Belastung des zuständigen Referats durch maßgebliche Mitarbeit am Steuerpaket etwas verzögert.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird die deutsche Regierung angesichts der Bedeutung des bisher vorenthaltenen Materials für die Beurteilung des Haushaltes und der mehrjährigen Finanzplanung durch das Parlament sicherstellen, daß die Pflicht zur Rechenschaftslegung, über die sich die Bundesregierung leider bis heute — aus unserer Kenntnis der Sachverhalte — hinweggesetzt hat, in den kommenden Jahren exakt beachtet wird?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Haase, Sie haben eigentlich nicht das Recht, die Exaktheit meiner Antwort zu bezweifeln, daß die Bundesregierung am 15. November den Subventionsbericht verabschiedet und ihn am 17. November dem Deutschen Bundestag zugeleitet hat.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, angesichts des Umstandes, daß Sie diesen Bericht zusammen mit dem Etat vorlegen sollen, hatte ich im Hinblick auf die Zukunft gefragt.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Haase, für die Zukunft gilt das, was auch in der Vergangenheit gegolten hat: daß wir natürlich den Zusammenhang zwischen Haushaltsplanentwurf und Subventionsbericht sehen.
Ich dachte, ich hätte es mir ersparen können, dem Hohen Hause mitzuteilen, daß der Mann, der die Angelegenheit, nach der Sie fragen, bearbeitet hat, erkrankt war und inzwischen verstorben ist.
Der Herr Abgeordnete Rapp hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 35 gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe nunmehr die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Lemmrich auf:Treffen Pressemeldungen zu, wonach die bereits mit allen Verbänden und Ressorts abgestimmte Novelle zum Kfz-Steuergesetz nicht nur auf Grund EG-rechtlicher Überprüfungen, sondern vor allem wegen der befürchteten Kontroverse mit der DDR wegen der Einbeziehung von DDR-Lastkraftwagen dem Bundestag noch nicht vorgelegt wurde?
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4408 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 57. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 23. November 1977
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Lemmrich, in meiner Antwort vom 9. November 1977 auf Ihre Anfrage vom 28. Oktober 1977 zum Kraftfahrzeugsteuer-Änderungsgesetz habe ich dargelegt, daß der Entwurf gegenwärtig noch auf die Rechtsförmlichkeit und Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften geprüft wird. Ich habe Ihnen ferner mitgeteilt, daß die Novelle nach Abschluß der Prüfung dem Bundeskabinett und danach unverzüglich dem Bundesrat zugeleitet werden wird.Ich gehe davon aus, daß die genannten Prüfungen bald abgeschlossen sein werden und der Entwurf dem Kabinett vorgelegt werden kann. Bei seiner Beschlußfassung wird das Bundeskabinett auch über die Frage der Besteuerung von DDR-Fahrzeugen zu entscheiden haben. Ich bitte um Verständnis, daß ich der Entscheidung des Kabinetts jetzt nicht vorgreifen kann.
Herr Kollege, Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, einen Termin anzugeben, wann sich das Bundeskabinett mit der Vorlage beschäftigen wird?
Haehser, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege Lemmrich, ich weiß aus gutem Studium Ihres Lebenslaufs, daß Sie kein Jurist sind, kenne Sie aber so gut, daß ich weiß, daß Sie den Begriff „unverzüglich" zu deuten wissen.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie sehen sich also nicht in der Lage, mir mitzuteilen, wann die Prüfungen über die EG-rechtlichen Aspekte dieses Entwurfs abgeschlossen sein werden?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Lemmrich, ich bin nicht in der Lage, Ihnen das Datum zu nennen, aber doch in der Lage, Ihnen zu sagen, daß auch die Bundesregierung daran interessiert ist, daß das Kraftfahrzeugsteuer-Änderungsgesetz alsbald dem Hohen Hause — das ist dann der nächste Zug — zur Beratung vorliegt.
Die Herren Abgeordneten Dr. Evers, Dr. von Wartenberg und Niegel haben um schriftliche Beantwortung der von ihnen eingereichten Fragen 37, 38, 39, 40 und 41 gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Dr. Steger auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen, Planungskosten vermehrt in den Haushalt einzustellen und eine Projektgruppe Vorratsplanung zu gründen, damit bei Konjunkturprogrammen ein rascherer Abfluß der öffentlichen Mittel realisiert werden kann?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Steger, für den Bundeshaushalt kommt der Frage des Planungsvorlaufs nicht die Bedeutung zu wie für die Haushalte der Länder und Gemeinden; denn nur etwa 5 v. H. des gesamten Ausgabevolumens entfallen auf unmittelbar vom Bund finanzierte Investitionsvorhaben. Davon entfallen wiederum zwei Drittel auf Tiefbaumaßnahmen im Verkehrsbereich, für die im Rahmen der Dringlichkeitsordnung des Bundesfernstraßenbaus bei den Ländern, die hier in Auftragsverwaltung für den Bund tätig werden, ausreichende Planungen vorliegen.
Für die Hochbauinvestitionen des Bundes sind bereits Schritte unternommen worden, ein Vorziehen von Investitionen im Bedarfsfalle zu ermöglichen. Dabei werden solche Vorhaben in die vorsorgliche Planung einbezogen, die in den Finanzplan aufgenommen sind.
Bei dem relativ geringen Umfang der im Bundesbereich für eine Vorausplanung in Betracht kommenden Hochbauten im Inland sind besondere Planungsmittel nicht erforderlich. Insoweit stellt sich die Sachlage anders als in den Ländern dar. Die Bundesregierung begrüßt es generell, wenn auch die Länder den konjunkturpolitischen Erfordernissen mehr als bisher Rechnung tragen wollen, worauf die Maßnahme des Landes Nordrhein-Westfalen schließen läßt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es bei der Vorbildfunktion, die der Bund ja nun in vielerlei Hinsicht hat, insbesondere für die Länder und die Gemeinden gut wäre, wenn der Bund dies täte, um damit den von Ihnen vorgetragenen Argumenten für diese Konzeption dort, wo es notwendig ist, Nachdruck zu verleihen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn sich für den Bund die Notwendigkeit ergäbe, so zu verfahren, wie die Fragestellung es andeutet, würde das geschehen. Die Vorbildfunktion erfüllt hier, finde ich, das Land Nordrhein-Westfalen in vortrefflicher Weise für andere Länder.
Wollen Sie eine weitere Zusatzfrage stellen?
Damit stehen wir am Ende der Fragestunde. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, 24. November 1977, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.