Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Amtliche Mitteilungen ohne VerlesungDer Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 10. Juli 1977 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2452/76 über den Transfer von Interventionsbutter aus anderen Mitgliedstaaten an die italienische Interventionsstelle (Drucksache 8/210)Verordnung des Rates zur dritten Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1163/76 hinsichtlich der Frist für die Anträge auf Umstellungsprämie im Weinbau (Drucksache 8/242)Verordnung des Rates über einige gegenüber bestimmten Drittländern anzuwendende vorläufige Maßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände in der Fischereizone vor der Küste des Departements Guayana (Drucksache 8/314)Verordnung des Rates zur vierten Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1163/76 über die Gewährung einer Umstellungsprämie im Weinbau (Drucksache 8/333)Verordnung des Rates zur Verlängerung des Nordseeheringfangverbots (Drucksache 8/432)Verordnung des Rates über die Einfuhren von Olivenöl mit Ursprung im Libanon (Drucksache 8/444)Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 72/159/EWG über die Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe
Verordnung Nr. 723/77 des Rates vom 5. April 1977 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 557/76 hinsichtlich der in der Landwirtschaft anzuwendenden Umrechnungskurse für die dänische KroneVerordnung Nr. 1053/77 des Rates vom 17. Mai 1977 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 878/77 hinsichtlich der auf Tomatenkonzentrat anwendbaren UmrechnungskurseVerordnung Nr. 426/77 des Rates vom 14. Februar 1977 zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 888/68, Nr. 990/68 und 752/74 betreffend den RindfleischsektorVerordnung Nr. 427/77 des Rates vom 14. Februar 1977 zur Anpassung der Verordnungen (EWG) Nr. 885/68 und Nr. 1302/73 infolge der Änderung der gemeinsamen Marktorganisation für RindfleischVerordnung Nr. 428/77 des Rates vom 14. Februar 1977 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 989/68 zur Festsetzung der Grundregeln betreffend die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung bei RindfleischVerordnung Nr. 429/77 des Rates vom 14. Februar 1977 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 98/69 zur Festsetzung der Grundregeln über den Absatz des von den Interventionsstellen aufgekauften gefrorenen RindfleischesVerordnung Nr. 430/77 des Rates vom 14. Februar 1977 zur Festlegung der Grundregeln des Systems der Ausgleichsbeträge für RindfleischVerordnung Nr. 745/77 des Rates vom 5. April 1977 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung (EWG) Nr. 194/77 zur Festlegung bestimmter Übergangsmaßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen gegenüber Schiffen, die die Flagge Polens, der DDR und der UdSSR führenVerordnung Nr. 746/77 des Rates vom 5. April 1977 zur Spanien, Finnland und Portugal betreffenden Verlängerung der Geltungsdauer einiger Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 373/77 zur Festlegung von Übergangsmaßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen gegenüber Schiffen, die die Flagge bestimmter Drittländer führenVerordnung Nr. 747/77 des Rates vom 5. April 1977 zur Schweden betreffenden Verlängerung der Geltungsdauer einiger Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 373/77 zur Festlegung von Übergangsmaßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen gegenüber Schiffen, die die Flagge bestimmter Drittländer führenDer Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 7. September 1977 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachstehende, bereits verkündete Vorlage keine Bedenken erhoben hat:Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat betreffend die Überprüfung der Regeln über die Aufgaben und die Arbeitsweise des Europäischen Sozialfonds
Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 7. September 1977 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachstehenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 hinsichtlich des höchsten Schwefeldioxydgehalts von WeinVerordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2893/74 über in der Gemeinschaft hergestellte Schaumweine im Sinne von Nummer 12 des Anhangs II der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 und der Verordnung (EWG) Nr. 817/70 zur Festlegung besonderer Vorschriften für Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete (Drucksache 8/120)Verordnung des Rates zur dritten Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2133/74 zur Aufstellung allgemeiner Regeln für die Bezeichnung und Aufmachung der Weine und Traubenmoste (Druchsache 8/431)Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 8. September 1977 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachstehenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:Verordnung des Rates betreffend den Abschluß eines Abkommens zur Änderung des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Osterreich zur Anwendung der Bestimmungen über das gemeinschaftliche Versandverfahren sowie die Anwendung des Beschlusses Nr. 1/77 des durch das genannte Abkommen eingesetzten Gemischten Ausschusses (Drucksache 8/446)Verordnung des Rates betreffend den Abschluß eines Abkommens zur Änderung des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Anwendung der Bestimmungen über das gemeinschaftliche Versandverfahren sowie die Anwendung des Beschlusses Nr. 1/77 des durch das genannte Abkommen eingesetzten Gemischten Ausschusses (Drucksache 8/447)Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:Fragestunde— Drucksache 8/885 —Ich darf zunächst bekanntgeben, daß die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Frage 1 des Abgeordneten Dr. Steger und Frage 2 des Abgeordneten Dr. Schneider — sowie die Frage 3 des Abgeordneten Dr. Steger aus
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3132 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Vizepräsident Frau Rengerdem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Herrn Bundesministers des Innern. Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Schoeler steht zur Beantwortung zur Verfügung.Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Jäger auf. — Der Herr Abgeordnete Jäger ist noch nicht im Saal.Ich rufe daher zunächst die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Schäfer auf:Hat sich nach Auffassung der Bundesregierung das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 nach den bisherigen Erfahrungen bewährt, bzw. ergibt sich die Notwendigkeit der Novellierung einzelner Bestimmungen, und ist die Bundesregierung bereit, dem zuständigen Fachausschuß einen entsprechenden Bericht zu geben?Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, das im Jahre 1974 grundlegend neu gestaltete Bundespersonalvertretungsgesetz hat sich in den dreieinhalb Jahren seit seinem Inkrafttreten bewährt. Das Zusammenwirken von Personalvertretung und Dienststellenleitern ist bei aller naturgegebenen Polarität der Standpunkte im allgemeinen sachlich und von gegenseitigem Vertrauen getragen.
Soweit bei der Auslegung einzelner Bestimmungen des Gesetzes Zweifel aufgetreten sind, sind diese durch die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ausgeräumt worden oder noch rechtshängig. Bisher sehe ich keine Notwendigkeit zu einer umfassenden oder partiellen Novellierung des noch verhältnismäßig jungen Gesetzes.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter, bitte schön.
Ich wollte eigentlich nur bitten, den zweiten Teil meiner Frage auch zu beantworten.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich bitte um Entschuldigung. Herr Kollege, wenn der Innenausschuß des Deutschen Bundestages das wünscht, sind wir selbstverständlich zu einem entsprechenden Bericht bereit.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte sehr.
Können Sie in etwa einen Überblick geben, in wieviel Einzelfällen es zu Verwaltungsgerichtsentscheidungen gekommen ist und wieviel Verfahren noch anhängig sind?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann Ihnen da im Augenblick keine exakten Zahlen nennen. Dafür bitte ich um Verständnis. Ich weiß auch nicht, ob die Zahlen überhaupt verfügbar
sind. Wenn ja, werde ich mich selbstverständlich darum bemühen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Becker.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, wenn im Innenausschuß ein Bericht gegeben werden soll, sich bei den einzelnen Verwaltungen über aufgekommene Schwierigkeiten und Streitigkeiten noch einmal einen genauen Überblick über den dann geltenden Stand geben zu lassen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn der Innenausschuß eine solche Unterrichtung wünscht, würden wir selbstverständlich bei den Bundesressorts wegen deren Erfahrungen anfragen.
Keine Zusatzfragen.
Ich rufe jetzt die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Jäger auf, da der Herr Abgeordnete nunmehr im Saal ist:
Trifft es zu,' daß Bundeskanzler Schmidt, wie in der Welt" vom 28. August 1977 berichtet, eine Änderung der Bezeichnung „Vertriebene" für Aussiedler aus den deutschen Ostgebieten angekündigt hat, und wenn ja, bestreitet die Bundesregierung, daß es sich bei sog. Aussiedlern, die ihre angestammte und rechtmäßige Heimat wegen der Vorenthaltung der selbstverständlichsten Menschenrechte verlassen, um Opfer einer Vertreibung mit anderen Mitteln handelt, oder ist diese Änderung lediglich als eine Geste der Nachgiebigkeit gegenüber den kommunistischen Regierungen in Mittel- und Osteuropa zu verstehen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es trifft zu, daß die Bundesregierung beabsichtigt, den für Aussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz auszustellenden Ausweis als Ausweis für Aussiedler zu bezeichnen. Die Bundesregierung verkennt nicht den historischen Zusammenhang zwischen den Vertreibungsmaßnahmen bei Kriegsende und der heutigen Aussiedlung. Sie kann sich allerdings der Einsicht nicht verschließen, daß die Aussiedler ihre Heimatgebiete östlich von Oder und Neiße heute unter ganz anderen Umständen und Gegebenheiten verlassen als ihre Landsleute bei Kriegsende und in der ersten Zeit danach.
Es erscheint vertretbar, diesen Gesichtspunkt künftig im Ausweis auszudrücken, der nach dem Bundesvertriebenengesetz auszustellen ist, ohne daß dies zu einer Änderung bisheriger rechtlicher Positionen führt. Durch eine solche Ausgestaltung des Ausweises geht den Aussiedlern kein einziges Recht verloren.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger, bitte.
Herr Staatssekretär, da Sie auf den zweiten Teil meiner Frage nicht eingegangen sind, möchte ich Sie noch einmal fragen: Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß es faktisch einen nicht ins Gewicht fallenden Unterschied bedeutet, ob jemand aus seiner Heimat ausgewiesen und direkt vertrieben wird, oder ob ihm seine Menschen- und Grundrechte in so einschnei-
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Jäger
dender Weise vorenthalten werden, daß ihm praktisch kein anderer Ausweg bleibt, als tatsächlich auszusiedeln?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, im Gegensatz zu Ihrer Annahme habe ich den zweiten Teil Ihrer Frage beantwortet. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für gerecht gegenüber den Mitbürgern, die jetzt auf ihrem Ausweis als „Aussiedler" bezeichnet werden, daß durch diese Bezeichnung der Schein erweckt wird, als wären sie freiwillig, sozusagen ohne jeden Zwang und so wie etwa andere Aussiedler, die früher nach Amerika oder nach anderen Ländern ausgezogen sind, um rein wirtschaftlich bessere Verhältnisse vorzufinden, aus ihrer Heimat gegangen? Sollte man nicht schon bei der Bezeichnung zum Ausdruck bringen, daß es sich um Leute handelt, die eben in einer Notsituation gegangen sind?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich sehe in der Ihrer Frage zugrunde liegenden Annahme eine willkürliche und unzutreffende Interpretation der Bezeichnung des Ausweises als Aussiedlerausweis und kann deswegen zu Ihrer Frage auch nichts weiter sagen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, besteht nicht ein sonderbarer Zusammenhang zwischen der sogenannten neuen Einsicht der Bundesregierung und den Pressionen der polnischen Regierung, die dahin laufen, daß den Aussiedlern der Ausweis nicht mehr entsprechend dem Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz ausgehändigt werden darf?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das Wort „Pressionen" möchte ich in diesem Zusammenhang auf keinen Fall akzeptieren. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß ein Wunsch nicht schon deshalb abzulehnen ist, weil er in Gesprächen zwischen zwei Ländern von der anderen Seite geäußert wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß die rechtliche Position der Aussiedler nach diesem Begriff die gleiche ist wie die der Vertriebenen nach dem Lastenausgleichsgesetz oder anderen Gesetzen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Sehr richtig! Im übrigen vielen Dank, Herr Kollege Schäfer, daß Sie mir die Möglichkeit geben, diese Erklärung, die die Bundesregierung in der Fragestunde des Deutschen Bundestages wiederholt abgegeben hat und die auch ich hier heute abgegeben habe, noch einmal zu bekräftigen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hennig.
Herr Staatssekretär, warum hat dann die Bundesregierung noch kurz vor der Sommerpause in diesem Hause gänzlich anders geartete Auskünfte gegeben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie irren sich. Die Bundesregierung hat nie anders geartete Auskünfte gegeben. Ich bitte Sie, die Protokolle des Deutschen Bundestages diesbezüglich noch einmal nachzulesen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Blumenfeld auf. — Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nun die Frage 7 des Abgeordneten Höpfinger auf:
Welche Möglichkeiten erwägt die Bundesregierung, um den Personenkreis der Beamten finanziell zu entlasten, die früher in einem Angestelltenverhältnis tätig waren und daher freiwillig, d. h. unter alleiniger Aufbringung des Krankenversicherungsbeitrags ohne Arbeitgeberzuschuß in einer Krankenkasse versichert sind?
Bitte, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn Sie einverstanden sind, möchte ich die beiden Fragen wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten.
Ich rufe also auch die Frage 8 des Abgeordneten Höpfinger auf:Wäre es möglich, bei weiterem Ansteigen des Krankenversicherungsbeitrags für diesen zahlenmäßig kleinen Teil der Beamten seitens des Dienstherren einen Beitragszuschuß bzw. den halben Krankenversicherungsbeitrag zu gewähren?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die auf das Beamtenrecht zugeschnittenen Beihilfevorschriften des Bundes gehen davon aus, daß der Beamte zunächst in angemessenem Umfang Vorsorge aus eigenen Mitteln trifft — in den Dienst- und Versorgungsbezügen ist ein entsprechender Anteil hierfür enthalten — und diese Vorsorge auf Grund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn durch Beihilfen ergänzt wird. Die Beihilfen sind so zu bemessen, daß sie zusammen mit den Versicherungsleistungen die entstandenen Aufwendungen in der Regel decken. Für Beamte und Versorgungsempfänger, die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind, hätte die finanzielle Belastung mit Versicherungsleistungen nicht die Bedeutung, wenn die gesetzliche Krankenver-
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Parl. Staatssekretär von Schoelersicherung eine beihilfekonforme, d. h. restkostendeckende Versicherung ermöglichen könnte, wie diesbei der privaten Krankenversicherung der Fall ist.Die Beihilfevorschriften werden gegenwärtig mit dem Ziel überprüft, die Möglichkeiten einer Vereinfachung auszuschöpfen. Die Frage der Zuschußgewährung ist in dieses Vorhaben eingebettet. In einer Kommission, in der der Bund und die Länder vertreten sind, werden die Vorarbeiten geleistet. Mit einem Abschluß dieser Arbeiten kann nicht vor März nächsten Jahres gerechnet werden. Erst dann wird eine abschließende Meinungsbildung beim Bund und in den Ländern möglich sein.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter, bitte.
Herr Staatssekretär, kann man davon ausgehen, daß den Belangen der von mir angesprochenen Personenkreise durch die Initiativen hier Rechnung getragen wird?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Das wäre eine zu weitgehende Schlußfolgerung. Sie können der Antwort allerdings entnehmen, daß die Fragen sorgfältig geprüft werden.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Kühbacher auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung in Anbetracht der Tatsache, daß zur Zeit für die dem Bundesgrenzschutz angehörigen Beamten unterschiedliche Maßstäbe bei der Gewährung von freier Heilfürsorge und Beihilfen angewandt werden, die freie Heilfürsorge auch für den Grenzschutzeinzeldienst einzuführen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, darf ich die Fragen wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten?
Der Kollege ist einverstanden.
Ich rufe dann auch die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Kühbacher auf:
Besteht eine Konzeption für eine einheitliche Regelung für alle Beamten des Bundesgrenzschutzes, oder wie beabsichtigt die Bundesregierung, bei Versetzung von Beamten aus dem kasernierten Bereich in den Grenzschutzeinzeldienst eine Übergangsmöglichkeit und eine Beibehaltung der freien Heilfürsorge sicherzustellen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Pari. Staatssekretär: Nach § 70 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes wird den Polizeivollzugsbeamten im Bundesgrenzschutz unentgeltliche grenzschutzärztliche Versorgung gewährt. Die Beamten des Grenzschutzeinzeldienstes sind von dieser Versorgung ausdrücklich ausgenommen. Eine grenzschutzärztliche Versorgung läßt sich nur in den Verbänden des Bundesgrenzschutzes praktizieren, wo in jeder Abteilung ein Arzt zur Verfügung steht. Für Polizeivollzugsbeamte des Grenzschutzeinzeldienstes läßt sich eine solche grenzschutzärztliche Versorgung nicht durchführen, weil dieser Dienstzweig des Bundesgrenzschutzes aus einer Vielzahl zum Teil kleinerer Dienststellen besteht, die überwiegend weit auseinander liegen. Dies war u. a. auch ein Grund dafür, daß die unentgeltliche grenzschutzärztliche Versorgung für Beamte des Grenzschutzeinzeldienstes, die nach der Überführung des Bundespaßkontrolldienstes in den Bundesgrenzschutz im Jahre 1953 schon einmal für kurze Zeit eingeführt worden war, wieder aufgegeben wurde. Für die Beamten des Grenzschutzeinzeldienstes gilt seither Beihilferecht.
In den letzten Jahren sind zahlreiche jüngere Polizeivollzugsbeamte aus den Verbänden des Bundesgrenzschutzes im Zuge der personellen Verstärkung des Grenzschutzeinzeldienstes und zum Ersatz ausscheidender Polizeivollzugsbeamten zum Grenzschutzeinzeldienst versetzt worden. Diese Beamten sehen in dem mit der Versetzung verbundenen Wegfall der unentgeltlichen grenzschutzärztlichen Versorgung und ihrer Verweisung auf das Beihilfesystem eine Verschlechterung ihres bisherigen sozialen Besitzstandes. Die Bundesregierung prüft deshalb zur Zeit, ob für die Polizeivollzugsbeamten des Grenzschutzeinzeldienstes durch Änderung des § 70 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes eine den Verhältnissen bei den Polizeien der Länder vergleichbare freie Heilfürsorge eingeführt werden soll.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung eine Übersicht darüber, wie sich diese in Aussicht genommene Veränderung des Bundesbesoldungsgesetzes finanziell auf den Bundeshaushalt auswirken könnte, öder ergeben sich für den Bundeshaushalt möglicherweise Einsparungen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung prüft zunächst einmal die Notwendigkeit und den Sinn einer entsprechenden Änderung. Davon hängt natürlich auch der Umfang möglicher Änderungen ab, wovon dann wieder die Kosten abhängen, so daß ich heute noch nicht in der Lage bin, Ihnen eine Antwort zu geben, weil sich die Prüfung noch nicht in diesem Stadium befindet.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung in ihre Überlegungen auch die bei den Ländern zur Zeit gehandhabte Regelung der Gewährung der freien Heilfürsorge einbeziehen, die sich auch beim Polizeieinzeldienst und bei der Bereitschaftspolizei durchaus einheitlich vollziehen läßt?von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe bereits darauf hingewiesen, daß wir die Gegebenheiten bei den Ländern bei der Prüfung mit berücksichtigen werden. Ich muß allerdings
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3135
Pari. Staatssekretär von Schoelerdarauf hinweisen, daß die Verhältnisse nach meinerKenntnis auch nicht in allen Ländern einheitlich sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir darin zustimmen, daß man bei dieser wie auch bei anderen Regelungen Härtefälle dadurch vermeiden könnte, daß man den Angehörigen des öffentlichen Dienstes, entsprechend dem Abgeordnetengesetz, die Wahlfreiheit zwischen dem Beihilfewesen bzw. der freien Heilfürsorge nach öffentlichem Dienstrecht und der gesetzlichen Krankenversicherung mit Arbeitgeberzuschuß gibt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die von Ihnen angesprochene Regelung des § 27 des Abgeordnetengesetzes hat sicherlich mit zur Aktualität dieser Frage beigetragen. Ich muß allerdings darauf hinweisen, daß die Auswirkungen von Änderungen in diesem Bereich für ältere und jüngere Beamte sehr unterschiedlich sind. Insofern müssen diese Fragen wirklich sehr sorgfältig geprüft werden, damit durch eine eventuelle Neuregelung keine neuen Härten entstehen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Schröder auf:
Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung in diesem Jahr unternommen, um zu verhindern, daß ab Oktober 1977 durch eine neue Abwasserdruckleitung ungeklärte Abwasser in das Emsästuar eingeleitet werden, die zu einer Gefährdung des Fremdenverkehrs auf der Insel Borkum und anderen Nordseeinseln führen können?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung verfolgt mit Besorgnis die jüngste Entwicklung auf der niederländischen .Seite im Hinblick auf die Inbetriebnahme der Abwasserdruckleitung in das Emsästuar. Während die Vereinbarung der Minister Genscher und Drees von 1972, wonach kein ungereinigtes Abwasser über eine Druckleitung in das Emsästuar eingeleitet werden darf, unverändert gilt, ist von niederländischer Seite offenbar vorgesehen, zumindest vorübergehend, auch ungereinigte Abwässer einzuleiten.
Dies ist erst vor wenigen Monaten erkennbar geworden. Die Bundesregierung hat seitdem immer wieder mit großem Nachdruck den Standpunkt vertreten, daß es bei der 1972 getroffenen Vereinbarung bleiben muß, und wird an diesem Standpunkt auch in den Verhandlungen, die in der kommenden Woche fortgesetzt werden, festhalten. Die deutsche Delegation hat in den bisherigen Verhandlungen mit aller Deutlichkeit klargemacht, daß erhebliche Verzögerungen auf der niederländischen Seite bei der Sanierung der Abwasserverhältnisse in Betrieben, die an die Druckleitung angeschlossen werden sollen, nicht zu unseren Lasten gehen dürfen. Dabei ist vor allem auf die Beeinträchtigung des Fremdenverkehrs auf der Insel Borkum und in anderen Erholungsgebieten Ostfrieslands hingewiesen worden.
Im Auftrag des Bundesinnenministeriums wurde von den Professoren Rincke und Seyfried in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde und dem Niedersächsischen Wasseruntersuchungsamt in Hildesheim jetzt ein weiteres Gutachten fertiggestellt; es wurde der niederländischen Seite am 7. September übergeben und unterstreicht den deutschen Standpunkt, daß das Emsästuar bei weitem geringere Belastungen verträgt als sie von niederländischer Seite als vertretbar angenommen wurden.
Herr Bundesinnenminister Professor Dr. Maihofer hat im übrigen in einem an seinen niederländischen Kollegen gerichteten Schreiben seine große Besorgnis über die Entwicklung zum Ausdruck gebracht und darum gebeten, die niederländische Regierung möge sich dafür einsetzen, daß nur solchen Betrieben der Anschluß an die Abwasserdruckleitung gestattet wird, die ihre Abwasserverhältnisse saniert haben, damit kein neues Umweltproblem im Ems-Mündungsgebiet entsteht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, wenn die Niederländer ihre Drohung tatsächlich verwirklichen und ungereinigte Abwässer einleiten, was doch wohl eindeutig der Vereinbarung von 1972 widerspricht?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß es gelingen muß, die Regelungen der Vereinbarung von 1972 in der Praxis dugrchzusetzen. Von daher sehe ich im Augenblick keinen Anlaß zu Spekulationen über die in Ihrer Frage zum Ausdruck gekommene Situation.
Eine zweite Zusatzfrage, bitte.
Sehen Sie denn eine Möglichkeit, vor dem geplanten Termin — Anfang Oktober — noch weitere konkrete Schritte zu unternehmen, um die beabsichtigte Einleitung zu verhindern?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich glaube, Sie haben aus der Beantwortung Ihrer Frage entnehmen können, daß die Bundesregierung alles ihr Mögliche getan hat und auch weiter tun wird, um die 1972 getroffenen Vereinbarungen zu erfüllen und auch auf ihre Erfüllung durch die andere Seite hinzuwirken.
Die Frage 15 ist von Herr Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim eingebracht. — Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
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3136 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Vizepräsident Frau RengerFrage 16 wird auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Dr. Hennig, schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Coppik auf:Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Aktivitäten der internationalen rechtsextremistisch-militanten Organisationen vor, der Josef Werner Trierner, Michel Antosch, Dieter Fritz Pollert und Reinhold Kucher angehören sollen, und welche Maßnahmen sind gegebenenfalls gegen die vier Männer nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet worden?Bitte schön, Herr Staatssekretär.von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Bundesregierung ist bekannt, daß Anfang März dieses Jahres vier deutsche Staatsangehörige in Spanien festgenommen und am 5. April 1977 wieder freigelassen wurden. Ferner sind der Bundesregierung Pressemeldungen bekannt, die auf den Bericht einer spanischen Zeitung vom 28. Juli dieses Jahres zurückgehen. Nach diesen Zeitungsmeldungen sollen die Verhafteten an Attentatsplänen beteiligt gewesen sein und einer internationalen rechtsextremistischen Gruppe angehören.Die von der Bundesregierung unverzüglich eingeleitete Klärung, ob die Verhaftungen im Zusammenhang mit Attentatsplänen standen, ist noch nicht abgeschlossen. Deshalb kann ich im gegenwärtigen Zeitpunkt die Frage nicht beantworten, ob eine internationale rechtsextremistische Organisation, der die in Ihrer Frage genannten Personen angehören sollen, besteht und aktiv geworden ist. Die spanischen Behörden haben der deutschen Botschaft gegenüber bisher keinerlei Mitteilung über politische Hintergründe des Vorgangs gemacht. Erst nach vollständiger Sachverhaltsaufklärung kann beurteilt werden, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen angezeigt sind. Ich werde Sie, Herr Kollege, nach dem Abschluß der Bemühungen um Aufklärung gerne weiter unterrichten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Coppik.
Herr Staatssekretär, gibt es irgendwelche Erkenntnisse, daß diese vier Personen ihre Tätigkeit auch in der Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt oder schon vor der Zeit in Spanien ausgeübt haben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß wir nach den, wie Sie zugeben werden, sehr vagen Andeutungen und Mitteilungen in der Presse unverzüglich die notwendigen Aufklärungsmaßnahmen ergriffen haben. Sie beziehen auch den von Ihnen angesprochenen Problemkreis ein. Weitere Erkenntnisse liegen mir nicht vor. Sonst hätte ich sie vorhin schon erwähnt.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Muß ich dieser Antwort entnehmen, daß seitens des Auswärtigen Amtes irgendwelche
Erkenntnisse über den Grund der Verhaftung in Spanien an das Bundesinnenministerium nicht weitergegeben wurden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich habe in meiner Antwort auf Ihre Frage, Herr Kollege, bereits darauf hingewiesen, daß die spanischen Behörden der deutschen Botschaft keine Mitteilung über politische Hintergründe des Vorgangs gemacht haben. Es ist also nicht etwa so, daß etwas nicht weitergegeben worden wäre, sondern so, daß nichts mitgeteilt worden ist. Das ist ein erheblicher Unterschied, wie Sie zugeben werden.
Die Frage 13 wird auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Dr. Enders, schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Frage 17 wird auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider, schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Penner auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Ehrengerichtsbarkeit für Rechtsanwälte namentlich im Hinblick auf ungeahndetes hartnäckiges Fehlverhalten von Strafverteidigern in den letzten Jahren verbesserungsbedürftig ist, und wenn ja, welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Die Bundesregierung hält es für dringend notwendig, daß von den berufsrechtlichen Sanktionen ein zügiger und tatangemessener Gebrauch gemacht wird, wenn ein Rechtsanwalt als Verteidiger gegen seine berufliche Pflicht zur Wahrung der Rechtsordnung verstoßen hat. Weitgehende Vorrechte des Verteidigers in Strafverfahren, die rechtsstaatlich erwünscht sind, damit alle Umstände des Falles ausgewogen berücksichtigt werden, sind nur bei einer der Rechtsordnung verpflichteten Handlungsweise des Verteidigers tragbar. Den Ehrengerichten, die auf Antrag der Staatsanwaltschaft Pflichtverletzungen von Rechtsanwälten zu ahnden haben, kommt daher eine hohe Verantwortung für die Rechtspflege zu.Soweit in mehreren Fällen der letzten Zeit ehrengerichtliche Verfahren unerwartet lange gedauert haben oder noch nicht abgeschlossen werden konnten, muß berücksichtigt werden, daß die berufsrechtlichen Vorwürfe zugleich Straftatbestände darstellten. In solchen Fällen hat aus Gründen der Verfahrensökonomie das Strafverfahren den gesetzlichen Vorrang vor dem ehrengerichtlichen Verfahren. Da der strafrechtliche Vorwurf von den zuständigen Strafgerichten noch nicht geklärt werden konnte, mußten die ehrengerichtlichen Verfahren ausgesetzt
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3137
Parl. Staatssekretär Dr. de Withwerden. Ich darf auf § 118 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung verweisen.Soweit ehrengerichtliche Verfahren in einzelnen Fällen aus anderen Gründen verzögert wurden, wird von den für die Aufsicht über die Ehrengerichte zuständigen Landesjustizverwaltungen der Frage nachzugehen sein, mit welchen Mitteln hier abgeholfen werden kann.Unter diesen Aspekten ,darf gesagt werden, daß im Hinblick auf die Effektivität die Ehrengerichtsbarkeit verbessert werden sollte.
Keine Zusatzfrage. — Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Penner auf:
Hält die Bundesregierung in diesem Zusammenhang eine gesetzliche Neuordnung für erforderlich?
Bitte schön.
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Eine grundlegende Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Ehrengerichtsbarkeit für Rechtsanwälte hält die Bundesregierung nicht für notwendig. Die Bundesrechtsanwaltsordnung bietet hinreichend Möglichkeiten, einem Mißbrauch anwaltlicher Befugnisse wirksam entgegenzutreten. Die Verteilung der Aufgaben in der Ehrengerichtsbarkeit — Verfolgung der Pflichtverletzungen durch die Staatsanwaltschaft, Ahndung durch Gerichte, .die mit ehrenamtlichen Richtern aus der Rechtsanwaltschaft in einem von Instanz zu Instanz unterschiedlichen Maße besetzt sind — hat sich grundsätzlich bewährt.
Die Fälle, die Ihrer Frage zugrunde liegen dürften, haben bereits Anlaß dazu gegeben, zusammen mit den Landesjustizverwaltungen und den Organisationen der Anwaltschaft zu prüfen, wie das ehrengerichtliche Verfahren effektiver gestaltet werden kann. Ich darf im übrigen auf den letzten Satz der Antwort auf Ihre erste Frage verweisen, Herr Kollege Penner.
Keine Zusatzfrage.
Der Herr Abgeordnete Dr. Jaeger ist nicht im Raum; seine Fragen 20 und 21 werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Dr. Hennig auf:
Welche konkreten Unterschiede in den Haftbedingungen einsitzender Terroristen gegenüber denen der anderen Häftlinge hat es bisher in deutschen Haftanstalten gegeben, und hält die Bundesregierung etwa bestehende Sondervergünstigungen überhaupt für tragbar?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Generell darf ich darauf hinweisen, daß der Vollzug der Untersuchungshaft und der Freiheitsstrafe nicht in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung fällt. Nach ,der im Grundgesetz verankerten Aufgabenverteilung fallen diese Bereiche in die ausschließliche Zuständigkeit der Bundesländer. Die Vollzugsbehörden der Länder, die der Aufsicht des Justizministers des jeweiligen Landes unterstehen, entscheiden deshalb im Rahmen der Gesetze auch in eigener Verantwortung über die Behandlung der Gefangenen.
Über die Haftbedingungen der in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim befindlichen Häftlinge hat das Justizministerium Baden-Württemberg am 7. September 1977 eine Pressemitteilung herausgegeben. Ich bin gern bereit, Ihnen diese Pressemitteilung, die konkrete Einzelheiten enthält, zur Verfügung zu stellen. Die in dieser Mitteilung des Justizministeriums Baden-Württemberg erwähnten Erleichterungen, die der Haftrichter gemäß § 119 StPO verfügt hat, beruhen im wesentlichen auf Gutachten medizinischer Sachverständiger.
Nach dem 5. September 1977 sind die hier in Frage stehenden Hafterleichterungen aufgehoben worden. Die Haftbedingungen müssen der jeweiligen Lage angepaßt werden. Sie stellen keinen un-veränderbaren Standard für diese Häftlinge dar.
Keine Zusatzfrage. — Danke schön, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Offergeld steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Welches ist der gegenwärtige Stand der Verhandlungen der Bundesregierung über die Revision der bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Ausland, um die für ausländische Investoren in der Bundesrepublik Deutschland nach der Körperschaftsteuerreform insbesondere auf Gesellschafterebene wesentlich erhöhte Steuerlast wieder dem international üblichen Maß anzupassen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, der Stand der Verhandlungen über eine Revision der Doppelbesteuerungsabkommen aus Anlaß der Körperschaftsteuerrefom war bereits Gegenstand der schriftlichen Anfrage des Herrn Kollegen Dr. Häfele im Rahmen der Fragestunde vom 15. und 16. Juni 1977. Ich darf deshalb auf die damalige Antwort der Bundesregierung verweisen.
Seitdem hat sich am Verhandlungsstand nichts Wesentliches geändert. Mit drei weiteren Staaten wurden Verhandlungen aufgenommen, so daß sich die Zahl unserer Verhandlungspartner nunmehr auf 14 erhöht hat.
Im übrigen trifft die in Ihrer Frage zum Ausdruck kommende Auffassung nicht zu, daß die Steuerbelastung für ausländische Investoren nach der Körperschaftsteuerreform das international übliche Maß überschreite.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Laufs.
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3138 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Herr Staatssekretär, um auf Ihre letzte Bemerkung einzugehen: Können Sie bestätigen, daß für die Beurteilung der Gesamtsteuerbelastung die Dividendenpolitik der Unternehmen, also das Verhältnis von Ausschüttung zu Thesaurierung, einen entscheidenden Faktor darstellt, und können Sie angeben, in welchen Bereichen sich die Verhältniszahlen bewegen und in welchen Bereichen damit die steuerliche Belastung für ausländische Investoren liegt?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ich habe Ihre Frage nicht ganz verstanden. Soweit es sich um thesaurierte Gewinne handelt, Herr Kollege, ist die Steuerbelastung für Ausländer wie für Inländer gleich. Da spielt es überhaupt keine Rolle, ob es sich um eine Tochtergesellschaft einer ausländischen Mutter handelt oder nicht. Bei Ausschüttungen tritt ein Unterschied ein. Da haben wir beim Inländer das Anrechnungssystem, d. h., die Körperschaftsteuerbelastung wird auf die zu zahlende Einkommensteuer angerechnet. Bei Ausländern ist das nicht der Fall. Weil diese hier nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, kann es auch keine Anrechnung geben.
Aber nochmals: Das Wesentliche ist, wenn man die Belastung der Ausländer, die deutschen Aktienbesitz haben, mit Belastungen anderer Staaten vergleicht, kann man sagen, daß sich die Bundesrepublik in ihrer Belastung im Mittelfeld bewegt.
Die zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnten Sie für die deutsch-amerikanischen Verhandlungen die beiderseitigen Positionen skizzieren und erläutern, weshalb sich diese Verhandlungen gegenwärtig verhärtet haben?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Das ist natürlich ein Fragenkomplex, der eigentlich kaum in der Fragestunde dargestellt werden kann. Ich kann darauf hinweisen, daß die Frage der Belastung der ausländischen Muttergesellschaften bei diesen Doppelbesteuerungsverhandlungen letztlich nicht der entscheidende Gesichtspunkt ist. Es gibt nämlich einen Ausgleich der Belastung innerhalb des amerikanischen Steuersystems. Die entscheidende Frage ist sehr viel mehr, ob der amerikanische Fiskus einen größeren Steueranteil bekommt oder der deutsche Fiskus. Das ist ein Spezialproblem bei den Verhandlungen mit den USA.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Gibt es gegenwärtig Überlegungen der Bundesregierung zur Gleichstellung von deutschen natürlichen Personen, die im Ausland Direktinvestitionen tätigen, in dem Sinn, daß auch diese Personen die im Ausland von der ausländischen Kapitalgesellschaft entrichtete Körperschaftsteuer auf ihre persönliche Einkommensteuerschuld anrechnen können?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Laufs, es gibt keine Überlegungen der Bundesregierung, Inländern zu ermöglichen, auf ihre deutsche Einkommensteuer ausländische Körperschaftsteuer anzurechnen. Eine solche Anrechnung ist auch international ganz unüblich.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Sehen Sie auf Grund dieser gegebenen Lage nachteilige Auswirkungen für die internationale Kapitalverflechtung?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Nein, wir sehen überhaupt keine negativen Auswirkungen. Ich habe darauf hingewiesen, daß das international nicht üblich ist. Mir ist kein Staat bekannt, der ausländische Körperschaftsteuer auf seine inländische Einkommensteuer anrechnen würde. Es gibt daher auch keinerlei Absichten der Bundesregierung in dieser Richtung.
Keine weitere Zusatzfrage.
Herr Abgeordneter Niegel bittet um schriftliche Beantwortung der Frage 25. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Marschall auf:
Entspricht es den Tatsachen, daß der Bundesrechnungshof seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland in allen Ländern bei den Finanzämtern Steuerfälle prüft, daß aber Beamte des Bayerischen Finanzministeriums seit Oktober 1976 anläßlich der Prüfung von Steuerfällen den Vertretern des Bundesrechnungshofs Hausverbot für bayerische Finanzämter erteilt haben?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Frau Präsidentin, ich wäre dankbar, wenn ich die Frage 26 und die Frage 27 gemeinsam beantworten könnte.
Stimmen Sie zu, Herr Kollege?
Ja, wenn die Möglichkeit, Zusatzfragen zu stellen, nicht gemindert wird.
Sie haben vier Zusatzfragen.Dann rufe ich noch die Frage 27 auf:Ist gegebenenfalls diese Verweigerung der Kontrolltätigkeit des Bundesrechnungshofs von der Bayerischen Staatsregierung ausdrücklich bestätigt worden, und auf welche Weise beabsichtigt die Bundesregierung, die von allen bisherigen Regierungen in Bund und Ländern geübte Praxis im Interesse der Allgemeinheit der Steuerzahler wiederherzustellen?Offergeld, Parl. Staatssekretär: Der Bundesrechnungshof, Herr Kollege Marschall, prüft seit Bestehen der Bundesrepublik in allen Ländern bei den Finanzämtern Steuerfälle. Dies geschieht — außer in Nordrhein-Westfalen — stets gleichzeitig mit dem jeweiligen Landesrechnungshof des betreffenden Bundeslandes.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3139
Parl. Staatssekretär OffergeldVom November 1975 bis Februar 1976 prüfte der Bundesrechnungshof gleichzeitig mit dem Bayerischen Obersten Rechnungshof das Finanzamt München für Körperschaften. Der Bundesrechnungshof übersandte dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen im Juli 1976 seine Prüfungsfeststellungen und bat um Stellungnahme zu bestimmten Steuerfällen, bei denen das Bayerische Staatsministerium der Finanzen maßgebend an den getroffenen Entscheidungen mitgewirkt hatte.Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen übersandte dem Bundesrechnungshof am 22. Oktober 1976 seine Stellungnahme zum Prüfungsbericht, in der es, soweit auf die Prüfungsfeststellungen eingegangen wurde, zu jeweils anderen Schlußfolgerungen als der Bundesrechnungshof gelangte. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen bestritt zugleich mit ausführlicher Begründung dem Bundesrechnungshof das Recht, bei den bayerischen Finanzämtern zu prüfen, und monierte Art und Weise der Prüfung. Der Bundesrechnungshof seinerseits hielt die Stellungnahme zu den Prüfungsfeststellungen in einigen Punkten für nicht ausreichend.Bundesrechnungshof und Bayerisches Staatsministerium der Finanzen baten daraufhin den Bundesminister der Finanzen um Stellungnahme zum Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofs. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen bat den Bundesrechnungshof mit Schreiben vom 21. Januar 1977, vorerst bei den bayerischen Finanzämtern nicht mehr zu prüfen, bis die Frage des Prüfungsrechts geklärt sei. Der Bundesfinanzminister übersandte seinerseits dem Bundesrechnungshof und dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen am 20. Mai 1977 ein Gutachten, in dem das Prüfungrecht des Bundesrechnungshofes bejaht wurde. Das entspricht im übrigen auch der Staatspraxis in allen Bundesländern.Das Bundesfinanzministerium regte an, die Frage gemeinsam mit einem Vertreter des Bundesrechnungshofes zu erörtern. Nachdem der Präsident des Bundesrechnungshofes mit Schreiben vom 25. Februar 1977 an Finanzminister Huber und mit einem weiteren Schreiben vom 27. Juni 1977 an Finanzminister Streibl gebeten hatte, die Angelegenheit zu überprüfen, hat Finanzminister Streibl nun ein Gespräch mit dem Präsidenten des Bundesrechnungshofs vorgeschlagen, das am 15. September stattfinden soll. Vom Ausgang dieses Gesprächs hängt es ab, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen die Bundesregierung ergreifen wird. Der Präsident des Bundesrechnungshofes wird dem Rechnungsprüfungsausschuß dieses Hauses in dieser Angelegenheit in der nächsten Sitzung berichten.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß dieses ausgesprochene Hausverbot anläßlich der Überprüfung bestimmter Steuerfälle von überdurchschnittlicher Größenordnung erteilt wurde?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ja, es waren sicherlich, Herr Kollege Marschall, Prüfungsfälle von Gewicht; nur mit solchen befassen die Rechnungshöfe. Danach kam es zu der Entwicklung, die ich zu schildern versucht habe. Hausverbot ist vielleicht ein etwas drastischer Ausdruck. Der Bayerische Staatsminister der Finanzen hat den Bundesrechnungshof gebeten, bis zur Klärung der Streitfrage keine Prüfungen mehr vorzunehmen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß für die Allgemeinheit der Steuerzahler in der Bundesrepublik, also auch in Bayern, die gebotene Gleichheit vor dem Gesetz besteht, wenn die Finanzverwaltung eines Bundeslandes die Prüfung einzelner Steuerfälle durch den Bundesrechnungshof verweigert bzw. verhindert?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Marschall, der Bundesfinanzminister ist der Auffassung, daß der Bundesrechnungshof auch hei bayerischen Finanzämtern, wie bei den Finanzämtern aller anderen Bundesländer, ein Prüfungsrecht hat. Er wird diese Auffassung weiterhin mit Nachdruck vertreten. Der Bundesfinanzminister hofft, daß es mit der Bayerischen Staatsregierung bald zu einer Einigung kommt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sieht sich die Bundesregierung in der Lage, in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfen entgegenzutreten, die bayerische Finanzverwaltung habe in diesen Fällen das Licht der öffentlichen Kontrolle gescheut?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Marschall, auf Grund des Steuergeheimnisses ist es nur in beschränktem Umfang möglich, einzelne Steuerfälle in der Öffentlichkeit zu erörtern. Es ist Aufgabe des Rechnungshofs, die Praxis der Finanzverwaltung zu überprüfen, zu kontrollieren. Wir legen Wert darauf, daß der Bundesrechnungshof das auch in der Zukunft, auch in bayerischen Finanzämtern, tun kann.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Höpfinger.
Herr Staatssekretär, es kann also davon ausgegangen werden, daß es sich nicht um ein Hausverbot handelt, sondern um eine gegenseitige Vereinbarung zwischen Bundesfinanzministerium und dem Staatsministerium der Finanzen in Bayern?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege, das ist ein Irrtum. Der Bayerische Staatsminister der Finanzen hat den Bundesrechnungshof von sich aus,
3140 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Parl. Staatssekretär Offergeld
und zwar einseitig, gebeten, keine Prüfungen mehr vorzunehmen, solange die Streitfrage schwebt.
Eine Zusatzfrage, Frau Simonis.
Herr Staatssekretär, Sie können zwar keine genauen Auskünfte über die Einzelfälle geben. Aber es wäre interessant, zu wissen, um wie viele Fälle es sich insgesamt handelt und auf welcher Höhe sich die strittigen Summen bewegen. Können Sie mir diese Frage beantworten?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Simonis, ich kann Ihnen das aus dem Handgelenk nicht beantworten; ich habe die entsprechenden Unterlagen nicht zur Hand. Ich muß noch einmal in Ruhe prüfen, ob das Steuergeheimnis eine derartige Auskunft zuläßt. Falls ja, werde ich sie Ihnen gerne zukommen lassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger .
Herr Staatssekretär, ist Ihre Antwort auf die Zusatzfrage des Kollegen Höpfinger so zu verstehen, daß ein Hausverbot in der Weise erteilt wurde, daß den Angehörigen des Bundesrechnungshofs das Betreten der staatlichen Dienstgebäude, in denen die Finanzämter untergebracht sind, untersagt worden ist?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ich darf noch einmal meine ursprüngliche Formulierung vorlesen: Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen bat den Bundesrechnungshof mit Schreiben vom 21. Januar 1977, vorerst bei den bayerischen Finanzämtern nicht mehr zu prüfen, bis die Frage des Prüfungsrechts des Bundesrechnungshofs geklärt sei.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Spranger.
Herr Staatssekretär, ist davon auszugehen, daß sich die Bundesbehörden mit dieser Bitte des bayerischen Finanzministeriums einverstanden erklärt haben?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Nein, davon ist nicht auszugehen. Der Bundesrechnungshof geht davon aus, daß der Bayerische Staatsminister bis zur Klärung der Frage Prüfungen nicht mehr zuläßt. Es ist ein bißchen höflich ausgedrückt, aber im Endergebnis läuft dies natürlich auf ein Prüfungsverbot hinaus.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Staatssekretär, ist die Frage in dieser Weise auch schon von anderen Ländern aufgeworfen worden?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Nein, es ist meines Wissens einmalig, daß das Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofs bestritten wird. Es gibt im übrigen auch eine klare Vereinbarung, die sogenannte Trierer Vereinbarung, in der festgelegt wurde, daß der Rechnungshof des jeweiligen Bundeslandes und der Bundesrechnungshof gleichzeitig Prüfungen durchführen. Das Land Nordrhein-Westfalen ist sogar darüber hinausgegangen und läßt Prüfungen durch den Bundesrechnungshof allein zu. Daß das Prüfungsrecht bestritten wird, ist jetzt erstmalig in Bayern zu verzeichnen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Müller.
Herr Staatssekretär, ist es denn schon einmal vorgekommen, daß ein anderes Land das Bundesverfassungsgericht angerufen und deshalb gebeten hat, von einer Prüfung Abstand zu nehmen?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, mir ist kein Fall bekannt — ich wiederhole es —, in dem ein Bundesland dem Bundesrechnungshof das Prüfungsrecht versagt oder bestritten hat.
Die Fragen 28 und 29 des Abgeordneten Porzner werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Fragen 30 und 31 des Abgeordneten Conradi werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Offergeld.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung steht Herr Staatssekretär Rohr zur Verfügung.
Die Frage 32 des Abgeordneten Simpfendörfer ist vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 33 der Abgeordneten Frau Eilers auf:
Sind der Bundesregierung Berichte oder Dokumentationen über erhebliche Gesundheitsgefahren, die von der Anwendung des Pflanzengiftes Tormona ausgehen, bekannt, und welche Schlüsse zieht sie daraus?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin, ich bitte, die Fragen 33 und 34 zusammen beantworten zu dürfen.
Die Fragestellerin ist einverstanden. Daher rufe ich auch die Frage 34 der Abgeordneten Frau Eilers auf:Ist die Bundesregierung insbesondere bereit, die Anwendung dieses Mittels solange zu unterbinden, bis die Unschädlichkeit durch wissenschaftliche Untersuchung einwandfrei erwiesen ist?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3141
Rohr, Staatssekretär: Frau Abgeordnete, bereits in den Fragestunden am 23. März, am 4. und 12. Mai 1977 ist hier ausführlich zur Anwendung von Tormona Stellung genommen worden. Berichte und Dokumentationen über „erhebliche Gesundheitsgefahren", die bei ordnungsgemäßer und sachgerechter Anwendung von 2,4,5-T-haltigen Mitteln ausgehen könnten, sind der Bundesregierung nicht bekannt.Für die Aufrechterhaltung der Zulassung von Tor-mona durch die Biologische Bundesanstalt im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsamt sind auch nach dem derzeitigen Stand des Wissens die Grundsätze gültig, die u. a. in der „Gemeinsamen Stellungnahme" dieser beiden Stellen zusammengefaßt worden sind. Die Auswertung aller verfügbaren Forschungsergebnisse hat bisher keine Erkenntnisse erbracht, die ein Verbot nach dem Pflanzenschutzgesetz rechtfertigen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.
Herr Staatssekretär, befindet sich das Bundeslandwirtschaftsministerium mit den Landwirtschaftsministerien der Länder in der Frage der Gefahren, die von Tormona ausgehen können, auf gleicher Ebene, oder sind dort unterschiedliche Meinungen vorhanden?
Rohr, Staatssekretär: Es gibt zumindest ein Bundesland, das eine andere Meinung vertritt.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Möller.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, die Antwort, die Sie gerade gegeben haben, dem Landesminister des einen Bundeslandes, welches Sie soeben angesprochen haben, zur Verfügung zu stellen?
Rohr, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, von diesem Bundesland wurden uns verschiedene Unterlagen zugesandt. Auch diese Unterlagen rechtfertigen nach erster Durchsicht nicht die Annahme, daß nachgewiesen worden ist, daß Tormona bei vorschriftsmäßiger Anwendung gesundheitsgefährdend ist. Wir haben gleichwohl die uns übersandten Unterlagen unverzüglich an die mit der Zulassung von Pflanzenbehandlungsmitteln betrauten Stellen geschickt, nämlich an die Biologische Bundesanstalt und das Bundesgesundheitsamt, und eine Stellungnahme dieser Stellen angefordert. Dies haben wir dem Bundesland mitgeteilt.
Die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Paintner wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Müller auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Raum. Die Fragen 36 und 37 des Herrn Abgeordneten Müller (Schweinfurt) werden daher
schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Danke schön, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Buschfort steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Müntefering auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Raum. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 39 und 40 des Herrn Abgeordneten Milz werden auf dessen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Auch die Frage 41 der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius wird auf deren Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, Sie sind umsonst hergekommen. Aber es war ja vielleicht ganz interessant. Danke schön.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. von Bülow steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Die Fragen 44 und 45 des Herrn Abgeordneten Hansen werden ebenso wie die Fragen 46 und 47 des Herrn Abgeordneten Würtz auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die einzigen Fragen aus diesem Bereich, die hier mündlich beantwortet werden sollten, sind die Fragen 42 und 43 des Herrn Abgeordneten Möllemann. Der Herr Abgeordnete ist jedoch nicht im Raum. Ich glaube nicht, daß wir auf ihn warten können. Diese Fragen müssen daher schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Es tut mir leid. Danke schön, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Zander steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Fiebig auf:
Hat die Bundesregierung die Absicht, Reisenden in die Türkei und nach Syrien zu empfehlen, sich einer Choleraschutzimpfung zu unterziehen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Fiebig, die öffentliche Empfehlung von Impfungen ist nach dem Bundesseuchengesetz Sache der obersten Landesgesundheitsbehörden. Bislang ist eine Schutzimpfung für Reisende nicht empfohlen worden. Eine Impfung gäbe auch nur einen sehr begrenzten, individuellen Schutz. Durch sie kann einer
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3142 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Parl. Staatssekretär ZanderWeiterverbreitung der Krankheit nicht vorgebeugt werden. Die internationalen Gesundheitsvorschriften sehen daher auch keine Choleraschutzimpfung vor. Es muß daher der individuellen Entscheidung überlassen bleiben, ob jemand sich impfen lassen will.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fiebig.
Da die Presse gemeldet hat, daß ein aus Syrien kommender Lastkraftwagenfahrer angeblich Cholera in die Bundesrepublik eingeschleppt hat, frage ich, Herr Parlamentarischer Staatssekretär: Was gedenkt das Bundesgesundheitsamt im Hinblick darauf zu tun, daß die Cholerabazillen den umgekehrten Weg antreten?
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich weiß nicht, ob das eine Aufgabe der angesprochenen Ämter ist. Es trifft zu, daß ein Fahrer erkrankt ist. Aber das bedeutet keineswegs, daß, wie Sie formuliert haben, die Cholera in die Bundesrepublik eingeschleppt worden ist. Denn die hier vorhandenen hygienischen und sonstigen Voraussetzungen, insbesondere die Behandlungsvoraussetzungen, in den Krankenhäusern sorgen dafür, daß diese Gefahr nicht besteht. Daher keinerlei Empfehlung. Denn eine Empfehlung einer Impfung impliziert natürlich ein gewisses Risiko, das mit Impfungen in größerem Umfang immer verbunden ist.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gansel.
Herr Staatssekretär, da Sie darauf hinweisen, daß eine Impfung gegen Cholera nur den individuellen Schutz verbessere, frage ich Sie, ob Sie mit mir darin übereinstimmen, daß dies für den Betroffenen von erheblicher Bedeutung sein kann und ob deshalb nicht eine Empfehlung der Bundesregierung sinnvoll sein kann.
Zander, Parl. Staatssekretär: Das ist selbstverständlich. Aber mit einer öffentlichen Empfehlung wird natürlich auch ein individuelles Risiko erzeugt, nämlich ein Risiko dessen, der durch eine Impfung Schaden an seiner Gesundheit erleiden kann. Im übrigen richtete sich die Frage auf eine allgemeine Gefährdung der Gesundheit. Daher habe ich die Formulierung „individueller Schutz" benutzt.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie, daß ich die vorhin aufgerufenen zwei Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung nochmals aufrufe? Der Fragesteller, Herr Abgeordneter Möllemann, ist jetzt im Raum.
Zander, Parl. Staatssekretär: Selbstverständlich!
Ich rufe nochmals den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung und die Fragen 42 und 43 des Herrn Abgeordneten Möllemann auf:
Treffen Presseberichte zu, nach denen die beschlossenen, aber noth nicht abgewickelten Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr nicht mit dem im Verteidigungsausschuß vorgetragenen Mittelansatz finanziert werden können und daß entweder eine erhebliche Ausgabensteigerung oder aber eine Beschaffungsmengenreduzierung unumgänglich ist?
Teilt gegebenenfalls die Bundesregierung die Auffassung, daß deshalb mehr als bisher auf eine kostensparende Kooperation und Standardisierung im Rüstungsbereich hingearbeitet werden muß, und stimmt sie der These zu, daß die geschilderte Rüstungskostenentwicklung zur Schwerpunktbildung unter gleichzeitigem Verzicht auf einige Beschaffungsvorhaben zwingt?
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Frau Präsidentin! Herr Kollege! Solche Presseberichte treffen nicht zu.Die vom Verteidigungsausschuß gebilligten Beschaffungsvorhaben sind ausnahmslos zu den aktuellen Preisen in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes berücksichtigt. Damit hat die Bundesregierung die aus heutiger Sicht mögliche und erforderliche Vorsorge getroffen, die Beschaffungen planmäßig durchzuführen. An eine Herabsetzung der gebilligten Beschaffungsmengen ist nicht gedacht.Sofern die Presseberichte die Risiken künftiger, heute noch ungewisser Preissteigerungen bei den Beschaffungsvorhaben aufzeigen wollen, ist ein Hinweis auf das Planungssystem der Bundesrepublik angebracht. Im Interesse der Erhaltung der Preisstabilität berücksichtigt die Ausgabenplanung in Bund, Ländern und Gemeinden künftige Preissteigerungen nicht. Dies ist im Stabilitätsgesetz so festgelegt. Die notwendige Preisanpassung ist einer jährlichen Fortschreibung ides Finanzplans vorbehalten. Bei der Fortschreibung wird die Bundesregierung Sorge tragen, daß Preissteigerungen nicht die kontinuierliche Umrüstung der Streitkräfte auf die zweite Waffengeneration beeinträchtigen.Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Kollege Möllemann: Die Bundesregierung teilt die Auffassung, und zwar unabhängig von der positiven Antwort auf die erste Frage. Im Rüstungsbereich müssen Kooperation und Standardisierung im Bündnis aus militärischen, technischen und — bei den hohen Kosten für Entwicklung und Beschaffung neuer Waffensysteme — auch aus finanziellen Gründen nachdrücklich betrieben werden. Es ist erklärte und praktizierte Politik, auf diesen Gebieten fortzuschreiten. Nach dem Erreichten hier auch künftig konkrete Ergebnisse zu erzielen, setzt den darauf gerichteten politischen Willen der Partner voraus. Der NATO-Ministerrat hat diesen wiederholt bekundet.Kooperation und Standardisierung werden zum Nutzen der Beteiligten — harmonisierte Forderungen und Einführungszeitpunkte dafür vorausgesetzt — erleichtert, wenn bei Kauf von Rüstungsgütern aus fremder Entwicklung Kompensation durch Export aus eigener Entwicklung sichergestellt werden kann und bei bi- oder multilateralen Gemeinschaftsprogrammen in Entwicklung und Beschaffung eine Arbeitsverteilung auf die Industrien der Partnerländer vorgenommen werden kann, die bei uneingeschränkten „Know-how-Transfer" technisch ausge-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3143
Parl. Staatssekretär Dr. von Bülowwogen ist und wertmäßig dem finanziellen Beitrag zu den Kosten des Programms entspricht.Die Bundesregierung stimmt der These zu, daß die hohen Kosten für Entwicklung und Beschaffung von modernem, der Bedrohung angemessenem Rüstungsmaterial zur Schwerpunktbildung zwingen. Auf bereits beschlossene Beschaffungsvorhaben braucht indes nicht verzichtet zu werden.Die Frage, ob aus Gründen haushaltsmäßig nicht finanzierbarer Kosten auf das eine oder andere für später geplante, aber noch nicht beschlossene Vorhaben verzichtet werden muß, kann heute nicht beantwortet werden. Darüber wird zu gegebener Zeit unter Berücksichtigung der dann vorliegenden Randbedingungen zu entscheiden sein.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Möllemann.
Herr Staatssekretär, Sie sagten, daß die Steigerungsraten im vorhinein nicht kalkulierbar seien, sondern in der Finanzplanung aufgefangen werden müßten. Treffen die hier angesprochenen Presseberichte zu, und mit welchen prozentualen Steigerungsraten rechnen Sie in der nächsten Zeit in der mittelfristigen Finanzplanung?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Ich werde erst ab heute abend mit entsprechenden Zahlen der neuen Finanzplanung rechnen können. Das Kabinett berät zur Zeit über die mittelfristige Finanzplanung.
Keine weiteren Zusatzfragen? — Schönen Dank, Herr Staatssekretär.
Ich rufe wieder den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf.
Die Fragen 49 und 50 des Herrn Abgeordneten Egert werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Dann rufe ich Frage 51 des Abgeordneten Kirschner auf. — Ist er nicht im Saal?
— Das tut mir leid. Die Frage wird schriftlich beantwortet, ebenso wie Frage 52 des Herrn Abgeordneten Kirschner. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter auf:
Ist die Meldung einer Sonntagszeitung zutreffend, wonach das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit amtliche Broschüren aufgelegt hat, in denen die Bezeichnung „BRD" für die Bundesrepublik Deutschland verwendet wird, das Bundesministerium diese Broschüren dennoch nicht aus dem Verkehr ziehen will?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Zander, Parl. Staatssekretär: Darf ich bitte beide Fragen im Zusammenhang beantworten?
Ja. Dann rufe ich noch die Frage 54 des Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Bezeichnung „BRD" für die Bundesrepublik Deutschland unzulässig ist und auch nicht in den amtlichen Sprachgebrauch aufgenommen werden sollte?
Zander, Parl. Staatssekretär: In der Vergangenheit ist verschiedentlich in der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit die Abkürzung „BRD" an Stelle der Bezeichnung „Bundesrepublik Deutschland" gedruckt worden. Die entsprechenden Schriften aus dem Verkehr zu ziehen, hält das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit jedoch für finanziell unvertretbar. Es ist aber seit geraumer Zeit dafür Sorge getragen worden, daß diese Abkürzung nicht mehr verwendet wird. Das geschieht u. a. auch dadurch, daß Autoren, die mit der Abfassung von Schriften beauftragt sind, darauf hingewiesen werden, keine Abkürzungen an Stelle der Bezeichnung „Bundesrepublik Deutschland" einzusetzen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Darf ich fragen, wie lange der Vorrat dieser Schriften mit dieser Bezeichnung noch reicht?
Zander, Parl. Staatssekretär: Das ist recht unterschiedlich, aber es handelt sich um geringe Bestände. Nur bin ich leider, Herr Kollege, nicht in der Lage, das ganze Schrifttum des Ministeriums nun im einzelnen lesen zu lassen,
um festzustellen, wo solche Bezeichnungen in der Vergangenheit verwandt worden sind. Aber es kommt künftig nicht mehr vor.
Eine zweite Zusatzfrage.
Gibt es für die in der Eigenwerbung erfahrene Bundesregierung überhaupt keine Möglichkeit der Abänderung, ohne das ganze Schriftmaterial vernichten zu müssen?
Zander, Parl. Staatssekretär: Nein, das gibt es nicht, weil wir ja gar nicht wissen, in welchen, teilweise umfangreichen Forschungsergebnissen, die von Autoren oder von wissenschaftlichen Instituten erstellt worden sind und die wir veröffentlichen müssen, nun an irgendeiner Textstelle diese Bezeichnung auftritt. Dafür kann ich im einzelnen auch nicht geradestehen. Garantieren kann ich Ihnen nur, daß das abgestellt worden ist und künftig nicht mehr vorkommen wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger.
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3144 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Herr Staatssekretär, wenn Sie sagen, Sie seien nicht in der Lage, das Schriftturn zu lesen, das bei Ihnen gedruckt ist, muß man dann davon ausgehen, daß das Ministerium den Überblick über das Schrifttum verloren hat, das bei Ihnen hergestellt wird?
Zander, Parl. Staatssekretär: Nein, davon können Sie nicht ausgehen. Sie können nur davon ausgehen, daß unser Haus eine ganz besondere Verpflichtung hat, über Forschungsergebnisse, die gerade auf dem sozialen Feld sehr vielfältig anfallen, zu einem großen Teil auch auf Anforderung dieses Hauses, durch gesetzliche Verpflichtungen oder durch Entschließungsanträge des Bundestages, zu berichten. Daraus ist ein sehr umfangreiche Literatur entstanden, die der einzelne in der Tat nicht übersehen kann.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Simonis.
Herr Staatssekretär, halten Sie es angesichts Ihrer Versicherung, daß dies in Zukunft weitestmöglicht nicht mehr vorkommen werde, nicht für wichtiger, auf den Inhalt solcher Broschüren zu achten, als jetzt nachzuforschen, ob in der Vergangenheit irgendwo einmal BRD anstatt Bundesrepublik Deutschland gestanden hat?
Ich glaube, das ist keine Frage.
Zander, Parl. Staatssekretär: Ich möchte diese Abwägung nicht vornehmen, aber wir haben dafür gesorgt, daß es nicht mehr vorkommt. Sie sehen, daß wir diesem Teil Ihrer Frage besondere Bedeutung beigemessen haben.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Höpfinger.
Herr Staatssekretär, kann man erfahren, von wem die Anregung oder die Weisung gekommen ist, diese Abkürzung nicht mehr zu verwenden?
Zander, Parl. Staatssekretär: Von der Leitung des Ministeriums, d. h., im Zweifel unterzeichnet entweder von der Frau Minister oder von unserem Herrn Staatssekretär. Ich kann es nicht nachvollziehen, aber jedenfalls von der Spitze des Hauses.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerster. Das ist die letze Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie freundlicherweise mitteilen, von wem die Anregung oder Weisung kam, dieses Kürzel zu verwenden?
Zander, Parl. Staatssekretär: Diese Entscheidung liegt schon geraume Zeit zurück. Ich bin gerne bereit, nachprüfen zu lassen, ob es einer besonderen
Anregung von außen bedurfte oder ob sie aus dem Hause gekommen ist. Ich kann es im Augenblick nicht sagen.
Danke schön, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Wrede steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe Frage 55 des Herrn Abgeordneten Wiefel auf:
Wird die Bundesregierung die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ändern und einen obligatorischen Alterssehtest einführen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Frau Präsident! Nein, Herr Kollege, die Bundesregierung hat nicht die Absicht, einen obligatorischen Alterssehtest einzuführen. Untersuchungen der Bundesanstalt für Straßenwesen haben ergeben, daß der Risikofaktor „Abnahme der Sehschärfe im Alter" sich bisher nicht ausreichend bestimmen läßt.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? — Keine Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 56 des Herrn Abgeordneten Dreyer auf:
Trifft es zu, daß die Straßenbauverwaltungen bei Auftragsvergaben im Straßenbau von der Los-Vergabe abgehen und stattdessen zu einer Vergabe an Generalunternehmer übergehen wollen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Straßenbauverwaltungen beabsichtigen nicht, von der bei Bundesautobahn-Neubaumaßnahmen üblichen Vergabe nach Fachlosen — Erd-, Oberbau-, Brückenlose — generell abzugehen und eine Vergabe an Generalunternehmungen vorzunehmen. Jedoch soll bei einigen geplanten Maßnahmen in der Praxis gezielt untersucht werden, ob die im Ausland mit Erfolg vorgenommene zusammenfassende Vergabe der gesamten Arbeiten eines Bauabschnittes, die sogenannte Globalvergabe, auch in der Bundesrepublik wirtschaftliche Vorteile bringt. Bisher sind zwei Globalausschreibungen durchgeführt worden. In beiden Fällen hat sich aber gezeigt, daß die losweise Vergabe vorteilhafter war.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dreyer? — Keine Zusatzfrage.Ich rufe Frage 57 des Herrn Abgeordneten Dreyer auf:Wenn ja, welche ordnungs- und wettbewerbspolitischen Auswirkungen hat dies nach Ansicht der Bundesregierung insbesondere auf die mittelständischen Unternehmen in diesem Bereich, und sieht sich die Bundesregierung angesichts dieser Auswirkungen nicht veranlaßt, sich für die Beibehaltung der Los-Vergabe auszusprechen?Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, negative Auswirkungen ordnungs- und wettbewerbspolitischer Art auf die Bauunternehmungen
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3145
Parl. Staatssekretär Wrededes Bereichs, in dem eine Globalausschreibung durchgeführt wird, sind nicht zu erwarten, da stets alternativ eine Vergabe in Einzellosen vorgesehen wird, die anzubieten auch mittleren Firmen gegebenenfalls in Arbeitsgemeinschaften ohne weiteres möglich ist. Im übrigen würde der Anteil einer Globalvergabe am gesamten Vergabevolumen nicht so erheblich sein, daß der Straßenbaumarkt selbst in der jeweiligen Region merklich tangiert werden kann. Darüber hinaus werden in jedem Falle die konjunkturellen und strukturellen Gegebenheiten der Bauwirtschaft in der für eine Globalvergabe vorgesehenen Region bei der Entscheidung über diese Art der Ausschreibung mitberücksichtigt.
Keine Zusatzfrage, danke schön.
Frage 58 des Herrn Abgeordneten Horstmeier:
Ist die Bundesregierung bereit, Maßnahmen einzuleiten, damit schwerbehinderte Rollstuhlfahrer bei Bundesbahnfahrten nicht im Gepäckwagen untergebracht werden müssen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, im Benehmen mit den Behindertenverbänden einen eisenbahngerechten Rollstuhl in Form eines Fahr- und Tragsessels einzuführen, der eine Beförderung in normalen Reisezugwagen zuläßt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist schon abzusehen, wann das Wirklichkeit werden könnte?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Nein, die Untersuchungen bei der Deutschen Bundesbahn sind noch im Gange. Die Bundesbahn erwägt z. B., den bei der Österreichischen Bundesbahn bewährten Fahr- und Tragsessel einzuführen. Es ist zunächst beabsichtigt, nach einem Versuchsbetrieb etwa 1000 Stück dieser Sessel anzuschaffen.
Herr Abgeordneter Kroll-Schlüter zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, wie lange diese Untersuchungen jetzt dauern?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Dies kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann nur sagen, daß sie jetzt in einem weit vorgeschrittenen Zustand sind und daß ich davon ausgehe, daß die Bundesbahn sehr bald zu konkreten Ergebnissen kommt.
Ich rufe Frage 59 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf:
Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß Begleitpersonen von Schwerbehinderten bei Bundesbahnfahrten Fahrtkosten entrichten müssen?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung hält es nicht für gerechtfertigt, daß Begleitpersonen von Schwerbehinderten bei Bundesbahnfahrten Fahrtkosten entrichten müssen. Sie hatte daher in der vergangenen Legislaturperiode unter der Federführung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung die Reform des Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung von Kriegs-und Wehrdienstbeschädigten sowie von anderen Behinderten im Nahverkehr beschlossen und dem Bundesrat am 7. November 1974 zugeleitet.
Nach dem Gesetzentwurf sollten der begünstigte Personenkreis und der Begriff des Nahverkehrs erweitert werden. Darüber hinaus war auch die unentgeltliche Beförderung von Begleitpersonen im Fernverkehr vorgesehen. Der Bundesrat hat das sozialpolitische Anliegen des Gesetzentwurfs ausdrücklich anerkannt, ihn aber wegen der zu erwartenden finanziellen Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte abgelehnt.
Die Bundesregierung beabsichtigt, den Gesetzentwurf in dieser Legislaturperiode in überarbeiteter Form dem Bundesrat erneut zuzuleiten.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Horstmeier.
Wann ist damit zu rechnen, daß die Bundesregierung diesen Gesetzentwurf dem Bundesrat vorlegt?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Die Frage kann ich Ihnen nicht konkret beantworten, Herr Kollege. Ich hatte gesagt: in dieser Legislaturperiode.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gibt das jetzige Schwerbehindertengesetz eine Handhabe, hier Abhilfe zu schaffen?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Nein, wir müßten speziell das von mir angesprochene Gesetz ändern, sonst wäre eine unentgeltliche Beförderung von Begleitpersonen nicht möglich.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, daß die finanziellen Mehrbelastungen, auf die sich die Länder beider Ablehnung des Gesetzes im Bundesrat berufen haben, nicht mehr als jährlich 20 Millionen DM ausmachen würden?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann das jetzt nicht quantifizieren.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger .
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3146 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß der Bundesrat bereits im Jahre 1974 eine Ablehnung ausgesprochen hat, und wenn ja, weshalb hat die Bundesregierung in der Zwischenzeit keinen neuen Entwurf eingebracht?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich hatte gesagt, daß die Bundesregierung beabsichtigt, den Entwurf in modifizierter Form wieder einzubringen. Es wäre wohl sinnlos, wenn die Bundesregierung einen Gesetzentwurf, der vom Bundesrat abgelehnt wurde, in der gleichen Form wieder einbrächte. Sie würde von vornherein eine nochmalige Ablehnung provozieren. Deswegen sind Überlegungen im Gange, die es möglich machen sollen, das Ziel, das angestrebt wird, zu erreichen und nicht auch diesen Gesetzentwurf im Bundesrat scheitern zu lassen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hölscher.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, ob sich die Haltung des Landes Schleswig-Holstein — von der CDU geführt — in dieser Frage inzwischen geändert hat oder ob ein neu einzubringender Gesetzentwurf am Widerstand dieses Landes erneut scheitern würde?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Das ist der Bundesregierung nicht bekannt, Herr Kollege Hölscher.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jungmann.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, wie hoch die Belastung der Länder — ohne den Anteil des Bundes — gewesen wäre, wenn dieses Gesetz durch den Bundesrat beschlossen worden wäre?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Ich habe die Zahl im Moment nicht parat, Herr Kollege. Ich bin gern bereit, sie Ihnen zuzuleiten.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Hürland.
Dieses Gesetz konnte den Bundesrat 1974 nicht passieren, weil die finanziellen Mittel nicht ausreichten. Sind Sie, Herr Staatssekretär, der Meinung, daß die Bundesregierung bei der augenblicklichen Wirtschaftssituation einen solchen Gesetzentwurf tatsächlich einbringen wird und die Länder dem zustimmen würden, oder sollte die Bundesregierung nicht statt dessen eine sogenannte kleine Lösung einbringen, damit zumindest die Begleitpersonen von Schwerstbehinderten, wie z. B. die Begleitpersonen von Blinden, in den Genuß von freien Fahrten kommen könnten?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, zunächst habe ich mich nicht dazu geäußert, wie der Gesetzentwurf, der jetzt erarbeitet wird, aussehen wird, ob er eine Kleinstlösung oder eine größere Lösung beinhalten wird.
Zum zweiten habe ich auch nicht gesagt, daß 1974 die Finanzmittel bei den Ländern nicht ausgereicht hätten, sondern ich habe gesagt: Die Länder sahen sich nicht in der Lage. Zu Ihrer daraus abgeleiteten Frage kann ich nur bemerken, daß sich, was die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern angeht, in der Zwischenzeit einiges geändert hat.
Keine weiteren Zusatzfragen. — Ich rufe die Frage 60 der Frau Abgeordneten Simonis auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Zeitschrift „Schöne Welt" , die von der Deutschen Bundesbahn herausgegeben und in nahezu allen Zügen ausgelegt wird, eine vier Seiten lange Werbung über die Südafrikanische Republik eingeheftet war, und besteht nach Ansicht der Bundesregierung Anlaß zu der Befürchtung, daß eine solche öffentliche Werbung negative Folgen auf ihre Bemühungen einer ausgleichenden Politik in Afrika haben könnte?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, der Bundesregierung ist bekannt, daß im Juni-Heft der Zeitschrift „Schöne Welt" eine Beilage mit Werbung für die Südafrikanische Republik eingeheftet war. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine als bezahlte Wirtschaftswerbung erschienene kommerzielle Veröffentlichung in einer Teilauflage von 100 000 Exemplaren, d. h. in rund der Hälfte der monatlichen Heftauflage. Gemäß einem Vertrag über die Anzeigenverwaltung mit einem Verlag hat die Deutsche Bundesbahn in der Regel keinen Einfluß auf die Art der Werbung in der Werbezeitschrift „Schöne Welt". Die Bundesregierung teilt jedoch nicht die Auffassung, daß diese Veröffentlichung ihre Politik in Afrika negativ beeinflussen wird.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 61 der Frau Abgeordneten Simonis auf.
Treffen Berichte zu, wonach die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, eigenes Fachpersonal an private Firmen „auszuleihen", und stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß dies zum einen dem Ansehen der Deutschen Bundesbahn schaden könnte, zum anderen sogenannte private Verleihfirmen nur noch schwer zu verbieten sein dürften, wenn öffentliche Hände zu solchen Verfahren greifen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, bei der Deutschen Bundesbahn gibt es größere Personalüberhänge. Um den derzeitigen Überhang abzubauen, prüft die Deutsche Bundesbahn auch den produktiven Einsatz von Beschäftigten in anderen Unternehmen, die einen Bedarf an Fachkräften haben. Das kann dem Ansehen der Deutschen Bundesbahn nicht schaden und hat auch mit den sogenannten Verleihfirmen nichts zu tun.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3147
Herr Staatssekretär, sind Sie angesichts der Servicedefizite, die immer wieder beklagt werden, wirklich der Auffassung, daß die Bundesbahn zuviel Arbeitskräfte hat, für die sie im Notfall keine Arbeit fände? Ich denke hier beispielsweise an die Annahme von Expreßgut und ähnlichen Dingen auf Bahnhöfen.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, die Bundesbahn prüft alle Möglichkeiten, ihr Personal sinnvoll einzusetzen. Dennoch kann es nicht übersehen werden, daß es einen Personalüberhang gibt. Ich habe mich in meiner Antwort ausdrücklich auf Fachkräfte bezogen. Es ist ja wohl sehr zweifelhaft, ob man Fachkräfte, die eine ganz bestimmte Berufsausbildung haben, die spezialisiert sind, für von Ihnen angesprochene Arbeiten einsetzen kann.
Im übrigen darf ich vermerken, daß dies bei der Bundesbahn untersucht wird. Es gibt noch kein konkretes Ergebnis. Selbstverständlich können solche Maßnahmen nicht ohne Einwilligung der Betroffenen durchgeführt werden.
Zusatzfrage, bitte, Frau Abgeordnete Simonis.
Sie haben einen Teil meiner Zusatzfrage schon vorweggenommen, Herr Staatssekretär. Ist bereits mit dem Personalrat oder mit den Betroffenen gesprochen worden? Sind sie gehört worden? Was haben sie dazu an Stellungnahmen abgegeben?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Nein. Die ganzen Untersuchungen sind noch nicht soweit fortgeschritten, daß wir uns in diesem Stadium befänden.
Die Fragen 62 und 63 werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Spranger auf:
Kann für den Rhein-Main-Donau-Kanal die internationale Schiffahrtsfreiheit so weit eingeschränkt werden, daß die Gefahr eines Ruins der westeuropäischen Binnenschiffahrt durch Dumpingfrachtpreise der Ostblockländer, zumal der Sowjetunion, gebannt wird, und wenn ja, wird die Bundesregierung entsprechende Schritte unternehmen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das Recht zur Benutzung der nationalen Wasserstraße Main-Donau-Kanal wird mit den interessierten Staaten im einzelnen zu regeln sein. Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, schon jetzt entsprechende bilaterale Binnenschiffahrtsverträge abzuschließen. Hierin werden auch Regelungen getroffen, die einem etwaigen ruinösen Wettbewerb vorbeugen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger.
Ich habe eine Klarstellungsfrage: Haben Sie jetzt die Fragen 64 und 65 zusammen beantwortet?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Nein, nur die Frage 64.
Herr Staatssekretär, können Sie mitteilen, wie hoch schätzungsweise die Einnahmen sind, die die Ostblockländer bereits jetzt durch die Benutzung der deutschen Wasserstraßen haben?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege, dies kann ich Ihnen nicht sagen. Auf diese Zusatzfrage konnte ich auch nicht vorbereitet sein. Diese Zahlen müßte ich zusammenstellen lassen.
Eine weitere Zusatzfrage.
In welchem Umfang sind bisher Vorstellungen durch die Sowjetunion und andere Ostblockländer feststellbar, hier eine Ausdehnung der Benutzung zu ihren Gunsten zu erreichen?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es ist nicht unbekannt geblieben, daß es unterschiedliche Standpunkte zur Qualifikation des Rhein-Main-Donau-Kanals gibt. Ich habe den Standpunkt der deutschen Seite dargelegt. Die Sowjetunion vertritt einen anderen Standpunkt. Es wird den zukünftigen Verhandlungen vorbehalten bleiben, hier zu einer allseits befriedigenden Regelung zu kommen.
Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Spranger auf:
In welchem Umfang wird das deutsche Kanalnetz heute bereits durch Ostblockländer befahren, und ist es zutreffend, daß die Sowjetunion unter Beteiligung von deutschem und belgischem Kapital bereits eigene Reedereien in der Bundesrepublik Deutschland gegründet hat, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Das nord- und westdeutsche Kanalnetz wird von Binnenschiffen der Ostblockstaaten grundsätzlich nur im Rahmen der ihnen zugestandenen vertraglichen Rechte befahren, nämlich dem DDR-Verkehrsvertrag und der Polen-Vereinbarung von 1971. Tschechoslowakischen Schiffen ist nur das Befahren der Elbe und des Elbe-LübeckKanals gestattet.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Es ist nicht bekannt, daß die Sowjetunion in der Bundesrepublik Deutschland eigene Reedereien unter Beteiligung deutschen bzw. belgischen Kapitals gegründet hat.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger.
Ist die Bundesregierung bereit, diesen bisher undementierten Pressemeldungen nachzugehen?
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3148 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Wrede, Parl. Staatssekretär: Sie wird das tun, Herr Kollege.
Zweite Zusatzfrage.
Ist die Bundesregierung auch bereit, festzustellen — oder entsprechende Aufträge zu veranlassen —, wie hoch die Einnahmen der Ostblockländer aus dieser Art der Benutzung deutscher Wasserstraßen zur Zeit sind?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung wird bei der Vorbereitung der Verträge, die sie mit den verschiedensten Vertragspartnern abzuschließen hat, selbstverständlich auch diese Zahlen erarbeiten müssen, weil sie sonst gar nicht in der Lage wäre, die entsprechenden Verhandlungsgrundlagen zu legen.
Ich rufe die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Dr. Möller auf:
Hat der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — wie in der Zeitung „Die Zeit" vom 2. September 1977 berichtet — behauptet, unter den Anfragen der Mitglieder des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung befänden sich allzu häufig lächerliche Fragen, und wenn ja, wie kommt der Bundesminister zu dieser Behauptung?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, im Rahmen eines umfassenden Gesprächs mit Journalisten, u. a. über Organisationsstrukturen einer Verwaltung, hat Bundesminister Gscheidle darauf hingewiesen, daß allein unter Kostengesichtspunkten die Klärung reiner Informationsfragen bei der örtlich zuständigen und daher auch sachkundigen Dienststelle am günstigsten wäre. In einem parlamentarischen System ist jedoch aus vielen berechtigten Gründen der zuständige Minister Gesprächspartner der Abgeordneten. Daraus ergeben sich zwangsläufig höhere Kosten, u. a. bei Detailfragen, zu deren Beantwortung die örtlich zuständige Behörde herangezogen werden muß. Bundesminister Gscheidle hat ausdrücklich auf das wohlbegründete Fragerecht der Abgeordneten hingewiesen. Eine Wertung von Fragen zu Einzelheiten von örtlicher Bedeutung war von ihm nicht beabsichtigt und ist daher auch nicht erfolgt.
Bitte sehr, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie recht verstanden habe, hat der Minister also nicht von lächerlichen Fragen von Bundestagsabgeordneten gesprochen?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin — wahrscheinlich auch Sie nicht bei dem Gespräch nicht dabeigewesen. Ich kann mich daher nur auf das beziehen, was Minister Gscheidle mir in Vorbereitung dieser Fragestunde mitgeteilt hat. Es ist in einem längeren Gespräch über Verwaltungsaufwand gesprochen worden. Er hat z. B. auf den Aufwand im Zusammenhang mit der Beantwortung von Fragen hingewiesen und deutlich gemacht, daß es häufig Fragenkomplexe seien, die örtlich bezogen seien und die man besser und günstiger an Ort und Stelle klären könne. Sollte der Begriff „lächerlich" gefallen sein - wie gesagt, ich war nicht dabei —, kann er sich wohl nur darauf beziehen, daß das Protokoll des Deutschen Bundestages bei den Fragen häufig Begleiterscheinungen wie Heiterkeit und Lachen vermerkt.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe nun die Frage 67 des Abgeordneten Nordlohne auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frau Präsidentin, da der Kollege Nordlohne nicht im Saale sein kann, übernehme ich seine Frage als eine Zusatzfrage von mir.
Das können Sie in dieser Form nur machen, wenn die Frage des Kollegen Nordlohne in den Rahmen Ihrer Frage hineinpaßt und von Ihnen als eigene Frage aufgenommen wird. Ich muß mir erst einmal angucken, ob das der Fall ist.
— Na, ich kann eigentlich nicht sagen, daß das da hineinpaßt, Herr Kollege. In der vom Kollegen Nordlohne gestellten Frage geht es um die Kosten der Beantwortung von mündlichen Anfragen.
Nein, Frau Präsidentin. Ich darf die Frage einmal vorlesen: Hat der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen weiter erklärt — in diesem Zeitungsartikel —, im Durchschnitt koste die Beantwortung einer mündlichen Anfrage, deren Inhalt auch in einem schlichten Ortsgespräch zu klären wäre, rund 400 DM, und wenn ja, wie wurde der genannte Betrag errechnet?
Bitte schön, diese Frage kann als Ihre Zusatzfrage gestellt werden.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Der Herr Kollege Löffler hat in der Haushaltsdebatte am 3. März 1977 u. a. gesagt:Auch wir im Parlament sollten einmal darauf achten, daß wir mit Anfragen, Forderungen und Arbeitsaufträgen an die Regierung den Personalstand nicht unnütz in die Höhe heben. Wir fragen mitunter Dinge, deren Beantwortung mehrere Tage mehrere Beamte beschäftigen muß. Das muß auch nicht immer sein. Vielleicht setzt man sich mal mit der Regierung in Verbindung und fragt: Wie lange dauert das eigentlich?So weit das Zitat des Kollegen Löffler.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3149
Parl. Staatssekretär WredeZu dieser Kostenfrage hat sich auch Bundesminister Gscheidle in dem schon angezogenen Pressegespräch geäußert. Der von ihm genannte Betrag ist ein Durchschnittsbetrag für die Kosten der Bearbeitung von Bundestagsanfragen allgemein.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz.
Herr Staatssekretär, ist Ihr Minister bereit, dem Haus detailliert mitzuteilen, auf Grund welcher Tatsachen er zu einer Behauptung kommt, die so pauschal angelegt ist, daß das Fragerecht des Parlaments in ein völlig falsches Licht gerückt wird?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich hatte versucht, den Zusammenhang zu erläutern. Ich glaube, aus meiner Antwort kann man schließen, daß genau dies, nämlich das Fragerecht des Parlaments in ein solches Licht zu bringen, nicht beabsichtigt war. Aber Sie wissen wie ich — jeder andere Kollege hier im Hause, glaube ich, weiß das auch —, daß ein Einzelpunkt in einem längeren Gespräch über viele Dinge, aus dem Sachzusammenhang gerissen und dann in einer öffentlichen Darstellung wiedergegeben, natürlich ein ganz anderes Gewicht bekommt, als er es haben würde, wenn er im Sachzusammenhang gesehen wird.
Ich rufe die Frage 68 der Abgeordneten Frau Hürland auf:
Sind Pressemeldungen zutreffend, wonach allein im Bereich der Deutschen Bundespost und der Deutschen Bundesbahn über 15 000 Pflichtplätze für Schwerbehinderte am Stichtag 1. Oktober 1976 nicht besetzt waren, und falls ja, kann die Bundesregierung Angaben darüber machen, welche Oberpostdirektionen bzw. Bundesbahndirektionen die Pflichtquote unterschritten haben?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Frau Präsidentin, Frau Kollegin, ich bitte um Nachsicht dafür, daß die Antwort etwas länger wird, als das bei den bisherigen Fragen der Fall war.
Die genannten Zahlen ergeben sich aus den statistischen Angaben in der Bundestagsdrucksache 8/807 vom 8. August 1977, desgleichen ergibt sich daraus die Antwort auf den zweiten Teil der Frage 1. Von insgesamt 23 566 Pflichtplätzen für Schwerbehinderte — das sind 6 % von 392 766 — waren am Stichtag, dem 1. Oktober 1976, bei der Deutschen Bundesbahn 13 329 besetzt und demnach 10 237 nicht besetzt. Während die Pflichtquote für Schwerbehinderte bei den reinen Verwaltungsstellen der Deutschen Bundesbahn in der Regel abgedeckt ist — Stichproben bei den Büros der Bundesbahndirektionen ergaben: Essen 13 %, Frankfurt 8 %, Köln 9 %, Nürnberg 11,9 %, Stuttgart 8,9 % —, kann diese Quote bei den Stellen des äußeren Dienstes wegen der strengen Anforderungen an die körperliche Tauglichkeit vieler Dienstposten nicht erfüllt werden.
Bei der Deutschen Bundesbahn sind insgesamt 3,4 % der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzt. Für Schwerbehinderte nicht geeignete Arbeitsbereiche sind insbesondere der Rangierdienst, der Zugbegleit- und Lokfahrdienst, der Weichen- und Blockdienst, der Kraftfahrdienst, der Güterladedienst und der Fahrdienstleiter- und Zugmeldedienst. Würden diese Arbeitsplätze, insgesamt 118 000 am Stichtag 31. Dezember 1976, bei der Ermittlung der Pflichtplätze unberücksichtigt bleiben, so würde sich die Zahl der nicht besetzten Pflichtplätze um etwa 8 000 auf rund 2 800 reduzieren. Für die Deutsche Bundesbahn bestehen erhebliche Schwierigkeiten, Schwerbehinderte unterzubringen, da durch unumgängliche Rationalisierungs- und Straffungsmaßnahmen, Auflösung von Direktionen, Ämtern und Ausbesserungswerken, Wegfall der Bahnsteigsperren, Beseitigung schienengleicher Übergänge usw., viele für Schwerbehinderte geeignete Arbeitsplätze weggefallen sind. Die Deutsche Bundesbahn ist aber bemüht, bevorzugt Schwerbehinderte einzustellen, wenn geeignete Arbeitsplätze nicht mit vorhandenem Personal besetzt werden können. Auch die bei der Deutschen Bundesbahn seit November 1974 bestehende grundsätzliche Einstellungssperre und die Personalreduzierung infolge der Altersabgänge wirken sich auf den Personalanteil der Schwerbehinderten nachteilig aus.
Am Stichtag 1. Oktober 1976 waren bei Bundespost und Bundesbahn insgesamt noch 15 228 Pflichtplätze für Schwerbehinderte unbesetzt. Bei der Bundespost allein belief sich die Zahl der unbesetzten Pflichtplätze auf 4 991. Genaue Angaben darüber, in welchem Ausmaß die einzelnen Oberpostdirektionen der Beschäftigungspflicht nach dem Schwerbehindertengesetz nachgekommen sind, enthält die von der Bundesregierung zur Unterrichtung des Bundestages vorgelegte Übersicht über die Beschäftigung Schwerbehinderter bei den Bundesdienststellen zum Stichtag 1. Oktober 1976, die mit der Bundestagsdrucksache 8/807 vom 8. August 1977 bekanntgegeben worden ist. Nach dieser Übersicht hatten am genannten Stichtag fünf der insgesamt 18 Oberpostdirektionen erstmals seit Inkrafttreten des neuen Schwerbehindertengesetzes das Pflichtsoll von 6 vom Hundert erfüllt. Bei den übrigen Oberpostdirektionen lag der Erfüllungsstand noch zwischen 5,7 und 3,3 vom Hundert. Bei der Betriebsverwaltung der Bundespost sind viele Arbeitsplätze wegen der Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit für Schwerbehinderte nicht geeignet. Die Bundespost hat daher erheblich größere Schwierigkeiten, eine ausreichende Zahl Schwerbehinderter zu beschäftigen, als Behörden mit reinen Verwaltungsaufgaben.
Wie sehr die Bundespost bemüht ist, ihr Pflichtsoll zu erfüllen, ergibt sich daraus, daß die Zahl der mit Schwerbehinderten besetzten Pflichtplätze in der Zeit vom 1. Oktober 1975 bis zum 1. Oktober 1976 von 18 637 auf 22 111, d. h. um 3 474, gestiegen ist. Gleichzeitig hat sich der Erfüllungsstand bei der Beschäftigung von Schwerbehinderten im Gesamtbereich der Bundespost von 4 auf 4,9 % erhöht.
Frau Kollegin, Sie haben eine Zusatzfrage.
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3150 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Ich danke für die sehr ausführliche Beantwortung. Trotzdem habe ich noch eine Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir einer Meinung, daß zu den Behinderten körperlich, geistig und seelisch Behinderte gehören und daß Sie bis jetzt nur von körperlich Behinderten gesprochen haben? Sind Sie mit mir weiterhin der Meinung, daß gerade der Personenkreis der nicht körperlich Behinderten geeignet wäre, sowohl bei der Bahn als auch bei der Post eine Arbeitsstelle zu finden, und auch verwendet werden könnte? Sind Sie mit mir ebenfalls der Meinung, daß die gleichen Schwierigkeiten, die die Bundesbahn und die Bundespost bei der Wegrationalisierung von Arbeitsstellen oder bei Einsparungsmaßnahmen haben, auch für das private Gewerbe, für die Industrie und Wirtschaft, zutreffen, und warum billigen Sie diesem Bereich nicht die gleichen Maßstäbe zu?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich teile Ihre Auffassung, daß man bei Behinderten nicht differenzieren sollte. Ich kann mich aber, was den letzten Teil Ihrer Bemerkungen angeht, nur noch einmal auf das beziehen, was ich gesagt habe. Bundesbahn und Bundespost sind auf Grund ihrer Organisations- und Betriebsstruktur nicht mit anderen Verwaltungen und häufig auch nicht mit anderen Betrieben, wenn es um feste Arbeitsplätze geht, zu vergleichen. Bei der Bundesbahn und bei der Bundespost ist es schwierig, das Soll an Schwerbehindertenplätzen auch tatsächlich zu besetzen. Ich habe aber darauf verwiesen — ich komme bei der nächsten Frage gleich noch deutlicher darauf zurück —, daß die bisherigen Bemühungen nicht ohne Erfolg geblieben sind.
Frau Kollegin, eine zweite — aber kurze — Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, im Schwerbehindertengesetz gibt es keinen Unterschied zwischen handwerklichen und Wirtschaftsbetrieben auf der einen Seite und mehr verwaltungsmäßig ausgerichteten Betrieben auf der anderen Seite. Die Betriebe werden gleichmäßig mit der Pflichtquote belastet. Welchen Unterschied glauben Sie mit dem Blick auf Bahn und Post machen zu dürfen?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, es gibt — obwohl es diesen Unterschied nicht gibt — die Möglichkeit, solche Pflichtplätze, die nicht besetzt werden können, durch Ausgleichszahlungen abzugelten. Ich denke, daß der Sinn dieser Ausgleichszahlungen eben der ist, daß für den Fall, daß solche Plätze aus internen Betriebsgründen nicht besetzt werden können, diese Ausgleichsabgabe gezahlt werden soll. Ich unterstelle noch einmal — ich wiederhole es —, beide Bundesbehörden werden sich bemühen, soweit das nur möglich ist, den Anteil der Schwerbeschädigten, den sie beschäftigen, an das Soll von 6 % heranzubringen. Ich bitte aber um Nachsicht, daß dies leichter gesagt als in der Praxis zu realisieren ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller .
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob die Bundesregierung die Kriterien, die Sie vorhin hier vorgetragen haben, auch anerkennt, wenn sie in der Privatwirtschaft Anwendung finden, und zahlen Bundespost bzw. Bundesbahn auch die entsprechenden Abgaben für die nicht besetzten Plätze?
Wrede, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe mich hier nur zu der Frage zu äußern, wie Bundespost und Bundesbahn sich verhalten. Selbstverständlich zahlen sie für die nicht besetzten Pflichtplätze auch die Abgabe.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gerster.
Herr Staatssekretär, finden Sie nicht — ebenso wie ich —, daß die Bundesregierung jegliches moralische Recht verliert, die Privatunternehmen aufzufordern, die gesetzlich vorgesehene Quote von Schwerbehinderten in den Betrieben aufzunehmen, wenn der Bund selbst bei Bahn und Post nicht in der Lage ist, die gesetzlich vorgeschriebene Quote zu erfüllen?
Wrede, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, ich finde das nicht, und zwar einfach deswegen, weil ich davon ausgehe, daß die Bundesregierung in der Lage ist, bei ihren Bundesunternehmen Bahn und Post nachzuweisen, daß sie alles nur Menschenmögliche tut, um so nahe wie möglich an das Soll heranzukommen.
Eine letzte Frage, Herr Abgeordneter Becker.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundespost insbesondere in der Auftragsvergabe von Arbeiten an Behindertenwerkstätten eine weitere Möglichkeit, der Lösung des hier angesprochenen Problems näherzukommen?
Wrede, Parl. Staatsserketär: Die Bundespost wird natürlich auch in diesem Bereich alle Anstrengungen unternehmen, um dem Problem insgesamt gerecht zu werden.
Ich rufe Frage 69 der Abgeordneten Frau Hürland auf:Liegen der Bundesregierung Unterlagen über die Höhe der tatsachlich von der Deutschen Bundespost und der Deutschen Bundesbahn gezahlten Ausgleichsabgaben vor, und wie hoch waren diese in den jeweiligen Haushalten ausgewiesen?Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, wenn möglich; um eine kurze Antwort.Wrede, Parl. Staatssekretär: Frau Präsident, ich bin in der Lage, sehr kurz zu antworten.Frau Kollegin, für 1976 hat die Deutsche Bundesbahn eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 9,7 Mil-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3151
Parl. Staatssekretär Wredelionen DM abgeführt. 1975 betrug die Ausgleichsabgabe noch 13,4 Millionen DM.Für das Jahr 1976 hat die Bundespost eine Ausgleichsabgabe von 3,8 Millionen DM gezahlt. Für das Jahr 1975 mußte die Bundespost noch eine Ausgleichsabgabe von 11,1 Millionen DM entrichten.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Hürland.
Auch eine kurze Frage, Frau Präsidentin. — Herr Staatssekretär, meine Frage lautete: Wie hoch waren die Ansätze in den jeweiligen Haushalten ausgewiesen? Ich wollte damit erfahren — darf ich das eben erklären? —, ob die Ausgleichsabgabe für 1976 in der gleichen Höhe angesetzt worden ist wie für 1975.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Tut mir leid, das habe ich in meinen Unterlagen nicht. Ich dachte, es sei ein deutlicherer Hinweis, die Beträge, die gezahlt worden sind, konkret zu nennen, um auch die Entwicklung deutlich zu machen.
Herr Staatssekretär, das Anliegen ist ein anderes. Man kann hieraus erkennen, ob die Bundesbahn — —
Frau Kollegin, jetzt müssen wir aber wirklich eine kurze Frage stellen.
Wenn Sie mich nicht unterbrochen hätten, wäre ich schon fertig, Frau Präsidentin.
Wir sind wirklich schon sehr großzügig hier oben. — Bitte, Sie wollten Ihre Frage stellen.
Ja, Sie haben mich unbrochen.
Herr Staatssekretär, ich wollte Sie fragen, ob Sie nicht auch der Meinung sind, daß aus den Haushaltsansätzen erkennbar ist, ob die Bundespost und die Bundesbahn tatsächlich daran interessiert sind, die Zahl der Pflichtplätze herabzusetzen, oder nicht.
Wrede, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, das kann man daraus nicht erkennen. Haushaltsansätze sind Schätzungen, und diese Schätzungen basieren in der Regel auf Haushaltsabschlüssen früherer Haushaltsjahre. In der Haushaltspolitik ist es vernünftig und klug, jedesmal, wenn eine neue Rechnungslegung erfolgt und die Zahlen sich geändert haben, die Haushaltszahlen dieser Entwicklung anzupassen.
Die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Niegel wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Schönen Dank, Herr Staatssekretär.
Den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau rufe ich zwar auf, Herr Staatssekretär; aber die Herren Abgeordneten Eymer und Jahn (Münster) sind nicht im Raum. Ihre Fragen 71 und 72 bzw. 73 und 74 werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Sie haben leider vergeblich gewartet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Höhmann steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Wird die Bundesregierung in die bevorstehenden Verhandlungen mit der DDR die bisher nicht verwirklichten Abschnitte des sogenannten III. Korbs der KSZE-Schlußakte von Helsinki — wie z. B. umfassenderes Reisen aus persönlichen oder beruflichen Gründen — und die noch vom Grundvertrag her anstehenden und für die betroffenen Bürger immer dringlicher werdenden Fragen des nichtkommerziellen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR einbeziehen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter Jäger, ich bitte um Ihr Verständnis, daß ich über die Themen der laufenden Sondierungen zwischen den Regierungen beider deutscher Staaten hier keine Mitteilung mache. Seien Sie aber versichert, daß der Bereich der Kontakte zwischen den Menschen für die Bundesregierung bei dem Bemühen um eine weitere Verbesserung der Beziehungen zur DDR von hervorragender Bedeutung ist. Dies gilt auch für Fragen des nichtkommerziellen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es keineswegs ein Verstoß gegen die mit der DDR vereinbarte Vertraulichkeit der Gespräche wäre, wenn Sie den ersten Teil meiner Frage, ob nämlich die bisher noch nicht abgehakten Teile des Korbs III der KSZE-Schlußakte mit einbezogen werden, hier beantworteten?
Höhmann, Parl. Staatssekretär: Diese Ihre Auffassung teile ich nicht.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, läuft die Bundesregierung bei dem Verhalten, das Sie durch die Verweigerung der Antwort auf meine Frage hier zeigen, nicht Gefahr, daß in der Öffentlichkeit mit einem gewissen Recht die Frage gestellt wird, ob die Lebensfragen, die unsere Menschen in beiden Teilen Deutschlands betreffen, von der Bundesregierung in den Verhandlungen wirklich angesprochen werden?
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3152 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Höhmann, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter Jäger, Sie gehen von einem großen Irrtum aus. Die Bundesregierung verweigert keine Antwort. Sie ist gern bereit an dem Platz zu antworten, den sie dazu für richtig hält, nämlich im Innerdeutschen Ausschuß.
Ich rufe die Frage 76 des Herrn Abgeordneten Ueberhorst auf:
Wie bewertet die Bundesregierung unter deutschlandpolitischen Gesichtspunkten Betriebsausflüge von Angehörigen der Privatwirtschaft im allgemeinen und von Angehörigen des öffentlichen Dienstes im besonderen in die DDR?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Höhmann, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter Ueberhorst, die Bundesregierung begrüßt den Reiseverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR und bejaht aus diesem Grunde Betriebsausflüge von Angehörigen der Privatwirtschaft oder des öffentlichen Dienstes in die DDR.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ueberhorst.
Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, daß der Bundesregierung der Fall, der mich zu dieser Frage geführt hat und der in meinem Wahlkreis Pinneberg geschehen ist, bekannt ist, und darf fragen, ob der Bundesregierung weitere Fälle dieser Art aus anderen Bundesländern bekannt sind, in denen Betriebsausflüge verhindert worden sind.
Höhmann, Parl. Staatseskretär: Der Bundesregierung ist in den letzten Tagen noch ein weiterer Fall aus dem Bundesland Schleswig-Holstein bekanntgeworden. Aus anderen Bundesländern ist uns nichts bekanntgeworden, was nicht heißen muß, daß dort nicht ähnliche Zustände herrschen könnten.
Ich rufe die Frage 77 des Herrn Abgeordneten Ueberhorst auf:
Hält die Bundesregierung die Möglichkeit, daß eventuell Begleitpersonen aus der DDR Kontakte zu den Reisenden knüpfen könnten, für so gravierend, daß Betriebsausflüge in Form eintägiger Schiffsreisen von Travemünde nach Rostock aus Gründen der Sicherheit besser nicht unternommen werden sollten?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Höhmann, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hält die Möglichkeit, daß bei Betriebsausflügen von DDR-Seite versucht werden könnte, besondere Kontakte zu den Reisenden anzuknüpfen, nicht für so gravierend, daß deshalb derartige Betriebsausflüge unterbleiben sollten. Dies gilt auch für eintägige Schiffsreisen von Travemünde nach Warnemünde. Diese grundsätzliche Haltung läßt Ausnahmen für einzelne Angehörige des öffentlichen Dienstes aus bestimmten Gründen geboten erscheinen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Darf ich diese Antwort so verstehen, daß die Bundesregierung es auch zum jetzigen Zeitpunkt noch begrüßen würde, wenn alle beteiligten Verantwortlichen im Kreis Pinneberg und in Schleswig-Holstein einen Weg fänden, diese wünschenswerten Betriebsausflüge zu verwirklichen?
Höhmann, Parl. Staatssekretär: Herr Abgeordneter, der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen hat sich unter dem 17. August 1977 in dieser Sache an den Innenminister des Landes Schleswig-Holstein gewandt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Engholm steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Die Fragen 78, 79 und 80 werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe Frage 81 des Herrn Abgeordneten Dr. Möller auf:
Hält die Bundesregierung die von Staatssekretär Dr. Jochimsen vertretene Auffassung „Für die Bundesregierung ist die Gesamtschule die Schule der Zukunft" auch noch nach dem für Gesamtschüler niederschmetternden Ergebnis eines Vergleichstests für die Aufnahmeprüfung in die Handelsakademie Wien-Liesing aufrecht, bei der 60 % der Absolventen der Gesamtschule durchfielen, während von den Kindern aus der Unterstufe des Gymnasiums und der Hauptschule nur 10 % die Prüfung nicht bestanden (vgl. Salzburger Nachrichten vom 20. August 1977)?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Dr. Möller, ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt. Die Bundesregierung hat ihre Auffassung über die _Gesamtschule, wie sie im Bildungsgesamtplan niedergelegt ist, nicht geändert. Sie kann sich dabei nicht nur auf die in mehreren Bundesländern höchst erfolgreichen Abschlüsse von Gesamtschulen stützen, sondern auch auf eine Reihe von zum Teil neueren wissenschaftlichen Untersuchungen, die die Überlegenheit der Gesamtschule insgesamt dokumentieren. Ich erlaube mir, Ihnen anschließend als Anlage zu meiner Antwort eine Bibliographie neuerer Untersuchungsergebnisse an die Hand zu geben. Zugleich weise ich Sie auf den Aufsatz von Herrn Professor Dr. von Friedeburg in der „Frankfurter Rundschau" vom 20. August 1977 hin, der die neueren Untersuchungsergebnisse zusammenfaßt.Alle vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen ebenso wie die Ergebnisse aus der Schulpraxis zeigen übereinstimmend die Tendenz, die zuletzt von den integrierten Gesamtschulen in Schleswig-Holstein bestätigt wird. Es heißt in dem Bericht aus Schleswig-Holstein:1. Die Gefahr, überhaupt keinen Schulabschluß zu erreichen, beträgt an der integrierten Gesamtschule nur ein Fünftel bis ein Sechstel wie an Hauptschule, Realschule und Gymnasium.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977 3153
Parl. Staatssekretär Engholm2. Die Möglichkeit, einen höherwertigen Abschluß als Hauptschulabschluß zu machen, ist gegenüber dem Regelschulwesen um zwei Drittel höher.3. Die Chance, die Berechtigung für die gymnasiale Oberstufe zu erhalten, ist an der integrierten Gesamtschule fast dreimal so groß wie an einem regulären Gymnasium.Im übrigen darf ich Ihnen für Ihren Hinweis auf das österreichische Schulwesen danken und dazu noch einige Richtigstellungen hintanhängen.Erstens. Von den 46 Gesamtschülern, die die Aufnahmeprüfung an der Handelsakademie Wien-Liesing abgelegt haben, haben nicht 40 %, wie fälschlicherweise behauptet, sondern 60 % diese Prüfung bestanden. Das haben unsere Untersuchungen in Wien ergeben.Zweitens. Von den 151 Bewerbern aus Hauptschulen und Gymnasien haben zwar 90 % die Prüfung bestanden, doch kam die Mehrzahl der Hauptschüler aus dem 1. Leistungszug — dem höchsten Niveau — der Hauptschule, während die 46 Gesamtschüler in der Mehrzahl aus dem 2. und 3. Leistungszug — das ist das mittlere und untere Leistungsniveau — stammten.Ein direkter Vergleich zwischen dem deutschen und dem österreichischen Schulwesen ist überdies nicht zulässig, da nicht die Hauptschule, sondern die Volksschuloberstufe der Hauptschule in der Bundesrepublik allein vergleichbar ist. Die österreichische Hauptschule könnte man eher mit der Realschule in der Bundesrepublik vergleichen. Es handelt sich bei den Prüflingen der Hauptschulen also um leistungsstarke Schüler einer in drei Niveaus differenzierten höheren Mittelstufenschule. Ferner umfaßt die Mittelstufe in Österreich nur die Jahrgangsstufen 5 bis 8, also die 10- bis 14jährigen. Alle Schüler durchlaufen danach noch weitere Bildungsgänge.Drittens. Die Mehrzahl der Schüler aus dem ersten Leistungszug der Gesamtschule hingegen sind auf der Oberstufe der Gesamtschüler — vergleichbar etwa unserer gymnasialen Oberstufe — verblieben. Wenn also — Schlußfolgerung — 60 % von weniger leistungsstarken Schülern den Übergang auf eine berufsbildende Schule, die nach einem fünfjährigen Ausbildungsgang zum Hochschulstudium berechtigt, erreichen, so kann dies nicht als ein Mißerfolg, sondern muß mehr als ein Erfolg der Gesamtschule auch im österreichischen Schulwesen interpretiert werden.Viertens. Bei der Pressemitteilung, auf die Sie verwiesen haben, ist eine einzelne Schule herausgegriffen worden. Bei insgesamt etwa 45 000 solcher Aufnahmeprüfungen in diesem Jahr für das höhere berufliche Schulwesen ist eine Untersuchung, die sich nur auf eine Gruppe von 46 Schülern bezieht, an den üblichen wissenschaftlichen Kriterien gemessen, als nicht sehr theoriegerecht zu bezeichnen.
Ein Glück, daß man nicht mehr zur Schule geht, kann ich nur sagen.
Engholm, Parl. Staatssekretär: Frau Präsidentin, ich bitte um Nachsicht. Aber wir mußten lange Untersuchungen in Österreich anstellen, damit diese Frage beantwortet werden konnte.
Ich habe volles Verständnis.
Herr Dr. Möller, bitte.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die sehr ausführliche Antwort. Sind die Ergebnisse, die an dieser Schule festgestellt worden sind, nicht Anlaß genug, Ihre doch äußerst positive Meinung ein wenig zu revidieren?
Engholm, Parl. Staatseskretär: Ich glaube, von mir behaupten zu können, wie andere Mitglieder in unserem Bildungsministerium und insgesamt in der Bundesregierung, daß wir die Frage der Gesamtschule durchaus nicht ideologisch betrachten oder gar überideologisieren. Wir messen die Leistungen der Gesamtschule alleine an Hand von Zahlen und Daten, die uns vorliegen, und nehmen wissenschaftliche Untersuchungen zu Hilfe. Alles, was auf diesem Sektor in letzter Zeit publiziert worden ist, spricht eigentlich für eine eindeutige Überlegenheit der Gesamtschule. Bitte lasten Sie das nicht mir an; das liegt allein an den Leistungen der Gesamtschule.
Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Hölscher auf:Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß die öffentliche Hand unabhängig von dem eigenen Bedarf zusätzliche Ausbildungsplätze, insbesondere für technische Berufe, zur Verfügung stellt, ohne daß hieraus ein Rechtsanspruch auf die Übernahme in den öffentlichen Dienst abgeleitet werden kann?Engholm, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hölscher, Ihre erste Frage beantworte ich wie folgt. Ja. Sie hat bereits im Jahre 1976 und 1977 Initiativen zur Erhöhung des Ausbildungsplatzangebotes mit Erfolg ergriffen. So haben z. B. Bahn und Post in den Jahren 1976 und 1977 über ihren eigenen Bedarf hinaus ausgebildet, insbesondere in den von Ihnen hinterfragten technischen Berufen wie Fernmeldehandwerker, Maschinenschlosser, Kraftfahrzeugschlosser, Elektroanlageninstallateur. Darüber hinaus wurden freie Ausbildungskapazitäten Dritten zur Nutzung gegen Kostenerstattung zur Verfügung gestellt.Bei der Bundespost wurden 1976 mit Förderungsmitteln aus dem berufsbildungspolitischen Sonderprogramm der Bundesregierung zusätzlich 765 Ausbildungsverträge abgeschlossen. Die Bundespost bildet damit insgesamt 7 859 Jugendliche aus, davon 4 000 Fernmeldehandwerker über den eigenen Bedarf.Der Bund hat im übrigen im Juni 1977 weitere 50 Millionen DM zur Verfügung gestellt, um bei der Deutschen Bundesbahn weitere zusätzliche 1 000 Ausbildungsplätze zu schaffen.Auf Grund der vorgelegten Daten und Planungen zum Berufsbildungsbericht 1977 geht die Bundesregierung davon aus, daß die an der Berufsbildung
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3154 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. September 1977
Parl. Staatssekretär EngholmBeteiligten in diesem Jahre auch ohne Auslösung der Berufsausbildungsfinanzierung eine wesentliche Steigerung des Angebotes an Ausbildungsplätzen herbeiführen können. Die Bundesregierung erwartet dabei insbesondere, daß die öffentliche Hand das Angebot an Ausbildungsplätzen über die vom Hauptausschuß des Bundesinstitutes für Berufsbildung vorgelegten Zahlen hinaus steigern wird. Mit Blick auf den öffentlichen Dienst und die den öffentlichen Arbeitgebern obliegende Verantwortung gegenüber den Jugendlichen in diesem Lande hat die Bundesregierung wiederholt alle öffentlichen Arbeitgeber, auch von höchster Stelle, aufgefordert, ihre Ausbildungskapazitäten voll auszuschöpfen.
Keine Zusatzfrage. — Dann rufe ich die Frage 83 des Herrn Abgeordneten Hölscher auf:
Ist die Bundesregierung bereit, verstärkt öffentliche Mittel für die Einrichtung überbetrieblicher Lehrwerkstätten und Gemeinschaftslehrwerkstätten insbesondere in wirtschaftlich schwachen Regionen zur Verfügung zu stellen?
Engholm, Parl. Staatssekretär: Überbetriebliche Ausbildungsstätten haben in der Berufsbildung eine zunehmende Bedeutung. Das ist unumstritten. Sie ergänzen die betriebliche Ausbildung in wesentlichen Elementen und tragen dazu bei, daß regionale oder strukturelle Angebotsdefizite ausgeglichen und das Angebot insgesamt qualitativ verbessert wird.
Der zunehmenden Bedeutung der überbetrieblichen Ausbildung entsprechen auch die Haushaltsansätze des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft im „Schwerpunktprogramm zur Förderung von überbetrieblichen Ausbildungsstätten". Ich darf Ihnen kurz die Zahlen in Erinnerung rufen: für 1977 90 Millionen DM, für 1978 112 Millionen DM, für 1979 130 Millionen DM, für 1980 140 Millionen DM und für 1981 150 Millionen DM allein für diesen Zweck.
Um verstärkt öffentliche Mittel für den Bau von überbetrieblichen Ausbildungsstätten bereitstellen zu können, hat die Bundesregierung bereits am 14. April 1977 im Programm für Zukunftsinvestitionen zusätzlich 100 Millionen DM für den Bau solcher Ausbildungsstätten zur Verfügung gestellt. Weitere Mittel in Höhe von 250 Millionen DM stehen im Programm für Zukunftsinvestitionen für zusätzliche Maßnahmen im Bereich der beruflichen Bildung zur Verfügung. Auch diese Mittel können gegebenenfalls für den Bau von überbetrieblichen Ausbildungsstätten eingesetzt werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hölscher.
Herr Staatssekretär, berücksichtigen Ihre Ansätze auch die Tatsache, daß die 100 000 zusätzlich versprochenen und benötigten Ausbildungsplätze in der Wirtschaft wahrscheinlich nicht zur Verfügung gestellt werden können, so daß die Haushaltsmittel möglicherweise noch erheblich aufgestockt werden müssen?
Engholm, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hölscher, das Programm zur Errichtung und zum Ausbau überbetrieblicher Ausbildungswerkstätten ist ein langfristig laufendes Programm, das in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der möglichen Problemnot der Jugendlichen bei der Ausbildungsplatzsuche in diesem Jahr steht. Es stehen genügend Mittel für Anträge, besonders von privaten Trägern aus strukturschwachen Regionen, zur Verfügung, so daß man sagen kann: Es ergeben sich, wenn Anträge gestellt werden, keine erheblichen Probleme bei der Realisierung.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht, nachdem man sich jetzt im Rahmen des 16-Milliarden-Programms bemüht — einfach wegen der drükkenden Probleme —, den Abfluß der Mittel zu beschleunigen, mit mir der Meinung, daß das unter geänderten, nämlich erschwerten bildungspolitischen Vorzeichen möglicherweise auch für den Berufsbildungssektor notwendig wäre?
Engholm, Parl. Staatssekretär: Das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft bemüht sich, allen Anträgen so schnell wie möglich zu entsprechen. Ich wiederhole, daß die zur Verfügung stehenden Mittel für den Bau von überbetrieblichen Ausbildungsstätten ausreichen. Im Grunde genommen hat eine große und leistungsstarke Fachabteilung bei uns zur Zeit Schwierigkeiten, der Fülle der Anträge in der gewünschten kurzen Zeit nachzukommen. Daß wir es darüber hinaus in manchen Bereichen gern sähen, wenn die Bildung im Gesamthaushalt eine noch höhere Priorität haben könnte, als sie sie zur Zeit hat, will ich als Parlamentarischer Staatssekretär nicht verschweigen. Aber auch hier gilt für die Bildungspolitiker wie für andere, daß wir uns von Zeit zu Zeit nach der finanzpolitischen Decke strecken müssen.
Danke sehr, Herr Staatssekretär.
Wir sind am Ende der heutigen Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Donnerstag, den 15. September 1977, 9.00 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.