Protokoll:
8044

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 8

  • date_rangeSitzungsnummer: 44

  • date_rangeDatum: 29. September 1977

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:47 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/44 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 44. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Inhalt: Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 3301 A Beratung der Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/916 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 10 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/919 — Angermeyer FDP 3301 B Erste Beratung des von den Abgeordneten Hauser (Krefeld), Dr. Zeitel, Schmidhuber, Dr. Schwarz-Schilling, Lampersbach, Dr. von Bismarck, Engelsberger, Schedl, Haase (Kassel), Dr. Luda, Schröder (Lüneburg), Dr. Bötsch, Dreyer, Feinendegen, Dr. Friedmann, Dr. George, Gerstein, Helmrich, Dr. Hoffacker, Frau Hoffmann (Hoya), Dr. Hüsch, Josten, Dr. Köhler (Duisburg), Kolb, Landré, Dr. Narjes, Neuhaus, Niegel, Pieroth, Frau Pieser, Dr. Pinger, Dr. Schneider, Dr. Sprung, Dr. Stark (Nürtingen), Dr. Stavenhagen, Dr. Unland, Dr. Waffenschmidt, Dr. Warnke, Wohlrabe und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der freien Berufe und zur Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der mittelständischen Wirtschaft (Bundesmittelstandsförderungsgesetz) — Drucksache 8/708 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Hauser (Krefeld), Dr. Zeitel, Dr. Dollinger, Schmidhuber, Dr. Schwarz-Schilling, Köhler (Wolfsburg), Dr. von Bismarck, Dr. Luda, Feinendegen, Dr. Freiherr Spies von Billiesheim, Biehle, Frau Dr. Neumeister, Dr. Riedl (München), Dr. Köhler (Duisburg), Lampersbach, Frau Will-Feld, Engelsberger, Dr. Becker (Frankfurt), Helmrich, Frau Benedix, Dr. Waffenschmidt, Dr. Jobst, Niegel und der Fraktion der CDU/CSU Bericht über die Lage der freien Berufe — Drucksache 8/901 — Hauser (Krefeld) CDU/CSU 3304 A Dr. Schachtschabel SPD . . . . . . . 3308 B Wurbs FDP 3312 A Schmidhuber CDU/CSU . . . . . . . 3314 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Dr. Jens (Voerde) SPD 3318 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 3321 C Dr. Zeitel CDU/CSU . . . . . 3324 A Dr. Steger SPD 3327 D Gattermann FDP 3330 A Lampersbach CDU/CSU 3331 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Düngemittelgesetzes — Drucksache 8/319 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/890 — 3333 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Düngemittelstatistik — Drucksache 8/371 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/938 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/891 — . . . . . . . . 3333 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Statistik im Gilterkraftverkehr 1978 — Drucksache 8/177 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/908 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 8/907 — . . . . . . . . 3333 D Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften — Drucksache 8/873 — Regenspurger CDU/CSU . . . . . . . 3334 B Liedtke SPD 3335 D Dr. Wendig FDP 3336 D Baum, Parl. Staatssekretär BMI 3338 A Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu der Entschließung des Europäischen Parlaments über die Ergebnisse der Vierten Internationalen Parlamentarierkonferenz zu Umweltfragen in Kingston (Jamaika) vom 12. bis 14. April 1976 — Drucksachen 8/369, 8/889 — 3339 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Anwendung des Protokolls Nr. 1 zu den Kooperationsabkommen mit Algerien, Marokko und Tunesien Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Anwendung des Finanzprotokolls mit der Republik Malta — Drucksachen 8/318, 8/429, 8/882 — . . . 3339 C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Verringerung der Schallemissionen von Luftfahrzeugen — Drucksachen 7/5146, 8/883 — 3339 D Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Durchführung des Beschlusses des AKP-EWG-Ministerrats über die Beschäftigungsbedingungen für das Personal des Zentrums für industrielle Entwicklung hinsichtlich Besteuerung, soziale Sicherheit und Rechtsweg — Drucksachen 8/576, 8/884 — 3339 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf einer Richtlinie des Rates zur Durchführung koordinierter Konjunkturstatistiken im Baugewerbe — Drucksachen 7/5830, 8/887 — . . . . . 3339 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Vinylchlorid-Monomer enthaltende Materialien und Gegenstände, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen — Drucksachen 8/42, 8/888 — . . . . . 3340 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 III Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Festlegung der Voraussetzungen für die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet — Drucksachen 8/631, 8/895 — . . . . . 3340 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Gewichte und Abmessunsungen bestimmter Kraftfahrzeuge — Drucksachen 8/53, 8/909 — 3340 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates über Maßnahmen zur Vergleichbarmachung der Rechnungsführung und der Jahresrechnung von Eisenbahnunternehmen — Drucksachen 8/77, 8/910 — . . . . . 3340 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Heizung des Innenraumes von Kraftfahrzeugen Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Radabdeckung von Kraftfahrzeugen — Drucksachen 8/54, 8/911 — 3340 B Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 10/77 — Zollkontingente für Walzdraht und Elektrobleche — 2. Halbjahr 1977) — Drucksache 8/897 — . . . . . . . . 3340 D Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 11/77 — Besondere Zollsätze gegenüber Ägypten, Jordanien, Libanon und Syrien — EGKS) — Drucksache 8/898 — 3340 D Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch und städtebaulich wertvoller Gebäude — Drucksache 8/896 — Francke (Hamburg) CDU/CSU . . . . . 3361 C Dr. Schwencke (Nienburg) SPD . . . . . 3363 A Frau Funcke FDP . . . . . . . . . . 3364 C Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz — Drucksachen 8/935, 8/943, 8/944, 8/945 — Hartmann CDU/CSU . . . . . . . . . 3366 C Dr. Weber (Köln) SPD 3368 A Engelhard FDP 3369 D Dr. Vogel, Bundesminister BMJ 3370 C Coppik SPD 3371 A Dr. Bangemann FDP . . . . . . . . 3373 C Dr. Eyrich CDU/CSU . . . . . . . . 3375 B Dr. Emmerlich SPD . . . . . . . . 3376 A Dr. Sperling SPD 3377 B Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . . . 3380 A Frau Schuchardt FDP 3380 D Hansen SPD (Erklärung nach § 59 GO) . 3381 C Dr. Kohl CDU/CSU . . . . . . . . 3381 D Mischnick FDP 3382 B Wehner SPD 3382 D Namentliche Abstimmungen . . 3378 A, 3383 D Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU Deutsche Bundesbahn — Drucksache 8/849 —Dr. Jobst CDU/CSU 3385 C Wendt SPD 3387 D Ollesch FDP 3389 C Gscheidle, Bundesminister BMV/BMP . 3391 D Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) CDU/CSU 3394 A Mahne SPD 3396 B Beratung des Dritten Berichts der Bundesregierung über die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 8 des Personenbeförderungsgesetzes — Drucksache 8/803 — Sick CDU/CSU 3398 A Batz SPD 3399 B Ollesch FDP 3401 B Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Fragestunde — Drucksache 8/926 vom 23. 09. 1977 — Einführung einer Meldepflicht für private Investitionen von einer bestimmten Höhe an MdlAnfr A45 23.09.77 Drs 08/926 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . 3341 B, C ZusFr Stutzer CDU/CSU . . . . . . 3341 B, C Verhaltenskodex für in Südafrika ansässige deutsche Unternehmen MdlAnfr A50 23.09.77 Drs 08/926 Hansen SPD Antw PStSekr Grüner BMWi 3341 C, D, 3342 A ZusFr Hansen SPD 3341 D Umfang der durch Bürgerinitiativen, Genehmigungsverfahren und Verordnungen blokkierten Investitionsprojekte MdlAnfr A53 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hubrig CDU/CSU MdlAnfr A54 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hubrig CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . 3342 A, B, C, D, 3343 A, B ZusFr Dr. Hubrig CDU/CSU . 3342 B, C, D, 3343 A ZusFr Becker (Nienberge) SPD 3343 B Zusammenarbeit bundesdeutscher Unternehmen mit der Republik Südafrika auf nukleartechnischem Gebiet MdlAnfr A48 23.09.77 Drs 08/926 Frau von Bothmer SPD MdlAnfr A49 23.09.77 Drs 08/926 Frau von Bothmer SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3343 C, D ZusFr Frau von Bothmer SPD . . . . 3343 C, D Anwendung der automatischen Bestabrechnung durch Strom- und Gasversorgungsunternehmen MdlAnfr A63 23.09.77 Drs 08/926 Dr. von Wartenberg CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . 3343 D, 3344 A ZusFr Dr. von Wartenberg CDU/CSU . . 3344 A Bundesbürgschaften für deutsche Firmen bei Auslandsgeschäf ten MdlAnfr A128 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Friedmann CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3344 B, C ZusFr Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . 3344 C Behandlung der Vorschläge Israels zur Eindämmung der Wüsten auf der Weltwirtschaftskonferenz in Nairobi MdlAnfr A141 23.09.77 Drs 08/926 Wohlrabe CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 3344 D, 3345 A, B ZusFr Wohlrabe CDU/CSU . . . . . 3345 A, B Ergebnis der deutsch-tschechoslowakischen Gespräche im Hinblick auf die Aussiedlung Deutscher MdlAnfr A143 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 3345 B, C, D ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 3345 B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 3345 C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3345 D Belastung des deutsch-polnischen Verbälnisses durch den „Schlesien-Wettbewerb" der Niedersächsischen Landesregierung MdlAnfr A145 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schwencke (Nienburg) SPD MdlAnfr A146 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schwencke (Nienburg) SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 3346 A, B, D, 3347 A, B, C, D, 3348 A, B, C, D, 3349 A ZusFr Dr. Schwencke (Nienburg) SPD . 3346 B, C ZusFr Hansen SPD 3346 D, 3348 D ZusFr Ey CDU/CSU 3347 A ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU 3347 A, 3348 D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . . . 3347 B, C ZusFr Frau von Bothmer SPD 3347 C ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU . . . 3347 D, 3348 B ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 3348 B, C ZusFr Becker (Nienberge) SPD 3349 A Unterstützung afrikanischer Befreiungsorganisationen durch die Bundesregierung MdlAnfr A147 23.09.77 Drs 08/926 Niegel CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 3349 B, C, D, 3350 A ZusFr Niegel CDU/CSU . . . . . . 3349 B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . 3349 D ZusFr Frau von Bothmer SPD . . . . . 3349 D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 3350 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 V Erfüllung der menschenrechtlichen Verpflichtungen in bezug auf die Deutschen in der UdSSR und in Polen MdlAnfr A148 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Czaja CDU/CSU MdlAnfr A149 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 3350 B, C, D, 3351 A, B, C, D ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3350 B, D, 3351 B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . . . . 3351 A ZusFr Dr. Hennig CDU/CSU . . . . . . 3351 C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 3351 D Erhebung der Milcherzeugerabgabe in den EG-Ländern MdlAnfr A65 23.09.77 Drs 08/926 Niegel CDU/CSU Antw StSekr Rohr BML 3352 B, C ZusFr Niegel CDU/CSU 3352 B ZusFr Dr. Ritz CDU/CSU 3352 C Erhöhung des Selbstversorgungsgrads bei Molkereiprodukten in Großbritannien sowie Vorschläge der Bundesregierung zur Entlastung der britischen Divisenbilanz MdlAnfr A64 23.09.77 Drs 08/926 Simpfendörfer SPD Antw StSekr Rohr BML 3352 C, D ZusFr Simpfendörfer SPD . . . . . . 3352 D Verluste in der Landwirtschaft durch hohe Trocknungskosten für Getreide sowie Erhöhung der Interventionspreise für Futtergetreide MdlAnfr A66 23.09.77 Drs 08/926 Müller (Schweinfurt) SPD MdlAnfr A67 23.09.77 Drs 08/926 Müller (Schweinfurt) SPD Antw StSekr Rohr BML 3353 A, B ZusFr Müller (Schweinfurt) SPD . . . 3353 B Verfütterung von Magermilchpulver MdlAnfr A73 23.09.77 Drs 08/926 Schartz (Trier) CDU/CSU Antw StSekr Rohr BML 3353 C, D ZusFr Schartz (Trier) CDU/CSU . . . 3353 D Auswirkungen des zwischen der EWG und der Türkei abgeschlossenen Abkommens über die Gründung einer Assoziation in Verbindung mit dem Beschluß des Assoziationsrates über die Durchführung des Art. 12 des Abkommens von Ankara auf den deutschen Arbeitsmarkt MdlAnfr A12 23.09.77 Drs 08/926 Stutzer CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA 3354 A, B, C ZusFr Stutzer CDU/CSU . . . . . . 3354 B, C Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Jugendarbeitsschutzgesetzes hinsichtlich öffentlicher Auftritte von musischen Jugendgruppen MdlAnfr A77 23.09.77 Drs 08/926 Daweke CDU/CSU MdlAnfr A78 23.09.77 Drs 08/926 Daweke CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA . 3354 D, 3355 B, C ZusFr Daweke CDU/CSU 3355 A, B Regelung des Wahlrechts gekündigter Arbeitnehmer bei Betriebsratswahlen bis zum Ende des Arbeitsgerichtsverfahrens MdlAnfr A82 23.09.77 Drs 08/926 Meininghaus SPD Antw PStSekr Buschfort BMA . . . . . 3355 D Zuweisung von in der AOK versicherten Nebenerwerbslandwirten bei Verlust des Arbeitsplatzes an die Landwirtschaftliche Krankenkasse MdlAnfr A84 23.09.77 Drs 08/926 Horstmeier CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA . . . . . 3356 A ZusFr Horstmeier CDU/CSU . . . . . . 3356 A Unterlagen für den Bericht des Bundesarbeitsministers vom 31. Mai 1976 über die finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs — Drucksache 7/637 — sowie Berechnungsmethode für die Feststellung des Mehraufwands in den gesetzlichen Rentenversicherungen in den Jahren 1976 bis 1989 MdlAnfr A85 23.09.77 Drs 08/926 Josten CDU/CSU MdlAnfr A86 23.09.77 Drs 08/926 Josten CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA 3356 B, D, 3357 A, B ZusFr Josten CDU/CSU . . . 3356 D, 3357 A, B Ermöglichung des eigenständigen therapeutischen Tätigwerdens für nichtärztliche Psychotherapeuten durch Ablegen der Prüfung als Heilpraktiker MdlAnfr A97 23.09.77 Drs 08/926 Frau Eilers (Bielefeld) SPD Antw PStSekr Zander BMJFG . 3357 D, 3358 A ZusFr Frau Eilers (Bielefeld) SPD 3357 D, 3358 A VI Deutscher Bundestag -- 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Gesetzliche Vorschrift zur Kennzeichnung der für eine zweite Tiefkühlung nicht mehr geeigneten Backwaren MdlAnfr A98 23.09.77 Drs 08/926 Frau Eilers (Bielefeld) SPD Antw PStSekr Zander BMJFG 3358 A Besetzung der Pflichtplätze für Schwerbehinderte bei den Bundesbahndirektionen Essen und Stuttgart MdlAnfr A104 23.09.77 Drs 08/926 Braun CDU/CSU Antw BMin Gscheidle BMV 3358 C, D ZusFr Braun CDU/CSU . . . . . . . 3358 D Ausrüstung der Fahrzeuge mit Platin-Katalysatoren; Entwicklung sogenannter DreiWege-Katalysatoren MdlAnfr A107 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU MdlAnfr A108 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU Antw BMin Gscheidle BMV . . 3359 A, B, C, D, 3360 A ZusFr Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU 3359 B, C, D ZusFr Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . 3360 A Vorschrift des Einbaus von Sicherheitsgurten für Rücksitze MdlAnfr A110 23.09.77 Drs 08/926 Feinendegen CDU/CSU MdlAnfr A111 23.09.77 Drs 08/926 Feinendegen CDU/CSU Antw BMin Gscheidle BMV . . . . 3360 B, C, D ZusFr Feinendegen CDU/CSU . . . . . 3360 B ZusFr. Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . 3360 C Stauungen an Steigungen der Autobahn durch untermotorisierte Fahrzeuge mit Anhänger MdlAnfr A112 23.09.77 Drs 08/926 Wüster SPD Antw BMin Gscheidle BMV . . 3360 D, 3361 A, B ZusFr Wüster SPD 3361 A, B Nächste Sitzung 3402 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3403* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Hansen (SPD) gemäß § 59 zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (Drucksache 8/935) 3403* C Anlage 3 Ermöglichung einer qualifizierten beruflichen Erstausbildung für sogenannte freiwillige Bildungsverzichter MdlAnfr A2 23.09.77 Drs 08/926 Frau Schuchardt FDP SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 3404* B Anlage 4 Arbeitslosigkeit unter berufsschulpflichtigen Jugendlichen MdlAnfr A3 23.09.77 Drs 08/926 Löffler SPD SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 3404* D Anlage S Überprüfung des Vereinsrechts MdlAnfr A20 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Jens (Voerde) SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 3405* B Anlage 6 Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität MdlAnfr A21 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schöfberger SPD MdlAnfr A22 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schöfberger SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . 3405* D Anlage 7 Zuständigkeit für die Aburteilung terroristischer Gewaltkriminalität MdlAnfr A23 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Weber (Köln) SPD MdlAnfr A24 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Weber (Köln) SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 3406* D Anlage 8 Belastung des Bundesgerichtshofs durch die Zunahme der Strafverfahren im Bereich erstinstanzlicher Oberlandesgerichtssachen MdlAnfr A25 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Emmerlich SPD MdlAnfr A26 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Emmerlich SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 3407* A Anlage 9 Entschädigung der Opfer terroristischer Gewalttaten MdlAnfr A27 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Narjes CDU/CSU MdlAnfr A28 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Narjes CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 3407* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 VII Anlage 10 Kritik des Bundeskanzlers an nicht konjunkturgerechtem Sparen MdlAnfr A38 23.09.77 Drs 08.926 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . 3408* B Anlage 11 Folgerungen aus dem Gutachten des Bayerischen Obersten Rechnungshofs zum Rhein-Main-Donau-Kanal sowie Anforderung einer Kosten-Nutzen-Analyse für dieses Bauvorhaben MdlAnfr A39 23.09.77 Drs 08/926 Hoffie FDP MdlAnfr A40 23.09.77 Drs 08/926 Hoffie FDP SchrAntw PStSekr Haar BMV 3408* C Anlage 12 Praxisgerechtere Ausgestaltung der Ausbildungsordnungen MdlAnfr A41 23.09.77 Drs 08/926 Dr-Ing. Laermann FDP SchAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3409* A Anlage 13 Einrichtung der geplanten Arbeitsplätze bei der Vergabe öffentlicher Mittel MdlAnfr A42 23.09.77 Drs 08/926 Frau Simonis SPD SchAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3409* D Anlage 14 Zuverlässigkeit von Fieberteststreifen MdlAnfr A43 23.09.77 Drs 08/926 Egert SPD SchAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3410* A Anlage 15 Grundwasserverseuchung durch Altöl MdlAnfr A44 23.09.77 Drs 08/926 Wolfgramm (Göttingen) FDP SchAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3410* B Anlage 16 Verhaltenskodex für in Südafrika ansässige deutsche Unternehmen MdlAnfr A46 23.09.77 Drs 08/926 Schmidt (München) SPD MdlAnfr A47 23.09.77 Drs 08/926 Schmidt (München) SPD SchAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3410* D Anlage 17 Beseitigung des Investitionsausfalls beim Kraftwerkbau MdlAnfr A51 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Voss CDU/CSU SchAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3411* B Anlage 18 Auswirkungen der Senkung des Währungsausgleichs bei Milch und Milchprodukten auf die Preisgestaltung dieser Erzeugnisse MdlAnfr A68 23.09.77 Drs 08/926 Kiechle CDU/CSU MdlAnfr A69 23.09.77 Drs 08/926 Kiechle CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML . . . . . . . 3411* B Anlage 19 Auswirkungen der Änderung des Währungsausgleichs bei Milch und Milchprodukten auf den an die Milchproduzenten gezahlten Auszahlungspreis MdlAnfr A70 23.09.77 Drs 08/926 Bayha CDU/CSU MdlAnfr A71 23.09.77 Drs 08/926 Bayha CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML . . . . . . . 3411* D Anlage 20 Haltung der Bundesregierung zu einer grundlegenden Änderung des Systems des Währungsausgleichs MdlAnfr A72 23.09.77 Drs 08/926 Susset CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML . . . . . . . 3412* A Anlage 21 Verfütterung von Magermilchpulver sowie Verfütterung von „Nullaustauschern" in der Kälberaufzucht und Kälbermast MdlAnfr A74 23.09.77 Drs 08/926 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU MdlAnfr A75 23.09.77 Drs 08/926 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU SchrAntw StSekr Rohr BML . . . . . . 3412* B Anlage 22 Anzahl der zivildienstfähigen Kriegsdienstverweigerer im August 1977 MdlAnfr A76 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 3412* D VIII Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Anlage 23 Bettenausnutzung in den Krankenhäusern MdlAnfr A79 23.09.77 Drs 08/926 Kroll-Schlüter CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 3413* A Anlage 24 Schutz der Arbeitnehmer vor krebserzeugenden Arbeitsstoffen sowie Beschäftigung vorwiegend älterer Arbeitnehmer an solchen Arbeitsplätzen MdlAnfr A80 23.09.77 Drs 08/926 Kirschner SPD MdlAnfr A81 23.09.77 Drs 08/926 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 3413* C Anlage 25 Unterlaufen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes durch „obskure Firmen" MdlAnfr A87 23.09.77 Drs 08/926 Urbaniak SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 3414* A Anlage 26 Entwicklung der Schwarzarbeit und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt MdlAnfr A88 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Spöri SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 3414* B Anlage 27 Verhinderung des Mißbrauchs der Arbeitslosenversicherung durch Feststellung der zumutbaren Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß Arbeitsförderungsgesetz durch Sozialgerichte; Senkung der Zahl ausländischer Arbeitnehmer MdlAnfr A89 23.09.77 Drs 08/926 Schedl CDU/CSU MdlAnfr A90 23.09.77 Drs 08/926 Schedl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 3414* C Anlage 28 Folgerungen aus der Kritik des Bundeskanzlers bezüglich der Klage der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsgesetz MdlAnfr A91 23.09.77 Drs 08/926 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 3415* B Anlage 29 Bildungsmöglichkeit für autistische Kinder MdlAnfr A92 23.09.77 Drs 08/926 Frau Hürland CDU/CSU MdlAnfr A93 23.09.77 Drs 08/926 Frau Hürland CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 3415* D Anlage 30 Maßnahmen gegen das Ansteigen von Diphterie und Kinderlähmung MdlAnfr A94 23.09.77 Drs 08/926 Kroll-Schlüter CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 3416* A Anlage 31 Erarbeitung von Richtlinien zur Gesundheitserziehung in der Schule MdlAnfr A95 23.09.77 Drs 08/926 Egert SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 3416* B Anlage 32 Einfluß von Gewaltdarstellungen im Fernsehen auf die Jugendkriminalität MdlAnfr A96 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 3416* C Anlage 33 Fälschungssicherheit des als hinteres KfzKennzeichen vorgesehenen Folienschildes MdlAnfr A99 23.09.77 Drs 08/926 Hauser (Krefeld) CDU/CSU MdlAnfr A100 23.09.77 Drs 08/926 Hauser (Krefeld) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3416* D Anlage 34 Amtliche Prüfung von Autoreifen MdlAnfr A101 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Jobst CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3417* A Anlage 35 Ausbildung und Einstellung von weiblichen Personen bei der Deutschen Lufthansa MdlAnfr A102 23.09.77 Drs 08/926 Frau Matthäus-Maier FDP MdlAnfr A103 23.09.77 Drs 08/926 Frau Matthäus-Maier FDP SchrAntw PStSekr Haar BMV 3417* B Anlage 36 Korrekturen am Fünf-Jahres-Plan für den Ausbau der Bundesfernstraßen durch Zurückstellung einiger großer Bauvorhaben zugunsten anderer Straßenbauprojekte im Land Nordrhein-Westfalen Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 IX MdlAnfr A105 23.09.77 Drs 08/926 Milz CDU/CSU MdlAnfr A106 23.09.77 Drs 08/926 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3417* C Anlage 37 Bereinigung der unterschiedlichen Tarifgestaltung im Schienen- und Busverkehr MdlAnfr A109 23.09.77 Drs 08/926 Wendt SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 3418* A Anlage 38 Störungen der Sendungen von RIAS Berlin und der Deutschen Welle durch Störsender des Ostblocks vor und nach der KSZE- Schlußakte von Helsinki MdlAnfr A113 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hupka CDU/CSU MdlAnfr A114 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3418* B Anlage 39 Besetzung der Pflichtplätze für Schwerbehinderte bei den Oberpostdirektionen MdlAnfr A115 23.09.77 Drs 08/926 Braun CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP 3418* B. Anlage 40 Entwicklungsaussichten im öffentlich geförderten und im freifinanzierten Mietwohnungsbau MdlAnfr Al24 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 3418* C Anlage 41 Auslegung des § 3 der Schallschutzverordnung sowie erstattungsfähige Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen MdlAnfr A125 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hennig CDU/CSU MdlAnfr A126 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Abreß BMBau . . . 3419* B Anlage 42 Gewährleistungszeit für Bürgschaften bei Auftragsvergabe des Bundes auf dem Bausektor MdlAnfr A127 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Abreß BMBau . . . 3419* C Anlage 43 Vereinbarkeit der Prinzipien einer einkommensabhängigen Wohnwertmiete mit den wohnungspolitischen Grundsätzen der Bundesregierung; Durchforstung des Paragraphendschungels der Baugesetzgebung des Bundes MdlAnfr A129 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Möller CDU/CSU MdlAnfr A130 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Möller CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Abreß BMBau . . . 3419* D Anlage 44 Fortsetzung der Haß-Erziehungs-Kampagne der DDR-Schulbehörden trotz der Vereinbarungen von Helsinki MdlAnfr A132 23.09.77 Drs 08/926 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 3420* B Anlage 45 Erörterung der Schließung der Lücke der Autobahn Bad Hersfeld—Eisenach bei den Verhandlungen mit der DDR MdlAnfr A133 23.09.77 Drs 08/926 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . .3420* C Anlage 46 Umfang der nach Inbetriebnahme eines Reaktors vom Typ des Schnellen Brüters zu lagernden Menge an Plutonium MdlAnfr A134 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 3420* D Anlage 47 Äußerungen des Bundesforschungsministers über den geplanten Standort der Firma Uranit sowie über die Energieversorgungsunternehmen MdlAnfr A135 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Ritz CDU/CSU MdlAnfr A136 23.09.77 Drs 08/926 Seiters CDU/CSU MdlAnfr A137 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Ritz CDU/CSU MdlAnfr A138 23.09.77 Drs 08/926 Seiters CDU/CSU SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 3421* B Anlage 48 Aussage des Bundestagsabgeordneten Dr. Todenhöfer über den Mißbrauch des im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe geförderten Lagers SELEBI PIKWE in Bo- X Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 tswana zur Rekrutierung von Mitgliedern für die prokommunistische Guerillaorganisation MdlAnfr A144 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 3421* D Anlage 49 Verleihung der Friedensmedaille der Vereinten Nationen in Gold an den Generalsekretär der KPdSU L. Breschnew SchrAnfr B1 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU SchrAnfr B2 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3422* A Anlage 50 Finanzhilfe für die Restaurierung wertvoller alter Kirchen und ähnlicher nationaler Kulturdenkmäler in Bolivien SchrAnfr B3 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3422* B Anlage 51 Anwendbarkeit der Regeln über den Kombattantenstatus von Guerillakämpfern im Sinne des Art. 42 des I. Zusatzprotokolls zu den Genfer Rotkreuz-Konventionen von 1949 auf Stadtguerillas SchrAnfr B4 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3422* C Anlage 52 Informationen der „Anti-Apartheids-Bewegung in Westdeutschland" über die Kabinettssitzung vom 21. Juni 1977 und das Besuchsprogramm für den südafrikanischen Ministerpräsidenten Vorster SchrAnfr B5 23.09.77 Drs 08/926 Niegel CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3423* A Anlage 53 Angriffe der Ostblock-Presse gegen die Beteiligung von Berlin (West) an den Wahlen zum Europäischen Parlament SchrAnfr B6 23.09.77 Drs 08/926 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3423* B Anlage 54 Verzögerungen in der Auszahlung zuerkannter Entschädigungen nach dem Häftlingshilfegesetz an Heimkehrer aus den Ostblockstaaten SchrAnfr B7 23.09.77 Drs 08/926 Hasinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3423* D Anlage 55 Grenzwert bei der Rauchgasentschwefelung sowie erforderliche Menge Kohle mit einem 1 %igen Schwefelgehalt für die künftige Verstromung SchrAnfr B8 23.09.77 Drs 08/926 Reuschenbach SPD SchrAnfr B9 23.09.77 Drs 08/926 Reuschenbach SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3424* A Anlage 56 Anpassung der Entschädigungsregelung des Fluglärmgesetzes an die Regelung gemäß §§ 41 ff. des Bundes-Immissionsschutzgesetzes SchrAnfr B10 23.09.77 Drs 08/926 Wolfgramm (Göttingen) FDP SchrAnfr B11 23.09.77 Drs 08/926 Wolfgramm (Göttingen) FDP SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3424* D Anlage 57 Vereinbarkeit der Entscheidung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29. April 1977 mit Art. 16 Abs. 2 des Grundgesetzes (Recht auf Asyl für politisch Verfolgte) SchrAnfr B12 23.09.77 Drs 08/926 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3425* A Anlage 58 Ausschöpfung der Quoten der Bundesländer für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Vietnam und Chile SchrAnfr B13 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Spöri SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3425* B Anlage 59 Genehmigung gewerblicher Nebentätigkeiten für Beamte mit besonderen Erholungszeiten, Zulagen und vorgezogener Regelpensionierung SchrAnfr B14 23.09.77 Drs 08/926 Jung FDP SchrAnfr B15 23.09.77 Drs 08/926 Jung FDP SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3425* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 XI Anlage 60 Ankauf des für die Unterkunft des THW- Ortsverbands Betzdorf angemieteten Geländes durch den Bund; Ausstattung der THW- Ortsverbände mit Funkgeräten SchrAnfr B16 23.09.77 Drs 08/926 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAnfr 3317 23.09.77 Drs 08/926 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3426* B Anlage 61 Einhaltung der öffentlichen Ausschreibung bei der Vergabe von Aufträgen der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes und des Zivilen Bevölkerungsschutzes SchrAnfr B18 23.0937 Drs 08/926 Hauser (Krefeld) CDU/CSU SchrAnfr B19 23.0937 Drs 08/926 Hauser (Krefeld) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3426* D Anlage 62 Eingriff in die Privatsphäre natürlicher Personen durch Forderung detaillierter Angaben über ihre finanzielle Situation bei Stellung von z. B. BAföG-Anträgen oder Kreditanträgen sowie Fortsetzung dieser Entwicklung bei juristischen Personen SchrAnfr B20 23.09.77 Drs 08/926 Hansen SPD SchrAnfr B21 23.0937 Drs 08/926 Hansen SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3427* B Anlage 63 Verbesserung der technischen Ausstattung des THW SchrAnfr B22 23.09.77 Drs 08/926 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAnfr B23 23.09.77 Drs 08/926 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI . . . 3427* C Anlage 64 Firmenkonkurse und -neugründungen im Jahr 1976 SchrAnfr B24 23.0937 Drs 08/926 Frau Schuchardt FDP SchrAnfr B25 23.09.77 Drs 08/926 Frau Schuchardt FDP SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 3428* C Anlage 65 Vorlage von Gesetzentwürfen über das Umweltschutzstrafrecht SchrAnfr B26 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schöfberger SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 3429* A Anlage 66 Verwirklichung der Vorschriften des Gesetzentwurfs über den Reiseveranstaltungsvertrag in den „Allgemeinen Reisebedingungen für Pauschalreisen" des Deutschen Reisebüro-Verbandes sowie Regelung der Entschädigungen für „nutzlos aufgewendete Urlaubstage" SchrAnfr B27 23.09.77 Drs 08/926 Männing SPD SchrAnfr B28 23.09.77 Drs 08/926 Männing SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 3429* B Anlage 67 Unterrichtung Erwerbsunfähiger vor Kündigung eines Wohnungsbauprämien-Sparvertrags über die Voraussetzung der „völligen Erwerbsunfähigkeit" SchrAnfr B29 23.09.77 Drs 08/926 Westphal SPD SchrAnfr B30 23.09.77 Drs 08/926 Westphal SPD SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 3430* B Anlage 68 Zahlungen von Ablösesummen durch gemeinnützige Sportvereine beim Vereinswechsel von Sportlern SchrAnfr B31 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Müller-Emmert SPD SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 3430* D Anlage 69 Freigabe einer Teilfläche des Munitionslagers der britischen Streitkräfte in Brüggen für den Tonabbau SchrAnfr B32 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hammans CDU/CSU SchrAnfr PStSekr Haehser BMF . . . . 3431* B Anlage 70 Vereinbarkeit der „Gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Neuorganisation der Finanzämter und Neuordnung des Besteuerungsverfahrens (GNOFÄ)" vom 16. Februar 1976 mit dem geltenden formellen Steuerverfahrensrecht SchrAnfr B33 23.09.77 Drs 08/926 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAnfr B34 23.09.77 Drs 08/926 Frau Will-Feld CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 3431* C XII Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Anlage 71 Beibehaltung der monatlichen BierausstoßStatistik zur Marktinformation für mittelständische Brauereien SchrAnfr B35 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 3431* D Anlage 72 Überlassung bundeseigener Grundstücke nach dem Grundstücksverbilligungsgesetz für das Familienheimprogramm der Stadt München SchrAnfr B36 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 3432* B Anlage 73 Novellierung des Bundesrechnungshofgesetzes SchrAnfr B37 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 3432* B Anlage 74 Beibehaltung der monatlichen BiersteuerStatistik zur Information für mittelständische Brauereien SchrAnfr B38 23.09.77 Drs 08/926 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 3432* C Anlage 75 Betrag der privaten und öffentlichen Investitionen in den Jahren 1973 bis 1976 und Anteil der Investitionsausgaben am Gesamtausgabenvolumen des Bundes SchrAnfr B39 23.09.77 Drs 08/926 Zeyer CDU/CSU SchrAnfr B40 23.09.77 Drs 08/926 Zeyer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . 3432* D Anlage 76 Import von Werkzeug aus osteuropäischen Ländern zu Dumpingpreisen SchrAnfr B41 23.09.77 Drs 08/926 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3434* A Die Frage B 42 — Drucksache 8/926 des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) ist vom Fragesteller zurückgezogen. Anlage 77 Möglichkeiten der Unterstützung mittelständischer Betriebe bei Exportgeschäften SchrAnfr B43 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3434* B Anlage 78 Kapazitätsreduzierung im Bereich von VFW-Fokker sowie Vorlage eines Konzepts für die gesamte Luft- und Raumfahrtindustrie zur Vermeidung von Betriebsschließungen SchrAnfr B44 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Blüm CDU/CSU SchrAnfr B45 23.0937 Drs 08/926 Dr. Blüm CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3434* C Anlage 79 Einsetzung einer Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Neuordnung der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie SchrAnfr B46 23.09.77 Drs 08/926 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3434* D Anlage 80 Forderung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie nach verstärkten Ausfuhrbürgschaften für Exporte nach Südafrika und nach Rücknahme der Empfehlungen zur Nichtbeachtung der Rassentrennung in Südafrika SchrAnfr B47 23.09.77 Drs 08/926 Roth SPD SchrAnfr B48 23.09.77 Drs 08/926 Roth SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3435* A Anlage 81 Beeinträchtigung der Investitionstätigkeit der mittelständischen Wirtschaft, insbesondere im Bereich der Gießereien durch Auflagen des Staates SchrAnfr B49 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3435* C Anlage 82 Belebung der Investitionstätigkeit im Bereich der Solartechnik SchrAnfr B50 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3435* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 XIII Anlage 83 Förderung der Regionen mit hohen Arbeitslosenziffern im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" SchrAnfr B51 23.09.77 Drs 08/926 Daweke CDU/CSU SchrAnfr B52 23.09.77 Drs 08/926 Daweke CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 3436* B Anlage 84 Wegfall der Differenzierung zwischen Haupterwerbsbetrieben und Nebenerwerbsbetrieben in der landwirtschaftlichen Wohnhausförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" SchrAnfr B53 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Jenninger CDU/CSU SchrAnfr B54 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Jenninger CDU/CSU SchrAnfr B55 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Jenninger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML . . . . . 3436* D Anlage 85 Verwendung der Bocksbeutelflasche ausschließlich für Frankenweine SchrAnfr B56 23.09.77 Drs 08/926 Glos CDU/CSU SchrAnfr B57 23.09.77 Drs 08/926 Glos CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . 3437* B Anlage 86 Beihilferegelung für die Verfütterung flüssiger Magermilch SchrAnfr B58 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Ritz CDU/CSU SchrAnfr B59 23.0937 Drs 08/926 Dr. Ritz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML 3438* A Anlage 87 Flexiblere Gestaltung der Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter SchrAnfr B60 23.09.77 Drs 08/926 Dr.-Ing. Laermann FDP SchrAnfr B61 23.09.77 Drs 08/926 Dr.-Ing. Laermann FDP SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 3438* B Anlage 88 Bildung eines „Betreuungsverbandes für den Zivildienst e. V." im Zuständigkeitsbereich des Bundesbeauftragten für den Zivildienst SchrAnfr B62 23.09.77 Drs 08/926 Handlos CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 3439* C Anlage 89 Ablehnung eines Versichertenausweises an Stelle eines Krankenscheines durch die Mehrheit der Ärzte im Kreis RendsburgEckernförde SchrAnfr B63 23.09.77 Drs 08/926 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAnfr B64 23.09.77 Drs 08/926 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 3440* A Anlage 90 Blockierung der Vermittlung von Arbeitsstellen im Haushalt durch die Neufassung des Jugendarbeitsschutzgesetzes SchrAnfr B65 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 3440* B Anlage 91 Neue Straftatbestände zum Schutz menschlicher Arbeitskraft SchrAnfr B66 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schöfberger SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 3440* C Anlage 92 Befreiung der Versorgungsberechtigten nach dem BVG von der Rezeptgebühr SchrAnfr B67 23.09.77 Drs 08/926 Burger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 3440* D Anlage 93 Inanspruchnahme der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung von Familienmitgliedern deutscher und ausländischer Arbeitnehmer SchrAnfr B68 23.09.77 Drs 08/926 Schedl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 3441* A Anlage 94 Rechtzeitige Übermittlung der Rechnungsergebnisse der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung an die Mitglieder der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen; Belastung bestimmter Versicherungsnehmer bei Einführung eines Arzneimittelhöchstbetrages, der Transparenzlisten, eines Krankenversicherungsbeitrags für Rentner und bei der Herausnahme von Medikamenten aus der Erstattungspflicht XIV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 SchrAnfr B69 23.09.77 Drs 08/926 Pohlmann CDU/CSU SchrAnfr B70 23.09.77 Drs 08/926 Pohlmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 3441* B Anlage 95 Alkoholmißbrauch bei Angehörigen der Bundeswehr SchrAnfr B71 23.09.77 Drs 08/926 Frau Hoffmann (Hoya) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 3441* D Anlage 96 Beschaffung von Werkzeug für Kraftfahrzeuge der Bundeswehr aus der DDR und aus Polen über westdeutsche Händler SchrAnfr B72 23.09.77 Drs 08/926 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 3442* B Anlage 97 Erfassung und Bewirtschaftung vorbehaltener Stellen für Zeitsoldaten im öffentlichen Dienst SchrAnfr B73 29.03.77 Drs 08/926 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 3442* C Anlage 98 Ableistung des Wehrdienstes in Heimatnähe SchrAnfr B74 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B75 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 3443* A Anlage 99 Forderung von Mieterdarlehen durch private Altersheime und Seniorenstifte SchrAnfr B76 23.09.77 Drs 08/926 Frau Simonis SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 3443* C Anlage 100 Zunahme der Zahl der Selbstmorde Jugendlicher; Gewährleistung einer psychotherapeutischen Behandlung nach einem Selbstmordversuch SchrAnfr B77 23.09.77 Drs 08/926 Amling SPD SchrAnfr B78 23.09.77 Drs 08/926 Amling SPD SchrAnfr B79 23.09.77 Drs 08/926 Amling SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 3443* D Anlage 101 Senkung des Cholesterinspiegels im Blut durch Genuß von Milch SchrAnfr B80 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Wolters BMJFG . . 3444* D Anlage 102 Zinn und Eisen in zu lange aufbewahrten Konservendosen; Schutz des Verbrauchers vor Gebäck aus der Vorjahresproduktion sowie Aufdruck eines Herstellungs- oder Mindesthaltbarkeitsdatums auf Konservendosen und Packungen SchrAnfr B81 23.09.77 Drs 08/926 Frau Erler SPD SchrAnfr B82 23.09.77 Drs 08/926 Frau Erler SPD SchrAntw StSekr Dr. Wolters BMJFG . . 3445* B Anlage 103 Beibehaltung der derzeit gültigen rechtlichen Regelung in der geographischen Bezeichnung der Weine SchrAnfr B83 23.09.77 Drs 08/926 Burger CDU/CSU SchrAnfr B84 23.09.77 Drs 08/926 Burger CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Wolters BMJFG . . 3445* D Anlage 104 Beratung von Schwangeren nach der Reform des § 218 SchrAnfr B85 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Spöri SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 3446* D Anlage 105 Verlegung der B 404 in Schwarzenbek SchrAnfr B86 23.09.77 Drs 08/926 Kuhlwein SPD SchrAnfr B87 23.09.77 Drs 08/926 Kuhlwein SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 3447* B Anlage 106 Untersuchung des ADAC über die Umweltfeindlichkeit der Kraftfahrzeuge SchrAnfr B88 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 3447* C Anlage 107 Entwicklung eines bleiunempfindlichen Katalysators zur Abgasreinigung von Ottomotoren durch die Firmen Hoechst-AG und Südchemie AG Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 XV SchrAnfr B89 23.09.77 Drs 08/926 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 344T D Anlage 108 Planungsstand hinsichtlich der Ortsumgehung der B 266 Firmenich—Obergartzem sowie 4spuriger Ausbau der Autobahn A 56 von Zülpich bis zur Anschlußstelle Miel SchrAnfr B90 23.09.77 Drs 08/926 Milz CDU/CSU SchrAnfr B91 23.09.77 Drs 08/926 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 3448* A Anlage 109 Trassenführung der S-Bahn zwischen Stuttgart-West und Böblingen durch die Ortsmitte von Stuttgart-Vaihingen SchrAnfr B92 23.09.77 Drs 08/926 Alber CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV . . . . . 3448* B Anlage 110 Tunnelbau im Zuge der A 451 im Ennertbereich bei Bonn sowie Anbindung der Konrad-Adenauer-Brücke in Bonn an die A3 SchrAnfr B93 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3448* C Anlage 111 Verzögerung des Neubaus der B 44 zwischen Mainz-Kostheim und Frankfurt-Sindlingen SchrAnfr B94 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 3448* C Anlage 112 Frauen als Flugkapitäne SchrAnfr B95 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Emmerlich SPD SchrAnfr B96 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Emmerlich SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 3448* D Anlage 113 Verteilung der von einem Bundesland nicht verwendeten Straßenbaumittel an andere Bundesländer SchrAnfr B97 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3449* A Anlage 114 Elektrifizierung der Bundesbahnstrecke Ulm—Friedrichshafen SchrAnfr B98 23.09.77 Drs 08/926 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3449* A Anlage 115 Planungsauftrag für die Eisenbahnviadukte Zazenhausen und Münster der Strecke Kornwestheim—Untertürkheim SchrAnfr B99 23.09.77 Drs 08/926 Conradi SPD SchrAnfr B100 23.09.77 Drs 08/926 Conradi SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 3449* B Anlage 116 Anbringen eines Lärmschutzzaunes in Flörsheim-Weilbach an der Autobahn A 15 Frankfurt—Köln SchrAnfr B101 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Haar BMV 3449* C Anlage 117 Investitionen von Bundesbahn und Bundespost für den Landkreis Lahn-Dill und für die Stadt Lahn SchrAnfr B102 23.09.77 Drs 08/926 Lenzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3449* D Anlage 118 Mittel für den Landkreis Lahn-Dill und für die Stadt Lahn zur Städtesanierung SchrAnfr B103 23.09.77 Drs 08/926 Lenzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haack BMBau . . . . 3450* A Anlage 119 Verwendung des Stadtwaldsanatoriums in Melsungen außerhalb des gesundheitlichen Bereichs SchrAnfr B104 23.09.77 Drs 08/926 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3450* D Anlage 120 Bau der B 299 neu zwischen Garching und Traunstein SchrAnfr B105 23.09.77 Drs 08/926 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMV 3451* A XVI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Anlage 121 Haftung der Post für den Verlust oder die Beschädigung von Postgutsendungen SchrAnfr B106 23.09.77 Drs 08/926 Regenspurger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 3451* B Anlage 122 Verbesserung der Serviceleistungen im Paketbeförderungsdienst der Bundespost SchrAnfr B107 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAnfr B108 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 3451 * C Anlage 123 Räumliche und personelle Kapazitäten in den Ausbildungsstätten der Bundespost in Kaiserslautern SchrAnfr B109 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Blüm CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 3452* A Anlage 124 Zahl der in den Jahren 1975, 1976 und im ersten Halbjahr 1977 mutwillig zerstörten öffentlichen Telefonanschlüsse SchrAnfr B110 23.09.77 Drs 08/926 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haar BMP . . . . . 3452* B Anlage 125 Investitionszuschüsse für die Verbesserung der elektrischen Installationen für die Einfamilienhäuser der Wohnanlage Beckersheimer Weg in Frankfurt SchrAnfr B111 23.09.77 Drs 08/926 Link CDU/CSU SchrAnfr B 112 23.09.77 Drs 08/926 Link CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 3452* B Anlage 126 Trennung der Genehmigung der Finanzmittel für Planung und Ausführung von Bauprojekten zur Ermöglichung einer getrennten Abwicklung von Planfeststellungs- und Raumordnungsverfahren SchrAnfr B114 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 3452* C Anlage 127 Grenzregelungen im Rahmen der §§ 80 bis 84 des Bundesbaugesetzes SchrAnfr B115 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAnfr B116 23.09.77 Drs 08/926 Dr. Riesenhuber CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 3453* A Anlage 128 Zahl der seit Inkrafttreten des Viermächteabkommens über Berlin und des Grundlagenvertrages verweigerten Einreisen zur Leipziger Messe SchrAnfr B117 23.09.77 Drs 08/926 Wohlrabe CDU/CSU SchrAnfr B118 23.09.77 Drs 08/926 Wohlrabe CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 3453* C Anlage 129 Zahl der Bürger der Bundesrepublik Deutschland und Berlins in Haftanstalten der DDR sowie Kontakte von Vertretern der Bundesrepublik Deutschland mit allen Häftlingen SchrAnfr B119 23.09.77 Drs 08/926 Lintner CDU/CSU SchrAnfr B120 23.09.77 Drs 08/926 Lintner CDU/CSU SchrAnfr B121 23.09.77 Drs 08/926 Lintner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 3454* A Anlage 130 Verpflichtung Ost-Berlins gegenüber dem Comecon zum dreispurigen Ausbau der Autobahn Berlin—Marienborn vor Abschluß der Vereinbarung über die Generalüberholung der Autobahn Berlin—Helmstedt SchrAnfr B122 23.09.77 Drs 08/926 Schedl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 3454* B Anlage 131 Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an Forschungsprogrammen der Europäischen Gemeinschaft sowie Übereinstimmung dieser Programme mit nationalen Forschungsprogrammen SchrAnfr B123 23.09.77 Drs 08/926 Lenzer CDU/CSU SchrAnfr B124 23.09.77 Drs 08/926 Lenzer CDU/CSU SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 3455* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3301 44. Sitzung Bonn, den 29. September 1977 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 29. 9. Dr. Ahrens ** 29. 9. Dr. Aigner * 29. 9. Alber * 29. 9. Amrehn *** 29. 9. Dr. Bardens ** 29. 9. Berger 29. 9. Biermann *** 29. 9. Blumenfeld * 29. 9. Brandt 29. 9. Dr. Corterier *** 29. 9. Dr. Dollinger 29. 9. Dr. Ehrenberg 29. 9. Frau Erler *** 29. 9. Flämig * 29. 9. Frau Dr. Focke 29. 9. Dr. Fuchs * 29. 9. Genscher 29. 9. Dr. Gradl *** 29. 9. Frau Dr. Hartenstein 29. 9. von Hassel 29. 9. Hoffmann (Saarbrücken) * 29. 9. Dr. Holtz *** 29. 9. Dr. Jahn (Braunschweig) *** 29. 9. Dr. h. c. Kiesinger 29. 9. Dr. Klepsch * 29. 9. Klinker * 29. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) *** 29. 9. Kroll-Schlüter 29. 9. Landré 29. 9. Lange * 7. 10. Dr. Lenz (Bergstraße) 29. 9. Lenzer ** 29. 9. Lücker * 29. 9. Dr. Marx 29. 9. Dr. Mende ** 29. 9. Möhring 7. 10. Möllemann **' 29. 9. Müller (Mülheim) * 29. 9. Müller (Remscheid) 29. 9. Müller (Wadern) 29. 9. Dr. Müller-Hermann * 29. 9. Neuhaus 6. 10. Pawelczyk **' 29. 9. Polkehn *** 29. 9. Ravens 29. 9. Dr. Reimers 29. 9. Reuschenbach *** 29. 9. Röhner 29. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments **5 für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an der 64. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Rose *** 29. 9. Frau Schleicher*** 29. 9. Schreiber * 29. 9. Schmidt (Miinchen) * 29. 9. Dr. Schwörer * 29. 9. Seefeld * 29. 9. Sieglerschmidt * 29. 9. Dr. Starke (Franken) * 29. 9. Dr. Staudt 29. 9. Graf Stauffenberg 29. 9. Dr. Stercken 29. 9. Strauß 29. 9. Frau Dr. Timm *** 29. 9. Frau Tübler *** 29. 9. Frau Dr. Walz * 29. 9. Wawrzik * 29. 9. Dr. Wörner 7. 10. Würtz * 29. 9. Dr. Wulff *** 29. 9. Zeyer * 29. 9. Zywietz * 29. 9. Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Hansen (SPD) gemäß § 59 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (Drucksache 8/935) Es gibt keinen „Bürgerkrieg", schon gar keinen „Krieg" in der Bundesrepublik. Es gibt eine Bande von Mördern, die den demokratischen Staat und seine freiheitliche Grundordnung zerschießen wollen. Der Staat hat nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, seine Rechtsordnung vor den Erpressungen der Terroristen zu schützen und die Mörder mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verfolgen und zu bestrafen. Die angewendeten Mittel müssen den Geist der Freiheit, die verteidigt werden soll, widerspiegeln. Sie dürfen bis an die Grenzen des Rechtsstaates gehen. Die Verengung der Grenzen durch neue Straf- und Strafprozeßvorschriften kann mit Besonnenheit erst dann ins Auge gefaßt werden, wenn alle zuhandenen rechtsstaatlichen Mittel erwiesenermaßen erschöpft sind und die Gefahr ausgeschlossen ist, daß ein für wenige Verbrecher gedachtes Sonderrecht die Freiheit aller einschränkt, daß Unschuldige davon betroffen werden. Weil Freiheit und Rechtsstaatlichkeit verteidigt werden müssen, stehen sie für niemanden zur Disposition. Ein scheibchenweiser Abbau von Rechtsstaatlichkeit und Freiheit schafft nicht nur Bedingungen für die Möglichkeit eines schleichenden Wandels der verfaßten demokratischen freiheitlichen Grundord- 3404* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 nung, sondern birgt auch unleugbar die Gefahr, den reaktionären Terroristen — wenn auch ungewollt — in die Hände zu arbeiten, die nach einschlägigen Handlungsanweisungen das erklärte Ziel verfolgen, aus der „politischen Situation eine militärische" herbeizuführen. Es genügt nicht, „den Anfängen wehren" zu wollen, wenn es nichts abzuwehren gibt oder es schon zu spät ist: erst und gerade in Zeiten der Not wird dieses Wort Gebot. Nicht nur wegen unserer jüngeren Geschichte darf es nicht dazu kommen, daß aus Sorge, dem Genugtuungsbedürfnis einer aufgebrachten Allgemeinheit nicht entgegenzukommen, daß aus Angst, über die Beschuldigung des „Sympathisantentums" mit den Mördern in einen Topf geworfen zu werden, die Stimmen politisch-moralischer Bedenken gegen Einschränkungen von Rechtsstaatlichkeit und Freiheit nicht mehr laut werden, so schwer das im Klima des vordringenden Vergeltungsdenkens auch sein mag. Weil der angestrebte Erfolg des vorliegenden Gesetzentwurfs in keinem angemessenen Verhältnis zum möglichen Schaden für die verfaßte Rechtsordnung steht, stimme ich ihm nicht zu. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Schuchardt (FDP) (Drucksache 8/926 Frage A 2) : Trifft es zu, daß ein nicht unbeträchtlicher und angestiegener Anteil der Jugendlichen, die als Arbeitsplatzsuchende registriert sind, ursprünglich eine Lehrstelle gesucht haben, aber angesichts des geringen Angebots an Ausbildungsstellen und erhöhter Qualifikationsanforderungen der Betriebe vorzeitig resigniert haben, und wenn ja, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, zumindest dieser Teilgruppe der sogenannten freiwilligen Bildungsverzichter die Chance zu einer qualifizierten beruflichen Erstausbildung zu eröffnen? 1. Wieweit die Jugendlichen, die als arbeitslos gemeldet sind, ursprünglich eine Lehrstelle gesucht haben, läßt sich durch die Arbeitsmarktstatistik nicht ermitteln. Alledings weist die Arbeitslosenstatistik diejenigen Jugendlichen aus, die sich um einen Ausbildungsplatz beworben und gleichzeitig auch arbeitslos gemeldet haben. Nach der Sonderuntersuchung der Bundesanstalt für Arbeit vom Mai 1977 strebten 7 500 oder 8,6 O/o der arbeitslosen Jugendlichen in erster Linie eine Berufsausbildung — sei es eine betriebliche oder schulische Ausbildung — an, waren aber ersatzweise auch an einer Tätigkeit als Ungelernte interessiert. Die Zahl derer, die eine betriebliche Ausbildung wünschten, stieg im Vorjahresvergleich um 1 200 auf 4 700, die Zahl. derer, die entweder eine betriebliche oder eine schulische Ausbildung durchlaufen wollen, um 400 auf 1 300. 2. Soweit Jugendarbeitslosigkeit mit Mitteln der Bildungspolitik zu bekämpfen ist, haben Bund und Länder dazu eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Die Maßnahmen des Bundes zielen dabei in erster Linie darauf ab, für alle Jugendlichen ein ausreichendes Angebot qualifizierter Ausbildungsplätze zu sichern. Zu ihnen gehören insbesondere: — das Ausbildungsplatzförderungsgesetz als Grundlage für die überbetriebliche Finanzierung, die Schaffung einer Berufsbildungsstatistik und die Einrichtung einer gemeinsamen Adresse für die Berufsausbildung; — das Schwerpunktprogramm überbetrieblicher Ausbildungsstätten, welches die Berufsausbildung im Betrieb fördern und die Ausbildungsbereitschaft insbesondere der kleinen und mittleren Betriebe stärken soll. Für den Zeitraum von 1974 bis 1981 hat der Bund dafür 985 Millionen DM vorgesehen; — die Ausweitung der Ausbildungskapazität im Bereich des öffentlichen Dienstes, nach der sowohl Bundesbahn wie Bundespost ihre Ausbildungsangebote weit über den eigenen Bedarf hinaus gesteigert haben; — die Bereitstellung finanzieller Mittel zum Ausbau der Berufsschulen und für Bildungsangebote an Jugendliche ohne Schulabschluß und ohne Berufsausbildung. Für den Ausbau beruflicher Schulen und Einrichtungen der beruflichen Bildung hat der Bund bis 1981 650 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Zusammen mit den Ländermitteln stehen damit insgesamt 1,3 Milliarden DM bereit. Einschließlich der Mittel des Bundes für überbetriebliche Ausbildungsstätten und Modellversuche werden bis 1981 2,5 Milliarden DM aufgebracht, um das Angebot qualifizierter Ausbildungsplätze sicherer zu machen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache 8/926 Frage A 3) : Kann die Bundesregierung die Unterstützung des Bundesinstituts für Berufsbildung bestätigen, wonach die Arbeitslosigkeit unter den berufsschulpflichtigen Jugendlichen weitaus größer sei als bisher angenommen, und welche Konsequenzen wird sie gegebenenfalls daraus ziehen? Die Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung, in dem insbesondere Aufschlüsse über die methodischen Ansätze der Untersuchung sowie die statistischen Grundlagen enthalten sein werden, ist noch nicht abgeschlossen, so daß hierzu auch noch nicht Stellung genommen werden kann. Mit dem Forschungsbericht ist Ende Oktober 1977 zu rechnen. Herr Bundesminister Rohde wird die Untersuchung jedoch zum Anlaß nehmen, mit dem Hauptausschuß des Bundesinstituts für Berufsbildung in nächster Zeit zur Erörterung der Probleme Kontakt aufzunehmen. Soweit Jugendarbeitslosigkeit mit Mitteln der Bildungspolitik zu bekämpfen ist, haben Bund und Länder dazu eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3405* Die Maßnahmen des Bundes zielen dabei in erster Linie darauf ab, für alle Jugendlichen ein ausreichendes Angebot qualifizierter Ausbildungsplätze zu sichern. Zu ihnen gehören insbesondere: — das Ausbildungsförderungsgesetz als Grundlage für die überbetriebliche Finanzierung, die Schaffung einer Berufsbildungsstatistik und die Einrichtung einer gemeinsamen Adresse für die Berufsausbildung; — das Schwerpunktprogramm überbetrieblicher Ausbildungsstätten, welches die Berufsausbildung im Betrieb fördern und die Ausbildungsbereitschaft insbesondere der kleinen und mittleren Betriebe stärken soll. Für den Zeitraum von 1974 bis 1981 hat der Bund dafür 985 Millionen DM vorgesehen; — die Ausweitung der Ausbildungskapazitäten im Bereich des öffentlichen Dienstes, nach der sowohl Bundesbahn wie Bundespost ihre Ausbildungsangebote weit über den eigenen Bedarf hinaus gesteigert haben; - die Bereitstellung finanzieller Mittel zum Ausbau der Berufsschulen und für Bildungsangebote an Jugendliche ohne Schulabschluß und ohne Berufsausbildung. Für den Ausbau beruflicher Schulen und Einrichtungen der beruflichen Bildung hat der Bund bis 1981 650 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Zusammen mit den 'Ländermitteln stehen damit insgesamt 1,3 Milliarden DM bereit. Einschließlich der Mittel des Bundes für überbetriebliche Ausbildungsstätten und Modellversuche werden bis 1981 2,5 Milliarden DM aufgebracht, um das Angebot qualifizierter Ausbildungsplätze sicherer zu machen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jens (SPD) (Drucksache 8/926 Frage A 20) : Erwägt die Bundesregierung eine Überprüfung des Vereinsrechts mit dem Ziel, Millionenclubs wie den ADAC nicht mehr mit dem gleichen Maßstab zu messen wie etwa einen normalen Turn- und Sportverein, und sollten nicht Clubs mit mehr als 5 Millionen Mitgliedern wie der ADAC, der auch Wirtschaftsunternehmen betreibt, aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit eine andere Rechtsform wählen müssen als die eines Vereins? Die Bundesregierung sieht für die angeregte Überprüfung des Vereinsrechts gegenwärtig keinen Anlaß. Das Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs gibt den Vereinen in weitem Umfang die Möglichkeit, ihre Organisationsform so auszugestalten, daß ihren individuellen Zielen und Zwecken am besten entsprochen werden kann. Es beschränkt sich daher bewußt auf wenige zwingende Vorschriften, wobei die Größe eines Vereins allein nicht als maßgebliches Kriterium für eine unterschiedliche Regelung in Betracht kommen dürfte. Soweit die Rechtsform betroffen ist, stellt das Vereinsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum einen die Form des „Idealvereins" nach § 21 BGB, zum anderen die Form des „wirtschaftlichen Vereins" nach § 22 BGB zur Verfügung. Der Idealverein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister. Nach § 43 Abs. 2 BGB kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn ein solcher Idealverein einen auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Zweck verfolgt. Dadurch kann etwaigen Mißbräuchen entgegengewirkt werden. Die Zuständigkeit und das Verfahren bestimmen sich gem. § 44 BGB nach dem Recht des Landes, in dem der Verein seinen Sitz hat. Dem gegenüber steht der auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb abzielende Verein, der die Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung erhalten kann. Für eine solche Verleihung wird jedoch im allgemeinen kein Raum sein, wenn der Verein seine Zwecke in den vom Gesellschaftsrecht zur Verfügung gestellten Form verwirklichen kann. Von der wirtschaftlichen Betätigung durch den Verein selbst ist der Fall zu trennen in dem derartige Zwecke von den dem Verein zugeordneten, jedoch nicht rechtlich selbständigen handelsrechtlichen Gesellschaften betrieben werden. Für diese Gesellschaften, die anscheinend auch in dem der Anfrage zugrunde liegenden Fall gegründet wurden, gelten die allgemeinen, für diese Rechtsform getroffenen Bestimmungen. Unabhängig davon wird im Rahmen der Unternehmensrechtsreform zu prüfen sein, in welchem Umfang Personen, die sich wirtschaftlich betätigen, von einer bestimmten Größe an unabhängig von ihrer Rechtsform auferlegt werden kann, bestimmte Mindestbedingungen hinsichtlich ihrer Verfassung, der Rechnungslegung und Publizität sowie zum Schutze Dritter im Falle der Konzernverflechtung zu erfüllen. Sollte sich ein in etwa gleichwertiger Schutz der Beteiligten und auch der Öffentlichkeit bei einzelnen Rechtsformen nicht verwirklichen lassen, wird auch ein etwaiger Rechtsformzwang zu prüfen sein. Hierüber werden jedoch zunächst die Beratungsergebnisse der Unternehmensrechtskommission abzuwarten sein. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schöfberger (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen A 21 und 22): Wann und in welcher Form wird die Bundesregierung die Vorschläge der Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität weiterverfolgen und dem Bundestag neue Straftatbestände (betreffend „irreführende Werbung", „Gebrauch von Mogelpackungen", „Submissionsabsprachen", „progressive Kundenwerbung", ,Kreditwucher", Ausspähen von Wirtschaftsgeheimnissen", „Computermißbrauch", „haftungsmindernden Firmenmißhrauch" usw.) vorschlagen, nachdem Äußerungen des Bundesjustizministers zufolge mit der Vorlage des Entwurfs eines 2. Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist? Sind der Bundesregierung Schätzungen über den durch Wirtschaftskriminalität verursachten volkswirtschaftlichen Schaden bekannt, und in welchem Verhältnis steht dieser zu dem durch „klassische" Kriminalität verursachten Schaden? 3406* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Zu Frage A 21: Die in Ihrer Frage angesprochenen Vorschläge sind zum Teil schon verwirklicht worden. Der Straftatbestand über den Kreditwucher, zu dem die Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität — Reform des Wirtschaftsstrafrechts — Vorschläge unterbreitet hatte, ist bereits in dem seit dem 1. September 1976 in Kraft befindlichen Ersten Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität erneuert worden. Gegen die Verwendung von sog. Mogelpackungen sind inzwischen in dem Eichgesetz und der dazu ergangenen Fertigpackungsverordnung in der Fassung vom 20. Dezember 1976 besondere Bußgeldtatbestände eingestellt worden. Andere der von Ihnen erwähnten Überlegungen sind bei den Vorarbeiten für einzelne Novellen auf dem Gebiete des Wirtschaftsrechts aufgegriffen worden. Soweit es den „haftungsmindernden Firmenmißbrauch" betrifft, verstehe ich die Frage dahin, daß zivilrechtliche und sie sanktionierende strafrechtliche Maßnahmen zum besseren Gläubigerschutz gemeint sind. In diesem Bereich hat die Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität insbesondere Vorschläge zum Recht der GmbH und der GmbH & Co. erarbeitet. Diesen Vorschlägen hat die Bundesregierung in dem zur Zeit dem Bundesrat vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des GmbH-Gesetzes und anderer handelsrechtlicher Vorschriften Rechnung getragen. Wegen der Einzelheiten darf ich auf diesen Gesetzentwurf verweisen (BR-Drucks. 404/77). Die Vorschläge der Kommission auf dem Gebiete des unlauteren Wettbewerbs zu den Tatbeständen der irreführenden Werbung, der progressiven Kundenwerbung und des Ausspähens von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen werden zur Zeit von der Bundesregierung im Rahmen der Vorarbeiten für eine Novelle zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb überprüft und dort voraussichtlich berücksichtigt. Durch diese Novelle soll u. a. der zivilrechtliche Schutz der Verbraucher gegen eine unlautere Werbung verstärkt werden. Wegen des engen Zusammenhanges dieser Regelung mit den Vorschlägen der genannten Kommission auf strafrechtlichem Gebiete empfiehlt sich eine umfassende Regelung dieser Materie in einer einheitlichen Novelle. Ein Regierungsentwurf soll 1978 vorgelegt werden. Das Bundesministerium der Justiz hält es weiter für geboten, für die endgültige Bestimmung des Inhaltes eines Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität die im Jahre 1977 zu erwartenden Empfehlungen der genannten Kommission in die Prüfung miteinzubeziehen. Inzwischen liegen z. B. Empfehlungen zur strafrechtlichen Bekämpfung des Wechsel- und Scheckkartenmißbrauchs und zu Änderungen des Börsenstrafrechts vor; die nächste Arbeitstagung der Kommission findet Ende November 1977 statt. Erst dann wird sich bestimmen lassen können, welche Vorschläge der Kommission in dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität zusammengefaßt werden sollten. Zu Frage A 22: Seit dem 1. Januar 1974 wird bei den Staatsanwaltschaften in der Bundesrepublik eine Erfassung von Wirtschaftsstraftaten nacheinheitlichen Gesichtspunkten durchgeführt. Die Auswertung nimmt das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, Forschungsgruppe Kriminologie, vor. Der neueste von diesem Institut vorgelegte Forschungsbericht bezieht sich auf das Jahr 1975. In dem Bericht wird auch der Gesamtschaden angegeben, der in den Ermittlungsverfahren feststellbar war. Es handelt sich dabei um den jeweils ermittelten Schaden, ohne Rücksicht darauf, ob der überprüfte gesetzliche Tatbestand den Eintritt eines Schadens erfordert oder nicht. Eingeschlossen sind auch die Fälle, in denen keine Anklageerhebung erfolgte. Die Höhe dieses Gesamtschadens wird für das Jahr 1975 mit rd. 3,4 Milliarden DM angegeben. Über den durch die sog. klassische Kriminalität verursachten Schaden liegen vergleichbare und nach vergleichbarer Methode festgestellte Schadensschätzungen nicht vor. Es läßt sich deshalb nicht angeben, in welchem Verhältnis der durch Wirtschaftskriminalität verursachte Schaden zu dem durch klassische Kriminalität verursachten steht. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Weber (Köln) (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen A 23 und 24) : Hält die Bundesregierung es für sachgerecht, daß für die Aburteilung der terroristischen Gewaltkriminalität und anderer schwerer Staatsschutz-Straftaten eine verhältnismäßig große Zahl von Oberlandesgerichten zuständig ist, und wenn nein, welche Folgerungen zieht sie daraus? Könnte die Situation dadurch verbessert werden, daß die Zuständigkeit zur Aburteilung dieser Straftaten auf einige wenige Oberlandesgerichte konzentriert wird, und welche reditlichen Möglichkeiten bieten sich hierzu an? Zu Frage A 23: Für Staatsschutzsachen von besonderer Bedeutung sind zur Zeit neun Oberlandesgerichte erstinstanzlich zuständig. Bremen und das Saarland haben ihre Zuständigkeit auf Hamburg bzw. Rheinland-Pfalz übertragen. Die Bundesregierung hält diesen Zustand nicht für optimal, weil er die Kräfte des Generalbundesanwalts in bedenklicher Weise zersplittert, es erschwert, daß die mit Staatsschutz-Strafsachen befaßten Richter Erfahrungen sammeln, und zu erheblichen Schwierigkeiten für den Schutz dieser Gerichte führen könnte, falls an allen neun Gerichten gleichzeitig Terroristenprozesse anhängig sein sollten. Zu Frage A 24: Eine Konzentration dieser Zuständigkeit auf einige wenige Oberlandesgerichte würde diese Si- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3407* tuation erheblich verbessern. Die rechtlichen Möglichkeiten des Bundesgesetzgebers dafür sind allerdins insofern begrenzt, als ihm eine Kompetenz dafür nur für den Bereich zustehen kann, für den die Oberlandesgerichte gemäß Artikel 96 Abs. 5 GG Gerichtsbarkeit des Bundes ausüben. Soweit sie Landesgerichtsbarkeit ausüben, kann der Bundesgesetzgeber nicht eingreifen. Die Bundesregierung würde es deshalb begrüßen, wenn die Länder möglichst bald eine Zuständigkeitskonzentration durch Staatsvertrag herbeiführen würden. Die rechtliche Möglichkeit dazu ist ihnen durch § 120 Abs. 5 Satz 2 GVG ausdrücklich eröffnet. Wie Sie der Antwort auf die vorausgegangene Frage entnehmen können, ist davon auch bereits Gebrauch gemacht worden, nur wohl noch nicht in ausreichendem Umfang. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Emmerlich (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen A 25 und 26) : Muß befürchtet werden, daß bei der Zunahme der Strafverfahren im Bereich erstinstanzlicher Oberlandesgerichtssachen sich eine Entwicklung anbahnt, die zu einer unerträglichen Belastung des Bundesgerichtshofes als letzter Instanz führt und damit auch eine erhebliche Verlängerung der Untersuchungshaft mit sich bringen kann, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Trifft es zu, daß erstinstanzliche Verfahren beim Oberlandesgericht sich im wesentlichen mit der langdauernden Feststellung komplizierter Sachverhalte und weniger mit diffizilen Rechtsfragen zu beschäftigen haben, und erscheint es unter diesen Umständen angemessen, die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten? Die Bundesregierung teilt die in der Fragestellung zum Ausdruck kommende Besorgnis, daß die gegen die erstinstanzlichen Urteile der Oberlandesgerichte uneingeschränkt zulässige Revision sich aus verschiedenen Gründen nachteilig auf die zügige Erledigung von Großverfahren wegen terroristischer Gewalttaten auswirken kann und den Eintritt der Rechtskraft erheblich zu verzögern geeignet ist. Dabei spielt allerdings weniger die Belastung des Bundesgerichtshofes eine Rolle. Obwohl die Zahl der Revisionen gegen Urteile der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gerade in der jüngsten Zeit stark gestiegen ist, tragen sie zur Gesamtbelastung des Bundesgerichtshofes nicht ausschlaggebend bei, es sei denn, daß die Verhandlungsdauer des einzelnen Verfahrens auch zum Bundesgerichtshof sehr erheblich anwächst. Die von den Oberlandesgerichten im ersten Rechtszug in diesen Verfahren oft bei schwieriger Beweislage aufzuklärenden komplexen Sachverhalte, die — wie in allen tatrichterlichen Verfahren — stärker im Vordergrund stehen als diffizile Rechtsfragen, führen häufig dazu, daß der Zeitraum zwischen Urteilsverkündung und der Entscheidung des Revisionsgerichts sehr lang ist. Maßgebend hierfür ist in erster Linie der Zeitaufwand für die schriftliche Urteilsbegründung und für die Revisionsbegründung. Während dieser Zeit behalten die Angeklagten den Status eines Untersuchungsgefangenen, mit allen damit verbundenen Privilegien, obwohl ihnen ihre Schuld nach einer mit allen Verfahrensgarantien versehenen Hauptverhandlung nach der Überzeugung eines besonders hoch qualifizierten Gerichts voll nachgewiesen ist. Dadurch, daß jeder Verfahrensverstoß mit der Revision geltend gemacht werden kann, wird dem Tatgericht ferner die entschiedene Abwehr mißbräuchlicher und verzögernder Geltendmachung prozessualer Rechte durch volle und entschiedene Anwendung der Abwehrmöglichkeiten des geltenden Rechts erschwert. Es könnte daher erwogen werden, für den Bereich der erstinstanzlichen Verfahren vor dem Oberlandesgericht durch Änderungen im Rechtsmittelrecht dafür Sorge zu tragen, daß durch eine Neubestimmung der Möglichkeiten, Verfahrensfehler zu rügen, dem Tatrichter die wirksame Abwehr exzessiven Mißbrauchs von Verfahrensrechten erleichtert wird und daß der in erster Instanz verurteilte Angeklagte alsbald in den Status eines Strafgefangenen übergeführt werden kann. Allerdings dürfte es unerläßlich sein, daß auch hierbei die sachlich-rechtliche Überprüfung der Urteile der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug voll gewährleistet bleibt. Ein falsches und damit ungerechtes Urteil aufrechtzuerhalten, stellt kein geeignetes Mittel dar, das Vertrauen in den Rechtsstaat zu stärken und in rechtsstaatlicher Weise den Terrorismus zu bekämpfen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretär Dr. de With auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Narjes (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 27 und 28) : In welchem Umfang sind die in der Ubersicht des Bundesjustizministers über die Zahl der Opfer terroristischer Gewalttaten und die getöteten Terroristen (Stand: 8. September 1977) aufgeführten Opfer terroristischer Gewaltaten bzw. deren nähere Angehörige durch Bundesbehörden oder andere dem unmittelbaren oder mittelbaren Verantwortungsbereich der Bundesregierung zuzuordnenden Stellen für die erlittenen Opfer im Namen der Gemeinschaft entschädigt worden, und wie stellt sich der Sachverhalt in jedem einzelnen dieser Fälle nach dem Stand vom 15. September 1977 dar? Wie lange dauert die Bearbeitung der Entschädigung von Opfern terroristischer Gewalttaten bzw. im Todesfall bei den Angehörigen durch die staatlichen Behörden, für die die Bundesregierung unmittelbar oder mittelbar verantwortlich ist, und gibt es heute in diesem Bereich noch Fälle, bei denen eine Entschädigung noch nicht gezahlt wurde, und gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls, die Regelung für Kriegsopfer auf die Opfer terroristischer Gewalttaten auszudehnen? Sie fragen, ob die Bundesregierunug gedenke, die Regelung für Kriegsopfer auf die Opfer terroristischer Gewalttaten auszudehnen. Der Deutsche Bundestag hat am 30. Januar 1976 einstimmig ein Gesetz beschlossen, das genau dies tut. Das am 16. Mai 1976 in Kraft getretene Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten bestimmt, daß diese Opfer nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes entschädigt und versorgt werden, also nach dem für Kriegsopfer geltenden Recht. Für die Anwendung des Opferentschädigungsgesetzes macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine 3408* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 terroristische oder um eine andere Gewalttat handelt. Das Gesetz wird als Bundesgesetz nach Artikel 83 des Grundgesetzes von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Im Einzelfall entscheiden die von den Ländern bestimmten Verwaltungsbehörden; das sind die Versorgungsämter. Die Bundesregierung hat keine Unterlagen über die einzelnen Versorgungsfälle. Wie lange die Bearbeitung eines Entschädigungsfalles dauert, ist weitgehend abhängig von den Ermittlungen über Ursache, Art und Umfang der gesundheitlichen Schädigung. Vorläufige Versorgungsleistungen, z. B. Renten oder Sachleistungen, können schon vor Abschluß dieser Ermittlungen gewährt werden, sofern die Leistungsvoraussetzungen wahrscheinlich gegeben sind. Klagen über verzögerliche Behandlung von Entschädigungsfällen nach terroristischen Gewalttaten sind der Bundesregierung nicht bekanntgeworden. Die Bundesregierung ist selbstverständlich bereit, etwaigen konkreten Beanstandungen sofort nachzugehen. Die Liste der 22 Todesopfer terroristischer Gewalttaten, die Ihre Frage erwähnt, enthält nicht weniger als 14 Angehörige der Polizei, der Justiz und des Diplomatischen Dienstes. Auch unter den fast 200 Verletzten waren viele Angehörige des öffentlichen Dienstes. In allen Fällen, in denen ein Dienst- oder Arbeitsunfall vorliegt, ist die Entschädigung und Versorgung der Opfer und ihrer Hinterbliebenen durch die Bestimmungen des Beamtenrechts und der gesetzlichen Unfallversicherung gewährleistet. Diese Vorschriften haben den Vorrang vor den Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz. Da Sie in Ihrer Frage den Verantwortungsbereich der Bundesregierung ausdrücklich ansprechen, möchte ich für den beamten- und dienstrechtlichen Bereich des Bundesministers der Justiz versichern, daß in allen Fällen den Opfern terroristischer Gewalttaten und ihren Hinterbliebenen schnell und unbürokratisch bewilligt und gewährt worden ist, was ihnen zusteht. Ich denke, daß im Bereich der übrigen betroffenen Bundesressorts und in den Bundesländern nicht anders verfahren wird. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 38) : Worauf gründet der Bundeskanzler seine Kritik, die Deutschen würden zuviel sparen und sich damit nicht konjunkturgerecht verhalten, angesichts der Tatsache, daß in den ersten sieben Monaten 1977 bei allen deutschen Sparkassen Privatpersonen mit 6,7 Milliarden DM 22,4 v. H. weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum (8,7 Milliarden DM) in den verschiedenen Sparformen angelegt haben, und müssen derartige Äußerungen nicht als Versuch gewertet werden, die tatsächliche Verantwortung für die Konjunkturschwäche von den politisch Verantwortlichen auf die Masse der Bürger abzuwälzen? 1. Öffentliche Äußerungen des Bundeskanzlers über das Sparverhalten der privaten Haushalte sind nicht als Kritik am persönlichen Sparwillen zu werten, sondern sie machen den vorhandenen Zusammenhang zwischen der Veränderung der Sparquote aller privaten Haushalte und ihrer Konsumnachfrage und damit der konjunkturellen Entwicklung deutlich. 2. Informationen, wonach die deutschen Sparkassen in den verschiedensten Anlageformen in den ersten sieben Monaten 1977 im Vorjahresvergleich einen starken Rückgang der Erparnisbildung zu verzeichnen haben, lassen keinen Rückschluß auf die Entwicklung der Sparquote insgesamt zu, da auch andere Sparformen berücksichtigt werden müssen (Einlagen bei den Genossenschaftsbanken, Realkreditinstituten, Bausparkassen sowie Wertpapieranlagen und Versicherungssparen). Aufgrund sämtlicher verfügbarer Informationen kann jedoch damit gerechnet werden, daß die Sparquote der privaten Haushalte in letzter Zeit nicht mehr angestiegen ist, sondern wieder rückläufig war. 3. Hinweise auf Zusammenhänge zwischen verschiedenen Positionen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung können keineswegs als Versuch gewertet werden, die Verantwortung von den politischen Entscheidungsträgern abzuwälzen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 8/926 Fragen A 39 und 40) : Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Gutachten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes aus dem Jahre 1966 zum Rhein-Main-Donau-Kanal? Ist die Bundesregierung bereit, nach § 7 der Bundeshaushaltsordnung eine Kosten-Nutzen-Analyse einzuholen, um festzustellen, ob dieses Bauvorhaben wirtschaftlich sinnvoll und die Mittelvergabe hierfür haushaltsrechtlich gerechtfertigt ist? Zu Frage A 39: Eine von Ihnen als Gutachten bezeichnete Ausarbeitung ist durch den Bund der Steuerzahler neben vielen anderen Stellen auch dem Bundesverkehrsministerium übersandt worden. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen hat dem Bundesminister für Verkehr hierzu erklärt, daß es sich nicht um ein Gutachten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes handelt, sondern um einen internen Aktenvermerk eines Mitarbeiters, der vom Bayerischen Obersten Rechnungshof nicht getragen wird. Zu Frage A 40: Auf der Basis eines Staatsvertrages des Reiches mit Bayern aus dem Jahre 1921 haben der Bund und Bayern 1966 im sogenannten Duisburger Vertrag den Bau der Südstrecke der Main-Donau-Verbindung zwischen Nürnberg und Regensburg und die Donau-Kanalisierung vereinbart. Das Vorhaben wurde durch eine Studie der Wirtschaftskommission für Europa (ECE) gestützt. Nach Fortentwicklung der Methoden der Kosten-Nutzen-Analyse und auf Grund neuerer Ausgangsdaten wurde auch dieses Vorhaben noch einmal im Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3409* Rahmen der Fortschreibung der Bundesverkehrswegeplanung im Jahre 1975 untersucht. Als Ergebnis der Untersuchung wurden durch Herabsetzung der Ausbaustandards im Einvernehmen mit Bayern Investitionskosten von rd. 100 Millionen DM eingespart. Angesichts der klaren vertraglichen Bindung des Bundes und des weit fortgeschrittenen Bauzustandes sieht die Bundesregierung keine Möglichkeit zu weitergehenden Folgerungen. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann (FDP) (Drucksache 8/926 Frage A 41) : Trifft der vom Deutschen Industrie- und Handelstag erhobene Vorwurf zu, vor allem die seit 1971 erlassenen Ausbildungsordnungen seien in ihren Anforderungen überzogen und wirkten damit äußerst „ausbildungshemmend", und wenn ja, welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen, um Ausbildungsvorschriften praxisgerechter zu gestalten, ohne dabei den Mindeststandard an Ausbildungsqualität zu unterschreiten? Der DIHT hat in Veröffentlichungen und Pressekonferenzen mehrmals im Zusammenhang mit der Bereitstellung zusätzlicher Ausbildungsplätze darauf hingewiesen, daß einige Ausbildungsordnungen überprüft werden müßten, um mehr Ausbildungsbetriebe als bisher für die Ausbildung zu gewinnen. Bekanntlich hat sich auch der Bundesrat in seiner Entschließung vom 6. Mai 1977 zu dem Antrag des Landes Baden-Württemberg zu diesem Thema geäußert. Die Bundesregierung hat am 3. August 1977 zu dieser Entschließung des Bundesrates Stellung genommen und u. a. darauf hingewiesen, daß die Ausbildungsordnungen unter Berücksichtigung von Hinweisen aus der Ausbildungspraxis laufend überprüft werden. Zunächst ist jedoch mit aller Deutlichkeit festzustellen, daß die Bundesregierung alle Ausbildungsordnungen gemeinsam mit den Sozialpartnern erarbeitet und alle mit deren Zustimmung verabschiedet worden sind. Es wird allerdings immer einige Punkte geben, die nicht in der von der Wirtschaft gewünschten Weise geregelt werden konnten, wie es auch immer Betriebe geben wird, die trotz Ausbildungsbereitschaft nicht die Palette der geforderten Ausbildungsinhalte abdecken können. Die Bundesregierung hat jedoch frühzeitig die Hauptprobleme der Anwendung von Ausbildungsordnungen erkannt und deshalb entsprechende Maßnahmen zu ihrer Überwindung ergriffen. 1. Über die Abstimmung von Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrplänen wurde mit den Ländern die Vereinbarung im „Gemeinsamen Ergebnisprotokoll" von Bund und Ländern vom 30. Mai 1972 getroffen. Die Bundesregierung ist seit langem darum bemüht, dieses Verfahren in Zusammenarbeit mit den Ländern zu verbessern. 2. Um möglichst vielen Betrieben die Ausbildungsmöglichkeiten zu erhalten, ist ab 1974 die sogenannte Flexibilitätsklausel in Ausbildungsordnungen einbezogen worden. Diese Klausel stellt klar, daß Ausbildungsbetriebe von der sachlichen und zeitlichen Gliederung des Ausbildungsinhaltes im Ausbildungsrahmenplan insbesondere abweichen können, soweit betriebspraktische Besonderheiten die Abweichung erfordern. Eine solche Betrachtung gilt auch für Ausbildungsordnungen, die die Flexibilitätsklausel noch nicht enthalten. Die Bundesregierung hat jedoch keinen Zweifel daran gelassen, daß die Grenze der sachlich gebotenen Qualitäts- und. Qualifikationsforderungen bei der Überarbeitung von Ausbildungsordnungen im Interesse der Jugendlichen und der Erhaltung der Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft nicht unterschritten werden kann. 3. Die Bundesregierung hat der Wirtschaft gegenüber erklärt, daß bei kaufmännischen Ausbildungsordnungen, die am meisten der Kritik unterliegen, bestimmte Ausbildungsinhalte von den Betrieben nicht vermittelt zu werden brauchen, wenn die Berufsschule diese Inhalte bereits vermittelt hat. 4. Die Bundesregierung hat die Überarbeitung der bisher erlassenen kaufmännischen Ausbildungsordnungen frühzeitig eingeleitet. Die neue Ausbildungsordnung für den Versicherungskaufmann ist bereits erlassen worden. Mit dem Erlaß weiterer abgestimmter kaufmännischer Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrpläne kann noch in diesem Jahr gerechnet werden *). Die zu Anfang angesprochene Überprüfung erstreckt sich auch auf den Bereich der gewerblich-technischen Ausbildungsberufe **). 5. Die Bundesregierung hat die Sozialpartner bei der Vielzahl der in Vorbereitung befindlichen Vorhaben der Neuordnung von Ausbildungsberufen veranlaßt, die Tätigkeitsorientierung der Ausbildungsinhalte noch stärker als bisher in den Vordergrund zu stellen und auf die Struktur der Ausbildungsbetriebe auszurichten. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 8/926 Frage A 42) : Welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, bei der Vergabe von öffentlichen Mitteln, z. B. ABM, sonstige Mittel der Bundesanstalt für Arbeit, Regionalprogramme, bzw. bei der Übernahme von Garantien, darauf zu achten, daß tatsächlich die geplanten Arbeitsplätze eingerichtet werden, bzw. welche Möglichkeiten sieht sie, in Zukunft stärker als bisher Kontrolle über solche öffentlichen Mittel zu erhalten? Soweit die Bundesanstalt für Arbeit Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung fördert, werden Leistungen für Arbeitnehmer gewährt, die beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet waren und vom Arbeitsamt zugewiesen werden. Außerdem wird der Zuschuß i. v. Hundertsätzen des Arbeitsentgelts gewährt, das die bei der Maßnahme beschäftigten zugewiesenen Arbeitnehmer während der Beschäftigung erhalten. Industriekaufmann, Kaufmann im Groß- und Außenhandel ") Druckberufe, Holzmechaniker, Metallberufe 3410* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Auch sonstige Mittel der Bundesanstalt für Arbeit für die Förderung der Arbeitsaufnahme sind an die Person des Arbeitnehmers gebunden. Dadurch besteht eine vollkommene Kontrolle darüber, daß die Arbeitsplätze auch tatsächlich eingerichtet worden sind. In den Fällen, in denen die Vergabe von öffentlichen Mitteln zur Förderung gewerblicher Investitionen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" von der Schaffung von Dauerarbeitsplätzen abhängig gemacht wird, müssen die Investoren verbindlich erklären, wieviele Dauerarbeitsplätze sie zusätzlich zu schaffen beabsichtigen. Sie sind verpflichtet, diesbezügliche Änderungen in ihren Planungen den zuständigen Stellen unverzüglich mitzuteilen. Unrichtige oder unvollständige Angaben werden als Subventionsbetrug (§ 264 Strafgesetzbuch) bestraft. Die Übernahme von Garantien wird nicht von der Schaffung von Arbeitsplätzen abhängig gemacht. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Egert (SPD) (Drucksache 8/926 Frage A 43) : Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die neuerdings im Handel befindlichen Fieberteststreifen hinsichtlich der Zuverlässigkeit ihrer Aussage zu wünschen übrig lassen, und was gedenkt sie gegebenenfalls zu tun, um dieser gesundheitlich bedenklichen Irreführung des Verbrauchers entgegenzutreten? Untersuchungen haben ergeben, daß die neuerdings im Handel befindlichen Fieberteststreifen nicht die Genauigkeitsanforderungen erfüllen, die von der Eichordnung an Fieberthermometer gestellt werden. Ob man sich bei den Fieberteststreifen mit einer geringeren Genauigkeit begnügen kann, weil sie eigentlich nur als Temperaturindikatoren dienen sollen, muß noch geprüft werden. Nach den Stellungnahmen, die bisher von medizinischer Seite vorliegen, scheint das der Fall zu sein. Für ein Verbot der Fieberteststreifen käme zur Zeit allenfalls das Eichgesetz in Betracht. Es ist aber fraglich, ob es sich bei den Teststreifen um eichpflichtige Meßgeräte handelt. Die Meinungen der für den Vollzug des Eichgesetzes zuständigen Behörden der Länder sind geteilt. Die Bundesregierung ist bemüht, eine einheitliche Auffassung herbeizuführen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage ,des Abgeordneten Wolfgramm (Göttingen) (FDP) Drucksache 8/926 Frage A 44) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahr der Grundwasserverschmutzung durch Altöl angesichts der steigenden Zahl der Ölverkäufe in Kaufhäusern, Supermärkten und ähnlichen Unternehmen ohne eigene Ölwechseleinrichtung? Nach Schätzungen der Mineralölwirtschaft ist der Schmierölabsatz im Handel in den letzten Jahren von 20 000 auf 30 000 t gestiegen. Eine derartige Absatzentwicklung wird von den betroffenen Handelsverbänden nur teilweise bestätigt. Geht man entsprechend den Berechnungen im Zweiten Altölbericht der Bundesregierung vom 1. April 1975 davon aus, daß etwa die Hälfte des Absatzes auf sogenannte „Selbstwechsler-Schmieröle" entfällt und daß ca. 65 % dieser Menge nach Gebrauch als Altöl anfallen, so ergibt sich eine Reststoffmenge von 9 750 t. Die Dunkelziffer unkontrolliert beseitigter Altöle, die im Zweiten Altölbericht — in voller Übereinstimmung mit Einzelhandel und Mineralölwirtschaftsverband — bereits sehr weitgehend auf bis zu 5 000 t geschätzt worden war, dürfte von der ggf. zu verzeichnenden Steigerung der Altölmenge um 2 250 t nur unwesentlich beeinflußt werden. Unverändert gilt, daß Anhaltspunkte für einen massierten Anfall von Altöl aus „privaten" Ölwechseln nicht vorliegen und daß durch SelbstwechslerAltöle verursachte Umweltschäden nicht bekanntgeworden sind. Um einen genaueren Überblick über die Menge unkontrolliert beseitigter Altöle zu erhalten, hat das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft ein Meinungsforschungsinstitut mit einer Repräsentativ-Erhebung zum Selbstwechslerproblem beauftragt; das Ergebnis wird zum 15. Oktober 1977 vorliegen. Diese Erhebung soll nicht so sehr die vorhandenen Selbstwechsel-Einrichtungen und Abgabemöglichkeiten erfassen, sondern in erster Linie das Verhalten der Autofahrer feststellen. Die Ergebnisse ,der Erhebung können dann mit den Resultaten früherer Untersuchungen sowie eigenen Erhebungen von Mineralölkonzernen verglichen werden. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (München) (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen A 46 und 47) : Wie beurteilt die Bundesregierung Äußerungen der Spitzengremien der deutschen Industrie, wonach sich nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 22. September 1977 deutsche Unternehmen nicht an den von den EG-Außenministern am 20. September 1977 in Brüssel beschlossenen Verhaltenskodex für EG-Firmen in Südafrika halten wollen, und welche Folgerungen zieht sie — sollten die Äußerungen sich bewahrheiten —daraus? Gibt es für die Bundesregierung Möglichkeiten, deutsche Firmen, die in Südafrika Zweigniederlassungen unterhalten, dennoch zur Einhaltung des Verhaltenskodex zu bewegen, und denkt die Bundesregierung daran, die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten, ob und wie deutsche Unternehmen der Aufforderung der EG-Außenminister nachgekommen sind und einen jährlichen Bericht über die Anwendung des Kodex vorgelegt haben oder ob sie weiterhin an der Apartheid in ihren Betrieben festhalten und ihren nichtweißen Arbeitnehmern z. B. so grundlegende Rechte wie gleichen Lohn für gleiche Arbeit, die freie Wahl von Arbeitnehmervertretungen und das gewerkschaftliche Koalitionsrecht verweigern? Zu Frage A 46: Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat inzwischen erklärt, daß der in Brüssel beschlossene Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3411* Kodex für europäische Firmen in Südafrika Verhaltensmaßregeln empfiehlt, an die sich deutsche Firmen in Südafrika seit langem halten. Die darin liegende Politik des praktischen Abbaus der Rassendiskriminierung entspreche uneingeschränkt der Haltung des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Der Bundesverband der Deutschen Industrie befindet sich damit offenbar in Übereinstimmung mit der Bundesregierung, daß der Kodex einen Beitrag zum schrittweisen Abbau der Rassendiskriminierung leisten kann. Zu Frage A 47: Der Kodex hat ausdrücklich empfehlenden Charakter und soll auf freiwilliger Basis in die Praxis umgesetzt werden. Wie sich aus der Beantwortung der Frage 1 ergibt, haben die Spitzenverbände der Wirtschaft erklärt, sie bejahten die politische Zielsetzung, die dem Verhaltenskodex zugrunde liegt. Der Kodex empfiehlt den angesprochenen Unternehmen, jährlich eingehende Fortschrittsberichte zur Anwendung des Kodex zu veröffentlichen. Die Regierungen sollen diese Fortschritte prüfen. Über die Modalitäten dieser Fortschrittsprüfung und deren eventuelle Veröffentlichung werden die beteiligten Regierungen sich noch verständigen müssen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Voss (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 51) : Wie gedenkt die Bundesregierung den Investitionsausfall zu beseitigen, den sie allein beim Kraftwerkbau auf 20 bis 25 Milliarden DM beziffert? In der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage des Abgeordneten Dr. Graf Lambsdorff vom 13. Juli 1977 wurde das blockierte Auftragsvolumen im Kraftwerksbau mit 10,5 Mrd. DM beziffert. Die von Ihnen genannte Größenordnung beinhaltet zusätzlich den im Straßenbau und sonstigen Verkehrsbereichen zu verzeichnenden Investitionsstau. Bei dem blockierten Kraftwerks-Auftragsvolumen handelt es sich nicht um einen Investitionsausfall, sondern um ein sich auf mehrere Jahre erstreckendes Auftragsvolumen, das in seiner Durchführung durch gerichtliche oder administrative Entscheidungen behindert ist. Die Bundesregierung hat weder auf die Rechtsprechung als unabhängige dritte Gewalt noch auf die Handhabung der Genehmigungsverfahren durch die dafür zuständigen Länder einen unmittelbaren Einfluß. Anlage 18 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 68 und 69) : Warum hat die Bundesregierung es entgegen der ursprünglich vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bekundeten Absicht zugelassen, daß ab 5. September 1977 der Währungsausgleich bei Milch und Milchprodukten teilweise gesenkt oder sogar gestrichen worden ist? Welche Auswirkungen hat nach Ansicht der Bundesregierung die Senkung oder der Fortfall des Währungsausgleichs bei Milch und Milchprodukten auf die Preisgestaltung dieser Erzeugnisse in der Bundesrepublik Deutschland, und wie ändert sich die Konkurrenzfähigkeit. der Milchwirtschaft im In- und Ausland bei den genannten Produkten? Zu Frage A 68: Die Festsetzung der Währungsausgleichsbeträge liegt in der Zuständigkeit der EG-Kommission. Den Mitgliedstaaten ist über das Verwaltungsausschußverfahren nur eine sehr begrenzte Einflußnahme möglich. Die Bundesregierung hat dennoch durchsetzen können, daß die Kürzung der Beträge für Milch und Milchprodukte insgesamt gesehen wesentlich geringer als ursprünglich beabsichtigt ausgefallen ist und das Inkrafttreten hinausgezögert wurde. ZuFrageA69: Wie bereits ausgeführt, konnte die Bundesregierung gegenüber der Kommission durchsetzen, daß bei der Berechnung der Währungsausgleichsbeträge für Milch und Milchprodukte ein erheblicher Teil der Verarbeitungskosten nach wie vor berücksichtigt wird. Es ergibt sich mithin nur noch eine Senkung der Währungsausgleichsbeträge von — je nach Erzeugnis — etwa 6-8 %. Die Auswirkung auf den Warenwert der betroffenen Erzeugnisse beläuft sich auf ca. 0,5 %. Es ist zu erwarten, daß die deutsche Milchwirtschaft diese ohne Schmälerung ihrer Wettbewerbssituation auf dem Binnenmarkt wie im Export auffangen kann. Anlage 19 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Bayha (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 70 und 71) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß durch die Änderung des Währungsausgleichs bei Milch und Milchprodukten ein vermehrter Anreiz gegeben ist, Interventionsprodukte Butter und Magermilchpulver herzustellen, und werden die sogenannten Marktprodukte durch die Änderung des Währungsausgleichs diskriminiert? Welche Auswirkungen hat die Änderung des Währungsausgleichs bei Milch und Milchprodukten auf den Auszahlungspreis für Milch an die Milchproduzenten unter Berücksichtigung der verschiedenen in den Molkereien oder Käsereien hergestellten Produkte? Zu Frage A 70: Die auf energische Intervention der Bundesregierung auf nur noch etwa 6 bis 8 % begrenzte Kürzung der Währungsausgleichsbeträge für Milch und Milchprodukte wirkt sich auf den Warenwert der betroffenen Erzeugnisse nur mit etwa 0,5 % aus. Die Bundesregierung erwartet daher nicht, daß durch die Änderung des Währungsausgleichs ein vermehrter Anreiz zur Herstellung von Butter und Magermilchpulver für die Intervention ausgehen wird. 3412* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Zu Frage A 71: Die jüngsten mir zugänglichen Marktinformationen lassen keine Senkung der Marktpreise für die betroffenen Erzeugnisse erkennen. Eine Verschlechterung der Wettbewerbssituation der deutschen Hersteller gegenüber den ausländischen Mitbewerbern ist als Folge der Senkung der Währungsausgleichsbeträge nicht zu erwarten. Die Auszahlungspreise der Milcherzeuger werden aufgrund des begrenzten Ausmaßes der Kürzung des Währungsausgleichs nicht betroffen. Anlage 20 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Susset (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 72) : Wie ist die Haltung der Bundesregierung zu der Absicht der EG-Kommission und einiger Mitgliedstaaten der EG, das jetzige System des Währungsausgleichs grundlegend zu ändern? Die Bundesregierung wird auch weiterhin an ihrer Forderung festhalten, das bestehende Währungsausgleichssystem solange aufrechtzuerhalten, wie Währungsveränderungen in der Gemeinschaft nicht auszuschließen sind. Eine Änderung des Systems, die zu einer Aufweichung oder zu automatischen Abbauverpflichtungen führen würde, wird von der Bundesregierung abgelehnt. Anlage 21 Antwort des Staatssekretärs Rohr auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 74 und 75) : Kann die Bundesregierung angeben, warum bisher der Sonderabsatz von Magermilchpulver zur Verfütterung an andere Tiere als junge Kälber in der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen EG-Mitgliedstaaten einen nur geringen Umfang erreicht hat, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun? Wie beurteilt die Bundesregierung das Problem der Verfütterung von sogenannten „Nullaustauschern", die in zunehmendem Maße die sogenannten "Milchaustauscher" mit mindestens 60 510 Magermilchanteil in der Kälberaufzucht und Kälbermast verdrängen, und hat die Bundesregierung Lösungsvorschläge anzubieten? Die Bundesregierung sieht den Grund für die unbefriedigende Beteiligung deutscher Abnehmer an diesen Sonderabsatzmaßnahmen in erster Linie in dem im Vergleich zu Abwertungsländern zu hohen Preis für das Magermilchpulver in der Bundesrepublik Deutschland. Es ergibt sich aus der Umrechnung des in RE festgelegten Verkaufspreises in nationale Währungen mit der jeweiligen „Grünen Parität". Die Bundesregierung hat bei der EG-Kommission die Einführung eines monetären Korrektivs beantragt, um die Konkurrenzfähigkeit des Magermilchpulvers gegenüber anderen pflanzlichen Futtermitteln in der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen. Trotz bisheriger Ablehnung durch die Kommission wird die Bundesregierung ihre Absicht weiterverfolgen. Mit einer Behandlung dieses Komplexes auf EG- Ebene wird im Oktober gerechnet. Ihre zweite Frage darf ich dahin gehend beantworten, daß die Bundesregierung mit Vertretern der betroffenen Wirtschaftskreise unter Beteiligung von Wissenschaftlern eine umfassende Bestandsaufnahme dieses Problems vorgenommen hat. Dabei hat sich herausgestellt, daß die Milchersatzfuttermittel ohne Magermilchpulveranteil — die sog. Nullaustauscher -- in der Bundesrepublik Deutschland derzeit einen Marktanteil von ca. 10 bis 15 % haben. Bei ihrer Herstellung werden nicht unerhebliche Mengen an Molkenpulver verwendet, die hierbei eine bessere Verwertung erfahren als bei der Herstellung von Schweinefuttermitteln. Dem weiteren Vordringen dieser Milchersatzfuttermittel, insbesondere in der Kälberaufzucht, könnte durch eine Erhöhung der Beihilfe für Magermilchpulver begegnet werden. Dies kann, ebenso wie eine futtermittelrechtliche Lösung nur auf Gemeinschaftsebene erfolgen. Die Frage der Verwendung von Magermilchpulver wird in größerem Zusammenhang gegenwärtig in verschiedenen Gremien auf EG-Ebene behandelt. Eine Erörterung im Rat wird zu gegebener Zeit und nach Vorliegen der Absatzzahlen für das Jahr 1977 aufzunehmen sein. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 76) : Wie viele von den 7 617 Wehrpflichtigen, die im August 1977 unter Berufung auf Artikel 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes erklärt haben, daß sie aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern, sind zivildienstfähig, wie vielen ist bereits der Einberufungsbescheid zum Zivildienst und zu welchen Dienstantrittsterminen zugestellt worden? Wie die bisherige Bearbeitung im Bundesamt für den Zivildienst zeigt, dürfte weniger als die Hälfte der Wehrpflichtigen, die unter Berufung auf Artikel 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes erklärt haben, daß sie aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern, zivildienstfähig sein. Von den 7 617 Wehrpflichtigen, die sich im August 1977 auf Artikel 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes berufen haben, sind 5 939 zivildienstpflichtig. In den restlichen 1 678 Fällen handelt es sich um Anerkennungsanträge, bei denen die Zivildienstpflicht erst bei positiver Entscheidung eintritt. Wegen der mit der Übersendung der Personalunterlagen der Wehrpflichtigen verbundenen Zeitverzögerung sind bis zum 19. September 1977 an das Bundesamt für den Zivildienst erst insgesamt 5 163 Personalakten versandt worden. Davon befanden sich zum gleichen Zeitpunkt 4 828 in Bearbeitung. 2 152 dieser Dienstpflichtigen sind derzeit verfügbar, von denen 1 817, das sind rd. 85 % einberufen worden sind. Für die Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3413* verbleibenden 335 verfügbaren Dienstpflichtigen wird derzeit die Einberufung vorbereitet. Der weitaus überwiegende Teil der Dienstpflichtigen hat zu Beginn der Monate Oktober oder November dieses Jahres den Dienst anzutreten. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kroll-Schlüter (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 79) : Worauf führt die Bundesregierung das Mißverhältnis zurück, das einerseits die Anzahl der planmäßigen Betten in den Krankenhäusern in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1970 683 254 und im Jahr 1976 729 791 betrug, demgegenüber jedoch die Bettenausnutzung von 93 v. H. im Jahr 1960 auf 89 v. H. im Jahr 1970 und 83 v. H. im Jahr 1976 gesunken ist, und welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Entwicklung? Die von Ihnen angesprochene Zunahme der Zahl der planmäßigen Betten ist zum Teil auf zusätzliche Krankenhausneubauten und -erweiterungen zurückzuführen. Zum Teil wurden aber auch bei der Modernisierung von Krankenhäusern vorhandene und benutzte Zusatzbetten zu Planbetten umgewandelt. Der Rückgang der Bettenausnutzung beruht einmal auf dem Umstand, daß die Belegung eines Krankenhauses einschließlich Zusatzbetten nur auf die Planbetten bezogen wurde; mit der Umwandlung der Zusatzbetten in Planbetten verringerte sich — statistisch gesehen — die Ausnutzung. Zum anderen wirkte sich die spürbare Verkürzung der Verweildauer auf die Ausnutzung der Krankenhäuser aus. So wurden beispielsweise in den Akutkrankenhäusern im Jahre 1970 8,2 Millionen Patienten, im Jahre 1975 9,0 Millionen Patienten aufgenommen; sie verweilten jedoch durchschnittlich im Jahre 1970 18,3 Tage, im Jahre 1975 16,7 Tage. Diese verkürzte Verweildauer bewirkte, daß die Zahl der Pflegetage trotz einer um rd. 10 v. H. höheren Patientenzahl von 144,8 Millionen im Jahr 1970 nur auf 146,3 Millionen im Jahr 1975 anstieg. Die Zuständigkeit für die Krankenhausbedarfsplanung liegt allein bei den Ländern; der Bund ist auf der Grundlage des Art. 74 Nr. 19 a Grundgesetz über das Krankenhausfinanzierungsgesetz vom 29. Juni 1972 nur befugt, sich an der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser zu beteiligen. Gemäß § 7 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes obliegt jedoch dem dort geregelten Bund-LänderAusschuß für Fragen der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser unter anderem die Abstimmung der allgemeinen Grundsätze für ein bedarfsgerecht gegliedertes System leistungsfähiger Krankenhäuser. Die Bundesregierung wird sich — auch bei den Beratungen dieses Ausschusses — dafür einsetzen, daß in den Ländern geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um eine Anpassung des Angebots von Krankenhausleistungen an dem gewandelten Bedarf herbeizuführen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen A 80 und 81) : Kennt die Bundesregierung die Zahl der krebserzeugenden Arbeitsstoffe, und wie hoch ist die Anzahl der Arbeitnehmer, die in solchen Arbeitsplätzen beschäftigt sind und als Folge dessen an Krebs erkrankt sind? Welche gesetzlichen Schritte gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um Arbeitnehmer vor solchen gefährlichen Arbeitsstoffen zu schützen, und ist sie gegebenenfalls bereit, die von Arbeitsmedizinern diskutierte Möglichkeit der Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern an solchen Arbeitsplätzen gesetzlich zu verbieten und unter Strafe zu stellen? In der Bundesrepublik Deutschland sind die krebserzeugenden Arbeitsstoffe in einer jährlich herausgegebenen Liste aufgeführt, die von der Kommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft erarbeitet wird. In der Liste 1977 sind 12 Stoffe bzw. Stoffgruppen aufgeführt, die beim Menschen erfahrungsgemäß bösartige Geschwülste verursachen können. Außerdem werden weitere 21 Stoffe bzw. Stoffgruppen genannt, die bislang nur im Tierversuch sich nach Meinung der Kommission als kanzerogen erwiesen haben. Die Kommission hat in der letzten Liste weitere 13 Stoffe bzw. Stoffgruppen genannt, bei denen ein nennenswertes krebserzeugendes Potential zu vermuten ist und die dringend der weiteren Abklärung bedürfen. Die Zahl der Arbeitnehmer, die am Arbeitsplatz den Einwirkungen krebserzeugender Stoffe ausgesetzt sind, ist statistisch nicht erfaßt. Entsprechende Erhebungen sind z. Z. bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften angelaufen. Die Statistik zur Berufskrankheitenverordnung weist Krebsfälle grundsätzlich nicht besonders aus. Lediglich bei 4 Erkrankungen wird der Krebs ausdrücklich in der Definition genannt. Die gewerblichen Berufsgenossenschaften beabsichtigen jedoch, künftig Erhebungen über alle Fälle von Berufskrebserkrankungen anzustellen. Zur Zeit wird der Anteil der Berufskrebse an der Zahl aller Krebserkrankungen von Sachverständigen auf ca. 1 °/o geschätzt. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken: Die Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe und Unfallverhütungsvorschriften enthalten gegenwärtig allgemeine Vorschriften über Schutzmaßnahmen beim Umgang mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen. Zusätzlich gibt es detaillierte Regelungen für bestimmte Stoffe, z. B. Arsen, Asbest, Benzol und Vinylchlorid. Darüber hinaus hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung den nach § 28 der Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe gebildeten Sachverständigenausschuß für gefährliche Arbeitsstoffe aufgefordert, ihm im Zusammenhang mit dem Übereinkommen Nr. 139 „Berufskrebs" der Internationalen Arbeitskonferenz Vorschläge für Schutzmaßnahmen beim Umgang mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen zu unterbreiten. In einem Arbeitskreis „Krebserzeugende Stoffe" werden daher seit einiger Zeit Überlegungen über entsprechende Maßnahmen angestellt. In Betracht kommen z. B. Verwendungsbeschränkungen, technische Maßnah- 3414e Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 men, Genehmigungen, Anzeigen, arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, Arbeitszeitregelungen, Beschäftigungsbeschränkungen. Diese Vorschläge werden zusammen mit anderen Regelungen in die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe aufgenommen, deren Entwurf demnächst aufgestellt werden soll. Die technischen Schutzvorschriften werden von den Berufsgenossenschaften erarbeitet. Die von Arbeitsmedizinern aufgeworfene Frage, ob neben anderen Maßnahmen zur weiteren Verringerung des Krebsrisikos am Arbeitsplatz vorwiegend ältere Arbeitnehmer beschäftigt werden sollten, ist vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung bereits vor einigen Monaten eindeutig verneint worden. Eine derartige Vorschrift kommt als Arbeitsschutzmaßnahme nicht in Betracht. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Urbaniak (SPD) (Drucksache 8/926 Frage A 87) : Ist es der Bundesregierung bekannt, daß laut Pressemeldung (vgl. Westfälische Rundschau vom 16. September 1977) das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in zunehmendem Maße von „obskuren Firmen" unterlaufen wird, und mit welchen Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls, diesen für den Arbeitsmarkt bedrohlichen Verstößen entgegenzuwirken? Die Bundesregierung beobachtet die Situation auf dem Leiharbeitsmarkt sehr sorgfältig. Ihr sind insbesondere auch aus der letzten Zeit Presseveröffentlichungen zur illegalen Arbeitnehmerüberlassung bekannt. Bundesminister Dr. Ehrenberg wird in diesen Tagen die für die Durchführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zuständige Bundesanstalt für Arbeit noch einmal bitten, schwerpunktmäßig die illegale Arbeitnehmerüberlassung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verfolgen. Ob die aufgezeigten Mißstände Gesetzesänderungen erforderlich machen, kann erst nach genauerer Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden. Dazu hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Anfang dieses Monats insbesondere die Sozialpartner, die Länder, die Sozialversicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit um Mitteilung ihrer Erfahrungen gebeten. Die für Anfang 1978 zu erwartenden Stellungnahmen müssen dann ausgewertet werden. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Spöri (SPD) (Drucksache 8/926 Frage A 88) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklung der Schwarzarbeit in der Bundesrepublik Deutschland bzw. deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, und welche Maßnahmen wird sie gegebenenfalls zur Einschränkung der Schwarzarbeit ergreifen? Die Bundesregierung hat stets die Schwarzarbeit verurteilt, weil hierdurch der Gemeinschaft der Sozialversicherten, dem Staat, dem Handwerk und vielfach auch den Schwarzarbeitern und ihren Auftraggebern Schaden entsteht. Nicht zuletzt wirkt sich Schwarzarbeit für den Arbeitsmarkt nachteilig aus, da sie dem Abbau der Arbeitslosigkeit im Wege steht. Um die Schwarzarbeit wirksamer bekämpfen zu können, bedarf es vor allem verstärkter Kontrollmaßnahmen der zuständigen Behörden und eines koordinierten Vorgehens aller Beteiligten einschließlich der Mitwirkung des Handwerks und seiner Organisationen. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat sich auf der Grundlage der Kabinettbeschlüsse vom 25. Mai 1977 in diesem Sinne an die Ministerpräsidenten der Länder und den Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit gewandt. Der Bundesminister für Wirtschaft hat den Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks um dessen Unterstützung gebeten. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 89 und 90) : Hält die Bundesregierung angesichts der Tatsache, daß 40 % der von der Bundesanstalt für Arbeit in Ausführung des Willens des Gesetzgebers verhängten Sperrvermerke von den Sozialgerichten wieder aufgehoben werden, an der in ihrer Antwort vom 1. August 1977 auf meine Anfrage vom 21. Juli 1977 vertretenen Auffassung fest, eine weitere Konkretisierung des Begriffs der Zumutbarkeit im Arbeitsförderungsgesetz sei nicht erforderlich, und was unternimmt die Bundesregierung, um einem weiteren Mißbrauch der Arbeitslosenversicherung einen Riegel vorzuschieben? Wie soll die vom Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit für notwendig erachtete Senkung der Zahl der ausländischen Arbeitnehmer auf 1,5 Millionen erreicht werden, und welche Zahl entspricht den arbeitsmarktpolitischen Vorstellungen der Bundesregierung? Zu Frage A 89: Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, daß eine weitere gesetzliche Konkretisierung des Begriffs der Zumutbarkeit gegenwärtig nicht erforderlich ist. Eine Statistik über die Ergebnisse der Klagen gegen Sperrzeitentscheidungen der Arbeitsämter gibt es nicht. Die Bundesanstalt für Arbeit hat lediglich im Jahre 1975 eine Sondererhebung über die gegen Sperrzeitentscheidungen eingelegten Widersprüche durchgeführt. Danach haben die Direktoren der Arbeitsämter — also nicht die Gerichte — die zuvor getroffenen Entscheidungen in 34,2 v. H. der Widerspruchsfälle in vollem Umfang zugunsten der Arbeitslosen abgeändert. Zu dieser Zeit waren jedoch die neuen Bestimmungen über die Konkretisierung der Zumutbarkeit noch nicht in Kraft. Die damaligen Feststellungen sind deshalb heute nicht mehr verwertbar. Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit bereitet zur Zeit ausführliche Weisungen zur Auslegung des Zumutbarkeitsbegriffs vor. Mit den neuen Wei- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3415* sungen sollen die Entscheidungsgrundlagen der Arbeitsämter erheblich verbessert werden. Allerdings können die Arbeitsämter — darauf wurde schon öfters hingewiesen — die gesetzlichen Möglichkeiten zur Verhinderung des Leistungsmißbrauchs nur dann voll ausschöpfen, wenn die Arbeitgeber auch bereit sind, dem Arbeitsamt die tatsächlichen Gründe dafür mitzuteilen, warum sie die vom Arbeitsamt vorgeschlagenen Arbeitnehmer nicht einstellen. In diesem Zusammenhang möchte ich bemerken, daß die Sperrzeiten, die wegen Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung festgesetzt wurden, von rd. 44 000 im Jahre 1975 um etwa 40 v. H. auf 62 000 im Jahre 1976 gestiegen sind. Zu Frage A 90: Auch die Projektion der Bundesregierung zur mittelfristigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bis zum Jahre 1980 geht davon aus, daß die Zahl der ausländischen Erwerbspersonen, das sind beschäftigte und arbeitslose Ausländer, in den nächsten Jahren auf 1,55 Millionen absinkt. Diese Annahme erscheint vor dem Hintergrund der bisherigen Entwicklung der Ausländerbeschäftigung plausibel: im Zeitraum September 1973 bis Dezember 1976 ist die Zahl der beschäftigten Ausländer um 721 000 auf 1,874 Millionen und die der ausländischen Erwerbspersonen um 642 000 auf 1,969 Millionen zurückgegangen. Die Ursache dieser Entwicklung ist, daß — wie schon stets — ausländische Arbeitnehmer freiwillig in ihre Heimat zurückkehrten, während der Anwerbestopp die Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmer aus den betroffenen Staaten unterbunden hat. Voraussetzung für eine Fortsetzung des Trends ist deshalb, daß der Anwerbestopp vom November 1973 zeitlich und sektoral unbeschränkt aufrechterhalten bleibt. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 91): Muß aus der Kritik des Bundeskanzlers bezüglich der Klage der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsgesetz nicht der Schluß gezogen werden, daß der Regierungschef der Bundesrepublik Deutschland der Arbeitgeberorganisation das verfassungsmäßig garantierte Recht zumindest indirekt aberkennen will, ein so wichtiges Gesetz durch das höchste deutsche Gericht auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen, und ist dieses Verhalten des Bundeskanzlers möglicherweise Ausdruck der Befürchtung, daß das Bundesverfassungsgericht die Mitbestimmungsregelung als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklären könnte? Ich nehme an, Ihre Frage bezieht sich auf Äußerungen, die der Herr Bundeskanzler in einer Ansprache vor dem 12. Ordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall am 18. September in Düsseldorf gehalten hat. Der Herr Bundeskanzler hat dabei ausdrücklich erklärt, er halte die Verfassungsbeschwerde gegen das Mitbestimmungsgesetz für zulässig. Die Unterstellung, der Herr Bundeskanzler wolle den Arbeitgebern das Recht nehmen, ein Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen, entbehrt folglich jeder Grundlage. Darüber hinaus hat der Herr Bundeskanzler wörtlich gesagt, er halte diese Klage für unbegründet. Ihre Frage, ob die Kritik des Herrn Bundeskanzlers Ausdruck der Befürchtung sei, das Gericht könne das Mitbestimmungsgesetz für verfassungswidrig erklären, ist somit eindeutig zu verneinen. Die Kritik ist vielmehr Ausdruck der Sorge um die Verschlechterung des sozialen Klimas in unserem Lande in einer Zeit, in der die Zusammenarbeit der Arbeitgeber und Gewerkschaften zum Abbau der Arbeitslosigkeit besonders wichtig wäre. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß die Frage der Verfassungsmäßigkeit der erweiterten Mitbestimmung während des Gesetzgebungsverfahrens von Bundestag und Bundesregierung sorgfältig geprüft wurde und daß dem Gesetz schließlich alle Fraktionen dieses Hauses mit überwältigender Mehrheit zugestimmt haben. Auch dies schließt selbstverständlich nicht das Recht aus, Verfassungsbeschwerde zu erheben. Aber die nahezu einstimmige Verabschiedung des Gesetzes verdeutlicht die Berechtigung der politischen Kritik des Herrn Bundeskanzlers am Verhalten der Arbeitgeber. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Hürland (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 92 und 93) : Ist der Bundesregierung die besondere Problematik der Bildungsmöglichkeit für autistische Kinder bekannt, insbesondere, daß diese Minderheit weder an Sonderschulen noch an sonstigen üblichen Heimschulen für Behinderte die notwendige individuelle Betreuung erfahren können, und wenn ja, was wird sie unternehmen, damit ein notwendiges individuelles Bildungsangebot für diese behinderten Kinder in ausreichendem Maß, eventuell in Verbindung mit freien Trägern, geschaffen wird? Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, den Engpaß in der Bildung autistischer Kinder dadurch zu beseitigen, daß sie den bereits in privater Trägerschaft befindlichen Einrichtungen die notwendige, förderungswürdige Anerkennung verschafft, so daß die durchzuführende Behandlung entsprechend der Kostenübernahme wie bei der Beschulung anderer behinderter Kinder in Sonderschulen geregelt werden kann? Der Bundesregierung ist die Problematik der Bildungsmöglichkeit von autistischen Kindern bekannt. Um das Bildungsangebot für diese Kinder nach Möglichkeit zu verbessern, fördert die Bundesregierung seit mehreren Jahren zusammen mit dem Land Bremen einen Modellversuch mit wissenschaftlicher Begleituntersuchung. Außerdem finanziert die Bundesregierung ein Forschungsvorhaben, das die Früherkennung und Behandlung autistischer Kinder zum Gegenstand hat. Beide Vorhaben sind noch nicht abgeschlossen. Auch vorläufige, aussagekräftige Ergebnisse liegen der Bundesregierung noch nicht vor. Von den Resultaten, insbesondere den begleitenden Untersuchungen, werden Aufschlüsse erwartet, in welchem Maße und in welcher Form das individuelle Bildungsangebot zu gestalten ist. 3416* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Die Bundesregierung muß aus verfassungsrechtlichen Gründen ihre Maßnahmen im Bildungsbereich auf Modellvorhaben beschränken. Das individuelle Bildungsangebot selbst wird von den Bundesländern evtl. in Verbindung mit freien Trägern zu erbringen sein. Sie müssen auch über die Anerkennung der Einrichtungen entscheiden. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kroll-Schlüter (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 94) : Worauf führt die Bundsregierung die Entwicklung zurück, daß ein Anstieg von Diphtherie von 57 Fällen im Jahr 1970 auf 88 Fälle im Jahr 1976 und Kinderlähmung im gleichen Zeitraum von 15 Fällen auf 40 Fälle zu verzeichnen ist, und welche Maßnahmen hat sie ergriffen, beziehungsweise hält sie für geeignet, um diesen Trend entgegenzuwirken? Die Bundesregierung hat das Ansteigen der Zahl von Erkrankungen an Diphtherie im Jahre 1976 mit Aufmerksamkeit beobachtet. Bisher konnten keine epidemiologischen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Erkrankungsfällen hergestellt werden. Da auch in den vergangenen Jahren die Erkrankungszahlen unterschiedlich hoch waren, wird die Zahl der 1976 aufgetretenen Fälle noch im Rahmen der üblichen Morbiditätsschwankungen gesehen. Die Diphtherieimpfung ist in allen Bundesländern öffentlich empfohlen. Aufgrund der gehäuften Erkrankungen wurde die Werbung für die Diphtherieimpfung verstärkt. Von der übertragbaren Kinderlähmung sind un-geimpfte und unvollständig geimpfte Kinder betroffen, und zwar überwiegend ausländische Kinder, von denen ein Teil bereits im Heimatland infiziert worden sind. Obwohl die Werbung für die ebenfalls in allen Bundesländern öffentlich empfohlene Polioschluckimpfung in den vergangenen Jahren noch verstärkt und über Merkblätter und Massenmedien auch an die Familien der ausländischen Arbeitnehmer herangetreten wurde, ist die Beteiligung bei der Polioschluckimpfung in den letzten Jahren leider zurückgegangen. Die vermehrt aufgetretenen Erkrankungen an Kinderlähmung sind daher auf die mangelnde Vorsorgebereitschaft eines Teils der Elternschaft zurückzuführen. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Egert (SPD) (Drucksache 8/926 Frage A 95) : Hat die Bundesregierung Aufträge erteilt, um Richtziele zur Gesundheitserziehung in der Schule zu erarbeiten, und wenn ja, inwieweit sind die Ergebnisse dieser Arbeit umgesetzt? Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat im Auftrage des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit Richtziele für die „Gesundheitserziehung an der Schule" erarbeiten lassen. Die Arbeit ist noch nicht für die praktische Schulanwendung umgesetzt; sie dient zur Zeit als Diskussionsgrundlage. Die schulische Erziehung obliegt ausschließlich den Bundesländern. Deshalb werden solche Vorhaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit den Gesundheitserziehungsreferenten der Landeskultusminister in einem Ständigen Ausschuß besprochen, so daß nach Einvernehmen die Verwirklichung sichergestellt ist. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in den letzten beiden Jahren 3 umfassende Unterrichtswerke in Teilbereichen zur Gesundheitserziehung herausgegeben und nach Zustimmung durch die Kultusminister und Schulsenatoren allen entsprechenden Schulen in je einem Exemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt hat. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Becker (Frankfurt) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 96) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse einer von der britischen „Gesellschaft für die Förderung der Wissenschaft" in Birmingham jetzt veröffentlichten Untersuchung, nach der die Wahrscheinlichkeit, daß männliche Jugendliche im Alter von 13 bis 16 Jahren, die häufig Gewaltdarstellungen auf dem Bildschirm beobachten, selbst an schweren gewaltsamen Ausschreitungen beteiligt sind, um 50 v. H. höher als bei gleichartigen liegt, die weniger häufig dem Eindruck von Gewaltszenen im Fernsehen ausgesetzt sind, und welche Folgerungen gedenkt sie daraus zu ziehen? Ihre Frage dürfte auf eine Mitteilung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 8. September 1977 zurückgehen, in der über eine derartige Untersuchung berichtet wurde. Die Studie selbst liegt der Bundesregierung bislang noch nicht vor, so daß zu ihrem Inhalt und ihren Ergebnissen noch nicht Stellung genommen werden kann. Wir bemühen uns, die Untersuchungsergebnisse zu erhalten. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hauser (Krefeld) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 99 und 100) : Trifft es zu, daß der Kabinettsbeschluß vom 7. September 1977, der vorsieht, das hintere Kfz-Kennzeichen durch ein Folienschild zu ersetzen, dem Ergebnis der Beratungen des Unterausschusses I unter Führung des Bundeskriminalamts vom 9. März 1977 (Az SO /5858/74) nicht entspricht? Wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, die Durchführung dieses Kabinettsbeschlusses von der Überprüfung der Fälschungssicherheit der vorgesehenen Folienlösung abhängig zu machen? Zu Frage A 99: Ihre Frage ist mit Ja zu beantworten. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3417* Zu Frage A 100: Das Bundeskriminalamt ist der Auffassung, daß die Folienlösung fälschungssicher ist. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 101) : Hält die Bundesregierung an ihrer Auffassung fest, daß für neue Autoreifen keine amtliche Prüfung eingeführt werden soll, obgleich für eine Vielzahl von Details an Autos strenge Vorschriften bestehen, und entsprechen die in die Bundesrepublik Deutschland importierten Reifen den Sicherheitsanforderungen? Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat im Rahmen einer Untersuchung festgestellt, daß z. Z. kein Prüfverfahren für Reifen bekannt ist, mit dem ein hinreichend sicherer Bezug zum praktischen Fahrbetrieb auf der Straße hergestellt werden kann. Die Bundesregierung hält deshalb im Augenblick eine amtliche Prüfung von Luftreifen noch für verfrüht. Sie ist aber weiterhin bemüht, entsprechende Prüfverfahren zu entwickeln. Als erster Schritt auf diesem Wege kann die von der UN-Wirtschaftskommission für Europa erarbeitete ECE-Regelung Nr. 30 über einheitliche Vorschriften für die Genehmigung der Luftreifen für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger, die am 3. Juni 1977 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist, angesehen werden. Zur Frage der importierten Reifen ist festzustellen, daß dem Bundesverkehrsministerium keine Tatsachen bekannt sind, wonach importierte Reifen schlechter sein sollen als in der Bundesrepublik Deutschland hergestellte. Im übrigen haben alle Reifen die Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zu erfüllen. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Matthäus-Maier (FDP) (Drucksache 8/926 Fragen A 102 und 103) : Welche Gründe gibt die Deutsche Lufthansa dafür an, daß sie nach wie vor die Ausbildung und Einstellung von weiblichen Personen unbeschadet der persönlichen Eignung und Fähigkeit ablehnt? Sieht die Bundesregierung in diesem Verhalten der Deutschen Lufthansa einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Artikel 3 des Grundgesetzes), und was gedenkt sie gegebenenfalls zu unternehmen, um die Lufthansa zu einem verfassungskonformen Verhalten zu bewegen? Ihre beiden Fragen sind für mich Anlaß gewesen, das Problem der Ausbildung und Einstellung von weiblichen Piloten erneut zur Klärung an den Vorstand der Deutschen Lufthansa (DLH) heranzutragen. Eine Meinungsbildung im Vorstand der Gesellschaft konnte innerhalb der zur Beantwortung Ihrer Fragen zur Verfügung stehenden Zeit noch nicht herbeigeführt werden. Sobald mir die Entscheidung des Vorstandes der DLH vorliegt, bin ich gern bereit, Ihnen diese Antwort schriftlich mitzuteilen. Anlage 36 Antwort des Parl. Statssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 105 und 106) : Sind durch die Minderausgaben beim Bundesfernstraßenbau des Landes Nordrhein-Westfalen durch Zurückstellung einiger großer Bauvorhaben zugunsten anderer Straßenbauprojekte Aufstufungen vorgenommen worden, wenn ja, welche, und welche Straßenbaumaßnahmen sind dem Bundesminister für Verkehr ersatzweise als zusätzliche Maßnahmen im zweiten Fünfjahresplan zur Finanzierung vorgeschlagen worden? Zu welchem Teil haben die Minderausgaben beim Bundesfernstraßenbau des Landes Nordrhein-Westfalen auf die Notwendigkeit einer strikten Einhaltung der gesetzlichen Regelung Einfluß ausgeübt, und welche Straßenbauprojekte sind schleppend behandelt worden? Zu Frage A 105: Es ist zutreffend, daß die Bundesregierung ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt hat, ersatzweise für solche Straßenbaumaßnahmen, die hinter den Dispositionen zurückgeblieben sind, einige andere Strecken in ihre Baulast zu übernehmen bzw. zur alsbaldigen Finanzierung vorzusehen. Der Grund dafür liegt insbesondere in einem unvorhergesehenen Verkehrsbedarf, der jeweils konkret nachgewiesen werden muß. Derartige Maßnahmen sind dazu geeignet, Haushaltsresten entgegenzuwirken und damit die Beschäftigungslage im Bausektor positiv zu beeinflussen. Sie werden in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Grundlagen, nämlich als Ausnahmen gemäß § 6 des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen, behandelt. Als Ausweichmaßnahmen, die Sie in Ihrer Frage als Aufstufungen bezeichnet haben, hat sich der Bund bereit erklärt, folgende Strecken in seine Baulast zu übernehmen: Borschemich—Jackerath im Zuge der A 61 Düsseldorf-Süd im Zuge der A 46 Düsseldorf-Nord im Zuge der A 44 Rheinberg (B 57) — Voerde (A 59) im Zuge der A 40 Über diese 4 Maßnahmen hinaus sollen — wie vom Land Nordrhein-Westfalen vorgeschlagen — im 2. Fünfjahresplan als größere Maßnahmen die 2. Richtungsfahrbahn der nachstehenden Strecken finanziert werden, nämlich: A 56 zwischen Zülpich und Swisttal-Miel A 33 zwischen Paderborn und Borchen Die hierdurch bei der Abwicklung des Bedarfsplanes eingetretene Änderung im Finanzierungsvolumen sowie die Frage einer Weiterentwicklung des gegebenen Instrumentariums wird bei der nächsten Überprüfung des Bedarfsplanes 1981 behandelt werden müssen. Zu Frage A 106: Für das Entstehen von Minderausgaben im Bundesfernstraßenbau sind mehrere Gründe ursächlich, die sich zudem noch teilweise überlagern. Es liegt somit in der Natur der Sache, daß für die einzelnen Projekte nicht ohne weiteres angegeben werden kann, inwieweit die „strikte Einhaltung gesetzlicher 3418* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Regelungen" aufgetretene Minderausgaben begründet. Ein Katalog solcher Einzelursachen kann daher nicht genannt werden. Im übrigen bin ich damit einverstanden, wenn sich der Herr Kollege Milz über die Gründe der Verzögerungen bei Einzelprojekten beim Fachreferenten im Bundesverkehrsministerium Auskunft geben läßt, wobei vorab die Einzelheiten bei der zuständigen Behörde des Landes Nordrhein-Westfalen erfragt werden müßten. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wendt (SPD) (Drucksache 8/926 Frage A 109) : Was unternimmt die Bundesregierung, um die unterschiedliche Gestaltung der Tarife im Schienenpersonen- und Busverkehr zu bereinigen? Die Parität zwischen Schienenpersonentarif und Bahnbustarif soll schrittweise wiederhergestellt werden. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 113 und 114) : Kann die Bundesregierung Auskunft darüber erteilen, ob und in welchem Ausmaß Sendungen von RIAS Berlin vor und nach der KSZE-Schlußakte von Helsinki gestört wurden? Haben die Störungen der Deutschen Welle durch Störsender des Ostblocks seit Unterzeichnung der KSZE-Schlußakte von Helsinki abgenommen, zugenommen oder sind sie unverändert stark geblieben? Zu Frage 113: Alle vier Mittelwellensender des RIAS werden in der DDR durch Störsender beeinträchtigt. Untersuchungen zeigen, daß eine größere Zahl von Störsender sehr geringer Leistung vorhanden ist. Darüber hinaus sind offensichtlich auch einige Sender mittlerer Leistung als Störsender in Betrieb. Zu Frage 114: Ich bedaure, Ihre Frage nicht beantworten zu können, da für frühere Jahre keine Meßdaten vorliegen, so daß kein Vergleich zur Situation seit Unterzeichnung der KSZE-Schlußakte möglich ist. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Braun (CDU/CSU) Drucksache 8/926 Frage A 115) : Trifft es zu, daß von den 18 Oberpostdirektionen — einschließlich der Landespostdirektion Berlin — vier (Düsseldorf, Koblenz, Nürnberg, Regensburg) die zu besetzenden Pflichtplätze für Schwerbehinderte besetzt haben und die übrigen Oberpostdirektionen nicht, so daß alleine in diesem Bereich 6 193 Schwerbehindertenplätze nicht besetzt sind, und was gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls zu tun, um im Interesse der Schwerbehinderten zu einer besseren Besetzung der Pflichtplätze zu kommen? Nach der letzten Erhebung über die Beschäftigung Schwerbehinderter waren im Dezember 1976 im Bereich der Deutschen Bundespost noch 4 781 Pflichtplätze für Schwerbehinderte unbesetzt. Es trifft zu, daß bis dahin nur die vier in der Frage genannten Oberpostdirektionen und u. a. das Sozialamt der Deutschen Bundespost alle Pflichtplätze besetzt hatten. Um eine weitere Verbesserung der Besetzung der Pflichtplätze bei der Bundespost zu erreichen, ist Vorsorge getroffen worden, daß Schwerbehinderte Bewerber trotz der bestehenden Einstellungsbeschränkungen jeweils mit Sondergenehmigung des BPM eingestellt werden, sobald für sie ein geeigneter freier Arbeitsplatz gefunden werden kann. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 124) : Kann die Bundesregierung aus dem Anlaufen des zusätzlichen Wohnungsprogramms im Regionalprogramm, das in erster Linie auf den Mietwohnungsbau in Stadtregionen abzielt, übersehen, ob das Programm voll mit dieser Zielrichtung am Markt aufgenommen werden wird, und wie beurteilt die Bundesregierung gegenwärtig überhaupt die Entwicklungsaussichten sowohl im öffentlich geförderten wie im freifinanzierten Mietwohnungsbau? Mit der zusätzlichen Förderung von 30 000 Wohnungen im Regionalprogramm 1977 soll dem Rückgang im Wohnungsbau vornehmlich in Stadtregionen entgegengewirkt werden. Die Tatsache, daß der Einbruch in die Wohnungsbautätigkeit hauptsächlich in den Stadtregionen im dort dominierenden Mietwohnungsbau erfolgt ist, gab Veranlassung, den Schwerpunkt der zusätzlichen Förderungsmaßnahme auf den Mietwohnungsbau zu legen. Für diese Schwerpunktbildung sprach im übrigen auch, daß — wie Modellrechnungen ergeben haben — der Mietwohnungsbau im Regionalprogramm bei den gegenwärtigen Zinsverhältnissen für private Bauherren im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten durchaus attraktiv sein kann. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß auch der Verband privater Hypothekenbanken e. V. in seinen Presseinformationen vom 25. August 1977 an die Länder appelliert, die im Regionalprogramm zusätzlich vorgesehenen 30 000 Wohnungen vornehmlich im Mietwohnungsbau zu verwirklichen. Inwieweit das Zusatzprogramm in dieser seiner Zielrichtung vom Markt aufgenommen wird, wird erst aufgrund der monatlich erstmals zu Mitte Oktober vorgesehenen Berichterstattung der Länder über die Durchführung der zusätzlichen Förderungsmaßnahme beurteilt werden können. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3419* Die weitere Entwicklung des sozialen Wohnungsbaues und damit auch des öffentlich geförderten Mietwohnungsbaues hängt primär von der Wohnungsbauförderung durch die Länder ab. Der Bund kann sich nach Art. 104 a Abs. 4 des Grundgesetzes nur mit Finanzhilfen an der Förderung der Länder beteiligen. Um einen weiteren nicht mehr vertretbaren Rückgang des sozialen Wohnungsbaues zu vermeiden, hat die Bundesregierung im Rahmen der Eckwerte für die Fortführung des sozialen Wohnungsbaues vorbehaltlich der Billigung des Haushaltsgesetzgebers beschlossen, die Finanzhilfen des Bundes entgegen der bisherigen Finanzplanung auch in den nächsten Jahren ungekürzt im bisherigen Umfang weiter zu gewähren. Das setzt allerdings voraus, daß auch die Länder sich ihrer originären Verantwortung entsprechend an der Förderung des sozialen Wohnungsbaues beteiligen, was in den letzten Jahren nicht mehr in allen Ländern der Fall war. Ausgehend von den vorgesehenen Finanzhilfen des Bundes und einem mit den Ländern zu vereinbarenden angemessenen Beteiligungsverhältnis an der Förderung des sozialen Wohnungsbaues wird man in den kommenden Jahren mit einem Förderungsvolumen von jährlich etwa 120 000 Wohnungen rechnen können. Wenn sich der Anteil der Mietwohnungen am sozialen Wohnungsbau, der in den letzten Jahren bei etwa 40-50 % lag, nicht ändert, bedeutet das die Förderung von etwa 45 000-60 000 Mietwohnungen jährlich. Für den freifinanzierten Mietwohnungsbau wird die von der Bundesregierung beabsichtigte Wiedereinführung der degressiven Abschreibung nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes von großer Bedeutung sein; sie soll der stark rückläufigen Entwicklung im Mietwohnungsbau entgegenwirken. Anlage 41 Antwort des Staatssekretärs Dr. Abreß auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 125 und 126) : Wie ist nach Ansicht der Bundesregierung der § 3 der Schallschutzverordnung vom 5. April 1974 auszulegen, müssen alle einzelnen Bauteile, die Aufenthaltsräume unmittelbar nach außen abschließen, ein bewertetes Bauschalldämm-Maß von 50 dB einhalten oder müssen dieses Maß alle Bauteile zusammen erreichen? Sind nach Ansicht der Bundesregierung Aufwendungen für die Erstellung der Antragsunterlagen einschließlich der Beschaffung von Prüfzeugnissen durch Architekten, Gutachter oder Sachverständige unmittelbare und notwendige Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen im Sinne des Fluglärmgesetzes und der Schallschutzverordnung und damit erstattungsfähig im Sinne des § 9 des Fluglärmgesetzes? Zu Frage A 125: Besteht die Gesamtfläche von Bauteilen bei Aufenthaltsräumen aus Einzelflächen mit unterschiedlichen Bauschalldämm-Maßen, so muß nicht jedes einzelne Bauteil (z. B. Wand oder Fenster) für sich die Aufforderungen erfüllen. Vielmehr ist allein das aus den einzelnen Bauschalldämm-Maßen ermittelte Gesamt-Maß den nach § 3 Abs. 2 der SchallschutzVO angegebenen Werten zugrunde zu legen. Zu Frage A 126: Ja; gemäß § 9 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 (BGBl. I S. 282 ff.) werden nicht nur die Aufwendungen für die eigentlichen Maßnahmen des baulichen Schallschutzes erstattet, sondern auch die Aufwendungen für die Anerkennung der bauakustischen Qualität von Schallschutzbauelementen, wie sie in der SchallschutzVO vom 5. April 1974 (BGBl. I S. 903 ff.) niedergelegt sind. Hierzu gehören auch die in der Schallschutzverordnung vorgesehenen Prüfzeugnisse. Anlage 42 Antwort des Staatssekretärs Dr. Abreß auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 127) : Warum verlangen öffentliche Auftraggeber im Verantwortungsbereich des Bundes bei Auftragsvergaben auf dem Bausektor Bürgschaften, die die Gewährleistungsfrist des BGB von fünf Jahren zugrunde legen und die Sondervorschrift des § 13 IV VOB, die eine Gewährleistungszeit von nur zwei Jahren vorsieht, außer acht lassen? In der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) sind als Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche zwar zwei Jahre vorgesehen (§ 13 VOB/B). Die VOB geht jedoch davon aus, daß von dieser Frist abweichende Regelungen getroffen werden können, wenn dies wegen der Eigenart der Leistung notwendig ist (§ 13 Nr. 2 VOB/A). Eine über zwei Jahre hinausgehende Verjährungsfrist kann daher durchaus VOB-konform sein. Die Bauverwaltungen sind angewiesen, jeweils eingehend unter Abwägung aller Umstände zu prüfen, ob ausnahmsweise eine von der 2jährigen Regelfrist des § 13 Nr. 4 VOB/B abweichende Verjährungsfrist vereinbart werden soll. Die Sicherheiten für die Gewährleistungsansprüche — im Regelfall eine Bürgschaft—erstrecken sich bei einer längeren, ggf. einer 5jährigen Verjährungsfrist, auf diesen Zeitraum. Anlage 43 Antwort des Staatssekretärs Dr. Abreß auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Möller (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 129 und 130) : Hält die Bundesregierung an ihrer in der Antwort des Staatssekretärs Dr. Abreß vom 7. Juli 1975 (Drucksache 7/3860, Frage 58) auf eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Jahn (Münster) vertretenen Auffassung fest, die Prinzipien einer einkommensabhängigen Wohnwertmiete widersprächen nicht den wohnungspolitischen Grundsätzen der Bundesregierung? Trifft es zu, daß — wie die nordrhein-westfälische Architektenkammer in ihrem sogenannten Grünbuch erklärt — die Baugesetzgebung des Bundes eklatante Unsinnigkeiten enthält, und wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, unabhängige Sachverständige einzusetzen, die umgehend den Paragraphendschungel durchforsten und sinnvoll lichten sollten? 3420* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Zu Frage A 129: Der Grundgedanke einer einkommensabhängigen Wohnwertmiete ist im Grundsatz mit den Prinzipien des Wohngeldbemessungssystems identisch und widerspricht nicht den wohnungspolitischen Grundsätzen der Bundesregierung. Die Einführung einer einkommensabhängigen Wohnwertmiete ist aber praktisch undurchführbar. Der hohe, mit Einkommensprüfungen verbundene Verwaltungsaufwand, die langen Vorbereitungsfristen und Bedenken gegenüber nachträglichen Einkommensprüfungen haben auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Einmalige Mietentzerrungsaktion im Sozialwohnungsbestand", die im Auftrage der BundLänder-Wohnungsbauminister-Konferenz gebildet worden ist, davon absehen lassen, ein derartiges Konzept erneut aufzugreifen. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die die Schwierigkeiten, die mit einkommensorientierten und erst recht mit gleichzeitig einkommens- und wohnwertorientierten Mietausgleichssystemen verbunden sind, vermeiden will, prüft die Realisierungschancen von Verfahren, durch die vorhandene Mietverzerrungen abgebaut werden könnten. Das Ergebnis ihrer Überlegungen wird nicht vor Ende des Jahres vorliegen. Zu Frage A 130: Die von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalens herausgegebene Schrift „Stop der Paragraphenflut im Bauwesen!" enthält keinen erkennbaren Vorwurf, die Baugesetzgebung des Bundes enthalte „eklatante Unsinnigkeiten". Eine solche Behauptung widerspräche dem Ernst, der Genauigkeit und dem Sachverstand, mit denen die Beratungsgremien in Bundestag und Bundesrat zu der von allen Fraktionen und Ländern getragenen Verabschiedung des wohl in erster Linie angesprochenen Bundesbaugesetzes und seiner Novelle gekommen sind. Die Praktikabilität der Novelle ist zudem in mehreren Planspielen mit positivem Ergebnis getestet worden. Bezüglich künftiger Novellierungen an anderen Teilen des Bundesbaugesetzes hat die Bundesregierung zur Vorbereitung bereits Kommissionen unabhängiger Sachverständiger eingesetzt, die insbesondere auch Unzulänglichkeiten überprüfen, die die bisherige Praxis in diesen Rechtsbereichen gezeigt hat. Die Bundesregierung hält es nicht für erforderlich, darüber hinaus noch weitere Kommissionen von Sachverständigen einzuberufen. Anlage 44 Anwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 132) : Wie beurteilt die Bundesregierung im Hinblick auf die demnächst beginnenden Folgegespräche über die KSZE-Schlußakte in Belgrad die erst kürzlich wieder bekanntgewordenen Bestrebungen der DDR-Behörden, die Lehrer dazu anzuhalten, der Jugend „ein richtiges Feindbild zu vermitteln" und „die Unversöhnlichkeit der beiden Gesellschaftsssysteme allen Schülern noch stärker zu erläutern" sowie den „sozialistischen Patriotismus im Bewußtsein der Jugendlichen zu vertiefen", was auf eine unveränderte Fortsetzung der Haß-Erziehungs-Kampagne der DDR-Schulbehörden trotz der Vereinbarungen von Helsinki schließen läßt? Die in Ihrer Frage angesprochene offensive ideologische Erziehung der Jugend in der DDR entspricht nicht unseren Vorstellungen vom Entspannungsprozeß in Europa. Wenn die Verantwortlichen in der DDR — wie in den osteuropäischen Staaten — meinen, hierauf nicht verzichten zu können, so ist das ein Ausdruck der von ihnen als Gegengewicht zur Entspannungspolitik für notwendig erachteten Abgrenzung. Wenn hier von Entspannung die Rede ist, dann heißt das nicht, daß wir diesen Zustand jetzt schon erreicht hätten. Sie ist das Ziel der von der Bundesregierung eingeleiteten Politik mit der DDR wie auch der KSZE. Die Bundesregierung geht davon aus, daß es noch eines langen Weges zur Realisierung dieses Zieles bedarf. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 133) : Wird die Bundesregierung bei ihren gegenwärtigen Verhandlungen mit der DDR auch die Schließung der Lücke der Autobahn Bad Hersfeld—Eisenach im Zonengrenzbereich zur Sprache bringen, und wenn ja, welche Zielvorstellungen hat dabei die Bundesregierung? Die Frage nach Verhandlungen mit der DDR über den durchgehenden Ausbau der Autobahn zwischen Bad Hersfeld und Eisenach ist von Ihnen schon mehrfach gestellt worden. Ich kann nur wiederholen, was mein Vorgänger Herold Ihnen hierzu zuletzt im Januar 1976 mitgeteilt hat: Schon allein wegen des unverhältnismäßig hohen finanziellen Aufwandes, insbesondere infolge mehrerer komplizierter Brückenbauwerke, hat die Bundesregierung vorerst von diesem Projekt Abstand genommen. Die Bundsregierung ist jedoch bemüht, am Übergang Herleshausen /Wartha im Zusammenwirken mit der DDR Verkehrsverbesserungen zu erreichen, die den hier bei Spitzenbelastungen bestehenden Engpaß soweit wie möglich beseitigen. Anlage 46 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 134) : In welchem Umfang wird sich nach Inbetriebnahme eines Reaktors vom Typ des Schnellen Brüters langfristig die Menge an Plutonium erhöhen, die gelagert und bearbeitet werden muß, und wie verhält sich diese Menge zur gegenwärtig im Rahmen der friedlichen Nutzung der Kernenergie auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelagerten Menge an Plutonium? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3421* Die derzeit im Betrieb oder im Bau befindlichen Kernkraftwerke vom Typ Leichtwasserreaktor haben eine Gesamtkapazität von 20 300 MWe. Sie werden jährlich zusammen etwa 3 600 kg spaltbares Plutonium 5 100 kg spaltbares und nicht spaltbares Plutonium) erzeugen (Lastfaktor 0,8 angenommen). Dieses Plutonium wird sich in den abgebrannten Brennelementen befinden, die bis zur Betriebsaufnahme der Wiederaufarbeitungsanlage gelagert werden. Sobald mit der Betriebsaufnahme des Entsorgungszentrums der Brennstoffkreislauf geschlossen ist, soll jegliches anfallende Plutonium in Reaktoren zurückgeführt werden. Dort wird es wieder „verbrannt" und liefert Energie. Im Bennstoffkreislauf der genannten Kernkraftwerkskapazität von 20 300 MWe stellt sich dadurch die gleichzeitig vorhandene Gesamtmenge an spaltbarem Plutonium innerhalb und außerhalb von Reaktoren mit etwa 20 000 bis 25 000 kg ein. Die Plutoniummenge im Brennstoffkreislauf des Prototyp-Brüterkraftwerks Kalkar wird sich auf 3 000 bis 4 000 kg belaufen. Die jährlich zu bearbeitende Plutoniummenge wird etwa 600 bis 700 kg betragen. Da diese Anlage zunächst so ausgelegt ist, daß sie praktisch genau so viel Plutonium neu erzeugt wie sie verbraucht, bleibt der Plutonium-bestand per Saldo etwa konstant. Bei einem künftigen Brüterkraftwerk kommerzieller Leistungsgröße (1 300 MWe) wird sich die Gesamtmenge an Plutonium im Brennstoffkreislauf auf etwa 6 500 kg und die jährliche Verarbeitungsmenge auf 1 100 kg belaufen. Die Gesamtmenge im Brennstoffkreislauf kann durch Verkürzung der Verarbeitungszeit reduziert werden. Der jährliche Brutgewinn wird beispielsweise bei einer Brutrate von 1,18 etwa 160 kg betragen; er kann zum Starten weiterer Brüter oder zur Versorgung von Leichtwasserreaktoren verwendet werden. Wenn kein Bedarf für zusätzliches Plutonium für neue Brutreaktoren besteht, kann die Brutrate vorhandener Brutreaktoren auch so eingestellt werden, daß die insgesamt im Umlauf befindliche Plutoniummenge nicht anwächst, sondern auf den für den Betrieb der Anlagen erforderlichen Umfang beschränkt bleibt. Im gesamten Brennstoffkreislauf liegt das Plutonium in reiner Form (ohne Beimischungen) nur in einer kurzen Phase, nämlich zwischen PlutoniumEndreinigung und Herstellung der Brennstofftabletten, vor. Hier ist ein Mißbrauch durch geeignete Maßnahmen auszuschließen. Durch entsprechende Gestaltung des Brennstoffkreislaufs kann erreicht werden, daß die zu irgendeinem Zeitpunkt zugängliche Gesamtmenge auch bei der Brennstoffversorgung einer größeren Anzahl von Brüterkraftwerken niedrig bleibt. Anlage 47 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Dr. Ritz (CDU/CSU) und Seiters (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen A 135, 136, 137 und 138) : Ist der Bundesforschungsminister bereit, sich von den ihm in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 13. September zugeschriebenen Äußerungen öffentlich zu distanzieren, wonach die Entscheidung über den Standort der Firma Uranit beim Bundeskanzler liege, er — der Bundesforschungsminister — aber die Konsequenzen ziehen werde, wenn sie nicht in seinem Sinne ausfalle, oder treffen diese Äußerungen nicht zu? Ist der Bundesforschungsminister bereit, sich von den ihm in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 13. September zugeschriebenen Äußerungen öffentlich zu distanzieren, wonach er nicht bereit sei, 300 Millionen DM Steuergelder für das Unternehmen auszugeben, wenn dieses sich nicht in Gronau, sondern in Niedersachsen ansiedele, oder treffen diese Äußerungen nicht zu? Hat der Bundesforschungsminister geäußert, die Firma Uranit habe sich ursprünglich für Gronau entschieden und erst nach dem Regierungswechsel in Hannover „überraschend" den Standort Lingen entdeckt, und wenn ja, was meint er mit seiner Äußerung? Hat der Bundesforschungsminister die in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 13. September wörtlich zitierte Äußerung im Hinblick auf die Energieversorgungsunternehmen getan, „Die belügen uns von hinten bis vorne"? Zu Fragen A 135 bis 137: Wie ich bereits in einem Leserbrief an die Hannoversche Allgemeine Zeitung, aus der von Ihnen zitiert wird, darlegte, halte ich aus fachlich-technischer Sicht Gronau für den geeignetsten Standort für eine Anreicherungsanlage. Zu dieser Bewertung bin ich bereits vor über einem Jahr gekommen. Dies ist der Firma URANIT auch mitgeteilt worden, ohne daß sie gegen den Standort Gronau Bedenken erhoben hätte. Die Bundesregierung wird demnächst über die Standortfrage eine Entscheidung treffen. Zu Frage A 138: Bei dem Gespräch über Kernkraftwerkskapazitäten und die Energieprogramme der Bundesregierung habe ich auf die Problematik aller Energieprognosen und exakter zahlenmäßiger Festlegungen in diesem Zusammenhang verwiesen. Ich habe deutlich gemacht, daß in Prognosen, an denen sich die Energiepolitik der Bundesregierung orientieren soll, auch Sättigungseffekte, der Erfolg von Sparmaßnahmen, mögliche Auswirkungen einer Änderung der Wirtschaftsstruktur, weltwirtschaftliche Einflüsse und ein sich änderndes Verbraucherverhalten Berücksichtigung finden müssen. Von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die am Wachstum des Stromumsatzes interessiert sind, kann nicht erwartet werden, daß sie solche unabhängigen Prognosen erstellen. Anlage 48 Antwort des Staatsministers Dr. von Dohnanyi auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage A 144) : Hat der Vertreter der deutschen Botschaft in Botswana auf Grund seiner Beobachtungen bei dem Besuch des Bundestagsabgeordneten Dr. Todenhöfer im Lager Selebi Pikwe im August d. J. die Aussage des Abgeordneten bestätigt, daß das Lager zur Rekrutierung von Mitgliedern für die prokommunistische Guerillaorganisation „Patriotische Front" mißbraucht werde, und hält die Bundesregierung hiernach noch immer eine Förderung dieses Lagers im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe für vertretbar? 3422* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Der Vertreter der deutschen Botschaft in Botswana, der den Bundestagsabgeordneten Dr. Todenhöfer bei seinem Besuch begleitet hatte, hat dies nicht bestätigt. In dem Lager befinden sich vorwiegend jüngere Flüchtlinge. Einige haben die Absicht geäußert, sich später der Befreiungsbewegung anschließen zu wollen. Eine solche Haltung ist jedoch bei Flüchtlingen aus Rhodesien nicht verwunderlich. Es findet nach Kenntnis der Botschaft im Lager keinerlei militärische Ausbildung statt. Das Lager ist kein Rekrutierungslager. Die fortgesetzte Unterstützung dieses Lagers, an der u. a. auch die Vereinigten Staaten beteiligt sind, ist ein Teil humanitärer Hilfe, die den Flüchtlingen im südlichen Afrika geleistet wird. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, von der Unterstützung der botswanischen Regierung bei der vorübergehenden Aufnahme von Flüchtlingen Abstand zu nehmen. Anlage 49 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 1 und 2) : War der Bundesregierung die Absicht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Waldheim, bekannt, dem Generalsekretär der KPdSU und Staatsoberhaupt der Sowjetunion, L. Breschnew, die Friedensmedaille der Vereinten Nationen in Gold zu überreichen, und wenn ja, wie hat sie sich zu dieser Absicht eingelassen? Wenn nein, wie beurteilt sie diese Maßnahme, und wie gedenkt sie auf sie zu reagieren? Der Bundesregierung war die Absicht des VN-Generalsekretärs, bei seinem Besuch in Moskau dem sowjetischen Staatsoberhaupt die VN-Friedensmedaille zu übergeben, nicht bekannt. Die VN-Friedensmedaille ist keine Auszeichnung, sondern eine von der Firma Franklin Mint, Philadelphia (USA), in Gold, Silber und Bronze geprägte Münze, die im Handel erworben werden kann. Die Vereinten Nationen verleihen keine Auszeichnungen. Der Generalsekretär hat die Goldmünze schon wiederholt bei seinen Besuchen dem Staatsoberhaupt des Gastlandes als Aufmerksamkeit überreicht. Es handelt sich hierbei um einen üblichen protokollarischen Vorgang. Das VN-Budget wird dadurch nicht belastet, da die Medaillen dem Generalsekretär von der Firma Franklin Mint kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Anlage 50 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 3) : Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, im Bundeshaushalt künftig jährlich 2 Millionen DM etwa fünf Jahre lang zur Verfügung zu stellen, um mit diesem Betrag wertvolle alte Kirchen und ähnliche nationale Kulturdenkmäler in Bolivien zu restaurieren, und wie schätzt die Bundesregierung den werbenden Effekt einer solchen unter Aufsicht deutscher Restauratoren durchzuführgnden Maßnahme ein? Die Bundesregierung kann zu dem Vorschlag, im Bundeshaushalt künftig jährlich 2 Millionen DM etwa 5 Jahre lang zur Verfügung zu stellen, um mit diesem Betrag wertvolle alte Kirchen und ähnliche nationale Kulturdenkmäler in Bolivien zu restaurieren, noch nicht Stellung nehmen, da bisher kein entsprechender offizieller Wunsch der bolivianischen Regierung vorliegt. Die Rettung von Kulturdenkmälern wie z. B. der indonesischen Tempelanlagen des Borobudur oder der nubischen Altertümer durch die UNESCO hat gezeigt, daß Restaurierungsarbeiten dieser Größenordnung nur im Rahmen einer multilateralen Hilfe möglich sind. Sobald Einzelheiten über das Vorhaben vorliegen, folgt eine weitere Stellungnahme. Anlage 51 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 4) : Wie grenzt die Bundesregierung Guerillakämpfer im Sinne des Artikels 42 des I. Zusatzprotokolls zu den Genfer RotkreuzKonventionen von 1949, durch den die bisher geltenden Regeln über den Kombattantenstatus von Guerillakämpfern weiterentwickelt werden (vgl. Drucksache 8/357, Frage B 1), von Stadt-Guerillas ab, für die diese Regelung nicht gelten soll, und glaubt die Bundesregierung, daß die Unterscheidung zwischen internationalen und nichtinternationalen Konflikten exakt zu treffen ist? Das I. Zusatzprotokoll zu den Genfer RotkreuzKonventionen von 1949 regelt den etwaigen Kombattantenstatus von Guerillakämpfern nicht nach der Frage, wo gekämpft wird — in der Stadt oder außerhalb —, sondern unter den Gesichtspunkten a) der Art des Konflikts — internationaler oder nicht-internationaler Konflikt — sowie b) der Art und Weise der Kampfführung — Unterstellung unter die verantwortliche Führung einer der (internationalen) Konflikt-Parteien; Unterscheidung von der Zivilbevölkerung mindestens durch offenes Tragen der Waffen bereits vor dem Angriff. Internationale bewaffnete Konflikte sind Konflikte, an denen mehrere souveräne Staaten beteiligt sind. Diese Voraussetzung liegt bei terroristischen Gruppen, deren Aktionen sich gegen den eigenen Staat richten, der sogenannten „Stadtguerilla", nicht vor. Insofern kann eine Unterscheidung exakt getroffen werden. Die Mehrheit der Länder der Dritten Welt hat zwar schon in einer relativ frühen Konferenzphase durchgesetzt, daß den internationalen Konflikten folgende andere Konflikte gleichgestellt werden: Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3423* Kämpfe gegen Kolonialherrschaft, gegen ausländische Besetzung und gegen rassistische Regime, jeweils in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Es ist aber offensichtlich, daß die sogenannte „Stadtguerilla" nicht zu diesen Kategorien gerechnet werden kann. Schon deshalb können sie nicht von den Regeln des I. Zusatzprotokolls profitieren. Anlage 52 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 5) : Treffen Meldungen zu, die besagen, daß die sogenannte „AntiApartheids-Bewegung in Westdeutschland", bei der u. a. folgende Organisationen mitarbeiten: Deutsche Friedensgesellschaft, Deutsche Friedensunion, Deutsche Jungdemokraten, DKP, Spartakus, Sozialdemokratischer Hochschulbund, Sozialistische Jugend Deutschlands — Die Falken, Verband Deutscher Studentenschaften usw., genaue wörtliche Zitate aus einer Sitzung des Bundeskabinetts vom 14. Januar 1976 in einem Rundschreiben vom 21. Juni 1977 publiziert hat und außerdem minutiös den Ablauf des Besuchs des südafrikanischen Ministerpräsidenten Vorster kannte, und wenn ja, weiß die Bundesregierung, wie die o. a. Organisation in den Besitz dieser Quellen gekommen ist, und gedenkt sie gegebenenfalls Schritte zu unternehmen, die künftig solche Indiskretionen unmöglich machen? Wie Sie dem Parlaments- und Kabinettsreferat des Auswärtigen Amtes mitteilten, handelt es sich bei den in Ihrer Anfrage zitierten Meldungen um den Bericht der „Passauer Neuen Presse" vom 24. August 1977. Die in diesem Artikel wiedergegebenen Behauptungen der Anti-Apartheid-Bewegung, wonach in der Sitzung des Bundeskabinetts vom 14. Januar 1976 — nicht, wie irrtümlich in Ihrer Anfrage zitiert, vom 21. Juni 1977 — eine „Lieferung von UranAnreicherungs-Anlagen nach Pelindaba in Südafrika" behandelt worden sei, sind unrichtig. Die in der gleichen Ausgabe der „Passauer Neuen Presse" erwähnte Verlautbarung der Anti-Apartheid-Bewegung vom 11. September 1976, die sich mit dem Besuch des südafrikanischen Ministerpräsidenten Vorster befassen soll, ist der Bundesregierung unbekannt. Eine Stellungnahme kann daher nicht erfolgen. Anlage 53 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 6) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Einbeziehung von Berlin (West) in die Europäischen Gemeinschaften zu der in Abschnitt I Ziff. 4 des Viermächteabkommens über Berlin umschriebenen Lage gehört, „die sich in diesem Gebiet entwikkelt hat" und die „nicht einseitig verändert wird", und daß somit die Angriffe in der sowjetischen und sonstigen OstblockPublizistik gegen die Beteiligung von Berlin (West) an den Wahlen zum Europäischen Parlament einen Verstoß gegen das Viermächteabkommen darstellen? Die Verträge zur Gründung der EWG und der EAG sind gemäß der von der Bundesrepublik Deutschland bei Hinterlegung der Ratifikationsurkunde am 9. Dezember 1957 abgegebenen Erklärung mit Billigung der drei Mächte auf Berlin (West) erstreckt worden. Berlin (West) wurde ebenfalls in den EGKS-Vertrag sowie die weiteren konstitutiven Verträge der EG einbezogen. Die drei Mächte haben der Erstreckung dieser Verträge auf Berlin (West) zugestimmt, „soweit es sich mit den in der Erklärung über Berlin vom 5. Mai 1955 festgesetzten Rechten und Verantwortlichkeiten der alliierten Behörden vereinbaren läßt". (BK/L [57]44). Zu der Frage, wie weit diese in bezug auf das Verhältnis EG-Berlin gegebene Rechtslage Teil der in der Präambel des Viermächteabkommens genannten „bestehenden Lage" oder der in Abschnitt I Ziffer 4 des Viermächteabkommens beschriebenen Lage ist, „die sich in diesem Gebiet entwickelt hat und wie sie in diesem Abkommen sowie in den anderen in diesem Abkommen genannten Vereinbarungen definiert ist", vermögen nur die drei Mächte in verbindlicher Form Stellung zu nehmen. Es ist nicht Sache der Bundesregierung, das Viermächteabkommen zu interpretieren. Was die Einbeziehung von Berlin (West) in die Direktwahlen zum Europäischen Parlament betrifft, so weise ich darauf hin, daß die drei Mächte der Ausdehnung des entsprechenden Beschlusses und Aktes des Rates der Europäischen Gemeinschaft auf Berlin (West) mit BK/O vom 19. Juli 1977 „vorbehaltlich der Rechte und Verantwortlichkeiten der Alliierten" sowie unter der Voraussetzung zugestimmt haben, „daß das Berliner Abgeordnetenhaus die Abgeordneten für diejenigen Sitze wählen wird, welche innerhalb des Kontingents der Bundesrepublik Deutschland auf Berlin entfallen". Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hasinger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 7): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die an Heimkehrer aus den Ostblockstaaten nach dem Häftlingshilfegesetz zuerkannten Entschädigungen häufig nur mit erheblicher Verzögerung an die Betroffenen ausgezahlt werden können, weil die örtlichen Vertriebenenämter entsprechende Mittelzuweisungen beim Regierungspräsidenten jeweils nur vierteljährlich beantragen können und eine Mittelbereitstellung dann erst im folgenden Quartal erfolgt, so daß sich hieraus Wartezeiten bis zu sechs Monaten ergeben, und ist die Bundesregierung im Interesse der Anspruchsberechtigten bereit, in geeigneter Weise auf eine beschleunigte Auszahlung der zuerkannten Entschädigungen hinzuwirken? Das Häftlingshilfegesetz wird von den Ländern durchgeführt. Die Einflußmöglichkeiten des Bundesministers des Innern sind deshalb begrenzt. Hinzu kommt, daß Ihre Frage nicht das Häftlingshilfegesetz unmittelbar, sondern den kassentechnischen Teil der Eingliederungshilfe betrifft. Wie mir bekannt ist, liegt Ihrer Frage ein Einzelfall im Lande Nordrhein-Westfalen zugrunde. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen erklärt hierzu allgemein, daß die Regierungspräsidenten die Mittel für die Eingliederungshilfen nach dem Häftlingshilfe- 3424* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Besetz an die Kreise und kreisfreien Städte erst zuweisen könnten, wenn die Höhe der benötigten Mittel feststehe. Ein Vorgriff der Städte und Kreise auf andere Mittel sei haushaltsrechtlich unzulässig. Um bei den Betroffenen keine Verärgerung über die Zeitspanne zwischen Bescheiderteilung und Auszahlung aufkommen zu lassen, würden die Bescheide grundsätzlich erst nach Mittelzuweisung zugestellt. In dem Einzelfall, der zur Beschwerde und Ihrer Frage geführt hat, ist offenbar von der bewilligenden Stelle der Bescheid schon vor der Mittelzuweisung ausgehändigt worden. Ich werde die für die Durchführung des Häftlingshilfegesetzes zuständigen Ländervertreter auf ihrer in Kürze stattfindenden Tagung bitten, das Anerkennungs- und Auszahlungsverfahren in ihren Ländern zu überprüfen und darauf zu achten, daß zwischen Bescheiderteilung und Auszahlung der Eingliederungshilfen möglichst keine Wartezeiten entstehen. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Reuschen- bach (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 8 und 9) : Trifft es zu, daß das Bundesinnenministerium bei der Rauchgasentschwefelung einen Grenzwert von 1,25 kg SO2/MWh fordert, und auf Grund welcher Erfahrungen werden die dazu erforderlichen Maßnahmen als "Stand der Technik" bezeichnet? Kann die Bundesregierung angeben, welche (für eine praktisch 100%ige Entschwefelung der Abgase mit einem Wirkungsgrad von 80 %) Menge Kohle mit einem 1%igen Schwefelgehalt für die gegenwärtige und künftige Verstromung erforderlich ist, und aus welchen Gründen ist die Bundesregierung der Auffassung, daß diese Mengen ohne Importe zur Verfügung stehen bzw. stehen werden? Zu Frage B 8: In der von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen TA Luft 1974 wird festgestellt, daß es dem Stand der Technik entspricht, die Abgase von Großkraftwerken mit einem Wirkungsgrad von mehr als 80 % zu entschwefeln. Wie bei jeder anderen Anlagenart z. B. im Bereich der Stahlindustrie, ist auch diese Vorschrift auf die gesamte Abgasmenge abgestellt. Diese Feststellung entspricht bei Verwendung von Kohle mit einem Schwefelgehalt von 1 % einem Grenzwert von 1,25 kg S02/MWh. Wenn es bis vor kurzem die Genehmigungspraxis in zwei Ländern war, bei Verwendung schwefelarmer Kohle zu fordern, daß nur 50 % der Abgasmenge mit einem Wirkungsgrad von 80 % zu entschwefeln sind, so entspricht dies für den gereinigten Abgasstrom wiederum dem Grenzwert von 1,25 kg S02/MWh. In den letzten drei Jahren haben die mit finanzieller Hilfe des Bundesministers des Innern geförderten Verfahren zur Abgasreinigung einen derartigen Entwicklungsstand erreicht, daß sie von der erprobten Größe ohne weiteres in den großtechnischen Maßstab umgesetzt werden können, weil die Vergrößerungsfaktoren sich im üblichen Rahmen halten. Es hat sich nämlich technisch und wirtschaftlich als vorteilhaft erwiesen, mehrere kleinere Einheiten parallel zu schalten (Modulbauweise). Somit kann die gesamte Abgasmenge der Entschwefelungsanlage zugeführt werden. Dies hat die Bundesregierung in der Antwort auf die Große Anfrage zur Energiepolitik (Drucksache 8/570 zu VIII. 1) sowie auf Fragen des Mitglieds des Deutschen Bundestages, Herrn Dr. Jens (Fragestunde des Deutschen Bundestages am 20. April 1977) zum Ausdruck gebracht. Zu Frage B 9: Teile der Energiewirtschaft behaupten, daß für die gegenwärtige und künftige Verstromung nur noch Kohle mit einem Schwefelgehalt von 1 % verwendet werden kann. Die TA Luft fordert aber nicht den Einsatz schwefelarmer Kohle bei Anlagen mit Rauchgasentschwefelung; dies ist auch künftig nicht beabsichtigt. Für die Verstromung von Ballastkohle werden die Emissionen von SO 2 auch künftig so begrenzt, daß den besonderen Verhältnissen des deutschen Steinkohlenbergbaus Rechnung getragen wird. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wolfgramm (Göttingen) (FDP) (Drucksache 8/926 Fragen B 10 und 11): Hält die Bundesregierung es wirklich für möglich, daß sie zum Jahresende eine fundierte Aussage über die Güte der Entschädigungsregelung der §§ 41 ff. des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und darüber machen kann, ob es sich empfiehlt, eine Entschädigungsregelung auf das Fluglärmgesetz zu übertragen, oder ist es nicht so, daß mangels konkretisierender Vorschriften noch keine praktischen Erfahrungen mit der Entschädigungsregelung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes im Straßenschallschutz vorliegen? Kommt für die Bundesregierung die Entschädigungsregelung der §§ 41 ff. des Bundes-Immissionsschutzgesetzes als Vorbild für das Fluglärmgesetz überhaupt noch in Frage, nachdem, wie ich erfahren habe, die Bundesregierung die Absicht haben soll, diese Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entweder grundlegend zu ändern oder ganz aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz zu streichen? Zu Frage B 10: Die Bundesregierung wird in ihrem Bericht über den Vollzug des Fluglärmgesetzes, der voraussichtlich im Rahmen des Immissionsschutzberichtes zum Jahresende dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden wird, auch zur Frage Stellung nehmen, ob die Entschädigungsregelung des Fluglärmgesetzes verbessert werden sollte. Bei der Prüfung dieser Frage werden auch die Regelungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes herangezogen werden. Zwar liegen praktische Erfahrungen mit der Entschädigungsregelung der §§ 41 ff. des BImSchG derzeit noch nicht vor. Es erscheint aber gleichwohl zweckmäßig, die Ausgestaltung der Entschädigung in den beiden Gesetzen einer vergleichenden Prüfung zu unterziehen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3425* Zu Frage B 11: Nach Auffassung der Bundesregierung kommt es hier weniger darauf an, eine Entschädigungsregelung zum Vorbild für eine andere zu nehmen. Es geht vielmehr darum zu prüfen, welche Entschädigungsregelung der besonderen Situation der Bevölkerung in der Umgebung von großen und stark beflogenen zivilen und militärischen Flugplätzen angemessen ist. Wie bereits ausgeführt, ist hierbei die Regelung in den §§ 41 ff. des Bundes-Immissionsschutzgesetzes von hohem Erkenntniswert. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 12) : Ist die Entscheidung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29. April 1977 nach Ansicht der Bundesregierung geeignet, den Grundgedanken des Artikels 16 Abs. 2 des Grundgesetzes (Recht auf Asyl für politisch Verfolgte) zu unterlaufen, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Bei der Vielzahl der von den Ausschüssen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu treffenden Entscheidungen sind in Einzelfällen Fehlentscheidungen nicht gänzlich auszuschließen, die jedoch im Rechtsmittelverfahren —ggf. auch durch Rechtsmittel des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten — korrigiert werden können. Durch solche vereinzelten Fehlentscheidungen kann deshalb der Grundgedanke des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 unserer Verfassung nicht unterlaufen werden. Die Ausschüsse des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, die ihre Aufgaben weisungsunabhängig wahrnehmen, sind im übrigen von dem Leiter des Bundesamtes vor einiger Zeit nochmals auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen worden. Entscheidungen wie die in Ihrer Frage erwähnte sind der Bundesregierung danach nicht mehr bekanntgeworden. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Spöri (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 13) : Wie hoch ist die Quote für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Vietnam und Chile verteilt nach Bundesländern, und wie stellt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Ausschöpfung dieser Quoten für Vietnamesen und Chilenen dar? Die Bundesländer haben für die humanitäre Aktion zur Aufnahme vietnamesischer Flüchtlinge 1 200 Aufnahmeplätze zur Verfügung gestellt. Bisher sind in diese Aufnahmeaktion rund 1 060 Personen einbezogen worden. Etwa 140 Aufnahmeplätze stehen derzeit noch zur Verfügung. Seit dem Sturz der Regierung Allende im September 1973 wurden von der Bundesrepublik Deutschland bisher rund 2 400 Personen aus Chile aufgenommen. Im Rahmen des zwischen Bund und Ländern vereinbarten Verfahrens für die Aufnahme politisch Verfolgter aus Chile stehen derzeit noch rund 500 Aufnahmeplätze zur Verfügung. Die im Rahmen dieser humanitären Hilfsaktionen aufgenommenen Flüchtlinge werden entsprechend einem vom Bundesrat am 15. Dezember 1961 festgelegten Verteilungsschlüssel auf die einzelnen Länder verteilt. Danach entfallen auf Baden-Württemberg 16,9 % Bayern 13,2 % Berlin 8,0 % Bremen 1,2 % Hamburg 3,1 % Hessen 8,5 % Niedersachsen 8,2 % Nordrhein-Westfalen 31,7 % Rheinland-Pfalz 4,9 % Saarland 2,5 % Schleswig-Holstein 1,8 % Der Freistaat Bayern ist im Hinblick auf seine besondere Belastung wegen des in Zirndorf bei Nürnberg befindlichen Sammellagers für Ausländer an der Hilfsaktion für Flüchtlinge aus Chile nicht beteiligt. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Jung (FDP) (Drucksache 8/926 Fragen B 14 und 15) : Stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß Beamten, für die wegen der Besonderheit ihres Dienstes sowohl besondere Erholungszeiten als auch besondere Zulagen und vorgezogene Regelpensionierung vorgeschrieben werden, gewerbliche Nebentätigkeiten nicht genehmigt werden können, und wenn ja, wird sie entgegen dieser Auffassung eventuell erteilte Genehmigungen in ihrem Verantwortungsbereich rückgängig machen? Stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß dienstliche Leistungen generell als beeinträchtigt zu gelten haben, wenn genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten überwiegend in den Zeiträumen verrichtet werden, die vorrangig der Regeneration, dem Streßausgleich dienen, und wenn ja, wird sie dieser Auffassung in ihrem Verantwortungsbereich Geltung verschaffen? Nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften darf einem Beamten die Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit nur versagt werden, „wenn zu besorgen ist, daß die Nebentätigkeit die dienstlichen Leistungen, die Unparteilichkeit oder die Unbefangenheit des Beamten oder andere dienstliche Interessen beeinträchtigen würde" (vgl. § 65 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes). Das Gesetz hat im Hinblick auf das grundsätzlich auch den Beamten zustehende Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit die Grenzen für eine Versagung von Nebentätigkeiten außerhalb der 3426e Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Dienstzeit verhältnismäßig eng gezogen. In diesem Rahmen jedoch kann und muß der Dienstvorgesetzte bei jeder Einzelentscheidung auch die Ihrer Frage zugrunde liegenden Erwägungen in seine Prüfung mit einbeziehen, ob nämlich die beabsichtigte Nebentätigkeit die dienstlichen Interessen insofern beeinträchtigen könnte, als sie die Arbeitskraft des Beamten so stark in Anspruch nimmt, daß die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten beeinflußt wird. Das kann u. a. dann der Fall sein, wenn die Nebentätigkeit dem mit der Gewährung von Freizeit und Urlaub beabsichtigten Erholungszweck zuwiderläuft. Ausgehend von dieser Rechtslage stimmt die Bundesregierung daher Ihrer in Frage 2 dargelegten Auffassung prinzipiell zu mit der Einschränkung, daß diese Entscheidung nicht generell, sondern nur nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles getroffen werden kann. Die Bundesregierung geht im übrigen davon aus, daß die Dienstvorgesetzten, u. a. auch im Interesse der Verbesserung der Arbeitsmarktsituation, bei der Prüfung von Anträgen auf Genehmigung von Nebentätigkeiten einen strengen Maßstab anlegen. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 16 und 17) : Inwieweit ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, das bisher für die Unterkunft des THW-Ortsverbandes Betzdorf angemietete Gelände käuflich zu erwerben, damit endlich eine Dauerlösung geschaffen wird? Inwieweit ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, die Ortsverbände der Bundesanstalt THW mit Funkgeräten so auszustatten, daß sie von den Verantwortlichen für den Katastrophenschutz in den Kreisverwaltungen ebenso unmittelbar wie die Löschzüge der Feuerwehr und die Einsatzgruppen des Roten Kreuzes und anderer Hilfsorganisationen erreicht werden können? Zu Frage B 16: Der THW-Ortsverband Betzdorf ist in dem Mietobjekt in Scheuerfeld, Industriestraße, zufriedenstellend untergebracht. Zur Beurteilung der Frage, ob ein Ankauf des Grundstücks wirtschaftlicher ist, hat das Bundesamt für Zivilschutz bereits eine Wertermittlung für das bebaute Grundstück bei der Oberfinanzdirektion Koblenz angefordert. Nach dem Ergebnis dieser Wertermittlung und den Kaufpreisvorstellungen des Eigentümers muß über den Ankauf entschieden werden. Mittel hierfür können allerdings frühestens im Haushaltsjahr 1979 bereitgestellt werden. Zu Frage B 17: 1. Für die Alarmierung der Führungskräfte des THW hat die Bundesregierung für das Technische Hilfswerk ein Beschaffungsprogramm erarbeitet, nach dem für jeden Ortsverband je nach Größe fünf bis zehn Meldeempfänger vorgesehen sind. Der Gesamtbedarf beläuft sich auf rund 4 500 Geräte. Der Preis eines solchen Gerätes beträgt zur Zeit 1 500 DM. Zunächst wurden 1 100 Meldeempfänger im Werte von rund 1,65 Millionen DM für 150 Ortsverbände beschafft. Der Bund stellt jährlich 400 000 DM für diesen Zweck zur Verfügung. 2. Trotz der seit 1969 jährlich vorgenommenen Anhebung der Haushaltsmittel für den Katastrophenschutz konnte der Bedarf an Funksprechgeräten für das THW bisher noch nicht vollständig gedeckt werden. Diese Schwierigkeiten können jedoch nicht allein durch eine Streckung des Beschaffungsprogramms behoben werden; sie machen vielmehr eine Konzentration auf bestimmte Schwerpunkte notwendig. Nach dem Kabinettbeschluß zur Neuordnung des Katastrophenschutzes ist vorgesehen, daß der Bund künftig seinen Beitrag auf die V-Fall-spezifischen Fachdienste konzentriert. Dazu gehört auch die Beschaffung von Funksprechgeräten für den vom THW getragenen Bergungs- und Instandsetzungsdienst. Bei der Komplettierung der Einheiten des Katastrophenschutzes mit Funksprechgeräten soll künftig das neu entwickelte Funkgerät 8 b verwendet werden. Aus diesem Grunde ist die Beschaffung von Funksprechgeräten im 4-m-Band zurückgestellt worden. Nach dem jetzigen Stand der Entwicklung ist ab 1978 mit einer verstärkten Beschaffung dieser Geräte zu rechnen. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hauser (Krefeld) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 18 und 19) : Trifft es zu, daß Bundeswehr, Bundesgrenzschutz und Ziviler Bevölkerungsschutz sowohl bei der Beschaffung von Preßluftatemschutzgeräten wie auch bei der nachfolgenden Instandhaltung, Prüfung, Reparatur und Generalüberholung der vorhandenen Geräte von den drei am Markt befindlichen Herstellern ohne öffentliche Ausschreibung lediglich die am Markt befindlichen Großbetriebe berücksichtigt haben, während der einzige mittelständische Industriebetrieb trotz der Richtlinien der Bundesregierung zur angemessenen Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (1. Juni 1976 I B 3/262360/3) nicht berücksichtigt worden ist? Gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls, die entsprechenden Dienstleistungen in Zukunft öffentlich auszuschreiben oder in staatlichen Regiebetrieben, wie sie im Rahmen des Zivilen Bevölkerungsschutzes bereits bestehen, durchzuführen? Die Bundesregierung hat bisher stets auch bei der Ausschreibung von Beschaffungs- und Dienstleistungsvorhaben für neue Gerätegenerationen die mittelständischen Betriebe beteiligt. Bei der Erstbeschaffung von Atemschutzgeräten wurden seinerzeit alle Herstellerfirmen angeschrieben, allerdings erfüllten nur zwei Fabrikate die Auflagen der Technischen Lieferbedingungen. Diesen Fabrikaten wurde dann auch der Zuschlag erteilt. Dieses erste Beschaffungsprogramm ist inzwischen abgeschlosssen; zur Zeit besteht nur noch ein Nachholbedarf von einigen hundert Geräten. Es ist vorgesehen, im Interesse der Typenreinheit auf die bisher beschafften Modelle zurückzugreifen. Das ist Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3427* sachlich geboten im Hinblick auf die Austauschbarkeit der Geräte, die auch von der Bundeswehr, dem Bundesgrenzschutz und den Feuerwehren verwendet werden. Zur Zeit besteht nicht die Absicht, Geräte gegen neuere Modelle auszutauschen. Es wird zunächst ermittelt, in welchem Umfang durch die Neuordnung des Katastrophenschutzes und durch neue Forderungen der Unfallverhütungsvorschriften Ergänzungsbeschaffungen notwendig werden. 2. Für die Instandsetzung der Atemschutzgeräte besteht derzeit ein dreistufiges Instandsetzungssystem: 1. Stufe: Einfache Wartung durch die Helfer der KatS-Einheiten oder durch die Atemschutzwerkstätten der Feuerwehren; 2. Stufe: Instandsetzung durch die Zentralwerkstätten des Katastrophenschutzes; 3. Stufe: Grundüberholung durch die Herstellerfirmen. Dieses in den 60er Jahren eingeführte System hat sich bewährt, so daß vorerst keine Notwendigkeit gesehen wird, von diesem Verfahren abzuweichen. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 20 und 21) : Welche Konsequenzen will die Bundesregierung aus der Tatsache ziehen, daß immer häufiger dadurch in die Privatsphäre natürlicher Personen eingegriffen wird, daß man von ihnen detaillierte Angaben über ihre finanzielle Situation (z. B. bei der Stellung von BAföG-Anträgen oder von Kreditanträgen) fordert? Wird die Bundesregierung zulassen, daß sich diese Entwicklung auch bei juristischen Personen fortsetzt? 1. Ihre Frage betrifft einen Vorgang, der grundsätzlich unter die am 1. Januar 1978 in Kraft tretenden Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) fällt. Danach ist das Speichern personenbezogener Daten, also deren Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verwendung (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 BDSG) zulässig, wenn es zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist (§ 9 Abs. 1 BDSG). Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn eine Behörde die ihr übertragenen Aufgaben ohne Kenntnis der hierfür gespeicherten Daten nicht rechtmäßig erfüllen kann. Das wäre z. B. der Fall bei der Bearbeitung von Förderungs- und Kreditanträgen, die nicht rechtmäßig vorgenommen werden kann, wenn Angaben über Einkünfte und Vermögen der eigenen Person oder von Angehörigen fehlen, die Gewährung der gewünschten öffentlichen Leistungen gesetzlich aber gerade davon abhängig gemacht wird, daß eine gewisse Einkommens- und Vermögensgrenze nicht überschritten wird. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die im Bundesdatenschutzgesetz getroffene Regelung sachgerecht ist und den Erfordernissen des Schutzes der Persönlichkeitssphäre wie auch einer effizienten Verwaltungspraxis in ausgewogener Weise Rechnung trägt. 2. Das Bundesdatenschutzgesetz gilt nur für die Daten natürlicher Personen (§ 2 Abs. 1 BDSG), von seiner Anwendbarkeit auf juristische Personen wurde bewußt abgesehen (vgl. die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/1027, S. 19). Angaben über die finanzielle Situation von juristischen Personen sind ebenfalls als Grundlage für die Entscheidung über die Gewährung von öffentlichen Leistungen durchweg erforderlich. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 22 und 23) : Welche Lehren hat die Bundesregierung aus der Waldbrandkatastrophe in Niedersachsen im Blick auf eine Verbesserung der technischen Ausstattung bzw. ein neues Konzept für den Einsatz der Bundesanstalt THW gezogen? Inwieweit hat die Bundesregierung die Absicht, die Bundesanstalt THW auf der Ebene der Ortsverbände, insbesondere im Blick auf die wachsenden Anforderungen bei Einsätzen in Katastrophengebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland technisch auf den neuesten Stand zu bringen, soweit sich dies auf Fahrzeuge und technische Einrichtungen bezieht? Zu Frage B 22: Die Auswertung der Erfahrungen bei Naturkatastrophen, insbesondere der Waldbrandkatastrophe in Niedersachsen, hat gezeigt, daß — auch nach Empfehlung der Länder — die Leitungs- und Führungsinstrumente im Katastrophenschutz fortentwickelt und die deutlich zutage getretenen Bedürfnisse an Schwer- und Spezialgerät abgedeckt werden müssen. Deswegen wird angestrebt, das Technische Hilfswerk als die für den Bergungs- und Instandsetzungsdienst zuständige Hilfsorganisation so auszurüsten, daß es auch Bergungsräummaßnahmen bei Großschadensfällen optimal durchführen kann. Um die Schlagkraft der THW-Einheiten zugleich für überörtliche Hilfeleistungen zu erhöhen, sollen größere Bereitschaften gebildet und die organisatorischen Voraussetzungen für regionale Einsätze geschaffen werden. Angesichts der Vergleichbarkeit des schweren Räumgeräts mit entsprechendem Material der Streitkräfte bietet sich aus wirtschaftlichen Gründen eine enge Zusammenarbeit mit der Bundeswehr an, der allerdings wegen des rein zivilen Auftrags des Technischen Hilfswerks Grenzen gesetzt sind. Um die weitere Steigerung der Leistungsfähigkeit der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk auch verwaltungsmäßig besser unterstützen zu können, ist vorgesehen, das Technische Hilfswerk insgesamt in bundeseigene Verwaltung zu übernehmen und die bishere Aufspaltung in einen organisationseigenen und einen der Bundesauftragsverwaltung zugeordneten Teil aufzugeben. 3428* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Zu Frage B 23: Die bei Katastropheneinsätzen des Technischen Hilfswerks im In- und Ausland gesammelten Erfahrungen sind bei Weiterentwicklung der Ausrüstung des Technischen Hilfswerks berücksichtigt worden. So wurden im Bergungsdienst zum Beispiel Geräte- und Mannschaftsfahrzeuge neu konzipiert und die Ausstattungsgegenstände im Instandsetzungsdienst auf den neuesten technischen Stand gebracht. Die Beschaffung neuer Ausrüstungsgegenstände und ihre Auslieferung an die Einheiten kann jedoch nur innerhalb des üblichen Aussonderungszeitraumes und der verfügbaren Mittel erfolgen. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Schuchardt (FDP) (Drucksache 8/926 Fragen B 24 und 25) : Wieviel Firmenkonkurse, nach Branchen aufgeschlüsselt, waren im Jahr 1976 zu verzeichnen? Wieviel Firmenneugründungen, ebenfalls nach Branchen aufgeschlüsselt, stehen dieser Zahl gegenüber? Zu Frage B 24: Die vom Bundesminister der Justiz in Auftrag gegebene Untersuchung des Hamburger MaxPlanck-Instituts für ausländisches und internationa- KonKurse Wirtschaftsgliederung Insolvenzen 1) Eröffnete insgesamt Vergleiche eröffnet mangels Masse abgelehnt zusammen darunter Aschloßkonkurse Unternehmen und Freie Berufe 1976 1976 1976 1976 1976 1976 6 808 2 063 4 614 6 677 40 171 darunter: Handwerk 2) 872 321 534 Wirtschaftszweigen 7 24 nach 855 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 106 19 85 104 1 3 Energiewirtschaft, Wasserversorgung, Bergbau 1 — 1 1 — -- Verarbeitendes Gewerbe (ohne Baugewerbe) 1 689 619 1 022 1 641 17 65 Chemische Industrie, Mineralölverarbeitung . 26 8 18 26 — — Kunststoff-, Gummi- und Asbestverarbeitung 76 32 42 74 — 2 Gewinnung und Verarbeitung von Steinen und Erden, Feinkeramik, Glas 80 23 53 76 — 4 Metallerzeugung und -bearbeitung 100 29 70 99 1 2 Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbau, ADV . . 503 173 320 493 7 17 Elektronik (ohne ADV), Feinmechanik, EBMWaren usw. 230 90 133 223 2 9 Holz-, Papier- und Druckgewerbe 339 126 201 327 2 14 Leder-, Textil- und Bekleidungsgewerbe 205 92 104 196 5 14 Nahrungs- und Genußmittelgewerbe 130 46 81 127 — 3 Baugewerbe 1 456 474 962 1 436 8 28 Bauhauptgewerbe 1 105 375 713 1 088 6 23 Ausbau- und Bauhilfsgewerbe 351 99 249 348 2 5 Handel 1 570 487 1 032 1 519 9 60 Großhandel 765 267 470 737 6 34 Handelsvermittlung 33 5 29 34 1 — Einzelhandel 772 215 533 748 2 20 Verkehr, Nachrichtenübermittlung 270 61 209 270 — — Kreditinstitute, Versicherungsgewerbe 28 8 20 28 1 1 Dienstleistungen von Unternehmen und Freien Berufen 1 688 395 1 283 1 678 4 14 1) Konkursverfahren ohne Anschlußkonkurse, denen ein eröffnetes Vergleichsverfahren vorausgegangen ist, plus Vergleichsverfahren. 2) In die Handwerksrolle eingetragene Unternehmen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3429* les Privatrecht „Die Praxis der Konkursabwicklung in der Bundesrepublik Deutschland — Eine rechtstatsächliche Untersuchung —" ergibt, daß schätzungsweise 30 Prozent aller Insolvenzen im rechtsfreien Raum „still" liquidiert werden, ohne daß ein Antrag auf Konkurseröffnung gestellt wird. Inwieweit in diesen 30 Prozent Unternehmen enthalten sind, läßt sich nicht feststellen. Nachstehende Tabelle enthält eine nach Wirtschaftszweigen gegliederte Aufstellung über die Unternehmensinsolvenzen, für die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragt oder das Vergleichsverfahren eröffnet wurde. Sie ist dem „Statistischen Jahrbuch 1977 für die Bundesrepublik Deutschland" entnommen. Ich darf bemerken, daß bei den Dienstleistungsunternehmen auch die freien Berufe mitgerechnet sind. Zu Frage B 25: Die Frage kann nicht beantwortet werden. Bundesweites statistisches Material über die Zahl der Firmengründungen steht nicht zur Verfügung Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 26) : Wieweit sind die Überlegungen der Bundesregierung über ein neu zu schaffendes Umweltschutzstrafrecht gediehen, und bis wann ist mit der Vorlage entsprechender Gesetzentwürfe zu rechnen? Zu den Vorhaben der Bundesregierung im Rahmen der Verwirklichung des Umweltprogramms gehört auch die Schaffung von Strafvorschriften, mit denen umweltschädigende und umweltgefährdende Handlungen angemessen geahndet werden können. Besonders gemeinschaftsschädliche, für die Umwelt gefährliche Verhaltensweisen sollen in neuen Straftatbeständen im Strafgesetzbuch zusammenhängend erfaßt und verstärkt unter Strafe gestellt werden. Das Bundesministerium der Justiz erstellt zur Zeit, insbesondere im Zusammenwirken mit dem Bundesminister des Innern, einen Entwurf, der dieses Ziel verwirklichen soll. Er berücksichtigt dabei ferner die Stellungnahmen der Länder und betroffener Verbände zu diesem Gesetzgebungsvorhaben, Beratungen mit den sonst beteiligten Bundesministerien, den Landesjustizverwaltungen und den für Umweltfragen zuständigen Ressorts der Länder sowie Gespräche mit Fachleuten der mit Umweltfragen befaßten Länderarbeitsgemeinschaften. Nach Abstimmung mit den Bundesressorts und einer weiteren Beteiligung der Länder und betroffener Verbände soll 1978 dem Kabinett ein Entwurf zur Beschlußfassung vorgelegt werden. Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Männing (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 27 und 28) : Liegen der Bundesregierung Erfahrungsberichte vor zu den „Allgemeinen Reisebedingungen für Pauschalreisen" des Deutschen Reisebüro-Verbandes vom 7. Oktober 1976, wie sie zur Urlaubssaison 1977 vorgelegt worden sind, und wenn ja, kann die Bundesregierung danach beurteilen, in welchem Umfang diese „Allgemeinen Reisebedingungen" den Zweck erfüllten, den die Bundesregierung durch Vorlage ihres „Entwurfs eines Gesetzes über den Reiseveranstaltungsvertrag" (Drucksache 8/786) verfolgt? Hat die Bundesregierüng konkrete Vorstellungen zur Höhe von Entschädigungen für nutzlos aufgewendete Urlaubstage" wie sie in § 18 Abs. 2 des Entwurfs eines Gesetzes über den Reiseveranstaltungsvertrag vorgesehen sind, und ist die Bundesregierung der Ansicht, daß dem Verbraucher mehr gedient wäre, wenn in eben diesem Entwurf in § 14 Abs. 2 kein bestimmter Vomhundertsatz genannt wird, sondern generell 5 v. H. durch den Gesetzgeber vorgeschrieben werden? Zu Frage B 27: Der Bundesregierung liegen keine Erfahrungsberichte zu den vom Deutschen Reisebüroverband (DRV) empfohlenen „Allgemeinen Reisebedingungen für Pauschalreisen" vor. Sie erkennt indessen an, daß dieses Konditionsmodell in mehrfacher Hinsicht eine Verbesserung der Rechtsstellung des Reisenden beinhaltet. Sie verfolgt mit Aufmerksamkeit, wie weit ,die Empfehlung des Verbandes von den Reiseveranstaltern befolgt wird. Zur Zeit werden im Hinblick hierauf die Kataloge der Wintersaison 1977/78 ausgewertet. Diese Auswertung ist noch nicht abgeschlossen. Es zeichnet sich jedoch ab, daß die Ziele, die die Bundesregierung mit dem Entwurf eines Gesetzes über den Reiseveranstaltungsvertrag (Drucksache 8/786) verfolgt, durch das Konditionenmodell keineswegs im vollen Umfange erreicht werden. Kleine Veranstalter mit Spezialprogramm be- achten die Verbandsempfehlung teilweise überhaupt nicht. Die großen und marktführenden Veranstelter legen zwar das Konditionenmodell weitgehend zugrunde, weichen allerdings in Einzelheiten von den Empfehlungen doch wieder ab. Nicht zuletzt ist bedauerlich, daß die Klauselwerke der Veranstalter in ihrem systematischen Aufbau und in ihrer terminologischen Ausgestaltung weiterhin sehr unterschiedlich ausfallen. Dadurch wird der für einen echten Konditionenwettbewerb wichtige Vergleich der Konditionen für den Bürger nicht unwesentlich erschwert. Zu Frage B 28: 1. § 18 Abs. 2 Satz 1 des Entwurfs eines Gesetzes über den Reiseveranstaltungsvertrag (Drucksache 8/786) sieht unter bestimmten Voraussetzungen eine „angemessene Entschädigung" auch wegen des Schadens vor, der darin besteht, daß der Reisende Urlaubstage nutzlos aufgewendet hat. Die Höhe dieser Entschädigung läßt sich nicht konkret vorausbestimmen. Es kommt vielmehr auf die Einzelheiten des jeweiligen Falles an. Richtgröße der Entschädigung kann z. B. der Aufwand sein, den die Beschaffung zusätzlichen Urlaubs erfordert (vgl. BGHZ 63, 105). Ein Abstellen etwa allein auf diesen Gesichtspunkt würde indessen zu dem unangemessenen Ergebnis führen, daß nicht oder nicht mehr berufstätige Personen wie Studenten oder Rentner keinen Ersatz erhielten. Der Entwurf sieht daher in § 18 Abs. 2 Satz 2 vor, daß sich die Höhe der Entschädigung „nach den Umständen" bestimmt und hebt dabei beispielhaft das Ausmaß der Beeinträchtigung des Reisenden auf der einen und die Schwere des 3430* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Verschuldens des Reiseveranstalters auf der anderen Seite besonders hervor. Die situationsgerechte Bemessung im einzelnen ist daher, wenn sich die Beteiligten nicht einigen, Aufgabe des Gerichts. Der Entwurf greift insoweit auf das Vorbild des sog. Schmerzensgeldes zurück, dessen Höhe ebenfalls von den Umständen des Einzelfalles abhängt. 2. § 14 Abs. 2 des Gesetzentwurfs will den Reisenden vor dem Risiko einer unübersehbaren nachträglichen Erhöhung des Reisepreises bewahren und gibt ihm daher ein Rücktrittsrecht, wenn die Erhöhung einen bestimmten, vom Reiseveranstalter anzugebenden Vomhundertsatz übersteigt. Von der gesetzlichen Festlegung eines bestimmten Prozentsatzes ist Abstand genommen worden, weil die Verhältnisse bei den verschiedenen Reiseveranstaltern und auch je nach der Art der in Betracht kommenden Pauschalreisen zu unterschiedlich sind. Bei Reisen, die mit tarifgebundenen Verkehrsmitteln wie der Deutschen Bundesbahn abgewickelt werden, treten naturgemäß geringere Preisschwankungen auf als bei ausgedehnten Reisen in weit entfernte Länder mit möglicherweise hoher Inflationsrate. Ein sachgerechter einheitlicher Prozentsatz läßt sich somit kaum finden. Der Vorteil der Lösung, die der Gesetzentwurf gewählt hat, besteht darin, daß der Reiseveranstalter, der sich eine Preiserhöhung vorbehalten will, einen bestimmten Prozentsatz nennen muß, von dem an der Reisende kostenfrei zurücktreten kann. Der Reisende kann auf diese Weise das Preiserhöhungsrisiko genau abwägen und insoweit einen Vergleich zwischen den Bedingungen der verschiedenen Reiseveranstalter vornehmen. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Westphal (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 29 und 30) : Auf welche Rechtsgrundlage stützt sich die Auslegung, daß der im Einkommensteuerrecht und im Wohnunsgbauprämiengesetz verwendete Begriff der „völligen Erwerbsunfähigkeit" eine Erwerbsunfähigkeit von mindestens 90 v. H. meint, während dieser Begriff im Recht der Rentenversicherung nicht vorkommt? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um Erwerbsunfähige, die die Absicht haben, einen Wohnungsbauprämien-Sparvertrag für sich prämienunschädlich zu kündigen, ausreichend und rechtzeitig darüber zu unterrichten, daß die Voraussetzung der „völligen Erwerbsunfähigkeit" erst bei über 90prozentiger Erwerbsunfähigkeit erfüllt ist? 1. Eine vorzeitige Verfügung über Bausparbeiträge ist u. a. steuer- und prämienunschädlich, wenn der Bausparer oder sein von ihm nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte nach Vertragsabschluß völlig erwerbsunfähig geworden ist (§ 10 Abs. 6 Ziff. 2 Buchstabe c EStG, § 2 Abs. 2 Satz 4 Nummer 3 WoPG, jeweils in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1977 vom 18. Juni 1977, BGBl. I S. 1586). Als völlige Erwerbsunfähigkeit ist einkommensteuer- und prämienrechtlich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mehr als 90 % anzusehen (Abschnitt 94 Abs. 4 EStR, Abschnitt 17 WoPR). Dies entspricht dem für die einkommensteuerrechtlichen Freibeträge für Körperbehinderte maßgebenden Begriff der Erwerbsunfähigkeit in § 33 b Abs. 3 EStG (Minderung der Erwerbsfähigkeit um 91 bis 100 %), der wiederum auf die Begriffsbestimmung in § 31 Abs. 3 des Bundesversorgungsgesetzes zurückgeht. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist dabei nach der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz). Der Begriff der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes deckt sich nicht mit dem Begriff der Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherungen. Die Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherungen berücksichtigt neben dem körperlichen oder geistigen Zustand des Versicherten auch noch die konkreten Erwerbsmöglichkeiten. Es kann deshalb unter Umständen eine Erwerbsunfähigkeit im Sinne der Rentenversicherungsgesetze auch schon bei einer Erwerbsminderung von wesentlich weniger als 90 % bescheinigt werden. 2. Die vorzeitige Auflösung eines Bausparvertrages setzt voraus, daß sich der Bausparer an die Bausparkasse wendet. Diese ist, wenn eine vorzeitige Vertragsauflösung wegen völliger Erwerbsunfähigkeit angestrebt wird, im Rahmen ihrer Betreuungspflicht gehalten, den Bausparer über die gesetzlichen Voraussetzungen und den erforderlichen Nachweis (regelmäßige Bescheinigung des Versorgungsamtes) zu unterrichten und darauf hinzuwirken, daß eine steuer- oder prämienschädliche Auflösung des Bausparvertrages vermieden wird. Durch dieses Verfahren werden m. E. die Belange der Betroffenen ausreichend berücksichtigt. Weitere Maßnahmen halte ich, auch im Hinblick darauf, daß es sich bei den vorzeitigen Vertragsauflösungen wegen Erwerbsunfähigkeit um seltene nicht vorhersehbare Ausnahmefälle handelt, nicht für erforderlich. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 31) : Wie beurteilt die Bundesregierung die geltenden Rechtsvorschriften, die die steuerliche Behandlung der sogenannten Ablösesummen im Bereich des Berufs- und Amateursports regeln, und sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, eine Änderung der bisherigen steuerlichen Behandlung der sogenannten Ablösesummen anzustreben und dabei weiterhin zwischen gemeinnützigkeitsschädlichen und gemeinnützigkeitsunschädlichen Zahlungen zu unterscheiden? Gemeinnützige Sportvereine müssen ihre Mittel ausschließlich für ihre gemeinnützigen Satzungszwecke verwenden. Die Zahlung von Ablösesummen im Zusammenhang mit dem Vereinswechsel von Sportlern führt also grundsätzlich zum Verlust der Gemeinnützigkeit. Dies wird von den Sportverbänden akzeptiert, soweit es um Ablösezahlungen für den „Marktwert" von Sportlern geht. Der Deutsche Sportbund (DSB) Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3431* strebt jedoch eine Lockerung für diejenigen Zahlungen in Höhe von bis zu 10 000 DM an, die in den Wettkampfordnungen und dergleichen vorgeschrieben sind und den Charakter pauschalierter Unkostenerstattungen haben: Der empfangende Verein erstattet dem abgebenden Verein die Unkosten für die Ausbildung eines Sportlers, die er ohne Verlust der Gemeinnützigkeit selbst hätte aufwenden können, wenn der betreffende Sportler von Anfang an bei ihm Mitglied gewesen wäre. Nach Auffassung des DSB würde die von ihm gewünschte Regelung auch den von der Bundesregierung geförderten Bestrebungen entsprechen, die Bildung von sogenannten Schwerpunktvereinen und den Wechsel von Spitzensportlern zu derartigen Schwerpunktvereinen zu erleichtern. Ob eine solche Regelung möglich sein wird und wie sie im einzelnen ausgestaltet sein könnte, läßt sich zur Zeit noch nicht beurteilen. Der DSB hat die Frage erstmals vor einigen Wochen an das Bundesfinanzministerium herangetragen. Dabei hat er das Problem nur in groben Umrissen skizziert, weil er zur tatsächlichen Seite der Angelegenheit noch Ermittlungen unter seinen Mitgliedsverbänden anstellen möchte. Sobald der vom DSB angekündigte, ausführlich begründete Antrag vorliegt, wird er mit den obersten Finanzbehörden der Länder erörtert werden. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hammans (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 32) : Wann wird der Teil des britischen Munitionsdepots in Brüggen, Kreis Viersen, der dringend für den Tonabbau gebraucht wird, dafür freigegeben, insbesondere nachdem der britische Parlamentarische Unterstaatssekretär im Verteidigungsministerium, Robert Brown, in einem Brief der britischen Unterhauskollegin Lynda Chalker mitgeteilt hat, daß die britische Regierung mit einer Freigabe dieses Teils des Munitionsdepots einverstanden ist, wenn ihr dadurch keine Kosten entstehen? Die britischen Streitkräfte haben sich unter bestimmten Voraussetzungen bereit erklärt, einen Teil ihres Munitionslagers in Brüggen, erforderlichenfalls auch das ganze Lager, für den Tonabbau freizugeben. Sie setzen insbesondere voraus, daß ein Tonvorkommen mit außerordentlichem wirtschaftlichen Wert offiziell bestätigt und ihnen vor einer Freigabe ein in jeder Hinsicht zufriedenstellender Ersatz zur Verfügung gestellt wird, ohne daß ihnen irgendwelche Kosten entstehen. Diese Bedingungen erfordern eine Reihe von Feststellungen auf deutscher Seite. Das Bundesministerium der Finanzen hat zu diesem Zweck das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen am 4. April 1977 u. a. gebeten, zur Abbauwürdigkeit des Tonvorkommens auf Teilflächen des Lagers unter Berücksichtigung der Kosten des Ersatzes Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme liegt noch nicht vor, so daß vor einigen Tagen daran erinnert wurde. Der Zeitpunkt einer Freigabe von Teilflächen des Munitionslagers in Brüggen läßt sich derzeit insbesondere wegen der zuvor notwendigen Ersatzbeschaffung nicht absehen. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schrift- lichen Fragen der Abgeordneten Frau Will-Feld (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 33 und 34) : Teilt die Bundesregierung die Rechtsauffassung, daß die „Gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Neuorganisation der Finanzämter und Neuordnung des Besteuerungsverfahrens" (GNOFA) vom 16. Februar 1976, Bundessteuerblatt 1976 I S. 88, mit dem geltenden formellen Steuerverfahrensrecht in vollem Umfang zu vereinbaren sind? Steht nach Ansicht der Bundesregierung insbesondere die GNOFA mit den höherrangigen Rechtsgrundsätzen der §§ 88 bis 89 AO 1977 in Einklang, die bei der Durchführung des einzelnen Steuerfalls eindeutig auf die ,Umstände des Einzelfalls" abstellen, und zwar u. a. als Ausfluß des sogenannten Untersuchungsgrundsatzes? Regelungen, wie sie die „Gleichlautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder zur Neuorganisation der Finanzämter und Neuordnung des Besteuerungsverfahrens" (GNOFA) enthalten, die eine einheitliche Ausübung des in der Abgabenordnung vorgegebenen Verwaltungsermessens sicherstellen sollen, sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die GNOFA schaffen als innerdienstliche Verwaltungsanweisungen kein neues Verfahrensrecht; sie begründen insbesondere für den Steuerpflichtigen keine besonderen Mitwirkungsrechte oder Pflichten. Diese ergeben sich ausschließlich aus den einschlägigen verfahrensrechtlichen Bestimmungen. Die Fallgruppeneinteilung der GNOFA bedeutet eine Ausfüllung des Amtsermittlungsgrundsatzes des § 88 AO 1977. Das steuerliche Gewicht des Einzelfalles wird durch den Zuschnitt der Fallgruppen berücksichtigt. Zudem besteht in jedem einzelnen Fall die Möglichkeit einer gründlichen Nachprüfung, wenn die besondere steuerliche Bedeutung des Falles, die Schwierigkeiten seiner Bearbeitung oder das Vorliegen von Mängeln in der Steuererklärung dies erfordern. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 35) : Ist die Bundesregierung bereit, die monatliche BierausstoßStatistik unter Berücksichtigung der Tatsache beizubehalten, daß es sich dabei lediglich um ein „Abfallprodukt" der für die Erfassung der insgesamt 1,4 Milliarden DM Biersteuereinnahmen handelt und die monatliche Bierausstoß-Statistik besonders den mittelständischen Brauereien, die über keine eigene Marktforschungsabteilung verfügen, zuverlässige und unverzichtbare, zeitnahe Marktinformation liefert? Die Verlängerung der Periodizität der Biersteuerstatistik von monatlich auf vierteljährlich ist von 3432* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 dem vom Bundeskabinett zur Überprüfung der Bundesstatistik eingesetzten Abteilungsleiterausschuß nach sorgfältiger Prüfung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen vorgeschlagen worden. Dabei ist davon ausgegangen worden, daß durch eine Periodizitätsverlängerung zwar ein gewisser Informationsverlust — insbesondere für Verbände und Brauereien — eintreten kann, jedoch im Hinblick auf die geforderte Einsparung von Haushaltsmitteln und Rationalisierung der Statistik zu vertreten ist. Dieser Auffassung und der Periodizitätsverlängerung haben sich auch die für die Dienstaufsicht über die Statistischen Landesämter zuständigen Landesressorts am 16. September 1976 angeschlossen. Der Bundesfinanzminister sieht deshalb keinen Anlaß, eine Änderung des Beschlusses des Abteilungsleiterausschusses und der Dienstaufsichtsbehörden der Statistischen Landesämter herbeizuführen. Bei der Biersteuerstatistik handelt es sich im übrigen nicht um ein bloßes Abfallprodukt bei der Erfassung der Biersteuereinnahmen, sondern sie erfordert zusätzliche Arbeiten bei den Hauptzollämtern und Oberfinanzdirektionen sowie beim Statistischen Bundesamt. Durch eine Periodizitätsverlängerung ergeben sich deshalb nicht nur Einsparungen beim Statistischen Bundesamt, sondern auch bei den Hauptzollämtern und Oberfinanzdirektionen. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 36) : Ist die Landeshauptstadt München im Zusammenhang mit dem vom Stadtrat beschlossenen Familienprogramm an die Bundesregierung herangetreten, um bundeseigene Grundstücke für diesen Zweck nach dem Grundstücksverbilligungsgesetz zu erhalten, und wenn ja, wie verhält sich die Bundesregierung gegenüber diesem Wunsch? Die Landeshauptstadt München hat einen Kaufantrag für den rund 200 ha großen Übungsplatz Feldmoching gestellt, der voraussichtlich im Jahr 1978 von der Bundeswehr freigegeben wird. Ob die Landeshauptstadt München auf diesem Gelände auch Teile ihres Familienheimprogramms verwirklichen will, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die Bundesregierung ist — wie bisher — auch künftig grundsätzlich bereit, entbehrliche bundeseigene Liegenschaften für städtebauliche Maßnahmen zu veräußern und dabei nach Maßgabe des Grundstücksverbilligungsgesetzes Preisnachlässe zu gewähren. Anlage 73 Anwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 37): Sind die im Rahmen der beabsichtigten Novellierung des Bundesrechnungshofgesetzes noch zu klärenden Fragen (Hinweis auf Antwort der Bundesregierung auf die Mündliche Anfrage des Kollegen Dr. Althammer vom 22. Juli 1975) zwischenzeitlich gelöst, und beabsichtigt die Bundesregierung, demnächst einen Entwurf einer Neufassung des Bundesrechnungshofgesetzes zu verabschieden? Die in der Antwort an Herrn Dr. Althammer angesprochenen Fragen sind noch nicht abschließend geklärt. Da die Bundesregierung im übrigen ein Organisationsgesetz über den Bundesrechnungshof gegenüber anderen wichtigen Gesetzesvorhaben nicht für vordringlich hält, ist zur Zeit nicht zu übersehen, wann sie dem Bundesrat und dem Bundestag einen Gesetzentwurf zuleiten wird. Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 38) : Trifft es zu, daß auf Grund von Einsparungsmaßnahmen die Bundesregierung beschlossen hat, die bislang monatlich automatisch anfallenden Zahlen aus der Biersteuerstatistik in Zukunft nur noch vierteljährlich zu veröffentlichen, wie hoch sind diese Einsparungen gegebenenfalls, und ist die Bundesregierung nicht der Meinung, daß die nunmehr nur noch vierteljährlich veröffentlichte Biersteuerstatistik insbesondere bei den mittelständischen Betrieben zu großen Informationslücken führen müssen? Der von der Bundesregierung zur Überprüfung der Bundestatistik eingesetzte Abteilungsleiterausschuß hat am 22. Juni 1976 im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen vorgeschlagen, bei der Biersteuerstatistik die Periodizität von monatlich auf vierteljährlich zu verlängern. Bei diesem Vorschlag ist davon ausgegangen worden, daß durch eine Periodizitätsverlängerung zwar ein gewisser Informationsverlust — insbesondere für Verbände und Brauereien eintreten kann, jedoch im Hinblick auf die — vor allem vom Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages geforderte — Einsparung und Rationalisierung der Statistik zu vertreten ist. Dieser Auffassung und der Periodizitätsverlängerung haben sich auch die für die Dienstaufsicht über die Statistischen Landesämter zuständigen Landes-ressorts am 16. September 1976 angeschlossen. Der Bundesminister der Finanzen sieht deshalb keinen Anlaß, eine Änderung des Beschlusses des Abteilungsleiterausschusses und der Dienstaufsichtsbehörden der Statistischen Landesämter herbeizuführen. Einsparungen bei der Biersteuerstatistik ergeben sich insbesondere bei den Hauptzollämtern, den Oberfinanzdirektionen und beim Statistischen Bundesamt, das die kostenmäßigen Auswirkungen der Periodizitätsänderung auf etwa 10 v. H. der Ausgaben für die Biersteuerstatistik veranschlagt. Anlage 75 des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Zeyer (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 39 und 40) : Auf welchen Betrag beliefen sich jeweils die privaten und die öffentlichen Investitionen in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1973, 1974, 1975 und 1976, und welchen Betrag werden sie voraussichtlich in diesem Jahr ausmachen? Wie hoch war der Anteil der Investitionsausgaben am Gesamtausgabenvolumen des Bundes in den Jahren 1973, 1974, 1975 und 1976, und wie hoch wird er nach der mittelfristigen Finanzplanung in den Jahren 1977, 1978, 1979 und 1980 sein? Zu Frage B 39: Das Statistische Bundesamt veröffentlicht keine Angaben über die privaten und die öffentlichen Investitionen, sondern über die Investitionen des Unternehmenssektors (einschließlich öffentlicher Unternehmen) und des staatlichen Sektors. Diese Beträge lauten für die Jahre 1973 bis 1976: Position 1973 1974 1975 1976 - Milliarden DM; jeweilige Preise - Anlageinvestitionen zusammen 225,44 216,39 214,54 232,87 davon: Unternehmen (190,29) (175,71) (174,22) (193,05) Staat ( 35,15) ( 40,68) ( 40,32) ( 39,82) Vorratsveränderung zusammen 7,20 5,50 3,40 13,40 davon: Unternehmen (7,20) (5,40) (-4,00) (13,20) Staat 0 (0,10) (0,60) (0,20) Insgesamt 232,64 221,89 211,14 246,27 davon: Unternehmen (197,49) (181,11) (170,22) (206,25) Staat ( 35,15) ( 40,78) ( 40,92) ( 40,02) Die Beträge für 1977 lassen sich derzeit noch nicht mit ausreichender Sicherheit abschätzen. Zu Frage B 40: Die investiven Ausgaben im Bundeshaushalt und ihr Anteil am Ausgabevolumen haben sich im Zeitraum 1973 bis 1976 wie folgt entwickelt: 1973 1974 1975 1976 Investive Ausgaben in Milliarden DM 22,1 22,2 24,9 21,5 Anteil am Ausgabevolumen in v. H. 18,1 16,7 15,9 13,3 Für 1977 (Soll-Ansatz) sowie für den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung wird von folgender Entwicklung ausgegangen: 977 1978 1979 1980 1981 Investive Ausgaben in Milliarden DM 24,7 28,8 30,2 30,7 30,0 Anteil am Ausgabevolumen in v. H. 14,4 15,3 15,1 14,5 13,3 Bei der Würdigung dieser Zahlen sind eine Reihe von Sonderfaktoren und statistischen „Brüchen" in Rechnung zu stellen, die die Vergleichbarkeit dieser jährlichen Quoten verzerrt: - Die Ausgabenstruktur des Bundeshaushalts ist durch die Systemumstellung beim Familienlastenausgleich im Zuge der Steuerreform 1975 (konsumtive Ausgaben anstelle von Steuerminderungen) in beträchtlichem Ausmaß zuungunsten des investiven Ausgabenanteils beeinflußt worden, ohne daß dahinter reale ökonomische Faktoren stehen. - Die Konjunktur- und Sonderprogramme wurden (und werden noch) haushaltsmäßig gesondert behandelt. So sind 1975 2,5 Milliarden DM und 1976 2,7 Milliarden DM an Ausgaben - ganz überwiegend Investitionsaufwendungen - vom Bund geleistet worden, die in den oben aufgeführten Zahlen nicht enthalten sind. Für 1977 und 1978 werden jeweils 0,4 Milliarden DM an Ausgaben hierfür erwartet. = Nach der einheitlichen Haushaltssystematik des Bundes und der Länder zählen auch die Darlehensgewährungen zur Kategorie der investiven Ausgaben; hier hat insbesondere die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Jahr 1975 eine einmalige Darlehensgewährung an die Bundesanstalt für Arbeit erforderlich gemacht, die die Zahlenreihe beeinflußt. 3434* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Zu der Problematik einer einseitigen Hervorhebung der investiven Ausgaben im Rahmen der öffentlichen Aufgabenerfüllung hat sich die Bundesregierung bereits an anderer Stelle mehrmals geäußert. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 41) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß aus osteuropäischen Ländern Werkzeug in die Bundesrepublik Deutschland importiert wird, das zu nicht kostendeckenden Preisen verkauft wird, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit zu prüfen, ob dabei der Tatbestand des Dumpings erfüllt wird? Die Bundesregierung ist darüber unterrichtet, daß aus osteuropäischen Staatshandelsländern Werkzeug in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt wird. Dabei wird unterstellt, daß sich die Frage auf Handwerkszeug bezieht. Konkrete Beschwerden über eine nicht marktgerechte Preisgestaltung dieser Lieferungen sind bisher nicht bekannt geworden. Die Bundesregierung ist bereit, im Rahmen eines Preisprüfungsverfahrens dieser Frage nachzugehen, wenn die inländischen Hersteller ein solches Verfahren beim Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft beantragen. Der hierfür maßgebliche Runderlaß Außenwirtschaft Nr. 25/73 ist am 12. April 1973 im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 43) : Zu welchem Ergebnis hat die von der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage — Drucksache 8/476 — betreffend Möglichkeiten der Unterstützung mittelständischer Betriebe bei Exportgeschäften — Drucksache 8/578 — zugesagte Prüfung geführt? Die Erörterung des von Ihnen angesprochenen Problemkreises zwischen den beteiligten Ressorts ist noch nicht abgeschlossen. Es ist vorgesehen, das Thema der Unterstützung mittelständischer Betriebe bei Exportgeschäften durch Schaffung eines besonderen Rückbürgschaftsinstruments im Zusammenhang mit anderen Fragen der Bürgschaftspolitik des Bundes noch in diesem Herbst im Kabinett zu beraten. Ich bitte um Verständnis, daß ich den Beschlüssen des Kabinetts nicht vorgreifen und deshalb zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage über die Haltung der Bundesregierung zu dieser Frage machen kann. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Blüm (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 44 und 45) : Beabsichtigt die Bundesregierung, Kapazitätsreduzierungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie ausschließlich oder vornehmlich im Bereich von VFW-Fokker durchzuführen? Ist die Bundesregierung bereit, für die gesamte Luft- und Raumfahrtindustrie ein Konzept vorzulegen, das Betriebsschließungen grundsätzlich vermeidet und notwendige Personalreduzierungen nur regional ausgewogen und sozial vertretbar durchführt? Zu Frage B 44: Entscheidungen über Kapazitätseinschränkungen zu treffen, ist Sache der Unternehmen. Alle drei Flugzeugfirmen, Dornier, MBB und VFW-Fokker, haben in den vergangenen Jahren — zum Teil in erheblichem Umfang — personelle Kapazitäten in unterschiedlichen Regionen abgebaut. Weitere Anpassungsmaßnahmen an das rückläufige Auftragsvolumen im wehrtechnischen Entwicklungs- und Betreuungsbereich sowie zum Teil auch im zivilen Flugzeugbau werden — worauf die Bundesregierung bereits wiederholt hingewiesen hat — voraussichtlich nicht zu vermeiden sein. Ein absolut gleichmäßiges Zurückführen der Kapazitäten in allen Betriebsstätten wäre aus wirtschaftlichen, rechtlichen und technischen Gründen nicht realisierbar. Zu Frage B 45: Die Bundesregierung hält die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie und im Interesse einer dauerhaften Sicherung der Arbeitsplätze eine unternehmensübergreifende Umstrukturierung für dringend erforderlich. Es ist in erster Linie Aufgabe der Unternehmen, ein tragfähiges Konzept zu entwickeln. Die Bundesregierung erwartet deshalb die unverzügliche Aufnahme von entsprechenden Verhandlungen zwischen MBB und VFW-Fokker. Sie wird im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten bei Auftragsvergabe und Förderungsmaßnahmen darauf zu achten, daß Gesichtspunkte regionaler Strukturpolitik bei Fortentwicklung der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie Berücksichtigung finden. Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 46) : Wie beurteilt die Bundesregierung die von der IG Metall und vom Gesamtbetriebsrat VFW-Fokker Bremen erhobene Forderung auf Einsetzung einer Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Neuordnung der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, und wird sie in diesem Zusammenhang initiativ werden? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3435* Die Bundesregierung legt großen Wert darauf, ihre strukturpolitischen Vorstellungen im Bereich der Luft- und Raumfahrtindustrie wie bisher mit allen Beteiligten, insbesondere auch mit Vertretern der Arbeitnehmer, zu erörtern. Auch gemeinsame Gespräche mit Vertretern der Unternehmen und der Arbeit-. nehmer sind vorgesehen, um aktuelle Probleme zu diskutieren. Angesichts der großen Zahl Betroffener, deren Belange auf seiten des Bundes und der Länder und in den Unternehmen sowie angesichts der sehr komplexen Probleme im Luft- und Raumfahrtbereich, erscheint es sinnvoll, die bisherige pragmatische Zusammenarbeit zwischen allen Verantwortlichen zielstrebig weiterzuführen. Das vordringliche Interesse der Bundesregierung ist darauf gerichtet, das bewährte Verfahren flexibel und praxisnah zu erhalten. Eine Festschreibung und Institutionalisierung von Gesprächskreisen erscheint hier nicht erforderlich. Ich darf in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, daß es in erster Linie Aufgabe der Unternehmen ist, Vorschläge zur Umstrukturierung der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie vorzulegen. Anlage 80 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Roth (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 47 und 48) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach der Bundesverband der Deutschen Industrie den Bundeswirtschaftsminister gebeten hat, dafür Sorge zu tragen, „wieder rascher im Sinne der Industrie für Ausfuhrbürgschaften nach Südafrika zu entscheiden", und wenn ja, wie reagiert der Bundeswirtschaftsminister auf die Bitte? Treffen Pressemeldungen zu, daß der Bundesverband der Deutschen Industrie in Briefen an den Bundesaußenminister und den Bundeswirtschaftsminister die Bundesregierung aufgefordert hat, die von ihr und der EG-Kommission empfohlene Nichtbeachtung der Rassentrennung in Südafrika zurückzunehmen, um „nicht den Eindruck zu erwecken, die Bundesregierung fordere zur Mißachtung gesetzlicher Vorschriften in anderen Ländern auf", und wenn ja, welche Haltung nimmt die Bundesregierung dazu ein? Zu Frage B 47: Es trifft zu, daß der Bundesverband der Deutschen Industrie schriftlich gebeten hat sicherzustellen, daß Bundesbürgschaften für deutsche Ausfuhren weiter gewährt werden. Der Ausfuhrgarantieausschuß ist gegenwärtig und auch in absehbarer Zukunft bereit, im Rahmen des risikopolitisch Vertretbaren weiter Bundesdekkungen für Südafrikageschäfte zu übernehmen. Angesichts der deutlich verschlechterten Wirtschafts- und Transferkraft des Landes und der wachsenden Risiken, die sich aus der politischen Entwicklung im südlichen Afrika ergeben, besteht jedoch bei Geschäften mit größeren Auftragswerten Zurückhaltung. Entscheidungen werden nur von Fall zu Fall nach eingehender Prüfung getroffen. Im übrigen ist die Bundesregierung mit der Prüfung der Gesamtkomplexe unserer wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Südafrika befaßt. Zu Frage B 48: Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat inzwischen erklärt, daß der in Brüssel beschlossene Kodex für europäische Firmen in Südafrika Verhaltensmaßregeln empfiehlt, an die sich deutsche Firmen in Südafrika seit langem halten. Die darin liegende Politik des praktischen Abbaus der Rassendiskriminierung entspreche uneingeschränkt der Haltung des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Der Bundesverband der Deutschen Industrie befindet sich damit offenbar in Übereinstimmung mit der Bundesregierung, daß der Kodex einen Beitrag zum schrittweisen Abbau der Rassendiskriminierung leisten kann. Anlage 81 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 49) : In welchem Umfange wird die Investitionstätigkeit der mittelständischen Wirtschaft durch Auflagen des Staates in zunehmendem Umfange beeinträchtigt, und wie beurteilt in diesem Zusammenhang die Bundesregierung die Situation in den Gießereien? Ich verweise auf die vor wenigen Tagen erfolgte Beantwortung der Anfragen des Abgeordneten Prof. Dr. Gerhard Zeitel (Plenarprotokoll 42. Sitzung, S. 3251 D). Im übrigen liegen keine Angaben darüber vor, daß die Verhältnisse in den Gießereien erheblich von der allgemeinen, hier angesprochenen Situation abweichen. Anlage 82 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 50) : Wie beurteilt die Bundesregierung den Erfolg von steuerlichen Zulagen, wie z. B. für Wärmepumpen und Solartechnik, wenn gleichzeitig der Gesetzgeber durch Bauvorschriften und sonstige Vorschriften die Einführung dieser Techniken behindert, und was gedenkt sie zu unternehmen, um die Investitionstätigkeit in diesem Bereich zu beleben? Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Anwendung von Wärmepumpen und Solarkollektoren in gewissem Umfang Bauvorschriften entgegenstehen. Abgesehen davon, daß diese Bauvorschriften von den Bundesländern erlassen werden und nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes fallen, geht die Bundesregierung davon aus, daß die Länder, ebenso wie die Bundesregierung, den Einsatz energiesparender Techniken grundsätzlich befürworten und daher auch an behindernden Vorschriften nicht festhalten wollen. Mit einem Abbau etwaiger noch bestehender behindernder Vorschriften im Rahmen des bauaufsichtlich Zulässigen ist deshalb zu rechnen. Dafür spricht, daß die Länder teilweise durch eigene Programme oder durch Beteiligung an Gemeinschaftsprogrammen mit der Bun- 3436* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 desregierung schon gegenwärtig den Einsatz von Wärmepumpen und Solarkollektoren fördern und künftig fördern wollen. Zur Belebung der Investitionstätigkeit im Bereich Wärmepumpen und Solarkollektoren hat die Bundesregierung zusätzlich zu den schon bestehenden Förderungsmöglichkeiten ein mehrjähriges energiesparendes Investitionsprogramm vorgelegt, das gegenwärtig mit den Ländern beraten wird. Im Rahmen dieses Programms ist vorgesehen, u. a. den Einbau von Wärmepumpen und Solarkollektoren im privaten Bereich mit Zuschüssen in Höhe von 20 % der Investitionen zu fördern, um auf diese Weise die Wirtschaftlichkeit solcher Investitionen — das bisher schwerwiegendste Hindernis — zu verbessern. Darüber hinaus hat die Bundesregierung im Rahmen des Programms Zukunftsinvestitionen für den Einbau von Solaranlagen in bundeseigene Gebäude Mittel in Höhe von 30 Millionen DM bereitgestellt. Mit dieser Maßnahme soll der im Entstehen begriffene Markt für Solartechnik unterstützt werden. Gleichzeitig soll hierdurch ein Beitrag zur Herabsetzung der jährlichen Betriebskosten bei diesen Gebäuden erreicht werden. Anlage 83 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Daweke (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 51 und 52) : Hält die Bundesregierung die Gemeinschaftsaufgabe Förderung der regionalen Strukturpolitik für ein Hindernis zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit, wie der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Dr. Riemer auf einer Pressekonferenz am 14. September in Düsseldorf? Hält die Bundesregierung die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur auch für ein Instrument rechtlich gesicherter Unbeweglichkeit zur Besitzstandwahrung, und trifft es nach den Erkenntnissen der Bundesregierung zu, daß dadurch in Gebieten, in denen die Arbeitslosigkeit unter dem Durchschnitt liegt, Förderungsmittel fließen und Regionen mit Rekordziffern an Arbeitslosen kein Geld bekommen? Zu Frage B 51: Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, daß die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" ein Hindernis für den Abbau der Arbeitslosigkeit ist. In den Jahren 1972 bis 1976 wurden aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe gewerbliche Investitionen mit einem Gesamtvolumen von jährlich rund 10 Milliarden DM gefördert, durch die pro Jahr durchschnittlich rund 99 000 neue Arbeitsplätze geschaffen und rund 68 000 bestehende Arbeitsplätze gesichert worden sind. Die regionale Wirtschaftspolitik hat damit einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Ungleichgewichten auf den regionalen Arbeitsmärkten der Fördergebiete geleistet. Die regionale Wirtschaftspolitik kann allerdings nur die strukturellen Ursachen regionaler Arbeitslosigkeit beeinflussen; die konjunkturellen Ursachen regionaler Arbeitslosigkeit liegen hingegen weitgehend außerhalb ihres Wirkungsbereiches. Zu Frage B 52: Die Bundesregierung hält den gegen die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" erhobenen Vorwurf des Immobilismus nicht für gerechtfertigt. Die regionale Wirtschaftspolitik verfolgt das Ziel, Unterschiede in der Wirtschaftskraft von Regionen schrittweise abzubauen. Diese mittelfristige Orientierung der regionalen Wirtschaftspolitik schließt eine permanente Veränderung der Fördergebietskulisse entsprechend der Lage auf den regionalen Arbeitsmärkten aus. Die mittelfristige Zielsetzung der regionalen Wirtschaftspolitik wird dadurch unterstrichen, daß nicht die aktuellen Arbeitslosenquoten, sondern die prognostizierten Arbeitsplatzdefizite in den bundeseinheitlichen Kriterienkatalog zur Abgrenzung der Fördergebiete eingehen. Es ist daher nicht auszuschließen, daß Regionen mit überdurchschnittlichen Arbeitslosenquoten nicht zur Fördergebietskulisse der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" gehören. Da den regionalisierten Arbeitslosenquoten ein anderer Gebietsraster zugrunde liegt als der Abgrenzung der Fördergebiete, läßt sich diese Frage allerdings nicht exakt überprüfen. Anlage 84 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 53, 54 und 55) : Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, in der landwirtschaftlichen Wohnhausförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" die Differenzierungen zwischen Haupterwerbsbetrieben und Nebenerwerbsbetrieben wegfallen zu lassen? Wie stellt sich die Bundesregierung zu der Anregung, alle Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung in der Förderung des landwirtschaftlichen Wohnungsbaus, An-, Aus- und Umbau so- wie Aufstockung und alle arbeitswirtschaftlichen Investitionen zusammenzufassen und bei einem förderungsfähigen Investitionsvolumen von wenigstens 6 000 DM bis höchstens 30 000 DM einen Zuschuß von 23 v. H. zu gewähren, und zwar an alle Haupterwerbs- und GAL-Nebenerwerbslandwirte? Wie stellt sich die Bundesregierung zu der Anregung, allen Haupterwerbslandwirten für größere Investitionen, nämlich für den Kauf und Neubau, An-, Aus- und Umbau sowie Aufstokkung und für arbeitswirtschaftliche Investitionen für ein förderungsfähiges Investitionsvolumen von über 30 000 DM bis 80 000 DM eine Zinsverbilligung von 5 v. H. zu gewähren? Es ist das Ziel der Bundesregierung, den in der Land- und Forstwirtschaft und Fischerei Tätigen die Teilnahme an der allgemeinen Einkommens- und Wohlstandsentwicklung zu ermöglichen. Dabei wird berücksichtigt, ob diese Zielgruppe ihre ökonomische und soziale Existenz durch einen landwirtschaftlichen Haupt- oder Nebenerwerb sichert. Das Hauptaugenmerk gilt also den Menschen in der Landwirtschaft und nicht einem bestimmten Betriebstyp. Die Nebenerwerbslandwirte erfüllen für den ländlichen Raum die gleichen Funktionen wie die Haupterwerbslandwirte. Nebenerwerbslandwirte und Haupterwerbslandwirte sollen deshalb nach den Vorstellungen der Bundesregierung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe im produktionsneutralen Be- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3437* reich — der Wohnhausförderung — bei den Zuschußmaßnahmen für Investitionen bis 30 000 DM gleichgestellt werden. Alle GAL-Nebenerwerbslandwirte sollen daher neben der bisherigen Förderung der Investitionen im arbeitswirtschaftlichen Bereich eine Förderung für An-, Aus-, Umbau und Aufstokkung des landwirtschaftlichen Wohnhauses erhalten. Ich habe daher vorgeschlagen, allen Haupterwerbs- und Nebenerwerbslandwirten für An-, Aus- und Umbaumaßnahmen und arbeitswirtschaftliche Investitionen einen 23%igen Zuschuß bei einem förderungsfähigen Investitionsvolumen von wenigstens 6 000 DM bis höchstens 30 000 DM zu gewähren. Diese Vorschläge sind mit den Ländern erörtert worden. Bisher konnte dafür noch keine Mehrheit gefunden werden. Außerdem stand zur Diskussion, über den Bereich der entwicklungsfähigen Betriebe hinaus allen Haupterwerbsbetrieben für Investitionen über 30 000 DM im Bereich des Wohnhauses, nämlich für den Kauf und Neubau, An-, Aus- Umbau sowie Aufstockung und für arbeitswirtschaftliche Investitionen eine Zinsverbilligung zu gewähren. Es wurde jedoch der Gleichstellung von Nebenerwerbslandwirten und Haupterwerbslandwirten bei der Förderung der Wohnungsbaumaßnahmen im Bereich unter 30 000 DM Investitionsvolumen Vorrang eingeräumt. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die Wohnhausförderung innerhalb der einzelbetrieblichen Förderung eine große Breitenwirkung hat und sehr positive Wirkungen bei der Verbesserung der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum zeigt. Anlage 85 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Glos (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 56 und 57) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Geschäftsführers des Fränkischen Weinbauverbandes, daß sie nach § 17 Weinverordnung den Vertrieb ausländischer Bocksbeutelabfüllungen im Inland unterbinden muß, wenn ja, was ist in den letzten Jahren seitens der Bundesregierung unternommen worden, um zu gewährleisten, daß in der typischen Bocksbeutelflasche ausschließlich Frankenweine zum Verkauf gelangen? Wenn nein, ist die Bundesregierung bereit, gesetzliche Voraussetzungen zu schaffen bzw. bei der EG Verordnungen zum Schutze der ausschließlichen Verwendung der Bocksbeutelflasche für den Frankenwein durchzusetzen, um einen Mißbrauch dieser Flaschenform durch derzeitige und künftige EG-Mitgliedstaaten dauerhaft zu verhindern? Zu Frage B 56: Das Weinrecht und damit auch die Wein-Verordnung einschließlich ihres § 17 vollziehen die Bundesländer nach Artikel 83 des Grundgesetzes als eigene Angelegenheit. Das für das Weinrecht federführende Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit bemüht sich, durch Abstimmung unterschiedlicher Rechtsauffassungen mit den Bundesländern auf einen einheitlichen Vollzug hinzuwirken. Es hat auch die Frage der Verkehrsfähigkeit von portugiesischem Rosewein in der sogenannten Cantilflaschen in der Bundesrepublik Deutschland bereits am 18. Januar 1974 in einer Besprechung mit den für den Vollzug des Weinrechts zuständigen obersten Landesbehörden erörtert. Dabei haben sich — mit Ausnahme Bayerns — alle Bundesländer dafür ausgesprochen, die portugiesischen Weine in den dem Bocksbeutel ähnlichen Cantilflaschen nicht zu beanstanden, wenn durch eine deutliche Kennzeichnung ihrer Herkunft aus Portugal eine Verwechslung mit Frankenwein ausgeschlossen ist. Dies zu kontrollieren, ist Sache der den Bundesländern obliegenden Lebensmittelüberwachung (Weinkontrolle), wobei in Zweifelsfällen die letzte Entscheidung den Gerichten vorbehalten bleiben muß. Zu Frage B 57: Die Bundesregierung hat sich, wie bereits mehrfach auf Anfragen im Deutschen Bundestag mitgeteilt, bei den Beratungen des gemeinschaftlichen Bezeichnungsrechts für Weine und Traubenmoste für eine Regelung eingesetzt, die einen Schutz der Bocksbeutelflasche für den Frankenwein ermöglicht. In einer Besprechung am 3. September 1976 in Würzburg, an der Vertreter der Kommission der EG, der Bundesministerien, der Bayerischen Staatsministerien des Innern und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der fränkischen Weinwirtschaft — einschließlich des Geschäftsführers des Fränkischen Weinbauverbandes — sowie Bundestagsabgeordnete aus Franken teilgenommen haben, konnte Übereinstimmung erzielt werden, daß ein absoluter Schutz der Bocksbeutelflasche für das Gebiet der Gemeinschaft oder auch nur für das Gebiet der Bundesrepublik nicht möglich ist. Jedoch werden der Bocksbeutel und ähnliche Flaschenformen ausschließlich Qualitätsweinen vorbehalten bleiben. Die Herkunftsräume dieser Weine müssen genau abgegrenzt sein, wie dies in Deutschland (§ 17 WeinV) geschehen ist. Außerdem darf die Flaschenform nur für solche Weine verwendet werden, für die sie herkömmlich und üblich auch im Erzeugerland verwendet wird. Auf dieser Grundlage hat die Bundesregierung in Abstimmung mit der Kommission der EG im Anschluß an das Würzburger Gespräch bilaterale Verhandlungen mit Portugal eingeleitet. Darauf hat am 10. Februar 1977 im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit eine Besprechung mit portugiesischen Vertretern stattgefunden, in der diesen die in Würzburg erarbeiteten Grundsätze erläutert worden sind. Die portugiesische Seite hat die deutschen Vorstellungen zur Kenntnis genommen und die Einleitung gesetzgerischer Maßnahmen in Aussicht gestellt. Die Bundesregierung ist inzwischen davon unterrichtet worden, daß das Portugiesische Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei sowie für Handel und Fremdenverkehr den Entwurf einer Qualitätswein-Verordnung erarbeitet hat, in dem Regelungen über die Beschaffenheit der Ausgangsstoffe, die analytische und organoleptische Prüfung des Weines sowie über seine Bezeichnungen und über Kontrollmaßnahmen vorgesehen sind. Sobald diese Ver- 3438* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 ordnung erlassen und der Bundesregierung mitgeteilt worden sein wird, wird geprüft werden, ob die in Würzburg erarbeiteten Grundsätze erfüllt sind und danach eine Regelung im Gemeinschaftsrecht erfolgen kann. 'Ober die vorstehend geschilderte Entwicklung ist der Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes mit Schreiben vom 21. Juli 1977 unterrichtet worden. Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Ritz (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 58 und 59) : Kann die Bundesregierung angeben, ob ihrer Ansicht nach die jetzige Beihilfenregelung bei der Verfütterung flüssiger Magermilch geeignet ist, einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung des Absatzes von Magermilch zu leisten? Ist die Bundesregierung mit mir der Ansicht, daß die jetzige Beihilfenregelung für die Verfütterung von flüssiger Magermilch in der praktischen Durchführung zu arbeitsaufwendig und zu kompliziert ist, und wie kann eine einfachere und sachdienlichere Regelung herbeigeführt werden? Die von der Kommission der EG erlassenen Durchführungsbestimmungen für eine Sonderbeihilfe für Magermilch zur Fütterung von Tieren mit Ausnahme von jungen Kälbern sind nach Ansicht der Bundesregierung in der derzeitigen Fassung weder dazu geeignet, die Verfütterung flüssiger Magermilch auf dem Niveau der Jahre 1975 und 1976 zu stabilisieren noch eine wesentliche Ausweitung herbeizuführen. Die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß die aus Kontrollgründen von der Kommission vorgeschriebenen Verfahren für die Durchführung der Maßnahme nicht praxisgerecht sind und einer wesentlichen Verbesserung bedürfen. Die Vorstellungen meines Hauses, die unter anderem eine einheitliche Beihilfe für alle Tierarten, eine Anhebung des Beihilfesatzes auf das Niveau von Sojaschrot und den Fortfall der Lieferverträge vorsehen, sind der Kommission übermittelt worden. Vizepräsident Gundelach hat bereits die Beihilfenerhöhung und gewisse Verwaltungsvereinfachungen zu gesagt. Die Bundesregierung wird die Angelegenheit mit Nachdruck weiterverfolgen. Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann (FDP) (Drucksache 8/926 Fragen B 60 und 61) : Welche Maßnahmen sind getroffen worden, um angesichts der schwerwiegenden Probleme auf dem Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt die Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter effizienter und flexibler zu gestalten? Treffen die teilweise in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe gegenüber den Arbeitsämtern zu, sie könnten häufig keine Arbeits- und Ausbildungsstellensuchende vermitteln, während sich auf eine Zeitungsanzeige genügend Nachfrager meldeten, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Arbeitsvermittlung, Arbeits- und Berufsberatung sind gesetzliche Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit. Die Verwaltung und die Selbstverwaltungsorgane der Bundesanstalt haben den Problemen der Arbeitsvermittlung und der Berufsberatung in der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage besondere Aufmerksamkeit gewidmet und folgende Maßnahmen in Angriff genommen: — Verstärkung der Kontakte zu den Arbeitgebern durch volle Wahrnehmung der Außendienstaufgaben, — qualifizierte Unterrichtung der Arbeitgeber über das Leistungsbild von Bewerbern, — Schaffung der Voraussetzungen für mehr psychologische Eignungsuntersuchungen und eine schnellere Auswertung der Untersuchungen durch Einführung der maschinellen Testbefundinterpretation, — strenge Anwendung der Zumutbarkeitsvorschriften nach § 103 AFG bei Ablehnung von Stellenangeboten durch Leistungsbezieher, — Verbesserung der Organisation der Vermittlung und Beratung in den Arbeitsämtern durch Einführung eines zentralen Empfangsdienstes und verantwortliche Einbeziehung der Arbeitsberater in die Arbeitsvermittlung, — Einrichtung eines besonderen Funktionsbereiches Ausbildungsvermittlung und -beratung in der Berufsberatung zur Verbesserung und Beschleunigung der Ausbildungsvermittlung; Ansatz der dafür notwendigen zusätzlichen Planstellen im Haushalt 1977, — Verbesserung der überregionalen Arbeitsvermittlung, — Ausbau der Arbeitsberatung, — Ausrichtung der Bildungsmaßnahmen auf die Vermittlungserfordernisse; zugunsten von noch nicht berufsreifen oder arbeitslosen Jugendlichen insbesondere Erhöhung der Zahl der geförderten Teilnehmer an berufsvorbereitenden Maßnahmen (1971/72: 7 900; 1975/76: 38 800), — im August und September 1977 Durchführung einer gezielten Sonderaktion zur Vermittlung von noch nicht untergebrachten Bewerbern um Ausbildungsstellen. Die Bundesregierung unterstützt diese Bemühungen. Die arbeitsmarktpolitischen Kabinettsbeschlüsse vom 25. Mai 1977 sehen vor, — die Planstellenzahl vornehmlich in den Vermittlungs- und Beratungsdiensten der Bundesanstalt für Arbeit um 1 600 aufzustocken, — die Vermittlungsbereitschaft und -fähigkeit durch Änderungen des Leistungsrechts und des Bil- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3439* dungsförderungsrechts nach dem AFG zu fördern, — auf eine bessere Kontrolle und schärfere Bekämpfung der Schwarzarbeit hinzuwirken, — die Motivation der Arbeitsuchenden, die Hemmnisse für die Einstellung von Arbeitslosen und die Wirksamkeit von Vermittlung und Beratung durch ein unabhängiges wissenschaftliches Institut untersuchen zu lassen. Ganz allgemein wird von dem Aufruf des Präsidenten der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, Hanns Martin Schleyer, an die Unternehmen zu enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsämtern und dem entsprechenden Aufruf des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit an die Führungskräfte der Arbeitsverwaltung, durch persönliches verstärktes Engagement die Vermittlungsbemühungen zu intensivieren, eine weitere Verbesserung der Arbeitsvermittlung erwartet. Es bleibt — und damit komme ich zu Ihrer zweiten Frage — allerdings nicht auszuschließen, daß für bestimmte freie Arbeitsplätze regional und nach ihrer beruflichen Qualifikation geeignete Arbeitsuchende von den Arbeitsämtern nicht nachgewiesen werden können, während sich auf Zeitungsanzeigen Bewerber melden. Zeitungsanzeigen wenden sich auch an Beschäftigte in anderen Betrieben und an Angehörige der sog. Stillen Reserve des Arbeitsmarktes. Für freie Ausbildungsstellen dürften über Zeitungsanzeigen im allgemeinen nicht leichter Bewerber gewonnen werden können als über die Arbeitsämter. Denn es kann angenommen werden, daß die meisten Jugendlichen, die nicht bereits sehr früh eine Ausbildungsstelle aus eigener Initiative finden, sich auch beim Arbeitsamt ausbildungsstellensuchend melden. Darauf deutet die große Zahl der beim Arbeitsamt nachfragenden Bewerber hin, die mehr als 75 % der erwarteten Gesamtnachfrage nach Ausbildungsstellen entspricht. Es kommt jedoch vor, daß sich auf neue Ausbildungsstellenangebote in Zeitungen auch Jugendliche bewerben, die sich bereits für die Ausbildung in einem anderen Unternehmen entschieden hatten und diesen Entschluß nun wieder umstoßen, z. B. weil die neue Ausbildungsstelle näher bei ihrer Wohnung liegt. Die Bundesanstalt für Arbeit bemüht sich für die Arbeitsvermittlung die Möglichkeiten der Stellenanzeigen ebenfalls zu nutzen und veröffentlicht geeignete Stellenangebote in der allgemeinen Presse, außerdem gibt sie einen eigenen Stellenanzeiger „Markt und Chance" heraus, der bundesweit verbreitet und kostenlos abgegeben wird. Zur Förderung der regionalen Mobilität der Arbeitsuchenden werden die Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme verstärkt eingesetzt. In Zukunft sollen vermehrt Bildungsmaßnahmen, deren Kosten die Arbeitsverwaltung trägt, eingerichtet werden, wenn Unternehmer bestimmte Fachkräfte suchen, die vom Arbeitsamt im Augenblick nicht angeboten werden. Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Handlos (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 62) : Ist der Bundesregierung bekannt, ob im Zuständigkeitsbereich des Bundesbeauftragten für den Zivildienst ein „Betreuungsverband für den Zivildienst e. V." gebildet werden soll, dem nur natürliche Personen angehören sollen, die entweder Vorgesetzte im Sinn von § 30 des Zivildienstgesetzes oder hauptberuflich mit der Durchführung oder Aufsicht des Zivildienstes beschäftigt sind und dessen Aufgabe es sein soll, dem Bundesamt für Zivildienst obliegende Verwaltungsaufgaben zu übernehmen, und hält es die Bundesregierung für zulässig und haushaltsrechtlich vertretbar, dem Bundesamt für Zivildienst obliegende Verwaltungsaufgaben des Bundes durch einen auf privatrechtlicher Basis organisierten eingetragenen Verein erledigen zu lassen? Der „Betreuungsverband Zivildienst e. V." ist im März dieses Jahres gegründet worden. Der Verein ist von den zuständigen Finanzbehörden als gemeinnützig anerkannt. Er ist Mitglied des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Nach seiner Satzung können ordentliche Mitglieder des Verbandes werden — juristische Personen, die nach § 4 des Gesetzes über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer als Dienststellen anerkannt worden sind, sowie deren Verbände, — natürliche und juristische Personen, die Vorgesetzte im Sinne von § 30 Zivildienstgesetz sind oder hauptberuflich mit der Durchführung oder Aufsicht des Zivildienstes beauftragt sind. Als fördernde Mitglieder können natürliche und juristische Personen dem Verein beitreten, wenn sie dessen Zielsetzung bejahen und seine Arbeit unterstützen wollen. Aufgaben des Verbandes sind die Förderung von Bestrebungen und Durchführung von Maßnahmen, die der Betreuung der Zivildienstleistenden und Beratung von Zivildienststellen sowie der Fortentwicklung des Zivildienstes dienen. Nach § 5 a Abs. 2 des Zivildienstgesetzes können Verbände, denen Dienststellen des Zivildienstes angehören, mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben des Bundesamtes für den Zivildienst beauftragt werden. Aufgrund dieser gesetzlichen Ermächtigung hat der Bundesbeauftragte für den Zivildienst mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege vereinbart, daß sie im Interesse einer höheren Qualität und größeren Effektivität der Verwaltung des Zivildienstes bestimmte Aufgaben, die bisher vom Bundesamt für den Zivildienst wahrgenommen werden, durchführen. Weil nicht alle Beschäftigungsstellen des Zivildienstes einem Verband der Freien Wohlfahrtspflege angehören, die Maßnahme den gewünschten Erfolg aber nur haben kann, wenn das Bundesamt für den Zivildienst hinsichtlich der künftig von den Verbänden durchzuführenden Aufgaben, bezogen auf alle Beschäftigungsstellen entlastet wird, mußte ein Verband im Sinne des § 5 a Abs. 2 Zivildienstgesetz gefunden werden, der die Verwaltungsaufgaben für die Beschäftigungsstellen durchführt, die keinem Wohlfahrtsverband angehören. Der Be- treuungsverband Zivildienst hat sich dazu bereiterklärt. Da auch die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege fast ausschließlich privatrechtlich organisiert sind, ergeben sich auch insoweit gegen die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf den Betreuungsverband Zivildienst keine Bedenken. Anlage 89 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 63 und 64) : Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, daß nach einer dpa-Meldung die Mehrheit der Ärzte im schleswig-holsteinischen Kreis Rendsburg-Eckernförde, der für den ersten regionalen Test mit einem Versichertenausweis anstelle des bisher üblichen Krankenscheins Ende April 1977 ausgewählt worden ist, für den sofortigen Abbruch dieses Modellversuchs plädieren? Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung bisher über den von diesen Ärzten insbesondere beklagten zusätzlichen Verwaltungs- und Zeitaufwand vor, der in keinem Verhältnis zu dem „fragwürdigen Nutzen" stehe, wobei einige Patienten den Versichertenausweis in der Form einer Scheckkarte zu Leistungen des Krankenversicherungssystems als eine Art „Selbstbedienungsladen" mißbrauchten, die medizinisch nicht notwendig seien? Die Bundesregierung hat keinen Anlaß Ihre Annahme zu teilen, daß die Mehrheit der Kassenärzte, die an dem Modellversuch „Versichertenausweis" teilnehmen, für den sofortigen Abbruch des Versuches plädieren. Von 135 Kassenärzten aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde, die sich am 1. April 1977 zur Teilnahme an dem Modellversuch bereit erklärt hatten, haben bisher 10 bis 12 Kassenärzte ihre Teilnahme aufgegeben; 6 neu zugelassene Kassenärzte haben sich seit dem 1. April 1977 an dem Modellversuch zusätzlich beteiligt. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Versuch wie vorgesehen bis zum 31. Dezember 1977 durchgeführt werden kann. Der Modellversuch ist vor allem deswegen notwendig, um hinreichende Erfahrungen für die gesetzlich vorgeschriebene Einführung des Versichertenausweises zu sammeln. Die Testergebnisse des Modellversuchs werden von dem Direktor des Seminars für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und für Wirtschaftsprüfung der Universität zu Köln, Herrn Prof. Sieben, aufbereitet und nach Beendigung des Modellversuchs ausgewertet. Bisher liegen noch keine Auswertungen vor, so daß sich fundierte Aussagen über den Versuchsverlauf und seine bisherigen Ergebnisse nicht machen lassen. Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 65) : Hat die Bundesregierung erkannt, daß die Neufassung des Jugendarbeitsschutzgesetzes die Vermittlung von Arbeitsplätzen im Haushalt blockiert (vgl. Nachrichten des Deutschen Caritasverbandes vom 30. August 1977), und welche Maßnahmen gedenkt sie gegebenenfalls zur Behebung dieses Mangels zu ergreifen? Eine nachweisbar negative Auswirkung des neuen Jugendarbeitsschutzgesetzes auf die Bereitstellung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der Hauswirtschaft ist der Bundesregierung nicht bekannt. Im Interesse der Ausbildung Jugendlicher hat das neue Jugendarbeitsschutzgesetz für den Haushalt Ausnahmen vom Verbot der Beschäftigung an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen zugelassen. Im übrigen behandelt das neue Gesetz Jugendliche in allen Wirtschaftszweigen gleich. Die in Ihrer Frage liegende grundsätzliche Kritik am neuen Jugendarbeitsschutzgesetz beachtet nicht die grundsätzliche sozialpolitische Wertentscheidung, die der Gesetzgeber im Hinblick auf die Stellung des auszubildenden Jugendlichen in einer modernen Industriegesellschaft getroffen hat. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, Änderungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes vorzuschlagen. Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 66) : Sieht sich die Bundesregierung veranlaßt, neue Straftatbestände zum Schutze menschlicher Arbeitskraft vorzuschlagen, die insbesondere die Ausbeutung der Arbeitskraft, das Vorenthalten des angemessenen Arbeitsentgelts, das vorsätzliche oder fahrlässige Herbeiführen von Betriebsgefahren und gesundheitlichen Schädigungen im Arbeitsprozeß (vgl. Artikel 167, 168 Abs. 1 Bayerische Verfassung) unter Strafe stellen sollen? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, neue allgemeine Straftatbestände zum Schutz der menschlichen Arbeitskraft vorzuschlagen. In den vorhandenen Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sind ausreichende Bußgeld- und Strafvorschriften enthalten. Ich weise in diesem Zusammenhang z. B. auf die §§ 147, 148 Gewerbeordnung, §§ 5, 6 Gesetz über gesundheitsschädliche oder feuergefährliche Arbeitsstoffe, § 25 Arbeitszeitordnung, §§ 710, 717 a Reichsversicherungsordnung hin. Im Rahmen der weiteren Gesetzgebungsarbeiten zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität wird z. Z. überprüft, inwieweit die bestehenden Strafvorschriften über Veruntreuung des Arbeitsentgelts, insbesondere über die heimliche Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen und vermögenswirksamen Leistungen ergänzt werden sollen. Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Burger (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 67) : Gilt die Befreiung von der Rezeptgebühr, wie sie für Kriegsbeschädigte geregelt ist, auch für andere Gruppen von Versorgungsberechtigten nach dem BVG, zum Beispiel für Impfgeschädigte, und wenn nein, wird die Bundesregierung die entsprechende Regelung ins Auge fassen? Soweit in Gesetzen außerhalb des Bundesversorgungsgesetzes wegen der Behandlung eines erlittenen Schadens eine Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes gewährt wird, wie z. B. bei Impfschäden (vgl. § 51 Bundesseuchengesetz), tritt auch eine Befreiung von der Arzneikostenbeteiligung ein. Das gilt allerdings nur insoweit, als Mittel verordnet werden, die zur Heilung oder Linderung der Schädigung bestimmt sind, für die das Bundesversorgungsgesetz anzuwenden ist. Hinsichtlich anderer Arznei-, Verband- und Heilmittel sind z. B. die genannten Impfgeschädigten, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, ebenso zu behandeln, wie alle anderen Krankenversicherten. Die Arzneikostenbeteiligung wird demnach nur von Personen gefordert, denen Arznei-, Verband- und Heilmittel im Rahmen und auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Bedeutet die Zuzahlung für sie einen besonderen Härtefall, so können sie von der Arzneikostenbeteiligung befreit werden. Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 68) : In welchem Umfang — absolut und prozentual — werden Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung von Familienmitgliedern deutscher und ausländischer Arbeitnehmer in Anspruch genommen, und was unternimmt die Bundesregierung, um eine stärkere Anspruchnahme durch Familienmitglieder ausländischer Arbeitnehmer auf Grund der Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten zu unterbinden? Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung an Familienangehörige ausländischer Arbeitnehmer, deren Angehörige im Bundesgebiet wohnen, werden zusammen mit den Leistungen an deutsche Familienangehörige gebucht und daher statistisch nicht getrennt erfaßt. Die deutsche Krankenversicherung ist verpflichtet, nach Gesetz und Satzung und unter Berücksichtigung der EG-Verordnungen über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer und der zweiseitigen Sozialversicherungsabkommen Leistungen an ihre Mitglieder und deren Familienangehörige zu gewähren. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung an Familienangehörige mit ausländischer Staatsangehörigkeit einzuschränken. Anlage 94 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pohlmann (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 69 und 70) : Wie will der Bundesarbeitsminister sicherstellen, daß die Rechnungsergebnisse der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung für das Jahr 1977 den Mitgliedern der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen so frühzeitig zur Verfügung gestellt werden, daß diese ihre bis zum 31. März 1978 abzuschließenden Beratungen darauf aufbauen können? Auf welche Weise will der Bundesarbeitsminister verhindern, daß der vorgesehene Arzneimittelhöchstbetrag, die Transparenzlisten, die Herausnahme von Medikamenten aus der Erstattungspflicht und der von der Koalition offenbar geplante Krankenversicherungsbeitrag für Rentner in ihrer additiven Wirkung zu einer unzumutbaren einseitigen Belastung bestimmter Gruppen von Versicherten, insbesondere der Rentner, führen? Zu Frage B 69: Die Rechnungsergebnisse der Krankenkassen liegen in der Regel erst im Sommer des auf das Rechnungsjahr folgenden Jahres vor. Dieser Zeitpunkt ergibt sich vor allem dadurch, daß die Krankenkassen zur rechnungsmäßigen Abgrenzung ihrer Buchungen im Rahmen des Jahresabschlusses ihre Bücher bis März /April des auf das Rechnungsjahr folgenden Jahres offenhalten müssen. Für die Beratungen der konzertierten Aktion im Gesundheitswesen stehen dagegen die Vierteljahresmeldungen der Krankenkassen zur Verfügung, in denen die Krankenkassen die Beitragseinnahmen und die Leistungsausgaben melden. Die Meldungen über alle vier Quartale des Jahres 1977 liegen voraussichtlich im Februar 1978 vor. Es ist daher möglich, der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen für ihre Beratungen Angaben über die Entwicklung der Beitragseinnahmen und der Leistungsausgaben aufgeteilt nach den einzelnen Hauptleistungsarten der gesetzlichen Krankenkassen zu machen, die in der Regel von den Jahresergebnissen nur geringfügig abweichen. Zu Frage B 70: Der Arzneimittelhöchstbetrag, die Richtlinien über die Verordnung von Arznei- und Heilmitteln, mit denen die Kassenärzte bei der wirtschaftlichen und therapiegerechten Verordnungsweise unterstützt werden, sowie die Richtlinien über Arzneimittel, die nur bei geringfügigen Gesundheitsstörungen benötigt und daher nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen abgegeben werden, führen nicht zu einer unzumutbaren einseitigen Belastung bestimmter Gruppen von Versicherten. Sie dienen vielmehr der wirtschaftlichen und ausreichenden Versorgung aller Versicherten und ihrer mitversicherten Familienangehörigen. Mit diesen Maßnahmen sollen die außerordentlichen Ausgabensteigerungen für Arznei- und Heilmittel auf ein für die Versicherten und die Wirtschaft erträgliches Maß zurückgeführt werden. Über die Einführung eines Krankenkassenbeitrages für Rentner wird erst im Zusammenhang mit den Überlegungen zum 21. Rentenanpassungsgesetz zu entscheiden sein. Anlage 95 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Hoffmann (Hoya) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 71): 3442* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Treffen Informationen zu, daß Angehörige der Bundeswehr Grund haben, über einen unverhältnismäßig hohen und zum Teil abstoßenden Alkoholmißbrauch ihrer Kameraden während der ausgedehnten Freizeit innerhalb der Kasernen der Bundeswehr zu klagen, und wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung gegen diesen Alkoholmißbrauch zu unternehmen? In der letzten Zeit sind dem Bundesminister der Verteidigung vermehrte Klagen über den Alkoholmißbrauch von Soldaten während oder außerhalb der Dienstzeit nicht bekanntgeworden. Die Tendenz ist im Gegenteil rückläufig. Im Bereich der Streitkräfte wird dem Alkoholmißbrauch durch eine Vielzahl von Maßnahmen entgegengewirkt. Dazu gehören: — Die Information für Kommandeure Nr. 1/74 vom 11. Juni 1974, — der bundeswehrinterne G 1. Hinweis Nr. 5/74 vom 22. Juli 1974, — die Richtlinien für das Verhalten gegenüber betrunkenen Soldaten vom 17. November 1974, — die Zentrale Dienstvorschrift 10/5 „Der Innendienst", Anlage 8 c und — der Beitrag „Mein Weg zum Alkohol und zurück" in Heft 8/75 der Information für die Truppe. Darüber hinaus führt das Bundesministerium der Verteidigung in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln seit 1974 Aufklärungsmaßnahmen in der Truppe durch. Ausgehend von der Erkenntnis, daß junge Soldaten bereits eigene Erfahrungen im Alkoholgenuß haben, ist es Ziel der Maßnahmen, die bei Soldaten verfestigte Imagekombination der Öffentlichkeit „Mann — trinkfest — guter Soldat" aufzulösen, um den Soldaten Informationen zu kontrolliertem Alkoholgenuß zu vermitteln. Daher wurden die Alkoholaufklärungsmaßnahmen mit den Mitteln der modernen Werbung durchgeführt. Anlage 96 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 72) : Trifft es zu, daß die Bundeswehr durch das Bundeswehrbeschaffungsamt über westdeutsche Händler Werkzeug für Kraftfahrzeuge aus der DDR und aus Polen bezieht, und wie beurteilt die Bundesregierung gegebenenfalls diesen Sachverhalt? Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung hat in Einzelfällen über westdeutsche Händler Werkzeuge und Kleineisenteile, die keinen besonderen Sicherheitsvorschriften unterliegen, als marktgängige Artikel aus Ländern des Ostblocks bezogen. Diese Handhabung ist mit dem Bundesministerium für Wirtschaft abgestimmt. Nach der Verdingungsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) dürfen Ostblockerzeugnisse, die ordnungsgemäß im Rahmen von internationalen Handelsabkommen in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt werden und alle technischen und sonstigen Lieferbedingungen erfüllen, nicht diskriminiert werden. Die bei der Bundeswehr vorgeschriebene Güteprülung wird beim Auftragnehmer in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Anlage 97 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 73) : Entstehen dem Bundesverteidigungsminister Schwierigkeiten bei der Erfassung und Bewirtschaftung vorbehaltener Stellen für Zeitsoldaten im Öffentlichen Dienst, wenn ja, welche Maßnahmen hat das Ministerium zur Behebung dieser Probleme ergriffen? Bei den Bemühungen um die Eingliederung der Zeitsoldaten, die eine Einstellung in den öffentlichen Dienst mit Hilfe des Stellenvorbehalts anstreben, ist auch der Frage nachgegangen worden, ob alle nach §10 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) vorbehaltenen Stellen den Vormerkstellen gemeldet werden. Beim Bund gibt es keinen Anhalt dafür, daß die Erfassung der vorzubehaltenden Stellen lückenhaft sei. Dies kann jedoch nicht von allen Bereichen der Länder gesagt werden. Deshalb hat auf meine Anregung hin der Bundesminister des Innern, dem der Vollzug der Eingliederung obliegt, in einem Rundschreiben die obersten Landesbehörden gebeten, darauf hinzuwirken, daß sämtliche Einstellungsbehörden, insbesondere Gemeinden, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die vom Stellenvorbehalt nach § 10 SVG betroffen sind, alle vorzubehaltenden Stellen erfassen und den Vormerkstellen melden. Außerdem sind die Vormerkstellen der Länder in einer gemeinsamen Besprechung mit dem Bundesminister des Innern gebeten worden, auf eine vollständige Erfassung aller Vorbehaltstellen hinzuwirken. Dies wurde zugesagt. Die bisher verschiedentlich festzustellenden Schwierigkeiten bei der Eingliederung von Zeitsoldaten in den öffentlichen Dienst waren in der Regel nicht auf einen unzureichenden Stellenvorbehalt zurückzuführen, sondern sie beruhen auf Gründen, die in der Person der Soldaten lagen; meist handelte es sich um mangelnde Mobilität oder um unzureichende Eignung für die angestrebte Verwendung. Nicht zu verkennen ist jedoch, daß die Eingliederung schwieriger werden kann. Einerseits steigt das Interesse an einer Verwendung im öffentlichen Dienst, andererseits geht die Personalzuführung aus Haushaltsgründen zurück, was nicht ohne Einfluß auf die Zahl der Vorbehaltsstellen bleibt. Die Entwicklung der Eingliederungsmöglichkeiten wird deshalb auch weiterhin von den zuständigen Stellen meines Hauses, einschl. der Wehrbereichsverwaltungen sorgsam beobachtet, damit etwa erforderliche weitergehende Maßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden können. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3443* Anlage 98 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 74 und 75) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich in den letzten Monaten die Klagen häufen, daß Wehrpflichtige weit von ihrem Heimatort entfernt zum Grundwehrdienst einberufen werden und daß sie auch nach Ableistung des Grundwehrdienstes vielfach in Standorten Dienst tun müssen, die hunderte von Kilometern von ihrem Heimatort entfernt liegen, und wie erklärt sich die Bundesregierung gegebenenfalls diese Tatsache, da doch gerade in Heimatnähe auch — wie in Baden-Württemberg — eine große Zahl von Kasernen vorhanden ist? Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung vorgesehen, um wenigstens nach Ablauf der Grundwehrdienstzeit die Ableistung des übrigen Wehrdienstes in Heimatnähe zu ermöglichen, vor allem auch angesichts der auf den Anfahrtstrekken zu den Kasernen zu beklagenden Verkehrsunfälle, und könnte die Bundesregierung die Bundeswehr dazu veranlassen, ihre Qualifikationsmerkmale zu vereinfachen, wenn damit die Heimatnähe des Einsatzortes besser zu erreichen wäre? In meinem Schreiben an die Mitglieder des Deutschen Bundestages vom 3. Mai 1977 habe ich bereits ausführlich dargestellt, warum eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Wehrpflichtigen den Wehrdienst nicht in der Nähe des Heimatortes leisten kann. Ich darf wiederholen, daß heimatferne Einberufungen deshalb notwendig sind, weil die Zahl der zur Verfügung stehenden Wehrpflichtigen in keinem Wehrbereich mit dem Personalbedarf der dort stationierten Truppenteile übereinstimmt und das Aufkommen an Wehrpflichtigen im Bundesgebiet möglichst gleichmäßig ausgeschöpft werden muß. Während in Nordrhein-Westfalen und in geringerem Umfang auch in Baden-Württemberg ein Überhang vorhanden ist, stehen in den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein weit weniger Wehrpflichtige zur Verfügung, als die dort zahlreicher stationierten Truppenteile benötigen. Ein Ausgleich ist nur dadurch möglich, daß die im südlichen und mittleren Teil der Bundesrepublik bestehenden Überhänge in Standorte einberufen werden, die nördlich ihrer Heimat liegen. Entfernungen, die auch unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten ungewöhnlich sind, können sich bei geringem Aufkommen oder beim Ausfall von Wehrpflichtigen mit seltenen Qualifikationsmerkmalen ergeben. Gegenstand der Standortbestimmung nach den vorbezeichneten Grundsätzen ist der Stammtruppenteil, bei dem der Wehrpflichtige mindestens zwölf Monate seiner Dienstzeit verbringt. Bei der Zuteilung zur Grundausbildungseinheit sind diese Grundsätze nur bedingt anwendbar, da die Grundausbildung aus organisatorischen Gründen auf verhältnismäßig wenige Standorte beschränkt ist. Eine Vereinfachung der Qualifikationsmerkmale kann nicht in Erwägung gezogen werden. Abgesehen davon, daß sie das Problem des Überhangs einzelner Wehrbereiche nur teilweise lösen würde, weil das Gebot der gleichmäßigen Ausschöpfung auf jeden Fall zum regionalen Ausgleich zwingt, ist die qualifikationsgerechte Verwendung unabdingbar. Die rasch fortschreitende Waffentechnik und die Verkürzung des Grundwehrdienstes verlangen mehr denn je, daß der richtige Mann auf dem richtigen Platz verwendet wird. Nur auf diese Weise kann die beste mögliche Effektivität gewahrt bleiben. Anlage 99 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksiche 8/926 Frage B 76) : Treffen Berichte zu, daß private Altersheime und Seniorenstifte, ohne einen verbindlichen Einzugstermin zu nennen, Mieterdarlehen fordern, die zu 50 v. H. bei der Anmeldung für einen Heimplatz, zu 50 v. H. bei Einzug fällig werden und die nur sehr niedrig oder gar nicht verzinst werden, und was wird die Bundesregierung gegebenenfalls unternehmen, um sicherzustellen, daß die Wartezeit bis zum Einzug in das Heim nicht unzumutbar lang ausgedehnt wird? Der Bundesregierung ist bekannt, daß verschiedentlich Träger von Alteneinrichtungen bereits vor Festlegung eines Bezugstermins unverzinsliche oder niedrigverzinsliche Darlehen fordern. Die Bundesniedrigverzinsliche Darlehen fordern. Die Bundesregierung sieht keine direkte Möglichkeit, eine Verkürzung der Wartezeit bis zum Bezug der Einrichtung sicherzustellen. Die Gewährung eines Darlehens ist ebenso wie die Vereinbarung seiner Konditionen und des Bezugstermins der freien Vertragsgestaltung zwischen Bewohner und Träger der Einrichtung überlassen. Hiervon ist jedoch die Frage nach dem wirtschaftlichen Schutz der Heimbewohner zu trennen. Auf Grund des § 14 Heimgesetz und der demnächst zu erlassenden Verordnung über die Pflichten der Träger von Altenheimen, Altenwohnheimen und Pflegeheimen für Volljährige im Falle der Entgegennahme von Leistungen zum Zwecke der Unterbringung eines Bewohners oder Bewerbers (Heimsicherungsverordnung) — ein Referentenentwurf ist bereits fertiggestellt — werden Heimbewohner vor finanziellen Nachteilen geschützt, die ihnen durch die Gewährung von Darlehen oder anderer geldwerter Leistungen an Heimträger entstehen könnten. Anlage 100 des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Amling (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 77, 78 und 79) : Untersucht die Bundesregierung mögliche Gründe für die sprunghaft angestiegene Zahl von Selbstmorden Jugendlicher im Zusammenhang mit der Tatsache, daß die Bundesregierung im internationalen Vergleich inzwischen einen Spitzenplatz einnimmt? Welche Möglichkeiten sind für eine verstärkte Aufklärung der Umwelt gegeben, um eine frühzeitige Erkennung der Selbstmordversuche und eine Verringerung der Selbstmordziffer zu erreichen, und wird die Bundesregierung diese Möglichkeiten im Rahmen ihres Verantwortungsbereichs nutzen? Wie kann die nach einem überstandenen Selbstmordversuch dringend nötige psychotherapeutische Behandlung gewährleistet werden, vor allem dann, wenn solche Maßnahmen von Eltern unterlassen werden? 3444* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Zu Frage B 77: Das Statistische Bundesamt verfügt bislang lediglich über Unterlagen bis zum Jahre 1975. Die Selbstmordstatistik weist für die Jahre 1971 bis 1975 folgende Zahlen auf (m = männlich, w = weiblich, i — insgesamt) : 1971 1972 1973 1974 1975 5 bis 9 Jahre m 0 m 1 m 0 m 0 m 1 w 0 w 0 w 0 w 0 w 0 i 0 i 1 i 0 i 0 i 1 10 bis 14 Jahre m 66 m 45 m 52 m 57 m 62 w 8 w 12 w 14 w 19 w 16 i 74 i 57 i 66 i 76 i 78 15 bis 19 Jahre m 288 m 322 m 332 m 315 m 374 w 102 w 113 w 119 w 129 w 131 i 390 i 435 i 451 i 444 i 505 Von einem sprunghaften Ansteigen der Selbstmordzahlen kann demnach verallgemeinernd nicht gesprochen werden. Nur bei der Altersgruppe der männlichen Jugendlichen ist im Jahre 1975 ein größerer Anstieg zu beobachten. Auch in der nächsten Altersgruppe der männlichen Volljährigen ist im Jahre 1975 eine auffällige Zunahme der Selbstmorde gegenüber 1974 festzustellen. Für den internationalen Bereich liegen dem Statistischen Bundesamt nur Gesamtzahlen vor, so daß über die Altersgliederung keine Angaben gemacht werden können. Welche Position die Bundesrepublik in den hier interessierenden Altersgruppen einnimmt, ist daher nicht bekannt. Über die Ursachen des Suicids von Kindern hat die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage betr. Situation der Kinder in Deutschland am 10. März 1975 (Drucksache 7/3340 Seite 6) Ausführungen gemacht, die weitgehend auch auf Jugendliche zutreffen. Ungünstige familiäre Verhältnisse und erzieherisches Versagen schaffen zumeist die Voraussetzungen für den Entschluß zum Selbstmord. Wenn weitere Faktoren in der sozialen Umwelt, insbesondere solche Ereignisse, die die Kinder stark schockieren, hinzutreten, ist die Gefahr einer Spontanreaktion besonders groß. Die Deutsche Gesellschaft für Selbstmordverhütung in Ulm befaßt sich seit mehreren Jahren intensiv mit allen einschlägigen Fragen, so auch denen nach den Gründen der Selbstmorde Jugendlicher und verfügt über die entsprechenden Literaturnachweise. Eine erneute Motivationsforschung wird angesichts der bereits vorliegenden Untersuchungen von der Bundesregierung nicht für erforderlich gehalten. Zu Frage B 78: In der bereits erwähnten Antwort auf die Große Anfrage betr. Situation der Kinder in Deutschland finden sich längere Ausführungen über geeignete präventive Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Elternbildung und Familienberatung, sowie über die Förderung zahlreicher Modellversuche. Weitere ergänzende Angaben hat die Bundesregierung bei anderer Gelegenheit in ihrer Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Enders nach Vorbeugungsmaßnahmen zur Verhinderung von Selbstmorden junger Menschen mit den Möglichkeiten einer wirksamen Suicid-Prophylaxe gemacht (vgl. Protokoll über die 141. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 16. Januar 1975 — Anlage 21). Die Bundesregierung wird weiterhin im Rahmen ihrer Möglichkeiten bemüht sein, junge Menschen vor dem verhängnisvollen Entschluß zu bewahren, ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Zu Frage B 79: Die Sicherstellung einer erforderlichen Nachbehandlung oder -betreuung muß durch den erstbehandelnden Arzt erfolgen. Patienten nach einem Selbstmordversuch sollten deshalb erst aus der stationären Behandlung entlassen werden, wenn die Nachsorge und damit die Rückfallprophylaxe sichergestellt ist. Üblicherweise geschieht dies durch Facharztüberweisung oder Vermittlung an soziale Beratungsdienste. Es ist hilfreich, wenn die Krankenhäuser über Fachkräfte — insbesondere auch über Sozialarbeiter — verfügen, die den Patienten während des Klinikaufenthaltes auf die Weiterbehandlung vorbereiten, die Verbindung zu seinen Kontaktpersonen herstellen und vermittelnd tätig werden, soweit dies im außermedizinischen Bereich erforderlich erscheint. Falls eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich sein sollte, muß deren Einleitung durch den erstbehandelnden Arzt sichergestellt werden. Anlage 101 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 80) : Wie beurteilt die Bundesregierung angesichts der Bedeutung des Cholesterinspiegels als Risikofaktor für Herzinfarkte das Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3445* Ergebnis einer an der Universität Cambridge durchgeführten Untersuchung (vgl. „Welt am Sonntag" vom 21. August 1977, Seite 30), wonach der tägliche Genuß von Milch (Vollmilch oder Magermilch) eine Senkung des Cholesterinspiegels im Blut bewirkt, und — falls sie zu dem gleichen Ergebnis kommt — wird sie entsprechende Aufklärungsarbeit leisten? Maßgebend für die Beurteilung der Frage eines Zusammenhangs zwischen Ernährung und koronaren Herzerkrankungen sind in der Bundesrepublik Deutschland die vom Bundesgesundheitsamt u. a. im Bundesgesundheitsblatt vom 23. August 1974 veröffentlichten Feststellungen „Ernährungsmedizinische Bedeutung und Bewertung von Nahrungsfetten bei der Pathogenese und Prophylaxe von degenerativen Gefäßerkrankungen". Diese Feststellungen wurden hei einem Symposium, an dem Ernährungswissenschaftler aller Fachrichtungen teilgenommen haben, einstimmig getroffen. Der Inhalt der von Ihnen erwähnten Untersuchungen von Wissenschaftlern an der Universität Cambridge ist mir nicht bekannt. Ich habe daher das Bundesgesundheitsamt beauftragt, sich hierzu gutachtlich zu äußern. Sobald mir die Stellungnahme des Bundesgesundheitsamtes vorliegt, werde ich Sie entsprechend unterrichten. Zu Ihrer Information möchte ich noch darauf hinweisen, daß sich die Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes weitgehend mit dem Inhalt des Berichtes einer US-Senatskommission vom Februar 1977 und den Aussagen in den im Januar 1977 veröffentlichten „Durchschnittswerte des physiologischen Energie- und Nährstoffbedarfs für die Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik" (veröffentlicht mit Genehmigung des Ministeriums für Gesundheitswesen der Deutschen Demokratischen Republik) decken. Anlage 102 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Erler (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 81 und 82) : Wie gedenkt die Bundesregierung zu verhindern, daß bei zu lange aufbewahrten Champignondosen (BMELF-Informationen vom 14. September 1977), aber auch Sauer- und Obstkonserven größere Mengen Zinn und Eisen auf den Inhalt der Dosen übergehen, solange ein Herstellungs-, oder Verfallsdatum auf den Konserven nicht erforderlich ist und der Verbraucher insofern die gesundheitsschädliche Toleranzgrenze nicht erkennen kann? Wie gedenkt die Bundesregierung den Verbraucher davor zu schützen, daß er (insbesondere vor Weihnachten und Ostern) Gebäck erwirbt, das noch aus der Vorjahresproduktion stammt, von dem er aber irrtümlich annimmt, es sei frisch, weil ein Herstellungs- oder Mindesthaltbarkeitsdatum auf den Packungen bisher nicht erforderlich ist? Zu Frage B 81: Der Gesundheitsschutz des Verbrauchers ist auch ohne Datumskennzeichnung gewährleistet. In der Bundesrepublik besteht die Empfehlung, daß der Zinngehalt von Lebensmitteln 25 Milligramm je 100 Gramm nicht überschreiten soll. Dieser Wert wird in der Praxis selbst bei längerer Lagerung von Konserven nicht erreicht; er bleibt vielmehr wesentlich unterschritten. Dies gilt sowohl für Champignon-, als auch für Sauer- und Obstkonserven. Bei den Champignonkonserven wird diese Aussage durch die Ergebnisse der Untersuchung von insgesamt 270 Proben getragen. Der Eisengehalt von Lebensmitteln hat lediglich Auswirkungen auf den Geschmack; toxikologisch ist er ohne Belang. Für ihn bestehen in der Bundesrepublik keine Vorschriften. In den USA besteht die Empfehlung, daß der Eisengehalt im Lebensmittel nicht mehr als 5 Gramm je 100 Gramm betragen soll. Auch dieser lediglich aus Geschmacksgründen empfohlene Wert wird von den in der Bundesrepublik im Verkehr befindlichen Chamignons üblicherweise eingehalten. Es sind bisher lediglich vier Einzelproben bekanntgeworden, bei denen dieser Wert annähernd erreicht oder überschritten wurde. Zu Frage B 82: Lebensmittel, die infolge von Überlagerung zum Verzehr nicht mehr geeignet sind, dürfen bereits nach dem geltenden Recht nicht mehr in den Verkehr gebracht werden (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 LMBG) ; sofern sie zum Verzehr zwar noch geeignet, aber in nicht unerheblichem Maße in ihrem Genußwert gemindert sind, muß dies kenntlich gemacht werden (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG)). Diese Vorschriften schützen den Verbraucher vor Übervorteilung beim Kauf überlagerter Lebensmittel. Sie sind insbesondere auch für Gebäck von Bedeutung, weil die meisten Gebäcksorten bei zu langer Lagerung eine erhebliche Qualitätseinbuße erleiden. Die Datumskennzeichnung von Lebensmitteln wird durch die EG-Kennzeichnungsrichtlinie innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einheitlich geregelt werden. Für Backwaren wird wahrscheinlich die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums vorgesehen werden, weil sie für den Verbraucher wegen der sehr unterschiedlichen Haltbarkeitsdauer der einzelnen Backwaren informativer ist, als die bloße Angabe des Herstellungsdatums. Im Hinblick auf die kommende EG-Regelung sind die Pläne zur Einführung der Datumskennzeichnung speziell auch bei Backwaren seinerzeit zurückgestellt worden. Anlage 103 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Burger (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 83 und 84) : Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, im Weinrecht die derzeit gültige rechtliche Regelung in der geographischen Bezeichnung der Weine beizubehalten, damit gesichert ist, daß auch in Zukunft die Angabe von Gemeindenamen bei Wein in Verbindung mit Namen von Lagen, die sich über mehrere Gemeinden erstrecken, möglich ist? Ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß eine Änderung der derzeitigen Rechtsgrundlage schwere wirtschaftliche Einbußen der insbesondere überörtlich tätigen Genossenschaftskellereien zur Folge haben würde, und wenn ja, wird sie sich entsprechend verhalten? 3446* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Zu Frage B 83: Wegen des für die notwendige Änderung des Weingesetzes erforderlichen Zeitbedarfs können für die geographische Bezeichnung von Wein bis zum 31. August 1978 noch die deutschen Rechtsvorschriften angewendet werden. Auch wenn nach Ablauf dieser Übergangfrist die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts für die Bezeichnung und Aufmachung von Wein uneingeschränkt angewendet werden müssen, wird es möglich sein, in der Bezeichnung von Wein aus gemeindeübergreifenden Lagen die Namen von Gemeinden oder Ortsteilen anzugeben. Dies wird allerdings an die Voraussetzung geknüpft sein, daß mindestens 85 % der verwendeten Ausgansstoffe aus Trauben stammen, die in der angegebenen Gemeinde oder dem angegebenen Ortsteil geerntet worden sind. Die Süßreserve braucht in diesen Anteil nicht eingerechnet zu werden, so daß die nach dem Weingesetz von 1971 geltende Regelung des bezeichnungsunschädlichen Verschnitts im Ergebnis erhalten bleibt. Ein als „Nitteler Rochusfels" bezeichneter Wein muß also künftig — ausschließlich der Süßreserve — zumindest zu 85 % aus Trauben stammen, die sowohl in der Lage Rochusfels als auch in der Gemeinde Nittel gewachsen sind. Dies stellt insofern eine Änderung der Rechtslage dar, als nach bisherigem deutschen Recht der Name einer Großlage oder gemeindeübergreifenden Einzellage belegenen Gemeinde auch dann angegeben werden darf, wenn für den so gekennzeichneten Wein aus ihrem Gebiet keine einzige Traube verwendet worden ist. Die Großlage „Gutes Domtal" z. B. erstreckt sich über die Gemeinden Nieder-Olm, Lörzweiler, Nackenheim, Nierstein, Dexheim, Dalheim, Weinolsheim, Friesenheim, Undenheim, Köngernheim, Sel-zen, Hahnheim, Sörgenloch, Zornheim und Mommenheim. Ein Wein aus dieser Großlage kann also wahlweise mit dem Namen einer dieser Gemeinden bezeichnet werden. Er kann sogar dann als „Niersteiner gutes Domtal" bezeichnet werden, wenn die zu seiner Herstellung verwendeten Trauben zu 100 °/o aus der Gemeinde Undenheim stammen. Andererseits müssen nach dem noch anwendbaren deutschen Recht bei einem nur als „Niersteiner Müller Thurgau" bezeichneten Wein 75 % der zur Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe — einschließlich der Süßreserve — aus der Gemeinde Nierstein stammen. Für den Verbraucher ist dies sicher kaum durchschaubar. Demgegenüber wird er nach der Regelung des Gemeinschaftsrechts künftig wissen, daß bei Angabe des Namens einer Lage, eines Ortsteils oder einer Gemeinde bei einem deutschen Wein 85 % der zur Weinbereitung verwendeten Trauben aus der angegebenen geographischen Herkunft stammen. Das Gemeinschaftsrecht bewirkt mithin insoweit eine Verbesserung der vom Weingesetz 1971 angestrebten Wahrheit und Klarheit des Weinetiketts als Mittel zur zutreffenden Unterrichtung des Verbrauchers. Zu Frage B 84: Die Bundesregierung räumt ein, daß der Übergang auf die Regelung des Gemeinschaftsrechts für die Unternehmen der Weinwirtschaft, die bisher von der Möglichkeit der wahlweisen Benutzung von Gemeindenamen Gebrauch gemacht haben, betriebliche Umstellungen erforderlich machen wird, wie sie jede Rechtsänderung im wirtschaftlichen Bereich zur Folge hat. In Hessen und Bayern stößt dies nach dem Ergebnis der zu dieser Frage geführten Besprechungen auf keine unüberwindlichen Schwierigkeiten, weil auch nach dem Gemeinschaftsrecht die Angabe eines Gemeinde- oder Ortsteilnamens als Teil der Lagebezeichnung (Leitgemeinde) zulässig ist und auf diese Weise die Lage geographisch näher bestimmt werden kann. In dem bestimmten Anbaugebiet Rheingau ist diese Lösung bereits geltendes Recht, und für das stark genossenschaftlich organisierte, bestimmte Anbaugebiet Franken ist sie vorgesehen. Die Landwirtschaftsministerien der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie die betroffenen Weinwirtschaftsverbände haben gegen die im Gemeinschaftsrecht enthaltene Einschränkung der an keinerlei Anteile der Ausgangsstoffe gebundenen Verwendung der Gemeinde- und Ortsteilnamen vor allem aus wirtschaftlichen Gründen Bedenken erhoben. Die Prüfung dieser Bedenken durch die beteiligten Bundesministerien, bei der auch die bereits erörterten Gesichtspunkte des Verbraucherschutzes vor Täuschung berücksichtigt werden müssen, ist noch nicht abgeschlossen. Anlage 104 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Spöri (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 85) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Beratung von Schwangeren nach der Reform des § 218 bzw. die dabei auftretenden regionalen Unterschiede in einzelnen Bundesländern, und welche Konsequenzen zieht sie aus den vorliegenden Mängeln des Beratungswesens zur Verbesserung der praktischen Reformwirksamkeit des neuen § 218? Ich gehe davon aus, daß sich Ihre Frage auf die Beratung Schwangerer, Mütter und Kinder über die zur Verfügung stehenden öffentlichen und privaten Hilfen bezieht. Nach § 218 b des Strafgesetzbuches wird diese Beratung (soziale Beratung) von einem Arzt oder einer anerkannten Beratungsstelle wahrgenommen. Die bundesrechtliche Vorschrift über die soziale Beratung haben die Länder nach Erörterungen in Bund-Länder-Gesprächen durch Rechtsvorschriften oder Richtlinien konkretisiert, insbesondere Ziel, Form und Inhalt der sozialen Beratungen näher bestimmt. Die Vorschriften weichen zwar in einzelnen Punkten voneinander ab, stimmen aber darin überein, daß die soziale Beratung der Schwangeren helfen soll, eine Not- und Konfliktlage zu bewältigen und eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen. Gegen diese Inhaltsbeschreibung ist aus der Sicht des Bundesrechtes nichts einzuwenden. Inzwischen gibt es in der Bundesrepublik nach dem Stand vom 1. Juni 1976 788 anerkannte Bera- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977344* tungsstellen für soziale Beratung. Sie verteilen sich wie folgt auf die Länder: Baden-Württemberg 89 Beratungsstellen Bayern 92 Beratungsstellen Berlin 94 Beratungsstellen Bremen 5 Beratungsstellen Hamburg 42 Beratungsstellen Hessen 65 Beratungsstellen Niedersachsen 151 Beratungsstellen Nordrhein-Westfalen 150 Beratungsstellen Rheinland-Pfalz 59 Beratungsstellen Saarland 11 Beratungsstellen Schleswig-Holstein 30 Beratungsstellen Der Bundesregierung sind bisher keine Fälle bekannt geworden, in denen die soziale Beratung wegen fehlender Angebote unterblieben wäre. Auch über die Durchführung der Beratung entsprechend dem gesetzlichen Auftrag ist bisher keine ins Gewicht fallende Kritik an die Bundesregierung herangetragen worden. Die Bundesregierung übermittelt den Ländern und den Trägern der Beratungsstellen laufend die aus den vom Bund geförderten Modellprogramm gewonnenen Erkenntnisse, um den etwaigen weiteren Ausbau der Beratungsdienste zu erleichtern und bestehende Beratungsstellen in die Lage zu versetzen, durch qualitative Verbesserung der Beratungstätigkeit schwangeren Frauen in Konfliktsituationen helfen zu können. Über die Erfahrungen der Bundesregierung mit der Handhabung der neuen Vorschriften zum Schwangerschaftsabbruch hat der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit am 6. Juni 1977 dem Bundestagsausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit ausführlich berichtet. Anlage 105 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kuhlwein (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 86 und 87) : Liegt dem Bundesverkehrsminister ein Antrag des Landes Schleswig-Holstein vor, im Bereich der Stadt Schwarzenbek die B 404 (Bismarckstraße) zu verlegen, um eine Verbesserung der bestehenden Verkehrsverhältnisse zu erreichen? Wenn nein, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, für die Verlegung der B 404 in Schwarzenbek tätig zu werden, ohne daß entsprechende Anträge bzw. Pläne des zuständigen Landesverkehrsministeriums vorliegen? Ja, dem Bundesminister für Verkehr liegt seit dem 6. September 1977 ein Antrag des Landes Schleswig-Holstein vor. Damit entfällt eine Antwort auf Ihre zweite Frage. Anlage 106 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 88) : Wie beurteilt die Bundesregierung im Hinblick auf die Vorschrift der Anlage XI zu § 47 StVZO die Ergebnisse der Untersuchung durch den ADAC und den AvD, wonach in der Praxis ca. 70 v. H. der geprüften Fahrzeuge umweltfeindlich fahren sollen, da mit dort festgestellten Werten von 6 bis 7 v. H. CO im Leerlauf nicht einmal dem zur Zeit gültigen Wert von 4,5 v. H. CO im Leerlauf genüge getan sei, und ist sie bereit, aus diesem Ergebnis Konsequenzen, gegebenenfalls gesetzgeberischer Art, zu ziehen? Untersuchungen, wonach in der Praxis ein Teil der im Verkehr befindlichen Fahrzeuge den Vorschriften nach Anlage XI Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) nicht entsprechen sollen, erhärten einen der Bundesregierung bekannten Tatbestand; nämlich, daß es äußerst schwierig ist, herkömmliche Gemischaufbereitungsanlagen über die vorhandenen Einstellmöglichkeiten ohne spezielle Meßgeräte optimal umweltfreundlich einzustellen. Dieser Erkenntnis Rechnung tragend, hat die Bundesregierung vorgeschrieben, daß in neue Fahrzeuge nur solche Gemischaufbereitungsanlagen eingebaut werden, die nicht oder nur in solchen Grenzen verstellbar sind, daß die zulässigen Grenzwerte nicht überschritten werden. Allerdings sind diese Maßnahmen nur vertretbar für neue Fahrzeuge. Die Umrüstung bereits im Verkehr befindlicher Fahrzeuge auf solche nicht verstellbare bzw. nur bedingt einstellbare, die Abgasgrenzwerte nicht überschreitende Gemischaufbereitungsanlagen ist nicht beabsichtigt. Für im Verkehr befindliche Fahrzeuge bleibt über § 29 StVZO hinaus nur die Möglichkeit, durch unvermutete Kontrollen der Polizeien Verstöße gegen die bestehenden Vorschriften aufzudecken. Die Bundesregierung nutzt jede Gelegenheit, die Länder zu bitten, ihre Polizeien verstärkt zur Überwachung der im Verkehr befindlichen Fahrzeuge einzusetzen. Anlage 107 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Voigt (Frankfurt) (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 89) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß von der Hoechst-AG und der Südchemie AG ein bleiunempfindlicher Katalysator zur Abgasreinigung von Ottomotoren entwickelt worden ist, bei dessen Verwendung Schadstoffe in Abgasen erheblich verringert werden können, und ist die Bundesregierung bereit, aus dieser Neuentwicklung die Konsequenzen einer gesetzlichen Neuregelung mit dem Ziel verringerter Schadstoffgrenzwerte zu ziehen? Die Entwicklung von Katalysatoren, die auch für gering verbleites Benzin geeignet sind, ist der Bundesregierung bekannt. In Verfolg des Umweltprogramms der Bundesregierung und in Übereinstimmung mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz werden Grenzwerte für die noch zulässigen Mengen an unerwünschten Be- 3448/* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 standteilen im Abgas von Kraftfahrzeugen festgelegt. Dieses bewährte Verfahren fördert zwangsläufig die technisch und wirtschaftlich optimalen Lösungen. Es ist somit weder notwendig noch sinnvoll, eine bestimmte technische Lösung, wie die Verwendung von Katalysatoren, vorzuschreiben. Anlage 108 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 90 und 91) : Wie ist der derzeitige Planungsstand der Ortsumgehung B 266 Firmenich—Obergartzem, und wann kann mit dem Baubeginn und der Fertigstellung dieser Ortsumgehung gerechnet werden? Trifft es zu, daß im Rahmen des Zusatzinvestitionsprogramms der Bundesregierung die Autobahn A 56 von Zülpich bis zur Anschlußstelle Miel in voller Länge 4spurig ausgebaut wird, und wenn ja, wann kann mit Baubeginn und Fertigstellung gerechnet werden? Zu Frage B 90: Für die Umgehungsstraße Firmenich-Obergartzem im Zuge der B 266 wird z. Z. der Bauentwurf aufgestellt. Wie bereits in der Fragestunde am 8. Dezember 1976 dargelegt wurde, soll die Maßnahme nach baureifer Vorbereitung voraussichtlich im Jahre 1980 begonnen werden. Die Fertigstellung wird für 1982 erwartet. Zu Frage B 91: Im Ergebnis ist es zutreffend, daß die Autobahn A 56 im Abschnitt Zülpich-Miel sofort 4spurig gebaut werden soll, mit Baubeginn voraussichtlich 1978 und Fertigstellung 1981/82. Diese Disposition ist z. T. durch das Programm für Zukunftsinvestitionen ermöglicht worden. Anlage 109 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Alber (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 92) : Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß bei einem Projekt, das über Jahrzehnte hinweg für eine vernünftige Verkehrsverbindung sorgen würde, Mehrkosten in Höhe von rund 100 Millionen DM gerechtfertigt wären, und ist sie bereit, beim Bau der S-Bahn zwischen Stuttgart-West und Böblingen der Trassenführung zuzustimmen, die durch die Ortsmitte von Stuttgart-Vaihingen mit Haltepunkten in Vaihingen-Nord und Vaihingen-Mitte (z. B. Trasse B2 oder D) führen würde? Die Bundesregierung trifft ihre Entscheidungen über S-Bahn-Maßnahmen der Deutschen Bundesbahn (DB) u. a. auf Grund von Berechnungen über — die Auswirkungen der Maßnahme auf das Wirtschaftsergebnis der DB und — die entstehenden volkswirtschaftlichen Nutzen und Kosten. Unter Berücksichtigung entsprechender Berechnungen für die Trassenvarianten in Stuttgart-Vaihingen hat sich der Bund und unabhängig davon das Land Baden-Württemberg für die Trasse C 3 entschieden. Anlage 110 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 93) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach der Bundesminister für Verkehr einem Tunnelbau im Zuge der A 451 im Ennertbereich hei Bonn zugestimmt hat, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, insbesondere im Hinblick auf die Bundesgartenschau 1979 in Bonn, nunmehr auf einen bevorzugten, gegebenenfalls provisorisch halbseitigen Ausbau der seit langem geplanten Anbindung der vor etwa fünf Jahren fertiggestellten Konrad-Adenauer-Brücke (Südbrücke) in Bonn an die A 3 hinzuwirken. damit die schon heute herrschende Überlastung der B 42 im Bereich des Siebengebirges nicht zu einer unvertretbaren Belastung in diesem vielbesuchten Erholungsgebiet führt? Es ist zutreffend, daß der Bundesminister für Verkehr im Zuge der geplanten A 451 für den Ennertaufstieg auf einer Teilstrecke im Bereich des Naturschutzgebietes einen Tunnel vom Grundsatz her für gerechtfertigt hält. Bei dem derzeitigen Vorbereitungsstand ist bis zur Bundesgartenschau 1979 eine Anbindung der A 451 an die A 3 nicht — auch nicht provisorisch — zu erreichen. Anlage 111 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 94) : Gibt es hinsichtlich der Planfeststellung beim Neubau der B 44 zwischen Mainz-Kostheim und Frankfurt-Sindlingen beim 2. und 3. Bauabschnitt, die beide in der ersten Dringlichkeitsstufe liegen, Schwierigkeiten, und welche Gefahren einer Verzögerung bestehen für den 2. und 3. Bauabschnitt? Wie von der hessischen Straßenbauverwaltung mitgeteilt wurde, beabsichtigt sie, das Planfeststellungsverfahren für den Bau der Umgehung Hochheim im Laufe dieses Jahres — spätestens Anfang 1978 — einzuleiten. Ebenso ist vorgesehen, noch in diesem Jahre das Planfeststellungsverfahren für die Umgehung Hattersheim einzuleiten. Da für die B 40 (neu) kein Planfeststellungsverfahren im Gange ist, sind Einwendungen und eventuelle Schwierigkeiten nicht vorauszusehen. Anlage 112 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Emmerlich (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 95 und 96) : Trifft es zu, daß nach Auffassung der Deutschen Lufthansa Frauen grundsätzlich nicht als Flugkapitäne in Frage kommen, und hält die Bundesregierung diese Auffassung für richtig? Wenn nein, welche Möglichkeiten bestehen für sie, die Deutsche Lufthansa zu einer Korrektur ihrer Auffassung zu veranlassen? Ihre beiden Fragen sind für mich Anlaß gewesen, das Problem der Ausbildung und Einstellung von weiblichen Piloten erneut zur Klärung an den Vor- stand der Deutschen Lufthansa (DLH) heranzutragen. Eine Meinungsbildung im Vorstand der Gesell- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3449* schaft konnte innerhalb der zur Beantwortung Ihrer Fragen zur Verfügung stehenden Zeit noch nicht herbeigeführt werden. Sobald mir die Entscheidung des Vorstandes der DLH vorliegt, bin ich gern bereit, Ihnen diese Antwort schriftlich mitzuteilen. Anlage 113 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 97): Ist daran gedacht, Straßenbaumittel, die in einem Bundesland nicht verbaut werden, anderen Bundesländern zukommen zu lassen? Straßenbaumittel, die in einem Bundesland nicht verbaut werden, können zugunsten anderer Bundesländer verwendet werden. Davon wird Gebrauch gemacht. Anlage 114 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 98) : Sind im Regierungsbezirk Tübingen außer der in der Antwort der Bundesregierung auf meine Anfrage Nr. 62 (Drucksache 8/885 S. 24) bezeichneten Strecke Tübingen—Horb noch weitere Strekken, insbesondere die Strecke Ulm—Friedrichshafen (mit Anschluß nach Lindau) für die Elektrifizierung vorgesehen, und liegt insoweit ein Mißverständnis vor, als ich nicht nach dem „Raum Tübingen", sondern nach dem Regierungsbezirk Tübingen im Land Baden-Württemberg gefragt hatte? Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn hat auf Rückfrage mitgeteilt, daß sie die Umstellung weiterer Strecken im Regierungsbezirk Tübingen auf elektrischen Zugbetrieb in absehbarer Zeit beim Bundesminister für Verkehr nicht beantragen wird. Anlage 115 Antwort des Parl. Saatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Conradi (SPD) (Drucksache 8/926 Fragen B 99 und 100) : Wann hat die Bundesbahndirektion Stuttgart der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn die notwendigen Unterlagen für die Erteilung eines Planungsauftrags für die Eisenbahnviadukte Zazenhausen und Münster der Strecke Kornwestheim—Untertürkheim vorgelegt, und wann wird die Hauptverwaltung die Planungsaufträge erteilen? Ist es möglich, die Ausführungsplanung für die Viadukte so zu beschleunigen, daß mit den Bauarbeiten nicht wie vorgesehen erst 1981, sondern bereits früher begonnen werden kann, gegebenenfalls im Rahmen eines Konjunkturprogramms? Die Bundesbahndirektion Stuttgart hat am 25. Juli 1977 bei der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn den Antrag auf Erteilung eines Planungsauftrages für die Erneuerung der Viadukte in Stuttgart-Zazenhausen (Feuerbach-Viadukt) und in Stuttgart-Münster (Neckar-Viadukt) gestellt. Daraufhin hat die Hauptverwaltung am 19. September 1977 den entsprechenden Planungsauftrag erteilt. Eine Verkürzung der in der o. a. Fragestunde genannten Termine erscheint aus heutiger Sicht (Planfeststellung) nicht möglich. Die Aufnahme des Vorhabens in ein Konjunkturprogramm ist derzeit nicht vorgesehen. Anlage 116 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 8/926 Frage B 101) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Lärmsituation in Flörsheim-Weilbach an der Autobahn A 15 Frankfurt—Köln die durch die Verbreiterung und den Anstieg bzw. das Gefälle gekennzeichnet ist, und ist sie bereit, den Klagen aus der Bevölkerung durch entsprechende Maßnahmen, wie z. B. durch einen etwa 350 m langen Lärmschutzzaun, abzuhelfen? Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für die Verbreiterung der Autobahn Frankfurt–Köln (A 3) hatte die Gemeinde Weilbach Klage auf Anordnung von Lärmschutzanlagen erhoben. Die Klage wurde vom zuständigen Verwaltungsgericht in Frankfurt/Main als unbegründet zurückgewiesen. Es ist daher nicht vorgesehen, im Bereich FlörsheimWeilbach an der Autobahn einen Lärmschutzzaun zu errichten. Anlage 117 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 102) : Welche Investitionen sind nach heutigem Sachstand von Bundesbahn und Bundespost in dem Landkreis Lahn-Dill und der Stadt Lahn beabsichtigt bzw. im Bau? Die Beantwortung Ihrer Frage in bezug auf die Investitionen der Deutschen Bundesbahn fällt in die Zuständigkeit des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn (DB). Ihre Frage wird daher dem Vorstand der DB weitergeleitet. Sie werden von dort unmittelbar eine Antwort erhalten. Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß die gewünschten Erhebungen über die Investitionen der DB in einzelnen Landkreisen bzw. Städten einen erheblichen Arbeitsaufwand bedeuten und somit nicht kurzfristig angegeben werden können. Die Deutsche Bundespost wird voraussichtlich im Rechnungsjahr 1977 für Baumaßnahmen des Post- und Fernmeldewesens sowie für fernmeldetechnische Anlagen in den Landkreisen Lahn-Dill und in der Stadt Lahn insgesamt 30,5 Millionen DM investieren. Für das Rechnungsjahr 1978 ist mit einem Investitionsvolumen von 26,4 Millionen DM 7u rechnen. Anlage 118 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 103) : In welcher Höhe und für welche Projekte der Städtesanierung werden in den nächsten Jahren Mittel in den Landkreis Lahn-Dill und in die Stadt Lahn fließen? Im Rahmen des Bundesprogramms nach § 72 des Städtebauförderungsgesetzes werden mit Finanzhilfen des Bundes städtebauliche Sanierungsmaßnahmen in Lahn-Wetzlar und — im Landkreis Lahn-Dill — in den Städten Dillenburg, Grünberg, Herborn, Laubach und Lich gefördert. Dem Land Hessen wurden bisher zur Bewilligung an die Gemeinden zugeteilt für Lahn-Wetzlar 1971 bis 1977 = 4 463 000 DM Dillenburg 1971 bis 1977 = 1 276 000 DM Grünberg 1972 bis 1977 = 1 350 000 DM Herborn 1973 bis 1977 = 1 800 000 DM Laubach 1973 bis 1977 = 850 000 DM Lich 1973 bis 1977 = 1 070 000 DM. Diese Bundesfinanzhilfebeträge entsprechen einem Drittel der jeweils förderungsfähigen Kosten. Das Bundesprogramm nach § 72 StBauFG wird für den Zeitraum der mehrjährigen Finanzplanung aufgestellt und jährlich auf der Grundlage der Länderprogramme der Entwicklung angepaßt und fortgeführt. Eine maßnahmebezogene Aussage über die Höhe der Bundesfinanzhilfe im Jahre 1978 kann zur Zeit noch nicht getroffen werden. Das Landesprogramm Hessen für 1978 wird im Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ab 15. Oktober 1977 erwartet. Im Rahmen des Programms zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen vom 27. August 1975 wurden im Programmbereich „Stadtsanierung" in der Stadt Lahn und im Landkreis Lahn-Dill folgende Vorhaben mit Bundesmitteln gefördert: Lahn-Gießen Aus- und Umbau des erhaltenswerten Gebäudes Georg-Schlosser-Straße 2 Bundeszuschuß 280 000 DM Bundesdarlehen 160 000 DM Lahn-Wetzlar Aus- und Umbau der erhaltenswerten Gebäude Avemannsches Haus, Zehntscheune am Lottehaus, Zehntscheune am Ludwig-Erk-Platz Bundeszuschuß 450 000 DM Bundesdarlehen 260 000 DM Grünberg Parkdeck Bundeszuschuß 240 000 DM Bundesdarlehen 100 000 DM Haiger Aus- und Umbau des erhaltenswerten Hauses Fischbach zu einem Heimatmuseum Bundeszuschuß 55 000 DM Bundesdarlehen 30 000 DM Herborn Aus- und Umbau der erhaltenswerten Gebäude Kornmarkt 12-14 und Schulhofstraße 5 Bundeszuschuß 405 000 DM Bundesdarlehen 233 000 DM Laubach Aus- und Umbau der erhaltenswerten Gebäude Am Markt 5 und Obergasse 4 Bundeszuschuß 150 000 DM Bundesdarlehen 75 000 DM Die vom Land Hessen im Rahmen des Programms für Zukunftsinvestitionen, Programmbereich „Verbesserung der Lebensbedingungen in Städten und Gemeinden" zur Förderung im Programmjahr 1977 ausgewählten Vorhaben sind mir noch nicht vollständig übermittelt worden. Hierzu kann ich deshalb zur Zeit noch keine verbindliche Aussage machen. Es steht aber zu erwarten, daß Programmittel auch in Lahn und im Landkreis Lahn-Dill zum Einsatz kommen. Anlage 119 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage 104) : Ist die Bundesregierung bereit, sich dafür einzusetzen, das Stadtwaldsanatorium in Melsungen (Schwalm-Eder-Kreis), das entsprechend der Auskunft der Bundesregierung auf meine Frage vom 9. September 1977 (Drucksache 8/885, Teil B, Nr. 73) keine Verwendung im Bereich der Gesundheitsfürsorge und -vorsorge mehr finden kann, unter strukturpolitischen Gesichtspunkten der Zonenrandförderung einer anderweitigen Verwendung außerhalb des gesundheitspolitischen Bereichs zuzuführen? Die Bundesbahn-Versicherungsanstalt (BVA) hat der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin und allen Landesversicherungsanstalten das Stadtwaldsanatorium Melsungen zum Kauf angeboten und dabei gebeten, sich innerhalb eines Monats zu äußern. Diese Frist ist noch nicht abgelaufen. Z. Z. wird von der BVA ein Verkaufsprospekt erstellt, der allen infrage kommenden Stellen, insbesondere den Landeswohlfahrtsverbänden, übersandt werden wird. Die Deutsche Bundesbahn (DB) selbst hat keine Möglichkeit, das Haus einem anderen Verwendungszweck zuzuführen. Es kann z. B. nicht für Unterrichtszwecke genutzt werden, da auch auf diesem Gebiet eine Oberkapazität besteht, die abgebaut werden muß. Der Bürgermeister von Melsungen setzt sich ebenfalls aktiv für eine anderweitige Verwendung des Stadtwaldsanatoriums ein. Er hat sich in diesem Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3451* Zusammenhang auch direkt an den Hessischen Ministerpräsidenten und an das Hessische Sozialministerium gewendet. Die Bundesregierung ist zwar bereit, sich dafür einzusetzen, daß das Stadtwaldsanatorium Melsungen unter strukturpolitischen Gesichtspunkten der Zonenrandförderung einer anderweitigen Verwendung außerhalb des gesundheitspolitischen Bereichs zugeführt wird, sieht aber z. Z. keine Möglichkeit, von sich aus die Initiative zu ergreifen. Dem zuständigen Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung habe ich einen Abdruck dieser Antwort zugeleitet. Anlage 120 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 105) : Ist die Bundesregierung in der Lage, über den Planungsstand der B 299 neu zwischen Garching und Traunstein bereits konkrete Angaben zu machen, und welcher Zeitplan ist bejahendenfalls für den Bau dieser dringend benötigten Nord-Süd-Verbindung vorgesehen? Von den zuständigen bayerischen Behörden muß zunächst das nach Landesrecht geregelte Raumordnungsverfahren durchgeführt werden, um das umfangreiche Straßenbauprojekt mit den Interessen anderer öffentlicher Planungsträger abzustimmen. Das Verfahren wurde im Juli dieses Jahres eingeleitet. Bei optimalem Ablauf des Raumordnungsverfahrens sowie der anschließenden Detailplanung, des Planfeststellungsverfahrens und des Grunderwerbs kann 1979/80 mit den Bauarbeiten begonnen werden. Die Finanzierung des Projekts ist gesichert. Anlage 121 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Regenspurger (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 106) : Beabsichtigt die Deutsche Bundespost, die mit der Einführung des Gesetzes über das Postwesen (PostG) vom 28. Juli 1969 weggefallene Haftung für Schäden, die durch den Verlust oder die Beschädigung von Postgutsendungen entstehen, wieder einzuführen, um der zunehmenden Konkurrenz im Paketdienst der Deutschen Bundespost wirkungsvoll zu begegnen und den Postkunden eine weitere Serviceverbesserung zu bieten, und wann ist bejahendenfalls mit einer entsprechenden Änderung des PostG zu rechnen? Es ist beabsichtigt, im Rahmen der Reform des Staatshaftungsrechts auch die Haftung der Deutschen Bundespost für Postgut wieder einzuführen. Der Referentenentwurf eines Staatshaftungsgesetzes sieht eine entsprechende Änderung des Gesetzes über das Postwesen (PostG) vor. Nach dem Entwurf wird die Deutsche Bundespost für Schäden, die dem Absender durch den Verlust oder die Beschädigung von Postgut entstehen, in Höhe des unmittelbaren Schadens bis zum Höchstbetrag von 1 000 DM je Sendung haften. Zugleich soll in diesem Zusammenhang auch der gegenwärtig bei 500 DM liegende Höchstbetrag der Haftung für Pakete auf 1 000 DM angehoben werden. Nach einer Mitteilung des federführenden Bundesministers der Justiz soll der Entwurf des Staatshaftungsgesetzes im Herbst dieses Jahres dem Bundeskabinett zur Beschlußfassung vorgelegt werden. Anlage 122 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 107 und 108) : Ist die Bundesregierung bereit, die Ausweitung des Beförderungsvorbehalts auf den Paketdienst zu prüfen, um damit der „Rosinenpickerei" privater Beförderer, die für unrentable Gebiete keine Bedienungspflicht haben, entgegenzuwirken? Wie beurteilt die Bundesregierung die gewerkschaftlichen Forderungen aus dem Bereich der Deutschen Bundespost, Serviceleistungen im Paketförderungsdienst qualitativ zu verbessern, und ist sie bereit, diese Anregungen aufzugreifen? Zu Frage B 107: Das verstärkte Auftreten privater Paketbeförderer hat das Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen dazu veranlaßt, durch eine Reihe von betrieblichen Verbesserungen die Konkurrenzfähigkeit des Paketdienstes zu stärken. Geprüft wird auch die Einführung des postgesetzlichen Beförderungsvorbehalts für Paketsendungen. Eine derartige Maßnahme wirft jedoch vor allem die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit auf. Eine Untersuchung, die sich auch auf die Möglichkeiten anderer gesetzgeberischer Maßnahmen zum Schutz des Paketdienstes vor ungleichem Wettbewerb durch private Beförderer erstreckt, ist noch nicht abgeschlossen. Zu Frage B 108: Die Deutsche Bundespost begegnet dem verstärkten Wettbewerbsdruck auf dem Kleingutmarkt mit marktkonformen Mitteln. Im Rahmen dieser Strategie wurden — Kooperationsmodelle für gewerbliche Versender entwickelt — der Nachnahmehöchstbetrag erhöht — ein Rücknahmeverfahren für Paketsendungen eingeführt (Rückholung von „Retouren") — die Möglichkeit geschaffen, die Paketzustellgebühr vorauszuzahlen — der Kleiderhängeversand für Großversandhäuser eingeführt — den Selbstbuchern die Möglichkeit gegeben, ihre Pakete von der Deutschen Bundespost gegen Erstattung der Selbstkosten abholen zu lassen — ein schnelles Güterzugnetz entwickelt, das zur Verkürzung der Laufzeiten und zur schonenderen Behandlung der Sendungen beiträgt 3452* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 — die unentgeltliche Abholung kleiner Paketmengen bei gewerblichen Versendern in Verbindung mit der Paketzustellung eingeführt. Damit hat die Deutsche Bundespost bereits gesellschaftlichen Forderungen entsprochen. Weitere Möglichkeiten der Fortentwicklung des Kundendienstes werden untersucht. Anlage 123 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Blüm (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 109) : Unter welchen Bedingungen bietet die Deutsche Bundespost in Kaiserslautern freie räumliche und personelle Kapazitäten in den Ausbildungsstätten an Dritte an, und inwieweit ist dieses Angebot inzwischen in Anspruch genommen worden? Bei der Ausbildungsstätte in Kaiserslautern wurden in diesem Jahr 32 Auszubildende für die Berufsausbildung im Fernmeldehandwerk angenommen, obwohl die Deutsche Bundespost keinen eigenen Bedarf an Fernmeldehandwerkern hat. Damit die Ausbildungskapazität restlos genutzt wird, werden in Kaiserslautern noch einige freie Plätze für die Nutzung durch Dritte gegen Kostenerstattung angeboten. Die zuständige Oberpostdirektion in Karlsruhe hat allen als Ausbildungsträger in Betracht kommenden Institutionen das Angebot zur Nutzung der freien Ausbildungskapazität gegen eine Kostenerstattung von 29 DM je Auszubildenden und Ausbildungstag unterbreitet. Hierzu gehören das zuständige Landesarbeitsamt sowie das Arbeitsamt in Kaiserslautern, die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer und das Berufsfortbildungswerk des DGB. Dieses Angebot ist bisher leider nicht in Anspruch genommen worden. Anlage 124 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 110) : Wieviel öffentliche Telefonanschlüsse wurden in den Jahren 1975 und 1976 und im ersten Halbjahr 1977 mutwillig zerstört? Im Jahre 1975 wurden rund 37 000, im Jahre 1976 rund 35 000 mutwillige Beschädigungen mit erheblichen Sachschaden und Diebstähle an Fernsprechhäuschen mit Münzfernsprechern registriert. Zahlen für das erste Halbjahr 1977 liegen nicht vor, weil die entsprechenden Erhebungen nur einmal jährlich zum Jahresende durchgeführt werden. Anlage 125 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Link (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 111 und 112) : Ist die Bundesregierung angesichts der Tatsache, daß der bestehende Querschnitt der Elektroinstallation es nicht zuläßt, daß die Bewohner ihre Elektrogeräte ohne Sicherheitsrisiko benutzen können, bereit, als größter Gesellschafter der Frankfurter Siedlungsgesellschaft (70 v. H. Bundesanteil) für die Einfamilienhäuser der Wohnanlage Berkersheimer Weg durch Investitionszuschüsse die notwendigen und unabweisbaren Verbesserungen der dortigen elektrischen und wassertechnischen Installationen zu ermöglichen, damit in jedem der 1948 erbauten Einfamilienhäuser endlich ein eigener Stromzähler und eine eigene Wasseruhr eingebaut werden kann? Bis wann kann damit gerechnet werden, daß die unwürdigen und die die einzelnen Familien belastenden Zustände beseitigt und eine dem heutigen Stand entsprechende Installation mit eigenem Stromzähler und eigener Wasseruhr je Einfamilienhaus in der Wohnanlage Berkersheimer Weg durchgeführt wird? Die Frankfurter Siedlungsgesellschaft ist zur Zeit 'damit befaßt, Maßnahmen vorzubereiten, die einer Verbesserung der elektrischen und wassertechnischen Installationen in der Wohnanlage Berkersheimer Weg in Frankfurt am Main dienen. Die Gesellschaft rechnet damit, daß mit der Ausführung der Arbeiten im Verlauf der nächsten Monate begonnen werden kann. Ob für die Finanzierung öffentliche Mittel zur Verfügung stehen, wird zur Zeit geprüft. Die Durchführung der notwendigen Maßnahmen ist hiervon jedoch nicht abhängig. Anlage 126 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 114) : Ist die Bundesregierung für ihren Zuständigkeitsbereich bereit, eine Trennung der Finanzmittelgenehmigung für Planung und Ausführung von Bauprojekten grundsätzlich vorzusehen oder wenigstens zu gestatten, um damit eine getrennte Abwicklung von Planfeststellungs- und Raumordnungsverfahren zu ermöglichen, bevor die Mittel für die Ausführung genehmigt sind? Im Rahmen des Haushalts des Bundes werden die Kosten für Planungen von Hochbaumaßnahmen getrennt von den eigentlichen Baukosten veranschlagt. Hier bestehen also seit langem keinerlei Hemmnisse, Planungsaufträge im geeigneten Zeitpunkt zu erteilen, und zwar unabhängig von der Einstellung der Baumaßnahme in den Haushalt, allerdings unter der Voraussetzung, daß der Bauwunsch Aufnahme in die mittelfristige Haushaltsplanung gefunden hat. Im Bereich des Bundesfernstraßenbaues tragen die Länder als Auftragsverwaltungen gemäß Art. 90 GG die Verwaltungskosten und damit auch die Planungskosten (Art. 104 a GG). Der Bund erstattet lediglich Zweckausgaben bei Entwurfsbearbeitung und Bauaufsicht (pauschale Abgeltung). Diese Beträge sind im Bundeshaushalt in besonderen Titeln veranschlagt. Die getrennte Veranschlagung hat mit der Abwicklung von Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren nichts zu tun. Diese werden ohnehin getrennt durchgeführt. Demgegenüber besteht für den Bereich der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt eine bundeseigene Verwaltung (Art. 87 Abs. 1 und Art. 89 GG). Diese Verwaltung führt bei Aus- und Neubau im Zuständigkeitsbereich des Bundes auch die Planung und das Planfeststellungsverfahren durch. Die hierführ erforderlichen Mittel werden aus den Ansätzen für die laufende Verwaltung bestritten. Nur bei größeren Maßnahmen werden besondere Vorpla- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3453* nungstitel geschaffen. Die Genehmigung der Mittel für die Ausführung der Maßnahmen erfolgt später im Rahmen der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes. Schwierigkeiten sind in diesem Bereich bisher nicht aufgetreten. Anlage 127 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schrift- lichen Fragen des Abgeordneten Dr. Riesenhuber (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 115 und 116) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß in einigen Gemeinden, beispielsweise in Eschborn im Main-Taunus-Kreis Grenzregelungen im Rahmen der §§ 80 bis 84 des Bundesbaugesetzes in einer Weise durchgeführt werden, die gegenüber den herkömmlichen Verfahren eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung bei Behörden und Grundstückseigentümern sowie erhebliche Kosteneinsparung bedeutet, und hat die Bundesregierung die Absicht, die Durchführung dieses vereinfachten Grenzregelungsverfahrens auch in anderen Gemeinden zu fördern? Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß das vereinfachte Grenzregelungsverfahren durch die derzeit gültige Formulierung der §§ 80 bis 84 des Bundesbaugesetzes umfassend und präzis genug abgedeckt ist, um eine zweifelsfreie und zügige Abwicklung der Grenzregelungsverfahren zu ermöglichen, oder welche Vorschriften bedürfen nach Ansicht der Bundesregierung einer erweiterten Formulierung, und gedenkt die Bundesregierung im Rahmen einer Gesetzesnovelle diese Änderungen dem Bundestag vorzuschlagen? Die Bundesregierung wird ihre Bemühungen um eine Verbesserung und Weiterentwicklung des Bau- und Bodenrechts auch nach Verabschiedung der Novelle zum Bundesbaugesetz fortsetzen und in einem weiteren Novellierungsschritt verwirklichen. In diese Bemühungen ist auch das Umlegungs- und Grenzregelungsrecht einbezogen. Zu Frage B 115: Der Bundesregierung ist bekannt, daß in einigen Kreisen und Gemeinden der Bundesrepublik das Instrument der Grenzregelung häufig praktiziert wird. Die Bundesregierung begrüßt, daß in diesen Fällen das Grenzregelungsverfahren den Bedürfnissen in der Praxis entsprechend gehandhabt wird. Auf diese Weise wird in vielen Fällen die Anwendung des arbeitsmäßig und zeitlich aufwendigeren Umlegungsverfahrens entbehrlich. Nach der gegebenen Zuständigkeitsverteilung sind für die Ausführung und für die Auslegung der Bundesgesetze die Länder zuständig. Zu Frage B 116: Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat ein Sachverständigengremium eingesetzt, das sich mit der Novellierung des Umlegungs- und Grenzregelungsrechts befaßt. Die Beratungen dieses Gremiums sind insbesondere auch zum Grenzregelungsrecht noch nicht abgeschlossen. Das Gremium wird die in der Praxis mit dem Grenzregelungsverfahren gesammelten Erfahrungen seinen Beratungen zugrunde legen. Dabei wird sich das Gremium von Sachverständigen beraten lassen, die positive Erfahrungen mit dem Grenzregelungsverfahren gesammelt haben. Die Beratungsergebnisse des Gremiums werden bei einer Novellierung des Grenzregelungsrechts Berücksichtigung finden. Ziel einer solchen Novellierung wird es sein, das Verfahren der Grenzregelung praktikabler auszugestalten. Anlage 128 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wohlrabe (CDU/ CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 117 und 118) : Wie vielen Bürgern ist seit Inkrafttreten des Viermächteabkommens über Berlin und des Grundlagenvertrags jeweils in den einzelnen Jahren die Einreise zur Leipziger Messe verweigert worden? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit die Zurückweisungen durch die DDR-Organe ab 1978 unterbleiben? Nach dem Inkrafttreten des Viermächteabkommens am 3. Juni 1972 sind bei der beabsichtigten Einreise zur Leipziger Herbstmesse des Jahres 1972 insgesamt 12 Westdeutsche von den DDR-Grenzorganen zurückgewiesen worden. Im September 1972 — in diesem Monat fand die Herbstmesse statt — sind ca. 151 000 Westdeutsche in die DDR eingereist. Während des ganzen Jahres 1972 waren es rund 1,5 Millionen Westdeutsche. Im Jahre 1973 sind insgesamt rund 2,27 Millionen Westdeutsche in die DDR gereist, hiervon entfallen auf die Monate März und September, in denen die Leipziger Messe stattgefunden hat, rund 144 000 und rund 228 000 Einreisen von Westdeutschen in die DDR. Bei der beabsichtigten Fahrt zur Leipziger Messe wurden 15 Westdeutsche zurückgewiesen. Im Jahre 1974 sind rund 1,91 Millionen Westdeutsche in die DDR gereist; hiervon entfallen auf die Monate März und September rund 127 000 und rund 162 000. Insgesamt wurden 35 Personen bei dem Versuch, zur Leipziger Messe zu fahren, zurückgewiesen. Im Jahre 1975 sind rund 3,12 Millionen Westdeutsche in die DDR gereist; hiervon entfallen auf die Monate März und September rund 545 000 und rund 237 000. Bei der Fahrt zur Leipziger Messe wurden 7 Personen zurückgewiesen. Im Jahre 1976 sind rund 3,12 Millionen Westdeutsche in die DDR gereist; hiervon entfallen auf die Monate März und September rund 165 000 und rund 267 000. Bei der beabsichtigten Fahrt zur Leipziger Messe wurde 51 Personen zurückgewiesen. Im März dieses Jahres sind rund 176 000 Westdeutsche in die DDR gefahren; 283 Personen wurden bei der beabsichtigten Reise zur Frühjahrsmesse zurückgewiesen. Anläßlich der Reise zur Leipziger Herbstmesse 1977 wurden 135 Personen zurückgewiesen. Die vorstehenden Zahlen beruhen auf Angaben der Grenzschutzdirektion in Koblenz. Die Zahlen über Zurückweisungen bei einer beabsichtigten Fahrt zur Leipziger Messe beziehen sich auf solche Personen, die beim Grenzübergang vom 3454* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 Bundesgebiet in die DDR von den Grenzorganen der DDR zurückgewiesen worden sind. Nicht erfaßt sind die Personen, die von Berlin (West) aus zur Leipziger Messe fahren wollten und an den dortigen Übergängen von den DDR-Grenzorganen zurückgewiesen worden sind. Die vorstehenden Zahlen über Einreisen in die DDR beziehen sich nur auf Reisen von Westdeutschen unmittelbar in die DDR, nicht aber auf Fahrten von Westdeutschen und Westberlinern von Berlin (West) aus in die DDR oder nach Ostberlin. Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich, daß die Bundesregierung sich nicht nur generell gegenüber der Regierung der DDR um eine Verbesserung des Reiseverkehrs zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bemüht, sondern daß auch jeder Einzelfall einer Zurückweisung auf Wunsch des Betroffenen gegenüber der DDR-Regierung zur Sprache gebracht wird. Anlage 129 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lintner (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 119, 120 und 121) : Wie viele Bürger der Bundesrepublik Deutschland und Berlins befinden sich derzeit in Haftanstalten der DDR? Haben Vertreter der Bundesrepublik Deutschland Kontakt mit allen Häftlingen, und wenn nicht, aus welchen Gründen ist der Kontakt nicht hergestellt worden? Anzahl durchschnittliches Strafverbüßung der Häftlinge Strafmaß in % § 105 StGB /DDR 83 6 Jahre 47,6 („Staatsfeindlicher Menschenhandel") § 213, 22 StGB /DDR (Beihilfe zum „ungesetzlichen Grenzübertritt") 22 2 Jahre 3 Monate 47 § 213 StGB /DDR („Widerrechtliches Eindringen" und Abweichen von der Transitstrecke) 21 1 Jahr 3 Monate 61,4 Anlage 130 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Frage B 122) : War der Bundesregierung bei Abschluß der Vereinbarung über die Generalüberholung der Autobahn Berlin—Helmstedt bekannt, daß sich Ost-Berlin bereits 1975 gegenüber dem Comecon bindend verpflichtet hatte, die Autobahn Berlin—Marienborn dreispurig für jede Fahrbahn auszubauen, und wie verantwortet die Bundesregierung die Übernahme der Kosten für eine Leistung, die Ost-Berlin ohnehin zu erbringen verpflichtet war, vor dem Steuerzahler im freien Teil Deutschlands? Ein Beschluß des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (COMECON), welcher die DDR zum sechsspurigen Ausbau der Autobahn MarienbornBerlin–(Warschau–Moskau) verpflichtet, ist der Bun- Wie lange müssen Bundesbürger bei welchen „Delikten" im Schnitt in ostdeutschen Haftanstalten einsitzen, bevor sie in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehren dürfen? Zu Frage B 119: 524 Zu Frage B 120: Die Ständige Vertretung besucht grundsätzlich alle Inhaftierten aus der Bundesrepublik und aus Berlin (West), die von ihr betreut werden können. Diese Inhaftierten haben auch die Möglichkeit, sich aus der Haft an die Ständige Vertretung zu wenden und machen davon regen Gebrauch. Bei 17 der 524 Inhaftierten aus der Bundesrepublik und aus Berlin (West) hat sich die DDR auf den Standpunkt gestellt, es handle sich um „Staatsbürger der DDR". Soweit ersichtlich, geht es dabei um frühere Bewohner der DDR, die die „DDR- Staatsbürgerschaft" weder durch Einzelakt noch durch das DDR-Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsbürgerschaft vom 16. Oktober 1972 verloren haben. Zu diesen 17 Häftlingen hat sich die Ständige Vertretung bisher vergeblich um Kontakt bemüht. In einem weiteren Fall (Hyoon-Ya Franke) sind die Bemühungen bisher daran gescheitert, daß die DDR den Nachweis unserer Staatsbürgerschaft nicht für geführt ansieht. Zu Frage B 121: Diese Frage läßt sich für die folgenden drei Delikte, bezogen auf Entlassungen im Jahre 1976, beantworten: desregierung nicht bekannt. Aus einer Meldung der ungarischen Nachrichtenagentur MTI vom 2. Dezember 1975 geht lediglich hervor, daß der ständige RGW-Ausschuß für Kommunikationen ein Kornplexprogramm zur Verbesserung des internationalen Autobahnnetzes der Mitgliedsländer ausgearbeitet hat, wonach neben anderen auch die genannte Autobahnverbindung als eine „Hauptautobahn" ausgewiesen ist. Wäre die DDR tatsächlich dazu verpflichtet, die fragliche Strecke binnen kurzem sechsspurig auszubauen, so hätte sie diese Erweiterung zusammen mit der derzeitigen Grunderneuerung durchgeführt. Weiter darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung keineswegs die vollen Kosten für die Grunderneuerung übernommen, sondern sich mit Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3455* 65 % hieran beteiligt hat (entsprechend dem Anteil des Berlin-Verkehrs an der Gesamtverkehrsbelastung dieser Strecke. Für die zügige Grunderneuerung bestand ein dringendes praktisches Bedürfnis, nachdem insbesondere der Pkw-Verkehr nach Abschluß des Transitabkommens von 1971 sprunghaft gestiegen ist. Über diese Strecke rollt etwa 60 % des gesamten Straßenverkehrs zwischen dem Bundesgebiet und Berlin (West). Anlage 131 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/926 Fragen B 123 und 124) : An welchen Forschungsprogrammen der Europäischen Gemeinschaft — aufgegliedert nach Sachgegenstand, Laufzeit und Forderungsvolumen — ist die Bundesrepublik Deutschland beteiligt? In welchem Umfange ergänzen oder widersprechen diese Forschungsprogramme den nationalen Forschungsprogrammen? Zu Frage B 123: Die Bundesrepublik Deutschland nimmt gegenwärtig an folgenden vom Rat der Europäischen Gemeinschaft beschlossenen Forschungsprogrammen teil: a) Direktes Programm, das in der Gemeinsamen Forschungsstelle der EG durchgeführt wird. Umfang Laufzeit: 1977-1980 insgesamt 346 Mio. RE Bereiche: — Nukleare Sicherheit (137,55 Mio. RE) Reaktorsicherheit Plutoniumbrennstoffe und Aktinidenforschung Bewirtschaftung von Kernmaterialien und radioaktiven Abfällen — Künftige Energie ( 50,05 Mio. RE) Sonnenenergie Wasserstoff Thermonukleare Fusionstechnologie Hochtemperaturwerkstoffe — Umwelt und Ressourcen ( 35,18 Mio. RE) — Messung, Eichproben und Referenzmethoden (METRE) ( 53,37 Mio. RE) — Dienstleistungen und unterstützende Tätigkeiten ( 33,26 Mio. RE) — Nutzung des Hochfluß-Forschungsreaktors Petten ( 36,59 Mio. RE) b) 11 indirekte Programme, die im Wege von Forschungsverträgen unter Kostenteilung mit Firmen und Institutionen in den Mitgliedstaaten durchgeführt werden, mit einer Kostenbeteiligung der EG von insgesamt 290 Mio. RE: — Forschungs- und Entwicklungsprogramm auf dem Gebiet der Energie Umfang Laufzeit: 1975-1978 59 Mio. RE Energieeinsparung Produktion und Verwendung von Wasserstoff Sonnenenergie Geothermische Energie Analyse von Systemen, Ausarbeitung von Modellen — Plutoniumrückführung in Leichtwasserreaktoren Laufzeit: 1975-1978 4,5 Mio. RE — Bewirtschaftung und Lagerung radioaktiver Abfälle Laufzeit: 1975-1979 19,2 Mio. RE — Referenzmaterialien- und Methoden Laufzeit: 1976-1978 2,7 Mio. RE — Umweltschutz Laufzeit: 1976-1980 16 Mio. RE — Biologie und Strahlenschutz Laufzeit: 1976-1980 39 Mio. RE — Fusion und Plasmaphysik (ohne JET) Laufzeit: 1976-1980 124 Mio. RE — Wissenschaftlich-technische Ausbildung Laufzeit: 1977-1980 4,6 Mio. RE — Erster Aktionsplan für wissenschaftlich-technische Information und Dokumentation Laufzeit: 1975-1977 6,6 Mio. RE — Prioritäre Aktionen auf dem Gebiet der Informatik Laufzeit: 1976-1980 4,1 Mio. RE — Landwirtschaftliche Forschung Laufzeit: 1975-1978 10,3 Mio. RE c) Außerdem fördert die Gemeinschaft je ein kollektives Forschungsprogramm der europäischen Textilindustrie (1975-1978 mit 250 TRE) und der europäischen Schuhindustrie (1977-1980 mit 235 TRE) sowie Einzelvorhaben auf den Gebieten der Kohle- und Stahlforschung, der Kohlewasserstofftechnologie sowie der Uranschürfung. Zu Frage B 124: Die Forschungsprogramme der Europäischen Gemeinschaft sind durchweg so angelegt, daß sie die nationalen Forschungsprogramme der Gemeinschaftsländer unterstützen, ergänzen und zu ihrer Koordinierung beitragen. Dies gilt insbesondere für die sogenannten indirekten Programme, bei denen die einzelnen Vorhaben zum Teil von der Gemeinschaft und zum Teil im Rahmen der entsprechenden Programme der Mitgliedstaaten gefördert werden.
Gesamtes Protokol Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804400000
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Die Mündlichen Anfragen für den Monat Juli (Teile I—VI) sind bzw. werden mit den dazu erteilten schriftlichen Antworten als Drucksachen 8/778, 8/793, 8/830, 8/836, 8/838 und 8/899 verteilt.
Die Mündlichen Anfragen für den Monat August (bisher Teile I und II) werden mit den dazu erteilten schriftlichen Antworten als Drucksachen 8/902 und 8/915 verteilt.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
a) Beratung der Sammelübersicht 9 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen
— Drucksache 8/916 —
b) Beratung der Sammelübersicht 10 des Petitionsausschusses (2. Ausschuß) über Anträge zu Petitionen
— Drucksache 8/919 —
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Angermeyer.

Joachim Angermeyer (FDP):
Rede ID: ID0804400100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der Petitionsausschuß unmittelbar nach der Sommerpause über seine Arbeit im vergangenen Quartal berichtet, so mag mancher fragen, ob sich in einem Parlamentsausschuß in dieser Zeit viel ereignet haben kann. Häufig wird dabei aber übersehen, daß der Petitionsausschuß ständige Einsatzbereitschaft erfordert. Die Sorgen und Nöte unserer Mitbürger halten sich nicht an Sitzungswochen. Um die Ratsuchenden nicht über Gebühr warten zu lassen, werden die Akten auch in den Ferien an die Berichterstatter geschickt. Die Ausschußmitglieder haben sich daher in der vergangenen Sommerpause mit mehr als 700 Eingaben befaßt.
Die Arbeitsbelastung des Petitionsausschusses mögen zwei Zahlen verdeutlichen: Die Zahl der monatlich eingehenden Petitionen liegt mit rund 1 100 um etwa 30 % höher als in früheren Wahlperioden. Im ersten Halbjahr 1977 mußten vom Ausschußhilfsdienst u. a. 3600 Stellungnahmen der Bundesregierung 2u Petitionen ausgewertet werden, rund 40 % mehr als im vergangenen Jahr.
Lassen Sie mich einige Beispiele von berechtigten Bitten und Beschwerden schildern. So zeigte sich in
einem Fall recht drastisch, was es für die Betroffenen bedeutet, wenn medizinische Gutachten zu lange auf sich warten lassen, was leider allzu häufig vorkommt.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Ein Mitbürger hatte vor mehr als vier Jahren einen Berufsunfall erlitten und beantragte deshalb 1974 bei der Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel eine Berufsunfähigkeitsrente. Es folgte ein langer Streit mit der Berufsgenossenschaft über die Frage, ob seine Berufsunfähigkeit tatsächlich in vollem Umfang auf diesen Unfall zurückzuführen sei oder ob sie beispielsweise durch eine Kriegsverwundung mitverursacht wurde. Erst zwei Jahre nach der Antragstellung hat sich die Berufsgenossenschaft um ein medizinisches Gutachten bemüht.

(Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: Unerhört!)

Da dieses Gutachten bis Anfang dieses Jahres nicht vorlag, schalteten wir uns ein, indem wir gemäß Art. 45 c des Grundgesetzes die Akten anforderten.
Unsere Prüfung ergab, daß 'das Gutachterverfahren nach unserer Überzeugung nicht mit dem notwendigen Nachdruck betrieben wurde. Als wir deshalb die Eingabe der Bundesregierung zur Erwägung überwiesen, teilte diese uns mit, daß das Gutachten nunmehr vorlag. Mit einigem Erstaunen hörten wir kurz darauf, daß die Berufsgenossenschaft ein zweites Gutachten angefordert hat. Für den völlig erwerbsunfähigen Mann, der seit drei Jahren auf die Entscheidung über seinen Antrag wartet, ist die Zukunft damit weiterhin ungewiß. Auf unser Drängen hin hat die Berufsgenossenschaft inzwischen die Zusage gegeben, das zweite Gutachten sehr kurzfristig fertigstellen zu lassen. Da nicht selten ähnliche Klagen auch von anderen Mitbürgern eingehen, versuchen wir zu erreichen, daß die Berufsgenossenschaften ganz allgemein zu lange Begutachtungszeiten vermeiden.
In einem anderen recht komplizierten Fall konnten wir durchsetzen, daß eine Frau eine Rentennachzahlung von mehr als 5 000 DM erhielt. Hintergrund waren betrügerische Manipulationen einer Rentenberaterin im Zusammenwirken mit dem Mitarbeiter eines Versicherungsamtes. Weil die Frau ihren Antrag 1966 bei dem Beratungsbüro 'eingereicht hatte,



Angermeyer
der Antrag aber erst 1968 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eingegangen war, bestand der Verdacht, daß das Versicherungsamt entsprechend einer Absprache mit der Rentenberaterin das Antragsdatum von 1968 auf 1966 verfälscht hatte. Für diese zwei Jahre war daher zunächst keine Rente gewährt worden. Letzte Klarheit konnte in diesem Fall zwar nicht geschaffen werden, zumal die Verantwortlichen zeitweise ins Ausland geflohen waren. Immerhin ergab eine von uns veranlaßte kriminaltechnische Untersuchung, daß Stempel in den betreffenden Unterlagen vermutlich zu Lasten der Rentnerin manipuliert worden waren. Jedenfalls vertraten wir den Standpunkt, daß die noch verbleibenden Unklarheiten nicht zu Lasten der Rentnerin gehen dürfen und deshalb von einer Antragstellung im Jahre 1966 ausgegangen werden muß. Die Berufsgenossenschaft schloß sich dieser Argumentation an und bewilligte die schon erwähnte Nachzahlung von mehr als 5 000 DM.
Der Bundesregierung sollen zwei Petitionen überwiesen werden, mit denen sich Bürger über Umweltbelästigungen durch Bundeswehranlagen beschwerten. So soll gemäß Antrag 2 a der Ihnen vorliegenden Drucksache 8/916 in dem ersten Fall die stärkste Form der Empfehlung benutzt und eine Eingabe „zur Berücksichtigung" überwiesen werden, mit der sich eine Bürgerinitiative aus Cuxhaven gegen den weiteren Ausbau eines Truppenübungsplatzes wendet. Obwohl dieser Schießplatz innerhalb des Stadtgebietes von Cuxhaven liegt und an besiedelte Ortsteile grenzt, wollte die Bundeswehr dort u. a. zwei weitere Schießbahnen aufbauen und das Panzerübungsgelände erweitern. Die Prüfung durch den Ausschuß ergab, daß trotz des unbestrittenen Bedarfs an ausreichendem Übungsgelände für die Bundeswehr dieser Ausbau nicht zu vertreten ist, weil damit unzumutbare Belästigungen für die Anwohner verbunden wären.
In dem zweiten Fall setzt sich eine Bürgerinitiative in Saarlouis dafür ein, daß ein Panzerübungsplatz entweder verlegt wird oder zumindest die Umweltbelästigungen durch Staub, Lärm und Erschütterungen verringert werden. Auch dieser Übungsplatz liegt in der Nähe eines bewohnten Gebietes. Die Sachlage ist hier allerdings aus vielen Gründen komplizierter. Vor allem wird für diesen Übungsplatz ein Gelände von einer bestimmten geologischen Beschaffenheit benötigt, und das ist leider, wie die bisherigen Bemühungen des Bundesverteidigungsministeriums gezeigt haben, nur schwer zu finden. Weil der Ausschuß die Situation aber nach wie vor für unbefriedigend hält, hat er den Bundesverteidigungsminister gebeten, seine Bemühungen um einen stärkeren Schutz der Umwelt vor den Belästigungen fortzusetzen, weiterhin aber alles zu tun, um die Verlegung des Übungsplatzes zu erreichen.
Zwei andere Eingaben sollen der Bundesregierung zur Berücksichtigung überwiesen werden, weil der Petitionsausschuß Abhilfe für unbedingt erforderlich hält. Sie wissen, daß die moderne Medizin in der Lage ist, Geschlechtsumwandlungen durchzuführen. Bisher durften die Betroffenen aber ihre Vornamen nicht entsprechend ändern lassen. Der
Bundesinnenminister hat hierzu einen Gesetzentwurf erarbeiten lassen, der zugleich klarstellen soll, welche Auswirkungen die Geschlechtsumwandlung im Ehe- und Familienrecht und beim Versicherungs- und Versorgungsrecht haben soll. Der Petitionsausschuß vertritt die Auffassung, daß es nur folgerichtig ist, eine Namensänderung zu ermöglichen, wenn geschlechtsumwandelnde Operationen erlaubt werden. Er befürwortet daher eine beschleunigte Vorlage des Gesetzentwurfs und hält die Eingabe für geeignet, bei diesen Überlegungen beachtet zu werden. Der Ausschuß beantragt daher, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.
Ein Beispiel aus einem anderen Gebiet soll verdeutlichen, daß der Petitionsausschuß im Einzelfall sehr kurzfristig Entscheidungen herbeiführen kann, auch wenn bedauerlicherweise die Bearbeitungszeiten wegen der großen Zahl der Eingaben oft noch zu lang sind. Ein behinderter junger Mann, der seit Anfang 1975 arbeitslos war, hatte seit dem Frühjahr 1976 vergeblich versucht, eine Ausbildung als Nachrichtengerätemechaniker zu beginnen. Aus verschiedenen Gründen hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte es abgelehnt, die Kasten für die dazu erforderlichen „berufsfördernden Maßnahmen" zu übernehmen. Das von dem jungen Mann angerufene Sozialgericht verpflichtete die BfA, den Antrag noch einmal zu überprüfen und einen neuen Bescheid zu erteilen. Unverständlicherweise legte die BfA gegen diese Entscheidung Berufung ein, was zur Folge gehabt hätte, daß der junge Mann die Ausbildung nicht hätte beginnen können. Wir setzten uns deshalb sofort mit der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Verbindung und erhielten noch am gleichen Tag die Zusage, daß die Berufung zurückgenommen wird und die Kosten für die Rehabilitationsmaßnahmen übernommen werden. Damit konnten wir erreichen, daß der junge Mann rechtzeitig seine Ausbildung bei den Rummelsberger Anstalten beginnen konnte.
Ebenfalls kurzfristig konnten wir der dringenden Bitte eines Landwirts zum Erfolg verhelfen, die Einberufung seines Sohnes zu einer Bundeswehrübung wegen der bevorstehenden Erntezeit etwas hinauszuschieben. Die Bundeswehr hatte sich zunächst nicht zu einem Entgegenkommen bereitfinden wollen und den Standpunkt vertreten, daß hier keine besondere Härte für den Betroffenen vorliegt. Der Landwirt aber wies vor allem auf die erhebliche Ernteverzögerung durch die Regenfälle im August hin und bat noch einmal dringend um Hilfe. Auf unser nachdrückliches Ersuchen hin hat sich der zuständige Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums sehr engagiert bei den Bundeswehrdienststellen um eine schnelle Lösung dieses Problems bemüht. Daraufhin wurde die Übungszeit für den jungen Mann erheblich verkürzt und um eine Woche hinausgeschoben.
In der besonders umfangreichen Sammelübersicht 9 — Drucksache 8/916 — finden Sie am Ende auch Petitionen, bei denen wir uns zu den Anträgen 5 und 6 entschließen mußten, entweder über sie zur Tagesordnung überzugehen oder von einer



Angermeyer
) erneuten parlamentarischen Behandlung des vorgetragenen Anliegens abzusehen. Es handelt sich entweder um Bitten zur Gesetzgebung, die immer wieder vorgebracht werden, aber nach dem gegenwärtigen Diskussionsstand keine Aussicht auf Erfolg haben, oder um Beschwerden, über die wir bereits eine Entscheidung gefällt hatten und die dennoch von den betroffenen Mitbürgern immer wieder vorgetragen werden.
Zumeist handelt es sich um Menschen, die sich gegen eine sie persönlich hart treffende Entscheidung wenden — beispielsweise die disziplinarisch verfügte Entfernung aus dem Beamtendienst wegen einer Straftat — und die sich aus bis zu einem gewissen Grade verständlichen Gründen mit den Folgen dieser Entscheidung nicht abfinden wollen oder können. Sie bringen ihre Anliegen oft in vielen Schreiben immer wieder vor, ohne aber inhaltlich Neues mitzuteilen. Eine dieser Petitionsakten umfaßt beispielsweise fast 200 Seiten, und mit einer anderen Eingabe werden wir seit 1965 immer wieder beschäftigt.
Selbstverständlich prüfen wir jede einzelne Eingabe sorgfältig, auch wenn sie vielleicht „querulatorische" Züge aufweist. Wenn wir aber eine Sachentscheidung getroffen haben und sich der Mitbürger immer wieder an uns wendet, ohne neue Tatsachen vorzutragen, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, bleibt uns nichts anderes übrig, als schließlich über die Petition zur Tagesordnung überzugehen und dem Petenten mitzuteilen, daß wir auf weitere Schreiben gleichen Inhalts nicht mehr eingehen können. Selbstverständlich macht der Ausschuß von diesem äußersten Mittel aber nur in zwingenden Fällen Gebrauch.
Als sehr nützlich erweisen sich immer wieder die Kontakte mit den ausländischen Parlamentsbeauftragten, den sogenannten Ombudsmännern. Die Besuche und Gegenbesuche führen nicht nur zu einem interessanten Gedankenaustausch über die Frage, wie wir dem Bürger, der der Bürokratie oft hilflos gegenübersteht, am besten helfen können, sondern erleichtern auch die Arbeit an konkreten Einzelfällen. Wenn beispielsweise Unterlagen zur Rentenberechnung aus dem Ausland beschafft werden müssen, dauert der übliche Behördenweg oft zu lange. Die Einschaltung unserer ausländischen Kollegen hat bei diesen durchaus nicht seltenen Eingaben oft zu schnellen Erfolgen geführt.
Vor zwei Wochen war der dänische Ombudsmann Lars Nordskov Nielsen für einige Tage unser Gast. In der kommenden Woche wird die Vorsitzende der „Commission for Local Administration in England", Baroness Serota, zu uns kommen, ferner der finnische Ombudsmann Dr. Aalto sowie der Beauftragte in Beschwerdesachen der Stadt Zürich, Dr. Vontobel. Bei diesen Besprechungen wird auch die Gestaltung der ersten europäischen OmbudsmannKonferenz erörtert werden, die 1979 in Berlin stattfinden soll.
Abschließend bitte ich Sie namens des Petitionsausschusses, den Ihnen vorliegenden Anträgen in den Sammelübersichten 9 und 10 — Drucksachen 8/916 und 8/919 — Ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804400200
Meine Damen und Herren, das Haus hat den Bericht des Herrn Berichterstatters gehört. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Beschlußfassung. Wer den Anträgen des Petitionsausschusses auf den Drucksachen 8/916 und 8/919, nämlich die in den Sammelübersichten 9 und 10 enthaltenen Anträge anzunehmen, zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Ich rufe nunmehr Punkt 3 der Tagesordnung auf:
a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Hauser (Krefeld), Dr. Zeitel, Schmidhuber, Dr. Schwarz-Schilling, Lampersbach, Dr. von Bismarck, Engelsberger, Schedl, Haase (Kassel), Dr. Luda, Schröder (Lüneburg), Dr. Bötsch, Dreyer, Feinendegen, Dr. Friedmann, Dr. George, Gerstein, Helmrich, Dr. Hoffacker, Frau Hoffmann (Hoya), Dr. Hüsch, Josten, Dr. Köhler (Duisburg), Kolb, Landré, Dr. Narjes, Neuhaus, Niegel, Pieroth, Frau Pieser, Dr. Pinger, Dr. Schneider, Dr. Sprung, Dr. Stark (Nürtingen), Dr. Stavenhagen, Dr. Unland, Dr. Waffenschmidt, Dr. Warnke, Wohlrabe und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der freien Berufe und zur Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der mittelständischen Wirtschaft (Bundesmittelstandsförderungsgesetz — BMfG)
— Drucksache 8/708 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft (federführend)

Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hauser (Krefeld), Dr. Zeitel, Dr. Dollinger, Schmidhuber, Dr. Schwarz-Schilling, Köhler (Wolfsburg), Dr. von Bismarck, Dr. Luda, Feinendegen, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Biehle, Frau Dr. Neumeister, Dr. Riedl (München), Dr. Köhler (Duisburg), Lampersbach, Frau Will, Feld, Engelsberger, Dr. Becker (Frankfurt), Helmrich, Frau Benedix, Dr. Waffenschmidt, Dr. Jobst, Niegel und der Fraktion der CDU/ CSU
Bericht über die Lage der freien Berufe
— Drucksache 8/901 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Finanzausschuß
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Das Wort hat der Abgeordnete Hauser (Krefeld).




Hansheinz Hauser (CDU):
Rede ID: ID0804400300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt heute zur Beratung in erster Lesung der von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einstimmig beschlossene und überarbeitete Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes vor. Sie erinnern sich an unsere Debatte vom 10. Dezember 1975, als wir in der zurückliegenden Legislaturperiode diesem Hohen Hause einen vergleichbaren Gesetzentwurf vorgelegt hatten. Der Gesetzentwurf der 7. Legislaturperiode konnte nicht abschließend beraten werden, da, um es vorsichtig auszudrücken, die Koalitionsfraktionen andere politische Prioritäten gesetzt hatten.
Parallel zum Bundesmittelstandsförderungsgesetzentwurf hatten wir im Februar 1976 dem Deutschen Bundestag ein strukturpolitisches Aktionsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen und freie Berufe vorgelegt. Teile dieses Aktionsprogramms — das stellen wir mit Befriedigung fest — sind inzwischen realisiert, insbesondere aus dem Bereich der Steuerpolitik. Ich möchte hier nur die Senkung der Vermögensteuer oder die Einführung des sogenannten Verlustrücktrages erwähnen.

(Dr. Graf Lambsdorff [FDP] : Sie haben doch dagegen gestimmt!)

— Graf Lambsdorff, dieser Antrag ist von uns — Sie wissen das sehr genau — zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingebracht worden, bevor Sie sich dazu entschließen konnten. Sie kamen dann 11/2 Jahre später. Wäre das eher geschehen, wäre es wirksamer gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Andere Teile dieses Aktionsprogramms sind ernsthaft in die steuerpolitische Diskussion eingebracht worden, z. B. die Verbesserung der degressiven Abschreibung. Auch wenn wir die schon eher gehabt hätten, ginge es uns heute vielleicht ein bißchen besser.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

Auch im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe gab es in den zurückliegenden Monaten durchaus Schritte in die richtige Richtung. Wir führen sie nicht zuletzt auf die Forderungen in unserem strukturpolitischen Aktionsprogramm zurück, das im übrigen — das möchte ich hier deutlich sagen — nach wie vor seine Gültigkeit hat.
Wie also in der 7. Legislaturperiode unser Gesetzentwurf nicht die einzige Alternative der Union zur Tatenlosigkeit der Bundesregierung gewesen ist, sondern von anderen Initiativen begleitet wurde, so wird auch in der 8. Legislaturperiode das große Rahmengesetz nur der Auftakt unserer mittelstandspolitischen Arbeit sein. Er ist in dieser Debatte schon ergänzt durch den Antrag zur Situation der freien Berufe. Weitere Gesetzesnovellen sind in unserer Fraktion in Vorbereitung und werden Zug um Zug in konkreter Gesetzesform diesem Hohen Haus vorgelegt werden. Denn am Beginn einer Legislaturperiode sollten die Fraktionen sich nicht damit begnügen, nur Programme zur Debatte einzubringen. Sie müssen sich schon durchringen, ihre mittelstandspolitischen Vorstellungen auch in Gesetzesform zu kleiden — zumal ja im Bundestagswahlkampf alle plötzlich die Bedeutung des Mittelstandes entdeckt hatten.
Der Mittelstandsförderungsgesetzentwurf konnte am Ende der 7. Legislaturperiode nicht mehr zu Ende beraten werden. Immerhin ist es jedoch im federführenden Ausschuß für Wirtschaft zu einer ersten Beratung gekommen, in dem wir uns seinerzeit einvernehmlich auf die Anhörung der betroffenen Verbände verständigt haben. Wir haben seitens des Ausschusses den Verbänden einen detaillierten Fragenkatalog zugestellt, der trotz des Ausklingens der Legislaturperiode von den Verbänden auch ernsthaft beraten und beantwortet wurde. Deshalb sind wir heute in der Lage, Ihnen den überarbeiteten und, ich möchte sagen, verbesserten Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes vorzulegen. Der nun zur Beratung vorliegende Gesetzentwurf unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von dem der vorigen Legislaturperiode, und zwar in folgendem.
Erstens. Der Gesetzentwurf zielt neben der Förderung der Arbeitsplätze in der mittelständischen Wirtschaft bewußt auch und zusätzlich auf eine stärkere Förderung der Ausbildungsplätze. Der Anteil der Ausbildungsplätze im Mittelstand geht schon heute weit über das Maß des Anteils an der Gesamtzahl der Beschäftigten hinaus. Kleine und mittlere Unternehmen haben in unserer Wirtschaft und Gesellschaft eine wesentliche Ausbildungsfunktion übernommen. Sie bieten Ausbildungsplätze an, die die Entwicklung sowohl zum Spezialisten wie zum allround-Manager erlauben. Der speziell in der mittelständigen Wirtschaft aktuell festzustellende Trend, zusätzliche Ausbildungsplätze bereitzustellen und einen überproportionalen Beitrag zur Überwindung des Problems der Jugendarbeitslosigkeit zu leisten, soll durch die Verabschiedung — und zwar durch die möglichst schnelle Verabschiedung — dieses Gesetzentwurfes noch verstärkt werden.
Zweitens. Wir haben die Zahl der Abschnitte des Gesetzentwurfes auf sechs erhöht, da wir für die Maßnahmen zur Verbesserung der Beteiligung der mittelständischen Wirtschaft bei öffentlichen Aufträgen einen eigenen Abschnitt eingefügt haben. Dieser zielt speziell auf die Schaffung mittelstandsgerechter Vergabepraktiken.
Drittens. Weiterhin haben wir in § 19 ein sogenanntes Privatisierungsgebot eingefügt, durch das die öffentliche Hand gezwungen werden soll, solche wirtschaftlichen Leistungen an private Unternehmen zu vergeben, die von privaten Unternehmen zweckmäßig, ordnungsgemäß und kostengünstig ausgeführt werden können.
Viertens. Auch die Bestimmungen über die Rückbürgschaften in § 21 wurden weiterentwickelt. Den Kreditgarantiegemeinschaften sollen zur Stärkung ihrer Haftungsfonds verstärkt Kredite aus Mitteln des ERP-Sondervermögens gewährt werden. Wir werden auf diesen Fragenkomplex bei der Beratung des ERP-Haushaltsplans in diesem Haus noch detaillierter zu sprechen kommen.
Fünftens. Verbessert und ergänzt wurden auch die Vorschläge zur Kooperation und zur Intensivierung der wirtschaftlichen Forschung.



Hauser (Krefeld)

Unser Mittelstandsförderungsgesetz haben wir durch einen Antrag ergänzt, durch den die Bundesregierung ersucht wird, dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 1978 einen Bericht über die Lage der freien Berufe in Deutschland vorzulegen. In den zurückliegenden Jahren hat die Bundesregierung es stets vermieden, zu dieser wichtigen Gruppe, zu einer der tragenden Säulen des Mittelstandes klare Position zu beziehen. Vielmehr mußte man den Eindruck haben, daß die die Bundesregierung tragenden politischen Kräfte es bevorzugt haben, die freien Berufe als Zielscheibe ideologischer Angriffe freizugeben. Das klärende Wort der Bundesregierung hat hier stets gefehlt. Wir legen daher hiermit noch einmal ein Bekenntnis zu den freien Berufen ab und unterstreichen diese unsere Einstellung durch den Antrag in der Drucksache 8/901.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ohne das Engagement der freien Berufe zur persönlichen Leistung und Verantwortung ist eine freiheitliche Gesellschaft nicht lebensfähig.

(Dr. Ritz [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

An der rechtlichen und sozialen Stellung der freien Berufe wird jeder Bürger aber auch ablesen können, wie es um die freiheitliche Ordnung des Staates, in dem er lebt, und um seine eigene Freiheit in diesem Staat und in dieser Gesellschaft bestellt ist.
Niemand in der Bundesregierung trägt derzeit eine Verantwortung für den Bereich der freien Berufe.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Keiner fühlt sich hier verantwortlich oder gar in die Pflicht genommen. Der Bundesregierung soll daher durch unseren Antrag Gelegenheit gegeben werden, ihre Position zu präzisieren und konkret darzustellen, welche Politik sie künftig gegenüber den freien Berufen einzuschlagen gedenkt. Daß die derzeitige Politik einer pauschalen Diffamierung nicht so sehr durch die Bundesregierung, jedoch durch die sie tragenden politischen Kräfte nicht weiter akzeptiert werden kann, braucht hier wohl nicht besonders betont zu werden. Vielmehr muß die Bundesregierung trotz der sie tragenden Kräfte die innere Kraft haben, ihre Einstellung zu dieser wichtigen Gruppe des Mittelstandes zu präzisieren und so zu entwikkeln, daß die freien Berufe vor dem Zugriff des Kollektivismus geschützt bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der neukonzipierte und in wesentlichen Punkten weiterentwickelte Gesetzentwurf ist zwar ein altes Anliegen der Unionsfraktion, jedoch kein „alter Hut", wie dies Kollege Junghans im Pressedienst seiner Fraktion angemerkt hat. Seinerzeit verwies Kollege Junghans im Pressedienst seiner Fraktion am 5. Juli 1977 darauf, daß Kollege Professor Schachtschabel bereits am 27. Juni 1977 in einer Pressemitteilung für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion Gesetzesinitiativen angekündigt hat, die — und ich zitiere hier wörtlich —
in Fortsetzung der bisherigen unternehmensgrößenbezogenen strukturpolitischen Aktivitäten die größenbedingten Nachteile kleiner und
mittlerer Unternehmen ausgleichen und ihre Anpassung an den technischen und wirtschaftlichen Strukturwandel erleichtern sollen.
Auch im Beirat für gewerbliche Wirtschaft beim Bundesminister für Wirtschaft hat Herr Kollege Schachtschabel an die relativen Gemeinsamkeiten der Parteien in der Mittelstandspolitik appelliert und sich sehr aufgeschlossen für ein solches Mittelstandsförderungsgesetz gezeigt. Wir begrüßen diese Einstellung ausdrücklich und sehen in ihr eine Voraussetzung dafür, daß es zu einer sachlichen und emoltionsfreien Beratung des Entwurfs kommen kann.
Auch der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976 die Bedeutung kleiner und mittlerer Unternehmen für unsere Gesellschaft betont und Maßnahmen auf dem Gebiete der Wettbewerbspolitik und der Forschungsförderung angekündigt. Nur ist es leider bei diesen Ankündigungen geblieben. Dem Hohen Hause liegen keine Initiativen der Bundesregierung, aber auch nicht der sie teilweise noch tragenden Koalitionsfraktionen zur Mittelstandsförderung vor. Wir bedauern dies außerordentlich, denn die zahlreichen Landesparlamente haben bereits mit Unterstützung von SPD und FDP Mittelstandsförderungsgesetze verabschiedet, die sich auch in der Praxis bewährt haben. Ich erinnere hier an das bayerische Mittelstandsförderungsgesetz vom 8. Oktober 1974, dem Gesetze in Hessen, Baden-Württemberg, im Saarland, in Schleswig-Holstein und Hamburg folgten. Dem Niedersächsischen Landtag liegt neben dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion ein solcher der Fraktionen der SPD und FDP vor. Auch im Landtag von Rheinland-Pfalz hat außer der Regierung die SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf eingebracht. Die positiven Erfahrungen, die mit den verabschiedeten Landesmittelstandsförderungsgesetzen gemacht werden, werden auf der Ebene des Bundes gewiß auch mit dem Bundesmittelstandsförderungsgesetz gemacht werden können; denn die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen wird durch diesen Gesetzentwurf zu einer staatlichen Daueraufgabe mit Gesetzesrang gemacht.
Durch den Gesetzentwurf soll darüber hinaus ein Impuls dazu gegeben werden, daß Mittelstandspolitik wieder stärker öffentlich diskutiert, parlamentarisch verantwortet und durch Gesetz abgesichert wird. Auf diesen Nenner sollten sich alle Fraktionen dieses Hauses verständigen können.
Auch in anderen Bereichen der Wirtschaftspolitik, z. B. in der Konjunkturpolitik, kennen wir solche Rahmengesetze. Wir haben das Gesetz zur Förderung von Wachstum und Stabilität, das sich, zumindest im Prinzip, bewährt hat. Dies kann man nach zehnjähriger Erfahrung mit diesem Gesetz sagen, selbst wenn die derzeitige Bundesregierung nicht die Kraft und Geschlossenheit hat, die Möglichkeiten dieses Gesetzes zu nutzen und auch anzuwenden.

(Dr. Ritz [CDU/CSU] : Leider wahr!)

Dies entmutigt uns nicht, einen solchen Rahmen für
die betriebsgrößenorientierte Strukturpoliik zu
schaffen. Einzelinitiativen in vielen Bereichen der



Hauser (Krefeld)

I Wirtschaftspolitik, so berechtigt und wichtig sie auch sein mögen, sind dann weniger sinnvoll, wenn sie nicht eingebettet sind in eine zukunftsorientierte Gesamtkonzeption.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese Gesamtkonzeption haben wir mit dem Entwurf des Bundesmittelstandsförderungsgesetzes vorgelegt.
Wir haben diese Gesamtkonzeption vorgelegt in einer Zeit, die gekennzeichnet ist durch einen stark abnehmenden Willen zur Selbständigkeit. Die Selbständigkeit ist eben aus der Sicht der Betroffenen heute nicht mehr attraktiv, wie dies die Bundesregierung in ihrem letzten Mittelstandsbericht noch glaubte feststellen zu können. Eine Analyse des Instituts für Demoskopie in Allensbach hat ergeben, daß nur noch 7 % der Bevölkerung bereit sind, sich selbständig zu machen, während es 1962, als die Welt noch vom deutschen Wirtschaftswunder sprach, 17 % waren, die sich unbedingt selbständig machen wollten.

(Josten [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Diese Quote der Selbständigkeit ist notwendig, wenn wir unsere marktwirtschaftliche Ordnung in ihrer bisherigen Struktur aufrechterhalten wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In den letzten Wochen hat das Statistische Bundesamt Zahlen veröffentlicht, die ich Ihnen hier nicht vorenthalten möchte. In den Jahren von 1966 bis 1970 überwog die Zahl derer, die sich selbständig machen wollten, jene, die als Selbständige ausschieden, um
I 14 099, während es in den Jahren 1970 bis 1975 ein Minus von 15 121 gab.

(Zuruf des Abg. Stahl [Kempen] [SPD])

Das heißt, daß die Zahl der Selbständigen abnimmt und daß wir uns darüber unterhalten müssen, wie man diesen Substanzverlust in unserer Gesellschaft abstoppt und die Tendenz umkehren kann.

(Dr. Waffenschmidt [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Durch die Verabschiedung des Bundesmittelstandsförderungsgesetzes soll nicht nur eine Kurskorrektur, sondern eine Wende in der deutschen Mittelstandspolitik erreicht werden. Wenn Sie die sehr ausführliche und detaillierte Begründung einmal kritisch analysieren und danach die Ziele und Instrumente des Gesetzentwurfes vorurteilsfrei unter 'die Lupe nehmen, können Sie mit mir nur zu der Auffassung kommen, daß es uns in diesem Gesetz nicht um die Gewährung von Subventionen oder die Privilegierung einer Schicht in unserer Gesellschaft geht. Wir wollen einen Nachteilsausgleich beim Mittelstand. Kleine und mittlere Unternehmen sind von Natur aus leistungsfähig; sie unterliegen aber auf verschiedenen Gebieten größenspezifischen Nachteilen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Großunternehmen erheblich beeinträchtigen und die damit auch ihren Bestand und ihre Entfaltung gefährden.
Wir haben in der Begründung zu diesem Gesetzentwurf einen detaillierten 15-Punkte-Katalog von Benachteiligungen aufgeführt, die es auszugleichen gilt. Die Nachteile mittelständischer Unternehmen im Wettbewerb mit Großunternehmen sind durch folgende Stichworte gekennzeichnet: Mangelnde Eigenkapitalbasis, Diskriminierung bei den Kreditkonditionen, Diskriminierung bei den Abschreibungen und auf dem Beschaffungsmarkt, eine generelle Diskriminierung im Steuerrecht, eine spezielle Diskriminierung bei der Alterssicherung, bei der Erbschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer, Diskriminierung durch wachsende Kompliziertheiten der Steuergesetzgebung insgesamt und eine Diskriminierung durch wachsende Verwaltungsarbeiten, die im Gefolge von Auflagen der öffentlichen Hand entstehen.
Meine Damen und Herren, es gilt hier auch ein Problem anzusprechen, das leider in der mittelstandspolitischen Diskussion in den zurückliegenden Jahren überhaupt nicht ausgesprochen worden ist, oder wenn, dann viel zu kurz gekommen ist: die Rolle der Frau im Mittelstand.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, es gibt eine Vielzahl mittelständischer Existenzen und Unternehmen, die ohne die mithelfende Ehefrau oder die mithelfenden Familienangehörigen überhaupt nicht denkbar oder funktionsfähig wären.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mit dieser Problematik hat sich bisher eigentlich niemand ernsthaft befaßt. Das geht von der allgemeinen Rechtsstellung bis hin zur Altersversorgung, die unter Umständen dann problematisch wird, wenn die Ehefrau plötzlich alleine, ohne den Meister im Betrieb, ein solches Unternehmen weiterführen muß. Ich will dies hier nicht im einzelnen vertiefen, wollte aber nicht versäumen, dieses Problem anzusprechen.
Die Summe dieser Diskriminierungen hat im Endeffekt zu einem Ausbluten des Mittelstandes, zu einem Substanzverlust der Marktwirtschaft geführt.
Die Erfahrungen mit der nun langanhaltenden Rezession bekräftigen die von uns immer wieder getroffene Feststellung: Der Mittelstand ist Hauptopfer der Entwicklung. 95 % der rund 10 000 Insolvenzen jährlich betreffen mittelständische Unternehmer. Trotz zweifelsohne vorhandener Chancen auf dem Markt sind die Risiken für die lohnintensiven Klein- und Mittelbetriebe stärker gestiegen als für den Durchschnitt der Unternehmen insgesamt.
Neben neuen und verbesserten Strategien im Unternehmen selbst brauchen wir zur vernünftigen Eingrenzung der Risiken für die mittelständischen Unternehmen, speziell auch für die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer, eine Wende in der staatlichen Mittelstandspolitik.
Neue Strategien sind notwendig, um die Chancen zu nutzen, die sich auch für mittelständische Unternehmen im Markt der Zukunft in vielfältiger Weise ergeben. Natürlich müssen solche Strategien zunächst vom Unternehmer selbst eingeleitet werden. Das Gesetz soll ihm dazu aber Hilfen anbieten. Hieraus ergeben sich weitere Aufgaben für die staatliche Mittelstandspolitik, die sich darauf konzen-



Hauser (Krefeld)

trieren muß, den mittelständischen Unternehmen in
der Wahrnehmung der natürlichen Chancen Möglichkeiten für ihre weitere Entwicklung zu eröffnen.
Knapp zwei Jahre nach dem Tiefpunkt der Rezession müßte sich die Wirtschaft jetzt, wenn die früheren Ablaufmuster der Konjunktur noch stimmen, endlich in einer Phase des beschleunigten Wachstums befinden. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Aufschwung findet noch immer nicht statt, wenngleich die amtlichen Erklärungen immer wieder betonen, daß die Lage besser sei als die Stimmung. Aber die Zukunft, meine Damen und Herren, ist nicht mehr das, was sie früher einmal war; denn die vielzitierte Stimmung ist nur ein anderer Begriff für Vertrauen.
Ich möchte hier aus dem Bulletin der Bundesregierung vom 27. April den Herrn Bundeskanzler zitieren, der in Oslo auf der Konferenz der sozialistischen Parteien dazu gesagt hat:
Industrie und Unternehmer haben nicht genügend Vertrauen, um zu investieren oder ihre Kapazitäten zu erneuern, zu vergrößern und zu modernisieren; gleichzeitig fehlt es an ausreichender Nachfrage bei Verbrauchern und Arbeitnehmern. Der Grund ist meines Erachtens das mangelnde Vertrauen in die Zukunft.
Er sagt dann:
Ich bin der Ansicht, daß die derzeitige Rezession zu weniger als 49 % wirtschaftliche, quantitative Gründe und zu mehr als 51 % psychologische und politische Gründe hat.

(Dr. Dregger [CDU/CSU]: So ist das!)

Das ist genau die Lage, meine Damen und Herren. Wenn die Verbraucher Konsumverzicht üben, wenn wir 1 Million Arbeitslose haben, wenn es im sozialen Bereich Finanzierungsschwierigkeiten gibt, dann brauchen wir jetzt ein Doppeltes: Wir brauchen eine breitangelegte Aktion „Bremsklötze weg", die Herr Kollege Barzel hier mehrfach angesprochen, eindrucksvoll belegt und mit Inhalt gefüllt hat. Was wir weiter brauchen, sind ein vertrauensbildender Akt gegenüber dem Mittelstand — eben dies ist die gesetzliche Absicherung der Mittelstandspolitik — und letztlich, damit verbunden, die Rückkehr zu einer an zentralen Werten orientierten Politik der Sozialen Marktwirtschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als Voraussetzungen für eine konsequente Politik zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und zur Erhaltung der vorhandenen Arbeitsplätze brauchen wir eine Wirtschaftspolitik, die eindeutig an der Marktwirtschaft festhält und allen dirigistischen Instrumenten und Experimenten in der Strukturpolitik, wie sie erneut in der SPD gefordert werden, einen Riegel vorschieben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen eine Lohnpolitik, die an der wirtschaftlichen Leistungskraft gerade der mittelständischen Unternehmen orientiert ist und bei diesen wettbewerbsfähige Arbeitsplätze erhält.

(Zurufe von der SPD)

Wir brauchen eine Steuer- und Abgabenpolitik, die die Überbelastung der Einkommensempfänger mindert und bei der mittelständischen Wirtschaft Investitionsimpulse gewährleistet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Heute stehen wir vor den Spätfolgen einer jahrelangen Inflationspolitik. Die 1970 von der Regierung Brandt ausgelöste Anspruchsinflation produzierte zuviel Geld, Kosten, Kapazitäten, strukturelle Verwerfungen und Fehlplanungen.

(Stahl [Kempen] [SPD] : Herr Hauser, was Sie jetzt reden, das glauben Sie doch selber nicht!)

Wirtschaftspolitische Fehler wie die ständige Vergrößerung des Staatsanteils und die Stop- and go-Politik der Koalition verstärkten die Unsicherheiten, die von linken Ideologen

(Lachen bei der SPD)

— auch wenn Sie das nicht gerne hören, Herr Kollege — in beiden Parteien des Koalitionslagers ständig geschürt wurden. Niemand darf sich dann wundern, daß Risiken nicht mehr gefragt waren und das Vertrauen geschwunden ist. Was wir also brauchen, ist ein vertrauensbildender Akt gegenüber dem Mittelstand. Eben dies ist die gesetzliche Absicherung der Mittelstandspolitik und damit verbunden natürlich die gesicherte Rückkehr zu einer an den zentralen Werten der Sozialen Marktwirtschaft orientierten Politik. Nicht hektischer Aktionismus mit immer neuen vermeintlichen Patentrezepten hilft dem Mittelstand. Wir müssen vielmehr die ordnungspolitischen Grundprinzipien der Marktwirtschaft verankern und absichern.

(Stahl [Kempen] [SPD] : Das sind aber ganz tolle Thesen, die Sie da aufstellen! — Zuruf des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD] )

— Ich komme gleich darauf, Herr Kollege Wolfram. Wettbewerb ist das Herzstück der Sozialen Marktwirtschaft. Ihn gilt es zu erhalten. Ich hoffe, wir sind hier einer Meinung.

(Weitere Zurufe von der SPD)

— Hören Sie einmal gut zu, was ich jetzt sage. Wirtschaft ohne Wettbewerb, Wirtschaft ohne Leistung ist Sozialismus.

(Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD — Stahl [Kempen] [SPD] : Wo leben Sie eigentlich?)

— Ich weiß, daß Ihnen das unangenehm ist. Das ist mir völlig klar. Ich bedaure sehr, Ihnen dies trotzdem sagen zu müssen.
Diesen abschüssigen Weg wollen wir nicht gehen. Wir müssen hier stoppen. Mittelständische Unternehmer sind keineswegs lahm, einfallslos oder investitionsmüde.

(Stahl [Kempen] [SPD] : Das sagt auch keiner!)

Sonst zählten wir nicht zu den Ländern mit dem
höchsten Lebensstandard in der Welt. Was aber
fehlt, sind die vom Staat zu setzenden Rahmenbe-



Hauser (Krefeld)

dingungen für rentable Investitionen, d. h. für Wachstum und Beschäftigung. Diese Rahmenbedingungen sind durch den vorliegenden Gesetzentwurf zu schaffen und langfristig abzusichern. Seien Sie sicher, daß es nicht bei diesem Rahmen allein bleiben wird. Ebenso wie wir den Rahmenentwurf in der zurückliegenden Legislaturperiode durch ein konkretes strukturpolitisches Aktionsprogramm ergänzt haben, so werden wir auch in dieser Legislaturperiode konkrete Initiativen zur Behebung der Fehlentwicklungen auf einzelnen Feldern der Mittelstandspolitik ergreifen. Einzelinitiativen werden folgen, angefangen bei der Wettbewerbspolitik über die Steuerpolitik bis hin zur Sozial- und Bildungspolitik. Wir werden so ein generelles Umdenken in der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik einleiten, für das der vorliegende Gesetzentwurf gleichsam Rahmen und Auftakt ist.
Man sollte diesen Rahmen nicht unterschätzen. Durch dieses Bundesmittelstandsförderungsgesetz wollen wir die Mittelstandspolitik letztendlich von den Schwankungen der Tagespolitik, aber auch von der ideologischen Ausrichtung der jeweiligen Bundesregierung unabhängig machen. Ein solches Gesetz stellt mithin einen vertrauensbildenden Akt gegenüber dem ganzen Mittelstand dar. Der ganze Bundestag — der Gesetzgeber mithin — muß zu erkennen geben, daß er sich für die Zukunft des Mittelstandes verantwortlich fühlt. In diesem Sinne und vor diesem Hintergrund appellieren wir an alle Fraktionen dieses Hohen Hauses, in eine zügige, sachorientierte Beratung des Gesetzentwurfs mit dem Ziel einzutreten, den Gesetzentwurf möglichst bald zu verabschieden.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804400400
Das Wort hat nunmehr der Herr Abgeordnete Dr. Schachtschabel.

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0804400500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem von der CDU/CSU vorgelegten Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes wird einleitend auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung einer möglichst großen Zahl kleiner und mittlerer Unternehmen für die Struktur unserer Wirtschaft, wir wollen sogar sagen: unserer Marktwirtschaft, hingewiesen. Diesen Aussagen kann voll und ganz zugestimmt werden; denn sie sind, schon längst ehe die CDU/CSU mit ihrem Entwurf hervorgetreten ist, elementarer Bestandteil sozialdemokratischer Selbständigenpolitik.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Dafür liegen unzählige Beweise vor, angefangen vom Godesberger Programm

(Lachen bei der CDU/CSU)

bis zu den verschiedenen Regierungserklärungen sozialdemokratischer Bundeskanzler.

(Beifall bei der SPD — Josten [CDU/CSU]: Da lachen ja die Hühner!)

Vorhin hat Herr Kollege Hauser gefragt: Wo sind denn die Gemeinsamkeiten? Dort sind sie ganz bestimmt, meine Damen und Herren.
Aber — und das unterscheidet uns — die sozialliberale Bundesregierung hat die Prinzipien ihrer Mittelstandspolitik nicht nur proklamiert, sondern auf der Grundlage ihres Strukturprogramms für kleine und mittlere Unternehmen — ich erinnere an das Jahr 1970 — sowie des fortgeschriebenen Aktionsprogramms zur Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmen — ich erinnere an das Jahr 1976 — auch eine wirkungsvolle und erfolgreiche Selbständigenpolitik praktiziert.

(Beifall bei der SPD — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Siehe die Konkurse!)

Insofern bringt die CDU/CSU mit ihrem Entwurf nichts Neues, meine Damen und Herren. Die sozialliberale Bundesregierung hat längst gehandelt.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Hauser hat behauptet, dabei handle es sich um Tatenlosigkeit. Dafür müßte er erst einmal den Beweis antreten.

(Abg. Pieroth [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ich möchte meine Ausführungen erst einmal fortsetzen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804400600
Herr Kollege Pieroth, der Redner hat gesagt, daß er keine Fragen beantworten möchte.

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0804400700
Meine Damen und Herren, wenn von der CDU/CSU ferner gesagt wird, der Entwurf stelle — ich zitiere — „eine geschlossene Konzeption zur Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der freien Berufe und zur Sicherung der Arbeits- und Ausbildungsplätze in der mittelständischen Wirtschaft dar", so kann man sich über eine derart anspruchsvolle Behauptung nur wundern. Bekanntlich hat die CDU/CSU bereits in der 7. Legislaturperiode — darauf wurde abgehoben — den Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes vorgelegt. Wir waren schon damals auf den Inhalt dieses Entwurfs gespannt, aber nach Kenntnisnahme zutiefst enttäuscht.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: So ist es!)

Auch diesmal haben wir bei der Opposition Ideen- und Einfallsreichtum angenommen; aber erneut sind wir enttäuscht. Denn von einem, wie gesagt worden ist, überarbeiteten und verbesserten Entwurf kann man wahrlich nicht sprechen.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wer regiert denn in diesem Lande?)

Es ist höchstens ein aufpolierter Entwurf, mehr aber nicht, meine Damen und Herren. Wir geben sogar zu, daß darin einige Ergänzungen enthalten sind; aber viel Neues bringt der Entwurf nicht.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Ihre Rede auch nicht!)




Dr. Schachtschabel
) Wiederum können wir nur sagen: Die sozialliberale Bundesregierung hat längst gehandelt.
Der CDU/CSU-Entwurf erstreckt sich heute wie damals im wesentlichen auf Maßnahmen der Gewerbeförderung sowie auf Maßnahmen zur Verbesserung der Kapitalausstattung kleiner und mittlerer Unternehmen, insbesondere auf Finanzierungshilfen. Die Vorschläge sind gut, aber sie enthalten nichts Neues. Die sozialliberale Bundesregierung hat längst danach gehandelt.
Lassen Sie mich das mit einigen Beispielen beweisen. Greifen wir einige Vorschläge bzw. Forderungen aus dem Entwurf der CDU/CSU heraus und vergleichen wir sie mit der seit über sieben Jahren von der sozialliberalen Bundesregierung praktizierten Mittelstandspolitik.
Erstens. Sie fordern die Förderung der beruflichen Fort- und Weiterbildung sowie die Unternehmensberatung zwecks Steigerung der fachlichen und betrieblichen Leistungsfähigkeit. Genau dies tut die sozialliberale Bundesregierung schon seit Jahren, meine Damen und Herren. Allein von 1970 bis 1975 sind vom Bund über 200 000 Beratungen in kleinen und mittleren Unternehmen gefördert worden. Fast 55 Millionen DM sind im gleichen Zeitraum zur Förderung der Weiterbildung von Unternehmern und Mitarbeitern aufgebracht worden. Im Gegensatz zu Ihren recht dürftigen und pauschalen Forderungen sind im Aktionsprogramm der sozialliberalen Bundesregierung detaillierte Maßnahmen zwecks Ausbaus und Verbesserung des Beratungswesens enthalten. Sie begnügen sich mit allgemeinen Forderungen; die Bundesregierung aber hat auch auf diesem Gebiete bereits gehandelt und wird ihre Politik konsequent fortsetzen, weil sie weiß, wie wichtig gerade dip Steigerung der fachlichen Qualifikation Selbständiger für deren Existenz- und Wettbewerbsfähigkeit ist.

(Beifall bei der SPD)

Um Ihre Lücken in diesem Bereich wenigstens etwas zu schließen, werde ich nur einiges erwähnen; das müssen Sie sich nun schon einmal anhören, wenn Sie das Aktionsprogramm nicht gelesen haben. Die Umsatzgrenze für die Inanspruchnahme von geförderten Beratungen ist angepaßt worden; die Frist für die erneute Inanspruchnahme von geförderten Beratungen ist verkürzt worden; zusätzliche Spezialberatungen — im Aktionsprogramm namentlich aufgeführt — werden durchgeführt; die Aus- und Weiterbildung von Beratern für Selbsthilfeeinrichtungen der Wirtschaft wird gefördert; nicht zuletzt erfolgt eine Förderung von Grundlagen- und Entwicklungsarbeiten zur Effizienzsteigerung der Unternehmensberatung, insbesondere durch Aufbereitung gesamtwirtschaftlicher und branchenspezifischer Daten, durch systematische Auswertung der Erfahrungen aus bereits durchgeführten Beratungen und durch Nutzbarmachung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Sie kommen in Ihrem Entwurf mit vagen und pauschalen Vorschlägen; die sozialliberale Bundesregierung aber praktiziert einen qualitativ und quantitativ ausgewogenen und erfolgreichen Maßnahmenkatalog.

(Dr. Evers [CDU/CSU] : Bis zum letzten Betrieb!)

Zweitens. Sie verlangen in Ihrem Entwurf Förderung der beruflichen Fort- und Weiterbildung; übrigens mit ganzen zehn Zeilen. Offensichtlich ist Ihnen an dieser Stelle die Luft ausgegangen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie aber das Aktionsprogramm eingehend gelesen hätten, dann hätte Ihnen auffallen müssen, daß die sozialliberale Bundesregierung auch auf diesem Gebiet schon längst wirkungsvoll handelt. Zur Verbesserung der Qualifikation von Unternehmern und Führungskräften werden Weiterbildungseinrichtungen gefördert. Bundeswichtige Fachschulen und sonstige Schulungsstätten des Handwerks, Handels und Verkehrsgewerbes werden durch Beteiligung an den Bau-, Ausbau- und den Einrichtungskosten finanziell unterstützt. Die Entwicklung von Lehr- und Lernmethoden wird finanziert. Zuschüsse zu den Vorbereitungs- und Durchführungskosten von Seminaren zur innerbetrieblichen Schulung von Unternehmern und Führungskräften mittlerer Industrieunternehmen werden gewährt. Veranstaltungen zur systematischen Vermittlung unternehmerischen Führungswissens werden im Rahmen der Vorbereitung auf die Meisterprüfung im Handwerk gefördert. Es gibt weitere Schwerpunkte zur Förderung der beruflichen Ausbildung und der betrieblichen Rationalisierung, die alle aus Zeitgründen verständlicherweise nicht aufgeführt werden können.
Aber das müssen wir Ihnen nun entgegenhalten. Von all diesen Maßnahmen ist in Ihrem Entwurf nichts zu entdecken.

(Zuruf von der CDU/CSU: Lesen Sie ihn doch einmal!)

Deshalb müssen wir wieder sagen: Die sozialliberale Bundesregierung hat schon längst gehandelt und mehr getan, als Ihr Entwurf enthält.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Josten [CDU/CSU]: Gehandelt in die falsche Richtung, Herr Professor!)

Drittens. Sie fordern die Förderung der zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit. Ich kann nur begrüßen, daß Sie endlich die Bedeutung der Kooperation zwischen kleinen und mittleren Unternehmen erkannt haben. Aber die sozialliberale Bundesregierung hat auch auf diesem Gebiete schon längst gehandelt. Ich erinnere nur an die zweite Kartellgesetznovelle von 1973, nach der die zwischenbetriebliche Zusammenarbeit möglich geworden ist. Ihnen ist auch zu diesem Thema nichts eingefallen, was nicht schon längst von der sozialliberalen Bundesregierung praktiziert wird.
Herr Kollege Hauser, ein persönliches Wort: Wer hat sich denn gegen mehr Wettbewerb, wer hat sich denn gegen eine Verstärkung des Wettbewerbs in der 6. Legislaturperiode gewandt? Wer war denn das? Vielleicht sehen Sie einmal in den Protokollen nach, wie wir da mit der Opposition nicht gerade klargekommen sind und erst in der 7. Legis-



Dr. Schachtschabel
laturperiode mehr Wettbewerb durchsetzen konnten. Das war diese sozialliberale Koalition und nicht etwa die Opposition, auch wenn Sie immer lauthals davon sprechen, Sie wollten mehr Wettbewerb haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Führen Sie dafür bitte praktische Beweise an! Wir haben das getan; bei Ihnen fehlt das.
Viertens. Auch Ihre Bemerkungen zur Verbesserung von Information und Dokumentation enthalten nichts Neues. Offenbar haben Sie aus dem Aktionsprogramm lediglich den Titel „Information und Dokumentation" abgeschrieben, aber vergessen, die konkreten Maßnahmen der sozialliberalen Bundesregierung nachzulesen, die diese schon längst praktiziert. Im Aktionsprogramm wird exakt gesagt, wie kleinen und mittleren Unternehmen der Zugang zu betriebswichtigen Informationen geschaffen wird. Ein paar Beispiele: durch Verstärkung des Informationsangebots über aktuelle gesamtwirtschaftliche und strukturelle Entwicklungen, durch die Verbesserung des Informationsstandes von Unternehmern im Bereich des Handels, durch die Verbreitung von Merkblättern, durch die Errichtung von Fachinformationssystemen im Rahmen des Informations- und Dokumentationsprogramms der Bundesregierung, durch die Förderung der Durchführung von zwischenbetrieblichen Untersuchungen und Betriebsvergleichen, um wichtige Kennzahlen über die Entwicklung bestimmter Branchen und andere Angaben zu schaffen, durch den Aufbau des Informations- und Dokumentationswesens bei zentralen Stellen und durch die Förderung einer Informationsleitstelle für die gewerbliche Wirtschaft beim RKW. Ich könnte noch weitere Informationsstellen, wie z. B. diejenigen für die spezielle Ausrichtung der Unternehmensführung, anführen; aber darauf möchte ich im Augenblick verzichten.
Fünftens. Auch zur Förderung von Forschung und Entwicklung tragen Sie in Ihrem Entwurf wenig bei. In drei kurzen Absätzen fordern Sie lediglich, daß Vorhaben der praxisnahen und anwendungsorientierten Forschung, der technischen Entwicklung und Erprobung gefördert werden sollen. Das gleiche gilt für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, soweit sie im Wege der Vertragsforschung für Dritte durchgeführt werden. Demgegenüber sind die im Aktionsprogramm aufgeführten Maßnahmen zur Förderung von Forschung und Entwicklung weitaus gehaltvoller und umfassender. Auch hierfür nenne ich wieder einige Beispiele, die bekannt sein sollten, ehe man sich zu einem solchen Gesetz bekennt. Die bisher praktizierten Maßnahmen sollten wenigstens berücksichtigt werden.
Auch wieder nur einige Beispiele: Es wird der Ausbau der industriellen Gemeinschaftsforschung im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen, der AIF, gefördert, es werden verstärkt kleine und mittlere Unternehmen an den technologischen Schwerpunktprogrammen beteiligt, die Vertragsforschungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen sind bei der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. verstärkt worden. Die Umsetzung von technischen Forschungs- und Entwicklungsergebnissen durch Informationsmaterial und ähnliche Unterlagen wird gefördert, Erfinder werden bei der Erwirkung, Aufrechterhaltung und Verwertung von Schutzrechten unterstützt, die Lizenzvermittlung für geschützte Erfindungen aus staatlich geförderter Forschung und Entwicklung durch die Arbeitsgruppe Patentverwertung der Fraunhofer-Gesellschaft wird gefördert. Größtes Gewicht wird auf die Verbesserung der Innovationstätigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen gelegt, die nach unserer Auffassung für die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit von größter Bedeutung ist. Diesem Ziel dient die verstärkte Förderung volkswirtschaftlich relevanter Erstinnovationen, die Gründung der Deutschen Wagnisfinanzierungsgesellschaft, die Einrichtung einer Technologiebörse, an der zentral für kleine und mittlere Unternehmen relevantes Knowhow gesammelt wird, das von diesen abgerufen werden kann, ganz zu schweigen vom Einsatz von Technologieberatern.
Ihre Bereitschaft, die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit gerade der kleinen und mittleren Unternehmen zu stärken, hat die Bundesregierung erst vor kurzem erneut deutlich unter Beweis gestellt, als sie in ihren Beschlüssen zur Förderung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ankündigte, die Zulage für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen bis zur Höhe von 500 000 DM jährlich je Unternehmen von bisher 7,5 v. H. auf 15 v. H. zu verdoppeln. Ferner soll unter bestimmten Voraussetzungen künftig auch für die Anschaffung aktivierungspflichtiger immaterieller Wirtschaftsgüter, z. B. Patente, die Zulage gewährt werden. Zugleich wird die steuerrechtliche Zweckbindungsvorschrift bei der Nutzung von Gebäuden für Forschung und Entwicklung gelockert. Übrigens: Aus diesen Maßnahmen ergibt sich eine Steuerentlastung im ersten Jahr von etwa 100 Millionen DM. Auch das sollten wir einmal am Rande mit vermerken. Gerade auch diese Maßnahmen beweisen, daß die sozialliberale Bundesregierung schon längst handelt und konkrete, praktische Hilfestellungen für den gewerblichen Mittelstand realisiert, die sich von den unverbindlichen Versprechungen im Entwurf der Opposition wohltuend abheben.
Sechstens. Von gleicher Schlichtheit ist der CDU/ CSU-Entwurf bei der Behandlung der Exportförderung für kleine und mittlere Unternehmungen gekennzeichnet. Dagegen wird im Aktionsprogramm aufgezählt, was die Bundesregierung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen im Außenhandelsgeschäft von der Förderung der Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen an Auslandsmessen bis zur Förderung von Exportberatungen im Rahmen der allgemeinen Unternehmensberatungsprogramme leistet.
Siebentens. Einen besonderen Eindruck will die CDU/CSU in ihrem Entwurf offenbar mit den dort angeführten Maßnahmen zur Verbesserung der Beteiligung der mittelständischen Wirtschaft an öffentlichen Aufträgen erwecken. Auch hier kann ich nur wiederholen, daß die Opposition gut beraten gewesen wäre, wenn sie das Aktionsprogramm zu diesem



Dr. Schachtschabel
Thema gelesen hätte. Denn sie hätte leicht feststellen können, daß die sozialliberale Bundesregierung auch auf diesem Gebiet wirksam tätig ist. Unbeschadet der bereits seit längerem getroffenen Regelungen einzelner Bundesressorts, die eine angemessene Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Auftragsvergabe gewährleisten sollen, z. B. der Erlaß des Bundesministers der Verteidigung, hat die Bundesregierung erst im letzten Jahr konkrete Richtlinien zur angemessenen Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen an der Vergabe öffentlicher Aufträge, über Lieferungen und Leistungen nach der Verdingungsordnung für Leistungen, der VOL, erlassen, die größenbedingte Wettbewerbsnachteile mittelständischer Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen ausgleichen.
Achtens. Wir übersehen keineswegs das im Entwurf der Opposition enthaltene sogenannte Privatisierungsgebot — das haben Sie eingebaut —, wonach die öffentliche Hand wirtschaftliche Leistungen, die von privaten Unternehmen — ich zitiere aus dem Entwurf — „zweckmäßig, ordnungsgemäß und kostengünstig ausgeführt werden, soweit wie möglich an solche vergeben" soll. Die Opposition allein mag wissen, welche Kriterien zugrunde zu legen sind, um zu beurteilen, welche wirtschaftlichen Leistungen von privaten Unternehmen zweckmäßig, ordnungsgemäß und kostengünstig ausgeführt werden können, die dann auch noch soweit wie möglich an diese vergeben werden sollen. Was soll man ernsthaft mit solch höchst verschwommenen Ausdrücken und Darlegungen anfangen!
Neuntens. Schließlich werden von der Opposition Maßnahmen zur Verbesserung der Kapitalausstattung kleiner und mittlerer Unternehmen gefordert, insbesondere Darlehen, Zuschüsse, Bürgschaften, Rückbürgschaften und Rückgarantien. Ein Blick in das Aktionsprogramm zeigt aber, daß die sozialliberale Bundesregierung zur Verbesserung der betrieblichen Finanzierungsmöglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmen enorme Summen zur Verfügung gestellt hat. Allein die Ansätze für die ERP- Mittelstandsprogramme stiegen von 475 Millionen DM in 1975 auf 657 Millionen DM in 1976 und sogar auf 715 Millionen DM in 1977. Hinzu kommen Mittel aus den entsprechenden Programmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau, der Lastenausgleichsbank und anderen Quellen. Wie Ihnen sicher bekannt ist, hat die Bundesregierung beschlossen, die Mittel des ERP-Existenzgründungsprogramms von 270 Millionen DM in 1977 auf 500 Millionen DM in 1978 aufzustocken.

(Hört! Hört! bei der SPD)

Hinzu kommt, daß die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieses Programms verbessert werden und daß die Lastenausgleichsbank für ihr Ergänzungsprogramm zusätzlich 100 Millionen DM in 1978 zur Verfügung stellen soll.

(Zuruf von der SPD: Das sollte sich Herr Hauser mal anhören!)

Diese Beispiele verdeutlichen zur Genüge, daß es sich bei dem Entwurf der CDU/CSU keineswegs um eine geschlossene Konzeption zur Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen handelt. Vielmehr ist er ein offenbar höchst eilig zusammengeschriebener Entwurf, der in der Sache nicht weiterführt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Man kann ihm lediglich zugestehen, daß er eine unvollständige und dürftige Zusammenreihung all jener Maßnahmen darstellt, die von der sozialliberalen Bundesregierung auf der Grundlage der genannten Programme längst praktiziert werden.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Insofern ist der Entwurf der CDU/CSU überflüssig. Wir werden aber seiner Überweisung an die zuständigen Ausschüsse zustimmen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das können Sie gar nicht verhindern!)

Dort werden wir freilich in allen Einzelheiten die Schwächen dieses Entwurfs aufdecken.
Die Opposition mag sich von ihm eine gewisse plakative oder auch propagandistische Wirkung versprechen. Inhaltlich bringt dieser Entwurf nichts Neues. Die sozialliberale Bundesregierung hat längst gehandelt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Lassen Sie mich auch zu dem Antrag auf Berichterstattung über die Lage der freien Berufe etwas sagen. Denn auch zu dem Antrag der CDU/CSU, die Bundesregierung solle bis zum 31. Dezember 1978 einen Bericht über die Lage der freien Berufe erstellen, müssen ein paar Bemerkungen gemacht werden. Im einzelnen wird vor allem ersucht, über Begriff, Gruppen, Zahl, Funktion, wirtschaftliche Situation und Förderung der freien Berufe in diesem Bericht Auskunft zu geben.
Es ist ein gutes Recht — nicht nur der Opposition —, einen derartigen Antrag zu stellen. Doch muß sich der Antragsteller darüber im klaren sein, ob ein solcher Bericht im gewünschten Sinn in zureichendem Maß überhaupt erstellt werden kann. Denn bereits im Mittelstandsbericht der Bundesregierung — ich verweise auf die Bundestagsdrucksache 7/5248 — sind absichtlich keine Aussagen über die freien Berufe gemacht worden, da die Situation der freiberuflich Tätigen nur unter den jeweils gruppenspezifischen Verhältnissen erfaßt werden kann. Denn die Lage der niedergelassenen Ärzte ist eine andere als die der Rechtsanwälte und die der Steuerberater eine andere als die der freischaffenden Ingenieure und Architekten; ganz zu 'schweigen davon, daß die einzelnen Gruppen der Freiberufler mit ihren unterschiedlichen Belangen den verschiedensten Ministerien zugeordnet sind. Insofern bestehen von vornherein erhebliche Bedenken, wenn der Bericht nicht nur eine additive Zusammenstellung mit geringfügigem Aussagewert beinhalten soll.
Trotz dieser Bedenken wird die SPD-Bundestagsfraktion zustimmen, den Antrag zur weiteren Beratung den vorgeschlagenen Ausschüssen zu überweisen. Wir behalten uns auch in diesem Fall vor, auf Einzelheiten dieses Antrags während der Ausschußberatungen einzugehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)





Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804400800
Das Wort hat der Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0804400900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute den von der CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf zur Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der freien Berufe und zur Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der mittelständischen Wirtschaft erneut beraten, so deswegen, weil die Opposition ganz offensichtlich nach dem Motto verfährt „Hartnäckigkeit macht sich bezahlt" und „Quantität ersetzt Qualität".
Sie meint, es reiche aus, einen in der letzten Legislaturperiode bereits abgelehnten Gesetzentwurf in modifizierter Form einzubringen, um die Regierungskoalition zu veranlassen, ihm nunmehr zuzustimmen. Ganz offensichtlich übersieht die CDU/CSU dabei, daß die Argumente, die seinerzeit zur Ablehnung dieses Entwurfs führten, unverändert fortbestehen.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Er wurde doch gar nicht abgelehnt!)

Zielrichtung mag zwar sein, die Regierung unter eine Art psychologischen Druck zu setzen, der da heißt: Ihr müßt etwas für den Mittelstand tun, ihr könnt ja gar nicht ablehnen, wenn wir ein Bundesmittelstandsförderungsgesetz vorlegen, ihr macht euch sonst den Mittelstand zum Feind!

(Zuruf von der FDP: So ist es!)

Offensichtlich bedient man sich dabei als Hilfsargument der in den verschiedensten Ländern verabschiedeten Gesetze. Dabei wird allerdings übersehen, daß die Bedingungen in den Ländern anders geartet sind als im Bund und daß das, was für die Länder gut ist, noch längst nicht für den Bund gut sein muß. Dies wird im übrigen auch von den Ländern keinesfalls bestritten; die Länder sehen es nicht anders. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, doch einmal die Auffassung der bayerischen Landesregierung einzuholen. Vielleicht kommt diese heute noch im Laufe der Debatte zur Sprache..
Aber, meine Damen und Herren, Ihre Strategie zieht nicht. Die mittelständischen Betriebe wissen sehr wohl zu unterscheiden zwischen dem, was lediglich deklamatorischen Charakter hat und in der Sache nichts Neues bringt, und dem, was von der sozialliberalen Koalition in der Vergangenheit für den Mittelstand getan worden ist und auch in der Zukunft noch getan wird.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich verweise beispielsweise auf die jüngsten steuerlichen Beschlüsse.
Daß Ihr Gesetz nur deklamatorischen Charakter hat, ergibt sich ganz einfach daraus, daß all die Punkte, die in diesem Gesetz von der Opposition gefordert werden, von der Bundesregierung bereits im Rahmen ihrer allgemeinen Wirtschaftspolitik erfüllt worden sind. Herr Kollege Hauser, ich bitte, zuzuhören: Sie können die Punkte, die Sie in der Drucksache 7/4759 vom 17. Februar 1976 aufgeführt und in Ihrem strukturpolitischen Aktionsprogramm für kleinere und mittlere Betriebe niedergelegt haben, exakt abhaken. Ich meine damit die Forderungen im steuerlichen Bereich. Herr Kollege Hauser, ich habe das Gefühl, daß Sie vom Wert Ihres Gesetzes selbst nicht voll überzeugt sind, wenn Sie gleich bei Einbringung dieses Gesetzes eine Reihe weiterer Initiativen und, wie Sie es bezeichnen, Strategien ankündigten.
Ich darf hier auf die im Jahre 1970 von der Bundesregierung verabschiedeten Grundsätze einer Strukturpolitik für kleinere und mittlere Unternehmen sowie auf das Aktionsprogramm für Leistungssteigerungen in bezug auf diese Unternehmen hinweisen, die heute unverändert aktuell sind und im Rahmen des Mittelstandsberichts 1976 fortgeschrieben wurden. Das Leitmotiv dieser Maßnahmen lautet: Hilfe zur Selbsthilfe.
Wir verstehen unter Wirtschaftspolitik gleichzeitig auch Mittelstandspolitik. Die Mittelstandspolitik muß also in die Gesamtpolitik eingebettet sein. Die Marktwirtschaft — daran hat diese Regierung nie einen Zweifel aufkommen lassen, auch wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, der Öffentlichkeit in beredten Worten das Gegenteil einzureden versuchen — bedeutet die Grundlage unseres allgemeinen Wohlstandes. Sie ist die Gewähr für unsere wirtschaftliche Sicherheit auch von morgen. Der Bestand weniger Großkonzerne ebenso wie planwirtschaftliche Modelle würden den gesellschaftspolitischen Fortschritt nicht fördern, sondern hemmen. In einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung sind Unternehmen aller Größenordnung notwendig, so auch eine Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen. Ich darf hier noch einmal wiederholen, was ich bereits in der Debatte vom 3. Juli 1969 ausführte: Die Existenz und die Festigung der mittelständischen Wirtschaft ist nicht nur eine ökonomische, sondern vielmehr auch eine politische Aufgabe. An unserer Zielvorstellung hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich muß Sie wirklich fragen: was versprechen Sie sich eigentlich von der Einbringung eines solchen Katalogs von Forderungen?

(Zuruf von der CDU/CSU)

Mittelstandspolitik ist keine Schutzzaunpolitik. Dies habe ich bereits am 3. Juli 1976 ausgeführt, und das hat auch mein Kollege Graf Lambsdorff von dieser Stelle aus schon gesagt. Mittelstandspolitik kann nur im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik betrieben werden. Aber ganz offensichtlich verfahren Sie nach dem Motto: die Fülle der Gesetze ist noch nicht genug, hier muß noch ein Pfropfen draufgesetzt werden. Der Vorsitzende Ihrer Mittelstandsvereinigung, Herr Kollege Zeitel, unterläßt es auf keiner Veranstaltung, hierauf als Fehler der Koalition zu verweisen. Aber offensichtlich gelten die Maßstäbe, die Sie an andere anlegen, für Sie selber nicht.
In diesem Zusammenhang möchte ich nicht versäumen darauf hinzuweisen, daß Sie es sind, die von der Bundesregierung und der Koalition eine rasche Anpassung an veränderte wirtschaftliche Situationen



Wurbs
fordern. Ich frage Sie: wie wollen Sie bei einem Gesetz wie diesem eine solche rasche Anpassung garantieren? Das von uns vorgelegte Aktionsprogramm gewährleistet eine flexible Handhabung und kann leichter als das von Ihnen vorgeschlagene Mittelstandsförderungsgesetz der jeweiligen Entwicklung angepaßt werden.
Ich kann nur feststellen, daß ein Bereich, den Sie einstmals als Ihre Domäne gepachtet zu haben glaubten, daß dieses Feld von der Regierung so gut bestellt wird, wie das in der Vergangenheit nicht vermocht wurde. Das wollen Sie nicht wahrhaben.
Ich will hier aber nicht in Schönfärberei verfallen. Ich kann und will nicht leugnen, daß auch der Mittel stand wie viele andere Bereiche der Wirtschaft einem permanenten Strukturwandel unterliegt und dabei mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Es darf aber nicht übersehen werden, daß gerade kleine und mittlere Betriebe mit der Rezession und mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten besser fertig geworden sind als andere Wirtschaftszweige. Ich muß mich fast wundern — sollte die Behauptung des Kollegen Hauser zutreffen —, daß in der Bundesrepublik ein Mittelstand noch existiert; er müßte vielmehr nach seiner Auffassung zusammengebrochen sein. Um so erstaunlicher ist es, daß in der Bundesrepublik immerhin noch zirka 1,9 Millionen kleine und mittlere Unternehmen existieren, die immerhin 60 % der rund 22 Millionen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik beschäftigen. Diese Anteile sind in den letzten Jahren fast konstant geblieben.
Hier gestatten Sie mir bitte einen Einschub. Von einem Ausbluten, wie Sie, Herr Kollege Hauser, es nannten, kann keinesfalls die Rede sein. Sie sprachen auch vom mangelnden Vertrauen in die Wirtschaft. Glauben Sie wirklich, daß Sie durch Ihre Schwarzmalerei das Vertrauen wiederherstellen und das Vertrauen stärken? Ich bin nicht der Auffassung. Wenn es Ihnen ernst ist, wieder Vertrauen herzustellen, sollten wir gemeinsam alles tun, dieses Ziel zu erreichen.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Die Regierung muß erst einmal zurücktreten! Der beste Konjunkturbeitrag!)

Ich komme noch einmal auf die konstante Größe des Mittelstandes zurück. Hierzu ein Beispiel. Im Bereich des Handwerks — die Situation ist Ihnen, Herr Hauser, ja bestens bekannt — ist zwar ein permanenter Rückgang der Betriebe zu verzeichnen, während die Zahl der Beschäftigten und der Umsatz je Betrieb laufend gestiegen sind. Ich könnte das mit Zahlen belegen.
Ich will auch nicht bestreiten — und ich glaube, in diesem Punkte sind wir alle uns einig —, daß die Belastbarkeit der Wirtschaft und damit auch des Mittelstandes ihre Grenzen erreicht hat.

(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Aha! — Lampersbach [CDU/CSU] : Das erste Eingeständnis!)

— Aber, meine Damen und Herren, so einfach, wie Sie es sich in der Begründung Ihres Entwurfs teilweise machen, ist die Situation nicht.

(Sehr richtig! bei der SPD)

So monieren Sie beispielsweise auf Seite 14 unter Nr. 11, daß die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle zu einer starken Belastung der Betriebe beigetragen hat. Das ist nicht zu bestreiten. Ich darf aber doch wohl in Erinnerung rufen, in welcher Regierungszeit dies geschehen ist

(Zustimmung bei der FDP)

und wer die Initiativen zu diesem Punkt ergriffen hat. Man soll sich da nicht von Gesetzen, die man selbst beschlossen hat, hinwegstehlen

(Erneute Zustimmung bei der FDP) und jetzt die Auswirkungen verniedlichen.

Meine Damen und Herren, daß Ihr Entwurf keinerlei materielle Verbesserung der Mittelstandspolitik selbst bringt, habe ich bereits erwähnt. Aber daß Sie dem Kritiker Ihres Entwurfs gleichzeitig den Ansatzpunkt für die Kritik selbst mitliefern, ist ja schon erstaunlich und zeugt von einem hohen Maß an Selbstüberschätzung. Schon bei der letzten Einbringung dieses Entwurfs ist von mir kritisiert worden, daß sich die finanziellen Forderungen, die Sie erheben, nach den jeweiligen Haushaltsmöglichkeiten richten sollten. Hier kann ich nur wiederholen: Solange die Finanzierung nicht in allen Details geklärt ist, ist ein solches Gesetz lediglich Augenwischerei und hat rein deklamatorischen Charakter.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

Mit dem Schlagwort „Der Mittelstand braucht neue Strategien", wie Sie es hier formulierten, ist nichts ausgesagt.
Im übrigen möchte ich an dieser Stelle nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß die FDP-Fraktion bereits im Jahre 1972 ein 12-Thesen-Papier zur Mittelstandspolitik vorgelegt hat,

(Dr. Ritz [CDU/CSU] : In Thesen seid ihr groß!)

das gute programmatische Schritte für die Arbeit auf diesem Gebiet geleistet hat. — Herr Kollege Ritz, wenn man einen derartigen Zwischenruf macht, sollte man die Thesen zumindest einmal gelesen haben,

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Thesen und Sprüche!)

und dann könnten wir darüber diskutieren.

(Zustimmung bei der FDP)

Wir haben diese Thesen in unsere Mittelstandspolitik einfließen lassen und haben sie durchgesetzt. Sie aber haben mit Ihrem Gesetzentwurf bisher noch nichts erreicht!

(Beifall bei der FDP — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Eine Thesenpartei seid ihr!)




Wurbs
— Ach, „Thesenpartei"! Das sind doch billige Schlagworte. Ich habe schon originellere Zwischenrufe von Ihnen gehört.

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

Ich darf in diesem Zusammenhang auch an die Finanzierungsmöglichkeiten und die Maßnahmen zur Wettbewerbspolitik erinnern. Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, die Sie ständig behaupten, von der sozialliberalen Koalition würden die Grundprinzipien des freien Marktes tangiert oder sogar außer Kraft gesetzt, darf ich sagen: Mittelstandspolitik kann nur Hilfe zur Selbsthilfe sein; Schutzzaunpolitik gibt es nicht.
Für die Koalition ist es dennoch keine Glaubensfrage, ob Mittelstandsförderungsmaßnahmen in einem Mittelstandsförderungsgesetz oder in einem Aktionsprogramm verankert sind. Trotz konträrer Standpunkte scheuen wir eine Sachdiskussion keinesfalls und stimmen daher der Überweisung des Gesetzentwurfes an die zuständigen Ausschüsse zu.
Zum Antrag auf Drucksache 8/901 — Bericht über die Lage der freien Berufe — wird mein Kollege Gattermann noch im einzelnen Stellung nehmen. Aber, meine Damen und Herren, ein paar Bemerkungen, die seitens des Sprechers der Opposition eben gemacht worden sind, können so nicht stehenbleiben. Es ist zwar das Recht der Opposition, alles schwarz in schwarz zu malen; ich muß aber mit allem Nachdruck der Behauptung widersprechen, diese Regierung hätte nichts oder zu wenig für den Mittelstand getan. Das Gegenteil ist der Fall.
Zunächst ein Wort zur Wettbewerbssituation und zur Chancengleichheit: Es war eine der ersten Maßnahmen dieser sozialliberalen Koalition, die Kartellnovelle zu verabschieden — eine Entscheidung, die zu treffen frühere Regierungen nicht die Kraft hatten. Sie, Herr Kollege Hauser, bezeichnen den Wettbewerb als das Herzstück der Marktwirtschaft. Dem stimmen wir zu, und deswegen haben wir die Novelle so schnell verabschiedet, um das Herz — um bei diesem Beispiel zu bleiben — mit dem nötigen Blut zu versorgen.
Mit der Novelle wurden folgende gesetzliche Maßnahmen verankert: Einführung der Kooperationserleichterung mit der Mittelstandsempfehlung, Verschärfung der Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen; um kleine und mittlere Unternehmen über die Vorteile der neuen Kooperationserleichterung zu informieren, wurde eine Broschüre vorgelegt. Das alles ignorieren Sie, weil es Ihnen nicht in Ihre Argumentation paßt.
Die vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzungen wurden durch die Rechtsprechung voll bestätigt. Dies gilt vor allem für das Verbot der Lockvogel-Werbung, für das Verbot der irreführenden Werbung mit der Bezeichnung „Hersteller" und „Großhändler" und für das Verbot des Kaufscheinhandels.
Meine Damen und Herren, in Stichworten möchte ich hier nur einige Gesetze nennen, weil Sie immer behaupten, diese Regierung habe nichts für den Mittelstand getan. Es muß hier festgehalten werden, welche Gesetze für die Wirtschaft und damit für den
Mittelstand in der letzten Legislaturperiode verabschiedet wurden. Ich darf nennen die Öffnung der Altersversorgung für Selbständige, das 16-Milliarden-Programm, das Infrastrukturprogramm, das Impulse für die gesamte Wirtschaft geben soll.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Soll!)

— Soll, das ist ganz klar. Wenn die Gemeinden und die Länder nicht in der Lage sind, entsprechende, förderungsreife Projekte vorzulegen, dann kann man dem Bund, wenn er ein solches Programm auflegt, keinen Vorwurf machen, wenn dieses Programm nicht zu realisieren ist. Man darf also nicht alle Schuld auf den Bund abladen. Aber Sie suchen sich ja nur die Punkte heraus, die Ihnen passen. Sie sollten in Ihren Ländern dafür Sorge tragen, daß entsprechende Projekte vorgelegt werden, die realisiert werden können. — Ich nenne weiter den Verlustrücktrag für kleine und mittlere Betriebe, die Körperschaftsteuerreform, die jetzt vorgesehene Erhöhung der Freibeträge für die Gewerbesteuer; ich nenne die Senkung der Vermögensteuer, die Erhöhung des Freibetrages für die Lohnsummensteuer, die erhöhte Abschreibung, die Abschreibung auf Gebäude und die vorgesehene Tarifreform im Steuerrecht, um nur einige zu nennen. Ich glaube, das alles sind Maßnahmen, die sich durchaus sehen lassen können.
Wir werden Ihren 'Gesetzentwurf prüfen. Wenn Sie Vorschläge unterbreiten, die der gesamten Wirtschaft und dem Mittelstand dienen, wären wir die letzten, die diesem Vorhaben und diesen Einzelpunkten ihre Unterstützung nicht geben würden. Wir stimmen der Überweisung zu.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804401000
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidhuber.

Peter M. Schmidhuber (CSU):
Rede ID: ID0804401100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sprecher der Koalition haben unserem Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes einen Katalog von mittelstandspolitisch relevanten Einzelmaßnahmen entgegengehalten. Damit ist aber eine falsche Alternative aufgebaut worden. Dies ist doch keine Frage des Entweder-Oder, sondern des Sowohl-Als-auch. Daß eine Vielzahl solcher Einzelmaßnahmen notwendig ist, wird doch von niemandem bestritten.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie können sich diese Einzelmaßnahmen auch nicht als Ihre eigenen und alleinigen politischen Erfolge an den Hut stecken. Alle diese Maßnahmen sind, soweit das Parlament damit befaßt war, mit unseren Stimmen und in vielen Fällen auf unsere Initiative hin beschlossen worden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Den Hinweis des Kollegen Schachtschabel auf das angeblich so mittelstandsfreundliche Godesberger Programm hören wir von dieser Stelle aus bereits zum drittenmal. Dasselbe haben Sie, Herr Kollege Schachtschabel, bereits in der Debatte vom 10. Dezember 1975 und in der Debatte vom 4. Juni



Schmidhuber
1976 gesagt. Durch die Wiederholung gewinnt diese Behauptung keineswegs an Glaubwürdigkeit. Wir, meine Damen und Herren von der SPD, halten uns da lieber an die konkreten politischen Ausführungshandlungen zu diesem Programm, etwa an die Diffamierungskampagne „Gelber Punkt" und den Maklerbeschluß von Hannover.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Das ist ja zum Lachen!)

— Herr Kollege Wehner, Sie sollten eine Sammlung
trivialer Zwischenrufe herausgeben. Da hätten Sie
in den letzten Jahren genügend Material beisammen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das gibt's bereits! — Wehner [SPD] : Vor allem, welchem Genie ich sie gemacht habe!)

Das Bundesmittelstandsförderungsgesetz ist selbstverständlich kein wirtschaftspolitisches Wundermittel, 'das schlagartig alles das kurieren könnte, was die Mittelschichten bedrückt. Es ist aber ein integraler Bestandteil eines mittelstandspolitischen Gesamtkonzepts. Es dient zunächst einmal der gesetzlichen Fixierung des bestehenden Förderungsinstrumentariums. Das sollten Sie nicht geringschätzen, meine Damen und Herren der Koalition! Es dient weiterhin der Festschreibung eines wirtschaftspolitischen Orientierungspunktes von hohem ordnungspolitischem Stellenwert, nämlich der Sicherung der Existenzbedingungen einer Vielzahl von Unternehmen, also von Anbietern, und damit der Funktionsfähigkeit der Sozialen Marktwirtschaft. Es zielt auf eine Verpflichtung der wirtschafts- und finanzpolitischen Instanzen zur Wahrung der strukturpolitischen Zielsetzung des Nachteilsausgleichs zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen ab. Dies bedeutet selbstverständlich nicht eine Zementierung überholter Markt- oder Unternehmensstrukturen. Last not least soll das Bundesmittelstandsförderungsgesetz den einzelnen Selbständigen eine Handhabe bieten, auf den konkreten Verwaltungsvollzug vor allen Dingen im Bereich der ausgabewirksamen Tätigkeit der öffentlichen Hände im Sinne dieser Zielsetzung einzuwirken.
Herr Kollege Schachtschabel hat das Stichwort Wettbewerbspolitik angesprochen. In der Tat ist die Wettbewerbsordnung eine zentrale wirtschaftspolitische, aber auch für den Mittelstand schichtenspezifische Frage. Für die kleinen und mittleren Unternehmen ist die Balance zwischen Wettbewerb und Kooperation von großer Bedeutung.
Da darf ich auch noch eine kleine Korrektur anbringen, Herr Kollege Schachtschabel. Als in der zweiten Kartellnovelle die Vorschriften über die Kooperation kleiner und mittlerer Unternehmen ausgebaut wurden, also die Fünfergruppe des GWB, da war es gerade die CDU/CSU, die hier die entscheidenden Beiträge geleistet hat.
Die CDU/CSU bereitet gegenwärtig eigene Initiativen für die Novellierung von GWB und UWG vor. Wir haben uns lange überlegt, ob wir das Mittelstandsförderungsgesetz als ein Artikelgesetz konzipieren und die Regelung der offenen Wettbewerbsfragen hier vornehmen sollten. Wir sind aber der Meinung, daß es wegen des Zusammenhangs mit den anderen anstehenden Fragen der Wettbewerbspolitik zweckmäßiger ist, diese Vorschriften in einer Vierten Kartellnovelle zu regeln. Wir hoffen, daß es in absehbarer Zeit in diesem Hohen Hause zu einer ausführlichen Wettbewerbsdebatte kommen wird. Bei dieser Gelegenheit werden wir uns dann ausführlich mit dem Anspruch der SPD auseinandersetzen müssen, Hüterin einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung zu sein. Für Sie, meine Damen und Herren von der SPD, ist die Wettbewerbspolitik doch nur ein Instrument des staatlichen Dirigismus.

(Zuruf des Abg. Dr. Schachtschabel [SPD])

Noch einmal zurück zu den von meinen Vorrednern herausgestellten Einzelmaßnahmen. Wir leugnen doch nicht, daß in Detailfragen Verbesserungen eingetreten sind oder daß wir auf solche Verbesserungseffekte hoffen. Ich darf hier noch einmal einige Maßnahmen nennen wie etwa die Erhöhung der Freibeträge bei der Gewerbesteuer, die Neufassung der Baunutzungsverordnung oder eine sich in ersten Umrissen abzeichnende mittelstandsfreundlichere Praxis der Kartellbehörden. Diese Maßnahmen haben wir selbstverständlich unterstützt. Wir müssen aber die Frage stellen: Hat sich die Lage der Selbständigen insgesamt verbessert oder verschlechtert? Wie sieht es mit den mittelfristigen Perspektiven selbständiger Betätigung aus? Sind die gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen selbständiger Betätigung insgesamt günstiger oder ungünstiger geworden? Dies sind die Gretchenfragen der Mittelstandspolitik. Leider kann man sie guten Gewissens nicht positiv beantworten. Die maßlose Ausgabenwirtschaft und die Politik der mehr oder weniger gutgemeinten Illusionen der Ara Brandt und die von einer linken Sperrminorität innerhalb der Koalition behinderte perspektivlose Flickschusterei der gegenwärtigen Bundesregierung haben uns in diese Lage gebracht.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804401200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schachtschabel?

Peter M. Schmidhuber (CSU):
Rede ID: ID0804401300
Bitte sehr.

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0804401400
Herr Kollege Schmidhuber, ist Ihnen bekannt, daß das Institut für Mittelstandsforschung, Köln, zu dem Ergebnis gekommen ist, daß Insolvenzen überwiegend durch innerbetriebliches Fehlverhalten zustande gekommen sind, und wie nehmen Sie dazu Stellung?

Peter M. Schmidhuber (CSU):
Rede ID: ID0804401500
Herr Professor Schachtschabel, diese Untersuchung ist mir bekannt. Aber wie erklären Sie sich z. B., daß die Zahl der Insolvenzen in den letzten Jahren so stark angestiegen ist? Es müßten also zumindest auch konjunkturelle Gründe dafür vorhanden sein. Insolvenzen sind immer auf eine Vielzahl von Ursachen zurückzuführen. Daher muß man die Ergebnisse solcher Untersuchungen von vornherein relativieren.



Schmidhuber
Wenn Sie z. B. schon das unternehmerische Fehlverhalten herausstellen, dann muß man auch fragen, woran das liegt, woraus sich das zusammensetzt. Das kommt doch auch daher, daß der einzelne Unternehmer in einer viel komplizierter gewordenen Wirtschaft überfordert wird, weil er sein eigener Produktionschef, sein eigener Personalchef, sein eigener Planer und sein eigener Finanzmann ist. Vor diesem Hintergrund muß man doch diese Feststellung sehen, Herr Kollege Schachtschabel.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804401600
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schachtschabel?

Peter M. Schmidhuber (CSU):
Rede ID: ID0804401700
Herr Präsident, mit großem Vergnügen. Ich bitte aber, das nicht auf meine Redezeit anzurechnen.

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0804401800
Herr Kollege Schmidhuber, ist Ihnen bekannt, daß die Mehrzahl der Insolvenzen in dem Bereich, .den wir angesprochen haben, also im gewerblichen Mittelstand, Unternehmen betraf, die nicht länger als acht Jahre bestanden haben; das heißt, ist Ihnen bekannt, daß sich die alten, eingesessenen mittelständischen Unternehmen gesichert haben, und wie nehmen Sie dazu Stellung, daß gerade diese jüngeren, neu entstandenen Unternehmen durch marktwirtschaftlichen Wettbewerb ausgeschieden sind?

Peter M. Schmidhuber (CSU):
Rede ID: ID0804401900
Die nächsten Fragen, die Sie stellen, beantworte ich dann in Ihrem volkswirtschaftlichen Seminar, Herr Professor Schachtschabel. Aber kurz zu dieser: Natürlich müssen wir uns überlegen, warum gerade viele neue Unternehmen, Unternehmen, die erst in den Markt eingetreten sind, scheitern. Eine sehr große Zahl von Unternehmen scheitert bereits im ersten Jahr des Bestehens oder zu Beginn des zweiten Jahres des Bestehens. Das ergibt sich auch aus dieser Untersuchung. Sie wollen daraus entnehmen, daß nicht nur Sie, sondern auch wir diese Untersuchungen lesen. In diesem Bericht ist auch darauf hingewiesen worden, daß das oft steuertechnische Gründe hat. Abschreibungsgesellschaften zählen hier z. B. mit. Aber es gibt wahrscheinlich auch wettbewerbspolitische Gründe, die darin zu suchen sind, daß das Eindringen in 'die Märkte für neue Unternehmen zunehmend schwieriger geworden ist. Das hängt wiederum mit allgemeinen wettbewerbspdlitischen Fragen zusammen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, daß ich jetzt in meinen Ausführungen fortfahre.
Die mehr oder weniger unverbindliche Anerkennung der wichtigen Rolle der Mittelschichten als einer motorischen Kraft einer nach 'dem Prinzip Freiheit organisierten Gesellschaft genügt allerdings nicht.
Es ist heute nicht die Gelegenheit, sich umfassend mit der Konjunkturpolitik und den Ursachen der Unterbeschäftigung auseinanderzusetzen. Bei der Genesis der gegenwärtigen unbefriedigenden wirtschaftlichen Situation wirken sicherlich viele Faktoren zusammen. Daher sind monokausale Deutungsund Therapieversuche von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Ein Faktor spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Das sind die gedrückten, ja pessimistischen Zukunftserwartungen gerade der kleinen und mittleren Unternehmer. Ein Barometer hierfür ist die seit langem sinkende Neigung zur Selbständigkeit, auf die der Kollege Hauser bereits hingewiesen hat. Da nützen auch Behauptungen nichts, daß die Statistik ausweise, die Lage sei gar nicht so schlecht, wie man allgemein annehme. Optimismus und Bereitschaft zum Risiko hängen sehr stark vom gesellschaftlichen Gesamtklima ab. Dieses haben die Ideologen und Gesellschaftsveränderer aus den Reihen der SPD und FDP nachhaltig negativ beeinflußt. Da helfen dann markige Investitionsappelle des Bundeskanzlers wenig.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ein auf seinen 'Besitz pochender, ängstlicher und immer jammernder Eigentümer von Produktionsmitteln, der nach Garantien für ein gemächliches wirtschaftliches Wirken trachtet, wird seiner gesellschaftlichen Rolle als Unternehmer nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum Unternehmer gehören Mut zum Risiko und innovatorische Bereitschaft. Das Risiko muß aber kalkulierbar sein, und die innovatorische Bereitschaft muß durch die Aussicht auf eine Prämie belohnt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn die Risikoübernahme zum Hasardspiel wird, weil der Investor abrupten wirtschaftlichen Datenveränderungen und gesellschaftspolitischen Experimenten ausgesetzt wird, die er nicht beeinflussen kann, dann wird dies die Bereitschaft zu einem expansiven wirtschaftlichen Verhalten negativ beeinflussen.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Die Politik muß einen größeren Beitrag zur Kontinuität der wirtschaftlichen Entwicklung leisten. Die strukturellen Verwerfungen unseres Produktionsapparats und der zunehmend schwieriger werdende Weltmarkt stellen ohnehin immer größere Anforderungen an alle am Wirtschaftsleben Beteiligten.
Diese Unsicherheit über die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen beeinflußt das Handeln der kleinen und mittleren Unternehmer stärker als das der Vorstände großer Unternehmen, für die sich teilweise auch andere Handlungszwänge ergeben. Ich möchte hier nicht deutlicher werden.
Da aber mehr als 60 % der Beschäftigten und zirka 50 % des Umsatzes auf die kleinen und mittleren Unternehmen entfallen, liegt in diesem Bereich der Schlüssel zur Überwindung der psychologischen Investitionsblockade weniger in schönen Worten und eingängigen Formeln als in einem überzeugenden, in sich widerspruchsfreien wirtschaftspolitischen Konzept. Was hier durch politische Führungskraft bewirkt werden kann, hat Ludwig Erhard Ende der 40er Jahre in einer ungleich schwierigeren Situation



Schmidhuber
gezeigt. Ein Wirtschaftsminister aber, der in dieser Lage, in der wir uns jetzt befinden, seinen Posten verläßt, um sich einer neuen Aufgabe in der Hochfinanz zuzuwenden, muß sich sagen lassen, daß er kapituliert, bevor die Schlacht begonnen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Daß diese Koalition eine mittelstandsfreundliche Politik betreibt, d. h. politische Rahmenbedingungen herstellt, die es den kleinen und mittleren Unternehmen ermöglichen, in optimaler Weise ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum und zum sozialen Fortschritt zu leisten, trifft objektiv nicht zu. Die Angehörigen der Mittelschichten machen sich darüber auch keine Illusionen. Daran können auch die Hymnen auf eine — nicht vorhandene — SPD-Mittelstandspolitik, die der Kollege Schachtschabel bei derartigen Gelegenheiten vorträgt, nichts ändern. Deshalb ist auch die in dieser Debatte wieder aufgewärmte Unterstellung, wir gingen mit unseren Vorschlägen auf Stimmenfang in Mittelstandskreisen aus, abwegig. Wähler der Mittelschichten können Sie, meine Damen und Herren von der SPD, uns mit Ihrer Politik nicht abspenstig machen.

(Josten [CDU/CSU]: So ist es!)

Wir haben ein anderes Ziel. Wir wollen deutlich machen, daß eine Politik, die auf die Steigerung der Funktionsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen abzielt und die den Angehörigen der freien Berufe Bedingungen einräumt, unter denen sie ihre beruflichen Fähigkeiten voll entfalten können, eine Politik im Interesse der Gesamtgesellschaft ist, eine Politik, die das wirtschaftliche Wachstum fördert, die die weitere Zunahme sozialer Spannungen vermeidet, kurzum, eine Politik, die einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung einer freiheitlichen Ordnung leistet, indem sie einem Klassenantagonismus entgegenwirkt.
Ich möchte deshalb auch gar nicht darauf eingehen, wer welche Einzelmaßnahmen erfunden oder zuerst gefordert hat. Für uns von der CDU/CSU spricht allerdings oft die Wahrscheinlichkeit, weil wir uns nicht nur bei Mittelstandsdebatten und Festreden, sondern Woche für Woche in der täglichen parlamentarischen Arbeit mit diesen Problemen auseinandersetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich halte nichts von der von den Koalitionsparteien praktizierten Doppelstrategie, durch einige mittelständische Galionsfiguren bei den Verbänden Klimapflege zu betreiben und hier im Parlament und im Verwaltungsvollzug eine Politik, um es vorsichtig zu sagen, wohlwollender Gleichgültigkeit zu betreiben. Diese Diagnose der Gleichgültigkeit trifft selbstverständlich nicht auf einige Damen und Herren auf den jeweiligen linken Flügeln von SPD und FDP zu.

(Zuruf von der SPD: Wir sind doch hier nicht in Vilshofen!)

Für sie passen die Mittelschichten nicht in das marxistische Modell der Klassengesellschaft. Deshalb werden die Mittelschichten von ihnen häufig mit dem Rundum-Schlagwort vom Abbau der Privilegien bearbeitet, werden sie als die Spitzenverdiener und die Reichen denunziert, wird der Neid mobilisiert, ohne daß sachliche Argumente in die Debatte eingeführt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die egalitäre Ideologie der Koalitionsparteien steht einer rationalen Wirtschafts- und Mittelstandspolitik entgegen. Dies ist gerade wieder bei einer konjunkturpolitischen Entscheidung demonstriert worden. Ich meine die Entscheidung gegen die Anwendung vorübergehender Steuersenkungen nach den §§ 26 ff. des Stabilitätsgesetzes und für die Heraufsetzung des Grundfreibetrags bei der Einkommen- und Lohnsteuer. Dies ist eine Entscheidung für mehr Gleichheit und für weniger Effektivität. Dies ist der von der Koalition gewünschte Vorrang der Verteilungspolitik vor der Konjunkturpolitik, d. h. auch vor der Vollbeschäftigungspolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was der linke Flügel der SPD, ohne den Herr Schmidt nicht Bundeskanzler wäre,

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Und nicht bleiben kann!)

von den Unternehmern und von einer Konjunkturpolitik auf der Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft hält, hat Herr Kollege Dr. Schöfberger am 25. September 1977 in einem ZDF-Interview unmißverständlich zum Ausdruck gebracht. Herr Kollege Schöfberger sagte — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
Wogegen ich mich wehre, sind ausgesprochene Steuergeschenke für Unternehmer und für Spitzenverdiener, die in der Hoffnung ausgespuckt werden, sie würden konjunkturfördernd wirken. Die Praxis beweist jedoch, daß sie nur die Gewinne steigern, aber keinerlei Arbeitsplätze schaffen und damit nicht konjunkturfördernd wirken können. Was dabei herauskommt, ist eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen zugunsten der Spitzenverdiener und der Unternehmen, eine Umverteilung, die ich als Sozialdemokrat nicht hinnehmen kann. Und deswegen habe ich nicht nur gegen die Vermögensteuersenkung gestimmt, sondern habe auch erhebliche Bedenken gegen die jetzt vorgeschlagene degressive Abschreibung. Wenn Unternehmer nicht investieren wollen, werden sie es auch mit Steuergeschenken nicht tun. Sie werden diese Geschenke zum Vergolden ihrer Bilanzen verwenden.
Soweit Herr Kollege Schöfberger. So sieht Ihre Mittelstandspolitik aus, meine Damen und Herren von der SPD.
Herr Dr. Schöfberger ist in dieser Beziehung kein Einzelfall. Ich erinnere nur an die Rede des Kollegen Roth in der Steuerdebatte vom 15. September 1977, in der er sich auf gut sozialistische Weise für eine Aufblähung des öffentlichen Dienstes und eine Expansion der öffentlichen Ausgaben ausgesprochen hat.



Schmidhuber
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zur Lage der freien Berufe machen. Die freien Berufe sind durch den sozialen Wandel der letzten Jahrzehnte stark berührt worden. Ihre gesellschaftliche Stellung, ihre materielle Situation und ihr Rollenverständnis haben sich geändert. Die Angehörigen der freien Berufe verstehen sich heute in erster Linie als Träger wichtiger gesellschaftlicher Dienstleistungen. Zur Erfüllung dieser Dienstleistungsfunktion müssen aber gewisse gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen vorhanden sein. Diese sind gegenwärtig zumindest teilweise in Frage gestellt.
So stellt der Bundesverband der freien Berufe in seinem Jahresbericht 1976 fest — ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten —:
Eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die darauf angelegt ist, die Entfaltung eigener Initiativen zu behindern und Problemlösungen der Gesellschaft durch kollektive oder sogenannte demokratisierte Prozesse zu ermutigen, wird die freien Berufe auf die Dauer nicht mehr gebrauchen können.
Dieser Analyse ist zuzustimmen.
Es ist nicht zu leugnen: Die Attraktivität der freien Berufe hat insgesamt abgenommen. Die Relation der Risiken und Chancen der Ausübung eines freien Berufs gegenüber den Vor- und Nachteilen einer unselbständigen Tätigkeit hat sich zum Nachteil der freien Berufe verändert. Dies bleibt möglicherweise nicht ohne Auswirkung auf die Leistungsbereitschaft und das Leistungsniveau der Gesamtgesellschaft.
Unser Antrag zielt darauf ab, ,die Bundesregierung zu veranlassen, die Ursachen dieser Entwicklung darzulegen und die Möglichkeiten einer Verbesserung der Situation der freien Berufe zu erörtern.
Eine Reihe gesetzlicher Vorschriften — ich denke hier insbesondere an das Steuer- und das Sozialversicherungsrecht — wird der besonderen Situation der freien Berufe nur in unzulänglicher Weise gerecht. Das gilt z. B. auch für die Besteuerung in Jahresperioden, die bei der typischen Verteilung der Einkommen auf die Lebensarbeitszeit der Angehörigen ,der freien Berufe zu gewissen Härten führt.
In zunehmendem Umfang werden die Angehörigen der freien Berufe durch ein Schrumpfen der Auftragspotentiale betroffen. Ich meine hier weniger konjunkturelle Schwankungen als strukturelle Veränderungen. Die Ausweitung der Planungskapazitäten der öffentlichen Hände hat das Auftragsvolumen der freien Architekten stark eingeengt. Die niedergelassenen Ärzte fühlen sich durch sozialistische Tendenzen zur Verstaatlichung des Gesundheitswesens bedroht. Es wird befürchtet, daß die Überkapazitäten im Krankenhausbereich derartigen Bestrebungen Auftrieb geben könnten. Auch die rechtsberatenden Berufe haben zahlreiche Einbrüche in ihre Arbeitsgebiete hinzunehmen wie das Aufkommen spezieller Rechtsberatungseinrichtungen auf vielen Rechtsgebieten, z. B. Mietrecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht, Steuerrecht.
Bestimmte freie Berufe sind in den letzten Jahren zur Zielscheibe öffentlicher Kritik geworden oder haben mit besonderen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die niedergelassenen Ärzte sind zu Sündenböcken einer verfehlten Gesundheitspolitik gestempelt worden. Der Anwaltsstand wurde und wird von jungen Juristen überschwemmt, die kein Unterkommen in Wirtschaft und Verwaltung gefunden haben. Es ist eine traurige Tatsache, daß eine beträchtliche Anzahl von Rechtsanwälten nur ein Einkommen erzielt, das am Rande des Existenzminimums liegt. Daß das nicht ohne Auswirkung auf die Stellung des Rechtsanwalts als eines unabhängigen Organs der Rechtspflege bleibt, kann nicht von der Hand gewiesen werden.
Die Architekten sind das Opfer 'der Krise der Bau- und Wohnungswirtschaft geworden. Eine Kompensation dieser Entwicklung durch eine Reprivatisierung der öffentlichen Planungskapazitäten halte ich für dringend erforderlich. Auch auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik muß einiges für die freien Berufe getan werden. Allerdings glaube ich nicht, daß die Ratschläge des Rhetorikers Walter Jens, die er auf dem Deutschen Architektentag in Hamburg am 16. September 1977 gegeben hat, sehr hilfreich sind. Herr Jens will die Architekten als Kapitalismuskritiker anwerben und sie zu Vorkämpfern der Sozialisierung von Grund und Boden umfunktionieren. Dieser Versuch einer Ideologisierung der Architekten ist sicherlich nicht geeignet, die brennenden Probleme dieses Berufsstandes zu lösen.

(Zuruf von der SPD: Aber eine Ideologisierung à la Franz Josef Strauß?!)

Die Aufgaben der freien Berufe in einer hochdifferenzierten Leistungsgesellschaft sind vielfältig. Die freien Berufe ermöglichen erst die weite Auffächerung dieser Dienstleistungen. Durch ihre Tätigkeit leisten die Angehörigen der freien Berufe einen wesentlichen Beitrag zur Erweiterung des Freiheitsraums aller Bürger und zur Verringerung der Abhängigkeit der Bürger von großen Bürokratien und von Verbandsapparaten. Der CDU/CSU geht es darum, die Leistungsbereitschaft der freien Berufe im Dienste des Gemeinwesens zu sichern und zu verbessern. Dazu wollen wir mit unserem Antrag einen Beitrag leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804402000
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Jens.

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0804402100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst feststellen: Ich bin mit dem Herrn Jens, der eben zitiert wurde, weder verwandt noch verschwägert. Aber ich finde ihn sehr sympathisch.
Bisher hatte ich eigentlich das Gefühl, daß die Debatte recht sachlich geführt worden ist. Die letzten Ausführungen des Herrn Schmidhuber haben mich allerdings ein bißchen enttäuscht. Was soll's? Wir helfen doch den kleinen und mittleren Unternehmen nicht, wenn wir groß in Polemik machen.

(Zurufe von der CDU/CSU)




Dr. Jens
Im Grunde sind wir doch gar nicht so furchtbar weit voneinander entfernt,

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

sondern wir wollen doch den kleinen und mittleren Unternehmen helfen, sofern es nur irgendwie geht.
Dieser Bundesmittelstandsförderungsgesetzentwurf der CDU/CSU hilft ihnen sicherlich überhaupt nicht. Das scheint mir gewissermaßen die von Herrn Kohl angekündigte Herbstoffensive zu sein, die zwar viel Rauch erzeugt, der aber das notwendige Feuer fehlt. Es handelt sich um ein Sammelsurium von Förderungshilfen, die es bereits alle gibt.
Fraglich ist bei Ihrem Entwurf, wie das alles finanziert werden soll; das ist der schwache Punkt. Alles steht unter dem Vorbehalt der Haushaltsgenehmigung, und deshalb hätten Sie sich Ihre Vorschläge eigentlich sparen können. Sie machen den kleinen und mittleren Unternehmen wieder einmal Hoffnungen, die Sie hinterher nicht erfüllen können.
Positiv an dem Entwurf sind allerdings — das will ich gern zugestehen — die proklamatorischen Erklärungen, die wir auch alle kennen. Dort wird behauptet, daß mit diesen Hilfen die Wettbewerbsnachteile kleiner und mittlerer Unternehmen ausgeglichen werden sollen. Das kann bekanntlich — das verschweigen Sie immer — auf zwei Arten geschehen. Das kann einmal dadurch geschehen, daß man den kleinen Unternehmen hilft, zum anderen aber auch dadurch, daß man Vorteile der großen in Zukunft von Zeit zu Zeit auch einmal etwas beschneidet. Darüber sollten wir einmal gemeinsam nachdenken.
Ich meine, wir müssen endlich dazu übergehen, den kleinen und mittleren Unternehmen mehr als bisher die Wahrheit zu sagen. Die Agrarpolitik, die Sie in den sechziger Jahren zu verantworten hatten, sollten Sie jetzt nicht auf die Mittelstandspolitik übertragen.

(Beifall bei der SPD)

Man kann einem Gemischtwarenhändler in einer Innenstadt nicht versprechen, daß er seinen Laden ewig behalten wird. Das geht nicht, das hat keinen Sinn, das bringt nichts ein. In einer dynamischen Wirtschaft wird es immer Strukturveränderungen geben, die einfach nicht aufzuhalten sind. Im Einzelhandel, im Handel überhaupt sprechen wir seit 1962 von einer Revolution; denn 116 000 Unternehmen haben ihre selbständige Existenz aufgeben müssen, was wir hier überhaupt nicht verschweigen. Besonders starke Einbußen und Einbrüche hat es im Nahrungs- und Genußmittelbereich gegeben. Dieser Schrumpfungsprozeß bei kleinen und mittleren Unternehmen begünstigt die Konzentration bei Großunternehmen, auch im Handel. Dagegen müssen wir uns verstärkt wehren.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

Dem Handwerk geht es wesentlich besser; das zeigt wenigstens der letzte Bericht der Bundesregierung. Allerdings sind die Zukunftsaussichten im Baugewerbe wesentlich schlechter als z. B. diejenigen eines Kfz-Mechanikers zu beurteilen. Immerhin sind
Umsatz und Beschäftigtenzahl im Handwerk seit 1976 gestiegen.
Auch die Lage in der Industrie, vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen, ist differenziert; aber es setzt sich die Tendenz fort, daß die kleinen Unternehmen immer abhängiger von den großen werden. Das gilt z. B. für die kleinen Versicherungsvertreter, die bis vor kurzem noch selbständig waren, die jetzt aber nahezu völlig von den Versicherungskonzernen abhängig sind. Das gilt z. B. auch für viele Gaststätten, die auf Grund bestimmter Knebelungsverträge völlig von den Brauereien abhängig sind. Zum Teil geht es sogar so weit, daß kleine Brauereien durch Druck auf die Gaststätten herausgedrängt werden, damit sie für die großen Brauereien Platz machen.

(Beifall bei der SPD)

Das gilt auch für die vielen Tankstellenpächter und -besitzer, die von den Mineralölkonzernen quasi auferlegt bekommen, was sie zu tun und zu lassen haben. Hiergegen müssen wir uns wehren, und dafür bitte ich auch um Ihre Hilfe.
Einigen kleinen Unternehmen geht es zweifellos schlecht, obwohl — das möchte ich noch einmal betonen — diese Regierung, diese Koalition mehr Hilfen für die kleinen Unternehmen zur Verfügung gestellt hat, als es überhaupt je gab. Niemals gab es so viele Mittelstandshilfen wie unter dieser Regierung, wie zu dieser Zeit. — Ich freue mich, daß Herr Zeitel mit dem Kopf nickt und damit Beifall bekundet. Aber die Zeiten, um als Selbständiger leicht und viel Geld zu verdienen, sind ein für allemal vorbei.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Als Unselbständiger verdient man heute mehr!)

Deshalb plädiere ich immer für etwas mehr Wahrheit gegenüber den kleinen selbständigen Unternehmen. Was Sie hinsichtlich der Insolvenzen in der letzten Zeit in die Welt gesetzt haben, ist einfach nicht korrekt. Ihre Zahlen sind um etwa 25 % überhöht.

(Niegel [CDU/CSU] : Die reichen trotzdem noch!)

Denn Sie rechnen die sogenannten „übrigen Gemeinschuldner" mit ein, was nicht zulässig ist. — Sie reichen zwar, aber man muß sehen, daß es auch in der letzten Zeit viele junge, ehemalig Abhängige gegeben hat, die sich selbständig gemacht haben. Die Anzahl der Selbständigen ist seit 1970 in etwa konstant geblieben. Aber in der Zeit von 1966 bis 1970, als Sie noch mit die Federführung hatten, ist sie kräftig gesunken.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Das entspricht nicht den Zahlen des Statistischen Bundesamtes!)

— Die können Sie nachlesen!

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: Ich reiche sie Ihnen gerne herein!)

Auch in dem Mittelstandsbericht der Bundesregierung sind diese Zahlen über die Anzahl der Selbständigen aufgeführt. Herr Hauser, lesen Sie das bitte nach!



Dr. Jens
Zweifellos leiden kleine und mittlere Unternehmen vor allem jetzt angesichts der konjunkturellen Lage auch unter Absatzschwierigkeiten. Sie leiden stärker als die großen. Das meine ich schon. Großunternehmen — das wissen wir — haben mehr Finanzmittel zur Verfügung. Sie haben bessere Steuerberater. Großunternehmen können sich leichter durch eine Abschwungsphase hindurchschlängeln. Sie setzen z. B. die Arbeitnehmer, die so als Konjunkturpuffer dienen, auf die Straße. Das können kleine Unternehmen nicht. Kleine Unternehmen geben auf und lehnen sich an. Die Zahl der Fusionen in der letzten Zeit ist erschreckend gestiegen. Deshalb gilt es bei der anstehenden Novelle zum Kartellgesetz — ich hoffe, Herr Schmidhuber wird diese Sache unterstützen — einmal mehr dafür zu sorgen, daß die Fusionskontrolle wirklich greift.
Für kleine Unternehmen ist die Politik der Nachfragebelebung, so wie diese Regierung sie nun eingeleitet hat, von eminenter Bedeutung. Für kleine Unternehmen ist es auch wichtiger, daß wir jetzt einen generellen, für alle gleich hohen Konjunkturzuschlag in Form der Erhöhung des Grundfreibetrages gewähren als das, was Sie vorgeschlagen haben: 10 % Abschlag von den bisherigen Steuern. Das ist nicht nur aus Gerechtigkeitsüberlegungen vernünftiger, sondern das ist vor allem aus ökonomischen Gründen vernünftiger, weil das die Gewähr dafür gibt, daß in der Wirtschaft eben mehr Nachfrage geschaffen wird. Das hilft den kleinen und mittleren Unternehmen. Wir können ja auch nicht immer, immer wieder dafür sorgen — so wie mit Ihrem Vorschlag —, daß die Großen und Starken immer kräftiger werden, die Kleinen aber weniger abbekommen. Das kann nicht im Interesse der kleinen Unternehmen liegen. Das muß beseitigt werden. Die Kleinen müssen natürlich erkennen, daß sie nicht von Bonn, sondern weitgehend von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und den großen Konkurrenten auf dem Markt abhängig sind.
Dieses Prinzip, den Großen unter Umständen auch einmal bestimmte Vorteile zu beschneiden, gilt nicht nur im Steuerrecht, sondern das muß auch im Wettbewerbsrecht gelten. Manches ist auf diesem Gebiet geleistet worden. Weiteres wird angestrebt. Etwas mehr Unterstützung der mittelständischen Verbände würde ich mir manchmal wünschen. Aber die Erweiterung des Diskriminierungsverbots hilft z. B. den kleinen Händlern gegenüber der Macht von Großen. Die gemeinsame Erklärung zur Sicherung des Leistungswettbewerbs hat mittlerweile sogar bei den Gerichten Erfolge gezeitigt, indem bestimmte unlautere Praktiken, z. B. die Eintrittsgelder, verboten wurden.
Über die anstehende Bekämpfung der Nachfragemacht müssen wir uns noch einmal gemeinsam Gedanken machen. Nachfragemacht des Handels erscheint mir auf alle Fälle viel besser als Nachfragemacht der Angebotsseite. Bereits jetzt ist auf die Nachfragemacht des Handels § 22 GWB anwendbar.
Was ich vor kurzem von Ihrer Seite gehört habe, hat mich allerdings traurig gestimmt, Herr Zeitel. Da wurde aus Ihren Reihen aufs neue behauptet, daß ein Verbot des Verkaufs unter Einstandspreisen in Aussicht genommen werden soll.

(Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Warten Sie doch mal ab! — Zuruf von der SPD: Preiskontrolle, ganz sozialistisch!)

Da hat der Herr Lampersbach gesagt — ich darf zitieren —: „Ein generelles Kalkulationsprüfungsrecht der Kartellbehörden zur Verhütung von systematischen Unterbietungsstrategien — das ist wünschenswert." Für mich ist es völlig indiskutabel.

(Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Das ist doch etwas anderes!)

Denn das, was hier aus Ihren Reihen gefordert wurde, ist die fortwährende Preiskontrolle des Handels, die wohl keiner im Grunde will.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Das müßten Sie aber vollständig vorlesen!)

— Ich habe Ihre entscheidende Passage zitiert, Herr Lampersbach.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Die für Sie entscheidende!)

Sie sind natürlich gern aufgerufen, das nochmals zu erläutern. Auf alle Fälle steckt die immer wieder in der Öffentlichkeit aufkommende Forderung dahinter, den Verkauf unter Einstandspreisen zu verbieten. Wenn Sie wirklich für Wettbewerb sind, Lerr Lampersbach — Sie tun ja immer so —, dann können Sie das doch einfach nicht wollen.

(Abg. Lampersbach [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Damit helfen Sie im übrigen auch nicht den kleinen Händlern. Damit beschränken Sie die bisherige Dispositionsfreiheit des Handels. Das richtet sich zudem gegen den Verbraucher. Denn er hätte dann nicht mehr die Möglichkeit, bestimmte Sonderangebote günstig einzukaufen. Und — wenn ich diesen Satz noch hinzufügen darf, bevor ihrer Wortmeldung entsprochen wird — das richtet sich auch gegen den Mittelstand. Denn die Großen haben etliche Vorteile gegenüber den Kleinen. Wenn Sie das machen, werden die Großen diese Vorteile gegenüber den Kleinen auf andere Weise ausspielen. Durch so etwas schaden Sie deshalb vor allem den Kleinen. Bitte sehr!

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804402200
Herr Kollege, Sie gestatten eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Lampersbach?

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0804402300
Bitte.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0804402400
Herr Kollege Jens, Sie sprechen über ein Thema, das ich, wie Sie wissen, sicher so gut wie Sie und aus der Praxis wahrscheinlich sogar noch besser als Sie beherrsche.

(Dr. Steger [SPD]: Frage!)

— Seien Sie mal nicht so unruhig! Sie haben wahrscheinlich überhaupt keine Ahnung davon.

(Unruhe bei der SPD)





Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804402500
Herr
Kollege! Der letzte Satz gehört nicht zur Zwischenfrage!

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0804402600
Ich stimme dem Herrn Präsidenten voll und ganz zu. — Herr Dr. Jens, Sie wissen ganz genau, in welchem Zusammenhang das zur Sprache gekommen ist.

(Zurufe von der SPD: Frage!)

Ich frage Sie: Glauben Sie nicht, daß wir nicht auch einem Catch-as-catch-can auf dem Preismarkt unsere Aufmerksamkeit schenken und dazu Überlegungen anstellen sollten und müßten? Mehr hat meine Außerung nicht zum Inhalt: dieses Catch-as-catch-can unmöglich machen, damit wir nicht zu einem Verfall der Sitten im freien Wettbewerb kommen.

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0804402700
Herr Lampersbach, ich will nicht alles wiederholen, was ich eben gesagt habe. Ich zitiere Sie nur noch einmal. Sie sprechen von einem generellen Kalkulationsprüfungsrecht der Kartellbehörden zur Verhütung von systematischen Unterbietungsstrategien. Und das kann nicht eine Maßnahme sein, die mit dieser Wettbewerbsordnung und dieser Marktwirtschaft vereinbar ist.
Im übrigen haben wir den kleinen und mittleren Unternehmen im Rahmen der Novellierung des UWG schon geholfen. Die Verbände sind aufgerufen, diese Bestimmungen besser auszuloten, als das bisher der Fall war.
Ich hatte am Anfang gesagt: Kleine und mittlere Unternehmen wollen die Wahrheit hören, nicht aber viele Versprechungen, wie sie von Ihnen aufs neue mit dem Entwurf des Mittelstandsgesetzes in die Offentlichkeit getragen werden. Was soll das auch von Ihnen wieder in die Diskussion gebrachte Gerede vom Fehlen des Vertrauens in der Wirtschaft? Das wird der Wirtschaft von Ihnen gewissermaßen systematisch eingehämmert. Denken Sie doch einmal nach: Ist unsere Wirtschaft bereits so weit, daß sie Vertrauen nur zur Opposition und zu einer etwaigen CDU/CSU-Regierung hat?

(Dr. Steger [SPD] : Da stände es aber schlecht um sie!)

Läuft die Wirtschaft etwa nur dann, wenn die jetzige Opposition an der Regierung ist? Das wäre wirklich verhängnisvoll! Das wäre das Ende der Demokratie in diesem Land überhaupt! Ich nehme die Unternehmer immer in Schutz. So kann es doch wirklich nicht sein.
Es gibt Bereiche, wo es läuft, und Unternehmen, bei denen es gut aussieht, und es gibt andere Unternehmen, bei denen es schlecht aussieht. Aber haben etwa die einen Vertrauen zu dieser Regierung und die anderen nicht? Das ist einfach falsch. Lassen Sie dieses Gerede! Die Wirtschaft wird, sobald die Nachfrage wieder läuft, anspringen. Helfen Sie mit, daß das Konjunkturprogramm, das wir jetzt im Wirtschaftsausschuß diskutiert haben, verabschiedet wird.
Wir müssen mehr den Blick auf Strukturveränderungen richten, auf die ständig steigende Konzentration durch Großunternehmen in dieser Wirtschaft. Wenn wir das nicht tun und wenn Sie dazu nicht bereit sind, geht unsere Wirtschaftsordnung eines Tages kaputt. Wenn die kleinen und mittleren Unternehmen wie bisher auch in Zukunft beweglich bleiben, dann haben sie alle ihre Chance, und wir Sozialdemokraten werden ihnen dabei helfen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804402800
Das Wort hat der Abgeordnete Graf Lambsdorff.

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0804402900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Als wir dieses Thema, Herr Kollege Hauser, hier vor zwei Jahren diskutierten, nämlich am 10. Dezember 1975, war es etwas kürzer vor Weihnachten. Schon damals wollten Sie unbezahlte, äußerlich versilberte und innerlich hohle Nüsse aus Ihrem Gabensack ausstreuen. Jetzt ist es jahreszeitlich noch etwas zu früh, um den Zusammenhang zu St. Nikolaus, Weihnachtsmännern und Nußknackern herstellen zu dürfen. Aber Ihre Gabe ist nicht besser geworden.
Um in den Formulierungen des Kollegen Pieroth zu sprechen, die er hier ja häufig gebraucht hat: Sie gießen zuviel Wasser in den Wein, und Etikettenschwindel ist auch noch dabei.

(Wehner [SPD]: Er muß es ja wissen!)

Meine Damen und Herren, Herr Hauser hat hier allerdings ein sehr schönes und blumenreiches Etikett formuliert. Ich darf ein paar Bemerkungen daraus zitieren: „Die Zukunft ist nicht mehr das, was sie früher war." -- Wie wahr! Die Opposition auch nicht.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Herr Hauser hat von der Wiederherstellung des Vertrauens gesprochen. Darüber wird in der Tat häufig geredet. Nur: Jeder von uns weiß, daß Wirtschaftspolitik auch etwas mit Psychologie zu tun hat. Man darf es allerdings nicht durch eigenes Zutun soweit treiben, daß schließlich nicht mehr die Psychologen, sondern die Psychiater tätig werden müssen.
Bei diesen ganzen Überlegungen spielen ein Gesichtspunkt und ein Hintergrund mit, die, wie ich finde, bei jeder Diskussion über das Bundesmittelstandsförderungsgesetz, Herr Hauser, von Bedeutung sind. In Wahrheit ist es doch so, daß Sie mit der Ablehnung solcher Initiativen durch eine Regierung — ich meine gar: durch jede Regierung — rechnen, um dann anschließend mit dieser Ablehnung draußen im Lande zu argumentieren — um nicht zu sagen: zu polemisieren — und der Öffentlichkeit darzutun, daß diese Regierung mittelstandsfeindlich sei.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Das können Sie durch Zustimmung verhindern!)

— Wir kommen noch dazu, was daran zu verhindern oder nicht zu verhindern ist.
Der Kollege Jens hat vorhin gesagt, Sie machten den kleinen Unternehmen Hoffnung, die Sie nachher nicht erfüllen können. Herr Jens, ich widerspreche Ihnen. Hier wird von der Opposition eine Hoffnung produziert, die die Regierung nicht erfüllen kann,



Dr. Graf Lambsdorff
und damit wird dann anschließend argumentiert. Das ist ja auch der Sinn dieses Unternehmens.
Im übrigen, Herr Hauser, haben Sie gesagt, die Aktion „Bremsklötze weg" müsse nun her. Ich weiß nicht, wie die aussehen soll. Sie haben erklärt, Herr Kollege Barzel habe sie mit Inhalt gefüllt. Vielleicht kann man das etwas näher definiert bekommen. Andererseits meinten Sie, es müsse sozialistischen Vorstellungen, und ich weiß nicht, was allem, ein Riegel vorgeschoben werden. Ich glaube, daß Sie mit diesen Formulierungen und mit einem solchen Gesetzesvorschlag nicht zur Lösung sachlicher Probleme beitragen können.
Ich will auf einen Punkt eingehen, den Sie, Herr Hauser, angeschnitten haben. Sie haben gesagt: Wirtschaft ohne Wettbewerb ist Sozialismus. Wird man bei näherem Nachdenken eigentlich zu dem Ergebnis kommen müssen, daß dies so richtig ist, oder ist es nicht andersherum richtig? Zentral gelenkte sozialistische Planwirtschaft, die hier sicherlich niemand will, ist Wirtschaft ohne Wettbewerb. Aber ebenso ist eine von Monopolen beherrschte kapitalistische Wirtschaft eine Wirtschaft ohne Wettbewerb.

(Zustimmung bei der FDP)

Worauf es in der Sozialen Marktwirtschaft ankommt, ist die Tatsache, daß der Wettbewerb, der diesem System immanent ist und dazugehört, wirtschaftliche Macht bändigt, und zwar sowohl private als auch staatliche wirtschaftliche Macht.
Auch wegen der unterschiedlichen Größenstrukturen, die jede Wirtschaftsordnung braucht, ist Mittelstandspolitik selbstverständlich notwendig. Aber Mittelstandspolitik kann nicht dadurch betrieben werden — ich wiederhole das, was wir vor zwei Jahren dazu gesagt haben —, daß man ein Gesetz verabschiedet, sein Gewissen beruhigt und sich zur Ruhe legt;

(Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Wer will denn das?)

sondern wirksame Mittelstandspolitik kann nur so betrieben werden, daß bei jeder Verabschiedung, bei jeder Beratung, bei jedem wirtschaftspolitischen wettbewerbspolitischen und finanzpolitischen Gesetz, das wir hier miteinander besprechen, die Auswirkungen auf die kleinen und mittleren Größenordnungen in unserer Wirtschaft wirklich vor Augen bleiben und bedacht werden. Dies geschah, und dies, meine Damen und Herren, wird auch weiterhin geschehen.

(Zuruf von der CDU/CSU: 50 000 Konkurse!)

Lassen Sie mich in dem Zusammenhang, bei dem, was geschehen ist und was geschieht, Herr Kollege Schmidhuber, ein paar Antworten auf Ihre Zwischenbemerkungen versuchen. Sie haben gesagt, Ludwig Erhard habe Ende der 40er Jahre in ungleich schwierigerer Lage einen Erfolg auf diesem Gebiet erzielt. Dieser Erfolg ist völlig unbestritten. Daß die Situation schwierig war, ist völlig unbestritten. Ob sie schwieriger war als heute, dahinter setze ich ein Fragezeichen. Denn sicherlich war sie anders. Sicherlich waren die Ursachen, die Probleme und die Konsequenzen, die daraus zu ziehen wären, anders als heute. Ich verkleinere überhaupt nicht die Leistungen von damals. Aber ich warne davor, die Verhaltensweisen von damals als Patentrezept auf heute übernehmen zu wollen. Ich glaube nicht, daß sie uns weiterhelfen werden.
Lassen Sie mich, Herr Schmidhuber, bitte eine Bemerkung zu Ihrer Kritik machen, die Sie an die Adresse des Bundeswirtschaftsministers gerichtet haben. Sie meinen, er gehe zur Hochfinanz und habe kapituliert. Nun, er hat nicht kapituliert. Wenn jeder Wechsel von einer Position in die andere Kapitulation bedeutete, dann müßten Sie eigentlich auch davon ausgehen, daß der vorgesehene Nachfolger vor den Aufgaben in der Wirtschaft kapituliert. Dies ist nicht der Fall. Ich gebe zu, ich fände es auch verdrießlich, daß das Institut der Hochfinanz, wie Sie es genannt haben, nicht auf den Gedanken gekommen ist, einen der vorzüglichen Wirtschaftspolitiker der Opposition mit einem Angebot zu bedenken!

(Beifall bei der FDP)

Ich will nur ganz wenige Bemerkungen zu den Einzelbestimmungen machen, die in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehen sind. Ich beschränke mich auf zwei von der großen Zahl. Herr Hauser, Sie haben das Privatisierungsgebot herausgestellt. Sie wissen, das ist ein Thema, das mir am Herzen liegt, und wir sind in dem, was möglicherweise geschehen sollte, in vielen Punkten einer Meinung. Aber in Ihrem Entwurf steht: „Die Bundesbehörden ... sollen wirtschaftliche Leistungen, die von privaten Unternehmen zweckmäßig, ordnungsgemäß und kostengünstig ausgeführt werden, soweit wie möglich an solche vergeben." Eine solche Formulierung können Sie vergessen; die reicht gerade für den Papierkorb. Die bindet niemanden, die zwingt niemanden. Damit ist überhaupt nichts anzufangen. Gesetze soll ein Gesetzgeber nicht machen, wenn er selber der Auffassung ist — schon bei der Formulierung —, daß er sie überhaupt nicht durchsetzen kann.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Wir können sie gemeinsam verbessern!)

— Dann möchte ich den Vorschlag sehen, wie Sie das als eine Zwangsbestimmung hier einbauen wollen. Sie wissen, daß es nicht geht. Sonst hätten Sie es nämlich hineingeschrieben.
Zweiter Punkt: Kreditgarantiegemeinschaften und Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Ich will hier keinen Zweifel lassen, daß ich ein großer Freund der Kreditgarantiegemeinschaften und ihrer Tätigkeit bin. Ich teile nicht die Bedenken, die sowohl der Rechnungshof wie der Haushaltsausschuß gegen ihre Tätigkeit geäußert haben. Aber ich muß zunächst einmal von diesen Bedenken Kenntnis nehmen. Aber daß der Zweck von Kapitalbeteiligungsgesellschaften als gemeinnützig gelten soll, ist mit dem herkömmlichen Begriff und unseren Vorstellungen von Gemeinnützigkeit nicht in Verbindung zu bringen. Hier handelt es sich um eine legitime, vernünftige, wirtschaftliche, auf Erwerb ausgerichtete Tätigkeit — das ist ja alles unbestritten, das ist alles völlig in Ordnung —, aber wie kann man denn da von Gemeinnützigkeit sprechen? Das, so scheint mir, geht dann doch wohl ein gutes Stück zu weit.
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 44. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 29. September 1977 3323
Dr. Graf Lambsdorff
Über die Kostenvermerke haben der Kollege Jens und Herr Schachtschabel ein paar zutreffende Bemerkungen gemacht. Das braucht man nicht zu erweitern. Das ist dasselbe wie vor zwei Jahren. Die Kosten werden nach Maßgabe des Haushalts geregelt. Also im Einzelfall ist mit diesem Gesetz überhaupt nichts zu machen, schon weil es nicht finanziert ist.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Das gilt auch für die Aktionsprogramme der Regierung!)

— Das ist völlig richtig, Herr Hauser. Nur, so ein Aktionsprogramm erweckt nicht beim Bürger und beim Mittelstand draußen den Eindruck, wie es ein Gesetz selbstverständlich tut, daß darin bindende Verpflichtungen eingegangen werden. Aktionsprogramme sind Absichtserklärungen. Das ist in Ordnung. Mehr können sie auch nicht sein. Mit diesem Gesetz täuschen Sie die Bürger.
Es kommt im übrigen eines hinzu. Ich habe die Drucksache 8/112 vom 10. Februar 1977 vor mir liegen. Da heißt es in den einleitenden Sätzen — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten
zitieren —:
Die ständig steigende Zahl erlassener Gesetze und Rechtsverordnungen führt zu einer immer größeren Einengung und Bindung der Bürger. Fehlende oder unzureichende Erfolgskontrollen tun ein übriges, das Gesetzesgestrüpp undurchdringbarer zu machen ...
Unter denjenigen, die diese Kleine Anfrage unterschrieben haben, finden wir die Kollegen Dr. Sprung, Haase (Kassel), Dr. Köhler (Duisburg), Dr. Zeitel, Frau Pieser, Dr. Waffenschmidt, Dr. Stavenhagen, alle, die diesen völlig überflüssigen Gesetzentwurf heute auch mit unterschrieben haben. Meine Damen und Herren, eines von beiden kann doch nur richtig sein. Wenn wir hier zu viele Gesetze und auch einen großen Teil überflüssiger Gesetze produzieren — da bin ich bereit, Ihnen zuzustimmen —, dann sollten Sie es unterlassen. diesen Gesetzentwurf, der völlig überflüssig ist, hier vorzulegen.

(Zustimmung bei der FDP — Lampersbach [CDU/CSU] : Wenige gute, nicht so viele schlechte Gesetze!)

Dies im übrigen, Herr Schmidhuber, auch an Ihre Adresse: Sie sagen, es gehe nicht um „entweder —oder", sondern um „sowohl als auch". Dies ist ein Gesetz des „als ob", und mit dem kann man nichts anfangen.

(Beifall bei der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804403000
Herr Kollege, der Herr Kollege Dr. Köhler hat den Wunsch, eine Zwischenfrage zu stellen. — Bitte.

Dr. Herbert W. Köhler (CDU):
Rede ID: ID0804403100
Herr Kollege, es ist vorhin von einem Ihrer Kollegen von dem großen Erfolg der Mittelstandspolitik der Koalition gesprochen worden. Würden Sie mir erstens bestätigen, daß die Zahl der Selbständigen in unserem
Lande seit 1969 um 900 000 zurückgegangen ist, und zweitens bestätigen, daß man das nicht als Erfolg von Mittelstandspolitik bezeichnen kann?

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0804403200
Herr Kollege Köhler, zunächst einmal kann ich Ihnen die Zahl nicht genau bestätigen. Ich möchte aber dazu sagen, daß wir sorgfältig unterscheiden müssen, ob es sich um gewerblichen Mittelstand oder um Selbständige handelt. Wir können nämlich nicht auf der einen Seite nur das Ausscheiden des gewerblichen Mittelstandes und der Selbständigen zählen und auf der anderen Seite das Hinzuwachsen nur einer Gruppe. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß wir mehr tun müssen, um den Willen zum Selbständigwerden in der wirtschaftspolitischen Landschaft der Bundesrepublik zu stärken — keine Frage. Daraus mache ich gar keinen Hehl, darüber berät die Bundesregierung zur Zeit, deswegen wird über die Existenzgründungsunterstützung nachgedacht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804403300
Herr Kollege Graf Lambsdorff, würden Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Niegel zulassen?

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0804403400
Aber selbstverständlich!

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0804403500
Herr Kollege Graf Lambsdorff, haben Sie, wenn Sie diesen Entwurf des Mittelstandsförderungsgesetzes ablehnen, irgendwie in Erfahrung bringen können, daß insbesondere in Bayern in mittelständischen Kreisen das schon einige Jahre existierende Mittelstandsförderungsgesetz sehr begrüßt wird und daß es sich sehr gut bewährt hat?

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0804403600
Herr Kollege, ich habe nichts gegen die Mittelstandsgesetze, die auf Länderebene dort vorhandene Zuständigkeiten regeln, koordinieren und zusammenfassen. Aber ich habe etwas gegen Mittelstandsförderungsgesetze, wie sie hier vorgeschlagen werden, die ein Scheinmanöver sind und die einen Erwartungshorizont aufbauen, den Sie und die Bundesregierung nicht erfüllen und nicht einhalten können. Dagegen bin ich; ich bin für Ehrlichkeit auch in der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung.

(Beifall bei der FDP — Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

Wenn Sie, meine Damen und Herren, hier zum Schluß schreiben „Alternativen — keine", so ist dies nicht richtig. Sie sehen zwar meist keine Alternative, Sie sind ja auch häufig keine Alternative, aber in diesem Falle gibt es wohl eine Alternative, nämlich die Fortsetzung der Mittelstandspolitik der Regierung. — Ich bedanke mich für Ihr Zuhören.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804403700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Professor Zeitel,




Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804403800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Graf Lambsdorff, lassen Sie mich zunächst klarstellen, daß der Inhalt dieses Gesetzentwurfes weitgehend mit den Ländergesetzgebungen übereinstimmt, daß Ihr Wirtschaftsminister in Niedersachsen ein solches Gesetz vorbereitet und daß wir ähnliche Gesetzesanträge in Hessen und in Hamburg haben. Nur ist offensichtlich bei Ihnen die Einsicht noch nicht vorhanden, daß wir mit einer solchen Vorlage dem Mittelstand helfen könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte aber noch immer meiner Hoffnung Ausdruck geben, daß es uns gelingen möge, in gemeinsamen Beratungen etwas für den Mittelstand zu tun, und zwar auch durch dieses Gesetz.
An den Anfang meiner Bemerkungen möchte ich die Feststellung rücken, daß alle Debattenbeiträge erfreulicherweise ein Bekenntnis zur mittelständischen Wirtschaft beinhalten. Das freut mich deshalb, weil es gar nicht Allgemeingut ist, daß die Leistungsfähigkeit, die Anpassungsfähigkeit und die Stabilität unserer Wirtschaft im wesentlichen auch auf die Leistungen des Mittelstandes zurückzuführen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte auch deutlich machen: Wir bestreiten gar nicht, daß die Koalition in einer Fülle von Vorhaben versucht hat, etwas für den Mittelstand zu tun.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

Nachdem dem Mittelstand erhebliche Wunden geschlagen worden sind und werden, versuchen Sie, die Wundschmerzen ein wenig zu lindern.
Nur, Herr Schachtschabel, wenn ich Ihre Ausführungen höre, könnte man eigentlich annehmen, daß die Umsätze in der mittelständischen Wirtschaft um 10 % pro Jahr steigen, daß die Beschäftigungszahlen steil in die Höhe gehen und daß sich die Gewinne laufend verbessern. Dies entspricht aber doch einfach nicht der Realität, Herr Kollege Schachtschabel. Die Tatsachen sind doch durch andere Entwicklungstendenzen gekennzeichnet.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804403900
Herr Abgeordneter Zeitel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Steger.

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804404000
Bitte.

Dr. Ulrich Steger (SPD):
Rede ID: ID0804404100
Ich möchte zugunsten des Kollegen Schachtschabel verzichten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804404200
Die Zwischenfrage wird gestattet? — Bitte!

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0804404300
Herr Kollege Zeitel, stimmen Sie mir zu, daß möglicherweise — ich bin sogar sicher — mehr Insolvenzen eingetreten wären, wenn die sozialliberale Bundesregierung nicht eine wirkungsvolle Mittelstandspolitik betrieben hätte?

(Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/ CSU)


Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804404400
Herr Kollege Schachtschabel, die wenigsten Konkurse wären vielleicht eingetreten, wenn wir die sozialliberale Regierungskoalition nicht gehabt hätten, sondern auf der vorhandenen Linie fortgeschritten wären.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Steger [SPD]: Ein schöner Marktwirtschaftler sind Sie!)

Alle gegenteiligen Deklamationen vermögen nichts daran zu ändern, daß in weiten Teilen der mittelständischen Wirtschaft eine mörderische Wettbewerbsauseinandersetzung stattfindet, daß sich die Erträge in den letzten sieben Jahren fast halbiert haben, die vorher ohnehin schon nicht üppig waren, und daß als Folge dieser Entwicklung die Eigenkapitalbildung in den Unternehmungen in erheblichem Umfang rückläufig ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804404500
Herr Kollege Zeitel, jetzt kommt eine Zwischenfrage aus Ihrer Fraktion. Herr Kollege Lampersbach, bitte!

(Wehner [SPD] : Profilierung!)


Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0804404600
Herr Kollege Zeitel, würden Sie vielleicht die Liebenswürdigkeit haben, Herrn Kollegen Schachtschabel zu fragen, ob er mit den Aktivitäten z. B. die „Aktion Gelber Punkt" gemeint hat.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804404700
Herr Kollege, hier gibt es keine Dreiecksfragen. Übung des Hauses! — Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Steger?

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804404800
Gerne.

Dr. Ulrich Steger (SPD):
Rede ID: ID0804404900
Herr Kollege Zeitel, als ehemaliger Ökonomieprofessor (Beamter auf Lebenszeit) --

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804405000
Noch amtierender!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804405100
Herr Kollege, stellen Sie bitte Ihre Frage in der Sache!

Dr. Ulrich Steger (SPD):
Rede ID: ID0804405200
Ich möchte Herrn Kollegen Zeitel fragen, ob er mit mir darin übereinstimmt, daß der Wettbewerb die Funktion hat, auch die Gewinne zu begrenzen, daß Gewinne nicht anders zu legitimieren sind als dadurch, daß sie im marktwirtschaftlichen Wettbewerb erzielt sind, und daß Ihre Formulierung, die Gewinne würden durch einen harten Wettbewerb begrenzt, im Sinne der von Ihnen vertretenen Marktwirtschaftsauffassung doch sehr, sehr bedenklich sind.

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804405300
Überhaupt nicht, Herr Kollege Steger. Ihnen sollte bekannt sein, daß wir in diesem Bereich einen Verdrängungswettbewerb haben, der durchaus nicht immer mit einem fairen Wettbewerb in Einklang steht. Außerdem sollte Ihnen bekannt sein, daß es auch für die Ertragssituation im Mittelstand eine Grenze gibt, wo der



Dr. Zeitel
Mittelstand aufhört, lebensfähig und leistungsfähig zu sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804405400
Herr Abgeordneter Zeitel, es geht weiter. Herr Kollege Graf Lambsdorff hätte gern noch eine Frage an Sie gestellt.

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804405500
Bitte.

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0804405600
Herr Professor Zeitel, könnten Sie mir bitte erklären, was Sie unter dem Stichwort „Verdrängungswettbewerb" verstehen, und sind Sie mit mir darin einig, daß Wettbewerb letztlich darin besteht, daß ich den Wettbewerber um seinen Marktanteil entsetze und ihn vom Markt verdränge?

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804405700
Kollege Graf Lambsdorff, ich nehme an, Sie sind hinreichend sachverständig, um mit dem Wort „Verdrängungswettbewerb" ganz bestimmte Praktiken verbinden zu können, die wir nicht für legitim halten. Das hatte ich bei Ihnen eigentlich unterstellt; denn das ist ein Terminus technicus.
Aber jetzt will ich gleich etwas mehr zu Ihnen sagen, Graf Lambsdorff. Sie sind immer sehr eloquent, immer sehr schnell mit dem Wort; Sie verteidigen heute den Investitionszuschlag, morgen den Investitionsabschlag. Sie verteidigen damit eine Zickzackpolitik, von der wir glauben, daß sie zu einem erheblichen Teil das Vertrauen zerstört, das gerade im Mittelstand so bedeutsam ist, insbesondere für eine längerfristige Orientierung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Graf Lambsdorff, Eloquenz ist die eine Seite, es ist auch ganz schön, immer die Kurve zu kriegen. Aber in der Wirtschaftspolitik kommt es vor allen Dingen darauf an — gerade für den Mittelstand —, daß der langfristige Orientierungsrahmen stimmt und möglichst konstant bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Rawe [CDU/ CSU] : Das soll sich der Graf für die Zukunft mal merken!)

Wir meinen nicht, Graf Lambsdorff, daß wir mit diesem Gesetzentwurf alle Mittelstandsprobleme lösen, wahrlich nicht. Wir meinen aber, daß gerade im Hinblick auf die kaum noch übersehbare Vielzahl von Aktions- und Hilfsprogrammen eine gesetzliche zusammenfassende Regelung nützlich ist. Die Orientierung der Verwaltungsbürokratie an einer gesetzlichen Grundlage ist auch nützlich. Es ist ebenso zweckdienlich, wenn das Gesetz für die Verwaltung bestimmte Gebote beinhaltet, wie wir das in anderen Gesetzen auch haben. Wenn man diese Gebote besser formulieren kann, dann sollten wir im Interesse einer positiven Entwicklung des Mittelstandes zusammenwirken und dies nicht mit läppischen Bemerkungen wie „Etikettenschwindel" abtun. Dieses Wort sollten Sie hier nicht gebrauchen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist eigentlich eine Art der Debatte, die einem seriösen Mann, wie Sie es doch sein wollen, nicht ansteht.

(Zurufe von der SPD und der FDP)

Alle Ihre Deklamationen täuschen doch nicht darüber hinweg, daß bei Ihrer Politik ein Grundwiderspruch besteht. Er besteht darin, daß Sie immer hohe Ziele verkünden, daß Sie z. B. immer die Beschäftigung sichern, daß Sie fünf und sechs Prozent Wachstum erreichen wollen, daß die Realität aber meist erheblich anders aussieht. Die Frage bleibt: Woher kommt das eigentlich? Lassen Sie mich hierzu einige Gesichtspunkte vortragen. Dies erscheint um so mehr geboten, als die FDP ja immer betont, daß die Mittelstandspolitik — was auch unsere Meinung ist — in die allgemeine Wirtschaftspolitik eingebettet ist.
Das wirtschaftspolitische Kernproblem ist gegenwärtig nicht die Überwindung der Folgen der Welterdölkrise, sondern die unzureichende Investitionsneigung, die wir bereits seit 1971 feststellen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Und woher kommt die?)

Die unzureichende Investitionsneigung steht sicher in einer engen Wechselbeziehung — auch das können Sie mit Zahlen belegen —

(Stahl [Kempen] [SPD] : Zu Ihrer Schwarzmalerei!)

zu der annähernden Halbierung der Gewinne in dieser Zeit. — Was die Schwarzarbeit angeht, Herr Kollege, — —

(Lachen und Zurufe von der SPD: Schwarzmalerei! — Wehner [SPD]: Malerei ist doch keine Arbeit!)

— Wir betreiben keine Schwarzmalerei. In der Ökonomie, Herr Kollege Wehner, empfiehlt sich immer realistische Nüchternheit. Alles andere führt in die Irre.
Die unzulängliche Investitionsneigung ist in erster Linie im Bereich der mittleren und kleineren Unternehmungen zu beobachten. Die mangelhafte Investitionsbereitschaft ist nicht darauf zurückzuführen, daß der Mittelstand nicht will, sondern darauf, daß er über keine hinreichende Eigenkapitalbasis mehr verfügt und zuwenig Vertrauen hat, um die risikoreicher werdenden Investitionen durchzuführen. Dies ist der entscheidende Grund, warum wir keine hinreichende Investitionsneigung haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804405800
Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Graf Huyn?

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804405900
Gerne.

Graf Hans Huyn (CSU):
Rede ID: ID0804406000
Herr Kollege Professor Zeitel, würden Sie mir zustimmen, daß diese unzureichende Investitionsneigung gerade im Mittelstand auch in einem direkten Verhältnis zu dem Vertrauen



Graf Huyn
steht, das unser Mittelstand in die Politik der Bundesregierung und der gegenwärtigen Koalition hat?

(Zurufe von der SPD)


Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804406100
Graf Huyn, das habe ich bereits zum Ausdruck gebracht. Der Mangel an Stetigkeit in der Politik dieser Regierung ist eine der Ursachen für den Vertrauensschwund in diesem Bereich.

(Zuruf des Abg. Dr. Steger [SPD])

Über diesen Tatbestand täuschen die Kreditprogramme, die Sie immer wieder initiieren und die auch hilfreich sind, nicht hinweg. Wenn das Eigenkapital nicht mehr ausreichend ist, nützen die Kredite auch nichts mehr. Dies ist die Situation in weiten Bereichen des Mittelstandes.

(Beifall bei der CDU/CSU — Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Steger [SPD])

Ein weiterer Sachverhalt ist, daß die Lohnkosten eine hohe Steigerungsrate aufweisen, insbesondere die Lohnnebenkosten, die den Mittelstand besonders betreffen.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Wer hat die Tarifverträge abgeschlossen?)

Wir müssen leider konstatieren, Herr Wolfram, daß sich die Tarifverträge weitgehend an den Großbetrieben orientieren. Dies wirkt sich nachteilig für den Mittelstand aus.

(Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Sie haben doch Ihre Unterschrift geleistet!)

— Ich halte mich an die Tatsachen, die den Mittelstand treffen, damit wir zu einer anderen Politik kommen als derjenigen, die wir gegenwärtig haben und die eben negative Ergebnisse zeitigt.

(Zurufe von der SPD)

Wir haben heute Lohnnebenkosten, die bei 65 % der Tariflöhne liegen. Diese Lohnnebenkosten treffen gerade den Mittelstand, der überdurchschnittlich personalintensiv ist. Das ist auch eine Folge Ihrer Politik.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Bereich ansprechen, über den gerade in diesen Tagen debattiert wird und der wie kein anderer, Graf Lambsdorff, zeigt, wie widerspruchsvoll Ihre Politik ist, wie Deklamationen und Taten nicht übereinstimmen. Ich meine die Steuerpolitik. Glauben Sie denn im Ernst, daß dem Mittelstand mit einer Politik nach dem Motto „Mit 9,50 DM sind Sie dabei" gedient ist? Ich finde es erbärmlich, wenn sich der Finanzminister hier hinstellt und zu erklären versucht, daß es ungerecht sei, daß jemand, der zehnmal soviel Steuern zahlt wie ein anderer, die zehnfache Entlastung erführe. Diese Art der Debatte ist erbärmlich.
Das Grundproblem unserer Steuerpolitik besteht doch nicht in der Umverteilung zwischen reich und arm. Das Grundproblem unserer Steuerpolitik besteht gegenwärtig dank Ihrer Verfahrensweise darin, daß weite mittlere Schichten, vom Facharbeiter über den Einzelhändler bis zum Handwerker und Freiberufler, heute einschließlich der Sozialabgaben Grenzsteuerlasten zu tragen haben, die 50 und 60 % betragen. Dies fördert ganz gewiß nicht die Leistungsfreude und Leistungsfähigkeit des Mittelstandes.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804406200
Herr
Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Cronenberg?

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804406300
Gerne.

Dieter-Julius Cronenberg (FDP):
Rede ID: ID0804406400
Herr Professor Zeitel, würden Sie im Zusammenhang mit Ihrer Bemerkung, daß den einzelnen Arbeitnehmern durch die Steuererleichterungen Minibeträge zufließen würden, bestätigen, daß die beschlossenen und geplanten Maßnahmen für eine Familie mit drei Kindern eine Entlastung etwa in der Größenordnung 45 DM netto pro Monat bringen und daß dieser Betrag, wenn er durch Lohnerhöhungen erzielt werden sollte, für mittelständische Unternehmen eine ganz erhebliche Belastung — hier sind auch die von Ihnen genannten zusätzlichen Sozialkosten zu berücksichtigen — mit sich bringen würde und deswegen von anderer Gewichtigkeit wäre als die von Ihnen genannten Minibeträge?

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0804406500
Aber Herr Cronenberg, wir wollen doch hier nicht drei mal drei ausrechnen. Daß das neun ist, wissen wir. Was soll daher die Frage? Ich dachte immer, die FDP sei für den Mittelstand und sie sei deshalb für ein anderes steuerliches Verfahren. Deshalb wundere ich mich ein bißchen über Ihre Frage. Wollen wir einmal abwarten, wie die Dinge laufen!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir stehen im Unterschied zu Ihnen — jeden-
falls dazu, daß wir diesen mittleren Schichten auch im Rahmen der steuerlichen Behandlung die relativ gerechte, d. h. proportionale Entlastung zuteil werden lassen sollten und nicht einfach die 9,50 DM im Einzelfall.
Ähnlich steht es — um einen weiteren Sachverhalt zu nennen — im Bereich der Bildungspolitik. Der Mittelstand, das Handwerk und der Handel bemühen sich in einer höchst anerkennenswerten Weise, zusätzliche Arbeitsplätze bereitzustellen. Und was tut die Regierung? Sie droht dauernd mit dem Knüppel der Ausbildungsabgabe, statt so etwas eventuell mit steuerlichen Erleichterungen zu honorieren.

(Zurufe von der SPD)

— Dazu gibt es Äußerungen. Es gibt sogar gezielte Aktionen.

(Zurufe von der SPD)

Infolgedessen trägt ihre Bildungspolitik sicher nicht dazu bei, die Ausbildungsfreude in den mittelständischen Unternehmungen zu erhöhen.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zur Wettbewerbspolitik: Herr Jens, es ist nicht sehr fair, Herrn Kollegen Lampersbach ohne Zusammenhang zu zitieren, ohne den Anlaß für die Äußerung



Dr. Zeitel
zu nennen. Er hat nämlich über den Fall Neckermann gesprochen. Dort wird doch sichtbar, daß diese Regierung zwar ein Wettbewerbsinstrumentarium geschaffen hat, aber immer dann, wenn sie es anwenden soll, gerade der unerwünschten Fusion zustimmt. So löst man die Probleme der mittelständischen Wirtschaft gewiß nicht, wenn man gleichzeitig tausende kleiner Betriebe kaputtgehen läßt. Deshalb sollten Sie nicht so tun, als ob in der Wettbewerbspolitik die mittelständische Linie gehalten würde.
Wir werden sehr schnell im Bereich des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb und des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit Vorschlägen kommen. Wir hoffen dann jedenfalls auf eine Zustimmung, wenn es darum geht, die unfairen Wettbewerbspraktiken, die Sie doch kennen, ein wenig einzuengen. Wir wissen, Graf Lambsdorff, daß das z. B. bei den Werbemethoden nicht einfach ist. Deswegen sollten wir auch in diesem Bereich nicht so tun, als ob die Regelungen, die wir bisher haben, ausreichend sind, um einen fairen Wettbewerb für den Mittelstand sicherzustellen. Genau dies ist unser Anliegen.
Ich bin sehr im Zweifel darüber, ob die bisherigen Bestimmungen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb und des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen überhaupt ordnungspolitisch ausreichend sind, um den veränderten Entwicklungsbedingungen Rechnung tragen zu können. Vielleicht bietet sich mit der „Gemeinsamen Empfehlung" ein Weg, eine dritte ordnungspolitische Säule in der Wettbewerbspolitik zu etablieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Überblickt man die Gesamttendenz Ihrer Politik, so ist das Ergebnis für den Mittelstand jedenfalls bedrückend. Er hat auf Grund seiner personalintensiven Struktur überwiegend die Lasten Ihrer Gesetze — einschließlich der Sozialgesetze — zu tragen. Daher ist er in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, in einer schwierigeren Lage als je zuvor in der Nachkriegsentwicklung dieser Bundesrepublik. Man sollte nicht so tun, als gebe es dank zahlloser Investitions- und Kreditprogramme keine Probleme. Das wird der Situation in diesem wichtigen Bereich wirklich nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine Bemerkung zu der „Gesetzesmacherei". Graf Lambsdorff, das richtet sich ein bißchen gegen Ihre billige Diskussionstour. In der Tat, das Gesetzblatt der letzten Legislaturperiode umfaßt dank der vielen hektischen Aktivitäten und insbesondere der „Abhaktechnik", die die SPD anwendet, 3 000 Seiten. Vor zwei Legislaturperioden waren es noch 800 Seiten.

(Zuruf des Abg. Dr. Steger [SPD])

— Ich komme noch darauf, Herr Steger. Seien Sie nicht so vorschnell.
Die Konsequenzen der Gesetzeshuberei drücken den Mittelstand heute vielleicht schon mehr als die effektive Kostenlast. Wenn Sie nun sagen, hier werde noch ein Gesetzentwurf mehr vorgelegt, so finde ich das merkwürdig. Dieser Gesetzentwurf wäre nämlich vielleicht geeignet, den Mittelstand von dem Wust anderer Aktivitätsvorschriften zu befreien und ihm eine zusammenfassende Orientierungsrichtlinie zu geben. Was wir brauchen — insofern hat das Privatisierungsgebot seinen guten Sinn, wobei sich über die Formulierung immer reden läßt —, ist nicht mehr Staat, sondern weniger Staat. Auch dafür sollten wir etwas mehr gesetzliche Handhabe bieten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich hinzufügen: Wir brauchen vor allem — dies ist vielleicht das größte Problem des nächsten Jahrzehnts — mehr Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Leistungsdarbietung. Meine Damen und Herren, die Probleme im Bereich der Gesundheitspolitik — ich will dies nur andeuten — werden doch von ,der falschen Seite her angegangen, wenn man so tut, als seien die Honorare der Ärzte — also Freiberufler — der verursachende Faktor für die Kostenexplosion. Die größte Kostenexplosion gibt es im Krankenhauswesen. Sie ist nachweisbar die Folge einer Bürokratisierungstendenz, die zwangsläufig erhebliche Mehrkosten mit sich bringt. Es geht darum, in diesem Bereich mehr Wirtschaftlichkeit einzuführen und vielleicht mehr auf ein kleines frei-gemeinnütziges Krankenhaus zu vertrauen als auf einen solchen Riesenkasten wie den in Steglitz, mit vorhersehbaren unwirtschaftlichen Folgekosten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich wiederhole: Wir glauben nicht, daß wir mit diesem Mittelstandsförderungsgesetz alle angesprochenen Probleme lösen. Sicher bedarf es einer substantiellen Ergänzung durch gezielte Geetzesakte, die den Mittelstand nicht nur immer belasten, sondern die auch einmal ein Signal dafür setzen, daß er entlastet wird. Um nicht mißverstanden zu werden: Unser Mittelstand braucht keinen Schutzpark. Er braucht keine Vorschriften, die ihm Subventionen zuspielen. Er hat aber einen Anspruch darauf, daß ihm faire Wettbewerbsbedingungen eingeräumt werden, die ihm derzeit als Folge Ihrer Gesamtpolitik nicht zugestanden werden. Wir sind zutiefst davon überzeugt, daß das, was in diesem Bereich geschieht, nicht irgendeine Interessenpolitik ist, sondern daß das, was für den Mittelstand unseres Landes gut ist, auch für unser Land gut ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804406600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Steger.

Dr. Ulrich Steger (SPD):
Rede ID: ID0804406700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Professor Schachtschabel und auch die anderen Redner der Koalition haben hier eine umfassende Leistungsbilanz unserer Politik für kleinere und mittlere Unternehmen vorgetragen. Ich glaube, das war für manche Mittelstandspolitiker der CDU/CSU eine sehr notwendige Nachhilfestunde.

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Sie brauchen sich gar nicht darüber zu beschweren. Diese Nachhilfestunde wurde doch wenigstens



Dr. Steger
noch privatissime et gratis gegeben, wie es unter Professoren heißt. Ich will dies hier nicht weiter vertiefen.
Herr Kolleg Zeitel, ich muß feststellen, daß Sie der auch vom Kollegen Jens angebotenen sachlichen Auseinandersetzung über die Zweckmäßigkeit und die Verbesserung von Maßnahmen ausgewichen sind, weil Sie keine Alternative haben, und statt dessen wieder den ideologischen Hammer geschwungen haben. Es war ganz merkwürdig, was da zutage kam. Sie können sich da auch nicht mit Ihren Attacken auf irgendwelche sozialistischen Phänomene entschuldigen.
Wir müssen immer in Erinnerung behalten, daß es auf deutschem Boden zwei Planwirtschaften gegeben hat bzw. gibt: Die eine ist die bürokratische Planwirtschaft, die wir noch haben: im Bereich der DDR. Aber davor hat es in Gesamtdeutschland eine bürokratische Planwirtschaft gegeben, die von rechts eingeführt worden ist; denn das, was die Nationalsozialisten gemacht haben, war ja auch Planwirtschaft.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Planwirtschaft ist immer vom Übel, ob sie von links oder von rechts kommt!)

— Der soziale Boden dieser Planwirtschaft war nicht nur „Blut und Boden", Herr Hauser, sondern waren auch die protektionistischen und dirigistischen Forderungen des sogenannten Mittelstands.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was hat das damit zu tun?)

— Was das damit zu tun hat, kann ich Ihnen sagen: Wir werden es Ihnen nicht so einfach durchgehen lassen, die Schimäre der sozialistischen Planwirtschaft aufzubauen und zu sagen: Guckt euch mal die mittelstandsfeindlichen Sozis an! Wir werden vielmehr sehr präzise die ideologischen und antimarktwirtschaftlichen Grundlagen Ihrer Mittelstandspolitik herausarbeiten; denn dort liegen die Unterschiede.

(Zurufe von der CDU/CSU: Machen Sie es doch einmal! — Wo sind die denn?)

— Sie haben offensichtlich noch Verständnisschwierigkeiten.

(Abg. Dr. Jaeger [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ich möchte meinen Gedanken erst zu Ende führen; dann können Sie fragen.
Das sind ja einige ganz merkwürdige Sachen herausgekommen, z. B. dieses Wettbewerbsverständnis. Wenn man Sie hört, fragt man sich: Wo gibt es in dieser Republik überhaupt Wettbewerb, der nicht ruinös, der nicht mörderisch, der nicht unfair ist? Da gibt es überhaupt keinen Bereich. Immer dort, wo Wettbewerb ist, kommen die großen Klagen. Es wird von der Begrenzung der Gewinne gesprochen, die unfair sei, und von allem möglichen. Und dann kommt die Forderung, der Gesetzgeber möge diesen Wettbewerb so regulieren, daß ein bequemer Naturschutzpark übrigbleibt.
In dem Zusammenhang müßten Sie einmal präzise definieren, was Sie mit Mittelstand eigentlich meinen. Sie reden hier immer über „den" Mittelstand. Da gibt es den Würstchenverkäufer, und da gibt es das Steuerberatungsbüro mit 30 Mitarbeitern und Millionenumsätzen. Da gibt es Handwerksbetriebe, die sich einem drastischen Strukturwandel gegenübersehen und denen es in der Tat schlechtgeht — aber das können Sie in der Marktwirtschaft gar nicht ausschließen —, und es gibt kleine und mittlere Unternehmen, die auf innovationsträchtigen Märkten mit einem hohen Know-how-Anteil ganz hervorragende Erfolge erzielen. Aber Sie pauschalieren, um nicht zu sagen: kollektivieren diese unheimlich differenzierte ökonomische Landschaft unter diesem nebulösen Begriff „Mittelstand" und trauen sich nicht, zu sagen, daß vieles von dem, was Sie wollen, der Großindustrie viel mehr zugute kommt als dem Mittelstand. Das ist doch die Unfairneß, die darin steckt, die in Ihrer ganzen Politik angelegt ist. Auf der einen Seite haben Sie den Wirtschaftsrat, der für die eigentliche Politik zuständig ist, während der Mittelstand nur auf die Tränendrüse drücken darf, und auf der anderen Seite haben Sie die Arbeitnehmer, die im Wahlkampf ein gewisses Feigenblatt darstellen.

(Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Halten Sie das nicht für ein bißchen billig?)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804406800
Herr Kollege Dr. Steger, wollen Sie auf die Frage des Kollegen Jaeger noch einmal zurückkommen?

Dr. Ulrich Steger (SPD):
Rede ID: ID0804406900
Ja, Herr Kollege Jaeger kann jetzt fragen; ich habe meinen Gedanken zu Ende geführt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804407000
Ich wollte mich nur vergewissern.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0804407100
Herr Kollege, ich wollte Sie fragen, ob Sie, wenn Sie hier die verfehlte Wirtschaftspolitik des aus anderen Gründen verwerflichen Nationalsozialismus anführen, dies der Christlich Demokratischen und der Christlich-Sozialen Union in die Schuhe schieben wollen.

Dr. Ulrich Steger (SPD):
Rede ID: ID0804407200
Nein, Herr Kollege Jaeger. Sie haben vielleicht nicht genau zugehört. Ich habe gesagt, daß wir auch eine Planwirtschaft von rechts hatten, daß also die von Ihnen immer vorgenommene Gleichsetzung von Planwirtschaft und Sozialismus für die Bundesrepublik schon historisch gar nicht stimmt und daß einer der sozialen Ursachen für diese Planwirtschaft von rechts damals die protektionistischen Forderungen aus dem Bereich gewesen sind, den Sie Mittelstand nennen.
Da muß ich dem Kollegen Lambsdorff voll und ganz zustimmen: Wir werden in unserer „Mittelstandspolitik" nicht von der marktwirtschaftlichen Orientierung abweichen, auch wenn Sie mit noch so protektionistischen Forderungen kommen.



Dr. Steger
Wie war das denn z. B. mit der Tarifautonomie, gegen die Herr Zeitel hier polemisiert hat? Was wollen Sie denn? Wollen Sie die Lohnnebenkosten, die weitgehend durch Tarifverträge entstanden sind und die die Arbeitgeber, zu denen auch der Mittelstand gehört, mit unterschrieben haben, durch staatliche Gesetze ändern? Sie müssen dann doch einmal eine Alternative aufzeigen. Sie können doch nicht immer beklagen, die Tarifverträge seien so schlimm, so schlecht, ohne auch zu sagen, daß erstens Sie mit unterschrieben haben, und zweitens, welches Ihre Alternative ist, um die anstehenden sozialen Probleme zu regeln. Ich muß ganz klar feststellen: Wir stehen zur Tarifautonomie und lassen sie uns auch nicht durch dirigistische Forderungen unter dem Etikett Mittelstand abhandeln. Da hat der Kollege Lambsdorff recht: Das ist Etikettenschwindel.
Wir plädieren dafür, die ökonomische Situation sachlich zu analysieren, präzise zu definieren, was der Mittelstand ist, und das genau in die Problembereiche zu zerlegen, die ich eben skizziert habe. Wir müssen auch einmal die Leistungsdefizite sauber herausarbeiten, um zu erkennen, warum denn die kleinen und mittleren Unternehmen und die Selbständigen in bestimmten Bereichen in bestimmten Schwierigkeiten sind. Das ist nämlich nicht so pauschal zu machen, wie Sie das immer tun.
Ich will einmal einen Punkt herausgreifen, an dem man das sehr deutlich machen kann. Herr Hauser, ich finde es mehr als typisch, daß dieser Bereich bei Ihnen praktisch fehlt, nämlich der Bereich der Innovationspolitik für kleine und mittlere Unternehmen. Wenn Sie sagen, die Leistungsfähigkeit dieser Wirtschaft beruhe auf den anpassungsfähigen und leistungsorientierten kleinen und mittleren Unternehmen — was man in dieser Pauschalität sicherlich nicht behaupten kann —, dann müßten Sie auch einmal präzise sagen, was denn notwendig ist, damit diese kleinen und mittleren Unternehmen an der Spitze des technischen Fortschritts marschieren. Denn es kann ja wohl nicht so sein, daß wir uns gegen den marktwirtschaftlichen Strukturwandel wehren, daß wir versuchen, überholte Produktionen aufrechtzuerhalten, obwohl sie weder von der Nachfrageseite her noch von den komparativen Kosten in der internationalen Arbeitsteilung her zu halten sind, sondern unsere Aufgabe besteht doch darin, Innovationshemmnisse zu beseitigen. Davon steht in Ihrem Gesetzentwurf merkwürdigerweise so gut wie nichts, obwohl das in den nächsten Jahren ein zentrales Feld unserer Strukturpolitik für kleinere und mittlere Unternehmen ist.
Was ist denn alles passiert? Zum Beispiel die Projektförderung durch das BMFT. Ihre Kampagne, daß das nur etwas für die Großindustrie sei, ist ja schon längst zusammengebrochen, insbesondere nachdem man einmal nachgerechnet hat, was alles an kleinen und mittleren Unternehmen daran in Form von Unteraufträgen beteiligt ist. Ich nenne das Erstinnovationsförderungsprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums, die Wagnisfinanzierungsgesellschaft beim BMFT. Ich nenne das, was wir im Moment mit den Innovationsberatungsstellen versuchen, nämlich den Technologietransfer aus den
Großforschungseinrichtungen in die Wirtschaft. Ich nenne § 4 des Investitionszulagengesetzes, mit dem wir ja ganz gezielt die Forschungs- und Investitionszulagen für kleine und mittlere Unternehmen erhöhen, um dort, wo die Projektförderung nicht greift, einen stärkeren Anreiz zu bieten, tatsächlich in den Forschungs- und Entwicklungsbereich zu gehen, einfach deswegen, weil wir es für notwendig halten, daß die Leistungsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen gestärkt wird, daß sie mit innovativen Produktionen arbeiten, daß ihre Managementqualität verbessert wird. Professor Schachtschabel hat einiges zu dem ausgeführt, was wir dort in Form von Beratung und Ausbildung machen; denn Sie wissen doch genau — Sie müßten es wenigstens aus Ihrer eigenen Praxis wissen —, daß das Mittelstandsproblem auch ein Managementproblem oder besser gesagt: eine Frage der unzureichenden Managementkapazitäten ist.
Das sind die Ansatzpunkte, wo wir weiterkommen. Ich muß sagen, wir werden uns entschieden gegen alles zur Wehr setzen, den stattfindenden Strukturwandel unter dem Aspekt Mittelstandsschutz in irgendeiner Weise zu bremsen. Wenn wir Marktwirtschaft wollen, müssen wir auch die Konsequenzen dieser Marktwirtschaft wollen und können nicht für den Mittelstand einen Naturschutzpark bauen. Das sind die Unterschiede, die in der Politik für kleine und mittlere Unternehmen zwischen der CDU/CSU und den Regierungsparteien bestehen. Wir wollen eine größere Leistungsfähigkeit, eine größere marktwirtschaftliche Anpassungsfähigkeit, und Sie wollen immer nur Protektionismus, staatlichen Schutz für Produktionen, die nicht mehr aufrechtzuerhalten sind. Das ist der entscheidende Punkt. Um es mit einer Formulierung zu sagen, die Schumpeter vor fünfzig Jahren gebraucht hat: Unsere Politik ist für die Innovatoren, aber Ihre Politik ist noch nicht einmal für die Imitatoren, d. h. für diejenigen, die diesen Innovationen nachlaufen. Herr Hauser, das ist das Problem Ihrer Politik, und ich möchte Sie bitten, zu prüfen, wie Sie die dirigistischen und protektionistischen Forderungen, die Sie heute wieder erhoben haben, mit dem vereinbaren können, was Sie in Sonntagsreden für die Marktwirtschaft hier im Lande verbreiten.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Wo sind denn die dirigistischen Maßnahmen? Nennen Sie eine dirigistische Maßnahme, die wir gefordert haben! Bauen Sie keine Pappkameraden auf!)

Darin zeigt sich die Unglaubwürdigkeit Ihrer Politik: Sonntags singen Sie das Hohe Lied der Marktwirtschaft, und von Montag bis Freitag stehen Sie bei der Regierung Schlange und wollen Subventionen haben, so daß fast der Eindruck entsteht, die Arbeitnehmer sollten nur noch so viel Steuern zahlen, daß sie gerade noch den Mittelstand finanzieren können. Darin zeigt sich die Unglaubwürdigkeit Ihrer Politik.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Wir werden das gern weiterreichen, was Sie hier verkünden! — Milz [CDU/CSU]: Wissen Sie überhaupt, wovon Sie reden?)




Dr. Steger
Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, daß Sie diesen Gesetzentwurf noch einmal eingebracht haben; denn er hat in aller Deutlichkeit gezeigt, auf welchen wackligen Grundlagen Ihre Politik steht. Ich glaube, Herr Hauser, Sie bedauern es — das zeigt Ihre aggressive Reaktion in aller Deutlichkeit —, daß Sie dieses Thema heute noch einmal aufgegriffen haben,

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Ich bedaure nur, daß Leute von Dingen reden, von denen sie nichts verstehen!)

weil Sie schlecht aussehen, weil Sie keine Konzeption haben, weil Sie zu unserer Politik keine Alternative haben. Ich kann Ihren Ärger daher verstehen. Sie werden aber verstehen, daß diese Debatte für uns eine Bekräftigung ist, auf diesem innovationsorientierten Weg weiterzugehen, ohne uns dabei von den protektionistischen Hunden anbellen zu lassen.

(Beifall bei der SPD — Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Ich werde Sie dem Mittelstandssprecher Ihrer Partei weiterempfehlen!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804407300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gattermann.

Hans H. Gattermann (FDP):
Rede ID: ID0804407400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte hier und heute eigentlich nur zu dem Antrag betreffend die Lage der freien Berufe etwas sagen, weil auch in dieser Debatte die freien Berufe in der Gewichtung offenbar wieder nicht ganz zum Zuge gekommen sind. Das ist beispielsweise auch in Ihrem Gesetzentwurf, Herr Hauser, der Fall, in dem die freien Berufe in den zwei Paragraphen 24 und 25 durch eine schlichte Übertragung von Regeln, die nicht übertragbar sind, pauschal abgehandelt werden sollen. Aber eine Bemerkung von Herrn Professor Zeitel — er ist nun leider gegangen — veranlaßt mich doch, dazu etwas zu sagen. Herr Professor Zeitel hat die Bundesregierung geziehen, mit ihrer Politik so etwas wie Gigantomanie in der Wirtschaft zu unterstützen, etwa nach dem Motto: je größer um so besser. Als Beispiel hat er die kleinen frei-gemeinnützigen Krankenhäuser genannt, die doch eigentlich sehr viel besser als riesige Kliniken seien. Ich darf dazu anmerken: Die Bundesgesetze lassen die Förderung von allgemeinen frei-gemeinnützigen Krankenhäusern ab 100 Betten zu. Allerdings gibt es verschiedene Landesregierungen, die diesen Weg des Bundesgesetzgebers nicht mitgehen.

(Milz [CDU/CSU] : Auch in NordrheinWestfalen!)

— Das ist auch in Nordrhein-Westfalen der Fall; ich will die Schuld gar nicht einseitig verteilen. Aber es ist z. B. auch in Rheinland-Pfalz so, wo mindestens 300 Betten in einem Krankenhaus sein müssen, wenn es förderungsfähig sein soll. Das ist also eine andere Regelung, als sie der Bundesgesetzgeber meinte. Ich wollte damit nur sagen: Dies war ein schlechtes Beispiel dafür, daß gerade der Bundesgesetzgeber in dieser Hinsicht eine schlechte Politik mache.
Wir von der FDP-Fraktion haben verhältnismäßig wenig Neigung, dem Antrag zur Lage der freien Berufe in dieser Form zuzustimmen. Ich könnte es auch mit Rainer Barzel formulieren: „So nicht!" Im Prinzip wird es von uns begrüßt, daß hier die Lage der freien Berufe aufgegriffen wird. Wir haben uns gefragt, welche Ziele und Absichten Sie mit diesem Antrag verfolgen. Es kann ja wohl schlecht sein, daß es Ihnen nur darum gehen sollte, zu der von Ihnen allerorten immer wieder beklagten Berichtsflut — von der Gesetzesflut ist bereits gesprochen worden — beizutragen. Das kann es also nicht sein. Die schriftliche Begründung läßt völlig offen, wozu dieser Bericht am Ende dienen soll. Auch in der Debatte heute morgen habe ich dazu verhältnismäßig wenig gehört.
In der schriftlichen Begründung werden zwei Ziele genannt. Das erste: Der Bundesregierung soll Gelegenheit gegeben werden, ihre Position gegenüber den freien Berufen zu klären. Nun, meine Damen und Herren, ich glaube nicht, daß die Bundesregierung ihre Position gegenüber Ärzten, Apothekern, Architekten, Ingenieuren, Rechtsanwälten, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschafts- und Buchprüfern, Journalisten, Wissenschaftlern und Künstlern — die Liste ist noch nicht vollständig — erst bestimmen müßte. Der Herr Kollege Hauser hat ja heute morgen dankenswerterweise auch angemerkt, daß der Vorwurf der Fehleinschätzung weniger die Bundesregierung als die Koalitionsfraktionen treffe. Dazu darf ich für die FDP-Fraktion, in der ein erheblicher Prozentsatz von Freiberuflern tätig ist, anmerken, daß wir insoweit Nachhilfeunterricht zur Positionsbestimmung nicht benötigen. Als zweites Ziel wird genannt: Es sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß die freien Berufe ihre Funktion in der Gesellschaft auch zukünftig erfüllen können. Nun, meine Damen und Herren, solche Voraussetzungen schafft oder festigt man in der täglichen Gesetzesarbeit; man schafft und festigt sie nicht durch Berichte.

(Dr. Steger [SPD] : Sehr richtig!)

Wir teilen — ich sagte es bereits — im Grundsatz Ihre Auffassung von der Rolle und der Bedeutung der freien Berufe in unserer Gesellschaft, obwohl wir natürlich so wolkige Phrasen, wie sie in der Begründung stehen, nicht unterschreiben würden, z. B.: „Die freien Berufe schützen vor Nivellierung und Reglementierung. Die freien Berufe bewahren vor Degradierung zum Verwaltungsobjekt Die freien Berufe schützen vor dem Zugriff des Kollektivismus." Nun, meine Damen und Herren, wir wissen etwas differenzierter, was es für die Freiheit, für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen, für die geistigen und allgemein menschlich-seelischen Entwicklungsmöglichkeiten des Individuums, des einzelnen Bürgers bedeutet, daß wir freie und unabhängige Rechtsanwälte haben, die in allen Rechtsangelegenheiten vor Gerichten und vor Behörden beraten und vertreten, daß wir freie Steuerberater haben, die dem Bürger angesichts unserer Steuergesetzgebung bei der Ordnung seiner Steuerangelegenheiten helfen, und daß wir auch freie Architekten haben, die bei der Verwirklichung des Traums



Gattermann
vom Eigenheim helfen, um nur drei Bereiche anzusprechen. Wir wissen insgesamt in der Tat — wir brauchen, ich sage es noch einmal, insoweit keinen Nachhilfeunterricht —, welche geistigen und kreativen Leistungen gerade von diesen Berufsständen für unsere Gesellschaft erbracht werden.
Weshalb aber, so werden Sie zu Recht fragen, halten wir dann dennoch nichts von der Berichterstattung durch die Bundesregierung auf der Grundlage dieses Fragenkatalogs? Nun, wir finden kaum Anhaltspunkte dafür, daß sich aus der Beantwortung dieser Fragen für alle freien Berufe übereinstimmende Daten und Erkenntnisse ergeben könnten, vielleicht mit Ausnahme des Steuerbereichs, der Ausbildungsplatzsituation und von Kooperationsmöglichkeiten — aber darauf komme ich gleich noch besonders zu sprechen —, die geeignet sein könnten, global angesetzte wirtschaftspolitische Maßnahmen speziell für freie Berufe zu veranlassen. Die Tätigkeitsbereiche der freien Berufe sind so unterschiedlich — lesen Sie sich einmal die Liste zu § 18 des Einkommensteuergesetzes durch, in der die freien Berufe alle aufgeführt sind; dann merken Sie, wie unterschiedlich die Tätigkeitsbereiche sind —, daß sich Daten zur Erkenntnis von Problemen und von Strukturkrisen in einzelnen Bereichen ganz sicherlich nicht allgemein, sondern nur ganz gezielt auf den jeweiligen einzelnen Berufsstand werden ermitteln lassen.
Wir wollen für die Beratungen in den befaßten Ausschüssen insoweit ein doppeltes Kooperationsangebot unterbreiten. Zum ersten: Wir können uns vorstellen, daß bei einigen Fragestellungen durch Verbesserungen, Erweiterungen und Ergänzungen des Fragenkatalogs einige Fragen in Auftrag gegeben werden könnten, die für allgemein anzusetzende Überlegungen und Maßnahmen Erkenntnisse vermitteln könnten.

(Schmidhuber [CDU/CSU] : So ist es gedacht!)

Zum zweiten und im besonderen aber bieten wir an, daß wir einzelne Bereiche freier Berufe gezielt ansprechen, hierzu Prüfungsaufträge erteilen und Lösungsmöglichkeiten suchen.
Herr Schmidhuber hat, wenn ich mich richtig erinnere, heute morgen bereits zwei solche Einzelprobleme angesprochen. Er hat zum einen die Architekten erwähnt und in diesem Zusammenhang von einem Abbau von Planungskapazitäten im öffentlichen Dienst gesprochen. Lassen Sie mich diesen Gedanken vertiefen. Wir müssen uns in der Tat fragen, ob wir, wenn wir einen freien Berufsstand erhalten wollen, in einer solchen Situation bei einem für diesen Bereich typischen Aspekt, nämlich dem des Wettbewerbs, dem einzelnen freiberuflichen Architekten den Wettbewerb mit großen Kapitalgesellschaften, die in diesem Bereich tätig sind, zumuten können. Der Herr Bundesbauminister ist nicht hier.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Aber ich habe ihm auch schon persönlich gesagt, daß dies ein Punkt ist, über den man angesichts einer Situation des Architektenstands, die durch die konjunkturelle Lage besonders gravierend ist, wird nachdenken müssen.
Herr Schmidhuber hat auch bereits von der Zulassungsschwemme bei Rechtsanwälten gesprochen. Lassen Sie mich eines dazu ganz klar sagen. Auf keinen Fall würden wir dabei mitmachen, hier an Zulassungsbeschränkungen oder ähnliches zu denken. Aber wir müßten untersuchen, wie viele der frisch zugelassenen Rechtsanwälte diesen Beruf als Organe der Rechtspflege ausüben wollen und wie viele diesen Beruf nur als Parkstation oder als irgendeine Form von Nebenerwerb auffassen. Das letzte ist weder für den Stand noch für die Aufgaben, die dieser Stand für unsere Gesellschaft zu erfüllen hat, nützlich oder gut.
Wenn ich recht informiert bin, war für diese Debatte nur ein Zeitraum bis 12 Uhr vorgesehen. Ich will deshalb zum Schluß kommen und nur noch anmerken: Ich begrüße es letztlich, daß dieser Antrag eingebracht worden ist. Denn er gibt Gelegenheit, vor aller Öffentlichkeit sichtbar zu machen, daß es in diesem Haus in der Bewertung der Rolle der freien Berufe in unserer Gesellschaft im wesentlichen gar keine Unterschiede gibt. Wir Freien Demokraten jedenfalls — und das sage ich auch als Freiberufler werden alles tun, damit diese Berufsstände in unserer Gesellschaft auch fürderhin ihre Rolle so optimal erfüllen können, wie sie es bisher getan haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804407500
Ich habe da vorhin, Herr Kollege Schmidhuber, einen Zwischenruf gehört. Ich wäre dankbar, wenn Sie ihn einmal selbstkritisch überprüfen würden.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lampersbach.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0804407600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Einige Bemerkungen, die heute morgen hier gefallen sind, veranlassen mich, entgegen der ursprünglichen Absicht doch noch einmal ans Pult zu treten.
Herr Dr. Jens, es ist bedauerlich und sicherlich nicht dem Rang einer Mittelstandsdebatte angemessen, wenn Sie hier Teile aus einem ganzen Kompendium zitieren, die bei dem nicht aufgeklärten Leser den Eindruck entstehen lassen müssen, als würde von unserer Seite ein Dirigismus verlangt und die marktwirtschaftliche Ordnung außer Kraft gesetzt.

(Zuruf des Abg. Dr. Steger [SPD])

— Sie kommen noch dran, Herr Steger; seien Sie ganz beruhigt.
Wir müssen aber, wie das beim Sport seit jeher üblich ist, darauf achten, daß die Spielregeln eingehalten werden und die Akteure auf diesem Spielfeld, auf diesem Tummelplatz, sich nicht gegenseitig vor das Schienbein treten und Verletzungen beibringen, worunter das Spiel insgesamt leiden würde.
Wenn im Zusammenhang mit einem die Öffentlichkeit insgesamt interessierenden wirtschaftlichen Vorgang, nämlich der Fusion von zwei großen Unternehmungen, auch darüber diskutiert wird und Anreize zur Diskussion gegeben werden, daß wir



Lampersbach
die Marktpraktiken überprüfen müssen, dann ist, so glaube ich, die Frage erlaubt, ob ein permanenter Verdrängungswettbewerb dadurch erfolgen kann und darf, daß bewußt unter Preis, Graf Lambsdorff, angeboten wird, zu Preisen nämlich, welche die Fixkosten nicht decken, so daß das Unternehmen hinterher zur Aufgabe gezwungen wird oder, wie in diesem einen Fall, praktisch durch den Druck einer Vielzahl öffentlich interessierter Institutionen eine Sanierung durchgeführt wird. Das war die Sache, die Herr Dr. Jens hier bedauerlicherweise falsch angesprochen hat.
Lassen Sie mich noch etwas zu einer Bemerkung von Herrn Dr. Steger sagen. Wenn hier ein ideologisches Bild in den Saal gezaubert wird, indem man die Vergangenheit bis 1945 in einer Art und Form darstellt, als wäre die CDU/CSU dafür verantwortlich zu machen, dann ist das mehr als nur ein Schlag unter die Gürtellinie. Das ist, wenn es bewußt erfolgte, Herr Dr. Steger, eine Vergiftung der parlamentarischen Atmosphäre, die wir uns nicht werden gefallen lassen, gegen die wir öffentlich in aller Form Stellung nehmen müssen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Wenn wir erneut, wie das in der Vergangenheit vielfach geschehen ist, in eine Ecke gestellt werden sollen, in der wir weder gestanden haben noch hineingehören, dann ist das unerhört.
Sie müßten eigentlich, Herr Steger, auf Grund Ihrer Ausbildung — ich glaube, Sie haben in einem Steuerbüro gelernt und gearbeitet — wissen, was es mit den Dingen wie Wettbewerb, Lohnkosten, Strukturwandel und Innovationen auf sich hat. Sie müßten eigentlich aus Ihrer Kenntnis heraus — Sie verstehen Bilanzen zu lesen — auch wissen, aus welchen Gründen Konkurse, deren Zahl gerade in den letzten Jahren in erheblichem Maße zugenommen hat, erfolgen. Wenn Sie uns hier des Protektionismus zeihen, dann ist das eine Aussage wider besseres Wissen,

(Dr. Steger [SPD]: Nein!)

— Oder Sie wissen es nicht. Nur diese beiden Möglichkeiten gibt es. Auch hiergegen müssen wir uns aufs entschiedenste verwahren. Wir verlangen seit vielen Jahren für die Mittelstandspolitik — das ist ja eine Politik nicht nur für den gewerblich Selbständigen, nicht nur für den Freiberufler, sondern wir ziehen den Kreis der Mittelständler schon sehr, sehr viel weiter — Bedingungen gesetzesmäßiger Art, die es möglich machen, die Leistungskraft des einzelnen freizusetzen. — Herr Professor Schachtschabel hört nicht zu, weil er das von mir alles schon weiß. Das hat er auch nicht nötig. Sie machen eine private Vorlesung mit Herrn Steger. Er hat es nötig, Herr Professor Schachtschabel; ich kann es Ihnen nur bestätigen.
Wir wollen die Leistungsfähigkeit des einzelnen ermuntern und freisetzen zum Wohle aller Beteiligten. Herr Steger, nehmen Sie folgendes aus dieser Debatte mit nach Hause: Wenn es dem Mittelstand gutgeht — ich sage das als Selbständiger mit einer Vielzahl von Mitarbeitern —, dann geht es auch den Mitarbeitern gut. Wenn es den Unternehmungen schlechtgeht, geht es auch den Mitarbeitern schlecht, weil das Unternehmen hinterher Pleite macht.

(Zuruf des Abg. Liedtke [SPD])

- Bei Ihnen ist das anders, Sie sind ja Beamter; Ihnen kann nichts passieren.

(Liedtke [SPD] : Suchen Sie mit allen Streit?)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804407700
Herr Kollege, auch das war eine persönliche Bemerkung. Ich habe vorhin in anderem Zusammenhang gesagt, wir sollten uns persönlicher Bemerkungen zwischen den Kollegen in dieser Form enthalten.
Aber eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Scheu.

Adolf Scheu (SPD):
Rede ID: ID0804407800
Darf ich Sie fragen, Herr Kollege Lampersbach, der Sie jetzt so empfindlich reagiert haben - mit Schienbeinstoßen und ähnlichen Beispielen —, ob Sie nicht selber auch meinen — ich kenne Sie lange genug, um Ihren guten Willen im Grundsatz zu respektieren —, daß unsere Seite durch bösartige ideologische Prinziperklärungen nicht nur im Wahlkampf, sondern das geht auch weiter mit der üblen Aussage „Freiheit oder Sozialismus" ; ich will das nur andeuten — Grund genug hätte, auch mal ein bißchen ans Schienbein zu geben, wenn man das sonst in so grober Weise tut?

(Beifall bei der SPD)


Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0804407900
Herr Kollege Scheu, ich würde Ihnen das gern von Angesicht zu Angesicht sagen, wenn Sie auch eine sehr interessante Rückenlinie haben. Ich muß Ihnen sagen: dieser Slogan „Freiheit statt Sozialismus" hat seine Berechtigung. Das, was heute morgen Ihr junger Kollege Steger gesagt hat, ist eigentlich der Beweis für die Richtigkeit dieser unserer Wahlkampfaussage gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn es einer nachträglichen Legitimation bedurft hätte, dann hat er sie heute morgen hier gegeben — nicht einmal gut, aber immerhin. Herr Kollege Scheu, Aktionen wie „Gelber Punkt" — ich weiß, daß Ihnen persönlich das peinlich ist, aber Sie haben ja hier eine Frage gestellt erinnern mich — mein Jahrgang kennt das — sehr an Aktionen aus früheren Zeiten.

(Zurufe von der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804408000
Herr Abgeordneter, ich würde vorschlagen, daß wir — das gilt für alle Seiten — Vergleiche in dieser Form auch nicht andeuten.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0804408100
Ich werde mich daran halten, Herr Präsident.
Herr Kollege Scheu, wir sollten also überlegen, wo hier die Grenzen der Fairneß liegen. Ich glaube, daß die ersten Redner alle, insgesamt, hier unter Beweis gestellt haben, daß man sich über ein sehr brisantes Thema — weil es um Existenzen geht — sehr sachlich unterhalten und verständigen kann.



Lampersbach
Wir haben in vielen Podiumsdiskussionen, ob das mit Herrn Kollegen Jens oder mit Herrn Schachtschabel oder auch mit Ihnen war, bewiesen, daß wir auch bei kontroversen Meinungen und Auffassungen zu Sachvorgängen, auch bei entsprechender Härte und Schärfe, nie die menschlich vernünftige Seite dabei verletzt haben. Das sollten wir hier beachten. Diese Grenze zu überschreiten, haben Sie, Herr Steger, heute morgen fertiggebracht.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804408200
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.
Ich schlage Ihnen vor, daß wir den Bundesmittelstandsförderungsgesetzentwurf an den Ausschuß für Wirtschaft — federführend —, sowie an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung überweisen. Der Antrag betreffend Bericht über die Lage der freien Berufe soll an den Ausschuß für Wirtschaft — federführend —, an den Finanzausschuß und an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zur Mitberatung überwiesen werden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Düngemittelgesetzes
— Drucksache 8/319 —
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß)

— Drucksache 8/890 —
Berichterstatter: Abgeordneter Paintner (Erste Beratung 27. Sitzung)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Um eine Ergänzung des Berichts wird nicht gebeten. Das Wort in der Aussprache wird nicht begehrt.
Ich rufe die §§ 1 bis 11, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Das Gesetz ist in der zweiten Beratung einstimmig gebilligt.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Das Wort zur Aussprache wird nicht begehrt. Wer dem Düngemittelgesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Einstimmig verabschiedet.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Düngemittelstatistik
— Drucksache 8/371 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 8/938 —Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Riedl (München)

b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß)

— Drucksache 8/891 —
Berichterstatter: Abgeordneter Bayha (Erste Beratung 30. Sitzung)

Ich danke den Herren Berichterstattern und frage, ob eine Ergänzung der Berichte gewünscht wird. — Das ist nicht der Fall.
Ich rufe die zweite Beratung auf und frage zunächst, ob das Wort gewünscht wird. — Das ist nicht der Fall.
Wir treten in die Abstimmung ein. Ich rufe die §§ 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Das Gesetz ist in der zweiten Beratung einstimmig gebilligt.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich frage, ob das Wort begehrt wird. — Das ist nicht der Fall.
Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Damit ist der Gesetzentwurf in der dritten Beratung einstimmig gebilligt.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Statistik im Güterkraftverkehr 1978
— Drucksache 8/177 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 8/908 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Riedl (München)

b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen (14. Ausschuß)

— Drucksache 8/907 —
Berichterstatter: Abgeordneter Curdt (Erste Beratung 21. Sitzung)

Ich danke den Herren Berichterstattern und frage, ob eine Ergänzung der Berichte gewünscht wird. Das ist offensichtlich nicht der Fall.



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Meine Damen und Herren, wir treten in die zweite Beratung ein. Das Wort wird nicht begehrt.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe die §§ 1 bis 7, Einleitung und Überschrift auf. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Damit ist auch dieser Gesetzentwurf einstimmig gebilligt.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften
— Drucksache 8/873 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Innenausschuß (federführend)

Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Seitens des Bundesrates wird das Wort zu einer Begründung nicht gewünscht. Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Regenspurger.

Otto Regenspurger (CSU):
Rede ID: ID0804408300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften. Konkret bedeutet dies, daß eine besorgniserregende Entwicklung in einem Teilbereich des Arbeitsmarktes, nämlich im Lehrerbereich, die Länder Baden-Württemberg und Bayern zu einer Initiative veranlaßt hat, um die Zahl der arbeitslosen Junglehrer zu verringern.
Wenn man den Prognosen glauben darf, wird die Zahl der arbeitslosen Junglehrer im Bundesgebiet in zehn Jahren die Grenze von 100 000 überschritten haben. Im Gegensatz zu manchem anderen ist der Lehrer fast ausschließlich auf eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst angewiesen, wenn er eine seiner Ausbildung entsprechende Berufstätigkeit ausüben will. Das Arbeitsplatzangebot der Privatschulen ist vergleichsweise gering und kann keine echte Entlastung schaffen. Hinzu kommt, daß sich viele der heute noch in Ausbildung stehenden künftigen Lehrer zu diesem Berufsweg in der Erwartung entschlossen haben, sie würden nach Abschluß ihrer Ausbildung garantiert eine Verwendung im öffentlichen Dienst finden. Zu dieser Erwartung hat nicht zuletzt die Darstellung der öffentlichen Hand geführt, daß im Lehrerbereich auf längere Sicht ein besonders großer Bedarf vorhanden sei.
Diese besondere Situation erfordert besondere Maßnahmen. Die Maßnahmen müssen zwei Zielrichtungen haben: Es muß zum einen die Zahl derer,
die in den Lehrerberuf drängen, gesenkt werden. Das ist aber ein Problem, über das wir hier und heute nicht zu reden haben. Zum anderen muß versucht werden, das Arbeitsplatzangebot im Lehrerbereich zu erhöhen, vor allem für die jetzt in Ausbildung stehenden Lehramtsstudenten und -anwärter. Angesichts des langfristigen Bedarfs und im Hinblick auf die beschränkten Haushaltsmittel kann die Verbreiterung des Arbeitsplatzangebotes nicht nur und nicht in erster Linie darin bestehen, mehr Planstellen für Lehrer zu schaffen. Es kommt vor allem auch darauf an, im Rahmen der bestehenden Stellenausstattung durch Umschichtung von Stellen und Mitteln Arbeitsplätze für den von Arbeitslosigkeit bedrohten Nachwuchs freizusetzen.
Als einer der Möglichkeiten, Arbeitsplätze ohne erhebliche Mehrkosten freizusetzen, sehen auch wir die Erweiterung der Teilzeitbeschäftigung an. Vorhandene Beamte sollten freiwillig, aus welchen Motiven auch immer, eine Teilzeitbeschäftigung eingehen können. Die hierdurch frei werdenden Arbeitsplätze können dem Nachwuchs zur Verfügung gestellt werden. Wegen des Gleichheitsgrundsatzes bezieht sich der Gesetzentwurf, wenn auch der Anlaß für die Initiative aus der Lehrersituation kam, nicht nur auf diesen Bereich, sondern erfaßt allgemein Beamte mit Dienstbezügen.
Die Initiative der beiden Länder verdient um so mehr Dank, als die Bundesregierung bis jetzt zu diesem dringenden Problem zwar Initiativen angekündigt, aber tatsächlich nichts vorgelegt hat. Sie hat zudem das brennende praktische Problem unnötig mit theoretischen Überlegungen über „Emanzipation", über „Selbstverwirklichung" vermengt und sich dadurch selber die Lösung hier und heute erschwert.
So hat der Herr Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Dr. Günther Hartkopf, in der Sitzung des Bundesrates vom 3. Juni 1977 — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten — folgende Erklärung abgegeben:
Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf der Länder Baden-Württemberg und Bayern stellt nach Auffassung der Bundesregierung einen ersten Schritt zur Lösung des seit geraumer Zeit in den Mittelpunkt der Diskussion gerückten Problems der Erweiterung der Teilzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst dar. Sie wissen seit der Besprechung auf Staatssekretärsebene im Dezember letzten Jahres und der Innenministerkonferenz im März dieses Jahres, daß der Bundesminister des Innern die heute vorgeschlagene Regelung nicht für ausreichend hält. Er strebt eine umfassendere Lösung an, bei der die Freigabe der Teilzeitbeschäftigung für Beamte in bestimmten zeitlichen Grenzen generell erfolgen und grundsätzlich nicht an einschränkende tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft sein soll. Der Bundesminister des Innern hält eine solche große Lösung aus arbeitsmarktpolitischen und gesellschaftspolitischen Gründen für geboten.
Tatsächlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist bis heute — fast vier Monate später —



Regenspurger
nichts geschehen. Ich muß deshalb für die Opposition feststellen, daß die Koalition wiederum nicht ihrer Aufgabe nachgekommen ist, bei anstehenden Problemen rechtzeitig praktikable Lösungsvorschläge vorzulegen. Es ist untragbar, diese Konzeptionslosigkeit unserer Bevölkerung zuzumuten.
Gegen die sogenannte große Lösung der Teilzeitbeschäftigung im Beamtenrecht als Fortentwicklung des Instituts sprechen erhebliche verfassungsrechtliche, beamtenpolitische und haushaltsmäßige Gründe. Wie auch bereits in Ausschüssen des Bundesrates betont wurde, geht der vorliegende Entwurf an die Grenze des im Hinblick auf Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich Zulässigen. Die Bedenken gegen die Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung können eigentlich nur im Hinblick darauf, daß diese Maßnahme zur Überwindung einer Ausnahmesituation mit einer zeitlichen Begrenzung auf zehn Jahre gedacht ist, ausgeräumt werden. Auch das im Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes genannte Sozialstaatsprinzip kann als eine gewisse Rechtfertigung angesehen werden. Weitergehende Einbrüche in die genannten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums allerdings dürften wohl mit der Verfassung nicht mehr zu vereinbaren sein. Das gilt vor allem für eine Regelung, die, wie die voraussetzungs- und schrankenlose Teilzeitbeschäftigung von Beamten, die Hauptberuflichkeit der Beamtentätigkeit als Prinzip aufgibt. Wir müssen ganz klar sehen, daß die Hauptberuflichkeit einerseits und die volle Besoldung zur Deckung des vollen angemessenen Unterhalts andererseits institutionelle Sicherungen für die persönliche Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit der Beamtenschaft sind und ebenso Sicherungen gegen Interessenverfilzungen, die die Objektivität des Verwaltungshandelns gefährden können. Man kann diese Sicherungen in Sonderfällen begrenzt einschränken, wenn es gewichtige Gründe dafür gibt; aber wir dürfen sie auf keinen Fall ganz aufgeben.
Gegen den für eine schrankenlose Teilzeitbeschäftigung geltend gemachten Gesichtspunkt der Selbstverwirklichung durch Teilzeitbeschäftigung darf die beamtenpolitische Sprengkraft einer erheblich erweiterten Teilzeitbeschäftigung nicht vernachlässigt werden. Es bliebe zweifellos nicht ohne Einfluß auf die Berufsauffassung und das Selbstverständnis der Beamtenschaft, wenn durch die erweiterte Teilzeitbeschäftigung die Möglichkeit eröffnet würde, den Beamtenberuf statt als Haupt- und Lebensberuf als bloßen Job zu sehen.
Einer allgemeinen Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung auf alle Beamtenbereiche würde sicherlich auch entgegenstehen, daß die Gefahr besteht, sogenannte Posten zu verteilen. Der teilzeitbeschäftigte beamtete Staatssekretär wäre sicherlich gerade für die von der derzeitigen Bundesregierung praktizierten Parteibuchkarrieren ein erstrebenswerter Höhepunkt.

(Zuruf des Abg. Immer [Altenkirchen] [SPD])

— Fragen Sie doch Ihren Parteivorsitzenden, der hat da Erfahrungen.

(Immer [Altenkirchen] [SPD] : Schauen Sie mal nach Rheinland-Pfalz, wie die Karrieren da aussehen!)

— Wir sind heute im Bundestag. Ich habe von der derzeitigen Bundesregierung gesprochen.
Nicht übersehen werden dürfen auch die Mehrkosten, die die Verwirklichung des Vorschlags mit sich bringen würde. Selbst wenn bei der Teilzeitbeschäftigung ein Versorgungsabschlag vorgesehen würde, würde die Maßnahme erhebliche Mehrkosten allein für ungekürzt zu gewährende Nebenleistungen — Kindergeld, Beihilfen — verursachen. Zusätzlich birgt die Rückkehr der zunächst teilzeitbeschäftigten Beamten in die Vollbeschäftigung, die rechtlich und politisch wohl nicht versagt werden könnte, erhebliche haushaltsmäßige und stellenplanmäßige Risiken. Man sollte daher angesichts der drängenden Lehrerarbeitslosigkeit die Teilzeitbeschäftigung nur dort erweitern, wo dies arbeitsmarktpolitisch notwendig ist.
Insgesamt gesehen halte ich deshalb den vorgelegten Entwurf für einen sachgerechten und erfolgversprechenden Beitrag zur Lösung der durch die vorhersehbare Lehrerarbeitslosigkeit aufgeworfenen Probleme. Ich darf Sie deshalb bitten, den vorliegenden Gesetzentwurf in den Ausschüssen positiv zu beraten.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804408400
Das Wort hat der Abgeordnete Liedtke.

Karl Liedtke (SPD):
Rede ID: ID0804408500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich begrüßen wir die Bereitschaft auch der Opposition, die Teilzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst einzuführen. Ihre Selbstbeschränkung und ihren Rückzug gleich hinter den entsprechenden Artikel der Verfassung und hinter andere vorhandene Gesetze, dieses Wenn und Aber, werden wir in den Beratungen ergründen. Wir werden sehen, wieweit Sie wirklich die Bereitschaft haben, einen aus der Reihe Ihrer Länder vorgelegten Entwurf auch tatsächlich mitzutragen.
Auf eine Geschwindigkeitsdebatte über die Bundesregierung will ich mich hier nicht mit Ihnen einlassen. Richtig ist, daß der Kanzler bereits in seiner Regierungserklärung verkündet hat, daß nach dem Willen der Regierung im öffentlichen Dienst als e i n Beitrag zur arbeitsmarktpolitischen Lage die Teilzeitbeschäftigung eingeführt werden soll. Richtig ist auch, daß er eine Lösung ankündigte, die über den Rahmen dieses Bundesratsentwurfes hinausgeht. Richtig ist ebenfalls, daß Abstimmungsgespräche mit elf Ländern auf Grund des föderalistischen Aufbaues aus einem Teilzeitproblem dann sehr schnell ein Vollzeit- und Langzeitproblem machen. Es ist unkorrrekt, Folgen aus der Struktur unseres Staates allein der Bundesregierung als Versäumnis anzulasten.

(Sehr richtig! bei der SPD)

Das nur als Vorbemerkung, Herr Regenspurger, zu Ihrem Vorwurf, den Sie ansonsten — das konzediere ich — in scharmanter Weise formuliert haben.
Meine Damen und Herren, ich will in der ersten Lesung nur ein paar Stichworte nennen, aus denen



Liedtke
hervorgehen soll, in welche Richtung wir marschieren wollen. Der Bundesratsentwurf öffnet, wie Sie selbst sagen, trotz erweiterter Formulierung nur den Sektor „aktuelle Reaktion auf die aktuelle Arbeitsmarktsituation einer Gruppe", in diesem Fall der Lehrer. Das heißt, nur die Bedürfnisse des Dienstherrn werden als Richtschnur genommen, und die Wirkung der daraus abgeleiteten Maßnahmen auf den Markt wird zeitlich begrenzt. Das ist uns zuwenig, schon in diesem Bereich zuwenig, wenn Sie einmal bedenken, daß in der Arbeitslosenstatistik 180 000 Arbeitswillige mit der einschränkenden Erklärung aufgeführt sind, daß sie nur für Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung stünden. Damit keine Fehldeutung entsteht: Wir sind bereit, dem zu folgen und mehr Lehrer einzustellen. Wir erwarten Ihre Bereitschaft, das Gesetz so auszudehnen, daß auch diese 180 000 nicht akademisch gebildeten Arbeitswilligen, für die nur eine Teilzeitbeschäftigung in Frage kommt, erfaßt werden können.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das bezeichne ich dann immer noch als die „kleine Lösung".
Ich rufe in Erinnerung, daß die Studienkommission zur Reform des öffentlichen Dienstrechts Ende der 60er oder Anfang der 70er Jahre — ich weiß nicht mehr genau, wann das war — in einer Situation des Arbeitskräftemangels folgendes sagte: Man müßte generell die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst einführen, um auf diese Weise Arbeitskräfte zur Füllung von Personallücken zu gewinnen. Das war eine völlig andere Situation, die wir aber, wenn wir ein Gesetz machen, mit berücksichtigen müssen, damit wir für die Zukunft ein Instrument flexibler Personalpolitik schaffen. Das wäre für uns immer noch eine „kleine Lösung".
Es kommt ein dritter Gedanke hinzu, für den wir Sozialdemokraten uns sehr wohl erwärmen können. Wenn in dieser Gesellschaft generell die Teilzeitbeschäftigung in vernünftigen Grenzen angeboten wird — und der öffentliche Dienst tut gut daran, mit gutem Beispiel voranzugehen —, dann gibt es neue individuelle Gestaltungsmöglichkeiten für das Leben des einzelnen in der Gesellschaft. Das ist der Grundgedanke, der uns geleitet hat, als wir die „flexible Altersgrenze" einführten. Diesen Gedanken möchten wir hier fortdenken und kommen damit zu zwei Begrenzungen für die Einführung der Teilzeitbeschäftigung. Die eine ist — sehr nüchtern —: Die dienstlichen Erfordernisse müssen das ermöglichen. Die zweite ist: Der Teilzeitbeschäftigte muß es selbst aus freiem Willen wollen. Um diese beiden Voraussetzungen kommen wir nicht herum.
Wir möchten in diesem Zusammenhang auch prüfen — ich sage das mit Behutsamkeit, weil die Durchrechnung der finanziellen Auswirkungen noch nicht stattgefunden hat —, ob wir das Pensionsrecht im öffentlichen Dienst nicht dem geltenden Rentenrecht in diesem Zusammenhang anpassen können. Das würde auch für Beamte die Einführung der flexiblen Altersgrenze von 63 Jahren bedeuten. Für die Schwerbehinderten läge die flexible Altersgrenze nach dem Schwerbehindertengesetz dann bei 62 Jahren, bei den Frauen bei 60 Jahren. Auch das werden wir prüfen, damit ein Stück Sonderrechte für Beamte, die in diesem Fall schlechter gestellt sind als im Rentenrecht, beseitigen und die ganze Arbeitswelt ein bißchen harmonisieren. Wir müssen durchrechnen, was das kostet. Ich sage das alles sehr nüchtern und mit diesem Vorbehalt.
Nun noch zu einem anderen Problem, das sich ergibt, wenn man der Teilzeitbeschäftigung prinzipiell nähertritt. Heute prägt der Art. 33 den sogenannten Lebenszeitbeamten, der seine ganze Arbeitskraft dem Staat zur Verfügung gestellt hat und als Gegenleistung vom Staat die lebenslange Absicherung mit einer angemessenen Alimentation bekommt. Daneben gibt es in der Praxis aber längst eine ganze Reihe von nicht auf Lebenszeit ernannten Beamten: Zeitbeamte, Wahlbeamte, Beamte im Vorbereitungsdienst usw. Nun soll noch die Teilzeitbeschäftigung — als gut erkannt — dazukommen. Wir sind zu dem Schluß gelangt, daß es — wir haben das geprüft — keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken gibt, so zu verfahren, selbst wenn wir die Teilzeitbeschäftigung generell unter den genannten Begrenzungen einführen. Wenn wir uns zu Beginn der ersten Lesung diese Bewegungsfreiheit nehmen, sind wir nicht in der Lage, etwas in diesem Bereich zu tun.
Es gibt in diesem Zusammenhang aber eine ganze Skala von Fragen, die man zu untersuchen hat: die Frage der Versorgung, die Frage der Nebentätigkeitsbeschränkungen, die Frage, wie weit man die Teilzeit sinnvoll einsetzen kann und ob man z. B. Anspruchsvoraussetzungen schaffen muß, wenn man sie im öffentlichen Dienst in Anspruch nehmen will, und die Frage, was das Ganze kostet. Wir müssen auch ,die Bundeshaushaltsordnung ändern, um Teilzeitstellen zu schaffen usw. Dieser Katalog wird bei den Beratungen sicher noch erheblich ausgeweitet.
Ich schließe, indem ich allen Gewerkschaften, allen Verbänden, allen Betroffenen, denen wir mit der beabsichtigten Maßnahme im Prinzip auch mehr Flexibilität in der individuellen Lebensgestaltung zukommen lassen wollen, die Gewißheit gebe, daß sie ausreichend Gelegenheit haben werden, uns ihre Ansichten und ihre Einsichten zu diesem Problem vorzutragen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804408600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wendig.

Dr. Friedrich Wendig (FDP):
Rede ID: ID0804408700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Gesetzentwurf des Bundesrates strebt eine Ausweitung des bisherigen Rechtes der Teilzeitbeschäftigung für Beamte an. Dem ist im Ansatz und im Prinzip zuzustimmen. In dem Entwurf wird zu Recht ein vordringliches Problem darin gesehen, daß im nächsten Jahrzehnt einem erheblichen Überangebot von Hochschulabsolventen insbesondere im Bereich des Lehramtsstudiums eine äußerst begrenzte Zahl von verfügbaren Stellen im öffentlichen Dienst gegenübersteht. Richtig ist auch, daß die zur Zeit geltenden Vorschriften des Beamtenrechts bei weitem nicht



Dr. Wendig
ausreichen, um die soeben geschilderte Problematik im Interesse der Betroffenen und auch im Interesse der Allgemeinheit in den Griff zu bekommen. Der Kernpunkt der Gesetzesvorlage ist dargestellt worden. Ich will das nicht wiederholen.
Zu der sachlichen und zeitlichen Begrenzung des Entwurfs muß jedoch auch von meiner Seite noch einiges gesagt werden. Ich möchte mich hierzu unter rechtlichen, zunächst einmal unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten äußern. Die Verfasser des Entwurfs erblicken auch schon in diesem Entwurf eine Einschränkung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und verweisen dabei insbesondere auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Aus diesem Grunde und im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung der Teilzeitbeschäftigung glaubt der Entwurf daher z. B. auch keine weiterreichenden versorgungsrechtlichen Konsequenzen ziehen zu dürfen. Hierüber und insbesondere über die Frage, ob diese verfassungsrechtlichen Konsequenzen in vollem Umfang zwingend sind, werden wir uns in den Ausschußberatungen zu unterhalten haben. Ich will diesen Beratungen hier nicht vorgreifen. Ich betone diese Notwendigkeit auch einer rechtlichen Auseinandersetzung besonders deshalb, weil auch uns die Begrenzung des Entwurfs im Grunde in mehrfacher Hinsicht zu eng ist.
Die Bundesregierung weist in ihrer Stellungnahme zu dem Entwurf darauf hin, daß sie sich vorbehalte, im Laufe der Beratungen weitergehende Vorschläge zu unterbreiten, um die Teilzeitbeschäftigung in einem größeren Rahmen und auf breiterer Grundlage zu ermöglichen. Warum hier bisher kein Entwurf vorliegt, hat der Herr Kollege Liedtke bereits ausgeführt. Ich will darauf nicht weiter eingehen. Aber gerade hierauf kommt es auch uns an. Es erscheint auch mir und meinen politischen Freunden wichtig, die Frage einer Erweiterung der Teilzeitbeschäftigung nicht nur isoliert unter dem Gesichtspunkt der Problematik der Lehrerarbeitslosigkeit, wie es der Entwurf — jedenfalls im praktischen Ergebnis — tut, zu behandeln.
Wenn ich davon spreche, daß in einem gewissen Rahmen auch der öffentliche Dienst zur Behebung der Arbeitslosigkeit einen, wenn auch wahrscheinlich nur bescheidenen Beitrag leisten sollte, so wird man in einer Erweiterung der Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung eines der gangbaren und politisch vertretbaren Modelle zu erblicken haben.
Damit ich hier nicht falsch verstanden werde: Eine unreflektierte Vermehrung von Stellen im öffentlichen Dienst kann sicherlich nicht wesentlicher Inhalt einer staatlichen Arbeitsmarktpolitik sein. Die Ausstattung der öffentlichen Haushalte mit Planstellen kann nicht von der Arbeitsmarktlage her bestimmt werden, sondern muß sich allein an dem Umfang der staatlichen Aufgaben orientieren, die die politisch verantwortlichen Organe unseres Staates nach den sachlichen Notwendigkeiten zu definieren haben. Dies schließt aber nicht aus, daß der öffentliche Dienst gleichwohl einen angemessenen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wird leisten müssen. Ich will hierauf nicht näher eingehen.
Immerhin läßt es sich mit den oben genannten eingrenzenden Maßstäben vertreten, auch im öffentlichen Dienst zusätzliche Arbeitsplätze für Tätigkeiten zu schaffen, die später außerhalb des öffentlichen Dienstes gleichermaßen verwendbar sind. Ich denke hier gerade an die technischen Bereiche und an die Lösung des Problems der Jugendarbeitslosigkeit. Im übrigen widerspreche ich aber einer unangemessenen Vermehrung von Planstellen. Da bietet sich im öffentlichen Dienst nur eine Maßnahme an, die durchgreifenden Erfolg verspricht, nämlich eine Ausweitung der Möglichkeiten zur Teilzeitbeschäftigung.
Man wird deshalb über die Regelungen, die im Entwurf des Bundesrats enthalten sind, wohl hinausgehen müssen. Man wird weitere Bereiche einzubeziehen haben, die in dem vorliegenden Entwurf nicht erfaßt sind. Ich denke z. B. an das Bedürfnis, auch im Bereich der Juristen einiges zu tun. Dies begründet die Notwendigkeit einer weitergehenden Regelung.
Über die Arbeitsmarktpolitik hinaus kann die Erweiterung der Teilzeitbeschäftigung — dies möchte ich hier einfügen — auch als ein gesellschaftspolitisches Problem verstanden werden. Sicher sind Beamte gegenüber anderen Arbeitnehmern — darüber kann kein Zweifel bestehen darin benachteiligt, daß sie im Verhältnis der Ehegatten zueinander ihre Arbeitsbedingungen nicht frei gestalten können.
Ich will bei alledem, meine Damen und Herren, nicht verkennen, daß die besondere Rechtsnatur des Beamtenverhältnisses schon von ihrem verfassungsrechtlichen Gehalt her hinter jede Motivation dieser Art einige Fragezeichen setzen mag. Ich denke an das letzte Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Kindergeld. Dies sollte uns aber jedenfalls heute und auch in der Diskussion in den Ausschüssen nicht daran hindern, auch die Seiten des Problems, die ich genannt habe, in den Kreis der Erörterungen einzubeziehen.
Es wird also von einer generellen Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung für alle Beamten zu sprechen sein, die nicht an besondere tatbestandliche Voraussetzungen anknüpft, wo dies das betone ich besonders, Herr Kollege Regenspurger — die Behördenorganisation und der allgemeine Verwaltungsablauf möglich machen. Diese Einschränkung gilt' ohnehin. Ein Staatssekretär als Teilzeitbeschäftigter ist in unseren Konzeptionen also sicher ernstlich nicht drin. Hierbei ist zugleich selbstverständlich, daß jede Teilzeitbeschäftigung Konsequenzen bei der Bemessung nicht nur der Dienstbezüge, sondern auch der Versorgungsbezüge haben muß.
Meine Damen und Herren, wir erwarten, daß uns die Bundesregierung im Zuge der Ausschußberatungen ihre weiteren Entwürfe zur Teilzeitbeschäftigung vorlegen wird. Wir Freien Demokraten werden jedenfalls für jede politische und rechtliche Erörterung dieser Fragen offen sein.

(Beifall bei der FDP und der SPD)





Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804408800
Das Wort
hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Herr Baum.

Gerhart Rudolf Baum (FDP):
Rede ID: ID0804408900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz noch die Position der Bundesregierung markieren.
Wir sprechen hier, wie die Vorredner deutlich gemacht haben, über den Beamtenbereich. Wir haben im allgemeinen Arbeitnehmerbereich hier keine Probleme. Aber im geltenden Beamtenrecht ist die Teilzeitbeschäftigung nur unter sehr einschränkenden Voraussetzungen möglich. Hier besteht ein Konsens, daß wir dieses Problem gemeinsam angehen. Es gibt nur einen Unterschied dahin, wie weit wir gehen; darüber ist noch keine Einigung erzielt worden.
Daß für eine Erweiterung der Teilzeitbeschäftigung gerade im Beamtenbereich im Hinblick auf die tatsächlich mögliche Inanspruchnahme noch ein weites Feld bestellt werden kann, wird aus den Zahlen deutlich. Im Zeitraum von 1967 bis 1976 vollzog sich eine starke Zunahme der Teilzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst auf rund 540 000 Personen im Jahr 1976. Das ist das Doppelte der Zahl, die für die Zeit zehn Jahre davor galt. Gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst waren 1976 fast 13 % Teilzeitbeschäftigte. Von den Teilzeitbeschäftigten im öffentlichen Dienst waren 51,7 % Arbeiter, 43 % Angestellte und nur 5,3 % Beamte. Daran wird der Problembereich deutlich.
Auch von seiten des Staates sollte das Interesse, zu einer Regelung zu kommen, nicht gering geschätzt werden. Meine Vorredner haben schon auf die Arbeitsmarktsituation hingewiesen. Die Wiedergewinnung der Vollbeschäftigung ist vorrangiges Ziel der Bundesregierung. Soweit hierzu neben globalen wirtschaftlichen Maßnahmen flankierende Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik erforderlich sind, kommt der Beschäftigungspolitik im öffentlichen Dienst eine erhebliche Bedeutung zu. Herr Kollege Liedtke hat auf die Arbeitslosenstatistik hingewiesen. Ich möchte das ergänzen und auf die hohe Zahl von weiblichen Arbeitslosen hinweisen, die eine Teilzeitbeschäftigung wünschen. Es kommt nicht nur darauf an, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen; ich unterstreiche das sehr, was Sie gesagt haben, Herr Kollege Liedtke: Wir müssen dann auch die haushaltsmäßigen Voraussetzungen schaffen, wir müssen die Stellen zur Verfügung stellen und die Bereitschaft in der öffentlichen Verwaltung verstärken, auch Teilzeitbeschäftigte einzustellen.
Es kann hierbei nicht darum gehen, die Arbeitslosenzahl durch Masseneinstellungen in den öffentlichen Dienst zu senken. Der öffentliche Dienst dient der Erfüllung staatlicher Aufgaben und ist kein arbeitsmarktpolitisches Regelungsinstrument in dem Sinne, daß bei einem Mangel an Arbeitskräften eine restriktive, bei einem Überfluß eine extensive Einstellungspolitik zu betreiben wäre. Ein solches Vorhaben würde sich auch — abgesehen von den bereits hohen Personalkostenanteilen in den Haushalten — deswegen verbieten, weil in weiten Bereichen nur speziell für den öffentlichen Dienst ausgebildete Personen verwendet werden können. Im Rahmen allgemeiner wirtschaftspolitischer und arbeitsmarktpolitischer Zielsetzungen kommt deren Durchsetzung im öffentlichen Dienst jedoch erhebliche Bedeutung zu.
Aus der voraussichtlichen weiteren Entwicklung der Bevölkerungszahl und der Zahl der Erwerbspersonen ergeben sich zwei Problemkreise für den Arbeitsmarkt. Erstens: Das Arbeitskräfteangebot wird bis 1985/90 allgemein zunehmen; es müssen also vermehrt Arbeitsplätze für Berufsanfänger bereitgestellt werden. Zweitens: Für den absolut und relativ immer größer werdenden Anteil des Berufsnachwuchses mit hochqualifizierten Abschlüssen, also im Hinblick auf die zu erwartenden Hochschulabsolventen, wird es von Jahr zu Jahr schwieriger werden — darauf hat Herr Kollege Wendig hingewiesen —, passende Arbeitsplätze zu finden. Die Erweiterung der Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung ist eines der Instrumente einer aktiven Beschäftigungspolitik, das wir einsetzen wollen. Sie kommt zum einen den Bedürfnissen der im öffentlichen Dienst Beschäftigung suchenden oder beschäftigten Personen entgegen, aber sie ist eben auch ein Mittel der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
Eine Ausdehnung der jetzigen Regelung ist notwendig. Das haben wir auch mit den Ländern erörtert. Es besteht jedoch keine Klarheit über den möglichen und zulässigen Umfang einer Neuregelung. Wir sind der Meinung, daß der Bundesratsentwurf den Bedürfnissen, wie sie bei den einzelnen Menschen in unserem Lande bestehen, wie sie aber auch durch den Arbeitsmarkt vorgegeben sind, nicht ausreichend Rechnung trägt. Nicht alle Beamtengruppen werden einbezogen. Obwohl der Gesetzentwurf des Bundesrates allein auf die Situation am Arbeitsmarkt abhebt und ausschließlich von daher begründet wird, deckt er also nicht einmal dieses Gebiet ab. Es wurde schon auf das Problem der Juristen hingewiesen. Wir sind der Meinung: nur bei einer Einbeziehung aller Beamtengruppen kann durch die Erweiterung der Teilzeitbeschäftigung ein nennenswerter arbeitsmarktpolitischer Effekt erzielt werden, Herr Kollege Regenspurger, um den es Ihnen — uns auch — ja geht.
Der vorliegende Gesetzentwurf erscheint aber nicht nur aus den genannten arbeitsmarktpolitischen Überlegungen ergänzungsfähig und -bedürftig; wir sollten hier auch einen gesellschaftspolitischen Schritt nach vorn tun. Warum sollen sich z. B. Ehegatten, die beide in Arbeitsverhältnissen stehen, nicht darauf verständigen dürfen, daß jeder nur zu einem Teil in seinem Beruf tätig wird, um hierdurch den Familienunterhalt sicherzustellen und im übrigen mehr gemeinsam verfügbare Freizeit, auch mehr Zeit zur Betreuung der Kinder zu haben? Beamte sind hier schlechter gestellt als andere Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. Ich halte daher eine Erweiterung der geltenden Teilzeitregelung über den vom Bundesratsentwurf gesteckten Rahmen hinaus sowohl aus arbeitsmarktpolitischen Gründen, Herr Kollege Regenspurger, als auch aus gesellschaftspolitischen Gründen für geboten.



Parl. Staatssekretär Baum
Wir dürfen nicht verkennen, daß mit diesem Entwurf und mit unseren Vorstellungen gleichermaßen schwierige Probleme verbunden sind. Hier sind grundsätzliche beamtenpolitische, beamtenrechtliche, auch verfassungsrechtliche Fragen berührt. Diese sind auch im Bundesratsentwurf, Herr Kollege Regenspurger, nicht gelöst. Wir hatten und haben die Vorstellung, uns nur dann mit einem Gesetzentwurf vor das Parlament zu wagen, wenn wir ausgereifte Lösungen vorlegen können. Wir bemühen uns jedenfalls darum. Es gibt eine Reihe von Schwierigkeiten, die wir zwar für lösbar halten, die aber noch nicht gelöst sind und über die wir diskutieren müssen.
Erstens. Nach meiner Auffassung muß z. B. der über einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung, die unter Umständen von einem bestimmten Dienstoder Lebensalter abhängig gemacht werden könnte, entscheidenden Behörde bei dieser Entscheidung ein Ermessen eingeräumt werden, das insoweit gebunden werden sollte, daß dem Antrag nicht zu entsprechen ist, wenn wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen. Mit dem Begriff der dienstlichen Interessen lassen sich sowohl die allgemeinen personalwirtschaftlichen Belange als auch Kriterien wie etwa die Teilbarkeit der Funktion und die Gewährleistung der Aufgabenerfüllung der öffentlichen Hand erfassen. Zur Wahrung personalwirtschaftlicher Belange wäre Teilzeitbeschäftigung jeweils für einen bestimmten, für beide Seiten verbindlichen Zeitraum zu genehmigen.
Zweitens. Im Hinblick auf die arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischen Zielsetzungen halte ich eine Einschränkung der Möglichkeit des Nebenerwerbs für absolut notwendig; darauf können wir nicht verzichten; denn wir können nicht einerseits Arbeitsplätze schaffen wollen und dann denjenigen, denen wir die Wohltat einer Teilzeitbeschäftigung eingeräumt haben, die Möglichkeit geben, anderen Arbeit wegzunehmen, indem sie Nebenbeschäftigungen nachgehen. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Drittens. Um das durch den Alimentationsgrundsatz bestimmte angemessene Verhältnis zwischen Dienstleistungspflicht und Versorgungsanspruch weiterhin zu gewährleisten, wäre bei Teilzeitbeschäftigung eine Kürzung des Ruhegehalts und der Bezüge, die hieran anknüpfen, entsprechend dem Verhältnis der geminderten zur vollen Dienstzeit unverzichtbar. Das wäre ein sehr gravierender Eingriff; aber wir meinen, daß wir uns auch in dieser Richtung klar bekennen müssen, wenn es uns wirklich um die oben genannte Ziele geht.
Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wird Gelegenheit gegeben sein, all diese Fragen zu erörtern. Die Bundesregierung wird an allen Lösungsmöglichkeiten konstruktiv mitarbeiten und diese ohne Voreingenommenheit prüfen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0804409000
Ich schließe die Aussprache.
Wir schlagen Ihnen vor, die Vorlage an den Innenausschuß — federführend —, den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft — mitberatend — und den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Wir haben noch die Möglichkeit, einige Punkte zu behandeln. Ich rufe die Punkte 11 sowie 14 bis 22 der Tagesordnung auf:
11. Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu der Entschließung des Europäischen Parlaments über die Ergebnisse der Vierten Internationalen Parlamentarierkonferenz zu Umweltfragen in Kingston (Jamaika) vom 12. bis 14. April 1976
— Drucksachen 8/369, 8/889 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Volmer
Abgeordneter Konrad
Abgeordneter Wolfgramm (Göttingen)

14. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft (9. Ausschuß) zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Anwendung des Protokolls Nr. 1 zu den Kooperationsabkommen mit Algerien, Marokko und Tunesien
Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Anwendung des Finanzprotokolls mit der Republik Malta
— Drucksachen 8/318, 8/429, 8/882 —Berichterstatter: Abgeordneter Wissmann
15. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Verringerung der Schallemissionen von Luftfahrzeugen
— Drucksachen 7/5146, 8/883 — Berichterstatter: Abgeordneter Wiefel
16. Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Durchführung des Beschlusses des AKP-
EWG-Ministerrats über die Beschäftigungsbedingungen für das Personal des Zentrums für industrielle Entwicklung hinsichtlich Besteuerung, soziale Sicherheit und Rechtsweg
— Drucksachen 8/576, 8/884 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wernitz

(9. AusVizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen schuß)




Entwurf einer Richtlinie des Rates zur Durchführung koordinierter Konjunkturstatistiken im Baugewerbe
— Drucksachen 7/5830, 8/887 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Unland
18. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Vinyldilorid-Monomer enthaltende Materialien und Gegenstände, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen
— Drucksachen 8/42, 8/888 — Berichterstatter: Abgeordneter Kuhlwein
19. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates zur Festlegung der Voraussetzungen für die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet
— Drucksachen 8/631, 8/895 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Spöri
20. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Gewichte und Abmessungen bestimmter Kraftfahrzeuge
— Drucksachen 8/53, 8/909 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Daubertshäuser
21. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Verordnung des Rates über Maßnahmen zur Vergleichbarmachung der Rechnungsführung und der Jahresrechnung von Eisenbahnunternehmen
— Drucksachen 8/77, 8/910 —Berichterstatter: Abgeordneter Wendt
22. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für
das Post- und Fernmeldewesen (14. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Heizung des Innenraumes von Kraftfahrzeugen
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Radabdeckung von Kraftfahrzeugen
— Drucksachen 8/54, 8/911 — Berichterstatter: Abgeordneter Feinendegen
Es handelt sich hierbei um Beschlußempfehlungen der Ausschüsse zu Vorschlägen bzw. Entwürfen des Rates der Europäischen Gemeinschaften sowie um eine Beschlußempfehlung zu einer Entschließung des Parlaments. Ich frage, ob einer der Berichterstatter das Wort wünscht. — Das ist nicht der Fall. Ich danke den Herren Berichterstattern.
Wird das Wort zur Aussprache verlangt? — Das ist nicht der Fall.
Ich schlage Ihnen vor, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam über die Vorschläge abstimmen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlungen auf den Drucksachen 8/889, 8/882, 8/883, 8/884, 8/887, 8/888, 8/895, 8/909, 8/910 und 8/911. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine. Es ist so beschlossen.
Ich rufe die Punkte 12 und 13 der Tagesordnung auf:
12. Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 10/77 — Zollkontingente für Walzdraht und Elektrobleche — 2. Halbjahr 1977)

— Drucksache 8/897 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirtschaft
13. Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 11/77 — Besondere Zollsätze gegenüber Ägypten, Jordanien, Libanon und Syrien — EGKS)

— Drucksache 8/898 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirtschaft
Es handelt sich um von der Bundesregierung beschlossene zustimmungsbedürftige Verordnungen zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen in beiden Fällen die Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft vor. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Wir werden jetzt in die Mittagspause eintreten. Sie wissen, daß wir nach der Fragestunde die zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz auf Drucksache 8/935 vornehmen wollen.
Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung von 13.00 bis 14.00 Uhr)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804409100
Wir fahren in den Beratungen fort.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksache 8/926 —
Wir fahren fort in der Behandlung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Ich rufe zunächst die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Engelsberger auf. Ist Herr Engelsberger im Raum? — Das ist nicht der Fall. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Egert auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Raum. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Wolfgramm auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich darf an dieser Stelle kurz folgendes bekanntgeben: Die SPD-Fraktion hat zur Stunde noch eine Sitzung. Daher ist die SPD-Fraktion hier zur Zeit zahlenmäßig so schwach vertreten. Ich bitte das Haus um Verständnis.
Ich rufe nun die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, für private Investitionen von einer bestimmten Größenordnung an eine Meldepflicht einzuführen, wie es die schleswig-holsteinische SPD am 10. September 1977 gefordert hat, und geht sie davon aus, daß nur noch wenige Bereiche der Produktion und der privaten Dienstleistungen Wachstum an Arbeitsplätzen aufweisen werden?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0804409200
Die Frage, Herr Kollege, wird in beiden Teilen mit Nein beantwortet. Es ist allerdings selbstverständlich, daß sich auf Grund der laufenden strukturellen Veränderungen Wachstum und Beschäftigung von Branche zu Branche unterschiedlich entwickeln.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0804409300
Herr Staatssekretär, würden auch Sie Investitionsmeldestellen als Vorstufe einer Investitionslenkung ansehen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung hat ihre Politik in diesem Bereich klargelegt. Es ist gar keine Frage, daß wir Investitionsmeldestellen als nicht im Einklang mit unserem marktwirtschaftlichen System befindlich betrachten.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0804409400
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß die Forderung nach Investitionsmeldestellen ein Anreiz dafür ist, daß die Betriebe künftig mehr investieren?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich meine, daß eine solche Diskussion unvermeidlich ist, daß es das Recht von jedermann und von politischen Parteien ist, solche Fragen zu diskutieren, und daß sie keinen Einfluß auf das Investitionsverhalten der Wirtschaft haben, solange der Kurs der Regierung und der sie tragenden Parteien in dieser Frage eindeutig ist, wie das bei uns der Fall ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804409500
Ich rufe die Frage 50 des Herrn Abgeordneten Hansen auf:
Mit welchen Maßnahmen wird die Bundesregierung dem vom BDI angeführten Boykott des von der EG beschlossenen „Verhaltenskodex" für in Südafrika ansässige deutsche Firmen begegnen, und ist sie bereit, die weitere Gewährung von Hermes-Bürgschaften von der Einhaltung des „Verhaltenskodex" abhängig zu machen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Nach jüngsten Presseerklärungen hat der Bundesverband der Deutschen Industrie nicht die Absicht, den von den EG-Außenministern empfohlenen Verhaltenskodex zu boykottieren. Er hat vielmehr zu erkennen gegeben, daß er mit den politischen Grundlinien des Kodex einverstanden ist. Da ein Boykott durch die deutsche Wirtschaft nicht beabsichtigt ist, stellt sich die weitere von Ihnen gestellte Frage nicht.
Im übrigen ist die Bundesregierung mit der Prüfung des Gesamtkomplexes unserer wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Südafrika befaßt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804409600
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? — Bitte!

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0804409700
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß die Bundesregierung für den Fall, daß sich deutsche Firmen in Südafrika dennoch nicht an den Verhaltenskodex halten, obwohl es ähnliche unsolidarische Verhaltensweisen der anderen EG-Länder in bezug auf die Wahrung der Menschenrechte in diesem Teil nicht gibt, bedenken müßte, ob sie nicht doch im EG-Ministerrat die Überlegung anstellen lassen will, wie man einem solchen Verhalten mit Sanktionen begegnen kann?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Es ist im Augenblick kein Anlaß, sich zu einer solchen Frage zu äußern.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804409800
Eine weitere Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0804409900
Würden Sie den zweiten Teil meiner Frage, was die Hermes-Bürgschaften angeht, in jedem Fall für gegenstandslos halten?



Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich würde es nicht für tunlich halten, über Maßnahmen nachzudenken, die zu ergreifen kein Anlaß besteht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich meine, daß sich die Bundesregierung für den Fall, daß hier Anlaß besteht, äußern wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804410000
Ich rufe die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Dr. Hubrig auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Umfang der durch Bürgerinitiativen, Auflagen und Vorschriften aller Art blockierten Investitionsprojekte, und was hat sie im einzelnen unternommen, um mit darauf hinzuwirken, die blockierten Investitionen einer Realisierung zuzuführen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Zum Umfang blokkierter Investitionen hat die Bundesregierung in der Antwort auf die Anfrage des Abgeordneten Dr. Zeitel vom 14. September dieses Jahres Stellung genommen. Sie hat in dieser Antwort auch dargelegt, daß sie unverzüglich und sorgfältig alle Auflagen und Vorschriften prüft, die als investitionshemmend empfunden werden können. Die Bundesregierung hat aber weder auf gerichtliche Entscheidungen, die Investitionsprojekte blockieren, noch auf die Handhabung von Genehmigungsverfahren durch die Länder einen unmittelbaren Einfluß.
Im Bereich des Kraftwerkbaus prüft die Bundesregierung gegenwärtig, ob und inwieweit die Planung und Festlegung von Kraftwerksstandorten und auch die sonstigen energiepolitischen Entscheidungen parlamentarisch abgesichert werden können. Sie überprüft auch, durch welche gesetzgeberischen und sonstigen geeigneten Maßnahmen die Unsicherheit bei der Planung von Kohlekraftwerken und anderen industriellen Großanlagen in Verdichtungsgebieten wegen der geltenden Umweltgesetze beseitigt werden kann.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804410100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hubrig.

Dr. Hans Hubrig (CDU):
Rede ID: ID0804410200
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung die Absicht, im Rahmen dieser Prüfung auch die Frage nach Aufwand und Ertrag bei den Verwaltungsverordnungen in diese Untersuchung einzubeziehen, und glaubt die Bundesregierung, daß da eventuell doch eine große Chance ist, unabhängig von jeder juristischen Betrachtung der Frage einiges zu verbessern?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Im Vordergrund unserer Überprüfungen steht die Frage, ob es Hemmnisse gibt, die mit guten Gründen beseitigt werden können. Die Frage nach Aufwand und Ertrag steht nicht im Mittelpunkt unserer Überlegungen. Vielleicht ergeben sich bei dieser Überprüfung auch dazu einige Anhaltspunkte.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804410300
Die zweite Zusatzfrage, bitte.

Dr. Hans Hubrig (CDU):
Rede ID: ID0804410400
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, hinsichtlich der Durchführung der Projekte z. B. im Straßenbau — ich weiß, das ist nicht Ihr Ressort; aber ich will danach als Beispiel fragen — durch Flexibilität andere Vorhaben vorzuziehen, um blockierte Vorhaben vorübergehend stillzulegen? Diese Entwicklung zeigt ja, daß die Unbeweglichkeit auch in der vorgefaßten Planung und nicht so sehr allein in Verwaltungsvorschriften liegt.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Soweit ich das beurteilen kann, ist es ständige Praxis der zuständigen Landesbehörden und auch der Bundesbehörden, so zu verfahren, wenn bestimmte Vorhaben zeitlich nicht so vorankommen, wie es ursprünglich geplant war.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804410500
Ich rufe die Frage 54 des Herrn Abgeordneten Dr. Hubrig auf:
Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus dem neuesten Bundesbankbericht über den Einfluß der durch Genehmigungsverfahren und Bürgerinitiativen gestoppten Investitionsprojekte für ihre Konjunkturpolitik, und warum hat der Bundeswirtschaftsminister erst neuerdings die Bedeutung dieses Themas aufgegriffen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung sieht ebenso wie die Deutsche Bundesbank, daß vom bestehenden Investitionsstau negative Auswirkungen auf ihre Konjunkturpolitik ausgehen. Der dabei auf Kraftwerke entfallende Anteil von gut 10 Milliarden DM kann ebenso wie blockierte Projekte in anderen Industriebereichen erst im Lauf mehrerer Jahre abgewickelt werden. Konjunkturpolitisch bedeutsam ist darüber hinaus der mit dem Stau verbundene Vorbehalt bei Anschlußinvestitionen. Die daraus resultierenden Unsicherheiten beeinträchtigen nicht nur die Investitionsbereitschaft der direkt beteiligten Unternehmen, sondern wirken sich hemmend auch auf die gesamtwirtschaftliche Investitionsbereitschaft aus. In den Grundlinien und Eckwerten für die Fortschreibung des Energieprogramms vom 23. März 1977 hat die Bundesregierung auf diese Probleme bereits hingewiesen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804410600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hubrig.

Dr. Hans Hubrig (CDU):
Rede ID: ID0804410700
Herr Staatssekretär, meine Frage geht dahin, ob die Bundesregierung im besonderen Maß die mittelständischen Unternehmen, die an diesen Großprojekten beteiligt sind, ins Auge gefaßt und auch für sie besondere Maßnahmen vorgesehen hat. Der Prozentsatz ist ja extrem hoch.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Nein. Die Bundesregierung hat sich diesem Komplex des Investitionsstaus grundsätzlich frühzeitig zugewendet, eines Staus, der ja auch aus einer Fülle von Bestimmungen resultiert, die wir im Bundestag einmütig verabschiedet haben. Die Darlegungen, die ich hier mache, sind keine Bewertung der Gründe, aus denen sich dieser Stau im einzelnen ergeben hat. Wir legen allerdings Wert darauf, daß die Öffentlichkeit von diesem Stau Kenntnis erhält und daß alle be-



Parl. Staatssekretär Grüner
teiligten Stellen, nicht nur die öffentlichen, sich der Problematik auch dieses Teilaspekts bewußt sind.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804410800
Noch eine Zusatzfrage? — Bitte.

Dr. Hans Hubrig (CDU):
Rede ID: ID0804410900
Da der zweite Teil meiner Frage Nr. 54 nicht beantwortet ist, möchte ich noch einmal fragen: Wann hat denn der Herr Bundeswirtschaftsminister zum erstenmal in der Öffentlichkeit zu diesen Sachverhalten Stellung genommen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Zum erstenmal offiziell in der Fortschreibung des Energieprogramms vom 23. März 1977. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, ob in Reden schon zu einem früheren Zeitpunkt auf diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht worden ist. Die besondere konjunkturpolitische Bedeutung ist natürlich in dem Augenblick ins Bewußtsein gerückt, als sichtbar wurde, daß wir die Wachstumsraten, die wir für dieses Jahr projiziert hatten, nicht erreichen werden, und daß wir Anstrengungen unternehmen müssen, um die Wachstumsraten der kommenden Jahre in einer Weise zu erreichen, die einen Abbau der Arbeitslosigkeit ermöglicht. Daher hat diese Frage natürlich eine ganz besondere zusätzliche konjunkturpolitische Brisanz bekommen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804411000
Bitte schön, Herr Kollege Becker, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage.

Helmuth Becker (SPD):
Rede ID: ID0804411100
Herr Staatssekretär, haben Sie eigentlich eine Erklärung dafür, daß Investitionsprojekte auch dort nicht vorankommen, wo Umweltfragen gar keine Rolle spielen, vor allem im Kraftwerkbau und hier insbesondere in Berg-kamen und Ibbenbüren?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir haben an die Zahlen über den Investitionsstau gerade im Kraftwerksbereich einen sehr engen Maßstab angelegt und im Kraftwerksbereich nur die Projekte einbezogen, die etwa durch gerichtliche Entscheidungen aus Umweltgründen oder anderen Gründen behindert sind. Wir haben nicht mit einbezogen Investitionsaufschübe, die nicht von dieser Seite ausgelöst worden sind.
Ich muß allerdings darauf aufmerksam machen, daß von anderer Seite auch Zahlen genannt worden sind, die weit darüber hinausgehen, weil hier ein weitergefaßter Begriff des Investitionsstaus verwendet worden ist, den wir allerdings bei unseren Aussagen über gestoppte Investitionen oder einen Investitionsstau von 10,2 Milliarden DM im Kraftwerksbau nicht verwendet haben. Wir haben 8,5 Milliarden DM im Bereich der Kernkraftwerke und etwa 2 Milliarden DM im Bereich der Kohlekraftwerke, die durch gerichtliche Entscheidungen oder vergleichbare Maßnahmen gehemmt sind.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804411200
Meine Damen und Herren, ich darf aus den bekannten Gründen nunmehr die Fragen 48 und 49 der Abgeordneten Frau von Bothmer aufrufen:
Treffen neuerliche Berichte zu, wonach bundesdeutsche Unternehmen — zu nennen sind hier vor allem die STEAG in Essen, die Gesellschaft für Kernforschung in Karlsruhe und die Nürnberger Firma MAN — mit Duldung der Bundesregierung mit der Republik Südafrika auf nukleartechnischem Gebiet nach wie vor zusammenarbeiten und diese Kooperation auch fortgesetzt werden soll?
Was gedenkt die Bundesregierung bejahendenfalls zu tun, um den Gefahren für die Glaubwürdigkeit ihrer Politik zu begegnen, die sich daraus ergeben, daß sie einerseits die Republik Südafrika vor der Entwicklung eigener Atomwaffen warnt, andererseits den Export deutscher Nukleartechnologie zur Urananreicherung dorthin duldet, obwohl deren nichtfriedliche Nutzung zu besorgen ist, zumal die Regierung in Pretoria dem Atomwaffensperrvertrag nicht beigetreten ist und sich lediglich auf die unverbindliche Erklärung beschränkt, ihren Beitritt zu erwägen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß deutsche Unternehmen zur Zeit mit der Republik Südafrika auf nukleartechnischem Gebiet zusammenarbeiten oder in Zukunft zusammenarbeiten wollen.
Damit, Frau Kollegin, wäre gleichzeitig auch Ihre Frage 49 beantwortet bzw. gegenstandslos, weil die Voraussetzungen Ihrer Frage nicht zutreffen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804411300
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete von Bothmer.

Lenelotte von Bothmer (SPD):
Rede ID: ID0804411400
Herr Staatssekretär, sollte es tatsächlich so sein, daß die Bundesregierung nicht alle Informationen dieser Art kennt? Wäre die Bundesregierung in der Lage, Informationen, die man ihr geben würde, zu prüfen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir gehen mit größter Intensität jeder dieser Informationen nach. Ihre Frage hat erneut Veranlassung gegeben, alle uns zugänglichen Informationsquellen zu nutzen. Das Ergebnis habe ich Ihnen vorgetragen. Wir sind selbstverständlich daran interessiert, jede Information aufzunehmen, die uns zugänglich ist.

Lenelotte von Bothmer (SPD):
Rede ID: ID0804411500
Ich darf also davon ausgehen, daß Sie auch neue Informationen wieder prüfen werden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ganz selbstverständlich.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804411600
Ich rufe die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Dr. von Wartenberg auf:
Ist es Unternehmen der Strom- und Gasversorgung gemäß den entsprechenden Bundestarifordnungen verboten, eine automatische Bestabrechnung vorzunehmen, weil in den Tarifordnungen u. a. steht, daß die Versorgungsunternehmungen verpflichtet sind, ihren Kunden unter den öffentlich bekanntgegebenen allgemeinen Tarifen die Wahl des Tarifs zu überlassen, nach dem sie versorgt werden wollen, und wenn nein, ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Versorgungsunternehmungen die automatische Bestabredmung anwenden?
G rüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundestarifordnungen „Elektrizität" und „Gas" räumen dem Kunden zwar das Recht ein, unter den angebotenen Tarifen den für seine Versorgungsverhältnisse günstigsten Tarif auszuwählen; sie verbieten es dem Versorgungsunternehmen aber nicht im Wege der sogenannten Bestabrechnung bei der Jahresschluß-



Parl. Staatssekretär Grüner
rechnung den für den Kunden jeweils günstigen Tarif anzuwenden.
Die Praxis der Versorgungsunternehmen ist uneinheitlich. Zum Teil sehen sie von einer Bestabrechnung ab, weil sie der Auffassung sind, daß die endgültige Tarifeinstufung vor Beginn des Abrechnungszeitraums zur Klarheit der Lieferbeziehungen beiträgt. Andere nehmen eine automatische Bestabrechnung zum Jahresschluß vor. Die genaue Anzahl dieser Unternehmen ist der Bundesregierung nicht bekannt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804411700
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Dr. Ludolf-Georg von Wartenberg (CDU):
Rede ID: ID0804411800
Herr Staatssekretär, sind die privaten Haushalte, die die Möglichkeit haben, einen automatischen Besttarif zu wählen, in einer günstigeren Situation als die Haushalte mit einem Einheitstarif?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Diese Frage läßt sich pauschal nicht beantworten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804411900
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe dann die Frage 128 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann auf:
Trifft es zu, daß der Bund für deutsche Firmen, vor allem große Baufirmen, bei der Stellung von Bietungs- bzw. Leistungsgarantien im Rahmen von Auslandsgeschäften Bürgschaften übernommen hat?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Der Bund übernimmt seit jeher im Rahmen des vorhandenen Ausfuhrbürgschaftsinstrumentariums auch Bürgschaften für Bietungs-, Anzahlungs- und Ausführungsgarantien. Der Bund bzw. die in seinem Auftrag handelnde Hermes Kreditversicherungs-AG deckt dabei nur das Risiko ab, daß es aus im Ausland liegenden politischen Gründen zur Inanspruchnahme dieser Sicherheiten kommt, z. B. bei der Unmöglichkeit der Leistung infolge administrativer Eingriffe. Diese Bundesbürgschaft ist eine Ergänzung der normalen Ausfuhrbürgschaft, die die Bezahlung der vertraglich vereinbarten Forderung absichert. Sie wird auf Antrag deutschen Baufirmen unabhängig von ihrer Größe erteilt.
Hiervon zu unterscheiden ist die Übernahme von Rückbürgschaften für derartige Garantien, die zu beschaffen gerade mittleren Unternehmen auf Grund ihres begrenzten Kreditspielraums Schwierigkeiten bereitet. Es geht hier also um ein Liquiditätsproblem, nicht um das Auslandsrisiko des deutschen Exporteurs. Der Bund verfügt bisher nicht über die Möglichkeit, solche Rückbürgschaften für Gegengarantien zu übernehmen, und hat dies daher auch noch in keinem Falle getan.
Hinsichtlich dieses Problemkreises darf ich mich im übrigen auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Friedmann, Glos, Carstens und anderer sowie der Fraktion der CDU/
CSU — Bundestagsdrucksache 8/578 vom 15. Juni 1977 beziehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804412000
Zusatzfrage, Herr Dr. Friedmann.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (CDU):
Rede ID: ID0804412100
Herr Staatssekretär Grüner, darf ich Ihnen dann noch einen Vorgang zuleiten, aus dem sich offensichtlich ergibt, daß der Bund für größere Baufirmen Bürgschaften übernommen hat?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das steht nicht in Widerspruch zu meiner Aussage. Ich betone noch einmal, daß unser Bürgschaftsinstrumentarium allen Firmen, ob groß oder klein, in gleicher Weise zur Verfügung steht.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804412200
Zweite Zusatzfrage.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (CDU):
Rede ID: ID0804412300
Herr Staatssekretär, in welchem Zusammenhang steht dann diese Antwort mit jener Antwort, die Sie auf die Kleine Anfrage unserer Fraktion gegeben haben, wonach Sie sich noch in einer Prüfung befinden, inwieweit der Bund Bürgschaften übernehmen kann?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das bezieht sich auf unsere noch nicht abgeschlossenen Überlegungen, die sogenannten Bietungsgarantien auch für das Risiko im Inland einzuführen. Dafür gibt es ja einige Vorgänge im Länderbereich. Wir haben dieses Instrument bisher nicht zur Verfügung gestellt. Das Wirtschaftsministerium würde das für sehr zweckmäßig halten. Aber Sie können sich vorstellen, daß die Einführung eines solchen Instruments angesichts des hohen Bürgschaftsobligos, das der Bund ohnehin zu tragen hat, sehr intensive Überlegungen erfordert.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804412400
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft beendet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen auf. Herr Staatsminister Dr. von Dohnanyi steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Frage 141 des Herrn Abgeordneten Wohlrabe:
Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, daß die Mehrheit der Teilnehmer an der Weltwirtschaftskonferenz in Nairobi die israelische Delegation nicht hat zu Wort kommen lassen, obwohl Israel unbestritten die größten Erfahrungen in diesem Problembereich hat, und was hat die Delegation der Bundesrepublik Deutschland als Konferenzteilnehmer unternommen, um Israel die Einbringung seiner Vorschläge zur Eindämmung der Wüsten zu ermöglichen?
Bitte, Herr Staatsminister.

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0804412500
Die israelische Delegation hat in der Generaldebatte am 30. August ihre Grundsatzerklärung abgegeben. Sie hat am 1. September in Beantwortung der gegen sie von verschiedenen Seiten gerichteten Angriffe von ihrem Recht auf Gegenerklärung Gebrauch gemacht. Israel hat auf Ersuchen des Generalsekretärs der Konferenz zu deren wissenschaft-



Staatsminister Dr. von Dohnanyi
lich-fachlicher Vorbereitung eine Fallstudie zur Wüstenbekämpfung im Negeb erarbeitet. Diese Studie war als offizielles Hintergrundmaterial allen Konferenzteilnehmern zugänglich. Wie andere Länder unterhielt auch Israel während der Konferenz einen Informationsstand.
Es ist also — im Sinne Ihrer Frage — nicht zutreffend, daß die Mehrheit der Teilnehmer die israelische Delegation auf der VN-Konferenz über Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Wüsten nicht habe zu Worte kommen lassen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804412600
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wohlrabe.

Jürgen Wohlrabe (CDU):
Rede ID: ID0804412700
Vielen Dank. Können Sie trotzdem vielleicht noch kundtun, inwieweit die Ausführungen der israelischen Delegation in die Beschlüsse dieser Wüstenkonferenz Eingang gefunden haben?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Was das Materielle angeht, so müßte man das im einzelnen verfolgen; das kann ich Ihnen hinsichtlich der materiellen Anregungen, der Studien z. B., hier nicht auflisten. Sicher ist, daß das Gutachten selbst, das vorlag, auf Grund eines prozeduralen Verfahrens durch die Mehrheit der Konferenz verurteilt wurde.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804412800
Noch eine Zusatzfrage, bitte, Herr Wohlrabe.

Jürgen Wohlrabe (CDU):
Rede ID: ID0804412900
Wenn dieses Gutachten von der Mehrheit der Konferenz verurteilt wurde, würde mich interessieren, wie die Stellungnahme der Bundesregierung dazu war.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Die Bundesrepublik hat der verurteilenden Resolution nicht zugestimmt. Sie hat dagegen gestimmt und war dabei im Einklang mit den übrigen Staaten der Europäischen Gemeinschaft und anderen westlichen Staaten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804413000
Ich rufe die Frage 143 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann (München) auf:
Welches Ergebnis hatten die jüngsten deutschtschechoslowakischen Gespräche im Hinblick auf die Aussiedlung Deutscher?
Bitte sehr, Herr Staatsminister.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Bei den deutschtschechoslowakischen Konsultationen am 1. und 2. September in Prag hat die tschechoslowakische Seite bestätigt, daß sie ihre Verpflichtungen aus dem humanitären Briefwechsel einzuhalten beabsichtigt und Ausreiseanträge entsprechend behandeln wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804413100
Zusatzfrage, Herr Dr. Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0804413200
Herr Staatsminister, sind auch die divergierenden Zahlen hinsichtlich der Ausreisewilligen und die Ursachen für dieses Mißverhältnis der Zahlen zur Sprache gekommen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Ich hatte vor einigen Wochen Gelegenheit, in diesem Haus zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Die Prüfung zwischen den beiden Rot-Kreuz-Organisationen ist noch nicht endgültig abgeschlossen. Aber Zahlen haben natürlich auch eine Rolle gespielt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804413300
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0804413400
Wird sich die Bundesregierung nach dieser Prüfung an die tschechoslowakische Regierung wenden, um zu erreichen, daß Schwierigkeiten, die eventuell bestehen, von der Regierungsebene aus bereinigt werden, da ja das Rote Kreuz nur Durchführungsorgan und nicht politisches Ausführungsorgan der Bundesregierung ist?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Aber ganz sicherlich, Herr Kollege. Wir würden damit unsere heutige Praxis fortsetzen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804413500
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0804413600
Herr Staatsminister, Sie haben gesagt, die tchechische Seite hat dem Deutschen Roten Kreuz nach den Konsultationen am 1. und 2. September gesagt, daß man nunmehr die Ausreise entsprechend dem Briefwechsel über humanitäre Fragen behandeln wird. Nun die Frage: Warum ist bisher die Ausreise nicht entsprechend diesem Briefwechsel behandelt worden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Hupka, ich möchte ungern an Ihre Aufmerksamkeit appellieren, aber dies hatte ich nicht gesagt. Ich hatte gesagt, bei den deutsch-tschechoslowakischen Konsultationen am 1. und 2. September in Prag habe die tchechoslowakische Seite bestätigt, daß sie ihre Verpflichtungen aus dem humanitären Briefwechsel einzuhalten beabsichtigt und Ausreiseanträge entsprechend behandeln wird. Darauf hatte ich mich bezogen, und das kann ich nur wiederholen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804413700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0804413800
Ist die Bundesregierung selbst der Auffassung, daß die Verpflichtungen bisher erfüllt worden sind?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, was die Zahlen angeht, so befinden wir uns noch in einer Diskussion. Wenn Einzelfälle auftreten, in denen wir den Eindruck haben, daß ein Ausreiseantrag beschleunigt oder anders behandelt werden sollte, tun wir unsere Meinung kund, und



Staatsminister Dr. von Dohnanyi
dies geschieht auf dem normalen diplomatischen Weg. Insofern müssen wir hier wohl die weitere Entwicklung abwarten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804413900
Frage 144 des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet und die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 145 des Abgeordneten Dr. Schwencke (Nienburg) auf:
Wie reagiert die Bundesregierung auf zunehmende Schwierigkeiten im deutsch-polnischen Verhältnis, die auch durch inner-bundesrepublikanische Ereignisse bzw. Wettbewerbe verursacht werden, namentlich durch den sogenannten „Schlesien-Wettbewerb" der niedersächsischen Landesregierung, der u. a. von einem niedersächsischen Regierungsmitglied öffentlich (in einem Rundfunk-Interview) damit „gerechtfertigt" wurde, daß „Schlesien eine deutsche Provinz ist"?
Bitte, Herr Staatsminister.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Frau Präsidentin, wenn ich darf, würde ich gern die Fragen 145 und 146 zusammen beantworten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804414000
Ja, bitte. Dann rufe ich zusätzlich Frage 146 des Abgeordneten Dr. Schwencke (Nienburg) auf:
Hat die Bundesregierung mit der niedersächsischen Landesregierung wegen der Auswirkungen des angeführten Wettbewerbs Kontakt aufgenommen, oder wird sie dies in nächster Zeit tun, und wenn ja, mit welchem Ziel?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Der niedersächsische Schülerwettbewerb fällt auf Grund der Kulturhoheit der Länder in die Zuständigkeit des Landes Niedersachsen. Aus dieser Antwort ergibt sich, daß die Bundesregierung es nicht für angemessen hält, sich in diese Diskussion, soweit sie innerhalb eines Bundeslandes um einen Schülerwettbewerb geführt wird, einzuschalten. Nach Auffassung der Bundesregierung sind im Rahmen der in Niedersachsen geführten Diskussion alle relevanten Gesichtspunkte umfassend zur Geltung gebracht worden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804414100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schwencke.

Dr. Olaf Schwencke (SPD):
Rede ID: ID0804414200
Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, daß es im Vorwort zu diesem. Wettbewerb heißt, daß dieser Wettbewerb der Verständigung und Toleranz unter den Völkern dienen soll, daß aber innerhalb dieses Wettbewerbs Fragen gestellt und Zusammenhänge hergestellt werden, die alles andere als ein Beitrag zu Toleranz und Verständigung sind, und daß beispielsweise die relevanten Institutionen wie die UNESCO-Kommission etwa in Braunschweig — im gleichen Lande — überhaupt nicht konsultiert wurden, sondern ihr Rat ganz im Gegenteil abgelehnt wurde?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, der im letzten Teil Ihrer Frage angesprochene Sachverhalt ist mir bekannt. Zu den ersten beiden Teilen Ihrer Frage — wenn ich das so sagen darf — möchte ich wiederholen, daß es der Bundesregierung nicht zweckmäßig erscheint, im Deutschen Bundestag inhaltlich zu Fragen eines Schülerwettbewerbs im Lande Niedersachsen Stellung zu nehmen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804414300
Die zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Dr. Olaf Schwencke (SPD):
Rede ID: ID0804414400
Herr Staatsminister, entschuldigen Sie, daß ich insistiere, aber wenn hier so deutlich gegen die Verständigung verstoßen wird

(Zuruf von der CDU/CSU: Wo denn?)

und die Bundesregierung aktive Ostpolitik macht, ist es mir unverständlich, daß — —

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804414500
Herr Kollege, einen Augenblick! Sie nehmen hier eine Bewertung vor. Das ist in der Fragestunde nicht zugelassen. Ich muß sie leider zurückweisen.
Haben Sie noch eine weitere Zusatzfrage? Sie hätten noch die Möglichkeit. Aber eine Frage, bitte!

Dr. Olaf Schwencke (SPD):
Rede ID: ID0804414600
Ich frage Sie, ob Sie wenigstens persönlich, Herr Staatsminister, zu dem Inhalt dieses sogenannten Wettbewerbs im Sinne der Politik dieser Bundesregierung Stellung beziehen könnten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804414700
Auch diese Frage kann ich nicht zulassen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Richtig! — Jawohl!)

Herr Staatsminister, Sie werden hier 'zu einer Bewertung herausgefordert, die in diesem Zusammenhang nicht möglich ist. Es tut mir furchtbar leid.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hansen.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0804414800
Herr Staatsminister, würden Sie die von Ihnen angedeutete Zurückhaltung — sprich: Nichteinmischung in Länderangelegenheiten wegen der Kulturhoheit — dann aufgeben, wenn sich bei einer Prüfung herausstellen sollte, daß durch solche sogenannten kulturhoheitlichen Aktivitäten die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik beeinträchtigt oder geschädigt werden könnten, namentlich nämlich die Politik der Aussöhnung und Verständigung zwischen den Völkern?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Hansen, ich habe gesagt, daß sich die Bundesregierung von dieser Stelle aus nicht inhaltlich in die Frage eines Schülerwettbewerbs in Niedersachsen einmischen wird.
Aber die Bundesregierung hat sehr wohl die von Ihnen angesprochene Problematik gesehen und entsprechende Schritte unternommen, um die zuständigen Stellen in Niedersachsen hinsichtlich der Politik der Bundesregierung nicht im unklaren zu lassen.




Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804414900
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0804415000
Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Auffassung, daß sich der Chef der Niedersächsischen Landesregierung in den letzten Jahren besondere Verdienste im Hinblick auf die Verständigung zwischen der polnischen und der deutschen Bevölkerung erworben hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, dies kann ich so pauschal nicht bestätigen. Aber es ist bekannt, daß sich alle Parteien jeweils von ihrer Position aus, immer wieder um diese für uns zentrale Frage bemühen. Um so mehr hat es uns verwundert, daß Äußerungen des Ministerpräsidenten Albrecht in Warschau nicht notwendigerweise im vollen Einklang sind mit einigen Ausführungen im Schülerwettbewerb, auf die die Kollegen hier drüben Bezug genommen haben.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804415100
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sauer.

Helmut Sauer (CDU):
Rede ID: ID0804415200
Herr Staatsminister, würden Sie die Freundlichkeit besitzen, den Fragestellern das Gutachten zukommen zu lassen, das Herr Professor Patze von der Universität Göttingen in den letzten Tagen erstellt hat und in dem alle Vorwürfe, die die oppositionelle sozialdemokratische Landtagsfraktion in Hannover erhoben hat, widerlegt worden sind?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich weiß nicht, ob es nicht eher Sache der niedersächsischen Landtagsfraktion oder der Landesregierung wäre, dies zu tun.

(Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU] : Die Fragen sind doch hier gestellt worden, und Sie wurden gebeten, zu antworten!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804415300
Herr Kollege Dr. Hupka, bitte schön.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0804415400
Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, daß Herr Minister Hasselmann im Landtag in Hannover im Zusammenhang mit dem Schülerwettbewerb ausgeführt hat, daß dieser Schülerwettbewerb den Auftrag aus dem Bundesvertriebengesetz erfüllt, worin es wörtlich heißt:
Der Bund und die Länder haben ... das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewußtsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu
erhalten, ..
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Diese Stellungnahme ist abgegeben worden; das ist objektiv nicht zu bestreiten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804415500
Weil es zwei Fragen waren, haben Sie noch eine Zusatzfrage. Bitte schön!

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0804415600
Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, daß das Land Nordrhein-Westfalen derartige Schülerwettbewerbe seit Jahren durchführt und jetzt bereits zum 25. Male einen Schülerwettbewerb in Auftrag gegeben hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Hupka, ich weiß nicht, was Sie mit „derartige" meinen. Die Kollegen von der SPD-Fraktion haben ja auf eine ganz bestimmte Formulierung abgehoben, und ich bin nicht sicher, ob diese Formulierungen in allen Schülerwettbewerben enthalten waren.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804415700
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete von Bothmer.

Lenelotte von Bothmer (SPD):
Rede ID: ID0804415800
Herr Staatssekretär, darf ich Sie, da Herr Kollege Sauer auf ein Gutachten aufmerksam gemacht hat, auch auf ein Gutachten zu der gleichen Sache, zu diesem Schülerwettbewerb in Niedersachsen hinweisen, ein Gutachten von Herrn Dr. Nolte von der TU Hannover.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Vielen Dank, Frau Kollegin. Ich bin sicher, es gibt eine Vielzahl von Gutachten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804415900
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0804416000
Herr Staatsminister, darf ich Sie nach Ihrer Aussage zu einem Teil der Sachanliegen fragen, nachdem Sie sagten, daß die Bundesregierung die Problematik gesehen hat: ob die Bundesregierung eigentlich dem Lande Niedersachsen bestätigt hat, daß es Lob dafür verdient, daß es das getan hat, was alle Staatsorgane, also auch die Landesregierung von Niedersachsen und die Bundesregierung, nach der Feststellung und -verbindlichen Auslegung des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht tun müssen, nämlich die Rechte von Deutschland als Ganzem — samt Schlesien — in der öffentlichen Meinung nach innen wachhalten und nach außen beharrlich vertreten, also auch die Zugehörigkeit Schlesiens zum ganzen Deutschland, für das es bisher keinen Friedens- und keinen Zessionsvertrag gibt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804416100
Einen Moment, Herr Staatsminister! — Herr Dr. Czaja, Sie bringen mich in große Schwierigkeiten. Dann hätte ich auch die Frage des Kollegen Dr. Schwencke zulassen müssen, da auch sie eine ausdrückliche Bewertung dieser Politik wünschte. Hiernach hatte auch Herr Dr. Schwencke gefragt. Es tut mir leid.

(Dr. Czaja [CDU/CSU]: Ich verstehe Sie akustisch nicht, Frau Präsident!)

— Haben Sie mich verstanden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Ich habe verstanden, Frau Präsidentin, daß Sie nicht wollen, daß ich die Frage beantworte.




Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804416200
Um Gottes willen, nein. So weit wollte ich nicht gehen. Ich hatte nur darauf hingewiesen, daß ich angesichts der Schwierigkeit der Fragestellung dann auch die Frage von Herrn Dr. Schwencke hätte zulassen müssen, weil Sie doch ausdrücklich nach einer Bewertung der Politik der Niedersächsischen Landesregierung fragen.

(Dr. Czaja [CDU/CSU]: Frau Präsidentin, sie steht aber mit dem Wortlaut der Frage — hier steht „Schlesien eine deutsche Provinz" — ausdrücklich im Zusammenhang!)

Bitte, beantworten Sie die Frage.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Frau Präsident, wenn ich die Frage dann doch beantworten darf: In Art. I des Warschauer Vertrages heißt es, daß die westliche Staatsgrenze der Volksrepublik Polen durch einen ganz bestimmten Grenzverlauf gebildet wird. Wir sind — die Bundesregierung und die Bundesrepublik — völkerrechtlich an diese Vereinbarung, an diesen Vertrag gebunden. Innerhalb dieses Vertrages und unter Berücksichtigung der damit bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen sind wir sehr wohl imstande, deutsches Kulturgut zu pflegen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804416300
Zweite Zusatzfrage, Herr Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0804416400
Herr Staatsminister, trifft es zu, daß die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht — um auf Ihre eben gegebene Antwort hinzuweisen — ausdrücklich dahin gehend Stellung genommen hat und vom Bundesverfassungsgericht dahin festgehalten worden ist, daß nach Aussage der Bundesregierung und nach den Vertragstexten den Ostverträgen nicht die Wirkung beigemessen werden kann, daß die Gebiete östlich von Oder und Neiße aus der Zugehörigkeit zu Deutschland entlassen oder der gebietlichen und personalen Hoheitsgewalt Polens rechtlich unterstellt seien?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, das war ja nicht Ihre Frage. Die hier gestellte Frage bezog sich auf den Zusammenhang eines Schülerwettbewerbs mit bestimmten außenpolitischen Fragen. Ich habe darzustellen versucht, warum bestimmte außenpolitische Fragen, nämlich z. B. die Verbindlichkeit eines Vertrages, auch bei der Bewertung eine Rolle spielen müssen. Nur darauf habe ich mich bezogen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804416500
Zusatzfrage, Dr. Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0804416600
Herr Staatsminister, ist die in der Feststellung enthaltene tatsächliche Behauptung richtig, daß zunehmende Schwierigkeiten im deutschpolnischen Verhältnis auch durch die „innerbundesrepublikanischen" —übrigens ein kommunistoider Ausdruck — Ereignisse bzw. Wettbewerbe verursacht werden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Wittmann, es ist sicherlich zutreffend, daß es zur Aussöhnung mit Polen gehört, den Vertrag zu erfüllen und die Jugend darauf aufmerksam zu machen, wie die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen auf Grund des Vertrages geordnet sind. Dies ist sicherlich ein wesentlicher Bestandteil eines Erfolges der Aussöhnung mit der Volksrepublik Polen. Und an diesem Erfolge liegt ja, wenn ich es richtig verstehe, dem ganzen Haus.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804416700
Eine zweite Zusatzfrage, weil es zwei Fragen sind.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0804416800
Herr Staatsminister, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß der Schülerwettbewerb als solcher keinerlei Schwierigkeiten zusätzlicher Art im deutsch-polnischen Verhältnis über die Schwierigkeiten hinaus, die ohnehin bestehen, erzeugt hat?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Wittmann, ein Schülerwettbewerb als solcher wird das niemals tun. Welche Wirkungen dieser Schülerwettbewerb insbesondere hat, müßte man im einzelnen ergründen. Hierzu kann ich Ihnen von dieser Stelle keine Auskunft geben.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804416900
Zusatzfrage, Herr Sauer; Sie hatten vorhin schon eine, Sie haben noch eine Zusatzfrage frei.

Helmut Sauer (CDU):
Rede ID: ID0804417000
Herr Staatsminister Dohnanyi, ist die Äußerung eines Vertreters der niedersächsischen Regierung, Schlesien sei eine deutsche Provinz, die zur Zeit unter polnischer Verwaltung steht, in Einklang zu bringen mit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 31. Juli 1975, an das jeder Deutsche gebunden ist?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts steht, wie Sie wissen, nicht im Gegensatz zum Warschauer Vertrag, auf dessen spezifische Bedeutung ich eben hingewiesen habe. Daß wir innerhalb dieser Bedeutung des Vertrages auch die Pflege des deutschen Kulturgutes wahrnehmen können, ist unbestritten.

(Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU] : Das war nicht die Frage!)

— Aber meine Antwort, Herr Kollege.

(Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU] : Dann können Sie auch Popifax hier erzählen!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804417100
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hansen.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0804417200
Würden Sie mir zustimmen, daß Verträge auch dadurch eingehalten und ausgefüllt werden, daß man versucht, ihren Geist durchzusetzen



Hansen
und auszuführen, und sie nicht durch stillschweigende Vorbehalte zu unterlaufen versucht?

(Dr. Wittmann [München] [CDU/CSU] : Ihren Ungeist! — Dr. Hupka [CDU/CSU] : Heiliger Geist, komm über uns!)

Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Dies ist sicherlich richtig, Herr Kollege.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804417300
Die letzten beiden Zusatzfragen, Herr Abgeordneter Becker.

Helmuth Becker (SPD):
Rede ID: ID0804417400
Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß wir alle alles unterlassen sollten — oder zumindest sehr genau bedenken sollten, wie wir handeln —, was der Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen im Wege stehen könnte?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Das kann ich nur bestätigen, Herr Kollege Becker.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804417500
Keine weiteren Zusatzfragen. — Ich rufe die Frage 147 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach in einem Bericht des Auswärtigen Amtes die indirekte Unterstützung von sogenannten Befreiungsorganisationen in Afrika, die auch Guerillatätigkeit ausüben, durch die Bundesregierung nachgewiesen wurde, und wie vereinbart sich dies gegebenenfalls mit den bisherigen Beteuerungen, daß solche Organisationen wie SWAPO und ZAPU von Bonn nicht unterstützt würden?
Bitte, Herr Staatsminister.
Dr.-von Donhanyl, Staatsminister: Die Pressemeldung, in der der Bundesregierung vorgeworfen wird. Befreiungsorganisationen in Afrika, die auch Guerillatätigkeiten ausüben, indirekt zu unterstützen — gemeint ist offensichtlich der Artikel in der Zeitung „Die Welt" vom 21. September 1977 — ist nicht richtig.
Die Bundesregierung hat sich stets für eine Lösung der Konflikte im südlichen Afrika mit ausschließlich friedlichen Mitteln eingesetzt. Demgemäß hat sie auch niemals in irgendeiner Form die bewaffnete Auseinandersetzung der Befreiungsorganisationen mit den gegenwärtigen Regierungen gefördert. Die von ihr unterstützten Projekte — ein Vorhaben der Evangelischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe zur Förderung des Instituts für Soziale Entwicklung in Windhuk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Südwestafrika, also nicht der SWAPO, und ein Vorhaben der Friedrich-Ebert-Stiftung „Förderung der Bildungsarbeit" — dienen der Aus- und Fortbildung der zukünftigen Führungsschicht Namibias und Zimbabwes, die nach Erlangung der Unabhängigkeit in beiden Ländern dringend benötigt wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804417600
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0804417700
Herr Staatssekretär, ist es möglich, daß der Leiter des fraglichen Instituts, Herr
Tjongarero, gleichzeitig der Chef der InlandsSWAPO ist?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Tjongarero ist auf Grund seiner Qualifikationen zum Leiter des Instituts berufen worden. Ich gehe davon aus, Herr Kollege, daß weder Sie noch die Bundesregierung dazu übergehen wollen, politische Überzeugungen zu Auswahlkriterien bei der Unterstützung solcher Institute zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804417800
Zweite Zusatzfrage, Herr Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0804417900
Herr Staatsminister, wie verhält es sich mit der anderen Organisation, der ZAPU, die von der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt wird und die dafür bekannt ist, daß sie Guerillatätigkeiten ausübt?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Nach unserer Einschätzung wird die ZAPU ebenfalls an einer zukünftigen Regierung des heutigen Rhodesien, des zukünftigen Zimbabwe, beteiligt sein. Die Schulung dieser Führungskräfte ist nach unserer Auffassung für die zukünftige Führung des Landes von Bedeutung. Aus diesem Grunde wird das unterstützt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804418000
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0804418100
Herr Staatsminister, hat sich die Bundesregierung vergewissert, daß der Leiter des Instituts, von dem Sie gerade sprachen, seine Aufgaben in dieser Leitung und seine Tätigkeit an der Spitze der SWAPO-Organisation auch bei der Verwendung dieser Finanzmittel so sorgfältig auseinanderhält, wie das Ihrer Antwort zu entnehmen ist?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Wir gehen davon aus, daß dies so ist. Wie Sie wissen, sind wir nicht die einzigen, die dieses Institut unterstützen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804418200
Zusatzfrage, Frau von Bothmer.

Lenelotte von Bothmer (SPD):
Rede ID: ID0804418300
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß es nicht gerechtfertigt ist, Guerillatätigkeit in diesem Sinne absolut negativ zu beurteilen,

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

da es sich hier um Befreiungsbewegungen handelt, die für die Zukunft ihres Landes kämpfen, und daß Freiheitskämpfer auch in der Geschichte unseres Volkes durchaus nicht immer die Geächteten waren?

(Dr. Möller [CDU/CSU] : Es gibt gute und schlechte Guerillas! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Die Terroristen sagen dasselbe!)




Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Ich wurde in dieser Frage lediglich danach gefragt, ob die Bundesregierung Institutionen, die allein friedlichen Zwekken dienen, unterstützt. Dies habe ich bestätigt. Die Bundesregierung unterstreicht noch einmal, daß sie im südlichen Afrika den friedlichen Wandel will und nur friedliche Aktionen unterstützt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804418400
Zusatzfrage, Herr Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0804418500
Herr Staatsminister, woher bezieht die Bundesregierung die Gewißheit, daß Herr Tjongarero in Windhuk zu unterscheiden weiß zwischen der Leitung des Instituts, das wir mitbezahlen, und seiner Aufgabe, die SWAPO in Südwestafrika zu leiten, nachdem soeben die SWAPO durch ihr Zentralkomitee den „bewaffneten nationalen Befreiungskampf" verkündet hat — nachzulesen im „Neuen Deutschland" vom 27. September 1977 —?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Hupka, es gibt im politischen Leben immer wieder die Tatsache, daß jemand eine Instituts- oder sonstige Leitungsfunktion in einem Verband oder etwas Ähnlichem innehat und zugleich eine politische Tätigkeit ausübt. Wir sind der Meinung, daß diese Überschneidung, die in einer einzelnen Person vorkommen kann, nicht notwendigerweise bedeutet, daß diese Person ihre Position in dem Verband oder Institut mißbraucht.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804418600
Ich rufe die Frage 148 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Hat die Bundesregierung gegenüber der UdSSR und Volksrepublik Polen unter Berufung auf die beiden Menschenrechtspakte bei den bekannten schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte gegenüber Deutschen die verletzten Menschenrechte, z. B. das Menschenrecht der Freizügigkeit (Artikel 12 Abs. 1 und 2 des Menschenrechtspaktes über bürgerliche und politische Rechte), im Sinne der Ausführungen von Frau Staatsminister Hamm-Brücher im Bundestag am 8. September 1977 (Plenarprotokoll 8/39 S. 3033 und 3034) eingefordert und bejahendenfalls in welchen Fällen bzw. Fallgruppen?
Bitte sehr, Herr Staatsminister.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Wie Frau Staatsminister Hamm-Brücher an dieser Stelle bereits am 8. September 1977 ausgeführt hat, setzt sich die Bundesregierung für die Menschenrechte auch im Rahmen der von Ihnen genannten Pakte ein. Eine andere Frage ist es, welches Mittel sie im Einzelfall konkret einsetzt, um jeweils den größtmöglichen Erfolg zu erreichen. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß die von ihr bisher im Bereich der Familienzusammenführung gegenüber den Regierungen der UdSSR und der Volksrepublik Polen angewandten politischen Methoden richtig waren.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804418700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0804418800
Herr Staatsminister, hat Frau Staatsministerin Hamm-Brücher bei ihrer Antwort nicht auch ausgeführt, daß die Bundesregierung die Einforderung von Menschenrechten, die schwerwiegend verletzt werden, mit allen zulässigen Mitteln des internationalen Rechtes betrieben hat und in Zukunft betreiben wird, und ich frage Sie, welche Mittel es waren, mit denen gegen die Verletzung des Art. 12 Abs. 2 des Weltpaktes über bürgerliche und politische Rechte gegenüber 270 000 deutschen Antragstellern, die seit 1971 auf die Ausreise warten und deren Anträge bisher nicht erledigt wurden, und in den 62 000 Fällen, die von den Behörden der UdSSR noch nicht erledigt worden sind, sowie im Falle der 20 000 unerledigten Interventionen des Auswärtigen Amtes bei den polnischen Behörden vorgegangen worden ist und welche Mittel es waren, mit denen gegen die Verletzung der Art. 27 und 2 des Weltpaktes gegenüber den Deutschen, die als ethnische Gruppe nicht anerkannt sind und keine deutsche Schule und keinen Verein haben, vorgegangen worden ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804418900
Ich bitte Sie, die Zusatzfragen kurz zu fassen.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, wir haben auf diesen Zusammenhang im Deutschen Bundestag und in der Fragestunde ja wiederholt Bezug genommen. Es ist keine Frage, daß die Bundesregierung ihren Auftrag gerade hinsichtlich der Personen, die Sie hier noch einmal ausdrücklich genannt haben, sehr ernst nimmt und ja auch erfolgreich ernst nimmt. Frau Hamm-Brücher hat, wenn ich mich richtig erinnere, in der Fragestunde am 8. September aber auch auf einen Zusammenhang hingewiesen, der einmal in einer Fragestunde im Frühjahr dieses Jahres eine Rolle spielte, nämlich auf die Interpretation und Einschränkung der beiden Pakte, die Sie zitiert haben. Ich habe damals ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ich es nicht für zweckmäßig halte, diese Interpretationen hier noch einmal besonders zu unterstreichen, weil sie für unsere Rechtsposition nicht förderlich sein könnten. Ich möchte mich darauf noch einmal beziehen. Wir tun im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten alles Erforderliche, und wir tun es mit Erfolg, wie insbesondere die Zahlen der Aussiedler aus der Sowjetunion ganz deutlich zeigen. Herr Kollege Czaja, Sie wissen das so gut wie ich.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804419000
Eine zweite Zusatzfrage. Herr Kollege, ich bitte Sie, sich an die Regeln der Fragestunde zu halten und die Frage kurz zu fassen.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0804419100
Herr Staatsminister, können Sie sagen, ob die zulässigen Mittel des Vertragsrechts bezüglich der Einzel- und Kollektivdemarchen, der Retorsion, der Gewährung oder Versagung von zusätzlichen Vorteilen auf internationalen Konferenzen, bei politischen Zugeständnissen und bei Finanzhilfen angewandt wurden oder angewandt werden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, Sie überraschen mich immer mit so langen und wohlvorbereiteten zusätzlichen Fragen. Ich bin



Staatsminister Dr. von Dohnanyi
gerne bereit, Ihnen zu dieser Frage außer meiner generellen Stellungnahme, die ich hier abgegeben habe, auch noch die Einzelheiten schriftlich mitzuteilen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804419200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0804419300
Herr Staatsminister, hat es überhaupt schon einmal Kontakte zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Volksrepublik Polen betreffend die Aussiedlung und die Möglichkeit, sich als Volksgruppe zu etablieren, unter Bezugnahme auf den Weltpakt über bürgerliche und politische Rechte gegeben, nachdem dieser jetzt gerade ein Jahr in Kraft ist?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Hupka, ich unterstreiche noch einmal: Die Bundesregierung kennt die Palette der rechtlichen und politischen Möglichkeiten, um das Problem der Aussiedlung zugunsten derjenigen, die einen Antrag auf Aussiedlung gestellt haben, zu lösen. Wir tun das, und zwar augenscheinlich mit Erfolg. Ich will nicht noch einmal darauf eingehen, daß gerade die von Ihnen angezogene Rechtsgrundlage, wie Sie wissen, auch restriktiv interpretierbar wäre.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804419400
Ich rufe die Frage 149 des Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Wird der Bundeskanzler beim Besuch des Generalsekretärs der KPdSU im November dieses Jahres die Frage der Erfüllung der menschenrechtlichen Verpflichtungen im Bezug auf die Deutschen in der UdSSR ansprechen?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, bei allen deutschsowjetischen Begegnungen auf höchster Ebene hat die Bundesregierung auch den Themenkreis der Menschenrechte angeschnitten. Die Bundesregierung setzt sich konkret insbesondere für die Familienzusammenführung ein. Sie wird dies auch bei dem kommenden Besuch von Generalsekretär Breschnew in Bonn tun.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804419500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0804419600
Herr Staatsminister, wird der Herr Bundeskanzler darauf drängen, daß die Rechte nach Art. 12 Abs. 2 des Weltpaktes, sein eigenes Land zu verlassen, vor allem gegenüber den 62 000 unerledigten deutschen Ausreisebewerbern raschestens gewährleistet und die Härtefälle, in denen die Botschaft vorstellig wurde, positiv gelöst werden?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Der Herr Bundeskanzler wird, dessen bin ich sicher, wie in der Vergangenheit den erfolgreichsten Weg wählen, den es zur Lösung dieses Problems gibt. Ich kann Sie nur darauf hinweisen, daß seit 1970 die Zahl der Aussiedlungen aus der Sowjetunion erheblich zugenommen hat. Diesen erfolgreichen Weg werden wir bei den Beratungen und Konsultationen sicherlich weiter gehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804419700
Eine zweite Zusatzfrage, bitte.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0804419800
Wird die Bundesregierung angesichts der viel größeren Zahl der unerledigten Anträge dahin wirken, daß in den gegenseitigen Rechtsverpflichtungen die Ausnahmebestimmungen zur Ausreisefreiheit nie das Menschenrecht auf Ausreisefreiheit in seinem Wesensgehalt berühren können?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege Czaja, es tut mir leid, daß ich mich wiederholen muß. Die Bundesregierung wird in den Beratungen die ganze Breite der Palette der rechtlichen und politischen Möglichkeiten ausschöpfen, und sie wird den bisher erfolgreichen Weg auch erfolgreich weitergehen. Ich hoffe, daß Sie die Bundesregierung dabei unterstützen werden.

(Dr. Czaja [CDU/CSU]: Wenn sie es tut, ja!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804419900
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Hennig.

Dr. Ottfried Hennig (CDU):
Rede ID: ID0804420000
Herr Staatsminister, da in der Fragestellung von Herrn Dr. Czaja ein konkreter Termin unterstellt und über diese Frage häufig spekuliert wird, möchte ich Sie fragen, ob es bereits eine Terminverabredung gibt.
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß es Angelegenheit des sowjetischen Partners wäre, diesen Termin bekanntzugeben. Sie können wohl nicht erwarten, daß die Bundesregierung das an dieser Stelle tun wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804420100
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0804420200
Herr Staatsminister, gilt die Zusage, die Sie hier namens der Bundesregierung gegeben haben, auch für den Fall, daß Herr Generalsekretär Breschnew nicht mehr in diesem, sondern im nächsten Jahr nach Bonn kommen wird? Würden Sie auch für diesen Fall daran festhalten?
Dr. von Dohnanyi, Staatsminister: Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Sie an mich jetzt zwei Fragen oder eine Frage gestellt haben. Wenn Sie an mich die Frage gestellt haben, ob die Bundesregierung im nächsten Jahr, im übernächsten Jahr und nach 1980 an ihrer Politik festhalten wird, so bin ich sicher, daß das so ist.

(Zuruf des Abg. Jäger [Wangen] [CDU/ CSU])


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804420300
Danke schön, Herr Staatsminister. Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich erledigt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz.



Vizepräsident Frau Renger
Die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Jens und die Fragen 21 und 22 des Abgeordneten Dr. Schöfberger werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Fragen 23 und 24 des Abgeordneten Dr. Weber (Köln), 25 und 26 des Abgeordneten Dr. Emmerlich sowie 27 und 28 des Abgeordneten Dr. Narjes werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Herr Dr. de With, ich danke Ihnen, daß Sie hier zur Beantwortung erschienen sind.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung steht Herr Staatssekretär Rohr zur Verfügung.
Die Frage 64 des Abgeordneten Simpendörfer wird schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 65 des Abgeordneten Niegel auf:
Trifft es zu, daß die Mitverantwortungsabgabe Milch (Milcherzeugerabgabe) in einigen Ländern der EG, z. B. Italien und Belgien, derzeit nicht eingehoben wird, wenn ja, aus welchen rechtlichen Gründen ist dies zulässig, und welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, damit alle landwirtschaftlichen Erzeuger gleichgestellt sind?
Bitte, Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804420400
Herr Abgeordneter, es trifft zu, daß die verwaltungsmäßigen Voraussetzungen zur Erhebung der Mitverantwortungsabgabe in Italien und Belgien zur Zeit noch nicht vorliegen. Hierüber hat der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften am 27. September 1977 eine eingehende Aussprache geführt. In deren Verlauf haben beide Länder bestätigt, daß sie die Mitverantwortungsabgabe für die ab 16. September gelieferte Milch erheben werden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804420500
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0804420600
Herr Staatssekretär, bei allen Versicherungen, die bisher abgegeben wurden, haben wir immer wieder die Erfahrung gemacht, daß dann trotzdem noch technische oder sonstige unvorhersehbare Schwierigkeiten, die vorzutragen manche Länder fähig sind, auftreten können. Welche Sicherungen hat die Bundesregierung verlangt, damit die deutschen Erzeuger tatsächlich nicht schlechter gestellt sind als die anderen?
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, nach der eindeutigen Erklärung, die beide Mitgliedsländer in der Ministerratssitzung abgegeben haben, nämlich die Abgabe rückwirkend ab 16. September 1977 einzuführen, habe ich keine Veranlassung, an der Glaubwürdigkeit dieser Erklärung zu zweifeln.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804420700
Bitte schön, Herr Dr. Ritz, eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0804420800
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie Pressemeldungen, nach denen in Frankreich beabsichtigt ist, diese Erzeugerabgabe den Landwirten aus nationalen Mitteln des Agrarfonds zu erstatten?
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, mir ist nicht bekannt, daß das den Tatsachen entspricht. Im Gegenteil; die französische Regierung hat ein sehr strenges Verfahren für die Abgabenerhebung eingeführt, das bei Nichtbefolgung dieser Anordnung u. a. sehr hohe Strafen vorsieht.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804420900
Ich darf noch einmal auf die Frage 64 zurückkommen; Herr Abgeordneter Simpfendörfer ist jetzt im Saal. Frage 64:
Wie beurteilt die Bundesregierung Nachrichten, wonach die britischen Milcherzeuger anstreben, im Vereinigten Königreich bis 1981/82 den Selbstversorgungsgrad bei Molkereiprodukten um fast ein Drittel auf 78 Prozent zu erhöhen, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, in Brüssel und London ökonomisch sinnvollere Vorschläge zur Entlastung der britischen Devisenbilanz zu machen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, nach Kenntnis der Bundesregierung handelt es sich bei den genannten Zahlen über den britischen Selbstversorgungsgrad bei Milch in den Jahren 1981/82 um Schätzungen der nicht staatlichen „National Economic Development Corporation". Der dabei geschätzte Anstieg des Selbstversorgungsgrades auf 78 0/i wird weniger auf die höhere britische Produktion als auf den Rückgang des Verbrauchs zurückgeführt. Dieser wiederum dürfte in erster Linie aus dem zu erwartenden Anstieg der britschen Verbraucherpreise resultieren.
Derartige Schätzungen sind für die Bundesregierung kein Anlaß, Partnerstaaten Vorschläge zu unterbreiten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804421000
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Simpfendörfer.

Hansmartin Simpfendörfer (SPD):
Rede ID: ID0804421100
Herr Staatssekretär, wie hoch ist der geschätzte Anteil, der auf eine höhere Produktion zurückgeführt wird?
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, bei der Schätzung, die dieser Ausarbeitung eines privaten Institutes zugrunde liegt, wird davon ausgegangen, daß die britische Produktion bis 1981/82 um 1,813 Millionen Tonnen ansteigen, der Verbrauch jedoch um 2,686 Millionen Tonnen zurückgehen wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804421200
Eine zweite Zusatzfrage.

Hansmartin Simpfendörfer (SPD):
Rede ID: ID0804421300
Herr Staatssekretär, sind 1,8 Millionen Tonnen Mehrproduktion für die Bundesregierung tatsächlich kein Anlaß zu politischen Überlegungen?
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich habe bereits erwähnt, daß es sich um die Schätzung eines



Staatssekretär Rohr
privaten Institutes handelt. Ich habe in meiner Antwort ausgeführt, daß uns in erster Linie der Rückgang des Verbrauchs Sorge macht. Darüber allerdings macht sich die Bundesregierung Gedanken.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804421400
Ich rufe die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Müller (Schweinfurt) auf:
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, den Verlust, der den Landwirten in diesem Jahr durch die besonders hohen Trocknungskosten für Getreide entsteht, durch staatliche Maßnahmen einzuschränken?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Rohr, Staatssekretär: Frau Präsidentin, ich bitte, die Fragen 66 und 67 zusammen beantworten zu dürfen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804421500
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 67 des Herrn Abgeordneten Müller (Schweinfurt) auf:
Hält es die Bundesregierung für angebracht, in Brüssel darauf hinzuwirken, daß auf Grund der diesjährigen schlechten Getreidequalität der Interventionspreis für Futtergetreide erhöht wird?
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit für einen staatlichen Ausgleich im Falle hoher Trocknungskosten bei Getreide.
Die Bundesregierung hat jedoch bereits Ende August bei der EG-Kommission eine Erleichterung der Interventionsbedingungen und die Gewährung einer Verarbeitungsprämie für Schadgetreide beantragt. Daraufhin ist die Auswuchsgrenze von 8 auf 12 % angehoben und der Anteil des nicht einwandfreien Grundgetreides bei der Intervention von 12 auf 15 % heraufgesetzt worden. Der Antrag auf Erhöhung der Feuchtigkeitsgrenze bei der Intervention und auf Gewährung einer Verarbeitungsprämie für Schadgetreide fand demgegenüber bei den anderen Mitgliedstaaten und der EG-Kommission keine Unterstützung.
Die Bundesregierung hält es nicht für angebracht, in Brüssel für das laufende Wirtschaftsjahr auf eine Erhöhung des Interventionspreises für Futtergetreide hinzuwirken, zumal die Marktpreise für Futtergetreide in der gesamten Gemeinschaft mehr oder weniger deutlich über den Interventionspreisen liegen

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804421600
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.

Rudolf Müller (SPD):
Rede ID: ID0804421700
Herr Staatssekretär, sehen Sie eine Möglichkeit, daß sich die betroffenen Landwirte an die Länderregierungen wenden, um Hilfe zu erlangen?
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, wenn es sich um ein regionales Problem handelt, sind nach unserer Verfassung allein die Länder für die Bewältigung dieser Probleme zuständig.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804421800
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 68 bis 72 werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 73 des Herrn Abgeordneten Schartz auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Probleme bei Magermilchpulver dadurch wesentlich leichter gelöst werden könnten, wenn neben flüssiger Magermilch auch Magermilchpulver in größerem Umfang als bisher auch an andere Tiere als junge Kälber verbilligt verfüttert würde, und wie müßte eine solche Regelung gestaltet sein?
Herr Staatssekretär, bitte schön.
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Ausweitung der Verfütterung sowohl von Magermilch als auch von Magermilchpulver notwendig ist. Dabei stellt die Verfütterung von Magermilch hinsichtlich der notwendigen Beihilfenhöhe die kostengünstigere Maßnahme dar. Die für die Verwaltung des Marktes zuständige EG-Kommission hat beide Möglichkeiten eröffnet, nämlich durch Gewährung einer Sonderbeihilfe für Magermilch für die Verfütterung an andere Tiere als junge Kälber und durch den Verkauf von Magermilchpulver aus Interventionsbeständen sowie die Gewährung einer Beihilfe im Ausschreibungsverfahren für Magermilchpulver aus der laufenden Produktion für die Herstellung von Futtermitteln für andere Tiere als junge Kälber.
In der Bundesrepublik Deutschland ist jedoch der Abgabepreis für Magermilchpulver anders als in den Abwertungsländern zu hoch. Die Bundesregierung hat daher bei der EG-Kommission beantragt, daß bei der Umrechnung der in Rechnungseinheiten festgesetzten Preise bzw. Beihilfen in DM ein monetäres Korrektiv angewendet wird, damit die Wettbewerbsfähigkeit von Magermilchpulver gegenüber pflanzlichen Eiweißfuttermitteln auch in der Bundesrepublik Deutschland erreicht wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804421900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schartz.
Schartz Trier) (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, wann wird über diesen Antrag der Bundesregierung in Brüssel verhandelt und entschieden werden?
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, wir halten in dieser Frage ständigen Kontakt zur Kommission und haben auch intensive Gespräche mit dem zuständigen Kommissar geführt. Wir hoffen, daß sich die Kommission endlich dazu entscheiden kann, unserem Antrag zu folgen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804422000
Eine zweite Zusatzfrage.

Günther Schartz (CDU):
Rede ID: ID0804422100
Sieht die Bundesregierung mit der Zustimmung zu ihrem Antrag in Brüssel das Problem der Magermilchverwertung in der gesamten EWG als ausreichend geregelt an?
Rohr, Staatssekretär: Nein, Herr Abgeordneter.




Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804422200
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 74 und 75 des Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Buschfort steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Wie wirkt sich das zwischen der EWG und der Türkei am 23. Dezember 1963 abgeschlossene Abkommen über die Gründung einer Assoziation in Verbindung mit dem Beschluß des Assoziationsrates über die Durchführung des Artikels 12 des Abkommens von Ankara vom 20. Dezember 1976 auf den deutschen Arbeitsmarkt aus?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0804422300
Herr Kollege, der Beschluß des Assoziationsrates EWG /Türkei über die Durchführung von Art. 12 des Abkommens von Ankara betrifft die Ausgestaltung der ersten Stufe der Freizügigkeit von Arbeitnehmern der Vertargsparteien. Die Dauer der ersten Stufe wurde, ausgehend vom 1. Dezember 1976, auf vier Jahre festgesetzt. Der Beschluß des Assoziationsrates bezieht sich auf alle Mitgliedstaaten der EG, also auch auf solche, die den ausländischen Arbeitnehmern nicht so weitgehende Rechte wie die Bundesrepublik Deutschland eingeräumt haben. Schon von daher sind die Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt begrenzt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804422400
Eine Zusatzfrage.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0804422500
Herr Staatssekretär, hat Art. 5 Auswirkungen auf das Arbeitserlaubnisverfahren bei anderen Ausländern, die nicht der EG angehören?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stutzer, Sie kennen sich fachlich sehr gut aus. Innerhalb der EG kennen wir keine besonderen Einschränkungen. Sie wissen, daß ein türkischer Arbeitnehmer nach dreijähriger ordnungsgemäßer Beschäftigung in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht hat, sich auf einen Arbeitsplatz in der Bundesrepublik zu berufen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804422600
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0804422700
Die Frage war aber nicht beantwortet, Frau Präsidentin. Ich hatte gefragt — —

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804422800
Bitte, Sie haben eine Zusatzfrage.

Hans-Jürgen Stutzer (CDU):
Rede ID: ID0804422900
Wann würde die Bundesregierung bei einer weiteren Verschlechterung der Arbeitsmarktlage die Voraussetzungen des Art. 6 als gegeben ansehen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Durchsetzung der ersten Stufe sollte meines Erachtens erst einmal abgewartet werden. Sie kennen den Vorrang der deutschen Arbeitnehmer, der nach wie vor gilt. Die zweite Stufe steht zur Zeit nicht an. Sie kennen die Grundposition der Bundesrepublik, den Anwerbestopp aufrechtzuerhalten. Diese Position müssen wir aufrechterhalten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804423000
Keine weitere Zusatzfrage.

(Stutzer [CDU/CSU] : Frau Präsidentin, darf ich noch eine Zusatzfrage stellen?)

— Sie haben keine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Die Frage 76 des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 77 des Herrn Abgeordneten Daweke auf:
Ist der Bundesregierung bekannt und welche Haltung nimmt sie dazu ein, daß Gewerbeaufsichtsämter in der Bundesrepublik Deutschland Bußgeldandrohungen an Jugendgruppen, Jugendchöre, Jugendfanfarenzüge und ähnliches aussprechen mit dem Hinweis, daß nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Jugendarbeitsschutzgesetzes öffentliche Auftritte im Rahmen ihrer jugendpflegerischen Tätigkeit nur in Ausnahmefällen und mit ausdrücklicher Genehmigung möglich seien, mit der Folge, daß alle musischen Jugendgruppen, die ihrer Wesensart nach auf gelegentliche Auftritte angewiesen sind und hier kulturelle jugendpflegerische Aufgaben erfüllen (I 5 des Jugendarbeitsschutzgesetzes), Ausnahmegenehmigungen bedürfen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Frau Präsidentin, wenn es gestattet ist, würde ich die Fragen 77 und 78 gern gemeinsam beantworten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804423100
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also auch die Frage 78 des Herrn Abgeordneten Daweke auf:
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß diese Auslegung der Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes zur Folge hat, daß berufstätige junge Menschen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 40 Stunden in der Regel überhaupt nicht in derartigen Jugendgruppen ihre Freizeit verbringen können und demgemäß keine Chancengleichheit gegenüber Schülern und Studenten besteht, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Schwierigkeiten sind mir insbesondere von Musik- und Chorgruppen und anderen Jugendgruppen mitgeteilt worden, in denen Kinder mitwirken. Die Gewerbeaufsichtsämter, 'denen die Durchführung des Jugendarbeitsschutzgesetzes obliegt, müssen nach dem Gesetz die Mitwirkung von Kindern in den Fällen von einer Genehmigung abhängig machen, in denen Kinder im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Jugendarbeitsschutzgesetzes „beschäftigt" werden. Jugendliche bedürfen in diesem Fall zwar keiner Genehmigung; eine Beschäftigung ist aber nur dann zulässig, wenn sie nicht über 40 Stunden in der Woche hinausgeht.



Parl. Staatssekretär Buschfort
Die Beantwortung der Frage, ob eine Beschäftigung im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes vorliegt und somit die Mitwirkung bei Veranstaltungen überhaupt unter das Gesetz fällt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Mitwirkung an Veranstaltungen grundsätzlich nicht unter das Gesetz fällt, wenn diese Veranstaltungen im Rahmen des Vereins- oder Gruppenlebens stattfinden und dazu dienen, erlernte Fertigkeiten zu demonstrieren. Eine Beschäftigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Jugendarbeitsschutzgesetzes ist jedoch z. B. anzunehmen, wenn es sich bei den Veranstaltungen um eine wirtschaftliche Tätigkeit handelt.
Auftritte musischer Jugendgruppen im Rahmen ihres Vereins- oder Gruppenlebens dürften in der Regel nicht unter das Gesetz fallen. Die Freizeitbetätigung Jugendlicher in den Vereinen und Gruppen neben ihrer Berufstätigkeit dürfte daher durch das Jugendarbeitsschutzgesetz nicht eingeschränkt sein, soweit eine kommerzielle Verwertung nicht beabsichtigt ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804423200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Daweke.

Klaus Daweke (CDU):
Rede ID: ID0804423300
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, wie Sie diese Auffassung auch bei den Ländern durchsetzen wollen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Aufsicht im Zusammenhang mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz obliegt den Ländern; das ist nicht Sache des Bundes. Wir können hier nur unsere Meinung zu dem Gesetz abgeben. Aber wenn es im Einzelfall zu Schwierigkeiten kommen sollte, bin ich gern bereit, Ihnen da behilflich zu sein. Ich jedenfalls bin der festen Überzeugung, daß es wohl nicht sein kann, daß das Vereinsleben in den vielfach genannten Formen unter das Jugendarbeitsschutzgesetz gestellt wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804423400
Eine weitere Zusatzfrage.

Klaus Daweke (CDU):
Rede ID: ID0804423500
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, das es mit den Sozialministern der Länder eine Besprechung gegeben hat oder geben wird, in der Sie auf eine einheitliche Regelung dieses Tatbestandes hinwirken werden?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, mir ist diese Besprechung nicht bekannt. Ich schließe aber nicht aus, daß die Fachreferenten ein solches Gespräch geführt haben.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804423600
Eine dritte Zusatzfrage.

Klaus Daweke (CDU):
Rede ID: ID0804423700
Herr Staatssekretär, in dem konkreten Fall, der mir aus dem Bereich der Gewerbeaufsicht in Paderborn bekannt ist, ist eine Regelung getroffen worden, die Ihrer Auffassung widerspricht. Würden Sie Maßnahmen nennen können, um Ihre Auffassung hier auch durchzusetzen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir haben sicherlich keine Veranlassung, Maßnahmen zu treffen. Aber wir sind gern bereit, behilflich zu sein und uns mit dem zuständigen Gewerbeaufsichtsamt in Verbindung zu setzen, um unsere Auffassung zu dem Gesetz mitzuteilen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804423800
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 79 des Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter wird auf seinen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 80 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf. Ist er im Saal? — Der Abgeordnete Kirschner ist nicht im Saal. Dann werden diese Frage und die Frage 81 des Abgeordneten Kirschner schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nunmehr die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Meininghaus auf:
Welche gesetzgeberischen Maßnahmen will die Bundesregierung im Hinblick auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts wonach ein gekündigter Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum Ende des Arbeitsgerichtsverfahrens hat — treffen, um bei Betriebsratswahlen einen möglichen Mißbrauch zu verhindern?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Meininghaus, das von Ihnen genannte Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat keine Auswirkung auf die Durchführung von Betriebsratswahlen. Denn nach dem Kündigungsschutzgesetz kann Mitgliedern eines Wahlvorstandes — vom Zeitpunkt der Bestellung an — und Wahlbewerbern — vom Zeitpunkt der Aufstellung ,des Wahlvorschlags an — überhaupt nicht ordentlich gekündigt werden. Aus wichtigem Grund kann ihnen nur gekündigt werden, wenn der Betriebsrat zugestimmt hat oder dessen erforderliche Zustimmung durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Kündigt ein Arbeitgeber entgegen diesen Vorschriften, so ist die Kündigung nichtig. Für solche Fälle offensichtlicher Unwirksamkeit einer Kündigung schließt auch das Bundesarbeitsgericht in dem von Ihnen genannten Urteil den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch nicht aus. Dieser besondere Kündigungsschutz ist nach Ansicht .der Bundesregierung ausreichend, um einen möglichen Mißbrauch bei Betriebsratswahlen zu verhindern.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804423900
Keine Zusatzfrage.
Die Frage Nr. 83 des Herrn Abgeordneten Dr. Becker (Frankfurt) ist zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 84 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf.
Teilt die Bundesregierung die Auffassung einiger Ortskrankenkassen, daß Nebenerwerbslandwirte, die auf Grund ihres Haupterwerbs in der Allgemeinen Ortskrankenkasse pflichtversichert sind, beim Verlust ihres Arbeitsplatzes und offiziell als arbeitslos geltend der Landwirtschaftlichen Krankenkasse zugewiesen werden müssen, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.



Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Horstmeier, die Beantwortung Ihrer Frage wirft eine Reihe von schwierigen Rechtsfragen auf, deren Prüfung noch nicht abgeschlossen werden konnte. Ich bitte daher um Verständnis, daß ich Ihre Frage im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht beantworten kann.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804424000
Bitte schön, Herr Abgeordneter Horstmeier.

Martin Horstmeier (CDU):
Rede ID: ID0804424100
Herr Staatssekretär, wann kann man mit dem Abschluß dieser Prüfung rechnen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Horstmeier, wir führen zur Zeit intensive Gespräche. Sie wissen, daß es hier noch unterschiedliche Auffassungen zwischen dem BMA und dem BML gibt. Ich verspreche Ihnen, es so schnell wie möglich zu machen.

(Horstmeier [CDU/CSU] : Danke schön!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804424200
Ich rufe die Frage 85 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Welche Unterlagen sind dem Bericht des Bundesministers für Arbeit vom 31. Mai 1976 an den Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung über die finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfes (Drucksache 7/637 vom 25. März 1973) zugrunde gelegt worden?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Josten, darf ich die Fragen 85 und 86 zusammen beantworten?

(Josten [CDU/CSU]: Ja, gern!)

— Schönen Dank.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804424300
Ich rufe daher auch die Frage 86 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Nach welcher Berechnungsmethode wurde festgestellt, daß die vorgesehene Änderung der genannten Bewertungsvorschriften in den gesetzlichen Rentenversicherungen in den Jahren 1976 bis 1989 zu einem Mehraufwand von 30,6 Milliarden DM führen würde?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Dem Bericht des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 31. Mai 1976 an den Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung über die finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs auf Bundestags-Drucksache 7/637 vom 25. Mai 1973 sind folgende Unterlagen zugrunde gelegt worden:
1. die Bundestags-Drucksache 7/3054 vom 2. Januar 1975 — Bericht der Bundesregierung über die Beseitigung etwaiger Nachteile in der Rentenversicherung bei Personen mit langen Zeiten des Kriegsdienstes und der Kriegsgefangenschaft —;
2. die Bundestags-Drucksache 7/2046 vom 26. April 1974 — Bericht der Bundesregierung über Auswirkungen des Rentenreformgesetzes vom 16. Oktober 1972 —;
3. die Bundestags-Drucksache 7/4250 vom 5. November 1975 — Rentenanpassungsbericht 1976 —;
4. eine Auszählung der Kriegsgefangenen nach dem Jahr der Rückkehr und der Gewahrsamsdauer aus der Volkszählung vom 6. Juni 1961;
5. eine Stichprobenerhebung der Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Durch die Erhebung sollten die finanziellen Auswirkungen ermittelt werden, die entstehen, wenn die sogenannte Halbbelegung als Voraussetzung für die Anrechnung von Ausfall- und Zurechnungszeiten und in einem bestimmten Fall von Ersatzzeiten auch mit Ersatzzeittatbeständen erfüllt werden kann;
6. die Richttafeln für die Pensionsversicherung von Heubeck-Fischer.
Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken. Die in dem oben genannten Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 31. Mai 1976 mitgeteilten Mehraufwendungen in der gesetzlichen Rentenversicherung von 30,6 Milliarden DM von 1976 bis 1989 beziehen sich nur auf § 1 Nr. 4, § 2 Nr. 4 und § 3 Nr. 4 der BundestagsDrucksache 7/637 vom 25. Mai 1973.
Den Berechnungen hierzu liegen die Zahlen in den Tabellen 5 und 6 der Bundestags-Drucksache 7/3054 zugrunde. Hieraus läßt sich der Unterschied in dem Vomhundertsatz der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage ermitteln, der sich im Durchschnitt bei Personen mit und ohne Ersatzzeiten ergibt. Bei der Berechnung ist angenommen worden, daß durch die in der Bundestags-Drucksache 7/637 vorgesehene Neufassung des § 1255 a RVO, des § 32 a AVG und des § 54 a RKG der Unterschied in der persönlichen Bemessungsgrundlage bei allen Personen mit Ersatzzeiten ausgeglichen wird. Aus dieser Annahme ergeben sich die Kosten für das Jahr 1976. Die Fortschreibung dieser Mehraufwendungen bis zum Jahre 1989 erfolgte unter den dem Rentenanpassungsbericht 1976 zugrunde gelegten demographischen und wirtschaftlichen Annahmen. Der gesamte Mehraufwand für die Jahre 1976 bis 1989 beträgt demnach 30,6 Milliarden DM.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804424400
Sie können vier Zusatzfragen stellen, Herr Kollege Josten.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0804424500
Schönen Dank, Frau Präsidentin! — Herr Staatssekretär, kann ich nach Ihren Ausführungen davon ausgehen, daß bei der vorgesehenen Bewertung der Ersatzzeiten, die ja von Ihrem Haus vorgenommen wurde, der Ausgleich zwischen Kriegsteilnehmern und Nicht-Kriegsteilnehmern hergestellt wurde?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Ja.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0804424600
Herr Staatssekretär, gibt es nach Auffassung der Bundesregierung andere als die im Gesetz aufgezeigten Möglichkeiten, um die Kriegsteilnehmer vor ungerechtfertigten Nachteilen in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bewahren?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, natürlich gibt es andere Möglichkeiten. Es ist nur



Parl. Staatssekretär Buschfort
eine Frage der Kosten. Sie wissen ja, daß wir sehr sorgfältig die sogenannten Benachteiligungen oder Ungereimtheiten in der gesetzlichen Rentenversicherung untersucht haben. Dabei stellten sich 131 Unzulänglichkeiten heraus.
Nun kann man natürlich sagen: Bitte, der Kriegsteilnehmer ist schon deshalb benachteiligt, weil der Mann zu Hause während des Kriegs in einem erheblichen Umfang Überstunden geleistet hat, wenn ich das als Beispiel anführen darf. Wenn ich jetzt auf der Grundlage der geleisteten Überstunden in der Heimat eine Berechnung vornehme, komme ich natürlich zu ganz interessanten, aber wohl kaum noch finanzierbaren Ergebnissen.
Ich kann Ihnen das bestätigen: Sicherlich gibt es mehrere Berechnungsmöglichkeiten. Aber in Anbetracht der finanziellen Situation in der Rentenversicherung werden dort große Veränderungsmöglichkeiten sicherlich nicht bestehen.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0804424700
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mir schriftlich mitzuteilen, welche Möglichkeiten zur Beseitigung der noch bestehenden Nachteile bei den genannten Personen bestehen?
Buschfort, Parl Staatssekretär: Herr Kollege, ich sehe im Moment keine Möglichkeiten, weitere finanzielle Aufwendungen zu tätigen. Aber ich will gern noch einmal im Hause überprüfen lassen, welche Anregungen dort gemacht werden, um vielleicht noch einmal eine Diskussion wieder einzuleiten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804424800
Letzte Zusatzfrage.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0804424900
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß die jetzige Bundesregierung auch verpflichtet ist, auf Grund von Zusagen früherer Regierungen dem Hause gegebenenfalls eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten, durch die noch bestehende Nachteile bei der Berechnung der Rentenversicherung ehemaliger Kriegsteilnehmer beseitigt werden?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Josten, Sie wissen, daß wir mit jeder Verabschiedung neuer Rentengesetze auch strukturelle Veränderungen herbeigeführt haben. Sicherlich sehe ich noch die Möglichkeit, generell weitere Verbesserungen vorzunehmen. Aber auch hier müßte ich sagen: Das kann nur im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten geschehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804425000
Keine weitere Zusatzfrage. Die Frage 87 des Herrn Abgeordneten Urbaniak wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen damit zur Frage 88 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 89 und 90 des Herrn Abgeordneten Schedl werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich komme zur Frage 91 des Herrn Abgeordneten Engelsberger. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Zander zur Verfügung.
Die Fragen 92 und 93 der Abgeordneten Frau Hürland werden auf Wunsch der Fragestellerin schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Das gilt auch für die Frage 94 des Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter.
Ich komme zur Frage 95 des Herrn Abgeordneten Egert. — Der Herr Abgeordnete ist leider auch nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 96 des Herrn Abgeordneten Dr. Becker (Frankfurt) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.

Elfriede Eilers (SPD):
Rede ID: ID0804425100

Sind der Bundesregierung Berichte bekannt, nach denen nichtärztlichen Psychotherapeuten zur Ermöglichung des eigenständigen therapeutischen Tätigwerdens empfohlen wird, die Prüfung als Heilpraktiker abzulegen, und wie beurteilt die Bundesregierung solche Empfehlungen?
Bitte schön, Herr Zander.

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0804425200
Frau Kollegin Eilers, der Bundesregierung sind solche Berichte nicht bekannt. Allerdings wird es nicht für ausgeschlossen gehalten, daß entsprechende Empfehlungen gegeben werden.
Psychotherapie ist der Heilkunde am Menschen zuzurechnen, zu deren selbständiger Ausübung es nach geltendem Recht einer Approbation als Arzt oder einer Erlaubnis als Heilpraktiker bedarf. Personen, die nicht Ärzte sind, können zur Zeit die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie nur durch den Erwerb einer Erlaubnis als Heilpraktiker erhalten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804425300
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.

Elfriede Eilers (SPD):
Rede ID: ID0804425400
Halten Sie, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, diesen Zustand für eine befriedigende Lösung, oder könnten Sie sich vorstellen, daß andere Regelungen günstiger sein können?
Zander, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hält diese Regelung nicht für eine befriedigende Lö-



Parl. Staatssekretär Zander
sung. Das ist auch der Grund, warum wir Vorarbeiten in Angriff genommen haben, um eine gesetzliche Regelung für die Psychotherapie zu finden, also ein Gesetz, das den Zugang zum Beruf als selbständige Tätigkeit in der Psychotherapie regelt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804425500
Zweite Zusatzfrage.

Elfriede Eilers (SPD):
Rede ID: ID0804425600
Zu welchem Zeitpunkt kann mit der Verlage einer solchen gesetzlichen Regelung gerechnet werden?
Zander, Parl. Staatssekretär: Wir haben die Absicht, zu versuchen, das noch in dieser Legislaturperiode zu realisieren.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804425700
Ich rufe die Frage 98 der Abgeordneten Frau Eilers (Bielefeld) auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeiten einer Ergänzung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung dahin gehend, daß Backwaren, die bereits einmal tiefgekühlt waren, dann zum Verkauf kommen und für eine zweite Tiefkühlung nicht mehr geeignet sind, gekennzeichnet werden?
Zander, Parl. Staatssekretär: Eine Kenntlichmachung von Lebensmitteln, die aus tiefgekühlter Ware hergestellt sind, kann auf Grund der Ermächtigung des § 19 Nr. 4 Buchstabe b des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes vorgeschrieben werden. Im Rahmen der zur Zeit laufenden Überprüfung der für Brot bestehenden Rechtsvorschriften wird die Bundesregierung auch die Frage der Kenntlichmachung von Backwaren, die bereits tiefgefroren waren, einbeziehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804425800
Zusatzfrage? — Keine Zusatzfrage.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Herr Bundesminister Gscheidle steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Die Fragen 39 und 40 des Herrn Abgeordneten Hoffie — er ist nicht im Raum — werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Fragen 99 und 100 des Herrn Abgeordneten Hauser (Krefeld) — auch er ist nicht im Raum — werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 101 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst! Fragen 102 und 103 der Abgeordneten Frau Matthäus-Maier! Auch diese Fragesteller sind nicht im Raum, die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 104 des Herrn Abgeordneten Braun — ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter, für die Anwesenheit —
Trifft es zu, daß bei der Bundesbahndirektion Essen 4,2 v. H. der zu zählenden Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzt sind, hingegen bei der Bundesbahndirektion Stuttgart nur 2,6 v. H., und wenn ja, welche Gründe gibt es dafür?
Bitte, Herr Bundesminister.

Kurt Gscheidle (SPD):
Rede ID: ID0804425900
Herr Abgeordneter, die prozentual unterschiedliche Beschäftigung von Schwerbehinderten in den Bezirken der einzelnen Bundesbahndirektionen hat mehrere Ursachen. Ganz entscheidend wirkte sich die seit November 1974 bei der Deutschen Bundesbahn bestehende Einstellungssperre und die seitdem vollzogene Personalreduzierung um mehr als 55 000 Kräfte aus.
Je nach den Strukturen der Bezirke und den Personalstärken der einzelnen Dienststellen haben sich die Prozentverhältnisse der Schwerbehinderten mehr oder weniger stark verschoben, so seit Januar 1975 bei der Bundesbahndirektion Essen von 3,58 % auf 4,2 % und bei der Bundesbahndirektion Stuttgart von 2,44 % auf 2,6 %.
Weiterhin wirkt sich aus, daß es im Bezirk der Bundesbahndirektion Essen mehr große Dienststellen gibt, die leichter Schwerbehinderte eingliedern können, so z. B. die Sozialverwaltung Nord in Münster.
Da grundsätzlich keine neuen Einstellungen vorgenommen werden dürfen, verändert sich die Zahl der bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigten Schwerbehinderten zur Zeit nur durch Altersabgänge und durch Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft von bereits bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigten Mitarbeitern. Zum Beispiel sind im Jahr 1976 im Bezirk der Bundesbahndirektion Essen 344 Mitarbeiter als Schwerbehinderte anerkannt worden, im Bezirk der Bundesbahndirektion Stuttgart waren es dagegen nur 91.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804426000
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Braun.

Gerhard Braun (CDU):
Rede ID: ID0804426100
Herr Minister, dann darf ich davon ausgehen, daß es nicht generell strukturelle Fragen im Bereich der Bundesbahn sind, wenn die Bahn nicht in der Lage ist, die Pflichtplätze zu besetzen, sondern daß es hier sehr wohl Unterschiede gibt?
Gscheidle, Bundesminister: Ich befürchte sehr, Herr Abgeordneter, daß wir in naher Zukunft dazu nicht mehr in der Lage sind. Einmal ist die Reduzierung durch Rationalisierungsmaßnahmen derart stark, zum anderen kommt die Einstellungssperre dazu. Was die Bundesbahn tut, ist, soweit wie möglich bei Einstellungen Schwerbeschädigten eine Chance zu geben, teilweise auch durch Zeitvorgaben auf einem Normalarbeitsplatz. Aber bei der Differenz, die besteht, fürchte ich sehr, daß, solange diese Rationalisierungsmaßnahmen anhalten und dadurch auch der Einstellungsstopp im weitesten Umfange besteht, hier große Schwierigkeiten bestehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804426200
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 105 und 106 werden auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Milz, schriftlich



Vizepräsident Frau Renger
beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe Frage 107 des Herrn Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim auf:
Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, daß — wie von der Wochenzeitung „Die Zeit" vom 2. September 1977 gemeldet — sämtliche in die USA oder nach Japan exportierten ' Fahrzeuge deutscher Hersteller Platin-Katalysatoren enthalten, die den Abgasen fast völlig die gefährlichen Stoffe Kohlenmonoxyd und Kohlenwasserstoffe entziehen, und wenn ja sollte nach Auffassung der Bundesregierung eine entsprechende Ausrüstung der für den deutschen Markt produzierten Fahrzeuge im Interesse des Umweltschutzes vorgeschrieben werden?
Gscheidle, Bundesminister: Frau Präsidentin, ich würde sehr gern die beiden Fragen wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantworten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804426300
Der Fragesteller stimmt zu.
Dann rufe ich auch die Frage 108 des Herrn Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob inzwischen in der Bundesrepublik Deutschland sogenannte Drei-Wege-Katalysatoren entwickelt wurden, die den Abgasen zusätzlich noch die Stickoxyde entziehen, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie aus dieser Entwicklung?
Bitte, Herr Bundesminister.
Gscheidle, Bundesminister: Nach dem Umweltprogramm der Bundesregierung und in Übereinstimmung mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz werden Grenzwerte für die noch zulässigen Mengen an unerwünschten Bestandteilen im Abgas der Kraftfahrzeuge festgelegt. Dieses bewährte Verfahren fördert zwangsläufig die technisch und wirtschaftlich optimalen Lösungen. Es ist somit nicht notwendig, eine bestimmte technische Lösung wie den Einbau bestimmter Filter oder Katalysatoren vorzuschreiben.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804426400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804426500
Herr Minister, ist es richtig, daß die Umweltanforderungen in den Vereinigten Staaten schärfer sind als in der Bundesrepublik Deutschland, und warum sind sie hier weniger scharf?
Gscheidle, Bundesminister: Wir gehen davon aus, daß wir in dieser Hinsicht innerhalb der EG zu übereinstimmenden Entwicklungen kommen. Wir liegen in der EG innerhalb der vorgeschriebenen zulässigen Mengen sehr günstig.
Im übrigen hängt die Anwendung der Systeme, die Sie in Ihrer Frage angesprochen haben, ja mit dem Bleigehalt des Benzins zusammen. Sie wissen, daß ein Fahrzeug mit diesen Katalysatoren dann, wenn es bleihaltiges Benzin tankt — was ja zumindest im Ausland, in unseren Nachbarstaaten der Fall wäre, selbst wenn wir bleifreies Benzin einführten —, funktionsuntüchtig wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804426600
Eine Zusatzfrage, bitte.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804426700
Herr Minister, darf ich einen Zusammenhang mit unseren Straßenbaukosten herstellen und fragen, ob Sie es für möglich halten oder ob es Untersuchungen darüber gibt, ob sich die kostenerhöhenden Maßnahmen, die jetzt im Straßenbau erwogen werden oder schon vorgeschrieben sind, vermindern ließen, wenn wir auf der Fahrzeugseite mehr für den Umweltschutz tun würden?
Gscheidle, Bundesminister: Das ist sicherlich richtig. Dies ist aber auch die feste Absicht der Bundesregierung. Wir haben da Verbindung mit den Automobilherstellern. Gerade die Internationale Automobilausstellung hat ja gezeigt, in wie großem Umfange die deutsche Automobilindustrie dazu übergeht, auch auf diesem Gebiet ihren Beitrag zu leisten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804426800
Eine weitere Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804426900
Herr Minister, gibt es in Ihrem Hause konkrete Untersuchungen darüber, um wieviel sich die Straßenbaukosten vermindern würden, wenn wir in Europa oder in Deutschland auf die amerikanischen Werte gingen? Sie wissen, daß ich auf die jetzt sehr deutlich erkennbar werdende sehr starke Erhöhung der Straßenbaukosten im Hinblick nicht nur auf den Lärmschutz, sondern auch auf den Abgasschutz Bezug nehmen möchte, die zur Folge hat, daß heute andere Gegebenheiten als noch vor zwei oder drei Jahren vorliegen.
Gscheidle, Bundesminister: Solche Untersuchungen sind mir nicht bekannt. Das ist aber auch deshalb verständlich, weil innerhalb der USA die Entwicklung auf diesem Gebiet ja gerade innerhalb der letzten Monate beschleunigt eingesetzt hat. Aber ganz sicherlich werden wir aus internationalen Erfahrungen Folgerungen ziehen, was ja auch schon im internationalen Erfahrungsaustausch angelegt ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804427000
Bitte, noch eine Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804427100
Herr Minister, könnten Sie angesichts der jetzt erkennbar gewordenen Dringlichkeit dieser Frage einen Zeithorizont angeben und sagen, bis wann Ihr Haus eine klare Vorstellung zu der Frage gewonnen haben wird, welcher Wert bei Fahrzeugen auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit beim Fahrzeug in Beziehung zu den Straßenbaukosten, die nach den neuen Vorstellungen Ihres Hauses durch Abgasschutz entstehen, optimal wäre?
Gscheidle, Bundesminister: Solche Vorstellungen bestehen in meinem Hause bereits. Ich bitte Sie aber um Verständnis dafür, daß wir die Fragestunde sprengen würden, wenn ich Ihnen jetzt aus den Gutachten, die es dazu gibt, vortrüge. Ich stelle sie Ihnen aber gern zur Verfügung.




Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804427200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Köhler (Wolfsburg).

Dr. Volkmar Köhler (CDU):
Rede ID: ID0804427300
Herr Minister, können Sie mir sagen, ob die in den Fragen meines Kollegen Spies von Büllesheim erwähnten Katalysatoren technisch geeignet sind, die für die Bundesrepublik projektierten Emissionswerte zu erfüllen?
Gscheidle, Bundesminister: Nein, ich hatte versucht, in meiner Antwort schon darauf hinzuweisen, daß diese hier in der Erörterung stehende Technik der Katalysatoren in unserem Lande wegen des Bleigehalts des Benzins — oder selbst dann, wenn wir das Benzin bleifrei machen würden, wegen des Bleigehalts in unseren Nachbarländern — kein geeignetes Mittel ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804427400
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 109 des Herrn Abgeordneten Wendt auf. — Der Kollege ist nicht im Raum. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 110 des Herrn Abgeordneten Feinendegen auf:
Wann beabsichtigt die Bundesregierung den Einbau von Sicherheitsgurten für Rücksitze vorzuschreiben, nachdem sie in ihrem sogenannten Maßnahmen-Zeit-Katalog zum Verkehrssicherheitsprogramm 1973 dafür das Jahr 1977 vorgesehen hatte?
Bitte schön, Herr Bundesminister.
Gscheidle, Bundesminister: Herr Abgeordneter, der im Maßnahmen-Zeit-Katalog zum Verkehrssicherheitsprogramm 1973 genannte Termin für die Einführung einer Pflicht zur Ausrüstung von Rücksitzen mit Sicherheitsgurten kann nicht eingehalten werden. Voraussetzung für eine entsprechende Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ist die Harmonisierung der Vorschriften über Sicherheitsgurte innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Durch die Verkündung der EG-Richtlinie über Sicherheitsgurte und Rückhaltesysteme im EG-Amtsblatt vom 29. August 1977 ist die erforderliche Harmonisierung durchgeführt. Die nun mögliche Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung wird nach meiner Auffassung voraussichtlich im Jahre 1978 erfolgen können.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804427500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter,

Wolfgang Feinendegen (CDU):
Rede ID: ID0804427600
Herr Minister, hat die Bundesregierung die Absicht, in diesem Zusammenhang auch die Sicherung von auf den Rücksitzen mitfahrenden Kindern zu berücksichtigen?
Gscheidle, Bundesminister: Ja.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804427700
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann die Frage 111 des Herrn Abgeordneten Feinendegen:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung die in der EG-Richtlinie über Sicherheitsgurte und Rückhaltesysteme enthaltene Vorschrift zur Einführung von Beckengurten auf Rücksitzen für veraltet hält?
Gscheidle, Bundesminister: Nein, Herr Abgeordneter. Angesichts des gegenüber den Frontsitzen geringeren Benutzungsgrades und wegen des geringeren Verletzungsrisikos — weil in aller Regel kein Kontakt mit der Windschutzscheibe entsteht — halten es alle Mitgliedstaaten für ausreichend, wenn die Rücksitze mit Beckengurten ausgerüstet sind. Im übrigen müssen nach den EG-Richtlinien über Verankerungen für die hinteren äußeren Sitzplätze Verankerungen für Dreipunkt-Sicherheitsgurte vorhanden sein, so daß der Fahrzeughalter, wenn diese Vorschrift erfüllt ist, die Möglichkeit hat, auf eigenen Wunsch Dreipunktgurte einbauen zu lassen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804427800
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Köhler (Wolfsburg).

Dr. Volkmar Köhler (CDU):
Rede ID: ID0804427900
Herr Minister, wie beurteilt Ihr Haus in diesem Zusammenhang den Nutzen aktiver Gurtsysteme?
Gscheidle, Bundesminister: Bei der Vielfalt von aktiven und passiven Systemen bitte ich um Verständnis, wenn ich rückfrage, welchen aktiven Gurt Sie jetzt meinen. Oder fragen Sie allgemein?

Dr. Volkmar Köhler (CDU):
Rede ID: ID0804428000
Wenn Sie erlauben, Frau Präsidentin: Ich meine allgemein ein System, bei dem die Fahrfähigkeit des Wagens nur gegeben ist, wenn der Gurt angelegt ist.
Gscheidle, Bundesminister: Wir haben ja diese sehr positive Entwicklung — ich denke, Sie haben das im Auge — bei VW, um nur einen Hersteller zu nennen. Die positive Beurteilung wird auch dadurch signalisiert, daß die Aufträge zur Ausrüstung von Behördenfahrzeugen bei den Herstellern zunehmen, die derartige Systeme liefern.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804428100
Danke schön.
Ich rufe die Frage 112 des Herrn Abgeordneten Wüster auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß untermotorisierte Fahrzeuge mit Anhänger (vor allem Lkw) auf der Bundesautobahn an Steigungen ohne Kriechspur aber mit Überholverbot, vor allem in der Urlaubszeit, große Stauungen verursachen, und was will sie unternehmen, um einen normalen Verkehrsfluß zu erreichen?
Bitte, Herr Bundesminister.
Gscheidle, Bundesminister: Herr Abgeordneter, diese Tatsache ist der Bundesregierung bekannt. Gegenmaßnahmen sind:
Erstens. Soweit notwendig und möglich, erhalten die Steigungsstrecken Zusatzfahrstreifen.
Zweitens. Seit 1969 erläßt der Bundesminister für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrates die Ferienreiseverordnungen, in denen Wochenendfahrverbote für schwere Lkw und für Lkw-Züge während der Hauptreisezeit vorgesehen sind.



Bundesminister Gscheidle
Drittens. Der Bundesminister für Verkehr hat für Ende Oktober dieses Jahres alle interessierten Verbände zu einem Erfahrungsaustausch über die Verkehrsabwicklung während der Urlaubszeit eingeladen. Auch die Bundesländer werden dann über ihre Erfahrungen berichten. Wenn sich hierbei realisierbare Vorschläge zur Verbesserung des Verkehrsflusses ergeben, werden sie in die Tat umgesetzt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804428200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Kurt Wüster (SPD):
Rede ID: ID0804428300
Herr Bundesminister, wären Sie im Interesse eines reibungslosen Verkehrs bereit, ein Überholverbot nicht von der Bezeichnung oder Definition eines Kraftfahrzeuges abhängig zu machen, sondern von seiner Zugkraft und Geschwindigkeit?
Gscheidle, Bundesminister: Das ist eine vieldiskutierte Frage. Bei unserer jetzigen Situation im Straßenverkehr dient das Überholverbot dem Verkehrsfluß. Derart gezielte, gestufte Regelungen, wie sie in Ihrer Frage angesprochen sind, wären erst bei einer sehr differenzierten Betrachtung denkbar, bei unserem derzeitigen Fahrzeugbestand und der derzeitigen Mischung ides Verkehrs noch nicht.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804428400
Eine weitere Zusatzfrage.

Kurt Wüster (SPD):
Rede ID: ID0804428500
Herr Bundesminister, wären Sie bereit, in Ihrem Hause entsprechende Überlegungen anstellen zu lassen?
Gscheidle, Bundesminister: Sehr gerne, Herr Abgeordneter. Da aber schon derart viele Erkenntnisse vorliegen, möchte ich mir zunächst einmal erlauben, Ihnen die Unterlagen über die bisherigen Erkenntnisse zuzuleiten. So ändert sich natürlich das ausgewiesene Gewicht des Fahrzeugs mit der Art der Beladung, d. h., es wäre die Leerfahrt von der Fahrt mit Beladung zu differenzieren. Die Überwachung des Verkehrsflusses würde durch derart differenzierte Regelungen außerordentlich schwierig. Ich schlage Ihnen vor, ich leite Ihnen die Unterlagen mit diesen Überlegungen zu. Wir haben sicher in irgendeinem Zusammenhang Gelegenheit, die Frage zu vertiefen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804428600
Die Fragestunde ist abgelaufen. Herr Bundesminister, danke sehr.
Die Fragen 116 bis 123, 131, 139 und 140 sind von den Fragestellern zurückgezogen worden.
Die übrigen nicht behandelten Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Meine Damen und Herren, da die Fraktion der FDP noch tagt, ist interfraktionell vereinbart worden, jetzt den Punkt 8 der Tagesordnung zu behandeln:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch und städtebaulich wertvoller Gebäude
— Drucksache 8/896
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Finanzausschuß (federführend)

Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Innenausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Das Wort dazu hat Herr Abgeordneter Francke.

Klaus Francke (CDU):
Rede ID: ID0804428700
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Geschichte eines Landes, einer Nation erfährt für alle Bürger ihren sichtbarsten Ausdruck in ihrer Stadtgestaltung, in ihrer Architektur, wenn wir dabei z. B. an Athen und die Akropolis, Rom und das Forum Romanum, Dresden und den Zwinger oder Berlin und das Brandenburger Tor denken. Das Geschichtsbewußtsein oder Bürger eines Landes und seiner Regierung kann auch daran gemessen werden, ob und in welcher Weise sie sich der Aufgabe stellen, diese Stein gewordene Geschichte zu bewahren und sie der nachfolgenden Generation zum Ansporn, zur gelegentlichen Mahnung zu hinterlassen.
Der Herr Bundespräsident hat in einer Rede am 29. April 1976 in Berlin zu diesem Thema gesagt — ich erlaube mir zu zitieren —:
In der Geschichte erkennt das Volk, wie in einem Spiegel, sich selbst. In der Geschichte wird das Volk seiner selbst, als einer unteilbaren Gemeinschaft, gewahr.
An anderer Stelle heißt es:
Es geht darum, den Charakter einer Stadt zu bewahren, ihr Gesicht. Denn Städte haben ein Gesicht, Städte sind lebendige Organismen. Und man schlägt nicht mit einem Hammer in ein lebendiges Gesicht.
Meine Damen und Herren, über viele Jahre ist diese Aufgabe der Erhaltung und Reaktivierung unserer alten Städte vernachlässigt worden, und zwar sowohl von einer Vielzahl von Stadtplanern und Architekten wie auch und insbesondere von der politischen Führung. Der notwendige schnelle Wiederaufbau unserer Städte und Gemeinden nach dem Kriege geschah allerorten, etwas verkürzt dargestellt, nach den Prinzipien und Grundsätzen der Charta von Athen. Die Menschenfeindlichkeit der Städte — als Postulat und Ausgangspunkt der Überlegungen — sollte unter Anwendung dieser Prinzipien verschwinden, um so zu einer Verbesserung, einer Vermenschlichung der Städte beizutragen. Meiner Ansicht nach hat sich dieser Grundgedanke nicht bestätigt. Die Funktionstrennung hat maßgeblich zu einer weniger menschlichen Entwicklung der Städte beigetragen. Die Folgen dieser Einstellung maßgeblicher Stadtplaner und Architekten, gestützt durch die damaligen sozialdemokratischen Mehrheiten in den Rathäusern in den 40er, 50er und 60er Jahren, sind erschreckend. Wir haben uns heute täglich damit auseinanderzusetzen.
Es kommt hinzu, daß durch Planungsunsicherheit, allzulange Festschreibung von wirtschaftlich nicht



Francke (Hamburg)

vertretbaren Mieten und durch das Fehlen steuerlicher Anreize der weitgehend in den Stadtzentren vorhandene private Grundbesitzer gar nicht in der Lage war, den eingetretenen Verfall aufzuhalten.
In den Beratungen des Raumordnungsausschusses im Juni dieses Jahres in Regensburg ist uns in sehr eindringlicher Weise gesagt worden, daß allein in der Altstadt 1200 Gebäude als Baudenkmäler in einer Liste vorläufig erfaßt worden sind. Die Hansestadt Bremen hat z. B. 910 dieser erhaltenswerten Gebäude, meine eigene Vaterstadt, die Freie und Hansestadt Hamburg, 913. Wir könnten diese Liste beliebig lang fortführen, insbesondere auch durch Beispiele aus den ländlichen Bereichen.
Meine Damen und Herren, daß bislang trotzdem vieles geschehen ist, verdanken wir weniger der Regierung, als vielmehr, nach meiner Einschätzung, drei anderen Komponenten: erstens dem Verantwortungsbewußtsein und dem sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlenden Mäzenatentum vieler privater Personen und Institutionen in diesem Lande, zweitens der Initiative einer ganzen Reihe von Kornmunen — stellvertretend dafür sollte man an dieser Stelle die Arbeitsgemeinschaft der Städte Lübeck, Bamberg und Regensburg lobend erwähnen — und drittens insonderheit den Widerstand gegen den Verfall der Städte und dem Widerstand gegen allzu modische Stadtentwicklungsmaßnahmen aus der Bürgerschaft selber.
Die Probleme unserer Stadtentwicklung, besonders der Altstadtsanierung, finden heute ein derart starkes öffentliches Interesse, wie das seit langem nicht mehr der Fall gewesen ist. Es geht deshalb für Regierung und Parlament darum, dieses Interesse zu nutzen, aber auch die gesetzlichen Voraussetzungen zur Umsetzung in Taten zu schaffen bzw. zu stärken. Wir haben ein Denkmalschutzgesetz, den neuen § 7 b des Einkommensteuergesetzes, das Städtebauförderungsgesetz, finanzielle Hilfen nach dem Modernisierungsgesetz und Mittel aus dem Konjunkturförderungsprogramm. Daß wir daneben offensichtlich auch allzu viele Hemmnisse aufgebaut haben, hat in sehr eindrucksvoller Weise in der vergangenen Woche die Architektenkammer von Nordrhein-Westfalen dargestellt. Ich will allerdings auf diesen Punkt jetzt nicht näher eingehen.
Im Sinne der Worte des Herrn Bundespräsidenten, „Denkmalschutz ist eine Angelegenheit aller Bürger", muß es uns darum gehen, dem Bürger auch die Möglichkeit zu geben, den Denkmalschutz nicht nur ideell, sondern auch finanziell zu seiner Angelegenheit machen zu können. Diesem Vorhaben dient der Gesetzentwurf des Bundesrats in Drucksache 896, der im übrigen auf eine Initiative des Landes Schleswig-Holstein zurückgeht, das sich dankenswerterweise bereits 1974 dieses Themas angenommen hatte, damals allerdings leider durch einen Mehrheitsbeschluß in diesem Hause an der Umsetzung seiner Ansichten gehindert wurde.
Der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat den Vorläufer dieser Vorlage, den Entwurf des Landes Schleswig-Holstein, auf seiner Sitzung am 28. Juni 1977 in Regensburg ausführlich behandelt und dazu eine einstimmige Entschließung gefaßt. Ich möchte den entscheidenden Punkt dieser Entschließung hier kurz ansprechen, wobei ich den Dank der CDU/CSU-Fraktion gegenüber den beiden andere Fraktionen dieses Hauses dafür wiederhole, unserem Anliegen einer steuerlichen Begünstigung auch der Anschaffungskosten zugestimmt zu haben. Die CDU/CSU-Fraktion wird auf der Basis der Vorlage, die hier zur Beratung steht und unter Einschluß der Elemente der Entschließung vom 28. Juni der Vorlage zustimmen und bittet um eine zügige Beratung und Beschlußfassung in den Ausschüssen.
Die Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Gesetzentwurf ist positiv, bedarf aber nach meiner Auffassung wegen des Tenors einiger Korrekturen. Die Bundesregierung erweckt den Anschein, als ob sie nicht nur verbal, sondern auch tatsächlich in allen Bereichen eine Änderung in der Programmatik ihrer Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik betreibe und dieser Gesetzentwurf nur eine hilfreiche Randerscheinung sei.
Dem darf ich folgendes entgegenhalten: Wenn Sie sich das Bundesprogramm nach dem Städtebauförderungsgesetz, „Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen", und zwar die Verpflichtungsermächtigungen, ansehen, so werden Sie feststellen, daß die Ansätze, von 1975 auf 1977 gerechnet, um 50 Millionen DM rückläufig sind. Die Ansätze in der mittelfristigen Finanzplanung sind in 1978 und 1979 die gleichen, was unter Berücksichtigung einer Preissteigerungsrate von 4 % per anno tatsächlich eine Rückläufigkeit bedeutet. Das gleiche trifft auch für den Titel „Förderung von Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten an Wohngebäuden" zu. Ich verkenne dabei keinesfalls die Tatsache, daß auf der anderen Seite eine Erhöhung des Ansatzes „Verbesserung der Lebensbedingungen in Städten und Gemeinden" stattgefunden hat. Nur, wie gesagt, daraus den Schluß ziehen zu wollen — wie die Regierung es tut —, dieser Gesetzentwurf sei nur eine hilfreiche Randerscheinung, meine ich, ist nicht richtig.
Die zu lösende Aufgabe geht alle Bürger, das Parlament und die Regierung an. Letztere hat nach meiner Auffassung sehr viel nachzuholen, denn erst in jüngster Zeit werden ernsthafte Versuche unternommen, auch den direkten Anteil des Staates zur Lösung der Probleme in angemessener Form zu erhöhen. Der Baudezernent der Stadt Regensburg hat vor dem Ausschuß am 28. Juni gesagt — ich zitiere —:
In der bisher praktizierten Weise muß die Dauer der Sanierung für das gesamte Denkmalsensemble Altstadt auf rund 100 bis 120 Jahre geschätzt werden.
Ich verkenne keinesfalls, sondern möchte ausdrücklich bestätigen, daß jede Generation ihre Aufgabe hat. Die Aufgabe der Erhaltung und Reaktivierung unserer alten Städte ist nicht in einer Generation zu lösen. Wir haben aber, glaube ich, die Verpflichtung, alles zu tun, damit die nachfolgende Generation aus den Zeugnissen unserer Geschichte überhaupt etwas lernen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)





Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804428800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schwencke.

Dr. Olaf Schwencke (SPD):
Rede ID: ID0804428900
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ohne Zweifel wird in diesem Hause in allen Fraktionen Freude über den Gesetzentwurf zur Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch und städtebaulich wertvoller Gebäude herrschen. Wenn dieses Gesetz heute in erster Lesung behandelt und dann an die Ausschüsse überwiesen wird, muß sich das Parlament erneut mit einem Kernbereich unseres gesellschaftlichen Lebens befassen, der für immer mehr Bürger eine immer größere Priorität erlangt hat. Dieser Gesetzentwurf trägt nicht nur dazu bei, ein gewisses noch bestehendes steuerrechtliches Defizit zu beseitigen, sondern fördert auch den Prozeß wachsenden Stadtbewußtseins, den wir überall in unseren europäischen Städten feststellen. Darauf muß der Politiker eine angemessene Antwort geben.
Nachdem im Rahmen des schon genannten erweiterten § 7 b des Einkommensteuergesetzes der Erwerb älterer Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen bereits seit Beginn dieses Jahres steuerlich abschreibbar ist, soll nun auch die Abschreibung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwand auch bei anderen denkmalgeschützten Gebäuden jeglicher Nutzungsart möglich sein.
Daß dieser Gesetzentwurf aus einer unserer ältesten, größten und, wie ich meine, auch schönsten Altstädte, nämlich aus der Hansestadt Lübeck über den Bundesrat in den Bundestag gelangte und zuvor mit einer notwendigen und positiven Stellungnahme der Bundesregierung versehen wurde, ist sicherlich kein schlechtes Zeichen. Dieser Entwurf kommt gewissermaßen von der altstädtischen Basis und hat trotz der vorgeschriebenen Umwege einen nicht übersehbaren Konnex zu dem Erhaltungsalltag in unserem urbanen Lebensraum.
Indem dieser Entwurf — hier setze ich die Prioritäten selbstverständlich anders als mein verehrter Herr CDU/CSU-Vorredner — mit den von uns bereits verabschiedeten boden- und steuerrechtlichen Gesetzen und mehreren Investitionsprogrammen auf diesem Gebiet korrespondiert und sie ergänzt, schließt er eine Lücke, und zwar offensichtlich die letzte uns heute jedenfalls erkennbare Lücke.
Manche Kollegen — auch ich — haben es bedauert, daß ein erster Gesetzentwurf dieser Art in der vorigen Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden konnte. Wir sollten aber, wie ich meine, dankbar dafür sein, daß wir die Beratungen heute auf der breiten Grundlage des erweiterten § 7 b des Einkommensteuergesetzes und einiger Investitionsprogramme, die bereits gegriffen haben, führen können. Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit so etwas wie ein Schlußstein im Gesamtkonzept für den Denkmalschutz in der Bundesrepublik Deutschland.
Ich sprach von gesellschaftlichen Prioritäten. Ich sprach von Prioritäten in der Stadterhaltungspolitik. Bundeskanzler Helmut Schmidt hat — ich möchte daran erinnern — in seiner Regierungserklärung am 16. Dezember 1976 die Erhaltung und Erneuerung unserer Städte und Gemeinden als einen der wichtigsten Schwerpunkte seiner Regierungsarbeit in dieser Legislaturperiode bezeichnet. Was diese wichtige „Säule" der Städtebaupolitik, wie Karl Ravens sie nennt, angeht, so kann sie jetzt mit Fug und Recht als in historischer Topographie festgefügt und handwerklich gut behauen bezeichnet werden.
Ein Bündel von Maßnahmen war dafür erforderlich. Um den Kontext des vorliegenden Gesetzentwurfs nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, nenne ich einige dieser bereits erfolgten Maßnahmen. Damit ergänze ich das Thema um einige Anmerkungen, die nicht nur für den Herrn Kollegen Franke bestimmt sind.
Bereits vor der 8. Legislaturperiode hatte die sozialliberale Koalition wichtige Schritte in diese Richtung getan. Ich nenne nur das Städtebauförderungsgesetz von 1971, die Novellierung des Bundesbaugesetzes von 1975 und das Wohnungsmodernisierungsgesetz von 1976.
Schon heute haben in unseren Städten und Gemeinden die verschiedenen Sonder- und Konjunkturprogramme zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen aus dem Jahre 1975 — für jedermann sichtbar — gegriffen. Was zuvor an Denkmalschutzmaßnahmen noch als völlig unmöglich finanzierbar erschien, ist damit möglich geworden. Ich nenne
— die Instandsetzung kommunaler erhaltenswerter Gebäude von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung,
— die Stadtsanierungsprojekte in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten laut Städtebauförderungsgesetz,
— die Wohnungsmodernisierungszuschüsse an Althausbesitzer für Instandsetzungsarbeiten bis zu 30 °/o der Aufwendungen der Einzelmaßnahmen und schließlich auch die Bundesmittel für die Restaurierung von Gebäuden besonderer nationaler kultureller Bedeutung.
In dieser Legislaturperiode wurden nun bekanntlich alsbald die Abschreibungsmöglichkeiten nach § 7 b EStG so erweitert, daß alte Wohnungen und Wohngebäude mit darunterfallen. In Verbindung damit wurde auch die Befreiung von der Grunderwerbsteuer durchgesetzt, so wie der Katalog in § 82 a der Einkommensteuerdurchführungsverordnung erweitert, so daß die Absetzbarkeit von Herstellungskosten für Anlagen und Einrichtungen in Wohngebieten vergrößert werden konnte.
Dazu kommen die Maßnahmen der Zukunftsinvestitionsprogramme vom Frühjahr dieses Jahres:
1. 750 Millionen DM zur Erhaltung und Erneuerung ausgewählter historischer Stadtkerne,
2. 90 Millionen DM zur Erhaltung und Erneuerung einzelner denkmalswerter Gebäude durch Aus- und Umbau von Wohngebäuden und
3. 237 Millionen DM zur Erhaltung und zum Wiederaufbau von Baudenkmälern und Kulturbauten.
Der uns vorliegende Gesetzentwurf, der noch einige steuerpolitische Lücken schließen wird, dient,



Dr. Schwencke (Nienburg)

wie der Name sagt, der „Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch und städtebaulich wertvoller Gebäude", soweit sie nicht schon vorher durch andere Gesetze erfaßt wurden.
Sicher war nicht allein das Europäische Jahr des Denkmalschutzes, 1975, der Grund dafür, daß dieses breite und differenzierte Gesetzes- und Förderungsprogramm anlief. Die vielen durch die Tristesse unserer Innenstädte und die banale Stupidheit unserer Neubaugebiete wachgerüttelten Bürger haben dazu ebenso vehement beigetragen, wie die mit ihnen verbündeten Medien die Aufmerksamkeit auf unsere sterbenden Städte gelenkt haben. Geschadet haben unserer Demokratie weder jene bis dahin unerhörten Bürger- und Bürgerinitiativproteste noch der für uns derzeit so schlecht ausfallende europäische Vergleich. In der Tat nahmen wir uns sehr provinziell aus. Heute stehen wir in Europa an der Spitze der Förderungsmöglichkeiten für die Stadterhaltung, und zwar sowohl hinsichtlich des privaten als auch hinsichtlich des öffentlichen Bereichs.
Die langjährige bundesdeutsche Faustformel, daß es sich lohne, ein altes Gebäude, welches auch immer, abzureißen, um ein neues an seine Stelle zu setzen, um damit einen finanziellen Gewinn zu erzielen, stimmt nun nicht mehr. Langsam, aber sicher setzt sich die Erkenntnis durch, daß das Gegenteil richtig ist. Konsequente Gesellschaftspolitik hat, die Zeichen der Zeit in Europa richtig deutend, dazu geführt, daß es sich heute schon lohnt, ein altes Gebäude zu erhalten, statt es durch ein neues zu ersetzen; nicht gerechnet den moralischen, den ästhetischen und den Wohnkomfortgewinn, der damit verbunden ist.
„Fortschritt", auch städtebaulicher, hat sich bei uns zweieinhalb Jahrzehnte lang im wesentlichen in Quantitäten messen lassen. Das gilt leider auch heute noch für die DDR, wo ich in der vergangenen Woche in Rostock die Stadtentwicklung studieren konnte. Bei der prekären Wohnsituation ist dort immer noch die Quantität das einzig herrschende Proprium. „Fortschritt" als Quantität zeigt immer mehr antihumane Züge. Wir haben darauf Antworten zu geben versucht — wenn auch spät, so aber doch richtig und deutlich.
Die Resultate der städtebaulichen Entwicklung sind für jedermann nicht nur visuell erkennbar, für die Betroffenen nicht nur auch physisch spürbar, sondern auch in Zahlen erkennbar. Heute haben wir in der Bundesrepublik ca. 400 000 denkmalgeschützte Gebäude, von denen sich weit mehr als zwei Drittel bereits in einem so desolaten Zustand befinden, daß entweder ein erheblicher Herstellungsaufwand oder /und ein beträchtlicher Erhaltungsaufwand für ihre Sanierung erforderlich ist.
Von den ca. 400 000 Gebäuden sind ungefähr ein Drittel im Besitz der verschiedenen öffentlichen Hände, der Kirchen, der gesellschaftlichen Institutionen usw. Nach Schätzung der Landeskonservatoren sind ungefähr 200 000 Gebäude in Privatbesitz, und zwar in einem so schlechten Zustand, daß sie für einen „Herstellungsaufwand" — wie unser vorliegendes Gesetz das nennt, neben dem „Erhaltungsaufwand" — anstehen; darüber hinaus sind ca. 100 000 Gebäude zu „erhalten". Nach Berücksichtigung der bereits durch § 82 a der Einkommensteuerdurchführungsverordnung und das Städtebauförderungsgesetz erfaßten Gebäude sind diese Zahlen — nach Schätzung des Bundesbauministeriums und des Bundeswirtschaftsministeriums — jeweils um ein Viertel zu reduzieren; danach verbleiben für den Bereich dieses Gesetzes immerhin noch ca. 150 000 Gebäude für die Wiederherstellung und ca. 75 000 Gebäude für die Erhaltung.
Die Durchschnittskosten werden — laut gleicher Quelle — für die Erhaltung mit 30 000 DM und für die Herstellung mit 150 000 DM beziffert. Wenn nun nach einer Hochrechnung jährlich 4 000 Gebäude „erhalten" und ca. die doppelte Menge wieder„hergestellt” werden, ergeben sich — auf der fiktiven Grundlage eines durchschnittlichen Steuersatzes von 35 % — Steuerausfälle pro anno in Höhe von 45 Millionen DM, die sich im zweiten Jahr verdoppeln usw.
Was bewirkt dieser Aufwand städtebaupolitisch, und was wird das Gesetz dem Privatmann konkret bringen, der sein denkmalgeschütztes Haus auf dieser Grundlage sanieren will?
Erstens. Durch beachtliche Abschreibungsmöglichkeiten werden über den Bereich des erweiterten §7 b des Einkommensteuergesetzes hinaus auch übrige Gebäude, wenn sie unter Denkmalschutz stehen, dadurch vor weiterem Verfall geschützt, daß ihr Besitzer ihre Erhaltung als steuerlich lohnend empfinden kann. Dieses Gesetz trägt somit direkt zur weiteren Innenstadtrevitalisierung bei und wird möglicherweise auch Re-Multifunktionalisierungstendenzen haben.
Zweitens. Der steuerliche Anreiz soll durch Ergänzung des § 51 des Einkommesteuergesetzes dadurch verbessert werden, daß der Erhaltungs- bzw. der Herstellungsaufwand — an eine Erwerbsabschreibung ist nach meiner Meinung mit vollem Recht nicht gedacht — für die Betroffenen zeitlich gestreckt und somit effektiver wird. Es ist hervorzuheben, daß
a) die Abschreibung der Erhaltungskosten auf mehrere Jahre, nämlich auf zwei bis fünf, verteilt werden kann — damit wird der Besitz eines alten Hauses auch für durchschnittliche Lohnempfänger interessant — und
b) die erhöhte Absetzung der Herstellungskosten, die bis zu 10 v. H. der Aufwendung im Jahr betragen kann, mit Sicherheit zu verstärkten Bau- und Ausbauinvestitionen führt und, da dieser Bereich personalintensiv und für kleinere Firmen interessant ist, auch einen willkommenen beschäfigungspolitischen sowie mittelstandsfördernden Aspekt hat.
Wenn ich die Situation in unseren kleineren und mittleren Städten richtig einschätze und wenn, womit zu rechnen ist, die Landeskonservatoren den Begriff des Denkmalschutzes weiter ausweiten werden, könnte dieses Gesetz namentlich kleinere Geschäfte und Betriebe — die schönen alten „Tante-Emma-



Dr. Schwencke (Nienburg)

Läden" — für ihre Besitzer zu erhalten durchaus so lohnenswert erscheinen lassen, daß sie nicht nur identitätsstörende, sogenannte Modernisierungen —sprich technische Normierungen — weniger häufig durchführen, sondern die Neigung zur Ansiedlung von Großkaufhäusern und Supermärkten hoffentlich sichtbar sinkt.
Selbstverständlich ist dieser Gesetzentwurf kein komplettes Gesetzeswerk. Wir werden in den Ausschüssen im einzelnen und insbesondere über die Frage zu sprechen haben, wann und wodurch ein Bauwerk als „Baudenkmal" gilt. Ich meine, da wir noch nicht in allen Ländern neue Denkmalschutzgesetze haben — solche gibt es beispielsweise in Nordrhein-Westfalen oder in meinem Land Niedersachsen noch nicht —, daß wir gemeinsam nach einer Definition suchen müssen; eine, die sich an § 39 h des Bundesbaugesetzes hinsichtlich des Erhaltungsbereichsbegriffs anschließt. Von daher könnten möglicherweise gemeinsame Kriterien erarbeitet werden, die von Schleswig bis Oberammergau gültig wären.
Gestatten Sie mir, Frau Präsidentin, bitte noch eine ganz kurze Schlußbemerkung.
Der wachsende finanzielle Aufwand bei den Maßnahmen des Denkmalschutzes, der in diesem Lande schon jetzt getrieben wird, kann nur verantwortet werden, wenn ihr gesellschaftspolitischer Kontext stimmt. Stimmt er?
Das läßt uns fragen, worin dieser Kontext begründet sein könnte. Ich meine, daß er in den Bedürfnissen und Interessen des einzelnen Bürgers innerhalb einer ganz konkreten Topographie der gewachsenen und zur Zukunft offenen Stadt begründet ist. Solches Urbanum ist überhaupt nicht abstrakt, sondern existentiell so konkret, daß darauf politisch-programmatisch reagiert werden muß. Je kleiner und übersichtlicher dieses Urbanum ist, desto mehr bedarf es der qualifizierenden Organisation, die allerdings nur dann funktioniert, wenn dabei die historischen Strukturen nicht ignoriert werden.
Es gehört dazu Kommunikation, Sozialisation und Partizipation. Gerade letzteres ist die Voraussetzung für unsere Demokratie, denn, wie Adolf Arndt es im Zusammenhang mit Architekturüberlegungen für die Gegenwart sagte: sie ist „als politische Lebensweise von ihrem Ansatz her auf den mündigen Menschen angewiesen". Der „Bauherr" der Demokratie ist der mündige Bürger, und er will die Erhaltung des architektonischen Erbes!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich breche hier ab, indem ich feststelle, daß der vorliegende Gesetzentwurf nicht nur ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist, sondern die noch vorhandene Lücke im Gesamtkonzept der Erhaltungspolitik schließt.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU] : Sie sollten sich auf den Gesetzentwurf beschränken, Herr Schwencke!)

„Denkmalschutz ist in diesem Konzept gesellschaftspolitisch verantwortbar, da unsere Städte für
unsere Bürger durch diese Maßnahmen wieder lebenswert werden.

(Beifall bei der SPD — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU] : Sie haben die Lücke nicht geschlossen!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0804429000
Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.

(V o r s i tz : Vizepräsident Stücklen)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0804429100
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Gesicht und Charakter einer Stadt, einer Gemeinde oder einer ländlichen Siedlung sind entscheidend von der künstlerischen Gestaltung durch die vorausgegangenen Generationen geprägt. Diese Gestaltung macht die Städte lebendig und läßt Geschichte und Stil in den Gebäuden sichtbar werden. Nicht zuletzt in seinen Gebäuden spiegelt sich das kulturelle Erbe eines Volkes und die Vielfalt der künstlerischen Ausdrucksformen. Keine Generation kann, so meine ich, ohne Geschichte leben. Um sie bewußt zu machen und werden zu lassen, sind gerade die sichtbaren Dokumente im unmittelbaren Bereich der täglichen Umwelt wichtig und eindrucksvoll. Darum, meine Damen und Herren, begrüßt die FDP-Fraktion den vorgelegten Gesetzentwurf. Schon zu viele Gebäude sind auf Grund der Zerstörung im Krieg, auf Grund der verständlichen verkehrspolitischen Maßnahmen, aber auch auf Grund verständlicher Modernisierungen im Stadtkern und im Wohnungswesen vernichtet. Es muß uns daran liegen, die bestehende Bausubstanz in ihrer künstlerischen Ausdrucksform soweit wie möglich zu erhalten und wieder für den unmittelbaren Gebrauch wirksam zu machen. Es ist nicht allein damit getan, künstlerisch wertvolle Gebäude durch Zuschüsse oder durch Übernahme in die öffentliche Hand zu mehr oder weniger musealen Gebäuden zu machen. Vielmehr muß es darum gehen, sie als Wohngebäude oder Wirtschaftsgebäude, die sie ursprünglich ja auch waren, zu erhalten und für den heutigen Gebrauch herzurichten.
Dennoch haben wir in der letzten Legislaturperiode den damals vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen müssen. Ich nehme deswegen heute besonders gern die Gelegenheit wahr, auch aus der Sicht des Finanzausschusses oder Finanzpolitikers dazu Stellung zu nehmen. Im damaligen Entwurf waren einige steuerrechtlich bedenkliche Tatbestände enthalten. Da war z. B. vorgesehen, daß die Möglichkeit der Abschreibung davon abhängig gemacht werden sollte, ob das Gebäude in einem Verbund mit anderen liegt. Das hätte bewirkt, daß alleinstehende, aber künstlerisch wertvolle Gebäude möglicherweise nicht in die Vergünstigung einbezogen worden wären, während andere weniger künstlerisch wertvolle, aber im Zusammenhang mit anderen Häusern stehende Gebäude berücksichtigt worden wären. Eine solche Form der Abschreibung ist nach den Grundsätzen steuerlicher Gerechtigkeit nicht möglich. Wir begrüßen daher, daß der jetzige Entwurf allein an den Tatbestand anknüpft, daß ein Gebäude als Baudenkmal anerkannt ist, und in diesem Fall, unabhängig von seiner Lage, die vorgesehenen Abschreibungserleichterungen zum Zuge kommen.



Frau Funcke
Wir hatten gegen den früheren Entwurf auch deshalb Bedenken, weil die Abschreibungen in einzelnen Punkten doch erheblich über das sonst festgesetzte Maß hinausgingen und damit die Ungerechtigkeit bei der Auswahl noch verstärkt hätten. Vor allen Dingen aber hatten wir Bedenken, weil auch die Anschaffungskosten in eine sehr hohe Abschreibungsmöglichkeit einbezogen werden sollten, d. h., es sollten in fünf Jahren bereits zu 30 % von der Kaufsumme abgeschrieben werden können. Dies hätte die Gefahr heraufbeschworen, das Abschreibungsgesellschaften entstanden wären, die kulturhistorische Bauwerke mehr oder weniger zum Objekt cleverer Steuermanipulationen gemacht hätten. Das wäre dem Sinn des Gesetzes ja wohl nicht gerecht geworden. Und zugleich wäre ein Anreiz zu einem häufigen Eigentümerwechsel, etwa alle fünf Jahre, gegeben worden. Das aber entspricht nicht dem Gedanken, daß die Baudenkmäler möglichst in Gebrauch und damit in unmittelbarem Zusammenhang mit den Bewohnern stehen sollten und nicht zu einem Abschreibungsobjekt in der Hand wechselnder Eigentümer gemacht werden sollten.
Dies alles vermeidet der jetzige Gesetzentwurf. Er sieht vor, daß je 10 % Kosten für Ein- und Ausbauten und Modernisierungen, soweit sie überhaupt aktivierungspflichtig sind, in zehn Jahren abgeschrieben werden können. Insoweit trägt er auch zur Rechtssicherheit bei. Denn wir haben ja in § 51 EStG Ermächtigungen für verschiedene Arten von Abschreibungen. Sie alle sind auf 10 % abgestellt. Das vermeidet die Gefahr, daß man bei verschiedenen Ein- und Ausbauten je nach Art und Objekt verschiedene Abschreibungssätze hätte. Der vorliegende Entwurf will bezüglich der Höhe und Gestaltung die Abschreibungsvergünstigungen gleichsetzen mit denen, die wir bei dem Städtebauförderungsgesetz, bei bestimmten Sanierungsbauten und auch bei Einbauten zum Lärmschutz und Wärmeschutz vorgesehen haben, so daß eine Aufteilung solcher Renovierungskosten in verschiedene Arten für unterschiedliche Abschreibungssätze vermieden wird. Schließlich vermeidet dieser Gesetzentwurf die von mir soeben erwähnten und befürchteten Mißbräuche, daß man künstlerische Gebäude zum Objekt steuerpolitischer Manipulationen macht.
Wir begrüßen den Gesetzentwurf und glauben, daß wir ihn in den Ausschüssen zu einem allseits befriedigenden Ergebnis bringen werden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804429200
Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor.
Wir kommen zu dem Vorschlag des Ältestenrats, den Gesetzentwurf dem Finanzausschuß — federführend — sowie dem Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, dem Innenausschuß und dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Die Fraktion der FDP ist mit ihren Beratungen nicht zu Ende. Herr Parlamentarischer Geschäftsführer, wünschen Sie eine Unterbrechung der Sitzung? — Es wird eine Unterbrechung der Sitzung um 15 Minuten gewünscht. Es ist üblich, dem Antrag einer Fraktion auf Unterbrechung zu entsprechen.
Ich unterbreche die Sitzung für 15 Minuten.

(Unterbrechung von 16.07 bis 16.27 Uhr)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804429300
Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.
Wir kommen zu dem Zusatzpunkt zur Tagesordnung gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 28. September 1977. Ich rufe auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz
Drucksachen 8/935, 8/943, 8/944, 8/945 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Weber

(Köln)

Abgeordneter Hartmann
Wünschen die Berichterstatter das Wort? — Die Berichterstatter wünschen das Wort nicht.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Hartmann.

Klaus Hartmann (CSU):
Rede ID: ID0804429400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, namens der Fraktion der CDU/CSU folgendes auszuführen.
Der Herr Bundeskanzler hat ausweislich der Presseberichterstattung vor der Fraktion seiner Partei mit dem Hinweis auf — angeblich neue — Erkenntnisse in den Haftanstalten seine und der Bundesregierung Überzeugung unterstrichen, daß es in besonderen Gefahrenlagen — und eine solche ist der akute Entführungsfall Hanns Martin Schleyer — unabweisbar notwendig sei, jedweden Kontakt von Häftlingen untereinander und mit der Außenwelt einschließlich des Verteidigerverkehrs zeitweise zu unterbrechen. Da diese Überzeugung offenbar mehrheitlich auch in allen Fraktionen dieses Hauses herrscht — in meiner Fraktion einstimmig, wievielstimmig in den Koalitionsfraktionen, wird sich bei der heutigen namentlichen Abstimmung erweisen —, haben diese einen entsprechenden, von der Bundesregierung ausgearbeiteten Gesetzentwurf zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz übernommen und interfraktionell im Bundestag eingebracht.
Der Gesetzentwurf wurde in erster Lesung dem Rechtsausschuß überwiesen, der seine sorgfältig erarbeitete Beschlußempfehlung in Gestalt der Drucksache 8/943 vorgelegt hat. Ich verweise auch auf den Inhalt des ausgedruckten Ausschußberichtes hierzu.
Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht Rechtsvorschriften vor, mit denen die Voraussetzungen konkretisiert werden, unter denen die Unterbrechung des Kontaktes von Inhaftierten untereinander und mit der Außenwelt zulässig ist — bis hin zur Unter-



Hartmann
brechung j e d w e der Verbindung von Inhaftierten untereinander und mit der Außenwelt, einschließlich des schriftlichen und mündlichen Verkehrs mit dem Verteidiger —, Rechtsvorschriften ferner, mit denen die Zuständigkeit für eine Feststellung, daß die Voraussetzungen einer Kontaktunterbrechung vorliegen, der Landesregierung bzw. der von ihr bestimmten obersten Landesbehörde und im Interesse eines einheitlichen Vorgehens dem Bundesminister der Justiz übertragen wird, Vorschriften überdies, mit denen nachteilige Folgen einer Kontaktunterbrechung für die Betroffenen vermieden werden, mit denen das Erfordernis einer gerichtlichen Bestätigung, der Feststellung, daß die Voraussetzungen einer Kontaktunterbrechung vorliegen, aufgestellt wird und mit denen dem einzelnen Betroffenen ein wirksamer Rechtsschutz gegen die Feststellung konkretisierender Maßnahmen garantiert wird. Der Gesetzentwurf enthält auch eine Überleitungsregelung, wie hinsichtlich bereits getroffener Maßnahmen zur Kontaktunterbrechung weiter zu verfahren ist. Damit keine Mißverständnisse auftreten: Es bedarf bei den bereits getroffenen Maßnahmen keines nachträglichen Nachschiebens von materiellen Rechtsgrundlagen. Bereits vollzogene Maßnahmen sind, wie der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes mit seinem Beschluß vom 23. September 1977 klargestellt hat, auf Grund der gebotenen Rechtsgüterabwägung Rechtens. Es ist jedoch erforderlich, die Voraussetzungen, die Rechtsfolgen, das Verfahren und den Rechtsschutz bei einer Kontaktunterbrechung im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit in der Zukunft gesetzlich zu regeln.
Die Möglichkeit der Kontaktunterbrechung in besonderen Gefahrenlagen ist kein Ausnahmerecht, mit welchem rechtsstaatliche Prinzipien suspendiert werden sollen. Sie ist vielmehr eines der gebotenen rechtsstaatlichen Instrumente zur Abwehr schwerster Gefahren und zum Schutz höchster Rechtsgüter, gewiß außergewöhnlich und weitgehend, aber verfassungskonform. Uns allen wäre es lieber, wenn unser Staat nicht gezwungen wäre, zu solchen Notwehrmaßnahmen zu greifen. Bekanntlich aber ist Notwehr diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen Angriff abzuwehren.
Bei aller gebotenen Zurückhaltung in der gegenwärtigen Situation, die auch die Beratungen im Rechtsausschuß bestimmt hat, was ich sehr dankbar anerkenne, kann ich mich einer Bemerkung nicht enthalten: Die hochgefährliche Konspiration aus den Haftanstalten heraus, in die Haftanstalten hinein, zwischen den Haftanstalten und innerhalb derselben, vor allem auf dem Wege über, das gesetzliche Verkehrsrecht mißbrauchende, Verteidiger, ist keine Erscheinung, die vom Himmel gefallen und erst im akuten Entführungsfall Schleyer offenkundig geworden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gibt sie seit Jahren. Sie ist mehr und mehr ins Kraut geschossen. Und noch etwas: Zum Mißbrauch von Rechten gehören zwei Seiten: diejenigen, die Mißbrauch treiben, und diejenigen, die sich das gefallen lassen, ohne dagegen mit den gebotenen
Mitteln einzuschreiten. Wer den Dingen allzulange freien Lauf läßt, muß um so schärfer bremsen, wenn er die Katastrophe verhindern will.
Meine Fraktion hat sich an der interfraktionellen Gesetzeseinbringung beteiligt und wird der heute zur Abstimmung stehenden Vorlage zustimmen, weil die auch vom Bundesgerichtshof angestellte Rechtsgüterabwägung dies gebietet. Dieses Rechtsprinzip besagt im vorliegenden Fall, daß gegenüber dem Schutz von Leben, Gesundheit und Freiheit das Recht auf unbeeinträchtigte Außenweltkontakte von Inhaftierten einschließlich des Verkehrs mit dem Verteidiger zurückzutreten hat. Wir stimmen auch als diejenigen dieser Beschlußempfehlung zu, denen man bisher immer vorgeworfen hat, Gesetzesänderungen zur besseren Bekämpfung des Terrorismus und der Gewaltkriminalität mit „heißer Nadel nähen" zu wollen. Das Tempo dieses Gesetzgebungsverfahrens steht in keinem Verhältnis zu der Geschwindigkeit, mit welcher unsere Gesetzesvorschläge bisher behandelt worden sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nichtsdestoweniger weist der vorliegende Entwurf aus, daß trotz hoher Eile sorgfältige Gesetzgebungsarbeit geleistet werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir, die CDU/CSU-Opposition dieses Hauses, hoffen, daß die Solidarität im sachlichen und verfahrensmäßigen Handeln, die wir in diesem Gesetzgebungsverfahren bewiesen haben, von seiten der Koalition bei der weiteren Behandlung unserer Vorschläge ebenfalls geübt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch unsere Vorschläge beruhen samt und sonders auf einer sorgfältig angestellten rechtsstaatlichen Güterabwägung.
Folgende Bemerkung zum Schluß: Das Problem unseres jungen demokratischen Staatswesens ist es, daß wir Liberalität einerseits und wehrhaften Gebrauch rechtsstaatlicher Macht andererseits noch nicht vollständig auf ein und denselben Nenner gebracht haben, und zwar zu Lasten des wehrhaften Gebrauchs rechtsstaatlicher Macht. Diese Unsicherheit im Selbstverständnis unseres Staates wird von den Feinden unserer Ordnung ausgenutzt.
Nur wenn unser Staat seinen Feinden entschlossen gegenübertritt, kann er die Freiräume der rechtstreuen Bürger auf Dauer bewahren. Selbsterhaltung und Notwehr sind kein Rückfall in den Polizeistaat!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich mit einem Wort von Perikles schließen: „Das Geheimnis des Glückes ist die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit ist der Mut", — der Mut, meine Damen und Herren, die Freiheit und das Recht, die Unterpfande unseres Glücks, entschlossen zu verteidigen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804429500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Weber (Köln).




Dr. Hubert Weber (SPD):
Rede ID: ID0804429600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf mit diesem einfachen Titel „Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz" hat dieses Parlament begonnen, die aus den jüngsten Erfahrungen mit terroristischen Anschlägen gewonnenen Erkenntnisse in Maßnahmen umzusetzen, die dem uns erteilten Auftrag gerecht werden, diese Verfassung und dieses Land zu schützen.
Es wäre aber unredlich, wenn wir bei den Bürgern draußen den Eindruck erwecken wollten, als könnten wir mit diesem Gesetz oder einem anderen noch so perfekten Gesetz terroristische Anschläge unmöglich machen. Das schreckliche Drama von Köln ist eine Herausforderung an uns alle.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Herausforderung müssen wir mit Besonnenheit begegnen, aber, wie dieses Gesetz zeigt, auch mit allen verfassungsrechtlich zulässigen Maßnahmen.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind entschlossen, wie der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung vom 15. September dieses Jahres ausgeführt hat, diesen Staat nicht unterminieren zu lassen, weil dieser Staat nicht ohnmächtig ist. Die Sozialdemokraten sind entschlossen, den inneren Frieden und die politische Stabilität in unserem Lande zu erhalten. Es kommt darauf an, unter exakter Wahrung des Verfassungsauftrags die Eindämmung des Terrorismus zu vollziehen. Wir Sozialdemokraten konzentrieren uns mit den uns zu Gebote stehenden Mitteln auf die Verteidigung und den Schutz der Freiheit gegen den Terror.
Wir lassen diese unsere Bereitschaft nicht von anderen in Zweifel ziehen und sind deshalb auch bereit, die freiheitlichen Rechte einiger weniger; die diese Rechte mißbraucht haben, in verfassungsrechtlich zulässiger Weise einzuengen,

(Beifall bei der SPD)

um die Rechte, um die Freiheit, um die soziale Sicherheit, die den Menschen unseres Landes eröffnet worden sind, im Gesamten zu erhalten. Der Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages, der Bundesverfassungsrichter Dr. Simon, hat dazu ausgeführt — ich möchte mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, wörtlich zitieren
Der Terrorismus ist in demokratischen Staaten besonders gefährlich; denn auf der einen Seite entsteht die Gefahr, daß das Vertrauen des Bürgers in die Handlungsfähigkeit des Staates schwindet, und umgekehrt kann er den liberalen Staat zu Handlungen nötigen, die er eigentlich nicht ergreifen möchte.
Wir Sozialdemokraten sind bereit, freiheitliche Rechte einiger weniger auf Zeit einzuengen, wenn dies notwendig ist, um dadurch die garantierten Freiheitsrechte, die Unversehrtheit von Leib und Leben anderer Bürger dieses Landes so weit wie möglich zu schützen.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Gesetz soll helfen, unsere Politik zu stützen. Das Neue an diesem Gesetz ist nicht, daß wir Recht ändern, sondern vielmehr, daß es Terroristen in diesem Lande gibt.

(Leicht [CDU/CSU]: Späte Erkenntnis!)

Auf diesem Hintergrund haben wir Sozialdemokraten gehandelt und tragen dieses Gesetz, das wir hier im Bundestag mit eingebracht haben, mit. Lassen Sie mich die Gründe dafür nennen.
Erstens. Die Ereignisse der letzten Zeit haben gezeigt, daß eine Kommunikation zwischen inhaftierten und sich noch in Freiheit befindlichen Terroristen unmittelbar das Leben, die Gesundheit und die Freiheit von Personen gefährden und den Entscheidungsspielraum staatlicher Stellen in erheblichem Umfange beeinträchtigen kann. Zwischen diesen Gruppen bestehen mannigfaltige Beziehungen. Wir haben Beweise dafür. Zur Abwendung dieser Gefahr und zum Schutze höchster Rechtsgüter kann es notwendig werden, jedwede Verbindung von Gefangenen untereinander und mit der Außenwelt zeitweilig zu unterbinden. Wir müssen diesen Staat deshalb in die Lage versetzen, Leben zu schützen, die durch terroristische Anschläge herbeigeführte außerordentliche Situation zu bewältigen und dieser Herausforderung entschieden entgegenzutreten. Meine Damen und Herren, wer nicht bereit ist, dies mit zu vollziehen, kann sich nicht dem Vorwurf entziehen, eine Säumnis begangen zu haben.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Wir brauchen dieses Gesetz, weil wir eine effiziente, schnell wirksame Regelung benötitigen, die nicht allein durch die Justizvollzugsorgane oder die Gerichte gewährleistet werden kann, sondern die den politischen Instanzen unseres Landes übertragen werden muß. Wir, die wir verpflichtet sind, diesen Staat mit zu schützen, müssen auch die Verantwortung hierfür übernehmen.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das ist wichtig!)

Drittens. Dieses Gesetz schafft aus rechtsstaatlichen Gründen eine eindeutige Regelung, die für den schwerwiegenden Eingriff klar abgegrenzte, fest umrissene Tatbestände vorsieht. Sie vermeidet eine Ausuferung, die die Generalklausel des § 34 des Strafgesetzbuches nicht verhindern kann. Dieser Staat befindet sich nicht in einem Staatsnotstand. Wir wollen deshalb auch nicht den übergesetzlichen Notstand durch die Gerichte strapazieren lassen, sondern wir wollen selbst ausnahmslos, vollständig und unverbrüchlich den Inhalt unserer Verfassung ausschöpfen. Wir müssen deshalb selbst auch die Grenzen abstecken, derart, wie sie der Bundesgerichtshof in seinem Beschluß vom 23. September 1977 in folgendem Leitsatz formuliert hat — ich zitiere —: „Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, daß die Verletzung eines Rechts in Kauf genommen werden muß, wenn es nur so möglich ist, ein höheres Rechtsgut zu retten."
Dieses Gesetz, meine Damen und Herren, ist also notwendig. Wir verstehen alle diejenigen, die Sorge bei diesem Gesetz empfinden, sowohl in diesem



Dx. Weber (Köln)

Raum als auch außerhalb, weil nach ihrer Meinung freiheitliche Errungenschaften im Strafprozeß und Strafvollzug gefährdet sind. Wir haben deshalb alle diese Argumente sehr ernst genommen. Dazu gehören auch die Erwägungen der Bundesrechtsanwaltskammer. Aber wir bitten auch diese, daran mitzuwirken, daß Anwälte, die sich außerhalb der Rechtsordnung stellen und gestellt haben, schnell und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln aus der Anwaltschaft ausgeschlossen werden,

(Allgemeiner Beifall)

um damit die Grundlage jeder Konspiration zu verhindern. Wir erwarten von Anwälten nicht Untertanengeist. Wir erwarten aber, daß Anwälte nicht mit Feinden dieses Rechtsstaats „kumpanieren", um gegen diesen Staat zu konspirieren

(Allgemeiner Beifall)

und die verfassungsmäßige Institution der Gerichte und der Rechtsordnung zu sabotieren. Deshalb begrüßen wir, meine Damen und Herren, die Erklärung des Hauptgeschäftsführers des Deutschen Anwaltsvereins, der dieses Gesetz als eine zwar bittere, aber notwendige Arznei bezeichnet hat.
Viertens. Dieses Gesetz richtet sich nicht gegen Rechtsanwälte im allgemeinen oder gegen Angehörige von Terroristen. Aber es richtet sich gegen alle, die durch Handlungen und Erklärungen das Leben oder die Freiheit von Personen gefährden. Dieses Gesetz enthält tatbestandsmäßig klar aufgezeigte Eingriffsmöglichkeiten. Wir haben insbesondere im Verlauf der Beratungen des Rechtsausschusses diese Mittel-Zweck-Relation durch das Wort „geboten" verdeutlicht und strenge Kausalitätsanforderungen gestellt.
Fünftens. Wir haben dieses Gesetz auf den notwendigen, aber auch ausreichenden Eingriff beschränkt und eine Güterabwägung vorgenommen. Das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit des einzelnen sind uns mehr wert und müssen uns mehr wert sein als die Berufung auf prozessuale Freiheitsrechte derjenigen, die diese Freiheit mißbrauchen,

(Beifall)

ohne daß wir ihnen die zustehenden Rechte verweigern.
Wir wollen diesen Staat, weil wir ihn selber aufgebaut haben, meine Damen und Herren, weil manche von uns, die hier sitzen, diesen Staat noch mit körperlichen und seelischen Opfern mit erkämpft haben und weil wir wissen, daß die Bürger in unserem Land hinter uns und hinter diesem Staat stehen.
Sechstens. Wir beschränken die Rechte der Gefangenen, d. h. wir untersagen jede Verbindung der Gefangenen untereinander und mit der Außenwelt einschließlich des schriftlichen und mündlichen Verkehrs mit dem Verteidiger, wenn dies zur Abwehr der Gefahr geboten ist. Wir müssen die Abschottung aber nicht nur auf die Gefangenen beziehen, die wegen einer Straftat nach § 129 a StBG rechtskräftig verurteilt sind oder gegen die ein Haftbefehl wegen eines Verdachts einer solchen Straftat besteht, sondern auch auf die Gefangenen, die wegen einer anderen Tat einsitzen, bei denen aber der dringende Verdacht besteht, daß sie diese Tat im Zusammenhang mit einer Tat nach § 129 a StGB begangen haben.
Gefangene werden durch dieses Gesetz nicht rechtlos und verlieren keine Rechte auf Dauer. Alle laufenden Fristen werden gehemmt, das rechtliche Gehör wird gewährt, die freie Anwaltswahl wird gewährleistet, Listenverteidiger gibt es nicht. Aber es wird verhindert, daß Gefangene durch das Zusammentreffen mit anderen Personen Kenntnisse sammeln oder weitergeben können, die höchste Rechtsgüter wie Leben, Leib oder Freiheit in höchste Gefahr bringen.
Diese Feststellung wird auf das notwendige Maß beschränkt. Sie muß darüber hinaus innerhalb von zwei Wochen nach ihrem Erlaß gerichtlich bestätigt werden. Diese bestätigte Feststellung kann nur erneut getroffen werden, wenn ihre Voraussetzungen noch vorliegen oder, wenn sie nicht bestätigt ist, neue Tatsachen diese erfordern. In den Art. 2 und 3 schaffen wir Übergangsbestimmungen, die sicherstellen, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes wegen einer anderen bis zu diesem Gesetz geltenden Rechtslage nicht unterlaufen werden können und die in der Vergangenheit begründeten Feststellungen auf den Boden dieses Gesetzes gestellt werden.
Lassen Sie mich letztlich sagen: Dieses Parlament, sein Rechtsausschuß haben bewiesen, daß sie schnell und wirksam handeln können.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Mitarbeiter — das auszusprechen ist mir ein Herzensbedürfnis — dieses Hauses und des Justizministeriums haben bis an die Grenze ihrer psychischen und physischen Belastbarkeit gearbeitet, um dieses Gesetz mitzuschaffen und die rechtzeitige Verabschiedung zu ermöglichen. Dafür möchte ich ihnen danken.
Ich möchte Sie bitten, diesem Gesetz zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804429700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelhard.

Hans A. Engelhard (FDP):
Rede ID: ID0804429800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als dritter Sprecher im Kreis der Fraktionen dieses Hauses kann ich mich kurz fassen.
Neue Situationen erfordern neue Antworten. Ich habe erst kürzlich, am 15. September 1977, bei der Aussprache nach der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers darauf aufmerksam gemacht, daß mancher draußen im Lande die bange Frage stellt, ob dieses System, ob diese Demokratie für außergewöhnliche Herausforderungen auch außergewöhnliche Antworten bereithält. Mit dem vorliegenden Entwurf geben wir diese Antwort; zugegebenermaßen eine nicht alltägliche Antwort, eine, wenn man so will, außergewöhnliche Antwort, aber eine Antwort in den Grenzen und auf dem Boden unserer rechtsstaatlichen Ordnung.



Engelhard
Es gilt, die Rechtsgüterabwägung zwischen der gegenwärtigen Gefahr für Freiheit und Leben eines oder mehrerer unserer Bürger und dem Nachteil vorzunehmen, daß wir etwa für eine gewisse Zeit darauf werden verzichten müssen, Hauptverhandlungen fortzuführen; alles Dinge, für die wir nicht die Bedingungen gesetzt haben, mit denen konfrontiert uns aber eine Antwort abgenötigt wird. Mit dem vorliegenden Entwurf, von allen drei Fraktionen dieses Hauses eingebracht, wird diese Antwort gegeben und gleichzeitig dem Bürger draußen, der emotionalisiert ist, der zu Recht verunsichert ist, gesagt: Das ist dein Staat, der dich unter seinen Schutz stellt, kein schwacher Staat, keine Schönwetterdemokratie oder was immer, sondern ein Staat, der nicht umkippt, der auf dem Boden des geltenden Rechts bleibt, der aber auch flexibel und weitschauend genug ist, um zu erkennen, was die Stunde gebietet.
Manche mögen jetzt die Frage stellen, ob man 'in einigen Bereichen bei den einzelnen Bestimmungen nicht zu weit gegangen sei. Wir mußten, um den Zweck zu erreichen, den Täterkreis weit fassen, um dafür Sorge zu tragen, daß alle Häftlinge, die der terroristischen Szene zuzurechnen sind, keine Kontakte mehr nach draußen unterhalten können. Es ist auch eine klare Kompetenz geschaffen worden, um alle notwendigen Mittel in ,der Hand zu haben, um in der Stunde der Not schnell zu reagieren. Daß das in unserem föderalistischen Staatswesen nach sehr eingehenden Beratungen gemeinsam mit den Ländern möglich war, dafür müssen wir dankbar sein. Dieser föderalistische Staat sieht die Notwendigkeiten des Tages und der Stunde sehr deutlich und weiß, daß es hier notwendig ist, nicht im Gang sonst breit gepflogener demokratischer Beratungen, sondern mit hartem Zupacken innerhalb weniger Stunden Entscheidungen zu treffen, dann aber auch eine solche Entscheidung der rechtsstaatlichen Kontrolle eines Gerichts zu unterwerfen.
Es ist bekannt, daß damit nicht alle Bedenken ausgestanden sind. Die Motive für solche Bedenken in diesem Hause sind engagierter und ehrenwerter Natur. Sie wissen, daß meine Fraktion einen Antrag einbringen wird; die Gründe dafür wird ein anderer Kollege darlegen.

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen namens der Fraktion der FDP mit aller Klarheit: Welches Schicksal und welche Aufnahme in diesem Haus dieser Antrag auch immer finden wird, die Fraktion der Freien Demokraten wird diesen Entwurf tragen, sie wird diesem Entwurf zustimmen. Sie wird deutlich machen, daß wir ebenso wie andere Mitglieder dieses Hauses der Meinung sind, daß der Rechtsstaat die notwendigen Antworten bereithalten muß, daß der liberale Rechtsstaat, die liberale Demokratie, in den Verfassungskämpfen des letzten Jahrhunderts errungen, erkämpft von den Liberalen, diese Liberalen heute in der Bereitschaft sieht, auf eine neue Dimension des Verbrechens eine klare, griffige Antwort auf dem Boden unserer Ordnung zu finden.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Mit Alibifunktion! — Zurufe von der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804429900
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804430000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Kölner Morden und der Entführung von Hanns Martin Schleyer ist eine besondere Gefahrenlage entstanden, die es zwingend geboten erscheinen ließ, zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr die Kontakte bestimmter Untersuchungs- und Strafgefangener mit der Außenwelt und untereinander vollständig zu unterbrechen. Die dafür erforderlichen Maßnahmen sind alsbald nach dem Anschlag von den Landesjustizverwaltungen im Einvernehmen mit dem Bundesjustizminister getroffen worden. Die Justizverwaltungen haben sich dabei überwiegend auf den Rechtsgedanken gestützt, 'der in § 34 des Strafgesetzbuches und §§ 228 und 904 BGB seinen Niederschlag gefunden hat. Nach Auffassung der Bundesregierung 'ist es unabweisbar, für diese Maßnahmen so schnell wie möglich eine eindeutige gesetzliche Regelung zu schaffen. Dafür sind insbesondere drei Gründe maßgebend. Erstens. Die Auffassung, ob § 34 in Anspruch genommen werden kann, ist nicht einheitlich. Es gibt eine nicht unerhebliche Gegenmeinung. Die Bundesregierung ist jedenfalls der Meinung, daß die Inanspruchnahme dieses Rechtsgedankens nicht länger dauern und nicht weiter reichen darf, als die Umstände es zwingend erfordern. Wir bedürfen zweitens für Maßnahmen dieser Art einer wirksamen und einheitlichen gerichtlichen Kontrolle. Wir bedürfen zum dritten der Gewähr, daß derartige Maßnahmen im Geltungsgebiet des Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung von allen Bundesländern einheitlich gehandhabt werden.
Aus diesen Erwägungen heraus hat die Bundesregierung zu Beginn dieser Woche einen Gesetzestext als Formulierungshilfe erarbeitet, der von den drei Fraktionen des Deutschen Bundestages dem gemeinsam eingebrachten Initiativentwurf zugrunde gelegt worden ist. Nur diese Erwägungen rechtfertigen es auch, daß die Vorlage mit der Beschleunigung behandelt worden ist, die wir in dieser Woche erlebt haben.
Die jetzt zur Verabschiedung unterbreitete Vorlage in der Fassung des Rechtsausschusses findet die uneingeschränkte Zustimmung der Bundesregierung. Sie gibt den Verantwortlichen die in besonderen Gefahrenlagen notwendigen Handhaben. Sie entspricht dem Rechtstaatsgebot unserer Verfassung, von dem abzuweichen kein Verantwortungsbewußter gesonnen sein kann. Diese Feststellung gilt auch für die Umschreibung des Eingriffstatbestandes des § 31. Die dort genannte Kategorie von Gefangenen, für die bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Unterbrechung des Verkehrs Platz greifen kann, umfaßt gegenwärtig 90 Häftlinge, die sich wegen terroristischer Aktivitäten in Straf- oder Untersuchungshaft befinden. Für die zahlenmäßig größere Gruppe derer, die wegen Mordes oder Totschlags in Untersuchungshaft sind oder zu Strafe verurteilt wurden und bei denen kein Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten besteht, kommt die Unterbrechung nur im Einzelfall in Be-



Bundesminister Dr. Vogel
tracht, wenn konkrete Bezüge zu der jeweiligen besonderen Gefahrenlage erkennbar sind.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, namens der Bundesregierung danke ich allen, die in dieser Woche unter Anspannung ihrer Kräfte am Zustandekommen dieses Gesetzes mitgewirkt haben. Die Bundesrepublik hat damit ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt und das Erforderliche ebenso besonnen wie entschlossen getan. Die Verfassungsorgane dieser Republik werden ihre Pflicht unter diesen Gesichtspunkten und Maximen auch künftig tun.

(Beifall bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804430100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Coppik.

Manfred Coppik (SPD):
Rede ID: ID0804430200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute ein Gesetz, das erst gestern in diesem Bundestag eingebracht wurde und dessen endgültiger Wortlaut den Abgeordneten sogar erst heute früh, also vor wenigen Stunden, vorgelegt wurde. Bei einem wichtigen Gesetz ist das ein ungewöhnlicher, ja, ein einmaliger Vorgang.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sie waren doch bei der Beratung gar nicht dabei!)

Da bei diesem Gesetz Grundfragen des Verhältnisses von rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien und den Notwendigkeiten der Terrorismusbekämpfung angesprochen werden, macht die Geschwindigkeit der Verabschiedung es um so notwendiger, alle hier zu berücksichtigenden Gesichtspunkte mit aller Sorgfalt abzuwägen. Die Sorgfalt und die Nüchternheit dieser Abwägung werden dadurch zusätzlich erschwert, daß wir dieses Gesetz in einer außerordentlichen Situation beraten. Die Morde von Köln und in den Niederlanden und die ungeklärte Situation im Entführungsfall Schleyer haben eine breite Welle berechtigter Empörung in der Bevölkerung hervorgerufen. In einer solchen Situation ist es außerordentlich schwer, Gehör für Argumente zu finden, die für Besonnenheit werben.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804430300
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stark (Nürtingen)?

Manfred Coppik (SPD):
Rede ID: ID0804430400
Nein; ich bedaure. Ich möchte keine Zwischenfragen gestatten.

(Dr. Ritz [CDU/CSU] : Die wären Ihnen sehr peinlich! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

Es ist außerordentlich schwer, Gehör für Argumente zu finden, die für Besonnenheit werben.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Warum waren Sie denn nicht im Rechtsausschuß? — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : So eine Unverschämtheit! Unerhört!)

Da ist es viel einfacher, mit einer Handbewegung
über solche Argumente hinwegzugehen und, dem
Gefühl folgend, mehr Härte zu verlangen, auch dann, wenn man bei sorgfältiger Prüfung feststellen würde, daß diese Härte zwar nichts verhindern, aber die Erscheinungsformen dieses Staates schrittweise so umgestalten kann, daß seine rechtsstaatlichen Grundstrukturen in Gefahr geraten.

(Leicht [CDU/CSU]: Pfui!)

Damit keine Mißverständnisse aufkommen, möchte ich an dieser Stelle eine Bemerkung machen, die mir infolge der bisherigen öffentlichen Diskussion erforderlich zu sein scheint, bei der seitens einiger Oppositionspolitiker der verantwortungslose Versuch unternommen wurde, alle, die sich mit dem Problem des Terrorismus differenziert auseinandersetzen,

(Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Sie waren ja gar nicht im Ausschuß, Herr Kollege!)

alle, die nicht nach Popularität, sondern nach der Vernunft ihre Meinung bilden,

(Dr. Jeninger [CDU/CSU] : Sie sollten in die Ausschußsitzungen gehen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

als Sympathisanten, geistiges Umfeld und ähnliches zu diffamieren.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Warum gehen Sie nicht in den Rechtsausschuß, Herr Kollege? Ich wäre an Ihrer Stelle bei den Ausschußberatungen gewesen! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : So eine Unverschämtheit! — Dr. Ritz [CDU/CSU] : Unerhört! — Weitere eregte Zurufe von der CDU/CSU)

— Man merkt, wie schwer es für Sie offensichtlich ist, Argumente anzuhören.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Im Rechtsausschuß haben wir Argumente beraten! — Unruhe bei der CDU/CSU)

Damit Sie es nicht zu einfach haben,

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Warum haben Sie Ihre Argumente nicht im Ausschuß vorgebracht?)

sage ich hier ganz deutlich: Als demokratischer Sozialist lehne ich Mord, Terror und überhaupt Gewalt in einer parlamentarischen Demokratie ab, und zwar ohne jedes Wenn und Aber.

(Beifall bei der SPD — Dr. Jenninger [CDU/ CSU]: Das haben wir gern! — Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist ja ungeheuer! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Das ist ja wohl das wenigste! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Arbeiten sollte man wenigstens! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

Das Ziel einer humanen, einer sozialistischen Gesellschaft ist mit den Mitteln des Mordes und des Verbrechens weder vereinbar noch erreichbar.

(Beifall bei der SPD — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Wer sich entschuldigt, klagt sich an! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)




Coppik
Terror nutzt objektiv nur den Kräften der Reaktion.

(Zurufe von der CDU/CSU: Unglaublich! Unerhört! Pfui!)

Mit ihren Schüssen schafft die RAF die Stimmung, die die Reaktionäre in unserem Land brauchen, um das kaputtzumachen, was in vielen Jahren mühsam an demokratischen Errungenschaften und rechtsstaatlichen Garantien erkämpft wurde. Auch deshalb bin ich gegen Gewalt und Terror. Aber auch deshalb,

(Reddemann [CDU/CSU]: Auch deshalb! Und der kommt aus einer Regierungspartei!)

damit diese Rechnung der Terroristen nicht aufgeht, bin ich gegen jeden Abbau der Freiheitsrechte in unserem Land, und deshalb bin ich auch gegen dieses Gesetz.

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen bei terroristischen Anschlägen die Gefangenen, die der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung verdächtigt werden, von jeder Verbindung untereinander und mit der Außenwelt isoliert werden. Das hört sich zunächst unproblematisch an. Die Probleme werden aber besonders deutlich, wenn man bedenkt, daß diese Regelung auch für die nach einem solchen Anschlag neu Verhafteten gilt. Und wer da auch noch sagt: „Was geht das mich an? Ich habe nichts mit Terroristen zu tun!", dem muß deutlich gesagt werden, daß nach dem neuen Gesetz niemand, und sei er noch so unschuldig, davor sicher sein kann, etwa auf Grund einer Denunziation verhaftet zu werden und für Wochen und Monate ohne jeden Kontakt zu einem Rechtsanwalt

(Pfui-Rufe bei der CDU/CSU)

oder auch nur zu seinen Familienangehörigen in einem Gefängnis zu verschwinden.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich halte das unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten für unerträglich.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Inzwischen liegt uns ein Änderungsantrag vor, der sich mit dieser Kernproblematik befaßt. Es ist nicht möglich, jetzt etwas zu diesem Antrag zu sagen, zumal da er uns erst seit ganz kurzer Zeit vorliegt und die Aussichten seiner Annahme von mir jetzt nicht zu beurteilen sind, wobei immer noch die Frage ist, welche Zielsetzung diesem Gesetz dann verbleibt. Ich muß von dem ausgehen, was uns hier als Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses vorliegt.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Haben Sie es wenigstens gelesen?)

Es ist nun einmal so, daß die Möglichkeit, sich im Falle der Verhaftung mit einem Rechtsanwalt eigener Wahl in Verbindung zu setzen, zu den grundlegenden Bedingungen eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens gehört. Ich bezweifle, ob der Ausschluß dieser Möglichkeit überhaupt mit den Bestimmungen der Menschenrechtskonvention vereinbar ist.
Meine Damen und Herren, daß auch ein Unschuldiger verhaftet werden kann, ist doch nicht nur eine theoretische Möglichkeit; das wissen wir doch alle. Dieser Unschuldige kann dann über einen längeren Zeitraum ohne Kontakt im Gefängnis sitzen, denn das Gesetz kennt ja keine feste zeitliche Begrenzung. Die Feststellung, daß die Isolation notwendig sei, kann ja mehrfach wiederholt werden.

(Frau Pack [CDU/CSU] : „Isolation"! — Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist nicht zu glauben! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich bin davon überzeugt, daß in solchen Fällen die neue Regelung dazu führen würde, daß das Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat auf das tiefste erschüttert und damit letztlich jenen Kräften in die Hände gearbeitet würde, die diesen Staat ohnehin für verdammenswert halten und zur Gewaltanwendung aufrufen.
Nun wird dagegen argumentiert, man sehe die Gefahren dieser Regelung, aber schließlich müsse man abwägen zwischen den Kontaktbedürfnissen der Gefangenen auf der einen Seite und der Lebensbedrohung auf der anderen Seite. Da könne man sich nur für die Lebensrettung entscheiden. Ich glaube nicht, daß diese Argumentation den Kern der Sache trifft, und zwar nicht nur deshalb, weil man sehr daran zweifeln kann, ob die Isolation von Gefangenen wirklich hilft, das Leben einer Geisel zu retten, die schließlich nicht in der Gewalt von Gefangenen, sondern von in Freiheit befindlichen Terroristen ist.
Aber unabhängig davon halte ich insgesamt die Abwägung „hier Leben eines Menschen, dort rechtsstaatliche Grundprinzipien" für nicht möglich. Die Aufgabe rechtsstaatlicher Grundprinzipien rettet nämlich kein Menschenleben, schafft aber Lebensverhältnisse, in denen die friedliche demokratische Entwicklung in einem Rechtsstaat gefährdet wird und damit weitere Menschenleben in Gefahr geraten.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Unwahrscheinlich!)

Meine Damen und Herren, der Kampf gegen den Terrorismus wird nicht durch Sondergesetze gewonnen, sondern durch eine entschlossene Anwendung des geltenden Rechts, verbunden mit einem glaubwürdigen und überzeugenden Einstehen für rechtsstaatliche Prinzipien und einem unermüdlichen Kampf für mehr soziale Gerechtigkeit im Inland und in den internationalen Beziehungen.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Vor allem arbeiten im Rechtsausschuß! — Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Finden Sie es sozial gerecht, wenn Kollegen im Rechtsausschuß bis in die Nacht arbeiten und Sie inzwischen feiern?)

Nur wenn junge sozial engagierte Menschen darauf vertrauen können, daß es im parlamentarischen Bereich Kräfte gibt, die diesen Weg ohne Rücksicht auf opportunistische Überlegungen kompromißlos gehen, werden sie gegen Gewaltpredigten falscher Propheten immun sein.
Was Gesetze betrifft: Die Opposition beklagt immer, daß bestimmte von ihr vorgeschlagene Gesetze



Coppik
bisher nicht verabschiedet wurden. Ich glaube eher, daß wir da schon zuviel Gesetze gemacht haben.

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

Ich sage das ganz selbstkritisch. Ich bin z. B. davon überzeugt, daß es falsch war, einen -§ 88 a zu schaffen, der die Diskussion um Gewalt einem strafrechtlichen Risiko ausgesetzt hat.

(Hartmann [CDU/CSU] : Nur die Verherrlichung!)

Je mehr man nämlich das Vorfeld kriminalisiert, je mehr man Menschen davon. abbringt, zu sagen, was sie über Gewalt denken,

(Hartmann [CDU/CSU]: Zum Beispiel Buback-Nachruf!)

desto mehr beraubt man sich der Chance, sie zu
überzeugen, welcher Wahnsinn es ist, Gewalt in
einer parlamentarischen Demokratie anzuwenden.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Wir haben doch Jahrzehnte mit denen diskutiert!)

Je mehr man die Meinungsfreiheit einschränkt, je mehr man die Gesprächsbereitschaft und die Gesprächsfähigkeit einer Gesellschaft einschränkt, desto mehr fördert man die Bereitschaft isolierter Gruppen zur Gewaltanwendung. Je weniger über die Legitimität von Gewalt diskutiert wird, desto eher wird geschossen.
Deshalb: Wenn es überhaupt noch eine Chance gibt, diesen furchtbaren Kreislauf von Terror, Angst, Repression, Abbau von Freiheitsrechten und neuem Terror zu unterbrechen, dann nur dadurch, wenn möglichst viele aufstehen und laut und kompromißlos sagen: Nein zu Terror und Gewalt und Nein zum Abbau der Freiheitsrechte und des Rechtsstaats.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Deshalb appelliere ich jetzt von dieser Stelle an alle Gewerkschaftler, Hochschullehrer, Schriftsteller, Journalisten: Vertreten Sie offensiv diese Position, so schwer das auch sein mag! Lassen Sie sich weder durch eine Progromstimmung noch durch disziplinarische oder sonstige Drohungen davon abbringen!

(Lebhafter Widerspruch und Zurufe von der CDU/CSU)

Lassen Sie sich nicht durch diese Stimmung davon abbringen, für Vernunft und Menschlichkeit zu kämpfen! Sie sind nicht allein.
Ich appelliere auch an die Richter: Wahren Sie Ihre Unabhängigkeit! Entscheiden Sie nach Recht und Gesetz, und lassen Sie sich nicht durch politische Stimmungsmache beeinflussen, so schwer das auch in bestimmten Situationen sein mag!
Ich appelliere an alle, die in den 60er Jahren angetreten sind, eine bessere, eine humanere Welt aufzubauen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Mit Bomben und Terror?! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

und die für den Reformschwung gesorgt haben, der sich seinerzeit so positiv ausgewirkt hat, jetzt zusammenzustehen und nicht all das zu vergessen, was uns damals zusammengeführt hat. Nur dann haben wir eine Chance.
Gemeinsam mit meinen Kollegen Hansen, Lattmann und Thüsing sage ich Nein zu diesem Gesetz. Dieses Nein ist ein Ja zum freiheitlichen und sozialen Rechtsstaat.

(Vereinzeltes Händeklatschen bei der SPD — Unruhe bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804430500
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich schließe die allgemeine Aussprache in der zweiten Lesung. Wir kommen zur Abstimmung in der zweiten Lesung.
Ich rufe Art. 1, §§ 31, 32 und 33 auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen die Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Drei Gegenstimmen. Wer enthält sich? — Mehrere Enthaltung auf seiten der SPD und der FDP.
Zu § 34 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP vor. Zur Begründung wünscht der Abgeordnete Bangemann das Wort.

Dr. Martin Bangemann (FDP):
Rede ID: ID0804430600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen alle, daß die Gewaltakte der Terroristen sich nicht nur gegen Leben, Freiheit und Gesundheit einzelner Bürger richten, sondern auch gegen den Rechtsstaat insgesamt. Diesen Angriff wollen wir abwehren — so schwer die Abwehr des Angriffs gegen Leben, Gesundheit und Freiheit einzelner auch sein mag —, denn diese Abwehr ist die Grundlage dafür, daß wir einen Angriff auf Leben, Freiheit und Gesundheit von einzelnen Bürgern abwenden können. Nur wenn wir den Rechtsstaat insgesamt verteidigen, ist auch eine Grundlage vorhanden, auf der Angriffe gegen Rechtsgüter einzelner Bürger abgewehrt werden können.

(Beifall bei der FDP)

Dazu ist unter uns eines notwendig, und das sage ich insbesondere dem Kollegen Coppik: dazu ist sehr viel Nüchternheit notwendig und wenig Pathos, dazu ist notwendig, daß wir den Versuch machen, zu prüfen, was die Maßnahmen bedeuten, die wir in der Gewißheit vorschlagen, daß wir uns in den Zielen einig sind.
Wenn wir zunächst einmal diese Grundlage legen, dann darf ich für meine Fraktion hier erklären, daß wir die Notwendigkeit des Gesetzentwurfs bejahen, wie wir auch das Verfahren bejahen, zu dem wir, wie der Bundesjustizminister das richtig gesagt hat, in einer Notwehrsituation der Demokratie des Rechtsstaates gezwungen sind. Damit ist, glaube ich, zunächst einmal eine Grundlage gelegt, die niemand in diesem Hause bezweifeln sollte. Von da aus kann man auch mit der notwendigen Besonnenheit prüfen, wo ein Gesetzentwurf dieses Ziel durch Maßnahmen erschwert, die unnötig sind oder die man besser gestalten kann.



Dr. Bangemann
Mit einer solchen Änderung befaßt sich unser Änderungsantrag.
Es geht in diesem Gesetz nicht darum, daß Haftgründe erweitert werden. Es könnte nach dem Beispiel, das der Kollege Coppik verwendet hat, der Eindruck entstanden sein, daß hier Haftgründe erweitert werden sollen. Das ist ausdrücklich nicht der Fall, meine Damen und Herren.
Allerdings ist dieses Gesetz eine erhebliche Einschränkung der Möglichkeit der Verteidigung. Ich glaube, daran besteht auch kein Zweifel. Also müssen wir prüfen: Ist diese Einschränkung durch den Zweck des Gesetzes gerechtfertigt, oder geht sie in der generellen Weise, wie sie hier vorgeschlagen worden ist, über den Zweck des Gesetzes hinaus, ist also nicht erforderlich und wäre dann zu ändern? Das ist der Gegenstand unseres Änderungsantrages.
Das Gesetz ersetzt die Berufung auf Generalklauseln. Das ist gut, meine Damen und Herren, denn jede Generalklausel ist ein Ausweg des Rechtsstaates. Ein Rechtsstaat beruht auch auf der präzisen Fassung seiner Rechtsvorschriften und darf Generalklauseln nur im Ausnahmefall zulassen. Wir würden auch, wenn wir eine Generalklausel als einen vernünftigen Ausweg ansähen, die Verantwortung für die konkrete Maßnahme anderen auferlegen, die diese Verantwortung in vielen Fällen gar nicht übernehmen können und die wir nicht in diese Lage bringen sollten; deswegen ein grundsätzliches Ja zu jedem Versuch, eine solche Generalklausel durch präzise Bestimmungen zu ersetzen.
Nur, meine Damen und Herren, darf man sich bei der praktischen Anwendung nicht darüber täuschen, daß ein Ersatz von Generalklauseln bis zu einem gewissen Grade auch die Prüfung des Einzelfalles erspart. Wenn Sie eine Generalklausel anwenden, müssen Sie in jedem konkreten Fall prüfen: Ist dieser Fall ein Fall der Generalklausel? Haben Sie dagegen allgemeinere Gesetzesvorschriften, wie sie uns hier vorliegen, gewinnen die Prüfungen einen mehr generellen Charakter; man prüft, ob der Tatbestand vorliegt, und handelt dann entsprechend. Das heißt, obwohl die Bedingungen schärfer und präziser sind, enthalten diese generellen Regeln die Gefahr, daß man in manchen Fällen nicht zu demselben Ergebnis kommt, wie wenn man eine Generalklausel anwendet, weil man dann sehr konkret werden muß.
Meine Damen und Herren, unser Bedenken ist nun, daß dieser Gesetzentwurf so, wie er jetzt vorliegt, in manchen Fällen ohne Not die Verteidigung ausschließt.

(Reddemann [CDU/CSU] : Ist das ohne Not?)

Warum ist das bedenkenswert? Es ist nicht deshalb bedenkenswert, weil das eine Frage eines Standes wäre; es ist nicht deshalb bedenkenswert, weil es nur um die Rechte eines bestimmten Teils unserer Bevölkerung — der Beschuldigten oder der Untersuchungsgefangenen oder der Strafgefangenen — geht, sondern es ist bedenkenswert, weil die Institution einer uneingeschränkten freien Verteidigung einer der Grundsätze des Rechtsstaates selber ist.

(Beifall bei der FDP — Zustimmung bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Weil es so ist, müssen wir ganz genau prüfen, was diese Regeln bedeuten. Sie bedeuten, meine Damen und Herren, daß man nach den Voraussetzungen, die hier genannt werden, eine Verteidigung für eine breite Gruppe von Untersuchungs- und Strafgefangenen auf — theoretisch — unabsehbare Zeit ausschließen kann.

(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

— Theoretisch!

(Dr. Kohl [CDU/CSU] : Aber das stimmt doch nicht, Herr Kollege!)

Praktisch wird es so sein, daß die Wiederholung, die sich ja auf neue Tatsachen stützt, in sehr vielen Fällen dazu führen wird, daß sich die Maßnahme auf 30 Tage beschränkt. Das wird in der Praxis vermutlich so sein.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sie muß nach 14 Tagen bestätigt sein!)

Aber, meine Damen und Herren, wer von Ihnen einmal als Verteidiger eine Strafverteidigung unternommen hat, weiß, daß die ersten Tage einer Strafverteidigung für den Verlust von Beweismitteln entscheidend sein können. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß Menschen — gegenüber denen ja hier kein persönlicher Verdacht begründet werden muß — durch die Generalität der Maßnahme unschuldig daran gehindert werden, eine freie Verteidigung zu erlangen. Und das, meine Damen und Herren, sollten wir nicht zulassen.
Es ist auch möglich, daß wir den Zweck des Gesetzes
erreichen, ohne daß wir diese grundsätzliche Möglichkeit der freien Verteidigung ausschließen müssen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)

Warum? Das Gesetz beruht nicht auf dem Grundgedanken, daß einem Anwalt oder einem Häftling, einem Strafgefangenen, persönlich nachgewiesen werden muß, daß er eine Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit eines anderen Bürgers sein kann. Aber Herr Coppik, darüber wollen wir uns doch nicht streiten, daß die Kommunikation dieser Gefangenen untereinander, daß die Kommunikation dieser Gefangenen mit Anwälten, die die Aufgabe der Anwaltschaft zutiefst verrraten haben, mit ein Grund war dafür, daß Menschen bei uns in Gefahr sind; das kann doch nicht bestritten werden.

(Beifall bei allen Fraktionen — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Warum stellen Sie dann diesen Antrag?)

Deswegen sollten wir prüfen, ob es nicht ausreicht, im Falle einer solchen Gefahr einen Schnitt zu machen und zu sagen: Die bisher Beteiligten haben keine Gelegenheit mehr, eine Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit eines Bürgers dadurch zu schaffen, daß sie für eine strafbare Kommunikation sorgen. Dabei kann man alles das, was durch den generellen Ausschluß der Verteidigung unmöglich wird, dadurch wiederherstellen, daß man dem Gericht die Möglichkeit gibt, einen Verteidiger zu bestellen, der nur während der Zeit, in der die Maß-



Dr. Bangemann
nahme läuft, die notwendigen Verteidigungshandlungen vornehmen kann.
Dagegen wird nun eingewandt, das schaffe Verteidiger erster und zweiter Klasse. Das ist deswegen nicht richtig, weil ja die Maßnahme selbst diese Unterscheidung gar nicht zuläßt; sie schließt Wahlverteidiger, Pflichtverteidiger, Schuldige und Unschuldige während einer gewissen Zeit von der weiteren Verteidigung aus. Und weil das so ist, kann der Ersatz durch einen anderen auch kein persönlicher Vorwurf gegen denjenigen sein, der bisher die Verteidigung wahrgenommen hat. Er stellt aber natürlich auch keinen Ausweis einer besonderen Vertrauenswürdigkeit für diejenigen aus, die neu bestellt werden. Er läßt es jedoch zu, daß wir die Verteidigung aufrechterhalten können, eine Institution, die zu den Grundpfeilern unseres Rechtsstaates gehört.
Lassen Sie mich abschließend sagen: So richtig es ist, daß ein Rechtsstaat und eine Demokratie in ihrem Wert vom Bürger auch daran gemessen werden, ob sich Rechtsstaat und Demokratie entschlossen und mutig verteidigen, so richtig ist es aber auch, daß diese Tugenden der Entschlossenheit und des Mutes nicht ausreichen, um einen Rechtsstaat voll und ganz zu charakterisieren. Dazu gehören nicht nur Mut und Entschlossenheit, sondern dazu gehört, daß man das Gesetz des Handelns allein an den rechtsstaatlichen Prinzipien ausrichtet, nach denen wir hier angetreten sind.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist wahr: Der Terrorismus hat uns gezwungen zu handeln. Aber lassen wir uns das Gesetz des Handelns nicht vom Terrorismus vorschreiben!

(Beifall bei der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804430700
Das Wort hat der Abgeordnete Eyrich.

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0804430800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegt ein Änderungsantrag der FDP-Fraktion zu § 34 des Gesetzentwurfs vor. Ich möchte nicht auf das eingehen, was Herr Kollege Coppik gesagt hat, um so weniger, als ich weiß, daß er hier zwar das Bestreben hat deutlich werden lassen, sich um den Rechtsstaat zu mühen, indessen gehindert war, an der Sitzung des Rechtsausschusses teilzunehmen und dort seine Gedanken einzubringen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt eines einmal sagen: Alle diejenigen, die den Änderungsantrag unterstützen, können für sich — Herr Bangemann, ich nehme Ihnen das so ab, wie Sie es gesagt haben — ganz sicher in Anspruch nehmen, daß wir mit ihnen im Ziel einig sind. Nur, das allein genügt halt nicht immer. Man kann nicht immer sagen, man sei mit allen anderen in den Zielen einig, wenn man sich den Notwendigkeiten verschließt, die diese Ziele stellen.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

Eine dieser Notwendigkeiten, Herr Kollege Bangemann, ist bei allem Ihrem Bemühen, das ich anerkenne, zweifellos, daß dieses Gesetz so, wie es den Rechtsausschuß verlassen hat, verabschiedet wird. Wir sollten doch auch einmal sagen, daß wir nicht Leute sind, die jetzt so hopplahopp dieses Gesetz ohne Nachdenken gemacht haben. Auch wir haben uns bemüht, die richtige Lösung zu finden. Auch wir haben uns bemüht, dem Rechtsstaat gerecht zu werden.
Meine Damen und Herren, alle die, die den Änderungsantrag unterstützen, müssen wissen: Mit diesem Änderungsantrag ist das Gesetz in seiner Wirksamkeit total erledigt.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

Die Erkenntnis, die zu diesem Gesetz geführt hat, ist doch ganz einfach die, daß wir Gefahr laufen, wenn wir nicht ein Mittel finden, die Gefangenen total von jedem Besuch und der Außenwelt abzuschneiden, daß mit einem einzigen Wort das Leben anderer in Gefahr kommt und daß dieser eine, der heute noch in Gewahrsam ist, mit einem einzigen Codewort am Ende zum Tode verurteilt werden könnte. Wenn man diese Erkenntnis hat, dann muß man dieser Erkenntnis entsprechend handeln.
Darf ich einmal an Sie, Herr Kollege Bangemann, und an die von der FDP, die Sie unterstützen, die Frage stellen: Glauben Sie nicht, daß auch wir der Meinung sind, daß es durchaus integre Anwälte gibt, denen man eine solche Aufgabe übertragen kann? Das wissen auch wir. Wenn das so ist, so beantworten Sie mir doch einmal guten Gewissens die Frage: Wissen Sie, ob dieser integre Anwalt überhaupt in der Lage ist, die Bedeutung dessen zu erkennen, was ihm gesagt wird und wovon er glauben kann, daß es zum Zwecke seiner Verteidigung dient, zu erkennen, daß es tatsächlich dieses auch beinhaltet? Haben wir nicht den Ideenreichtum derer, die im Gefängnis sitzen, in den letzten Wochen, Monaten und Jahren kennengelernt? Wer kann beim Fortschritt der heutigen Technik sagen, daß insbesondere beim schriftlichen Verkehr des Verteidigers mit seinem Mandanten nicht die Wortwahl, die Satzstellung, meinetwegen das Abtippen auf der Schreibmaschine eine Bedeutung hat? Welcher Anwalt soll denn erkennen, daß das in diesem Brief steht?
Meine Damen und Herren, wir haben es mit Leuten zu tun, die wir nicht „noch überzeugen" können, lieber Herr Kollege Coppik. Ich erinnere mich an eine Bemerkung eines Zeugen in einem Baader/ Meinhof-Prozeß, der auf die Bemühungen des Vorsitzenden, mit ihm zu sprechen, gesagt hat: „Mit Ihnen spricht man nicht, auf Sie schießt man!" In der Situation stehen wir. Wenn Sie schon den Rechtsstaat beschwören, meine Damen und Herren, dann denken Sie bitte an die oberste Pflicht dieses Rechtstaates. Die oberste Pflicht dieses Rechtstaates hat niemand anders deutlicher gemacht als der Bundesgerichtshof in seiner neuerlichen Entscheidung. Er hat die Priorität des Schutzes des Lebens vornangestellt.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei der SPD)




Dr. Eyrich
Wer diese Priorität verläßt, läuft Gefahr, daß er Möglichkeiten gibt, wodurch andere Menschen — ich weiß, daß er es nicht will — erneut in Gefahr kommen. Das gilt es heute zu verhindern.
Weil dieser Antrag so bedeutsam ist, stellen wir den Antrag auf namentliche Abstimmung und lehnen diesen Antrag ab.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804430900
Das Wort hat der Abgeordnete Emmerlich.

Dr. Alfred Emmerlich (SPD):
Rede ID: ID0804431000
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Feststellung zu der Bedeutung, die die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Kontaktsperre für die Verteidigungsmöglichkeit eines Inhaftierten hat. Einem von der Kontaktsperre betroffenen Inhaftierten wird nicht die Möglichkeit genommen, einen Verteidiger seiner Wahl zu bestellen oder den Verteidiger seiner Wahl, den er hatte, weiterhin mit seiner Verteidigung zu beschäftigen. Im Gegenteil, in § 34 Abs. 3 Nr. 1 ist ausdrücklich die Bestimmung aufgenommen, daß Inhaftierte, die keinen Verteidiger haben, einen solchen erhalten sollen.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Müssen!)

Richtig ist dagegen, daß infolge der Kontaktsperre auch jeglicher Kontakt zu dem Verteidiger unterbunden wird, und zwar sowohl der schriftliche als auch der mündliche Kontakt. Wir sind von dem Willen durchdrungen, der Herausforderung durch den Terrorismus entschlossen zu begegnen und zugleich die Rechtsstaatlichkeit zu wahren.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804431100
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bangemann?

Dr. Alfred Emmerlich (SPD):
Rede ID: ID0804431200
Ich möchte diesen Satz zu Ende führen.
Unter diesem Gesichtspunkt haben wir auch die Auswirkung der Kontaktsperre auf die Verteidigungsmöglichkeit sehr sorgfältig und sehr eingehend geprüft.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804431300
Bitte schön, Herr Abgeordneter Bangemann.

Dr. Martin Bangemann (FDP):
Rede ID: ID0804431400
Herr Kollege, sind Sie in der Lage, dem Haus zu erklären, wie ein Verteidiger, auf den Sie sich gerade bezogen haben, der neu bestellt wird, eine Verteidigung übernehmen können soll, wenn er überhaupt nichts weiß, wenn er keinerlei Kontakt zu seinem Mandanten aufnehmen darf? Wie soll ein solcher Verteidiger verteidigen? Ist das nicht eine abstrakte Möglichkeit, die überhaupt keine konkrete Verteidigung zuläßt?

(Beifall bei der FDP)


Dr. Alfred Emmerlich (SPD):
Rede ID: ID0804431500
Herr Kollege Bangemann, ich wäre darauf ohnehin gekommen. Ich bin Ihnen für diese Frage sehr dankbar.
Ich darf an das anschließen, was ich soeben sagte. Wir sind bei dieser Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß die Ausdehnung der Kontaktsperre auf die Verteidiger angesichts der Größe der Bedrohung und ihrer Qualität, die von meinem Kollegen Weber dargestellt wurde, mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht nur vereinbar ist, sondern aus dem Gesichtspunkt der Bewahrung der Rechtsstaatlichkeit geboten ist.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Nun leugnen wir gar nicht, daß eine derartige Verteidigung, bei der der Kontakt zwischen dem Verteidiger und dem inhaftierten Beschuldigten nicht möglich ist, eine eingeschränkte Verteidigungsmöglichkeit darstellt. Aber, Herr Bangemann, sie ist nicht so weit eingeschränkt, daß der Verteidiger gar nichts mehr weiß. Der Beschuldigte hat nach wie vor das Recht, die Tatsachen, die er zu seiner Entlastung dem Gericht oder der Ermittlungsbehörde vortragen will, vorzutragen. Soweit der Zweck der Unterbrechung der Kontakte das nicht verbietet, ist es möglich, dem Verteidiger diese Informationen zugänglich zu machen. Der Verteidiger ist also von daher nicht total uninformiert, sondern er ist sehr wohl in der Lage, das zu tun, was er zur Wahrnehmung der Rechte seines Mandanten tun muß.
Gestatten Sie nunmehr, daß ich zu dem Antrag, der hier vorliegt, Stellung nehme. Er sieht vor, daß dem Gefangenen, der der Kontaktsperre unterliegt, auf seinen Antrag ein Verteidiger zu bestellen ist und daß mit diesem Verteidiger der schriftliche und mündliche Kontakt möglich ist. Um deutlich zu machen, was das eigentlich bedeutet, muß man sich einmal vorstellen, wie sich das in der Praxis vollziehen würde. Da würde der Untersuchungsgefangene X von Maßnahmen nach § 31 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz betroffen. Was würde er jetzt wohl tun, wenn wir diese Bestimmung einfügten. Er würde bei dem Gericht beantragen, daß sein Wahlverteidiger, der Verteidiger Y, ihm als Verteidiger bestellt werden möge.
Nun muß ich die Antragsteller bitten, mir die Frage zu beantworten, ob das Gericht diesem Antrag ohne Prüfung zu entsprechen hätte oder nicht. Wenn die Antragsteller beabsichtigen, daß das Gericht diesem Antrag ohne Prüfung zu entsprechen haben soll, dann muß ich entschieden erklären: Damit könnten wir dieses Gesetz vergessen. Es würde in seiner Wirkung total aufgehoben.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

Wenn, was ich vermute, die Antragsteller davon ausgehen, daß das Gericht nicht nur ein Prüfungsrecht, sondern vielleicht sogar eine Prüfungspflicht in bezug auf diesen Antrag haben soll, dann muß ich die Antragsteller fragen: Nach welchem Maßstab soll denn diese Prüfung durchgeführt werden? Dieser Maßstab ist in dem vorliegenden Antrag nicht aufgezeigt.



Dr. Emmerlich
Wenn sie den Maßstab wählten, daß der Verdacht — welcher Grad des Verdachts, bliebe dabei noch zu prüfen — begründet sei, daß der Verteidiger sich konspirativer Kontakte schuldig gemacht habe oder schuldig machen könnte, müßte ich allerdings noch hinzufügen, daß selbst der Ausschluß solcher Verteidiger in Situationen wie der nach dem Attentat von Köln nicht ausreicht, um das zu erreichen, was wir erreichen müssen; denn wir müssen auch solche Informationen ausschließen, die zwar nicht im Rahmen von konspirativen Kontakten gegeben werden, aber den Informationsstand der Inhaftierten auf eine Ebene heben, die es ermöglicht, die erpresserische Geiselnahme erfolgreicher als ohne diesen Informationsstand zu betreiben.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

Ich möchte noch einmal betonen, daß wir eine solche Lösung, wie sie in diesem Antrag vorgesehen worden ist, und auch andere Lösungen ernsthaft geprüft haben und dabei zu folgendem Ergebnis gekommen sind: Wenn wir das, was wir tun müssen, tun wollen, müssen wir das Gesetz so annehmen, wie es uns vorliegt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb beantrage ich im Namen der Fraktion der SPD, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804431600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0804431700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es mag sein, daß bei dem vorliegenden Antrag der FDP-Fraktion nicht all das ausreichend mit durchdacht wurde, was eigentlich mit hätte durchdacht werden sollen. Es mag sein, daß vieles von dem, was darin steht, im Rechtsausschuß und in den Arbeitsgruppen, die sich damit befaßt haben, durchdacht worden ist. Mich hat die Gesamtheit der Gedanken und der Zweifel, die im Hinblick auf den heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetzentwurf angebracht sind, sicher nicht ausreichend bewegt. Für mich steht aber fest, daß dies eine der seltenen Situationen in diesem Parlament ist, in denen man im Plenum noch den Versuch machen kann, miteinander zu argumentieren,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei der FDP)

weil noch nicht alle Argumente — zumindest in der Öffentlichkeit — so in Worthülsen gedrechselt worden sind, daß sie garantiert nicht mehr ankommen. Wir sollten das, worum es hier geht, ein bißchen behutsamer bedenken. Ich möchte jetzt folgendes sagen: Ich stimme Herrn Eyrich ausdrücklich darin zu, daß die Priorität des Schutzes von Leben allem voransteht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei der FDP)

Das aber enthebt uns doch nicht der Pflicht, darüber
nachzudenken, ob wir die Mittel, die wir benutzen,
auch so ausgewählt und verfeinert haben, daß überflüssiges Unrecht vermieden werden kann.
Ich sage Ihnen jetzt, warum ich diesem Antrag der FDP zuneige. Es liegt ausschließlich daran, daß ich seit vier Tagen mit dem Jahre zurückliegenden Fall einer Frau befaßt bin, die unschuldig verhaftet worden war, vierzehn Tage in einer Irrenanstalt gesessen hat und dann wieder freigelassen wurde. Sie war zu ungeschickt im Umgang mit Behörden und anderen, um überhaupt nur einen Verteidiger zu wünschen. Deswegen hat es so lange gedauert, bis ein Richter eine Prüfung vorgenommen hat. Der Richter hat noch einmal zwei Tage gebraucht, um sie wieder aus der Anstalt herauszuholen. Inzwischen ist nichts weiter passiert, außer daß die Frau auf Grund dieses Vorganges natürlich Schwierigkeiten hat. Dies kann in einem Land geschehen, das sich um seine Rechtsstaatlichkeit auf allen Ebenen nach meinem Eindruck sehr verdient gemacht hat und sich immer wieder um seine Rechtsstaatlichkeit bemüht.
Deswegen stelle ich die Frage, was die FDP mit diesem Antrag will, nicht von den Richtern her — daß sie Schwierigkeiten haben werden, das Gesetz und diesen Paragraphen zu praktizieren, ist klar, auch nicht von den Anwälten her. Ich stelle die Frage von dem möglicherweise unschuldig Betroffenen her.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Für mich gibt es zunächst die Frage, ob wir für diesen Fall — der Fall, daß in einer hektischen Situation auch ein Unschuldiger getroffen wird, ist ja nach dem Gesetz der statistischen Wahrscheinlichkeit und nach den Erfahrungen nicht auszuschließen — genügend Vorsorge getroffen haben.
Wenn ich mir jetzt bei dem Fall, den ich auf dem Tisch habe, vorstelle, dort wäre das passiert, dann würde es niemanden geben, mit dem die Frau sprechen könnte, außer dem Untersuchungsrichter, der seinen Kopf möglicherweise in völlig anderen Dingen hat, und sie könnte nicht mit jemand anderem darüber reden, was sie, möglicherweise völlig im Irrtum der Behörden verfangen, in diese Lage gebracht hat.
Deswegen würde ich in einem solchen Fall sehr gern diese Möglichkeit der Kommunikation mit einer anderen Person schaffen, die sich hauptamtlich darum zu kümmern hat, das aufzuklären. Deswegen ist es nicht nur meine Neigung, dem FDP-Antrag zuzustimmen, sondern ich werde es auch tun und bitte auch darum, dies zu tun.
Ich verhehle dabei nicht, daß ich ohnehin Sorgen habe, daß wir auch dieses Gesetz nach der auf seinem Boden erfolgenden Praxis in späteren Jahren noch einmal werden überdenken müssen und Irrtümer, die darin enthalten sein könnten, korrigiert werden müssen.
Wir zeigen in diesen zwei Tagen, wie schnell der Deutsche Bundestag reagieren kann, wenn die Bereitschaft besteht, aufeinander einzugehen und Not-



Dr. Sperling
wendiges wirklich gemeinsam zu tun. Wir können auch bei anderen Fehlern schnell reagieren.
Ich sehe zur Zeit nicht, daß der Antrag der FDP tatsächlich Schaden stiften könnte, es sei denn, wir müßten Gesetze machen, die mit der — ich sage das jetzt einmal vorsichtig — Ahnungslosigkeit, Praxisferne und Dummheit von Richtern rechnen. Solche Gesetze möchte ich nicht erst mitmachen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich rechne mit dem intelligenten Interpretieren durch Richter in einer solchen Situation.
Ich bitte Sie herzlich, den Antrag der FDP-Fraktion anzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804431800
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich frage, ob ein Mitglied des Hauses seine Karte noch nicht abgegeben hat. — Das scheint nicht der Fall zu sein. Ich schließe die Abstimmung.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Insgesamt abgegebene vollgültige Stimmen: 379; Berliner Abgeordnete: 20. Mit Ja haben von den uneingeschränkt Stimmberechtigten 46, mit Nein 330 gestimmt; 3 haben sich enthalten. Von den Berliner Abgeordneten haben einer mit Ja und 19 mit Nein gestimmt.
Ergebnis
Abgegebene Stimmen 379 und 20 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 46 und 1 Berliner Abgeordneter,
nein: 330 und 19 Berliner Abgeordnete,
enthalten: 3
Ja
SPD
Büchner (Speyer) Conradi
Coppik
Gansel
Hansen
Immer (Altenkirchen) Jungmann
Kuhlwein Lambinus Marschall
Meinike (Oberhausen) Dr. Müller-Emmert Schäfer (Offenburg) Schlaga
Dr. Schöfberger Dr. Schwencke (Nienburg) Frau Simonis
Simpfendörfer
Dr. Sperling
Thüsing
Ueberhorst
Voigt (Frankfurt) Weißkirchen (Wiesloch)
FDP
Angermeyer Dr. Bangemann Cronenberg Eimer (Fürth) Frau Funcke Gärtner
Gattermann Grüner
Dr. Haussmann
Hölscher
Jung
Dr.-Ing. Laermann
Dr. Graf Lambsdorff Ludewig
Frau Matthäus-Maier Mischnick
Peters (Poppenbüll) Schmidt (Kempten)
Frau Schuchardt
Dr. Vohrer Dr. Wendig
Wolfgramm (Göttingen) Zywietz
Berliner Abgeordnete Hoppe
Nein
CDU/CSU
Dr. Abelein Alber
Dr. Althammer
Dr. Arnold Dr. Barzel Dr. Becher (Pullach)

Benz
Biechele
Dr. Biedenkopf
Biehle
Dr. von Bismarck
Böhm (Melsungen)

Dr. Bötsch Braun
Breidbach
Bühler (Bruchsal)

Burger
Carstens (Emstek) Carstens (Fehmarn) Conrad (Riegelsberg)
Dr. Czaja Damm
Daweke
Dr. Dregger Dreyer
Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
Ey
Eymer (Lübeck)

Dr. Eyrich Feinendegen Frau Fischer
Francke (Hamburg) Franke
Dr. Friedmann
Frau Geier Geisenhofer Dr. von Geldern
Dr. George Gerlach (Obernau) Gerster (Mainz) Gierenstein
Glos
Dr. Gruhl Haase (Kassel)

Haberl
Dr. Hammans
Hanz
Hartmann Hasinger

(BonnBad Godesberg)

Dr. Hennig
von der Heydt Freiherr
von Massenbach
Dr. Hoffacker
Frau Hoffmann (Hoya)

Dr. Hornhues
Dr. Hubrig
Frau Hürland
Dr. Hüsch
Dr. Hupka
Graf Huyn
Dr. Jaeger
Jäger (Wangen)

Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Josten
Frau Karwatzki
Katzer
Dr. Klein (Göttingen) Klein (München)
Dr. Köhler (Wolfsburg) Köster
Dr. Kohl
Kolb
Krampe Dr. Kraske
Kraus
Dr. Kreile
Krey
Dr. Kunz (Weiden) Lagershausen Lampersbach
Dr. Langguth
Dr. Langner
Dr. Laufs
Leicht Lemmrich
Link
Lintner Löher Dr. Luda
Dr. Mertes (Gerolstein) Metz
Dr. Mikat
Milz
Dr. Möller
Dr. Müller
Frau Dr. Neumeister Niegel
Nordlohne
Frau Pack
Pfeffermann
Pfeifer Picard Pieroth Prangenberg
Dr. Probst
Rainer Rawe Reddemann
Regenspurger
Frau Dr. Riede (Oeffingen) Dr. Riedl (München)
Dr. Riesenhuber
Dr. Ritz Rühe
Russe
Sauer (Salzgitter) Sauter (Epfendorf)
Dr. Schäuble
Schartz (Trier)

Schedl Schmidhuber
Schmidt (Wuppertal) Schmitz (Baesweiler) Schmöle
Dr. Schröder (Düsseldorf) Schröder (Lüneburg)
Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd)

Schwarz



Vizepräsident Stücklen Dr. Schwarz-Schilling Seiters
Sick
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Spilker
Spranger
Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark (Nürtingen)

Dr. Stavenhagen Stommel
Stücklen
Stutzer
de Terra
Dr. Todenhöfer
Vogel (Ennepetal) Volmer
Dr. Voss
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel Dr. Warnke
Weber (Heidelberg) Weiskirch (Olpe) Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms
Wimmer (Mönchengladbach)

Windelen
Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann
Dr. Wittmann (München) Baron von Wrangel Würzbach
Dr. Zeitel
Dr. Zimmermann
Zink
Berliner Abgeordnete
Frau Berger (Berlin)

Dr. Grads
Kittelmann Kunz (Berlin) Luster
Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Wohlrabe
SPD
Amling Dr. Apel
Arendt Augstein
Baack Bahr
Batz
Becker (Nienberge) Bindig
Blank
Dr. Böhme (Freiburg) Brandt
Brandt (Grolsheim) Brück
Dr. von Bülow
Buschfort
Dr. Bußmann
Collet
Dr. Corterier
Curdt
Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser
Dr. von Dohnanyi
Dürr
Dr. Ehmke Eickmeyer
Frau Eilers (Bielefeld) Dr. Emmerlich
Dr. Enders Engholm Esters
Ewen
Dr. Fischer Flämig
Franke (Hannover) Friedrich (Würzburg) Gerstl (Passau)
Gertzen
Dr. Geßner Glombig
Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar
Haase (Fürth)

Haehser
Hauck
Dr. Hauff Henke
Heyenn
Höhmann
Hofmann (Kronach) Horn
Frau Huber Huonker Ibrügger
Jahn (Marburg)

Jaunich
Dr. Jens (Voerde) Junghans
Junker
Kaffka
Kirschner
Klein (Dieburg)

Koblitz
Konrad
Kratz
Kretkowski
Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher
Dr. Lauritzen Leber
Lenders
Liedtke
Dr. Linde Mahne
Marquardt
Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer
Dr. Meinecke (Hamburg) Meininghaus
Menzel
Müller (Bayreuth) Müller (Nordenham) Müller (Schweinfurt) Müntefering
Nagel
Neumann Dr. Nöbel Offergeld
Oostergetelo Paterna
Pawelczyk Peiter
Dr. Penner Pensky
Porzner
Rapp (Göppingen) Rappe (Hildesheim)
Frau Renger Rohde
Roth
Saxowski
Dr. Schachtschabel
Dr. Schäfer (Tübingen) Scheffler
Scheu Schirmer
Schluckebier
Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Wattenscheid) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Schulte (Unna)

Schwabe
Dr. Schwenk (Stade)

Sieler
Dr. Spöri
Stahl (Kempen)

Dr. Steger
Frau Steinhauer Stockleben
Stöckl Sybertz Tönjes Topmann
Frau Traupe
Urbaniak
Dr. Vogel (München) Waltemathe
Walther
Dr. Weber (Köln)

Wehner Wendt Dr. Wernitz
Westphal
Wiefel Wilhelm
Wimmer (Neuötting) Wischnewski
Dr. de With
Wittmann (Straubing) Wolfram (Recklinghausen) Wrede
Wüster Wuttke
Wuwer Zander Zebisch Zeitler
Berliner Abgeordnete
Bühling
Dr. Diederich (Berlin) Dr. Dübber
Egert
Löffler Männing Mattick Frau Schlei
Schulze (Berlin) Sieglerschmidt
FDP
Baum
Ertl
Dr. Friderichs
Dr. Dr. h. c. Maihofer Ollesch
Paintner
Spitzmüller
Enthaltungen
SPD
Dr. Holtz Lattmann
FDP Wurbs
Damit ist dieser Antrag in namentlicher Abstimmung abgelehnt.
Ich rufe Art. 1 § 34 in der Ausschußfassung auf. Wer dem § 34 die Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Damit ist § 34 in der Ausschußfassung bei 3 Gegenstimmen und einer Reihe von Stimmenthaltungen angenommen.
Ich rufe Art. 1 §§ 35, 36, 37, 38 auf. Wer diesen Paragraphen die Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Damit sind die von mir aufgerufenen Paragraphen bei 4 Gegenstimmen und einer Reihe von Enthaltungen angenommen.
Ich rufe Art. 2 auf. Hier hat der Bundesminister der Justiz das Wort zu einer kurzen Berichtigung gewünscht.

(Bundesminister Dr. Vogel: Ist erledigt!)

Ich darf dann den Berichterstatter, Herrn Hartmann, bitten.

(Hartmann [CDU/CSU] : Ist erledigt!)

— Ich bitte, das dem Präsidium doch rechtzeitig mitzuteilen.
Ich rufe die Art. 2 bis 5, Einleitung und Überschrift auf. Wer die Zustimmung geben will, den



Vizepräsident Stücklen
bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist somit bei vier Gegenstimmen und einer Reihe von Enthaltungen in zweiter Beratung angenommen.
Wir treten nunmehr in die
dritte Beratung
ein.
Zur Schlußabstimmung hat die Abgeordnete Frau Däubler-Gmelin um das Wort gebeten.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID0804431900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Normalerweise braucht ein Abgeordneter — Gott sei Dank ist das nicht üblich — sein Stimmverhalten nicht zu begründen. Denn seine Motive werden in der Abstimmung deutlich. Die gegenwärtige Lage in der Bundesrepublik Deutschland, über die ja auch heute und früher ausführlich geredet wurde, aber auch einige Bernerkungen in den Debatten haben die Abgeordneten Bindig, Conradi, Kuhlwein, Marschall, Meinike (Oberhausen), Harald B. Schäfer, Olaf Schwencke, Schöfberger, Simpfendörfer, Frau Simonis und mich bewogen, hier vor aller Öffentlichkeit unsere Gründe darzulegen, um jede Mißdeutbarkeit unserer Stimmenthaltungen von vornherein auszuschließen.

(Zuruf des Abg. Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/ CSU])

— Sie werden es gleich erfahren, Herr Stark. Immer mit der Ruhe.
Erstens. Jeder von uns weiß, daß von Gefangenen, die wegen einschlägiger Delikte eingesperrt sind, im Zusammenspiel mit Verteidigern, die ihre Rechte mißbrauchen und ihre Pflichten verkennen, erhebliche Gefahren ausgehen, insbesondere gegenwärtig weitere Verbrechen gefördert werden können. Zweitens: Jeder von uns weiß, daß wirksame Maßnahmen, auch gesetzliche, getroffen werden müssen. Drittens. Wir halten die Verfassungsmäßigkeit eines staatlichen Handelns, das sich allein auf den Gedanken des übergesetzlichen Notstands stützt, für mehr als problematisch — auch wenn der Bundesgerichtshof dies in einem Fall bestätigt hat. Und: Jeder von uns anerkennt, daß es in dem uns von den drei Fraktionen vorgelegten Gesetzentwurf Verfahrensvorschläge gibt, die gegenüber dem heute bestehenden, vom BGH teilweise bestätigten Rechtszustand ein Mehr an Rechtsstaatlichkeit bedeuten.
Daß wir dennoch nicht zustimmen können, sondern uns der Stimme enthalten, geschieht aus folgenden Gründen.
Zum einen sind die Eingriffsvoraussetzungen des * 31 so unbestimmt und weit gefaßt, daß gerade unter anderen denkbaren politischen Konstellationen dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet wird. Dies ist der zentrale Punkt. Wir lehnen deswegen den § 31 in seiner jetzigen Fassung ausdrücklich ab. Wir tun dies um so mehr, als die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Folgen im Hinblick auf die Verteidigung neu Verhafteter und im Hinblick auf eine Reihe anderer Punkte in Grundprinzipien unserer rechtsstaatlichen Ordnung, die durch Grundgesetz und u. a. Menschenrechtskonvention bestimmt sind, eingreifen.
Zum andern — und das erscheint mir besonders wichtig: Wir halten es für sicher, daß wir bei einer ausführlicheren und gründlicheren Beratung dieses Gesetzentwurfs in allen Fraktionen — und hier meine ich z. B., daß der Sachverstand von Herrn Dr. Eyrich, der gestern ja ebenfalls nicht im Rechtsausschuß anwesend war, sehr hilfreich gewesen wäre — weitere Präzisierung und Konkretisierungen im Rahmen der natürlich erforderlichen Güterabwägung hätten treffen können, so daß wir auch den § 31 auf den Bereich des Notwendigen exakt hätten zuschneiden können. Beides war wegen der Kürze der Beratungen nicht möglich.
Ich komme zum Schluß. Ich weiß, daß unsere Entscheidung mißdeutet, ja verfälscht werden wird. Das künden Presseorgane von Teilen der in diesem Haus vertretenen Fraktionen leider an. Für diese Vermutung — lassen Sie mich das sagen — spricht auch die Leichtfertigkeit, mit der in der öffentlichen Diskussion der letzten Wochen rechtsstaatliche Grundsätze zur Disposition gestellt worden sind.
Ich bin gewiß — und damit lassen Sie mich endgültig schließen — daß es unter uns hier viele Abgeordnete gibt — auch bei den Damen und Herren der Opposition —, die unsere Gewissensentscheidungen so respektieren, wie wir die Entscheidung der Mehrheit der drei Fraktionen in diesem Haus. Ich bin des weiteren sicher, daß auch die übergroße Mehrheit der Bürger dieses Landes unsere Entscheidung respektieren wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804432000
Das Wort zur Abstimmung hat weiter Frau Abgeordnete Schuchardt.

(Unruhe bei der CDU/CSU)


Helga Schuchardt (FDP):
Rede ID: ID0804432100
Meine Damen und Herren! Wenn wir den Terrorismus wirklich erfolgreich bekämpfen wollen, dann muß man, glaube ich, zunächst einmal jedem in diesem Hause guten Willen unterstellen.
Ich möchte die Erklärung der Stimmenthaltung auch im Namen meiner Kollegen Ingrid Matthäus-Maier, Norbert Eimer, Friedrich Hölscher und Hans-heinrich Schmidt (Kempten) abgeben.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Liberale haben einen wesentlichen Teil zu der Entwicklung, die zu unserem heutigen liberalen Rechtsstaat geführt hat, beigetragen. Ihr Bemühen wurde nicht immer von der breiten Mehrheit des Volkes verstanden.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Eine Gruppe von Terroristen hat sich vorgenommen, diesen liberalen Rechtsstaat zu zerstören. Es kann niemanden verwundern, daß gerade für Liberale ein lebenswichtiges Interesse besteht, diesen liberalen Rechtsstaat zu verteidigen. Wir lassen uns



Frau Schuchardt
in der Einschätzung der ungeheuren Gefahr, die vom Terrorismus ausgeht, von niemandem übertreffen.

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich habe keine Ovationen von der Union erwartet.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, deshalb haben wir uns unsere Entscheidung, diesem Gesetz in der nun vorliegenden Form nicht zuzustimmen, auch nicht leicht gemacht. Die meisten von uns haben es vor einigen Jahren sicherlich nicht für möglich gehalten, daß sich der Deutsche Bundestag durch Terroranschläge so in Zugzwang bringen läßt,

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

und bei Teilen unserer Bürger trifft dies auch auf Verständnis.
Wir haben uns davon überzeugen lassen, daß die Unterbindung jeglicher Kontakte der inhaftierten Mitglieder der terroristischen Vereinigung untereinander und nach außen das Leben von Herrn Schleyer bisher mit Erfolg geschützt hat. Da für eine Maßnahme dieser Art bisher keine gesetzliche Grundlage besteht, sondern die Maßnahme mit § 34 StGB, also mit dem rechtfertigenden Notstand, begründet wird, sind auch wir der Auffassung, daß der Deutsche Bundestag aufgerufen ist, eine gesetzliche Grundlage zur Regelung dieses Tatbestands zu schaffen.
Die FDP hatte nun in zweiter Lesung einen Änderungsantrag eingebracht, der das verfolgte Ziel, Leben zu schützen, auch erreicht hätte. Die Annahme hätte eines unserer wesentlichsten Bedenken ausgeräumt. Diese Bedenken beziehen sich, abgesehen von dem eben abgelehnten Antrag, auch auf die Bestellung eines Pflichtverteidigers, ferner z. B. auf die zu weit gefaßten Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 sowie auf die Unbegrenztheit dieser Maßnahmen. Leider haben wir keine Zustimmung dafür gewinnen können.
Meine Damen und Herren, wir wissen, daß nicht nur die liberalen Rechtsstaaten vom Terrorismus heimgesucht werden. Weitreichende Gesetze und auch weitreichende Befugnisse von Regierungen konnten in autoritären Staaten den Terrorismus nicht verhindern, zum Teil eskalierte er sogar. Es muß dem Bürger eine Strategie deutlich gemacht werden, die dem Terrorismus entgegengesetzt wird. Das ist sicher nur mit Besonnenheit zu erreichen.
Wir sollten nicht übersehen, daß das Vertrauen unserer Bürger in unseren Staat auch dadurch gestört werden kann, daß der Staat infolge von Terroranschlägen entscheidende Maßnahmen ergreift, an deren Wirksamkeit Zweifel aufkommen können. Vertrauen aller Bürger, meine Damen und Herren, ist aber eine notwendige Voraussetzung für uns alle, den Terrorismus in diesem Lande erfolgreich zu bekämpfen. Ich finde, daran sollten wir alle gemeinsam arbeiten.
Wir werden sicherlich mit dieser unserer Auffassung nicht die Mehrheit finden. Aber ich hoffe, daß wir auf Verständnis stoßen und daß man uns in dieser Haltung lautere Motive unterstellt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804432200
Zur Abgabe einer weiteren Erklärung zur Abstimmung der Abgeordnete Hansen.

(Unruhe bei der CDU/CSU)


Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0804432300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um unbewußter oder bewußter Mißdeutung meines Abstimmungsverhaltens vorzubeugen, wie sie nicht nur akustisch auf dieser Seite dieses Hauses im Laufe dieser Debatte schon begonnen worden ist, möchte ich eine schriftliche Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten nach § 59 der Geschäftsordnung abgehen. *)

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804432400
Das Wort zur Abstimmung hat der Abgeordnete Kohl.

Dr. Helmut Kohl (CDU):
Rede ID: ID0804432500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verlauf dieser Debatte macht es notwendig, am Ende der Beratungen einige kurze, knappe Feststellungen zu treffen. Vor vierzehn Tagen hat der Herr Bundeskanzler von dieser Stelle aus namens der Bundesregierung und unter dem Beifall der Koalitionsfraktionen von SPD und FDP erklärt, die Bundesregierung sei gewillt, alles Menschenmögliche zu tun, zu handeln, um den Terrorismus entschlossen und tatkräftig zu bekämpfen.
Namens der CDU/CSU-Fraktion stelle ich fest, daß bei diesem ersten Gesetzgebungsakt die Regierungsfraktionen nicht einmal die innere Kraft für einen einfachen notwendigen Schritt aufbringen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was nützen alle Ankündigungen, daß die Gemeinsamkeit und die Solidarität der Demokraten in der Stunde der Not nicht nur im Reden, sondern vor allem im Handeln bestehen müsse, wenn wir hier eine derartige Debatte erleben?
Lassen Sie mich namens der CDU/CSU-Fraktion zu dieser Vorlage noch eine kurze Bemerkung machen. Die Vorlage ist bitter notwendig geworden. Wer in den letzten vier Wochen aufmerksam war, wer den Terrorismus und seine Aktionen in der Bundesrepublik in den letzten Jahren sorgfältig beobachtet hat, der weiß ganz genau, wie richtig jenes prophetische Wort des ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback vom April des vergangenen Jahres war, als er in diesem Hause sagte: „Denn die Zellen sind ja, das sei geklagt, das sicherste konspirative Zimmer in diesem Lande."
Angesichts dieser Feststellungen und angesichts der Erfahrungen, die wir gerade auch im Entführungsfall Hanns Martin Schleyer in den letzten Wochen machen mußten, ist es ebenso unerträglich wie makaber, wenn von diesem Pult aus Mitglieder des
*) Anlage 2



Dr. Kohl
Deutschen Bundestages erklären, dies sei ein teuflischer Kreislauf: Terror, Gewalt, Repression und Abbau von Rechtsstaat.
Der Herr Bundespräsident hat mit gutem Grund und mit Zustimmung der riesigen Mehrheit der freiheitlich gesonnenen Bürger unserer Bundesrepublik in diesen Tagen erklärt: Alle Vorschläge, die bisher zur Bekämpfung des Terrorismus in der Öffentlichkeit vorgetragen und vorgelegt wurden, sind Vorschläge, die auf dem Boden des Grundgesetzes gewachsen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es lohnt sich nicht, auf die Details mancher Reden, die heute hier gehalten wurden, einzugehen. Aber es ist für einen freiheitlich gesonnenen Bürger dieses Landes unerträglich, wenn im Zusammenhang mit dieser Gesetzgebung von „Pogromstimmung in der Bundesrepublik" gesprochen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD)

Es ist unerträglich, sich hier anhören zu müssen, daß ein Nein zu dieser Vorlage, vorgelegt von drei demokratischen Fraktionen dieses Bundestages, ein Ja zur Freiheit sei. Was ist das für ein Freiheitsbegriff, der hier zum Ausdruck kommt?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was ist das für eine Behauptung, daß hier — damit sind doch wir gemeint, die sehr große Mehrheit in diesem Hause — Gründe der Besonnenheit nicht mehr verstanden würden, daß man mehr dem Gefühl folge und mehr Härte an den Tag lege, oder wie hier eben eine Sprecherin sagte: Der Bundestag läßt sich von den Terroristen in Zugzwang bringen. Meine Damen und Herren, die Bürger der Bundesrepublik Deutschland erwarten von diesem Bundestag, daß er seine Pflicht tut.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und „Pflicht tun" heißt, in einer ungewöhnlichen, schrecklichen Heimsuchung und Herausforderung das Notwendige mit Mut zu tun, auf dem Boden unseres Grundgesetzes.
Wir, die CDU/CSU-Fraktion, sagen ohne jede Einschränkung ja zu diesem Gesetz, das dem Rechtsstaat dient, das aus rechtsstaatlichen Prinzipien erwachsen ist, das dem Schutz des Lebens unserer Bürger dient und das die friedenstiftende Qualität unserer Bundesrepublik erhalten soll.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804432600
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0804432700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kohl, ich habe zwar Verständnis dafür, daß man Argumentationsmöglichkeiten, die geboten werden, nutzt. Ich bedaure aber, daß in einem Augenblick, wo wir bei der Abstimmung erleben werden, daß dieses Haus mit einer Mehrheit von über 90 oder über 95 % einem Gesetzentwurf zustimmt, der Eindruck entstehen mußte, als gäbe es in den Grundfragen keine Übereinstimmung. Wir sind gemeinsam der Meinung, daß dieser Gesetzentwurf Gesetz werden soll, auch wenn einzelne abweichende Meinungen zum Ausdruck bringen

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Keine Mehrheit!)

Der zweite Punkt: Dieser Rechtsstaat schadet sich nicht, sondern nutzt sich, wenn die Öffentlichkeit weiß, daß auch in einer Gefahrensituation um jeden einzelnen Punkt bis zur letzten Sekunde gerungen wird, dann aber entschieden wird.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, daß der Herr Bundespräsident gesagt hat, alle Vorschläge, die gemacht worden sind, seien auf dem Boden des Grundgesetzes gemacht worden — auch die, die sich bemüht haben, erkannte, tatsächliche oder vermeintliche Mängel eines solchen Gesetzentwurfes zu beseitigen. Ob sie die Wirkung haben oder nicht, darüber wird die Zukunft entscheiden. Aber auch denen, die hier Änderungen einbringen wollten, muß man zugestehen, daß sie im Rahmen des Grundgesetzes ihre Möglichkeiten für den freien Rechtsstaat und nicht gegen ihn wahrgenommen haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich teile Ihre Meinung, daß wir hier keine Pogromstimmung verbreiten. Ich teile Ihre Meinung, daß „Handeln des Rechtsstaates" nicht bedeutet, daß man denen verfällt, die in der Öffentlichkeit mehr fordern, als der Rechtsstaat vertreten kann. Das werden wir gemeinsam abzuwehren wissen. Ich bitte aber gleichzeitig, auch allen denen, die vielleicht in dem einen oder dem anderen Punkt einen Weg gehen wollen, den die überwältigende Mehrheit nicht für richtig hält, nicht den guten Willen abzusprechen.
Sie haben gesagt: mit Mut handeln. Jawohl, wir wollen mit Mut handeln, und es kostet Mut, in dieser Situation rechtsstaatliche Grundsätze, die wir haben, in bestimmten Dingen so einzuschränken, wie wir das tun. Wir wollen mit Mut handeln, aber nicht mit Tollkühnheit. Das unterscheidet uns vielleicht.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804432800
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0804432900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist nicht die Stunde der Aufrechnung. Es ist auch nicht die Stunde der Abrechnung.

(Unruhe bei der CDU/CSU)

— Ja, werden Sie ruhig lauter, meine Damen und Herren! — Dies ist auch noch nicht die Zeit der Analyse. Ich weise hier zurück, was der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU in der Art eines Monopolanspruchs für seine Parteien, die in dieser seiner Fraktion zusammengekoppelt sind, verkündet.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben hier, während der Entführte noch Geisel ist und die Ermordeten noch gar nicht lange unter der Erde sind,



Wehner
eine Aufgabe, die ich ohne Lyrik und ohne Verschwommenheit als die Notwendigkeit, als eine Bewährungsprobe für den Karatgehalt unseres Verhältnisses zum Grundgesetz und zu unserem Gemeinwesen bezeichne.
Herausgefordert ist dieses unser Gemeinwesen. Der Terror zielt auf Herz und Blutkreislauf dieses Gemeinwesens. Denn die Terroristen wollen dieses Gemeinwesen zerstören. Ihre Anschläge treffen alle Mitbürger und Mitbürgerinnen. Ungeachtet aller wirtschaftlichen, sozialen, weltanschaulichen und politischen Gegensätze im Gemeinwesen, die wir miteinander auszutragen haben, gebietet ein gemeinsames Interesse allen, das Gemeinwesen Bundesrepublik, mit allen Kräften zu verteidigen —

(Beifall bei der SPD)

und nicht mit dem Blick, ob dabei die eigene Rolle genügend glänzend herausgeputzt wird.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Terroristen, die bemüht sind, die Bundesrepublik ins Herz zu treffen, sind weder eine politische Richtung oder Strömung in unserem Lande, noch sind sie der einen oder anderen zuzurechnen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Müller [München] [CDU/CSU] : Doch!)

Sind sind der organisierte Versuch der bewaffneten Lähmung und Zerstörung jeder Politik. Denn Politik ist der Versuch, im Gemeinwesen im Ringen miteinander das Bestmögliche für alle Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.

(Beifall bei der SPD)

Was die Terroristen wollen, ist etwas völlig anderes. Ich habe mir erlaubt, als Vorsitzender der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion hier in der kurzen Debatte nach der Regierungserklärung unseres Bundeskanzlers, Helmut Schmidt, einiges dazu zu sagen. Die Terroristen zielen auf Einschüchterung, Erpressung und chaotische Verwirrung aller Glieder der menschlichen Gesellschaft. Sie wollen dies durch die Lähmung der Funktionen des Gemeinwesens und seiner Organe und Institutionen erreichen. Sie mißbrauchen sogenannte politische Begriffe lediglich zur Tarnung ihres verbrecherischen Handelns.
Sie, meine Damen und Herren — ich kenne Sie ja einigermaßen; ich gehöre diesem Bundestag an, seitdem es ihn gibt —, empfinden heute eine gewisse Genugtuung über Probleme, die die Fraktion hat, deren Vorsitzender ich zur Zeit bin.

(Reddemann [CDU/CSU] : Was heißt hier „Genugtuung" !)

— Bitte, das sage ich. Das sieht man doch Ihrem Lächeln an. Ich kann doch Gesichter lesen. Ich nehme es Ihnen ja auch gar nicht übel. Ich versuche nur, vielleicht ganz vergeblich, dennoch etwas von dem, was Sie dann mit Pathos Gemeingeist oder was sonst nennen, vielleicht irgendwo in einer Ader anzurühren.
Ich habe heute meiner Fraktion nach einer langen schwierigen Diskussion während des ganzen Dienstagnachmittag bis spät in den Abend, heute morgen wieder und auch heute mittag noch einmal am Schluß vor den Abstimmungen folgendes gesagt: Als Mitglied des Bundestages, das ich bin, erinnere ich an den Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes:
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
Das ist das eine. Ich habe mir dann erlaubt, als Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion im Deutschen Bundestag, das ich seit 1949 bin, während der ganzen Zeit — abgesehen von einer kurzen dreijährigen Zwischenzeit als Mitglied des Kabinetts — immer wieder gewählt, zum Mitglied des Vorstands der Fraktion, zu sagen: Als Mitglied der Fraktion und ihr derzeitiger Vorsitzender sage ich, wenn die Durchsetzung und die Annahme eines Gesetzentwurfes, für den sich die Mehrheit der Mitglieder der Fraktion einsetzt, durch das Verhalten einer Minderheit der Fraktion unmöglich wird oder die Annahme des Gesetzentwurfes nur infolge der Zustimmung der Abgeordneten anderer Fraktionen möglich wird, dann muß die Minderheit der Fraktion sich die Frage stellen lassen, wie sie es verantworten will, die Mehrheit der Fraktion zur Wirkungslosigkeit zu nötigen oder ihr — weil die Mehrheit nicht den Bankrott sozialdemokratischer Parlaments- und Regierungsarbeit erklären will —vorzuwerfen, sie stimme zusammen mit Abgeordneten anderer Fraktionen anders als eine Minderheit der Fraktion. — Da haben Sie meine Auffassung sowohl als Mitglied des frei gewählten Deutschen Bundestages als auch als Mitglied — und ich bin ja wohl berechtigt, einer Fraktion anzugehören — der Fraktion, der ich angehöre.
Wir haben nichts zu vertuschen. Es wird noch die Zeit kommen, meine verehrten Herren innenpolitischen Gegner, da werden Sie auch vergeblich versuchen, etwas zu vertuschen. Wir jedenfalls ringen hier miteinander, und die große Mehrheit der Fraktion weiß, was sie der Bundesrepublik Deutschland, unserem Gemeinwesen schuldig ist.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP — Bravo-Rufe bei der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0804433000
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.
Wir kommen zur Abstimmung in dritter Beratung. Es wird über das Gesetz als Ganzes abgestimmt. Es ist namentliche Abstimmung beantragt und ausreichend unterstützt. Ich eröffne die Abstimmung.

(V o r s i t z : Vizepräsident Frau Funcke)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0804433100
Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt vor. Insgesamt haben 392 uneingeschränkt stimmberechtigte Mitglieder des Hauses und 21 Berliner Abgeordnete ihre Stimme abgegeben. Von den uneingeschränkt Stimmberechtigten haben 371 mit Ja und 4 mit Nein gestimmt; 17 haben sich enthalten. Die 21 Berliner Abgeordneten haben mit Ja gestimmt.



Vizepräsident Frau Funcke
Ergebnis
Abgegebene Stimmen 392 und 21 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 371 und 21 Berliner Abgeordnete,
nein: 4
enthalten: 17
Ja
CDU/CSU
Dr. Abelein
Dr. van Aerssen
Alber
Dr. Althammer
Dr. Arnold Dr. Barzel Dr. Becher (Pullach)

Benz
Biechele
Dr. Biedenkopf
Biehle
Dr. von Bismarck
Böhm (Melsungen)

Dr. Bötsch Braun
Breidbach
Bühler (Bruchsal)

Burger
Carstens (Emstek) Carstens (Fehmarn) Conrad (Riegelsberg)
Dr. Czaja Damm
Daweke
Dr. Dregger Dreyer
Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
Ey
Eymer (Lübeck)

Dr. Eyrich Feinendegen
Frau Fischer
Francke (Hamburg) Franke
Dr. Friedmann
Frau Geier Geisenhofer Dr. von Geldern
Dr. George Gerlach (Obernau) Gerster (Mainz) Gierenstein
Glos
Dr. Gruhl Haase (Kassel)

Haberl
Dr. Häfele Dr. Hammans
Handlos
Hanz
Hartmann Hasinger Hauser (BonnBad Godesberg) Helmrich
Dr. Hennig
von der Heydt Freiherr
von Massenbach
Dr. Hoffacker
Frau Hoffmann (Hoya) Dr. Hornhues
Dr. Hubrig Frau Hürland
Dr. Hüsch
Dr. Hupka
Graf Huyn
Dr. Jaeger
Jäger (Wangen)

Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Josten
Frau Karwatzki
Katzer
Dr. Klein (Göttingen) Klein (München)
Dr. Köhler (Wolfsburg) Köster
Dr. Kohl Kolb
Krampe
Dr. Kraske
Kraus
Dr. Kreile
Krey
Dr. Kunz (Weiden) Lagershausen
Lampersbach
Dr. Langguth
Dr. Langner
Dr. Laufs
Leicht Lemmrich
Link
Lintner Löher Dr. Luda
Dr. Mertes (Gerolstein) Metz
Dr. Mikat
Milz
Dr. Möller
Dr. Müller
Frau Dr. Neumeister Niegel
Nordlohne
Frau Pack
Pfeffermann
Pfeifer Picard Pieroth Prangenberg
Dr. Probst
Rainer Rawe Reddemann
Regenspurger
Frau Dr. Riede (Oeffingen) Dr. Riedl (München)
Dr. Riesenhuber
Dr. Ritz Rühe
Russe
Sauer (Salzgitter)

Sauter (Epfendorf)

Dr. Schäuble
Schartz (Trier)

Schedl Schmidhuber
Schmidt (Wuppertal) Schmitz (Baesweiler) Schmöle
Dr. Schröder (Düsseldorf) Schröder (Lüneburg)
Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd)

Schwarz
Dr. Schwarz-Schilling Seiters
Sick
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Spilker
Spranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark (Nürtingen)

Dr. Stavenhagen Stommel
Stücklen
Stutzer
de Terra
Dr. Todenhöfer
Vogel (Ennepetal) Volmer
Dr. Voss
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel Dr. Warnke
Weber (Heidelberg) Weiskirch (Olpe) Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms
Wimmer

(Mönchengladbach) Windelen

Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann
Dr. Wittmann (München) Baron von Wrangel Würzbach
Dr. Zeitel
Dr. Zimmermann
Zink
Berliner Abgeordnete
Frau Berger (Berlin)

Dr. Gradl
Kittelmann Kunz (Berlin) Luster
Müller (Berlin)

Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Wohlrabe
SPD
Ahlers Amling Dr. Apel
Arendt Augstein
Baack Bahr
Batz
Becker (Nienberge) Blank
Dr. Böhme (Freiburg) Brandt
Brandt (Grolsheim) Brück
Büchler (Hof)

Büchner (Speyer)

Dr. von Bülow
Buschfort
Dr. Bußmann Collet
Dr. Corterier Curdt
Daubertshäuser
Dr. von Dohnanyi
Dürr
Dr. Ehmke Eickmeyer
Frau Eilers (Bielefeld) Dr. Emmerlich
Dr. Enders Engholm
Esters
Ewen
Dr. Fischer Flämig
Franke (Hannover) Friedrich (Würzburg) Gansel
Gerstl (Passau)

Gertzen
Dr. Geßner Glombig
Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar
Haase (Fürth)

Haehser
Hauck
Dr. Hauff
Henke
Heyenn
Höhmann
Hofmann (Kronach)

Dr. Holtz
Horn
Frau Huber Huonker
Ibrügger
Immer (Altenkirchen) Jahn (Marburg)
Jaunich
Dr. Jens (Voerde) Junghans Jungmann Junker
Kaffka
Kirschner
Klein (Dieburg)

Koblitz
Konrad
Kratz
Kretkowski
Dr. Kreutzmann Krockert
Kühbacher Lambinus
Dr. Lauritzen Leber
Lenders
Frau Dr. Lepsius
Liedtke
Dr. Linde
Mahne
Marquardt
Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer
Dr. Meinecke (Hamburg) Meininghaus
Menzel
Müller (Bayreuth) Müller (Nordenham) Müller (Schweinfurt) Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Neumann



Vizepräsident Frau Funcke Dr. Nöbel
Offergeld
Oostergetelo
Paterna Pawelczyk
Peiter
Dr. Penner
Pensky Peter
Porzner
Rapp (Göppingen)

Rappe (Hildesheim)

Frau Renger
Rohde Rosenthal
Roth
Saxowski
Dr. Schachtschabel
Dr. Schäfer (Tübingen) Scheffler
Scheu Schirmer
Schlaga Schluckebier
Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Hamburg) Schmidt (Wattenscheid)
Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Schulte (Unna)

Schwabe
Dr. Schwenk (Stade)

Sieler
Dr. Sperling
Dr. Spöri
Stahl (Kempen)

Dr. Steger
Frau Steinhauer Stockleben
Stöckl Sybertz Tönjes Topmann
Frau Traupe
Urbaniak
Dr. Vogel (München) Vogelsang
Voigt (Frankfurt) Waltemathe
Walther
Dr. Weber (Köln)

Wehner
Weißkirchen (Wiesloch) Wendt
Dr. Wernitz
Westphal
Wiefel Wilhelm
Wimmer (Neuötting) Wischnewski
Dr. de With
Wittmann (Straubing) Wolfram (Recklinghausen) Wrede
Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler
Berliner Abgeordnete
Bühling
Dr. Diederich (Berlin)

Dr. Dübber
Egert
Löffler Manning Mattick
Frau Schlei
Schulze (Berlin) Sieglerschmidt
FDP
Angermeyer
Dr. Bangemann
Baum
Cronenberg
Engelhard Ertl
Dr. Friderichs
Frau Funcke
Gärtner Gattermann
Grüner
Dr. Haussmann
Jung
Kleinert
Dr.-Ing. Laermann
Dr. Graf Lambsdorff Ludewig
Dr. Dr. h. c. Maihofer Mischnick
Ollesch Paintner
Peters (Poppenbüll)

von Schoeler
Spitzmüller
Dr. Vohrer
Dr. Wendig
Wolfgramm (Göttingen) Wurbs
Zywietz
Berliner Abgeordnete Hoppe
Nein
SPD
Coppik
Hansen
Lattmann Thüsing
Enthaltungen
SPD
Bindig
Conradi
Frau Dr. Däubler-Gmelin Kuhlwein
Marschall
Meinike (Oberhausen) Schäfer (Offenburg)
Dr. Schöfberger
Dr. Schwencke (Nienburg) Frau Simonis
Simpfendörfer
Ueberhorst
FDP
Eimer (Fürth)

Hölscher
Frau Matthäus-Maier Schmidt (Kempten) Frau Schuchardt
Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.
Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/ CSU
Deutsche Bundesbahn — Drucksache 8/849 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (federführend)

Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß
Das Wort hat Herr Abgeordneter Jobst.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0804433200
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor zehn Jahren, im Dezember 1967, trat erstmals ein SPD-Bundesverkehrsminister mit großem Aufwand an die Öffentlichkeit und verkündete eine Wende in der Verkehrspolitik. Das Unternehmen Deutsche Bundesbahn versprach er in vier Jahren zu sanieren.
Mittlerweile haben wir zehn Jahre SPD-Verkehrspolitik hinter uns, aber mit dem Erfolg, daß die Deutsche Bundesbahn nicht saniert wurde, sondern in eine katastrophale finanzielle Situation gekommen ist. Die Zuschußleistungen des Bundes an die Bundesbahn betrugen 1965 noch 2,7 Milliarden DM. Jetzt ist dieser Bedarf auf 13 Milliarden DM angestiegen, und der Schuldenstand der Bahn hat heute ein Ausmaß von 30 Milliarden DM erreicht. Die Bahn ist durch die Verkehrspolitik dieser Jahre zum Haushaltsrisiko Nummer eins geworden.
Ich kann verstehen, daß die SPD von dem sogenannten Leber-Plan heute nichts mehr wissen will.
Am 27. April 1977 verabschiedete die Bundesregierung ihr vorläufig letztes Sanierungskonzept für die Bahn. Es ist eines von vielen in den vergangenen Jahren. Wir kennen alle deren schnelles Ende. Nicht einmal fünf Monate später, am 19. September 1977, erklärte der Bundesverkehrsminister in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt" dieses sogenannte Sanierungskonzept für gescheitert. Da kann man nur sagen: Herr Gscheidle tanzte nur einen Sommer.
Wenn Sie aber, Herr Minister, in diesem Interview, das ich vor mir habe, die Politiker zum Handeln für die Bahn auffordern, dann frage ich Sie: Wer trägt hier denn für diese Politik Verantwortung? So einfach können Sie sich nicht aus Ihrer Verantwortung herausstehlen.
Mit dieser Erklärung haben Sie, Herr Minister, einen Offenbarungseid geleistet. Es ist doch ein grotesker politischer Vorgang, daß sich ein langfristig angelegtes Konzept bereits nach fünf Monaten als Seifenblase erwiesen hat. Eigentlich müßten Sie, Herr Minister, jetzt Ihren Hut nehmen.
Die CDU/CSU hat den sogenannten Leistungsauftrag der Bundesregierung an die Deutsche Bundesbahn von Anfang an mit großer Skepsis beurteilt. Wenig Klarheit und wenig Verbindlichkeit sind darin enthalten. Wir haben im Wege einer Kleinen Anfrage den Versuch gemacht, diesen allgemein



Dr. Jobst
formulierten sogenannten Leistungsauftrag der Bundesregierung in seinen Grunddaten, Annahmen und Voraussetzungen transparenter zu machen. Es reicht ja wohl schließlich nicht aus, dem Vorstand der Bundesbahn in Form eines Tagesbefehls den Auftrag zu erteilen, den Bilanzverlust bis 1985 abzubauen. Die Antwort der Bundesregierung auf diese unsere Fragen hinsichtlich ihres Leistungsauftrages ist auch von der interessierten Öffentlichkeit nicht nur als eine Zumutung, sondern schlichtweg als eine Unverschämtheit empfunden worden.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Nach Ihrem Eingeständnis gegenüber der „Welt"
kann man nur sagen: Hochmut kommt vor dem Fall.
Tatsache ist: Hätte die Bundesregierung und hätten Sie, Herr Minister, den Mut, die Daten und Grundvoraussetzungen auf den Tisch zu legen, die dem Leistungsauftrag der Bundesregierung an die Bahn und seinen Zielsetzungen zugrunde gelegt wurden, dann würde vollends klar, daß dieser Auftrag zu keinem Zeitpunkt auch nur die geringste Chance einer Realisierung hatte. Hier ist einmal mehr politisches Wunschdenken, aber nicht realistische Politik betrieben worden.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Wenn Sie sich, Herr Minister, jetzt auf den Standpunkt stellen, die konjunkturelle Entwicklung der letzten Monate und ihre Auswirkungen auf die Ertragslage der Bahn hätten ihr Sanierungskonzept vom 27. April 1977 über den Haufen geworfen, so ist das schlichtweg falsch. Die Grunddaten dieses Leistungsauftrages waren von Anfang an unrealistisch. Die negative wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Monate hat allenfalls dazu beigetragen, das auch ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen.
Die Bundesbahnpolitik der Bundesregierung hat sich in den vergangenen Jahren in Einzelaktionen unter negativen Vorzeichen erschöpft.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Der Leistungsabbaukampagne folgte die falsch angelegte Streckenabbaukampagne, und jetzt ist von der Bundesbahnpolitik dieser Regierung nicht mehr übriggeblieben als eine Personalabbaukampagne. Ein umfassendes Gesamtkonzept für die Bahn, welches insbesondere auch konstruktiv-offensive Maßnahmen enthält, ist bei der Bundesregierung nach wie vor nicht einmal im Ansatz erkennbar.
Eine Delegation des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages, der ich angehören durfte, war in der vergangenen Woche in London. Wir hatten auch ein Gespräch mit den leitenden Herren der britischen Eisenbahner. Die Engländer legten uns dar, daß sie nicht mehr daran dächten, weiterhin Strecken der Eisenbahn abzubauen. Es habe sich herausgestellt, daß die Hauptverluste auf den Kernstrecken und nicht auf den Nebenstrecken entstünden.
Wir von der CDU/CSU haben stets gefordert, daß der Kern des Eisenbahnnetzes verbessert und die Produktivität gesteigert werden müsse, und haben dargelegt, daß ein Kahlschlag der Bahn zu nichts führt.
Kernpunkt des von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachten Antrages zur Deutschen Bundesbahn, der heute zur Beratung ansteht, sind die Investitionen der Bahn. Wenn eine Sanierung der Bahn überhaupt noch gelingen soll, dann nur, wenn es uns gelingt, die Modernisierung der Bahn zügig voranzutreiben. Wenn auch bei den Investitionen zur Modernisierung der Bahn Sand ins Getriebe kommt, wäre das für die Zukunft der Bahn besonders verhängnisvoll. Die finanzielle Situation bei der Bahn muß heute so umschrieben werden: Es ist fünf Minuten vor zwölf. Es geht darum, ob die Bundesbahn ihren Rang als Verkehrsunternehmen erhalten kann.
Die CDU/CSU hält es für untragbar, daß es für die Bahn nach wie vor kein mittel- und langfristig sowie finanziell abgesichertes Infrastruktur- und Investitionsprogramm gibt. Wir fordern deshalb die Bundesregierung in unserem Antrag auf, ein solches Programm — vergleichbar etwa dem Fernstraßenbauprogramm — vorzulegen, das die sachliche, die zeitliche und räumliche Priorität beim Ausbau der Infrastruktur der Bahn sowie bei den Investitionen in den einzelnen Leistungsbereichen der Bahn transparent macht.
Was heute an Investitionsplanung bei der Bahn geschieht, ist politisch unverbindliche Wunschplanung. Die Finanzierung dieser Investitionsprogramme ist jährlich ein Vabanquespiel. Der Bundesverkehrsminister muß jetzt eingestehen, daß die Modernisierung der Bahn, die Voraussetzung für bessere Erträge ist, auf so viele Hindernisse stoße, daß sie zum gewünschten Zeitpunkt nicht durchgeführt werden könne. Damit sei, so Minister Gescheidle, die Vorstellung, die Modernisierung der Bahn zwischen 1985 und 1990 abzuschließen, aus heutiger Sicht nicht mehr zu verwirklichen.
Ein umfassendes mittel- und langfristiges Investitionsprogramm der Bahn mit den dazugehörigen Planungen, aber auch Planungsreserven, wäre heute das geeignete Instrument, um die auftretenden Schwierigkeiten mit einer flexiblen Handhabung dieser Planung zu überwinden. Durch das Fehlen politisch gleichwertiger Investitionsprogramme für die Bahn, wie etwa beim Straßenbau, fürchten wir, daß die Investitionspolitik der Bahn vor allem bei den Neubaustrecken in eine Sackgasse gerät. Der Verkehrsminister hat dies bereits offen zugegeben. Es besteht die Gefahr, daß die Neubaustrecken Mannheim—Stuttgart, Hannover—Gemünden wegen der Einsprüche auf Jahre hinaus nicht gebaut werden können. Das Verhalten der Bürgerinitiativen ist sicherlich nicht ein Problem der Bundesbahn, aber es ist die Aufgabe der Bundesregierung, den Bürgern deutlich zu machen, daß Verkehrsbauten im Interesse des Gesamten notwendig sind und wichtige Infrastrukturmaßnahmen nicht blockiert werden sollten. Sie haben dabei unsere volle Unterstützung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Bund der Steuerzahler hat kürzlich in einer Verlautbarung darauf hingewiesen, daß das Treibenlassen der Entwicklung der Bahn schon 1980 zu

Dr. Jobst
einer Haushaltsbelastung für den Bund von rund 20 Milliarden DM im Jahr führen werde. Wenn Sie, Herr Minister, jetzt erklären, daß die Modernisierung der Bahn bis 1990 nicht zu erreichen sein wird, so frage ich, ob Sie sich überhaupt bewußt sind, welche Folgen dies für das Unternehmen Bahn haben wird.
Einen zweiten Schwerpunkt des CDU/CSU-Antrages zur Deutschen Bundesbahn bilden die sogenannten gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Deutschen Bundesbahn, die von diesem Unternehmen nicht kostendeckend zu erbringen sind. Für die Bundesbahn, die von der Bundesregierung in ihrem Leistungsauftrag zu unternehmerischem Handeln aufgefordert ist, bedeutet die derzeitige Verquickung gemeinwirtschaftlicher und unternehmerischer Leistungen einen unerträglichen Klotz am Bein. Bis hin zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers wird der Bundesbahn ihr gesamter Zuschußbedarf von derzeit über 13 Milliarden DM um die Ohren gehauen. Dabei sind etwa 7,5 Milliarden DM dieses Zuschußbedarfs der Bahn diese gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die die Bahn gar nicht kostendeckend erbringen kann. Hier erfüllt die Bahn Aufgaben der Sozialpolitik, der Bildungspolitik, der Familienpolitik und der regionalen Strukturpolitik. Sie ist damit in diesem Bereich wahrhaft ein Packesel der Nation und wird dafür auch noch von allen Seiten geprügelt. Dies wollen wir mit unserem vorliegenden Antrag ändern, indem wir für jedermann klar sichtbar eine saubere Trennung dieser gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Bundeshaushalt herbeiführen wollen.
Die finanziellen Folgelasten für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bahn sollen also für jedermann ersichtlich im Bundeshaushalt erscheinen, damit die wirkliche Verantwortung dafür deutlich wird. Sie gehören nach unserer Auffassung also in die Ressorts des Bundesarbeitsministers, des Bundesbildungsministers, des Bundesfamilienministers und des Bundeswirtschaftsministers. Dies ist weit mehr als eine Umbuchung; dies schafft nämlich den Zwang zur Alternative beim eigentlichen Veranlasser, weil es für ihn nichts mehr umsonst gibt.
In seinem Interview vom 19. September 1977 erklärte der Bundesverkehrsminister, für die Sanierung der Bahn stünden 7,5 Milliarden DM auf Grund öffentlicher Auflagen und gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nicht zur Disposition. Dies trifft, Herr Minister, nicht zu. So wird beispielsweise im Leistungsauftrag angekündigt, daß die Bundesbahn in den nächsten Jahren die Sozialtarife im SchienenPersonenfernverkehr abbauen will. Tatsächlich sind auch in der Vergangenheit gemeinwirtschaftliche Leistungen der Bahn immer wieder abgebaut worden: die Geschwisterermäßigung, Sonderrabatte für erholungsbedürftige Kinder. Auch die Schließung von Strecken und Bahnhöfen ist ein Stück Abbau von Gemeinwirtschaftlichkeiten der Bahn. Es trifft also nicht zu, daß die gemeinwirtschaftliche Leistung der Bahn grundsätzlich nicht zur Disposition gestanden habe und nicht zur Disposition stehe. Wir sind aber der Meinung, daß diese Disposition nicht beim Verkehrsminister liegen darf, sondern klar und deutlich beim veranlassenden Bundesressort liegen muß und daß dieses Bundesressort dann auch die finanzielle Verantwortung zu tragen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei den Diskussionen um die finanzielle Sanierung der Bahn hat sich herausgestellt, daß bei der Bahn eine Erfolgskontrolle nur schwer, mitunter gar nicht möglich ist. Es wurden in der Vergangenheit Milliarden investiert, Erfolge daraus sind aber nicht meßbar. Es scheint bei diesem Unternehmen auch so zu sein, daß die Leute, die bei der Bahn Leistungen verkaufen, nicht wissen, ob sie dem Unternehmen Gewinne oder Verluste bescheren. Das Rechnungswesen der Bahn muß deshalb verbessert werden. Hinzukommen muß eine Resultatsverbesserung. Für Vorstandsmitglieder der Bahn und auch für die nachgeordneten Stellen der Bahn muß erkennbar sein, welche wirtschaftlichen Resultate sie bei ihren Entscheidungen und Handlungen ihrem Unternehmen erbringen. Ein plastisches Beispiel dafür, wie wenig hilfreich das Rechnungswerk der Bahn ist, ist doch die Tatsache, daß die Bahn z. B. eineinhalb Jahre brauchte, um festzustellen, welche Teile ihres Netzes rentabel sind und welche nicht.

(Dreyer [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Meine Damen und Herren, wir brauchen und wir wollen eine moderne und leistungsfähige Bundesbahn für unsere Bevölkerung und für unsere Wirtschaft. Auch den Eisenbahnern sind wir es schuldig, daß wir sie von dem Makel des Verluste-Produzierens befreien.
Die Situation der Bundesbahn hat durch die Verkehrspolitik der letzten Jahre einen kritischen Punkt erreicht. Da die Regierung nur Programme verkündet, die sich in kurzer Zeit als Seifenblasen erweisen, haben wir mit unserem Antrag jetzt erneut Initiative für das Unternehmen Deutsche Bundesbahn ergriffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0804433300
Das Wort hat der Abgeordnete Wendt.

Martin Wendt (SPD):
Rede ID: ID0804433400
Frau Präsident! Sehr verehrte Kollegen des Verkehrsausschusses! Die Opposition hat mit der Einbringung dieses Antrags betreffend Deutsche Bundesbahn, der uns auf der Drucksache 8/849 hier vorliegt, wieder einmal gezeigt, daß sie ohne echte Alternativen ist und darauf aus ist ist, über das Vehikel Deutsche Bundesbahn Parteipolitik zu machen. Wie mein Kollege Erhard Mahne — er hat heute Geburtstag, ich gratuliere ihm von dieser Stelle aus —

(Beifall)

bereits nach Einbringung des Antrags der CDU/CSU gesagt hat, kann auch ich hier nur betonen, daß die Unions-Abgeordneten die ihnen vorliegenden Unterlagen offensichtlich nicht gelesen, die im Verkehrsausschuß gemachten Ausführungen nicht zur Kenntnis genommen haben oder ihnen diese bereits wieder entfallen sind.



Wendt
Die Bundesbahn wird ihr Unternehmen in den kommenden Jahren systematisch weiter modernisieren.

(Sick [CDU/CSU] : Ihr seid schöne Systematiker!)

Es ist vorgesehen, daß bis 1980 mehr als 25 Milliarden DM brutto investiert werden. Es erübrigt sich, glaube ich, auf Ihren ersten Punkt nochmals detailliert einzugehen, da Sie doch genau wissen, daß das Investitionsprogramm der Deutschen Bundesbahn seit März vorliegt. Wenn die Forderungen der Opposition dann noch mit Zahlenspielereien begleitet werden, wie das in der Presseerklärung der CDU/CSU geschehen ist, mit Zahlenspielereien dahin, die Investitionsquote sei abgesunken, so müssen wir dem doch auch einmal die absoluten Investitionszahlen gegenüberstellen. Unter Verkehrsminister Seebohm wurden in 15 Jahren — von 1952 bis 1962 — zur Finanzierung der Investitionen 3 Milliarden DM ausgegeben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Da gab es auch noch etwas für die Mark!)

In den folgenden zehn Jahren dagegen wurden unter einem sozialdemokratischen Verkehrsminister der Bundesbahn 8,4 Milliarden DM für Investitionen zur Verfügung gestellt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0804433500
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lemmrich.

Martin Wendt (SPD):
Rede ID: ID0804433600
Aber natürlich!

Karl Heinz Lemmrich (CSU):
Rede ID: ID0804433700
Herr Kollege Wendt, da auch Sie Ingenieur sind, kann ich davon ausgehen, daß Sie mit Zahlen umgehen können, wenngleich im Moment der Eindruck entsteht, daß Sie nicht damit umgehen können. Sind Ihnen vielleicht noch die Investitionsquoten der Jahre 1960, 1961 und 1962 gegenwärtig, die sich damals auf 32% betrugen, während sie sich heute bei vielleicht 17 oder 18 % bewegen?

Martin Wendt (SPD):
Rede ID: ID0804433800
Die Haushaltssituation hat sich verändert, und auch die Relationen haben sich verändert. Wenn Sie die von mir genannten Zahlen miteinander vergleichen, stellen Sie fest: In den zehn Jahren waren es zweieinhalbmal soviel wie in den vorangegangenen 15 Jahren. Diese Zahlen kennen Sie, Herr Lemmrich, viel besser; Sie sind im Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn. Diese Zahlen werden im Verkehrsausschuß und im Verwaltungsrat immer wieder vorgelegt. Die Mitglieder Ihrer Fraktion sollten sich bei dem verehrten Kollegen Lemmrich doch mal informieren, wie das dort aussieht. Tun Sie doch nicht so, als sei Ihnen all das unbekannt!
Ich glaube, wir können den Punkt 1 damit abhaken. Wir können das so nicht akzeptieren.
Zum zweiten Punkt. Natürlich kann die Bundesbahn auf Grund ihrer Investitionsplanung Investitionsvorhaben auf Grund von Sonderprogrammen durchführen. Allerdings: Verwaltungstechnische Verfahrensabläufe und Investitionshemmnisse anderer Art, durch die Investitionen verzögert werden, kann die Deutsche Bundesbahn — auch das hat der Kollege Josten vorhin angesprochen — kaum beeinflussen. Wir alle und, wie ich hoffe, auch Sie kennen diese Problematik. Ich möchte — mit Genehmigung der Frau Präsidentin — nur zitieren, was im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom September dieses Jahres veröffentlicht wurde:
Ein recht gravierender Investitionsstau besteht zur Zeit auch im Bereich der öffentlichen Verkehrsbauten, wo die pflichtgemäße Berücksichtigung der zahlreichen, vom Staat selbst erlassenen Vorschriften die Verwirklichung geplanter Projekte oft erheblich verzögert. Insbesondere muß über zahlreiche Einsprüche entschieden werden. Unter diesen Umständen fließen die Mittel für öffentliche Investitionen nur langsam ab.
Das, meine Damen und Herren von der Opposition, zu Punkt 2 Ihres Antrags. Wir kommen diesen Schwierigkeiten also nicht so bei, wie Sie es in Ihrem Antrag formuliert haben.
Über den Punkt 3 Ihres Antrags brauchen wir an sich nicht viele Worte zu verlieren. Denn erstens ist die Bundesregierung der falsche Adressat — der Bundesbahn-Vorstand ist dafür zuständig —; und zweitens: „Investition und Konzentration" lautet die Devise der Bundesbahn-Politik. Daß hierbei Rationalisierungsmaßnahmen ohne Kapitaleinsatz den Vorzug haben, ist selbstverständlich. Auch hier möchte ich Sie an den Kollegen Lemmrich verweisen. Vielleicht gibt er einige Hinweise aus den — allerdings sonst vertraulichen — Verwaltungsratssitzungen. Daß hier Maßnahmen laufen, dürfte Ihnen doch wohl nicht unbekannt sein. Ist Ihnen nicht bekannt, daß 40 Ämter stillgelegt und 700 Dienststellen aufgelöst werden; daß seit Jahren ein Einstellungsstopp besteht; daß längere Untersuchungsfristen für die Fahrzeuge eingerichtet worden sind; daß im Oberbau Rationalisierungsmaßnahmen eingesetzt haben, die ohne Kapitaleinsatz verwirklicht werden? Das sind doch Maßnahmen, an denen Sie nicht vorbeisehen können!

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Und nun zu Ihrem vierten Punkt. Die Forderung, die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Deutschen Bundesbahn aus den Mitteln derjenigen Ressorts abzugelten, denen sie — nach Ihrer Formulierung — an sich zuzurechnen sind, hat im Laufe der Jahre ebenfalls nicht an Überzeugungskraft gewonnen. Dieser Absatz entspricht ja wörtlich Ihrem Antrag auf Drucksache 7/3986 aus 1975. Sie können im Protokoll vom 27. November 1975 die Stellungnahme des Verkehrsministers nachlesen. Die gilt heute noch. Sicher kann man nach wie vor hierüber reden und diese Möglichkeiten erörtern. Uns aber sollte es in erster Linie darum gehen, die wirtschaftliche Situation der Deutschen Bundesbahn zu verbessern, und nicht nur den Versuch zu machen, Verbesserungen durch optische oder buchhalterische Maßnahmen vorzutäuschen,



Wendt
Bereits haushalts- und finanzpolitische Gründe sprechen gegen eine dezentrale Mittelbewirtschaftung bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bundesbahn. Ich will dies nicht im einzelnen ausführen. Hierzu können Sie sicherlich Ihre Haushaltspolitiker fragen; die werden Ihnen gewiß eine Menge an Argumenten liefern.
Aber stellen Sie sich einmal vor, man wollte den Schienen-Personennahverkehr aufteilen nach sozialpolitischen oder kulturpolitischen oder verkehrspolitischen Zusammenhängen! Teilen Sie das einmal auf! Dann werden Sie sehen, warum das nicht auf den Sozialhaushalt oder den Bildungshaushalt oder den Verkehrshaushalt aufgeteilt werden kann. Meistens sind es doch die verkehrspolitischen Schwerpunkte, die dazu führen, daß dieser Schienen-Personennahverkehr weitergeführt wird.
Aber eines ist doch auch zu befürchten: Die Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen wird durch solche Maßnahmen nicht erleichtert, und die Bürde der politischen Auflagen, gemeinwirtschaftliche Leistungen zu erbringen, wird der Deutschen Bundesbahn sicherlich nicht abgenommen. Eine Aufteilung der Zuschüsse auf Einzelressorts kann nichts, aber auch überhaupt nichts an der Gesamtbelastung des Bundeshaushalts ändern.
Im übrigen sind 1976 aus dem Haushalt des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2,6 Millionen DM an die Deutsche Bundesbahn gezahlt worden. Es war eindeutig, daß der Veranlasser für die Beförderung von Heu und Stroh zu ermäßigten Tarifen das Landwirtschaftsministerium war. Dort war es ganz klar, und dort ist es auch so geschehen.
Nun zu Ihrem letzten Punkt. Die Arbeiten zur Weiterentwicklung der Kostenrechnung sind nach Auskunft des Bundesbahnvorstands fast abgeschlossen. Vielleicht kann Ihnen auch dazu der Kollege aus dem Verwaltungsrat Näheres sagen. Im Anschluß an diesen Abschluß sollen für alle Dienststellen örtliche Rechnungen aufgestellt werden, angefangen mit den Personalkosten.
Kollege Dr. Jobst sagte eben, für die British Railway käme eine Stillegung überhaupt nicht mehr in Frage. Er wollte damit so tun, als wenn das bei uns auch nicht mehr der Fall sein sollte. Dabei hat er vollkommen verschwiegen, daß die British Railway schon Stillegungen von 29 000 auf 18 000 km vorgenommen hat. Bei uns soll das in dem Ausmaße nicht geschehen.

(Dr. Jobst [CDU/CSU] : Ich habe die Erfahrungen, die man dadurch gesammelt hat, wiedergegeben!)

— Sie haben gesagt, die Briten seien heute davon überzeugt, nichts mehr stillegen zu müssen. Natürlich nicht, die haben das alles hinter sich! Die haben ihre Eisenbahn heruntergefahren und der British Bus Company und allen anderen den Ersatzverkehr belassen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich frage Sie, ob Sie diesen Antrag nicht doch zurücknehmen wollen; denn die Sache ist doch geklärt.
Der Antrag hilft nicht der Eisenbahn, er hilft nicht den Eisenbahnern, sondern er ist im Grunde genommen doch nur Kosmetik. Die Lage der Deutschen Bundesbahn ist an sich zu ernst, als daß man ihr mit solchen Anträgen helfen könnte. Hier helfen nur ganz konkrete Überlegungen, und wir laden Sie herzlich dazu ein, mitzuhelfen, dieses Unternehmen im Interesse der Bevölkerung unseres Landes und auch der Eisenbahner, die dort beschäftigt sind, zu sanieren.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0804433900
Das Wort hat der Abgeordnete Ollesch.

Alfred Ollesch (FDP):
Rede ID: ID0804434000
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte findet in gewohntem Rahmen statt:

(Zuruf von der CDU/CSU: Das kann man wohl sagen!)

am Abend — allerdings auch nicht am ganz späten Abend —, aber im intimen Kreis der Kundigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Jobst hat seine Rede wieder einmal mit der Feststellung eingeleitet, daß zehn Jahre sozialdemokratischer Verkehrspolitik mit sozialdemokratischen Verkehrsministern die Bundesbahn in eine unerträgliche Lage gebracht habe.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Sie haben das früher schon einmal dargelegt; nicht Sie persönlich, aber Ihre anderen Sprecher.

(Lemmrich [CDU/CSU] : Das stimmt auch!)

— Es stimmt, daß es zehn Jahre sozialdemokratische Verkehrsminister gibt. Aber ich habe in der Vergangenheit schon einmal darauf hingewiesen, daß wir zunächst zwei Jahre abstreichen müssen, bis 1969. Ich nehme an, da hat er ihr Vertrauen gehabt. Denn Sie haben ja die Regierung mit den Sozialdemokraten gebildet und sogar den Bundeskanzler gestellt. Es wäre doch kein guter Stil, wenn man sich dann hinterher von den Versäumnissen distanziert, die in dieser Regierungszeit begangen wurden. Das ist kein guter Stil. Wenn Sie 1969 anführen, dann kann ich nicht einmal sehr viel dagegen sagen.
Nun, wir haben wieder einmal unser Schmerzenskind in der Verkehrspolitik, die Deutsche Bundesbahn, zum Teilthema dieses Abends. Aber trotz vieler Auseinandersetzungen in der Vergangenheit, trotz vieler Anträge, die hier gestellt wurden, hat bisher noch niemand ein schlüssiges Konzept vorlegen können, wie die Deutsche Bundesbahn als Unternehmen auf eine gesundere finanzielle und wirtschaftliche Basis gestellt werden könnte, als sie heute vorhanden ist.
Man muß auch einmal überlegen, meine Herren von der Opposition, wie es dazu kommen konnte. Die Deutsche Bundesbahn bewegt sich auf dem Verkehrsmarkt, und dieser Verkehrsmarkt wickelt sich innerhalb unserer Marktwirtschaft ab. Wir setzen als Politiker und als Gesetzgeber einen Ord-



Ollesch
nungsrahmen, in dem sich das vollzieht. Aber wir legen Wert darauf, daß dem Benutzer von Verkehrsleistungen das freie Angebot von Verkehrsträgern bleibt und er wählen kann. In den Jahren ab 1949 hat sich doch folgendes ereignet. Die Bundesbahn ist auf dem Streckennetz der Deutschen Reichsbahn hängengeblieben, aber die Konkurrenten haben mit Steuermitteln ein modernes Verkehrsnetz erhalten, ein modernes Straßennetz, das den Verkehrsströmen angepaßt ist, und auch ein leistungsfähiges Binnenschiffahrtsnetz. Mit Zustimmung dieses Hauses — des ganzen Hauses — haben wir doch der Deutschen Bundesbahn, gerade was den Ausbau der Binnenwasserstraßen anlangt, Konkurrenzen auf einem ureigenen Transportgebiet der Schiene auf den Hals geladen. Sehen Sie einmal den Nord-SüdKanal! Die Fertigstellung hat die Deutsche Bundesbahn gezwungen, ebenfalls im Salzgitter-Raum mit Tarifen zu arbeiten — um überhaupt noch Frachtgut zu erhalten —, die ganz und gar nicht kostendeckend sind und die Deutsche Bundesbahn in die Verluste mit hineintreiben. Dazu kommt die Entwicklung auf dem Kraftfahrzeugsektor. Die Menschen sind mobiler geworden. Sie sind Herr Ihrer Mobilität durch den eigenen Wagen und dadurch als Kunden für die Bahn ausgefallen. Aber nicht nur Fahrgäste sind ausgefallen, auch Fracht ist ausgefallen. Die Bundesbahn hat an der Steigerung des Frachtaufkommens nur in ganz geringem Umfange teilnehmen können. Überlegen Sie: im Montanbereich fehlen seit 1976 50 Millionen to Transportgut, weil das Aufkommen im Montanbereich zurückging.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hier ist doch keine Klippschule!)

— Aber das muß man Ihnen immer wieder in die Erinnerung zurückrufen,

(Beifall bei der FDP und der SPD)

weil Sie immer versuchen, den verantwortlichen Politikern die Schuld an der schlechten finanziellen Lage dieses Unternehmens zuzumessen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Reden Sie von der Zukunft und nicht von der Vergangenheit!)

— Man muß die Vergangenheit natürlich auch beleuchten. Ich mache Ihnen gar keinen Vorwurf. Herr Müller-Hermann hat gelegentlich mit Stolz erwähnt, daß es eine seiner Leistungen war, die Zweckbindung der Mineralölsteuer für den Straßenbau herbeizuführen. Schaffung besserer Verkehrswege! Hätte es eine Zweckbindung für den Bau von Eisenbahnstrecken in der Vergangenheit bis heute gegeben, hätten wir wahrscheinlich auch in dem Betriebs-, dem Güteraufkommen und den Verkehrsströmen angepaßtes Eisenbahnnetz gehabt.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0804434100
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jobst?

Alfred Ollesch (FDP):
Rede ID: ID0804434200
Gerne!

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0804434300
Herr Kollege Ollesch, wollten Sie und wollen Sie heute nicht, daß ein Teil der Mineralölsteuer, die ja der Kraftverkehr aufbringt, für den Straßenbau zweckgebunden ist?

Alfred Ollesch (FDP):
Rede ID: ID0804434400
Natürlich,

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Na ja, was soll das dann?)

ich kritisiere doch gar nicht, daß das so ist.

(Zurufe von CDU/CSU: Doch! — Was reden Sie denn dann?)

Ich will Ihnen nur aufzeigen, was wir dort — mit
meiner nachträglichen Zustimmung; ich war damals,
als das beschlossen wurde, noch nicht hier im Hause
— getan haben, und will Ihnen aufzeigen, daß wir versäumt haben, auch Mittel für die Verbesserung des Schienennetzes der Eisenbahn zu fixieren.
Seit zwei Jahren versuchen wir nun, das Versäumte bei der Veränderung des Netzes nachzuholen, und wir versuchen auch, dort, wo sich die Bundesbahn nicht mit Erfolgschancen auf dem Markt bewegen kann, den Rückzug einzuleiten. Von daher kam es zu der Vorlage des wirtschaftlich — betriebswirtschaftlich — sinnvollen Netzes, das — auch bei Ihnen — den Sturm der Entrüstung hervorgerufen hat; und Sie haben ja erklärt, für Stilllegungsmaßnahmen würden Sie sich nicht erwärmen können, und eine Halbierung der Bundesbahn käme für Sie nicht in Frage.

(Lemmrich [CDU/CSU] : Für Sie?) Sie werden mit uns — —


(Lemmrich [CDU/CSU] : Halbierung für Sie?)

— Nein, Sie haben erklärt, die Halbierung kommt für Sie nicht in Frage Es hat ja auch niemand
— keiner der Politiker — erklärt, daß er halbieren will.

(Dr. Jobst [CDU/CSU] : Stimmt ja nicht!)

Aber, Herr Kollege Lemmrich, Sie werden mit uns in den zuständigen Organen beschließen, daß wir das Streckennetz der Bahn reduzieren. Da werden Sie zustimmen, obwohl Sie draußen den Eindruck haben aufkommen lassen, da würden Sie niemals zustimmen, sondern mit dem sogenannten spitzen Bleistift arbeiten.
Nun zu Ihrem Antrag. Kollege Wendt hat schon dargelegt, daß es schon eine Investitionsplanung, die fortgeschrieben wird, bei der Deutschen Bundesbahn gibt. Und dann, wenn Sie einen Blick in den Haushalt 1977 und in den Entwurf 1978 tun, werden Sie feststellen, daß wir erhebliche Beträge für Investitionen mit dem Ziel der Leistungsverbesserung vornehmen. Bis 1985 werden es über 17 Milliarden sein, die nur für diesen Zweck der Leistungsverbesserung investiert werden. Das alles mag nun, Herr Kollege Lemmrich, etwas spät kommen, aber immerhin, wir versuchen, da etwas zu tun.

(Dreyer [CDU/CSU]: Versuchen!)

— Ja, natürlich, Herr Kollege Dreyer, das können wir doch nur. Es wäre ja alles ganz einfach, wenn wir Gesetze machen könnten, die besagen, daß jeder



Ollesch
zweite Deutsche die Eisenbahn zu benutzen hat oder so ähnlich. Aber das werden Sie und wir nicht wollen.
Wir werden auch das tun, was durch die Jahre hindurch versäumt wurde: Wir werden den Personalbestand der Bahn den gegebenen Notwendigkeiten und den Bedürfnissen der Bahn anpassen.

(Lemmrich [CDU/CSU]: Das hat's früher ja auch schon einmal gegeben!)

Und gerade die Vertreter meiner Fraktion waren ja die ersten, die zu Beginn der 70er Jahre davon sprachen, daß der Personalaufwand zu hoch sei und daß die Bahn um 60 000 Beschäftigte geschmälert werden müsse. Nur, es ist in einer Zeit zurückgehender, schlechter Konjunktur ein bißchen schwierig,

(Lemmrich [CDU/CSU] : Damals war Hochkonjunktur!)

den Abbau im notwendigen Umfange durchzuführen.
Sie wissen auch: Wir schleppen bei der Bahn Kapazitäten mit — auch nicht erst, seit es Verkehrsminister dieser Koalitionsregierung gibt, auch schon, als noch Herr Seebohm Verkehrsminister war —, die wir nicht benötigen. Und da sind nicht nur die Ausbesserungswerke Karlsruhe und Trier überflüssig; da kommen jetzt Frankfurt und noch einige mehr hinzu. Da wir kaum Entlassungen vornehmen können — jedenfalls nicht in vollem Umfang —, da wir auch nicht Bedienstete entlassen und in die Arbeitslosigkeit hineindrücken wollen, geht das alles viel zögerlicher, als es beabsichtigt war.
Wir bemühen uns, mit einer Investitionsplanung und mit der Bereitstellung erheblicher Mittel die Bahn auf denjenigen Verkehrsrouten gegenüber dem Straßenverkehrsgewerbe und der Binnenschifffahrt konkurrenzfähig zu machen, auf denen Aussicht auf kostendeckende Erträge besteht. Auch bemühen wir uns, wie ich vorhin ausführte, den Personalbestand dem Bedarf anzupassen. Der Bedarf wird sich um das Jahr 1985 auf rund 250 000 Dienstkräfte beziffern. Heute führen wir immerhin noch rund 360 000 Mann mit. Das bedeutet erhebliche Anstrengungen in den nächsten zehn Jahren.
Nun haben Sie in Ihrem Antrag — er ist eine wortwörtliche Wiederholung eines früheren Antrages, nämlich des Antrages vom 22. August 1975 — gefordert, daß die Ausgleichsmittel bei den sogenannten gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bahn nach dem Veranlasserprinzip aufgegliedert werden. Das sieht gut aus. Aber man muß wissen: In der Hauptsache kämen hier die rund 2,7 Milliarden DM Kostenunterdeckung im Nahverkehr in Frage. Diese 2,7 Milliarden DM auf Mark und Pfennig aufzuschlüsseln, ist kein unmögliches Unterfangen, aber etwas schwierig. Außerdem ist die Ertragskraft der Bahn in keiner Weise berührt, wenn wir diese 2,7 Milliarden DM auf die verschiedensten Ministerien aufspalten.
In Ihrem Antrag fordern Sie außerdem noch, die Mittelbewirtschaftung solle bei vier weiteren Ministerien liegen. Da habe ich doch erhebliche Bedenken.

(Lemmrich [CDU/CSU]: Wer anschaffen will, sollte doch auch bezahlen!)

— Natürlich, der Grundsatz ist auch sehr vernünftig. Aber die Aufspaltung der Mittelbewirtschaftung bedeutet in erheblichem Maße Leerlauf und ständige Auseinandersetzungen zwischen der Bahn oder dem Bundesverkehrsministerium und den Ministerien, die diese Mittel bewirtschaften.

(Lemmrich [CDU/CSU] : Die wollen dann sparen!)

Da durch die Aufschlüsselung nichts eingespart werden kann, reicht es völlig, wenn wir die Mittel so ausweisen, wie sie heute in der Anlage zum Einzelplan 12 ausgewiesen sind.
Ich gehe mit Ihnen konform, wenn Sie fordern, daß die Entwicklung zu einer unternehmerischen Kostenrechnung beschleunigt werden soll.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja schon etwas!)

Es ist für alle, die sich mit Betriebswirtschaft beschäftigen, ja auch fast unvorstellbar, wieso diese Versuche nicht schon in früheren Zeiten begonnen wurden und wir nicht schon seit längerer Zeit zu einer Durchlässigkeit der Gesamtausgaben und zu einer Aufschlüsselung darüber kommen können, wo denn nun wirklich Gewinne erwirtschaftet, wo Verluste eingefahren werden. Diese Konzeption ist jetzt
— das hat der Kollege Wendt auch schon dargelegt
— begonnen, und sie wird fortgeführt. Wir rechnen damit, in absehbarer Zeit auch bei der Deutschen Bundesbahn zu einer Rechnungslegung zu kommen, die der in anderen Betrieben üblichen Rechnungslegung entspricht.
Ich darf abschließend bemerken, daß wir bereit sind, mit Ihnen jedweden Vorschlag zur Verbesserung der Ertragslage und der Situation der Bahn zu diskutieren.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben ihn vorgelegt!)

Sie haben ihn vorgelegt. Wir werden darüber im Verkehrsausschuß zu reden haben, und wir werden die positiven Elemente, die dieser Antrag beinhaltet, sicherlich nicht negieren, sondern zum Gegenstand von Vorschlägen machen.

(Beifall bei FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0804434500
Das Wort hat Herr Bundesminister Gscheidle.

Kurt Gscheidle (SPD):
Rede ID: ID0804434600
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Niemand hat verständlicherweise rechte Freude, wenn man über die Probleme der Bundesbahn redet. Ich glaube, wenn man einmal von Polemik Abstand nimmt, obwohl die ja auch sein muß — das sehe ich ein —, dann bleibt das bedrückende Gefühl, daß weder wir in der Bundesrepublik Deutschland noch irgend jemand sonst auf der Welt ein Patentrezept haben; denn ich bin



Bundesminister Gscheidle
sicher, wenn wir es hätten, würden alle zu uns kommen, wenn es ein anderer hätte, würden wir alle zu ihm fahren.
Es wurde ja deutlich, ohne dies zu vertiefen, wie es eigentlich zu diesen Verschiebungen auf den unterschiedlichen Verkehrswegen kam. Eines wissen wir aus Erfahrung auf jeden Fall: daß man bei Verkehrsplanungen parallele Planungen, wo immer es geht, vermeiden soll und daß man das Problem der Wegekosten regeln muß. Es bietet sich an, da jedes Land Probleme in dieser Sache hat, dies wenigstens in der EG zu versuchen.
Meine Damen und Herren von der Opposition — wenn ich auch einmal ein bißchen polemisieren darf —, Sie nützen — und das ist Ihr gutes Recht — jede Möglichkeit, das Thema Bundesbahn in die Debatte des Bundestages zu bringen. Dies tun Sie immer mit der Überschrift: Fünf Minuten vor zwölf. Sie haben das allerdings schon in zwei Debatten gesagt. Ob man das mit „fünf vor zwölf" oder „drei vor zwölf" umschreibt, ist nicht der Punkt. Wenn Sie als Opposition mit dem Hinweis, es sei fünf vor zwölf und deshalb müsse über die Bundesbahn geredet werden, auch nach dem dritten Versuch im Plenum nicht mehr zustande bringen als eine schwache Besetzung aus Mitgliedern des Verkehrsausschusses, würde ich mir überlegen, woran das eigentlich liegt. Es ist ja nicht so, daß wir sagen könnten, bei uns sei alles voller gespannter Erwartung und wir hätten volle Bänke und bei Ihnen seien nur ein paar Männeken. Wir bringen den Saal nicht voll, weil jeder das Problem kennt, aber von uns allen offenbar nicht mehr erwartet, daß wir hier irgendwelche neuen Dinge erzählen können. Insofern kann ich auch nur sagen: Ich habe überhaupt nichts gegen die Vorstellungen, die Sie vortragen, aber neu ist keine. Es ist auch keine originär. Es sind alles Dinge, die außer einer Sache sogar in Arbeit sind.
Sie nehmen — das nehme ich Ihnen gar nicht übel — einen „Welt"-Artikel, ein Interview, und sagen, der Minister habe erklärt, das Ziel, bis 1985 den Bilanzverlust — Preisstand 1976 abzubauen, sei nicht mehr erreichbar. Damit habe er seinen Bankrott erklärt. Herr Dr. Jobst, ist das eigentlich korrekt, was Sie aus diesem Artikel zitieren? Müssen Sie nicht das Ganze nehmen? Sie sagen, der Minister habe sich hingestellt und erklärt, das hänge mit den Erträgen zusammen. Fünf Minuten später zitieren Sie in Ihrer Rede wiederum aus dem Artikel bezüglich der Hemmnisse bei der Durchführung von Investitionen. Sind da im Umgang mit dem, was ich persönlich für den Stil des Parlaments halte, die Dinge nicht so verbogen, daß es zwar noch eine Polemik gibt, daß uns das in der Sache aber nicht weiterbringt? Dies sind Wahrheiten. Wer will die bestreiten?! Soll ich gegenüber einem Wirtschaftsjournalisten, der mich in Kenntnis der Ertragsentwicklung fragt, wie jetzt meine Vorstellungen aussehen, nicht genau das sagen, was ich weiß? In Ihrer Rede und von jedem, der über die Bundesbahn redet, werden dieselben Schlußfolgerungen zu ziehen sein. Jetzt machen Sie aber wieder einen polemischen Salto mortale in der logischen Abwicklung Ihrer Rede, indem Sie sagen, damit sei der Leistungsauftrag erledigt. Wieso eigentlich, lieber Herr Dr. Jobst? Jedes Unternehmensplanungssystem mit all seinen Variationen, die es haben muß, stellt zunächst einmal das Problem, die Zielbestimmung des Unternehmens immer wieder an das anzupassen, was möglich ist. Dafür haben wir 13 Zielvorgaben gemacht; Sie kennen sie. Aber dies allein entläßt die Bundesregierung nicht aus ihrer Verantwortung gegenüber der Bundesbahn, bei all deren Eigenständigkeit. Folglich wurde ein Leistungsauftrag formuliert. Diese Vorgabe hat die Bundesbahn auszufüllen. Ich will Sie nicht langweilen, da ich im übrigen ohnehin der Meinung bin, daß es notwendig wäre, solche Details im Verkehrsausschuß zu diskutieren.
Zu jedem Punkt dieses Leistungsauftrags hat der Vorstand der Bundesbahn — fast parallel, in Abstimmung mit der Entwicklung unseres Leistungsauftrags — die entsprechenden Einzelprojekte festgelegt. Der Vorstand steht in der Verpflichtung — nicht nur, weil wir das wollen, sondern weil er das selbst benötigt —, die Realisierung dieser Einzelmaßnahmen mit unseren Zeitvorgaben abzustimmen. Da wird nun plötzlich klar, daß die Erträge zurückbleiben und — das ist viel schlimmer — daß die Modernisierung der Bahn nicht in dem gewünschten Umfang vorankommt. Das liegt nicht nur daran, daß wir in Optimismus den Zeitraum für das Erreichen der Ziele zu kurz bemessen hätten, sondern wir kommen auch mit dem, was die Bahn mit ihrem Sachverstand für möglich hielt, nicht voran.
Nun sagen Sie: Warum appelliert dieser Minister eigentlich an ,die Politiker? Ich weiß nicht, ob Sie das parteipolitisch gesehen haben. Es war gar nicht so gemeint. Ich hatte an alle Politiker appelliert. Da antworten Sie: Warum? Wir stehen doch zur Bahn! Ist das richtig, Herr Jobst? Können wir das für alle sagen, wenn wir alle Gebietskörperschaften betrachten, wenn wir das Handeln des einzelnen betrachten? Ist es nicht vielmehr so, .daß viele an einem Tag mit der Fahne oder dem Transparent herumrennen und sagen: „Wir sind für die Bahn", um am anderen Tag andere Forderungen aufzustellen, die der Bahn wiederum nichts nützen? Ich denke an Fragen der Verkehrslenkungsmaßnahmen, des Straßenbaus, des Abbaus von Steuern, ich denke an diejenigen, die sich gegenüber der Wegekostenzurechnung sperren, und an die Forderung nach einer möglichst frühen Eröffnung des Rhein-Main-Donau-Kanals. Das alles sind Fragen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Ertragsmöglichkeiten der Bundesbahn stehen.
Wir kommen nicht weiter auf dem Weg zu einer modernen Bahn. Darüber sind wir uns doch wohl alle einig. Dazu gehören moderne Güterumschlagsplätze, dazu gehören moderne Trassen, dazu gehört nach Möglichkeit die Entmischung von langsam laufendem Güterverkehr und Personenverkehr, dazu gehört die Modernisierung von Bahnhöfen, ,die der Verbindung der unterschiedlichen Verkehrsmittel, des Schienenverkehrs und des Straßennahverkehrs dienen.
Herr Jobst, Sie haben genügend Möglichkeiten, diese meine Aussage zu kontrollieren. Entgegen Ihrer Annahme haben wir bei der Deutschen Bundes-



Bundesminister Gscheidle
bahn überhaupt nicht das Problem, ,daß es nicht genügend Investitionsmöglichkeiten gibt. Die Bahn hat große Schwierigkeiten, die Investitionen vernünftig unterzubringen. Sie wird es wegen der Schwierigkeiten bei allen Anstrengungen nicht schaffen.
Ich frage Sie: Wo bekommen wir die notwendige Unterstützung, wenn es darum geht, irgendwo einen Rangierbahnhof zu bauen, irgendwo eine Trasse zu bauen? Ich habe Verständnis, daß niemand daran interessiert ist, in seiner unmittelbaren Nachbarschaft einen Rangierbahnhof zu haben. Wir können aber die Rangierbahnhöfe auch nicht auf den wenigen Flächen der Bundesrepublik bauen, auf denen sich Füchse und Hasen Gute Nacht sagen. Wenn die vier bis fünf modernen Rangierbahnhöfe, die wir dringend benötigen, einen Sinn haben sollen, dann müssen sie an Kernpunkten der Verkehrsströme gebaut werden. Wenn diese Fragen anstehen, erleben wir alle zusammen, daß es leicht ist, zu sagen, die Bahn müsse saniert und modernisiert werden, daß aber in dem Augenblick, wo die Konfrontation deutlich wird, wenn man abzählt, hinter welcher Parole wie viele stehen, zu wenige da sind, die konsequent die Modernisierung vertreten. Es sind zu wenige, um die Schwierigkeiten im politischen Raum überwinden zu können und zu dem kommen zu können, was man zukunftsträchtige Entscheidungen nennt.
Sie haben hier Ihren Eindruck vorgetragen, wir hätten nicht einmal eine abgesicherte mittelfristige Finanzplanung. Herr Dr. Jobst, in diesem Zusammenhang müssen wir das Problem sehen — ich bin bereit, darüber zu diskutieren, halte uns aber für zu schwach, da etwas zu bewegen —, daß für die Investitionsplanung von Unternehmen in der Größenordnung von Bundesbahn und Bundespost das Haushaltsrecht große Schwierigkeiten mit sich bringt. Sicherheit bekommen Sie eben nur in dem Augenblick, in dem über den Haushaltsplan entschieden wird. Jedes andere Recht, das Sie kurz- oder mittelfristig planungsmäßig einführen können, bedeutet noch keine Sicherheit.
Die Bahn hat mittelfristig einen Wirtschaftsplan, einen Finanzierungsplan, einen Rationalisierungsplan. Die Einzelziele, bezogen auf den Leistungsauftrag, sind in den Kosten quantifiziert. Es gibt eine mittelfristige Finanzplanung. Ich will mich darüber hier nicht zu lange auslassen. Wir sind aber in der Lage, Ihnen bei der Erörterung im Ausschuß Punkt für Punkt zu beweisen, daß in der mittelfristigen Finanzplanung die Anforderungen der Deutschen Bundesbahn abgedeckt sind. Trotz aller Einschränkungen, die man im Rahmen dieser mittelfristigen Finanzplanung in ihrer verpflichtenden Bedeutung für den Parlamentarier oder für das Parlament für den einzelnen Haushalt machen muß, sind wir in der Lage zu sagen: Dies ist abgedeckt.
Mir ging es darum, hier etwas klarzumachen, was im übrigen in jedem Unternehmen so ist: Wenn eine Zielprojektion auf Grund veränderter Entwicklungen gegenüber einer früheren Annahme nicht mehr aufrechterhalten werden kann, muß ich entweder mein Ziel korrigieren — dazu sehen wir gar keinen Anlaß — oder überlegen: Was kann ich jetzt tun, um das, was sich verändert hat, wieder in den Griff zu bekommen? Kann durch andere Maßnahmen flankierender Art ein Ersatz geschaffen werden? Natürlich gehört vieles von dem, was Sie erwähnten, dazu. Der Kostenrechnung würde ich allerdings nicht einen so hohen Stellenwert beimessen. Dies ist aber eine wichtige Sache. Angestoßen hat man dies bei der Bundesbahn allerdings schon, bevor es eine öffentliche Diskussion darüber gab. Dies ist im Gang. Dies ist aber nicht eine Ersatzmaßnahme für das, was hier durch den Montanbereich hereingehagelt ist oder was sich hier an Änderungen ergeben hat, für das, was an Modernisierungsmaßnahmen nicht durchgeführt werden konnte, obwohl die Pläne und die Gelder vorhanden waren. Es handelt sich natürlich auch um das Ausschöpfen aller Möglichkeiten auf dem Wege über Marktbeobachtung, Marktanalyse und flexiblere Angebote. Es handelt sich um das, was man im Management umorganisiert. Im übrigen habe ich aus Gesprächen doch den Eindruck gewonnen, daß die Herren des Verwaltungsrates — ich will hier niemanden namentlich nennen — sich sagen: Man spürt, daß sich hier etwas tut. — Dies ist sicherlich noch nicht morgen in Millionen zu messen. Hier ist aber etwas in Bewegung. Da ist die öffentliche Darstellung der Bundesbahn, die sich geändert hat. Was die Tarifpolitik angeht, so ist spürbar, daß die Grenzen akzeptiert, aber auch die Möglichkeiten wahrgenommen werden. Wir muten den Eisenbahnern — das gebe ich zu — doch allerhand an Rationalisierung zu. Es bedeutet schon etwas, in der Politik, die diese Bundesregierung in der Offentlichkeit gegen verständliche und manchmal auch unverständliche Angriffe zu vertreten hat, bei der heutigen Arbeitsmarktsituation an einem Ziel der Reduzierung festzuhalten. Ich erwarte von Ihnen gar nicht, daß Sie für all dies auch eintreten. Wenn Sie die Bundesregierung aber so attackieren, werden Sie sich als Kenner der Bundesbahn zumindest auch vorstellen können, wie es wäre, wenn Sie Verkehrsminister wären. Welche anderen Ideen als die, denen wir schon nachgehen, hätten Sie denn? In welcher Situation wären Sie denn? Wo hätten Sie bei den notwendigen Maßnahmen, die Sie vorschlagen und die weitgehend mit denen übereinstimmen, die wir ergreifen, eigentlich Beifall zu erwarten? Das ist das Problem.
Sie sagen, Sie stünden zur Bahn. Es wäre manchmal hilfreich, wenn nicht nur wegen einer beabsichtigten Wirkung, also nicht allein, um zu kritisieren, Opposition betrieben würde, sondern auch einmal aufgezeigt würde, wo die Grenzen der Möglichkeiten der Bahn liegen, damit nicht Erwartungen entstehen, man könnte tatsächlich noch etwas tun. Weder in diesem Land noch in irgendeinem Land der Erde gibt es irgendwelche Vorbehalte gegen irgend jemanden — wer immer es auch sein mag —, einen neuen Gedanken, der zukunftsträchtig ist, nicht sofort vollkommen aufgeschlossen aufzunehmen. Wir kennen einen solchen Gedanken — leider, muß ich sagen — nicht. Wir können nur das, was wir hier angefangen haben, mit Mut, Beharrlichkeit und der Bereitschaft, ständig darüber zu diskutieren, fortführen. Ich brauche in diesem Hause nur auf diese



Bundesminister Gscheidle
Seite zu blicken, um zu sehen, wie viele Abgeordnete dieses Hauses in wie vielen Versammlungen sich kritischen Diskussionen stellen, aber nicht in der Form, dann, wenn es schwierig wird, rückwärtszugehen, sondern mit dem Mut, das, was notwendig ist, auch zu vertreten. Je mehr dies tun, und zwar nicht nur in der Gebietskörperschaft Bund, um so größer werden die Chancen, einige Hemmnisse abzubauen, die der Modernisierung der Bahn entgegenstehen.
Ich würde mich freuen, wenn die Arbeit im Verkehrsausschuß in diesem Sinne vertieft werden könnte, weil das Plenum, sofern wir nicht ganz neue Dinge zu verkünden haben, lediglich durch das Wiederholen alter Forderungen nicht zu füllen ist.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0804434700
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schulte.

Dr. Dieter Schulte (CDU):
Rede ID: ID0804434800
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Herren! Wenn der Herr Verkehrsminister gerade moniert hat, daß das Haus nicht voll besetzt sei, so liegt das weder an dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion noch an der Materie Verkehrspolitik, sondern leider Gottes — dies ist sicher eine Klage, die jeder von uns führen wird — an viel allgemeineren Problemen. Nur ist jetzt nicht der Anlaß, darüber nachzudenken oder gar zu philosophieren.
Wenn der Herr Verkehrsminister aber gemeint hat, die Opposition nutze jede Chance, ins Plenum zu kommen, dann meine ich, daß wir bisher richtig und in weiser Selbstbeschränkung versucht haben, dann etwas zu sagen, wenn es etwas zu sagen gibt, um ansonsten im Ausschuß an der Lösung der Probleme sachlich mitzuarbeiten.
Wir sind aber der Ansicht, daß die angekündigten 13,5 Milliarden DM Zuschußbedarf der Deutschen Bundesbahn für das nächste Jahr, ein eigener Antrag der CDU/CSU-Fraktion und eine ganze Reihe von Veröffentlichungen Anlaß genug sind, uns hier im Parlament auseinanderzusetzen. Deswegen bin ich froh, Herr Minister Gscheidle, daß Sie wenigstens noch das Wort genommen haben. Am liebsten wäre es Ihnen selbstverständlich gewesen, wenn keine Debatte geführt worden wäre; so war es ja in der ursprünglichen Regie wohl angelegt.
Herr Kollege Wendt hat vorher eine Rede gehalten, die in etwa mit dem Satz zusammengefaßt werden kann: Was wollt ihr eigentlich? Wir machen doch alles richtig. In diesem Tenor hat er auch zu unserem Antrag Stellung genommen, während die Rede von Herrn Ollesch sehr viel moderater war und auch der Herr Verkehrsminister einige andere Anklänge von sich gegeben hat. Herr Kollege Wendt, wenn ich daran denke, was alles in der letzten Zeit an Zielvorgaben, Plänen zur Streckenstilllegung, an Leistungsauftrag und an Revision von Gesagtem auf uns zugekommen ist, dann kann man nicht die Feststellung treffen, alles sei in Ordnung. Wenn der Verkehrsminister dann im Wahljahr zwischendurch auch noch erklärt, er sei mit seinen zwei Ressorts überfordert, dann darf auch dies nicht unerwähnt bleiben.
Der Leistungsauftrag, den die Bundesregierung im April dieses Jahres durch das Kabinett hat verabschieden lassen, ist heute angesprochen worden. Es war auch in den letzten Wochen ein paarmal Gegenstand öffentlicher Erörterungen. Der Leistungsauftrag ist zu einem Teil eine Wiederholung der Zielvorgaben aus dem Jahr 1974. Nur in wenigen Fällen ist er etwas konkreter.
In einem Punkt ist er allerdings besonders erwähnenswert. Da heißt es schlichtweg in einer Art Tagesbefehl an das Bundesbahndefizit, es habe gefälligst bis zum Jahr 1985 zu verschwinden. Und jetzt, knapp fünf Monaten später, lesen wir in der „Welt" und auch in der Zeitschrift „Die Bundesbahn" von einem Vorstandsmitglied, daß man die Erwartungen doch nicht erfüllen könne und mit den Investitionen nicht vorankomme, daß es Gründe gebe, die nicht nur im Konjunkturverlauf lägen.
Auf unsere Kleine Anfrage hat die Bundesregierung noch am 28. Juli geantwortet, die Verlustbeseitigung sei bis zum Jahr 1985 realisierbar. Im September hat Herr Reschke vom Vorstand der Deutschen Bundesbahn dies verneint. Der Herr Verkehrsminister hat seinerseits gegenüber der „Welt" ähnliches erklärt. Das liegt zu einem Teil daran, daß Investitionen nicht so, wie man sich das ursprünglich vorgestellt hat, realisiert werden können. Unser Antrag zielt in diese Richtung.
Es wird immer wieder eine Zahlenreihe für Investitionen vorgelegt, z. B. vom Kollegen Mahne in einer Presseerklärung, die als Erwiderung auf die Einbringung unseres Antrags gedacht war. Ich weiß nicht, ob wir mit dieser Art Mengenlehre weiterkommen. Ich glaube, daß wir uns mehr und mehr die Frage stellen müssen, ob es überhaupt das Rückgrat der geplanten Investitionen, nämlich die Neubaustrecken der Deutschen Bundesbahn, geben wird. Da hat es inzwischen zwei erste Spatenstiche gegeben. Aber manchmal habe ich den Eindruck, daß mit dem Spaten weitergearbeitet, wird. Wir müssen uns überlegen, ob der Zeitablauf eingehalten werden kann, ob nicht Einsprüche die Planung beeinträchtigen, Einsprüche, die aber für die Bundesregierung schon vorher ersichtlich gewesen wären. Es soll doch niemand so tun, als sei das aus heiterem Himmel gekommen. Ja, die Bundesregierung hat doch geradezu immer gepredigt, hier handele es sich um ein umweltfreundliches Verkehrsmittel, hier könne gar nichts passieren.
Aber auch wenn wir die ganz großen Objekte außer acht lassen, gibt es breiten Raum für Kritik. Investitionsmöglichkeiten aus Konjunkturprogrammen können nicht genutzt werden, weil die entsprechenden Planungen, weil die entsprechenden Schubladenprogramme noch nicht vorhanden sind. Genau in diese Richtung zielt unser Antrag.
Wenn ich vorher gesagt habe, es würden immer wieder Zahlen erwähnt, wie man der Bundesbahn bei ihren Investitionen helfe, dann muß aber noch



Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd)

etwas anderes angeführt werden, nämlich ein Rechentrick, der seit geraumer Zeit Platz gegriffen hat. Die Bundesregierung hat es fertiggebracht, für die Deutsche Bundesbahn einen Teil der Investitionen zu finanzieren. Auf der anderen Seite wird aber die Bahn zur Abdeckung ihrer Verluste auf den Kapitalmarkt verwiesen. Mit anderen Worten: Was mit der einen Hand gegeben wird, wird mit der anderen Hand wieder genommen. Eine Fachzeitung hat einmal zu dieser Praxis einen Kommentar geschrieben: „Zauberkünstler müssen am Werk gewesen sein." Es gibt andere Kommentare, auch in der Zeitschrift „Die Bundesbahn", Ausgabe September dieses Jahres, wo gesagt wird, daß durch verschiedene Rechentricks — z. B. auch dadurch, daß man Abbuchungen vom Grundkapital vorgenommen hat — alles das wieder aufgezehrt wurde, was man vorher, von 1969 bis 1975, an Investitionsmitteln gegeben hat. Wenn also die Liquiditätshilfen entsprechend abgebaut werden, dann kann man wohl feststellen, daß die Zahlung eines Teils der Investitionsmittel nicht das Paradestück dieser Bundesregierung ist.
Es ist vorher über die Rationalisierung gesprochen worden. Hier läuft einiges, hier wird den Eisenbahnern manches zugemutet. Es läuft aber auch einiges, was einmal im Parlament angesprochen werden sollte und was bisher nicht so ganz zur Zufriedenheit gelungen ist. Ich glaube, daß die zentrale Frage bisher immer noch nicht gelöst ist, inwiefern mit einem Leistungsabbau auch ein Abbau von Kosten verbunden ist. Ich will ein Beispiel anführen. Angenommen, ein Bahnhof wird von einem Eisenbahner betrieben, angenommen, dieser Eisenbahner hat bis jetzt zehn verschiedene Dienstleistungen ausgeübt und muß jetzt fünf davon einstellen; beim Stückgut, beim Expreßgut, beim Reisegepäck usw. Dann stehen wir doch vor der Tatsache, daß die Einnahmen bei gleichbleibenden Kosten niedriger werden; denn wir haben auf diesem Bahnhof trotz Halbierung der Dienstleistungen nicht etwa einen halben Eisenbahner, sondern einen ganzen, der lediglich noch halb ausgelastet ist. Es gibt solche sogenannten Rationalisierungsmaßnahmen. Ich meine, Herr Verkehrsminister, daß Sie da Ihren Einfluß gegenüber Frankfurt geltend machen müßten.
Bisher ist von allen Sprechern etwas zum Personalabbau gesagt worden. Daß dies wehtut, ist klar. Ich mußt aber eines anfügen: Trotz der schmerzlichen Operationen, die zur Zeit durchgeführt werden, sind wir im Augenblick bei einem Stand, den wir 1969 hatten; denn zwischen 1969 und 1973 hat es diese Bundesregierung verstanden, 40 000 Dienstkräfte zusätzlich einzustellen, die man jetzt wieder abbaut.
Lassen Sie mich noch einen Punkt erwähnen. Der Kollege Wendt, aber auch der Kollege Ollesch haben zu dem Thema Stellung genommen, inwiefern in der Zukunft die Bundesbahn haushaltsmäßig zu behandeln sei. Dies ist ein zentraler Punkt unseres Antrags. Hier handelt es sich — um einmal in der Diktion des Herrn Verkehrsministers zu bleiben — um den sogenannten zweiten Block aus dem ganzen Zuschußbedarf der Deutschen Bundesbahn. Es handelt sich nicht um den Block, den wir als reines Defizit bezeichnen, sondern um den Block, der unter der Rubrik der gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu finden ist.

(V o r s i t z : Präsident Carstens)

Ich glaube nicht, daß man, wie der Kollege Wendt, sagen kann, unser Antrag betreffe lediglich eine Umbuchung, wenn man gemeinwirtschaftliche Leistungen und politische Auflagen nicht mehr im Verkehrshaushalt niederschreibe, sondern z. B. in den Sozialetat, den Wirtschaftsetat, den Familienetat oder den Bildungsetat gebe. Ich glaube, es ist viel mehr. Ich glaube, daß erst durch eine solche Maßnahme in den anderen Ressorts eine Politik aus einem Guß gemacht werden kann, so daß der Familienminister und der Wirtschaftsminister wirklich über alle Maßnahmen, die ihre Ressorts berühren, entscheiden können. Dann kann es nicht mehr wie im letzten Jahr geschehen, daß auf der einen Seite bestimmte wirtschaftsschwache Regionen der Bundesrepublik Deutschland vom Wirtschaftsminister als förderungswürdig ausgewiesen werden und sich der Verkehrsminister eine Landkarte bestellt, nach der der Eisenbahnverkehr in diese Gebiete eingestellt werden soll.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn wir eine Politik aus einem Guß wollen, dann
müssen wir diesem unserem Haushaltsantrag folgen.
Es geht aber noch weiter. Ich glaube, daß diese Frage auf Dauer auch darüber entscheiden wird, inwiefern die Bahn belastet ist. Das Wort „Umbuchung" ist vorher gefallen; was wir wollen, geht viel tiefer. Wenn der Kollege Wendt noch da wäre, würde ich ihn fragen, wie es denn in der Praxis abliefe, wenn ich auf seine Kosten lebte. Dann könnte man sich viele schöne Dinge leisten. Vielleicht würde er dann als Verschwender bezeichnet, wenn auf seinem Konto keine schwarzen Zahlen mehr zu finden wären. Ob ich allerdings die gleiche Verhaltensweise in meinem Lebenswandel an den Tag legte, wenn ich das alles selbst finanzieren müßte, ist eine andere Frage. Ich glaube, daß wir diese Erkenntnis sehr wohl auch auf die Eisenbahnpolitik übertragen können.
Der Herr Verkehrsminister hat gesagt, dieser Block der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, der politischen Auflagen sei indisponibel. Was heißt dies? Herr Verkehrsminister, soll dieser Block der Politik entzogen sein? Entweder tragen Sie die Verantwortung auch für diesen zweiten Block, oder wir suchen für diesen zweiten Block einen neuen Wärter, indem wir unseren Antrag annehmen.
Diese meine Ausführungen bedeuten ein Ja zu dem gemeinwirtschaftlichen Auftrag der Deutschen Bundesbahn. Nur müssen wir die gemeinschaftlichen Leistungen der Bahn in der Zukunft anders organisieren und neu definieren. Wir sind der Ansicht, daß die Bahn auch im gemeinwirtschaftlichen Bereich kaufmännisch zu wirtschaften hat. Dann wird im Grunde genommen aber Gemeinwirtschaftlichkeit darauf reduziert, daß die Differenz zwischen dem Marktpreis und dem tatsächlichen, von der Politik



Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd)

veranlaßten Preis zu bezahlen, abzugelten ist. Diesen Preis hat dann der Veranlasser zu zahlen. Daß dieser Veranlasser beim Bund zu suchen ist, ergibt sich nach dem Grundgesetz von selbst.
Herr Präsident! Meine Herren! Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Ich glaube, daß unser Antrag nicht als Pflichtübung einer Opposition zu sehen ist — dies klang so in der Rede des Herrn Verkehrsministers kurz an —, sondern daß er positive Wege aufzeigt. Ich glaube, daß es Zeit ist, daß wir über die Bahn auch einmal unter positiven Aspekten diskutieren, nachdem wir die öffentliche Diskussion drei Jahre lang nur unter negativer Sicht geführt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Topmann [SPD])

— Herr Kollege Topmann, Sie sollten sich in einer Verkehrsdebatte nicht zu sehr exponieren. Sonst legt Herr Gscheidle Ihre Eisenbahnlinie still. —

(Topmann [SPD]: Dann wird Herr Waffenschmidt böse!)

In unserem Antrag steckt aber insofern Kritik, als die geforderten Maßnahmen von der Bundesregierung nicht schon längst in die Wege geleitet worden sind. Wir wissen, daß die Sanierung der DB schwierig ist. Aber wir sind der Ansicht, daß wir Mut brauchen, daß wir einen langen Atem brauchen, daß wir mit dem Zickzackkurs aufhören müssen, den die Bundesregierung in den letzten Jahren gefahren hat. Wir verlangen nicht, daß Sie uns heute recht geben. Wir verlangen aber, daß unsere Vorschläge in Offenheit geprüft werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804434900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mahne.

Erhard Mahne (SPD):
Rede ID: ID0804435000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine verkehrspolitische Debatte im Bundestag hat, glaube ich, zweierlei Aufgaben. Sie hat einmal die Aufgabe, eine Analyse der Verkehrssituation insgesamt und heute eine Analyse der Situation bei der Deutschen Bundesbahn vorzunehmen. Sie hat darüber hinaus die Aufgabe, auch Alternativen aufzuzeigen. Zwar haben wir heute von seiten der Opposition etliche kritische Anmerkungen und Fragestellungen gehört. Alternativen aber sind von der CDU nicht angeboten worden.

(Beifall bei der SPD — Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/CSU] : Dabei reden wir jetzt über einen CDU-Antrag!)

Es ist dem Minister von der CDU nicht ein Hinweis für seine Arbeit gegeben worden,

(Topmann [SPD]: So ist es!)

wie sie sich ihr Konzept zur wirtschaftlichen Sanierung der Deutschen Bundesbahn vorstellt.

(Lemmrich [CDU/CSU] : Wir haben 1958, 1960 und 1962 von Ihnen auch nie gehört, wie Sie sich das vorstellen!)

Wir haben gestern in der Sitzung des Verkehrsausschusses den Ausspruch eines Mitgliedes des Verkehrsausschusses gehört, daß die Verkehrsnutzer den Ausbau der Verkehrswege bestimmen. Wenn das so ist, dann muß man natürlich fragen, wo Sie nun die Prioritäten setzen und wie Sie draußen im Lande Versprechungen machen. Wenn Sie vor Autoclubs, vor Straßenbauern sprechen, fordern Sie mehr Straßen. Wenn Sie bei den Reedern und Binnenschiffern sprechen, fordern Sie den Ausbau der Wasserwege und besondere Förderungen für die Binnenschiffahrt.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Erst einmal nachweisen! — Sick [CDU/CSU]: So etwas tun Sie gerade!)

Wenn Sie bei den Eisenbahnern sprechen, dann wollen Sie keine Reduzierung des Schienennetzes.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU]: Da mußten Sie ja inzwischen nachgeben!)

Und so stellt es sich ja auch jeweils örtlich dar.
Darüber hinaus vergessen Sie anscheinend, daß sich die Verkehrsstruktur in den vergangenen Jahrzehnten, so muß man ja sagen, entscheidend geändert hat, daß der Anteil der Bahn am Verkehrsaufkommen gefallen ist: im Personenverkehr von 40 % im Jahre 1950 auf 7 % im Jahre 1975, im Güterverkehr von 55 % im Jahre 1950 auf 30 % im Jahre 1975. Gut, die Verkehrsnutzer haben diese Reduzierung bestimmt. Aber hier liegt doch letztlich das Problem, das strukturelle Problem, welches wir bei der Bundesbahn haben. Wir verschweigen ja nicht, daß die Bundesbahn für den Finanzpolitiker und für den Verkehrspolitiker zu einem hohen Haushaltsrisiko geworden ist. Wir wissen, daß die Bundesleistungen an die Deutsche Bundesbahn im Jahre -1978 mehr als die Hälfte des Verkehrshaushaltes verschlingen werden.
Diese finanzielle Entwicklung der Deutschen Bundesbahn und die Belastung für den Haushalt machen Konsolidierungsmaßnahmen notwendig. Die Politik der Bundesregierung läßt sich dahin gehend zusammenfassen, daß sie unter dem Motto „Investition und Konzentration" die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bundesbahn verbessern will. Die Investitionen werden nach unserer Planung steigen, ebenso der Investitionsanteil, der sich in den nächsten Jahren ja nahezu verdoppeln wird. Der Herr Minister hat zu Recht auf die vorhandenen Investitionshemmnisse hingewiesen. Sie können doch nicht die Bundesregierung für diese Investitionshemmnisse zum Schuldigen machen, daß Bürgerinitiativen und die Bevölkerung gegen Verkehrslärm und die Anlage neuer Verkehrswege sehr viel sensibler geworden sind.

(Lemmrich [CDU/CSU] : Und Bundesminister sich gegen sie stellen wie in München! Lesen Sie mal nach, was Herr Vogel dort erzählt hat!)

Konzentrationsmaßnahmen sind eingeleitet worden und werden letztlich konsequent vorgelegt. Hier



Mahne
hat der Leistungsauftrag letztlich doch ein klares Konzept entwickelt.

(Dr. Jobst [CDU/CSU]: Na, na, Herr Mahne; übertreiben Sie nicht!)

Es muß doch mal gefragt werden: Wo liegt denn Ihre Konzeption, was die Frage der Konzentration im Bereich der Bundesbahn betrifft?

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Sie haben im vorigen Jahr dazu Stellung genommen!)

Sie lamentieren auf der einen Seite über steigende Haushaltsbelastungen durch die Bundesbahn. Andererseits widersprechen Sie bundesweit, auf Landesebene, auf regionaler Ebene und auf kommunaler Ebene jeglicher notwendigen Konzentrationsmaßnahme.

(Beifall bei der SPD — Dr. Jobst [CDU/ CSU] : Dann würden Sie die Verluste nicht mehr haben!)

Meine Herren, wir stehen im Kontakt mit dem Bürger draußen und erleben, wie Sie und Ihre Kollegen im Lande argumentieren.
Der Leistungsauftrag hat zwei Zielsetzungen: Minderung der Kosten und Steigerung der Erträge. Bei der Minderung der Kosten durch Rationalisierungsmaßnahmen, die durch einen vielfältigen Maßnahmenkatalog eingeleitet worden sind, können wir feststellen, daß schrittweise Erfolge erzielt worden sind. Dabei ist natürlich klar, daß diese Erfolge nicht von heute auf morgen zu erreichen sind, sondern längere Zeit dauern.
Die Steigerung der Erträge

(Lemmrich [CDU/CSU] : Haben wir wiederholt gefordert!)

ist natürlich weitaus problematischer in einem Unternehmen, das, wenn Sie so wollen, in besonderer Weise im Absatz von Produktionsleistungen im Güterverkehr monostrukturiert ist. Wenn wir wissen, daß zwei Drittel an den Montanbereich gehen, können wir uns vorstellen, was an Einnahmeminderungen letztlich auf das Unternehmen Bundesbahn zukommt, nachdem im Montanbereich jetzt eine konjunkturell schwierige Situation eingetreten ist.
Die Opposition kritisiert den Mangel an Engagement der Bundesregierung für die Bundesbahn und verlangt mehr Investitionsmittel für die Bundesbahn. Die Bundesregierung ist diesem Verlangen schon längst nachgekommen. Gleichzeitig verlangen Sie, meine Herren von der Opposition, für die anderen Verkehrsträger, wie ich vorhin gesagt habe, höhere Investitionsansätze. Hier fehlt es letztlich an der Verantwortung im Rahmen des Gesamthaushalts. Man kann nicht jedem jederzeit alles versprechen.
Wir haben von Ihnen heute konkrete Vorschläge erwartet,

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Die haben wir doch vorgelegt!)

z. B. zur Verbesserung der Wettbewerbssituation
der Deutschen Bundesbahn, die als schienengebundenes Verkehrsmittel natürlich im Wettbewerb gegenüber anderen Verkehrsträgern beeinträchtigt ist. Haben Sie etwas gesagt, wie Sie in diesem Wettbewerb die Situation der Bundesbahn gegenüber dem Straßen- und Güterverkehr und gegenüber der Binnenschiffahrt stärken wollen? Sie haben dazu nichts gesagt, Sie haben dazu keine Alternativen aufzuweisen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Lemmrich [CDU/CSU] : Das ist doch heute nicht unser Antrag! Sie haben selber nichts gesagt! Wie soll man da antworten können! — Dr. Jobst [CDU/CSU] : Herr Mahne, würden Sie mal Ihre Vorstellungen dazu entwickeln?)

Wir sind mit der Politik der Bundesregierung einverstanden.

(Lemmrich [CDU/CSU] : Mit welcher? Mit der von 1970 oder mit der von jetzt?)

— Wir sprechen jetzt für die Bundesregierung und den Bundesminister Gscheidle.
Die Bundesregierung wird durch die von ihr eingeleiteten Maßnahmen der Konzentration und der Investitionen im Bundesbahnbereich mit dafür Sorge tragen, daß es hier zu einer finanziellen Konsolidierung der Deutschen Bundesbahn kommt, wenn auch nicht in der von uns erwarteten zeitlichen Folge. Wir sind dankbar dafür, wenn wir in der Ausschußberatung mit Ihrer sachlichen Mitarbeit, Ihren Anregungen und Ihren Alternativen zu dieser Politik rechnen können.

(Beifall bei der SDP und der FDP — Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/CSU] : Bis wann rechnen Sie mit einer Konsolidierung?)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804435100
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — federführend — sowie an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau und an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Wer diesem Vorschlag zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Dann ist das so beschlossen.

(Dr. Waffenschmidt [CDU/CSU] : Da haben wir schon wieder einen einstimmigen Beschluß!)

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung des Dritten Berichts der Bundesregierung über die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 8 des Personenbeförderungsgesetzes
— Drucksache 8/803 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen
Das Wort hat der Abgeordnete Sick.

(Zuruf von der SPD: Muß das sein? — Wehner [SPD] : Sonst kommt er doch nie ins Protokoll!)





Willi-Peter Sick (CDU):
Rede ID: ID0804435200
Herr Kollege Wehner, so spektakulär wie Sie kommt von uns sonst keiner ins Protokoll; das ist natürlich auch eine Leistung. Übrigens, daß der Kollege Wendt wieder da ist, nachdem sein Teil der Debatte beendet ist, ist auch mit Freude festzustellen.
Abgesehen von diesen mehr oder weniger süffisanten Bemerkungen, meine Herren, sollten wir uns selber einmal darüber klar sein, weshalb wir heute hier anwesend sind. Ist die Tatsache der schlechten Besetzung des Plenums eigentlich eine Aussage über die Bedeutung dessen, womit wir es zu tun haben? Ich glaube: nein; denn das, was wir hier besprechen, geht die gesamte Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland an, sowohl die Wirtschaftsgesellschaft als auch die Gesellschaft allgemein. Dabei meine ich insbesondere das, worüber ich jetzt reden möchte, nämlich § 8 des Personenbeförderungsgesetzes. Auch hier geht es um Geld.
Es geht aber nicht nur um Geld. Deswegen sage ich, Herr Minister: Nicht nur deshalb, weil ich auch mit wenigen Worten ins Protokoll komme, sondern weil ich meine, daß wir uns hier im Kreis von Fachleuten befinden, können wir uns auf das Wesentliche konzentrieren.
Herr Minister, dieser Bericht, dessen Existenz ich grundsätzlich begrüße, kann aus der Sache heraus keine Angaben darüber machen, wie denn die Regelung jetzt aussehen soll. Dieser Bericht teilt lediglich mit, was bisher ist. Aber einiges fällt mir, Herr Minister, auf, und dieses wollte 'ich Ihnen heute abend gesagt haben, verbunden mit der Bitte, darauf — nicht heute abend — zu antworten. Ich bitte Sie darum, uns deutlich zu machen, wie Sie sich in Verfolg der Politik, die Sie in nächster Zeit betreiben werden, die Regelung dieser Dinge vorstellen. Ich bin hier deswegen etwas skeptisch, weil die beiden Vorberichte hinsichtlich der freiwilligen Zusammenarbeit eindeutig positiv waren,

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : So ist es!)

während dieser Bericht erstmals zumindest eine gewisse Skepsis erkennen läßt.

(Dr. Schulte [Schwäbisch Gmünd] [CDU/ CSU] : Weil der Verkehrsminister etwas anderes will! — Dr. Waffenschmidt [CDU/ CSU]: So ist es!)

— Ja, im Grunde ist es möglich, daß dem so ist, nämlich daß, wie Sie sagten, der Verkehrsminister möglicherweise etwas ganz anderes will als das, was in diesem Bericht noch angesprochen ist.
Herr Minister, ich komme auch deswegen darauf, weil gleichzeitig mit der Vorlage dieses Berichts andere Äußerungen aus Ihrem Hause vorliegen, auch andere Äußerungen von Ihnen zu dem sogenannten Zwei-Ebenen-Modell. Da heißt es bezüglich der Konzessionsrechte, daß die Schaffung von Gebietsgenehmigungen und die Übernahme der Beförderungsrechte durch den Zweckverband erwogen werden. Das heißt doch wohl im Klartext: Abzug der Konzessionen von den jetzigen Trägern und Überführung auf einen einzigen Träger. Dies ist unklar, dies ist widersprüchlich. Herr Minister, damit wir uns hier richtg verstehen: Zu dem Zeitpunkt, da wir uns unterhalten, gibt es noch kein in sich geschlossenes, fix und fertiges Konzept. Wir haben es noch nicht, Sie haben es noch nicht. Aber um Klarheit sollten wir uns bemühen

(Dr. Waffenschmidt [CDU/CSU]: Sehr gut!)

und die Widersprüchlichkeit herausbringen, damit auch die Menschen draußen, um die es geht, wissen, wohin die Reise geht.
Lassen Sie mich noch ein anderes Wort sagen. Herr Minister, Sie wissen so gut wie ich, daß die Bemühungen auf dem Sektor des öffentlichen Personennahverkehrs sehr, sehr aufmerksam verfolgt werden, beispielsweise auch von den Bediensteten bei Bahn und Post. Wir werden eine Regelung nicht finden können, ohne diese Bereiche einzubeziehen.
Aber ich habe mitunter etwas den Eindruck, daß so, wie Sie es jetzt vorzuhaben scheinen, die Dinge zu einfach gemacht werden. Der Bereich, mit dem wir es zu tun haben, ist außerordentlich vielschichtig. Er ist sicher schwierig. Aber wenn irgendeiner meinen sollte, wir könnten diesen schwierigen Bereich dadurch in den Griff bekommen, daß wir ihn zentralisieren oder monopolisieren, dann, davon bin ich überzeugt, irrt derjenige sich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sämtliche Erfahrungen, die wir alle miteinander haben, haben uns gezeigt, daß Monopolisierung am Ende zu unübersehbarem Verwaltungsdschungel führt, der aus sich selbst heraus nachher seine Kosten produziert. Wir sehen jetzt wieder, daß der Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs sehr stark auf einzelne Orte und Regionen bezogen ist. Es kann überhaupt nicht gutgehen, einen so differenzierten Verkehr von etwa einer Stelle aus betreiben zu wollen. Er ist hinsichtlich der Struktur nicht mit Güterverkehr, mit Fernverkehr zu vergleichen.
Ich meine, daß wir das vorhandene Personal bei der Bahn und bei der Post, die Bereitschaft, etwas leisten zu wollen, die Möglichkeit, etwas leisten zu können, den Sachverstand auf jeden Fall nutzen müssen. Ich spreche nur von dem Bereich, den ich kenne, und das ist bei mir in Schleswig-Holstein die „Autokraft". Es ist vielleicht noch ein Vorteil, wenn man in dieser Runde einmal spricht. Man kann auch Dinge ansprechen, die man sonst vielleicht zurückhält. Heute wird immer so schnell gesagt: Ja, aber das Beamtendenken muß weg. Wir sollten hier, glaube ich, sehr skeptisch sein. Beamte schlechthin sind zu ganz anderen Aufgaben erzogen als zu der, wirtschaftliche Leistungen zu erbringen. Daraus kann man denen keinen Vorwurf machen. Das ist das erste. Wenn ich von dem Beispiel „Autokraft" ausgehen darf — das wird in München genauso sein wie in Köln und in Frankfurt —, muß ich feststellen, daß dort Menschen sitzen, die, nachdem sie mit dieser Aufgabe betraut wurden, lieber Kollege 011esch, zum Leidwesen mancher unserer mittelständischen Unternehmer sich ganz verdammt clever benahmen, sich am Markt bewegten und ihren Anteil bekamen, weil sie tüchtig waren und weil sie nicht mehr als Beamte — in diesem negativen Sinne



Sick
— reagierten. Das geht also. Wir sollten das nutzen und sollten dies nicht durch irgendeine einfache Sache beseitigen. Daß wir als Union selbstverständlich — das will ich auch nicht verschweigen — ebenfalls sehen, daß sich auf diesem Markt mehr als 2 600 mittelständische Betriebe betätigen und daß wir, wenn wir schon von Konjunktur, von Strukturschwierigkeiten reden, dies zumindest mit im Auge haben sollten, das will ich nur am Rande erwähnen.
Zum Schluß noch eines, Herr Minister Gscheidle, ein recht persönliches Wort an Sie. Ich glaube, Sie wissen es, daß ich Ihre Art und die Art, wie Sie Ihre Arbeit durchführen, sehr schätze, die Nüchternheit, die Exaktheit und die Darstellung der Fakten. Was ich vermisse, Herr Minister Gscheidle, das ist der ausgesprochen politische Akzent. Das Buchhalten, das Zählen allein genügen nicht. Wir sprachen soeben über die Bahn. Meine Herren, wir werden uns wiedersehen. Alle auch nur einigermaßen erkennbaren Fakten deuten darauf hin, daß wir spätestens am Ende dieses Jahrhunderts die Bahn wiederentdecken.
Meine Frage an Sie, Herr Minister Gscheidle, wäre folgende. Sie haben mir einmal in einer Ausschußsitzung gesagt,

(Zuruf von der SPD: Die haben Sie nie vergessen!)

Sie würden niemals eine Strecke aus der Hand geben, eine Trasse, auch wenn stillgelegt werden müsse. Dann, so würde ich sagen, wären das vorübergehende Maßnahmen, und man könnte später wieder auf die Dinge zurückgreifen. — Ich wäre sehr dankbar, wenn dies nachdrücklich Ihre Auffassung bliebe.
Dann ein Wort an unsere Kommunalpolitiker: Meine Herren, wir haben es im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs mit einem im wesentlichen auf die kommunale Gebietszuständigkeit bezogenen Verkehr zu tun.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Wir sollten also unsere politischen Bemühungen in erster Linie auch dort ansetzen; man sollte eben nicht zentralistisch vorgehen, sondern die eingefahrenen Verwaltungen, die eingefahrenen politischen Gremien mit heranziehen. Ich glaube, dann werden wir, wenn wir einmal an dieses System heranmüssen — und zwar dann mit Fakten —, wenn wir es vernünftig machen, auch hier eine Lösung finden.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804435300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Batz.

Hans Batz (SPD):
Rede ID: ID0804435400
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren! Es gibt anscheinend doch zu so später Stunde noch den einen oder den anderen, der — auch wenn es der Punkt 10 ist, wenn es darum geht, einen Bericht der Bundesregierung zu diskutieren — herausliest, was nicht drinsteht, und hineinliest, was man gerne hätte. Und das Anbieten von Alternativen ist ja anscheinend nicht gerade die größte Stärke der Opposition, was sich hier wieder deutlich beweist.

(Zustimmung bei der SPD)

Der uns vorliegende Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Neuregelung des § 8 des Personenbeförderungsgesetzes ist der dritte dieser Art. Der Deutsche Bundestag hat bekanntlich in der 5. Wahlperiode das Personenbeförderungsgesetz neu mit dem § 8 versehen bzw. diesen reformiert, und das mit der Zielsetzung, durch eine intensivere Zusammenarbeit der verschiededen Verkehrsträger des öffentlichen Personennahverkehrs zur Verbesserung der Verkehrsbedienung insbesondere in ländlichen Räumen beizutragen. Und gerade darum geht es. Die Entwicklung auf Grund dieser Gesetzesänderung sollte und muß von uns sorgfältig beobachtet werden, damit beurteilt werden kann, ob die in die Vorschriften des § 8 gesetzten Erwartungen auch erfüllt werden.
Ich darf, meine sehr geehrten Herren, noch einmal in Erinnerung rufen, daß in dem Verkehrspolitischen Programm der Bundesregierung für die Jahre 1968 bis 1972 — im allgemeinen bekanntlich besser unter dem Namen „Leber-Plan" bekannt — neben der Förderung der freiwilligen Zusammenarbeit die Möglichkeit der Einführung der Gebietsgenehmigung vorgesehen war. Kernpunkt dieses Planes für die Verbesserung des Personenverkehrs waren die Vorschriften, die der Genehmigungsbehörde im Interesse einer Verbesserung der Verkehrsbedienung zusätzliche Aufgaben und Einwirkungsmöglichkeiten mit dem Ziel übertrugen, auf die Einrichtung und befriedigende Bedienung sowie auf die Erweiterung und Änderung von Verkehrsverbindungen hinzuwirken. Im Vordergrund stand dabei also die Förderung einer steigenden freiwilligen Zusammenarbeit der Verkehrsunternehmer, die geeignet ist, das Entstehen von zusammenhängenden Verkehrsnetzen mit gut aufeinander abgestimmten Anschlüssen, Fahrplänen und günstigen Durchgangstarifen zu verwirklichen; soweit damals die Begründung für das Personenverkehrsgesetz und dessen Novellierung aus dem Jahre 1968.

(Zuruf des Abg. Lemmrich [CDU/CSU])

— Ja, natürlich, dagegen ist ja nichts einzuwenden. Aber lassen Sie mich nun darauf kommen, was daraus geworden ist und was man heute davon denkt, denn ich glaube, mit der bloßen Formulierung, die man immer draußen gebraucht, „Freie Fahrt dem freien Bürger", kann man dieses Problem wahrscheinlich auch in Zukunft nicht lösen.
Als weiteren Schwerpunkt des damaligen Entwurfs sollten wir sicher einmal die Vorschriften über die Gebietsgenehmigung etwas mehr unter die Lupe nehmen. Wir alle wissen nämlich, so hoffe ich, daß dieser Teil damals im Personenbeförderungsgesetz keinen Niederschlag gefunden hat, weil man der Auffassung war, daß sich das — mit den staatlichen Mitteln, den Förderungsmitteln des Bundes — am Markt selbst regeln müßte. Jetzt ist die Zeit, dieses Programms verkehrspolitisch an den erreichten Zielen zu messen.



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Einige Herren hier kann ich daran erinnern, daß wir ja in der vergangenen Woche in Großbritannien waren. Wir haben gemerkt, daß unbeschadet der Unterschiede, die es in den arbeitsrechtlichen und auch verwaltungsrechtlichen Fragen gibt, dort auch das Problem der Gebietsgemeinschaften eine nicht unwesentliche Rolle bei manchen Vorte len spielt, die auf diesem Gebiet zu verzeichnen sind.
Nun, wir haben eine freiwillige, verbesserte Zusammenarbeit angeboten, und ich glaube, bei aller kritischen Würdigung dieses Berichts kann gesagt werden, daß sich dies im großen und ganzen auch bewährt hat. Natürlich müssen wir den Vorteil, den uns diese Erkenntnis bringt, auch nachdrücklich nutzen.
Bei der Ausfüllung des § 8 stellt sich aber auch die kritische Frage nach den Grenzen. Wie es in dem Bericht heißt, haben mehrere Länder unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß der § 8 des Personenbeförderungsgesetzes ein schwaches Instrument sei und den Verkehrsbehörden keine Möglichkeit gegeben habe, Verbesserungen der Verkehrsstruktur gegen den Willen der Unternehmer durchzusetzen. Als wesentlicher Grund hierfür wird allerdings auch die wirtschaftliche Lage der öffentlichen Personennahverkehr Treibenden angesehen.
Grundsätzlich wird eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation im öffentlichen Personennahverkehr von allen Beteiligten nachhaltig unterstützt. Was aber die Realisierung dieses Grundsatzes angeht, gehen die Haltungen und die tatsächlichen Handlungen auseinander. Ich möchte hier nur an den Gang der Gesetzgebung bei der Regelung des Ausgleichs der gemeinwirtschaftlichen Leistungen im öffentlichen Personennahverkehr erinnern. Ursprünglich war vorgesehen, den Nahverkehrsunternehmen einen Ausgleich für den Berufs- und Ausbildungsverkehr zu gewähren. Das wurde dann eingeschränkt auf Ausbildungsverkehr, und letztlich waren die Länder nur zu einem Ausgleich in Höhe von 50 O/o der durch den Ausbildungsverkehr entstehenden Lasten bereit. Unsere Bemühungen sollten nach wie vor darauf abgestellt sein, die wirtschaftliche Lage im ursprünglichen Personennahverkehr weiter zu verbessern.
Wie die beiden vorangegangenen Berichte erläutert auch dieser Bericht sehr detailliert die unterschiedlichen Kooperationsformen, die einzelnen Arten der Zusammenschlüsse. Er gibt einen umfassenden Überblick, wo und in welcher Form Verkershverbünde, Tarif- und Verkehrsgemeinschaften sowie andere Formen der Zusammenarbeit bestehen. Es ist hier sicher nicht mehr die Zeit und der Ort, im einzelnen auf diese Auflistung einzugehen; der Verkehrsausschuß wird sich bei der Beratung des Erfahrungsberichts — davon gehe ich jedenfalls aus — auch mit diesem Teil des Berichts ausführlich befassen.
An einer Diskussion werden wir alle nicht vorbeikommen: Der Bericht beschäftigt sich insbesondere sehr schonungslos mit der Zusammenarbeit von Bahn und Post im Omnibusverkehr. Dies ist zur Zeit — und nicht nur zur Zeit — ein bei den Beschäftigten von Bahn und Post sehr kritisch diskutiertes Thema. i Hierbei werden leider zuwenig die bestehenden Formen der Zusammenarbeit von Bahn und Post sowie die bestehende und geplante Kooperation mit anderen, kommunalen und privaten Verkehrsunternehmen erörtert. Vielmehr wird eine mögliche Zusammenführung der Busdienste von Bahn und Post auf der Grundlage selbständiger regionaler Unternehmenseinheiten versucht, die sogenannten Regionalverkehrsgesellschaften.
Im April dieses Jahres hat die Bundesregierung bekanntlich nochmals die Erwartung ausgesprochen, daß die Zusammenführung der Busdienste von Bahn und Post bis Ende 1978 vollzogen wird. Die Bundesregierung hat dies noch einmal beschlossen. Daß ein vergleichbarer Beschluß schon vom Mai 1975 vorliegt, sollten wir bei der Diskussion nicht vergessen. Auch sollte man wissen, daß die Bundesregierung bereits im Jahre 1973 zum erstenmal den Beschluß gefaßt hat, die Zusammenführung der Busdienste von Bahn und Post anzustreben. Nun ist auch die sozialdemokratische Bundestagsfraktion der Auffassung, daß eine Zusammenführung der Dienste von Bahn- und Postbussen nicht nur an der Zeit, sondern eigentlich schon überfällig ist. Wir haben daher in unserer Stellungnahme vom 3. Mai 1977 zur Netzkonzeption für die Deutsche Bundesbahn gesagt:
Die Zusammenführung der Dienste von Bahn-und Postbussen ist zu beschleunigen.
Wir sind nämlich der Auffassung, daß Maßnahmen dieser Art insbesondere bei einer Verlagerung eines Teils des Personenverkehrs der Deutschen Bundesbahn auf die Straße an Bedeutung gewinnen. Natürlich sehen wir die damit verbundenen Probleme. Ich darf hier noch einmal namens meiner Fraktion hervorheben, daß wir uns mit dem Thema der Zusammenführung der Busdienste von Bahn und Post nicht nur ausführlich befassen werden, sondern daß wir vor allen Dingen die arbeitsrechtlichen und sozialen Interessen des heute für Bahn und Post tätigen Personals gesichert haben möchten. Das ist eines unserer Hauptziele. Wir müssen dabei allerdings auch darauf sehen, daß die Bürger durch die dadurch entstehenden Verkehrsbedingungen nicht benachteiligt werden.
Nun heißt es in dem Kabinettsbeschluß vom 27. April dieses Jahres:
Die Zusammenführung der Busdienste des Bundes in eine Unternehmensgruppe mit selbständigen Regionalgesellschaften soll spätestens bis Ende 1978 vollzogen werden.
Die Befürchtungen, daß hierdurch den Betriebsversuchen in den vier Regionen — in Schleswig-Holstein durch die Autokraft, im Raum Oberbayern einschließlich München durch die Regionalverkehr Oberbayern GmbH, in der Region Rhein-Sieg-Wupper-Erft durch die Regionalverkehr Köln und im Raum Niedersachsen Mitte einschließlich Hannover durch die Regionalverkehr Hannover GmbH — vorgegriffen wird, teilen wir in unserer Fraktion nicht.
In diesem Zusammenhang ist erfreulich, daß der Verkehrsminister in seinem Schreiben an die Mitglieder des Deutschen Bundestages, an die Vorsit-



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zenden der Gewerkschaften für Bahn und Post und anderen unter anderem deutlich gemacht hat, daß durch diesen Kabinettsbeschluß eben keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden.

(Beifall bei der SPD)

Uns ist in diesem Schreiben mitgeteilt worden, daß der Termin der Zusammenführung der Busdienste nur unter dem Gesichtspunkt gesehen werden kann, daß die Betriebsversuche in den vier Regionalgesellschaften entsprechende Ergebnisse vorweisen. Danach können die notwendigen Gespräche mit den Gewerkschaften und den Personalvertretungen von uns aufgenommen werden. Der erste Kontakt hat hier bereits stattgefunden.
Ich will trotz der späten Stunde nicht verschweigen, daß erste interne Ergebnisse aus der Erprobungsphase der Regionalgesellschaften vorliegen und einem weiten Kreis — ich nehme an, uns allen hier — bekannt sind. Wir werden diese Berichte ausführlich prüfen. Eine weitere Auswertung wird abzuwarten sein. Ich hoffe, daß sich der Verkehrsausschuß mit diesen Fragen bald befassen kann.
Ich will hier nur andeuten, daß die Zusammenarbeit mit dem Taxigewerbe im öffentlichen Personennahverkehr ganz andere Fragen aufwirft. Hier werden auch noch andere Dinge mit zu diskutieren sein.
Ich darf zum Abschluß sagen, daß wir es sehr erfreulich finden, daß dieser Bericht ausführlich auf die Schwierigkeiten der Verkehrsbedienung durch öffentliche Verkehrsträger und ihre Ursachen eingeht. Weniger erfreulich — und da gebe ich Ihnen recht, Herr Kollege Sick — ist dagegen der Inhalt dieser Ausführungen, denn diese zeigen deutlich, daß unsere Erwartungen nach wie vor unerfüllt geblieben sind. Ebenso wie das Problem der Verbesserung der Verkehrsbedienung durch den öffentlichen Personennahverkehr bereitet uns auch dessen wirtschaftliche Lage nach wie vor große Sorgen. Es wäre schlecht, wenn es in diesem Hause jemanden gäbe, der das nicht freimütig zugeben wollte. Trotzdem, der eingeschlagene Weg der Förderung der freiwilligen Zusammenarbeit der Verkehrsunternehmen sollte nach Auffassung der Bundesregierung weiterverfolgt werden. Wir werden die Bundesregierung dabei unterstützen.
Dennoch sind auch neue Organisationsmodelle in die weitere Überlegung einzubeziehen, die wir gerne im zuständigen Ausschuß bedenken, abwägen und nach ausführlichen Gesprächen mit allen Beteiligten, vor allem aber mit den betroffenen Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften, wenn nötig auch durchzusetzen bereit sind.

(Beifall bei der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804435500
Das Wort hat der Abgeordnete Ollesch.

Alfred Ollesch (FDP):
Rede ID: ID0804435600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schulte, ich habe Verständnis dafür, daß Sie mir so unwillig mit dem Kopfe zunicken. Aber daß wir heute abend hier reden, entspricht dem Wunsch Ihrer Fraktion.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Ich war im Ältestenrat der Meinung, daß es sehr sinnvoll sei — da der Bericht einmal aus dem Verkehrsausschuß zurückkommt —, den Bericht nach dem Votum des Ausschusses hier zu diskutieren. Sie aber wollten diese Diskussion zweimal führen, heute und demnächst, in einigen Wochen.
Daß wir uns überhaupt mit diesem Bericht der Bundesregierung über die Förderung der Verkehrsbedienung und den Ausgleich der Verkehrsinteressen im Straßenpersonenverkehr beschäftigen, liegt daran, daß die Bundesregierung im Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes vom 8. Mai 1969 eine Umwandlung der bis damals geltenden Linienkonzessionen in Gebietskonzessionen vorsah. Herr Kollege Sick, das war die Bundesregierung der Großen Koalition unter Ihrem Bundeskanzler Kiesinger.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und wer war Verkehrsminister?)

— Unter Ihrem Bundeskanzler Kiesinger, allerdings mit einem SPD-Verkehrsminister. Darüber haben wir vorhin schon einmal gesprochen.
Der Deutsche Bundestag hat dann diese Umwandlung der Konzessionen abgelehnt, mit Recht, wie wir Freien Demokraten meinen; denn die Veränderung der Konzeption der Linienkonzessionen zu einer Konzeption der Gebietskonzessionen hätte unter dem Strich die Ausschaltung der mittelständischen Betriebe im öffentlichen Personennahverkehr bedeutet. Das wollten wir nicht. Das wollten wir 1969 nicht und — ich sage das ganz deutlich — das wollen wir Freien Demokraten auch im Jahre 1977 nicht;

(Zuruf von der CDU/CSU: Da stimmen wir ja überein!)

denn diese Unternehmen sind gehalten, kostendekkend zu fahren, weil ihnen niemand das Defizit abnimmt, wie es bei den übrigen Gesellschaften, die sich in öffentlicher Hand befinden, üblich ist. Wir befürchten, daß, wenn diese Linien, die heute noch kostendeckend befahren werden, in den großen Topf der öffentlichen Betriebe hineinkommen, sie auch bald ins Minus hineinrutschen werden. Dem Bürger und Steuerzahler werden dann höhere Lasten auferlegt, ohne daß er in der Bedienung einen Vorteil hätte.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es überall dort, wo kein Wettbewerb ist!)

— Das ist nun mal so.
Von daher war der Deutsche Bundestag 1969 sehr gut beraten, daß er die Regierungsvorlage veränderte. Wir waren damals in der Opposition und haben daran natürlich mit Freuden mitgewirkt.
Die bisher vorliegenden Berichte — und dies ist der dritte — legen dar, daß es durchaus möglich gewesen ist, ohne gesetzlichen Zwang zu einer freiwilligen Zusammenarbeit aller Betriebe zu kommen, die sich im öffentlichen Personennahverkehr betätigen. Wir haben Tarif- und Verkehrsgemeinschaften. Wir haben aber auch Verkehrsverbünde.
Man sollte aber sehr vorsichtig sein, denn die Errichtung der Verbünde bedeutet noch nicht eine



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Verbesserung der Bedienung oder wirtschaftlicheren Betrieb. Im Gegenteil! Bei der Schaffung des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, der vom Land Nordrhein-Westfalen, von meinem Parteifreund, dem Verkehrsminister Dr. Riemer, betrieben wird, hat die örtliche Gesellschaft in meiner Heimatstadt festgestellt, daß der Verkehrsverbund, in den diese Gesellschaft unter sanftem Druck der Regierung hinein muß, das vorhandene Defizit verdoppeln wird. Das im Jahre 1977 zu erwartende Defizit von 10 Millionen DM wird sich durch Schaffung des Verkehrsverbundes später auf 20 Millionen DM erhöhen. Das Land hat sich allerdings bereit erklärt, auf zehn Jahre hinaus mit insgesamt 500 Millionen DM die finanziellen Nachteile des Verkehrsverbundes für die Gesellschaften in dem Verbund auszugleichen.
Für die Verkehrsbedienung mag es gut sein, wenn in einem überschaubaren Raum eine Tarifgemeinschaft, eine Verkehrsgemeinschaft oder sogar ein Verbund vorhanden sind. Dies bringt Erleichterungen für den Fahrgast: Durchläsen der Fahrscheine, Abstimmung der Fahrpläne usw. Wenn der Bezirk aber zu groß ist, verkehrt sich der Sinn gelegentlich in Unsinn. Wer will denn schon beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr mit einem Fahrschein von Haltern nach Duisburg fahren? Der Betreffende fährt von jeher mit der Deutschen Bundesbahn mit einer Fahrkarte an seinen Zielort.
Sosehr also die Zielsetzungen zu begrüßen sind, die in § 8 des Personenbeförderungsgesetzes angesprochen sind, so möchte ich doch davor warnen, das Heil von großflächigen Verbünden zu erwarten. Wir haben uns in der Vergangenheit bemüht, den Betrieben, die öffentlichen Personennahverkehr betreiben, Lasten abzunehmen, und zwar im Interesse der Aufrechterhaltung der Bedienung, im Interesse verbesserter Bedienung, im Interesse der Befreiung der Ballungsräume vom Individualverkehr. Dies alles sind Maßnahmen, die wir hier gemeinsam beschlossen haben, zu denen wir uns bekennen und die wir auch in Zukunft fortsetzen werden. Wir geben auch für die Schaffung der Tarifgemeinschaften und Verkehrsgemeinschaften grünes Licht, aber wir sollten dabei nicht zu großflächig denken und uns mit den Ergebnissen bescheiden, die bisher schon vorliegen, und uns bemühen, diese Ergebnisse in den nächsten Jahren hier und dort noch zu verbessern.
Nun noch zwei Sätze zu Bahn und Post. Wir begrüßen es, daß der Dualismus von bundeseigenen Unternehmen im ÖPNV beseitigt wird. Es mag, historisch gesehen, das Recht der Post gewesen sein, die Personenbeförderung zu übernehmen. Die Post war ja die erste Einrichtung, die diese Aufgabe übernahm. Im Grunde genommen sind die Personenbeförderung und die Beförderung von Gütern aber auch eine Aufgabe der Deutschen Bundesbahn. Mit der Schaffung der Gemeinschaft von Bahn und Post und mit der Bildung von Regionalgesellschaften überschaubarer Art werden wir sicherlich in der Lage sein, die Verluste, die zwei konkurrierende Staatsbetriebe wegen der Konstruktion ihrer Dienste erleiden mußten, in Zukunft zu vermeiden.
Unser Ja zu diesen Regionalgesellschaften bedeutet aber nicht ein Ja zur Umwandlung von Linienkonzessionen zu Regionalkonzessionen, obwohl gelegentlich bei der Begründung dieser Maßnahme auch von seiten des Bundesverkehrsministeriums — vom Minister habe ich dies allerdings noch nicht gehört, aber es gibt ja auch noch einige im nachgeordneten Bereich — gesagt wird, daß das alles nur Sinn habe, wenn man zu Regionalkonzessionen käme.

(Zuruf von der CDU/CSU: Bleibt der Standpunkt so erhalten?)

— Mein Standpunkt bleibt immer unverändert erhalten. Er ist durch lange Überlegung geprägt. Ich verschließe mich zwar nicht besseren Erkenntnissen, jedoch habe ich hier noch keine bessere Erkenntnis kennengelernt.
Von daher meinen wir, daß es bei dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom Mai 1969 bleiben sollte. Wir prüfen an Hand der jedesmal neu in Auftrag gegebenen Berichte, ob die Zielsetzungen des § 8 erreicht sind oder ob wir auf dem Wege sind, sie zu erreichen. Dann werden wir es bei dem bisherigen System belassen. Ich glaube, damit dienen wir nicht nur den Unternehmern, die sich im öffentlichen Personennahverkehr bewegen, sondern vor allen Dingen auch den Fahrgästen; auf die kommt es für uns im Grunde genommen an.

(Beifall auf allen Seiten)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0804435700
Ich stelle Beifall auf allen Seiten des Hauses fest.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat schlägt Ihnen Überweisung der Vorlage an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen vor. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Dies ist einstimmig so beschlossen.
Damit haben wir unsere Tagesordnung abgewikkelt.
Ich berufe die nächste Plenarsitzung auf Dienstag, den 4. Oktober 1977, 11 Uhr ein und schließe die Sitzung.