Protokoll:
8053

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 8

  • date_rangeSitzungsnummer: 53

  • date_rangeDatum: 28. Oktober 1977

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:09 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/53 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 53. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Inhalt: Verzicht des Abg. Leicht auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . . . 4089 A Eintritt des Abg. Berger (Lahnstein) in den Deutschen Bundestag . . . . . . . . 4089 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 4089 B Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . . 4089 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Strafverfahrensänderungsgesetzes 19 . . — Drucksache 8/976 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung von Terrorismus und Gewaltkriminalität sowie zum Schutz des inneren Friedens — Drucksache 8/996 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses — Drucksache 8/932 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Strafvorschriften des Waffenrechts — Drucksache 8/977 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der für die Wahrung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden des Bundes — Drucksache 8/997 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Maßnahmen zur Erhöhung der inneren Sicherheit — Drucksache 8/1046 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 23. September 1971 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt — Drucksache 8/216 — Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses — Drucksache 8/1057 — Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . . 4090 D Dr. Dregger CDU/CSU . . . . . . . 4096 B Brandt SPD 4105 C Kleinert FDP 4113 C Dr. Filbinger, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg 4116 B Klose, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . . . . . . . 4122 B Dr. Zimmermann CDU/CSU 4126 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 4131 A Nächste Sitzung 4133 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 4135* A Anlage 2 Äußerung des Präsidenten des Bundeskartellamts über die Kartellrechtsnovelle MdlAnfr A8 21.10.77 Drs 08/1056 Walther SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4135* C Anlage 3 Bedarf an Facharbeitern sowie deren Umschulung zu Technikern MdlAnfr A37 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Voss CDU/CSU MdlAnfr A38 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Voss CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4135* D Anlage 4 Änderung des Schwerbehindertengesetzes hinsichtlich der Beschäftigungsquote für Schwerbehinderte bei Bundesministerien und nachgeordneten Behörden MdlAnfr A39 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Simonis SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4136* B Anlage 5 Zusammensetzung der Konzertierten Aktion MdlAnfr A40 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4136* D Anlage 6 Steuerliche Absetzung der von ärztlichen und zahnärztlichen Organisationen als Informations- und Fortbildungslehrgänge deklarierten Mittelmeerreisen MdlAnfr A41 21.10.77 Drs 08/1056 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4137* A Anlage 7 Entscheidung über die Anträge auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer sowie Übersendung der Personalunterlagen von Kriegsdienstverweigerern von den Kreiswehrersatzämtern an das Bundesamt für den Zivildienst . MdlAnfr A47 21.10.77 Drs 08/1056 Stahlberg CDU/CSU MdlAnfr A48 21.10.77 Drs 08/1056 Stahlberg CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 4137* B Anlage 8 Zahl der Kriegsdienstverweigerer seit 1977 sowie Aufhebung des Einberufungsbescheides für die zum Wehrdienst einberufenen Kriegsdienstverweigerer MdlAnfr A49 21.10.77 Drs 08/1056 Löher CDU/CSU MdlAnfr A50 21.10.77 Drs 08/1056 Löher CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 4137* C Anlage 9 Entscheidung über die Anerkennung von Wehrpflichtigen ,als Kriegsdienstverweigerer sowie Zahl der ohne Prüfungsverfahren in den Zivildienst übernommenen Antragsteller MdlAnfr A51 21.10.77 Drs 08/1056 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU MdlAnfr A52 21.10.77 Drs 08/1056 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 4137* D Anlage 10 Angabe eines Haltbarkeitsdatums auf verpacktem Brot und anderen Backwaren MdlAnfr A55 21.10.77 Drs 08/1056 Krockert SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 4138* B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 III Anlage 11 Ablehnung des Spinchiller-Verfahrens zur Behandlung von Geflügelfleisch MdlAnfr A56 21.10.77 Drs 08/1056 Egert SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 4138* C Anlage 12 Finanzmittel für den Kinder-Verkehrs-Club der Deutschen Verkehrswacht MdlAnfr A58 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4138* D Anlage 13 Einführung der Folienlösung für Kraftfahrzeugkennzeichen in Europa MdlAnfr A59 21.10.77 Drs 08/1056 Ludewig FDP MdlAnfr A60 21.10.77 Drs 08/1056 Ludewig FDP SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . . 4139* B Anlage 14 Stillgelegte Eisenbahnstrecken im Besitz der Deutschen Bundesbahn und deren Wiederinbetriebnahme MdlAnfr A61 21.10.77 Drs 08/1056 Josten CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . . 4139* B Anlage 15 Einbeziehung landwirtschaftlicher Zugmaschinen in die Freistellungsverordnung nach § 4 des Güterkraftverkehrsgesetzes MdlAnfr A64 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Schmidt (Gellersen) SPD MdlAnfr A65 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Schmidt (Gellersen) SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . . 4139* C Anlage 16 Gutachten über den Rhein-Main-Donau-Kanal; Einbußen der Deutschen Bundesbahn und der Binnenschiffahrt bei Realisierung der Main-Donau-Verbindung MdlAnfr A66 21.10.77 Drs 08/1056 Hoffie FDP MdlAnfr A67 21.10.77 Drs 08/1056 Hoffie FDP SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4139' D Anlage 17 Kosten und Auflagenhöhe des DB-Kundenbriefes MdlAnfr A68 21.10.77 Drs 08/1056 Cronenberg FDP MdlAnfr A69 21.10.77 Drs 08/1056 Cronenberg FDP SchrAntw PStSekr Wrede BMV 4140* D Anlage 18 Unterhaltung eines Büros der Lufthansa in Rhodesien sowie Höhe der Löhne für die von der Lufthansa beschäftigten schwarzen Afrikaner MdlAnfr A71 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Erler SPD MdlAnfr A72 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Erler SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV 4141* A Anlage 19 Nutzbarmachung der in Nordrhein-Westfalen nicht verwendungsfähigen Mittel des Bundesfernstraßenbaus für Projekte in Rheinland-Pfalz MdlAnfr A73 21.10.77 Drs 08/1056 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV 4141* B Anlage 20 Veröffentlichung der Ergebnisse des Austausches der Erfahrungen mit der Abwicklung des Ferienverkehrs sowie Ferienplanungen der Bundesländer und des benachbarten Auslandes für 1978 MdlAnfr A74 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU MdlAnfr A75 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV 4141 B Anlage 21 Konsequenzen aus den Unfällen während der Reparaturarbeiten auf der Autobahn A 7 Hamburg—Kassel im September/ Oktober 1977 MdlAnfr A76 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV 4141* D Anlage 22 Lebensdauer der Zeittakteinrichtungen und Einführung des elektronischen Wählsystems im Telefonbereich der Bundespost MdlAnfr A77 21.10.77 Drs 08/1056 Wüster SPD MdlAnfr A78 21.10.77 Drs 08/1056 Wüster SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMP 4142* A IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Anlage 23 Erhöhung der Gebühren für Nebenstellenanlagen MdlAnfr A79 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Dollinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMP 4142* B Anlage 24 Vertrieb von Verpackungsmaterial durch die Bundespost MdlAnfr A80 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMP 4142* C Anlage 25 Zwischenlagerung von Atommüll im Raum Wertingen/Schwaben MdlAnfr A81 21.10.77 Drs 08/1056 Höpfinger CDU/CSU MdlAnfr A82 21.10.77 Drs 08/1056 Höpfinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4143* A Anlage 26 Probleme und Kosten der Rauchgasentschwefelung MdlAnfr A83 21.10.77 Drs 08/1056 Menzel SPD MdlAnfr A84 21.10.77 Drs 08/1056 Menzel SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4143* C Anlage 27 Nebentätigkeiten von Angehörigen des öffentlichen Dienstes MdlAnfr A85 21.10.77 Drs 08/1056 Sick CDU/CSU MdlAnfr A86 21.10.77 Drs 08/1056 Sick CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4143* D Anlage 28 Entlassung von Beamten der Antiterroristengruppe GSG 9 bei Eintritt der Polizeidienstuntauglichkeit infolge der Schädigung bei einem Kommando ohne Entschädigung MdlAnfr A87 21.10.77 Drs 08/1056 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4144* B Anlage 29 Verzicht der Mitglieder der Bundesregierung auf die im Jahre 1978 eintretenden Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst MdlAnfr A88 21.10.77 Drs 08/1056 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4144* D Anlage 30 Angebot der USA zur Übernahme von Nuklearabfällen anderer Staaten bis zur endgültigen Regelung des Entsorgungsproblems MdlAnfr A90 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Spöri SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4144* D Anlage 31 Erkenntnisse über eine rechtsextremistische „Law und Order-Vereinigung" MdlAnfr A91 21.10.77 Drs 08/1056 Coppik SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4145* B Anlage 32 Eingliederungshilfen für entlassene politische Häftlinge aus der DDR MdlAnfr A93 21.10.77 Drs 08/1056 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4145* C Anlage 33 Vorlage des Berichts der Arbeitsgruppe im Bundesinnenministerium zum Abbau der Benachteiligung in der Beamtenversorgung MdlAnfr A94 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4146* A Anlage 34 Auffassung des Parlamentarischen Staatssekretärs Offergeld über die Unternehmensbelastung durch Steuern im Jahr 1976 MdlAnfr A95 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Langner CDU/CSU MdlAnfr A96 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Langner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4146* B Anlage 35 Änderung der steuerlichen Absetzung von Spesen bei Dienst- und Geschäftsreisen sowie Anhebung der Kilometer-Pauschale MdlAnfr A97 21.10.77 Drs 08/1056 Kittelmann CDU/CSU MdlAnfr A98 21.10.77 Drs 08/1056 Kittelmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4146* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 V Anlage 36 Konzeption für die dem Bund gehörenden Banken und Kreditanstalten MdlAnfr A99 21.10.77 Drs 08/1056 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4147* A Anlage 37 Erschwerung der Errichtung von Neubauten und der Altbausanierung durch Baugesetze, Verordnungen und Erlasse sowie Verkürzung von Baugenehmigungsverfahren MdlAnfr A100 21.10.77 Drs 08/1056 Wolfram (Recklinghausen) SPD MdlAnfr A100 21.10.77 Drs 08/1056 Wolfram (Recklinghausen) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . 4147* B Anlage 38 Abbau der Bereitstellung von Bankbürgschaften durch Baufirmen vor Auftragserteilung durch öffentliche Bauträger und der Vorenthaltung von Zahlungen nach Fertigstellung innerhalb einer fünfjährigen Gewährleistungsfrist MdlAnfr A102 21.10.77 Drs 08/1056 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 4147* D Anlage 39 Gewährung von Umzugsprämien zum Abbau von Fehlbelegungen im sozialen Wohnungsbau durch die Stadt Hamburg MdlAnfr A103 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 4148* A Anlage 40 Bewilligung der Förderungsmittel für heizenergiesparende Investitionen nach der Reihenfolge der eingehenden Anträge MdlAnfr A104 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Jahn (Münster) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 4148* B Anlage 41 Schutz des Bundestagsabgeordneten Dr. Todenhöfer vor öffentlichen Angriffen ausländischer Repräsentanten insbesondere aus Botsuana und Tansania auf deutschem Boden MdlAnfr A118 21.10.77 Drs 08/1056 Stommel CDU/CSU MdlAnfr A119 21.10.77 Drs 08/1056 Stommel CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 4148* C Anlage 42 Ausführungen des Staatssekretärs van Well über den Status von Berlin SchrAnfr B1 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU SchrAnfr B2 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4149' A Anlage 43 Hinderung Deutscher in Rumänien am Zu. gang zur deutschen Botschaft in Bukarest SchrAnfr B3 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4149* C Anlage 44 Wirksamkeit der UN-Menschenrechtspakte trotz früherer bilateraler Abkommen SchrAnfr B4 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4149* D Anlage 45 Zahl deutscher Stellungnahmen zur Verletzung der Menschenrechte während der UN-Sitzungen 1976 SchrAnfr B5 21.10.77 Drs 08/1056 Graf Huyn CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 4149' D Die Frage B 6 — Drucksache 8/1056 vom 21. 10. 77 — des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) ist vom Fragesteller zurückgezogen Anlage 46 Ablehnung der Verhinderung des Starts der von Terroristen gekaperten Lufthansa-Maschine nach der Landung in Rom durch die zuständigen Stellen; Durchführung einer Suchaktion während der seit der Einführung von Hanns Martin Schleyer vergangenen Wochen SchrAnfr B7 21.10.77 Drs 08/1056 Regenspurger CDU/CSU SchrAnfr B8 21.10.77 Drs 08/1056 Regenspurger CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4151* A Anlage 47 Beteiligung des Bundes an den durch das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm verursachten Mehraufwendungen für Schallschutzmaßnahmen beim Bau von Einfami- VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 lienhäusern sowie Anhörung der Gemein- den vor Festsetzung der Lärmschutzbereiche SchrAnfr B9 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAnfr B10 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAnfr B11 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAnfr B12 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4151* B Anlage 48 Annahme der Mitgliedschaft im Beirat der Humanistischen Union (HU) durch einen Parlamentarischen Staatssekretär des Bundesinnenministeriums trotz Entbindung des Bundesinnenministers Dr. Maihofer von seiner Funktion im Beirat der HU wegen seines Verhaltens im Fall Traube SchrAnfr B13 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 4151* D Anlage 49 Konsequenzen aus der Studie der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung mbH zum Datenschutz SchrAnfr B14 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . 4152* A Anlage 50 Behandlung des Textes der deutschen Nationalhymne in den Schulen SchrAnfr B15 21.10.77 Drs 08/1056 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 4152*C Anlage 51 Schutz der Einheiten des Bundesgrenzschutzes vor Anschlägen SchrAnfr B16 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4152* D Anlage 52 Internationale Startberechtigung für den aus der DDR geflohenen Turn-Vizeweltmeister Wolfgang Thüne für den Deutschen Turnerbund SchrAnfr B17 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Müller-Emmert SPD SchrAnfr B18 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Müller-Emmert SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 4153* A Anlage 53 Internationale Vereinbarungen über die Regelung der Schäden beim Flüssiggastransport SchrAnfr B19 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 4153* C Anlage 54 Erfahrungen mit der Anwendung des Eherechtsreformgesetzes hinsichtlich des Versorgungsausgleichs SchrAnfr B20 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Schleicher CDU/CSU SchrAnfr B21 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Schleicher CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 4154* A Anlage 55 Änderung des § 247 Abs. 1 BGB in der Fassung der Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutz des inneren Friedens SchrAnfr B22 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 4154* C Anlage 56 Änderung des § 10 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes über das Kreditwesen bezüglich eines Haftungszuschlags für Anstaltslast und Gewährsträgerhaftung; Teilweise Privatisierung der Sparkassen durch Aufnahme von privatem Kapital SchrAnfr B23 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Steger SPD SchrAnfr B24 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 4155* A Anlage 57 Besteuerung des vom öffentlichen Arbeitgeber an Stelle eines steuerfreien Essenszuschusses in das Sozialwerk eingezahlten gleichen Betrags SchrAnfr B25 21.10.77 Drs 08/1056 Hasinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4155* B Anlage 58 Zahl der Einsprüche gegen die vom 9. Mai bis 31. Dezember 1973 ausgesetzte Anwendbarkeit des § 7 b EStG und Höhe der Steuerausfälle bei nachträglicher Anwendung SchrAnfr B26 21.10.77 Drs 08/1056 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 4155* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 VII Anlage 59 Entwicklung des Energieverbrauchs in den Wirtschaftsbereichen seit 1960 sowie Erkenntnisse über die differenzierte Entwicklung der Wärme und des Elektrizitätsbedarfs bis 1985 bei Verkündung der „Eckwerte für ein neues Energieprogramm" SchrAnfr B27 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAnfr B28 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4155* D Anlage 60 Stand der Vorarbeiten für die regelmäßige Strukturberichterstattung der Bundesregierung SchrAnfr B29 21.10.77 Drs 08/1056 Roth SPD SchrAnfr B30 21.10.77 Drs 08/1056 Roth SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4156* C Anlage 61 Gliederung des warenproduzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs in der Strukturberichterstattung SchrAnfr B31 21.10.77 Drs 08/1056 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAnfr B32 21.10.77 Drs 08/1056 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4157* B Anlage 62 Prognostischer Wert statistischer Angaben über das Verhältnis von Sozialprodukt und Primärenergieverbrauch bei zunehmendem Einsatz von Kernenergie sowie Anteil des Energiesektors am Sozialprodukt in den Jahren 1970 bis 1976 SchrAnfr B33 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAnfr B34 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4157* C Anlage 63 Nutzung der EG-Zuschüsse zu den nationalen Schulmilchprogrammen und Aufnahme anderer Milchgetränke wie Kakao und dergleichen in das EG-Schulmilchprogramm SchrAnfr B35 21.10.77 Drs 08/1056 Röhner CDU/CSU SchrAnfr B36 21.10.77 Drs 08/1956 Röhner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML 4158* B Anlage 64 Durchführung eines IFAD-Forschungsprojekts über neue Nutzpflanzen und deren Verwendbarkeit in Entwicklungsländern SchrAnfr B37 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Schuchardt FDP SchrAntw PStSekr Brück BMZ 4158* D Anlage 65 Schulmilchprogramme der Bundesländer im Schuljahr 1977/78 und Höhe der EG-Zuschüsse SchrAnfr B38 21.10.77 Drs 08/1056 Oostergetelo SPD SchrAnfr B39 21.10.77 Drs 08/1056 Oostergetelo SPD SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . . 4159* B Anlage 66 Berufliche Möglichkeiten für junge deutsche Landwirtschaftsfachleute (Agraringenieure) durch den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) SchrAnfr B40 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Brück BMZ . . . . . 4159* D Anlage 67 Zahl der Arbeitnehmer mit Anspruch auf betriebliche Altersversorgung SchrAnfr B41 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Zeitel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 4160* A Die Frage B 42 — Drucksache 8/1056 vom 21. 10. 77 — des Abgeordneten Dr. Becker (Frankfurt) (CDU/CSU) ist vom Fragesteller zurückgezogen Anlage 68 Anrechnung der Ruhepausen auf die Schichtzeit der Kraftfahrer im gewerblichen Straßengüterverkehr SchrAnfr B43 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Evers CDU/CSU SchrAnfr B44 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Evers CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4160* C Anlage 69 Erleichterung der Heimkehr jugoslawischer Arbeitnehmer durch finanzielle Leistungen an Jugoslawien sowie Präzedenzwirkungen für andere Herkunftsländer VIII Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 SchrAnfr B45 21.10.77 Drs 08/1056 Schedl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4160* D Anlage 70 Ermittlungen der Arbeitsverwaltung in Fällen mißbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen SchrAnfr B46 21.10.77 Drs 08/1056 Schedl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4161* A Anlage 71 Auffassung von Bundesminister Dr. Ehrenberg über die Schwerbehinderten als Problemgruppe des Arbeitsmarkts SchrAnfr B47 21.10.77 Drs 08/1056 Stutzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4161* B Anlage 72 Anrechnung von in der CSSR zurückgelegten Versicherungszeiten auf die Rentenansprüche SchrAnfr B48 21.10.77 Drs 08/1056 Müntefering SPD SchrAnfr B49 21.10.77 Drs 08/1056 Müntefering SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4161* D Anlage 73 Beitragsentwicklung bei den Ersatzkassen und den privaten Krankenkassen SchrAnfr B50 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4162* B Anlage 74 Zusammenfassung der bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aufgesplitterten Finanzierungsmöglichkeiten und Vereinfachung der Förderungsvoraussetzungen SchrAnfr B51 21.10.77 Drs 08/1056 Stutzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 4162* D Anlage 75 Aufsichtsrecht des Bundesarbeitsministers gegenüber den ärztlichen Körperschaften und deren Recht der freien Meinungsäußerung gegenüber dem Kostendämpfungsgesetz SchrAnfr B52 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU SchrAnfr B53 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 4163* A Anlage 76 Errichtung von Ausbildungswerken für Behinderte in Hof und Würzburg SchrAnfr B54 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Warnke CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 4163* B Anlage 77 Überdurchschnittlich hohe Sterbensrate bei vorzeitig in den Ruhestand getretenen Soldaten SchrAnfr B55 2.10.77 Drs 08/1056 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 4163* D Anlage 78 Baldiger Erlaß der in der ZDv 12/1 „Politische Bildung in der Bundeswehr" vorgesehenen Anlage 4 im Hinblick auf die Vorgänge an der Bundeswehrhochschule in München SchrAnfr B56 21.10.77 Drs 08/1056 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 4164* B Anlage 79 Neubau der Standortverwaltung Achern SchrAnfr B57 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Dr. Lepsius SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg . 4164* C Anlage 80 Erlaß einer Rechtsverordnung über die Kennzeichnung von Produkten der Massentierhaltung in Einzelhandelsgeschäften SchrAnfr B58 21.10.77 Drs 08/1056 Müller (Bayreuth) SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 4164* D Anlage 81 Äußerung des Parlamentarischen Staatssekretärs Zander über Mißbräuche in den Sozial- und Finanzämtern sowie Höhe der Verluste durch Steuerbetrug, Subventionsschwindel und ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Sozialhilfe SchrAnfr B59 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Jenninger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 4165* A Anlage 82 Einbeziehung von als Suchtmittel mißbrauchten Arzneimitteln in die Vorschriften über Betäubungsmittel SchrAnfr B60 21.10.77 Drs 08/1056 Frau Schleicher CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 4165* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28 Oktober 1977 IX Anlage 83 Wartezeiten für Anschlußverbindungen an das IC-Netz SchrAnfr B61 21.10.77 Drs 08/1056 Müller (Bayreuth) SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4165* D Anlage 84 Aufbau eines Regionalflugnetzes der Deutschen Lufthansa SchrAnfr B62 21.10.77 Drs 08/1056 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4166* A Anlage 85 Bau der Rheinstaustufe bei Neuburg-Weier; Ausbau des deutsch-französischen Grenzübergangs zwischen Neulauterburg und Scheibenhardt SchrAnfr B63 21.10.77 Drs 08/1056 Jung FDP SchrAnfr B64 21.10.77 Drs 08/1056 Jung FDP SchrAnfr B65 21.10.77 Drs 08/1056 Jung FDP SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4166* A Anlage 86 Auffahrt zur Autobahn Mönchengladbach—Venlo im Raum Keyenberg—Borschemich SchrAnfr B66 21.10.77 Drs 08/1056 Wimmer (Mönchengladbach) CDU/CSU SchrAnfr B67 21.10.77 Drs 08/1056 Wimmer (Mönchengladbach) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4166* D Anlage 87 Vorschriften des Bundes für die StraßenBauämter über die Ausgestaltung von Brückenbewehrungen, für Wasserdurchlässe, über die Sichtbarmachung von Wegeeinmündungen und für Signalschauen SchrAnfr B68 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Schmidt (Gellersen) SPD SchrAnfr B69 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Schmidt (Gellersen) SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4167* A Anlage 88 Umweltschäden und Zerstörung des Altmühltals durch den Bau des Main-DonauKanals SchrAnfr B70 21.10.77 Drs 08/1056 Hoffie FDP SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4168* A Anlage 89 Vereinfachung der Verfahrensvorschriften zur Planung von Bundesfernstraßen sowie Festlegung der Grenzwerte für den Lärmschutz durch Gesetz oder durch Rechtsverordnung SchrAnfr B71 21.10.77 Drs 08/1056 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAnfr B72 21.10.77 Drs 08/1056 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4168* A Anlage 90 Errichtung von Lärmschutzanlagen an Gebäuden von Anwohnern der Auf- und Abfahrtrampen der Rheinbrücke NeuwiedWeißenthurm; hochwasser- und kreuzungsfreier Ausbau der B 42 in Neuwied-Fahr SchrAnfr B33 21.10.77 Drs 08/1056 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAnfr B74 21.10.77 Drs 08/1056 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4168* C Anlage 91 Soziale Nachteile für die Bediensteten und Fortfall von Arbeitsplätzen bei Einführung regionaler Verkehrsgemeinschaften (Zusammenführung der Busdienste von Bundesbahn und Bundespost zu Gesellschaften des privaten Rechts) SchrAnfr B75 21.10.77 Drs 08/1056 Walther SPD SchrAnfr B76 21.10.77 Drs 08/1056 Walther SPD SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4168* D Anlage 92 Überprüfung des Sanierungskonzepts der Deutschen Bundesbahn unter Berücksichtigung der besonderen regionalen Unterschiede SchrAnfr B77 21.101.77 Drs 08/1056 Dr. Rose CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMV . . . . 4169* B Anlage 93 Rückgang der Anrufe bei der Telefonseelsorge in den Zeittaktgebieten sowie Ermöglichung unentgeltlicher Anrufe SchrAnfr B78 21.10.77 Drs 08/1056 Wolfgramm (Göttingen) FDP SchrAntw PStSekr Wrede BMP . . . . 4169* C X Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Anlage 94 Zweckmäßigkeit der Einrichtung öffentlicher Fernsprechzellen im Grenzraum oder an Grenzübergangsstellen ohne die Möglichkeit zur Führung von Ferngesprächen in das benachbarte Ausland SchrAnfr B79 21.10.77 Drs 08/1056 Jung FDP SchrAntw PStSekr Wrede BMP . . . . 4169* D Anlage 95 Einsparung von Arbeitsplätzen beim Fernmeldeamt Malsch durch Rationalisierungsmaßnahmen im Bereich des Fernmeldezeugdienstes SchrAnfr B80 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Wrede BMP . . . . 4170* A Anlage 96 Verbesserung des Mieterschutzes in Einliegerwohnungen in Anbetracht der steuerlichen Vorteile dieser Wohnungen für den Eigentümer SchrAnfr B81 21.10.77 Drs 08/1056 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 4170* B Anlage 97 Berücksichtigung außenliegender Sonnenschutzanlagen im Programm zur Förderung heizenergiesparender Investitionen in bestehenden Gebäuden SchrAnfr B82 21.10.77 Drs 08/1056 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . 4171* A Anlage 98 Förderung von Projekten zur Verbesserung der Wohnumwelt im Programm zur wachstums- und umweltpolitischen Vorsorge vom 23. März 1977 SchrAnfr B83 21.10.77 Drs 08/1056 Hasinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . 4171* B Anlage 99 Zahlungen an die DDR zum „Freikauf" politischer Häftlinge seit Inkrafttreten des Grundlagenvertrags; Auswirkungen des „Abschiebens" von der DDR unangenehmen Intellektuellen auf die Belange ausreisewilliger DDR-Bürger SchrAnfr B84 21.10.77 Drs 08/1056 Milz CDU/CSU SchrAnfr B85 21.10.77 Drs 08/1056 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 4172* A Anlage 100 Weigerung der DDR zur Teilnahme an der Hamburger Kunstausstellung „Runge in seiner Zeit" wegen Beteiligung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie Pressionen der DDR gegen die Stellung des Preußischen Kulturbesitzes in Berlin SchrAnfr B86 21.10.77 Drs 08/1056 Rühe CDU/CSU SchrAnfr B87 21.10.77 Drs 08/1056 Rühe CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 4172* B Anlage 101 Unterstützung der marktnahen Entwicklung von Erstinnovationen SchrAnfr B88 21.10.77 Drs 08/1056 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 4172* C Anlage 102 Divergierende Grenznoten bei der Hochschulzulassung in Numerus-clausus-Fächern auf Grund der Landesquotenregelung sowie Bestimmung der Zulassungschancen des einzelnen durch seine Landeszugehörigkeit SchrAnfr B89 2t.10.77 Drs 08/1056 Dr.-Ing. Laermann FDP SchrAnfr B90 21.10.77 Drs 08/1056 Dr.-Ing. Laermann FDP SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 4175* D Anlage 103 Nachlassen des Rückflusses der im Rahmen der Entwicklungshilfe gegebenen Mittel SchrAnfr B91 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Warnke CDU/CSU SchrAntw PStSekr Brück BMZ 4176* B Anlage 104 Entwicklungshilfeprojekte in Peru SchrAnfr B92 21.10.77 Drs 08/1056 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Brück BMZ 4136* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4089 53. Sitzung Bonn, den 28. Oktober 1977 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams 28. 10. Dr. Ahrens ** 28. 10. Dr. Aigner * 28. 10. Alber 28. 10. Dr. Apel 28. 10. Blumenfeld 28. 10. Dr. Barzel 28. 10. Büchner (Speyer) ** 28. 10. Dr. Corterier 28. 10. Fellermaier * 28. 10. Flämig * 28. 10. Dr. Friderichs 28. 10. Frau Funcke 28. 10. Dr. Gradl 28. 10. Handlos 28. 10. von Hassel 28. 10. Dr. Kohl 28. 10. Kolb 28. 10. Lagershausen ** 28. 10. Dr. Graf Lambsdorff 28. 10. Lemp * 28. 10. Lücker * 28. 10. Metz 28. 10. Dr. Müller ** 28. 10. Müller (Bayreuth) 28. 10. Müller (Mülheim) * 28. 10. Dr. Müller-Hermann 28. 10. Ollesch 28. 10. Pfeifer 28. 10. Dr. Pfennig 28. 10. Pohlmann 28. 10. Reddemann ** 28. 10. Rosenthal 28. 10. Sauer (Salzgitter) 28. 10. Prinz 28. 10. zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Scheffler ** 28. 10. Schmidt (München) * 28. 10. Schwabe ' 28. 10. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 28. 10. Dr. Frhr. Spies von Büllesheim ** 28. 10. Dr. Spöri 28. 10. Dr. Starke (Franken) 28. 10. Graf Stauffenberg 28. 10. Frau Steinhauer 28. 10. Dr. Waigel 28. 10. Frau Dr. Walz * 28. 10. Dr. Warnke 28. 10. Dr. Wörner 28. 10. Wohlrabe 28. 10. Zywietz * 28. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Walther (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage A 8) : Teilt die Bundesregierung die am 11. Oktober 1977 bei einem Vortrag vor der Industrie- und Handelskammer in Kassel von dem Präsidenten des Bundeskartellamts, Herrn Dr. Wolfgang Kartte, vorgetragene Äußerung, daß die Kartellrechtsnovelle des Jahrs 1973 auf dem Höhepunkt der Reformeuphorie beschlossen wurde und heute wohl so nicht beschlossen mehr werden würde, und was müßte gegebenenfalls nach Auffassung der Bundesregierung demgemäß heute anders beschlossen werden, insbesondere im Hinblick auch darauf, daß in dem gleichen Vortrag Präsident Kartte die Meinung geäußert hat, daß eine Fortentwicklung des Kartellrechts „Aplanierungen", um das Wort „Reparaturnovelle" zu vermeiden, bringen müsse? Die in der Frage zitierten Äußerungen des Präsidenten des Bundeskartellamtes sind nach seiner Aussage eine verkürzte Wiedergabe von Ausführungen, mit denen er folgendes zum Ausdruck gebracht habe: Die zweite Kartellgesetznovelle sei in einer Zeit wirtschaftlicher Hochkonjunktur mit ausgelasteten Kapazitäten, angespanntem Arbeitsmarkt und sich beschleunigendem Preisauftrieb entstanden. Diese Situation sei auch eine Zeit der Hochkonjunktur für eine grundlegende Novellierung des Kartellrechts gewesen. Heute sei die wirtschaftliche Ausgangslage anders. Wir stehen vor dem Problem, der Wirtschaft die notwendige Anpassung an veränderte ökonomische Daten zu erleichtern und dafür zu sorgen, daß die Konjunktur wieder in Gang kommt. Da das deutsche Kartellrecht durch die Novellierung von 1973 auch im internationalen Vergleich einen hohen Stand erreicht habe, gehe es bei der bevorstehenden Novellierung wie in der Regierungserklärung angekündigt, um Verbesserungen der Fusionskontrolle und Mißbrauchsaufsicht, die aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit der Novelle von 1973 angezeigt seien. Vor diesem Hintergrund und im Rahmen der sich anschließenden Diskussion sei seine Äußerung zur „Reformeuphorie" tatsächlich gefallen. Sie habe jedoch rein beiläufigen Charakter gehabt und sei nach seinem Eindruck nicht als Kritik an der zweiten Kartellgesetznovelle verstanden worden. Die Bundesregierung weist im übrigen darauf hin, daß die 2. Kartellnovelle vom Deutschen Bundestag einstimmig angenommen worden ist. Ihre Vorschläge zur Weiterentwicklung des Kartellrechts wird sie im Rahmen der für diese Legislaturperiode vorgesehenen Novellierung demnächst vorlegen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 37 und 38): Anlagen zum Stenographischen Bericht 4136* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Wie groß ist die Zahl der Facharbeiter, die in den vergangenen fünf Jahren zu Technikern oder zu sonstigen Berufen umgeschult wurden, und wie viele von ihnen können heute aus Gründen der Zumutbarkeit" nicht mehr als Facharbeiter vermittelt werden, obwohl sie als Techniker oder Angehörige eines anderen Berufs arbeitslos sind? Wie hoch beziffert sich zur Zeit der fehlende Bedarf an Facharbeitern? Zu Frage A 37: In den Jahren 1972 bis 1976 haben 21 706 Facharbeiter an Fortbildungsmaßnahmen mit dem Bildungsziel Industriemeister, 151 492 an Fortbildungsmaßnahmen mit dem Bildungsziel Handwerksmeister und 109 018 an Fortbildungsmaßnahmen mit dem Bildungsziel Techniker teilgenommen. Ende September 1976 — dem Zeitpunkt der letzten ausgewerteten Strukturanalyse der Arbeitslosen mit entsprechenden Erhebungen — waren nur 2 086 Maschinenbautechniker, 1 011 Elektrotechniker und 494 Bautechniker arbeitslos, die in dem Zeitraum vom 1. Juli 1975 bis 30. September 1976 eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung abgeschlossen haben. Arbeitslosen Industriemeistern, Handwerksmeistern und Technikern ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Tätigkeit als Facharbeiter zumutbar, wenn ihnen nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes innerhalb angemessener Zeit keine ihrer — neuen — Qualifikation entsprechende Beschäftigung vermittelt werden kann. Zu Frage A 38: Ende Mai 1977 (letzte Strukturanalyse) gab es 76 430 offene Stellen für Facharbeiter, denen 108 000 arbeitslose Facharbeiter gegenüberstanden. Auf eine offene Stelle kommen also 1,4 Arbeitslose. Der Facharbeiterbedarf ist jedoch in den einzelnen Wirtschaftsgruppen unterschiedlich. Bei Tischlern kommen auf eine offene Stelle nur 0,4 Arbeitslose, bei Malern und Lackierern 0,8, in Bauberufen 1,0, während z. B. bei Warenprüfern 18,7 und bei Metallberufen 9,2 Arbeitslose je offene Stelle gemeldet sind. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage A 39) : Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, § 4 Abs. 3 Nr. 1 des Schwerbehindertengesetzes so zu ändern, daß die Beschäftigungsquote für Sdiwerbehinderte nicht auf den Gesamtgeschäftsbereich eines Bundesministeriums und seiner nachgeordneten Behörden, sondern als jeweiliger Anteil für die einzelnen Dienststellen berechnet wird? Die Zusammenfassung von öffentlichen Verwaltungen zu größeren Einheiten hat eine Reihe von Vorteilen für die Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit und Beruf: — Es werden eine größere Zahl von Arbeitsplätzen im Sinne des § 6 Abs. 1 des Schwerbehindertengesetzes erfaßt. So werden auch die Arbeitsplät-. ze in Dienststellen berücksichtigt, die über weniger als die Mindestzahl von 16 Arbeitsplätzen verfügen. — Der Verwaltungsaufwand der Bundesanstalt für Arbeit und der Hauptfürsorgestellen, der beispielsweise durch das Anzeigeverfahren und die Überwachung der Beschäftigungspflicht entsteht, ist geringer. — Die Verantwortung für die Erfüllung der Beschäftigungspflicht obliegt relativ wenigen Arbeitgebern. Ihre Sache ist es, im Aufsichtswege dafür Sorge zu tragen, daß die Beschäftigungspflicht in Höhe von 6 % insgesamt erfüllt und darüber hinaus dafür gesorgt wird, daß die Schwerbehinderten am richtigen Platz eingesetzt werden. Andererseits ist nicht zu verhehlen, daß diese Rechtslage in einzelnen Bereichen der öffentlichen Verwaltung zu einer relativ geringen Beschäftigungsquote führen kann. Es ist daher zu überlegen, ob — auch im Hinblick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation der Schwerbehinderten — noch Verbesserungen möglich sind. Wenn auch eine gesetzliche Änderung der Pflichtquotenregelung im öffentlichen Bereich nicht in Betracht kommt, sollte doch ggf. verwaltungsintern eine günstigere Situation angestrebt werden. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 40) : Entspricht es der Absicht des Bundesarbeitsministeriums, bei der Zusammensetzung der Konzertierten Aktion eine Drittelparität zwischen Vertretern der Sozialpartner des Bundes, der Länder und Gemeinden sowie der Gesundheitsberufe herzustellen, und wie will die Bundesregierung gewährleisten, daß bei einer solchen Zusammensetzung die somit als Minderheit in der Konzertierten Aktion vertretenen Gesundheitsberufe bei Abgabe von Empfehlungen über Wachstumsdaten nicht bei jeder Abstimmung überstimmt werden können? Die Teilnehmer der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen lassen sich vier Bereichen zuordnen und zwar der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung, den Gesundheitsberufen und Erbringern von Gesundheitsleistungen, den Sozialpartnern und der öffentlichen Hand. Daraus ergibt sich, daß keine der genannten Gruppen, also auch nicht die der Gesundheitsberufe und Erbringern von Gesundheitsleistungen über eine Mehrheit in der Konzertierten Aktion verfügen kann. Die an der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung Beteiligten entwickeln gemeinsam medizinische und wirtschaftliche Orientierungsdaten und Vorschläge zur Rationalisierung sowie zur Erhöhung der Effektivität und Effizienz im Gesundheitswesen und stimmen diese untereinander ab. Für die vorgesehenen Empfehlungen der Konzertierten Aktion über die angemessene Veränderung der Gesamtvergütungen und der Arzneimittel- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4137* höchstbeträge ist im übrigen ausdrücklich bestimmt, daß sie von den jeweiligen Vertragspartnern in der kassenärztlichen Versorgung zu berücksichtigen sind, wenn ihnen die Vertreter der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der Kassenärzte in der konzertierten Aktion zugestimmt haben. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage A 41): Ist der Bundesregierung bekannt, daß von ärztlichen und zahnärztlichen Organisationen als Informations- und Fortbildungslehrgänge deklarierte, mit Skifreizeiten und Mittelmeerreisen kombinierte Arrangements durchgeführt und steuerlich abgesetzt werden und welche Folgerungen zieht sie gegebenenfalls daraus? Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs können Aufwendungen für die Teilnahme an ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen nur dann als Betriebsausgaben anerkannt werden, wenn die Veranstaltung ausschließlich oder doch weitaus überwiegend dem beruflichen Interesse dienen. Werden neben dem Fortbildungszweck auch private Erholungs- oder Bildungsinteressen in einem nicht unerheblichen Umfang verfolgt, so sind die gesamten Aufwendungen dem privaten Lebensbereich zuzurechnen und nicht abziehbar (§ 12 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes). Die Bundesregierung geht davon aus, daß die für die Durchführung des Einkommensteuergesetzes zuständigen Finanzbehörden der Länder die Grundsätze dieser Rechtsprechung anwenden. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Stahlberg (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 47 und 48) : Üiber wieviel Anträge auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer war am 1. August 1977 nodi nicht unanfechtbar entschieden, und wie viele der Antragsteller gelten auf Grund des Gesetzes zur Änderung des Wehrpflicht- und Zivildienstgesetzes als Kriegsdienstverweigerer, die anstelle des Wehrdienstes Zivildienst leisten müssen? Wieviel Personalunterlagen des o. a. Personenkreises sind von den Kreiswehrersatzämtern dem Bundesamt für den Zivildienst übersandt worden? Bei Inkrafttreten der Neuregelung des KDV-Verfahrens am 1. August 1977 war über rund 53 000 Anträge von ungedienten Wehrpflichtigen auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer noch nicht unanfechtbar entschieden; diese Wehrpflichtigen sind zivildienstpflichtig. Bei dieser Zahl handelte es sich zum einen um Verfahren, über die von den Prüfungsausschüssen, Prüfungskammern oder Verwaltungsgerichten noch nicht unanfechtbar entschieden war, des weiteren um von den Prüfungsausschüssen noch nicht bearbeitete Verfahren sowie letztlich um Anträge, die von den Kreiswehrersatzämtern aus den verschiedensten Gründen überhaupt noch nicht zur Prüfung weitergeleitet worden waren. Die Personalunterlagen dieser Zivildienstpflichtigen sind von den Kreiswehrersatzamtern inzwischen zum weitaus größten Teil an das Bundesamt für den Zivildienst übersandt worden. Ein gewisser Teil dieser Unterlagen ist noch von den Verwaltungsgerichten in Zulauf. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Löher (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 49 und 50): Wie viele Wehrpflichtige haben seit dem 1. August 1977 den Wehrdienst verweigert, aufgeschlüsselt nach Erklärenden, antragstellenden Soldaten, einberufenen, vorbenachrichtigten und gedienten Wehrpflichtigen? Trifft es zu, daß bei ungechenten Wehrpflichtigen, die zum Wehrdienst einberufen sind und den Kriegsdienst verweigern, der Einberufungsbescheid aufgehoben wird und diese Wehrpflichtigen als Erklärende behandelt werden, obwohl 25 b Abs. 1 des Wehrpflichtgesetzes ein Prüfungsverfahren zwingend vorschreibt? Zu Frage A 49: In der Zeit vom 1. August bis 30. September 1977 haben insgesamt 14 363 Wehrpflichtige unter Berufung auf Artikel 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes mitgeteilt, daß sie aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern. Davon haben 11 605 eine Erklärung nach § 25 a des Wehrpflichtgesetzes abgegeben; 2 758 haben einen Antrag nach § 25 b dieses Gesetzes gestellt. Von den 2 758 Antragstellern waren 1 561 ungediente Wehrpflichtige, die zum Wehrdienst einberufen oder vorbenachrichtigt waren, 531 Soldaten und 666 Reservisten. Zu Frage A 50: Der Bundesverteidigungsminister hatte im November 1975 angeordnet, daß ungediente Kriegsdienstverweigerer bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Antrag nur in bestimmten Ausnahmefällen und auch nur dann einzuberufen waren, wenn andere ebenso geeignete Wehrpflichtige nicht verfügbar waren. Ziel dieser Weisung war, der im Vorfeld der Liberalisierung des KDV-Rechts eingetretenen Unruhe entgegenzutreten und der Truppe vermeidbare Belastungen ohne Beeinträchtigung der Wehrersatzlage zu ersparen. Dieser Erlaß wurde aufgehoben. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Weiskirch 4138' Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 (Olpe) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 51 und 52) : Über wieviel Anträge von Wehrpflichtigen, die nach § 25 b Abs. 1 des Wehrpflichtgesetzes gestellt worden sind, wurde bisher entschieden, und wie viele der Antragsteller hiervon sind als Kriegsdienstverweigerer anerkannt worden? Wie viele antragstellende Soldaten sind bisher nach § 25 a Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes ohne Prüfungsverfahren in den Zivildienst überführt worden, weil das Verbleiben im Wehrdienst eine unzumutbare Härte für sie bedeutet hätte? Zu Frage A 51: Ihre Frage kann ich leider nicht beantworten. Die im vierteljährlichen Turnus erstellten Statistiken über die Ergebnisse der Prüfungsausschüsse und Prüfungskammern liegen noch nicht vor. Wegen der mit der Neuregelung des Verfahrens verbundenen Organisationsänderungen der Ausschüsse und Kammern hat sich die termingerechte Vorlage der Berichte verzögert. Ich werde Ihre Frage unverzüglich schriftlich beantworten, sobald mir die Unterlagen vorliegen. Ich hoffe, das wird bereits in der nächsten Woche der Fall sein. Zu Frage A 52: Bisher sind noch keine Soldaten nach § 25 b Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes ohne Prüfungsverfahren in den Zivildienst überführt worden. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Krockert (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage A 55): Aus welchem Grund wird bei verpacktem Brot und anderen verpackten Backwaren nicht die Angabe eines Haltbarkeitsdatums vorgeschrieben? Die Bundesregierung beabsichtigt, die Vorschriften über die Datumskennzeichnung von Lebensmitteln in der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung wesentlich zu erweitern und entsprechende Zeitangaben auch für Brot und Backwaren vorzusehen. Schon bei früherer Gelegenheit ist jedoch darauf hingewiesen worden, daß die Einführung der Datumskennzeichnung speziell auch bei Backwaren im Hinblick auf die zu erwartende EG-Regelung zurückgestellt worden ist. Es ist zu erwarten, daß die Datumskennzeichnung in absehbarer Zeit durch eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung für den Endverbraucher bestimmte Lebensmittel sowie die Werbung hierfür innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einheitlich geregelt und dabei auch für verpacktes Brot und verpackte Backwaren die Angabe eines Datums vorgeschrieben wird. Sollten die Beratungen über die Richtlinie wider Erwarten in naher Zukunft nicht zum Abschluß gebracht werden, wird die Bundesregierung ihre eigene Initiative wieder aufgreifen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Egert (SPD) (Drucksache 8/ 1056 Frage A 56) : Kann die Bundesregierung bestätigen, daß innerhalb der EG Bestrebungen bestehen, das von deutschen Verbrauchern als gesundheitsbedenklich abgelehnte Spinchller-Verfahren zur Behandlung von Geflügelfleisch erneut für ein weiteres Jahr zuzulassen, und was beabsichtigt sie gegebenenfalls im Interesse des gesundheitlichen Schutzes der Verbraucher zu tun, um dieser Entwicklung entgegenzutreten? Die Mitgliedstaaten der EWG waren von jeher zusammen mit der Kommission der EG bestrebt, das nicht nur von deutschen Verbrauchern abgelehnte „Spinchiller"-Verfahren durch ein gesundheitlich unbedenkliches Kühlsystem zu ersetzen. Aus diesem Grunde wurde in der im Jahre 1971 vom Rat der EG erlassenen Richtlinie zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim Handelsverkehr mit frischem Geflügelfleisch das Verbot des damals als „Spinchiller" -Kühlung bezeichneten Systems zur Kühlung von Geflügelfleisch ausgesprochen. Allerdings mußte eine Übergangsfrist eingeräumt werden, damit neue Kühlsysteme entwickelt und die Kühlanlagen in den Geflügelschlachtbetrieben umgebaut werden konnten. Trotz intensiver Bemühungen, nicht nur der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch der Kommission und anderer Mitgliedstaaten unter Einschaltung der Wissenschaftlichen Veterinärkommission, wurden industriegerechte Kühlsysteme, die den alten „Spinchiller" ersetzen könnten, nicht zeitgerecht entwickelt. Inzwischen hat die Kommission jedoch eine Richtlinie mit Bestimmungen über ein den alten „Spinchiller" ablösendes Kühlverfahren vorgelegt. Eine Umrüstung der Schlachtbetriebe erfordert einen Zeitraum von mindestens einem Jahr nach Verabschiedung dieser Richtlinie. Es ist daher unabweislich, die Verbotsfrist noch einmal zu verlängern. Die Richtlinie sieht außerdem vor, daß die Kommission dafür Sorge tragen wird, durch weitere wissenschaftliche und technologische Forschungsarbeiten die Hygiene der Geflügelschlachtung fortlaufend zu verbessern. Mit der Verabschiedung der genannten Richtlinie kann in Kürze gerechnet werden. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage A 55) : Welche Konsequenzen, insbesondere für den Finanzierungsmodus, werden auf Grund der Entscheidung des Deutschen Verkehrs-Sicherheitsrates (DVR), gegen die Stimmen des Verkehrsministeriums öffentliche Mittel nicht an den Kinder-VerkehrsClub der Deutschen Verkehrswacht zu geben, sondern dafür eine Winterbroschüre (2 Millionen Auflage) der Stiftung "Sicherheit im Ski-Sport" zu finanzieren, erwogen, und wie läßt sich diese Entscheidung mit der Absicht der Bundesregierung vereinbaren, die Kinder-Verkehrserziehung vorrangig zu fördern? Die Bundesregierung hält nach wie vor an der Vorrangigkeit der Kinderverkehrserziehung fest. Sie unterstützt daher im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Vielzahl von Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4139* Maßnahmen, die der Kinderverkehrserziehung und damit der Verbesserung der Verkehrssicherheit dienen. Ein Beispiel hierfür ist die Übernahme von 3 500 Patenschaften für den Kinder-Verkehrsclub durch den Bundesverkehrsminister. Hierfür werden insgesamt 400 000 DM zur Verfügung gestellt, um in Kinderheimen, Kindergärten und Waisenhäusern eine Beschäftigung mit Lernmaterialien zu ermöglichen und weitere Patenschaften anzuregen. Ein Beschluß des Vorstandes oder eine Beschlußfassung der Mitgliederversammlung über den Haushalt des Deutschen Verkehrssicherheitsrates für das Jahr 1978 ist noch nicht gefaßt worden. Im Rahmen der verfügbaren Finanzmasse in Höhe von rund 5 Millionen DM, die ihr im Jahre 1977 seitens des Bundes über den Deutschen Verkehrssicherheitsrat zufließen, hat die Deutsche Verkehrswacht die Möglichkeit, Prioritäten auf dem Gebiet der Verkehrserziehung zu setzen. Ein stärkerer Mitteleinsatz zugunsten der Kinderverkehrserziehung durch die Deutsche Verkehrswacht wäre nur unter Zurückstellung anderer Vorhaben entweder der Deutschen Verkehrswacht oder des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (z. B. die Winterbroschüre) und seiner übrigen Mitglieder möglich. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Ludewig (FDP) (Drucksache 8/1056 Fragen A 59 und 60) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Einführung der Folienlösung für Autokennzeichen, wenn diese aussdiließlich in der Bundesrepublik Deutschland, nicht aber im übrigen Europa eingeführt wird? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Folienlösung in ganz Europa einzuführen? Die Ausrüstung von deutschen Kraftfahrzeugen mit fälschungs- und diebstahlssicheren Kennzeichen stellt für sich schon einen entscheidenden Schritt zur Verbesserung der gegenwärtigen Situation dar. Damit ist die Masse der bei uns verkehrenden Fahrzeuge erfaßt. Die zusätzliche Einführung für Kraftfahrzeuge in den übrigen europäischen Staaten wäre ein weiterer begrüßenswerter Schritt zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Kennzeichen. Deshalb wird die Bundesregierung in diesem Sinne auch international, z. B. in Brüssel bei den Europäischen Gemeinschaften, initiativ werden. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Josten (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 61): Welche stillgelegten Bahnstrecken wird die Deutsche Bundesbahn in ihrem Besitz behalten, um bei einer Veränderung der Verkehrssituation diese Strecken wieder in Betrieb nehmen zu können? Im Rahmen des verkehrspolitischen Programms wurde der Deutschen Bundesbahn für rd. 2 300 km Strecken die Einstellung des Gesamtbetriebes genehmigt. In der überwiegenden Zahl der Fälle ist der Betrieb inzwischen eingestellt worden. Lediglich auf rd. 350 km Strecken führt die Deutsche Bundesbahn noch einen Auslaufbetrieb durch. In wenigen Einzelfällen wird z. Z. noch das Planum vorgehalten. Da die Deutsche Bundesbahn nur dort die Stillegung beantragt hat, wo langfristig eine Erhaltung aus ihrer Sicht nicht zu vertreten ist, beabsichtigt sie nicht, stillgelegte Strecken beizubehalten. Die Anlagen der stillgelegten Strecken wurden deshalb weitgehend zurückgebaut, Gebäude und das freigewordene Gelände sind z. T. verkauft oder anderen Zwecken zugeführt worden. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen A 64 und 65): Fallen unter das Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) auch landwirtschaftliche Zugmaschinen, die gemäß § 2 Ziff. 6 des Kraftverkehrsteuergesetzes von 1961 steuerlich befreit sind, und warum werden diese landwirtschaftlichen Zugmaschinen nicht unter § 4 Abs. 1 GüKG bzw. in den Katalog der Verordnungen über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Bestimmungen des GüKG aufgenommen? Ist gegebenenfalls beabsichtigt, die Freistellungsverordnung nach § 4 GüKG dahin gehend zu erweitern, daß Beförderungen zwischen zwei landwirtschaftlichen Betrieben eines Eigentümers in die Freistellung einbezogen werden? Beförderungen mit landwirtschaftlichen Zugmaschinen, die von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sind, fallen unter das Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG). Erleichterungen bestehen für Beförderungen landwirtschaftlicher Bedarfsgüter im Rahmen der Nachbarschaftshilfe und im Rahmen von Maschinenringen. Die in § 4 Abs. 1 GüKG und in der Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Bestimmungen des GüKG aufgeführten Beförderungen sind verkehrswirtschaftlich von geringer Bedeutung. Dies trifft auf Beförderungen mit landwirtschaftlichen Zugmaschinen nicht generell zu. Es ist nicht geplant, Beförderungen zwischen zwei landwirtschaftlichen Betrieben eines Eigentümers in die Freistellungs-Verordnung aufzunehmen. Bei solchen Beförderungen dürfte es sich um Werkverkehr handeln, der bereits nach dem GüKG weitgehend frei ist. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 8/1056 Fragen A 66 und 67): 4140' Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Welche Gutachten über den Rhein-Main-Donau-Kanal hat der Bund bzw. welche Gutachten in dieser Sache sind der Bundesregierung bekanntgeworden, und zu welchen Ergebnissen sind diese Untersuchungen gegebenenfalls gekommen? Auf welche Höhe belaufen sich die zu erwartenden Ertragseinbußen der Deutschen Bundesbahn bei Realisierung der MainDonau-Verbindung, und inwieweit sind Ertragseinbußen bei der deutschen Binnenschiffahrt durch östliche Schiffahrtsunternehmen nach Fertigstellung des Kanals in den Untersuchungen der Bundesregierung berücksichtigt worden? Gestatten Sie mir eine einführende Vorbemerkung zu den gestellten Fragen: 1. Das Vorhaben Rhein-Main-Donau-Verbindung geht auf einen Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Bayern aus dem Jahre 1921 zurück. Dieser Vertrag wurde erneuert und präzisiert im Jahre 1966 durch den sog. Duisburger Vertrag. Alle Instanzen (Haushaltsausschuß des Bundestages, der Deutsche Bundestag, das Land Bayern, das Bundeskabinett) stimmten dem Vertrag zu. 2. Trotz der Ergebnisse späterer gesamtwirtschaftlicher Untersuchungen wurde der Vertrag eingehalten. Bei der Entscheidungsabwägung war das Prinzip der Vertragstreue der ausschlaggebende Gesichtspunkt. Durch Überprüfung der Ausbaustandards gelang es in einvernehmlichen Verhandlungen mit dem Land Bayern, die Investitionskosten um 100 Millionen DM zu senken. 3. Dennoch möchte ich Ihnen die Nachteile des Projekts nicht verschweigen. Gesamtwirtschaftlich bestehen sie darin, daß die erwarteten Ersparnisse an Beförderungskosten sowie die Vorteile für die Wasserwirtschaft und die regionalen Arbeitsmärkte nicht ausreichen, die Infrastrukturkosten der neuen Wasserstraße zu dekken. Außerdem fügen Verkehrsverlagerungen von der Schiene der Eisenbahn Verluste zu, weil die Eisenbahn mehr Einbußen an Erlösen erleidet, als sie an Kosten einspart. 4. Die Bundesregierung hält aber an der Vollendung der Rhein-Main-Donau-Verbindung fest. Ein Baustopp würde das ohnehin ungünstige Kosten-Nutzen-Verhältnis nur verschlechtern und zu einer Systemruine führen. Nun zu den Fragen im einzelnen: Zu Frage A 66: Der Bundesregierung sind drei gutachtliche Äußerungen über die Wirtschaftlichkeit des MDK bekannt. a) Eine Untersuchung des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 1951 kommt zu dem Schluß, daß „man auf die Möglichkeit, die durch den Bau einer leistungsfähigen Wasserstraßen-Verbindung für einen entwicklungsfähigen Wirtschaftsraum gegeben ist, auf die Dauer nicht verzichten dürfte". b) Eine Studie der Wirtschaftskommission für Europa (ECE) aus dem Jahre 1968 hat unter Einbeziehung der Frachtersparnisse im grenzüberschreitenden und Transit-Verkehr eine volkswirtschaftliche Rendite von 6,3 % und bei Berücksichtigung nur der der Volkswirtschaft der Bun- desrepublik zugute kommenden Frachtersparnisse eine Rendite von 4 % errechnet. c) In den Jahren 1974/1975 wurden vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin (DIW), und vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung, München (Ifo), in größerem Zusammenhang auch für die RMD-Verbindung Verkehrsprognosen erstellt. Die auf der Grundlage dieser Prognosen im Rahmen der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeprogramms durchgeführte Kosten-Nutzen-Analyse ergab ein Nutzen-KostenVerhältnis kleiner als 1. Zu Frage A 67: Wegen der langen Nutzungsdauer der Investitionsmaßnahme können die zu erwartenden Ertragseinbußen der Deutschen Bundesbahn (DB) nur langfristig betrachtet werden. Das bedeutet, daß die Gesamtkosten des Fahrzeugbereiches (einschl. Personalkosten) als langfristig variabel bei einer Verkehrsverlagerung entfallen würden und somit de zur Deckung der fixen Wege- und Gemeinkosten (d. h. etwa 1/3 der Kosten des Wagenladungsverkehrs) als echter zusätzlicher Verlust der DB anzusehen ist. Es kann davon ausgegangen werden, daß eventuell drohenden Ertragseinbußen der deutschen Binnenschiffahrt durch bilaterale Abkommen entgegengewirkt wird. Sowohl aus diesem Grunde als auch aus der volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise aller Kosten-Nutzen-Analysen konnten solche Einflüsse bei der Untersuchung über die Main-Donau-Verbindung unberücksichtigt bleiben. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Cronenberg (F.DP) (Drucksache 8/1056 Fragen A 68 und 69): Wie teilen sich die Kosten von 25 000 DM monatlich für den DB-Kundenbrief, bei weicher Auflagenhöhe, auf, und handelt es sich hierbei nur um Druck- und Versandkosten oder sind Redaktions-, Verlags- und Versandkosten miteinbezogen? Welche Kosten und Ergebnisse haben die repräsentativen Leserbefragungen ergeben? Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat dem Bundesminister für Verkehr mitgeteilt, daß er detailierte Angaben betriebsinterner Gegebenheiten über die in der schriftlichen Antwort auf die Frage in der Fragestunde vom 3. Oktober 1977 enthaltenen Angaben hinaus für das Wirtschaftsunternehmen Deutsche Bundesbahn nicht für angebracht hält. Die letzte repräsentative Leserbefragung stammt aus dem Jahr 1973. Als Ergebnis der Befragung wurde festgestellt, daß der Deutsche-Bundesbahn-Kundenbrief von der verladenden Wirtschaft im Jahr 1973 noch mehr als früher geschätzt wurde. 40 % der Befragten würden ihn sogar abonnieren, wenn er nicht mehr kostenlos ins Haus käme. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4141* Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Erler (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen A 71 und 72): Wie erklärt die Bundesregierung die Tatsachie, daß trotz Wirtschaftsboykotts die Lufthansa ein Büro in Salisbury, Rhodesien, unterhält und laut ihrem eigenen Katalog nicht nur Passagiere, sondern auch Güter transportiert? Wie hoch sind die Löhne der von der Lufthansa in Rhodesien beschäftigten schwarzen Afrikaner? Zu Frage A 71: Die Deutsche Lufthansa AG fliegt Salisbury nicht an. Ein früher bestehendes Interline-Abkommen mit Air Rhodesia hat sie zum 31. Dezember 1974 gekündigt. Damit hat sie die Rhodesien-Sanktionsbeschlüsse des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen Nr. 253 und Nr. 333 erfüllt. Zu Frage A 72: In der Kürze der Zeit war es nicht möglich, die Höhe der von der Deutschen Lufthansa in Rhodesien bezahlten Löhne an dort beschäftigte Afrikaner zu ermitteln. Sobald die entsprechenden Angaben vorliegen, wird Ihnen die Antwort schriftlich zugehen. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage A 73): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die Möglidikeit besteht, einen Teil der im Land Nordrhein-Westfalen im Augenblick nicht verwendungsfähigen Mittel des Bundesfernstraßenbaus für Projekte in Rheinland-Pfalz nutzbar zu machen, und um welche Größenordnungen handelt es sich gegebenenfalls dabei? Grundsätzlich können Straßenbaumittel, die in einem Bundesland nicht verbaut werden, zugunsten vorrangiger Maßnahmen in anderen Bundesländern verwendet werden. Hiervon macht der Bundesminister für Verkehr Gebrauch. Vom rheinland-pfälzischen Minister für Wirtschaft und Verkehr liegt jedoch kein Antrag auf Zuweisung zusätzlicher Straßenbaumittel vor. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 74 und 75) : Ist die Bundesregierung bereit, die in der Antwort auf meine Frage vom August in bezug auf vorsorgende Maßnahmen zur besseren Abwicklung des Urlaubsverkehrs angekündigten Ergebnisse des für unmittelbar nach Abschluß der Reisezeit geplanten umfassenden Erfahrungsaustausdies mit allen Beteiligten der Öffentlichkeit umgehend mitzuteilen? Ist die Bundesregierung darauf vorbereitet, daß auf Grund der jetzigen Ferienplanungen der einzelnen Bundesländer und des benachbarten Auslands es 1978 wieder an zwei Wochenenden zu chaotischen Zuständen auf den Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen kommen wird, da am Donnerstag vor dem Wochenende vom 28. bis 30. Juli 1978 in Niedersachsen, Bremen, Berlin und Bayern die Ferien beginnen und am 28. Juli 1978 in Baden-Württemberg die Ferien enden, und am Wochenende vom 1. bis 3. September 1978 die Ferien in Hamburg, Hessen, Saarland, Befgien und einem Tell von Österreich und am 6. September 1978 in Niedersachsen enden? Zu Frage A 74: Ja. Zu Frage A 75: Die Bundesregierung wird, wie bisher, die in ihrer Kompetenz liegenden erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Verkehrsbeeinträchtigungen an den kritischen Wochenenden so gering wie möglich zu halten. Sie hat bereits aus den bekannten Vorgängen während der Hauptreisezeiten 1977 die Konsequenzen gezogen und alle für den Ferienreiseverkehr verantwortlichen Stellen (Verbände, Automobilclubs usw.) zu einem Gespräch am 27. Oktober nach Bonn eingeladen. Bei diesem Gespräch stehen Verbesserungsmöglichkeiten für den Ferienreiseverkehr 1978 im Vordergrund. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 76) : Liegen der Bundesregierung Ergebnisse über Unfälle und Folgeschäden vor, die auf die unmöglichen Zustände während der Reparaturarbeiten im September/ Oktober 1977 auf der Autobahn A 7 (Hamburg—Kassel, Kassel—Hamburg) zurückzuführen sind, und ist die Bundesregierung bereit, aus diesen unmöglichen Verkehrsverhältnissen, die vor allem durch eine einspurige Verkehrsführung entstanden sind, in der Zukunft Konsequenzen zu ziehen? Nach den Feststellungen der Bundesregierung hat eine Baustelle zwischen den Anschlußstellen Schwarmstedt und Berkhof zu Schwierigkeiten geführt; es ist eine Reihe von Unfällen zu verzeichnen gewesen, die mit Sachschaden verbunden sind. Soweit der Bundesregierung bekannt, sind Tote nicht zu beklagen gewesen. Die Baustelle wurde mit Wirkung vom 16. September durch das Land Niedersachsen eingerichtet und sollte bis zum 21. Oktober geräumt werden. Der Zeitplan für diese Baustelle lag somit außerhalb der bis 16. September terminierten Ferienreisezeit. Dem Bundesminister für Verkehr war daher die Einrichtung dieser Baustelle nicht bekannt, da sie außerhalb der Hauptreisezeit eingerichtet wurde. Der Bundesminister für Verkehr hat aufgrund verschiedener Klagen in der Offentlichkeit die obersten Straßenbaubehörden der Länder mit Erlaß vom 20. September 1977 erneut dringend gebeten, die für die Einrichtung von Bauarbeiten an Betriebsstrekken der Bundesautobahnen geltenden Kriterien 4142e Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 strikt einzuhalten. Der Niedersächsische Minister für Wirtschaft und Verkehr hat im gleichen Sinne seine nachgeordneten Dienststellen angewiesen. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Mündlichen Fragen des Abgeordleten Wüster (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen A 77 und 78): Trifft es zu, daß — wie in der Wirtschaftswoche Nr. 41 behauptet — die Installationen von Zeittakteinrichtungen durch die Deutsche Bundespost in spätestens fünf bis zehn Jahren Schrott sind? Wie liegt der Planzeitpunkt zur Einführung des elektronischen Wählsystems im Telephonbereich der Deutschen Bundespost? Nein. Die jetzt nachzurüstenden Zeittakteinrichtungen werden 10 bis 20 Jahre benötigt. Die technische Nutzungsdauer der Einrichtungen der bisherigen Ortsvermittlungstechnik, die auf Ortszeitzählung umgerüstet werden müssen, beträgt in der Regel 30 bis 40 Jahre. Über 90 % der betroffenen Einrichtungen sind jünger als 20 Jahre, über 70 °/o jünger als 10 Jahre, d. h., sie sind noch ca. 20 bis 30 Jahre in Betrieb. Nur für den Rest von 10 %, die Lieferungen aus dem ersten Nachkriegsjahrzehnt, geht die technische Nutzungsdauer in der zweiten Hälfte der 80er Jahre zu Ende. Der Einführung des „elektronischen Wählsystems (EWS) " im Fernsprechnetz der Deutschen Bundespost liegt folgender Zeitplan zugrunde: 1977 begann die Einführung in der Ortstechnik, 1979 beginnt die Einführung in der Ferntechnik. Die technischen Einrichtungen der bisherigen Systeme und des elektronischen Wählsystems werden bis etwa 1984 parallel beschafft. Erst 1985 wird die Beschaffung von Einrichtungen der bisherigen Technik eingestellt. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretär Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Dollinger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 79): Trifft es zu, daß die Gebühren für Nebenstellenanlagen erhöht werden sollen, und wie ist dies gegebenenfalls vereinbar mit den wiederholten Erklärungen von Bundespostminister Gscheidle, daß die Fernmeldegebühren bis in die 80er Jahre hinein stabil bleiben sollen? Es trifft zu, daß der Bundespostminister dem Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost vorgeschlagen hat, die Gebühren für Nebenstellenanlagen anzuheben. Der Deutschen Bundespost entstehen auf diesem Sektor, nachdem die letzte Gebührenerhöhung im Jahre 1974 durchgeführt worden ist, jährlich erhebliche Verluste. Der Umfang der im Nebenstellenwesen geplanten Gebührenmaßnahmen macht nur 1 ‰ der Fernmeldeeinnahmen aus und wird diesen Dienstzweig näher an die Kostendeckung heranführen. Die Zusage des Bundespostministers, die Gebühren im Fernmeldewesen insgesamt mittelfristig nicht zu erhöhen, kann sich nicht auf Bereiche beziehen, in denen die Deutsche Bundespost wegen internationaler Abmachungen gezwungen ist, Gebührenanpassungen vorzunehmen, oder in denen sie — wie im Nebenstellenwesen — ihre Leistungen in Konkurrenz mit privaten Unternehmen am Markt anbietet. Sie wird jedoch auch in diesem Fall in größerem Rahmen insofern eingehalten, als der Bundespostminister dem Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost gleichzeitig eine Vielzahl von Gebührenvergünstigungen in anderen Bereichen des Fernmeldewesens vorschlagen wird, so daß die Gebührenerhöhung im Nebenstellenwesen überkompensiert wird. Der Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost wird am 9. November 1977 über die entsprechenden Vorschläge entscheiden. Anlage '24 Antwort des Parl. Staatssekretär Wrede auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 80): Welche übergeordneten Gründe haben die Deutsche Bundespost bewogen, in Konkurrenz und mit existenzbedrohender Wirkung zu Lasten kleiner Unternehmen und Einzelhandelsgeschäfte den Vertrieb von Verpackunqsmaterial aufzunehmen, trifft es zu, daß das von der Deutschen Bundespost angebotene Vernackungsmaterial unter den Gestehungskosten angeboten wird, und welche Möglichkeiten bestehen für die Deutsche Bundespost, das von ihr angebotene Verpackungsmaterial über den Einzelhandel vertreiben zu lassen? Die Deutsche Bundespost will ihr Dienstleistungsangebot im Paketdienst durch die Abgabe von Verpackungen abrunden. Sie entspricht damit einem häufig geäußerten Wunsch und ermöglicht den Postkunden, insbesondere den privaten Versendern, Pakete und Päckchen bequemer, leichter und versendungsfreundlicher als bisher zu verpacken. Vor Beginn des Versuchs wurde geprüft, ob der Einzelhandel bereits Produkte anbietet, die den „PackSets" und Gebinden gleich oder ähnlich sind. Dies ist insbesondere was die Faltschachteln angeht, nur vereinzelt der Fall. Eine existenzbedrohende Wirkung zu Lasten kleiner Unternehmer und Einzelhandelsgeschäfte ist daher nicht zu erkennen. Es trifft nicht zu, daß die Postverpackungen unter den Gestehungskosten angeboten werden. Die Inanspruchnahme dieser neuen Leistung durch die Postkunden zeigt, daß die Deutsche Bundespost mit diesem Angebot eine vorhandene Nachfrage deckt. Da sich der Paket- und Päckchendienst der Deutschen Bundespost im Wettbewerbsbereich befindet, bleibt es dem Einzelhandel nach wie vor unbenommen, ein ähnliches Angebot an Verpackungsmaterial seinen Kunden anzubieten. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4143* Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Höpfinger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 81 und 82) : Zu welchem Ergebnis haben die Beratungen des vom Bundeskanzler eingesetzten Staatssekretärausschusses hinsichtlich des Problems der Zwischenlagerung von abgebrannten Uranbrennelementen aus Kernkraftwerken im Bereich Wertingen/Schwaben geführt? Teilt die Bundesregierung die Auffassung mehrerer Landes-und Kommunalpolitiker im Raum Augsburg/Schwaben, die besagt, daß wegen mehrerer bereits vorhandener risikoträchtiger Anlagen eine Zwischenlagerung von Atommüll im Raum Wertingen unvertretbar sei, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Zu Frage A 81: Die von den Ministerpräsidenten der Länder und dem Bundeskanzler eingesetzte Bund-LänderArbeitsgruppe der Staatssekretäre ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die von der Deutschen Gesellschaft zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) vorgeschlagenen Standorte — darunter auch Wertingen — aus technischer Sicht insoweit für ein Zwischenlager geeignet erscheinen, daß es sinnvoll wäre, das Genehmigungsverfahren einzuleiten mit dem Ziele der genaueren Eignungsprüfung und abschließenden Entscheidung durch die zuständigen Behörden. Wegen des noch ungewissen Ausgangs der abschließenden Prüfung im Genehmigungsverfahren beabsichtigt die DWK, für mindestens zwei Standorte gleichzeitig den betreffenden Antrag zu stellen. Auf der Konferenz der Regierungschefs des Bundes und der Länder am 14. Oktober 1977, auf der das Beratungsergebnis der Arbeitsgruppe erörtert wurde, hat sich Nordrhein-Westfalen zur Aufnahme eines Zwischenlagers grundsätzlich bereit erklärt. Über die Inanspruchnahme der in anderen Bundesländern gelegenen vorgeschlagenen Standorte für Zwischenlager wurden keine Zusagen gegeben. Über alternative Standorte soll erneut beraten werden. Zu Frage A 82: Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht. Abgesehen davon, daß die nähere Umgebung des von der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen vorgeschlagenen Standortes überwiegend landwirtschaftlich genutzt wird, wird ein Zwischenlager in jedem Fall so eingerichtet und betrieben werden, daß unter Berücksichtigung auch aller etwaigen Gefahrenmomente, die sich aus bereits vorhandenen risikoträchtigen Anlagen ergeben könnten, die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden getroffen ist. Das Zwischenlager selbst bringt nur ein vergleichsweise geringes Gefahrenrisiko mit sich; deshalb sind etwaige bereits vorhandene risikoreiche Anlagen in erster Linie in der Weise zu berücksichtigen, daß die Bauwerke und technischen Anlagen des Zwischenlagers verstärkt gegen etwaige Einwirkungen von außen ausgelegt werden. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Menzel (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen A 83 und 84) : Ist der Bundesregierung bekannt, bis zu welchem Grad durch industriell betriebene Rauchgasentschwefelungsanlagen Rauchgas entschwefelt wird, ob diese Anlagen in Dauerbetrieb funktionieren und ob die Kosten der Rauchgasentschwefelung ab einem bestimmten Entschwefelungsgrad progressiv steigen? Beabsichtigt die Bundesregierung, Bestimmungen zu erlassen, durch die Rauchgasentschwefelung über den in der Welt bisher praktizierten Umfang hinaus vorgeschrieben werden? Zu Frage A 83: Umfassende industrielle Erfahrungen mit großtechnisch betriebenen Rauchgasentschwefelungsanlagen liegen bisher vor allem in Japan und in den USA vor. In Japan werden Rauchgasentschwefelungsanlagen für eine Kraftwerksleistung von insgesamt 23 000 Megawatt betrieben; dies entspricht rund einem Drittel der gesamten in der Bundesrepublik Deutschland installierten Kraftwerksleistung. In den USA sind Rauchgasentschwefelungsanlagen für insgesamt 8 000 Megawatt in Betrieb, für weitere 12 000 Megawatt im Bau und für fast 30 000 Megawatt in der Planung. Diese Anlagen zur Rauchgasentschwefelung entschwefeln jeweils den gesamten Abgasstrom mit Wirkungsgraden, die zum Teil über 90 % erreichen. Sie arbeiten im Dauerbetrieb, d. h., ihre Verfügbarkeit entspricht derjenigen der Kraftwerke, in denen sie installiert sind. Vergleichbare Ergebnisse werden von den Prototypen der in Deutschland entwickelten Verfahren erreicht. Hängt der Entschwefelungsgrad davon ab, daß nur ein Teil oder die gesamte Abgasmenge entschwefelt wird, steigen die Kosten nicht progressiv. Hängt der Entschwefelungsgrad davon ab, daß bei einer Entschwefelung der gesamten Abgasmenge die Effizienz, d. h. der Wirkungsgrad der Anlage, gesteigert wird, tritt eine Kostenprogression ein, und zwar nur bei den Betriebskosten. Das allerdings erst bei Wirkungsgraden, die erheblich oberhalb der in den TA Luft geforderten liegen. Zu Frage A 84: Die Frage beantworte ich mit „Nein". Vielmehr soll durch die uneingeschränkte Anwendung der Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der TA Luft die Rauchgasentschwefelung in dem Maße angewendet werden, wie es z. B. in Japan und in den USA schon länger praktiziert wird. Das ist besonders in den Belastungsgebieten notwendig. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Sick (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 85 und 86): 4144* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Liegen der Bundesregierung Unterlagen über die Nebentätigkeiten von Beschäftigten im öffentlichen Dienst im Bereich der freiberuflichen Dienstleistungen vor? Ist der Bundesregierung etwas über den Umfang dieser Nebentätigkeiten bekannt, und ist sie gegebenenfalls bereit, darüber Feststellungen zu treffen? Unterlagen über Art und Umfang der in Ihrer Frage genannten Nebentätigkeiten liegen der Bundesregierung nicht vor. Die Entscheidungen über Genehmigung oder Versagung derartiger Nebentätigkeiten erfolgen in der Regel durch die zuständigen Dienstvorgesetzten; sie werden im allgemeinen nicht zentral getroffen. Da sich aus der Tatsache der Genehmigung als solcher in aller Regel noch keine genaueren Hinweise über den Umfang der — außerhalb des Dienstes liegenden — Nebentätigkeiten ergeben, würde eine Umfrage bei den nachgeordneten Behörden kaum zu aussagekräftigen Feststellungen im Sinne Ihrer Frage führen, wobei noch anzumerken ist, daß in eine solche Umfrage über den Bundesbereich hinaus auch die Länder, die Kommunalverwaltungen und alle übrigen Bereiche des öffentlichen Dienstes einbezogen werden müßten; sie wäre daher nur mit einem sehr erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand durchzuführen. Ich möchte Ihre Frage aber zum Anlaß nehmen, ausdrücklich festzustellen, daß die Bundesregierung das in Ihrer Frage angesprochene, für die betroffenen Angehörigen der freien Berufe schwerwiegende Problem nicht nur kennt und es ernst nimmt, sondern auch Prüfungen eingeleitet hat, um zu einer befriedigenden Lösung beizutragen, wobei sich jedoch schwierige rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Fragen, vor allem im Hinblick auf Artikel 2 des Grundgesetzes, stellen. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 87) : Ist es zutreffend, daß Polizeibeamte im Bundesdienst, wie etwa die Grenzsdiutzbeamten der Antiterroristengruppe GSG 9, vielfach als Beamte auf Widerruf, im Fall einer Schädigung bei einem Kommando unter Einsatz ihres Lebens mit der Folge des Eintritts der Polizeidienstuntauglichkeit bei Erwerbsminderung unter 90 v. H. ohne Entschädigung oder etwa Überführung in einen anderen als den Polizeidienst entlassen werden, und hält die Bundesregierung diese Rechtslage nach dem Bundesbeamtengesetz und Bundespolizeibeamtengesetz mit der Folge, daß diese verdienten Beamten persönlich großen Schaden haben, für weiterhin tragbar? Es trifft zu, daß Beamte und damit auch die Polizeivollzugsbeamten auf Widerruf im Bundesgrenzschutz, die unter Einsatz ihres Lebens bei Ausübung einer besonders gefährlichen Diensthandlung einen Dienstunfall erleiden, bei Beendigung des Beamtenverhältnisses die einmalige Unfallentschädigung in Höhe von 40 000 DM nicht erhalten, wenn die unfallbedingte Minderung der Erwerbstätigkeit 90 °/o und weniger beträgt. Diese zusätzliche gesetzliche Unfall-Leistung ist nur für Fälle besonders schwerer Schädigungen vorgesehen, die praktisch Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben. Deshalb verlangt die gesetzliche Regelung — wie überdies auch im Soldatenversorgungsgesetz — das Vorliegen einer Erwerbsminderung von mehr als 90 %. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, daß die von Ihnen angesprochenen Polizeivollzugsbeamten im Bundesgrenzschutz im Falle der Entlassung überhaupt keine Entschädigungsleistungen erhalten. Auf die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, Heilverfahren und laufende Unterhaltsbeiträge für unfallverletzte entlassene Beamte sowie auf die Übergangsleistungen für Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf im Bundesgrenzschutz, die ein zeitlich befristetes Dienstverhältnis vor dem 1. Juli 1976 begründet haben — laufende Übergangsgebührnisse und einmalige Übergangsbeihilfe — sei in diesem Zusammenhang hingewiesen. Polizeivollzugsbeamte im Bundesgrenzschutz, die infolge eines Dienstunfalls polizeidienstunfähig geworden sind, können, soweit sie die Voraussetzungen für den Beamtendienst noch erfüllen, nach der Neufassung des Bundespolízeibeamtengesetzes ab 1. Juli 1976 grundsätzlich in ein Amt einer Laufbahn außerhalb des Polizeivollzugsdienstes im öffentlichen Dienst des Bundes nach Maßgabe des Gesetzes versetzt werden. Für Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf im BGS, die vor dem 1. Juli 1976 ernannt worden sind, gelten die maßgebenden Vorschriften des Bundespolizeibeamtengesetzes in der vorherigen Fassung weiter. Danach haben diese Beamten im Falle der Polizeidienstunfähigkeit infolge eines Dienstunfalles einen Rechtsanspruch auf Berufsförderung. Die Berufsförderung besteht aus der allgemeinberuflichen Ausbildung, Fachausbildung und Eingliederung in das spätere Berufsleben; beispielsweise kann einem Beamten auf Antrag ein Zulassungsschein für den öffentlichen Dienst des Bundes erteilt werden, wobei ggf. auf einen Stellenvorbehalt der Bundesregierung zurückgegriffen werden kann. Die Bundesregierung hält insgesamt die bestehenden gesetzlichen Regelungen für die hier angesprochenen Fälle weiterhin für angemessen. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 88) : Wird die Bundesregierung dem guten Beispiel der schwedischen Regierung folgen und für das Jahr 1978 auf die im öffentlichen Dienst eintretenden Gehaltserhöhungen für die Mitglieder des Bundeskabinetts verzichten? Die Frage beantworte ich namens der Bundesregierung mit Nein. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Spöri (SPD) (Drucksache 8/1059 Frage A 90) : Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4145* Treffen Zeitungsberichte zu, das amerikanische Energieministerium habe angeboten, daß die USA Nuklearabfälle anderer Staaten bis zu einer engültigen Regelung des atomaren Entsorgungsproblems übernehmen werden, und welche Bedeutung hätte ein derartiges Angebot aus der Sicht der Bundesregierung auf die Pläne zur Zwischenlagerung ausgebrannter Brennelemente? Die amerikanische Administration prüft . gegenwärtig im Rahmen der von Präsident Carter im April 1977 verkündeten neuen Nuklearpolitik die Möglichkeit, für den eigenen Bedarf in den USA große Kapazitäten für eine langfristige Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente zu schaffen. Möglicherweise werden in begrenztem Ausmaß auch ausländischen Kernkraftwerksbetreibern solche Zwischenlagerungsmöglichkeiten eröffnet werden. Gleichzeitig sollen jedoch andere Länder ermutigt werden, eigene Lagerkapazitäten einzurichten. Es erscheint daher zweifelhaft, daß die Bundesrepublik angesichts ihrer fortgeschrittenen Kerntechnologie in den Kreis der Länder einbezogen wird, die die amerikanischen Lager nutzen könnten. Diese Pläne zur Brennelementzwischenlagerung treffen jedoch in den USA auch auf Widerstände und sind noch nicht ausgereift. Eine Entscheidung ist bisher nicht gefallen und von einem konkreten Angebot an andere Staaten kann bisher nicht die Rede sein. Die USA werden die Zwischenlagerfrage auch im Rahmen des Internationalen Untersuchungsprogramms zum nuklearen Brennstoffkreislauf (INFCE) erörtern, dessen erste Konferenz in der vergangenen Woche unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland in Washington stattgefunden hat. Konkrete Ergebnisse dieses Programms sind jedoch nicht vor Ablauf von zwei Jahren zu erwarten. Die Bundesregierung wird die sich in den USA andeutenden Entwicklungen sorgfältig verfolgen. Sie steht jedoch auf dem Standpunkt, daß die amerikanischen Pläne angesichts ihrer Ungewißheit und der Terminlage der Entsorgung in der Bundesrepublik kein Anlaß sein können, in dem Bemühen um eine eigene deutsche Zwischenlagerkapazität, die in jedem Falle dringend benötigt wird, nachzulassen. Die Bundesregierung ist sich darin mit den Ländern einig. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Coppik (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage A 91): Ist der Bundesregierung eine rechtsextremistische Organisation, die sich Law und Order-Vereinigung nennt und offenbar zumindest in Frankfurt und Hamburg Mitglieder hat, bekannt, und welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung gegebenenfalls über deren Aktivitäten vor? Die in Ihrer Frage genannte Organisation ist der Bundesregierung nicht bekannt. Auf Anfrage haben die zuständigen Behörden in Hamburg und Hessen mitgeteilt, daß auch dort keine Erkenntnisse über eine „Law and Order-Vereinigung" vorliegen. Es ist sichergestellt, daß die zuständigen Behörden allen konkreten Hinweisen auf extremistische Organisationen sorgfältig nachgehen. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 93) : Welche besonderen Maßnahmen ergreift die Bundesregierung zur Hilfe und Eingliederung für entlassene politische Häftlinge aus der DDR, wenn sie in der Bundesrepublik Deutschland eingetroffen sind und zwar unmittelbar nach ihrem Eintreffen und langfristig? Die ehemaligen politischen Häftlinge aus der DDR erhalten: Begrüßungsgabe von 150 DM Unterkunft und Verpflegung ärztliche Betreuung Fahrkarte zum Zielort Kleidungshilfen Nach ihrer Entlassung aus dem Notaufnahmelager erhalten sie in den Ländern: Übergangsbeihilfe von 300 DM und Entlassungsgeld von 200 DM n. d. Heimkehrergesetz Hinzu kommen teilweise noch Sondergaben der Länder in unterschiedlicher Höhe. Die ehemaligen politischen Häftlinge werden mit Wohnraum versorgt und haben Vorrang bei der Arbeitsvermittlung und bei der Berufsfürsorge. Im Falle der Arbeitslosigkeit erhalten sie Arbeitslosengeld. Sie erhalten Krankenversicherungsschutz und sonstige Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz. Falls es sich um Sowjetzonenflüchtlinge im Sinne des § 3 des Bundesvertriebenengesetzes handelt, was fast immer der Fall ist, erhalten sie die besonderen Vergünstigungen, die diesem Personenkreis vorbehalten sind, z. B. Hausratshilfe, ggf. Darlehen zum Aufbau einer wirtschaftlichen Existenz, für die Landwirtschaft und für den Wohnungsbau. Daneben können sie alle Leistungen erhalten, die für Zuwanderer aus der DDR vorgesehen sind. Hierzu gehört insbesondere das zinsverbilligte Einrichtungsdarlehen zur Anschaffung von Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen. Alle Leistungen sind in einem „Wegweiser für Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR" und in einem „Wegweiser für Heimkehrer und für ehemalige politische Häftlinge" zusammengefaßt, die vom Bundesministerium des Innern herausgegeben wurden. 4146* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Beide Wegweiser werden in den Lagern ausgehändigt. An besonderen Maßnahmen ist vor kurzem als Modellversuch eine Einführungsfreizeit für ehemalige politische Häftlinge mit finanzieller Unterstützung der Bundesregierung durchgeführt worden, um diesen das Einleben in die hiesigen Verhältnisse zu erleichtern. Aufgrund der bei dieser Veranstaltung gewonnenen Erfahrungen wird derzeit geprüft, ob und in welcher Weise weitere Einführungsfreizeiten gefördert werden sollen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Münster) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 94) : Zu welchen Ergebnissen ist die durch Kabinettsbeschluß im Bundesinnenministerium gebildete Arbeitsgruppe gekommen, die der Bundesregierung Vorschläge zum Abbau der Benachteiligung in der Beamtenversorgung erarbeiten soll, und wann wird der für den Herbst dieses Jahres in Aussicht gestellte Bericht vorgelegt? Die Bundesregierung hat mit Kabinettbeschluß vom 16. März 1977 den Bundesminister des Innern beauftragt, einen mit dem Bundesminister der Finanzen abgestimmten Bericht vorzulegen, auf welche Weise eine Einebnung der Disparitäten in der Altersversorgung innerhalb des öffentlichen Dienstes erreicht werden kann, wobei die steuerliche Behandlung von Altersaufwendungen und Altersbezügen im Gesamtzusammenhang gesehen werden soll. Zur Vorbereitung des Berichts wurde beim Bundesminister des Innern eine Arbeitsgruppe gebildet. Wie sich bereits aus dem Kabinettbeschluß ergibt, nimmt der steuerliche Aspekt im Rahmen des Berichts einen besonderen Platz ein. Im Interesse der Aktualität ist es daher angebracht, die jüngsten Maßnahmen im Bereich des Steuerrechts, insbesondere das Gesetz zur Steuerentlastung und Investitionsförderung mit seinen Auswirkungen auf die verfügbaren Einkommen, zu berücksichtigen. Die Arbeitsgruppe wird ihre Arbeiten somit nach dem voraussichtlichen Rechtsstand vom 1. Januar 1978 gegen Jahresende abschließen könen. Ich gehe davon aus, daß nach Abstimmung mit den Ressorts der Bericht dem Bundeskabinett in den ersten Monaten des Jahres 1978 vorgelegt werden kann. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Langner (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 95 und 96) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung des parlamentarischen Staatssekretärs Offergeld, daß die Bedeutung der Steuern als Kostenelement im Gesamtkalkül der Unternehmen nicht überbewertet werden dürfe (vgl. "Frankfurter Rundschau' vom 11. Oktober 1977)? Sieht die Bundesregierung in der Feststellung des parlamentarischen Staatssekretärs Offergeld, bei einem Bruttoinlandsprodukt 1976 von 1125 Milliarden DM betrug die Unternehmensbelastung an Steuern insgesamt etwa 60 Milliarden DM" (vgl. „Frankfurter Rundschau" vom 11. Oktober 1977), eine aussagekräftige Verbindung zweier Vergleichsgrößen, die die Behauptung der vorangegangenen Frage begründen könnte, und wie schlüsselt sich die Summe von 60 Milliarden DM Steuern nach Arten und Aufkommensbeträgen auf? Zu Frage A 95: Die Bundesregierung stimmt mit meiner in der „Frankfurter Rundschau" vom 11. Oktober 1977 wiedergegebenen Aussage überein, daß die Bedeutung der Unternehmensbelastung mit Steuern im Gesamtkalkül des Unternehmens nicht überbewertet werden sollte. Andere Kostenfaktoren, wie Lohn- und Zinskosten, nehmen einen wesentlich höheren Anteil in der Kostenstruktur des Unternehmens ein. So erhöht z. B. ein Anstieg des Zinsniveaus um 1 v. H. die Belastung ,der Unternehmen durch den Zinsdienst um etwa 3 Milliarden DM. Eine Wechselkursänderung der D-Mark um 1 v. H. (außerhalb der Schlange) wirkt sich auf die Ausfuhren mit einer Belastung von 1, 5 Milliarden DM aus. Zu Frage A 96: Die volkswirtschaftliche Steuerquote wird als Verhältnis der Steuereinnahmen insgesamt zum Bruttosozialprodukt ermittelt. In gleicher Weise ist es möglich, 'die Steuerbelastung der Unternehmen zum Bruttoinlandsprodukt in Beziehung zu setzen. So hat auch die OECD in ihrem Bericht „Revenue Statistics of OECD Member Countries 1965-1974" u. a. Relationen zwischen Körperschaftsteuer und Sozialprodukt ausgewiesen. Die Steuerzahllast der Unternehmen von rd. 60 Milliarden DM im Jahre 1976 schlüsselt sich näherungsweise wie folgt auf: — Ertragsabhängige Steuern rd. 50 Mrd. DM — Ertragsunabhängige Steuern rd. 10 Mrd. DM 60 Mrd. DM Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kittelmann (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 97 und 98): Beabsichtigt die Bundesregierung, die steuerliche Absetzung von Spesen bei Dienst- und Geschäftsreisen, die zum letzten Mal vor vier Jahren angehoben worden sind, in naher Zukunft und, wenn ja, in welchem Umfang zu verändern? Besteht die Absicht, die km-Pauschale bei Benutzung des eigenen Pkws, die zur Zelt in Höhe von 0,32 DM pro km gewährt wird, anzuheben, da durch diese Pauschale die entstehenden Kosten derzeit nicht mehr gedeckt werden? Die steuerlichen Pauschbeträge für Reisekosten lehnen sich seit jeher an die Regelungen des öffentlichen Dienstes an. Ob diese beamtenrechtlichen Reisekostensätze erhöht werden sollen, wird derzeit zwischen den zuständigen Ressorts erörtert. Vom Ergebnis dieser Beratungen wird auch die weitere Behandlung der steuerlichen Reisekostenpauschbeträge abhängen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4147* Für den öffentlichen Dienst ist eine Erhöhung der sogenannten Wegstreckenentschädigung nicht beabsichtigt. Deshalb ist auch eine Erhöhung des steuerlichen Kilometer-Pauschsatzes für die Benutzung eines eigenen Kraftwagens zu Dienstfahrten nichtvorgesehen. Den Arbeitnehmern erwächst hierdurch jedoch kein Nachteil. Die Aufwendungen, die bei der dienstlichen Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs anfallen, können vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt oder vom Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend gemacht werden. Voraussetzung ist dann allerdings, daß die tatsächlichen Kosten im einzelnen nachgewiesen werden. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 99): Welche Konzeption hat die Bundesregierung hinsichtlich der dem Bund gehörenden Banken bzw. Kreditanstalten? Die Bundesregierung ist vom Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages aufgefordert worden, ihr bankenpolitisches Engagement insgesamt zu überprüfen und dem Haushaltsausschuß hierüber Bericht zu erstatten. Der Berichtsentwurf liegt dem Bundeskabinett zur Beschlußfassung vor und wird sodann dem Haushaltsausschuß zugeleitet. Über bestimmte Fragen bei einzelnen Kreditinstituten des Bundes wird ferner in den zuständigen Ausschüssen dieses Hohen Hauses in den nächsten Wochen berichtet werden. Unter diesen Umständen bitte ich Sie, Herr Kollege Niegel, die Antwort auf Ihre Anfrage dem dem Haushaltsausschuß vorzulegenden schriftlichen Bericht über die Kreditinstitute des Bundes zu entnehmen. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen A 100 und 101): Trifft es für den Bereich der Rechtsetzungs- und Richtlinienkompetenz des Bundes zu, daß die bestehenden Baugesetze, Verordnungen, Erlasse und Richtlinien in vielen Städten bei konsequenter Anwendung weder die Errichtung von Neubauten noch die Altbausanierung zulassen, wie nach einer Meldung im Handelsblatt vom 13. September 1977 vom Präsidenten der nordrhein-westfälischen Architektenkammer für Bund und Länder dargelegt wurde, und wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diese Hemmnisse abzubauen? Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, daß die den Ländern und Gemeinden obliegende Durchführung der Baugenehmigungsverfahren trotz sinkender Zahl von Bauanträgen immer größere Zeit beansprucht und die Altbausanierung durch bauordnungsrechtliche Bestimmungen hinsichtlich des Brandschutzes beeinträchtigt wird, und wenn ja, welche Möglichkeiten zeichnen sich in den Erörterungen zwischen der Bundesregierung und den für das Bauwesen zuständigen Landesressorts ab, hier Abhilfe zu schaffen? Zu Frage A 100: Es trifft nicht zu, daß die vom Bund erlassenen öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften bei konsequenter Anwendung in vielen Städten weder die Errichtung von Neubauten noch die Altbausanierung zulassen. Die für das Bauwesen maßgeblichen Gesetze und Verordnungen des Bundes und auch der Länder enthalten allerdings im Interesse der Wahrung und Sicherung vieler unterschiedlicher, unverzichtbarer Belange, wie etwa der Sicherheit, des Umweltschutzes oder der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung, Beschränkungen des Bauens, die notwendig sind. Die Bundesregierung prüft zur Zeit, inwieweit in der Praxis aufgetretene unnötige Hemmnisse, die auf Rechtsvorschriften oder den Verwaltungsvollzug zurückgehen, beseitigt werden können. In einer vom Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dieser Prüfung eingesetzten Arbeitsgruppe ist auch die Bundesarchitektenkammer vertreten. Zu Frage A 101: Mangels statistisch-verläßlicher Erhebungen sind Angaben über die Entwicklung der durchschnittlichen Dauer der Baugenehmigungsverfahren kaum möglich. Es wird geschätzt, daß die Bauanträge, von der Einfriedung bis zum Großobjekt, gegenwärtig im Durchschnitt nach 3 Monaten abschließend entschieden werden. Sicherlich haben die von Bund und Ländern erlassenen und im Baugenehmigungsverfahren anzuwendenden Vorschriften zu der Verlängerung der Verfahren beigetragen. Die Bundesregierung hofft, daß die vom Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau angeregten Fachgespräche u. a. mit den Obersten Landesbehörden zu umsetzbaren Vorschlägen zur Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren führen. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage A 102): Inwieweit ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, darauf hinzuwirken, daß die Übung öffentlicher Bauträger im Bereich des Hoch- und Tiefbaus, vor Auftragserteilung den Baufirmen Bankbürgschaften abzuverlangen und nach Fertigstellung innerhalb einer 5jährigen Gewährleistungsfrist Zahlungen bis zu 20 v. H. der Gesamtsumme vorzuenthalten, im Blick auf eine positive Konjunkturentwicklung abgebaut wird? Bei der Durchführung von Baumaßnahmen des Bundes wird keineswegs allgemein eine 5jährige Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche vereinbart. Die Bauverwaltungen sind vielmehr angewiesen, jeweils eingehend unter Abwägung aller Umstände zu prüfen, ob ausnahmsweise von der 2jährigen Regelfrist des § 13 Nr. 4 VOB/B abgewichen werden muß. Dies stimmt auch mit der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) überein, in der zwar als Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche 2 Jahre vorgesehen sind (§ 13 4148* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 VOB/B), die jedoch davon ausgeht, daß von dieser Frist abweichende Regelungen getroffen werden können, wenn es wegen der Eigenart der Leistungen notwendig ist (§ 13 Nr. 2 VOB/A). Muß für die Erfüllung der Gewährleistung eine Sicherheit in Form einer Bankbürgschaft gefordert werden, darf diese im Höchstfalle 5 v. H. der Abrechnungssumme betragen. Die Länder haben für ihren Bereich entsprechende auf der VOB beruhende Regelungen erlassen. Auch die Gemeinden sind zur Einhaltung der VOB und damit zur Beachtung der in der VOB enthaltenen Bestimmungen über die Gewährleistungs- und Sicherheitsleistungen verpflichtet. Die Bundesregierung ist über ihren eigenen Zuständigkeitsbereich hinaus ständig darum bemüht, daß die VOB von den öffentlichen Auftraggebern beachtet und eingehalten wird. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 103) : Hält die Bundesregierung die von der Freien und Hansestadt Hamburg gewährte Umzugsprämie zum Abbau von Fehlbelegungen im Sozialwohnungsbestand für eine geeignete Maßnahme zur Bewältigung dieses Problems, und welche Konsequenzen ergeben sich für die Bundesregierung daraus in bundesweiter Hinsicht? Bei dem Entschluß des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, ab 1. Januar 1978 Umzugsprämien zu gewähren, handelt es sich um einen Modellversuch mit dem Ziel, ältere, größere, unterbelegte Sozialwohnungen freizumachen, um sie wieder familiengerecht nutzen zu können. Es soll damit vor allem geeigneter Wohnraum im Sozialwohnungsbestand zur Unterbringung kinderreicher Familien verfügbar gemacht werden. Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich alle Bemühungen um eine Verbesserung der Wohnungsversorgung kinderreicher Familien. Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg rechnet mit jährlich etwa 100 Umzugsfällen. Dies ist verständlich, denn die Zahl der für kinderreiche Familien geeigneten billigen Sozialwohnungen, die auf diese Art und Weise verfügbar gemacht werden können, dürfte nicht groß sein. Gerade die älteren und daher billigeren Mietwohnungen des sozialen Wohnungsbaus sind im allgemeinen Wohnungen, die wegen ihrer Größe und ihres Zuschnitts wenig für kinderreiche Familien geeignet sind. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Münster) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage A 104): Aus welchen Überlegungen heraus soll sich nach Auffassung der Bundesregierung die Bewilligung der Förderungsmittel für heizenergiesparende Investitionen in bestehenden Gebäuden grundsätzlich nur nach der Reihenfolge der eingehenden Anträge (sogenanntes Windhundverfahren) richten? Die Bundesregierung meint, daß ein Bewilligungsverfahren, das sich grundsätzlich nach der Reihenfolge der eingehenden Anträge richtet, am besten geeignet ist, eine unverzügliche und kontinuierliche Bewilligung der Förderungsmittel mit großer Breitenwirkung zu gewährleisten. Die Länder lassen demgegenüber in den bisherigen Verhandlungen die Auffassung vertreten, das Bewilligungsverfahren könne nicht in der Verwaltungsvereinbarung festgelegt werden. Sie haben dabei die Absicht geäußert, das Programm im üblichen Bewilligungsverfahren über die für die Förderung des Wohnungswesens zuständigen Antragstellen und Bewilligungsstellen abzuwickeln. Anlage 41 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Stommel (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen A 118 und 119) : Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um Dr. Todenhöfer als Mitglied des Deutschen Bundestags vor öffentlichen Angriffen ausländischer Repräsentanten auf deutschem Boden zu schützen, wie sie von der botswanischen Ministerin Chiepe anläßlich eines entwicklungspolitischen Kongresses in Wiesbaden und später von dem tansanischen Botschafter in Bonn, Daniel Mloka, erfolgt sind? Welche Maßnahmen sehen von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete internationale Abkommen für den Fall von Einmischung eines Botschafters in innerpolitische Angelegenheiten des jeweiligen Gastlandes vor, insbesondere auch bei damit verbundenen Angriffen gegenüber Repräsentanten des dortigen Parlaments, und will die Regierung diese Bestimmungen auch im Fall des Botschafters Mloka beachten? Zu Frage A 118: Es liegt nicht im außenpolitischen Interesse der Bundesrepublik Deutschland, wenn die Bundesregierung das Verhalten von bei ihr akkreditierten Botschaftern oder hier zu Besuch weilenden Ministern befreundeter Staaten vor dem Bundestag öffentlich qualifiziert. Die Bundesregierung ist bereit, in einem vertraulichen Gespräch über die Frage Auskunft zu erteilen oder diese im Auswärtigen Ausschuß, sofern sie dort angesprochen wird, zu beantworten. Zu Frage A 119: Die Bundesregierung sieht sich nicht der Lage, an dieser Stelle auf den in der Frage angesprochenen konkreten Fall einzugehen. Es liegt nicht im außenpolitischen Interesse der Bundesrepublik Deutschland, wenn die Bundesregierung das Verhalten von bei ihr akkreditierten Botschaftern befreundeter Staaten vor dein Bundestag öffentlich qualifiziert. Die Bundesregierung ist bereit, in einem vertraulichen Gespräch über den letzten Teil der Frage Auskunft zu erteilen oder diesen im Auswärtigen Ausschuß, sofern er dort angesprochen wird, zu beantworten. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4149* Anlage 42 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) (Drucksache '8/1056 Fragen B1und 2): Teilt der Bundeskanzler und mit ihm die gesamte Bundesregierung nach wie vor uneingeschränkt die im Auftrag des Bundesministers des Auswärtigen veröffentlichten Ausführungen des seinerzeitigen Leiters der politischen Abteilung und heutigen Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, Günther van Well, zur Außenvertretung Berlins (West) im Heft 20 des Europa-Archivs vom 25. Oktober 1976, insbesondere seine zutreffende Darstellung des Gesamtzusammenhangs des Satzes aus den die Westsektoren betreffenden Bestimmungen des Viermächteabkommens über Berlin, daß die Westsektoren Berlins so wie bisher kein Bestandteil (konstitutiver Teil) der Bundesrepublik Deutschland sind und auch weiterhin nicht von ihr regiert werden"? Wie erklärt die Bundesregierung die auch in dem genannten van-Well-Aufsatz hervorgehobene Tatsache, daß die Worte „so wie bisher" und „auch weiterhin" im vorgenannten Satz in östlichen Erklärungen über die Rechtsnatur der Bindungen der Westsektoren der Hauptstadt Deutschlands an die Bundesrepublik Deutschland weggelassen werden, so daß dabei die Begriffe „kein Bestandteil (konstitutiver Teil)" und snicht von ihr regiert werden" eine rechtlich und politisch falsche Auslegung erfahren? Zu Frage B 1: Die Frage bezieht sich offensichtlich auf folgenden Passus des Aufsatzes von Günther van Well, damaligen Leiters der Politischen Abteilung und heutigen Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, in Heft 20 des Europa-Archivs vom 25. Oktober 1976: Das politische Quidproquo, das die Sowjetunion und die DDR einbrachten, war ihre Bereitschaft, im Viermächteabkommen und seinen Ausführungsvereinbarungen eine befriedigende Zugangs- und Besuchsregelung für Berlin (West) zu treffen, die Aufrechterhaltung und Entwicklung der Bindungen zwischen Berlin (West) und der Bundesrepublik Deutschland zu akzeptieren und der von den drei Mächten getroffenen Regelung der Außenvertretung Berlins (West) durch die Bundesrepublik Deutschland nicht länger zu widersprechen. Die substantielle westliche Gegenleistung war daher nicht — wie die Sowjetunion verbreiten läßt -- die Feststellung, daß Berlin (West) kein Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland sei und nicht von ihr regiert werde. Denn darauf hatten die drei Mächte seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland immer bestanden, weil es eine Voraussetzung für den Fortbestand ihrer auch von der Bundesrepublik Deutschland als lebenswichtig angesehenen obersten Gewalt in Berlin (West) ist. Dementsprechend spricht das Viermächteabkommen auch davon, daß „die Westsektoren Berlins so wie bisher kein Bestandteil (konstitutiver Teil) der Bundesrepublik Deutschland sind und auch weiterhin nicht von ihr regiert werden". Also nichts Neues, keine Änderung der bestehenden Lage. Die Bundesregierung teilt die Beurteilung, die in diesen Ausführungen zum Ausdruck kommt Ich bin ermächtigt mitzuteilen, daß auch der Bundeskanzler selbst diese Auffassung teilt. Zu Frage B 2: Die Bundesregierung wertet die in der Tat häufige Weglassung der Worte „so wie bisher" und „auch weiterhin" bei der Zitierweise des Passus des Viermächteabkommens über das Verhältnis Berlins (West) zur Bundesrepublik Deutschland als Versuch, insoweit einen falschen Eindruck vom Inhalt des Viermächteabkommens, und zwar im Sinne des östiichen Standpunktes, zu erwecken. Die Bundesregierung hält diese Zitierweise für nicht vertretbar und bedauert sie. Im Einvernehmen mit der Bundesregierung haben die drei Mächte diese Zitierweise gegenüber ihrem Vertragspartner, der Sowjetunion, bei jeder geeigneten Gelegenheit zurückgewiesen. Anlage 43 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 3): Trifft es zu, daß Deutsche in Rumänien am Zugang zur deutschen Botschaft in Bukarest gehindert werden, und wenn ja, was gedenkt die Bundesrepublik Deutschland gegen solche den freien Verkehr mit der deutschen Botschaft behindernde Tatsachen — auch angesichts der umfangreichen und wachsenden Kredit- und Wirtschaftshilfen an Rumänien — zu unternehmen? Nach den Feststellungen der Bundesregierung trifft es nicht zu, daß Deutsche in Rumänien am Zugang zur Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest gehindert werden. Anlage 44 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 4) : Sind nach dem Völkervertragsrecht bezüglich der Verwirklichung von Menschenrechten die konkretisierten und erweiterten Rechtsverpflichtungen der UN-Menschenrechtspakte im gegenseitigen Vertragsverhältnis zwischen zwei Vertragsparteien auch dann voll wirksam, wenn frühere zweiseitige Abkommen zwischen den betreffenden Vertragspartnern weniger konkrete und weniger umfassende Rechtsverpflichtungen enthielten? Nach dem Völkervertragsrecht bezüglich der Verwirklichung von Menschenrechten sind die konkretisierten und erweiterten Rechtsverpflichtungen der VN-Menschenrechtspakte im gegenseitigen Vertragsverhältnis zwischen zwei Vertragsparteien vom Datum ihres Inkrafttretens an auch dann voll wirksam, wenn frühere zweiseitige Abkommen zwischen den betreffenden Vertragsparteien weniger konkrete und weniger umfassende Rechtsverpflichtungen enthielten. Anlage 45 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Fráge des Abgeordneten Graf Huyn (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 5) : 4150* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Bei wieviel Gelegenheiten in der Sitzungsperiode 1976 haben Vertreter der Bundesregierung vor den Vereinten Nationen — Generalversammlung oder Ausschüsse — auf die Verletzung der Menschenrechte in den bereits in meiner Anfrage Nr. 163, deren Beantwortung die von mir gewünschte genaue Angabe der zahlenmäßigen Gliederung der einzelnen Stellungnahmen nicht enthält, genannten drei Fallgruppen auf die Verletzung der Menschenrechte hingewiesen? In meiner Antwort auf Ihre Anfrage Nr. 163 habe ich bereits darauf hingewiesen, daß der Versuch einer schematischen zahlenmäßigen Aufgliederung der Diskussionsbeiträge zur Verletzung der Menschenrechte in der von Ihnen gewünschten Form irreführend wäre. Die Häufigkeit der Äußerungen zu den einzelnen Themen wurde unter anderem dadurch bestimmt, daß die von Ihnen aufgestellten Fallgruppen in der Tagesordnung der 31. VN-Generalversammlung unterschiedlich berücksichtigt worden sind. Zu der ersten Ihrer Fallgruppen, der Lage im südlichen Afrika, waren in die Agenda der 31. Generalversammlung zwölf konkrete Tagesordnungspunkte aufgenommen worden. Für die Fragen der beiden anderen von Ihnen genannten Fallgruppen gab es hingegen keine besonderen Tagesordnungspunkte. A. Auf die Verletzung von Menschenrechten in der Republik Südafrika, in Südwestafrika und in Rhodesien haben Vertreter der Bundesregierung in Erklärungen zu den Tagesordnungspunkten Dekolonisierung, Politik der Apartheid der _Regierung Südafrikas, Rassendiskriminierungsdekade, Bericht des Rassendiskriminierungsausschusses Internationale Konvention gegen Rassendiskriminierung, Anti-Apartheid Konvention, Nachteilige Folgen für Menschenrechte im südlichen Afrika, Selbstbestimmungsrecht und Unabhängigkeit für Kolonialgebiete, Südrhodesien, Namibia, Wirtschaftliche Interessen, die die Kolonisierung und Abschaffung der Rassendiskriminierung behindern, Dekolonisierung in VN- Organen hingewiesen. Der Bundesminister des Auswärtigen ist — wie schon in meiner Antwort auf Ihre Anfrage Nr. 163 erwähnt — vor dem Weltforum auch auf die Lage im südlichen Afrika eingegangen. B. Zu der .zweiten von Ihnen aufgestellten Fallgruppe: Die Frage von Menschenrechtsverletzungen durch Befreiungsbewegungen stand nicht auf der Tagesordnung. In seiner Rede vor dem Weltforum hat der Bundesminister des Auswärtigen sich in bezug auf das südliche Afrika für Lösungen mit friedlichen Mitteln eingesetzt. Die Bundesregierung sieht keinne Unterschied zwischen Menschenrechtsverletzungen, die durch Staaten oder Staatsorgane begangen werden, und Verletzungen menschlichen Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die auf Konto von Befreiungsbewegungen gehen. Wir verurteilen beide Arten von Menschenrechtsverletzungen gleichermaßen. Seit unserem Beitritt zu den VN haben die Vertreter der Bundesregierung immer wieder darauf hingewiesen, daß wir bewaffneten Kampf der Befreiungsbewegungen insbesondere deshalb ablehnen, weil er zwangsläufig zu Anwendung von Gewalt gegen unschuldige Menschen führt. Während der 31. Generalversammlung der Vereinten Nationen haben 'die Vertreter der Bundesregierung daher diesen Standpunkt in ihren Abstimmungserklärungen zu den Tagesordnungspunkten 25 (Dekolonisierung), 76 (Selbstbestimmung), 80 (Südrhodesien) und 85 (Namibia) zum Ausdruck gebracht. Dies gilt auch für eine Anzahl weiterer Erklärungen, beispielsweise zu den Tagesordnungspunkten 52 (Apartheid) in der Neuner-Erklärung oder zum Tagesordnungspunkt 52 (Friedliche Bemühungen um die Lage im südlichen Afrika). Die Bundesrepublik Deutschland hat darüber hinaus keiner VN-Resolution zugestimmt, in die die von Ihnen genannten Befreiungsbewegungen als „einzige und authentische Vertreter" der Völker von Namibia und Rhodesien bezeichnet wurden. Die Bundesregierung steht mit ihrer Haltung zum „bewaffneten Kampf" der Befreiungsbewegungen im Südlichen Afrika in einem Gegensatz zur überwiegenden Mehrheit der nunmehr fast 150 Mitgliedstaaten umfassenden Organisation der Vereinten Nationen, die diesen billigen. C. Auch die dritte Ihrer Fallgruppen, die Lage in der DDR, in Polen und in der UdSSR stand nicht auf der Tagesordnung. Dennoch hat sich die Bundesregierung mehrfach vor allem durch die grundlegende Darstellung ihrer Politik vor dem Weltforum der Vereinten Nationen in der Rede des Bundesministers des Auswärtigen vom 28. September 1976 Kapitel II, III und IV dazu geäußert. Wie ich Ihnen schon mitgeteilt habe, heißt es dort u. a.: „Die Bundesregierung resigniert nicht angesichts der Wirklichkeit einer Grenze, an der auf der anderen Seite noch in jüngster Zeit Schüsse fallen." Die Vertreter der Bundesregierung haben bei ihrer Arbeit in den Ausschüssen bei sich bietender Gelegenheit auf diese Ausführungen Bezug genommen. So beispielsweise unter dem Tagesordnungspunkt 12 (Bericht des Wirtschafts- und Sozialrats) in zwei Erklärungen zum Menschenrechtsbereich. Die deutschen Vertreter haben weiter zum Tagesordnungspunkt 76 (Selbstbestimmung) die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts für die Lage in Deutschland angesprochen und erklärt, daß Verletzungen des Selbstbestimmungsrechts meist Hand in Hand mit Menschenrechtsverletzungen gehen. In der Abstimmungserklärung zu diesem Tagesordnungspunkt ist auf die Intervention ides Warschauer Paktes in Angola Bezug genommen worden. Indirekte aber deutlich erkennbare Hinweise enthielten ferner die Neuner-Erklärungen zum Resolutionsentwurf „politische Gefangene" und zum Tagesordnungspunkt „Informationsfreiheit". Auch andere Tagesordnungspunkte wie beispielsweise TOP 80 (Rhodesien) wurden genutzt, um Hinweise auf die Lage in der DDR zu geben. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß es schwierig ist bei der Mehrheit der Mitgliedsländer der VN Interesse für die Verletzung individueller Menschenrechte zu finden. „Kollektive Rechte", die sich auf die Probleme der Ernährung, der Ausbildung, der Arbeitsbeschaffung und der wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung beziehen, stehen für diese Staaten im Vordergrund. Die Bundesregierung muß im Interesse einer gestaltenden positiven Mitarbeit in den VN den bestehenden Mehrheitsverhältnissen Rechnung tragen und die Form ihrer Äußerungen den Erfordernissen der Zusammenarbeit in diesem Rahmen anpassen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4151* Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Regenspurger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 7 und 8): Trifft es zu, daß die verantwortlichen Stellen in Rom es abgelehnt haben, das von Terroristen entführte Lufthansaflugzeug bei seinem Eintreffen auf dem Flugplatz der italienischen Hauptstadt bewegungsunfähig zu machen, und wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung dieses Verhalten unter politischen, rechtlichen und humanitären Gesichtspunkten? Wer oder was hat die Bundesregierung daran gehindert, in den seit der Entführung Hanns Martin Schleyers vergangenen Wochen die Voraussetzungen für eine großflächige Suchaktion durch alle verfügbaren bewaffneten Kräfte des Bundes und der Länder zu schaffen und schließlich diese Razzia z. B. im Großraum Köln durchführen zu lassen? Zu Frage B 7: Es trifft nicht zu, daß die zuständigen italienischen Behörden es abgelehnt haben, das Flugzeug der Lufthansa auf dem Flughafen Fiumicino bewegungsunfähig zu machen. Zu Frage B 8: Die Entführer Hanns Martin Schleyers haben die Einstellung aller Fahndungsmaßnahmen gefordert und mit seiner sofortigen Ermordung gedroht, wenn diese Forderung nicht beachtet wird. Die nach der Entführung Hanns Martin Schleyers eingeleiteten Fahndungsaktionen mußten deshalb unterhalb der Schwelle der Öffentlichkeitsfahndung gehalten werden. Diese wurde von mir deshalb bundesweit am 18. Oktober 1977, 23.00 Uhr, eingeleitet. Anlage 47 Antwort des Pari. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Will-Feld (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 9, 10, 11 und 12) : Wie hoch sind die durch das Gesetz zum Schutz von Fluglärm und den einschlägigen Verordnungen verursachten Mehraufwendungen für ein Einfamilienhaus? Inwieweit können Bauwillige auf Grund des Gesetzes gegen den Fluglärm mit verlorenen Zuschüssen für notwendige .Mehraufwendungen im Zusammenhang mit baulichen Schallschutzmaßnahmen rechnen? Ist die Bundesregierung bereit, sich durch entsprechende Zuschüsse oder anteilmäßige Erstattungen an den notwendigen Mehraufwendungen zu beteiligen? Sind die Gemeinden, deren Planungshoheit durch das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm und die entsprechenden Verordnungen eingeschränkt worden ist, vor Erlaß der Verordnung über die ‚Festsetzung der Lärmschutzbereiche" seitens des Bundes gehört worden? Zu Frage B 9: Nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm dürfen in der Schutzzone 1 eines Lärmschutzbereiches Wohnungen grundsätzlich nicht errichtet werden. In Schutzzone 2 ist die Errichtung von Wohnungen zulässig, wenn die Schallschutzanforderungen der Schallschutzverordnung vom 5. April 1974 (BGBl. I S. 903) erfüllt sind. Die Mehrkosten bei der Errichtung eines Einfamilienhauses in Schutzzone 2 infolge notwendiger Schallschutzmaßnahmen hängen von einer Reihe von Bedingungen ab. So kommt es u. a. darauf an, wie groß das Einfamilienhaus werden soll, welche akustische Qualität die Umfassungsbauteile ohne den zusätzlichen Schallschutz haben würden und welchen Anteil die Fenster und Türen an der Gesamtaußenhaut des Hauses einnehmen sollen. In einer 1975 vorgelegten Erhebung wurde z. B. für ein Einfamilienhaus, freistehend, eingeschossig, Flachdach, mit einer Wohnfläche von 128 m2 ein Betrag von 9 200,— DM Mehrkosten in Schutzzone 2 in Ansatz gebracht. Dabei wurde davon ausgegangen, daß von vornherein bei der Errichtung des Wohngebäudes der allgemeine Stand der Schallschutztechnik berücksichtigt wird. Zu Frage B 10: Im Fluglärmgesetz sind derartige Zuschüsse nicht vorgesehen. Zu Frage B 11: Die Bundesregierung bereitet derzeit einen Bericht über ihre Erfahrungen beim Vollzug des Fluglärmgesetzes vor. Sie prüft dabei auch die Frage von Erleichterungen bei der Errichtung von Wohngebäuden in Schutzzone 2. Zu Frage B 12: Länder und Kommunen hatten die Möglichkeit, ihre Auffassungen über den Vollzug des Fluglärmgesetzes zu äußern und Vorschläge vorzulegen. Das Fluglärmgesetz gibt klar zu erkennen, für welche zivilen und militärischen Flugplätze Lärmschutzbereiche festzusetzen sind. Die Konzeption des Gesetzesvollzugs wurde 1972 in zwei Besprechungen mit den obersten Luftfahrtbehörden der Länder und den für den Immissionsschutz zuständigen obersten Landesbehörden eingehend erörtert und in einem Zwischenbericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag vom 20. Oktober 1972 (BT-Drucksache VI/VII — 1) eingehend dargestellt. In den Jahren 1973 und 1974 wurde in mehreren Sitzungen des Beratenden Ausschusses nach § 32 a des Luftverkehrsgesetzes, in dem die Kommunalen Spitzenverbände mit zwei Mitgliedern vertreten sind, vom Bundesminister des Inneren über den Vollzug des Fluglärmgesetzes berichtet und das Verfahren der Ermittlung und Festsetzung der Lärmschutzbereiche erörtert. Darüber hinaus hatten die Gemeinden die Möglichkeit, in jedem einzelnen Fall der Festsetzung eines Lärmschutzbereichs ihre Auffassung über die Landesregierungen im Bundesrat, ohne dessen Zustimmung kein Lärmschutzbereich festgesetzt werden kann, zur Geltung zu bringen. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Henning (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 13): Ist es nach Auffassung der Bundesregierung mit ihrem Ansehen zu vereinbaren, daß ein Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesinnenministers die Mitgliedschaft im Beirat der Humanistischen Union (HU) annimmt bzw. beibehält, wenn es zu- 4152* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 trifft, daß der Bundesvorstand der HU den Bundesminister Dr. Maihofer von seiner Funktion als Mitglied im Beirat der HU entbunden hat, mit der Begründung, das Verhalten des Ministers in der „Affäre Traube' werde „für unvereinbar mit den von der HU vertretenen politischen und verfassungsrechtlichen Auffassungen" gehalten? Eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundesregierung in dem in Ihrer Frage erwähnten Zusammenhang ist in keiner Weise ersichtlich. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 14): Wie beurteilt die Bundesregierung die als Ergebnis einer Studie zum Datenschutz der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung mbH Bonn vom Juni 1977 getroffene Feststellung, der konkrete Wirkungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes lasse sich insbesondere im öffentlichen Bereich nur schwer abschätzen, und welche Folgerungen insbesondere für eine mögliche Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen der GMD-Studie zum Datenschutz vom Juni 1977? Die Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung hat im Rahmen ihrer Untersuchungen in der Studie „Auswirkungen des Datenschutzes" gelegentlich einer vergleichenden Betrachtung datenschutzrechtlicher Begriffe festgestellt, daß „neben den nach § 45 BDSG vorrangigen Normen noch weitere bereichsspezifische Gesetze existieren, die datenschutzspezifische Regelungen enthalten". Die Autoren vermuten, daß der 'Gesetzgeber bei der Konzeption des BDSG den Umfang der datenschutzspezifischen Regelungen nicht kannte, und sie werfen die Frage auf, ob nicht die Normen des BDSG reduziert werden sollten. In der Zusammenfassung wird dazu bemerkt, aus diesem Grunde lasse sich der konkrete Wirkungsbereich des BDSG nur schwer abschätzen. Die dem Gesetzgeber unterstellte Unkenntnis ist abwegig. Das Bundesdatenschutzgesetz ist bewußt so konzipiert worden, daß es hinter bereichs- und fachspezifischen Rechtsvorschriften zurücktritt und nur dort seine Auffangfunktion entfaltet, wo es an speziellen Regelungen fehlt. Die Gesetzeskonzeption geht also gerade von dem — z. Z. allerdings noch recht spärlichen — Vorhandensein 'spezieller Rechtsvorschriften über den Datenschutz aus. Die Rechtsposition des Bürgers wird dadurch verbessert, daß nunmehr auch in den weiten Bereichen, in denen es fachspezifische Datenschutzregelungen nicht gibt. der Schutz der Persönlichkeitssphäre durch das BDSG gewährleistet, sein Wirkungsbereich damit umfassend ist. Die Bundesregierung hat 'bereits in ihrer Antwort auf die von Ihnen mitinitiierte Kleine Anfrage (Drucksache 8/266) und 'die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hansen (Stenogr. Protokoll über die 42. Sitzung des Deutschen Bundestages am 15. September 1977, S. 3249) zum Ausdruck gebracht, daß sie Folgerungen für eine Novellierung erst aus der Verwaltungspraxis in ihrem eigenen Bereich und aus der Tätigkeit des Bundesbeauftragten für den Datenschutz sowie aus dem Erfahrungsaustausch mit Ländern, Wirtschaft und Wissenschaft ziehen könne. An dieser Auffassung hält die Bundesregierung fest. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 15): Liegt der Bundesregierung mittlerweile eine Antwort der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder vor, aus der hervorgeht, in welcher Weise der Text der deutschen Nationalhymne in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland gelehrt wird, oder wann Ist mit der Antwort (s. Antwort der Bundesregierung auf meine Frage B 112 Drucksache 8/458) zu rechnen? Eine Antwort der Ständigen Konferenz der Kultusminister auf Ihre Frage liegt noch nicht vor. Die Bundesregierung hatte sich im Mai 1977 mit der Anfrage bezüglich der deutschen Nationalhymne an das Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister in Bonn gewandt. Sie war in der Zwischenzeit mehrmals in der Angelegenheit mit dem Sekretariat in Kontakt. Nach Abschluß des von dort eingeleiteten Abstimmungsverfahrens unter den Ländern und Übersendung einer Antwort wird die Bundesregierung Ihnen diese unverzüglich übermitteln. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 16) : Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, die Einheiten des Bundesgrenzschutzes vor Anschlägen und Eingriffen zu schützen, und in welchem Umfang spielt hierbei der Einbau von Panzerglas in die Wachgebäude eine Rolle? Gemäß § 5 BGSG hat der Bundesgrenzschutz seine Behörden, Verbände, Einheiten und sonstigen Einrichtungen gegen Störungen und Gefahren, die die Durchführung seiner Aufgaben beeinträchtigen, zu sichern. Danach beschränkt sich die Sicherung auf den unmittelbaren Schutz der Einrichtungen sowie auf die unmittelbare Sicherung von Grundstücken, auf denen diese Einrichtungen untergebracht sind. Für die Durchführung der Sicherungsmaßnahmen ist der Kommandeur eines Verbandes oder der Führer einer selbständigen Einheit verantwortlich, und zwar auch für die in seinem Amtsbereich untergebrachten Behörden und Dienststellen der Grenzschutzverwaltung. Der für die Sicherungsmaßnahmen Verantwortliche veranlaßt, daß in einer Dienstanweisung die für die Durchführung der Sicherungsaufgaben nach § 5 BGSG erforderlichen Maßnahmen im einzelnen festgelegt werden. Für die durchzuführenden Maßnahmen stehen ihm die zugewiesenen Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4153* Waffen und sonstiges Material zur Verfügung. Ergänzende Weisungen enthalten die Polizeidienstvorschrift 371 (Eigensicherung im Polizeidienst) und die Grenzschutzdienstvorschrift 010 (Standortangelegenheiten). Nach den vom Bundesminister des Innern erlassenen Bestimmungen werden die Wachgebäude der BGS-Unterkünfte mit schußsicherem Glas ausgestattet. Lediglich in Standorten, in denen z. Z. neue Wachgebäude gebaut werden oder in Planung sind, ist bisher — wegen der hohen Kosten — vom Einbau von schußsicherem Glas in die Fenster der alten Wachräume abgesehen worden. Bau und Planung der noch erforderlichen Wachgebäude werden wegen der Bedeutung, die dem Einbau von schußsicherem Glas beigemessen wird, mit Nachdruck betrieben. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen B 17 und 18) : Ist der Bundesregierung bekannt, welche Bemühungen der Deutsche Turnerbund unternommen hat, um die internationale Startberechtigung für den im Juni 1975 aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland gekommenen Turn-Vizeweltmeister Wolfgang Thüne beim Internationalen Turnerbund zu erwirken, und wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des Präsidenten des Internationalen Turnerbunds, Juri Titow (UdSSR), für die zeitliche Festlegung der neuen Startberechtigung von Wolfgang Thüne reiche das Datum der Ausstellung des Bundespersonalausweises nicht aus? Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, sich im Zusammenwirken mit den zuständigen deutschen Sportorganisationen und den deutschen Mitgliedern im Internationalen Olympischen Komitee dafür einzusetzen, daß der Turner Wolfgang Thüne zumindest nach Ablauf der dreijährigen Wartezeit, im Juni 1978, die internationale Startberechtigung für den Deutschen Turnerbund erhält? Der Bundesregierung ist bekannt, daß sich der Deutsche Turnerbund seit April 1976 beim Internationalen Turnerbund mit Nachdruck darum bemüht, die internationale Startberechtigung für den im Juni 1975 aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland gekommenen Sportler Wolfgang Thüne zu erwirken. Der Internationale Turnerbund hat jedoch bislang die Auffassung vertreten, daß für die Startberechtigung eine Dreijahresfrist einzuhalten wäre, die mit der Ausstellung des Reisepasses zu laufen beginne. Er beruft sich insoweit auf die einschlägigen Olympischen Regeln, auf die in seiner eigenen Satzung verwiesen wird. Diese Regeln gehen davon aus, daß mit dem Start für ein anderes Land notwendigerweise ein Wechsel der Staatsangehörigkeit verbunden ist. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die vom Internationalen Turnerbund angeführte Olympische Regel auf den konkreten Fall nicht angewendet werden kann. Bei Wolfgang Thüne liegt kein Wechsel der Staatsangehörigkeit vor; er ist vielmehr seit Geburt deutscher Staatsangehöriger. Selbst wenn die einschlägige Olympische Regel hier entsprechend zur Anwendung käme, kann für den Beginn der Frist, nach deren Ablauf die Startberechtigung besteht, nur der Zeitpunkt maßgeblich sein, in dem Thüne nach Verlassen der DDR in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist und sich ihr zugeordnet hat. Der Zuordnungswille kommt eindeutig in dem Antrag auf Ausstellung des Personalausweises zum Ausdruck. Auf die Ausstellung eines Reisepasses oder einen dahin gehenden Antrag kann es daher nicht ankommen. Entsprechend der dargelegten Auffassung wird sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür einsetzen, daß der Sportler Wolfgang Thüne zumindest ab Juni 1978 die internationale Startberechtigung erhält. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 19) : Gibt es internationale Vereinbarungen über die Regelung der Schäden beim Flüssiggastransport, wie wird dies im einzelnen geregelt, und wird die Bundesregierung gegebenenfalls für den Abschluß derartiger Vereinbarungen Sorge tragen? Internationale Vereinbarungen über die Regelungen der Schäden bei dem Transport von Flüssiggas gibt es bisher nicht. Im Rahmen der Zwischenstaatlichen Beratenden SeeschiffahrtsOrganisation (IMCO) — einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, der auch die Bundesrepublik Deutschland angehört — wird gegenwärtig die Ausarbeitung einer internationalen Haftungsregelung für Schäden bei der Seebeförderung anderer gefährlicher Stoffe als 01 erörtert. Es wird erwogen, nach dem Vorbild des Internationalen Übereinkommens vom 29. November 1969 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden (BGBl. 1975 II S. 301) international eine Gefährdungshaftung für Schäden einzuführen, die durch Stoffe verursacht werden, deren Beförderung zur See außergewöhnliche Gefahren mit sich bringt. Welche Stoffe im einzelnen einer solchen Gefährdungshaftung unterliegen sollten, bedarf noch eingehender Prüfung. Nach den bisherigen Erörterungen erscheint jedoch die Annahme gerechtfertigt, daß der Transport von Flüssiggas in die vorgesehene internationale Haftungsregelung einbezogen werden wird. Der Rechtsausschuß der IMCO wird im Jahre 1978 mit Vorrang die mit der Ausarbeitung einer internationalen Haftungsregelung zusammenhängenden Probleme erörtern. Im Rahmen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (ECE) sind darüber hinaus auch Vorarbeiten für ein Übereinkommen über die Haftung beim Landtransport von gefährlichen Stoffen (einschließlich Binnenschiffstransport) im Gange. Die Bundesregierung wird sich an all diesen Erörterungen aktiv beteiligen. 4154* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schrift- lichen Fragen der Abgeordneten Frau Schleicher (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 20 und 21): Liegen der Bundesregierung bereits Erkenntnisse über die Anwendung des Eherechtsreformgesetzes hinsichtlich des Versorgungsausgleichs vor, und wenn ja, werden durch diese Erkenntnisse audi für andere Amtsgeriditsbezirke Berichte bestätigt, wonach, wie dies beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg der Fall sein soll, seit dem Inkrafttreten des neuen Eherechtsreformgesetzes noch nicht eine einzige Scheidung ausgesprochen wurde, bei der ein Versorgungsausgleich hätte vorgenommen werden müssen? Trifft es zu, daß die von der Bundesregierung in ihrer Antwort vom 12. August 1977 auf meine Frage vom 15. Juli 1977 als Hilfe angepriesenen Formulare weder von den Anwälten noch von den Mandanten ohne weiteres richtig ausgefüllt werden können, und wie konnte gegebenenfalls die Bundesregierung angesichts dessen in ihrer Antwort davon sprechen, daß die Auskünfte der Versicherungsträger sichergestellt seien? Zu Frage B 20: Das neue Scheidungsrecht ist erst am 1. Juli 1977 in Kraft getreten; vom 15. Juli bis 15. September waren Gerichtsferien. Seitdem sind noch keine sechs Wochen verstrichen. Es ist deshalb unmöglich, daß der Bundesregierung schon heute Erkenntnisse über die Anwendung der Vorschriften über den Versorgungsausgleich vorliegen können. Falls von den Familiengerichten in dieser kurzen Zeit Entscheidungen über den Versorgungsausgleich getroffen sein sollten, so kann es sich nur um Einzelfälle handeln, aus denen sich aber keine allgemein gültigen Erkenntnisse über die Anwendung des neuen Rechts ableiten lassen. Die Entwicklung bleibt zunächst abzuwarten. Zu Frage B 21: Die von einer Arbeitsgruppe im Zusammenwirken mit den Landesjustizverwaltungen entwickelten Vordrucke für den Versorgungsausgleich sollen die praktische Umsetzung der — von der Sache her notwendigerweise — komplizierten Rechtsvorschriften erleichtern. Von den Familiengerichten und den Anwälten werden die Vordrucke als wesentliches Hilfsmittel für die Durchführung des Versorgungsausgleichs angesehen, was schon daraus hervorgeht, daß zwar keine Verpflichtung besteht, sie zu verwenden, daß aber anscheinend gleichwohl in allen Verfahren von den Vordrucken Gebrauch gemacht wird. Die Ausarbeitung der Vordrucke geht übrigens auf einen dringenden Wunsch der Landesjustizverwaltungen und der Standesvertretungen der Rechtsanwälte zurück. An ihrer Abfassung war das Bayerische Staatsministerium der Justiz maßgeblich beteiligt. Daß die Vordrucke von den Rechtsanwälten und ihren Mandanten nicht immer „ohne weiteres" richtig ausgefüllt werden können, liegt in der Natur der Sache. Genaue Angaben der Eheleute über ihr Berufsleben und die in Betracht kommenden Versorgungsträger sind erforderlich, damit das Familiengericht bei den Versorgungsträgern die in der Ehe erworbenen Anwartschaften überhaupt erfragen kann. Um die genauen Angaben machen zu können, sind Grundkenntnisse im Versorgungsrecht unerläßich. In der Antwort des Staatssekretärs des Bundesministeriums der Justiz auf Ihre am 15. Juli 1977, also zwei Wochen nach Inkrafttreten des neuen Rechts, gestellte Frage habe ich bereits darauf hingewiesen, daß sich trotz aller intensiven Vorbereitungen (die Erarbeitung der Vordrucke ist hiervon nur ein kleiner Teil) Schwierigkeiten vor allem in der Übergangszeit nicht ausschließen lassen. Das ist bei so grundlegenden Neuerungen wie der Einführung des Versorgungsausgleichs und der gleichzeitigen Einrichtung der Familiengerichte unvermeidlich. Eine solche Lage verlangt von allen Beteiligten etwas Geduld. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage B 22) : Hält die Bundesregierung es für erforderlich, § 247 Abs. 1 BGB in der Fassung der Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8. Dezember 1931 zu ändern, um diese Vorschriften den heutigen Gegebenheiten anzupassen? Die Vorschrift des § 247 Abs. 1 BGB räumt dem Schuldner einer Geldschuld, die höher als mit 6 Prozent für das Jahr zu verzinsen ist, ein fristgebundenes, vertraglich grundsätzlich nicht ausschließbares Kündigungsrecht ein. Der damit verbundene Schutz des Kreditnehmers vor übermäßig langer vertraglicher Bindung bei höheren Zinssätzen ist, gemessen an vergleichbaren Regelungen im Recht anderer westlicher Industriestaaten, keinesfalls überzogen, sondern eher geringer als dort. Gleichwohl tritt die Bundesregierung Bestrebungen in der Kommission der Europäischen Gemeinschaften entgegen, im Rahmen der Harmonisierung des Verbraucherkredits dem Schuldner ein von der Höhe des Zinssatzes unabhängiges Recht zur jederzeitigen Rückzahlung von Geldschulden einzuräumen. Eine so weitgehende Regelung ließe die Verpflichtungen der Kreditinstitute auf der Refinanzierungsseite außer Betracht und könnte dem Kreditgeschäft die Kalkulationsgrundlage entziehen. Auf der anderen Seite sieht die Bundesregierung derzeit auch keinen Anlaß, das gesetzliche Kündigungsrecht des Geldschuldners nach § 247 Abs. 1 BGB — etwa durch Heraufsetzung des für das Kündigungsrecht maßgeblichen Mindestzinssatzes — abzuschwächen. Wegen der überwiegend steigenden Tendenz der Zinsen hat in früheren Jahren die Vorschrift des § 247 Abs. 1 BGB für die Kreditnehmer nur wenig praktische Wirkung geäußert. Der Umstand allein, daß wegen der gegenwärtig fallenden Tendenz der Kreditkosten das Kündigungsrecht des Kreditnehmers eine gewisse praktische Bedeutung gewonnen hat, macht eine Änderung des § 247 Abs. 1 BGB zum Nachteil der Kreditnehmer nicht erforderlich. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4155* Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen B 23 und 24) : Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, den vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband im Februar 1977 vorgetragenen „Überlegungen zur langfristigen Stärkung des Eigenkapitals" zu folgen, insbesondere was die Änderung des § 10 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes über das Kreditwesen bezüglich eines Haftungszuschlags für Anstaltslast und Gewährsträgerhaftung betrifft? Wie weit sind die Prüfungen der Vorschläge gediehen, eine teilweise Privatisierung der Sparkassen durch Aufnahme von privatem Kapital zuzulassen, oder will die Bundesregierung ohne jede Einschränkung an der öffentlich-rechtlichen Position und Funktion der Sparkassen festhalten? Die Eigenkapitalausstattung der Sparkassen ist nach Ansicht des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes derzeit kein dringendes Problem. Die Bundesregierung wird deshalb zunächst den Bericht der Studienkommission „Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft" abwarten, der voraussichtlich auf die angesprochenen Fragen eingehen wird. Nach Vorlage des Berichts wird die Bundesregierung prüfen, ob und welche gesetzgeberischen Maßnahmen des Bundes erforderlich sind. Für eine teilweise Privatisierung der Sparkassen wäre ohnehin eine Änderung der Sparkassengesetze erforderlich, für die die Länder zuständig sind. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hasinger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 25) : Trifft es zu, daß ein öffentlicher Arbeitgeber, der statt eines steuerfreien Essenszuschusses den gleichen Betrag in ein Sozialwerk einzahlt, hierfür 25 v. H. Steuern zahlen muß, und sieht die Bundesregierung hier die Möglichkeit einer Gleichbehandlung? Sozialwerke der Bundesverwaltung erhalten aus Bundesmitteln einen jährlichen Zuschuß, dessen Höhe sich nach der Kopfzahl der Mitglieder bestimmt (zur Zeit jährlich 15,— DM je Mitglied). Die Zuschüsse dienen dem Zweck, den Kindern der Mitglieder einen verbilligten Erholungsaufenthalt zu verschaffen. Diese Zuschüsse haben eine andere Funktion als Essenszuschüsse. Die Gewährung des einen Zuschusses kann deshalb nicht als Ersatz für den anderen Zuschuß angesehen werden. Bei der Gewährung der Zuschüsse an die Sozialwerke wird Lohnsteuer einbehalten, weil den Bediensteten, deren Kinder an der Erholung teilnehmen, durch die erhebliche Verbilligung ein geldwerter Vorteil zuwächst. In gleichem Maße werden seit jeher auch Erholungszuschüsse, die Arbeitgeber der Privatwirtschaft unmittelbar oder mittelbar ihren Arbeitnehmern zukommen lassen, dem Lohnsteuerabzug unterworfen, Die Steuerfreiheit von Arbeitgeberleistungen im Rahmen der Kinderfürsorge kann nicht erwogen werden. Eine solche Steuerfreiheit müßte dann auch für andere soziale Leistungen des Arbeitgebers zugelassen werden und würde ständig neue Berufungsfälle schaffen. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 26) : Wieviel Einsprüche gegen die aus konjunkturpolitischen Gründen für die Zeit vom 9. Mai 1973 bis zum 31. Dezember 1973 bestehende Aussetzung der Anwendung des § 7 b EStG liegen vor, und wie hoch schätzt die Bundesregierung die Steuerausfälle für den Fall einer nachträglichen Anwendung des § 7 b EStG für den genannten Zeitraum? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, wie hoch die Gesamtzahl der Einsprüche gegen die vom 9. Mai 1973 bis 31. Dezember 1973 bestehende Aussetzung der erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG ist. Die Verwaltung der Einkommensteuer ist Aufgabe der Landesfinanzbehörden. Einsprüche, die auf der Aussetzung der erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG während des Ausschlußzeitraumes der Dritten Konjunktur-Verordnung beruhen, sind gegen steuerliche Verwaltungsakte der Länderfinanzbehörden gerichtet. Nach meiner Kenntnis haben die Landesfinanzbehörden die Anzahl dieser Einsprüche nicht registriert. Die Steuermindereinnahmen bei rückwirkender Aufhebung der Aussetzung des § 7 b EStG würden etwa 170 Millionen DM jährlich betragen. Danach betrüge der Gesamtsteuerausfall — wegen des achtjährigen Begünstigungszeitraumes bei § 7 b EStG — schätzungsweise 1,3 bis 1,4 Milliarden DM. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretär Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Riesenhuber (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 27 und 28): Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, wie sich der spezifische Energieverbrauch in den einzelnen Wirtschaftsbereichen der Bundesrepublik Deutschland seit 1960 unter Berücksichtigung der Gliederung, die auch bei der Berechnung des Sozialprodukts verwendet wird, entwickelt hat, und wenn ja, wie stellt sich diese Entwicklung dar? Welche Erkenntnisse über die differenzierte Entwicklung der Wärme und des Elektrizitätsbedarfs bis 1985 lagen der Bundesregierung vor, als sie im März 1977 die „Eckwerte für ein neues Energieprogramm" verkündete? Zu Frage B 27: Amtliche Erhebungen über die Entwicklung des spezifischen Energieverbrauchs in den einzelnen Wirtschaftsbereichen nach der Gliederung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung bzw. Sozialproduktsberechn.ung gibt •es in der Bundesrepublik Deutschland nicht. Die Entwicklung des spezifischen Energieverbrauchs nach Industriezweigen, wie sie auch in den von der „Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V.", Düsseldorf, laufend erstellten Energiebilanzen für die Bundesrepublik Deutschland dargestellt werden, kann — als Indizes — für den Zeitraum 1962-1975 der anliegenden Zahlenübersicht entnommen werden (vgl. Anlage). Zu Frage B 28: Grundlage der in den Grundlinien für die Fortschreibung des Energieprogramms vom März 1977 veröffentlichten Eckwerte waren vor allem idie bis dahin abgeschlossenen Teile eines neuen Gemeinschafts-Energieprognosegutachtens der wirtschaftswissenschaftlichen Institute DIW/Berlin, RWI/Essen, EWI/Köln. Wie bereits in der Antwort zu Ihrer Frage zur „Rechnung des Veirhältnisses des Sozialprodukts zum Primärenergieverbrauch und des sog. Elastizitätskoeffizienten" als Basis für Prognosen über den Energiebedarf, die in Ihrer gesonderten schriftlichen Anfrage gleichen Datums enthalten ist, ausgeführt wurde, handelt es sich bei dem Gutachten der genanntendrei Institute um eine sehr detaillierte, nach einzelnen Verbrauchsbereichen und Energieträgern gegliederte Prognose, die sich über den Wärme- und Elektrizitätsbedarf hinaus auf den gesamten Energiebedarf erstreckt. Nach Fertigstellung aller seiner Teile soll das Gutachten im Zusammenhang mit der Fortschreibung des Energieprogramms veröffentlicht werden. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Roth (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen B 29 und 30) : Wie weit sind die Vorarbeiten zu der in der Regierungserklärung vom 16. Dezember angekündigten regelmäßigen Strukturberichterstattung gediehen, und wann ist mit einem endgültigen Auftrag an die beteiligen Institute zu rechnen? Wie lange werden die Institute mit den Berichten beschäftigt sein, und wann wird die Bundesregierung zu den Berichten Stellung nehmen, anläßlich des Jahreswirtschaftsberichts 1979 oder 1980? Zu Frage B 29: Mit dem Aufbau einer gesamtwirtschaftlich integrierten Strukturberichterstattung wird methodisches Neuland betreten. Deshalb hatte der Bundesminister für Wirtschaft Ende vergangenen Jahres fünf wirtschaftswissenschaftliche Institute getrennt beauftragt, Vorschläge für eine Konzeption der Strukturberichterstattung zu erarbeiten. Diese Vorstudien sind Mitte 1977 vorgelegt worden. Anlage Entwicklung des spezifischen Energieverbrauchs der Industrie 1962 bis 1975 (1970 = 100) 1962 1965 1970 1973 1974 1975 Nichtkohlenbergbau 111,7 120,1 100 105,1 103,4 116,0 Steine/ Erden 120,1 118,6 100 98,4 93,2 90,0 Eisenschaffende Industrie 113,0 107,4 100 91,2 90,1 94,6 Eisen /Stahl/Tempergießereien 134,0 111,3 100 98,8 120,5 89,1 Ziehereien und Kaltwalzwerke 97,2 90,4 100 78,3 78,4 95,0 NE-Metalle 116,0 104,9 100 110,4 123,7 135,0 Chemie 175,2 144,4 100 84,3 85,3 84,3 Zellstoff-, Papier-, Pappeindustrie 106,1 103,9 100 89,4 83,8 87,5 Gummi- und Asbestverarbeitung 102,4 101,1 100 106,5 102,2 103,7 übrige Grundstoffindustrie 98,2 93,9 100 90,5 90,8 97,8 Maschinenbau 94,9 97,7 100 102,8 92,3 95,0 Fahrzeugbau 112,8 116,4 100 102,7 104,2 100,4 Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik 111,5 103,9 100 90,5 84,1 89,6 EBM 101,8 101,1 100 97,1 95,9 101,5 übrige Inv. g. 122,9 118,7 100 91,4 84,4 86,1 Glas- und Feinkeramik 118,1 102,2 100 92,2 92,2 89,5 Kunststoffverarbeitung 114,4 105,0 100 94,7 91,1 97,5 Textilindustrie 112,5 105,5 100 89,5 87,9 86,8 übrige Verbrauchsgüter 92,9 93,8 100 100,1 98,5 100,1 Zucker 101,9 111,1 100 96,0 103,5 98,9 übrige Nahrungsmittel 94,5 95,8 100 91,6 96,5 93,6 Genußmittel 119,7 114,0 100 92,3 85,3 85,1 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4157* Die Institute kommen übereinstimmend zum Ergebnis, daß der Aufbau einer mit der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kompatiblen Strukturberichterstattung schrittweise realisierbar und gesamtwirtschaftlich zweckmäßig ist. Sie machen auf einige gewichtige Probleme aufmerksam, für die Lösungen gesucht werden müssen (insbesondere Lükken der Statistik, bisher fehlende Ansätze für eine allgemein akzeptierte Strukturtheorie). Die Vorstellungen der Institute für eine Berichterstattung sind im Ressortkreis, mit den Ländern, in einer Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Konzertierten Aktion und mit den Instituten erörtert worden. Mitte November sind Gespräche mit dem Statistischen Bundesamt und nochmals mit den Instituten und den Ressorts vorgesehen. Es ist beabsichtigt, den Instituten bis Jahresende Aufträge zum Aufbau der Strukturberichterstattung zu erteilen. Zu Frage B 30: Die Institute halten eineinhalb bis zwei Jahre zur Erarbeitung der ersten Strukturberichte für erforderlich. Dies würde bedeuten, daß diese Berichte kaum vor der zweiten Jahreshälfte 1979 vorgelegt werden könnten. Die Bundesregierung strebt, soweit es die notwendigen statistischen Vorarbeiten zulassen, einen möglichst frühzeitigen Termin für die erste Strukturberichterstattung an. Sie wird sich im jeweiligen Jahreswirtschaftsbericht zu den Ergebnissen äußern. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Voigt (Frankfurt) (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen B 31 und 32): Hat die Bundesregierung eine Vorstellung, welche Tiefengliederung bei welchen Merkmalen für das warenproduzierende Gewerbe und den Dienstleistungsbereich auf Grund vorhandener Statistiken in der Strukturberichterstattung erreichbar sein wird? Kann die Bundesregierung einen Überblick geben, was regelmäßige Kernberichterstattung beim Strukturbericht sein soll und welche Spezialuntersuchungen nötig sind? Zu Frage B 31: Die Bundesregierung bemüht sich gegenwärtig, gemeinsam mit den wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten und dem Statistischen Bundesamt zu klären, welche Tiefengliederung für die Wirtschaftsbereiche für welche Perioden möglich ist. Angesichts der vorhandenen statistischen Erhebungen besteht kein Zweifel, daß im Bereich des warenproduzierenden Gewerbes eine tiefere Untergliederung erarbeitet werden kann als für den Bereich der Dienstleistungen. Welche Tiefengliederung für die Strukturberichterstattung nutzbar gemacht werden kann, hängt auch davon ab, inwieweit die einzelnen Merkmale (z. B. Beschäftigung, Bruttowertschöpfung) für einzelne Sektoren in gleicher Abgrenzung erhoben werden. Zu Frage B 32: Nach den bisherigen Vorstellungen soll sich die Strukturberichterstattung in zwei Teile gliedern: Kernberichterstattung und ergänzende Spezialuntersuchungen. Die Kernberichterstattung, die von den an der Berichterstattung beteiligten Instituten im Wettbewerb durchzuführen ist, soll die wesentlichen strukturellen Veränderungen bei Nachfrage, Produktion und Faktoreinsatz umfassen. Die Abgrenzung dieses Berichts und die vorzusehenden ergänzenden Spezialuntersuchungen werden gegenwärtig mit den Instituten erörtert. Die Institute wollen bis November Vorschläge machen, welche Probleme in den Spezialuntersuchungen geprüft werden könnten. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Riesenhuber (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 33 und 34) : Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß die Rechnung des Verhältnisses des Sozialprodukts zum Primärenergieverbrauch und des sogenannten Elastizitätskoeffizienten unter Berücksichtigung der statistischen Fehler sowohl bei der Berechnung des Sozialprodukts als auch insbesondere beim Primärenergieverbrauch bei einem zunehmenden Einsatz der Kernenergie überhaupt noch- eine Basis für Prognosen über den Energiebedarf liefert? Welche Sektoren in der Volkswirtschaft werden bei der Berechnung der Entstehung des Sozialprodukts berücksichtigt, wie hoch ist der Energieverbrauch, der Elektrizitätsverbrauch und der Beitrag zum Sozialprodukt in den Jahren 1970 bis 1976? Zu Frage B 33: Dieser Frage liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, daß die Prognosen des Energiebedarfs, deren sich die Bundesregierung als einer unter mehreren Entscheidungshilfen bedient, von vornherein von einem bestimmten Verhältnis der Energiebedarfs- und Strombedarfssteigerung zum Sozialproduktwachstum ausgehen. Dies trifft jedoch nicht zu. Die Gemeinschafts-Energieprognose der wirtschaftswissenschaftlichen Institute DIW/Berlin, RWI/Essen, EWI/Köln, auf die in den Grundlinien und Eckwerten für die Fortschreibung des Energieprogramms vom März dieses Jahres Bezug genommen wird, beruht vielmehr auf einem „sektoralen Ansatz" und steht methodisch in Übereinstimmung mit Auffassungen, wie sie mehrheitlich nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch im internationalen Rahmen, insbesondere in der EG und IEA/OECD vertreten werden. Ausgehend von einer bestimmten Vorstellung über die voraussichtliche Entwicklung der Volkswirtschaft folgt sie dem vierstufigen Aufbau der Energiebilanzen, die für die Bundesrepublik Deutschland für das jeweils abgelaufene Jahr von der „Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V.", Düsseldorf, erstellt werden. Sie besteht daher aus einer Prognose des — Endenergieverbrauchs — nichtenergetischen Verbrauchs — Energieverbrauchs im Umwandlungssektor — Primärenergieverbrauchs, 4158* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 die ihrerseits weiter unterteilt sind. Die Basis liefert die Prognose des Endenergieverbrauchs. Vorausgeschätzt wird für die Sektoren Industrie, Verkehr sowie Haushalte und Kleinverbraucher, die wiederum soweit möglich nach Sektoren unterteilt werden, der Endenergieverbrauch an einzelnen Energieträgern einschließlich Strom, und zwar auf der Grundlage der jeweils für sie maßgebenden Bestimmungsgründe. Von der Vorausschätzung des Endenergieverbrauchs werden der notwendige Energiebedarf und die Verluste in den Umwandlnngsbereichen abgeleitet. Aus der Vorausschätzung des Endenergieverbrauchs, des Umwandlungseinsatzes sowie des nichtenergetischen Verbrauchs ergibt sich die Prognose des Primärenergieverbrauchs nach Energieträgern. Sogenannte Elastizitätskoeffizienten (Koeffizienten über die Elastizität des Energieverbrauchs oder des Stromverbrauchs in bezug auf das Sozialproduktwachstum), die aus derart sektoral angelegten Energieprognosen im nachhinein für den Vorausschätzungszeitraum ermittelt werden, können für Plausibilitätsüberlegungen von Nutzen sein. Sie sind jedoch nicht Voraussetzung, sondern Ergebnis der Prognosen, die sich somit von der bloßen Extrapolation vergangenheitsbezogener Koeffizienten grundsätzlich unterscheiden. Zu Frage B 34: Hinsichtlich der bei der Berechnung der Entstehung des Sozialprodukts berücksichtigten Bereiche der Volkswirtschaft und deren Bruttowertschöpfung in den Jahren 1970 bis 1976 verweise ich auf die laufenden einschlägigen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden (vgl. z. B. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Fachserie 18, Reihe S. 2, Revidierte Ergebnisse 1960 bis 1976). Amtliche Erhebungen über den Energieverbrauch und den Elektrizitätsverbrauch nach den Bereichen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung bzw. Berechnung der Entstehung des Sozialprodukts gibt es in der Bundesrepublik Deutschland nicht. Ich weise dieserhalb auch auf die Antwort zu Ihrer Frage über die Entwicklung des spezifischen Energieverbrauchs in den einzelnen Wirtschaftsbereichen der Bundesrepublik Deutschland seit 1960 hin, die in Ihrer gesonderten Schriftlichen Anfrage gleichen Datums enthalten ist. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 35 und 36) : Ist die Bundesregierung zwecks Nutzung der EG-Zuschüsse zu den nationalen Schulmilchprogrammen bereit, umgehend eine Klärung der Kompetenzstreitigkeiten bezüglich des Finanzierungsanteils zwischen Bund und Ländern herbeizuführen, um dadurch die in Brüssel bereitgestellten Millionen nicht verfallen zu lassen, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, den nationalen Anteil am Schulmilchprogramm aus Mitteln des Bundeshaushalts zu finanzieren? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um andere Milchgetränke wie Kakao und dergleichen in das EG-Schulmilchprogramm aufzunehmen, um damit den differenzierten Trinkbedürfnissen der deutschen Schüler Rechnung zu tragen? Die Bundesregierung hat die Länder in der Frage der Schulmilchfinanzierung zu keinem Zeitpunkt darüber im unklaren gelassen, daß auf Grund der verfassungsmäßigen Verwaltungszuständigkeit nach Artikel 30, 83 ff. Grundgesetz auch deren Finanzierungskompetenz nach Artikel 104 a Abs. 1 begründet ist. Diese Klarstellung der Finanzierungskompetenz ist im Jahre 1969 durch die Finanzreform erfolgt. Die Bundesregierung hat damit keine rechtliche Möglichkeit, von sich aus einen Finanzierungsbeitrag zu leisten. An dieser Rechtslage ändert auch die Tatsache nichts, daß sich Dritte an der Finanzierung der Schulmilchverbilligung beteiligen. Die Landesprogramme zur Schulmilchverbilligung sind zwar inzwischen weitestgehend ausgelaufen, doch bietet sich gerade jetzt durch die Möglichkeit der Mitfinanzierung aus Gemeinschaftsmitteln eine gute Chance zu deren Wiederaufnahme. Hinsichtlich der kassenmäßigen Abwicklung der aus dem Haushalt der EG im Falle der Aufstellung und Durchführung von Schulmilchprogrammen zu erwartenden Zuschüsse wurde den Ländern ein Vorschlag des BML unterbreitet. Dieser hat bei der ganz überwiegenden Mehrheit der Länder Zustimmung gefunden. Im Interesse einer hohen Beteiligung am Schulmilchfrühstück wurde und wird in Brüssel eine Erweiterung der Produktpalette angestrebt. Während die ursprünglichen Vorstellungen der Kommission lediglich die Einbeziehung von Vollmilch und Vollmilchkakao sowie Joghurt aus Vollmilch vorsahen, hat die Bundesregierung bereits eine Erweiterung der Produktpalette auf teilentrahmte Milch sowie Kakao aus teilentrahmter Milch erreichen können. Dem deutschen Anliegen, die Verbilligung darüber hinaus noch auf weitere Milcherzeugnisse auszudehnen und damit weitgehend moderne Verzehrsgewohnheiten zu berücksichtigen, wurde bisher bedauerlicherweise noch nicht entsprochen. Die Bemühungen werden fortgesetzt. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Schuchardt (FDP) (Drucksache 8/1056 Frage B 37) : Wie beurteilt die Bundesregierung die in der FAZ vom 19. Oktober 1977 erwähnte und von der amerikanischen National Academy of . Sciences veröffentlichte Liste von neuen Nutzpflanzen und deren Verwendbarkeit in Entwicklungsländern, und wird die Bundesregierung als Mitglied des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) ein solches Forschungsprojekt beantragen? Die Bundesregierung ist über die Bemühungen der Amerikanischen National Academy of Sciences, neue Nutzpflanzen für marginale Standorte in den Entwicklungsländern zu ermitteln und zu testen, unterrichtet. Die Bundesregierung hat selbst vor zehn Jahren im Rahmen ihrer Technischen Zusammenarbeit vergleichbare Untersuchungen in Tunesien zusammen mit der Food and Agriculture Orga- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4159* nisation (FAO) angestellt. Sie beurteilt Versuche mit derartigen Pflanzen grundsätzlich positiv, ist jedoch der Auffassung, daß deren Anbau und Nutzen in großem Umfange von einer Reihe von Faktoren abhängt, die bisher noch nicht hinreichend bekannt sind. Hierzu zählen insbesondere das geringe Ertragsniveau der meisten dieser Pflanzen sowie eine Reihe von sozioökonomischen Problemen wie gemeinsame Nutzungsrechte an Weiden und Waldflächen. Daher ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Bemühungen zur Nutzung von trokkenresistenten und salztoleranten Pflanzen im Rahmen internationaler Programme noch weiter systematisch betrieben werden muß, bevor ein endgültiges Urteil möglich ist. Hierfür eignet sich am ehesten die Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung (CGIAR),. deren Forschungsinstitute von der Bundesregierung seit mehreren Jahren nachhaltig unterstützt werden. Der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), der voraussichtlich gegen Ende des Jahres seine Tätigkeit aufnimmt, wird nur dann Projektanträge prüfen, wenn sie offiziell von der Regierung des Empfängerlandes eingereicht worden sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Antrag von der betreffenden Regierung direkt oder über eine auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Entwicklung tätige internationale Fach- und Finanzinstitution an den IFAD herangetragen wird. Es ist nicht vorgesehen, bestimmte Vorhaben auf Wunsch eines Industrielandes zu bearbeiten. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Oostergetelo (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen B 38 und 39): Kann die Bundesregierung mitteilen, in welchen Bundesländern Schulmilchprogramme im Schuljahr 1977/78 durchgeführt werden? Wieviel Mittel stehen für die Bundesrepublik Deutschland zur Verbilligung von Schulmilch aus dem Brüsseler Agrarfonds insgesamt zur Verfügung, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß in allen Schulen, in denen die technischen Voraussetzungen gegeben sind, verbilligte Milch angeboten werden sollte? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen aus den einzelnen Bundesländern ist für die Durchführung der Schulmilchverbilligung folgender Vorbereitungsstand erkennbar: — Baden-Württemberg und Bremen haben alle Vorbereitungen — also einschließlich der Mittelbereitstellung — getroffen, damit nach den Herbstferien noch im November 1977 mit der Schulmilchverbilligung begonnen werden kann. -- Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz beabsichtigen ab 1. Januar 1978 mit der Durchführung von Schulmilchprogrammen zu beginnen. — Hamburg, das bisher bereits in Kinderheimen und Kindergärten kostenlos Milch verteilen ließ, wird diese Maßnahme im Rahmen des Schulmilchprogrammes fortsetzen und dabei Gemeinschaftsmittel einsetzen können. — Bayern beabsichtigt — der bisherigen Praxis folgend — nur Beihilfen zur Anschaffung von Milchautomaten an Schulen zu gewähren. Dies ist nach den EG-Bestimmungen ebenfalls erstattungsfähig. — Niedersachsen hat eine ablehnende Kabinettentscheidung zur Schulmilchverbilligung getroffen. — Hessen, das Saarland und Schleswig-Holstein haben wegen der dort noch ungeklärten Mittelaufbringung bisher keine abschließende Entscheidung getroffen. Die Kommission der EG hat auf Grund eigener Schätzungen im EG-Haushalt 1977 für die Schulmilchverbilligung global 17,4 Millionen RE = 59,4 Millionen DM eingestellt, für 1978 sind im Haushaltsvoranschlag 26,0 Millionen RE = 88,7 Millionen RE = 88,7 Millionen DM veranschlagt. Eine Aufteilung dieser Summe auf die einzelnen Mitgliedstaaten wurde nicht vorgenommen. Soweit bisher überschaubar, scheinen die bereitgestellten Mittel für die Finanzierung der Schulmilchverbilligung ausreichend zu sein. Im Interesse einer gesunden Ernährung der Schulkinder würde die Bundesregierung die Abgabe verbilligter Milch an allen Schulen begrüßen. Die üblichen modernen Verpackungs- und Distributionsmethoden ermöglichen auch eine Belieferung aller Schulen mit Milch. Allerdings muß an den Schulen auch die Bereitschaft bestehen, die weitgehend gegebenen personellen und organisatorischen Voraussetzungen für die Verteilung der verbilligten Milch zu nutzen. Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 40) : Weiche beruflichen Möglichkeiten eröffnen sich für junge deutsche Landwirtschaftsfachleute (Agrar- und Agrardiplomingenieure) durch den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), in den jährlich über 126 Millionen DM entrichtet wird? Mit dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) wurde keine neue Entwicklungsbank, sondern lediglich eine auf die Förderung landwirtschaftlicher Vorhaben besonders ausgerichtete Finanzierungsquelle für Entwicklungsländer geschaffen. Somit wird die IFAD keine Aufgaben übernehmen, die von nationalen und internationalen Fach- und Finanzorganisationen in diesem Bereich bereits wahrgenommen werden. Durch die Verlagerung aller technischen und operationalen Tätigkeiten auf diese Institutionen sollen Überschneidungen und Doppelarbeit und der Aufbau neuer umfangreicher Verwaltungen vermieden werden. Das Fondssekretariat selbst wird sich in 4160* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 der Anfangsphase (1978/79) mit einem Mitarbeiterstab von nur 47 Fachkräften und 42 Schreib und Hilfskräften begnügen, an deren Gestellung 94 Mitgliedsländer gleichermaßen interessiert sind. Die in Höhe von einer Milliarde US-Dollar der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern zusätzlich zur Verfügung stehenden IFAD-Mittel — in Vorhaben der Finanzhilfe und Technischen Hilfe umgesetzt — werden einen zusätzlichen Bedarf an landwirtschaftlichen Experten zwar nicht beim IFAD selbst, sondern bei den projektdurchführenden Institutionen zur Folge haben. Interessenten können sich an das Büro Führungskräfte zu internationalen Organisationen (BFIO) bei der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV), Feuerbachstraße 42, 6000 Frankfurt/Main, melden. Im übrigen beträgt der Gesamtbetrag der Bundesrepublik Deutschland 55,0 Millionen US-Dollar, der in drei gleichen Jahresraten von ca. 18,3 Millionen US-Dollar bar zu zahlen ist. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 41): Sind im unmittelbaren oder mittelbaren Verantwortungsbereich der Bundesregierung Erkenntnisse darüber gesammelt worden, wieviel Prozent der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung erworben haben, und wenn ja, welche Erkenntnisse liegen vor? Die Zahl der Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik Deutschland in die betriebliche Altersversorgung einbezogen sind, ist zuletzt in einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 1974 festgestellt worden. Danach hatten am Stichtag 31. Dezember 1973 im Bereich der Privatwirtschaft außer Landwirtschaft und Baugewerbe 7 Millionen Arbeitnehmer eine Anwartschaft auf betriebliche Versorgungsleistungen. Rechnet man die nicht erfaßten Bereiche, deren Arbeitnehmer aufgrund tarifvertraglicher Regelung eine zusätzliche Altersversorgung erhalten — also Landwirtschaft, Baugewerbe sowie den öffentlichen Dienst — hinzu, kommt man insgesamt auf gut 12 Millionen Arbeitnehmer, die am 31. Dezember 1973 eine Anwartschaft auf Betriebsrente besaßen. Auf die Gesamtzahl aller abhängig Beschäftigten bezogen entspricht dies einem Anteil von etwas mehr als 60 v. H. Das Statistische Bundesamt führt z. Z. eine neue Erhebung über Arten und Ausmaß der betrieblichen Altersversorgung durch. Deren Ergebnisse werden zu Beginn des nächsten Jahres vorliegen und in den Ende 1978 dem Deutschen Bundestag zu erstattenden Bericht über die Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung nach Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes am 22. Dezember 1974 Eingang finden. Die neue Statistik wird u. a. auch Aufschluß darüber geben, ob sich der Anteil der in die betriebliche Altersversorgung einbezogenen Arbeitnehmer an der Gesamtbeschäftigtenzahl verändert hat und auf welche Ursachen ggf. die Veränderung zurückzuführen ist. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 43 und 44) : Welche Gründe sind dafür maßgebend, daß die tägliche Schichtzeit eines Kraftfahrers im gewerblichen Straßengüterverkehr bis zu zwölf Stunden pro Tag bzw. pro Schicht betragen kann, wobei als Schichtzeit neben der Lenkzeit (bis zu acht Stunden pro Tag) und der Arbeitsbereitschaft (Be- und Entladen) auch die vom Kraftfahrer eingelegten Ruhepausen angerechnet werden? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus, daß die Einbeziehung der Ruhepausen dazu führen kann, daß die Fahrer angehalten werden, nur die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen von einer Stunde pro Schicht einzuhalten, damit die Schichtzeit nicht durch zusätzlich eingelegte Ruhepausen überschritten wird, und daß dadurch u. U. eine Verkehrsgefährdung hervorgerufen wird, daß zusätzlich eingelegte, vielleicht aus gesundheitlichen Gründen notwendige Ruhepausen durch Überschreiten der Schichtzeit bestraft werden? Die Schichtzeit eines Kraftfahrers, d. h. seine Arbeitszeit einschließlich der Ruhepausen, ist grundsätzlich auf 12 Stunden pro Tag festgesetzt, um seine Anwesenheit am Arbeitsplatz auf ein vertretbares Maß- zu begrenzen und ihm eine möglichst lange zusammenhängende Ruhezeit sicherzustellen. Jede Verlängerung der Schichtzeit, d. h. der Arbeitszeit oder der Ruhepausen, führt zu einer Verkürzung der Ruhezeit zwischen den Schichten, die der Kraftfahrer nicht zuletzt aus Gründen der Verkehrssicherheit braucht. Ihre in der zweiten Frage dargelegte Auffassung teile icht nicht. Reicht nämlich die gesetzlich vorgeschriebene Mindestdauer der Ruhepause im Einzelfall nicht aus, dann ist der Kraftfahrer verpflichtet, zusätzliche Ruhepausen einzulegen. Die grundsätzliche Frage ist, ob durch zusätzliche Pausen entweder die Arbeitszeit oder die zusammenhängende Ruhezeit verkürzt werden soll. Die z. Z. geltende gesetzliche Regelung sieht eine Einbeziehung der Pausen in die Schichtzeit und damit eine entsprechende Verkürzung der Arbeitszeit vor. Meines Erachtens ist diese Lösung vorzuziehen; denn eine Verkürzung der zusammenhängenden Ruhezeit könnte eine Gefährdung der Verkehrssicherheit zur Folge haben. Anlage- 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 45) : Welche Wünsche finanzieller Art zur Erleichterung der Heimkehr von jugoslawischen Arbeitnehmern wurden bei dem Besuch des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in Jugoslawien an die Bundesregierung herangetragen, und welche Vorstellungen entwickelt die Bundesregierung dazu unter Berücksichtigung der Präzedenzwirkungen für andere Herkunftsländer? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4161* Bei dem Besuch ides Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in Jugoslawien hat die jugoslawische Seite den Wunsch geäußert, von der Bundesregierung bei der Schaffung von Arbeitsplätzen für zurückkehrende jugoslawische Arbeitnehmer unterstützt zu werden. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wies in diesem Zusammenhang auf die Beratungen der von der Bundesregierung gebildeten interministeriellen Arbeitsgruppe hin, deren Ergebnissen er nicht vorgreifen könne. Die Frage soll, wenn der Bericht der Arbeitsgruppe vorliegt (etwa November 1977) und innerhalb der Bundesregierung sowie mit den Bundesländern beraten worden ist, in den nächsten deutsch-jugoslawischen Expertengesprächen weiterbehandelt werden. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 46) : Trifft es zu, daß drei Jahre lang von der Arbeitsverwaltung die Ermittlung von Fällen mißbräuchlither Inanspruchnahme von Leistungen „hintenangesetzt" wurde, und wenn ja, warum ist die Bundesregierung im Rahmen der ihr obliegenden Rechtsaufsicht nicht dagegen eingeschritten, und wie vereinbart die Bundesregierung dies mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit in Fällen mißbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen Ermittlungen verzögert oder gar unterlassen hätten: Die gebotenen Nachforschungen wurden in allen derartigen Fällen, die naturgemäß nicht auszuschließen sind, mit der erforderlichen Sorgfalt und Eile angestellt. Soweit danach Leistungen zu Unrecht gewährt wurden, ist ihre Rückzahlung unverzüglich angeordnet worden. Ein Anlaß, im Wege der Rechtsaufsicht einzuschreiten bestand nicht. Sollten Ihnen dennoch Fälle bekanntgeworden sein, in denen die gebotenen Ermittlungen verspätet oder überhaupt nicht durchgeführt wurden, wäre ich dankbar, wenn Sie mir diese Fälle benennen würden. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Stutzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 47): Warum hat Bundesminister Dr. Ehrenberg in seinem Referat vor der Studien- und Fördergesellschaft der schleswig-holsteinischen Wirtschaft am 10. Oktober 1977 bei einer Aufzählung der Problemgruppen des Arbeitsmarkts nicht auch die Schwerbehinderten genannt, bedeutet dies etwa, daß die Schwerbehinderten nach Auffassung der Bundesregierung nicht mehr zu den Problemgruppen des Arbeitsmarkts gehören? Wie Sie sicher aus eigener Praxis wissen, können in einer Rede oder einem Referat nicht alle Probleme und Aufgaben aufgegriffen werden, sondern schwerpunktmäßig nur diejenigen, die man dem jeweiligen Auditorium vornehmlich nahebringen will. Wenn Minister Dr. Ehrenberg in dem von Ihnen zitierten Referat ausnahmsweise die Schwerbehinderten nicht als Problemgruppe des Arbeitsmarktes besonders herausgestellt hat, dies in anderen Reden aber um so betonter tat, so ist daraus nun wirklich nicht zu schließen, die Bundesregierung zähle die Schwerbehinderten nicht mehr zu den Problemgruppen des Arbeitsmarktes. Die Bundesregierung betrachtet im Gegenteil die Eingliederung unserer behinderten Mitbürger in Beruf und Gesellschaft als wichtige sozial- und gesellschaftspolitische Aufgabe und handelt dementsprechend. Beispiele dafür sind die Verbesserung der Rechte der Behinderten durch eine moderne Rehabilitationsgesetzgebung (Schwerbehindertengesetz, Rehabilitations-Angleichungsgesetz, Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter sowie die Weiterentwicklung des Bundessozialhilfegesetzes) und die Verbesserung der Mögliçhkeiten zur Rehabilitation durch den Aufbau eines umfassenden Systems von Rehabilitationseinrichtungen. , Darüber hinaus wurde Ende letzten Jahres ein „Sonderprogramm des Bundes und der Länder zur verstärkten Bereitstellung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Schwerbehinderte" beschlossen. Für die Durchführung dieses Programms wurden 100 Millionen DM bereitgestellt. Mit Hilfe des Sonderprogramms konnten rund 8 000 Schwerbehinderte, die längere Zeit arbeitslos gewesen waren, wieder in Arbeit vermittelt werden. Ihnen ist sicherlich auch bekannt, daß sich die Bundesregierung für eine Neuauflage dieses Programms einsetzt. Sie ist dabei aber auf die Mitwirkung der Länder angewiesen. In Kürze wird sie die Länder zu einer Besprechung über das geplante Vorhaben einladen. Hinweisen möchte ich auch noch darauf, daß die Bundesregierung 270 Millionen DM zum Ausbau der sozialen Dienste bereitgestellt hat. Der Erfolg auch dieses Programms hängt aber letzten Endes von der Mitwirkung der Länder und Kommunen sowie der karitativen Organisationen ab. Minister Dr. Ehrenberg hat bereits an alle in Frage kommenden Stellen appelliert, zum Erfolg dieses Programms, das ebenfalls für Schwerbehinderte sehr wichtig ist, beizutragen. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Müntefering (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen B 48 und 49) : Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit zu erreichen, daß ehemaligen deutschen Bürgern, die nach dem 8. Mai 1945 Bürger der CSSR wurden und inzwischen Bürger der Bundesrepublik Deutschland geworden sind, die in der CSSR zurückgelegten Versicherungszeiten auf ihre Rentenansprüche in der Bundesrepublik Deutschland angerechnet werden? Wie beurteilt die Bundesregierung das gleiche Problem bei solchen Bürgern, die als Kinder des in der vorstehenden Frage bezeichneten Personenkreises erst nach dem 8. Mai 1945 in der CSSR geboren wurden und inzwischen Bürger der Bundesrepublik Deutschland geworden sind? 4162* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Ich gehe davon aus, daß sich Ihre Frage auf Personen bezieht, die nach Kriegsende ihren ständigen Wohnsitz freiwillig in der CSSR begründet haben. In bezug auf sie ist folgendes zu bemerken: In der gesetzlichen Rentenversicherung können grundsätzlich nur Versicherungszeiten angerechnet werden, die innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt worden sind. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz machen lediglich das Fremdrentengesetz und die verschiedenen Sozialversicherungsabkommen. Die nach dem Fremdrentengesetz anspruchsberechtigten Personen (z. B. Vertriebene) haben infolge der Kriegsereignisse unverschuldet ihre bisherige soziale Sicherung eingebüßt. Ihnen gleichgestellt sind die Spätaussiedler aus Vertreibungsgebieten. Hierzu gehören jedoch Personen, die ihren ständigen Wohnsitz erst nach dem Kriegsende in die CSSR verlegt haben, nicht. Eine Anrechnung der von ihnen oder ihren Kindern in der CSSR bis zu ihrer Rückkehr in die Bundesreblik Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten könnte daher erreicht werden, wenn das Fremdrentengesetz auf diesen Personenkreis erweitert würde. Dies stünde jedoch mit der Zielsetzung dieses Gesetzes nicht in Einklang. Außerdem würden dadurch die nach Kriegsende freiwillig in die CSSR übergesiedelten Deutschen bessergestellt werden als alle anderen Deutschen, die im Ausland versicherungspflichtig beschäftigt waren und die ebenfalls von dem Fremdrentengesetz nicht erfaßt werden. Dies gilt z. B. für Rückkehrer aus Vertreibungsgebieten vor dem zweiten Weltkrieg oder aus dem sonstigen Ausland nach dem zweiten Weltkrieg. Zu denken ist ferner an Flüchtlinge aus Ungarn oder der CSSR, die inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben. Jede Änderung der bestehenden Regelung des Fremdrentengesetzes zugunsten von Rückkehrern aus der CSSR oder deren Kindern müßte präjudizierende Wirkung für die Anrechnung der von Deutschen im Ausland zurückgelegten Versicherungszeiten haben, die mit erheblichen, nicht zumutbaren finanziellen Belastungen für die Versichertengemeinschaft verbunden wäre. Die Berücksichtigung der von Nichtvertriebenen und ihren Kindern in der CSSR zurückgelegten Versicherungszeiten im Fremdrentenrecht kann daher nicht in Aussicht gestellt werden. Eine Änderung des bestehenden Rechtszustandes zugunsten der erwähnten Personen könnte allenfalls im Rahmen eines Sozialversicherungsabkommens mit der CSSR in Betracht gezogen werden. Ob es zu einem solchen Abkommen kommen wird, kann gegenwärtig nicht beurteilt werden. Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage B 50) : Kann die Bundesregierung eine vergleichende Übersicht der Beitragsschwankungen bei den Ersatzkassen und den privaten Krankenkassen — nach oben und unten — für 1977 geben, dies beispielhaft belegen und eine Wertung der unterschiedlichen Beitragsentwicklung anschließen? Der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz der Ersatzkassen hat sich im ersten Halbjahr 1977 nicht verändert. Er betrug bei den Ersatzkassen für Angestellte am 1. Juli 1977 11,83 v. H. des Grundlohnes. Die Schwankungsbreite der Beitragssätze bei den einzelnen Ersatzkassen für Angestellte erstreckt sich von 10,2 v. H. bis 12,1 v. H. des Grundlohnes. Repräsentative Angaben über die Beitragsentwicklung bei der privaten Krankenversicherung im Jahre 1977 liegen nicht vor. Es ist zwar bekannt, daß es in der privaten Krankenversicherung Beitragsanhebungen gegeben hat. Über den Umfang dieser Beitragserhöhungen liegen mir jedoch keine Angaben vor. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, daß ein Vergleich von Beiträgen in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung wegen der grundsätzlichen Unterschiede in der Beitragsbemessung — einkommensabhängige Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung, risikoabhängige Beiträge in der privaten Krankenversicherung — nur mit erheblichen Einschränkungen möglich wäre. Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Stutzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 51) : Was wird die Bundesregierung unternehmen, daß bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die aufgesplitterten Finanzierungsmöglichkeiten aus vielen Programmen zusammengefaßt, die Förderungsvoraussetzungen vereinheitlicht und vereinfacht werden, mit dem Ziel, diese Maßnahmen künftig erfolgreicher zu gestalten? Für Allgemeine Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung wurden seit 1974 insgesamt 2,7 Milliarden DM, davon 1,3 Milliarden DM im Rahmen von Programmen des Bundes bereitgestellt. Die Mittel werden — auch soweit sie aus Programmen des Bundes stammen — von der Bundesanstalt für Arbeit nach den §§ 91 bis 96 des Arbeitsförderungsgesetzes, der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die Förderung von Allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und den dazu ergangenen Weisungen vergeben. Lediglich für die Förderung von Maßnahmen im Bereich der sozialen Dienste, einem Schwerpunkt des arbeitsmarktpolitischen Programms der Bundesregierung vom 25. Mai 1977, bestehen besondere Weisungen der Bundesanstalt zur Höhe und den Förderungsvoraussetzungen. Wie mir bekannt ist, beabsichtigt der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, die gegenwärtig in einer Vielzahl von Runderlassen enthaltenen Dienstanweisungen zuüberarbeiten und in einem Sammelrunderlaß übersichtlich zusammenzufassen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4163* Nach dem Entwurf des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (BT-Drucksache 8/950, Einzelplan 11) sollen alle für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Rahmen von Programmen des Bundes bereitgestellten Mittel in zwei Titeln zusammengefaßt werden. Die kassenmäßige Abwicklung der laufenden und etwaiger zukünftiger Programme wild dadurch erleichtert werden. Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Becker (Frankfurt) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 52 und 53) : Ist es nach Auffassung der Bundesregierung ein Mißbrauch des Aufsichtsrechts des Bundesarbeitsministers über die ärztlichen Körperschaften, wenn dieser die ärztlichen Körperschaften — wie durch das Schreiben vom 5. Oktober geschehen — wegen des von ihnen gar nicht herausgegebenen, sondern allenfalls empfohlenen Blatts — thema 1 Gesundheit — zur Rede stellt? Hat sich das Aufsichtsrecht des Bundesarbeitsministers über die ärztlichen Körperschaften nicht darauf zu beschränken, daß diese Gesetze und Satzung innehalten, und haben nicht auch die ärztlichen Körperschaften das Recht der freien Meinungsäußerung im Sinne von Artikel 5 des Grundgesetzes gegenüber Gesetzen wie dem sogenannten Kostendämpfungsgesetz? Die Art der Ankündigung des genannten Blattes durch das „Deutsche Ärzteblatt" und verschiedene seiner Redaktionsmitglieder hat, da das „Deutsche Ärzteblatt" und seine Redaktion im Verantwortungsbereich auch der Kassenärztlichen Bundesvereinigung stehen, den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung veranlaßt, verschiedene Fragen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung zu stellen. Diese Fragen sind inzwischen beantwortet. Die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Durchführunggesetzlicher Vorschriften und anderer Rechtsvorschriften gehört zu den Pflichtaufgaben der kassenärztlichen Körperschaften. Dies unterliegt bei gegebenem Anlaß aufsichtsrechtlicher Nachprüfung. Die Fragen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung zielten darauf ab zu klären, ob und inwieweit die Ankündigung des o. g. Blattes unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt von Bedeutung ist. Um die Frage eines Rechts auf freie Meinungsäußerung für Körperschaften des öffentlichen Rechts ging es hierbei nicht. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Warnke (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 54): Welche Entscheidung hat das Bundesarbeitsministerium über den Antrag der Bayerischen Staatsregierung getroffen, in Hof und Würzburg je ein Ausbildungswerk für 200 Behinderte zu errichten? Die Frage des Bedarf und des Standortes für die Errichtung weiterer Berufbildungswerke für lernbehinderte Jugendliche in Bayern ist zwischen der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung sehr eingehend erörtert worden. Wegen des überregionalen Charakters dieser Einrichtungen zur Erstausbildung behinderter Jugendlicher und wegen des Koordinierungsauftrages des Bundesministerifür Arbeit und Sozialordnung nach § 62 des Arbeitafordarungsgesetzes kommt in diesem Zusammenhang der Klärung der Bedarfssituation besondere Bedeutung zu. Der Freistaat Bayern wird mit Abschluß der ersten Aufbaustufe des gemeinsam mit den Ländern und der Bundesanstalt für Arbeit zu errichtenden bundesweiten Netzes von Berufsbildungswerken mit den Einrichtungen in Dürrlauingen, Abensberg und Kirchseeon über insgesamt 850 Ausbildungsplätze für den Personenkreis der lernbehinderten Jugendlichen verfügen. Im Hinblick auf die jetzt planerisch in Angriff genommene zweite Aufbaustufe wird Bayern — bezogen auf seinen Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik — einen Gesamtbedarf von 1 056 derartiger Ausbildungsplätze aufweisen (1. und 2. Aufbaustufe). Der sich hieraus abzüglich des vorhandenen ergebende ungedeckte Bedarf von rund 200 Ausbildungsplätzen soll durch die Errichtung eines Berufsbildungswerkes im Norden Bayerns befriedigt werden. Als mögliche Standorte waren zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, der Bayerischen Staatsregierung und der Bundesanstalt für Arbeit die Städte Würzburg und Hof in der Diskussion. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat sich — nicht zuletzt auch aus struktur- und arbeitsmarktpolitischen Überlegungen im Hinblick auf das Zonenrandgebiet — zunächst für die Stadt Hof entschieden. Inwieweit es die bereits angesprochene überregionale Bedeutung der Berufsbildungswerke über den dargestellten Bedarf hinaus notwendig werden läßt, die Errichtung eines weiteren Berufsbildungswerkes mit ebenfalls rund 200 Ausbildungsplätzen in der westlichen Region Nordbayerns — etwa in Würzburg — ins Auge zu fassen, wie es von der Bayerischen Staatsregierung weiter vorgeschlagen wird, konnte wegen der z. Z. noch nicht abschließend geklärten Bedarfsfrage noch nicht entschieden werden. Darüber hinaus ist unter Berücksichtigung der besonderen Bedarfssituation für weibliche lernbehinderte Jugendliche in Südbayern von verschiedenen Seiten dargelegt worden, daß das Berufsbildungswerk in Dürrlauingen um etwa 100 Ausbildungsplätze für diesen Personenkreis erweitert werden muß. Als Nebenstelle des Berufsbildungswerkes Dürrlauingen soll daher eine entsprechende Ausbildungseinrichtung für Mädchen in Augsburg errichtet werden. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage B 55): 4164* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Sind dem Bundesverteidigungsminister Untersuchungen bekannt, wonach Soldaten, die auf Grund der besonderen Altersgrenzen vorzeitig in den Ruhestand treten, früher sterben als andere Berufsgruppen, und ist an eine Anderung der Altersgrenze gedacht? Dem Bundesministerium der Verteidlgung sind keine Untersuchungen bekannt, die etwas darüber aussagen, ob Soldaten, die auf Grund der besonderen Altersgrenzen früher als andere Berufsgruppen in den Ruhestand treten, auch früher sterben. Derzeit befinden sich noch zu wenig Soldaten genügend lange im Ruhestand, um Ihre Frage mit ausreichender Sicherheit beantworten zu können. Zum zweiten Teil Ihrer Frage teile ich Ihnen mit, daß nicht daran gedacht ist, die besonderen Altersgrenzen für Soldaten generell zu verändern. Eine weitere Heraufsetzung würde — wie auch an den Auswirkungen des Haushaltsstrukturgesetzes deutlich wird — die Schwierigkeiten bei einer an der Einsatzbereitschaft orientierten Verjüngung des Führungspersonals noch weiter verschärfen. Eine Herabsetzung der besonderen Altersgrenzen auf den Stand vor 1975 wird befürwortet. Sie würde den sich abzeichnenden Verwendungsstau vorüber- gehend mildern, da in 2 Jahren 3 Geburtsjahrgänge ausscheiden könnten. Hierdurch würden aber andererseits die ab 1982 immer schwieriger werdenden Personalprobleme auch um ein Jahr vorverlegt. Die zur Behebung der Folgen der unorganischen Altersschichtung der Berufsoffiziere des Truppendienstes angestellten Untersuchungen, bei denen ein freiwilliges vorzeitiges Ausscheiden von Berufsoffizieren eine der Möglichkeiten darstellt, stehen vor dem Abschluß. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage B 56) : Denkt der Bundesverteidigungsminister — gerade auch im Hinblick auf die Vorgänge an der Bundeswehrhochschule in München — daran, die in der ZDv 12/1 „Politische Bildung in der Bundeswehr' vorgesehene Anlage 4 "Anteil der Politischen Bildung an der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Unteroffiziere und Offiziere" in Kürze zu erlassen? Die grundsätzlichen Regelungen über die politische Bildung der Unteroffiziere und Offiziere sind in Kapitel 5 der ZDv 12/1 getroffen. Diese Weisungen sind bindend. Auf dieser Basis wurden vorläufige Lernziele formuliert, und zwar für folgende Ebenen: — Erstausbildung zum Vorgesetzten — Fortbildung zum Vorgesetzten ohne Disziplinargewalt — Fortbildung zum Vorgesetzten mit Disziplinargewalt -- Fortbildung zum Stabsoffizier Die endgültigen Lernziele sollen als Anlage 4 der ZDv 12/1 erlassen werden, sobald die abschließenden Ergebnisse der Wirkungsanalyse Politische Bildung in der Bundeswehr vorliegen und ausgewertet sind. Da die Wirkungsanalyse Mitte 1978 abgeschlossen sein wird, soll die ZDv in der zweiten Hälfte des Jahres 1978 ergänzt werden. Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von w auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage B 57): Kann die Bundesregierung dafür Sorge tragen, daß der ins Auge gefaßte Neubau der Standortverwaltung Achern noch vor 1980 in Bau gehen kann, wenn die planerisdien Arbeiten abgeschlossen sind, damit die militärischen und zivilen Dienststellen des Ortenaukreises, des Stadtkreises Baden-Baden und des Landkreises Rastatt so bald wie möglich zentral und angemessen untergebracht werden können? Der Bau eines zentralen Dienstgebäudes für die militärischen und zivilen Dienststellen des OrtenauKreises, des Stadtkreises Baden-Baden und des Landkreises Rastatt war und ist nicht vorgesehen. Die ursprüngliche Absicht, für die Standortverwaltung Achern ein neues Dienstgebäude zu bauen, wurde aufgegeben, weil das für die Standortverwaltung Achern zunächst angemietete Gebäude der Allgemeinen Ortskrankenkasse Baden-Baden-Bühl im Jahre 1976 für die endgültige Unterbringung des Bürobereiches dieser Bundeswehrdienststelle geeignet war und erworben werden konnte. Für die Standortverwaltung Achern braucht daher nur noch ein Lager- und Werkstattbereich neu errichtet zu werden. Der Planungsauftrag hierfür ist bereits erteilt. Nach der Einstellung in den Haushalt werden die Bauarbeiten sobald als möglich, voraussichtlich im Jahre 1979, beginnen. Anlage 80 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Müller (Bayreuth) (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage B 58) : Ist die Bundesregierung bereit, durch Rechtsverordnung die Kennzeichnung von Produkten der Massentierhaltung in Einzelhandelsgeschäften sicherzustellen? Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, die Kennzeichnung von Produkten der Massentierhaltung in Einzelhandelsgeschäften vorzuschreiben. Die von Ihnen gestellte Frage ist bereits wiederholt im Zusammenhang mit der Erörterung einer tierschutzgerechten Haltung auch im Deutschen Bundestag behandelt worden. Dabei ist darauf hingewiesen worden, daß die Beschaffenheit der in Betracht kommenden Produkte nicht in erster Linie von der Art der Tierhaltung, sondern vom Gesundheitszustand der Tiere und deren Fütterung abhängt. Eine besondere Kennzeichnungsvorschrift Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4165* wäre nur denkbar, wenn Produkte aus Massentierhaltungen allgemein eine Beschaffenheit aufweisen würden, über die der Verbraucher unterrichtet werden müßte. Dies trifft jedoch nach den der Bundesregierung bekanntgewordenen wissenschaftlichen Untersuchungen nicht zu. Anlage 81 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 59): Kann auf Grund der Äußerung des Parlamentarischen Staatssekretärs Zander auf der Bundeskonferenz der Arbeiterwohlfahrt in Travemünde, daß Mißbräuche in den Sozialämtern seltener als bei den Finanzämtern seien und dem Staat durch Steuerbetrug und Subventionsschwindel mehr Geld verlorengehe als durch ungerechtfertigte Inanspruchnahme von bescheidenen Sozialhilfen, die Bundesregierung die Höhe dieser finanziellen Verluste bekanntgeben? Die absolute Höhe der finanziellen Verluste für den Staat kann schon deshalb nicht angegeben werden, weil es — das ist bei Mißbrauch bzw. dem Ausweichen gegenüber gesetzlichen Bestimmungen immer so — in beiden Fällen einen Dunkelbereich gibt, für den ein exakter Nachweis nicht möglich ist, der sich vielmehr nur vage abschätzen läßt. Solche Schätzungen sind für die Dunkelziffer der Steuerhinterziehung von privater Seite immer wieder angestellt worden. Die in diesem Zusammenhang genannten Zahlen bewegen sich in Größenordnungen von Milliardenhöhe. Sie beruhen aber — das möchte ich noch einmal betonen — auf reinen, nicht belegbaren Schätzungen. In der Steuerstrafsachenstatistik können allein die jährlich aufgeklärten Fälle von Steuerhinterziehung erfaßt werden. Im Jahre 1976 wurden in insgesamt 21 160 Fällen Straferkenntnisse wegen Steuerstraftaten rechtskräftig. Hinzu kamen 15 997 Fälle leichtfertiger Steuerverkürzung und ähnlicher Steuerordnungswidrigkeiten, die durch Bußgeldbescheide geahndet worden sind. Die Summe der erkanntermaßen hinterzogenen und leichtfertig verkürzten Steuern betrug 301 Millionen DM. Hinzu kommen die aus Subventionsschwindel resultierenden Belastungen der öffentlichen Hand. Da der Straftatbestand des „Subventionsbetruges" erst zum 1. September 1976 in das Strafgesetzbuch (§ 264 StGB) aufgenommen worden ist, liegt bisher noch kein Zahlenmaterial über das Ausmaß entsprechender Verstöße vor. Zwar wird eine entsprechende Bundesstatistik über die aufgedeckten Fälle mißbräuchlicher Inanspruchnahme von Sozialhilfe nicht geführt. Wie dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit jedoch durch Mitteilung mehrerer Sozialämter bekannt ist, ist ihre Zahl sehr gering. So sind uns von Frankfurt und Wiesbaden etwa 5 bzw. 6 Fälle im Jahr genannt worden. Auch bei anderen Sozialämtern scheint der Anteil der Mißbrauchsfälle deutlich unter 0,5 % aller Empfängerhaushalte zu liegen. Aus diesen Angaben ergibt sich, daß das Problem der Steuerhinterziehung (und des Subventionsschwindels) in seiner Größenordnung sicher ernster zu nehmen ist als die mißbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialhilfe. Zu diesem Schluß kommt man schon dann, wenn man nur die aufgedeckten Fälle miteinander vergleicht. Daß alle Schätzungen des nichtaufgeklärten Umfanges von Steuerhinterziehung (und Subventionsschwindel) weit über das hinausgehen, was an nicht erkanntem Mißbrauch in der Sozialhilfe überhaupt denkbar ist, möchte ich noch hinzufügen. Anlage 82 Anlage des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Schleicher (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 60) : Wann wird die Bundesregierung die Arzneimittel, die als Suchtmittel mißbraucht werden, den strengen Vorschriften für Betäubungsmittel unterwerfen, und warum ist dies bisher nicht geschehen? Die Voraussetzungen, unter denen die Bundesregierung weitere Stoffe den Betäubungsmitteln gleichstellen kann, sind in § 1 Absätzen 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt. Sofern und sobald diese Voraussetzungen vorliegen, wird die Bundesregierung eine Gleichstellung vornehmen. Diese Voraussetzungen wurden in letzter Zeit vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit lediglich für „Tilidin", den Wirkstoff des Arzneimittels „Valoron" als gegeben angesehen. Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat deshalb kürzlich der Bundesregierung eine Gleichstellung von Tilidin mit den Betäubungsmitteln vorgeschlagen. Die Bundesregierung prüft z. Z. diesen Vorschlag. Anlage 83 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Müller (Bayreuth) (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage B 61): Ist die Bundesregierung bereit, auf die Deutsche Bundesbahn einzuwirken, daß im Interesse einer besseren Flächenbedienung die Wartezeiten für Anschlußverbindungen an das IC-Netz maximal 30 Minuten nicht übersteigen? Die Deutsche Bundesbahn (DB) gestaltet ihr Fahrplanangebot in enger Zusammenarbeit mit den Ländern (§ 48 Bundesbahngesetz). Die DB ist dabei bestrebt, Reiseverbindungen so günstig wie möglich anzubieten. Bei der Vielzahl der Züge mit den unterschiedlichsten Aufgaben (z. B. Berufs-, Einkaufs-, Behörden- und Schülerverkehr) kann in bezug auf den Zu- und Abbringerdienst für das IC-Zugsystem in manchen Fällen nur eine Kornpromißlösung hinsichtlich der Übergangszeiten auf 4166* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 den Knotenbahnhöfen vorgesehen werden, um allen Anforderungen an die Verkehrsbedienung zu genügen und eine gute Zugauslastung zu erreichen. Im Rahmen dieser vielfältigen Aufgabenstellung ist die DB bemüht, möglichst günstige Zuganschlüsse herzustellen, ohne sich jedoch allgemein auf einheitliche, maximale Übergangszeiten festlegen zu können. Anlage 84 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage B 62) : Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die Deutsche Lufthansa zum Aufbau eines Regionalflugnetzes zu ermuntern? Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, die Lufthansa zum Aufbau eines Regionalflugnetzes zu ermuntern. Anlage 85 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Jung (FDP) (Drucksache 8/1056 Fragen B 63, 64 und 65) : Liegen aus den laufenden Modell- und Naturversuchen bereits positive Zwischenergebnisse vor, die erkennen lassen, daß auch andere technische Lösungen als der Bau von Staustufen — z. B. künstliche Geschiebezugabe und Einbau von Sohlschwellen — geeignet sind, die Erosion des Rheinbettes zu verhindern, und warum wurde gegebenenfalls für den Bau der Staustufe Neuburgweier bereits die Einleitung eines raumordnerischen Verfahrens beantragt, obwohl die Modell- und Naturversuche nodi nicht abgeschlossen sind? Wurde das raumordnerische Verfahren auf der Basis einer Planung beantragt (bei Rhein-km 353,85), die wasserbautechnisch ungünstiger und finanziell wesentlich teurer ist als die optimale Planung bei Rhein-km 354,2, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, nachdem die Gemeinde Neuburg bereits ihren entschiedenen Widerstand gegen den Standort bei Rhein-km 353,85 erklärt hat, einen alternativen Standort in unmittelbarer Grenznähe — etwa zwischen Rhein-km 352,00 und 353,00 — zu untersuchen? Warum wurde mit den Bauarbeiten am neuen deutsch-französischen Grenzübergang zwischen Neulauterburg und Scheibenhardt (Route industrielle — B 9) noch nicht begonnen, obwohl für diese besonders dringliche Maßnahme bereits im vergangenen Jahr zusätzliche Bundesmittel bereitgestellt wurden? Zu Frage B 63: Wie das Bundesministerium für Verkehr wiederholt erklärt hat, lassen Zwischenergebnisse der bisherigen Untersuchungen den Schluß zu, daß der Baubeginn für die Staustufe Neuburgweier bis 1980 ausgesetzt werden kann und daß die bis dahin zu erwartenden endgültigen Untersuchungsergebnisse abgewartet werden können. Bei diesen Zwischenergebnissen wurde festgestellt, daß die Geschiebezugabe geeignet ist, die Erosion unterhalb von Iffezheim zumindest so weit einzudämmen, daß weder schädliche Auswirkungen für Landeskultur und Wasserwirtschaft noch unzumutbare Behinderungen der Schifffahrt entstehen. Erst nach Abschluß der Untersuchungen läßt sich beurteilen, ob mit der Geschiebezugabe oder einer anderen untersuchten Alternative der Erosion auf Dauer begegnet werden kann. Das Bundesministerium für Verkehr hat auch stets der Öffentlichkeit gegenüber erklärt, daß bei einem Aussetzen des Baubeginns rein vorsorglich Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren durchzuführen sind, damit für den Fall eines notwendig werdenden Baubeginns keine weitere Zeitverzögerung eintritt. Zu Frage B 64: Dem Antrag für die zur Risikominderung notwendigen Raumordnungsverfahren und dem darin vorgeschlagenen Standort für die Staustufe waren Verhandlungen zwischen den beiden Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vorausgegangen, bei denen sich eine Einigung der beiden Länder unter Ausgleich der unterschiedlichen regionalen Interessen für einen Standort bei Rhein-Kilometer. 353,850 abzeichnete. Die Verhandlungen zwischen beiden Ländern sind noch nicht abgeschlossen. Im übrigen ist es gerade das Ziel der Raumordnungsverfahren, den optimalen Standort für die Staustufe unter Berücksichtigung der Interessenlage auf beiden Rheinufern zu finden. Eine Staustufenlage zwischen Rhein-Kilometern 352 und 353 ist aus wasserbau- und schiffahrtstechnischen Gründen nicht möglich. Zu Frage B 65: Um die Baudispositionen sowohl für die Grenzbrücke über die Lauter und die neue Zollanlage als auch für die Anbindung des französischen an das deutsche Straßennetz zeitlich auf die französischen Bauabsichten abstimmen zu können, ist das zuständige Ministerium in Paris um Angabe der dortigen Terminplanungen gebeten worden. Das französische Ministerium hat mit Schreiben vom 7. April 1977 seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, die Straßenbrücke über die Lauter Ende 1979 dem Verkehr übergeben zu können. In Artikel 4 des deutschfranzösischen Abkommens vom 23. März 1976 ist festgelegt, daß die französische Verwaltung die Planung, Ausschreibung, Vergabe, Bauüberwachung und Abrechnung der Brücke über die Lauter übernimmt. Die Planung für die Anbindung der Brücke über die Lauter an das-deutsche Straßennetz wird z. Z. bearbeitet. Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wimmer (Mönchengladbach) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 66 und 67) : Ist der Bundesregierung bekannt, aus welchen Verkehrsräumen die Auffahrt im Raum Keyenberg/Borschemich zur Autobahn Mönchengladbach/Venlo (Westtangente Mönchengladbach, A 61) von den Verkehrsteilnehmern im wesentlichen benutzt wird? Wird die Bundesregierung geeignete Schritte unternehmen, um die derzeitige behelfsmäßige Auffahrt in eine endgültige Auffahrt umzuwandeln, damit die derzeitige Entlastung der Ortsteile Wanlo und Wickrathberg der Stadt Mönchengladbach vom Durchgangsverkehr auf Dauer gewährleistet wird? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4167* Planung und Bauausführung der Westtangente Mönchengladbach mit südlicher Verlängerung bis Jackerath liegen noch bis Ende 1977 in der Zuständigkeit des Landes Nordrhein-Westfalen. Angaben über Quelle und Ziel des bei Borschemich am provisorischen Ende der Autobahn auf das nachrangige Netz überwechselnden Verkehrs liegen der Bundesregierung nicht vor. Vom Land Nordrhein-Westfalen ist für den Bereich Borschemich eine Anschlußstelle nicht vorgesehen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Raum durch das vorhandene und geplante Autobahnnetz gut erschlossen wird und ausreichende Auf- und Abfahrtmöglichkeiten erhält. Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen B 68 und 69) : Gibt es für die Straßenbauämter in den Ländern verbindliche Vorschriften des Bundes über die Ausgestaltung von Brückenbewehrungen, für Wasserdurchlässe und über die Sichtbarmachung von Wegeeinmündungen, und wenn ja, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß dabei die Gesichtspunkte der Verkehrssicherheit ausreichend berücksichtigt werden? Gibt es für die Signalschauen verbindliche Vorschriften über die Zeiträume und über die zu beteiligenden Dienststellen und sonstige Personen, und falls dies nicht der Fall ist, beabsichtigt die Bundesregierung, hierfür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen? Zu Frage B 68: 1. Bei den Brückenbewehrungen gehe ich davon aus, daß hierunter Geländer- und andere Absturzsicherungen verstanden werden. Für die Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes — nur für sie kann der Bundesminister für Verkehr technische Vorschriften verbindlich einführen — sind insbesondere „Richtlinien für abweisende Schutzeinrichtungen an Bundesfernstraßen" erlassen; darüber hinaus sind besondere Richtzeichnungen für den Brücken- und Ingenieurbau zu beachten. Die Länder als Auftragsverwaltungen für die Bundesfernstraßen haben im übrigen in eigener Zuständigkeit zu prüfen, wo und in welchem Umfang in Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten Schutzmaßnahmen anzuordnen sind. 2. Für die Anlage von Wegeeinmündungen und die Sichtbarmachung gelten grundsätzlich die Richtlinien für die Gestaltung von Straßen. Darüber hinaus verpflichten die StVO (§ 45 [3]) und die Verwaltungsvorschriften hierzu die zuständigen Landesbehörden, die Voraussetzungen für einen reibungslosen und sicheren Ablauf des Verkehrs bei jeder Gelegenheit zu prüfen und — wo notwendig — unverzüglich Abhilfe zu schaffen. Bei der Aufstellung der vorgenannten Richtlinien standen Sicherheitsgesichtspunkte im Vordergrund. Die Bundesregierung ist aufgrund der Erfahrungen der Auffassung, daß für weitergehende Sicherheitsmaßnahmen keine Veranlassung besteht. Zu Frage B 69: Die „Verkehrsschau" ist — für die Straßenverkehrsbehörden verbindlich — in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung geregelt. Eine Ablichtung der Vorschriften liegt an. III. Überprüfung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen 1. Die Straßenverkehrsbehörden haben bei jeder Gelegenheit die Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf des Verkehrs zu prüfen. Dabei haben sie besonders darauf zu achten, daß die Verkehrszeichen und die Verkehrseinrichtungen, auch bei Dunkelheit, gut sichtbar sind und sich in gutem Zustand befinden, daß die Sicht an Kreuzungen, Bahnübergängen und Kurven ausreicht und ob sie sich noch verbessern läßt. Gefährliche Stellen sind darauf zu prüfen, ob sie sich ergänzend zu den Verkehrszeichen oder an deren Stelle durch Verkehrseinrichtungen, wie Leitpfosten, Leittafeln oder durch Schutzplanken oder durch bauliche Maßnahmen ausreichend sichern lassen. Erforderlichenfalls sind solche Maßnahmen bei der Straßenbaubehörde anzuregen. Straßenabschnitte, auf denen sich häufig Unfälle bei Dunkelheit ereignet haben, müssen bei Nacht besichtigt werden. 2. a) Alle zwei Jahre haben die Straßenverkehrsbehörden zu diesem Zweck eine umfassende Verkehrsschau vorzunehmen, auf Straßen von erheblicher Verkehrsbedeutung und überall dort, wo nicht selten Unfälle vorkommen, alljährlich, erforderlichenfalls auch bei Nacht. An den Verkehrsschauen haben sich die Polizei und die Straßenbaubehörden zu beteiligen; auch die Träger der Straßenbaulast, die öffentlichen Verkehrsunternehmen und ortsfremde Sachkundige aus Kreisen der Verkehrsteilnehmer sind dazu einzuladen. Bei der Prüfung der Sicherung von Bahnübergängen sind die Bahnunternehmen — für die Deutsche Bundesbahn deren Betriebsämter — für andere Schienenbahnen gegebenenfalls die für die technische Bahnaufsicht zuständigen Behörden hinzuzuziehen. Über die Durchführung der Verkehrsschau ist eine Niederschrift zu fertigen. b) Eine Verkehrsschau darf nur mit Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde unterbleiben. c) Die zuständigen obersten Landesbehörden sorgen dafür, daß bei der Verkehrsschau überall die gleichen Maßstäbe angelegt werden. Sie führen von Zeit zu Zeit eigene Landesverkehrsschauen durch, die auch den Bedürfnissen überörtlicher Verkehrslenkung dienen. 4168* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 8/1056 Frage B 70) : Inwieweit sind Schäden der Umwelt, eine Zerstörung des Altmühltals durch den Bau des Main-Donau-Kanals bei den Gutachten über dieses Bauvorhaben berücksichtigt worden? Planung und Durchführung der Baumaßnahmen im Altmühltal werden mit besonderer Sorgfalt vorbereitet und ausgeführt. Dies kommt u. a. durch die Aufstellung des Landschaftsplanes Altmühltal — der unter Mitwirkung auch des Vorsitzenden des Bundes Naturschutz in Bayern e. V. erarbeitet wurde — zum Ausdruck. Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes während der Bauzeit kann nicht Maßstab einer endgültigen Beurteilung sein. In den Baukosten sind auch die Kosten enthalten, die für die Einbindung der Wasserstraße in das Landschaftsbild erforderlich sind. Anlage 89 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schrift- lichen Fragen des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 71 und 72) : Hält die Bundesregierung die Verfahrensvorschriften des derzeit geltenden Rechts zur Planung von Bundesfernstraßen in ihrer gegenwärtigen Umständlichkeit für nach wie vor erforderlich, oder erwägt sie eine Novellierung mit dem Ziel einer Vereinfachung und Beschleunigung dieser Verfahren? Hätte die in der Antwort der Bundesregierung vom 19. Oktober 1977 auf meine diesbezügliche Anfrage erwähnte Entscheidung des Bundeskabinetts zu der Verfahrensfrage, ob die überall dringend erwarteten Grenzwerte für den Lärmschutz durch ein Gesetz oder durch eine Rechtsverordnung festgelegt werden sollen, angesichts der Dringlichkeit dieser Fragen nicht längst erfolgen müssen, um diese Werte — wie von der Bundesregierung angekündigt — noch in diesem Jahr festlegen zu können? Zu Frage B 71: Die durch die 2. Novelle zum Bundesfernstraßengesetz vom 4. Juli 1974 (BGBl. I, 1401) neugefaßten Verfahrensvorschriften bedeuten einen ausgewogenen Kompromiß zwischen rechtsstaatlichen Anforderungen und den Notwendigkeiten eines möglichst einfachen und schnellen Verfahrens. Sie stimmen mit Planfeststellungsvorschriften des Bundes-Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder überein. Die Planfeststellung selbst ist ein wesentlicher Beitrag zur Vereinfachung, weil sie alle anderen Erlaubnisse, Genehmigungen usw. und damit zahlreiche Einzelverfahren erübrigt. Eine Verkürzung der Beteiligung und des Rechtsschutzes des Bürgers würde zu Lasten der Rechtsstaatlichkeit und der Rechtseinheit gehen. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb keine Novellierung der Planungsvorschriften für die Bundesfernstraßen, Zu Frage B 72: Die normative Festsetzung von Immissionsgrenzwerten für den Lärmschutz an Straßen ist von weitreichender politischer Bedeutung. Die Belange des Umweltschutzes und die finanziellen Auswirkungen auf die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen sind sorgfältig abzuwägen. Die Bundesregierung hatte deshalb auch die Ministerpräsidenten der Länder (am 30. September und 14. Oktober 1977) und die kommunalen Spitzenverbände zu hören. Sie wird nunmehr ihrerseits alles Notwendige für eine schnelle Festsetzung der Immissionsgrenzwerte tun. Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen B 73 und 74) : Inwieweit ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, die Forderungen nach an den betroffenen Gebäuden einzurichtenden Lärmschutzanlagen, die von den Anwohnern der Auf- und Abfahrtrampen der Rheinbrüdce Neuwied-Weißenthurm in der Stadt Neuwied erhoben werden, anzuerkennen und zu finanzieren? Inwieweit ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, unter Verwendung nidit auszugebender Mittel des Bundesfernstraßenbaus, nun doch den bereits seit 15 Jahren in der Planung befindlichen hochwasser- und kreuzungsfreien Ausbau der Bundesstraße 42 in Neuwied-Fahr in Angriff zu nehmen, und welcher Zeitraum ist dafür vorgesehen? Zu Frage B 73: Forderungen zur Errichtung von Lärmschutzanlagen im Bereich der Auf- und Abfahrtsrampen der Rheinbrücke Neuwied/Weißenthurm in Neuwied sind gegenüber dem Bundesminister für Verkehr bisher noch nicht erhoben worden. Zu Frage B 74: Die Planung für den hochwasserfreien Ausbau der B 42 Neuwied—Fahr wurde durch Forderungen der Stadt Neuwied und anderer Betroffener sehr erschwert, so daß der Entwurf, der nach den Richtlinien für die Entwurfsgestaltung im Straßenbau aufgestellt wurde, mehrfach neu bearbeitet werden mußte. Die Überarbeitung ist größtenteils abgeschlossen. Die Straßenbauverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz beabsichtigt, die Planung in Kürze mit dem Bundesverkehrsministerium abzustimmen. Im Anschluß daran wird das Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Sobald die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen vorliegen, werden die Bauarbeiten durchgeführt. Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Walther (SPD) (Drucksache 8/1056 Fragen B 75 und 76): Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4169* Trifft es zu, daß, wie die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands befürchtet, bei einer Zusammenführung der Busdienste von Bahn und Post zu Regionalgesellschaften des privaten Rechts für die Bediensteten erhebliche soziale Nachteile entstehen, z. B. daß Beamte von ihren bisherigen Dienststellen der Deutschen Bundesbahn bzw. der Deutschen Bundespost beurlaubt werden sollen, um zu niedrigeren Einkünften bei den regionalen Verkehrsgemeinschaften unter Nichtwahrung ihres Beamtenstatus eingesetzt zu werden? Trifft die Befürchtung der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands zu, daß bei Einführung regionaler Verkehrsgemeinschaften (Zusammenführung der Busdienste von Deutscher Bundespost und Deutscher Bundesbahn) die bisher von Kraftwagenbetriebswerken der Deutschen Bundesbahn durchgeführten Unterhaltungsarbeiten an Privatfirmen vergeben werden sollen, wodurch bei den Bundeseinrichtungen Arbeitsplätze fortfallen? Die in den beiden Fragen vorgebrachten Befürchtungen der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands treffen nicht zu. Das im Wege der Dienstleistungsüberlassung bei den Regionalverkehrsgesellschaften beschäftigte Fahrpersonal der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost hat keinerlei soziale Nachteile. Allen Betroffenen ist der heutige rechtliche und soziale Besitzstand zugesichert worden. Sie stellen den Regionalverkehrsgesellschaften nur ihre Arbeitskräfte zur Verfügung; in ihren dienstrechtlichen Beziehungen zur Deutschen Bundesbahn bzw. Deutschen Bundespost ändert sich nichts. Hinsichtlich der Unterhaltungsarbeiten an den von der Deutschen Bundesbahn (DB) überlassenen Bussen bleibt die Bindung der Regionalverkehrsgesellschaften an den Werkstattdienst der' Deutschen Bundesbahn bestehen, so daß in dieser Beziehung keine Arbeitsplätze in den Werkstätten der Deutschen Bundesbahn gefährdet sind. Dies ist der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands — wie auch den anderen bei der Deutschen Bundesbahn vertretenen Gewerkschaften — in Fachgesprächen am 19. und 21. September dieses Jahres eingehend erläutert worden. Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Rose (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B77) : Sieht die Bundesregierung auf Grund der neuen von der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn (DB) vorgelegten Zahlen aus dem Personen- und Güterverkehr eine Veranlassung, das Sanierungskonzept der DB revidieren zu lassen und dabei auf besondere regionale Unterschiede Rücksicht zu nehmen? Soweit Sie mit Ihrer Frage den Leistungsauftrag der Bundesregierung vom 27. April 1977 an den Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) ansprechen, hat die Bundesregierung auch angesichts der jüngsten Verkehrsmengen- und Ertragsentwicklung im Güter- und Personenverkehr der DB nicht die Absicht, diesen Leistungsauftrag abzuändern. Seine Zielrichtung gilt unverändert fort. Im Rahmen der Netzkonzeption wird bei der betriebswirtschaftlichen Beurteilung der einzelnen Strecken von aktuellen Daten ausgegangen, d. h., veränderten Verkehrsentwicklungen wird Rechnung getragen. Regionale Besonderheiten finden Eingang in eine gesamtwirtschaftliche Bewertung, die z. Z. vom Bundesminister für Verkehr vorgenommen wird. Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wolfgramm (Göttingen) (FDP) (Drucksache 8/1056 Frage B 78): Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den Zeittaktgebieten der Deutschen Bundespost die Anrufe bei der Telefonseelsorge um ein Drittel zurückgegangen sind, und welche Möglichkeiten sieht die Deutsche Bundespost, in den Zeittaktgebieten Anrufe bei der Telefonseelsorge unentgeltlich zu ermöglichen? Ihre Informationen bezüglich der Anrufe bei der Telefonseelsorge treffen nicht zu. Lediglich zu Beginn des Probebetriebs (April 1977) hatte die Telefonseelsorge in Regensburg einen leichten Rückgang zu verzeichnen. Inzwischen entsprechen aber die Anrufzahlen denen vor Einführung des neuen Tarif systems. Die Deutsche Bundespost hatte bereits vor Beginn des Probebetriebs den besonderen Interessen der Telefonseelsorge in den Versuchsbereichen Rechnung getragen, indem sie die technischen Voraussetzungen geschaffen hat, die Anrufe zu der Telefonseelsorge von der Ortszeitzählung auszunehmen. Nach Bekunden der Telefonseelsorge funktioniert die Lösung der Deutschen Bundespost in den Versuchsbereichen einwandfrei. Für die bundesweite Einführung der Ortszeitzählung hat die Deutsche Bundespost den Trägern der Telefonseelsorgestelien 3 bundeseinheitliche Sonderdienstrufnummern zugesagt, die von der Ortszeitzählung ausgenommen werden. Die Vertreter der Telefonseelsorge sehen in diesem Angebot einen deutlichen Fortschritt zu einer für alle Seiten tragbaren Lösung. Anlage 94 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Jung (FDP) (Drucksache 8/1056 Frage B 79) : Warum werden im Grenzraum oder gar an Grenzübergangsstellen von der Deutschen Bundespost öffentliche Fernsprechzellen eingerichtet, von denen aus es unmöglich ist, Ferngespräche in das benachbarte Ausland zu führen, und kann die Deutsche Bundespost diesen von Grenzbewohnern und Grenzgängern als erheblichen Mangel empfundenen Zustand baldmöglichst beseitigen? Die Deutsche Bundespost beabsichtigt im Grenzraum und an Grenzübergangstellen grundsätzlich Münzfernsprecher einzusetzen, die Auslandswahl gestatten. Aus Kostengründen kann der Austausch älterer Geräte gegen einen neueren Typ mit der Möglichkeit zur Selbstwahl innerhalb Europas nur schrittweise vorgenommen werden. Dieser Austausch steht nicht im Zusammenhang mit der Einführung des Nandienstes mit Ortszeitzählung. Im Rahmen des jährlichen Investitions- und Auswechslungsvolumens wird vorzugsweise an Orten mit hohem Auslandsgesprächsaufkommen der neue Tastenwahl-Münzfernsprecher für weltweite Auslandswahl eingesetzt, d. h. auch an Grenzübergangsstellen und im Grenzraum. 4170* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Sollten Sie die Regelung eines bestimmten Einzelfalles anstreben, bitte ich Sie um eine entsprechende Mitteilung. Anlage 95 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wrede auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 80) : Trifft es zu, daß eine weitere Zusammenfassung des Fernmeldezeugdienstes bei der Deutschen Bundespost als Rationalisierungsmaßnahme geplant ist und daß in Auswirkung hiervon z. B. beim Fernmeldezeugamt Maisch etwa 100 Arbeitsplätze von 160 derzeit vorhandenen eingespart werden? Eine weitere Zusammenfassung des Fernmeldezeugdienstes bei der Deutschen Bundespost ist nicht geplant. Untersucht wird z. Z., welche Anpassungen für den Bereich der Werkstätten bei den Fernmeldezeugämtern und Fernmeldezentralzeugämtern durch die Umstellung elektromechanischer auf elektronische Wählsysteme erforderlich sind. Eine Änderung der derzeitigen Organisation wird erforderlich, weil die Unterhaltung der zukünftigen elektronischen Technik nur mit kostspieligen Prüfautomaten und daran ausgebildeten Spezialisten möglich sein wird. Durch die Änderung der Technik geht das Arbeitsvolumen der Werkstätten zurück. Auch beim Fernmeldezeugamt Maisch wird sich die Zahl der Arbeitsplätze vermindern. Nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen werden jedoch bei weitem nicht 100 Arbeitsplätze betroffen. Geplant ist, die notwendige Anpassung nicht kurzfristig, sondern mittelfristig durchzuführen, um personelle Härten soweit wie möglich zu vermeiden. Anlage 96 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/1056 Frage B 81) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den Mieterschutz in Einliegerwohnungen in Anbetracht der steuerlichen Vorteile dieser Wohnungen für den Eigentümer zu verbessern? § 564 b BGB, der durch das 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz vorn 18. Dezember 1974 eingefügt wurde, räumt in Absatz 4 dem Vermieter einer sogenannten Einliegerwohnung ein erleichtertes Kündigungsrecht ein. Der Vermieter kann in einem solchen Fall das Mietverhältnis kündigen, ohne daß ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses (§ 564 b Abs. 1 BGB) nachgewiesen werden muß. Die Bestimmung des § 564 b Abs. 4 BGB war im Regierungsentwurf nicht enthalten gewesen; sie ist im Laufe der Beratungen des 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetzes in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages eingefügt worden. Zur Begründung dieser Regelung wurde ausgeführt, die erleichterte Kündigungsmöglichkeit sei wegen des nahen Zusammenlebens der Mietvertragsparteien gerechtfertigt und soll verhindern, daß sich Mieter und Vermieter „gegenseitig auf die Nerven fallen". Der 7. Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung in einer Entschließung anläßlich der Verabschiedung des 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetzes ersucht, nach Ablauf von vier Jahren seit Inkrafttreten des Gesetzes — d. h. also Anfang 1979 — über dessen Auswirkungen zu berichten sowie ein Gesetz zur Bereinigung des Mietrechts vorzulegen; dabei soll auch geprüft werden, inwieweit die mietrechtlichen Vorschriften unter Vermeidung einseitiger Bevorzugung oder Benachteiligung von Mietern und Vermietern der künftigen Situation am Wohnungsmarkt angepaßt werden müssen. Im Rahmen dieses Auftrags wird auch untersucht werden, inwieweit die Vorschriften über den Kündigungsschutz änderungsbedürftig sind. Daß eine dem erleichterten Kündigungsrecht unterliegende Einliegerwohnung für den Eigentümer steuerlich vorteilhaft sein kann, trifft zu. Solche Vorteile können einmal aus der Möglichkeit erwachsen, im Rahmen der erhöhten Absetzung nach § 7 b EStG als Herstellungskosten 200 000 DM anstelle von 150 000 DM bei einem Einfamilienhaus steuerlich geltend zu machen. Ein weiterer Steuervorteil kann sich aus der unterschiedlichen Berechnungsmethode für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei eigengenutzten reinen Einfamilienhäusern im Gegensatz zu der bei reinen Zweifamilienhäusern oder Einfamilienhäusern mit Einliegerwohnungen ergeben: Bei einem eigengenutzten Einfamilienhaus ohne Einliegerwohnung wird steuerlich ein pauschaler Grundbetrag als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung in Ansatz gebracht, durch den bereits alle Ausgaben, die mit dem Haus zusammenhängen, abgegolten sind, mit Ausnahme des Abzugs der Schuldzinsen bis zur Höhe dieses Grundbetrages und daneben noch bestehender erhöhter Absetzungsmöglichkeiten (z. B. § 7 b EStG). Dagegen wird bei einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung die ortsübliche Miete als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung angesetzt. Dies führt zwar dazu, daß höhere Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Ansatz gebracht werden, jedoch können in diesem Fall auch alle Ausgaben abgezogen werden, was zur Möglichkeit führt, steuerlich einen Verlust geltend zu machen. Ob sich auf Grund der unterschiedlichen Berechnung steuerliche Vorteile bei Vorliegen einer Einliegerwohnung ergeben, ist jedoch immer eine Frage des Einzelfalles. Bei Einsatz hoher Eigenkapitalmittel kann sich beispielsweise die Berechnungsmethode für eigengenutzte Einfamilienhäuser als vorteilhafter erweisen. Es erscheint mir zweifelhaft, ob aus den möglichen steuerlichen Vorteilen einer Einliegerwohnung für den Eigentümer ein stichhaltiges Argument für eine Verschärfung des Kündigungsschutzes bei Einliegerwohnungen abgeleitet werden kann. Die Begründung, daß das enge Zusammenleben von Vermieter und Mieter die Regelung des § 564 b Abs. 4 BGB erforderlich macht, hat auch dann Gültigkeit, wenn der Eigentümer wegen des Vorliegens einer Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4171* Einliegerwohnung steuerliche Vorteile erlangt. Hinzu kommt, daß der Eigentümer die steuerlichen Vorteile nicht gerade wegen der Vermietung, sondern unabhängig davon allein aus dem Grunde erlangt, daß sein Haus steuerlich als Zweifamilienhaus behandelt wird. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß die steuerlichen Vorteile, sofern sich solche im Einzelfall ergeben, dem Eigentümer zufließen, wogegen das Kündigungsrecht nach § 564 b Abs. 4 BGB dem Vermieter, der mit dem Eigentümer nicht unbedingt identisch sein muß, zusteht. Anlage 97 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 82) : Aus welchen Gründen sind im Programm zur Förderung heizenergiesparender Investitionen in bestehenden Gebäuden Maßnahmen zur Verringerung des Energiebedarfs in bestehenden Gebäuden durch außenliegende Sonnenschutzanlagen nicht berücksichtigt? Das „Programm zur Förderung heizenergiesparender Investitionen in bestehenden Gebäuden" und der zugrundeliegende Maßnahmenkatalog werden zur Zeit von Bund und Ländern abschließend beraten. Sonnenschutzanlagen werden in den Katalog wahrscheinlich nicht aufgenommen. Der Katalog wird nur Maßnahmen zur Heizenergieeinsparung enthalten, deren Anwendung grundsätzlich im gesamten Gebäudebestand möglich und sinnvoll ist. Die Anbringung von Sonnenschutzanlagen aber käme nur für klimatisierte Gebäude in Frage und würde nur bei großer Sonneneinstrahlung zur Verminderung der Kühllast beitragen. Anlage 98 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hasinger (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 83) : Sind der Bundesregierung Erlasse bekannt, nach denen Förderungen aus dem Programmteil D (Verbesserung der Wohnumwelt) des mehrjährigen Programms zur wachstums- und umweltpolitischen Vorsorge vom 23. März 1977 nur dann gewährt werden, wenn die von den Gemeinden eingereichten Projekte in Sanierungsgebieten mit vollständigem Sanierungsplan liegen, und wenn ja, sieht die Bundesregierung in solchen Erlassen eine ungerechtfertigte Einschränkung der Förderungsmöglichkeiten und eine Benachteiligung von Gemeinden, die ja Investitionsmaßnahmen beabsichtigen, nicht aber in größerem Stil sanieren? Der Programmteil D mit der Überschrift „Verbesserung der Wohnumwelt" des mehrjährigen öffentlichen Investitionsprogramms zur wachstums- und umweltpolitischen Vorsorge (Programm für Zukunftsinvestitionen) untergliedert sich in folgende Programmbereiche: 1. „Verbesserung der Lebensbedingungen in Städten und Gemeinden" mit den Investitionsbereichen „Historische Stadtkerne", „Infrastruktur", „Betriebsverlagerungen", „Ersatzwohnungsbau/ Aus- und Umbau". Die Federführung für diesen Programmbereich liegt beim Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. 2. „Infrastrukturmaßnahmen in Schwerpunktorten der Gemeinschaftsaufgabe" als Sonderprogramm im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Die Federführung liegt beim Bundesminister für Wirtschaft. 3. „Dorferneuerung" als Sonderprogramm im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur des Küstenschutzes". Die Federführung liegt beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. 4. „Erhaltung und Wiederaufbau von Baudenkmälern und Kulturbauten". Die Federführung liegt beim Bundesminister des Innern. 5. Verschiedene Forschungsvorhaben zur Verbesserung der Wohnumwelt. Die Federführung liegt beim Bundesminister für Forschung und Technologie. Nur der Programmbereich „Verbesserung der Lebensbedingungen in Städten und Gemeinden" dient der Unterstützung laufender städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen oder Entwicklungsmaßnahmen nach dem Städtebauförderungsgesetz. Für alle anderen Programmbereiche besteht ein solcher Zusammenhang mit Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen nicht. Für den Programmbereich Verbesserung der Lebensbedingungen in Städten und Gemeinden" haben Bund und Länder sich in einer Verwaltungsvereinbarung darauf verständigt, im Grundsatz nur Vorhaben zu berücksichtigen, die in folgenden Gebieten liegen: — förmlich festgelegte Sanierungsgebiete (§ 5 StBauFG) einschließlich Ersatz- und Ergänzungsgebiete (§ 11 StBauFG) ; — städtebauliche Entwicklungsbereiche (§ 53 StBauFG) ; — Untersuchungsgebiete, die durch öffentliche Bekanntmachung ausgewiesen sind (§ 4 Absatz 3 StBauFG). Außerhalb dieser Gebiete können Vorhaben nur dann gefördert werden, wenn sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen stehen und zur Erreichung der Sanierungs- oder Entwicklungsziele erforderlich sind. Diese Eingrenzung entspricht der vorrangigen Zielsetzung des Programmbereichs, die Durchführung laufender Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen wirksam zu beschleunigen und zum Abschluß zu bringen. Die Bundesregierung hält diese Verknüpfung zwischen Zielen der Stadterneuerung und der konjunkturellen Belebung für sachgerecht und sieht sich durch die übergroße Nachfrage, die bisher in diesem Programmbereich zu verzeichnen ist, bestätigt. 4172* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Anlage 99 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 84 und 85) : Wieviel Gelder sind von der Bundesregierung im einzelnen seit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrags an die DDR gezahlt worden, um politische Häftlinge, Intellektuelle usw. im Wege einer Ausreise in die Bundesrepublik Deuschland „freizukaufen"? Wie bewertet die Bundesregierung die derzeitige Praxis der DDR, vorwiegend Intellektuelle, die dem SED-Regime unangenehm sind, aus der DDR „abzuschieben" und somit die Belange ausreisewilliger DDR-Bürger zurückzudrängen? Zu Frage B 84: Wegen der Geheimhaltungsbedürftigkeit dieses Komplexes wurde insoweit stets nur ein besonderes parlamentarisches Gremium, dem Repräsentanten der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien angehören, unterrichtet. Im Interesse der Sache sollte es bei dieser Praxis bleiben. Ich hoffe auf Ihr Verständnis. Zu Frage B 85: Es trifft nicht zu, daß die DDR „vorwiegend Intellektuelle, die dem SED-Regime unangenehm sind, aus der DDR abschiebt und somit die Belange ausreisewilliger DDR-Bürger zurückdrängt". Allein aus der Tatsache, daß bestimmte Fälle größere Publizität genießen, darf nicht auf eine einseitige Entwicklung geschlossen werden. Zur Verdeutlichung möge der Hinweis dienen, daß im Jahre 1977 bisher ca. 2 100 DDR-Bewohner im Rahmen unserer Bemühungen um Familienzusammenführung (also ohne die politischen Häftlinge) in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln durften. Anlage '100 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Rühe (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Fragen B 86 und 87): Wie ist nach Ansicht der Bundesregierung die plötzliche Weigerung der DDR-Behörden zu beurteilen, bereits fest zugesagte Leihgaben für die am 21. Oktober in Hamburg beginnende Kunstausstellung „Runge in seiner Zeit" zur Verfügung zu stellen, und zwar unter Hinweis auf ein ebenfalls für die Ausstellung vorgesehenes Exponat aus dem Preußischen Kulturbesitz? In welcher Form gedenkt die Bundesregierung Maßnahmen zu ergreifen, um derartigen Versuchen zu begegnen, auf kulturellem Gebiet Junktims zu schaffen, die die Rechtmäßigkeit des Preußischen Kulturbesitzes in Berlin bestreiten sollen? Zu Frage B 86: Die Weigerung der DDR-Behörden, Leihgaben für die Ausstellung „Runge in seiner Zeit" zur Verfügung zu stellen, ist sehr bedauerlich, zumal bereits eine feste Zusage vorlag und vom Hamburger Veranstalter entsprechende Vorbereitungen getroffen waren. Zu Frage B 83: Die Bundesregierung hat sich bemüht, die Entscheidung der DDR-Behörden positiv zu beeinflussen. Sie wird dies auch in Zukunft tun. Den Möglichkeiten sind jedoch enge Grenzen gesetzt. Es liegt in der Entscheidung der DDR-Behörden, welche Leihgaben 'sie zur Verfügung stellen wollen und welche nicht. Letztlich kann es auch nicht dem eigenen Interesse der DDR entsprechen, wenn sie sich auf diese Weise von interessanten Veranstaltungen mit internationalem Niveau fernhält. Im übrigen weise ich darauf hin, daß die Bundesregierung der DDR die Rechtslage der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wiederholt klar dargelegt hat. Anlage 101 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 88) : In welchem Umfang wird im einzelnen die marktnahe Entwicklung von Erstinnovationen durch die Bundesregierung unterstützt, und wie erfolgt eine Abgrenzung zur Forschungs- und Entwicklungsförderung? Die marktnahe Entwicklung von technologischen Erstinnovationen wird, abgesehen von dem speziell für Erstinnovationen im Steinkohlenbergbau existierenden Förderungsprogramm, _aus dem 1971 im Bundesministerium für Wirtschaft angelaufenen „Programm zur Förderung von Erstinnovationen und der hierzu erforderlichen Entwicklung" gefördert. Unter dem eigens für dieses Programm geschaffenen Begriff „Erstinnovationen" werden technologisch neue Produkte und Verfahren verstanden, die in der Bundesrepublik Deutschland erstmals verwendet werden sollen. Das Programm wendet sich grundsätzlich an alle Unternehmen und Branchen, kommt jedoch wegen der besonderen Betonung des Risikoaspektes bei der Förderentscheidung in erster Linie kleinen und mittleren Unternehmen zugute. Einzelheiten der Fördervoraussetzungen bitte ich aus den beigefügten Richtlinien vom 20. August 1971 zu entnehmen. Seit Beginn dieser Maßnahme konnten für 134 volkswirtschaftlich bedeutsame Vorhaben Zuwendungen in Höhe von rund 61 Millionen DM bewilligt werden. Im Bundeshaushalt 1977 stehen für das Erstinnovationsprogramm 12 Millionen DM zur Verfügung. Wegen der stark ansteigenden Inanspruchnahme dieses Förderinstrumentes ist für 1978 eine wesentliche Aufstockung der Mittel geplant. Die Abgrenzung zur Förderung von Forschung und Entwicklung — insbesondere zur technologischen Schwerpunktförderung im marktnahen Bereich — ergibt sich aus der unterschiedlichen Aufgabenstellung dieser Fördermaßnahmen. Im Rahmen der technologischen Schwerpunktförderung im marktnahen Bereich soll sichergestellt werden, daß die im Rahmen geförderter Forschungs- und Entwicklungsvorhaben erarbeiteten Ergebnisse möglichst umgehend in den Wirtschaftsprozeß Eingang finden. Im Rahmen des Erstinnovationsprogramms dagegen kann die erstmalige Umsetzung von solchen Forschungs- und Entwicklungsergebnissen, die nicht im Rahmen eines geförderten Vorhabens angefallen sind, in wirtschaftlich verwertbare Produkte und Verfahren gefördert werden. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4173* Die Richtlinien über die Förderung von Erstinnovationen schließen daher ausdrücklich die Förderung von Vorhaben aus, wenn und soweit sie in den Rahmen anderer Fachprogramme des Bundes fallen. Über die Förderungswürdigkeit eines Vorhabens befindet der vom Bundesministerium für Wirtschaft hierfür eingesetzte Beratende Ausschuß für Erstinnovationsförderung. Im gehört auch ein Vertreter des Bundesministeriums für Forschung und Technologie, dem alle Anträge zugeleitet werden, an, so daß auch hierdurch die Gewähr gegeben ist, daß keine Vorhaben gefördert werden, die in den Rahmen besonderer Fachprogramme fallen. Dieses im Lichte der Erfahrungen mit dieser neuartigen Förderungsmaßnahme fortentwickelte Koordinierungsverfahren hat sich voll bewährt und bedarf keiner generellen Neuorientierung. Vorläufige Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen des Bundes zur Förderung von Erstinnovationen und der hierzu erforderlichen Entwicklung Inhalt: I. Ziel der Förderungsmaßnahmen II. Förderungswürdige Vorhaben III. Art und Höhe der Bundeszuwendungen IV. Antragsberechtigte Unternehmen V. Antragsverfahren VI. Bewilligung VII. Überwachung VIII. Widerruf der Bewilligung und Rückforderung IX. Allgemeine Vorschriften X. Berlin-Klausel I. Ziel der Förderungsmaßnahmen Um die Ersteinführung technologisch neuer Produkte und Verfahren in den Produktionsprozeß (Erstinnovation) zu beschleunigen, können Unternehmen aus Mitteln des Bundes Zuwendungen für Vorhaben erhalten, die von wesentlicher volkswirtschaftlicher Bedeutung sind und deren Durchführung ohne öffentliche Hilfe wegen des hohen finanziellen Risikos nicht oder nur erheblich verzögert zu erwarten ist. Hierzu erforderliche Entwicklungen können in die Förderung einbezogen werden. Die Initiative für die Erstinnovation verbleibt beim Unternehmen. Durch die Förderung soll das Risiko vermindert, dem Unternehmen aber nicht genommen werden. Eigene Maßnahmen der Länder bleiben unberührt. II. Förderungswürdige Vorhaben Vorhaben im Sinne des Abschnitts I sind unter folgenden Voraussetzungen förderungswürdig und zuwendungsfähig: 1. Es muß sich um ein Vorhaben handeln, bei dem ein neues Produkt oder Verfahren unter Auswertung von Forschungs- oder Entwicklungsergebnissen oder Erfahrungen anderer Art geschaffen oder erstmals verwendet werden soll. Ein Produkt oder Verfahren gilt als neu, wenn es in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht wirtschaftlich verwertet wird. 2. Das Vorhaben muß technologisch erfolgversprechend sein und mittelfristig einen greifbaren wirtschaftlichen Nutzen erwarten lassen. 3. Das Vorhaben muß von wesentlicher volkswirtschaftlicher Bedeutung !sein. Eine wesentliche volkswirtschaftliche Bedeutung der Erstinnovation kann z. B. dann angenommen werden, wenn — ein gesamtwirtschaftlich wichtiger Bedarf erstmals oder in wesentlich verbesserter Form gedeckt werden kann und/oder — eine wesentliche Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erwartet werden kann. 4. Der erforderliche Aufwand für das Vorhaben muß im Verhältnis zur Finanzkraft des Unternehmens so erheblich sein, daß seine Durchführung trotz seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung und der Erfolgsaussichten ohne öffentliche Hilfe nicht oder nur erheblich verzögert zu erwarten ist. 5. Das Vorhaben und dessen Verwertung müssen in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt werden. Nach diesem Programm werden jedoch Erstinnovationen nicht gefördert, wenn und soweit sie in den Rahmen anderer Förderprogramme des Bundes fallen. III. Art und Höhe der Bundeszuwendungen 1. Die Zuwendungen sind bedingt rückzahlbar. Ein Rechtsanspruch auf eine Zuwendung besteht nicht. Die Höhe der Zuwendung bemißt sich nach den zuwendungsfähigen Kosten und der Art des Vorhabens sowie der Finanzkraft des Antragstellers. Die Zuwendung wird im Einzelfall unter Berücksichtigung der verfügbaren Haushaltsmittel festgelegt. 2. Als zuwendungsfähig können alle Kosten anerkannt werden, die bei wirtschaftlicher und sparsamer Unternehmensführung im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung eines Vorhabens anfallen und nachgewiesen werden. Die voraussichtlichen Kosten sind nach den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten — LSP — (Anlage zur Verordnung PR Nr. 30/53 vom 21. November 1953 — Bundesanzeiger Nr. 244 vom 18. Dezember 1953) in der jeweils geltenden Fassung vorkalkulatorisch zu ermitteln. Kalkulatorische Abschreibungen sind von den Anschaffungspreisen oder Herstellungskosten vorzunehmen. Unbeschadet des Abschnitts II letzter Satz mindern Investitionszulagen, Beihilfen- u. ä. die entsprechenden Kosten. Skonti sind an den Einkaufspreisen in Abzug zu bringen. Kosten für Einrichtungen zur Serienfertigung sowie Werbungskosten sind nicht zuwendungsfähig. Der Nachweis der tatsächlich angefallenen Kosten ist auf der gleichen Grundlage durch Nachkalkulation zu erbringen. 3. Die Eigenbeteiligung muß in jedem Falle mindestens die Hälfte der zuwendungsfähigen Kosten betragen. 4174* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 Das begünstigte Unternehmen ist zur Rückzahlung der Zuwendung verpflichtet, wenn und soweit innerhalb von 10 Jahren nach vollständiger Auszahlung der Zuwendung aus der Verwertung der Ergebnisse des geförderten Vorhabens Gewinn erzielt wird. Die Rückzahlung der Zuwendung erfolgt entsprechend dem Anteil der Bundesmittel an den zuwendungsfähigen Kosten. Die jeweilige Rückzahlungsforderung wird drei Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres, in dem Gewinn erzielt worden ist, fällig. Diese Frist kann auf begründeten Antrag verlängert werden. IV. Antragsberechtigte Unternehmen Antragsberechtigt sind Unternehmen, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und nicht im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes mit einem Unternehmen verbunden sind, das seinerseits unmittelbar oder mittelbar bei einer gleichen oder ähnlichen Erstinnovation gefördert worden ist oder gefördert wird. Wird das Vorhaben von mehreren Unternehmen gemeinsam durchgeführt, so ist der Antrag von einem der Unternehmen zu stellen. Die anderen beteiligten Unternehmen sind zu nennen. V. Antragsverfahren 1. Anträge auf Gewährung von Zuwendungen sind auf vorgeschriebenem Formular in 15facher Ausfertigung über die oberste Wirtschaftsbehörde des Landes, in dem der Antragsteller seinen Sitz hat, bei dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen, Bonn, einzureichen. Die oberste Wirtschaftsbehörde des Landes kann nachgeordnete Stellen mit der Entgegennahme der Anträge beauftragen. 2. Die Anträge sind eingehend zu begründen. Die Begründung muß enthalten: A) Nachweis der Antragsberechtigung (vergl. Abschnitt IV), B) Technische Erläuterungen des Vorhabens, a) Stand der Technik und Darlegung der Neuheit des Produkts oder Verfahrens, b) Einordnung des Vorhabens in die bisherige Tätigkeit des Antragstellers, C) Wirtschaftliche Bedeutung des Vorhabens, a) Angaben über möglichen Verbreitungsbereich des Produkts oder Verfahrens, b) Angaben über den mit dem neuen Produkt oder Verfahren zu deckenden Bedarf und/ oder die hierdurch eintretende Steigerung der Leistungsfähigkeit, c) Angaben über den voraussichtlichen Absatz, d) Angaben über die erwartete Rentabilität, D) Darlegung der Gründe, aus denen die Innovationen ohne öffentliche Hilfe nicht oder erheblich verzögert zustande käme, E) Nachweis, daß der Antragsteller und die ggf. sich an dem Vorhaben beteiligenden Unternehmen in der Lage sind, das Vorhaben durchzuführen, F) Durchführung des Vorhabens, a) Arbeitsprogramm (Probleme, Lösungswege), b) Zeitplan, c) Berechnung der voraussichtlichen Kosten • gemäß Abschnitt III 2, d) Finanzierungsplan (Gesamtmittel, unterteilt nach Eigenmitteln, Zuwendungsmitteln und sonstigen Fremdmitteln und Mittelbedarfsplan für die einzelnen Jahre), e) Nachweis, daß die im Finanzierungsplan vorgesehene Eigenbeteiligung gesichert ist, f) Versicherung, daß das Vorhaben keine anderweitige Förderung aus Bundesmitteln erfährt (vgl. Abschnitt II letzter Satz), g) Versicherung, daß das Vorhaben in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wird. 3. Der Antragsteller hat eine schriftliche Erklärung darüber abzugeben, daß er mit den Verpflichtungen, die sich aus den Abschnitten III 3, VII und VIII 2 sowie aus dem Zuwendungsbescheid ergeben, einverstanden ist. 4. Die Vorlage weiterer Unterlagen kann verlangt werden. VI. Bewilligung 1. Über die Gewährung der Zuwendung entscheidet der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen. Er läßt sich dabei von einem „Beratenden Ausschuß für Erstinnovationsförderung" beraten. 2. Der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen und die obersten Wirtschaftsbehörden der Länder sowie deren Beauftragte können sich von Sachverständigen beraten lassen. Die Kosten hierfür trägt der Antragsteller; sie sind ihm vor Anhörung des Sachverständigen mitzuteilen. Die Kosten sind nicht zuwendungsfähig. 3. Bedingungen und Auflagen für die Verwendung der Zuwendung werden vom Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen unter Beachtung der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Bundeshaushaltsordung festgelegt. Darin werden insbesondere Pflichten des Zuwendungsempfängers, die Einzelheiten der Rückzahlungsbedingungen, der Nachweis über die Verwendung der Zuwendung, über das Verwertungsergebnis und das Recht zur Prüfung dieses Nachweises geregelt. VII. Überwachung 1. Der Zuwendungsempfänger hat die oberste Wirtschaftsbehörde des Landes oder deren Beauftragten über alle wesentlichen Vorgänge, die mit der Verwendung der bewilligten Zuwendung in Verbindung stehen, unverzüglich schriftlich zu unterrichten. Außerdem hat er über den Stand des Vorhabens halbjährlich Bericht zu erstatten. 2. Auf Verlangen hat der Zuwendungsempfänger dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen, Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 4175* der obersten Wirtschaftsbehörde des Landes, dem Landesrechnungshof sowie deren Beauftragten Auskünfte über die Durchführung des Vorhabens zu erteilen, entsprechende Unterlagen vorzulegen und die örtliche Prüfung jederzeit zu dulden. Soweit es für die Erfüllung des Prüfungszweckes erforderlich ist, können die Prüfungen auch auf die sonstige. Haushalts- und Wirtschaftsführung des Zuwendungsempfängers erstreckt werden. Näheres wird im Zuwendungsbescheid bestimmt. Für die Kosten gegebenenfalls zu bestellender Sachverständiger gilt Abschnitt VI 2 Satz 2 entsprechend. Das Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofes ergibt sich aus § 91 Bundeshaushaltsordnung. VIII. Widerruf der Bewilligung und Rückforderung 1. Die Zuwendungen sind unverzüglich zurückzuzahlen, wenn der Zuwendungsempfänger (ZE) seine Zahlungen einstellt oder die Eröffnung eines Vergleichs- oder Konkursverfahrens über sein Vermögen beantragt wird. Die Zuwendung ist vom Tage der Zahlungseinstellung, spätestens vom Tage des Antrags auf Eröffnung des Vergleichs- oder Konkursverfahrens mit 2 v. H. über dem für Kassenkredite des Bundes geltenden Zinssatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch mit 5 v. H. zu verzinsen. 2. Die Zuwendungen können ganz oder teilweise zurückgefordert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, insbesondere wenn a) der ZE bei dem Antrag auf Gewährung der Zuwendung oder bei der Anforderung des Zuwendungsbetrages oder in anderem Zusammenhang vorsätzlich oder fahrlässig unrichtige Angaben gemacht hat, es sei denn, daß sie ohne Bedeutung für die Entscheidung des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen gewesen sind, d) der ZE mit der Rückzahlung gem. Abschnitt III 3 länger als zwei Monate im Verzug ist, c) der ZE ohne Zustimmung des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen das Vorhaben vor Beendigung abbricht, d) der ZE mit der Rückzahlung gem. Abschn. III 3 länger als zwei Monate im Verzug ist, e) der ZE die bestmögliche Verwertung eines positiven Ergebnisses des Vorhabens nicht aufnimmt, nicht weiter betreibt oder anderweitig verhindert, es sei denn, daß eine Verwertung aus von ihm nicht zu vertretenden, im Einzelfalll darzulegenden Gründen nicht zumutbar ist, f) die in den Abschnitten II 5 oder IV genannten Voraussetzungen bei dem Zuwendungsempfänger nachträglich entfallen, g) der ZE den Nachweis über die bestimmungsmäßige Verwendung des Zusschusses nicht erbringt, h) der ZE Verpflichtungen nach diesen Richtlinien oder nach dem Zuwendungsbescheid verletzt. Wird die Zuwendung zurückgefordert, so ist sie in den Fällen zu a), b), g) und h) vom Tage der Auszahlung ab, in den übrigen Fällen vom Tage der Rückforderung ab mit 2 v. H. über dem für Kassenkredite des Bundes geltenden Zinssatz der Deutschen Bundesbank, mindestens mit 5 v. H., zu verzinsen. Kommt der Zuwendungsempfänger mit der Rückzahlung in Verzug, so sind die rückständigen Beträge mit 3 v. H. über dem für Kassenkredite des Bundes geltenden Zinssatz der Deutschen Bundesbank, mindestens mit 6 v. H., zu verzinsen. Etwa aufgelaufene Habenzinsen sind in jedem Fall zusätzlich abzuführen. 3. Der ZE hat alle Vorteile, die ihm aus einer zweckwidrigen Verwendung der Bundesmittel erwachsen, herauszugeben. IX. Allgemeine Vorschriften Soweit in diesen Richtlinien nicht etwas anderes bestimmt ist, gelten die vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO (Vorl. VV BHO § 44) einschließlich der Allgemeinen Bewirtschaftungsgrundsätze (Anlage 1 zu VV BHO zu § 44 BHO). X. Berlin-Klausel Bezugnahmen auf die „Bundesrepublik Deutschland" gelten auch als Bezugnahmen auf das Land Berlin. Anlage 102 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann (FDP) (Drucksache 8/1056 Fragen B 89 und 90): Wie beurteilt die Bundesregierung — bildungspolitisch und verfassungsrechtlich — die doch sehr stark divergierenden Grenznoten bei der Hochschulzulassung in Numerus-clausus-Fächern, die sich für das Wintersemester 1977/1978 erstmals auf Grund der Landesquotenregelung des Hochschulrahmengesetzes in Verbindung mit staatsvertraglichen Vorschriften ergeben haben? Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, wie groß der prozentuale Anteil der erfolgreichen Studienbewerber gemessen an der Gesamtzahl der Bewerber aus den einzelnen Ländern insbesondere in den Fächern Medizin, Zahnmedizin, Pädagogik, Pharmazie war, d. h., wie stark wurden die Zulassungschancen des einzelnen durch seine Landeszugehörigkeit bestimmt, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung gegebenenfalls daraus? Zu Frage B 89: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum Numerus clausus vom 8. Februar 1977 die Landesquotenregelung verfassungsrechtlich geprüft und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß die im Hochschulrahmengesetz (HRG) eingeführte Bildung von Landesquoten als solche mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Soweit diese Regelung im Rahmen des allgemeinen Auswahlverfahrens vorgesehen ist, läßt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts „auch die Bemessung dieser Landesquoten nach dem derzeitigen Stand der Erfahrungen einen Verfassungsverstoß nicht erkennen". Dem Bundesverfassungsgericht war — wie 4176* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1977 sich aus dem o. g. Urteil ergibt — bekannt, daß die Landesquotenregelung zur Aufsplitterung des bundeseinheitlichen Auswahlverfahrens in elf Landesranglisten mit differierenden Grenznoten führen würde, die erheblich voneinander abweichen können. Da die Landesquotenregelung erstmals zu diesem Wintersemester Anwendung gefunden hat, liegen bisher auch hinsichtlich der Art der Bemessung der Landesquoten keine Erfahrungen vor, die zu einer von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abweichenden Auffassung führen könnten. Bildungspolitisch hat die Landesquotenregelung gegenüber der bisherigen Bonus-Malus-Regelung den Vorteil, daß sie die vielfachen Klagen über die angebliche oder tatsächliche bessere Benotung im Nachbarbundesland irrelevant macht. Diese Notenunterschiede zwischen den Ländern beeinflussen die Chance des einzelnen nicht mehr. Problematisch ist allerdings, daß auch mit der Einführung der Landesquoten die eigentliche Aufgabe, nämlich die überregionale Vergleichbarkeit der Anforderungen und Bewertungen, nicht gelöst ist. Die Landesquotenregelung ist daher nach § 32 Abs. 3 Nr. 1 Satz 5 HRG auch nur als Übergangsregelung bis zu der vom HRG geforderten materiellen Vergleichbarkeit der Hochschulzugangsberechtigungen vorgesehen. Die Bundesregierung wird allerdings darauf dringen, daß die Auswirkungen dieser Regelung sorgfältig analysiert und daraus ggf. Konsequenzen gezogen werden. Unabhängig davon wird es darum gehen, den Anwendungsbereich dieser Regelung dadurch zu beschränken, daß der Kreis der Numerusclausus-Fächer möglichst klein gehalten wird und bei der fälligen Änderung des Auswahlverfahrens in den sogenannten „harten" Numerus-clausus-Fächern das Gewicht des Schulnotendurchschnitts möglichst gemildert wird. Zu Frage B 90: Die Bundesregierung verfügt noch nicht über die in Frage 2 genannten Daten. Da diese Angaben nach Mitteilung der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen erst nach Abschluß des Vergabeverfahrens für das Wintersemester 1977/78 vorliegen dürften, wird die Bundesregierung zu gegebener Zeit von sich aus auf diese Frage zurückkommen. Anlage 103 Antwort des. Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Warnke (CDU/CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 91): Trifft es zu, daß der Rückfluß der im Rahmen der Entwicklungshilfe gegebenen Mittel von derzeit ca. 60 v. H. ständig weiter zurückgeht, und was gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls zu unternehmen, um dieser Entwicklung entgegenzutreten? Voraussagen darüber, wie sich künftig der Anteil deutscher Firmen an den aus Mitteln der bilateralen Finanziellen Zusammenarbeit (Kapitalhilfe) finanzierten Aufträgen entwickeln wird, sind nicht möglich. Es kann daher auch nicht gesagt werden, ob der für 1976 ermittelte deutsche Auftragsanteil von rund 61,5 % im Jahr 1977 oder in den folgenden Jahren unterschritten werden wird. Da die meisten Aufträge international öffentlich ausgeschrieben werden, spiegeln diese Zahlen das Ergebnis eines den Prinzipien der Marktwirtschaft entsprechenden Wettbewerbs wider. Entsprechend den am 9. Juni 1975 vom Bundeskabinett verabschiedeten Thesen zur Politik der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern (Bundestags-Drucksache 7/4293, These Nr. 2) bemüht sich die Bundesregierung, bei der Durchführung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit „einen Ausgleich zwischen entwicklungspolitischen Erfordernissen und unseren anderen Interessen herzustellen". Die Bundesregierung beabsichtigt jedoch nicht, den Grundsatz der Lieferungebundenheit aufzugeben,. was nicht ausschließt, daß — wie auch schon bisher — in einzelnen Fällen im Interesse der deutschen Wirtschaft Lieferbindung festgelegt wird. Bei dem in der Frage erwähnten deutschen Auftragsanteil von etwa 60 °/o ist nicht berücksichtigt, daß sich aufgrund der Beiträge, die aus dem Einzelplan 23 für die bilaterale Technische Zusammenarbeit und für multilaterale Einrichtungen der Entwicklungshilfe geleistet werden, in erheblichem Umfang Aufträge an die deutsche Wirtschaft ergeben. So wurden 1976 rund 86 % (340 Millionen DM) der Mittel der bilateralen staatlichen Technischen Zusammenarbeit für Lieferungen und Leistungen (überwiegend Personalleistungen) aus der Bundesrepublik Deutschland aufgewendet. Anlage 104 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/1056 Frage B 92): Wieviel Entwicklungshilfeprojekte mit welcher Globalsumme wurden in Peru, das ein Schwerpunkt der deutschen Entwicklungshilfe darstellt, zugesagt, und welche Projekte wurden erfolgreich bereits abgeschlossen oder lassen einen erfolgreichen Abschluß, d. h. einen für die dortige Bevölkerung spürbaren Nutzen erwarten? Peru wurden bisher im Rahmen der bilateralen öffentlichen Entwicklungshilfe für insgesamt 89 Projekte 641,6 Millionen DM zugesagt, und zwar für 14 Projekte der Finanziellen Zusammenarbeit 450,2 Millionen DM, für 65 Projekte der Technischen Zusammenarbeit 181,6 Millionen DM und für 10 Projekte auf dem Gebiet des Erziehungswesens 9,8 Millionen DM. 34 Projekte mit insgesamt 112,9 Millionen DM sind abgeschlossen, und zwar 2 Projekte der Finanziellen Zusammenarbeit mit 86,5 Millionen DM, 29 Projekte der Technischen Zusammenarbeit mit 25,8 Millionen DM und 3 Projekte des Erziehungswesens mit 0,6 Millionen DM. Noch in Durchführung befinden sich insgesamt 55 Projekte mit insgesamt 528,7 Millionen DM, davon 12 Projekte der Finanziellen Zusammenarbeit mit 363,7 Millionen DM, 36 Projekte der Technischen Zusammenarbeit mit 155,8 Millionen DM und 7 Projekte auf dem Gebiet des Erziehungswesens mit 9,2 Millionen DM. Diese Projekte lassen einen spürbaren Nutzen für die Bevölkerung Perus erwarten.
Gesamtes Protokol Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805300000
Die Sitzung ist eröffnet.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich dem Hause eine Mitteilung machen. Für den durch Verzicht am 24. Oktober 1977 ausgeschiedenen Abgeordneten Leicht hat mit Wirkung vom 25. Oktober 1977 der Abgeordnete Berger (Lahnstein) die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erworben.

(Beifall)

Ich begrüße den neuen Kollegen sehr herzlich und wünsche ihm eine erfolgreiche Mitarbeit im Deutschen Bundestag.
Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen vor, die durch den Aufdruck „Stand: 25. 10. 77" gekennzeichnet ist, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Betr.: UNESCO-Empfehlung über die internationale Normung von Hörfunk- und Fernsehstatistiken
Bezug: Artikel IV Ziff. 4 der Satzung der UNESCO (Drucksache 8/978)

zuständig: Innenausschuß (federführend)

Ausschuß für Bildung und Wissenschaft
Betr.: Erfahrungsbericht über die Auswirkungen des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs auf Revisionen in Lohnsteuersachen
Bezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 5. Juni
1975 (Drucksache 8/1016)

zuständig: Rechtsausschuß (federführend)

Finanzausschuß
Betr.: Üpl. Ausgabe bei Kap. 10 02 Tit. 652 06 im Haushaltsjahr 1977 — Gasölbetriebsbeihilfe für die Landwirtschaft —
Bezug: § 37 Abs. 4 BHO (Drucksache 8/1052)

zuständig: Haushaltsausschuß
Erhebt sich gegen die vorgeschlagenen Überweisungen Widerspruch? — Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich stelle fest, daß damit den vorgeschlagenen Überweisungen zugestimmt worden ist.
Amtliche Mitteilung ohne Verlesung
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 21. Oktober 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Becker (Frankfurt), Burger, Dr. Hammans, Hasinger, Frau Geier, Link, Frau Karwatzki, Kroll-Schlüter, Franke. Zink, Geisenhofer, Dr. George, Pohlmann, Müller (Berlin), Höpfinger, Picard, Dr. Lenz (Bergstraße), Dr. Langner, Stahlberg, Dr. Jentsch (Wiesbaden), Böhm (Melsungen), Bühler (Bruchsal) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Umsetzung der gesundheitlichen Aufklärung in gesundheitsorientiertes Verhalten (Drucksache 8/952) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1107 verteilt.
Überweisungen von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 75/106/ EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen (Drucksache 8/1058)

überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates
zur Festsetzung des Schwellenpreises für Olivenöl für das Wirtschaftsjahr 1977/78
zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3209/73 über die Beihilfe für Olivenöl (Drucksache 8/1059)
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates über die Einfuhr von Jutegarnen mit Ursprung im Königreich Thailand in die Benelux-Länder zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1278/77 (Drucksache 8/1060)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 706/76 über die Regelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und bestimmte aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren mit Ursprung in den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean oder in den überseeischen Ländern und Gebieten (Drucksache 8/1061)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates
zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 879/73 über die Gewährung der Beihilfen der Mitgliedstaaten an die anerkannten Hopfenerzeugergemeinschaften und die Erstattung dieser Beihilfen
über strukturelle Maßnahmen im Hopfensektor (Drucksache 8/1062)

überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates betreffend das Fangverbot für Stintdorsch (Drucksache 8/1063)
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über den Pauschbetrag für nicht raffiniertes Olivenöl, das vollständig in Griechenland erzeugt wurde und von dort unmittelbar in die Gemeinschaft befördert wird (Drucksache 8/1064)
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat



Präsident Carstens
Mitteilung der Kommission an den Rat betreffend die Option
des Schnellen Brüters in der Gemeinschaft — Begründung,
Stand, Probleme und Aktionsaussichten — (Drucksache 8/1077)

überwiesen an den Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend), Innenausschuß, Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Mitteilung der Kommission an den Rat betreffend einen gemeinschaftlichen Aktionsplan im Bereich radioaktiver Abfallstoffe (Drucksache 8/1078)

überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Ausschuß für Forschung und Technologie, Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Mitteilung der Kommission an den Rat über Einzelheiten einer gemeinschaftlichen Strategie auf dem Gebiet der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe
Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Einsetzung eines Ad-hoc-Ausschusses für die Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe (Drucksache 8/1079)

überwiesen an den Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend), Innenausschuß, Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Überweisung einer Zollvorlage
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehende Vorlage überwiesen:
Aufhebbare verkündete Vierunddreißigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung — (Drucksache 8/1071)

überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts dem Plenum am 26. Januar 1978
Ich rufe nunmehr folgende Tagesordnungspunkte auf:
20. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Strafverfahrensänderungsgesetzes 19 .. (StVÄG 19 ..)

— Drucksache 8/976 —
Uberweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß
21. Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung von Terrorismus und Gewaltkriminalität sowie zum Schutz des inneren Friedens
— Drucksache 8/996 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß (federführend)

Innenausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96-GO
22. Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses
— Drucksache 8/932 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Rechtsausschuß (federführend) Innenausschuß
23. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Änderung von Strafvorschriften des Waffenrechts
— Drucksache 8/977 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß (federführend)

Rechtsausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
24. Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der für die Wahrung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden des Bundes
— Drucksache 8/997 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß (federführend)

Rechtsausschuß
25. Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/ CSU Maßnahmen zur Erhöhung der inneren Sicherheit
— Drucksache 8/1046 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß
26. Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 23. September 1971 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt
— Drucksache 8/ 2161-
Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 8/1057 — Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Wittmann (München) Abgeordneter Klein (Dieburg)

(Erste Beratung 23. Sitzung)

Im Ältestenrat ist eine verbundene Debatte zu diesen soeben aufgerufenen Tagesordnungspunkten 20 bis 26 vereinbart worden. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann stelle ich das Einverständnis des Hauses fest.
Das Wort hat nunmehr der Herr Bundesminister der Justiz.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805300100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle stehen unverändert unter dem Eindruck der Kölner Morde an Reinhold Brändle, Helmut Ulmer, Roland Pieler und Heinz Marcisz. Wir stehen unter dem Eindruck der jüngsten Entführungsfälle und unter dem Eindruck des Todes von Jürgen Schumann und von Hanns Martin Schleyer. Wir wissen, daß nicht nur die Entschlossenheit und Besonnenheit



Bundesminister Dr. Vogel
aller Beteiligten, sondern auch eine glückliche Fügung von uns nicht beeinflußbarer Umstände die wohlbehaltene Rückkehr der Geiseln der „Landshut" möglich gemacht hat. Wir wissen, daß weitere Anschläge drohen, gerade auch nach dem Selbstmord der Stammheimer Häftlinge. Denn dieser Selbstmord war kein Akt der Resignation; es war ein letzter und äußerster Einsatz im Kampf gegen unseren Staat; es war der Einsatz des Mittels der Selbstzerstörung als Waffe zur Verschärfung eines fanatischen Kampfes.
In dieser Situation wollen wir in erster Lesung eine Reihe von Gesetzentwürfen behandeln, die bessere Handhaben zur Bekämpfung des Terrors bieten sollen. Es ist eine neue Situation; eine Situation, von der der Herr Bundespräsident in seiner Stuttgarter Trauerrede am Dienstag mit Recht gesagt hat, sie erlaube es uns nicht, so fortzufahren, als wäre nichts geschehen.
Schon deshalb dürfen wir die Entwürfe nicht isoliert betrachten. Vielmehr müssen wir uns vorweg über die Größe der Gefahr, d. h. über das Kräfte-und Wirkungspotential des Terrors und über die Felder klarwerden, auf denen die Auseinandersetzung mit dem Terror zu führen ist.
Die Größe der Gefahr, das Patential des Terrors, die Einwirkungsmöglichkeiten der Terroristen — das alles muß ohne Übertreibung, ohne Verharmlosung, nüchtern und realistisch betrachtet werden. Zunächst haben wir es hier mit einem erheblichen kriminellen Potential zu tun. Es handelt sich um mehrere gefährliche Banden, die teils selbständig, teils in Kooperation untereinander und mit ausländischen Terroristen zur Begehung einer Vielzahl schwerer und schwerster Verbrechen fähig waren, die eine immer breiter werdende Blutspur durch unser Land gezogen haben. Bisher sind ihren Anschlägen seit dem 1. Januar 1970 24 Menschen zum Opfer gefallen; 102 weitere Menschen sind Mordversuchen nur mehr oder weniger knapp entgangen. Der harte Kern dieser Banden besteht aus etwa 100 Personen. Davon sind 56 in Haft, die übrigen in Freiheit. Sie sind schwer bewaffnet und verfügen über eine beträchtliche und leistungsfähige Logistik.
Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist schon bedrohlich genug. Aber die Auswirkungen des Terrors beschränken sich nicht auf den unmittelbaren kriminellen Effekt. Insofern unterscheiden sich die terroristischen Vereinigungen von allen herkömmlichen Gangsterbanden, von denen es sicher in anderen Ländern, kriminalistisch betrachtet, noch weitaus gefährlichere gibt. Indes, die terroristischen Banden streben weiterreichende Wirkungen an und erzielen sie auch, zumindest zum Teil und zumindest für gewisse Zeit.
Wo sonst haben bandenmäßig verübte Verbrechen beispielsweise bisher ethische, gesellschaftspolitische, ja sogar theologische Diskussionen dieser Breite ausgelöst, Diskussionen etwa über legitime und illegitime Gewalt, über Bürgerkrieg und Staatsnotwehr, über die Realität des Bösen oder auch über eine Theologie der Gewalt? Haben wir es früher jemals erlebt, daß Verbrechen außerhalb der Unterwelt mit versteckter oder gar offener Zustimmung aufgenommen worden sind? Hier, meine Damen und Herren, ist es der Fall. Nicht nur, aber vor allem der Mord an Siegfried Buback hat ein solches Echo hervorgerufen. Ich denke dabei an den empörenden sogenannten Nachruf, der immer wieder, teils mit eindeutiger, teils mit halbherziger, teils aber auch ohne jede Distanzierung oder sogar mit Bekundungen der Sympathie, nachgedruckt worden ist. Ich denke dabei an die Tatsache, daß dieser Nachruf von 43 Professoren, also beamteten, auf die Verfassung unseres Staates vereidigten Hochschullehrern in einem geradezu erbärmlichen Kontext unter schändlicher Vergleichung mit dem Tod eines zaristischen Polizeigouverneurs herausgegeben worden ist. Ich denke dabei schließlich an einen Schriftsteiler, der sich des Ermordeten eilends bemächtigte, um ihn in kümmerlichen Versen zu diffamieren. Diese Vorgänge, meine sehr verehrten Damen und Herren, erinnern an den Beifall, mit dem zu Beginn der Weimarer Republik Verblendete die Ermordung eines Matthias Erzberger und eines Walther Rathenau aufgenommen haben, oder an die Menschenverachtung, mit der Adolf Hitler 1932 die Mörder von Potempa seiner Solidarität versicherte.
Keine andere Bande, meine Damen und Herren, hat es bislang fertiggebracht, daß Medien auch in uns verbündeten Ländern zumindest partielles Verständnis für die vorgeblichen Ziele ihres Terrors äußerten und die Ursachen der Gewalttaten eher im Zustand unserer Gesellschaft oder in der Art sehen wollten, in der wir auf diese Herausforderung antworten, als in dem verbrecherischen Fanatismus der Terroristen. Dabei ist mir durchaus bewußt, daß sich diese Stimmen auch auf einzelne Äußerungen aus der Bundesrepublik stützen. Auf solche aus früheren Zeiten, die Fehleinschätzungen erkennen ließen, aber auch auf aktuelle Äußerungen, die die Relationen außer acht lassen, die mehr die Beschädigung des politischen Gegners, das Begleichen alter Rechnungen als die Abwehr gemeinsamer Gefahr zum Ziele haben.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir spüren doch fast täglich, welchen Einfluß dies vielerorts auf das Bild nimmt, das in Europa und darüber hinaus von unserem Land entworfen wird, das sich in den Köpfen von Europäern niederschlägt und auf unser Land zurückwirkt.
Aber nicht nur nach außen erzielen die Terrorbanden Wirkungen. Auch im Inland verändern ihre Gewalttaten unser Dasein. Gerade wegen der Brutalität ihrer Verbrechen nehmen sie die Aufmerksamkeit unseres Volkes über Tage und Wochen in Anspruch. Sie beschäftigen die Exekutive, aber auch die gesetzgebenden Körperschaften in einem Maße, das mitunter Besorgnis erregt. Sie treffen das Bewußtsein und die Gefühle der Menschen in einer Stärke, die ihresgleichen sucht. Sie zielen auch ganz bewußt auf Konfliktfelder, die zwischen den Parteien unseres Landes, zwischen gesellschaftlichen Gruppen und Kräften bestehen, um Gegensätze zu vertiefen, um die Polarisierung bis zu irreparablen Brüchen eskalieren zu lassen. Einige, die glauben, den Terror besonders nachdrücklich zu bekämpfen, sind dabei ihre unfreiwilligen Helfer.



Bundesminister Dr. Vogel
Vielleicht meinen nun manche, es sei nicht zweckmäßig, dies von der Tribüne des Deutschen Bundestages auszusprechen. Es sei doch nur eine Handvoll von Verbrechern. Man dürfe sie nicht dämonisieren. Man sollte ihr Tun eher herunterspielen, wo immer möglich, mit Schweigen übergehen. Ich glaube, meine Damen und Herren, das wäre ein Irrtum. Wer eine Gefahr bannen will, muß sie zunächst erkennen und wahrheitsgemäß beschreiben. Dies habe ich soeben. versucht. Eben dies halte ich auch für die Pflicht gerade des Justizministers.
Um es noch einmal mit anderen Worten zu sagen: Nicht daß Menschen getötet werden — so furchtbar das auch ist — ist das Spezifikum des Terrors. Sein Spezifikum ist der frontale Angriff gegen unseren Staat, gegen das Vertrauen der Bürger in den Staat, gegen die Wertordnung unserer Gesellschaft und gegen den Grundkonsens der geistigen und politischen Kräfte, auf dem unsere staatliche und gesellschaftliche Ordnung ruht. Dabei nehmen die Terroristen und ihre Hintermänner bewußt in Kauf, daß dem Zerbrechen des Grundkonsenses nicht sogleich der von ihnen angestrebte Zustand eines Zwangsparadieses folgt, sondern daß zunächst eine Metamorphose des Staates in Richtung auf die Praktizierung von Gegenterror einsetzt, eine Metamorphose, von der sich die Terroristen Zulauf an aktiver Unterstützung und an Sympathisanten versprechen
Ich sagte, die Terroristen zielen gegen unsere Wertordnung. Den höchsten Rang in dieser Ordnung nimmt die Menschenwürde ein, d. h. der sittliche Eigenwert jedes einzelnen Individuums als Person. Gerade diesen Wert wollen die Terroristen zerstören, indem sie Menschen zu Objekten, zu Sachen, zu Instrumenten herabwürdigen, indem sie die Vernichtung menschlichen Lebens als Kampfmittel einsetzen wie andere eine Waffe oder ein Argument. Hanns Martin Schleyer, die Passagiere der „Landshut" : sie waren für die Terroristen nicht Individuen, die einen letzten Wert darstellen, sondern beliebig austauschbare Gegenstände, mit denen sie allein unter dem Gesichtspunkt ihrer Zwecke ohne jede Bindung an Recht und Regeln verfuhren. Darin, meine Damen und Herren, liegt die eigentliche Herausforderung, darin liegt der zentrale Abgriff auf die Menschenwürde und die humane Ordnung, auf die wir als Volk uns nach den bitteren Erfahrungen unserer jüngeren Geschichte im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geeinigt haben.
Für die Abwehr und Überwindung einer solchen Herausforderung kann es kein einfaches Rezept geben. Jeder, der glaubt ein Mittel reiche aus, wenn es nur entschieden genug ergriffen werde, irrt. Nur eine Vielzahl von Anstrengungen auf den verschiedensten Gebieten kann weiterhelfen. Ich sehe vor allem drei Felder, auf denen die Auseinandersetzung geführt werden muß, nämlich das Feld der moralisch-politischen Auseinandersetzung mit dem Terror, seinen Ursachen und seinem Umfeld, das Feld des Gesetzesvollzuges und das Feld der Gesetzgebung.
Die moralisch-politische Auseinandersetzung steht für mich im Vordergrund. Hier vor allem müssen wir die Überlegenheit unserer staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung bewahren und voll zum Tragen bringen. Das heißt nicht, daß ich eine Diskussion mit den Terroristen für sinnvoll hielte. Sicher, auch als Justizminister schließe ich nicht aus, daß den einen oder den anderen der Terroristen vielleicht Zweifel an seinem Tun beschleichen, daß er zumindest einen Augenblick über die Folgen seines Tuns erschrickt. Vielleicht denkt der eine oder der andere auch an Umkehr. Dem dürfen wir uns nicht verschließen, und kein Mensch — auch kein Terrorist -, der noch für die Menschlichkeit zu retten ist, darf aufgegeben werden. Aber insgesamt versteht der harte Kern der Terroristen nur die Sprache rechtmäßig geübter staatlicher Gewalt; die Sprache, die in Mogadischu gesprochen wurde und die besagt, daß das Risiko der Gewalt nicht einseitig verteilt ist, daß das Unheil auch auf die verbrecherischen Urheber zurückfallen und zurückschlagen kann.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich denke vielmehr an die Suche nach und die Auseinandersetzung mit den Ursachen des Terrors, an eine unbefangene, nicht von Vorurteilen und taktischen Überlegungen beherrschte Suche und Auseinandersetzung. Hier ist viel versäumt worden. Die oberflächlichen Zuweisungen der Terroristen in die geistige oder doch semantische Nähe des jeweiligen politischen Gegners ist unangemessen und irreführend; sie klärt nichts und erschwert die gemeinsame Abwehr. Was hilft uns denn, meine Damen und Herren, die Charakterisierung der Terroristen als „Kinder Hitlers" oder als „Kinder Karl Marx." 'in Wirklichkeit?

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Vor allem das erste!)

Das ist nur der Versuch einer verdeckten Selbstrechtfertigung, die übertönen will, daß die Terroristen unsere Kinder waren, daß sie in unserer Mitte in diesem Lande herangewachsen sind.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Rechthaberei? Nein, mehr verantwortungsbewußte Selbstbesinnung, das ist es, was uns wirklich not-tut. Und das ist auch die angemessene Antwort auf das Gefühl, mitverantwortlich zu sein, ein Gefühl, das sich oft genug auch und gerade hinter lautstarker Rechthaberei und lautstarker Beschuldigung des jeweils anderen verbirgt.
Das werden wir zu fragen haben: Welchen Zusammenhang gibt es mit psychischen Anomalien und Krankheitserscheinungen? Ist es nur ein Zufall, daß eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Terroristen gerade der jetzt aktiven Generation aus dem Umkreis des sogenannten Sozialistischen Patientenkollektivs in Heidelberg stammt?

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Ist der Realitätsverlust der Terroristen nicht auch durch eine maßlos übersteigerte und bis zum Exzeß getriebene Gesellschaftskritik verursacht worden,

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)




Bundesminister Dr. Vogel
durch eine Kritik, die Haß gegen unseren Staat erkennen ließ

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

und sich nicht mehr mit den wirklichen Mängeln unserer Ordnung, sondern mit einem Zerrbild beschäftigte,

(Beifall bei allen Fraktionen)

mit einem Zerrbild, das, wäre es Wirklichkeit, —

(Zuruf des Abg. Stücklen [CDU/CSU])

— Herr Kollege Stücklen, ich weiß nicht, ob nicht der besondere Anlaß dieser Debatte vielleicht auch im Umgang miteinander und in dem Maß an ironischer Häme, das wir gegenseitig einsetzen, vorübergehend Zurückhaltung erheischt.

(Unruhe bei der CDU/CSU — Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Ein besonderes Maß an Fairneß im Umgang miteinander! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich setze meine Frage fort: ... mit einem Zerrbild, das, wäre es Wirklichkeit, die Frage nach der Gewalt als dem letzten Mittel nicht völlig erscheinen ließe?
Welchen Einfluß — so wird weiter zu fragen sein — hatten darüber hinaus die verschiedenen Gewalttheorien, die subtil zwischen Gewalt gegen Sachen und Gewalt gegen Personen unterschieden und die Anwendung des Rechts durch den Staat durch das Begriffspaar Gewalt und Gegengewalt auf die Ebene terroristischer Aktivitäten herabzudrücken suchten?

(Beifall bei allen Fraktionen)

Aber haben wir nicht auch selber, und zwar wir alle, Umstände gesetzt und Entwicklungen zugelassen, die partiell Überdruß, Ekel und Morbidität verursachten und die Fragen nach dem wirklichen Sinn des Lebens verschütteten? Haben wir nicht alle zu lange das rein materielle Mehr in den Mittelpunkt unseres Tuns und Lassens gestellt?
Schließlich müssen wir der Frage nachgehen, welche konkrete Hilfe, aber auch welche Motivation, welche Impulse zum Weitermachen den Terroristen aus der internationalen Szene zuwachsen. Hier ist ebenfalls vor vereinfachten und vorschnellen Antworten zu warnen. Aber der Sklavenhandel und die Piraterie, andersgeartete Geißeln früherer Jahrhunderte, kamen auch erst zu einem Ende, als sie international geächtet wurden und ihre letzten Schlupfwinkel verloren hatten.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Zu der Aufhellung der Ursachen müssen die Aufklärung der deutschen und der internationalen Öffentlichkeit und die Auseinandersetzung mit jenen hinzutreten, die Sympathien für den Terror oder doch für einzelne Elemente des Terrors, etwa für seine Ziele, äußern.
Aber diese Auseinandersetzung — dies möchte ich fast beschwörend sagen — muß differenzieren und muß mit Überlegung geführt werden, wenn sie ihr Ziel erreichen soll. Es geht doch darum, die Zahl der
Sympathisanten — und natürlich gibt es die — zu reduzieren. Es geht doch darum, Menschen zurückzugewinnen, die geirrt haben. Manches von dem, was heute unter dem Stichwort „Auseinandersetzung mit den Sympathisanten" geschieht, bewirkt eher das Gegenteil. Pauschale Schuldvorwürfe gegen ganze Gruppen erschweren die Einsicht, ja treiben den Terroristen eher noch Schwankende zu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Auflistungen, die einen Patrioten wie Willy Brandt als einen schlechten Deutschen und die Bundesminister des Innern und der Justiz als Verharmloser des Terrors zu brandmarken versuchen, sind nicht nur peinlich, sondern bewirken das Gegenteil von dem, was zu bezwecken sie vorgeben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich freue mich, daß Herr Kollege Biedenkopf diese Geschmacklosigkeit offen kritisiert und gesagt hat, dies sei das Gegenteil einer geistigen Auseinandersetzung.
Natürlich hat es in der Bundesrepublik Fehleinschätzungen des Terrors gegeben; grobe, heute schwer verständliche Irrtümer auch und gerade im Bereich der Intelligenz, der Literatur und der Publizistik.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Und der Politik!)

Aber sind die, die heute Irrtümer von gestern anprangern, selbst unfehlbar?

(Zuruf des Abg. Lemmrich [CDU/CSU])

Ist es nicht in unserem gemeinsamen Interesse, diejenigen, die früher geirrt haben, jetzt in das große Bündnis gegen den Terrorismus mit einzubeziehen?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Welchen Sinn soll es denn haben, die, die geirrt haben und den Irrtum erkennen, zurückzustoßen und auf ihre Irrtümer festzubinden?

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Weil die heute noch das große Wort führen!)

Anderes muß allerdings bei denen gelten, die jetzt noch dem Terror mit Rechtfertigungsversuchen begegnen. Hier haben — um ein konkretes Beispiel zu erwähnen — die von mir schon genannten 43 Hochschullehrer schwere Schuld auf sich geladen. Wer durch Auswahl entsprechender Textstellen zwischen dem Tod Siegfried Bubacks und seiner Begleiter, deren Witwen und Kinder heute im Laufe des Vormittags an unseren Beratungen auf der Tribüne teilnehmen werden, wer zwischen dem Tod dieser Menschen auf der Linkenheimer Straße in Karlsruhe und der Äußerung, daß der zaristische Gouverneur Romanow auf dem Moskauer Straßenpflaster „wie ein toller Hund verendet sei" einen Bezug herstellt, disqualifiziert sich in jeder Hinsicht.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Die für die deutsche Bundeswehr Verantwortlichen haben mit Recht und unter allgemeiner Zustimmung nicht einen Augenblick gezögert, sich von elf Offiziersstudenten zu trennen, die in betrunkenem Zu-



Bundesminister Dr. Vogel
stand Ungeheuerliches geäußert haben. Ich hätte einigen Universitäten und den für sie Zuständigen die gleiche Kraft gewünscht!

(Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen)

Bei der Anwendung des geltenden Rechts sind die Voraussetzungen in den letzten Jahren ständig verbessert worden. Bund und Länder haben die Sicherheitsorgane personell und materiell verstärkt. Auch für die Justiz ist Notwendiges geschehen. Zum wirksamen Vollzug gehören jedoch auch die unablässige Aufmerksamkeit der Verantwortlichen und die wirksame Motivation derer, die unter Einsatz ihres Lebens ihre Pflicht tun sollen und von denen man auch das Opfer des Lebens im konkreten Falle verlangt.
Ich habe hier nicht die Absicht, im Detail auf die Vorgänge in Stammheim oder auch in anderen Anstalten einzugehen. Der Bund kann den dort Zuständigen die Verantwortung ebensowenig abnehmen wie denen, die anderswo für Strafanstalten zuständig sind. Aber daß es in Stammheim — und sicher nicht nur dort, aber gerade dort — trotz Warnungen an Aufmerksamkeit gefehlt hat, das läßt sich mit aller Objektivität feststellen.
Noch etwas darf ich mit aller Ruhe sagen. Wer sich aus dem Fenster beugt und andere beständig mit Ermahnungen und Vorwürfen über den Zustand ihrer Wohnungen und Häuser belehrt, der muß zunächst einmal dafür sorgen, daß seine eigene Wohnung in Ordnung ist und jeder kritischen Prüfung standhält.

(Beifall bei der SPD)

Damit kein Mißverständnis entsteht: ich meine nicht meinen bisherigen Kollegen Bender, der in respektabler Weise zu seiner politischen Verantwortung gestanden ist.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Die Fairneß gebietet es, noch eine Bemerkung hinzuzufügen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Geben Sie den gleichen Rat auch anderswohin!)

Von manchen, die sich jetzt ereifern, war nichts zu vernehmen, als sich die Justiz überall, auch in Baden-Württemberg, gegen den Vorwurf der Isolationsfolter und der planmäßigen Hinrichtung der Gefangenen zu wehren hatte

(Beifall bei der CDU/CSU)

und sich um eine gesetzestreue, weitere Eskalationen vermeidende Behandlung der Gefangenen bemühte.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das müssen Sie Herrn Eppler sagen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich verstehe nicht, warum wir nicht in aller Ruhe miteinander verhandeln können.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sprechen Sie die richtigen Leute an!)

Manchmal habe ich den Eindruck, daß manche aus
mancherlei Gründen durch die Art der Debatten und
der Häme bereits so deformiert sind, daß sie auf einen menschlichen, ruhigen Ton nur schwer zu antworten vermögen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich habe schon dargetan, daß wir es mit fanatischen, zu allem entschlossenen, menschenverachtenden Gegnern zu tun haben, mit Menschen, die — wie früher die Hungerstreiks zeigten und jetzt die Vorgänge in Stammheim zeigen — auch nicht vor dem Mittel der Selbstzerstörung zurückschrecken, wenn sie glauben, ihre Anhänger auf diese Weise zu neuen Gewalttaten mobilisieren und so den Kampf noch weiter verschärfen zu können. Alle, die solchen Fanatikern — in welcher Funktion auch immer — entgegentreten, wissen, daß sie ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen. Deshalb müssen wir ihnen, müssen wir der Polizei, dem Verfassungsschutz, den Vollzugsbeamten in den Anstalten, die ich übrigens an dieser Stelle um Entschuldigung dafür bitte, daß ich sie vor kurzem in einem öffentlichen Interview als Wärter bezeichnet habe, ohne mir diesen Ausdruck weiter zu überlegen, und auch der Justiz das Gefühl der Solidarität vermitteln.
Das bedeutet nicht, daß die Arbeit der Sicherheitsorgane nicht auch künftig kontrolliert und gegebenenfalls kritisiert werden muß. Die von den Fraktionen gemeinsam erarbeitete Vorlage zur Wahrnehmung der parlamentarischen Verantwortung im Bereich der Sicherheitsdienste ist ein Schritt in dieser Richtung. Das bedeutet aber, daß alle Demokraten kampagneartiger Hetze gegen diese Männer und Frauen und Verzerrungen wie der, die eigentliche Gefahr für die Demokratie gehe von den Sicherheitsorganen aús, ebenso entschieden entgegentreten müssen wie der Verwendung des widerwärtigen, menschenverachtenden Begriffes „Bullen" für unsere Polizeibeamten.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Es bleibt das Gebiet der Rechtsänderung. Hier muß ich als Justizminister vor zwei Ansichten gleichermaßen warnen. Zum einen muß ich vor der Ansicht warnen, der Terror werde rasch ein Ende finden, wenn man nur schärfere Gesetze erlasse, wobei nicht immer klar wird, worin die Schärfe eigentlich bestehen soll. Ich muß aber genauso vor der Ansicht warnen, zur Abwehr des Terrors dürfe überhaupt kein Gesetz geändert werden.
Die erste Auffassung verkennt, daß die Terroristen selber ihre Entschlüsse nicht von der Höhe jeweiliger Strafdrohungen, sondern von der Einschätzung ihrer Erfolgsaussichten abhängig machen. Mörder sind, wenn überhaupt, nur durch ihre Ergreifung und die lebenslange Einsperrung, also durch die Gewißheit zu beeindrucken, daß sie ihre Freiheit auf Lebenszeit nicht wiedererlangen.

(Dr. Möller [CDU/CSU] : Ja, auf Lebenszeit! Das ist richtig!)

Auch sonst besteht die Gefahr, daß unbedachte sogenannte Gesetzesverschärfungen in unserem Volk im Augenblick zwar ein Gefühl der Erleichterung hervorrufen, aber dann, wenn sie, wie vorauszusehen, ihr Ziel verfehlen, alsbald nur noch tiefere Ent-



Bundesminister Dr. Vogel
täuschung und tiefere Verdrossenheit gegenüber unserem Staat auslösen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

In diesem Zusammenhang ein Wort zur Todesstrafe. Ich war und bin ein Gegner der Todesstrafe. Ich habe aber Verständnis für die Gefühlslage der Bürger, aus der die Forderung entspringt, und ich bin nicht bereit, die Bürger, die so etwas erörtern, in Bausch und Bogen als Barbaren oder verkappte Faschisten zu betrachten.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Aber, meine Damen und Herren, ich bin jederzeit bereit, diesen Bürgern mit Geduld die ethischen und rechtsphilosophischen Gründe gegen die Todesstrafe vorzutragen, die Argumente, die die Väter unseres Grundgesetzes zu einer fast einmütigen Entscheidung gegen die Todestrafe bewogen haben.
Ich bin bereit, den Bürgern darzulegen, daß die Todesstrafe auch nicht den Effekt hätte, den sie erwarten, daß sie nur Emotionen befriedigen, die Gefahr aber nicht mindern würde, es sei denn, man träte für die Abschaffung rechtsstaatlicher Verfahrensgarantien ein. Derartiges aber würde die Auseinandersetzung nur zusätzlich brutalisieren und unsere Rechtskultur um Jahrhunderte zurückwerfen. Ich sehe nicht, wer diesen Preis wirklich zahlen will.

(Beifall bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der zweiten Auffassung ist entgegenzuhalten, daß wir ja auch auf anderen Gebieten neuen Formen sozialschädlichen Verhaltens mit Gesetzesänderungen begegnen, so etwa im Wirtschaftsstrafrecht, bei der Umweltkriminalität, bei den Vorschriften gegen Luftpiraterie und gegen Geiselnahme. Es ist nicht einzusehen, warum hier etwas anderes gelten sollte.
An zwei Kriterien allerdings müssen solche Änderungen gemessen werden: an dem Kriterium der strengen Rechtsstaatlichkeit und an dem Kriterium der Effektivität. Nach diesen Kriterien ist schon bisher Wesentliches geschehen. Ich nenne die Normierung des Verteidigerausschlusses, das Verbot der Mehrfachverteidigung, die Beschränkung der Zahl der Wahlverteidiger, die Schaffung der Möglichkeit, gegen Angeklagte, die sich bewußt und gewollt verhandlungsunfähig machen — etwa durch Hungerstreiks —, in Abwesenheit zu verhandeln. Ich nenne die gemeinsame Einführung eines neuen Tatbestands gegen terroristische Vereinigungen mit erhöhter Strafdrohung, die die Erstzuständigkeit des Generalbundesanwalts begründet. Ich glaube, die Zweckmäßigkeit gerade dieser Zuständigkeitsregelung ist in den letzten Wochen und Monaten auch den Zweiflern überzeugend dargetan worden. Ich nenne weiterhin die Erweiterung der Anzeigepflicht bei schweren Delikten, die Verschärfung des Haftrechts bei terroristischen Straftaten und die Möglichkeiten, in solchen Verfahren den schriftlichen Verkehr zu überwachen. Ich nenne auch das 14. Strafrechtsänderungsgesetz mit seinen Bestimmungen gegen die Befürwortung von Gewalt.
Weitere Entwürfe, meine Damen und Herren, sollen heute an die Ausschüsse überwiesen werden.
Die beiden Regierungsentwürfe haben die Beschleunigung und Straffung der Großverfahren, eine effektivere Unterbindung der Kollusion zwischen inhaftierten Beschuldigten und einzelnen Verteidigern im Falle von Strafverfahren wegen des Verdachts der Zugehörigkeit zu terroristischen Organisationen und eine Verschärfung der Mindeststrafen für unerlaubten Waffenbesitz zum Gegenstand.
Die neuen und die schon vorliegenden Gesetzentwürfe der Opposition behandeln weitere Themen, so z. B. aus meinem Ressortbereich die Einführung einer Kronzeugenregelung, über die wir hier ja schon einmal diskutiert haben, die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs in den Fällen des § 129 a StGB und die Neuregelung der Vorschriften über die Zwangsernährung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann nicht einsehen, warum über all diese Themen in den Ausschüssen nicht eine vernünftige Diskussion möglich sein soll, eine Diskussion, die gestern im interfraktionellen Gespräch bereits begonnen hat.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich halte es für durchaus denkbar, daß wir das schwierige Verteidigerproblem im Sinne einer wirksamen Fernhaltung derer lösen, die des Mißbrauchs ihrer Funktion vedächtig sind. Die mit großer Mehrheit gefaßten Empfehlungen des Deutschen Richterbundes, die Erfahrungen der letzten sechs Wochen, die nüchterne Betrachtung von Vorgängen in unseren Anstalten, der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zu den Kontaktsperremaßnahmen vom 4. Oktober 1977 weisen ebenso in diese Richtung wie die Ausführungen des Herrn Kollegen Eyrich in der Debatte zum Kontaktsperregesetz oder die Tatsache, daß der Bundesrat im ersten Durchgang darauf verzichtet hat, die Überwachung kumulativ oder gar alternativ zu fordern.
Ich habe die Gefahren, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bedrohungen geschildert, denen wir uns gegenübersehen. Ich verhehle nicht, daß "uns weitere Anschläge bevorstehen. Indes: In der Größe der Gefahr, in der Erfahrung gemeinsam erlebter Bedrohung liegt auch eine Chance. Wir spüren es doch, daß die Menschen beginnen, sich unter dem Eindruck der furchtbaren Ereignisse wieder Wesentlichem zuzuwenden, daß es vielen wie Schuppen von den Augen gefallen ist, daß scheinbare und wirkliche Sorgen und Nöte wieder deutlicher voneinander geschieden werden und an ihren richtigen Platz in der Rangordnung der Probleme rücken.
Wir spüren ein Zusammenrücken in unserem Volke, ein Schrumpfen von Gegensätzen, die zwar fortbestehen und auch fortbestehen müssen, aber in ihrer Bedeutung realistischer gesehen werden. Die Zusammenarbeit aller politisch verantwortlichen Kräfte in der Großen Runde hat insoweit nur nachvollzogen, was draußen in unserem Volke schon geschehen ist und was die Menschen unseres Volkes von uns erwarten, übrigens auch in Zukunft erwarten, ja, geradezu verlangen. Natürlich erwartet niemand, daß es keine Kontroversen mehr gibt; auch in Fragen der inneren Sicherheit muß es weiterhin Meinungsverschiedenheiten und ein Ringen um die



Bundesminister Dr. Vogel
beste Lösung geben. Hier aber würde die Hoffnung unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Sicherheit zutiefst enttäuscht, wenn wir bei der Behandlung dieser Fragen so miteinander umgingen, als ob der eigentliche Gegner, den es um jeden Preis zu treffen gelte, die jeweils andere Fraktion, der jeweils Andersdenkende, nicht aber unser gemeinsamer Gegner, der Terrorismus, sei.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist noch etwas in Gang gekommen: ein neues Verständnis unseres Staates. Die Menschen haben in diesen Tagen und Wochen gespürt, daß der Staat mehr sein muß als eine Schönwettervereinigung zur Wohlstandsmehrung, mehr als ein Gebilde, dem man nur als Fordernder, möglichst als lautstark und rücksichtslos Fordernder entgegentritt. Sie haben begriffen, daß dieser Staat, diese Bundesrepublik Deutschland Opfer verlangen und von der ihr anvertrauten Gewalt auch Gebrauch machen muß, wenn sie fähig bleiben will, den inneren Frieden zu bewahren und Leib und Leben der Bürger zu schützen. Die Menschen haben erfahren, daß es der Staat war, der die Geiseln rettete und die Väter, Mütter und Kinder — mit zwei schmerzlichen Ausnahmen und um den Preis der Toten von Köln — zu ihren Familien zurückbrachte —, meine Damen und Herren, der Staat, jener so oft geschmähte, verächtlich .als „System" abgetane, als Repressionsagentur verlästerte, aber auch wegen seiner angeblichen Schwäche und Orientierungslosigkeit belächelte und verhöhnte Staat. Diesem unserem Staat, für den wir in diesem Hause als Verfassungsorgan ein besonderes Maß an Verantwortung tragen, diesem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat unseres Grundgesetzes ist in den letzten Wochen ein Mehr an Autorität und an Sympathie seiner Bürger zugewachsen, auch deshalb, weil alle Verantwortlichen in der Not gemeinsam handelten. Was dem Staat so durch gemeinsame Anstrengungen, unglückliche Umstände zugewachsen ist, das sollten wir nicht aufs Spiel setzen, weder bei der heutigen Debatte noch bei den weiteren Beratungen der vorliegenden Entwürfe. Denn: Wir werden dieses Mehr an Autorität und Zuneigung für unseren Staat in den Prüfungen, die uns mit Sicherheit noch bevorstehen, brauchen.

(Beifall bei der SPD und der FDP und Abgeordneten der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805300200
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Dregger.

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0805300300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Geschehnisse der letzten Wochen, die Not der Entführten, der Schmerz und die Angst der Gefesselten, der Tod der Ermordeten, das Mitbangen und Mitleiden der Mitbürger, die Bereitschaft der Opposition, in der Stunde der Not die Regierung nicht allein zu lassen, sondern Mitverantwortung zu tragen für schwere, risikoreiche und in ihren Auswirkungen tragische Entscheidungen, schließlich und nicht zuletzt die befreiende Tat unserer tapferen Grenzschutzbeamten, befreiend nicht nur für die Insassen der Lufthansa-Maschine, sondern für alle: all das hat uns einander nähergebracht.
In diesen Wochen ist sichtbar geworden, daß die Deutschen noch ein Volk sind und nicht nur eine Wohlstandsgesellschaft

(Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der FDP)

und daß die Bundesrepublik Deutschland ein Staat
ist und nicht nur ein Dienstleistungsunternehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der FDP)

Diese unter Leiden gewonnene und mit dem Lebensopfer von Mitbürgern besiegelte Staatsqualität wollen wir festhalten. Wir wollen sie für Prüfungen bewahren, die uns bevorstehen.
Zu Beginn dieser Debatte, die sicherlich kontrovers verlaufen wird und kontrovers verlaufen muß, wenn sie die Wahrheit sichtbar und das Notwendige durchführbar machen soll, wollen wir uns bestätigen, was im Grunde ohnehin selbstverständlich ist: daß niemand von uns terroristische Gewalt billigt und daß wir alle sie so bald wie möglich beendet sehen möchten.
Meine Damen und Herren, eine ganz andere Frage, die jetzt nicht einfach weggewischt werden darf, ist die, welche Verantwortung jeder von uns für mangelnde Voraussicht in der Vergangenheit trägt, für schwerwiegende Verharmlosung erkennbarer Gefahren, für durch Tun oder Unterlassen bewirkte Begünstigung einer Entwicklung, deren terroristische Folgen niemand von uns gewollt hat.
In der Frage der politischen Verantwortung sind die Gewichte zwischen den Fraktionen dieses Hauses gewiß sehr unterschiedlich. Das wissen Sie, das weiß die deutsche Offentlichkeit, und deshalb braucht es hier im einzelnen nicht dargelegt zu werden. Diese Unterschiede in der politischen Verantwortung für die Vergangenheit hindern uns aber nicht an einer übereinstimmenden Beurteilung der Gefahren in der Gegenwart.
Ich muß sagen, ich habe mich über manche Passagen der Rede des Bundesjustizministers gefreut. Ich zweifle nicht daran, daß er schon früher so gedacht hat, wie er heute geredet hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir kennen uns schon seit der Zeit des gemeinsamen Studiums unmittelbar nach dem Kriege. Aber jeder weiß, daß er vor den blutigen Ereignissen der letzten Wochen im Namen seiner Partei diese Rede hier nicht hätte halten können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese Unterschiede in der politischen Verantwortung für die Vergangenheit hindern uns vor allem nicht daran, meine Damen und Herren — und damit nehme ich meinen zuvor geäußerten Gedanken wieder auf —, jetzt gemeinsam zu handeln. Damit muß allerdings jetzt begonnen werden, energischer und wirksamer als bisher, und daran sollten sich auch die beteiligen, die bisher blind waren. Wir sollten




Dr. Dregger
uns auch klar darüber sein, daß wir als politische Führung dieses Landes Mitverantwortung tragen für das, was sich jenseits des Staatsapparates ereignet, was sich im geistigen und im moralischen Bereich ereignet.
Jetzt ist mehr von uns gefordert als Polizeitaktik und Gesetzestechnik. Jetzt gilt es, etwas von der sittlichen Kraft wirksam werden zu lassen, die in den Anfangsworten unserer Verfassung ihren Ausdruck gefunden hat, wo es heißt:
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ... hat das Deutsche Volk ... dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.
An diese schwerwiegenden Worte sollten wir uns und alle Deutschen erinnern. Die Verfassungsväter, die nach zwölf Jahren Hitler, davon sechs Jahre Krieg, diese Worte formulierten, wußten, wovon Sie sprachen. In der Gegenwart haben es zu viele vergessen.
Meine Damen und Herren, auf dem Bewußtsein der Verantwortung vor Gott und den Menschen beruht das Glück, und auf dem Frevel seiner Mißachtung beruht das Elend der Völker.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hätten die heutigen Terroristen etwas weniger von Emanzipation, Konfliktpädagogik und antiautoritäre Erziehung und etwas mehr von ihrer ganz persönlichen Verantwortung vor Gott und den Menschen erfahren, dann wäre ihnen und uns vieles von dem erspart geblieben, was wir heute beklagen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Bravo!)

Beginnen wir die Überlegungen zu dem, was jetzt praktisch zu tun ist, mit einer nüchternen Bestandsaufnahme der letzten Ereignisse. Beim Anschlag auf Hanns Martin Schleyer wurden er selbst, sein Fahrer und die drei ihn begleitenden Polizeibeamten getötet. Keiner überlebte. Hanns Martin Schleyer verbrachte vor seinem Tod sechs qualvolle Wochen in der Gewalt der Terroristen. Die Polizei war in dieser langen Zeit außerstande, seinen Aufenthaltsort zu entdecken. Die Verbrecher vermochten nicht, ihre Komplizen in Stammheim freizupressen, weil die politische Führung den Tod des Entführten in Kauf zu nehmen bereit war. Für die Entführer selbst blieb der Anschlag bis heute ohne Folgen. Alles in allem: Das war im äußeren Ergebnis und im Hinblick auf die Schutzaufgabe des Staates für menschliches Leben kein Sieg, sondern eine Niederlage des Rechtsstaates.
Auch der Anschlag gegen die Lufthansa-Maschine forderte Opfer. Der Flugkapitän wurde ermordet. Passagiere und Besatzungsmitglieder, darunter Alte und Kranke, Frauen und Kinder, wurden über hundert Stunden lang gequält. Wenn es schließlich gelang, die Gequälten zu befreien, so verdanken wir das dem Können und der Tapferkeit unserer Grenzschutzbeamten und der Bereitschaft der somalischen Regierung, ihren Einsatz zu gestatten. Andere Länder, die vorher von der entführten Maschine angeflogen worden waren, haben sich nicht in gleicher Weise kooperationsbereit gezeigt. Die Wiederholung eines derartigen Einsatzes ist daher für die Zukunft keineswegs gesichert. Wenn der Aufenthaltsort der Geiseln unbekannt ist, ist eine Wiederholung ohnehin nicht möglich. Die Freude über Mogadischu darf uns nicht darüber täuschen, daß sich unsere Handlungsfähigkeit bei Entführungen der Geiseln an einen unbekannten Ort nicht vergrößert hat.
Ein Drittes muß in die Lagebeurteilung einbezogen werden. Die Art und Weise, wie vier der in Stammheim einsitzenden Verbrecher Hand an sich legten, und die Sympathiekundgebungen, die in vielen Ländern zu ihren Gunsten und nicht zugunsten ihrer Opfer veranstaltet wurden, lassen nicht darauf schließen, daß der terroristische Angriff ein Ende gefunden oder auch nur an Wirksamkeit verloren hätte. Damit behalten alle Überlegungen und Bemühungen ihre Bedeutung, die in den letzten Wochen zur Bekämpfung des Terrorismus angestellt wurden, sowohl im Bereich der Sicherheitsdienste als auch im Bereich der Gesetzgebung und insbesondere im Bereich der geistigen und politischen Auseinandersetzung mit den Ursachen des Terrors.
Um welche Art des Angriffs handelt es sich? Ohne eine richtige Analyse werden wir nicht zu richtigen Konsequenzen kommen. Handelt es sich um gewöhnliche Kriminalität? Der Justizminister hat schon gesagt — ich stimme ihm zu —: Nein. Denn gewöhnliche Kriminalität richtet sich nur gegen das Leben, die Freiheit und das Eigentum einzelner, aber nicht gegen die Rechtsordnung als Ganzes, nicht gegen den Staat. Für den terroristischen Angriff ist das Einzelopfer nur Mittel zum Zweck. Der eigentliche Angriff richtet sich gegen den Staat und gegen die Demokratie, die zerstört werden sollen.
Es handelt sich auch gewiß nicht um einen nach völkerrechtlichen Normen zu führenden Krieg, der nur zwischen Staaten stattfinden kann. Es handelt sich auch nicht um Bürgerkrieg; denn die Bürger sind als Handelnde ja gar nicht beteiligt. Hier stehen sich ja nicht zwei Parteien gegenüber.
Es ist eine dritte Art des organisierten Angriffs gegen den Staat in den Formen der Stadtguerilla oder auch Kaderguerilla, dessen Gefährlichkeit über gewöhnliche Kriminalität weit hinausgeht.
Aus dieser Beurteilung sind Konsequenzen zu ziehen. Ich meine folgende:
Besondere Gefahren erfordern besondere Formen der Abwehr. Wir müssen darauf achten, daß diese besonderen Abwehrinstrumente in ihrer Anwendbarkeit auf diese Formen des Angriffs beschränkt bleiben. Handelten wir anders, so gelänge es einigen hundert oder tausend Terroristen, die Gesetze für Millionen zu verschärfen und die Errungenschaften eines liberalisierten Strafrechts für alle außer Kraft zu setzen. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Deshalb sind die meisten unserer Gesetzesvorschläge auf Tatbestände beschränkt, bei denen das Vorliegen einer kriminellen Vereinigung festgestellt wird. In den anderen Fällen handelt es sich um Korrekturen, die auch ohne Terrorismus erforderlich sind.



Dr. Dregger
Sollten sich in Zukunft noch einschneidendere Gesetze als erforderlich erweisen, um dem Terrorismus wirksam begegnen zu können, wäre nach meiner Auffassung daran zu denken, nicht nur materiell, sondern auch formell ein Sonderrecht zu schaffen, das verfassungsrechtlich klar abgesichert und vielleicht auch zeitlich befristet oder auch für eine zeitlich begrenzte Gefahrenlage gesondert in Kraft zu setzen ist.
Sosehr wir uns davor hüten müssen, liberale Errungenschaften für alle aufzugeben, weil wenige eine besondere Gefahr für alle darstellen, sosehr müssen wir uns darum bemühen, dem Angriff der wenigen auf alle eine der Größe der Gefahr entsprechende Abwehr entgegenzustellen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was uns daran hindern kann, ist vor allem das, was ich als eine falsche Vergangenheitsbewältigung bezeichnen möchte. Wir, die wir für die Gegenwart und die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich sind, müssen uns vom Schatten Hitlers lösen. Weder die Kopie Hitlers — die niemand, der in Deutschland noch bei Sinnen ist, wiederholen möchte — noch das Gegenbild Hitlers können Maßstab unseres Handelns sein. Wir müssen uns an Erfahrungen orientieren, die über Hitler hinausweisen, und an Grundwerten, die Hitler zwar mißbrauchen, aber nicht außer Kraft setzen konnte.
Erinnern wir uns an das Schicksal der ersten deutschen Republik! In den ersten Jahren ihres Bestandes hat sie sich als entschlossen und fähig erwiesen, sich mit ihren Gegnern erfolgreich auseinanderzusetzen. Die Niederschlagung der Kommunistenaufstände in Sachsen und im Ruhrgebiet und des Hitlerputsches in München, aber auch die Verabschiedung des Gesetzes zum Schutz der Republik vom 21. Juli 1922, das den Morden an Erzberger und Rathenau auf dem Fuß folgte, haben das gezeigt. Niemand kann an der Rechtsstaatlichkeit dieses Republikschutzgesetzes zweifeln. Ich weise auf dieses Gesetz hin, nicht um die Übernahme der dort genannten Bestimmungen zu empfehlen, sondern um die Wirksamkeit entschlossenen Handelns einer demokratischen Republik in Erinnerung zu rufen. Dieses Republikschutzgesetz, mit den Stimmen auch der SPD verabschiedet, bedrohte bei einem Anschlag auf ein Regierungsmitglied nicht nur den erfolgreichen Attentäter mit dem Tode, es bedrohte auch den erfolglosen Attentäter und auch denjenigen mit dem Tode, der einer auf Attentate angelegten Vereinigung oder Verabredung angehörte, auch wenn er die Einzelheiten des Attentats nicht kannte. Mit dem Tode bedroht wurde auch, wer die terroristische Vereinigung mit Rat und Tat und insbesondere mit Geld unterstützte. Nach Verabschiedung des Republikschutzgesetzes war die damalige Attentatsserie zu Ende, wobei zu untersuchen bleibt, ob und inwieweit das diesem Gesetz zu verdanken ist.

(Sehr wahr! bei der SPD — Zuruf des Abg. Mattick [SPD])

— Herr Mattick, dieses Gesetz hat auch Ihre Partei
mit verabschiedet. Das war nach den Morden an
zwei Ministern ein Beweis entschlossenen Handelns, und dieses entschlossene Handeln hat sich damals in der Weimarer Republik bewährt. Das müssen wir feststellen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805300400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt.

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0805300500
Ja.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0805300600
Herr Kollege Dregger, ist Ihnen bekannt, daß Sympathisanten in der Richterrobe die wirksame Anwendung dieses Gesetzes weitgehend verhindert haben?

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0805300700
Ich weiß, daß die Attentäter damals von rechts kamen. Ich möchte annehmen, daß das damals für die SPD nicht der Grund war, einem solchen Gesetz zuzustimmen. Ob der Extremismus von rechts oder links kommt, macht keinen Unterschied. Er ist verbrecherisch, und er muß bekämpft werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir alle wissen, daß die Weimarer Republik in der zweiten Phase ihres Bestandes es an entsprechender Entschlossenheit in der Auseinandersetzung mit ihren Gegnern hat fehlen lassen. Die Folge war Hitler.
Eine letzte Überlegung hierzu: Die Grundrechte und die Selbstbindung staatlicher Gewalt wurden in unsere Verfassung nicht eingefügt, um Mördern das Morden zu erleichtern, sondern sie wurden eingefügt, um Bürgern die Freiheit zu gewährleisten, die diese Republik bejahen. Art. 18 des Grundgesetzes sieht die Verwirkung von Grundrechten für diejenigen vor, die diese Grundrechte zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbrauchen. Es ist daher keineswegs rechtsstaatlich, keineswegs liberal und keineswegs moralisch, Maßnahmen zum Schutz der Bürger zu unterlassen, die allein in der Lage sind, ihnen Frieden und Freiheit zu sichern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie wir uns vor falscher Vergangenheitsbewältigung hüten müssen, so müssen wir uns auch vor einer falschen Rücksichtnahme auf falsche ausländische Kritik hüten. Die aus dem Geiste der Solidarität geübte Kritik des Auslandes müssen wir sehr ernst nehmen. Wir müssen verstehen, daß unsere . Freunde im Ausland es nicht verstehen, daß ausgerechnet dieses Land, dessen Wirtschaftswunder bestaunt, dessen Massenwohlstand beneidet wird, heute eine Hochburg des Terrorismus ist. Dem können wir. nur begegnen durch eine schonungslose Selbstkritik und ein klares Aufzeigen der geistigen und politischen Ursachen, die zum Terrorismus geführt haben.
Aber es gibt auch ausländische Kritik, die aus anderen Motiven gespeist ist. Für Ressentiments aus der Vergangenheit und für Neidgefühle im Hin-



Dr. Dregger
blick auf die Gegenwart müssen wir ebenfalls Verständnis haben.
Politisch bedeutsamer ist die ausländische Kritik, der es darum geht, die Bundesrepublik Deutschland als stärksten Pfeiler des freien Europa zum Einsturz zu bringen. Wegen der in mancherlei Hinsicht ungünstigen Lage unserer europäischen Verbündeten hat die Bundesrepublik Deutschland heute für die Verteidigung des freien Europa eine Bedeutung gewonnen, die. wir uns nicht gewünscht haben. Wenn die Bundesrepublik Deutschland fällt, dann sind auch die anderen freien Staaten Europas nicht zu halten. Das Lenin-Wort „Wer Deutschland hat, hat Europa" gilt heute noch mehr als zu der Zeit, als es ausgesprochen wurde. Es ist deshalb klar, daß alle, die das kommunistische oder das kommunistisch-sozialistische Europa wollen, daran interessiert sein müssen, dieses Land im Innern zu verunsichern und nach außen zu diffamieren, um es auf diese Weise zu isolieren. Das war Sinn der organisierten Kappler-Aufregung,

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

die in krassem Gegensatz zu der Humanität steht, die das italienische Volk auszeichnet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das war und ist auch Sinn der nicht erst seit dem Selbstmord von Frau Meinhof laufenden Kampagne, die die Terroristen in Deutschland zu Helden und Märtyrern machen soll. Wir, meine Damen und Herren, sollten das nüchtern und ohne Emotionen zur Kenntnis nehmen und uns darauf einstellen, wozu auch gehört, daß wir nach den Maßstäben dieser ausländischen Kritiker nicht richten können.
Nun zu den Maßnahmen im einzelnen, die wir treffen müssen. Zunächst zu dem Bereich der Exekutive. Hier geht es vor allem darum, bessere Fahndungserfolge zu ermöglichen. Das wird nicht gehen ohne bessere Ausstattung und Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei und ohne den Einsatz von V-Leuten in der terroristischen Szene, zumindest im Kreise der Helfershelfer. Das wird schwer sein, nachdem das Notwendige allzu lange unterblieben ist. Aber das darf nicht zur Resignation veranlassen. Computer sind gut, meine Damen und Herren, aber Computer allein machen uns nicht sehend. Diese Fragen sind sicherlich wenig geeignet, öffentlich erörtert zu werden. Sie müssen auch nicht vom Parlament beschlossen werden. Sie liegen im Bereich der Exekutive. Wir sind jedenfalls bereit, die Regierung bei Initiativen auf diesem Felde zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch aus den Vorgängen in Stammheim, Frankfurt-Preungesheim und Werl,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Berlin!)

vorher in Berlin, wo damals Terroristen entwichen,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Aus der sozialliberalen Haftanstalt!)

wenn Sie sich noch daran erinnern können, die später wieder gemordet haben wie die Dame Plambeck,
müssen Konsequenzen gezogen werden, die über Ministerrücktritte und die Ablösung von Anstaltsleitungen hinausgehen. Sie sind zunächst eine Frage unserer inneren Einstellung, der inneren Einstellung, mit der Parteien und öffentliche Meinung diesem Problem begegnen. Erinnern wir uns doch! Die Zeit liegt noch nicht lange zurück, da empfingen die Terroristen in Stammheim höfliche Briefe ehemaliger Präsidenten — „Sehr geehrte Frau Meinhof" — da empfingen sie nicht nur Briefe, sondern den Besuch berühmter Philosophen mit anschließender Pressekonferenz, da gaben sie dort Interviews und empfingen bis zuletzt Scharen von Anwälten, die völlig unbeaufsichtigt mit ihnen nicht nur sprechen, sondern auch konspirieren konnten.
Meine Damen 'und Herren, all das geschah unter Anteilnahme — wohlwollender Anteilnahme! — des größten Teils der veröffentlichten Meinung, nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland. Ich glaube, wir können uns unter diesen Umständen nicht darüber wundern, daß das auf unsere Justiz- und Polizeibeamten — in der Regel mit niedriger Besoldungsgruppe — einen tiefen Eindruck gemacht hat. Das müssen wir doch einmal sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Soweit es das Wirken der Anwälte angeht, war das nach geltendem Recht auch gar nicht zu unterbinden. Sie haben sich doch bis heute geweigert, dieses geltende Recht zu ändern.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Seit Jahren!)

Ich meine, es ist doch eine unerträgliche Heuchelei,

(von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU] : Das ist wahr!)

wenn ausgerechnet diejenigen die lauteste Kritik an der permissiven Praxis in Stammheim, nicht aber in Berlin und anderswo üben, die uns jahrelang angeklagt haben, weil wir für strengere Gesetze eingetreten sind, meine Damen und Herren. Das kann man Ihnen doch nicht abnehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Eppler heißt er, der Heuchler! Eppler!)

Führen Sie die Verteidigerüberwachung ein, meine Damen und Herren! Sorgen Sie mit uns für eine öffentliche Meinung, die es erlaubt, den Alltag der Terroristen so zu gestalten, daß ihre ordnungsgemäße Überwachung ermöglicht wird! Erwägen Sie mit uns, die bundesgesetzlichen Vorschriften der Vollzugsordnung zu verändern! Allerdings sollte das entsprechend dem Grundsatz, den ich zu Beginn erläutert habe, auf einsitzende Terroristen beschränkt werden, da sich nur ihnen auf Grund ihres Geldes, ihres Einflusses und ihrer großen Beraterstäbe Möglichkeiten eröffnen, die ein normaler Untersuchungshäftling für sich gar nicht in Anspruch nehmen kann. Hier, meine Damen und Herren, in der Gesetzgebung, gilt es, Farbe zu bekennen. Hier, nirgendwo anders, werden wir Sie messen.

(Beifall bei der CDU/CSU)




Dr. Dregger
Zur künftigen Gesetzgebung im Terrorismusbereich eine grundsätzliche Bemerkung: Die Koalition hat sich wegen völliger Fehleinschätzung der Lage bisher nahezu allen Initiativen der Opposition widersetzt. Das von allen Parteien eingebrachte Kontaktsperregesetz konnte mit den Stimmen der Koalition nicht verabschiedet werden. Dieses Gesetz verdankt seine Verabschiedung der Opposition. Das ist nicht widerlegbar.

(Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD — Kleinert [FDP] : Sie haben da ein mathematisches Problem!)

Herr Kleinert, Sie kommen ja gleich zu Wort. —
Wie wird das in Zukunft sein, meine Damen und Herren? Werden unsere Gesetzesvorlagen weiterhin dem Fallbeil der Mehrheit zum Opfer fallen? Wird die Bundesregierung ihre Gesetzentwürfe an dem ausrichten, was sie selbst für erforderlich hält, z. B. an den Worten des Bundesjustizministers, oder wird sie ihre Gesetzentwürfe an dem ausrichten,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : An Herrn Coppik!)

was die von Herrn Wehner so scharf, aber erfolglos gerügten Fraktionsabweichler zulassen, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wäre das zweite der Fall, dann würde das bedeuten, daß weder die stärkste Fraktion dieses Hauses noch die Mehrheit der Regierungsfraktionen bestimmen würde, welche Gesetzgebung die Bundesrepublik Deutschland zustande bringt,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist es!)

sondern einige wenige Abgeordnete, die sich am linkesten Rand ihrer Fraktionen aufhalten. Das wäre die Herrschaft einer Minderheit über die Mehrheit auf einem Gebiet, auf dem es besonders unerträglich wäre, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Daß diese Befürchtungen nicht unbegründet sind, geht aus einem Interview hervor, das der Herr Bundeskanzler am 25. Oktober 1977 der „Süddeutschen Zeitung" gegeben hat. Es heißt dort — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
Die Bundesregierung kann und will nur handeln in der durch Diskussion zu erreichenden politischen Übereinstimmung mit den sie selbst tragenden politischen Kräften des Deutschen Bundestages.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Der Bundeskanzler hat noch hinzugefügt, darin stimme er mit Willy Brandt überein.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das muß er gleich erläutern! — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Eine gute Gesellschaft! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Was heißt das, meine Damen und Herren? Ich frage den Herrn Bundeskanzler, der leider bei dieser Debatte nicht anwesend ist; aber vielleicht kann er es nachher mitteilen. Werden Sie, Herr Bundeskanzler, Gesetze zur Bekämpfung des Terrorismus nur vorlegen, wenn Sie dafür eine eigene Mehrheit im Deutschen Bundestag finden, oder genügt Ihnen eine Mehrheit, die Sie der Opposition zu verdanken ha-, ben? Das ist doch eine Frage von grundlegender Bedeutung, die nicht schon durch die Einrichtung eines in der Verfassung nicht vorgesehenen Kontaktorgans beantwortet ist, von dem Herr Justizminister Vogel heute morgen gesprochen hat, in dem die Fraktionen und die Regierung zusammenwirken. Dann, wenn dieses Kontaktorgan die Gesetzgebung beschleunigt, soll es fortbestehen. Dann, wenn es dazu dienen sollte, Verantwortlichkeiten zwischen Regierung und Parlament, zwischen Koalition und Opposition zu verwischen, und wenn es dazu führen sollte, daß .wir uns über relativ unwichtige Dinge einigen, während die wichtigen blockiert werden, würde dieses Kontaktorgan allerdins mehr schaden als nützen, und dann müßten wir daraus die Konsequenzen ziehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In diesem Zusammenhang ein Wort zu der Formel „die Gesetze ausschöpfen", die wir aus dem Munde der Sprecher der Koalition immer wieder hören, um deren gesetzgeberische Untätigkeit zu bemänteln. Was heißt das eigentlich? Meine Damen und Herren, Gesetze sind anzuwenden, schlicht und einfach anzuwenden — sonst überhaupt nichts.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn und soweit Gesetze nicht angewendet werden, müssen die dafür verantwortlichen Staatsdiener zur Rechenschaft gezogen werden.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU — Demonstrativer Beifall in Richtung Bundesratsbank bei der SPD und Abgeordneten der FDP)

Ersparen Sie doch bitte diesem Lande solch dubiose Formeln, die den Eindruck erwecken, wir wären eine Bananenrepublik, in der es von der Entscheidung von Ministern oder Beamten abhinge, ob Gesetze ausgeschöpft, d. h. angewendet, werden oder nicht ausgeschöpft, d. h. nicht angewendet, werden. Davon wollen wir nichts mehr hören! Wir wenden Gesetze an, sonst gar nichts. Wir können doch all diese Formeln nur als Versuch bewerten, gesetzgeberische Untätigkeit im Bereich des Terrorismus zu verdecken und zu entschuldigen.
Meine Damen und Herren, wir und die Offentlichkeit müssen davon ausgehen, daß diese Regierung im Bereich der inneren Sicherheit kraftvoll nur handeln kann, soweit sie dabei auf die Unterstützung ihrer Fraktionen nicht angewiesen ist. Im Bereich der Gesetzgebung ist diese Regierung schwach; in dieser Hinsicht ist sie die schwächste Regierung, die es in dieser Republik jemals gegeben hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Um so wichtiger ist die kontrollierende und initiierende Aufgabe der Opposition. Wir werden diese Aufgabe genau wie bisher mit Entschiedenheit wahrnehmen und rechnen dabei mit der Unterstützung der deutschen Offentlichkeit.
Wir fordern auf dem Felde der Gesetzgebung vor allem folgendes:



Dr. Dregger
Erstens. Die richterliche Überwachung der Gespräche von Verteidigern mit inhaftierten Mandanten, die des Terrorismus verdächtig sind, muß ermöglicht werden.
Zweitens. Es muß auch bei erstmaliger Verurteilung wegen terroristischer Straftaten möglich sein, die Sicherungsverwahrung der Verurteilten für die Zeit nach der Verbüßung der Strafe anzuordnen.
Drittens. Die Strafaussetzung zur Bewährung muß bei bestimmten schweren, gegen Leib und Leben gerichteten Verbrechen eingeschränkt werden.
Viertens. Damit Strafverfahren rascher und wirksamer zu Ende geführt werden können, müssen die dafür erforderlichen und rechtsstaatlich möglichen Rechtsänderungen durchgeführt werden.
Fünftens. Notwendig sind wirksamere Strafbestimmungen gegen die Propagierung von Gewalt, Gegengewalt oder wie immer man es nennen mag; der Bundesjustizminister hat dankenswerterweise davon gesprochen.
Sechstens. Die Aufklärung von Bandenkriminalität sollte durch Einführung des Kronzeugen erleichtert werden.
Siebentens. Die Bestimmungen über die Zwangsernährung sollten neu geregelt werden.
Achtens. Rahmenregelungen für das Meldewesen sind notwendig. Ein Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei sollte bundeseinheitlich verabschiedet werden. Inhaltlich geht es dabei vor allem um klare Eingriffsbefugnisse der Polizei z. B. bei der Einrichtung von Kontrollstellen und bei Identitätskontrollen. Notwendig — und das ist ein ernstes Thema — sind auch klare Regelungen für den sogenannten gezielten Schuß mit möglicher Todesfolge, um die jetzige Unsicherheit für Polizeibeamte zu beseitigen. Dabei sollten wir bedenken, daß unsere Polizei terroristischen Verbrechern gegenübersteht, die sich durch Brutalität, durch eine hervorragende Ausbildung und Ausrüstung sowie durch blitzschnelles Handeln auszeichnen.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Siehe Holland!)

Auch wir sind dafür verantwortlich, daß in dieser Auseinandersetzung unsere Polizeibeamten eine Überlebenschance haben und nicht zu wehrlosen Zielscheiben für die Terroristen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun zur dritten und wichtigsten Aufgabe: Zur Bekämpfung der geistigen und politischen Ursachen des Terrorismus.
Wir dürfen uns davor nicht drücken mit dem Hinweis, der Terrorismus sei eine weltweite Erscheinung. Dieser Hinweis ist nur bedingt richtig. Natürlich gibt es nicht nur bei uns Terroristen, und natürlich gibt es zwischen den verschiedenen Gruppierungen der Terroristen sehr wirksame internationale Verbindungen. Warum sollte es so etwas ausgerechnet bei Terroristen nicht geben? Aber es ist nicht richtig, zu behaupten, daß es Terroristen überall gebe, daß der Terrorismus überall die gleichen
Ursachen habe und daß die Terroristen überall die gleichen Ziele verfolgten.
In Großbritannien zum Beispiel gibt es Terrorismus. Aber die dortigen Terroristen kommen nicht, wie bei uns, von den Universitäten. Die britischen Universitäten sind völlig frei davon. Die in Großbritannien mordenden Terroristen sind auch nicht ideologisch motiviert wie die unseren. Es sind Iren, die, wie sie behaupten, die „Befreiung" der nordirischen Grafschaften von Großbritannien erstreben. Auch in den Niederlanden gibt es keine Terroristen nach Art der Baader/Meinhof-Bande, höchstens als Helfer dieser Bande. In den Niederlanden schießen Molukker und neuerdings auch deutsche Terroristen. Auch in Frankreich und in den USA gibt es keinen mit dem unseren vergleichbaren Terrorismus. Einen mit dem unseren vergleichbaren Terrorismus gibt es in vergleichbaren Ländern nur noch in Italien und in Japan.
Gemeinsame Partner dieser Terroristen sind palästinensische Terrororganisationen. Es ist kein Zufall, daß Aden Ziel der Entführer der Lufthansa-Maschine war. Die Volksrepublik Südjemen, die mit Moskau und Ost-Berlin enge Beziehungen unterhält, beherbergt seit Jahren von Palästinensern geleitete Trainingscamps, in denen deutsche Terroristen ausgebildet werden. Unmittelbar verantwortlich für die Unterstützung deutscher Terroristen durch palästinensische ist die PLO zur Zeit nicht. Sie hat sich sogar vom neuesten Anschlag auf die Lufthansa-Maschine — zumindest verbal — distanziert. Die Zusammenarbeit zwischen der PLO, einem Dachverband palästinensischer Partisanenverbände, die gegen Israel kämpfen, und ihren Mitgliedsverbänden sowie ihre Verbindung zu Terrororganisationen, die ihr nicht angehören, ist schwer zu durchschauen. Harald Vocke, ein ausgezeichneter Kenner der arabischen Welt, hat das Geflecht von Verbindungen, das hier besteht, zuletzt am 26. Oktober 1977 in der FAZ zu analysieren versucht.
Welche Rolle auch immer die PLO oder einer ihrer Mitgliedsverbände, z. B. Al Fatah, beim Terrorismus in Deutschland heute spielen und früher gespielt haben mögen, z. B. beim Anschlag auf israelische Sportler während der Münchner Olympiade, jedenfalls steht fest, daß alle diese sogenannten Befreiungsorganisationen — für die PLO gilt nichts anderes als für die Swapo in Namibia, über die wir gestern gesprochen haben — Terrorismus als Mittel der Politik nicht ablehnen. Fest steht, daß sie Terrorismus zumindest in den Gebieten ausüben, für die zu sprechen sie vorgeben.
Ich meine, das sollte unsere Politik ihnen gegenüber bestimmen. Terrorismus, meine Damen und Herren, dessen Wesen ja nicht Kampf, sondern Mord ist, Mord an unschuldigen und wehrlosen Menschen, darf von uns nicht als Mittel der Politik legitimiert werden, weder im Innern noch nach außen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber zurück zu den geistigen und politischen Ursachen des Terrorismus in der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben in den letzten Wochen erlebt, daß nicht wenige Prominente nichts mehr von



Dr. Dregger
dem wissen wollen, was sie bis in die jüngste Vergangenheit hinein zu 'diesem Problem geäußert haben. Gewiß darf es 'keine Hexenjagd auf sogenannte kritische Intellektuelle geben. Aber wir können diese sogenannten kritischen Intellektuellen auch nicht in 'den Stand einer Priesterkaste erheben, die für sich selbst das Recht zur Kritik in Anspruch nimmt, an ihr geübte Kritik aber mit größter Entrüstung zurückweist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch unsere Dichterfürsten sollten begreifen, daß unser Respekt ihren literarischen Leistungen gilt, nicht unbedingt dem, was sie politisch zum besten geben.

(Beifall bei 'der CDU/CSU)

Auf dem Felde der Politik sind sie Menschen wie wir, wie wir Arbeiter, Unternehmer, Beamte und Angestellte. Hier sollten sie sich wie wir der Kritik stellen. Privilegien darf es in der politischen Auseinandersetzung in einerdemokratischen Gesellschaft nicht geben, allenfalls ein Mehr an Verantwortung für diejenigen, die über größeren Einfluß verfügen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht Intellektuellenhatz also, sondern Bereitschaft zur Kritik und zur Selbstkritik ist notwendig. Wer sich in der Vergangenheit besonders geirrt hat, sollte das heute selber sagen und damit ein Signal zur Umkehr setzen. Niemand könnte ihm den Respekt versagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was für Dichter und Wissenschaftler gilt, gilt erst recht für Politiker und Publizisten. Wir haben nicht die Absicht, jemanden 'an den Pranger zu stellen. Jeder hat das Recht auf Irrtum, aber niemand sollte in seinen Irrtümern verharren, wenn die Fehleinschätzung sichtbar wird. Zumindest hat niemand einen Anspruch 'darauf, daß man dann über diese Tatsache betreten schweigt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht um der Verurteilung von Vergangenem willen, sondern um aus Fehlern ,der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen, muß die Vergangenheit kritisch gewürdigt werden. Wer Spuren verwischt, indem er sagt, alle seien schuld, der »sagt im Ergebnis, keiner sei schuld, und macht 'damit die Bekämpfung der geistigen und politischen Ursachen des politischen Terrorismus unmöglich. Das darf nicht sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese geistige und politische Bekämpfung ist das Wichtigste. Die Terroristen sind ja nicht vom Himmel gefallen.
Es dient gewiß nicht ihrer Umkehr — der Justizminister 'hat Zweifel angemeldet, ob sie möglich ist; wir wollen immer hoffen —, wenn ein Kommentator eines in hoher Auflage verbreiteten Magazins noch nach dem Anschlag von Köln unter der Überschrift „Weltbürgerkrieg à la .Bonn" über »die heutigen Terroristen folgendes schreibt — ich zitiere mit Genehmigungdes Herrn Präsidenten wörtlich
Dies sind keine gemeinen Verbrecher. Hier handelt es sich um Leute, 'die sich einer großen gemeinsamen Menschheitssache verpflichtet fühlen, der Menschheitssache schlechthin ... In den Gehirnen »dieser Leute existiert offenbar eine Vorstellung von universaler Freiheit ...

(Zurufe von der CDU/CSU)

Die zu gewinnende Freiheit ist abstrakt, konkret erfahrbar nur im Kampf gegen die gewordene Welt »der Unterdrückung. Darum fehlt es diesen Revolutionären nicht an Gewissen, sie selbst sind das Gewissen.

(Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU)

Ende des Zitats. Was soll man dazu eigentlich noch sagen?

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich kann nur warnen vor solch unkritischen Redensarten, die aus der Feder eines kritischen Intellektuellen doch völlig unbegreiflich sind.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Weder kritisch noch intellektuell! — Weitere Zurufe von» der CDU/CSU)

Meine Meinung ist folgende: Wer in elitärer Arroganz seine Meinung zur „Menschheitssache" erklärt, wer »darauf verzichtet, für seine Meinung mühsam eine Mehrheit zu sammeln, wer glaubt, seine Gegner um der „Menschheitssache" willen ermorden zu dürfen, wer sich um seiner „Vorstellung von universaler Freiheit" willen» für berechtigt hält, anderen die Freiheit zu entziehen, ist in »meinen Augen nicht 'das Gewissen selbst. Er ist in meinen Augen und in den Augen aller billig und gerecht denkenden Menschen» ein gemeiner Verbrecher, der in eine Reihe mit den Schergen Hitlers und Stalins gehört.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Woran liegt es, »daß es Terrorismus der Art, wie wir ihn zur Zeit in Deutschland erleben, unter vergleichbaren Ländern nur noch in Italien und Japan gibt? Es sind die Länder, 'die nicht nur den Krieg, sondern schon vorher ihr inneres Gleichgewicht verloren und es noch nicht in vollem Ausmaß wiedergefunden haben. Von» Verelendung der Massen oder unerträglichem politischen Druck kann in keinem dieser »drei Länder die Rede sein. Insbesondere unser Terrorismus hat keine Grundlage in sozialer Not oder in der Arbeitswelt. Die ihn ausüben, geben vor, Arbeiter befreien zu wollen, aber sie kennen die Arbeiter nicht.

(Zustimmung bei 'der CDU/CSU)

Nährboden ist — und das ist jetzt der entscheidende Punkt — die geistige Heimatlosigkeit und »die sich darauf gründende Fehlleistung der idealistischen Energien eines Teils der 'deutschen Jugend. Es ist viel zu gering angesetzt, wenn man wie Bundeskanzler Schmidt sagt», das sei nur eine besondere Form der Wohlstandskriminalität. Das sind keine Playboys; das sind Fanatiker, meine Damen und Herren!



Dr. Dregger
Erinnern wir uns an die deutsche Tragödie. Es begann mit dem Mißbrauch der Grundwerte und des Geschichtsbewußtseins der Deutschen durch Hitler. Es folgten nach zwölf Jahren Hitler — davon sechs Jahre Krieg — im Osten die Vertreibung, in der Mitte die Etablierung eines kommunistischen Zwangsregimes und im Westen eine Vergangenheitsbewältigung, die sich vielfach nicht darum bemühte, die von Hitler pervertierten und mißbrauchten Grundwerte in ihrer Reinheit wiederherzustellen, sondern sich bemühte, diese Grundwerte endgültig auszulöschen. Mit den zwölf schlimmen Jahren unter Hitler wurden auch gleich die übrigen 1188 Jahre unserer 1200jährigen Geschichte unter Anklage gestellt.
Damit war das geistige Vakuum geschaffen, das neuen Irrlehren Raum bot, die als Reaktion auf die braunen Jahre diesmal nur von links kommen konnten. Die dabei angewandte geistige Indoktrination bediente sich nicht nur der Medien, insbesondere der Monopolanstalten von Rundfunk und Fernsehen,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Rotfunk!)

sondern auch der Einrichtungen des staatlichen Bildungswesens.
Basilius Streithofen hat sicher recht, wenn er im Bonner „General-Anzeiger" im September schreibt, Studenten hätten in die Praxis umgesetzt, was Professoren sie gelehrt hätten.
Der „Bund Freiheit der Wissenschaft", selbst von Hochschullehrern getragen, hat sicherlich recht, wenn er in seiner letzten Veröffentlichung schreibt — ich zitiere wörtlich —:
Nachweisbar hat der Terrorismus um Baader/ Meinhof von den Hochschulen seinen Ausgang genommen.
An einer anderen Stelle heißt es:
Es besteht die reelle Chance, mit der Lösung des Extremismusproblems an den Hochschulen auch das Ende des Terrorismus in der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen, solange der gewalttätige Extremismus noch an den Hochschulen lokalisiert werden kann.
Ich glaube, auch Nipperdey hat recht, der zumindest früher Ihrer Partei angehört hat und ihr vielleicht auch jetzt noch angehört. Er sagt in der gleichen Veröffentlichung — ich zitiere wörtlich —:
Die sinnvermittelnden Institutionen unserer Gesellschaft — Medien, Schulen, Hochschulen — sind von dem, was den Terrorismus ermöglicht, infiziert.
Meine Damen und Herren, was hier theoretisch dargelegt ist, erkennt jeder, der in unsere Hochschulen hineingeht. Zehn Jahre lang wurde in manchen Fachbereichen mancher Universitäten ein Klima geistigen und physischen Terrors geduldet. Zehn Jahre lang wurde durch die Einübung von Rechtsbrüchen als alltäglichem Verhalten das für den Terrorismus geeignete Umfeld geschaffen.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Zehn Jahre lang haben wir dagegen Front gemacht und gewarnt, und andere haben verharmlost und begünstigt, wenn sie sicherlich auch nicht das Ergebnis wollten, das wir jetzt alle beklagen und das wir schon damals voraussahen.
All das blieb nicht auf den universitären Bereich beschränkt. Konfliktbewuftsein und Konfliktpädagogik beherrschten das Feld. Rahmenrichtlinien, d. h. Lehrpläne, Lehrbücher und Lehrerbildung, wurden Ansatzpunkte der Agitation und Indoktrination. Gezüchtet wurde Systemverachtung. Die Grundwerte der Verfassung wurden nicht in den Herzen unserer Jugend verankert, sie wurden „hinterfragt". Das sozialste und freiheitlichste System nicht nur der deutschen Geschichte, ein System, das sich mit jedem anderen in der Welt messen kann und das insbesondere allen sozialistischen Systemen haushoch überlegen ist in seiner sozialen Wirklichkeit,

(Beifall bei der CDU/CSU)

wurde als kapitalistisch, als ungerecht und als ausbeuterisch diffamiert.
Wer jungen Menschen, die ihr Weltbild nicht aus der Erfahrung der Arbeitswelt, sondern aus Vorlesungen und Büchern gewinnen, einen derartigen teuflischen Unsinn einredet, darf sich nicht wundern, wenn einige von ihnen nachher mit dem gleichen Fanatismus morden, mit dem die Schergen Hitlers und Stalins gemordet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Größer noch als die moralische und rechtliche Schuld der Schießenden ist die moralische Schuld derer, die den Haß säen, aus dem Gewalt erwächst.
Was wir brauchen, sind daher nicht nur bessere Gesetze und eine bessere Vorbereitung der Sicherheitsdienste auf die Abwehr. Polizei und Justiz können die Zahl der Verbrechen einschränken; beseitigen können sie sie nicht. Notwendig ist eine Umkehr, eine geistige, moralische und eine politische Umkehr.
Notwendig ist auch eine Umkehr in der Bildungspolitik. Bildungspolitik und Unterrichtspraxis dürfen sich nicht an Karl Marx, Herbert Marcuse oder anderen Propheten orientieren, die die einen von uns als die richtigen Propheten und die anderen von uns als die falschen Propheten betrachten. Keine der verschiedenen philosophischen und politischen Richtungen in unserem Lande darf staatliche Bildungseinrichtungen zu ihrem Eigentum machen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es sind unser aller Schulen. Jede Ideologisierung — in welcher Richtung auch immer — von Bildung und Ausbildung an staatlichen Monopolanstalten verletzt die Grundrechte der Eltern und Schüler und ist Verfassungsbruch, der ein Ende haben muß.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Front zu machen ist ferner gegen die Verfälschung unserer Geschichte. Meine Damen und Herren, die übrigen 1 188 Jahre waren nicht weniger gut als die anderer Völker. Das müssen wir auch einmal sagen. Front zu machen ist gegen die Falschinfor-



Dr. Dregger
mationen über die Gegenwart. Zu fördern ist die Einsicht in die Wirklichkeit sozialer, ökonomischer und rechtlicher Zusammenhänge. Schulen und Hochschulen müssen wieder mehr systematisches Wissen vermitteln, um kritisches Urteilen zu ermöglichen, um tatsachenbezogenes Urteilen zu ermöglichen.
Es ist doch erschreckend, festzustellen, was Abiturienten und Studenten alles nicht wissen über unsere Verfassung, über unsere Gesellschafts- und Sozialordnung,

(Beifall bei der CDU/CSU)

über die Voraussetzungen, über die ethischen Grundlagen ihres Funktionierens, über ihre Erfolge und Mißerfolge im Vergleich zu anderen Systemen.
Statt Tatsachenkenntnis zu vermitteln, wird ideologisiert und indoktriniert mit Bildern, Begriffen und Ideologien des 19. Jahrhunderts, die ohne Rücksicht auf die Wirklichkeit einfach auf die Gegenwart übertragen werden. Manche Fachbereiche deutscher Universitäten — ich spreche das aus, obwohl mir das Kritik einbringen wird — sind auf diese Weise zu Ordensburgen für Systemveränderer und zu Klippschulen für Halbgebildete geworden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ich weiß, daß Sie vieles von dem, was ich hier zu dieser Frage vorgetragen habe, heute ebenso ungern gehört haben wie das, was ich in früheren Verfassungs- und Sicherheitsdebatten zu diesem Thema in diesem Hause gesagt habe. Ich stelle nur fest — und das sollte. Sie etwas nachdenklich machen —: Vieles von dem, was ich damals gegen Ihren Widerspruch gesagt habe, wird heute auch von Ihnen gesagt. Bitte, lesen Sie einmal unsere Verfassungs- und Sicherheitsdebatten nach. Ich kann Ihnen die Belegstellen geben. Es ist offenbar das Schicksal der derzeitigen Opposition, die Entwicklung richtig vorauszusehen, daraus die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen, sie aber nicht in die Tat umsetzen zu können, während Sie, die Sie sich bemühen, auf der Woge des Zeitgeistes zu schwimmen, das Notwendige erst dann erkennen, wenn die jeweils neueste Woge des Zeitgeistes über uns zusammengebrochen ist und schwersten Schaden angerichtet hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein letztes hierzu: Das, was uns bei allen Unterschieden gemeinsam sein kann und gemeinsam sein muß, ist die Verfassung. Nur auf ihrer Grundlage kann die demokratische Auseinandersetzung geführt werden, ohne das Ganze zu gefährden. Wer von uns die Abgrenzung zu den Gegnern der Verfassung unscharf, wer seine Partei in den linken oder rechten Extremismus — um mit Willy Brandt zu sprechen — „ausfransen" läßt, läßt nicht nur die Grenzen zwischen Demokraten und Extremisten unscharf werden, er reißt dadurch auch Gräben zwischen den demokratischen Parteien auf.
Die heute von allen Seiten bedauerte Polarisierung zwischen den Unionsparteien und den jetzigen Regierungsparteien begann nicht, als die Rede von Sonthofen gehalten wurde, die dann in einzigartiger Weise und mit großem Können verteufelt worden ist — auf diesem Felde haben Ihre Propagandisten schon immer Bedeutendes geleistet —,

(Beifall bei der CDU/CSU)

die Polarisierung zwischen den Unionsparteien und zwischen den jetzigen Regierungsparteien begann, als Sie, meine Damen und Herren von der SPD, den Regierungswechsel 1969 als einen Machtwechsel mißverstanden haben,

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

als Sie in unbeschreiblicher Überheblichkeit sagten, jetzt fange die Demokratie erst an.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805300800
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wehner?

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0805300900
Ja, aber ich hätte gern den Satz noch zu Ende gebracht. Dazu kann sich Herr Wehner vielleicht auch gleich äußern.
Die Polarisierung begann, als Sie sagten, Sie brauchten die Opposition nicht,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Herr Wehner hat es gesagt! Da steht er!)

als Sie — und das richtet sich jetzt an beide Regierungsparteien — es zuließen, daß Jungsozialisten und Jungdemokraten Gemeinsamkeiten mit Kommunisten zu entdecken begannen und praktizierten,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und als Sie es zuließen, daß führende Politiker der Opposition in geradezu unbeschreiblicher Weise persönlich diffamiert wurden.

(Hört! Hört! und Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805301000
Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wehner?

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0805301100
Nach noch einem Satz. Dazu kann er dann auch schon etwas sagen.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an eine einzige Äußerung, von der es verschiedene Versionen gibt und die lautete, Männer wie Dregger, Strauß, Carstens, Stoltenberg und Löwenthal seien schlimmere geistige Terroristen als die Terroristen der Baader/Meinhof-Bande.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805301200
Herr Abgeordneter Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0805301300
Sind Sie, Herr Abgeordneter, sich dessen bewußt, daß das, was Sie aus der Regierungserklärung von 1969 zu zitieren behaupteten, nur der Bruchteil von etwas ist, nämlich der Feststellung, es sei nicht wahr, daß diese Republik schon vor ihrem Ende stehe wie seinerzeit die Weimarer — das Zitat war also von _Ihnen manipuliert —,

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

und zweitens, daß das, was Sie dem hier Stehenden,
weil Sie das alles noch aufpacken wollten, aufge-



Wehner
packt haben, Zitate sind, die — da Sie ja Leute haben, die Sie lesen lassen können — nirgendwo im Bundestag gesagt worden sind

(Lebhafter Widerspruch bei der CDU/CSU)

und draußen dann in einer von Ihren Leuten verfälschten Art und Weise gebracht wurden? Das betrifft die Sache „ich brauche die Opposition nicht", und das betrifft die Sache mit der Reihe von Namen. Sind Sie sich dessen bewußt, daß das ein Versuch ist, Rufmord zu betreiben, oder irren Sie sich nur?

(Beifall bei der SPD — Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Unglaublich! Er hat es doch gesagt!)


Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0805301400
Sind Sie fertig? — Vielen Dank! Herr Wehner, im Jahre 1969 war für niemanden vorstellbar, daß diese Republik ein Ende nehmen könnte. Da war sie nämlich auf ihrem Höhepunkt, da war sie völlig in Ordnung.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Ich habe Sie nach Ihren Zitaten gefragt, nicht nach Ihrer Einschätzung! Sie haben falsch zitiert!)

Sie können nicht bestreiten, daß damals nicht von einem Regierungswechsel, sondern daß damals von einem Machtwechsel die Rede war.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Das habe ich nie gesagt!)

— Das habe ich auch nicht behauptet. Ich habe nicht behauptet, daß sie das gesagt haben. Wenn Sie mich dazu zwingen, kann ich die Quelle nennen, aber das möchte ich im Grunde vermieden wissen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805301500
Herr Abgeordneter Dregger, ich bitte Sie, zum Ende Ihrer Ausführungen zu kommen.

Dr. Alfred Dregger (CDU):
Rede ID: ID0805301600
Herr Präsident, sofort.
Sie wissen, wenn Sie darüber nachdenken, von wem es gesagt worden ist. „Machtwechsel" paßt nicht in das Ablösen demokratischer Parteien in der Regierungsverantwortung.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Falsche Zitate passen nicht in eine Debatte!)

— Herr Wehner, ich werde Ihnen alle Zitate zur Verfügung stellen.

(Wehner [SPD] : Ich will, daß Sie sie nachprüfen!)

Meine Damen und Herren, ich möchte mich jetzt nicht mit Herrn Wehner streiten, sondern ich möchte
— nicht nur wegen der Mahnung des Herrn Präsidenten — zum Schluß kommen.
Wir sollten diese schlimmen Verirrungen beenden. Scharen wir uns um die Verfassung, die dem Willen der Mehrheit Geltung verschafft und zugleich Minderheiten schützt. Die Alternative zu dieser Verfassung ist der Extremismus, und der Extremismus ist die Barbarei. Nicht nur den Terrorismus, auch den Extremismus müssen wir bekämpfen, weil aus Extremismus Terrorismus erwächst. Die zweite deutsche Republik kann überleben, wenn wir nicht blind sind, wenn wir Gefahren erkennen, ehe sie unabwendbar geworden sind,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und wenn wir rechtzeitig entschlossen handeln wie
die erste deutsche Republik in den ersten Jahren
ihres Bestandes, leider nicht in ihrer zweiten Phase.
Lassen Sie mich das, um was es geht, in einem Satz zusammenfassen: Wir wollen einen demokratischen Staat, der liberal und stark zugleich ist, da auf Dauer nur ein starker Staat liberal sein kann.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805301700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brandt.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805301800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundeskanzler hat, als er und wir noch nicht wußten, wie die schrecklichen Vorgänge, die Anfang September begonnen hatten, vorläufig enden würden, gesagt, es gehe darum, nichts zu versäumen und nichts zu verschulden. Ich denke, beides bleibt unsere Aufgabe.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805301900

Aber nun dürfen wir nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen und so tun, als wäre nichts geschehen.
Der Bundespräsident sagte weiter:
Wenn wir uns gegenseitig die Schuld am Terrorismus in die Schuhe schieben, werden wir nicht weit laufen können. Dieser Stein ist zu groß.
Ich denke, wir sollten uns das merken, was der Bundespräsident gesagt hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir sind nicht am Ende, sondern inmitten einer harten Auseinandersetzung. Aber für meine Freunde und mich besteht kein Zweifel daran, daß die Gewaltverbrecher scheitern werden. Sie müssen scheitern, weil sie das Volk, zumal unsere Arbeiterschaft, gegen sich haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Volk will, daß angemessen gehandelt wird. Es
will nicht, daß dieses bitterernste Problem zu einem
Gegenstand parteipolitischen Gezänks gemacht wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Unsere Mitbürger sollen wissen, daß ihr Parlament seine Pflicht erfüllen will und kann. Unsere Verantwortung für die sachliche Arbeit muß terroristischen Wahn und demagogische Verirrung überdauern. Ich sage hier: die deutschen Sozialdemokraten sind sich ihrer Pflicht und ihrer Verantwortung bewußt.



Brandt
Wir sprechen dem Bundeskanzler und seiner Regierung, vor allem auch dem Bundesminister der Justiz und dem Bundesminister des Innern an diesem Tage unser Vertrauen aus, das gerade jetzt nach den zusätzlichen Anstrengungen der letzten Wochen als Ausdruck enger Verbundenheit verstanden werden möge.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Aufrichtigen Dank sagen wir zugleich den Angehörigen unserer Polizei, des Bundesgrenzschutzes und der anderen Sicherheitsorgane, die gerade in diesen Wochen unter großen Anstrengungen ihre Pflichten in vorbildlicher Weise erfüllt haben:

(Beifall bei der SPD und der FDP)

für die Sicherheit vieler einzelner Bürger und ihres, unseres demokratischen Gemeinwesens. Es steht dem Parlament gut an, seine Pflichten insoweit nicht anders zu erfüllen als diese Beamten, die draußen für uns tätig sind, maßvoll in den Worten, überlegt im Handeln.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion unterstützt die von der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen eingebrachten Gesetzentwürfe. Für die weiteren Beratungen gilt: Wir sind bereit, alle Vorschläge unvoreingenommen zu prüfen, alle, die der Sicherung unseres demokratischen Staatswesens dienen können. Wir sind nicht bereit, uns an Geländeritten zu beteiligen, durch die die Qualität unseres freiheitlichen Rechtsstaates herabgemindert werden könnte.

(Beifall bei der SPD)

Der Vorstand meiner Partei hat unserem nahe bevorstehenden Hamburger Parteitag einen Antrag zum Terrorismus unterbreitet. Darin heißt es, daß unsere Gesetze auch weiter daraufhin zu prüfen sind, ob sie den Erkenntnissen neuer Erfahrungen entsprechen. Wo die Erfahrungen Gesetzesveränderungen verlangten, haben wir sie auch bisher vorgenommen. Wörtlich heißt es dann in unserem Antrag:
Das gilt auch für die Zukunft. Niemand kann allerdings erwarten, daß Sozialdemokraten den Rechtsstaat antasten oder Themen diskutieren, die mehr der Befriedigung von Emotionen als dem Schutz der Bürger und der Demokratie dienen.

(Beifall bei der SPD)

So weit das Zitat.
Wir laden die Opposition ein,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Alles Phraseologie!)

gemeinsam mit uns das Notwendige zu tun. Wir sagen das trotz aller Verunglimpfungen, die man außerhalb dieses Hauses — mehr als hier — zu verwenden für zweckmäßig gehalten hat.

(Hartmann [CDU/CSU] : Diese Einladung haben wir schon vor Jahren an Sie gerichtet!)

Wir laden erneut dazu ein, gemeinsam mit uns vernünftig zu diskutieren und überlegt zu handeln;
nicht nur, wie gestern begonnen — was ich natürlich auch begrüße —, gemeinsam zu beraten, sondern auch, wo möglich, das Notwendige gemeinsam zu tun. Nichts rechtfertigt einen Krieg der Worte. Das Volk will, daß wir miteinander wetteifern, aber nicht um festzustellen, wer am besten zu schimpfen versteht.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Seiters [CDU/CSU] : Ausgerechnet Sie! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

Zu den Vorlagen und dem, was ihnen folgen mag, werden Kollegen meiner Fraktion noch im einzelnen Stellung nehmen.
Wir sind natürlich offen für die Beantwortung der Frage, ob alles getan wurde, was hätte getan, was hätte geschehen können. Wer wollte, wer dürfte das eigentlich behaupten, unabhängig davon, wer jeweils an der Regierung ist? Wer wollte, wer dürfte behaupten, daß eine Regierung, die aus Menschen besteht, frei von Fehlern sein könne?

(Schwarz [CDU/CSU]: Die jetzige Regierung ist sehr menschlich!)

— Wir sind natürlich offen, Herr Kollege, für jede mögliche Aussprache darüber, ob wir schon wirklich, ob wir schon richtig verstanden haben, welcher Herausforderung wir alle miteinander ausgesetzt sind.
Eines möchte ich aber jetzt schon ganz deutlich machen: Wir halten nichts davon, wenn man die praktischen Erfordernisse, z. B. auf dem Gebiet der Fahndung, zurücktreten läßt gegenüber dem Ruf nach immer neuen Gesetzen auch dort, wo es dieser nicht bedarf. Es mag sein, daß neben dem, was jetzt behandelt wird, und neben organisatorischen — ich könnte auch sagen: operativen — Verbesserungen, zumal auf dem Gebiet der Fahndung, auch noch weitere gesetzliche Bestimmungen überprüft werden müssen. Aber bitte, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit Augenmaß.
Ich darf vielleicht auf folgendes hinweisen. Für den aus der letzten Runde größten Erfolg im Kampf gegen den Terrorismus, nämlich die Befreiung der Geiseln in Somalia, waren neue Gesetze nicht nötig. Den großen Mißerfolg, die Vorgänge in Stammheim und das damit verbundene Auslandsecho, verdanken wir der Tatsache, daß bestehende Gesetze und Bestimmungen nicht sorgfältig genug angewendet worden sind.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Im übrigen hatte der Bundesjustizminister natürlich recht, als er neulich sagte: Drakonische Strafverschärfungen auf dem Papier waren in der Geschichte oft genug ein Strohhalm, nach dem Staaten griffen, die nicht — oder ich könnte sagen: nicht mehr — stark genug waren, das geltende Recht durchzusetzen.
Manche Kollegen der Opposition behaupten immer dann, wenn sie sich davon etwas versprechen, die Regierungsparteien hätten 'die Gesetzesinitiativen der CDU/CSU unter den Tisch fallen lassen. Das ist nicht richtig. Aber nicht jeder Vorschlag der



Brandt
Opposition ist schon deshalb richtig, weil er von der Opposition kommt.

(Schwarz [CDU/CSU] : Nur die Regierung hat immer recht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Es ist wahr: Die Ereignisse der letzten Wochen haben unser Land in mehr als einer Hinsicht verändert. Unsere Demokratie hat sich zu behaupten gewußt, unser Staat hat dargetan, daß er durch mörderischen Wahn nicht aus den Angeln der Rechtsstaatlichkeit zu heben ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Uns ist zusammen mit unseren Mitbürgern heute noch eindringlicher bewußt, daß die Rechtssicherheit jedes einzelnen, daß die Liberalität des Staates, daß die Freiheit des Geistes zerbrechlich und daher kostbar sind. Wir wissen, so hoffe ich, gemeinsam, daß es immer wieder neuer Anstrengungen bedarf, damit diese kostbaren Errungenschaften verteidigt und, wo es nottut, ausgebaut werden. Nur wenn uns das nicht gelänge, könnten die Wahnsinnigen triumphieren.
Wir haben die Erfahrung gemacht, daß sich die Gemeinsamkeit der Demokraten gerade in der Herausforderung zu bewähren vermag. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß die Übereinstimmung über die Grundpfeiler unserer verfassungsmäßigen Ordnung, daß der demokratische Grundkonsens in der Gefahr die Bewährungsprobe zu bestehen hat. Ich hoffe, daß diese Erfahrung nicht ganz umsonst erworben ist: Forderung nach Gemeinsamkeit darf jedenfalls keine Kurzformel sein zur Diffamierung des politisch Andersdenkenden — weder hier noch draußen im Lande.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Vor einem Spiel mit dem Feuer der Demagogie kann nur eindringlich gewarnt werden.
Ich lese heute früh im Pressespiegel, daß für die CSU erklärt worden ist, Brandt solle zurücknehmen, was er in München gesagt habe.

(V o r s i t z: Vizepräsident Stücklen)

Er habe nämlich gesagt, so wird behauptet, sein Kampf und der seiner Partei gelte gleichermaßen den Terroristen und den Demagogen. Den Stiefel hätten Sie sich nicht anzuziehen brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Wieso kommen Sie eigentlich dazu, mein Wort auf dem Marienplatz „Terroristen und Demagogen" von sich aus in „Terroristen und CSU" zu übersetzen und von mir dann zu verlangen, ich solle das zurücknehmen?

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist doch Heuchelei!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0805302000
Herr Brandt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Zimmermann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805302100
Bitte.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0805302200
Ist das Zitat der Lokalausgabe der „Süddeutschen Zeitung" vom 27. Oktober 1977 richtig, Herr Kollege Brandt? Es heißt dort:
Die Bürger wollen aber nicht, daß daraus ein Problem billigen parteipolitischen Gezänks gemacht werde, betonte Brandt unter Beifall.
Jetzt folgt der entscheidende Satz:
Die Sozialdemokraten müßten gegenwärtig einen Kampf an zwei Fronten führen: „gegen die Terroristen und gegen die Demagogen, an deren Spitze der CSU-Chef Strauß stehe".

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU) Haben Sie das gesagt?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805302300
Das Zitat ist falsch. Ich habe von diesem Teil der Rede Gott sei Dank ein Manuskript, Herr Kollege Zimmermann. Ich werde es Ihnen nachher gern zuschicken. Ein Tonband dürfte es auch geben.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das Tonband wäre wichtiger! — Niegel [CDU/CSU] : Die „Süddeutsche Zeitung" hat gelogen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Die Sache ist jetzt für diese Runde erledigt. Ich werde Ihnen das Zitat zuschicken. Ich sage es noch einmal: Von der CSU war nicht die Rede. Daß Herr Strauß es verdient hätte, von mir sehr viel härtere Worte zu hören, als Sie sie hier bringen, steht auf einem ganz anderen Blatt.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Jetzt fiel die Maske! — Zuruf von der CDU/CSU: Und dann reden Sie von Liberalität! — Dr. Marx [CDU/ CSU] : Was soll das denn? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Wenn wir diese Orientierung Terrorismus/ Demagogie nicht vor Augen behielten, könnte aus dem Spiel mit dem Feuer der Demagogie ein Flächenbrand entstehen, den man dann schwer unter Kontrolle bringen würde. Von leichtfertigen Worten — ich komme darauf gleich noch einmal zurück —, mit denen Andersdenkende kriminalisiert werden sollen, zur tatsächlichen Gefährdung unserer Freiheitsordnung ist der Weg kürzer, als manche denken.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wenn man sagt, daß auch aus Worten Gewalt entstehen kann — ich bin dieser Meinung —, dann wird man auch verstehen, wenn ich sage, daß aus bösen Worten Unrecht und Freiheitsverlust entstehen können.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Es ist übrigens gut, daß nicht nur stur nach Parteilinien diskutiert wird. Es ist gut, daß manche Miß-töne der Opposition durch andere Stimmen aus dem Lager der Unionsparteien überlagert werden. Mit großem Respekt haben viele meiner Freunde etwa von dem Kenntnis genommen, was der Stuttgarter



Brandt
Oberbürgermeister Rommel aus verschiedenen Anlässen in diesen Wochen gesagt hat —

(Beifall bei der SPD, bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und was ihm ja nicht nur Lob eingebracht hat. Es tut mir leid, daß ich die Reden und Interviews des Kollegen Dregger nicht ebenso einstufen kann.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Das gilt sicher wechselseitig!)

Zwei Bemerkungen, Herr Kollege Dregger. Erstens. Sie haben wirklich zum Schluß Ihrer Rede falsch zitiert. Es geht nicht an, beim Rückgriff auf 1969 zu behaupten, wir hätten gesagt, die Demokratie fange an. Wie kämen wir denn dazu?

(Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : „Die Demokratie fängt jetzt erst an", natürlich!)

Unser Ansatz an dieser Stelle — und das war der Wählerauftrag — fing an.

(Gerster Unwahrheit, Herr Brandt!)

Sie haben hier in irreführender Weise den Inhalt einer Rede, die von dieser Stelle gehalten wurde — ich muß annehmen: nicht wider besseren Wissens —, verfälscht.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU]: „Wir fangen jetzt erst richtig an" ! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Aber noch etwas anderes, Herr Dregger. Gustav Heinemann kann sich nicht wehren. Warum mißhandeln Sie einen verdienten Mann, der im Grabe liegt? Sie wissen, daß der Brief, den Sie hier eingeführt haben, nach Beratung und Abstimmung mit dem baden-württembergischen Justizminister geschrieben worden ist, daß es dabei auf den Inhalt ankam und daß sogar die Anrede ihre besondere Rolle in dem Zusammenhang gehabt hat, über den Gustav Heinemann und der baden-württembergische Justizminister sich einig waren. Lassen Sie solchen wirklich irreführenden und in diesem Fall auch vergiftenden Unsinn aus einer solchen Debatte heraus.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)

Nun will man konsequent den Eindruck vermitteln, als hätte die Bundesregierung seit 1969 ihre Pflicht versäumt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hat sie auch!)

Ich sage: Die Regierungen der sozialliberalen Koalition haben ihre Pflicht getan.

(Schwarz [CDU/CSU] : Aber unzureichend!)

Sie stehen nicht schlecht da, wenn abgewogen werden sollte, was seit 1969 in unserem Land für die Sicherheit und gegen Gewaltverbrechen unternommen wurde.

(Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : In Sicherheitsfragen wäre ich an Ihrer Stelle vorsichtiger!)

Wir sagen das ohne Selbstgerechtigkeit, um so
mehr, als wir sehen, daß auch in anderen Strafvollzugsanstalten als Stammheim ein Einschmuggeln von unerlaubten Gegenständen nicht hat verhindert werden können. Aber wir haben uns eben auch erlaubt, ein kritisches Wort zu Vorgängen zu sagen,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Und wie! Mit welcher Heuchelei!)

wie sie sich in der Strafvollzugsanstalt StuttgartStammheim abgespielt haben.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Mit welcher Heuchelei! Um abzulenken! — Zuruf von der CDU/CSU: Darüber müssen wir dann noch reden!)

Ich komme noch einmal auf München, auf vorgestern zurück. Ich habe gelesen, ich soll den Rücktritt von Herrn Ministerpräsident Filbinger gefordert haben. Wie komme ich dazu?

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Das haben andere getan!)

Ich bin nicht im baden-württembergischen Landtag. Ich würde es auch dort vermutlich nicht getan haben. Ich sage — und das will ich hier dann jetzt bewußt wiederholen —: Ministerpräsident Filbinger muß sich fragen lassen, wie der Widerspruch zwischen seinen sehr selbstgerechten Reden, die wir alle haben vernehmen können, der zurückliegenden Wochen und Monate

(Beifall bei der SPD und der FDP)

und dem eklatanten Versagen im Bereich der eigenen politischen Verantwortung zu erklären ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Schutzbehauptung, unmögliche Zustände und unglaubliche Vorfälle hätten ihre Ursachen in fehlenden Gesetzen, lenkt ab und hilft nicht, zur sachlichen Klärung zu kommen. Niemand sollte bestreiten wollen und dürfen, wie ich meine, daß die volle Anwendung des geltenden Rechts in den Strafvollzugsanstalten des jeweiligen Landes — der Bund hat ja keine, was nicht alle Bürger wissen — manches hätte abwenden können. Womit sonst wären übrigens der Rücktritt des Stuttgarter Justizministers und die Abberufung von Beamten zu begründen?

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Und was passiert in Berlin und in Nordrhein-Westfalen?)

Wenn mir entgegengehalten werden sollte, man dürfe dem jetzt nicht mit Kritik begegnen, dann frage ich: Erstens. Wozu reden wir dann hier überhaupt? Zweitens. Warum hat Herr Filbinger dann so einseitig und so sehr an der Sache vorbeigeredet, wie er es noch am vergangenen Wochenende auf seinem Offenburger Landesparteitag getan hat?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Für uns bleibt es dabei, daß zwischen dem Anspruch des Bürgers auf Sicherheit und seinem Bedürfnis nach persönlicher Freiheit, der Unverletztlichkeit seiner Freiheit immer wieder abgewogen werden muß. Wir haben in den vergangenen Jahren versucht, das Notwendige und das Menschenmögliche zu tun. Vernünftige Überlegungen aus den



Brandt
Reihen der Opposition sind dabei in unsere Arbeit eingegangen. Daran wird sich auch nichts ändern.
Daß die Mahnung, Verbrecher würden sich nicht von den Grenzen unserer Bundesländer aufhalten lassen, bei einer Reihe von Aufgaben zunächst ohne Wirkung geblieben ist, liegt allerdings in der Tat nicht nur an den Landesregierungen der anderen Couleur. Ich gebe das offen zu. Das ist ein Problem des Verhältnisses Bund—Länder, bis zu einem gewissen Grade unabhängig von der Parteizugehörigkeit derer, die dort oder dort Verantwortung tragen. Ich gehöre jedenfalls zu denen, die davor gewarnt haben, daß der föderalistische Aufbau unseres Staates, den ich bejahe, nicht von innen her dadurch ausgehöhlt werden darf, daß man zur Lösung der anstehenden Aufgaben nicht bereit und fähig ist.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Er weiß nicht einmal, wovon er redet!)

— Sie sind besonders höflich. Das weiß ich schon von früher, Herr Kollege.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Es ist unerträglich, Ihnen zuzuhören! Dies muß ich Ihnen sagen!)

— Dann verschonen Sie mich mich Ihren dummen Zwischenbemerkungen, wenn ich Ihnen das offen sagen darf.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Gerster [Mainz [CDU/CSU] : Und Sie uns mit Ihrer dummen Rede!)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0805302400
Herr Abgeordneter Brandt, ich darf Sie bitten, solche Bewertungen zu unterlassen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805302500
Ich nehme das Wort ;,dumm" zurück und ersetze es durch das Wort „ungezogen", Herr Präsident.

(Beifall bei der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Sie als Fachmann in Sicherheitsfragen, das ist ein Witz!)

Das Gelingen der Aktion von Mogadischu konnte niemand vorhersagen. Aber es war auch kein Zufall, kein bloßer Glücksfall. Es war das Ergebnis konsequenter Auswertung und konsequenten Nutzens von Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren leider haben machen müssen. Es handelt sich ja zum Teil immer noch um Lehren aus den schrecklichen Ereignissen vom 5. September 1972 in München. Wenige Tage nach dem Terrorüberfall auf die israelische Mannschaft im Olympischen Dorf und dem schrecklichen Ende in Fürstenfeldbruck liefen die Vorbereitungen zur Aufstellung einer Spezialeinheit des Bundesgrenzschutzes an. Heute wollen alle dafür gewesen sein; damals — ich erinnere mich genau — hat es nicht an Kritikern gefehlt, nicht nur an solchen, die meinten, hier würde den Ländern etwas weggenommen.
Heute wollen manche den Bundesregierungen seit 1969 die Schuld daran in die Schuhe schieben, daß es bei uns in der Bundesrepublik — wie in anderen Ländern, in mehr als den beiden anderen, die genannt wurden; es war zu schematisch, was an Kriterien für die Unterschiede zwischen drei Ländern und anderen zu entwickeln versucht wurde, aber sei dem, wie ihm sei — blutigen Terror gibt. Wer will denn eigentlich bestreiten, daß es die sozialliberalen Bundesregierungen gewesen sind, die das Problem der inneren Sicherheit vom Jahre 1970 an auf den Tisch dieses Hauses gelegt haben

(Zustimmung bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

— ja, jetzt lachen Sie; ich wünschte, daß die Beamten in Wiesbaden und anderswo Sie hier feixen sehen könnten —,

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

daß wir z. B. aus dem Bundeskriminalamt doch überhaupt erst eine Behörde gemacht haben, die diesen Namen verdient,

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

und daß wir den Bundesgrenzschutz verstärkt haben? Und davon können Sie jetzt hinterher nichts wegreden.

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Unter allem Niveau! — Weitere Zurufe)

Gewiß, man ist noch nicht erfolgreich genug gewesen. Aber der Erfolg kommt nur durch sachliche Arbeit und gezügelte Entschlossenheit, nicht durch markige Reden und zügellose Demagogie, auch nicht durch Kompetenzrangeleien im mißbrauchten Namen des Föderalismus.

(Zuruf von der CDU/CSU: Unlauter und unehrlich!)

Ich möchte noch einen Augenblick beim Vergleich mit damals bleiben: Wer wollte hier einen Streit über das Schicksal des Lufthansaflugzeuges im Oktober 1972 aufnehmen? Ich bin damals der Empfehlung der Bayerischen Staatsregierung gefolgt, und ich stehe dazu. Jeder Fall und jede Situation erfordern eine angemessene Antwort.
Eine Münchner Tageszeitung — nicht die, die Herr Zimmermann hier zitiert hat, sondern eine andere — hat, gestützt auf den ihr verbundenen SpringerDienst, vor einer Woche die Nachrichtenlage noch damit anreichern wollen, daß wir im September 1972 ein von Israel einzufliegendes Kommando abgelehnt hätten. Man berief sich dabei auf die israelische Botschaft, die dies dementiert hat; so auch vorgestern früh im „Münchner Merkur" nachzulesen. — Es wäre nicht gut, wenn sich hier eine Legende bildete. Ich brauche nicht zu sagen — und will es nicht —, wie ich damals zu einem solchen Vorhaben Stellung genommen hätte, aber Tatsache ist, daß ich niemals damit befaßt wurde. Dasselbe gilt für den damaligen Bundesminister des Innern. Ich muß annehmen, es gilt auch für die damals für die Sicherheit der Olympischen Spiele verantwortliche Bayerische Staatsregierung, sonst hätten wir gewiß anderes von ihr gehört.



Brandt
Ich erinnere mich auch der damaligen Gespräche über internationale Maßnahmen. Pompidou besuchte uns, ebenso Premierminister Heath und Henry Kissinger, mit dem wir das dieser Tage bei seinem Besuch in Bonn noch einmal aufgefrischt haben. Wir haben alle gesagt: Man müßte international etwas tun. Aber in Wirklichkeit wußten wir: Es wird nichts draus; es wird eine Illusion bleiben, weil die Aufnahmebereitschaft bei einer großen Zahl von Staaten, die man dazu braucht, leider noch nicht vorhanden war.
Mindestens so große Bedeutung wie Nachforschungen, was sich in einem bestimmten Teil des palästinensischen Bereichs wohl tun mag, nein, größere Bedeutung noch würde ich, Herr Kollege Dregger, der Tatsache zumessen, daß heute auch fast alle verantwortlichen Führer der arabischen Welt sagen: Dies wollen wir nicht mehr; dies wollen wir mit euch gemeinsam verhindern.
Im Herbst 1972 kriegte man den ägyptischen Präsidenten nicht ans Telefon, sondern nach zwei Stunden seinen Premierminister, und das einzige, was man damals als Antwort bekommen konnte — so war die Konstellation —, lautete: Wir wollen mit der ganzen Sache nichts zu tun haben.
Hier ist eine große Veränderung eingetreten. Die Bundesregierung kann auch unser gestiegenes Ansehen in der Welt ausschöpfen; es gibt doch nicht nur verrückte Demonstrationen, sondern jetzt auch die Tatsache, daß wir unser Ansehen in der. Welt haben steigern können.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich kann die Bundesregierung nur ermuntern, bei den Bemühungen um internationale Regelungen und Konventionen weiterzumachen und nicht müde zu werden. Die Beziehungen zwischen den Staaten sind viele Jahre lang zusätzlich von Terroristen belastet worden, die gemeint haben, ein Land gegen das andere ausspielen zu können. In Wirklichkeit ging der Wahn der Geiselnahmen und des Terrors auf aller Kosten.
Es wäre viel gewonnen, wenn nach unseren jüngsten Erfahrungen die Einsicht Raum erhalten hätte, daß die Staatengemeinschaft ein gemeinsames Interesse an der internationalen Terrorbekämpfung haben muß. Terrorismus kann wirksam nur bekämpft werden, wenn möglichst kein Land der Welt mehr bereit ist, sich erpressen oder manipulieren zu lassen.
Über Terrorismus und seine Ursachen ist in der letzten Zeit viel gesagt und geschrieben worden, was des Bedenkens und des Nachdenkens wert ist. Ich möchte, wenn ich darf, die Aufmerksamkeit des Hohen Hauses auf folgende Sätze des Herrn Bundespräsidenten lenken, weil sie uns helfen könnten, das Thema nicht zu verfehlen. Ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten:
Wir können diesen Staat nicht verbessern, wenn wir auf seine Fehler nicht aufmerksam gemacht werden. Die legitime Kritik hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Terrorismus zu tun. Die Kritik ist das Lebenselixier der Demokratie. Wir würden einem schicksalhaften Irrtum unterliegen, wenn wir dieses Lebenselixier mit dem tödlichen Gift des Terrorismus verwechselten.
So Walter Scheel.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Dr. Dregger [CDU/CSU])

Eines sollte nun ganz gewiß für uns alle gelten. Wir müssen uns redlich um Erklärungen und eine Analyse bemühen, wenn wir einen noch effektiveren Schutz entwickeln und noch besser vorbeugen möchten. Aber leicht ist das nicht. Es kann uns — da stimme ich ausnahmsweise mal mit Herrn Dregger überein — natürlich nicht beruhigen, daß der Terrorismus eine weltweite Seuche — wenn auch in verschiedenen Ausgaben — ist. Aber man muß es wissen. Es darf uns nicht in Panik versetzen, daß es einen vollständigen Schutz nicht gibt und daß mit weiteren Anschlägen gerechnet werden muß. Auch das muß man wissen, um gewappnet zu sein. Es kann uns nicht trösten, daß wir es mit einer wahnwitzigen, winzigen Minderheit zu tun haben, die von unserem Volk isoliert ist. Aber man soll es sich klarmachen.
Es handelt sich übrigens nicht, wie man immer wieder hören kann, um ein Problem der jungen Generation oder der kritischen Jugend. Auch dies ist eine Fehleinschätzung der Zustände, mit denen wir es zu tun haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Dabei weiß ich: Verharmloser sind ebenso schlimm wie Demagogen der Panik. Wenn wir mit angemessenem Gewinn über die Ursachen des Terrorismus sprechen wollen, wie es auch der Bundesjustizminister für richtig hält und uns heute morgen aus seiner Sicht dargelegt hat, dann haben wir aufrichtig und auch bereit zu sein, selbstkritische Fragen zu stellen und anzuhören. Ich glaube nicht, daß wir hier — zumal heute — in der Lage wären, den Ursachen gut genug nachzugehen.
Ich wäre ja schon froh, wenn die seriösen Wissenschaftler und Schriftsteller nicht an den Pranger gestellt würden, die sich, jeder auf seine Weise, um Erklärungen bemühen, und wenn wir uns im übrigen einer Trauerschuld bewußt blieben. Einige Elemente — was Erklärungsversuche angeht — liegen sozusagen auf dem Tisch. Ich denke an all die Gewaltanwendung, die aus aller Welt an Jung und Alt vermittelt wird, aber gerade auch an die Jungen. Man braucht ja nur mal eine Woche lang, wenn man Zeit dazu hat, die Fernsehprogramme daraufhin zu beobachten. Ich kritisiere sie jetzt nicht als solche, aber ich weiß, die Herren, die für das Fernsehen verantwortlich sind, beraten darüber. Ich finde, es ist richtig, daß sie darüber beraten, was es mit der übertriebenen Vermittlung von violence, von Gewaltanwendung auf sich hat.
Ich denke an den Werteverlust, die Sinnkrise, die man heute wieder sagt, an das Elend. Das war eines der Elemente, das Bundeskanzler Schmidt, Herr Dregger, mit eingeführt hat, das Element des Überdrusses an einer Wegwerfgesellschaft. Ein Mitglied dieses Hauses, auf das ich mich . sonst nicht



Brandt
gern berufe, hat, glaube ich, von den „Rändern einer Kaviar-Gesellschaft" gesprochen. Da mag was dran sein.
Ich bestreite natürlich auch nicht, daß die zunehmende Emanzipation des Menschen bei einzelnen extreme Fehlentwicklungen mit sich führen kann. Allerdings muß ich es entschieden ablehnen, wenn mancherorts aus der Angst vor freien Menschen der Freiheit selbst ein Strick gedreht werden soll.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Im übrigen, verehrte Kollegen, ist es nicht so, daß die Terroristen mit ihrer perversen kriminellen Phantasie in vielem auf bedrückende Weise gewissen Vorstellungen entsprechen, die wir sonst von einem Erfolgreichen haben? Uns sollte es allen miteinander darum gehen, die Bedeutung von Solidarität und Gerechtigkeit im Zusammenleben stärker ins Bewußtsein zu heben und zur Orientierung unserer praktischen Politik zu machen.
Auf der anderen Seite: Werte lassen sich nicht herbeikommandieren. Rolf Zundel, der sich damit in der „Zeit" in der letzten Nummer auseinandergesetzt hat, weiß natürlich, daß die von ihm genannten Adressaten vergeblich auf die frohe Botschaft warten werden — er hat sie so formuliert —: „Melde: Sinnverlust beseitigt". So einfach ist das gewiß nicht.
Es gilt sicher noch viel mehr zu bedenken. Jetzt füge ich nur hinzu — in aller Bescheidenheit, aber auch mit allem Nachdruck —: wir deutschen Sozialdemokraten brauchen uns nicht als unerbittliche Gegner der Gewalt auszuweisen. Das brauchen wir nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wir verabscheuen sie und erschrecken zutiefst davor, weil wir wissen, was durch sie in der Geschichte unseres Volkes schon angerichtet worden ist. Terrorismus ist für uns objektiv auch, wie Herbert Wehner hier dargelegt hat, keine Frage von „links" oder „rechts".
Mich hat gewundert, daß sich Konservative oder christliche Demokraten getroffen fühlten, als ich Terroristen auch „faschistisch" einordnete. Ich meinte — da habe ich mich geirrt, was einige ihrer Reaktionen angeht —, es gäbe keinen fließenden Übergang mehr von rechts nach ultrarechts wie in der Weimarer Republik. Allein bin ich mit meiner Interpretation dann doch nicht geblieben. Der Pariser „Figaro", ein konservatives Blatt, wie jeder weiß, hat von einem neuen Faschismus gesprochen, und die Londoner „Financial Times", auch kein linkssozialistisches Organ, schrieb vor wenigen Tagen, die deutschen Terroristen würden oft fälschlich als Linksextremisten bezeichnet. Sie seien keinem politischen Flügel zuzuordnen, allenfalls einem solchen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Nachtigall, ick hör dir trappsen!)

von dem uns Dostojewskis „Dämonen" etwas vermittelt haben. Wenn ich glaubte, mich rechtfertigen
zu müssen, würde ich folgenden Auszug aus einem
extremistischen Untergrundpamphlet andienen — ich zitiere —:
Wenn ich den Faschismus heute mit einem Wort definieren müßte, würde ich das Wort Reform wählen.
Derjenige, der mir dieses Pamphlet zugänglich machte, hat zutreffend hinzugefügt, dies klinge frappierend, erweise sich aber bei näherem Hinsehen als folgerichtig. Wer die Demokratie zerstören will, muß sie zunächst einmal zur gepanzerten Unbeweglichkeit verführen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Vielen von uns Älteren hat es die Erfahrung eingebrannt: Terror und Gewalt sind, was Methode, Ziel und absehbare Folgen betrifft, in einem ganz stockfinsteren Sinne reaktionär. Dann kleben Sie welches Etikett sonst immer auch mit drauf.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir Sozialdemokraten waren und 'sind für die friedliche und gewaltlose Veränderung der Verhältnisse, soweit sie geändert werden müssen, damit Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität in einem immer umfassender werdenden Sinne die Realität des Zusammenlebens unserer Bürger bestimmen.
Einige haben sich zu der Behauptung verstiegen, Neigung zur Gewalt habe ihre Wurzeln in der Demokratie selbst — leider klang auch in der Rede von Herrn Dregger davon wieder etwas an —, jedenfalls ein Verständnis von Demokratie, das Probleme und Konflikte in unserer Gesellschaft nicht verschweigt, sondern ans Tageslicht bringt. Mehr Demokratie zu wagen, so will man behaupten, leiste der Gefahr des Terrorismus Vorschub. Ich halte dies für grotesk.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage mit Professor Christian Graf Krockow — ich zitiere —:
Wer das Bemühen um progressiven Wandel, wer das Reformgerede verketzert, wer gar die angebliche Reformeuphorie für alle Übel verantwortlich macht, die sich nur irgendwo aufzeigen lassen, letztlich sogar für die Terroristen, der besorgt deren Geschäft, gleich ob er es nun weiß und wahrhaben will oder nicht.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich füge hinzu: Das sind mir schöne Demokraten, die unsere Ordnung gerade dann in Zweifel ziehen, wenn sie eine Bewährungsprobe zu bestehen und, wie wir wissen, gerade auch bestanden hat.
Jedermann weiß oder sollte wissen, daß es keine Gesellschaft ohne Konflikte gibt. In der Lebensordnung des demokratischen Rechtsstaats dürfen diese Konflikte nicht unterdrückt, sie müssen aufgedeckt und dann einer rationalen Behandlung zugänglich gemacht werden. Darin steckt das Wagnis, das man eingehen muß. Zwischen Sicherheit und Freiheit herrscht ein Verhältnis der Spannung. Man sollte es nicht auflösen wollen. Wollte man das, müßte man eines von beiden aufgeben. Kein Volk kann auf die Dauer in Frieden leben, wenn es nicht die Überzeu-



Brandt
gung hätte, daß das Mögliche für die Sicherheit unternommen wird. Kein Volk freier Menschen aber kann existieren, wenn es nicht auch wüßte, daß geistige Freiheit und Liberalität herrschen sollen und nicht untergepflügt werden dürfen.
Mich hat es empört — und nicht mich allein —, daß in den vergangenen Wochen eine Tendenz aufkam, als könne, als dürfe man den kritischen Geist in die Nähe des Terrorismus rücken.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Herr Dregger hat vor einigen Tagen gesagt, das Fundament dieser Republik seien nicht sogenannte kritische Intellektuelle. Da • stimme ich ihm zur Hälfte sogar zu. Daran ist etwas Richtiges. Aber ist nicht auch Herr Dregger bereit zuzugeben, daß dieses neue Deutschland, unser Deutschland, in der Welt verbunden ist nicht nur mit unserer Wirtschaftskraft, nicht nur- mit unserem Verteidigungsbeitrag, nicht nur mit unserer Außenpolitik, sondern auch mit Namen wie Heinrich Böll und Günter Grass und Siegfried Lenz und Luise Rinser,

(Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)

mit Kirchenmännern und Professoren, Wissenschaflern und Künstlern, Organisatoren und Technokraten? Ohne sie und viele andere ist diese Bundesrepublik doch nicht zu begreifen. Was soll ein provinziell rückschrittliches Gehabe, das an dieser Wirklichkeit vorbeigeht?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Was soll ein Gerede, das dem Ansehen unseres Staates nur abträglich sein kann? Herr Ministerpräsident Filbinger, Sie sitzen auf der Bundesratsbank. Ich habe noch nicht gesehen, daß der Bericht aus der „Rhein-Neckar-Zeitung" korrigiert worden ist, nach dem Ihr Staatssekretär vor kurzem gesagt haben soll, wenn es dem Böll in dieser Gesellschaft nicht passe, dann solle er sie doch verlassen.

(Pfui-Rufe von der SPD — Dr. Jobst [CDU/ CSU] : Das hat er doch auch! — Dr. Böhme [Freiburg] [SPD] : Der Staatssekretär ist auch da!)

Dieses ist unwürdig.
Meine Damen und Herren, beherzigen wir jedenfalls, was Bundespräsident Walter Scheel in seiner Tübinger Rede sagte:
Ich glaube, nichts könnte unsere politische Atmosphäre so vergiften wie eine Diskussion, in der die Namen geachteter Männer und Frauen mit Mordtaten in Verbindung gesetzt werden. Unversöhnliche Feindschaft wäre die notwendige Folge.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich bin — wenn ich dies zum Schluß sagen darf, meine Damen und Herren —, wie man weiß, nicht einer, der den notwendigen demokratischen Streit überkleistern möchte mit einer falschen Harmonie, die eher der Sehnsucht als der Wirklichkeit entstammt. Trotzdem bleibt richtig: Wenn wir im Kampf gegen Gewalt und Verbrechen nicht zusammenstehen, dann hätte jene wahnwitzige winzige
Minderheit bereits ein Stück von dem erreicht, was sie hat erreichen wollen; dann wäre es ihr gelungen, Zweifel zu säen an dem prinzipiellen Zusammenstehen um unseren Staat und unsere Gesellschaft. Wir alle miteinander hätten' es zu verantworten, wenn diese Saat aufginge.
Es ist ja richtig, was auch in den Reihen der Christlich Demokratischen Union gesagt wird: Die Terroristen richten sich gegen den freiheitlichsten und sozialsten Staat, den wir Deutschen je hatten, den die Arbeitnehmer, die Gewerkschaften, die Unternehmer, den wir alle miteinander aufgebaut haben. So der Generalsekretär der CDU.
Ich stimme dem zu, und ich stelle fest: In den Stunden- des Terrorangriffs auf unsere Gesellschaft ist damit zugleich ein wenig zurechtgerückt worden, was zu anderer Zeit — zumal in Wahlkämpfen — ganz anders klang. Da war vom nahezu hoffnungslosen Niedergang die Rede, wenn die Wähler anders entschieden, als es ihnen die Union empfahl. Da hat man unserem Volk weismachen wollen, es müsse erst wieder lernen, frei reden und frei reisen zu können.
Der sozialdemokratische Bundeskanzler, seine Regierung und die sie tragenden Parteien haben solche Redner Lügen gestraft. Ich möchte wissen, wer heute noch behaupten will — gerade auch nach dem, was Sie zu Recht vor dem Hintergrund des Geschehens der letzten Wochen gesagt haben —, unsere Republik und die Freiheit ihrer Bürger seien nicht in guten Händen.

(Beifall bei der SPD und bei der 'FDP)

Man kann — ich sagte es — auch deutlich erkennen, daß unser Ansehen in der Welt zugenommen hat, trotz mancher törichter oder sogar uns empörender Demonstrationen solcher, die nicht wissen, wovon sie reden, oder die sich mißbrauchen lassen. Es ist immerhin keine Kleinigkeit, wenn führende Staatsmänner anderswo sagen, Deutschland habe der Demokratie weltweit einen Dienst erwiesen. Im übrigen allerdings — da weiche ich noch einmal von Herrn Dregger ab — lohnt es sich — auch wenn es schwerfällt —, davon auszugehen, daß wir uns in der Welt um uns herum in gewisser Hinsicht immer noch auf dünnem Eis bewegen, in Europa mehr als anderswo. Richtig bleibt dabei, daß wir uns Verdächtigungen und ungerechte Angriffe auf unser Volk und unseren Staat nicht gefallen zu lassen brauchen.

(Beifall bei der SPD und bei der FDP)

Wenn wir sagen, dieser Staat bietet den Menschen mehr Freiheit, mehr soziale Sicherheit, mehr Gerechtigkeit und einen höheren Lebensstandard als jemals ein deutscher Staat zuvor, dann wissen wir doch auch — jedenfalls wissen wir Sozialdemokraten das —: Vieles muß noch nach vorn bewegt werden. Also brauchen wir nicht das Beharren, sondern vernünftige Reform, wie es auch dem Grundgesetz entspricht. Aber keiner der Mängel, die wir überwinden wollen, rechtfertigt die Anwendung von Gewalt.
Ich will zusammenfassen, wofür wir Sozialdemokraten in dieser Lage stehen --- und ich möchte



Brandt
das gerade jenen vielen im Lande sagen, auf deren Mitarbeit und Unterstützung eine nach vorn gerichtete Politik immer angewiesen bleiben wird —: Wenn es darum geht, die demokratische Ordnung vor ihren Feinden zu schützen, wenn es darum geht, die Verhältnisse zu verändern, damit mehr Gerechtigkeit um sich greifen kann, wenn es darum geht, der geistigen Freiheit Raum zu erhalten, dann soll man uns als unbürokratische Freiheitspartei erneut in der vordersten Linie finden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das ist auch die Erfahrung von Weimar. Die deutsche Demokratie wird uns nicht noch einmal ohnmächtig antreffen. Meine Partei hat für die Freiheit gegen den Obrigkeitsstaat gekämpft. Sie hat für die Freiheit unter den Nazis gelitten. Sie hat für die Freiheit gegen die Kommunisten gestritten. Viele unserer Freunde haben die Freiheit mit ihrem Leben verteidigt. Dies war uns gegenwärtig, als wir mit dabei waren, die Fundamente für ein neues Deutschland zu legen.

(Beifall bei der SPD)

Demagogen — aus welcher Ecke auch immer — haben wir mitzuteilen, daß wir in Sachen innerer Sicherheit und geistiger Freiheit keine Belehrungen brauchen. Wir vertrauen der kritischen Jugend und den geistig Schaffenden, die in ihrer überwältigenden Mehrheit an der Seite derer stehen, die Freiheit und Recht in Deutschland bewahren und ausbauen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Wir vertrauen unserem Volk, den Arbeitern und Angestellten, den Beamten und den Selbständigen; sie haben mit dem Terror nichts zu tun. Warum also und zu wessen Nutzen will man falsche Fronten aufrichten?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir durften, dürfen und werden nicht zulassen, daß man verdiente Frauen und Männer aus dem Geistesleben in den Dunstkreis von Verbrechern rükken wollte.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Unser Volk wäre viel ärmer ohne sie. Wir brauchen sie, gerade auch ihre Wachsamkeit und ihren unabhängigen Geist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir Sozialdemokraten stehen an der Seite aller, die guten Willens sind. Wir sind zur Zusammenarbeit bereit.
An die Adresse des Bundeskanzlers und der Regierung sage ich noch einmal — zugleich im Namen unserer Bundestagsfraktion —: Sie haben unsere Unterstützung. Diese ist ungeteilt und gründet sich, Herr Kollege Dregger, im loyalen Zusammenwirken mit unseren freidemokratischen Kollegen. Und bei aller Offenheit, größere Mehrheiten zu suchen, wo sie zu haben sind: diese ungeteilte Unterstützung stützt sich auf die eigene Mehrheit.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD — Beifall bei der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0805302600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kleinert.

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0805302700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wer so viel Richtiges und Bedenkenswertes gesagt hat wie Herr Dregger heute vormittag, der hat auch das Recht, dabei einiges zu sagen, was schon eher zur Kritik herausfordert.
Wir haben die Punkte 20 bis 26 des Tagesordnung zu behandeln. Ich beabsichtige nicht, nachdem diejenigen, die das besser als ich vermögen, hier zu den Hindergründen Ausführungen gemacht haben, das zu wiederholen, möchte allerdings zu dem Hintergrund all dessen, was uns hier zu beschäftigen hat, eines aufgreifen, was Herr Dregger auch gesagt hat und was ich in die zweite Kategorie einordnen möchte, daß sich nämlich 1969 diese Bundesrepublik auf dem Höhepunkt einer gesunden Entwicklung befunden habe. Ich meine, dieses können wir so nicht stehenlassen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Alles, womit wir uns seit Jahren mit zunehmender Intensität zu beschäftigen haben — Sie haben vieles sehr richtig angesprochen —, hat seinen Ursprung in der Entwicklung vom Beginn bis Ende der 60er Jahre, nicht zuletzt an unseren Universitäten,

(Dr. Böhme [Freiburg] [SPD] : Sehr wahr!)

eine Entwicklung, die schließlich in ihrer letzten Konsequenz zu dem geführt hat, was wir Gott sei Dank gemeinsam uns nicht nur anschicken zu bekämpfen, sondern längst angeschickt haben. Hier kann sich niemand an irgendeiner Stelle hinausstehlen oder sagen, das habe mit dieser Koalition begonnen. So geht das mit der Gemeinsamkeit nicht. Gemeinsamkeit ist eine sehr anspruchsvolle Sache in so schweren Zeiten. Ich habe den Eindruck, daß alle Beteiligten, alle hier im Haus und viele, viele außerhalb des Hauses, das auch so sehen. Dafür danken wir ihnen sehr herzlich. Dabei geht es nicht etwa darum, etwas zu verkleistern. Wir möchten bei einer solchen Gelegenheit dankbar feststellen, was andere vor mir auch schon festgestellt haben, daß es gut ist, z. B. in diesem Hause wieder einmal Beifall quer durch die Bänke zu hören. Es ist ein Zustand, der mich seit vielen Jahren kränkt, daß das in diesem Hause so selten möglich ist. Daß so etwas in dieser Zeit wieder möglich geworden ist, ist auch etwas, was klein erscheinen mag, was in Wirklichkeit für die Atmosphäre aber von hoher Bedeutung ist und was viel wahrer und viel deutlicher als vieles ist, was man sagen kann.

(Beifall)

Nun wollen wir versuchen, die Probleme, die uns geblieben sind, zu lösen. Wir werden dabei gewisse Auseinandersetzungen miteinander zu bestehen haben. Es sind hier schon Gesprächskreise genannt worden, die sich mit den Punkten 20 bis 26 der heutigen Tagesordnung in den letzten Wochen bereits sehr intensiv beschäftigt haben. Gleichgültig, wie sich solche Kreise zusammensetzen, ob hier Institu-



Kleinert
tionalisierungen vorgenommen worden sind oder nicht: Das Entscheidende ist, daß wir vernünftige Gespräche führen und daß wir bei dem Versuch, unseren Rechtsstaat zu verteidigen, diesen Rechtsstaat auch nicht im geringsten in Gefahr bringen. Das ist unser Anliegen, und das ist sicherlich auch das Anliegen aller anderen. Wir werden uns den Debatten wie in den letzten Jahren mit größter Offenheit, wenn es sein muß, auch mit großer Klarheit, in der kämpferischen Auseinandersetzung stellen.
Das Bemerkenswerte ist, daß von all den Problemen, die uns hier beschäftigen, fast nichts neu ist, daß die eine oder die andere Seite heute nicht zum erstenmal . feststellt, welchen Problemen wir uns zu stellen haben, sondern daß man z. B. in der hervorragenden Zusammenstellung des Herrn Spranger Zitate aus Reden aus dem Jahr 1972 findet. Ich war selbst überrascht, als ich die Jahreszahl sah. Es ist so, als hätten wir das, was wir heute besprechen, schon damals miteinander besprochen. Das heißt aber nicht, daß wir inzwischen untätig gewesen wären. Ich meine, wir haben uns in der Zwischenzeit sehr vernünftig verhalten. Wir haben uns nicht in Hektik bringen lassen, und wir sind keineswegs müßig gewesen.
Ich erinnere mich z. B. an eine Anhörung im Rechtsausschuß dieses Hauses, bei der wir eine große Zahl hervorragender Sachverständiger aus der Wissenschaft und aus der Praxis zu Fragen angehört haben, z. B. — ich erwähne nur ein Beispiel — zu der Frage, wie man Großverfahren konzentrieren könne und ob es irgendwelche Hindernisse gebe, nach geltendem Recht Großverfahren schneller als bisher abzuwickeln. In dieser Anhörung vor einigen Jahrén haben uns alle Befragten diese Frage ganz klar dahin beantwortet: Das ist nach geltendem Recht möglich. In den Jahren danach sind wir immer wieder dabei gewesen, sind wir immer wieder in Versuchung gebracht worden oder haben uns selbst in Versuchung gebracht, Gesetze zu ändern, um einem Ziel näher zu kommen, das tatsächlich nach dem geltenden Recht erreichbar war.
Das gilt nun für eine Fülle von Vorkommnissen mit zum Teil dramatischen Folgen in den letzten Jahren, daß nämlich das meiste, wie wir es seit Jahren sagen, mit den Mitteln des geltenden Rechts hätte gesteuert werden können. Herr Filbinger ist klug genug, den Angriff der Verteidigung vorzuziehen. Ich verstehe Ihre Anwesenheit, Herr Filbinger, hier so. Aber lassen Sie sich bitte sagen, daß Sie ja nicht irgendeiner von denjenigen sind, die uns immer wieder neue und unserer Auffassung nach übersteigerte rechtliche Maßnahmen anempfohlen haben, sondern daß Sie einer der Vorreiter derjenigen sind, die immer wieder Gesetzesverschärfungen wollten. Dann ist es allerdings eine sehr bittere Ironie, daß ausgerechnet in Ihrem Bereich am dramatischsten das bestätigt worden ist, was ich — übrigens auch von dieser Stelle aus — vor etwa zwei Jahren gesagt habe, daß nämlich ein Gipfel der Unfähigkeit in der Anwendung geltenden Rechts erreicht worden ist vin denjenigen, die dieses Recht in einer Weise ändern wollen, die den
Rechtsstaat in Gefahr bringt, statt in ihrem eigenen Bereich für Ordnung zu sorgen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Daweke [CDU/CSU] : Kein Wort zu Berlin?!)

Wir haben nicht die Absicht, den Rechtsstaat durch hektische Gesetzesmacherei ad absurdum zu führen, nur um die Schlampereien der baden-württembergischen Landesregierung zu vertuschen.

(Beifall bei der FDP und der SPD Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Was ist denn mit Hessen, Berlin und NordrheinWestfalen? — Dr. Hubrig [CDU/CSU] : Kein Wort von Werl!)

— Ich habe eben darauf hingewiesen, daß von dort jedenfalls nicht mit der Intensität die dauernden Verlockungen an uns herangetragen worden sind, Gesetze zu ändern, wie das von Baden-Württemberg aus geschehen ist. Ich würde das Lügen strafen, was ich vorhin gesagt habe, wenn ich etwa bestreiten wollte, daß in anderen Bereichen unter der Verantwortung freidemokratischer oder sozialdemokratischer Minister auch Dinge vorgekommen sind, die wir zu bedauern haben, daß auch da Lücken sichtbar geworden sind, die geschlossen werden müssen. Das sage ich ganz ausdrücklich. Der Zusammenhang meiner Ausführungen war nur ein anderer. Ich habe nämlich versucht, den Zusammenhang herzustellen zwischen der besonders intensiven Bemühung, uns zu rechtspolitischen Schritten zu bewegen, die nach Lage der Dinge nicht richtig sind, und dem, was gleichzeitig an Anwendung des geltenden Rechts nicht richtig gemacht worden ist, um es ganz harmlos auszudrücken. Und das ist in diesem Zusammentreffen der beiden Faktoren in einer geradezu phantastischen Weise allerdings nun einmal im Amtsbereich von Herrn Filbinger der Fall gewesen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0805302800
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Erhard?

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0805302900
Bitte.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0805303000
Herr Kollege Kleinert, wollen Sie wirklich den Eindruck erwecken, als hätten die Verteidiger das Schlupfloch für Informationen und ähnliches aus dem Gefängnis heraus und in das Gefängnis hinein nicht deshalb weiter genutzt, weil der Verteidigerverkehr nicht überwacht worden ist?

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0805303100
Herr Kollege — im doppelten Sinne Kollege, was diesen Zusammenhang an, geht —, wir wissen, daß sicherlich auch da Schwierigkeiten bestehen. Wir haben das nie bestritten. Daß Sie nun speziell auf Verteidiger abheben, verwundert mich bei Ihrer doppelt kollegialen Eigenschaft.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Ich könnte auch „Anwälte" sagen!)




Kleinert
Ich habe hier einen dankenswerten Brief des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer Berlin — das sind Menschen, bei denen man sich bei dieser Gelegenheit auch einmal ausdrücklich bedanken sollte — vom 20. Oktober 1977 an den Herrn Generalstaatsanwalt beim Kammergericht, in dem die Rechtsanwaltskammer Berlin darum bittet, schleunigst ehrengerichtliche Maßnahmen gegen die 17 Unterzeichner eines Telegramms einzuleiten, in dem es heißt, die Unterzeichner hätten den Eindruck, daß die Erwägung von Golo Mann in der „Panorama"- Sendung am 17. Oktober 1977, politische Gefangene als Geiseln zu erschießen, bereits in die Tat umgesetzt worden ist. Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer hat daraufhin sofort, prompt in der Weise, wie wir uns das an anderer Stelle schon früher gewünscht hätten, reagiert. Ich freue mich, daß wir nun langsam dazu kommen, daß das durchgesetzt wird, was wir auch seit vielen Jahren verlangen: daß wir uns solche Äußerungen wirklich dienen lassen.
Es ist mir ja nachgerade peinlich, daß ich den Eindruck erwecke, als wäre ich auf einen Punkt fixiert. Aber das hängt nicht damit zusammen, daß ich eine solche Neigung hätte, sondern das hängt mit den Fakten zusammen. Herr Croissant hat im Jahre 1972 — wie ich leider erst sehr spät gelesen habe, die Zuständigen aber sicher viel früher gelesen haben — gesagt, er habe Verständnis für diejenigen, die glauben, daß man die notwendige Revolution in diesem Lande nur mit der Waffe in der Hand durchsetzen kann. Daraufhin hätte der Mann vier Wochen später aus der Anwaltschaft entfernt werden müssen, statt in seiner Praxis fünf Jahre lang das logistische Zentrum unterhalten zu können!

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das haben wir von dieser Stelle aus immer wieder verlangt. Das sind die Dinge, die nicht geschehen sind.

(Zuruf von der SPD: Das sagen Sie mal den Herren in Stuttgart!)

Aber wenn sie nicht geschehen sind, so ist das für uns immer noch kein Grund dafür, den Rechtsstaat auch nur in einem Punkte überzustrapazieren und damit genau das zu tun, was diejenigen, die ihn angreifen, die ihn vernichten wollen, von uns erwarten. Wir werden in dieser Haltung ganz eisern bleiben.
Wir werden auch einige andere Dinge ganz praktisch zu bedenken haben. Herr Dregger hat liebenswürdigerweise darauf hingewiesen, daß die polizeiliche Zusammenarbeit besser werden müsse. Wir sagen das seit längerem. Wir sagen das nicht nur, sondern die Minister Genscher und Maihofer haben auf Bundesebene das Äußerste getan, um eine bessere Bekämpfung des Verbrechens zu ermöglichen. Daß ich kürzlich vom Chef des Bundeskriminalamts hören mußte, daß hier immer noch einiges mehr zu tun wäre, als ich bisher nach den mir früher zugänglich gemachten Erkenntnissen geglaubt habe, hat mich überrascht. Das ändert aber gar nichts an der
Tatsache, daß hier erstmals in wirklich nennenswerter Weise etwas geschehen ist, das aber das, was dann nicht mehr geschehen konnte in der zu Recht geforderten besseren polizeilichen Zusammenarbeit, aus Gründen unterblieben ist, die nicht vom Bund her zu beeinflussen sind, daß wir jetzt immer noch über einen einheitlichen Entwurf eines Polizeigesetzes reden, obwohl dieser Entwurf seit Jahren sorgfältig beraten wird, immer wieder vorgelegt wird. Aber der Bundesrat, die Länder, sind bisher nicht bereit gewesen, dem, was hier verbal verlangt wird, zu entsprechen.
Wir müssen in diesem weitesten Bereich einfach praktisch, sachlich vorgehen. Das heißt: Man sollte nicht zusätzliche Belastung aller beteiligten Behörden dadurch verschaffen, daß man z. B. — wofür ich vor dem Hintergrund militanter Vorkommnisse großes Verständnis habe — erwägt, die sogenannten K-Gruppen zu verbieten. Ich möchte dazu ein ganz schlichtes Bild gebrauchen. Die meisten vernünftigen Mütter haben es viel lieber, wenn sich die Blagen schon prügeln müssen, daß sie das unter ihrem Küchenfenster tun, statt sich zu diesem Zwecke in den nahegelegenen Wald zurückzuziehen. Genau mit diesem Problem haben wir es hier zu tun. Wir würden einen unglaublichen zusätzlichen Aufwand im polizeilichen Bereich veranlassen und damit diese Kräfte von wichtigen und dringenden Tätigkeiten abhalten und sie binden. Deshalb müssen wir solche Dinge bei aller verständlichen Erregung über das, was dort bei verschiedenen Gelegenheiten aus diesen Gruppen heraus begangen worden ist, ganz nüchtern betrachten und müssen versuchen, daß wir überlegen bleiben, daß wir besser bleiben. Von einigen richtigen Ministern und demzufolge wahrscheinlich meist parlamentarischen Kollegen habe ich in diesen Tagen gehört, es sei leider so, daß die Terroristen intelligenter als ihre Beamten seien. Das haben die Beamten nicht verdient; aber diese Minister sollten sich allerdings eine andere Beschäftigung suchen.

(Beifall bei der FDP und der SPD) Das gibt es doch gar nicht.

Die gleichen Leute, die hier lange Listen von Bereitern des Bodens, von Sympathisanten, von Beschönigern, von Befürwortern und wie das alles heißt, aufstellen, die harmlose, die gutwillige Politiker, Literaten, Dichter in dieser Weise dauernd beleidigen und sich darüber Sorgen machen, die meinen, in dem weiteren Bereich der vorhin angesprochenen Szene nicht etwa von Sympathisanten, sondern von Helfershelfern könne man den zuständigen Generalstaatsanwälten erlauben, diese Leute gegen Kaution freizulassen. Wie paßt das zueinander? Darin ist doch nicht das mindeste an Logik.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Nicht ein Generalstaatsanwalt, sondern ein Oberlandesgericht!)

— Zunächst einmal fängt das mit dem Einsatz des
zuständigen Generalstaatsanwalts in einer solchen
Frage und mit seiner Überzeugungsfähigkeit gegen-



Kleinert
über dem zuständigen Gericht an. Im übrigen ist mir der Gang des Verfahrens einigermaßen bekannt.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Deswegen war ich so verwundert!)

Daß man hier Entlassung gegen Kaution auch nur in Erwägung zieht, das finde ich schlimm.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Gegen die Auffassung der Staatsanwaltschaft!)

Daß es Richter gibt, z. B. im Fall des Herrn Newerla, im Fall des Herrn Haag und in anderen Fällen bei derartig massivem Tatverdacht solche Leute freilassen und damit unter Umständen zu verantworten haben, was hinterher an weiteren Taten begangen ist, das kann nicht dazu führen, daß man die Aufgabe des Bundestagsabgeordneten so versteht, daß daß wir die Richter mit der Knebelkette an den Schreibtisch führen und ihnen die Stelle zeigen müssen, wohin sie ihren Namen zu schreiben haben, sondern das kann nur so verstanden werden, daß wir die Richter herzlich darum bitten, das, was sie von Rechts wegen im Verlaufe ihres Studiums und ihrer Ausbildung hätten lernen sollen, auch gescheit anzuwenden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Das ist der Punkt, mit dem wir uns auseinanderzusetzen haben. Das ist nicht der Punkt, um hier in hektische Gesetzesmacherei zu verfallen, um die Schlampereien an anderer Stelle damit zu bemänteln.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Was haben Sie denn gegen den Bundesrichter Woesner?)

Wir werden das nicht tun. Wir werden das Äußerste zur Bekämpfung des Terrorismus tun. Aber wir werden dabei sorgfältig vermeiden, etwas zu tun, was dem Rechtsstaat bei dieser Gelegenheit auch nur den leisesten Schaden zufügen könnte.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0805303200
Das Wort hat der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805303300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sich in der Haftanstalt Stuttgart-Stammheim herausgestellt hat, ist ein ernster Tatbestand.

(Sehr war! bei der .SPD)

Die Landesregierung von Baden-Württemberg verharmlost nichts und vertuscht nichts. Sie unternimmt vielmehr alles,

(Zuruf von der SPD: Waren Sie deshalb gegen den Untersuchungsausschuß?)

um die Vorgänge gründlich und rückhaltlos aufzuklären. Unser gemeinsames Interesse an der Bekämpfung des Terrorismus verlangt eine lückenlose Aufklärung. Wir können der Gefahr des Terrorismus nur Herr werden, wenn es uns gelingt, sowohl beim Aufspüren der Täter als auch bei ihrer Inhaftierung alle Vorkehrungen zu treffen, die der Rechtsstaat und die Würde des Menschen zulassen.
Wir wissen, daß wir es mit Verbrechern zu tun haben, deren Intelligenz und kriminelle Energie, aber auch deren materielle Möglichkeiten und Verbindungen nach außen allem überlegen sein dürften, was wir auf diesem Gebiet bisher gekannt haben.
Die außerordentliche Herausforderung, vor der wir stehen, gilt nicht nur für Fahndung und Strafverfolgung, sondern auch für den Strafvollzug. Dabei kann es durchaus sein, daß die Grenzen, die Rechtsstaat und Menschenwürde ziehen, den Erfordernissen einer absoluten Sicherheit im Wege stehen.
Die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizei sind ohne Verzug aufgenommen worden. Sie werden von einer Sonderkommission, der zeitweise bis zu neun Staatsanwälte und 40 Kriminalbeamte angehört haben, mit aller Sorgfalt und Gründlichkeit vorangetrieben. Binnen acht Tagen sind über 160 Zeugen gehört worden, und es werden weitere vernommen werden. So war es möglich, daß die Landesregierung dem Landtag von Baden-Württemberg und der Offentlichkeit bereits vor zwei Tagen den vorläufigen Bericht über die Ereignisse in der Strafanstalt vorgelegt hat. Dieser Bericht beantwortet noch nicht alle Fragen. Einige kriminaltechnische und gerichtsmedizinische Untersuchungen stehen noch aus.
Die Untersuchungen gehen nun mit gleicher Anstrengung weiter. Gleichwohl 1st es möglich, schon heute einige wesentliche Feststellungen zu treffen. Ich möchte die wichtigsten dieser Tatsachen und Erkenntnisse vor diesem hohen Hause nennen. Sie sind geeignet, dem vorschnellen Urteil und der unüberlegten, ja manchmal böswilligen Legendenbildung den Boden zu entziehen.
Erstens. Es kann keinen ernsthaften Zweifel mehr daran geben, daß die Gefangenen Baader, Ensslin und Raspe Selbstmord unternommen haben und daß die Gefangene Möller einen Selbstmordversuch begangen hat. An der Leichenschau und Leichenöffnung waren fünf namhafte Gerichtsmediziner aus dem Inland und Ausland beteiligt. Nach ihrem übereinstimmenden Urteil gibt es keine Anhaltspunkte, die gegen einen Selbstmord der Gefangenen sprechen. Das ergeben die Schußkanäle, die genauen Untersuchungen etwa bei Baader, dessen Daumen und Zeigefinger sowohl Blutspritzer als auch Pulverbeschmauchung aufweisen. Schußverletzungen und Schußspuren sprechen bei ihm und bei Raspe für eine Beibringung von eigener Hand. Die Obduktion der Leiche Gudrun Ensslins hat alle typischen Zeichen des Erhängungstodes gebracht. Gewalteinwirkungsspuren, die man in den äußerst seltenen Fällen einer Erhängung von fremder Hand zu erwarten hätte, waren nicht vorhanden. Nach den Erkenntnissen spricht nichts gegen eine Selbsttötung durch ein von eigener Hand bewerkstelligtes Erhängen.
Und noch ein Gesichtspunkt: Das Verhalten der Gefangenen vor ihrer Selbsttötung läßt darauf schließen, daß sie es gezielt darauf angelegt hatten, ihre Selbsttötung als die Tat anderer erscheinen zu lassen. Es gibt da auch Erklärungen aus früherer Zeit. Ich bin durch einen Brief von Golo Mann vom 23. Oktober darauf hingewiesen worden, daß in
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Oktober 1.977 4117
Ministerpräsident Dr. Filbinger
einem Kassiber, der aus der Zelle Baaders herausgeschmuggelt worden ist, eine Botschaft an seine Bundesgenossen in anderen Gefängnissen enthalten war. Da hieß es, daß ihre eigenen Körper nunmehr die letzte Waffe seien. Diese Aussage bezog sich unmittelbar auf die Waffe des Hungerstreiks, hat aber zurückblickend, so sagt Golo Mann, doch eine Bedeutung über den Hungerstreik hinaus und schließt auch den direkten Selbstmord mit ein. Diese Dinge werden noch umfassender geprüft werden. Ich bin fest davon überzeugt, daß auch das letzte — das letzte! — geklärt werden wird, um den Selbstmord als so hochwahrscheinlich darzustellen, daß andere Thesen demgegenüber keinen, auch nicht den geringsten Raum mehr für sich beanspruchen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens. Am Nachmittag des 5. September dieses Jahres ist Hanns Martin Schleyer entführt worden. Noch in der Nacht zum 6. September hat das Justizministerium von Baden-Württemberg den Leiter der Haftanstalt Stuttgart-Stammheim angewiesen, jeglichen Kontakt der terroristischen Gewalttäter mit der Außenwelt und untereinander zu unterbinden. Diese Kontaktsperre ist auf die Notstandsregelung in § 34 des Strafgesetzbuches gestützt worden. Am
6. September hat der zuständige Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart den Verteidigerverkehr von der Kontaktsperre ausgenommen. So konnte am Nachmittag dieses 6. Septembers jeweils ein Anwalt die Gefangenen Baader und Ensslin besuchen. Daraufhin hat der Justizminister am Morgen des
7. September, also fast vier Wochen vor Inkrafttreten des Kontaktsperregesetzes, angeordnet, erneut angeordnet, auch Verteidigerkontakte, ungeachtet des OLG-Beschlusses, zu unterbinden.
Von diesem Zeitpunkt an ist die Kontaktsperre bis zum Selbstmord bzw. zum Selbstmordversuch der Gefangenen lückenlos durchgehalten worden. Für die hier in Bonn geäußerte Vermutung, daß Waffen und Gegenstände wegen unzulänglicher Anwendung dieses Kontaktsperregesetzes in Zellen gelangt sein könnten, gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Alles deutet vielmehr darauf hin, daß die im Zellenbereich der Terroristen gefundenen Waffen bereits vor dem 7. September 1977 in die Anstalt verbracht worden sind. Das Päckchen mit dem Sprengstoff ist in einer Zelle aufgefunden worden, zu der die terroristischen Häftlinge nach dem 6. September dieses Jahres keinen Zugang mehr hatten.
Drittens. Der Leiter der Vollzugsanstalt ist schon vor der Entführung von Hanns Martin Schleyer angewiesen worden, bei der Durchsuchung der Hafträume terroristischer Gewalttäter besonders sorgfältig zu verfahren und die Kontrollen in kürzeren Zeitabständen als üblich durchzuführen. Es gibt — vollständige — Eintragungen im Zellenkontrollbuch, die besagen, daß die Kontrollen ordnungsgemäß durchgeführt worden sind.
Nachdem am 14. September in der Zelle von Baader eine Minox-Kamera aufgefunden worden ist, haben der Bundesminister der Justiz und der Generalbundesanwalt mit Schreiben vom 23. September das baden-württembergische Justizministerium gebeten, ein besonderes Augenmerk auf die Kontrolle der Hafträume zu richten. Der Leiter der Strafanstalt Stammheim ist daraufhin unter Hinweis auf die bereits bestehenden Anordnungen vom Inhalt dieser beiden Schreiben unterrichtet worden, und darüber hinaus hat das Justizministerium bei einer Besprechung am 3. Oktober mit den Leitern der Anstalten, in denen sich terroristische Täter befanden, nochmals auf die beiden Schreiben des Bundesjustizministers und des Generalbundesanwalts hingewiesen und angeordnet, daß mindestens an jedem dritten Tag eine gründliche Haftraumkontrolle zu erfolgen hat. Tatsächlich haben die Untersuchungen aber ergeben, daß die Kontrollen in den Hafträumen fast täglich durchgeführt worden sind; in den letzten zehn Tagen vor dem Selbstmord der Inhaftierten ist die Zelle von Baader neunmal und die von Raspe zehnmal untersucht worden.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Aber wie! — Zuruf von der SPD: Und trotzdem nichts gefunden worden!)

— Ich komme noch darauf, meine verehrten Damen und Herren! — Außerdem fanden in den letzten drei Jahren aus besonderem Anlaß mehrfach weitere Untersuchungen statt, zuletzt auf Anordnung des Generalbundesanwalts in der Nacht vom 5. auf den 6. September dieses Jahres.
Bei allen diesen Durchsuchungen sind die von Baader und Raspe für ihren Selbstmord benutzten Pistolen, das Päckchen mit dem Sprengstoff und sonstiges Gerät nicht entdeckt worden.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Nicht zu fassen!)

Das bleibt festzuhalten. Es hat den Anschein, als ob die Zellen trotz der zahlreichen eindringlichen Weisungen und Ermahnungen durch die Justizverwaltung nicht mit der letzten Gründlichkeit durchsucht worden sind. Wer hier einen Schuldvorwurf erheben will, sollte aber eines bedenken: daß nämlich die sorgfältig ausgewählten Vollzugsbeamten durch die Drohungen der terroristischen Häftlinge und durch die Einschüchterungskampagne der Vertrauensanwälte unter einer außerordentlich großen seelischen Belastung standen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der außergewöhnlichen kriminellen Energie dieser Verbrecherorganisation ist es ja nicht nur in Stammheim, sondern auch in Strafanstalten anderer Bundesländer gelungen, das dichte Netz der Sicherheitsmaßnahmen zu überwinden. Nur haben wir es von vornherein gesagt, wenn etwas gefunden worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich frage mich, ob all diejenigen, die hier vorschnell an Versäumnisse und fehlende Sorgfalt denken,

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Das tun Sie doch immer!)

sich ein Bild von dem außerordentlich raffinierten
Vorgehen der Terroristen machen können. Die



Ministerpräsident Dr. Filbinger
Verstecke waren so geschickt angelegt, daß sie selbst von einer Vielzahl hochqualifizierter Spezialisten erst nach tagelanger intensiver Suche entdeckt worden sind, und dazu mußten sämtliche Fußleisten und Türfüllungen herausgenommen, Waschbecken und Zelleninventar zerstört sowie die vergipsten Wände aufgeschlagen werden. Es gibt dazu eine Aussage von einem der Staatsanwälte. Er sagte: Sie müssen sich einmal ansehen, wie das jetzt aussieht; es sieht in den Zellen, die wir aufgeschlagen haben und in denen wir die Installationen herausgerissen haben, wie nach einem Bombenangriff aus. — Das ist natürlich nicht das Maß der normalen Untersuchung, die vorher geboten gewesen war, meine Damen und Herren!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

— Ich lade Sie ein, in Stammheim diese Zellen zu besichtigen. Es wird jetzt auf Anregung von dritter Seite ein Film erstellt, so daß man auch die Fotos reproduzieren kann. Das gehört zum Tatbestand. Damit wird nicht eine Mohrenwäsche versucht. Ich möchte das klipp und klar sagen. Dort, wo menschliches Versagen besteht, sind wir die ersten, die dem nachgehen und rücksichtslos die Konsequenzen ziehen. Aber zum Tatbestand gehört eben auch das, was ich sage. Ich glaube, es sollte geschildert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die untersuchenden Leute sind ja keine heurigen Häslein. Die verstehen was vom Untersuchen, und die sagen uns: Ohne gezielte Hinweise auf versteckte Gegenstände ist das bei den normalen Durchsuchungsmethoden schlechterdings kaum aufzufinden.
Viertens. Es gibt noch keine klare Antwort auf die Frage, wie die aufgefundenen Gegenstände, insbesondere die zur Selbsttötung verwendeten Waffen, in die Haftanstalt eingeschleust werden konnten. Hier drängt sich die Vermutung auf, daß diese Geräte trotz aller Kontrollen von den Verteidigern eingeschleust worden sind. Zumindest läßt sich diese Möglichkeit nicht ausschließen.
Zwar sind auch Verteidiger wie alle Besucher von besonders ausgewählten und erfahrenen Beamten durch Abtasten über der Kleidung und durch Absonden mit einem Metallsuchgerät durchsucht worden. Es kann aber niemand bestreiten, daß diese Untersuchungen wie auch die Durchsicht der mitgeführten Akten nur innerhalb gewisser Grenzen möglich sind.
Solche Grenzen ergeben sich aus den unentwegten, zum Teil mehrmals am Tag stattfindenden Verteidigerbesuchen. Ich höre, daß Gudrun Ensslin an einem Tag 43 Besuche gehabt habe. Auch das gibt ein Bild von dem Ausmaß der Anforderungen an das Personal. Und das ist natürlich gezielt gemacht worden: zur Irritierung, zur Verunsicherung, zur Ablenkung, zur Erschöpfung der betreffenden Beamten, die hier eingesetzt gewesen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU) Es gab in den letzten drei Jahren bis zur Kontaktsperre am 7. September 2 210 Verteidigerbesuche bei den inkriminierten Angeklagten —


(Hört! Hört! bei der CDU/CSU) eine unvorstellbar hohe Zahl.

Und selbstverständlich haben diese Anwälte nie gezögert, gegen die körperliche Durchsuchung vehement zu protestieren und sie als polizeistaatliche Praxis zu diffamieren.

(Sehr richtig! von der CDU/CSU)

Ich erinnere an das im Inland und Ausland umgehende Gerede — und nicht nur Gerede, sondern Vorwürfe — von der Isolationsfolter, von der Vernichtungshaft, von der langsamen und allmählichen Hinrichtung. Das haben wir doch alle gehört — überdimensional zum Teil — über die Medien vom Inland und vom Ausland. Diese Kampagne der sogenannten Vertrauensanwälte hat gewisse Höhepunkte gehabt. Einer ist von dem Herrn Kollegen Dregger erwähnt worden: der Sartre-Besuch, der seinerzeit in mehr als einem Dutzend Fernsehsendungen ausgestrahlt worden ist.
Jetzt frage ich jeden, der heute den ersten Stein werfen will, was er damals getan hat, um diese haltlosen Vorwürfe zurückzuweisen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Ich frage jeden, der sich heute in selbstgerechter Kritik gefällt, ob er damals einen Gedanken für die Vollzugsbeamten aufgebracht hat, die sich pausenlos gegen den Vorwurf der Unmenschlichkeit zur Wehr setzen mußten

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

und die Tag für Tag die übelsten Beschimpfungen und Drohungen der Baader/Meinhof-Bande auszuhalten hatten.
Es gehört nicht viel dazu, sich heute in die Brust zu werfen und schärfere Kontrollen für richtig zu halten. Wer aber bekennt sich in einem Zeitraum wie dem in Rede stehenden damaligen zu rigorosen Eingriffen in die Persönlichkeitssphäre, die auch den Intimbereich nicht unverletzt lassen? Denn diese Eingriffe, auch bei den weiblichen Anwälten, wären notwendig, wollte man die. totale Sicherheit und die absolute Kontrolle anstreben. Absolute Kontrolle und totale Sicherheit sind nur zu haben, wenn man, wie das teilweise in den Ostblockstaaten geschieht, Verletzungen der Menschenwürde in Kauf nimmt. Und selbst dann ist das Schmuggeln von Kassibern und anderem möglich, wie wir aus Darstellungen von Solschenizyn und vielen anderen Autoren genau wissen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Junge, Junge!)

Nun wird mancher einwenden, daß nach den Verteidigerbesuchen die Gefangenen eben hätten gründlich untersucht werden müssen. Das ist geschehen. Die Häftlinge wurden nach einer Anordnung vor und nach den Besuchen von Verteidigern körperlich durchsucht. Die Durchsuchung erfolgte so — gestatten Sie, daß ich dieses Detail gebe —, daß die Ge-



Ministerpräsident Dr. Filbinger
fangenen über der Kleidung abgetastet wurden und daß sie ihre Schuhe ausziehen mußten. Die Durchsuchungen wurden von besonders erfahrenen und dazu ausgewählten Beamten durchgeführt. Bei etwaigen Signalen des Metallsuchgeräts wurde die Durchsuchung intensiviert, und zwar durch Offnen der Oberbekleidung. Bei der Durchsuchung der Zellen in der Nacht vom 5. zum 6. September wurden die Gefangenen ebenfalls körperlich durchsucht. Sie wurden außerdem umgekleidet und auf leere Zellen verbracht. Aber ich füge eines hinzu, was der Untersuchungsbericht auch ergibt — und hier ist eine Lücke —: bei den weiblichen Gefangenen ist diese Kontrolle gelegentlich unterblieben, weil nicht genügend weibliche Bedienstete für diese Aufgabe gewonnen werden konnten. Es gab genug Personalstellen, es gab aber nicht genug Frauen, die geeignet und zugleich bereit gewesen wären, sie zu besetzen.
Sie wissen, die Kontaktsperre für die terroristischen Häftlinge ist inzwischen wieder aufgehoben worden. Aber noch immer ist es nicht möglich, beim Verdacht eines konspirativen Zusammenwirkens die Gespräche der Anwälte mit diesen Gefangenen zu überwachen. Hier klafft eine Lücke, von der wir heute wissen, daß sie sich verhängnisvoll ausgewirkt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Seit dem Jahr 1974 fordert die Landesregierung von Baden-Württemberg, diese Lücke zu schließen. Dies u. a. war heute mehrfach Gegenstand von Vorwürfen gegen uns. Aber ich bin der Meinung, wir sind nicht entbunden davon, notwendige gesetzgeberische Maßnahmen als solche zu bezeichnen, weil wir in der Praxis an der Front stehen und Erfahrungen haben, die wir in die Gesetzgebung einzubringen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Niemand wird bestreiten können, daß sich die Überwachung der Gespräche mit den Verteidigern, die wir ja bis zum Jahre 1964 in unserer Strafprozeßordnung hatten, voll und ganz mit unserem Rechtsstaat vereinbaren läßt. Ich jedenfalls ziehe diese Maßnahme einer permanenten und perfektionierten körperlichen Kontrolle der Besucher vor. Hier gibt es Grenzen des Zumutbaren und, wie wir erfahren haben, auch Grenzen des Realisierbaren. Wir sind deshalb der Meinung, daß wir anders, nämlich durch gesetzgeberische Maßnahmen, hier abhelfen sollten. Hier gibt es nämlich auch die Grenze der Menschenwürde. Die mit der Kontrolle beauftragten Beamten sind hier in eine entsetzliche Schwierigkeit hineingestoßen. Die Kritiker denken, wenn sie von Untersuchungsmethoden sprechen, natürlich an den Normalfall. Dieser Normalfall kann und muß — annähernd jedenfalls — bewältigt werden. Aber hier, wo wir 2 210 Besuche gehabt haben, die geflissentlich und nach bestimmter Taktik entriert gewesen sind, handelt es sich eben nicht mehr um den Normalfall, sondern hier handelt es sich psychologisch und praktisch um eine außer-, ordentlich schwierige Situation.
Fünftens. Ein Wort noch zu den Bediensteten, die den Auftrag hatten, die Baader/Meinhof-Häftlinge zu überwachen. Es waren durchweg besonders ausgesuchte, bewährte und zuverlässige Beamte. Bei ihrer Auswahl wurde Wert auf eine ausreichende psychophysische Belastbarkeit gelegt, auf menschliche Reife und auf Durchsetzungsvermögen. Man hat sie einer genauen Sicherheitsüberprüfung unterworfen. Man ging bei der Sorgfalt in der Auswahl so weit, daß man selbst die finanziellen Verhältnisse, die privaten und die familiären Verhältnisse geprüft hat, um die Anfälligkeit für Bestechungen und Erpressungen nach Möglichkeit, nach Menschenmöglichkeit auszuschließen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben — ich möchte das hier besonders unterstreichen — bis zur Stunde keinerlei Anzeichen dafür, daß diese Bediensteten bestechlich oder erpreßbar gewesen wären. Bei allen Vorwürfen, die jetzt erhoben werden, sollten wir nicht vergessen, unter welch außergewöhnlichen Belastungen diese Männer und Frauen tagtäglich ihren Dienst verrichten mußten.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

Sechstens. Ich habe davon gesprochen, daß ein Maximum an Sicherheit in den Haftanstalten auf Kosten der Menschenwürde gehen kann. Dies gilt auch für die Kontrolle terroristischer Häftlinge in der Nacht. Solche verschärften Kontrollen bei Nacht werden auch heute im nachhinein vielfach für richtig gehalten. Hier muß auf Grund unserer unbestrittenen Erfahrung aber doch eines festgehalten werden: Es wäre eine Beobachtung zur Nachtzeit in kurzen Zeitabständen notwendig. Eine lückenlose Kontrolle wäre nur bei ständiger Anwesenheit einer Bewachungsperson und bei eingeschalteter Beleuchtung möglich. Eine totale Überwachung ließe für die Gefangenen praktisch keinen Schlaf mehr zu. Sie würde den Vorwurf auslösen, moderne Foltermethoden seien in Gebrauch. Wir wissen aus einem früheren Hungerstreik zweier Gefangener in Stammheim, daß schon die gelegentliche nächtliche Kontrolle als Foltermaßnahme bezeichnet worden ist. Auch der Anstaltsarzt hat empfohlen, aus medizinischen Gründen von solchen nächtlichen Überwachungen abzusehen.
Meine Damen und Herren, wir können und dürfen über die Erfahrungen, die wir in Stammheim und anderswo gemacht haben, nicht zur Tagesordnung übergehen.

(Dr. Ehmke [SPD]: Sehr wahr!)

Die Vorgänge in Stammheim haben gezeigt, daß die fehlende Möglichkeit, den mündlichen Verteidigerverkehr zu überwachen, viel gefährlicher ist, als wir das bisher angenommen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Erfahrungen mit der inzwischen ja vollzogenen Überwachung des schriftlichen Verkehrs mit dem Verteidiger sprechen für sich. Seit der schriftliche Verkehr kontrolliert wird, haben wir ein ganz überraschendes Zurückgehen des Postverkehrs zwischen den Terroristen und ihren Anwälten zu verzeichnen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Dr. Jaeger [CDU/CSU] : Sehr interessant!)





Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0805303400
Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Herr Abgeordneter Ehmke, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß es zweifelhaft ist, ob Zwischenfragen bei Reden von Bundesratsmitgliedern zulässig sind. Ich glaube aber, daß Zwischenfragen der Aussprache dienlich wären.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0805303500
Ich bedanke mich, Herr Präsident.
Herr Ministerpräsident, ich habe diese Argumentation von Ihnen schon mehrfach gelesen. Könnten Sie uns noch erklären, inwiefern eine Überwachung des Gesprächs zwischen Beschuldigtem und Anwalt — neben der körperlichen Kontrolle, die Sie ohnehin vorgenommen haben, und zwar ohne Erfolg — in bezug auf die Verhinderung des Einschmuggelns von Waffen irgendeine Bedeutung haben könnte?

(Zurufe von der CDU/CSU: Einfältig! — Zuhören! — Professor!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805303600
Verehrter Herr Kollege Dr. Ehmke, wenn der mündliche Verkehr zwischen Verteidiger und Häftling überwacht wird, ist entweder ein Richter oder — je nach der gesetzgeberischen Lösung — ein dazu geschulter Kriminalbeamter anwesend. Wenn er dabeisitzt, kann er sehen, was von einer Hand in die andere geht.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Zimmermann [CDU/CSU] : Der ordentliche Professor Ehmke! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Die schalldurchlässigen Trennwände in dem sogenannten Parloir ermöglichen den mündlichen Verkehr zwischen dem Verteidiger und dem Häftling und verhindern das Durchschieben sogar eines Kassibers und erst recht von Waffen. Verehrter Herr Kollege Ehmke, ich muß sagen, Ihre Frage verstehe ich nicht ganz. Sie sind doch auch ein Praktiker.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Dauer der Strafverfahren muß erheblich verkürzt werden. Das ist eine weitere Forderung, die ich erhebe. Auch dies ist eine eindringliche Erkenntnis aus Erfahrungen der letzten Wochen. Der Status der Untersuchungsgefangenen bringt nun einmal nach unserem Recht zahlreiche Vergünstigungen mit sich, die in Stammheim weitgehend auf detaillierten ärztlichen und gerichtlichen Anordnungen beruhen. Dieser Status führt damit zwangsläufig zu einem erhöhten Sicherheitsrisiko. Je länger die Untersuchungshaft dauert, desto größer wird das Risiko. In fünf Jahren, meine Damen und Herren, kann eben mehr gehen zwischen Vertrauensanwalt — das heißt auch: darunter konspirativem Anwalt — und Häftling, als wenn die Untersuchungshaft durch gesetzgeberische Maßnahmen längstens etwa auf ein Jahr oder anderthalb Jahre beschränkt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Schließlich müssen wir uns fragen, ob der Rechtsstaat auch künftig den terroristischen Gefangenen das gleiche Maß an Rechten, Freiheiten und Möglichkeiten bereithalten kann wie bisher. Das kann z. B. bedeuten, daß wir für solche Gefangenen Zellen von einer Bauart schaffen müssen — denken Sie an Metallwände, Decken und Fußböden —, die die Anlage von Verstecken und die Aufnahme von Kontakten mit der Umwelt von vornherein ausschließt, und daß wir die für die Bewachung dieser Personen ausersehenen Bediensteten noch weiteren Spezialausbildungen unterwerfen müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage, die wir stellen, nämlich „Wie können wir es besser machen? Wie können wir mehr Sicherheit geben?", richtet sich und muß sich auch richten an die Gerichte, die ja wesentlich die Haftbedingungen, meist auf Grund ärztlicher Gutachten, festlegen. Nur wenn die Gerichte den Sicherheitsbelangen bei ihren Entscheidungen künftig größere Bedeutung beimessen, kann es mehr Sicherheit geben.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

Wir müssen das Spannungsverhältnis sehen zwischen einem humanen Strafvollzug, den wir wollen, und totaler Sicherheit, die wir nur erreichen können, wenn wir etwa GPU-Methoden in unseren Gefängnissen einführen, die für uns nicht in Frage kommen. Totale Sicherheit in unseren Gefängnissen aber gibt es nicht, wenn wir solche Methoden, wie sie in totalitären Staaten geübt werden — nicht in allen, aber in einigen —, für uns ablehnen.
Meine Damen und Herren, in der vergangenen Woche hat der Herr Bundeskanzler an dieser Stelle gesagt, die Vorgänge in Stuttgart-Stammheim dürften unseren klaren Blick in die Zukunft nicht vernebeln. Als erstes gelte es, die Erfahrung praktischer Solidarität im Handeln der Verantwortlichen für kommende Bewährungsproben lebendig zu halten. Dem stimme ich voll und ganz zu. Indes scheint mir, der Herr Bundeskanzler habe eine Bewäh rungsprobe selbst schon am Tage danach nicht bestanden.

(Wehner [SPD] : Was soll denn das? — Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Das müssen gerade Sie sagen!)

— Ich werde das belegen, wenn Sie gestatten. Heute vor einer Woche nämlich hat der Herr Bundeskanzler in Hamburg-Bergedorf geglaubt, speziell der Landesregierung von Baden-Württemberg vorwerfen zu müssen, sie mißachte die Ratschläge aus Bonn. Ich habe ja vorhin bezüglich der Ratschläge ausgeführt, was damit geschehen ist, nämlich daß sie befolgt worden sind.
Meine Damen und Herren, das ist doch offensichtlich unrichtig, und es wäre doch ein leichtes für den Herrn Bundeskanzler gewesen, durch eine Rückfrage festzustellen, was mit den beiden Empfehlungen des Generalbundesanwalts und des Justizministers geschehen ist, die sofort weitergegeben worden sind, nicht nur empfehlend, sondern mit striktester Weisung an die betreffenden Beamten. Ich glaube, es wäre durchaus möglich gewesen, diese Fehlinformation rechtzeitig als solche zu erkennen.
Noch eines: Die Landesregierung von BadenWürttemberg hat nicht nur in der kritischen Phase Ratschläge strikt befolgt, sie hat darüber hinaus im



Ministerpräsident Dr. Filbinger
Krisenstab die praktische Solidarität, die der Kanzler gewünscht hat, geübt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne das wir uns darauf etwas Besonderes einbilden und ohne daß wir dafür eine Gegenleistung verlangen. Aber wenn wir verlangen, daß falsche Beschuldigungen auf dem Hintergrund der geforderten Solidarität der Demokraten unterlassen werden, dann ist das wahrscheinlich kein unbilliges Verlangen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Was soll denn das, Herr Filbinger?)

Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß Baden-Württemberg — ohne daß wir uns Besonderes darauf einbilden würden oder Gegenleistungen dafür haben möchten — die Hauptlast der Terroristenprozesse aus eigener staatspolitischer Verantwortung für das Ganze auf sich genommen hat, wohlahnend, daß wir uns damit gewaltige Sicher- heitsrisiken aufbürden würden. Wir haben allerdings nicht geahnt — das konnten wir nicht ahnen —, wie leichtfertig, wie vorschnell manche, die auch nicht den Bruchteil der Last getragen haben, die wir auf uns genommen haben, versuchen würden, die Schuhe an uns abzuputzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Von Herrn Abgeordneten Brandt ist gesagt worden, es bestehe eine Diskrepanz zwischen unserer Forderung nach besseren Gesetzen auf der einen Seite und den von uns selbst sehr schwer genommenen Vorfällen in Stammheim auf der anderen Seite. Verehrter Herr Kollege Brandt, ich meine, beide Dinge müßten auseinandergehalten werden: einmal die Notwendigkeit, den Regierungen von Bund und Ländern gesetzgeberische Handhaben zu geben, und zum anderen die Notwendigkeit, solche Dinge zu verantworten, wie sie hier in Rede stehen.
Sollte etwas deshalb, weil dieses Risiko bezüglich der Sicherheit in den Gefängnissen — auch denen von Baden-Württemberg — nicht ausgeschlossen werden kann, von uns unterlassen werden, wichtige und notwendige Maßnahmen der Gesetzgebung zu verlangen?
Herr Kollege Brandt, vielleicht haben Sie unser Insistieren bezüglich der genauen Durchführung jenes Radikalenbeschlusses vom Jahre 1972 gemeint, den Sie als Bundeskanzler und wir als Ministerpräsidenten der Länder gemeinsam gefaßt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir, die unionsgeführten Länder, haben jenen Beschluß strikt durchgeführt. Ich frage, meine Damen und Herren: Wo wären wir hingekommen, wenn wir nicht ein Bollwerk gegen den Einmarsch der Radikalen in unseren Staatsdienst gebildet hätten!

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Sie, verehrter Herr Kollege Brandt, haben sich — wenn ich mich hinsichtlich des Zeitpunkts recht entsinne — im Frühjahr 1976 auch wörtlich, nicht nur de facto, wie es andere vorher getan haben, von jenem von Ihnen mitgetragenen Beschluß distanziert. Sie haben jenen Beschluß als einen Irrtum bezeichnet.

(Beifall bei der SPD)

Verehrter Herr Kollege Brandt, wir alle haben das Recht des Irrtums. Wir gestehen Ihnen diesen Irrtum zu. Aber ich frage: Ist dieses Bekenntnis von Ihnen in der Zwischenzeit nicht durch die Wirklichkeit widerlegt worden und als ein Irrtum über den Irrtum erkannt worden?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben Kritik geübt. Ich bekenne mich zu dieser Kritik gegenüber der SPD bezüglich mancher Vorgänge, die die innere Sicherheit betrafen und betreffen — und auch gegenüber der FDP. Ich habe beispielsweise kritisiert, daß die SPD zu lange gezögert hat, sich gegen die Extremisten am Rande der eigenen Partei gehörig und deutlich genug abzugrenzen.

(Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Wäre das rechtzeitig geschehen, dann wäre wahrscheinlich im Hinblick auf SDS, SHB, Juso-Stamokap mancher Schaden nicht eingetreten, der auch Ihre Partei berührt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb dürfen wir nicht darauf verzichten — auch wenn wir das Risiko von Stammheim auf uns lasten haben —, zu verlangen, daß die Verteidigerüberwachung vom Gesetzgeber verbessert wird.

(Wehner [SPD] : Wenn einer so viel redet, da muß man sich sagen: Warum eigentlich? — Beifall bei der SPD)

— Verehrter Herr Kollege Wehner, es ist auch notwendig, daß man unverbesserliche Terroristen schon nach einer einzigen Verurteilung in Sicherheitsverwahrung nehmen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist nötig, daß man das Demonstrationsstrafrecht wieder so herstellt, wie es einmal war, damit nicht Polizei und Gerichte vor unüberwindbare Beweisschwierigkeiten gegenüber den Teilnehmern an unfriedlichen Demonstrationen gestellt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich habe Verständnis dafür, verehrter Herr Kollege Wehner, daß ich Ihnen über diese Dinge zuviel sage, aber sie sind trotzdem notwendig und müssen vor der Offentlichkeit dargetan werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gestatten Sie mir, noch etwas zu sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD.

(Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD] sowie weitere Zurufe von der SPD)

Ihr Präsidium hat vor wenigen Tagen verkündet — wenn Sie mir gestatten, Herr Kollege Ehmke, daß ich noch eine Tatsache anspreche, die das SPD-Präsidium betrifft —, die Landesregierung von Baden-Württemberg habe sieben Tage lang nichts getan und dadurch der Bundesrepublik schweren außenpolitischen Schaden zugefügt.

(Beifall bei der SPD)




Ministerpräsident Dr. Filbinger
— Sie klatschen hier Beifall, meine Damen und Herren. Wofür eigentlich? In diesen sieben Tagen ist doch der Bericht intensiv erarbeitet worden, der jetzt der Offentlichkeit vorliegt. Da können Sie doch nicht sagen, es sei nichts getan worden. Es ist außerordentlich viel getan worden. Wir haben erklärt, daß wir es tun, und trotzdem hat das SPD-Präsidium so getan, als hätten wir uns in Schweigen gehüllt. Es wußte doch, daß dieser Bericht erarbeitet wird. Es ist unwahr, was Sie gesagt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Versuch, die baden-württembergische Landesregierung dafür verantwortlich zu machen, daß sich der Bundeskanzler im Ausland als Mörder bezeichnen lassen müsse, grenzt

(Zuruf von der SPD)

— ich habe keinen anderen Ausdruck dafür — an Infamie.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im gleichen Atemzug — man muß diese Verlautbarung genau lesen — warnt die SPD vor der Polarisierung auf dem Felde der inneren Sicherheit.

(Zuruf des Abg. Konrad [SPD])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt stelle ich die Frage: Was ist Pharisäertum und was ist Heuchelei?

(Beifall bei der CDU/CSU — Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPD und Zuruf von der SPD: Beides haben wir vor uns!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir gegen den Terrorismus Erfolg haben wollen, dann muß die demokratische Gemeinsamkeit, die der Bundeskanzler beschwört, die auch der Kollege Willy Brandt heute früh beschworen hat — und wir folgen ihm —, nicht nur vor den gemeinsamen Aktionen verlangt werden, sondern dann muß man sie auch aufrechterhalten und bestätigen, wenn man gemeinsame, zumindest zum Teil erfolgreiche Aktionen durchgeführt hat.

(Langanhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Buh-Rufe von Abgeordneten der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0805303700
Das Wort hat der Präsident des Senats und Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805303800
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wohl niemand hier im Saal,

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Herr Dregger, Sie sollten sich das ruhig anhören!)

der nicht das Gefühl hätte, daß die Ereignisse der letzten zwei Monate einen politischen Einschnitt darstellen, daß diese Ereignisse die Landschaft in der Bundesrepublik verändert haben, und zwar sehr nachhaltig. Ich bin mir in der Bewertung dieses Ein-
schnittes, um offen zu sein, noch nicht ganz sicher. Aber dennoch überwiegen die hoffnungsvollen Ansätze — aus drei Gründen.
Es hat sich in den letzten Monaten gezeigt, daß diese Demokratie handlungsfähig ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zweitens hat sich gezeigt, daß die demokratischen Parteien dieses Bundestages in extrem schwierigen Situationen zu einem Mindestmaß an Gemeinsamkeit fähig sind, und es deutet sich drittens die Chance zur Besinnung an, die Möglichkeit der Frage, ob in diesem Lande immer alles richtig gelaufen ist oder möglicherweise anders hätte laufen müssen.
Nun will ich es mit dem Adjektiv „hoffnungsvoll" nicht übertreiben; denn es darf jedenfalls in einer Beziehung nicht mißverstanden werden. Ich bin nicht hoffnungsvoll, daß es in Zukunft terroristische Anschläge nicht mehr geben wird. Nein, ich befürchte im Gegenteil, daß uns der eigentliche Höhepunkt terroristischer Aktivitäten noch ins Haus steht und daß wir die positiven Merkmale, die wir erlebt haben und für die vergangenen zwei Monate registrieren können, noch weiterentwickeln müssen, wenn wir eine Chance haben Wollen, mit den größeren Herausforderungen fertig zu werden.
Ich habe gesagt: dieses Land hat sich als handlungsfähig erwiesen; ich meine es sowohl national als auch international; beides ist wichtig. Allerdings hat sich unsere Handlungsfähigkeit — darin stimme ich dem Kollegen Dregger zu — konkret auf die Fälle beschränkt, in denen der Aufenthalt von Terroristen bekannt gewesen ist. In diesen Fällen konnten wir handeln und haben wir sehr konkret gehandelt. Wir haben aber weiterhin große Probleme, wenn der Aufenthalt von Terroristen, von Entführern, von Gangstern nicht bekannt ist. Also müssen wir erhebliche Anstrengungen darauf richten, daß in Zukunft der Aufenthalt von Terroristen, wenn es geht, möglichst schnell ermittelt wird. Ich komme darauf noch zurück.
Es war für mich — ich bekenne das gern — während der Beratungen in dem in der Offentlichkeit so genannten Krisenstab ein Erlebnis, zu sehen, daß Gemeinsamkeit herstellbar und möglich ist. Ich füge hinzu: Ich halte es für wünschenswert, für nötig, daß wir diese Gemeinsamkeit auch in den nächsten Monaten und Jahren beibehalten. Nun sind wir uns offensichtlich in der Verurteilung des Terrorismus einig. Es ist aber zweifelhaft, ob wir uns auch in der Frage einig sind, wie der Terrorismus bekämpft werden muß und welche Ursachen zu seinem Entstehen beigetragen haben. Ich will gerne hinzufügen, daß mich einige Passagen in der Rede des Kollegen Dregger, aber auch einige Aussagen des Kollegen Filbinger heute hier und im Bundesrat insoweit zweifeln lassen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich möchte etwas zu der Art und Weise sagen, wie man sich mit dem Terrorismus auseinandersetzen, wie man ihn bekämpfen muß. Ich gehöre nicht zu denen, die sagen, es dürfe an den Gesetzen nichts



Erster Bürgermeister Klose
geändert werden. Ich glaube schon, daß es richtig und nötig ist, wenn man neue Erkenntnisse gewinnt, diese Erkenntnisse auch in die gesetzgeberische Arbeit einfließen zu lassen. Ich sage deshalb ausdrücklich: Ja, es ist nötig und richtig, über eine Präzisierung und Verschärfung von Bestimmungen des Waffenrechts nachzudenken und darüber zu beschließen. Ich halte es auch für erwägenswert, über Veränderungen im Bereich des Meldewesens nachzudenken. Ich sage auch, daß man bereit sein muß, nachzudenken über den Verfassungsschutz, seine Kompetenzen, aber dann natürlich auch über die Kontrollnotwendigkeiten, die entstehen. Und es gibt für mich überhaupt keinen Zweifel, daß man die Strafprozeßordnung laufend daraufhin überprüfen muß, ob mit ihr angemessen gearbeitet werden kann oder nicht.
Für mich ist — um dieses eine Beispiel zu nennen — die Verbesserung der Möglichkeit des Ausschlusses von Verteidigern eine ganz wichtige Aufgabe; denn so weit reichen unsere Erkenntnisse, um zu wissen, daß die Art und Weise, wie einige Verteidiger — ich grenze das ein — in bestimmten Fällen gehandelt haben, natürlich dazu beigetragen hat, daß wir heute in der Situation sind, in der wir uns tatsächlich befinden.
Ich habe allerdings Zweifel, ob wir mit der Überwachung der Verteidigergespräche wirklich etwas gewinnen, Herr Kollege Dregger.

(Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Immer noch?)

Zum einen habe ich Zweifel, wenn ich höre, daß der Kollege Filbinger sagt, er habe nicht einmal genügend Beamte, um die Kontrollen in Stammheim ausreichend sicherstellen zu können. Das drängt natürlich die Frage auf: Hat er denn genügend Amtsrichter, um Verteidigergespräche zu überwachen? Hat er sie denn?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Aber davon einmal abgesehen: Herr Kollege Dregger, wenn ich Ihr Kriterium der Effektivität anwende: Ist es denn wirklich effektiv, Gespräche zwischen Verteidigern und Mandanten durch Amtsrichter überwachen zu lassen? Glauben Sie denn ernsthaft, daß unsere Amtsrichter auch nur annähernd fähig sind, so konspirativ zu denken, wie das bei der Überwachung dieser Art Gespräche notwendig ist?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wenn schon überhaupt, dann müssen das ganz ausgefuchste und sehr erfahrene Experten sein, die lange Jahre im Bereich Terrorismus gearbeitet haben. Wir verfügen nicht über sehr viele von diesen bei den Gerichten. Also muß man unter Ihrem Gesichtspunkt der Effektivität über diese Frage nachdenken.
Im übrigen: Was die Weitergabe von Gegenständen angeht, ist das schon nach geltendem Gesetz zu verhindern. Es ist auch nach geltendem Gesetz nicht erlaubt — wenn ich mir diesen Hinweis gestatten darf —, Waffen in ein Untersuchungsgefängnis hineinzubringen. Man kann das verhindern.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU)

Man muß nur bereit sein, bestehende Gesetze —
ich würde mir sehr überlegen, ob ich darüber lache
— auch anzuwenden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

In diesem Zusammenhang, Herr Kollege Filbinger
— ich habe selber einige Zeit als Staatsanwalt gearbeitet; ich kann diese Profession nicht verleugnen —, meine ich doch sagen zu müssen, daß die geltenden Bestimmungen sowohl des Strafgesetzbuchs wie der Strafprozeßordnung wie auch des Strafvollzugsgesetzes relativ gut sind, wenn man nur alle Möglichkeiten, die darin liegen, ausschöpft
— Herr Kollege Dregger, ich bitte um Entschuldigung für dieses Wort; ich meine: wenn man sie alle anwendet.
Ich muß den Kollegen Filbinger — ich will nicht selbstgerecht werden — darauf hinweisen, daß das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung wie auch das Strafvollzugsgesetz sowohl in Stuttgart wie auch in Hamburg, in Düsseldorf, in Hannover oder in Berlin gelten.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : In Santa Fu!)

Wenn es da Unterschiede in der Entwicklung tatsächlicher Ereignisfolgen gibt, dann muß die Frage erlaubt sein, ob diese Unterschiede möglicherweise nicht aus der Unterschiedlichkeit der Gesetze oder deren mangelndem Perfektionismus zu erklären sind, sondern aus der Unterschiedlichkeit der Handhabung dieser gesetzlichen Bestimmungen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Franke [CDU/CSU]: Wer Santa Fu besitzt, darf nicht mit Steinen schmeißen!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0805303900
Herr Bürgermeister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Petersen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805304000
Natürlich, immer.

Peter Petersen (CDU):
Rede ID: ID0805304100
Herr Bürgermeister, könnten diese Unterschiede, die Sie eben aufgezeigt haben, nicht auch darin liegen, daß gerade in Baden-Württemberg im Gegensatz zu anderen Ländern die Schlimmsten dieser Verbrecher einsaßen?

(Zurufe von der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805304200
Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß der Bundestag der geeignete Ort ist, über die Personalstruktur und die kriminellen Energien der 'sogenannten Baader/ Meinhof-Häftlinge zu rechten. Aber ich weise darauf hin, daß das relativ kleine Land Hamburg nach der Zahl der Einsitzenden Häftlinge überproportional betroffen ist. Eine gewisse Vergleichbarkeit scheint mir von daher gegeben zu sein.
Dies ist nicht der baden-württembergische Landtag, und deshalb ist es nicht gut möglich, auf jedes Detail der Aussagen des Kollegen Filbinger einzugehen. Ich glaube — insoweit bin ich auf seiner



Erster Bürgermeister Klose
Seite —, daß es falsch wäre, mit dem Finger auf ein Bundesland zu zeigen und mit absoluter Gewißheit zu sagen, so etwas könne keinem anderen jemals passieren.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich werde das jedenfalls nicht so behaupten. Aber ich würde es für richtig halten — insoweit erlaube ich mir einen Rat —, wenn die Justizminister des Bundes und der Länder und auch die Innenminister Erfahrungen darüber austauschten, wie Häftlinge in den unterschiedlichen Strafanstalten und Haftanstalten behandelt werden. Man kann Zellen — um das zu sagen — von Zeit zu Zeit wechseln, was wir in Hamburg getan haben. Bei uns sind diese Häftlinge noch nicht wieder in den Zellen, in denen sie ganz am Anfang waren. Wir wechseln das in regelmäßigen Abständen und haben das schon immer getan.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist in Stuttgart auch gemacht worden!)

Das verhindert das Anlegen von langfristigen Verstecken. Das ist eine einfache Maßnahme. Sie werden mir zugeben, daß diese Maßnahme auch nach der geltenden Gesetzeslage möglich ist.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens kann man das Bewachungspersonal in regelmäßigen Abständen rotieren lassen, weil — das weiß jeder — die Gefahr, daß man in Routine verfällt, sehr groß ist. Weil das so ist, ist es natürlich gut und nützlich, wenn man die Kontrollen, das Durchsuchen der Zellen, von denen ich gehört habe, daß sie fast täglich stattgefunden hätten — ich frage mich: wie denn? —

(Beifall bei der SPD)

nicht den durch Routine belasteten und überhaupt sehr belasteten Beamten in der Strafvollzugsanstalt allein überläßt, sondern Fachleute, z. B. von der Polizei, aber auch aus dem Fernmeldebereich hinzuzieht, was bei uns seit eh und je gemacht wird. Ich denke, es gibt schon geeignete Vorkehrungen, um solche Vorfälle zu verhindern.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0805304300
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Vo-. gel?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805304400
Ja, natürlich.

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0805304500
Herr Bürgermeister, kann ich aus Ihren Ausführungen über die Situation in den Hamburger Haftanstalten entnehmen, daß das darauf zurückzuführen ist, daß Sie immer so besonders tüchtige Justizsenatoren gehabt haben?

(Konrad [SPD] : Das war eine „kluge" Frage!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0805304600
Herr Abgeordneter, es steht mir nicht zu, Fragen von Abgeordneten zu bewerten. Aber es steht mir zu, zu entscheiden, welche Fragen ich beantworte. Ihre beantworte ich nicht.

(Beifall bei der SPD — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Das kann ich mir denken! — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Aus naheliegenden Gründen!)

Mein Fazit: Ich bin der Auffassung, daß man Gesetze überprüfen muß, aber ich bin zumindest auch der Auffassung, daß wir Gesetze anwenden sollten. Ich füge hinzu, um auch meine Position in diesem Fall sehr klarzumachen: ich halte nichts davon, nach jeder terroristischen Aktivität — wir werden noch viele erleben — immer wieder nach noch schärferen Gesetzen zu rufen. Denn wichtiger, als laufend Gesetze zu verschärfen, ist es, genügend gut ausgebildete, gut ausgerüstete Polizeibeamte und Mitarbeiter beim Verfassungsschutz zu haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wenn wir diese nämlich haben, dann werden wir auch eine Chance haben, die Gesetze, die wir heute schon haben, oder die wir möglicherweise noch beschließen, in angemessener Weise, d. h. konsequent, anzuwenden. In diesem Punkt, Herr Kollege Dregger, empfehle ich Ihnen sehr, sich nicht nur mit dem Sicherheitsprogramm der Innenminister und Innensenatoren aus dem Jahre 1972, konkretisiert im Jahre 1974, sondern auch mit dem Zustand der Realisierung dieses Programms zu beschäftigen. Ich bitte Sie sehr herzlich: Fragen Sie einmal nach den Polizeidichten in den unterschiedlichen Ländern. Wenn Länder möglicherweise miteinander nicht vergleichbar sind, dann fragen Sie nach den Polizeidichten in den großen Städten in der Bundesrepublik!

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Die Hamburger sind die besten!)

Dann werden Sie erleben, daß besonders diejenigen, die immer, unentwegt und ganz schnell nach schärferen Gesetzen rufen, gut beraten wären, wenn sie im Bereich der personellen Vorsorge bei Polizei und Verfassungsschutz zunächst einmal das Ihre, d. h. das Nötige, tun würden. Ich bin gern bereit, Ihnen die Liste zu übergeben.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Aber die Frage nach den Justizsenatoren beantwortet er nicht!)

-- Ich habe dazu, finde ich, das qualitativ Nötige schon gesagt.
Ich komme zu dem Bereich, dem der Herr Kollege Dregger viel Raum gewidmet hat, zur Frage des geistig-politischen Klimas. Ich halte es für sehr notwendig, daß darüber nachgedacht und diskutiert wird. Ich bin sehr bereit, mich an dieser Diskussion mit großer Ernsthaftigkeit und mit der Bereitschaft zur Kritik und Selbstkritik zu beteiligen. Aber für mich heißt eine ernsthafte Diskussion über das geistigpolitische Klima der Bundesrepublik, anzuerkennen, daß dieses Klima, ob es nun gut sei oder schlecht, von allen geprägt wird, die in diesem Lande tätig sind. Da gibt es eine Mitverantwortung, der sich



Erster Bürgermeister Klose
niemand entziehen kann. Sie, Herr Kollege Dregger, sollten sich nicht so klein machen und behaupten, Sie hätten nicht auch Ihren Anteil an diesem politischen Klima in der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Es ist hier — dies will ich hinzufügen — kein Raum für Selbstgerechtigkeit. Wir sollten, wenn eben möglich, in diesem Zusammenhang, wenn es uns mit dieser Diskussion ernst ist, Pauschalaussagen vermeiden. Von d e n Universitäten und d e n Dichterfürsten würde ich in diesem Zusammenhang nicht sprechen.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Ich habe von manchen Fachbereichen mancher Universitäten gesprochen, Herr Klose!)

— Es kann sein, daß ich es mißverstanden habe. Ich bin jedenfalls gegen solche Pauschalaussagen, weil sie allein schon deshalb falsch sind, weil sie von allen handeln. Im übrigen — insoweit dürften wir uns einig sein —, parteipolitisch bringt der Hinweis auf die Situation in den Universitäten nicht viel, gar nichts; denn Sie werden nicht ernsthaft behaupten wollen, daß sich die innere Situation etwa der Universität Heidelberg wesentlich von der Situation der Hamburger Universität unterscheide, in der auch nicht alles in Ordnung ist.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Ich bin auf den RCDS sehr stolz!)

Ich stelle mich hier nicht hin und sage, ich sei stolz auf jeden Zustand in jedweder deutschen Universität. Nur, Ihre Aussagen zu diesem Punkt klingen immer so, als seien es nur ganz bestimmte Universitäten, in denen das alles schlecht wäre. Natürlich sind es dann nur Universitäten in den Ländern, die von Sozialdemokraten regiert werden. In den unionsregierten Ländern ist offensichtlich alles in Ordnung. Ich rate Ihnen, sich doch einmal den sehr vorzüglichen Bericht über die Zustände gerade der Universität Heidelberg anzusehen, der, wenn ich es recht weiß, von einem CDU-Mitglied stammt. Ich habe den mit so großem Interesse gelesen, daß ich im Augenblick erwäge, ihn meiner Opposition zu überreichen, weil die Reden, die dort gehalten werden, und die Reden, die bei mir gehalten werden — so scheint es mir nach diesem Bericht —, austauschbar sind. Wenn man dies erkennt, hat man schon einen wesentlichen Schritt zu besserer Erkenntnis vollzogen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Zu welcher Partei gehört denn der Rektor der Heidelberger Universität?)

Ich möchte gern hinzufügen, daß es zur Kennzeichnung des geistig-politischen Klimas, Herr Kollege Dregger, auch nicht genügt, auf extremistische Erscheinungen hinzuweisen. Natürlich gibt es bei uns Kommunisten, und es gibt Leute, die ich als Faschisten bezeichnen würde. Viel wichtiger und weiterführender ist aber nicht die Feststellung, daß es Extremisten gibt, sondern die Frage, warum es Extremismus in dieser Form gibt. Darüber hier heute lange zu diskutieren wird nicht möglich sein. Ich möchte aber, weil der Kollege Filbinger einen Schlenker in diese Richtung gemacht hat, eines doch gern sagen.
Herr Kollege Filbinger, es trägt auch zur Beförderung von Extremismus bei, wenn man, wie Sie, nicht scharf und präzise genug in der Formulierung ist, was denn ein Extremist eigentlich ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich erinnere mich an sehr viele Formulierungen Ihrerseits, die, wenn ich sie ernst genommen hätte, mich bereits in die Gefahr gebracht hätten, Extremist zu sein. Und ich gehöre wirklich nicht zu dem sehr linken Spektrum meiner eigenen Partei. Das werden Sie nicht behaupten wollen. Da muß man sich schon überlegen, was man sagt.
Im übrigen, Herr Kollege Filbinger, einmal ganz ernsthaft: Was haben eigentlich die Jusos in Baden-Württemberg mit Stuttgart-Stammheim zu tun?

('Beifall bei der SPD)

Wie weit geht eigentlich idort deren Verantwortung? Was soll diese Bemerkung im Zusammenhang mit Ihrer Rechtfertigungsrede zu den Vorgängen in Stuttgart-Stammheim? Ich habe den Zusammenhang — um ehrlich zu sein — nicht begreifen können. Das heißt, ich habe ihn schon verstanden. Aber richtig verstanden ist das nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver. Dies sollte man dann auch so offen sagen.

(Beifall bei 'der SPD und der FDP)

Ich will zwei kurze Bemerkungen zu dem politischgeistigen Klima und zur Frage machen, warum das bei uns so ist, wie es ist. Es gefällt mir auch nicht in allem. Erstens. Vielleicht haben wir in der Bundesrepublik in den vergangenen Jahrzehnten das ökonomische Prinzip überbetont. Es scheint beinahe so zu sein, als gewinne die Demokratie in unserem Lande ihre Legitimation in erster Linie aus ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit. Die Väter unseres Grundgesetzes haben das so nicht gedacht. Ihnen ging es auf Grund konkreter Erfahrungen in erster Linie darum, Freiheit und Gerechtigkeit zu sichern. Daß dazu allerdings auch ökonomische Leistungsfähigkeit gehört, ist klar.
Zweitens. Es scheint mir so zu sein, daß wir in diesem Lande alle miteinander das pluralistische Prinzip überbetont und überstrapaziert haben. Es ist doch so, als sei Sich-Durchsetzen um jeden Preis die eigentliche Handlungsmaxime in diesem Lande geworden. Wir sind eine Konfliktgesellschaft, ohne daß wir alle miteinander gelernt hätten, wie man Konflikte in verünftiger Weise austrägt. Im übrigen würde ich hinzufügen: Die Politiker aller Parteien, Herr Kollege Dregger, haben durch ihren Hang zur Polarisierung natürlich zur Entwicklung dieser Konfliktgesellschaft beigetragen. Ich stelle mich hier nicht hin und behaupte nicht, daß nicht auch manche meiner Reden und Bemerkungen in diesem Punkt sehr kritisch zu bewerten wären. Ich habe da mit Sicherheit auch Fehler gemacht. Ich verstehe es daher nicht, daß gerade Sie aus Ihrer Sicht — und Sie scheuen ja Konflikte bekanntlich ebenso wenig wie Ihr großer Kollege Strauß — in diesem Zusammen-



Erster Bürgermeister Klose
hang behaupten, es seien nur ,die anderen gewesen und nicht auch möglicherweise Sie.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Wir leben in einer parlamentarischen Demokratie, Herr Kollege!)

Wenn man in diesem Zusammenhang, ausgerechnet in diesem Zusammenhang, meint die Sonthofener Rede verteidigen zu müssen, dann gehört dazu schon allerhand.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich wiederhole es: Ich bin sehr für Gemeinsamkeit, gerade in der gegenwärtigen Situation. Ich werde mir meinerseits große Mühe geben, um einen Beitrag zu leisten, daß diese Gemeinsamkeit erhalten werden kann. Aber Gemeinsamkeit bedeutet nicht, daß in diesem Lande in Zukunft Stillstand zu herrschen habe

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Mit uns kommt der Fortschritt!)

oder daß wir zu den politischen Vorstellungen von vor zehn oder 20 Jahren zurückkehren müßten. Dies ist jedenfalls nicht meine Position.

(Beifall bei der SPD)

Gemeinsamkeit bedeutet auch nicht, daß es ab sofort
nicht mehr erlaubt sei, darüber nachzudenken, ob
diese Welt noch verbessert werden kann oder nicht.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Ich glaube, es ist nötig, daß man darüber nachdenkt.

(Beifall bei der SPD)

Es ist auch nötig, daß wir uns fragen, ob unser Land so schon in Ordnung ist,

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Nein!)

ob unsere Demokratie nicht noch weiterentwickelt werden kann, ob es allein genügt, sie zu stabilisieren.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das ist in Hessen sehr dringend!)

Ich bin — ich sage das — stolz auf dieses Land. Ich glaube, wir haben alle gemeinsam Anlaß, stolz auf dieses Land zu sein.

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : Das habe ich immer gesagt!)

Aber ich bin dennoch dafür, daß wir uns anstrengen, die Zustände in diesem Land durch konkrete Reformen zu verbessern. Denn es ist noch sehr viel zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Es wäre kein Beitrag zur Verbesserung des politischgeistigen Klimas, wollten wir ab sofort die Stabilität absolut setzen und von Veränderung und Fortentwicklung nicht mehr reden.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wer tut das denn?)

Ich erlaube mir zum Abschluß zum Thema innere Sicherheit zwei Bemerkungen, die man fast als goldene Regeln bei der Diskussion über innere Sicherheit bewerten kann. Natürlich ist es nötig, daß man über das große Thema innere Sicherheit diskutiert.
Aber aus der Sicht eines ehemaligen Innensenators ist — das sage ich beim Thema innere Sicherheit — darüber reden Silber, handeln aber Gold.

(Beifáll bei der SPD und der FDP — Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Das muß man Herrn Filbinger einmal aufschreiben!)

Die zweite Regel: Ich meine, es wäre nicht gut, wenn wir das Thema innere Sicherheit wiederum, weil wir nicht aufpassen, zum Gegenstand eines parteipolitischen, eines in erster Linie parteipolitischen Streites machen würden. Wir alle erliegen doch allzu leicht der Versuchung, gerade bei diesem Thema ein Geschäft mit der Angst machen zu wollen. Dies war noch immer ein sehr schlechtes Geschäft für die Bürger.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0805304700
Das Wort
hat der Herr Abgeordnete Dr. Zimmermann.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0805304800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe heute vormittag den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, den Kollegen Willy Brandt, gefragt, ob er in München gesagt habe, die Sozialdemokraten müßten gegenwärtig einen Kampf an zwei Fronten führen, „gegen die Terroristen und gegen die Demagogen", an deren Spitze der CSU- Chef Strauß stehe.

(Pfui! bei der CDU/CSU)

Der Kollege Willy Brandt hat mir daraufhin erwidert: Das Zitat ist falsch. Und er hat hinzugesetzt, er werde mir Tonband und Abschrift dieser seiner Münchner Rede übermitteln.
Der Ressortleiter „Lokales" der „Süddeutschen Zeitung", Herr Freifleder, hat gegenüber dem Pressereferenten der CSU-Landesgruppe heute um 10 Minuten vor 12 Uhr erklärt, daß der Autor des Artikels, Herr Harry Koch, im Augenblick nicht gefragt werden könne, weil er sich zur Berichterstattung bei einer Veranstaltung im Lande befinde, und der Lokalchef hat hinzugefügt — ich zitiere wörtlich —:
Harry Koch ist ein emotionsfreier, sauberer Mitarbeiter, der in den Jahren, in denen ich ihn kenne, gewissenhafte journalistische Arbeit geleistet hat. An uns ist
— bis zu diesem Augenblick: 11.50 Uhr —
niemand mit einer Intervention herangetreten. Ich habe deshalb keinen Grund, an der Richtigkeit unserer Berichterstattung zu zweifeln.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

— Meine Damen und Herren, warten Sie ab!
Um 12.30 Uhr hat der Pressereferent der CSU-Landesgruppe den Autor des Artikels, aus dem ich zitiert und über den ich Herrn Willy Brandt befragt habe, Harry Koch, erreicht und hat mit ihm im Kolping-Haus in Landshut, wo Koch als Berichterstatter an einer ÖTV-Veranstaltung teilnimmt, selbst telefoniert.



Dr. Zimmermann
Herr Koch steht zu seinem Bericht über die Brandt-Veranstaltung. Die fraglichen Zeilen wurden ihm vorgelesen, und Herr Koch hat wörtlich gesagt — ich zitiere —:
Selbstverständlich bleibe ich bei meiner Darstellung. Ich phantasiere doch nicht Dinge zusammen. Ich habe mitgeschrieben. Es ist so gefallen, wie ich geschrieben habe.

(Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! — Unglaublich!)

Und jetzt kommt das letzte. In einem zweiten Anruf hat Herr Harry Koch dem Pressereferenten der CSU-Landesgruppe erklärt — ich zitiere wörtlich —:
Zufällig ist eine Kollegin von der „tz"
— das ist eine Boulevardzeitung aus München —
hier in Landshut, die auch auf dem Marienplatz war. Sie hat dasselbe Zitat in ihrem Block, hat es allerdings aus Platzgründen in der „tz" nicht gebracht.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist Brandt! — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Willy Brandt verkörpert eben die intellektuelle Unsauberkeit!)

Ich würde doch empfehlen, meine Damen und Herren von der SPD, daß Sie Ihren Vorsitzenden veranlassen, das Plenum wieder zu betreten und sich auf Grund dessen, was ich hier erklärt habe, noch einmal zu äußern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn dann, wenn er das gesagt haben sollte, was nun hier von zwei Journalisten verantwortlich in einem Gespräch bestätigt wird, sollte er sich schämen und diese Scham hier zum Ausdruck bringen!

(Beifall bei der CDU/CSU — Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Wie oft hätten Sie sich dann schon schämen müssen?)

Er hätte dann nämlich eine demokratische Partei, über die der Herr Bundeskanzler vor etwa 14 Tagen in einem großen Journalistenkreis gesagt hat — und dieses Zitat ist nachprüfbar —, sie, die CSU, sei gegenwärtig die geschlossenste in der Bundesrepublik Deutschland, an die Seite des Terrorismus gestellt, hätte sie mit diesem in einem Atemzug genannt, wobei er hinzufügte, gegen beide, den Terrorismus und die Demagogen, an der Spitze der CSU-Vorsitzende Strauß, gelte es jetzt zu kämpfen. Das ist eine ungeheuerliche Behauptung!

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Wer heute den Bundesjustizminister mit seinem Referat gehört, wer gesehen hat, an wie vielen Stellen das ganze Haus Beifall gespendet hat, wer gemerkt hat, wieviel Einverständnis zwischen FDP, CSU, CDU und SPD weithin bei seinen Ausführungen geherrscht hat, der muß sagen: Wer hat nun die Rede für die sozialdemokratische Fraktion hier gehalten: Hans-Jochen Vogel oder Willy Brandt?
Kommt nicht auch hier zum Ausdruck, daß Sie auch
in der Fraktion bereits aus zwei Parteien bestehen?

(Beifall bei •der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

Der Herr Kollege Klose, Bürgermeister eines Bundeslandes, hat gerade die Notwendigkeit des Verfasssungsschutzes hier unterstrichen, von der auch in den Ausführungen des Herrn Kollegen Dregger die Rede war. Darf ich Ihnen hier ein weiteres Beispiel für die Doppelstrategie der SPD vorführen?

(Zuruf von der CDU/CSU: Doppelzüngigkeit!)

Was ich hier entfalte, ist das neueste Poster für das im „Vorwärts", im Parteiorgan der SPD, ganzseitig Reklame gemacht wird. Sie sehen darauf einen Beamten des Verfassungsschutzamts mit dem Grundgesetz in der Hand, dem in den Mund gelegt wird: „Hier stehen ja Sachen drin, wo wir vom Verfassungsschutz nicht mal eine Ahnung haben."

(Stücklen [CDU/CSU] : Pfui!)

Das ist ein sehr guter Beitrag zu dem, was gegenwärtig an Diskussionen bei uns im Parlament und in der deutschen Offentlichkeit stattfindet.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Herr Maihofer, schauen Sie hin!)

Der Herr Bundeskanzler dankt in einer Rede, von der man viel unterstreichen konnte, auch den Organen dieses Verfassungsschutzes für ihre Tätigkeit, und Sie in der SPD und vom „Vorwärts" machen gleichzeitig Reklame für ein Poster von Herrn Halbritter, das der Bevölkerung suggeriert, die Beamten des Verfassungsschutzes hätte keine Ahnung, was im Grundgesetz steht.

(Beifall bei der CDU/CSU — Haase [CDU/ CSU] : Herr Maihofer, haben Sie das abgezeichnet? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU an Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer)

Hier ist gesagt worden — wiederum von Willy Brandt —, erst 1969 sei das Bundeskriminalamt zu einer Behörde gemacht worden, die diesen Namen verdiene. Auch das ist eine Beleidigung für die Beamten des Bundeskriminalamts, die weit länger in dieser Behörde Dienst tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Kollege Brandt hat über Marxismus und Faschismus geredet und hat gefragt, warum wir von der Union uns denn getroffen fühlten, wenn von Faschismus die Rede sei. Er täuscht sich. Wir haben uns nie getroffen gefühlt. Wir haben uns in keinem Moment getroffen gefühlt, wenn vom Faschismus die Rede war.
Nur, wenn in diesem Haus und darüber hinaus diskutiert wird, wo die geistigen Ursachen des Terrorismus liegen, und wenn Willy Brandt als einer der Hauptsprecher immer wieder — natürlich mit Absicht und Grund — gesagt hat, es seien nicht die Linken, sondern die Kinder Hitlers, dann frage ich: Wie wäre es, wenn wir uns darauf einigen könnten, einen der Hauptsprecher des Terrorismus um seine Meinung zu fragen, und zwar den Mann,



Dr. Zimmermann
der vielleicht der geistige Organisator der deutschen terroristischen Szene ist: den Rechtsanwalt Klaus Croissant? Er ist kein Zwanzigjähriger, also keiner, der noch aus der Schule oder der Hochschule oder aus dem Gegensatz zu den Eltern verblendet sein könnte, sondern jemand, der das Dritte Reich mitgemacht hat und einer der Erfahrensten auf diesem Gebiet. Es ist ganz interessant, ihn zu hören, wo er die Herkunft der terroristischen Szene sieht und was deren Ziele nach seiner Ansicht sind. Er sagte in französischer Sprache im Fernsehen — und wir wunderten uns alle, daß das möglich war — wörtlich:
Es ist ein zutiefst sozialistisches, ein kommunistisches Ziel, das sie (die Terroristen) verfolgen. Für die radikalen Linken gibt es keinen anderen Weg, als mit der Waffe gegen ein Regime zu kämpfen, das bereits zum Faschismus übergegangen ist.
Er meint die Bundesrepublik Deutschland von heute, unter der Regierung des Bundeskanzlers Schmidt, wenn er sagt, dieses Regime sei zum Faschismus übergegangen. Jetzt glauben Sie wohl auch, meine Damen und Herren von der SPD, daß wir uns von dieser Art „Faschismus" wirklich nicht getroffen zu fühlen brauchen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Ich will mich immer noch mit dem Parteivorsitzenden der SPD, mit Willy Brandt, beschäftigen. Er hat gesagt, man solle nicht ständig nach neuen und schärferen Gesetzen rufen, es genüge doch eigentlich, was bis jetzt auf dem Tisch liege. Er hat auch gesagt, man werde prüfen und man werde prüfen und man werde prüfen.
Jetzt will ich Ihnen — ich weiß, es ist halb zwei, und wer wollte nicht an diesem Freitag auch nicht woandershin; ich will es so kurz wie möglich machen — allein die Geschichte der Verhandlungen über die Verteidigerüberwachung, so kurz es geht, vorlesen. Am 14. November 1974 nach dem Mord an dem Berliner Kammergerichtspräsidenten Drenckmann wurde sie von den Justizminister aller Bundesländer gefordert. Vierzehn Tage später wurde sie von der Bundesregierung offiziell vorgeschlagen. Unmittelbar danach wurde sie von den Fraktionen der SPD und FDP aufgegriffen. Am 22. Januar 1975 wurde sie von der CDU/CSU neu eingebracht, am 24. Januar vom Freistaat Bayern im Bundesrat, am 12. März vom Bundeskanzler Helmut Schmidt nach der Lorenz-Entführung befürwortet, am 23. März vom Generalbundesanwalt Buback gefordert, am 29. April 1975 von Bundeskanzler Schmidt und Vizekanzler Genscher befürwortet, am 7. Mai 1975 von den Länderjustizministern nach dem Mordanschlag in Stockholm erneut gefordert, am 24. Juni 1976 von der SPD und FDP im Deutschen Bundestag endgültig abgelehnt, am 8. April 1977 von der CDU/ CSU erneut gefordert, im April 1977 von Bundeskanzler Schmidt und Justizminister Vogel befürwortet — nach dem Mord an Buback und seinen Begleitern — und jetzt von SPD und FDP mit vielen Fragezeichen versehen, vom Bundeskanzler während der letzten Plenarsitzungen mit den Worten abgetan, er sei jetzt anders informiert, nachdem er noch mal darüber nachgedacht habe.
Das ist jetzt ein Punkt von den wichtigen, die in diesem Hause heute in erster Lesung vorgelegt worden sind, ein Punkt, über den drei Jahre argumentiert wird. Die Zeit des Prüfens, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, könnte jetzt wirklich zu Ende sein. Sie könnten jetzt allmählich wissen, was Sie in diesen entscheidenden Fragen tun wollen oder tun können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wiederholen unser Angebot — es hat heute eine bedeutende Rolle gespielt —, mit Ihnen in der Sache und in den zuständigen Ausschüssen zu beraten, aber jetzt sofort zu beraten, nachdem die Vorgespräche ja alle stattgefunden haben. Wir wiederholen unser Angebot, Ihnen bei der Verabschiedung dieser Gesetzgebung zu helfen. Es gehört wohl, wie ich meine, nicht zu den Alltäglichkeiten in einem Parlament, daß in Fragen von solcher Bedeutung — und bei der Bedeutung, die auch die deutsche Offentlichkeit diesen Fragen zumißt, mit 75 und 80 % — eine Opposition erklärt, man könne über ihre Stimmen für jede notwendige Ergänzung, für jedes notwendige neue Gesetz und für jede notwendige präzisere Fassung zu jeder Stunde und ohne jede Ausnahme geschlossen verfügen. Das hat es hier seit 1949 noch niemals in dieser Form gegeben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Darum bitte ich Sie, diese Gesetze bald zu verabschieden.
Ich muß Ihnen einen zweiten Katalog vorlegen. Im November 1970 war es die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die in einem Entschließungsantrag eine Änderung des Haftrechts mit dem Blick auf Wiederholungstäter und die Fälle von Serienkriminalität angeregt hat. Am 16. Mai 1973 verlangte die bayerische Staatsregierung ausdrücklich den Ausschluß der Verteidiger. Der Bundesrat billigte das Gesetz zum Schutz der Rechtspflege am 8. Mai 1974. Am 26. Juni 1974 legte die bayerische Staatsregierung das Gesetz zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens vor. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stellte am 11. November 1974 einen gleichlautenden Antrag. Wir haben dazu, meine Damen und Herren, immer wieder nur nein und nein und nein gehört. Auch das müssen wir noch sagen dürfen, weil es zur historischen Wahrheit gehört und weil man ja nicht verlangen kann, daß alles verschwiegen wird, was in den letzten Jahren gewesen ist — wir wollen aber nicht mehr darauf herumreiten —: Am 14./15. November 1974 die Justizminister der Länder, am 22. Januar 1975 die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, am 15. Mai 1975 die bayerische Staatsregierung — eine Kette von Vorschlägen, und nichts davon ist bis jetzt Gesetz geworden. Es sind seitdem zweieinhalb Jahre vergangen. Auch die Gespräche, die jetzt über unsere konkreten Vorschläge zur Verteidigerüberwachung, zur Zwangsernährung, zur Sicherungsverwahrung und anderem — Kollege Dregger hat sie genannt — geführt werden, werden seit einem halben Jahr, seit dem Frühjahr 1977 geführt.



Dr. Zimmermann
Ein führender Beamter des Bundesjustizministeriums hat im Jahre 1976 im zuständigen Ausschuß zu Protokoll gegeben. Bei einer Nichtüberwachung der Verteidiger gibt es keine wirkliche Möglichkeit der Kontrolle von Schriftstücken. Unsere Kollegen im Rechtsausschuß und im Innenauschuß haben dieser Tage bei ihren ersten Besprechungen leider feststellen müssen, daß die Beamten des Justiz- und Innenministeriums noch keine politische Weisung erhalten hatten, wie sie sich bei der Gesetzesberatung zu verhalten hätten. Man hatte ihnen also noch nicht gesagt, was sie zusagen dürfen, wo sie zustimmen dürfen und wo nicht. Es sind also Ihre Entscheidungen, meine sehr verehrten Damen und Herren von beiden Seiten des Hauses, Ihre Entscheidungen in der SPD-Fraktion, Ihre Entscheidungen in der FDP-Fraktion, die jetzt fällig sind, die schon überfällig sind. Wir warten auf diese Entscheidungen. An uns wird es nicht liegen, die Vorlagen so zügig und so rasch wie möglich zu beraten und zu verabschieden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In dieser Diskussion spielten Schulen, Kindergärten, Hochschulen und alles mögliche eine große Rolle, was in das Vorfeld, was in die Entwicklung des Terrorismus gehört. Der Kandidat der SPD in München, Herr von Heckel, hat sich in der Versammlung, die zusammen mit Willy Brandt in. München stattgefunden hat, darüber beklagt, daß eine Diffamierung der städtischen Freizeitheime als Brutstätten des Terrorismus durch die CSU-Stadträte Günter Müller und Peter Gauweiler erfolgt sei. Darf ich Ihnen einmal ein Erzeugnis aus einem dieser Freizeitheime vorlesen? Ich zitiere wörtlich:
Dann geht alles ganz schnell. Jedes Kind nimmt ein Gewehr und sechs Packerl Munition. Sie verteilen sich auf die Fenster und schießen der Polizei auf die Füße, die gleich zu zwanzigst gekommen sind. Die Polizei jodelt vor Schmerzen und zieht sich zurück.
Das ist ein Aufsatz über Hausbesetzungen aus einem solchen städtischen Münchener Freizeitheim, der von Kindern unter der Mitwirkung von linksradikalen Heimleitern geschrieben worden ist. Wir brauchen dann wohl nicht sehr viel weiter zu fragen, welches der Grund und die geistige Ursache für die Entwicklung des Terrorismus in diesem Land gewesen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will die Dutzende von Zitaten, die ich hier zur Verfügung habe, nicht verlesen. Ich will auch nicht die zwei Dutzend Zitate von Heinrich Böll aus den letzten zwei Jahren verlesen, die alle lesenswert sind und sehr wohl ausdrücken, wo er geistig gestanden hat und welche Mitverantwortung er tragen muß. Ich will nur vorlesen, was er jetzt am 30. September 1977 gesagt hat. Ich tue das gerade deshalb, weil der Kollege Willy Brandt soviel Schriftsteller, Literaten und Publizisten in einer Art von großer Solidarisierung und mit viel Verständnis für sie genannt hat. Ich zitiere Heinrich Böll aus einem Interview für den Bayerischen Rundfunk vom 30. September 1977:
Es ist nur so, daß ich mir allmählich überlege, ob überhaupt eine, sagen wir: Abschaffung der Demokratie noch nötig ist.
Dieser Gedankengang „Abschaffung der Demokratie noch nötig ist"!
Die Leute sind ja derart eingeschüchtert, — es ist drei Wochen her —
die Medien so vorsichtig geworden, daß man eigentlich kaum noch Gesetze zu ändern braucht. Die Sache läuft ja phantastisch. Selbst liberale Zeitungen werden ja schon derart konformistisch und vorsichtig, daß man kaum etwas zu unternehmen braucht. Uns langt's,
— sagt er am Schluß —
allmählich langt es uns ganz dicke hier.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Der ist übergeschnappt!)

Meine Damen und Herren, wenn man sich jeden Satz davon überlegt — es ist drei Wochen her —, dann muß man sich wirklich fragen: In welchen Kategorien denkt Heinrich Böll bereits? Doch nicht so wie der Deutsche Bundestag in seiner ganzen großen Mehrheit und wie jeder normale Mensch in diesem Land! Er denkt in einer arideren, uns nicht mehr verständlichen Kategorie.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0805304900
Herr Abgeordneter Dr. Zimmermann, gestatten Sie eine
Zwischenfrage des Abgeordneten Wehner? — Bitte.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0805305000
Herr Kollege Dr. Zimmermann, sollte man nicht, statt solche Zitate sozusagen dem Urteil eines politischen Gremiums zu überlassen, überlegen, ob das Gefühle sind, die insgesamt bewertet werden müssen, ehe man damit ihren Autor wegen eines Stückes daraus verurteilt?

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Was soll denn das?)

— Was das soll? Ich bitte Sie: Das soll, daß wir uns nicht zum Richter machen in Sachen, in denen noch was zu retten ist!

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0805305100
Herr Kollege Wehner, dazu muß ich Ihnen sagen: Der von mir eben Zitierte hat sich viele Jahre lang als Publizist, als Literat, als Mahner, als Warner mit politischen Äußerungen in die öffentliche Diskussion begeben. Das ist sein gutes Recht.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Das ist genauso sein Recht wie das Ihre!)

Deswegen war es auch mein gutes Recht, ihn hier sozusagen öffentlich zu zitieren, nicht einmal, wie man sonst sagen könnte, mit ollen Kamellen, sondern mit ganz neuen Bekundungen.

(Beifall bei der CDU/CSU)





Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0805305200
Herr Abgeordneter Zimmermann, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lattmann?

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0805305300
Bitte sehr.

Dieter Lattmann (SPD):
Rede ID: ID0805305400
Herr Kollege Zimmermann, da Sie gerade ein Interview, dessen ganzen Wortlaut Sie so gut kennen wie ich, in einer sehr vereinfachenden Weise zitiert haben, frage ich Sie — ohne damit eine Partei irgendwie im ganzen zu meinen —: Stimmen Sie mir darin zu, daß es schon oft in unserer schwierigen deutschen Geschichte das Bestreben reaktionärer Kräfte war, kritische Geister aus Deutschland auszubürgern?

(Pfeffermann [CDU/CSU] : Das ist doch eine Unverschämtheit, in diesem Zusammenhang eine solche Frage zu stellen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0805305500
Ich habe das nicht entnehmen können. Ich will Ihnen gerne darauf antworten. Ich glaube nicht, daß sich ein Mann wie der Nobelpreisträger Böll, dessen Werke und Erzeugnisse in der Bundesrepublik Deutschland, in Europa, in der deutschsprachigen Welt und darüber hinaus Erfolge gewesen sind, ein Mann, dem es hier immer gutgegangen ist, ein Mann, der sich hier frei äußern kann — was er tut —,

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Er lebt doch in Freiheit!)

uns und dieser Diskussion stellen muß und sich nicht so larmoyant verhalten sollte, wie bei der Durchsuchung der Wohnung seines Sohnes, der das auch ertragen muß, so wie das in diesen Tagen Tausende von Bürgern in Köln ertragen mußten. Er sollte sich normaler benehmen. Er sollte sich wie ein normaler Bürger in diesem Lande benehmen, nicht so überspannt, nicht so larmoyant und nicht so verschroben, wie es sich hier äußert; denn das ist leider kennzeichnend für seinen Stil.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Es ist mir leider nicht möglich, sein ganzes Interview mit dem „Bayerischen Rundfunk" vorzulesen. Das werden Sie verstehen.
Ich will darauf verzichten, viele weitere Zitate zu prägen, die die Thesen, die heute hier aufgestellt worden sind, untermauern würden, sondern nur noch eines aus dem Ausland anführen, weil uns in diesen Tagen immer wieder die Frage gestellt wird — von Journalisten aus Tages- und Wochenpresse, vom Fernsehen und aus der Offentlichkeit sowie auch von den Partnern im Deutschen Bundestag —, ob wir denn keine Angst vor dem hätten, was da an ausländischen Stimmen auf uns zugekommen sei und noch auf uns zukommen werde.
Ich möchte als Antwort bezüglich der richtigen Beurteilung der Bundesrepublik Deutschland einen der bedeutendsten europäischen Journalisten zitieren. Indro Montanelli hat folgendes niedergeschrieben:
Man muß dieses Deutschland, die letzte und einzige europäische Bastion, zerschlagen. Und da man es von außen nicht tun kann, muß man es von innen heraus tun. Sie haben es zuerst probiert mit dem Terrorismus, der nicht zufällig in Deutschland, also einem Land, das sich hierfür am wenigsten eignet, seine heftigsten und grausamsten Explosionen gezeitigt hat. Und jetzt probieren sie einen raschen und starken Gegenschlag mit dem Etikett des Nazismus zu versehen, indem sie die Gespenster der Vergangenheit ausgraben und gegen sie eine Hexenjagd veranstalten ... Mit allem können die Feinde der Demokratie sich abfinden, nur nicht mit einer stabilen, geordneten, reichen und selbstbewußten Demokratie, wie sie die deutsche ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Darauf können wir stolz sein. Auch solche Stimmen gibt es im Ausland. Sie sollten wir zitieren, anstatt vor anderen, ungerechten, fehlgeleiteten und absichtsvoll aus einer ganz bestimmten Ecke kommenden ausländischen Zitaten Angst zu haben.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD])

Ich habe eigentlich erwartet, daß der Kollege Willy Brandt erscheinen und sich rechtfertigen würde.

(Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Willy Brandt hat Angst vor der Wahrheit!)

Ich bin enttäuscht worden. Ich hätte gewünscht, daß er am Anfang seiner Rede nicht den baden-württembergischen Justizminister, dessen Rücktritt erfolgt ist, angeprangert hätte, sondern daß er ein Wort zu den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Berlin gesagt hätte, dazu, ob da nicht etwas Gleiches möglich gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sage — nachdem er sich hier offenbar nicht zu entschuldigen vermag —: Es gäbe weniger politische und geistige Verwirrungen in diesem Lande, wenn sich Willy Brandt nicht so geäußert hätte, wie er das in den letzten Jahren immer wieder getan hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0805305600
Herr Ab-
geordneter Zimmermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wehner.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0805305700
Nein, ich bin beim letzten Satz. Ich bitte um Entschuldigung.

(Wehner [SPD] : Das verstehe ich!)

— Ich bin beim letzten Satz; ich bitte um Entschuldigung.
Dieser letzte Satz lautet, meine Damen und Herren: In den letzten Wochen war die Stunde der Exekutive. Jetzt ist die Stunde des Parlaments. Handeln wir gemeinsam, wenn Ihnen das möglich ist! Wir sind zu jeder Unterstützung bereit.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)





Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0805305800
Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister.

Dr. Werner Maihofer (FDP):
Rede ID: ID0805305900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der vielstündigen Debatte des Parlaments bleibt mir mit Rücksicht auf den Stand dieser Aussprache nur die Zeit zu einigen Zusatzbemerkungen, die sich aus der Sicht des Innenministers bei den heute beginnenden Gesetzesberatungen ergeben. Mit den Gesetzentwürfen, die heute zur Beratung anstehen, ist nur ein Teilbereich der zur Terrorismusbekämpfung getroffenen Maßnahmen berührt. Das ist uns ja allen klar. Ich meine, daß es deshalb notwendig ist, schon bei den Beratungen der vorliegenden Gesetzentwürfe stets zu bedenken, was darüber hinaus getan werden kann und muß; müssen doch alle diese Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Terrorismus ergriffen werden, sollen sie nicht Stückwerk bleiben, in einem inneren Zusammenhang miteinander stehen und auch so von Anfang an gesehen werden. Nur dann können sie die Wirkung haben, die wir uns alle erhoffen.
Deshalb stelle ich in meinem Beitrag die Frage und allein die: Wie sehen in diesen Gesamtzusammenhang die weiteren Maßnahmen im Polizeibereich aus, die die hier vorgeschlagenen Maßnahmen ergänzen sollen? Sie zielen einmal auf eine weitere Stärkung des Beitrages der Bundespolizeien, des BKA und BGS, zur bundesweiten, aber auch internationalen Bekämpfung der organisierten Bandenkriminalität, im besonderen des Terrorismus. Wie Sie wissen — und das möchte ich hier so leidenschaftslos sachlich wie möglich vortragen — hat das Bundeskriminalamt schon heute die gesetzliche Zuständigkeit für die Bekämpfung des internationalen Rauschgifthandels, Waffenhandels und Falschgeldhandels. Durch die von mir angeregten Vereinbarungen der Innenministerkonferenz vom 11. April 1975 ist diese Zuständigkeit auf die zentrale Steuerung der Bekämpfung des Terrorismus ausgedehnt worden. Bund und Länder haben auf der Grundlage dieser Beschlüsse — und das ist eine hocherfreuliche Feststellung — eine erfolgreiche Zusammenarbeit entwickelt. Ich meine, sie sollte nun unter sorgfältiger Auswertung der gemachten Erfahrungen auf eine dauerhafte gesetzliche Grundlage gestellt werden, die dem Bundeskriminalamt eindeutige Befugnisse auch bei der Verbrechensvorbeugung und der Gefahrenabwehr in diesem Bereich — und nur in ihm — gibt und damit den Beamten des Bundeskriminalamts bei der Ausübung ihrer originären Kompetenzen die vollen Polizeirechte sowohl bei der Tatortarbeit als auch Fahndungseinsätzen einräumt, ebenso wie den bei solchen Einsätzen ihm zu unterstellenden Polizeivollzugsbeamten des Bundesgrenzschutzes.
Es geht hier nicht — dies möchte ich in aller Deutlichkeit herausstellen — um weitere Ausweitungen der Zuständigkeiten des Bundeskriminalamtes oder „Bundeskriminalpolizeiamtes", wie das Gesetz sagt, sondern ausschließlich um die folgerichtige Ausgestaltung der dem BKA schon bisher zugewiesenen oder eingeräumten Zuständigkeiten, im Sinne nicht nur einer Informationspolizei, die es ja heute weithin ist, sondern einer für diesen begrenzten Bereich — und nur für ihn — im Rahmen dieser originären Kompetenzen ebenso vollgültigen Präventiv- wie Exekutivpolizei.
Ich möchte es noch einmal zugespitzter so ausdrücken. Nach der Gesetzeslage könnte sich das Bundeskriminalamt darauf zurückziehen, Terroristen zu identifizieren und sie zu öffentlicher Fahndung auszuschreiben, um danach die Ergreifung der Täter den Ländern zu überlassen.

(Schwarz [CDU/CSU] : Aber, Herr Minister, das wäre doch zu einfach!)

— Dies hielte ich — Sie werden gleich hören, was ich davon halte; so einfach sehe ich gerade die Dinge nicht — angesichts der politischen Gesamtverantwortung, die Bund und Länder für die wirksame Bekämpfung solcher organisierten Bandenverbrechen tragen, für unverantwortlich. Ich glaube, hier stimmen wir vollkommen überein, Herr Schwarz. Hier kann man sich nicht auf juristische Interpretationen zurückziehen, und wenn sie noch so sehr Grund in den geltenden Gesetzen hätten.
Was wir so mit der Änderung des BKA-Gesetzes anstreben, fasse ich dahin zusammen: die klaren gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß der Bund mit seiner Bundeskriminalpolizei im BKA und seiner Bundesvollzugspolizei im BGS, mit seinen Spezialkräften bis hin zur Tatortarbeit und zu den Fahndungseinsätzen vor Ort, ebenso wie mit seinen Spezialeinheiten bis hin zur GSG 9 seinen vollen selbstverantwortlichen Beitrag im engen Zusammenwirken der Polizeien von Bund und Ländern zu leisten vermag. Wir halten gar nichts von einer Hin- oder Herverlagerung der Kompetenzen der Polizeien auf die eine oder auf die andere Seite allein, sondern allenfalls etwas von einer schwerpunktmäßigen Stärkung der Zuständigkeiten für diese oder jene Bereiche auf der einen oder anderen Seite. Ohne Zusammenarbeit von Polizeien in Bund und Ländern isterfolgreiche Verbrechensbekämpfung in keinem Kriminalitätsbereich möglich.
Ich bin Herrn Dregger deshalb dankbar für seine klaren Worte zur weiteren Stärkung der Möglichkeiten der Exekutiven im Bereich der Vorfeldbeobachtung terroristischer Organisationen durch den Verfassungsschutz in Bund und Ländern, aber auch der gezielten Verstärkung der Kräfte der Fahndung nicht nur im Bereich der Ermittlungen — worauf man sie ja gelegentlich zu verengen pflegt —, sondern auch im Bereich der Ergreifung der Täter selbst, die allein uns einen dauerhaften Erfolg bei Strafverfolgung und Gefahrenabwehr im Terrorismusbereich sichert.
Um schlagwortartig noch einmal zusammenzufassen, wo für mich das Kernproblem überhaupt der künftigen Terrorismusbekämpfung liegt: Dem erreichten hohen Grad der Täteridentifizierung bis hin zu den Mordfällen Buback, Ponto und Schleyer muß eine ebensolche hohe Ergreifungsquote nachfolgen,

(Beifall bei der FDP und der SPD)

und zwar auch hier nicht durch Sondermaßnahmen
des Bundes tallein, sondern durch ein noch engeres



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
Zusammenwirken der Länder, mit einem noch stärkeren Beitrag auch des Bundes für diese Zusammenarbeit der Polizeien in Bund und Ländern bei der Terrorismusbekämpfung. Hier muß in der Tat — auch darin stimme ich mit Ihnen, Herr Dregger, überein; das möchte ich ausdrücklich nochmals unterstreichen — der zukünftige Schwerpunkt aller verstärkten Maßnahmen der Polizeien in Bund und Ländern liegen.
Ich habe für den Bund alle erforderlichen organisatorischen Maßnahmen und finanziellen Vorkehrungen — auch im vorliegenden Haushaltsentwurf — in dieser Hinsicht getroffen.
Andere legislative Maßnahmen im Innenbereich, für den ich in dieser Debatte zu sprechen habe, zielen, über 'die heute im Mittelpunkt der Beratungen stehenden Gesetzesänderungen des materiellen und formellen Strafrechts hinaus, auf die weitere Einschränkung der logistischen Möglichkeiten des organisierten Bandenverbrechens, insbesondere des Terrorismus. Dazu möchte ich abschließend noch ein grundsätzliches Wort sagen; denn hier liegt das andere kardinale Problem.
Der Terrorismus mißbraucht bei seinen Operationen die weitreichenden Möglichkeiten, die eine moderne Industriezivilisation wie 'die unsere, die als freiheitliche Gesellschaftsordnung verfaßt ist, zur Herstellung perfekter Falschidentität bietet, mit der man in einer solchen Gesellschaft nicht nur unerkannt untertauchen kann, sondern unter falschem Namen unentdeckt Fahrzeuge mieten oder Wohnungen anmieten kann. 'Diese logistischen Möglichkeiten, 'die gleichsam die Kehrseite der Freiheit in unserer Gesellschaft sind — das muß man einfach sehen —, müssen den terroristischen Verbrechern durch einen Fächer von Präventivmaßnahmen verlegt oder doch erschwert werden: sich mit, wie heute möglich, vergleichsweise einfachen technischen Mitteln Personalpapiere mit Falschidentität zu schaffen und so unter falschem Namen Kraftfahrzeuge anzumieten, illegal Kraftfahrzeugkennzeichen zu verschaffen oder illegal Waffen zu 'beschaffen; aber auch sich durch Überfälle auf 'Geschäfte oder Banken Waffen oder Geld zu „besorgen".
Hier sind bis in die letzten Wochen hinein bereits eine Fülle von faktischen Sicherungsmaßnahmen, wie etwa bei der Bankensicherung, geschaffen oder doch eingeleitet worden, die 'durch eine Reihe von legislativen Maßnahmen ergänzt werden müssen, wo dauerhafte bundesweite Präventivmaßnahmen, bis hin etwa zur Stärkung der äußeren Luftsicherheit, nur auf dem Wege bundeseinheitlicher Gesetzgebung sichergestellt werden können. Hier brauchen wir zuletzt für dauerhafte Lösungen doch den Gesetzgeber, soviel hier bisher schon durch Vereinbarungen, auch mit den Nächstbetroffenen, erreicht ist.
Die zwischen Regierung und Opposition eingeleiteten Gespräche lassen ein großes Maß an Gemeinsamkeit auch und gerade bei diesen Präventivmaßnahmen erhoffen, von 'denen ich mir als Innenminister 'den größten Zuwachs an Sicherheit überhaupt gegenüber dem organisierten Verbrechen schlechthin erhoffe und nicht nur dem Terrorismus. Mit diesen Maßnahmen wird ohne wesentliche Verluste an bürgerlichen Freiheiten die notwendige Sicherheit im Kampf gegen das organisierte Bandenverbrechen und damit auch den Terrorismus wirksamer als auf anderem gesetzgeberischen Wegeerreicht.
Auch dabei ergeben sich jedoch — darauf möchte ich zum Schlusse noch hinweisen — neuartige Notwendigkeiten internationaler Zusammenarbeit, könnten Maßnahmen zur Abwehr des Terrorismus innerhalb der Bundesrepublik auch und gerade in diesem präventiven Bereich 'doch immer nur eine Teilwirksamkeit entfalten, wenn sie sich nicht jenseits der Grenzen in internationale Zusammenarbeit umsetzen lassen. Hier ist nur eine Folgerung möglich: Dem international organisierten Verbrechen 'muß eine noch 'besser organisierte internationale Verbrechensbekämpfung

(Schwarz [CDU/CSU]: Europool!)

entgegengesetzt werden. Auch insoweit 'hat die Bundesregierung — Herr Schwarz, Sie wissen das genau
schon lange vor jeder öffentlichen Erörterung dieser Fragen die politische Initiative bei befreundeten Staaten, vor allem der Europäischen Gemeinschaft, ergriffen und mit diesen zusammen neben einer bilateralen Zusammenarbeit eine solche der neun Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft in die Wege geleitet.
Auf der Grundlage der auch von der Bundesregierung angeregten ersten Konferenz der für die innere Sicherheit zuständigen Minister der EG-Staaten am 29. Juni 1976 wurden nicht zuletzt auf unser Betreiben Arbeitsgruppen zu Fragen der Bekämpfung des Terrorismus, der Polizeitechnik, der Polizeiausbildung, der Abwehr äußerer Gefahren für die Luftsicherheit, des Schutzes von zivilen Kernkraftwerken und zivilen Nukleartransporten gebildet. Auf einer zweiten Ministerkonferenz am 31. Mai 1977 wurde auf meine Anregung hin die Zusammenarbeit auf die Kontrolle des An- und Verkaufs von Schußwaffen und des Waffenhandels erweitert. Hier überall hat — das ist meine, aus Erfahrung gewonnene Überzeugung — die Stunde der europäischen Innenpolitik, ja der Weltinnenpolitik geschlagen!
Es ist offenkundig, daß die ausgezeichnete Zusammenarbeit vor allem mit den Sicherheitsbehörden der westlichen Nachbarstaaten bei der Fahndung nach den Mördern von Hanns Martin Schleyer mit auf die hier begonnene Zusammenarbeit auf politischer Ebene zurückzuführen ist. Wenn der Solidarität aller Demokraten in der Bundesrepublik eine internationale Solidarität der zivilisierten Nationen folgt, haben die Terroristen mit ihren Aktionen — so nüchtern möchte ich das sagen — keinerlei Chancen. Sie werden nicht nur in unserem Lande am Ende das Gegenteil von dem erreichen, was sie sich vorgenommen haben, nämlich einen „Riß" zwischen dem Staat und den sogenannten Massen, wie sie sagen, zu schaffen. In Wahrheit hat die menschenverachtende Bestialität dieses heutigen Terrorismus in den letzten Wochen nicht nur Regierung und Opposition zu entschlossener Gemeinsamkeit in der Abwehr dieser äußersten Her-



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
ausforderung unseres freiheitlichen Rechtsstaates zusammengeführt. Sie hat insgesamt unser Volk mit seinem Staat zu einer Einheit gebracht, einer politischen Identität und moralischen Identifikation, wie wir sie so nur in seltenen Augenblicken der jungen Geschichte unserer Bundesrepublik erlebt haben.
Ebenso haben die jüngsten kriminellen Aktionen des internationalen Terrorismus auch die Gemeinschaft der Völker näher zusammenrücken lassen, wie die weltweite Anteilnahme an der Entführung und Ermordung Schleyers, aber auch die weltweite Erleichterung über die gelungene Erstürmung des entführten Flugzeugs und die unversehrte Befreiung der Geiseln in Mogadischu sichtbar gemacht hat. Mit dieser über alle nüchternen Erwartungen hinaus gelungenen polizeilichen Operation, mit der junge Männer unseres Landes ihr Leben gewagt haben, um das Leben anderer Menschen aus schier hoffnungsloser Lage zu retten, ist auch ein Exempel der Solidarität zwischen zivilisierten Nationen gesetzt worden,

(Beifall bei allen Fraktionen)

das, wenn es in vergleichbaren Fällen Beispiel für zwischenstaatliches Verhalten werden wird, den internationalen Terrorismus einer seiner entscheidendsten Wirkungsmöglichkeiten berauben wird.
Wenn wir auch weiterhin nach gutem polizeilichen Grundsatz mit dem Schlimmsten werden rechnen müssen, die bedrückenden wie erfreuenden Ereignisse der letzten Wochen haben uns eine kostbare Erfahrung geschenkt: daß die Terroristen mit ihrer Bestialität diesen Staat nicht zu zerstören vermochten, sondern im Gegenteil in seiner rechtstaatlichen Entschlossenheit nur gestärkt haben. So werden die Terroristen auch international die Solidarität der zivilisierten Nationen nicht zerbrechen, sondern, wie sich in den letzten Wochen abzuzeichnen beginnt, diese volle internationale Solidarität im weltweiten Kampf gegen den internationalen Terrorismus gegen ihren Willen überhaupt erst herstellen. Diese ermutigenden Erfahrungen können
Regierung und Opposition nur darin bestärken, ihre im Handeln der letzten Wochen gewonnene Gemeinsamkeit auch in diese Gesetze zur Bekämpfung des Terrorismus einzubringen„ mit deren Beratung dieses Hohe Haus heute den Anfang macht. Ich meine, die Bürger unseres Landes erwarten dies und nichts sonst von uns in dieser Stunde.

(Beifall bei allen Fraktionen)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0805306000
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Ich schlage Ihnen vor, daß wir zunächst über die Punkte 20 bis 25 entscheiden. Es liegen hierzu Überweisungsvorschläge des Ältestenrates vor. Ergänzungen oder Änderungen werden nicht gewünscht. Wer diesen Vorschlägen zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen nunmehr zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 23. September 1971 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt, Drucksache 8/216. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses liegen auf der Drucksache 8/1057 vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe die Artikel 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift auf und verbinde die Abstimmung in der zweiten Beratung mit der Schlußabstimmung. Ich bitte diejenigen Damen und Herren des Hauses, die dem Gesetz zustimmen wollen, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle fest: keine Gegenstimmen, keine Stimmenthaltungen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 9. November 1977, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.