Gesamtes Protokol
MeineDamen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.Ich habe die große Freude, bevor wir in die Fragestunde eintreten, nachträglich noch einmal einigen Kollegen gratulieren zu können, die während der Sommerferien Geburtstag hatten, Herrn Kollegen Wehner, der am 11. Juli sein 71. Lebensjahr vollendet hat, Herrn Kollegen Müller , der sein 72. Lebensjahr vollendet hat, Herrn Kollegen Lampersbach zum 60. Geburtstag und Herrn Kollegen Peters (Poppenbüll) zum 65. Geburtstag. Herzliche Glückwünsche nachträglich!Es liegen Ihnen zwei Listen von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:Betr.: Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 1977 bis 1980
zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten , HaushaltsausschußBetr.: Bericht der Bundesregierung über die von ihr in den Rechnungsjahren 1973, 1974 und 1975 gemäß § 96 BVFG getroffenen Maßnahmen
zuständig: Innenausschuß , Auswärtiger Ausschuß, Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen, Ausschuß für Bildung und WissenschaftBetr.: Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 25. bis 29. April 1977 in Straßburg
zuständig: Auswärtiger AusschußBetr.: Zwischenbericht über die Verwendung der den Ländern für die Errichtung zusätzlicher Ausbildungskapazitäten im Rahmen des Stufenplans zu Schwerpunkten der beruflichen Bildung zur Verfügung gestellten Mittel
Bezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 30. Juni 1976zuständig: Ausschuß für Bildung und WissenschaftBetr.: Stellungnahme der Bundesregierung zum ersten Hauptgutachten der Monopolkommission nach § 24 b des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Bezug: § 24 b Abs. 5 Satz 5 ,GWB zuständig: Ausschuß für WirtschaftBetr.: Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit den Vorschriften über die Unverbindliche Preisempfehlung
Bezug: Entschließungsantrag zur Zweiten Kartellgesetznovelle
zuständig: Ausschuß für WirtschaftBetr.: Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre 1976 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet
Bezug: § 50 GWBzuständig: Ausschuß für WirtschaftBetr.: Wohngeld- und Mietenbericht 1977 Bezug: § 8 Abs. 4 des Zweiten Wohngeldgesetzeszuständig: Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau , HaushaltsausschußBetr.: Unterrichtung durch das Europäische Parlament hier: Entschließung über das Wahlrecht bei der Direktwahl
zuständig: Innenausschuß , Auswärtiger Ausschuß, RechtsausschußBetr.: Unterrichtung durch das Europäische Parlament hier: Entschließung über die Freizügigkeit des Waren- und Güterverkehrs
zuständig: Ausschuß für Wirtschaft , Finanzausschuß, Ausschuß für Verkehr und für das Post- und FernmeldewesenBetr.: Erfahrungsbericht der Bundesregierung zur Ausführung des Gesetzes über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land-und Forstwirtschaft
Bezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 5. Juni 1974zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung , Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, HaushaltsausschußBetr.: Straßenbaubericht 1976
Bezug: § 7 des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985zuständig: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und FernmeldewesenBetr.: Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des § 12 a des Tarifvertragsgesetzes (Drucksache 8/716)Bezug: Entschließung des Deutschen Bundestages vom 11. Juni 1974
zuständig: Ausschuß für Arbeit und SozialordnungBetr.: Sechster Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"
Bezug: Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 6. Oktober 1969zuständig: Ausschuß für Wirtschaft , Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen, Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, HaushaltsausschußBetr.: Unterrichtung durch das Europäische Parlament hier: Entschließung über die Krise in der Eisen- und Stahlindustrie der Gemeinschaft
zuständig: Ausschuß für Wirtschaft
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2960 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenBetr.: Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den Ersten Teil der 23. ordentlichen Sitzungsperiode der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 20. bis 23. Juni 1977
zuständig: Auswärtiger Ausschuß , Verteidigungsausschuß, Ausschuß für Forschung und TechnologieIch frage, ob sich gegen die vorgeschlagenen Überweisungen Widerspruch erhebt. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde— Drucksache 8/871 —Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung der Frage 3 steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Höhmann zur Verfügung.Der Fragesteller, Herr Abgeordneter Jäger , ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Vielen Dank, Herr Staatssekretär.Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Haunschild zur Verfügung.Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Schäfer auf:Welche Konsequenzen ergeben sich nach Auffassung der Bundesregierung aus der Tatsache, daß in der englischen Wiederaufbereitungsanlage in Windskale zwischen 1970 und 1972 über 71 kg und in den Vereinigten Staaten in den letzten 30 Jahren mehr als vier Tonnen Uran und Plutonium verschwunden sind, hinsichtlich einer besseren Bilanzierung und Inventierung des Plutoniums durch eine verbesserte Kontrolle, und wieviel Atombomben à la Hiroshima könnten theoretisch aus dem verschwundenen Material gebaut werden?Bitte, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Durch das Atomgesetz, Herr Abgeordneter, ist der Umgang mit Uran und Plutonium in den kerntechnischen Anlagen geregelt. Danach ist auch die Abgabe von radioaktivem Material an die Umgebung innerhalb von engen, durch die Strahlenschutzverordnung bestimmten Grenzen festgelegt. Daneben werden alle Ein- und Ausgänge und der Fluß von Kernmaterialien in den kerntechnischen Anlagen durch die Europäische Kommission nach dem Euratom-Vertrag kontrolliert und durch die Internationale Atomenergie-Organisation in Wien verifiziert.
Die Bilanzierung des Materials erfolgt nach international festgelegten Regeln. Dabei sind sich alle Beteiligten, auch die Kontrollbehörden, darüber klar, daß es keine hundertprozentige Genauigkeit bei der Materialerfassung geben kann. Jede Messung ist mit Fehlern behaftet. Schon dadurch kann sich eine Abweichung zwischen Eingang und Ausgang ergeben. Hinzu kommt, daß beim Betriebsablauf Material in der Anlage verbleiben kann, z. B. durch Ablagerungen in Rohrleitungen. Außerdem ist ein bestimmter kleiner Teil in nicht rückgewinnbarer Form in Abfällen enthalten.
Um trotzdem Mißbrauch wirksam vorzubeugen, werden neben der Spaltstoffbilanzierung — also der
Buchhaltung — und neben den Kontroll-, Überwachungs- und Einschließungsmaßnahmen noch weitere Vorkehrungen getroffen, um ein unkontrolliertes Herausschleusen von Material aus den Anlagen zu unterbinden. Man kann also nur in diesem eingeschränkten Sinne überhaupt von „verlorengegangenem" Material sprechen.
Die Situation, die ich jetzt etwas technisch — dafür entschuldige ich mich — für die Bundesrepublik dargestellt habe, ist identisch mit der in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien, auf die sich Ihre Frage bezieht. Die Gründe, die für einen „Verlust" angeführt sind, gelten auch dort.
Wie viele Atombomben aus den in den USA oder in Großbritannien veröffentlichten nicht erfaßten Kernmaterialmengen hergestellt werden könnten, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die für einen Explosionskörper erforderliche Plutoniummenge ist von der Isotopenzusammensetzung des Plutoniums abhängig und wird meistens mit mindestens 10 kg angegeben.
Zusatzfrage?
Ja. — Wenn ich recht verstanden habe, haben Sie die Tatsache des Verschwindens bestätigt, aber meine Frage nach den Konsequenzen, die sich daraus ergeben, nicht beantwortet. Heißt das, daß nach Auffassung der Bundesregierung das Verschwinden als naturgegeben hingenommen werden muß, oder sehen Sie eine bessere, verschärfte Kontrolle als möglich an?
Haunschild, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich hatte dargelegt, daß von einem Verschwinden nicht gesprochen werden kann, da Material in der Anlage — in den Rohrleitungen beispielsweise — verbleibt, ein winziger — selbst in Anbetracht der Giftigkeit von Plutonium — unbedeutender Teil an die Umwelt abgegeben wird und ein weiterer Teil in Abfällen enthalten ist. Es handelt sich also nicht um ein Verschwinden. Das Material ist da; es mangelt nur an seiner Nachweisbarkeit. Die Bundesregierung wird, da alle diese Regeln international anerkannt sind, weiter mitarbeiten, um die Kontrollmethoden zu verfeinern, zu verbessern, und wird sich immer allen international aufgestellten Regeln auf diesem Gebiet anschließen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben darauf hingewiesen, daß u. a. auch die IAEO die Brennstoffzykluskontrolle durchführt. Über wie viele Kontrolleure verfügt die IAEO? Können Sie das aus dem Stegreif beantworten?Haunschild, Staatssekretär: In der Größenordnung von etwa 80. Die Zahl wird erhöht werden, weil in diesem Jahr auch der Euratom-Bereich — ohne Frankreich — der Verifizierung durch die Wiener Behörde unterstellt wird.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2961
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Flämig.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß die zwar nicht nachweisbaren, aber doch in geringer Menge verschwindenden Plutonium- oder Uranrückstände niemals — weder theoretisch noch praktisch — ausreichen würden, um daraus eine Bombe herzustellen?
Haunschild, Staatssekretär: Ja, das ist der Sinn meiner Antwort; denn die verschwindend geringen Materialmengen, die an der einen oder anderen Stelle in einer Anlage zurückbleiben, sind nicht so groß — jedenfalls soweit man das feststellen kann —, daß daraus eine Bombe hergestellt werden kann. Sie können sich jedoch in der Summe, über lange Zeit über ein Land verteilt, einmal rein rechnerisch anhäufen. Aber die Rückstände aus einer Anlage sind nicht geeignet, um zum Bau einer Bombe verwandt zu werden.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Schäfer auf:
Gibt es in der Bundesrepublik Deutschland Fälle von „verlorengegangenem Plutonium", und ist sichergestellt bzw. soll sichergestellt werden, daß Plutonium in der Bundesrepublik Deutschland absolut lückenlos kontrolliert und inventiert wird?
Herr Staatssekretär Haunschild.
Haunschild, Staatssekretär: Der Bundesregierung sind keine Fälle von sogenanntem verlorengegangenen Plutonium — ich beziehe mich auf meine Antwort auf die vorangegangene Frage — in der Bundesrepublik bekannt. Falls solche Fälle eingetreten wären, hätte sich die EG-Kommission an die Bundesregierung gewandt; denn die Kontrolle wird durch Euratom ausgeübt.
Trotz der genannten technischen Schwierigkeiten der vollständigen Materialerfassung, die, wie ich sagte, bei jedem Meßvorgang vorhanden sind, werden sowohl vom Betreiber als auch von den Kontrollbehörden alle Anstrengungen unternommen, die Materialbilanzierung zu verbessern und durch entsprechende organisatorische und Kontrollmaßnahmen ein Abzweigen von spaltbarem Material absolut auszuschließen.
Eine Zusatzfrage.
Könnten Sie einige dieser Maßnahmen, die zur Verbesserung der Kontrolle künftig in die Wege geleitet werden sollen, nennen?
Haunschild, Staatssekretär: Die Maßnahmen können entweder technischer Art sein, indem man etwa Meßverfahren entwickelt, die zerstörungsfrei sind, d. h., daß man beispielsweise ein Brennelement für ein Kernkraftwerk nicht auseinandernehmen muß, um festzustellen, wieviel Uran in ihm enthalten ist, sondern daß man Meßmethoden entwickelt, die von außen, ohne Zerstörung des Elements, angewendet
werden können. Oder die Maßnahmen können organisatorischer Art in dem Sinne sein, daß man die Anlage so auslegt, daß praktisch nur ein Eingang und ein Ausgang vorhanden sind und man dort leichter und besser kontrollieren kann.
Keine weitere Zusatzfrage. — Damit, Herr Staatssekretär, sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie beantwortet. Ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Zur Beantwortung der Frage steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Engholm zur Verfügung. Da der Herr Abgeordnete Löffler nicht im Saal ist, wird die Frage 34 schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Zur Beantwortung der Frage steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Brück zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Hupka auf:
Worauf bezieht sich die Behauptung der Bundesregierung vom 23. Juni 1977, „es gibt keine Anzeichen dafür, daß der Betrag —100 000 Dollar für das Namibia-Institut in Lusaka — für außerhalb des Instituts liegende Zwecke verwandt sein könnte", wenn am 21. Juli 1977 gleichfalls von der Bundesregierung mitgeteilt werden mußte, daß „die vorläufige Abrechnung nicht den vereinbarten Förmlichkeiten entspricht und einige Positionen enthält, die nicht ausdrücklich Teil des Notenwechsels sind"?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Hupka, die Feststellung der Bundesregierung vom 23. Juni 1977, wonach es keine Anzeichen dafür gibt, daß der für das Namibia-Institut in Lusaka bestimmte Betrag von 100 000 US-Dollar für außerhalb des Instituts liegende Zwecke verwendet worden sein könnte, wird durch den vorläufigen Verwendungsnachweis des UN-Kommissars für Namibia sowie durch weitere Recherchen über die deutsche Vertretung in New York gestützt.Die auf Ihr Schreiben vom 6. Juli 1977 in meiner Antwort vom 21. Juli 1977 genannten Positionen, die nicht ausdrücklich Teil des Notenwechsels sind — Gehälter für Personal und Kosten für Fahrzeuge des Instituts, Ausgaben für ein Sprechgerät sowie Büromaterial — wurden deshalb gegenüber dem UN-Kommissar für Namibia bereits beanstandet. Der Büroleiter des UN-Namibia-Instituts hat auch bereits eingeräumt, daß der Betrag der Bundesrepublik Deutschland insoweit nicht gemäß der vertraglichen Zweckbestimmung ausgegeben worden ist. Es handelt sich also um eine Frage der Rechnungsprüfung im Hinblick auf detaillierte Verwendungsbestimmungen.Dies erklärt sich aus folgendem. Nach den vorliegenden Informationen hängt ,die von der Vereinbarung teilweise abweichende Mittelverwendung mit administrativen Anfangsschwierigkeiten des erst vor einem Jahr gegründeten Instituts zusammen und
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2962 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977
Parl. Staatssekretär Brückist auch darauf zurückzuführen, daß unser Beitrag bisher der einzige ist, der an bestimmte Ausgaben des Instituts gebunden ist; Beiträge anderer Staaten sind den Ausgaben des Institus insgesamt gewidmet und enthalten darüber hinaus keine besondere Zweckbestimmung.Der UN-Kommissar für Namibia hat eine Stellungnahme zugesagt, sobald die in diesem Monat vorgesehene erste Rechnungsprüfung durch den Rechnungsprüfer des UN-Sekretariats vorliegt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort eingangs von Recherchen der 'deutschen Vertretung gesprochen. Können Sie das vielleicht konkretisieren, in welcher Weise welcher deutschen Vertretung 'es möglich war, in Lusaka zu recherchieren, was mit dem Geld geschehen ist?
Brück, Parl. Staatssekretär: Ich habe von der deutschen Vertretung in New York gesprochen, die dort bei den Vereinten Nationen entsprechende Schritte unternommen hat.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Sie haben gesagt, es liege nicht eine Rechnungsprüfung über die 'detaillierte Anwendung vor. Warum schließen Sie mit so großer Gewißheit aus, daß das Geld für andere Zwekke als verabredet verwendet worden ist?
Brück, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe gesagt: es handelt sich um eine Frage der Rechnungsprüfung im Hinblick auf detaillierte Verwendungsbestimmungen. Ich habe also gesagt: wir werden eine detaillierte Verwendungsüberprüfung vornehmen — bzw. auch der Rechnungsprüfer der Vereinten Nationen —, und ich habe ja ebenfalls in meiner Antwort gesagt, daß das Geld auch für Anschaffungen ausgegeben worden ist, die nicht im Vertrag vorgesehen waren, und für das Personal.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl .
Herr Staatssekretär, ist in diese Rechnungsprüfung auch der Bundesrechnungshof eingeschaltet?
Brück, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß das natürlich auch der Bundesrechnungshof prüfen wird; denn es sind Mittel, die im Einzelplan 23 veranschlagt worden sind.
Eine weitere Zusatzfrage der Frau Kollegin Erler.
Herr Staatssekretär, gibt es irgendwelche Anhaltspunkte, die den Verdacht rechtfertigen, daß das Geld außerhalb der UN oder außerhalb des Namibia-Instituts angelegt worden ist?
Brück, Parl. Staatssekretär: Nein. Ich habe schon in einer Antwort an den Kollegen Hupka vor einiger Zeit deutlich gemacht, daß wir keine Anhaltspunkte dafür haben, daß das Geld für Zwecke außerhalb des Instituts verwandt worden ist.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Baum zur Verfügung.
Bei den ersten beiden Fragen des Abgeordneten Lenzer frage ich mich, ob sie gegebenenfalls gemeinsam beantwortet werden können. — Der Fragesteller ist auch einverstanden. Ihr Fragerecht wird dadurch nicht verkürzt. Ich rufe also die Fragen 6 und 7 auf:
Wie stellt sich die Bundesregierung in Ergänzung ihrer Meinung auf die Große Anfrage der SPD/FDP zur Energiepolitik die Genehmigung von Standorten von Energieerzeugungsanlagen, insbesondere von Kernkraftwerken, durch Landtage vor?
Gedenkt die Bundesregierung insbesondere gegebenenfalls darauf hinzuwirken, daß durch ein Maßnahmegesetz Standorte von Kraftwerken durch Landtage festgelegt werden?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Lenzer, die Bundesregierung hält es für wünschenswert, daß die Landtage bei der notwendigen Umstellung landesweiter „sachlicher Teilpläne" im Sinne des Raumordnungsgesetzes zur vorausschauenden Standortvorsorge für Kraftwerke einschließlich Kernkraftwerken beteiligt werden.
Mögliche und geeignete Lösungen sollen mit den Ländern erörtert werden. Nach Auffassung der Bundesregierung sollte vorrangig eine Verabschiedung dieser Pläne durch Landesgesetze oder durch Rechtsverordnungen der Landesregierungen mit Beteiligung der Landtage erwogen werden.
Dabei sollen keine Entscheidungen über die technischen Anlagen vorweggenommen werden. Diese Entscheidungen bleiben dem Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz sowie nach dem Atomgesetz vorbehalten.
Die Bundesregierung hält es für wünschenswert, daß auch Einzelfallentscheidungen über Standorte für bedeutsame Großvorhaben, insbesondere Kraftwerke, unter maßgeblicher Beteiligung der Landtage getroffen werden. Im Zusammenwirken mit den Ländern wird geprüft werden, welche Rechtsformen möglich und geeignet sind.
Zusatzfrage.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wären Sie so freundlich, einmal zu konkretisieren, was die Bundesregierung unter diesen mög-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2963
Lenzerlichen Lösungen der Frage einer Beteiligung der Länderparlamente versteht?Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das hätte ich sicher schon in der Antwort auf Ihre Frage getan, wenn ich das könnte. Aber es sind Überlegungen, die wir ja in. der Antwort auf die Große Anfrage von zwei Fraktionen angekündigt haben. Diese Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen. Ich nenne hier zum erstenmal öffentlich die Richtung dieser Überlegungen. Ich habe also eine Konkretisierung vorgenommen, wie sie bisher nicht erfolgt ist. Weiter kann ich nicht gehen, weil dazu noch keine abschließenden Entscheidungen getroffen sind. Es handelt sich ja, wie Sie wissen, um schwierige rechtliche und auch verfassungsrechtliche Fragen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie einen in etwa genauen Zeitpunkt angeben, bis zu dem die Bundesregierung ihre eigene Meinung gebildet haben wird, um dann den Kontakt mit den Landtagen und Landesregierungen aufzunehmen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Ich gehe davon aus, daß das noch in diesem Jahr, also in den nächsten Monaten, geschieht.
Noch eine Zusatzfrage.
Ich frage Sie weiter, ob die Bundesregierung unter Umständen zu der Meinung kommen könnte, daß über jede einzelne Teilerrichtungsgenehmigung das zuständige Landesparlament eine Entscheidung zu treffen haben wird.
Baum, Parl. Staatssekretär: Das könnte ich mir eigentlich nicht vorstellen, Herr Kollege. Wieweit die Mitwirkung gehen sollte, habe ich im übrigen in meiner Antwort klar zum Ausdruck gebracht.
Können Sie also — wenn ich diese Frage im Anschluß an das soeben Gesagte stellen darf — ausschließen, daß z. B. bei der Erteilung der Teilerrichtungsgenehmigung für den SNR300-MW-Reaktor in Kalkar letztlich der Landtag von Nordrhein-Westfalen tätig werden wird, weil dort die Dinge innerhalb des Kabinetts offensichtlich unterschiedlich beurteilt werden?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Lenzer, ich habe nicht über Kalkar, sondern über Standortfestlegungen gesprochen. Ich habe nicht über die Sonderproblematik gesprochen, die sich aus der Entscheidung zu Kalkar ergibt. Das ist ein anderes Problem, das die Bundesregierung ebenfalls prüft. Es ist eine Frage anderer Qualität und anderer Art.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß, wenn Standorte festgelegt werden, die in unmittelbarer Bundesgrenznähe liegen, die Mitwirkungspflicht der Bundesregierung eine selbstverständliche Priorität darstellt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich vermag die Tragweite Ihrer Frage nicht zu erkennen. Sie wollen hier die Mitwirkung der Bundesregierung postulieren. Ich könnte mir vorstellen, daß man in irgendeiner Weise — das hängt mit dem letzten Komplex zusammen — eine Mitwirkung des Bundesparlaments vorsieht. Die Mitwirkung der Bundesregierung in dem Verfahren ist ja nach dem Atomgesetz gesichert.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, kann in diesem Zusammenhang der Landesentwicklungsplan VI der nordrhein-westfälischen Landesregierung, der sich derzeit im Erarbeitungsverfahren befindet, nicht für andere Bundesländer ein Beispiel sein, wie man eine Vorratsplanung nicht nur für Kraftwerkstandorte, sondern auch für andere Großindustrieanlagen durchführt, um die vorhandene Rechtsunsicherheit und Länge der Einzelverfahren im Planungsbereich abzubauen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, sicherlich zielt dieser Landesentwicklungsplan in die Richtung, die ich hier auch für die Bundesregierung aufgezeigt habe. Aber, ich glaube, es ist nicht meine Aufgabe, den anderen Ländern den Plan eines Landes hier als Vorbild vorzuhalten.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden: Ist die Bundesregierung der Meinung, daß im Falle der Standortnähe zu einer Bundesgrenze nicht die Bundesregierung, sondern das Parlament, d. h. der Bundestag, zuständig ist?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir haben uns mißverstanden. Sie zielen auf die internationale Abstimmung ab, also auf eine Abstimmung über die Grenzen hinweg in Konsultationsoder Beratungsmechanismen zwischen den Staaten. Hier wirkt die Bundesregierung, etwa im Verhältnis zu Frankreich, in Ausschüssen und Beratungsgremien, die dafür bestehen, schon heute mit.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Professor Schäfer.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir darüber einig, daß die Diskussion in diesen Dingen von der verfassungsrechtlichen Aufgabe des Parlaments, der Regierung und der Verwaltungsstellen ausgehen muß und daß das Parlament nicht Einzelentscheidungen treffen darf, daß die
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2964 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977
Dr. Schäfer
Parlamente in ihrer politischen Verantwortung für die Raumordnung, z. B. für die Landesentwicklungspläne, durchaus Voraussetzungen festlegen können, für die unter Anwendung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften die Verwaltungsbehörden zuständig sind, so daß auch der Betroffene eine Möglichkeit hat, sich im Rechtsweg dagegen zu wehren?Baum, Parl. Staatssekretär: Ich stimme mit Ihnen überein, Herr Kollege Schäfer. Ich glaube, wir beide stimmen auch darin überein, daß wir in diesem Bereich eine stärkere Legitimation durch Parlamente anstreben, was allerdings — ich wiederhole es — schwierige verfassungspolitische und verfassungsrechtliche Fragen aufwirft.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Milz.
Herr Staatssekretär, Sie haben Kalkar als einen Sonderfall apostrophiert. Heißt dies, daß in diesem Sonderfall der Landtag von Nordrhein-Westfalen entscheidungsbefugt sein sollte?
Baum, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege, das habe ich nicht sagen wollen, aber auch nicht ausschließen wollen. Ich habe nur zum Ausdruck bringen wollen, daß es sich hierbei um eine besondere Art eines Kernreaktors handelt und daß hier ganz neue Fragen aufgeworfen sind, die einer besonderen Lösung bedürfen. Ob und in welcher Form sie etwa in einer Novelle zum Atomgesetz vom Bundestag verarbeitet werden, vermag ich heute noch nicht zu sagen. Aber diese Fragen haben mit der bloßen Standortfestlegung etwa nach dem Raumordnungsverfahren nichts zu tun.
Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl auf:
Treffen die in der Zeitung „Die Welt" vom 29. August 1977 aufgestellten Behauptungen zu, daß der Bruder von Professor Spiros Simitis, Konstantin Simitis, seit 1965 Geschäftsführer der „DDR"-Filmherstellerfirma Orwo in Athen und seit 1969 außerdem Rechtsberater der Ostberliner Außenhandelsvertretung in der griechischen Hauptstadt sei und daß Bedienstete der Firma Orwo wiederholt in Spionageaktionen verwickelt gewesen seien, und welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls hieraus hinsichtlich der geplanten Berufung von Professor Simitis zum Datenschutzbeauftragten des Bundes zu ziehen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Riedl, die Bundesregierung hat den von Ihnen genannten Zeitungsartikel zur Kenntnis genommen. Sie hat auch zur Kenntnis genommen, daß Herr Rechtsanwalt Dr. Konstantin Simitis die dort über ihn aufgestellten Behauptungen als falsch zurückgewiesen hat. Die Bundesregierung ist nicht bereit, Tätigkeiten des Rechtsanwalts Dr. Konstantin Simitis zum Gegenstand einer öffentlichen Erörterung im Deutschen Bundestag zu machen. Die Bundesregierung wird die Gespräche mit dessen Bruder, Herrn Professor Spiros Simitis, einem anerkannten Fachmann im Bereich des Datenschutzes, über die Besetzung der Stelle des Datenschutzbeauftragten des Bundes fortführen. Herr Professor Simitis ist bereits bei seiner Einstellung zum hessischen Datenschutzbeauftragten einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden.
Unabhängig davon stellt die Bundesregierung fest: Für den Bundesdatenschutzbeauftragten gilt — genau wie in jedem anderen vergleichbaren Fall im Bereich des Bundes —, daß vor der Einstellung eine entsprechende Sicherheitsüberprüfung stattfindet.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung diese Informationen, die ich der Zeitung „Die Welt" entnommen habe
und von denen Sie behauptet haben, daß Sie sie auch erst seit Bekanntwerden in der Zeitung „Die Welt" kennen,
vor der Veröffentlichung in der „Welt" bereits bekannt gewesen? Ich bitte Sie, diese Frage ganz genau zu beantworten.
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe nichts in dem Sinne behauptet, wie Sie es mir jetzt unterstellen, sondern ich habe Ihnen gesagt, daß es die Bundesregierung ablehnt, die Tätigkeit des Rechtsanwalts Konstantin Simitis, die in dem Artikel angezogen ist, hier zum Gegenstand einer Auseinandersetzung zu machen. Auf diese Informationen einzugehen und zu sagen, welche Informationen das sind, lehne ich hier für die Bundesregierung im gegenwärtigen Zeitpunkt ab.
Herr Abgeordneter, Sie haben die Möglichkeit zu einer weiteren Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann der deutsche Bürger davon ausgehen, daß die Bundesregierung vor der Berufung des von ihr für das Amt des Datenschutzbeauftragten Vorgesehenen eine Sicherheitsüberprüfung durchführt, die die Garantie dafür gibt, daß wir von diesem Sicherheitsbeauftragten nicht eines Tages mit unangenehmen Dingen überrascht werden?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist das Ziel der Sicherheitsüberprüfungen, die auch in allen vergleichbaren Fällen stattfinden. Sie können davon ausgehen, daß die Bundesregierung hier mit höchster Sorgfalt vorgehen wird.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, dem Hohen Hause und der Öffentlichkeit mitzuteilen, ob es sich bei Herrn Professor Simitis um den einzigen Kandidaten für dieses Amt
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2965
Gerster
gehandelt hat, oder hat die Bundesregierung Bemühungen unternommen, um aus einer breiten Kandidatenzahl auswählen zu können?Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe Ihnen gesagt, daß wir die Gespräche mit diesem Kandidaten, Herrn Professor Spiros Simitis, fortführen, und ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger .
Herr Staatssekretär, bedeutet der Hinweis auf die hessische Sicherheitsüberprüfung, daß sich die Bundesregierung bei ihrer Überprüfung im wesentlichen mit diesem Ergebnis begnügt, oder stellen Sie an Hand neuer Untersuchungen Ihre Entscheidungsgrundlagen zusammen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Bei einer Einstellung im Bund wird unabhängig davon eine Sicherheitsüberprüfung vorgenommen. Das ist in allen vergleichbaren Fällen so, und so geschieht es auch hier.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt.
Herr Staatssekretär, würden Sie so freundlich sein, den Fragestellern Unterlagen über Fälle zur Verfügung zu stellen, in denen vor 1969 — ich betone das in diesem Fall — Personen eingestellt worden sind und in Ämtern, die mit höchst geheimschutzbedürftigen Aufgaben befaßt waren, unangefochten gewirkt haben, obwohl sie nächste Angehörige in der DDR hatten, Personen, bei denen man durchaus sagen konnte, daß sie in einer delikaten Position waren?
Herr Kollege Sieglerschmidt, so verständlich diese Frage ist, ich muß Sie um Verständnis bitten, daß ich sie nach den Richtlinien in dieser Form nicht zulassen darf.
Ich gebe noch dem Herrn Professor Schäfer die Möglichkeit zu einer Frage.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß man eine so wichtige und diffizile Frage anders behandeln sollte, als sie der Herr Kollege Riedl hier eingeführt hat?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Riedl hat selbstverständlich das Recht, dazu eine Frage zu stellen. Ich bin aber — wenn Sie das zum Ausdruck bringen wollen, Herr Kollege Schäfer — der Meinung, daß wir hier im Parlament nicht ohne Grund die demokratische Zuverlässigkeit einzelner Bürger debattieren sollten.
Wenn ich es richtig sehe, ist der Herr Abgeordnete Lemmrich nicht im Saal. Die Frage 9 wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 10 ist vom Herrn Abgeordneten Spranger gestellt worden. — Ich sehe den Herrn Abgeordneten Spranger nicht. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Thüsing auf. — Auch der Herr Abgeordnete Thüsing ist nicht im Saal. Daher werden diese Frage und die ebenfalls vom Abgeordneten Thüsing eingereichte Frage 12 schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Wernitz auf — der Herr Abgeordnete ist im Saal —:
Nach welchen Kriterien und von wem wurden oder werden dem zuständigen Bund-Länder-Staatssekretärsausschuß Standortvorschläge für zentrale Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente aus Kernkraftwerken gemacht, und um welche Standortvorschläge handelt es sich?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wernitz, Kriterien für Standortvorschläge sind in erster Linie die technischen Erfordernisse für ein Zwischenlager: geeignete verkehrstechnische Anbindung, Möglichkeit zur Ableitung der Abklingwärme der Brennelemente, Verfügbarkeit der erforderlichen Baufläche. Hinzu kommen Gesichtspunkte der Raumordnungs-
und Landesentwicklungspolitik. Die Bedeutung strahlenschutztechnischer Kriterien tritt wegen des vergleichsweise geringen Gefährdungspotentials eines Zwischenlagers zurück. Trotzdem werden auch Fragen der Meteorologie, Radiohydrologie, des Trinkwasserschutzes, der Geologie und Seismik sowie möglicher Gefährdung durch äußere Einwirkungen in die Überlegungen einbezogen.
Die Standortvorschläge werden von der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen gemacht und liegen noch nicht endgültig vor. Zunächst wurden die Standorte Krümmel (Schleswig-Holstein), Meppen (Niedersachsen), Ahaus (Nordrhein-Westfalen), Borken (Hessen), Karlstein (Bayern) und Wertingen (Bayern) genannt. Eine geänderte Liste von Vorschlägen ist angekündigt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann man im Zusammenhang mit der Liste, die Sie eben genannt haben, unterschiedliche Prioritäten nennen?Baum, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege, es sind Vorüberlegungen. Ich scheue mich, hier schon von Prioritäten zu sprechen, die in eine endgültige Entscheidung einmünden. Es sind Vorüberlegungen, die auch zusammen mit dem Bund angestellt wurden. Aber die sachlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung liegen noch nicht vor.
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2966 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977
Herr Kollege, noch eine weitere Zusatzfrage?
Nein.
Dann
rufe ich die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Wann ist mit einer Entscheidung über diese Standortvorschläge zu rechnen, und wie ist das Verfahren bis zur endgültigen Standortfestlegung?
Herr Staatssekretär.
Baum, Parl. Staatssekretär: Der Zeitpunkt einer Entscheidung über den Standort ist vom Beginn und Verlauf des erforderlichen atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens abhängig und noch nicht absehbar, Herr Kollege.
Zunächst werden in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe von Staatssekretären der betroffenen Ressorts die raumordnungs- und landesentwicklungspolitischen Gesichtspunkte der Standortwahl erörtert. Der Abschluß dieser Beratungen wird im Oktober 1977 erwartet. Die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen beabsichtigt, die Ergebnisse in ihre weitere Planung einzubeziehen. Je nachdem, ob das Zwischenlager als Bestandteil einer genehmigungspflichtigen Anlage nach § 7 des Atomgesetzes oder, davon unabhängig, als Aufbewahrungsstätte von Kernbrennstoffen nach § 6 des Atomgesetzes endgültig geplant wird, ist ein Genehmigungsantrag bei der zuständigen obersten
Landesbehörde — bei einer Anlage nach § 7 des Atomgesetzes — oder bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt — bei Aufbewahrung nach § 6 des Atomgesetzes — zu stellen. Die endgültige Standortfestlegung geschieht erst mit dem rechtskräftigen Abschluß des von der zuständigen Behörde nach den Vorschriften des Atomgesetzes und der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführenden Genehmigungsverfahrens.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wann rechnen Sie, soweit man das hier überhaupt sagen kann — insofern ist diese Frage kühn —, mit dieser endgültigen Festlegung des Standorts oder der Standorte?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann darauf heute keine Antwort geben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, angesichts des Verfahrens und der Information insbesondere gegenüber der Öffentlichkeit möchte ich Sie folgendes fragen: Könnten Sie sich vorstellen, daß durch eine entsprechende konkrete Darstellung der Risiken, aber auch der Möglichkeiten, die sich vor Ort ergeben, vielleicht auch Hemmnisse, Hindernisse
und Widerstände abgebaut werden können, die eventuell unbegründet bestehen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich habe hier ja schon in meiner Antwort zum Ausdruck gebracht, daß das Gefährdungspotential gering ist. Es besteht auch die Möglichkeit, die Öffentlichkeit zu beteiligen, wenn man den Weg nach § 7 des Atomgesetzes geht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl.
Herr Staatssekretär, wäre es denn überhaupt notwendig, Standorte für Zwischenlagerbecken zu benennen, wenn der Herr Ministerpräsident Albrecht in Niedersachsen die Prüfung des Standortes für eine Gesamtentsorgungsanlage beschleunigen würde?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, nach den mir vorliegenden Informationen wäre dies auch dann notwendig.
Die Fragen 15 und 16 sind von dem Herrn Abgeordneten Amling eingebracht worden. Herr Staatssekretär, ich weiß nicht, ob Sie diese beiden Fragen gemeinsam beantworten können und wollen.
Baum, Parl. Staatssekretär: Ich wäre dankbar, wenn ich beide Fragen zusammen beantworten könnte.
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann können die Fragen gemeinsam aufgerufen werden:Auf Grund welcher genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen erfolgt der Betrieb der mit Uran und Plutonium arbeitenden Degussa-Tochterunternehmen in Hanau/Wolfgang?Wurde vor Beginn der Arbeiten eine gutachtliche Untersuchung über die radioaktive Grundbelastung in diesem Gebiet durchgeführt?Baum, Parl. Staatssekretär: In Wolfgang bei Hanau bestehen vier Brennelementfabriken. Diese sind die NUKEM GmbH, die ALKEM GmbH, die HOBEG GmbH sowie die RBU Reaktor Brennelement Union GmbH.Von diesen Unternehmen befaßt sich nur die ALKEM GmbH mit der Plutoniumverarbeitung und -lagerung. Die der ALKEM atomrechtlich genehmigte Plutoniummenge beträgt insgesamt 460 kg. Der Bau eines neuen bunkerartigen Plutoniumlagers wurde der ALKEM zur weiteren Verbesserung der Sicherheit im Jahre 1975 von der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Hessischen Minister für Wirtschaft und Technik, auf Grund von § 17 des Atomgesetzes zur Auflage gemacht. Dieses Plutonium-lager, das sich gegenwärtig im Stadium des Innenausbaus befindet, wurde unter Berücksichtigung des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik errichtet. Da das neue Plutoniumlager ein weiterer Bestandteil der bisherigen ALKEM-Anlage werden
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Deutscher Bundestag -- 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2967
Pari. Staatssekretär Baumwird, wurde es in das gegenwärtig laufende Genehmigungsverfahren nach § 7 des Atomgesetzes einbezogen.Der Betrieb der mit Uran und Plutonium umgehenden Unternehmen in Wolfgang bei Hanau erfolgt auf der Grundlage von Art. 2 Sätze 2 und 3 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes. Die Unternehmen waren im Besitz von Genehmigungen nach § 9 des Atomgesetzes, von denen die zuletzt erteilten auf den 31. Dezember 1975 befristet waren, und haben innerhalb der vorgeschriebenen Frist von drei Monaten einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 des Atomgesetzes gestellt. Sie dürfen deshalb die bisherige Tätigkeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag nach § 7 des Atomgesetzes fortführen.Aus der Zeit vor Beginn des Umgangs mit Kernbrennstoff in Wolfgang Anfang der 60er Jahre, Herr Kollege, liegen keine. Messungen der radioaktiven Grundbelastung vor. Im Zusammenhang mit der Erweiterung der bestehenden ALKEM-Anlage durch das neue Plutoniumlager wurden Messungen der radioaktiven Grundbelastung hinsichtlich Plutonium durchgeführt.
Keine Zusatzfragen.
Die Fragen 17 und 18 sind von dem Herrn Abgeordneten Stockleben eingebracht. Herr Staatssekretär, wünschen Sie die beiden Fragen gemeinsam zu beantworten?
Baum, Pari. Staatssekretär: Ja.
Ich stelle fest, daß auch der Herr Fragesteller einverstanden ist. Dann werden die Fragen 17 und 18 gemeinsam aufgerufen:
Weiche natürlichen oder künstlich erzeugten Isotope sind Verursacher der von den Degussa-Tochteruntemehmen in Hanau/ Wolfgang ausgehenden radioaktiven Immissionen?
Wie groß sind mengenmäßig die von diesen Firmen ausgehenden Emissionen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, von diesen vier Unternehmen, die ich eben bei der Beantwortung der Fragen des Kollegen Amling genannt habe, wurden geringe Mengen der natürlichen Uranisotope Uran 234, Uran 235 und Uran 238 abgegeben, von der Firma ALKEM GmbH zusätzlich äußerst geringe Mengen der Plutoniumisotope Plutonium 238, Plutonium 239, Plutonium 240, Plutonium 241 und Plutonium 242.
Die Bundesregierung hat über die Emissionen dieser Unternehmen in ihrem Bericht „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahre 1975" an den Deutschen Bundestag berichtet. Die Emissionen dieser Firmen betragen danach rund 8,4 Millicurie Uran über die Abluft und rund 800 Millicurie Uran über das Abwasser, ferner weniger als 0,1 Mikrocurie Plutonium über die Abluft und weniger als 4 Mikrokurie Plutonium über das Abwasser.
Die Plutoniumemissionen über die Abluft betragen also weniger als 1/8000 der. Uranemissionen, die
Plutoniumemissionen über das Abwasser . weniger als 1/200 000 der Uranemissionen über das Abwasser.
Zusatzfragen? — Herr Abgeordneter Flämig.
Herr Staatssekretär, sind die von Ihnen genannten Zahlen so zu verstehen, daß die abgegebenen Mengen weit unter den nach Gesetz oder Verordnung zulässigen Mengen liegen und damit keinerlei Gefahr für die Bevölkerung im Raum Hanau darstellen?
Baum, Pari. Staatssekretär: Ich kann das bestätigen, Herr Kollege. Nach der Strahlensdiutzverordnung beträgt die maximal zulässige Lungendosis an der ungünstigsten Einwirkungsstelle in der Umgebung einer kerntechnischen Anlage — nur zum Vergleich sei die Zahl genannt - 90 Millirem pro Jahr. In der Umgebung der ALKEM beträgt die Lungendosis an der ungünstigsten Stelle maximal 20 Millirem pro Jahr.
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Grunenberg auf:
Gelangen vom Gelinde der Degussa-Tochterunternehmen in Hanau/Wolfgang radioaktive Elemente in die Umwelt?
Audi die nächste Frage des Abgeordneten Grunenberg, die Frage 20, steht in einem Zusammenhang mit der Frage 19. 'Herr 'Staatssekretär, sind Sie mit der gemeinsamen Beantwortung der beiden Fragen einverstanden?
Baum, Parl. Staatssekretär: Gern.
Der Fragesteller ist ebenfalls einverstanden.
Ich rufe also auch die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Grunenberg auf.
Gefährden diese Mengen die Gesundheit der burger in Hanau und Umgebung, insbesondere in Anbetracht der Langlebigkeit und der hohen Giftigkeit des Plutoniums und des Lungenkrebsrisikos?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Baum, Parl. Staatssekretär: Diese vier kernbrennstoffverarbeitenden Unternehmen in Hanaa/Wolfgang geben nur geringe Mengen radioaktiver. Stoffe in die. Umwelt ab, vor allem natürliche Uranisotope. — Ich verweise auf die Informationen, die ich soeben den Kollegen gegeben habe. —Die angegebenen Mengen gefährden die Gesundheit der Bürger in Hanau und Umgebung nicht. Die maximalen Strahlenexpositionen durch diese Abgaben betragen an den ungünstigsten Einwirkungsstellen in der Umgebung der Unternehmen weniger als ein Fünftel der nach der — sehr strengen - Strahlenschutzverordnung für die Lunge maximal zulässigen Dosis bzw. weniger als ein Achtzigstel der Dosis, die die Internationale Strahlenschutzkommission als zulässig ansieht.
Ich möchte noch darauf hinweisen, daß, lediglich von einem_ der vier kernbrennstoffverarbeitenden Unternehmen Plutonium in die Umwelt abgegeben
Parl. Staatssekretär Baum
wird, und zwar, wie ich ausgeführt habe, in sehr geringen Mengen. Bei den anderen Abgaben handelt es sich um Uran.
Keine Zusatzfragen?
Ich rufe dann die Frage 21 des Herr Abgeordneten Flämig auf:
Weldie Schutzmaßnahmen wurden und werden bei den Degussa-Tochterunternehmen in Hanau/Wolfgang ergriffen, um die Einbringung radioaktiver Schadstoffe in die Umwelt, insbesondere von Plutonium bei Transport, Lagerung und Bearbeitung der radioaktiven Materialien zu verhindern, und gibt es Aufzeichnungen Ober Mengenbilanzen aller angelieferten, gelagerten und wiederabgegebenen radioaktiven Isotope, insbesondere von Plutonium, und wie groß ist die Schwundmenge pro Jahr bei den einzelnen radioaktiven Stoffen?
Herr Staatssekretär. .
Baum, Parl. Staatssekretär: Die Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Abluft aus den kerntechnischen Anlagen ALKEM, NUKEM und RBU erfolgt - ähnlich wie bei Kernkraftwerken über Filter, die eine weitgehende Rückhaltung von Aerosolen, also auch von Plutonium, ermöglichen. Nachdem die Verbesserungsfähigkeit der Rückhaltungradioaktiver Stoffe im Abwasser der genannten Anlagen erkannt war, wurde Ende 1976 eine UF6-Filtrataufbereitung entwickelt und eingesetzt, die. eine erhebliche Reduktion der Abgabe bewirkte. Weitere Verbesserungen durch Reinigung kontaminierter Wasch- und Spülwässer befinden sich in Erprobung.. Plutonium wird nur bei der Firma ALKEM in einer Weise verarbeite t, die überhaupt zur Abwasserkontamination führen kann. Die Abwässer werden jedoch aufbereitet, rückgeführt und der Rest als radioaktiver Abfall zur Endbeseitigung an die entsprechende Sammelstelle weitergegeben.
Für den Einschluß von Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen gelten bei allen inter- nationalen und nationalen Beförderungsvorgängen, Herr Kollege, so restriktive Vorschriften, daß selbst bei Unfällen der Einschluß gewährleistet bleibt. Neben den aus Sicherheitsgründen getroffenen Schutzmaßnahmen werden gegen Störaktionen oder sonstige Einwirkungen Dritter zusätzlidi organisatorische Maßnahmen ergriffen.
Aufzeichnungen über Mengenbilanzen, nach denen Sie ebenfalls gefragt haben, werden zum Zwecke der Spaltstoffkontrolle von EURATOM bzw. der Internationalen Atomenergie Agentur auf der Grundlage des EURATOM-Vertrages bzw. des Verifikationsabkommens angefertigt. Die Schwundmenge ergibt sich auf Grund. von Meßungenauigkeiten, anlageinternen Ablagerungen sowie Abfallverlusten. Angaben der EURATOM-Kontrollen über die Größe der Schwundmengen liegen mir noch nicht vor.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Flämig.
Flämig; : Herr Staatssekretär, diese Antwort bezieht sich also nicht nur auf die Tochterunternehmen der Degussa, wie es hier mehrfach heißt, sondern auf alle Nuklearbetriebe in Wolfgang bei Hanau
Baum, Parl. Staatssekretär: Ich habe das in der Beantwortung Ihrer Frage klar zum Ausdruck gebracht, Herr Kollege.
Sie haben noch eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, die von Ihnen genannten Messungen usw. werden also nicht, wenn ich Sie recht verstanden habe, von den Betrieben, sondern von völlig unabhängigen Beauftragten von EURATOM, IAEA bzw. denen durchgeführt, die nach dem NV-Vertrag tätig werden?
Baum, Parl. Staatssekretär: So ist es.
Ich rufe. dann die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Flämig auf:
Woraus erklärt sich die vergleichsweise starke radioaktive Belastung, der die Menschen im Gebiet von Hanau durch Inhalation über die Lunge ausgesetzt sind, wie sie das Gutachten der Gesellschaft für Reaktorsicherheit vom März 1977 feststellte?
Herr Staatssekretär.
Baum, Parl. Staatssekretär: Die Strahlenexposition der Lunge durch Inhalation von radioaktiven Stoffen beträgt nach dem Gutachten der Gesellschaft für Reaktorsicherheit an den ungünstigsten Einwirkungsstellen in der Umgebung der kerntechnisdien Betriebe ca. 16,8 Millirem pro Jahr. Dies sind rund 19 Prozent der nach der neuesten Strahlenschutzverordnung maximal zugelassenen Lungendosis von 90 Millirem. Die Ganzkörperdosis durch Inhalation beträgt lediglich 0,2 Millirem pro Jahr. Die genannten Daten, Herr Kollege, beruhen auf den Emissionen der Unternehmen über die Abluft. Dabei muß jedoch berücksichtigt werden, daß die tatsächlichen Dosiswerte niedriger als die in dem Gutachten berechneten Werte liegen, da den Rechnungen konservative Annahmen zugrunde liegen. Ferner liegt die mittlere Strahlenexposition noch erheblich niedriger.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, ist Ihre Antwort so zu verstehen, daß man gar nicht nachweisen kann; ob eine derartige Belastung allein aus den Nuklearbetrieben kommt, oder besteht beispielsweise auch die Möglichkeit, daß ein in der Nähe befindliches Großkraftwerk, das mit Kohle arbeitet, auch in geringen Mengen radioaktive Stoffe abgibt?Baum, Parl. Staatssekretär: Radioaktive Stoffe werden von verschiedenen Emittenten abgegeben; das wird auch in diesem Raum, den wir hier besprechen, so sein.- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Sie haben. noch eine. Zusatzfrage, Herr Kollege.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2969
Meine Frage bezieht sich auf die Zahlen, die die Gesellschaft für Reaktorsicherheit veröffentlicht hat, Herr Staatssekretär. Wie ist es zu erklären, daß in diesem Raum eine höhere, wenn auch recht ungefährliche, Strahlenbelastung als beispielsweise in anderen hessischen Gebieten festzustellen ist?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann Ihnen diese spezielle Frage jetzt nicht beantworten; ich bin aber gern bereit, das schriftlich zu tun, wenn Sie es wünschen.
Herr Kollege Ey, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, erwägt die Bundesregierung, weitere Auflagen oder Maßnahmen zu ergreifen, um die bestehende Radioaktivität, die auch Sie anerkannten, weiter zu reduzieren?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir haben eine Strahlenschutzverordnung mit sehr rigorosen Werten, wie sie sonst kaum auf der Welt vorgeschrieben werden. Die Strahlenschutzverordnung ist jüngsten Datums, und daran halten wir uns. Was im technischen Produktionsprozeß zu machen wäre, vermag ich nicht zu sagen. Ich kann nur noch einmal wiederholen, daß die Werte, die ich genannt habe, nach Auskunft aller Sachverständigen nicht gesundheitsgefährlich sind.
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Stahl auf:
Wie groß sind die durch Lagerung, Verarbeitung und Transport von Uran und Plutonium in den Fabrikationsstätten der Degussa-Tochterunternehmen in Hanau/Wolfgang an die Luft bzw. in das Abwassersystem gelangenden radioaktiven Immissionen pro Zeiteinheit und in welchem Verhältnis stehen sie zur natürlichen radioaktiven Belastung des Gebietes und den nach der jüngsten Strahlenschutzverordnung tolerierbaren zusätzlichen Belastungen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, wegen der Größe der von den Kernbrennstoff verarbeitenden Unternehmen in Hanau/Wolfgang durch Lagerung, Verarbeitung und Transport von Uran und Plutonium ausgehenden Emissionen verweise ich auf die Antworten, die ich soeben gegeben habe. Die dadurch verursachten radioaktiven Immissionen führen zu folgenden Strahlenexpositionen an den ungünstigsten Einwirkungsstellen — ich muß jetzt ein paar Zahlen vorlesen —: Ganzkörperdosis kleiner als 0,3 Millirem pro Jahr, Knochendosis kleiner als 5 Millirem pro Jahr, Lungendosis kleiner als 17 Millirem pro Jahr.
Nach der neuen, sehr strengen Strahlenschutzverordnung vom 13. Oktober 1976 sind an den ungünstigsten Einwirkungsstellen in der Umgebung einer kerntechnischen Anlage folgende zusätzliche Strahlendosen maximal zulässig — diese Zahlen müßten mit den soeben genannten verglichen werden —: Ganzkörperdosis 30 Millirem pro Jahr, Knochendosis 180 Millirem pro Jahr und Lungendosis 90 Millirem pro Jahr. Die natürliche Strahlenexposition des Ganzkörpers beträgt 110 Millirem pro
Jahr. Die zusätzliche Ganzkörperdosis an den ungünstigsten Einwirkungsstellen in der Umgebung der Kernbrennstoff verarbeitenden Unternehmen, über die wir hier sprechen, Herr Kollege, beträgt weniger als 1 % des nach der Strahlenschutzverordnung zulässigen Wertes, die Knochendosis weniger als 2,8 % und die Lungendosis weniger als 19 % des zulässigen Wertes. Dabei weise ich ausdrücklich darauf hin, daß in der Strahlenschutzverordnung wesentlich niedrigere Dosisgrenzwerte als in den Euratom-Grundnormen festgelegt sind.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie das hier dargestellt haben, frage ich, ob es richtig ist, daß zu keiner Zeit eine Gefahr für die Bevölkerung in der Umgebung dieser in Betrieb befindlichen Anlagen im Bereich Hanau bestanden hat. Es wird derzeit von verschiedenen Umweltverbänden die Frage diskutiert, daß doch eine Gefahr bestehe. Wäre die Bundesregierung bereit, dies einmal in aller Öffentlichkeit den Zeitungen im dortigen Raum mitzuteilen, damit die dort derzeit laufenden Aktionen der Verunsicherung aufhören?
Herr Kollege, es ist ja das Ziel jeder Fragestunde, der Öffentlichkeit in größtmöglichem Umfange die Fragen und Antworten zugänglich zu machen. Bitte, Herr Staatssekretär.
Baum, Parl. Staatssekretär: Ich meine, die Behandlung der von Ihnen gestellten Frage hat schon zur Aufklärung der Öffentlichkeit beigetragen, Herr Kollege. Wir werden die daraus gewonnenen Erkenntnisse in den üblichen Informationen, die wir von seiten der Bundesregierung und des Bundesinnenministeriums herausgeben, verwerten.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 24 der Abgeordneten Frau Karwatzki auf:
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß das Urteil des Bundesverfassungsgerichts — 2 BvR 988/75 — vom 24. Mai 1977 inhaltlich weitergehender ist als die Verwaltungsanordnung für Ermittlungen bei Suchtkrankenberatungsstellen, beschlossen vom Unterausschuß „Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren" der Justizministerkonferenz, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus?
Die im Anschluß an die Durchsuchung der Drogenberatungsstelle in Aachen von einem Unterausschuß der Justizministerkonferenz erarbeitete Verwaltungsanordnung hebt darauf ab, daß in Ermittlungsverfahren, in denen die Staats-
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2970 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977
Parl. Staatssekretär Dr. de Withanwaltschaft die Durchsuchung von Beratungsstellen oder sonstige Zwangsmaßnahmen in Erwägung zieht, sorgfältig zu prüfen ist, „ob das Interesse an der Strafrechtspflege den Eingriff in das Vertrauensverhältnis zwischen Beratendem und Ratsuchendem gebietet oder ob nicht auf anderem Wege eine Aufklärung des Sachverhalts zu erreichen ist". Durch diese Prüfungspflicht soll sichergestellt werden, „daß in das für eine erfolgreiche Beratung notwendige Vertrauensverhältnis nur eingegriffen wird, wenn überwiegende Belange der Strafrechtspflege dies unbedingt erforderlich machen".Nach Auffassung der Bundesregierung geht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1977 inhaltlich nicht weiter. Sowohl die Verwaltungsanordnung als auch der Spruch des Bundesverfassungsgerichts finden ihre Grundlage in dem verfassungsrechtlich abgesicherten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin?
Dann rufe ich die Frage 25 auf:
Was hat die Bundesregierung dazu bewogen, nachdem sie bereits in der 7. Wahlperiode die Notwendigkeit gesehen hatte, das Zeugnisverweigerungsrecht für anerkannte Sozialarbeiter gesetzlich zu verankern und einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hatte, jetzt die auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewonnenen Erfahrungen abzuwarten und zunächst keinen Gesetzentwurf einzubringen?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort vom 12. August 1977 auf die Kleine Anfrage der Fraktionen der SPD und FDP — Drucksache 8/820 — die Gründe für ihre Auffassung dargelegt, daß vor einer Beschlußfassung über etwaige gesetzgeberische Maßnahmen zunächst die auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewonnenen Erfahrungen gesammelt und ausgewertet werden sollten. Ich wiederhole: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung deutlich gemacht, daß weder den Belangen der Gesundheitsfürsorge, noch denen einer wirkungsvollen Strafverfolgung ein generelles Übergewicht zukommt, daß vielmehr im Einzelfall zwischen den widerstreitenden Interessen sorgfältig abzuwägen ist.
Seit der Durchsuchung der Beratungsstelle in Aachen und dem Erlaß der Verwaltungsanordnung durch die Landesjustizverwaltungen im Jahre 1976 sind keine Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden mehr bekanntgeworden, die eine solche Abwägung hätten vermissen lassen.
Im Hinblick auf diese Sachlage empfiehlt es sich, zunächst die weitere Entwicklung sowie die Erfahrungen mit der Verwaltungsanordnung und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten, bevor über gesetzgeberische Maßnahmen zur Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeiter erneut Überlegungen angestellt werden.
Frau
Kollegin, keine weiteren Zusatzfragen?
Dann rufe ich die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Gerster auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Erhöhung der Gebühren des Patentamtes um durschnittlich 68,5 % vor allem jugendliche, mittellose Erfinder, aber auch Kleinbetriebe heute dazu zwingen kann, entweder auf kostenintensive Vorarbeiten und damit auf die Entwicklung von Erfindungen ganz zu verzichten oder ihre Ideen bereits im Vorstadium an finanzkräftige Unternehmen zu verschreiben, und ist ihr bewußt, daß dadurch Erfindungen zumindest erschwert, wenn nicht sogar verhindert werden könnten, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Gestatten Sie mir zunächst die Klarstellung, daß die Erhöhung der Gebühren des Patentamtes durch das Gesetz vom 18. August 1976 keineswegs zu einem Rückgang der Zahl der Patentanmeldungen geführt hat. Die Statistik des Deutschen Patentamtes weist für die letzten zwei Monate des Jahres 1976 und das erste Halbjahr des Jahres 1977 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1975/76 sogar eine steigende Zahl von Patentanmeldungen auf.
Es kann daher auch nicht festgestellt werden, daß die Erhöhung der Gebühren des Patentamts insbesondere Einzelerfinder oder Kleinbetriebe in größerem Umfang dazu gezwungen hätte, kostenintensive Vorarbeiten für erfinderische Tätigkeiten zu unterlassen und damit auf die Entwicklung von Erfindungen ganz zu verzichten oder erfinderische Ideen vorzeitig an finanzkräftige Unternehmen zu verschreiben.
Naturgemäß läßt es sich nicht ausschließen, daß in Einzelfällen als Folge der allgemeinen Preis- und Kostenentwicklung derartige Erscheinungen auftreten können. Die Bundesregierung ist bemüht, in solchen Fällen auch schon bei den Vorarbeiten für Erfindungen in gewissem Umfang finanzielle und fachliche Hilfe zu leisten. Ich verweise insbesondere auf die Patentstelle für die deutsche Forschung der Fraunhofer-Gesellschaft für angewandte Forschung, die im Rahmen der ihr gegebenen Möglichkeiten unter Verwendung der hierfür zur Verfügung gestellten Bundesmittel aus dem Etat des Bundesministers für Forschung und Technologie auch bei der Fertigstellung von Erfindungen behilflich ist.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie es als eine wesentliche Aufgabe der Bundesregierung ansehen, die Kreativität gerade junger Leute zu fördern — Sie haben das zum Teil schon beantwortet — und damit auch Erfindungen zu erleichtern? Sind Sie mit mir der Meinung, daß es angesichts dieser Tatsachen und dieser Förderungsabsichten geradezu ein Schlag ins Gesicht junger Förderer und Entwickler sein kann, wenn diese eine Aufrechterhaltungsgebühr von jährlich 600 DM, monatlich also 50 DM, zahlen müssen? Dieser Betrag macht es in der Tat gerade für junge Menschen unmöglich, Erfindungen anzumelden und weiterzuentwickeln.Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Es steht völlig außer Zweifel, daß die Bundesregierung bestrebt ist, jedem die Möglichkeit zu verschaffen, seine Patente anzumelden. Auf diese Weise soll die Kreativität in jeder Hinsicht gefördert werden.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2971
Parl. Staatssekretär Dr. de WithIch habe auch schon ausgeführt, daß für denjenigen, der geldlich in Schwierigkeiten ist, genügend Wege zur Verfügung stehen, sein Ziel zu erreichen. Ich verweise nochmals, auch wenn ich mich wiederhole, auf die Möglichkeiten der Fraunhofer-Gesellschaft, und ich darf darauf verweisen, daß es die Einrichtung des Armenrechts gibt. Ich erinnere an § 46 a ff. des Patentgesetzes und auch — hier sollten Sie versichert sein, daß davon auch Gebrauch gemacht wird — an § 11 ff. des Patentgesetzes, wonach die Möglichkeit besteht — das ist eigentlich schon die Beantwortung Ihrer zweiten Frage, aber ich muß darauf hinweisen —, daß die Bekanntmachungsgebühr und die Jahresgebühren gestundet werden können, ja, unter bestimmten Voraussetzungen sogar erlassen werden.
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sollte nicht in den westlichen Industriestaaten besonders für junge Menschen eine Wettbewerbsgleichheit gerade auch bei den Erfindern hergestellt werden, die bisher dadurch ausgeschlossen ist, daß etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika eine Bewahrungsgebühr überhaupt nicht erhoben wird und in der Schweiz diese Gebühr nur 140 Schweizer Franken im Jahr beträgt?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, im internationalen Vergleich gibt es, nimmt man alles zusammen, überhaupt keinen Grund zu der Annahme, daß es bei uns Erschwernisse gibt, welche diejenigen anderer Länder überwiegen.
Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Gerster auf:
Ware die Bundesregierung aus einem gesamtwirtschaftlichen Interesse an der Förderung von Kreativität bereit, zumindest die Möglichkeiten der Stundung oder Befreiung über den als diskriminierend empfundenen Fall der Bewilligung des Armenrechtes hinaus zu erweitern und für mittellose Erfinder einen vollkommenen Erlaß der Gebühren einzuführen, wie dies z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika vorgesehen ist?
Der Herr Staatssekretär ist darauf schon bei der Antwort auf eine Ihrer Zusatzfragen eingegangen.
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Ich muß mich zum Teil wiederholen, aber ich habe die Frage zu beantworten.
Die Bundesregierung bereitet den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Chancengleichheit beim Zugang zu den Gerichten vor, das die Vorschriften über das Armenrecht durch eine dem modernen Rechtsdenken besser entsprechende Lösung ersetzen soll. Im Rahmen dieses Gesetzgebungsvorhabens wird auch eine Verbesserung der Armenrechtsvorschriften des Patentgesetzes geprüft. Im übrigen das ist eine Wiederholung, Herr Kollege Gerster — sieht bereits das geltende Patentgesetz für die Bekanntmachungsgebühr und die Jahresgebühren die Möglichkeit der Stundung und unter bestimmten Voraussetzungen sogar des vollständigen Erlasses dieser Gebühren vor.
Eine weitere Zusatzfrage.
Darf ich fragen, Herr Staatssekretär, wieweit diese Arbeiten gediehen sind und bis wann mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfs gerechnet werden kann.
Damit haben Sie aber Ihre beiden Fragen konsumiert.
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Es läßt sich nicht präzise sagen, wann die Vorlage eingebracht wird. Ich kann aber soviel sagen, daß die Vorlage bereits weit gediehen ist.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz beantwortet.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Grüner zur Verfügung. Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Milz auf:
Wieso sind von der Bundesregierung im sechsten Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" bei den zu fördernden Investitionen von 1977 bis 1980 und der Aufteilung der verfügbaren Förderungsmittel sowie beim Finanzierungsplan des regionalen Aktionsprogramms „Nordeifel" hinsichtlich der Industriegeländeerschließung, der öffentlichen Fremdenverkehrseinrichtungen sowie der Errichtung und des Ausbaues von Ausbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsstätten keine Zahlenangaben gemacht worden?
Herr Staatssekretär, ich weiß nicht, ob Sie die beiden Fragen wegen des eventuell vorhandenen Sachzusammenhangs zusammen beantworten wollen.
Ich würde es begrüßen.
Da der Herr Fragesteller einverstanden ist, rufe ich auch die Frage 30 auf:Wie sind diese fehlenden Zahlenangaben damit zu vereinbaren, daß im regionalen Aktionsprogramm „Nordeifel" die Förderung der Fremdenverkehrswirtschaft und die Industrieansiedlung als Entwicklungsziele für die gewerbliche Wirtschaft im Planungszeitraum angegeben sind?Grüner, Parl. Staatssekretär: Der sechste Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" enthält als Anhang A und als Anhang B eine Ubersicht über alle geplanten Maßnahmen und ihre Finanzierung in den einzelnen Bundesländern und im gesamten Bundesgebiet. Diese Zahlenangaben basieren auf den nach regionalen Aktionsprogrammen getrennten Anmeldungen der Länder.Wenn im regionalen Aktionsprogramm „Nordeifel" keine Zahlenangaben hinsichtlich Industriegeländeerschließung, Fremdenverkehrseinrichtungen sowie Errichtung und Ausbau von Ausbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsstätten gemacht sind, so ist dies eine Angelegenheit des Landes Nordrhein-Westfalen, auf die der Bund keinen Einfluß
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2972 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977
Parl. Staatssekretär Grünerhat. In Teil I, Ziff. 6 c und 6 d des sechsten Rahmenplanes wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Quantifizierung und regionale Aufteilung der Zielvorgaben sowie die Aufteilung der Mittel auf die regionalen Aktionsprogramme und innerhalb dieser auf die Maßnahmengruppen zu den Aufgaben der Länder gehört. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß bereits im fünften Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe für das regionale Aktionsprogramm Nordeifel keine Zahlenangaben hinsichtlich Industriegeländeerschließung, öffentlichen Fremdenverkehrseinrichtungen sowie Errichtung und Ausbau von Ausbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsstätten ausgewiesen wurden.Da die Entwicklungsziele für die gewerbliche Wirtschaft im Planungszeitraum — das betrifft Ihre zweite Frage — ebenfalls von den Ländern formuliert werden, ist die Bundesregierung nicht in der Lage, die Frage, die Sie gestellt haben, hier zu beantworten. Bei unserer Rückfrage im Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen haben wir erfahren, daß ein Brief in dieser Sache an Sie unterwegs sei oder möglicherweise schon in Ihren Händen sei, der sicher für die beiden hier gestellten Fragen Aufklärung bringen wird.
Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie die Tatsache, daß außer Nordrhein-Westfalen kein anderes Bundesland auf die Aufführung a) zu fördernder Investitionen, b) des Mittelbedarfs oder zumindest auf die Hergabe von Landesmitteln verzichtet?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich kann mir das so erklären, daß unter Umständen Landesfördermittel in diesen Regionen eingesetzt werden sollen. Ich habe leider in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit weitere Informationen nicht erhalten können, mich dann auch nicht mehr bemüht, als ich erfuhr, daß ein Brief in dieser Sache an Sie unterwegs sei.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß es nicht zuletzt auch um derer willen, die gefördert werden sollen, sinnvoll wäre, die Landesregierung Nordrhein-Westfalens zu bitten, dem Beispiel anderer Landesregierungen zu folgen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich bin der Meinung, daß das Sache der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen ist. Es ist ganz auf der Hand liegend, daß ein vitales Interesse aller Beteiligten besteht, über die Fördermaßnahmen Informationen zu erhalten. Welcher Weg dafür gewählt wird, darüber möchte ich hier wegen fehlender Zuständigkeit kein Urteil abgeben.
Ich rufe die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Trifft eine Aussage des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zu, daß im Rahmen des 16-Milliarden-Infrastrukturprogramms allein aus Nordrhein-Westfalen dem Bund seit Mitte Juni 264 Projekte mit einem Auftragsvolumen von 700 Millionen DM vorliegen, ohne daß bis Ende August ein Bewilligungsbescheid erteilt wurde, und welche Ursachen hat gegebenenfalls nach Auffassung der Bundesregierung diese Verzögerung bei der Auftragsvergabe?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Frage betrifft offensichtlich das Teilprogramm Rhein/Bodensee des Programms für Zukunftsinvestitionen, für das das Land Nordrhein-Westfalen zum Stichtag 15. Juni 1977 aus vorhandenen ländereigenen Dringlichkeitslisten 268 Projekte ausgewählt hatte.
Nach Auskunft des für diesen Programmteil zuständigen Bundesministeriums des Innern entsprach ein erheblicher Teil dieser Projekte nicht den im Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern festgelegten Förderkriterien, insbesondere was die wasserwirtschaftliche Effizienz der Projekte und die Ausdehnung der Gebietskulisse anlangt, nämlich Konzentration auf das Rheineinzugsgebiet. Nach Überarbeitung der Förderliste schlug das Land Nordrhein-Westfalen dem Bund dann 164 Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund 570 Millionen DM zur Förderung vor. Der Bundesminister des Innern hat dem Land am 26. August 1977 die entsprechenden Bundesmittel, Barmittel und Verpflichtungsermächtigungen, zur Bewirtschaftung zugewiesen. Damit ist von Bundesseite alles geschehen, um eine schnelle Umsetzung dieses Programmteils in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen. Die Bewilligungsbescheide des Landes für die einzelnen Projekte dürften bereits erteilt sein oder in den nächsten Tagen hinausgehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung unabhängig von dem hier erwähnten Fall einer Auftragsverzögerung eine Vorstellung darüber, ob und inwieweit im Rahmen der Durchführung des 16-Milliarden-DM-Infrastrukturprogramms in diesem Jahr auf Bundes-, Länder- und Gemeindenebene Auftragsverzögerungen eintreten?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir sind nach den bisherigen Informationen der Auffassung, daß es zu einer zügigen Abwicklung dieses Programms kommen wird und daß es möglich sein wird, die 3½ bis 4 Milliarden DM in diesem Jahr zum Einsatz zu bringen, die von vornherein als denkbar angesehen worden sind. Ich bitte Sie, mich nicht auf 500 Millionen DM in diesem Zusammenhang festzulegen. Aber wir sind mit dem verwaltungsmäßigen Ablauf des Programms bisher zufrieden.
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2973
Herr Staatssekretär, trifft eine Presseaussage im Zusammenhang mit der letzten Sitzung des Finanzplanungsrates zu, daß von den gegenwärtig noch nicht abgelaufenen Infrastrukturprogrammen auf der Ebene von Bund, Ländern und Gemeinden im Umfang von 30 Milliarden DM gegegenwärtig erst 8 Milliarden DM tatsächlich auftragswirksam geworden sind?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich kann Ihnen dazu keine detaillierte Aussage machen. Ich kann nur zu der Frage Stellung nehmen, die hier angesprochen war, nämlich nach dem 16-Milliarden-Programm. Ich bin aber gern bereit, diese Frage zusätzlich schriftlich zu beantworten.
Herr Abgeordneter Möller, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben gesagt, daß die Investitionsmöglichkeiten nicht an bürokratischen Hemmnissen scheitern würden. Stimmt denn Ihre Aussage mit der kritischen Haltung des Bundeskanzlers überein, der das Verschulden offensichtlich bei den Beamten gesucht hat?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich kenne solche Äußerungen des Herrn Bundeskanzlers nicht. Aber es ist selbstverständlich richtig, daß bei der Abwicklung aller öffentlichen Aufträge angesichts der Fülle der Vorschriften, die zu beachten sind, angefangen von der Baugenehmigung bis zur Planung, Verzögerungen eintreten und daß deshalb Erwartungen, die an öffentliche Investitionsprogramme auch hinsichtlich der Schnelligkeit ihrer Abwicklung gerichtet werden, in der Öffentlichkeit häufig über das hinausgehen, was der Realität entspricht, wobei es für diese Realität sicher eine ganze Reihe von guten Gründen gibt.
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Spöri auf:
Trifft es zu, daß die Anzahl der bei Firmenfusionen in der Bundesrepublik Deutschland wegfallenden Arbeitsplätze steigende Tendenz aufweist, und wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Vorschlag, in die nächste Novelle der gesetzlichen Fusionsbestimmungen neben rein wettbewerbsrechtlichen Beurteilungsmaßstäben zum Schutze der betroffenen Beschäftigten zusätzlich arbeitsmarktpolitische Auflagen für größere Firmenzusammenschlüsse einzubauen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung beobachtet mit Sorgfalt die Beschäftigungswirkungen, die von Unternehmenszusammenschlüssen in der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. In diesem Zusammenhang sind aber bisher keine Anhaltspunkte dafür bekanntgeworden, daß die Anzahl der bei Firmenfusionen wegfallenden Arbeitsplätze eine steigende Tendenz aufweist.
Die Bundesregierung hat jedoch wiederholt, zuletzt in ihrer Stellungnahme zum ersten Hauptgutachten der Monopolkommission, darauf hingewiesen, daß als Folge der mit Zusammenschlüssen angestrebten Rationalisierungseffekte mittelfristig oft mehr Arbeitskräfte freigesetzt werden als ohne einen Zusammenschluß. Sie hat deshalb davor gewarnt, von Fusionen uneingeschränkt die Sicherung gefährdeter Arbeitsplätze zu erwarten.
Bereits nach geltendem Recht müssen im Verfahren einer Ministererlaubnis von Unternehmenszusammenschlüssen neben den wettbewerblichen Aspekten auch andere gesamtwirtschaftlich bedeutende Faktoren berücksichtigt werden. Das Arbeitsplatzargument spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle.
Dabei hat der in diesem Verfahren zuständige Bundesminister für Wirtschaft allerdings nicht die Möglichkeit zu beschäftigungspolitischen Auflagen. Sie sind als laufende Verhaltenskontrolle gesetzlich unzulässig. Gegen die Einführung einer laufenden Verhaltenskontrolle sprechen nach Auffassung der Bundesregierung nach wie vor gewichtige ordnungspolitische Gründe, die auch der Deutsche Bundestag bei Einführung der Fusionskontrolle einhellig geteilt hatte.
Unabhängig davon muß berücksichtigt werden, daß sich z. B. nachfragebedingte Schrumpfungen und die mit ihnen einhergehende Notwendigkeit der Kapazitätsanpassung auch durch arbeitsmarktpolitische Auflagen nicht beseitigen lassen. Gegenüber gegenläufigen Entwicklungen des Marktes würden solche Auflagen letztendlich auch unwirksam sein. Sie wären umgekehrt sogar geeignet, etwaige strukturelle Anpassungsprozesse zu behindern, die für eine dauerhafte Sicherung von Arbeitsplätzen erforderlich sein können.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung nicht einen politischen Widerspruch darin, daß einerseits, wie von Ihnen in Ihrer Antwort angedeutet, zur Begründung von Fusionen beschäftigungspolitische Motive angeführt werden, etwa die Abwehr von ausländischen Marktkonkurrenten und die Sicherung gegen sie, daß es auf der anderen Seite aber nicht erforderlich und nicht möglich erscheint, beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitische Auflagen als Voraussetzung für Großfusionen explizit gesetzlich zu verankern?Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir würden in einer solchen Auflage eine Einschränkung der Möglichkeiten für Fusionen sehen, die im konkreten Fall auf den Widerstand ,der betroffenen Belegschaften stoßen könnte. Wenn wir solche Auflagen generell vorsähen, dann würden viele Fusionen aus diesem Grunde gar nicht stattfinden können. Wir haben die Möglichkeit der Ausnahme durch den Bundesminister für Wirtschaft geschaffen, damit die rein wettbewerbsrechtliche Beurteilung durch das Bundeskartellamt im Ausnahmeverfahren durch den Bundeswirtschaftsminister ergänzt werden kann, der im Einzelfall andere wichtige Gesichtspunkte zur Geltung gelangen lassen kann, wie das in mehreren Fällen tatsächlich geschehen ist. Hier ist es die Aufgabe des Bundeswirtschaftsministers zu prüfen, ob die behaupteten beschäftigungssichernden Wirkungen ,der Fusion tatsächlich eintreten. Die bisherigen
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2974 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977
Parl. Staatssekretär GrünerErfahrungen zeigen, daß die vielfach übereinstimmend von allen Beteiligten vorgebrachte Behauptung, nur so lasse sich die Beschäftigung sichern, im weiteren Verlauf der Entwicklung der Nachprüfung nicht standgehalten hat. Wir sind also der Meinung, daß dieses Prüfungsrecht und das Entscheidungsrecht des Bundeswirtschaftsministers aufrechterhalten bleiben müssen, daß aber eine generelle Regelung dieser Art nicht zweckmäßig ist. Sie ist vom Bundestag im Zusammenhang mit der Fassung des Kartellgesetzes, nämlich bei der Diskussion der Frage, ob für Fusionen Verhaltensauflagen gemacht werden sollten, auch ausdrücklich abgelehnt worden.Das gilt ja nicht nur für die beschäftigungspolitische Auflage, sondern es lassen sich eine Fülle anderer Auflagen denken, die jeweils unter dem oder jenem Gesichtspunkt wünschbar erscheinen könnten. Eine generelle Regelung dieser Art würde von uns negativ beurteilt werden.
Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung unabhängig davon nicht für möglich, daß in den Fällen von Großfusionen, in denen für ein Großteil von Angestellten oder gewerblichen Arbeitnehmern Umschulungsmaßnahmen erforderlich werden, im Sinne des Verursachungsprinzips die notwendigen Umschulungsmaßnahmen von den beteiligten fusionierenden Firmen getragen werden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung ist der Meinung, daß es gerade auch in Fällen von Großfusionen, d. h. also bei Unternehmen, bei denen die Mitbestimmung in Wirkung ist, eine Fülle von Möglichkeiten der Vertretung der Arbeitnehmerinteressen in den Aufsichtsräten gibt, die auch solche Fragen einschließen, was ja in der Praxis auch tatsächlich geschieht. Die Bundesregierung ist aber nicht der Meinung, daß solche Regelungen etwa Gegenstand einer Kartellgesetznovelle sein sollten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß 'die offenbar von Herrn Dr. Spöri gewünschten Auflagen bei Fusionswilligen im Verhinderungs- oder Versagungsfall zu einem schnellen Konkurs der einzelnen Beteiligten und damit zur Vernichtung von Arbeitsplätzen führen könnten?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das ist eine Gefahr, die man deutlich sehen muß. Die bisherigen Erfahrungen, die wir mit Anträgen auf Ausnahmegenehmigung gemacht haben, zeigen, daß Gewerkschaften, Arbeitnehmer und Unternehmer im konkreten Fall die Fusion gemeinsam mit den politischen Instanzen regionaler Art als den einzigen Ausweg ansehen und daß die zurückhaltende Haltung des Bundeswirtschaftsministers in dieser Frage von den unmittelbar
Betroffenen häufig nicht in vollem Umfange geteilt wird.
Wir werden bei der Frage der Novellierung des Kartellgesetzes sehr eingehend zu prüfen haben, wie wir diese Tendenz zur Fusion, insbesondere auch zur Übernahme von mittelständischen Unternehmen durch Großunternehmen, noch stärker, als das bisher der Fall war, in den Griff bekommen können. Insofern bin ich sicher, daß die Fragen, die hier gestellt wurden, erneut im Parlament diskutiert werden.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Gallus zur Verfügung.
Ich rufe 'die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Ey auf :
Was unternimmt die Bundesregierung zur Förderung der biologisdien Schädlingsbekämpfung im Pflanzenschutz ?
Herr Kollege, im Rahmen der Aufgabenstellung der Biologischen Bundesanstalt, die meinem Hause untersteht, beschäftigt sich das Institut für biologische Schädlingsbekämpfung in Darmstadt ausschließlich mit Forschungsarbeiten, die seinem Namen entsprechen. Dort arbeiten gegenwärtig neun Wissenschaftler auf Planstellen; zwei weitere werden aus Mitteln des Bundesministers für Forschung und Technologie bzw. der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. Gefördert wird die biologische Schädlingsbekämpfung auch durch Forschungsaufträge meines Hauses an die zuständigen Pflanzenschutzdienststellen der Länder und an einschlägige Hochschulinstitute. Außerdem werden erhebliche Mittel vom Bundesminister für Forschung und Technologie zur Verfügung gestellt zur Erforschung neuartiger biologischer Präparate, die bestimmte chemische Wirkstoffe ersetzen sollen.
Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß von der gesamten Forschungskapazität der Biologischen Bundesanstalt rund 80 % auf den sogenannten integrierten Pflanzenschutz entfallen, mit dem versucht wird, biologische Bekämpfungsmaßnahmen im weitesten Sinne und Kulturmaßnahmen zu fördern, damit Pflanzenschutzmittel nur im unbedingt notwendigen Umfang einzusetzen sind.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, in welcher Höhe stellt die Bundesregierung Forschungsmittel für diese Entwicklung zur Verfügung?Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Bundesminister für Forschung und Technologie stellt zur Entwicklung neuartiger Bekämpfungsmöglich-
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2975
Parl. Staatssekretär Galluskeiten durch mikrobielle Pflanzenschutzmittel, Insektenviren und Sexuallockstoffe im Zeitraum 1977 bis 1979 rund 14 Millionen DM zur Verfügung. Die Mittel gehen in erster Linie an die Industrie, daneben aber auch an die Biologische Bundesanstalt und an Hochschulinstitute.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da erfahrungsgemäß Forschungsergebnisse auf dem biologischen Sektor ,der Schädlingsbekämpfung nur schwer vermarktungsfähig werden, meine Frage: welche Mittel stellt die Bundesregierung zur Verfügung, um Forschungsergebnisse auf dem Sektor des biologischen Pflanzenschutzes marktfähig zu machen?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin der Auffassung, daß diese Frage erst dann geprüft werden kann, wenn für die Praxis verwendbare biologische Schädlingsbekämpfungsmittel zur Verfügung stehen.
Ich rufe die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Ey auf:
Aus welchen Mitteln und zu wessen Lasten soll das neue Agrarkreditprogramm finanziert werden?
Herr Staatssekretär, bitte.
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Ey, bisher sind weder von seiten der Bundesregierung noch von seiten der im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zuständigen Gremien Entscheidungen über die Einführung eines Agrarkreditprogramms und dessen Finanzierung getroffen worden. Anfang Oktober werden sich die Agrarminister des Bundes und der Länder mit dieser Frage befassen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß auf keinen Fall der Ausgabenumfang der Gemeinschaftsaufgaben darunter leiden darf?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin der Auffassung, daß zunächst die Frage des Agrarkreditprogramms entschieden und dann seine Finanzierung geprüft werden muß.
Herr Fragesteller, Sie haben keine weitere Zusatzfrage? — Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, können Sie mir irgendeinen Zeitraum nennen, in dem wir bei der Verfolgung des von allen gewollten Ziels einer leistungsfähigen Landwirtschaft so vorangekommen sind wie jetzt? Und ist es dann verständlich, daß Mitglieder einer Fraktion den vorgesehenen Maßnahmen im Haushalt ihre Zustimmung verweigert haben?
Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich vermag im Moment den Zusammenhang Ihrer Frage mit der hier gestellten Frage von Herrn Ey noch nicht voll zu übersehen. Im Grundsatz stimme ich aber Ihrer Auffassung zu.
Meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Kiechle hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 28 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die beiden nächsten Fragen auf, die der Herr Abgeordnete Niegel eingebracht hat. — Der Abgeordnete Niegel ist nicht im Saal, so daß die Fragen 39 und 40 schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Herr Staatssekretär Gallus, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Buschfort zur Verfügung.
Die erste Frage — Frage 33 — ist von dem Herrn Abgeordneten Vogelsang eingebracht worden. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frau Abgeordnete Simonis hat gebeten, daß ihre Frage 35 schriftlich beantwortet wird, da sie zu einer Sitzung muß. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Pfeffermann hat die Fragen 36 und 37 eingebracht. — Ich sehe den Herrn Abgeordneten nicht im Saal, so daß die Fragen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Conradi, der im Saal ist, auf:
Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Untersuchung der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten, Landesbezirk Baden-Württemberg, über die Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie in Bäckereien, Konditoreien und Metzgereien, und welche Schritte — beispielsweise nach § 26 Nr. 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes — hält die Bundesregierung angesichts der teilweise bestürzenden Ergebnisse dieser Untersuchung für angebracht?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, aus dem Ergebnis der Umfrage der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten können Schlüsse wegen der geringen Anzahl der Befragten und der Beschränkung der Umfrage auf eine bestimmte Region nur mit Vorsicht gezogen werden. Gleichwohl besteht Anlaß zu der Besorgnis, daß im Bereich des Hotel-und Gaststättengewerbes und des Lebensmittelhandwerks in erheblichem Umfang gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz verstoßen wird.Unmittelbare Maßnahmen zur besseren Einhaltung des Gesetzes sind der Bundesregierung nicht möglich, da für die Durchführung des Jugendarbeitsschutzgesetzes ausschließlich die Länder zuständig sind. Auch eine Rechtsverordnung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung nach § 26 Abs. 2
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2976 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977
Parl. Staatssekretär BuschfortNr. 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes hilft hier nicht weiter, weil nach dieser Vorschrift zusätzliche Beschäftigungsverbote für Jugendliche nur in bezug auf gefährliche oder besonders belastende Arbeiten zulässig sind.Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wird jedoch die Umfrage zum Anlaß nehmen, anläßlich des nächsten Gesprächs mit den Ländern über Fragen der Durchführung des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu klären, auf welche Weise für eine bessere Einhaltung des Jugendarbeitsschutzgesetzes gesorgt werden kann.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für möglich, daß die Bundesregierung, d. h. Ihr Ministerium selbst, vergleichende Umfragen in Auftrag gibt, um damit eine verbreiterte Erfahrungsbasis für die tatsächliche Einhaltung der Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes in dem angesprochenen Gewerbe zu gewinnen?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, uns steht aus den Erkenntnissen vergangener Jahre ein gewisses Maß an Unterlagen zur Verfügung. Natürlich erhalten wir auch jetzt überregional, wenn ich es einmal auf den Bonner Raum bezogen sagen darf, Mitteilungen über Verstöße. Aber es bleibt dabei: Für die Durchführung des Gesetzes ist nicht der Bund, sondern sind die Länder zuständig, so daß wir auch dann, wenn wir bessere Erkenntnisse hätten, diese Verstöße nicht ahnden könnten. Deswegen schlagen wir vor, daß die Problematik der Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz im nächsten Gespräch mit den Vertretern der Länder erneut angesprochen wird.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, kann ich davon ausgehen, daß die Bundesregierung dann insbesondere gegenüber der Regierung des Landes Baden-Württemberg darauf hinweisen wird, daß die strikte Einhaltung der Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes von allen Ländern zu erwarten ist?
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich weiß im Augenblick nicht, ob diese Verstöße im Land Baden-Württemberg von besonderer Qualität sind. Ich gehe zunächst einmal davon aus, daß das in allen Ländern unterschiedslos der Fall sein wird. Richtig ist aber — und das ist bedenklich —, daß es Verstöße in einem erheblichen Umfang gibt. Wir werden dazu beitragen, daß die Länder auf diesen Vorgang aufmerksam gemacht werden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Müller .
Herr Staatssekretär, trifft es zu, was sehr häufig behauptet wird, daß das
Jugendarbeitsschutzgesetz ein regelrechtes Hemmnis für neue Ausbildungsplätze sei?
Einen Augenblick, Herr Staatssekretär! Ich bitte um Verständnis, Herr Abgeordneter Müller: Ihre Frage steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der schriftlichen Frage. Aber wenn Sie die Frage beantworten wollen, Herr Staatssekretär, dann würde ich das im Interesse der Öffentlichkeit zulassen.
Buschfort, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege Müller, es ist mit Schutzgesetzen immer so, daß sie bestimmte Schwierigkeiten und Hemmnisse in dem von Ihnen genannten Sinne mit sich bringen. Aber ich sollte hier einmal deutlich sagen, daß die Schwierigkeiten, die vorgetragen werden, natürlich auch zeitbedingt sind. In Zeiten der Hochkonjunktur haben wir unter gleichen gesetzlichen Bestimmungen von diesen Schwierigkeiten nicht gehört.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger .
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung den Bericht, nach dem Kollege Conradi gefragt hat, zum Anlaß nehmen, auch einmal zu prüfen, welche der Bestimmungen des neuen Jugendarbeitsschutzgesetzes sich als so praxis-, ja, sogar weltfremd erwiesen haben, daß ihre Einhaltung durch die betroffenen mittelständischen Betriebe schwer möglich ist, was zu einer neuen gesetzlichen Regelung Anlaß geben würde?
Herr Kollege, eine Bewertung ist in Zusatzfragen nicht zulässig. Aber die Frage insgesamt lasse ich zu.
Buschfort, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich darf hier einmal ganz deutlich sagen, daß dieses Gesetz, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, vom Bundestag einstimmig oder bei einer Gegenstimme verabschiedet worden ist. Ich glaube also nicht, daß das Parlament insgesamt ein weltfremdes Gesetz beschlossen hat.
Zweitens will ich gern hinzufügen, daß derzeit gewisse Schwierigkeiten öffentlich diskutiert werden. Den Verbänden steht es ja frei, den Antrag auf Erleichterung zu stellen. Wir prüfen zur Zeit in mehreren Fällen solche Anträge, müssen aber, um diese Prüfung abschließen zu können, Gespräche mit den jeweiligen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen führen. Danach können wir in einigen Fällen sicherlich eine bessere Aussage als heute treffen.
Die Frage 54 des Abgeordneten Stahl wird schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht mehr im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung behandelt. Herr Staatssekretär Buschfort, ich danke Ihnen.
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2977
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenWir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. von Bülow zur Verfügung.Ich rufe die Frage 41 der Abgeordneten Frau Tübler auf:Wieviel Anträge von Kriegsdienstverweigerern sind insgesamt vom 1. Juli 1977 bis 31. Juli 1977, also vor Inkrafttreten der Gesetze zur Änderung des Wehrpflicht- und Zivildienstgesetzes, vorgelegt worden, wieviel Anträge davon sind von Soldaten und gemusterten Wehrpflichtigen und von Reservisten gestellt, und welche Steigerung ist gegenüber Juli 1976 festzustellen?
Herr Präsident, gestatten Sie, daß ich die beiden Fragen der Fragestellerin im Zusammenhang beantworte?
Die Fragestellerin ist einverstanden. Daher rufe ich auch die Frage 42 der Abgeordneten Frau Tübler auf:
Wie ist die Entwicklung nach Inkrafttreten der o. a. Gesetze, also vom 1. August bis 31. August 1977, ebenfalls nach Anträgen von Kriegsdienstverweigerern insgesamt, davon Soldaten und gemusterten Wehrpflichtigen und Reservisten aufgeschlüsselt?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Tübler, in der Zeit vom 1. bis 31. Juli 1977, also unmittelbar vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Wehrpflicht- und des Zivildienstgesetzes, sind insgesamt 2 621 Anträge auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer eingegangen. Von diesen Antragstellern befanden sich 194 Wehrpflichtige in einem Dienstverhältnis als Soldat. 22 Wehrpflichtigen war der Zugang eines Einberufungsbescheids angekündigt oder der Bescheid bereits zugestellt. In der Gesamtzahl der Antragsteller sind 176 Reservisten enthalten. Gegenüber dem Vergleichsmonat Juli 1976 ist die Zahl der Anträge insgesamt um 808 gestiegen, die der antragstellenden Soldaten hat um 77, die der Wehrpflichtigen, denen ein Einberufungsbescheid angekündigt oder zugegangen war, hat um 47 und die Zahl der antragstellenden Reservisten um 70 zugenommen.
Im ersten Monat nach Inkrafttreten der Neuregelung des Anerkennungsverfahrens für Kriegsdienstverweigerer, vom 1. bis 31. August 1977, haben sich insgesamt 7 617 Wehrpflichtige auf das Grundrecht nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes berufen. 5 939 Wehrpflichtige haben eine Erklärung abgegeben, 1 678 haben einen Antrag gestellt. Von den Antragstellern waren 320 Soldaten, 359 Reservisten. Unter den Antragstellern befanden sich weiterhin 999 Wehrpflichtige, denen ein Einberufungsbescheid angekündigt oder bereits zugegangen war.
Die obengenannten Zahlen lassen im Hinblick auf den kurzen Erhebungszeitraum keine Schlüsse auf die weitere Entwicklung zu. Dem Eingang von 4 192 Erklärungen und Anträgen in der ersten Hälfte des Monats stehen nur 3 425 Eingänge in der zweiten Hälfte gegenüber.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie wirkt sich der doch verhältnismäßig hohe Anteil der von Soldaten und Reservisten gestellten Anträge auf Anerkennung auf die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr aus? Ich denke hier insbesondere daran, daß z. B. antragstellende Reservisten und Soldaten als Panzerbesatzungen vorgesehen sind, die dann plötzlich nicht mehr zur Verfügung stehen und auch nicht schnell ersetzt werden können.
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Angesichts der Gesamtzahl, des Gesamtumfangs der Streitkräfte kann man davon ausgehen, daß dies nur einen minimalen Einfluß haben wird.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir auch sagen, wie hoch der Prozentsatz der tauglichen und verfügbaren Wehrpflichtigen, die nicht zum Wehrdienst herangezogen wurden, im Jahre 1977 ist und wie es voraussichtlich im Jahre 1978 aussehen wird?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Die Zahlen habe ich leider nicht bei mir. Ich bin aber gerne bereit, sie Ihnen schriftlich zu geben.
Der Herr Abgeordnete Möllemann hat die beiden Fragen, die er eingereicht hat, zurückgezogen, so daß ich nunmehr die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Stahlberg aufrufen kann:
Hat die Bundesregierung — insbesondere das Verteidigungsministerium — gleiche oder ähnliche Informationen wie die Deutsche Presse-Agentur darüber, daß der Kommunistische Bund Westdeutschland nicht nur innerhalb des Bundesgrenzschutzes oder der Polizei, sondern auch in der Bundeswehr über ein „hervorragend ausgebautes Fernmeldesystem und für seine milizartig ausgebaute Bürgerkriegstruppe über einen eigenen Nachrichtendienst" verfügt?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, gestatten Sie auch in diesem Fall, daß ich die beiden Fragen im Zusammenhang beantworte?
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich noch die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Stahlberg auf:Wie beurteilt die Bundesregierung, vor allem der zuständige Ressortminister, das informative Gewicht von zumindest aus dem KBW initiierten Publikationen wie die „Kieler Militärzeitung" oder „Volksmiliz", die etwa eine Auflage von 12 000 Exemplaren allein im Norden der Bundesrepublik Deutschland erreichen soll, und gibt es im Bundesverteidigungsministerium oder dem Innenministerium Untersuchungen darüber, ob in anderen Bundesländern als Schleswig-Holstein Ähnliches zu beobachten ist?Bitte.Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahlberg, die Bundesregierung beobachtet die Aktivität des Kommunistischen Westdeutschland mit Aufmerksamkeit. Der Bundesregierung ist bekannt, daß der KBW vor einiger Zeit seine Zentrale von Mannheim nach Frankfurt verlegt und dort ein Gebäude erworben hat, in das ein technisches Nachrichtensystem eingebaut wurde.
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2978 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977
Parl. Staatssekretär Dr. von BülowHerr Kollege Stahlberg, Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, daß sich die von der Bundesregierung im einzelnen gewonnenen Erkenntnisse aus Gründen der Geheimhaltung nicht für eine Erörterung vor dem Plenum dieses Hohen Hauses und damit vor der Öffentlichkeit eignen. Die Bundesregierung ist jedoch bereit, dem Parlamentarischen Vertrauensmännergremium einen umfassenden Bericht zu dieser Frage zu erstatten.Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Kollege Stahlberg: Ziel des KBW ist die Unterwanderung der Staatsorgane, und hierzu versucht er, insbesondere in der Bundeswehr sogenannte Zellen zu bilden. Die Angehörigen dieser Zellen — fast ausschließlich Wehrpflichtige, die sich im Auftrag ihrer Organisation einberufen lassen — dienen gleichzeitig als Informanten für die vom KBW herausgegebenen Zersetzungsschriften, zu denen auch die angesprochene „Kieler Militärzeitung" und „Volksmiliz" gehören. Diese und andere Zersetzungsschriften werden sporadisch unter wechselnden Namen und in unterschiedlichen Auflagen in allen Bundesländern offen oder heimlich verbreitet. Schwerpunkt sind außer Schleswig-Holstein Niedersachsen und Hessen. Die angegebenen Auflagenhöhen sind allerdings mit Skepsis zu beurteilen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, ist das, was in der „Welt" am 1. September unter der Überschrift „Linksextremisten in der Bundeswehr verstärken Wühlarbeit" veröffentlicht worden ist, identisch mit Erkenntnissen in Ihrem Hause?
Dr. von Bülow, Parl. Staatssekretär: Ja.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Frau Abgeordnete Simonis hat die von ihr zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung eingereichte Frage 47 zurückgezogen.
Herr Staatssekretär von Bülow, ich danke Ihnen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Zander zur Verfügung.
Ich rufe zunächst die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Höpfinger auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal, so daß diese und die weitere von ihm eingereichte Frage 49 schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 50 des Herrn Abgeordneten Egert auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage 50 und die ebenfalls vom Abgeordneten Egert eingebrachte Frage 51 werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 52 des Abgeordneten Kroll-Schlüter auf. — Auch der Abgeordnete Kroll-Schlüter ist nicht im Saal. Daher werden die Frage 52 und
die ebenfalls vom Abgeordneten Kroll-Schlüter eingereichte Frage 53 schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich bedaure, daß Sie hier keine Fragen beantworten konnten.
Ich danke Ihnen aber dennoch für Ihre Anwesenheit.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Haar zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 55 des Herrn Abgeordneten Tillmann auf:
Trifft eine Meldung der „Fremdenverkehrswirtschaft" vom 30. August 1977 zu, wonach es eine Absprache zwischen dem Bundesverkehrsministerium und den durch den Fluglotsenstreik 1973 geschädigten Reiseveranstaltern darüber gibt, innerhalb von drei Monaten nach der Urteilsverkündung des Bundesgerichtshofes von der Möglichkeit der Einrede wegen Verjährung keinen Gebrauch zu machen?
Abreden über eine Hemmung der Verjährung sind mit Wirkung bis zum 31. Dezember 1977 getroffen worden.
Bitte, Sie haben eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wie hoch die Schadensersatzforderungen gegen den Bund im Zusammenhang mit dem Fluglotsenstreik aus heutiger Sicht insgesamt sein werden?
Haar, Parl. Staatssekretär: Das läßt sich auf Grund der bis jetzt geführten Einzelgespräche — ich komme darauf im zweiten Teil der Beantwortung Ihrer Anfrage noch einmal zurück — noch nicht endgültig übersehen. Ich weise aber darauf hin, daß es das Ziel der Abreden war, nach Möglichkeit zusätzliche Prozeßkosten zu vermeiden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, zu sagen, wie hoch diejenigen Schadenersatzforderungen sein werden, die durch die Verjährungsfrist gegenstandslos werden könnten?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich will das gerne genau ermitteln lassen und Ihnen dann schriftlich mitteilen.
Ich rufe die Frage 56 des Abgeordneten Tillmann auf:Wenn ja, mißt die Bundesregierung bei dieser lediglich mit den wenigen Reiseveranstaltern getroffenen Sonderregelungen nicht mit zweierlei Maß angesichts der Tatsache, daß insgesamt 59 Unternehmen und 130 Einzelreisende Schäden auf Grund des Fluglotsenstreiks angemeldet haben, diese aber möglicherweise durch Verjährungsfristen gegenstandslos werden?
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Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. September 1977 2979
Haar, Parl. Staatssekretär: Der Bundesminister für Verkehr hat entsprechende Abreden mit jedem Anspruchsteller getroffen, der darum gebeten hat. Das ist in insgesamt 39 Fällen geschehen, in denen auch Einzelreisende und kleine Firmen ihre Ansprüche angemeldet haben. Es kann daher keine Rede davon sein, daß mit zweierlei Maß gemessen worden sei.Im übrigen ist dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juni 1977 nicht zu entnehmen, daß auch Einzelreisenden ein Schadenersatzanspruch zusteht. Es befaßt sich nur mit der Entschädigung für Gewerbebetriebe, die sich auf das ungestörte Funktionieren der Flugsicherung in ihrer betrieblichen Planung eingerichtet hatten.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, auf wie viele Unternehmen oder auch Einzelpersonen verteilen sich die Schadenersatzforderungen, die durch die Verjährungsfrist gegenstandslos werden könnten?
Haar, Parl. Staatssekretär: Das könnte etwa die von mir angegebene Zahl der verhandelten Fälle sein. Das läßt sich aber im Augenblick auch noch nicht endgültig beurteilen.
Würden Sie die Frage bitte wiederholen.
Meine Frage lautete: Wie viele Unternehmen und wie viele Einzelpersonen werden es sein, die nicht mehr zum Zuge kommen?
Haar, Parl. Staatssekretär: Es sind 130 Einzelreisende, die in Gesprächen ihre Ansprüche angemeldet hatten. Insoweit ist im Augenblick natürlich auch noch nicht zu beurteilen, ob weitere Ansprüche geltend gemacht werden. Gleichzeitig gilt das für 59 Unternehmen, die sich gemeldet haben.
Herr Abgeordneter, Sie haben eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie heute schon sagen, wie die Bundesregierung die der Lufthansa entstandenen Schäden aus dem Fluglotsenstreik von 1973 zu regulieren gedenkt?
Haar, Parl. Staatssekretär: Hierüber finden schon seit zwei Jahren Gespräche statt. Nach dem Ergehen des Urteils können Sie davon ausgehen, daß wir auch in den parlamentarischen Beratungen der Ausschüsse zu Lösungen kommen werden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 57 und 58 des Abgeordneten Daubertshäuser werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich schließe die heutigen Beratungen des Deutschen Bundestages und berufe die nächste Sitzung auf Donnerstag, den 8. September, 9 Uhr ein.