Protokoll:
7248

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 248

  • date_rangeDatum: 4. Juni 1976

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 248. Sitzung Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 Inhalt: Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 17629 A Beratung des Berichts der Bundesregierung über Lage und Entwicklung der kleinen und mittleren Unternehmen (Mittelstandsbericht) Drucksache 7/5248 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Hauser (Krefeld), Schmidhuber, Lampersbach, Engelsberger, Dr. von Bismarck, von Bockelberg, Dreyer, Eigen, Gewandt, Haase (Kassel), Dr. Jenninger, Dr. Jobst, Josten, Dr. Köhler (Duisburg), Dr. Kunz (Weiden), Dr. Luda, Dr. Miltner, Dr. Müller-Hermann, Niegel, Frau Pieser, Pohlmann, Dr. Ritz, Rollmann, Schedl, Schröder (Lüneburg), Sick, Dr. Sprung, Susset, Dr. Stavenhagen, Dr. Waigel, Dr. Warnke, Dr. Zeitel und der Fraktion der CDU/CSU betr. strukturpolitisches Aktionsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen und Freie Berufe — Drucksache 7/4759 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Handwerkszählung 1977 (Handwerkszählungsgesetz 1977) — Drucksache 7/5228 — Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi 17630 A, 17659 D Jaumann, Staatsminister des Freistaates Bayern 17635 C Dr. Schachtschabel SPD 17639 B Hauser (Krefeld) CDU/CSU 17664 C Wurbs FDP 17650 C Haase (Fürth) SPD . . . . . . . . 17654 B Schmidhuber CDU/CSU 17656 A Lampersbach CDU/CSU 17663 D Gallus FDP 17666 B Dr. Jens SPD 17668 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . .17670 D Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17671* A II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 Anlage 2 Steuerliche Anerkennung von Direktversicherungen des Arbeitnehmerehegatten auch bei Bezugsberechtigung des Arbeitgeberehegatten oder der Kinder für den Fall des vorzeitigen Todes des Arbeitnehmerehegatten MdlAnfr A12 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Kreile CDU/CSU MdlAnfr A13 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Kreile CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . 17671* D Anlage 3 Verhinderung der Erteilung von Konzessionen für Gaststättenbetriebe an sogenannte „Strohmänner" durch Änderung der gesetzlichen Vorschriften MdlAnfr A22 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Geßner SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17672* A Anlage 4 Maßnahmen gegen Dumpingeinfuhren von Feinstrumpfhosen aus Italien MdlAnfr A23 28.05.76 Drs 07/5263 Kiechle CDU/CSU MdlAnfr A24 28.05.76 Drs 07/5263 Kiechle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17672* B Anlage 5 Konkurse von Unternehmen der Bau- und Wohnungswirtschaft im Jahr 1975 MdlAnfr A25 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schneider CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17672* C Anlage 6 Äußerung des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung über einen sich abzeichnenden Bedarf an zusätzlichen ausländischen Arbeitnehmern MdlAnfr A47 28.05.76 Drs 07/5263 Löher CDU/CSU MdlAnfr A 48 28.05.76 Drs 07/5263 Löher CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 17672* D Anlage 7 Maßnahmen zur Verringerung der Frauenarbeitslosigkeit MdlAnfr A49 28.05.76 Drs 07/5263 Flämig SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 17673* C Anlage 8 Abnahme der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer MdlAnfr A50 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Franz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . 17673* D Anlage 9 Sowjetische Äußerungen anläßlich des Deutschland- und Berlinbesuchs des amerikanischen Vizepräsidenten über die Bindungen des Landes Berlin zum Bund und zum Westen MdlAnfr A57 28.05.76 Drs 07/5263 Hösl CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . 17674* B Anlage 10 Schaffung eines Europäischen Instituts für Meereskunde MdlAnfr A58 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schwencke (Nienburg) SPD SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . 17674* C Anlage 11 Verwendung Heimatvertriebener im diplomatischen Dienst der Bundesrepublik Deutschland in Vertreibungsländern MdlAnfr A61 28.05.76 Drs 07/5263 Baier CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . 17674* D Anlage 12 Kandidatur eines italienischen EG-Kommissars bei den bevorstehenden Parlamentswahlen für die Kommunisten MdlAnfr A62 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Zimmermann CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . 17674* D Anlage 13 Äußerungen des Sowjetsenders RFF in deutscher Sprache über eine deutsche Nationalstiftung MdlAnfr A72 28.05.76 Drs 07/5263 Rainer CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . 17675* A Anlage 14 Prüfung der wegen der Versetzung des Leiters des Goethe-Instituts in San Francisco, Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 III Dr. Eugen Vetter, in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe SchrAnfr B1 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . l7675* B Anlage 15 Zahl der bei internationalen Organisationen beschäftigten deutschen Arbeitnehmer; Anteil der durch die Bundesanstalt für Arbeit vermittelten Beschäftigungsverhältnisse SchrAnfr B2 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Franz CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA 17675* D Anlage 16 Gewährung zinsverbilligter Kredite an Polen SchrAnfr B3 28.05.76 Drs 07/5263 Biehle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17676* A Anlage 17 Zahlung einer Entschädigung seitens der DDR für das durch Zuflüsse giftiger Abwässer aus DDR-Gebiet in die Leine, in die Jeetzel und in die Oker hervorgerufene Fischsterben SchrAnfr B4 28.05.76 Drs 07/5263 Sauer (Salzgitter) CDU/CSU SchrAnfr B5 28.05.76 Drs 07/5263 Sauer (Salzgitter) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 17676* B Anlage 18 Beseitigung von Nachteilen des § 85 a des Beamtenrechtsrahmengesetzes durch Beschränkung der Vorschriften auf Beamtenverhältnisse nach dem 31. Dezember 1965 SchrAnfr B6 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 17676* D Anlage 19 Versetzung des Referenten ÖS 2 nach US 1 ohne dessen Unterrichtung während des Urlaubs sowie Zahl der Hilfsreferenten und Sachbearbeiter in den Referaten ÖS 2 und OS 1 des Bundesinnenministeriums SchrAnfr B7 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAnfr B8 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 17677* B Anlage 20 Einrichtung eines Dokumentationszentrums zur Deutschen Geschichte in Bonn SchrAnfr B9 28.05.76 Drs 07/5263 Freiherr von Fircks CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 17677* C Anlage 21 Mitfinanzierung der Vorhaben der Fremdenverkehrsinfrastruktur aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung SchrAnfr B10 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAnfr B11 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17677* D Anlage 22 Pressemeldungen über eine Rahmenvereinbarung zwischen Bund und Ländern, derzufolge Werbeeinnahmen der Rundfunk- und Fernsehanstalten auf das die Werbeblöcke umgebende Programm angerechnet werden können; Höhe der sich daraus ergebenden Steuermindereinnahmen SchrAnfr B12 28.05.76 Drs 07/5263 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAnfr B13 28.05.76 Drs 07/5263 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 17678* B Anlage 23 Reduzierung des Personalbestandes des Betriebsprüfungsdienstes beim Bundesamt für Finanzen; Aufstiegschancen und Vergütungen der Betriebsprüfer in den Bundesländern und im Bundesdienst SchrAnfr B15 28.05.76 Drs 07/5263 Röhlig SPD SchrAnfr B16 28.05.76 Drs 07/5263 Röhlig SPD SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 17678* C Anlage 24 Auswirkungen der hohen Einfuhren von Agraralkohol zu Niedrigstpreisen aus Italien in die Bundesrepublik auf die deutschen Agraralkoholproduzenten SchrAnfr B21 28.05.76 Drs 07/5263 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF . . . . 17679* A Anlage 25 Kriterien für die Aufteilung der EWG-Kontingente in der Strickstrumpfindustrie SchrAnfr B23 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Zeitel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17679* C IV Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 Anlage 26 Ausdehnung des Katalogs der Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet auf zusätzliche Anreize für die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen SchrAnfr B24 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17679* D Anlage 27 Abwehr nachteiliger Auswirkungen insbesondere für mittelständische deutsche Firmen durch die Vorschrift, nach Frankreich exportierte Produkte in französischer Sprache zu bezeichnen SchrAnfr B25 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schäuble CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17680* A Anlage 28 Gefährdung der Existenz von Tankstellenpächtern durch hohe Abzüge von der Provision auf Grund sogenannter Tankstellendienstverträge mit einem deutschen Mineralölkonzern SchrAnfr B26 28.05.76 Drs 07/5263 Geldner FDP SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17680* B Anlage 29 Gründe für den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an den Bayerischen Elektrizitätswerken (BEW) durch die Lech-Elektrizitätswerke AG (LEW) und Beurteilung der Auflagen des Bundeskartellamtes SchrAnfr B27 28.05.76 Drs 07/5263 Simpfendörfer SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 17681* A Anlage 30 Höherer Anstieg der Zahl der arbeitslosen weiblichen Schwerbehinderten als der der arbeitslosen männlichen Schwerbehinderten in der Zeit vom April 1975 bis April 1976 SchrAnfr B31 28.05.76 Drs 07/5263 Seiters CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 17681 * C Anlage 31 Sicherstellung der Zusammenarbeit zwischen benachbarten Arbeitsämtern SchrAnfr B32 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Zeitel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 17682* A Anlage 32 Entrichtung von Beiträgen für ungenutzte Grundstücke an die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft ohne Anspruch gegen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft bei Unfällen SchrAnfr B33 28.05.76 Drs 07/5263 Peter SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 17682* C Anlage 33 Pressemeldungen über die Lockerung des Anwerbestopps für ausländische Arbeitnehmer SchrAnfr B34 28.05.76 Drs 07/5263 Wendt SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 17682* D Anlage 34 Beurteilung der Ursachen für hohe Arbeitslosenquoten in einigen Arbeitsamtsbezirken von Rheinland-Pfalz im Jahre 1975 im Vergleich zum Bundesdurchschnitt SchrAnfr B35 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schweitzer SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 17682* D Anlage 35 Meldungen über geringere Lärmimmissionen im Bereich der Flughäfen beim Einsatz des Alpha-Jets sowie Neuberechnungen der Lärmimmissionen bei für eine Belegung mit Alpha-Jets vorgesehenen Flugplätzen SchrAnfr B36 28.05.76 Drs 07/5263 Spilker CDU/CSU SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 17683* B Anlage 36 Erklärung des Flugzeugzusammenstoßes am 16. Mai 1976 zwischen einer Phantom der Bundesluftwaffe und einem Motorsegler des AERO-Clubs Schweinfurt SchrAnfr B37 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schulze-Vorberg CDU/CSU SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 17683* C Anlage 37 Entschädigung für der Fischereiwirtschaft durch Wrackteile der Bundeswehr entstandene Schäden SchrAnfr B38 28.05.76 Drs 07/5263 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 17684* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 V Anlage 38 Rechtfertigung von Portokosten in Höhe von 1,50 DM bei einer Berichtigung der Ruhegehaltsberechnung für einen Beamten des Bundesverteidigungsministeriums um 0,01 DM SchrAnfr B39 28.05.76 Drs 07/5263 Graf Stauffenberg CDU/CSU SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 17684* B Anlage 39 Entwicklung der Zahl der Sozialhilfeempfänger in den letzten fünf Jahren sowie Gewährung von Sozialhilfe für Rentner und kinderreiche Familien zusätzlich zur Rente bzw. zum Einkommen SchrAnfr B40 28.05.76 Drs 07/5263 Härzschel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 17685* A Anlage 40 Arten des Nachweises der Wirksamkeit der vom Paul-Ehrlich-Institut zugelassenen und im Verkehr befindlichen Sera und Impfstoffe SchrAnfr B41 28.05.76 Drs 07/5263 Frau Schleicher CDU/CSU SchrAnfr B42 28.05.76 Drs 07/5263 Frau Schleicher CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 17685* B Anlage 41 Einführung von verbindlichen Grenzwerten für die Straßenverkehrslärmimmission SchrAnfr B43 28.05.76 Drs 07/5263 Link CDU/CSU SchrAnfr B44 28.05.76 Drs 07/5263 Link CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 17685* D Anlage 42 Konsequenzen aus den Lärmmessungen beim Anflug des Überschallverkehrsflugzeuges Concorde am 24. April 1976 auf dem Rhein-Main-Flughafen SchrAnfr B45 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV 17686* A Anlage 43 Maßnahmen gegen die Dumpingpraktiken des Ostblocks im Bereich der Binnenschifffahrt SchrAnfr B46 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 17686* B Anlage 44 Maßnahmen gegen die Verwahrlosung des stillgelegten Bahnhofs Groß-Zimmern SchrAnfr B47 28.05.76 Drs 07/5263 Hoffie FDP SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 17686* C Anlage 45 Ausbau der Ersatzbundesstraße 59 im Abschnitt Stommeln—Köln sowie Linienführung und Kreuzungen im Bereich der Orte Pulheim—Geyen—Köln und Einbeziehung der EB 55 in die Planung SchrAnfr B48 28.05.76 Drs 07/5263 Mick CDU/CSU SchrAnfr B49 28.05.76 Drs 07/5263 Mick CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 17686* D Anlage 46 Beseitigung des leerstehenden Bahnhofsgebäudes in Groß-Zimmern SchrAnfr B50 28.05.76 Drs 07/5263 Bäuerle SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 17687* A Anlage 47 Freigabe neuer Teilabschnitte der Autobahnen sowie Höhe der Baukosten SchrAnfr B51 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Ahrens SPD SchrAnfr B52 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Ahrens SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 17687* B Anlage 48 Maßnahmen zur Gewährung von Vergünstigungen bei Fahrten mit der Deutschen Bundesbahn für Inhaber des Schwerbeschädigtenausweises B SchrAnfr B54 28.05.76 Drs 07/5263 Grimming SPD SchrAnfr B55 28.05.76 Drs 07/5263 Grimming SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 17687* C Anlage 49 Aussagen über den endgültigen Verlauf der B 404/207 zwischen Geesthacht und Schwarzenbek sowie Gewährung einer Nutzungsausfallentschädigung für die Nichtbenutzbarkeit der Grundstücke infolge der Unklarheiten über die Trassenführung VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 SchrAnfr B56 28.05.76 Drs 07/5263 Baron von Wrangel CDU/CSU SchrAnfr B57 28.05.76 Drs 07/5263 Baron von Wrangel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 17687* D Anlage 50 Höhe der Bundesmittel für den Straßenbau in Rheinland-Pfalz im Jahre 1975 und Höhe der Zuweisungen im Jahre 1976 SchrAnfr B58 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schweitzer SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 17688* A Anlage 51 Rechtfertigung der Aufhebung der Haltestelle Greene der Bundesbahnstrecke Kreiensen—Holzminden sowie Beurteilung der Benachrichtigung der Gemeinde Kreiensen über die Aufhebung des Haltepunkts Greene mit Wirkung vom 31. Mai 1976 durch ein Schreiben der Bundesbahn vom 13. Mai 1976 SchrAnfr B59 28.05.76 Drs 07/5263 Sauer (Salzgitter) CDU/CSU SchrAnfr B60 28.05.76 Drs 07/5263 Sauer (Salzgitter) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 17688* B Anlage 52 Maßnahmen gegen die Wiedereinfuhr inländischer Güter über die Beneluxländer auf dem Schiffsweg nach Norddeutschland SchrAnfr B61 28.05.76 Drs 07/5263 Seiters CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 17688* C Anlage 53 Termin für den Erlaß einer Verordnung zur Änderung des Erstattungshöchstbetrags für Aufwendungen baulicher Schallschutzmaßnahmen nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm SchrAnfr B64 28.05.76 Drs 07/5263 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 17689* A Anlage 54 Pressemeldungen über geplante Umbauarbeiten im Kanzleramtsneubau und Höhe der Ausgaben für die Anschaffung von Bildern und Plastiken für das neue Bundeskanzleramt SchrAnfr B65 28.05.76 Drs 07/5263 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAnfr B66 28.05.76 Drs 07/5263 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 17689* A Anlage 55 Lockerung des Numerus clausus für Bewerber zum Medizinstudium, die sich für eine spätere Tätigkeit in ärztlich unterversorgten Gebieten verpflichten SchrAnfr B70 28.05.76 Drs 07/5263 Seiters CDU/CSU SchrAnfr B71 28.05.76 Drs 07/5263 Seiters CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Glotz BMBW . . . 17689* C Anlage 56 Maßnahmen gegen den Verlust der Vergünstigung des § 18 a BAföG für Studenten, deren Prüfungstermin durch das Prüfungsamt nur einen Tag in das Semester hinein verlegt wird, mit dem die Förderungshöchstdauer abläuft SchrAnfr B72 28.05.76 Drs 07/5263 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Glotz BMBW . . . 17690* B Anlage 57 Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Ablehnung der Übernahme der Frachtkosten für die von kirchlichen Hilfsorganisationen zur Verfügung gestellte Lieferung von Magermilchpulver im Rahmen der Lebensmittelhilfe durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft SchrAnfr B73 28.05.76 Drs 07/5263 Susset CDU/CSU SchrAntw PStSekr Brück BMZ . . . . . 17690* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17629 248. Sitzung Bonn, den 4. Juni 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage i Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Abelein 4. 6. Dr. Achenbach * 4. 6. Adams * 4. 6. Dr. Ahrens ** 4. 6. Dr. Aigner * 4. 6. Amrehn 11. 6. Dr. Artzinger * 4. 6. Dr. Bangemann * 4. 6. Baier 11.6. Dr. Barzel 10. 6. Dr. Bayerl 4. 6. Dr. Becher (Pullach) 4. 6. Behrendt * 4. 6. Blumenfeld 4. 6. Brandt (Grolsheim) 4. 6. Prof. Dr. Burgbacher 4. 6. Christ 4. 6. Conradi 4. 6. Dr. Corterier * 4. 6. Dreyer 25.6. Entrup 4. 6. Prof. Dr. Erhard 11.6. Dr. Evers 4. 6. Fellermaier * 4. 6. Frehsee * 4. 6. Dr. Früh ' 4. 6. Gerlach (Emsland) * 4. 6. Gerster 4. 6. Frau Grützmann 4. 6. Härzschel * 4. 6. Dr. Heck 4. 6. Hoppe 4. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) ' 4. 6. Kater 11.6. Dr. Kempfler ** 4. 6. Dr. Klepsch * 4. 6. Dr. Köhler 11. 6. Dr. Kreile 4. 6. von Kühlmann-Stumm 4. 6. Dr. Graf Lambsdorff 4. 6. Lange * 4. 6. Dr. Lauritzen 4. 6. Lautenschlager * 4. 6. Lemmrich ** 4. 6. Maucher 4. 6. Memmel * 4. 6. Müller (Mülheim) * 4. 6. Mursch (Soltau-Harburg) * 4. 6. Pawelczyk 4. 6. Picard 4. 6. Frau Pieser 4. 6. Dr. Probst 4. 6. Richter ** 4. 6. Röhner 4. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Scheu 4. 6. Schmidt (Kempten) ** 4. 6. Schmidt (München) * 4. 6. Dr. Schulz (Berlin) * 4. 6. Dr. Schwörer * 4. 6. Seibert 11.6. Sieglerschmidt ** 4. 6. Graf Stauffenberg 4. 6. Suck * 4. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 4. 6. Spranger 4. 6. Springorum * 4. 6. Dr. Starke (Franken) * 4. 6. Strauß 4. 6. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 2. 7. Walkhoff * 4. 6. Dr. Wallmann 4. 6. Walther 11.6. Frau Dr. Walz 4. 6. Dr. Warnke 4. 6. Wende 4. 6. Dr. Wittmann (München) 4. 6. Wohlrabe 4. 6. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Kreile (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen A 12 und 13) : Haben sich die Steuerexperten der Bundesregierung - wie vom Parlamentarischen Staatssekretär Haehser in der Fragestunde am 10. März 1976 angekündigt - erneut mit der steuerlichen Ungleichbehandlung von Direktversicherungen des Arbeitnehmerehegatten gegenüber Direktversicherungen zugunsten anderer Arbeitnehmer befaßt, und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29. Januar 1976 - IV R 42/73 - hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung von Direktversicherungen des Arbeitnehmerehegatten auch bei Bezugsberechtigung des Arbeitgeberehegatten oder der Kinder für den Fall des vorzeitigen Todes des Arbeitnehmerehegatten zu ziehen? Die Bundesregierung sieht in der steuerlichen Behandlung von Direktversicherungen zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten gegenüber Direktversicherungen zugunsten familienfremder Arbeitnehmer keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Vermutung, die mein Kollege Haehser in der Fragestunde am 10. März äußerte, hat sich indes bestätigt: Die Steuerexperten bleiben mit der von Ihnen angesprochenen Frage befaßt. Das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 29. Januar 1976 muß - das liegt sicherlich auch in Ihrem Interesse - nunmehr darauf überprüft werden, ob daraus Konsequenzen für die steuerliche Behandlung von Direktversicherungen zugunsten des Arbeitnehmer-Ehegatten zu ziehen sind. Die Bundesregierung wird - wie üblich - die Länder an der Meinungsbildung beteiligen. Ich kann Ihnen deshalb noch keine Anhaltspunkte geben, ob die Einkommensteuer-Richtlinien geändert werden. 17672* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Geßner (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage A 22) : Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, daß durch eine Änderung gesetzlicher Vorschriften verhindert bzw. erschwert werden kann, daß sogenannten „Strohmännern" die Konzession zur Eröffnung und Führung eines Gaststättenbetriebs erteilt wird, und wenn ja, welche? Die Bundesregierung glaubt nicht, daß der Erwerb von Gaststättenerlaubnissen durch sog. Strohmänner durch eine Änderung der bestehenden Vorschriften verhindert oder erschwert werden kann. Das Problem besteht nämlich darin, daß die Behörde in aller Regel nicht erkennen kann, ob der Antragsteller tatsächlich das Gewerbe selbst ausüben oder die Erlaubnis nur als Strohmann für einen dahinterstehenden — meist unzuverlässigen — Dritten erwerben will. Die Beweisführungslast für das Vorliegen eines Strohmannverhältnisses liegt bei der Behörde; gelingt ihr der Nachweis, wird sie allerdings die Erlaubnis verweigern. Wie die Praxis zeigt, schieben gewerberechtlich unzuverlässige Dritte häufig ihren Ehegatten als Strohmann vor. Daher bestimmen die Verwaltungsvorschriften der Länder zum Gaststättengesetz, daß bei Antragstellung auch der Name des Ehegatten anzugeben und ein Führungszeugnis für den Antragsteller und seinen Ehegatten vorzulegen ist, aus dem etwaige Strafverfahren, Gewerbeuntersagungen und dergleichen zu ersehen sind. Sofern das Führungszeugnis des Ehegatten einschlägige Eintragungen enthält, liegt der Verdacht nahe, daß der Antragsteller lediglich als Strohmann vorgeschoben worden ist. Die daraufhin einsetzenden Nachforschungen können hier zur Aufdeckung und somit zur Versagung der Erlaubnis führen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen A 23 und 24) : Ist die Bundesregierung bereit, nachdem auch jüngste Besprechungen auf der Brüsseler Ebene im Zusammenhang mit Dumpingeinfuhren von Feinstrumpfhosen aus Italien gescheitert sind, zum Schutze der akut gefährdeten deutschen Feinstrumpfindustrie konkrete Maßnahmen gegen diese italienischen Dumpingeinfuhren zu unternehmen, und wenn ja, welche? Ist die Bundesregierung außerdem bereit, angesichts italienischer Einfuhrpreise von 0,60 DM bis 0,70 DM, die nicht einmal die Materialkosten vergleichbarer deutscher Produkte ausmachen, und damit die deutsche Feinstrumpfindustrie und deren Arbeitsplätze akut gefährden, eine Kontingentierung und Mindestpreisregelung ins Auge zu fassen? Die Bundesregierung verfolgt mit Sorge die Niedrigpreiseinfuhren von Feinstrumpfhosen aus Italien und die damit verbundenen Beschäftigungsschwierigkeiten in der deutschen Feinstrumpfindustrie. Sie hat bisher sowohl bilateral als auch über die EG-Kommission versucht, zu einer Beseitigung der aufgetretenen Schwierigkeiten zu kommen. Die Prüfung der Wettbewerbsverhältnisse in Italien durch die Kommission ist noch nicht abgeschlossen. Die italienische Regierung ist aber bereit, in der Zwischenzeit bilaterale Gespräche zur Lösung des Problems zu führen. Die Bundesregierung möchte zunächst den Ausgang dieser Verhandlungen, die Mitte Juni stattfinden sollen, abwarten, ehe sie weitere Maßnahmen in Erwägung zieht. Im übrigen hat die Bundesregierung seit dem 22. Mai 1976 durch Verordnung die Vorlage einer Einfuhrkontrollmeldung vorgeschrieben, um Umfang und Preise der Strumpfhosenimporte aus Italien genau überwachen zu können. Die Zollämter sind angewiesen, die Verordnung sofort und strikt anzuwenden und die eingehenden Einfuhrkontrollmeldungen täglich dem Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft zu übermitteln. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage A 25) : Wie viele Unternehmen der Bau- und Wohnungswirtschaft sind im Jahr 1975 jeweils mit welchen finanziellen Auswirkungen und zu wessen Lasten in Konkurs geraten? Im Baugewerbe wurden 1975 insgesamt 1 537 Konkursverfahren angemeldet. Diese Zahl war um rd. 16 v. H. höher als 1974. Von diesen Konkursen entfielen 1 185 auf das Bauhauptgewerbe und 352 auf das Ausbau- und Bauhilfsgewerbe. Während der Anstieg im Bauhauptgewerbe mit rd. 8 v. H. geringer war als im Vorjahr und auch unter dem Durchschnitt des gesamten Baugewerbes lag, haben sich die Konkurse im Ausbau- und Bauhilfsgewerbe um mehr als 30 v. H. gegenüber dem Vorjahr erhöht. Die Gesamthöhe der voraussichtlichen Forderungen aufgrund von Insolvenzen hat sich im Baugewerbe 1975 gegenüber 1974 trotz des Anstieges der absoluten Zahl der Konkurse von rd. 1,4 Mrd. DM auf rd. 1,05 Mrd. DM verringert. Über die Konkurse der Wohnungsunternehmen werden erst ab 1976 detaillierte Zahlen ausgewiesen. Lediglich für 1974 und das erste Halbjahr 1975 liegen Sonderauswertungen vor. Danach wurden 1974 von 106 Wohnungsunternehmen Konkursanträge gestellt mit einer voraussichtlichen Forderungshöhe (einschließlich 9 Vergleichsverfahren) von 524 Millionen DM. Im ersten Halbjahr 1975 waren es 75 Konkurse mit voraussichtlichen Forderungen von 445 Millionen DM. Aufgrund dieser Zahlen kann angenommen werden, daß die Insolvenzen in der Wohnungswirtschaft wie auch die voraussichtlichen Forderungen gegenüber 1974 gestiegen sind. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Löher (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen A 47 und 48) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17673* Trifft es zu, daß — wie von dpa ans 18. Mai 1976 gemeldet -der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung geäußert hat, der Bedarf an Arbeitskräften ermögliche bald eine neue Anwerbung, und wenn ja, wie vereinbart sich diese Aussage mit der Erklärung im Jahreswirtschaftsbericht 1976 der Bundesregierung, die wörtlich lautet: „Als wichtigste Voraussetzung des Abbaues konjunktureller und struktureller Arbeitslosigkeit wird der Anwerbestopp - im Interesse der deutschen und der hier lebenden ausländischen Arbeitnehmer — auch mittelfristig uneingeschränkt aufrechterhalten"? Welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung, urn bei verbesserter Konjunktur das vorhandene und zu erwartende Arbeitskräftepotential der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Wohnbevölkerung im Sinne einer Eingliederung (Integration) auszuschöpfen, bevor zusätzliche ausländische Arbeitskräfte angeworben werden? Die von Ihnen angesprochene Pressemeldung vom 18. Mai 1976 entspricht nicht den Tatsachen. Ich habe mich weder gegenüber Journalisten noch bei anderen Gelegenheiten entsprechend geäußert. In der Zwischenzeit habe ich bereits mehrfach — auch in der Presse — darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung nicht die Absicht hat, den Anwerbestopp aufzuheben. Die Lebens- und Arbeitsinteressen der deutschen Arbeitnehmer und ihrer Familien sowie die Interessen der bereits in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländer haben Vorrang vor Wünschen nach einer Ausweitung der Ausländerbeschäftigung. Zunächst darf ich feststellen, daß die Verpflichtung zur sozialen Eingliederung der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien nach Auffassung der Bundesregierung von der jeweiligen konjunkturellen Lage unabhängig sein muß. Insofern bedarf es keines konjunkturellen Aufschwungs, um sich dieser besonderen Aufgabe bewußt zu werden. Die Bundesregierung hat diese Verpflichtung in der Vergangenheit sehr ernst genommen und wird auch in ihren Integrationsbemühungen in der Zukunft nicht nachlassen. Seit November 1973 hat die Bundesregierung ihre Eingliederungsmaßnahmen intensiviert. Das weist die Entwicklung der Haushaltsmittel des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung für die Eingliederung der ausländischen Arbeitnehmer aus. Sie sind im Jahre 1974 um 3,5 Millionen DM auf 25,3 Millionen DM und im Jahre 1975 um 4,8 Millionen DM auf 30,1 Millionen DM erhöht worden. Auch im Rahmen der verstärkten Bemühungen um Haushaltseinsparungen für 1976 sind die Mittel für die Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer in ihrer Substanz faktisch erhalten geblieben. Außerdem ist der Sprachverband „Deutsch für ausländische Arbeitnehmer" gegründet worden, der die Aufgabe hat, die Bemühungen, ausländischen Arbeitnehmern deutsche Sprachkenntnisse zu vermitteln, zu koordinieren und zu intensivieren. Was die anderen Aspekte Ihrer Frage angeht, so wissen Sie, daß die Eingliederung des ausländischen Bevölkerungsteils in den Arbeitsprozeß stets unter dem Vorbehalt des gesetztlichen Vorranges deutscher Arbeitnehmer steht. Angesichts der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage sieht die Bundesregierung keine Veranlassung die hierzu ergangenen Regelungen zu ändern. Eine Neuanwerbung ausländischer Arbeitnehmer wird — wie im Jahreswirtschaftsbericht 1976 ausgeführt — mittelfristig nicht in Betracht gezogen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Flämig (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage A 49) : Welche Maßnahmen hält die Bundesregierung für notwendig - nachdem laut Mitteilung der Bundesanstalt für Arbeit in letzter Zeit sowohl die Zahl der männlichen als auch der jugendlichen Arbeitslosen rückläufig ist, wogegen die Zahl der arbeitslosen Frauen nicht zurückging, in einigen Arbeitsamtsbezirken sogar noch zunahm —, urn speziell im Bereich der arbeitslosen Frauen eine ähnlich positive Tendenz wie bei männlichen und jugendlichen Arbeitslosen herbeizuführen? Die Arbeitslosigkeit bei den Männern ist im Verlaufe der nun hinter uns liegenden Rezession zwischen September 1973 und September 1975 um ein Drittel stärker angestiegen als bei den Frauen. Hier wirkte sich die starke Konjunkturabhängigkeit der Bau- und Metallberufe aus, in denen vornehmlich Männer tätig sind. Im Zuge der wirtschaftlichen Wiedererholung war zu erwarten, daß in diesen Berufen auch ein überproportionaler Rückgang der Arbeitslosigkeit einsetzen würde. Bei den Bauberufen wirkten sich im Frühjahr überdies die bekannten Saisonfaktoren aus. Die arbeitslosen Frauen kommen demgegenüber häufig aus Berufen, in denen sich wie zum Beispiel bei den Textil- und Bekleidungsberufen sowie den Büroberufen ein Strukturwandel vollzieht. Auch wünschen rd. ein Drittel der weiblichen Arbeitslosen ausschließlich eine Teilzeitarbeit, vor allem in den Vormittagstunden. Gerade diese Arbeitsplätze werden nur selten zur Vermittlung angeboten. Gleichwohl ist davon auszugehen, daß während des Jahres 1976 im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs ein nachhaltiger Abbau der Arbeitslosigkeit bei den Frauen einsetzen wird. Der Dienstleistungssektor mit seinem hohen Anteil an beschäftigten Frauen wird zudem weitere Arbeitskräfte aufnehmen. Ich sehe unter diesen Umständen keinen Anlaß, für arbeitslose Frauen spezielle arbeitsmarktpolitische Maßnahmen durchzuführen. Das vorhandene Instrumentarium der Arbeitsförderung muß allerdings auch zugunsten der arbeitslosen Frauen voll ausgeschöpft werden, insbesondere dort, wo sich die Probleme regional konzentrieren. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage A 50) : Warum hat die Ausländerbeschäftigung — wie die am 21. Mai 1976 von der Bundesanstalt für Arbeit veröffentlichten Zahlen ausweisen — trotz Anwerbestopp und trotz Anweisung, ein abgelaufenes Arbeitsverhältnis nicht zu verlängern, wenn der Arbeitsplatz mit einem Deutschen oder dem Angehörigen eines EG-Staates besetzt werden kann, nicht stärker abgenommen, obwohl etwa doppelt so viele ausländische Arbeitnehmer beschäftigt werden, wie es deutsche Arbeitslose gibt, und die ausländischen Arbeitnehmer überwiegend aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern stammen? Seit Verhängung des Anwerbestopps ist die Zahl der im Bundesgebiet beschäftigten ausländi- 17674* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 schen Arbeitnehmer von 2 595 000 (Stichtag: 30. September 1973) auf 2 039 000 (Stichtag: 30. September 1975) um 556 000 zurückgegangen. Hierin sind die arbeitslosen ausländischen Arbeitnehmer nicht enthalten. Ihre Zahl belief sich am 30. September 1973 auf 15 700, am 30. September 1975 auf 132 700. In der Beschäftigtenzahl der ausländischen Arbeitnehmer sind sowohl EG-Angehörige, die keiner Arbeitserlaubnis bedürfen, als auch ausländische Arbeitnehmer enthalten, denen die Arbeitserlaubnis unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zu erteilen ist. Das sind Arbeitnehmer, die entweder mit einem Deutschen verheiratet sind oder die 5 Jahre ununterbrochen unselbständig im Bundesgebiet tätig sind. Beide Personenkreise umfassen mehr als die Hälfte aller im Bundesgebiet beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer. Bei den übrigen ausländischen Arbeitnehmern sind sind für die Erteilung der Arbeitserlaubnis die einschlägigen Erlasse des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit maßgebend. Danach richtet sich bei Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses bei dem bisherigen Arbeitgeber die Verlängerung der Arbeitserlaubnis nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes. Hierbei sind jedoch die Verhältnisse des einzelnen Falles entsprechend zu berücksichtigen. Die damit verbundene Problematik macht ein behutsames Vorgehen erforderlich. Im Hinblick darauf, daß das regionale Angebot an deutschen Arbeitskräften und die beruflichen Erfordernisse für den von einem Ausländer besetzten Arbeitsplatz häufig auseinanderfallen, muß die entsprechende Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles häufig dazu führen, daß ausländischen Arbeitnehmern für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitserlaubnis erteilt wird. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hösl (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage A 57): Wie beurteilen Bundeskanzler und Bundeskanzleramt die sowjetischen Äußerungen aus Anlaß des Deutschland- und Berlinbesuchs des amerikanischen Vizepräsidenten, die nicht nur die Bindungen zwischen dem Land Berlin und dem Bund leugnen, sondern sogar generell seine Bindungen an den Westen bestreiten, und wie begegnet die Bundesregierung der ständigen, hier in einem weiteren Bereich vorgetragenen Infragestellung des Statuts von Berlin durch die Sowjetunion? Es ist ständige Übung der Bundesregierung, zu ausländischen Presse- oder Rundfunkkommentaren nicht Stellung zu nehmen. Für die Bundesregierung sind die international üblichen amtlichen Wege des Meinungsaustauschs zwischen Regierungen maßgeblich. Im übrigen besteht kein Zweifel daran, daß sich die Bundesregierung auch weiterhin dafür einsetzen wird, daß das Viermächteabkommen vom 3. September 1971 strikt eingehalten und voll angewendet wird. Dazu gehört auch, daß — wie es das Viermächteabkommen ausdrücklich feststellt — „die Bindungen zwischen den Westsektoren Berlins und der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten und entwickelt werden". Anlage 10 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schwencke (Nienburg) (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage A 58) : Teilt die Bundesregierung die in der Empfehlung 275 der Westeuropäischen Union ausgedrückte Auffassung, daß im Rahmen einer bestehenden europäischen Organisation ein Europäisches Institut für Meereskunde geschaffen werden sollte, und in welcher Weise strebt sie gegebenenfalls die Verwirklichung dieses Vorhabens an? Nein, die Bundesregierung sieht in Übereinstimmung mit ihren europäischen Partnern keine Notwendigkeit für die Errichtung eines „Europäischen Instituts für Meereskunde". Eine regelmäßige, den sachlichen Erfordernissen entsprechende Abstimmung europäischer Länder auf dem Gebiet der Meeresforschung erfolgt im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft und kann je nach Bedarf ausgebaut werden. Im einzelnen verweise ich auch die Antwort des WEU-Rats auf Empfehlung Nr. 275. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Baier (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage A 61) : Trifft es zu, daß deutsche Staatsbürger, die Heimatvertriebene sind, in ihren Vertreibungsländern nicht im diplomatischen Dienst der Bundesrepublik Deutschland tätig sein dürfen? Die Antwort auf Ihre Frage lautet „Nein". Es gibt kein generelles Verbot für Deutsche, deren Heimat außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes liegt, in ihren Ursprungsländern im Auswärtigen Dienst tätig zu sein. Das schließt nicht aus, daß in Einzelfällen nach sorgfältiger Prüfung von einer Versetzung eines solchen Angehörigen des Auswärtigen Dienstes in sein Ursprungsland abgesehen wird. Dies kann besonders dann der Fall sein, wenn der Bedienstete noch familiäre oder ähnliche Beziehungen zu seinem Heimatland hat. Das Auswärtige Amt sieht dann vor allem im Interesse des Bediensteten selbst von einer Versetzung ab. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Zimmermann (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Frage A 62) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17675* Welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Kandidatur eines Mitglieds der Kommission der Europäischen Gemeinschaften bei der Neuwahl des italienischen Parlaments auf der kommunistischen Liste? Die Schlußfolgerungen aus seiner Kandidatur für die italienischen Parlamentswahlen auf der kommunistischen Liste hat Herr Spinelli bereits selbst gezogen. Er hat sich von seinen amtlichen Funktionen als Kommissar der Europäischen Gemeinschaft beurlauben lassen, weil seine Entscheidung mit der weiteren Ausübung seiner Tätigkeit als EG-Kommissar nicht vereinbar ist. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Rainer (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage A 72) : Wie beurteilt die Bundesregierung die von dem Sowjetsender RFF am 21. Mai 1976 in deutscher Sprache gemachten beleidigenden Äußerungen über eine deutsche Nationalstiftung im Hinblick auf die „Erklärung" der Sowjetregierung über eine Verbesserung der deutsch-sowjetischen Beziehungen, und hat sie zur Wahrung der nationalen Ehre den deutschen Botschafter in Moskau angewiesen, gegen diese Ausfälle zu protestieren? In der heutigen Fragestunde habe ich bereits zur Frage des Kollegen Hösl darauf hingewiesen, daß es nicht Sache der Bundesregierung ist, zu ausländischen Presse- oder Rundfunkkommentaren Stellung zu nehmen. Die Bundesregierung wird sich nicht auf Polemiken mit ausländischen Kommentatoren einlassen. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 1) : Hat die Bundesregierung die wegen der Versetzung des Leiters des Goethe-Instituts in San Francisco, Dr. Eugen Vetter, in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfe geprüft, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Die Bundesregierung hat die wegen der Versetzung des Leiters des Goethe-Instituts in San Francisco, Dr. Eugen Vetter, in der Öffentlichkeit gegen das Goethe-Institut erhobenen Vorwürfe geprüft. Sie ist hierbei zu der Erkenntnis gekommen, daß das Goethe-Institut in dieser Frage im Rahmen seines Ermessens korrekt gehandelt hat. Die vom Goethe-Institut angeführten, Herrn Dr. Vetter zur Kenntnis gebrachten, von ihm zunächst in ergebnislosen Verfahren vor dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht München angefochtenen Entscheidungsgründe müssen anerkannt werden. Herr Dr. Vetter selbst hatte sich mit Telegramm an das Goethe-Institut vom 27. Oktober 1975 bereit erklärt, die ihm angebotenen neuen Vertragsbedingungen anzunehmen. Zur gleichen Zeit zielten zahlreiche beim Goethe-Institut und beim Auswärtigen Amt eingegangene Interventionen sowie einzelne in der Presse erschienene Meldungen und Glossen auf eine Aufhebung der Versetzung von Herrn Dr. Vetter ab. Das Goethe-Institut hielt aus gesamtpersonalwirtschaftlichen, wie auch dem Einzelfall zu Grunde liegenden sachlichen Erwägungen, an seiner Entscheidung fest. Das Auswärtige Amt teilt diese Auffassung des in derartigen Personalfragen eigenverantwortlich handelnden Goethe-Instituts. Wegen der Notwendigkeit einer zeitnahen und wirksamen Institutsführung im Ausland wie auch aus sozialen und personalwirtschaftlichen Gründen muß die Zentralverwaltung des Goethe-Instituts eine regelmäßige Personalrotation anstreben. Auch im vorliegenden Fall kann daher eine Abberufung nach annähernd sechsjähriger Tätigkeit in San Francisco nicht als unangemessen betrachtet werden. Die Angestellten des Goethe-Instituts können Einzelwünsche im Rahmen eines eingespielten institutsinternen Ausschreibungsverfahrens, in das auch der Betriebsrat des Goethe-Instituts eingeschaltet ist, geltend machen. Bei einem Unternehmen, das neben der Zentralverwaltung über 112 Zweigstellen im Ausland und 18 Unterrichtsstätten im Inland verfügt, ist es aus naheliegenden Gründen, vor allem aber auch im Interesse aller Mitarbeiter, nicht immer möglich, jedem individuellen Wunsch in vollem Umfang Rechnung zu tragen. Anlage 15 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 2) : Wie viele deutsche Arbeitnehmer werden bzw. waren bei internationalen Organisationen beschäftigt, und wie viele davon wurden durch die Bundesanstalt für Arbeit vermittelt, und wie viele Beschäftigungsverhältnisse kamen auf andere Weise zustande? Nach dem Stande vom 15. Mai 1976 sind bei den öffentlich-rechtlichen internationalen Organisationen, deren Mitglied die Bundesrepublik ist, — besonders den Europäischen Gemeinschaften, den koordinierten Organisationen (NATO, OECD, Europarat, Westeuropäische Union, ESA) und den zur Familie der Vereinten Nationen zählenden Organisationen insgesamt 2 464 Deutsche als Stabspersonal, Feldexperten oder beigeordnete Sachverständige tätig. Für die Vergangenheit ist es nicht möglich, genaue Zahlen anzugeben, da die unmittelbar von den internationalen Organisationen eingestellten Bediensteten früher nicht zentral erfaßt wurden. Die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung hat seit 1969 — davon seit 1971 über eine spezielle Arbeitseinheit, das Büro Führungskräfte zu internationalen Organisationen (BFIO) — insgesamt 853 Deutsche an internationale Organisation vermittelt. 17676e Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 3) : Verbindet die polnische Seite mit dein Vorwurf, deutscherseits würde Polen gegenüber „keine aktive Kreditpolitik" betrieben, die Forderung nach zinsverbilligten Krediten, und wird die Bundesregierung den Hinweis darauf, daß andere Lander Polen bessere Konditionen einräumten, zum Anlaß nehmen, auf ein abgestimmtes Verhalten aller Mitglieder des Nordatlantischen Bündnisses hinzuwirken? Wenn auch in der Vergangenheit Hinweise auf die unterschiedliche Kreditpolitik der Bundesrepublik im Vergleich zu anderen westlichen Ländern mit dem Wunsch nach zinsverbilligten Krediten vereinzelt von polnischer Seite verbunden worden sind, so sind doch in letzter Zeit die Polen auf diese Wünsche nicht mehr zurückgekommen. Um jedoch einem ruinösen Konkurrenzkampf zu begegnen und die Wettbewerbssituation der deutschen Exportwirtschaft zu verbessern, bemüht sich die Bundesregierung seit über 2 Jahren um eine internationale Disziplin auf dem Gebiet der Exportkreditbedingungen, und zwar weltweit, d. h. nicht beschränkt auf Mitglieder des Nordatlantischen Bündnisses. Bereits im Herbst 1974 gelang es auf unsere Initiative hin, für langfristige, staatlich unterstützte Exportkredite den Mindestzins von bis dahin ca. 6,5 % auf 7,5 % anzuheben. Gegenwärtig ist zu hoffen, daß alle wichtigen Exportländer diesen Mindestzins in Kürze nochmals erhöhen, obgleich die Marktzinsen seit 1974 weltweit spürbar gesunken sind. Auch auf anderen Teilgebieten der Exportfinanzierung wie Kreditlaufzeiten und Anzahlungen ist mit einer Ausrichtung der nationalen Praktiken an gewissen Höchstwerten zu rechnen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Sauer (Salzgitter) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 4 und 5) : Hat die Bundesregierung in der Zwischenzeit für die durch Zuflüsse giftiger Abwässer aus DDR-Gebiet in die Leine (Februar 1974) und in die Jeetzel hervorgerufenen Fischsterben die geforderte Entschädigung von 145 000 DM von der DDR erhalten (siehe meine schriftliche Anfrage — Drucksache 7/4138), und sind die Geschädigten entschädigt worden? Ist der Bundesregierung bekannt, daß Anfang Mai durch eine „Havarie" eines grenznahen DDR-Werks Phenol, ein stark wirkendes Fischgift, in die Oker eingedrungen ist, von dem der gesamte Fischbestand betroffen ist, und was hat sie bisher in dieser Angelegenheit unternommen? Zu Frage B 4: Meine Antwort vom 16. Oktober 1975 (Anlage 45 des Sitzungsprotokolls über die 193. Sitzung) auf Ihre Schriftliche Anfrage ist durch die Entwicklung in der Zwischenzeit in folgenden Punkten zu ergänzen: Die Untersuchungen über die Schadensursache sowie über die Schadenshöhe sind nunmehr auch für das Fischsterben in der Jeetzel, das sich Ende September 1975 ereignet hatte, abgeschlossen worden. Die Unterlagen sind nach Zuleitung durch das Land Niedersachsen in diesem Monat unserer Ständigen Vertretung bei der DDR übermittelt worden, um den Schadensersatzanspruch, der sich auf rund 60 000 DM beläuft, gegenüber der DDR geltend zu machen. Als Ursache für das Fischsterben konnte die Einleitung von hochbelasteten, sauerstoffzehrenden Substanzen ermittelt werden, wie sie unter anderem in Abwässern aus Zuckerfabriken anzutreffen sind. Der Schadensersatzanspruch wegen des Fischsterbens in der Leine im Februar 1974 ist der DDR mit allen notwendigen Unterlagen bereits im Mai 1974 (nicht 1975, wie in der Antwort auf Ihre Frage B 19, Drucksache 7/4138, irrtümlich angegeben; vgl. Protokoll vom 16. Oktober 1975, S. 13431/32) übermittelt worden. Er war inzwischen Gegenstand mehrerer Besprechungen unserer Ständigen Vertretung mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR. Die DDR hat sich bisher zur Schadensregulierung nicht bereit gefunden. Die Bundesregierung wird ihre Bemühungen, den Fischereiausübungsberechtigten die ihnen zustehende Entschädigung seitens der Verantwortlichen in der DDR zukommen zu lassen, weiterhin in Abstimmung mit dem Land Niedersachsen nachdrücklich fortsetzen. Zu Frage B 5: Über diesen Fall ist der Bundesregierung aufgrund einer am 2. März 1976 von der DDR übermittelten Schadensmeldung bekannt, daß der Fluß Ilse, ein Zufluß der Oker, durch phenolhaltiges Wasser verunreinigt wurde. Die zuständigen Behörden des Landes Niedersachsen sind z. Z. mit Einzelheiten dieses Falles, insbesondere mit der Ermittlung der Höhe des auf unserer Seite eingetretenen Schadens befaßt. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 6) : Ist die Bundesregierung bereit, zu prüfen, den § 85 a des Beamtenrechtsrahmengesetzes in dem Sinn zu ändern, daß die Vorschrift nur auf die erstmalige Begründung eines Beamtenverhältnisses nach dem 31. Dezember 1965 anzuwenden ist, da die Vorschrift in der Praxis zu großen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten geführt hat? § 85 a BRRG ist ebenso wie § 160 a BBG durch das Dritte Gesetz zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 31. August 1965 eingeführt worden. Der entsprechende Entwurf der Bundesregierung sah eine Beschränkung der Vorschrift auf die nach dem 31. Dezember 1965 begründeten Beamtenverhältnisse nicht vor. Der Innenausschuß des Bundestages wollte jedoch nicht in bestehende Rechtsverhältnisse, wie sie sich nach dem bis dahin geltenden Recht entwickelt hatten, ändernd eingreifen. Er beschloß daher, die Ruhensregelung Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17677* 1 nur auf zukünftige Beamte anzuwenden, „d. h. auf Beamte, deren Beamtenverhältnis, aus dem sie in den Ruhestand treten, nach dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes begründet wird". Diese Empfehlung ist vom Bundesgesetzgeber übernommen worden. Die Beschränkung der Vorschrift auf die nach dem 31. Dezember 1965 begründeten Beamtenverhältnisse hatte also den ausschließlichen Zweck, den Rechtsstand der bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vorhandenen Versorgungsempfänger und die Exspektanz der vorhandenen Beamten aus den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Beamtenverhältnissen zu wahren. Aus Beamtenverhältnissen, die erst nach dem 31. Dezember 1965 begründet worden sind, konnten weder Rechtsstände noch Exspektanzen nach altem Recht entstanden sein, gleich ob es sich um die erstmalige Begründung eines Beamtenverhältnisses handelt oder ob früher schon ein anderes Beamtenverhältnis bestanden hat. Es erscheint daher nicht vertretbar, Beamte, deren Beamtenverhältnis nach dem 31. Dezember 1965 begründet worden ist, hinsichtlich der Ruhensvorschrift unterschiedlich zu behandeln, je nachdem ob früher ein anderes Beamtenverhältnis bestanden hat oder nicht. Eine derartige Differenzierung ist auch in der entsprechenden Vorschrift (§ 55) des Entwurfs eines Beamtenversorgungsgesetzes — BeamtVG — (Bundestags-Drucksache 7/5165), das für Bund und Länder einheitlich gelten wird, nicht enthalten. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, daß z. B. eine Reaktivierung oder die Wiederwahl eines Beamten auf Zeit im Sinne der genannten Vorschriften nicht als Begründung eines neuen, sondern als Fortsetzung des bisherigen Beamtenverhältnisses gilt. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 7 und 8) : Trifft es zu, daß die vor kurzem im Bundesinnenministerium erfolgte Versetzung des Referenten OS 2 nach OS 1 während des Urlaubs des betreffenden Beamten und ohne dessen vorherige Unterrichtung bzw. Zustimmung erfolgte, so daß der Eindruck entstehen konnte, das Revirement werde nur dazu benutzt, um einen insbesondere im Zusammenhang mit der Beurteilung der „Vereinigung Demokratischer Juristen" unliebsamen Beamten abzuschieben? Wie ist die Tatsache, daß das bisherige Referat des betreffenden Beamten (OS 2) über vier Hilfsreferenten und drei Sachbearbeiter verfügte, das neue Referat (OS 1) aber jetzt nur einen Hilfsreferenten und zwei Sachbearbeiter hat, mit der Erklärung des Bundesinnenministers anläßlich der Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag vom 12. Mai 1976 zu vereinbaren, der Beamte sei „aufgestiegen", wenn man berücksichtigt, daß die Zahl der Hilfsreferenten einen wichtigen Hinweis darauf gibt, welche Bedeutung die Leitung eines Ministeriums einem Referat zubilligt? Zu Frage B 7: Nein, es trifft keineswegs zu, daß der von Ihnen erwähnte frühere Leiter des Referates OS 2 des Bundesministeriums des Innern während seines Urlaubs und ohne vorherige Unterrichtung zum Leiter des Referates ÖS 1 bestellt worden ist. Ich verweise auf die Ausführungen von Herrn Minister Maihofer in der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages, in der Sitzung am 12. Mai 1976 (vgl. Protokoll über die 241. Sitzung — BT-Protokoll S. 16979 —). Die Umsetzung des Beamten war im übrigen Teil eines seit längerem vorbereiteten größeren Revirements in der Abteilung „Öffentliche Sicherheit", das insgesamt der Verstärkung dieses Aufgabenbereiches diente und von dem noch mehrere andere Referenten der Abteilung betroffen waren. Zu Frage B 8: Der Beamte ist in der Tat aufgestiegen, denn er ist zum Grundsatzreferenten der gesamten Abteilung bestellt worden. Die Bedeutung, die einem Referat beigemessen wird, ist im übrigen von der Zahl der ihm zugewiesenen Mitarbeiter unabhängig. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Freiherr von Fircks (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 9) : Wird die Bundesregierung den Vorschlag aufgreifen, ein Dokumentationszentrum zur deutschen Geschichte in Bonn einzurichten, das dazu beiträgt, dem Geschichtsunterricht in den Schulen einen höheren Stellenwert zu geben und das Geschichtsbewußtsein in der Öffentlichkeits zu stärken? Das Vorhaben, in der Bundeshauptstadt ein Dokumentationszentrum für die Deutsche Geschichte einzurichten, ist, wie Sie wissen, bereits Gegenstand des städtebaulichen Wettbewerbs „Bauten des Bundes und ihre Integration in die Stadt Bonn" gewesen, den die Bundesregierung in Verbindung mit dem Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt Bonn durchgeführt hat. Die Einrichtung könnte dem Zweck dienen, durch eine ständige Ausstellung sowie durch wechselnde Ausstellungen die historische Entwicklung, die zur Gründung der Bundesrepublik geführt hat, darzustellen. Besonders könnte die Geschichte der deutschen parlamentarischen Demokratie den zahlreichen Besuchern der Bundeshauptstadt nahegebracht werden. Der Gedanke, eine solche Einrichtung zu schaffen, entspringt der Initiative des Bundesministeriums des Innern. Sie wollen daraus entnehmen, daß mir auch weiterhin ein solches Vorhaben wünschenswert erscheint. Indessen läßt sich Näheres über eine demnächstige Verwirklichung derzeit nicht sagen, zumal die Überlegungen über die Gestaltung des Parlaments- und Regierungsviertels, in dem das Dokumentationszentrum seinen Standort zu finden hätte, noch im Gange sind. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 10 und 11): 17678* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 In welchem Umfang hat die Bundesregierung Vorhaben der Fremdenverkehrsinfrastruktur für eine Beteiligung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung vorgeschlagen, und inwieweit wurde diesen Anträgen entsprochen? Aus welchen Gründen hält die Bundesregierung die vorgeschlagenen Vorhaben für geeignet, aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung mitfinanziert zu werden? Die Bundesregierung hat der EG-Kommission seit Inkrafttreten der Verordnung des Rates über den EG-Regionalfonds insgesamt 27 Vorhaben der Fremdenverkehrsinfrastruktur vorgeschlagen, an denen sich der Fonds nach Art. 4 Abs. 1 b der Verordnung mit 13,3 Millionen DM beteiligen soll. Im einzelnen handelt es sich um Erschließungsmaßnahmen sowie den Neu- und Ausbau von 11 Kureinrichtungen, 6 Hallen- und Freibädern, 7 Freizeitanlagen und 3 Ferienzentren. Das Gesamtinvestitionsvolumen dieser Vorhaben beträgt 44,3 Millionen DM. Von einer Ausnahme abgesehen, wurden diese Vorhaben der Kommission bereits im August 1975 vorgelegt. Die Kommission hat jedoch bisher nur einem der deutschen Anträge entsprochen und einer Beteiligung des Fonds von 0,4 Millionen DM an der Entschließung eines Geländes für ein Ferienzentrum bewilligt. Bezüglich aller übrigen Anträge steht die Entscheidung der Kommission noch aus. Bei den Vorhaben, die die Bundesregierung im Einvernehmen mit den jeweils betroffenen Landesregierungen der Kommission vorgelegt hat, handelt es sich ausnahmslos um Maßnahmen innerhalb der in den Regionalen Aktionsprogrammen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" genannten Fremdenverkehrsgebiete. Ihnen kommt nach Auffassung der beteiligten Dienststellen in Bund und Ländern ein hoher Struktureffekt in den betroffenen Gebieten zu. Jedes dieser Vorhaben für sich ist geeignet, dem Fremdenverkehr an seinem Standort einen besonderen Impuls zu geben, in dem es die Ausnutzung bereits bestehender oder projektierter gewerblicher Kapazitäten des Fremdenverkehrs gewährleistet oder die Voraussetzung für die Erweiterung derartiger Kapazitäten schafft. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 12 und 13) : Treffen Meldungen zu, denen zufolge auf Staatssekretärsebene zwischen Bund und Ländern eine Rahmenvereinbarung ausgehandelt wurde, derzufolge Werbeeinnahmen der Rundfunk- und Fernsehanstalten auf das die Werbeblöcke umgebende Programm angerechnet werden können, und wie hoch ist die sich daraus ergebende Steuermindereinnahme? Mit welchen Überlegungen begründet die Bundesregierung eine solche Maßnahme? Es ist richtig, daß die Besteuerung der Rundfunkanstalten Gegenstand der Erörterung in einer vom Bund und den Ländern gebildeten StaatssekretärsKommission war. Die von der Kommission erarbeiteten Vorschläge liegen zur Zeit den Regierungschefs des Bundes und der Länder zur Billigung vor. Ich bitte Sie jedoch um Verständnis dafür, daß ich wegen des Steuergeheimnisses davon absehen muß, die Vorschläge und die sie auslösenden Momente im inzelnen darzulegen. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Röhlig (SPD) (Drucksache 7/5263 Fragen B 15 und 16) : Welches sind die Ursachen dafür, daß sich der Personalbestand des Betriebsprüfungsdienstes beim Bundesamt für Finanzen seit 1970 bis zum jetzigen Zeitpunkt um ca. 20 % vermindert hat, obwohl die Bundesregierung noch am 28. März 1974 eine Personalverstärkung im Hinblick auf die notwendige intensivere Bekämpfung von Steuerflucht und Steuermißbrauch angekündigt hat? Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß qualifizierte Betriebsprüfer zu einem Wechsel von Ländersteuerverwaltungen in den Bundesdienst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten zu bewegen sind, weil diese Betriebsprüfer in den Bundesländern bessere Aufstiegschancen haben als im Bundesdienst, und weil auch die Außendiensttätigkeit in den Bundesländern besser vergütet wird? Zu Frage B 15: Die Bundesregierung hat sich gemäß ihrer Ankündigung vom 28. März 1974 durch entsprechende Gesuche an die Bundesländer und durch Stellenausschreibungen um Personalverstärkung des Bundesbetriebsprüfungsdienstes bemüht. Die Länder sahen sich jedoch infolge der angespannten Personalsituation in der eigenen Steuerverwaltung nicht in der Lage, die erforderliche Anzahl an erfahrenen Betriebsprüfern zur Verfügung zu stellen. In jüngster Zeit zeichnet sich eine Besserung der Situation ab. Es wird erwartet, daß die für den Bereich der Betriebsprüfung zur Verfügung stehenden Planstellen in absehbarer Zeit besetzt werden können. Voraussetzung ist allerdings, daß auf diese Stellen nicht für die neu hinzukommenden Aufgaben auf dem Gebiet der Körperschaftsteuer zurückgegriffen werden muß. Zu Frage B 16: Die Landessteuerverwaltungen haben die Beförderungsmöglichkeiten für ihre Betriebsprüfer weitgehend denen des Bundes angepaßt. Hinzu kommt, daß die Reisetätigkeit der Bundesbetriebsprüfer sich auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt, die Landes-prüfertätigkeit dagegen nur auf das jeweilige Bundesland. Bei dieser Sachlage sind erfahrene Prüfer weniger bereit, die mit der Reisetätigkeit im Bundesdienst verbundene längere Trennung von der Familie in Kauf zu nehmen. Das Bundesamt für Finanzen trägt dieser Tatsache Rechnung, indem es seine Werbung auch auf jüngere Prüfer ausdehnt, die allerdings noch in den Prüfdienst der Konzerne und Großbetriebe eingearbeitet werden müssen. Zu der Vergütung der Außendiensttätigkeit der Betriebsprüfer ist folgendes zu sagen: Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17679* Die Betriebsprüfer beim Bundesamt erhielten bis 31. Mai 1972 für Dienstgänge am Dienst- oder Wohnort und für Dienstreisen, für die Tagegeld nicht gewährt wird, eine monatliche Pauschalvergütung von 58 DM. Im Rahmen einer Überprüfung ist festgestellt worden, daß diese Beamten die Voraussetzungen für eine monatliche Pauschalvergütung nicht erfüllen, weil sie fast nur Dienstreisen ausführen, für die sie mit Tagegeldern abgefunden werden. Für gelegentliche andere Dienstreisen und für Dienstgänge am Dienst- oder Wohnort über die Mittagszeit wird eine Aufwandsvergütung gewährt. Die Gegebenheiten bei den Bundesländern sind der Bundesregierung im einzelnen nicht bekannt. Bei den Betriebsprüfern in den Bundesländern dürfte der Anteil des Außendienstes, der auf Dienstreisen ohne Tagegeld und auf Dienstgänge entfällt, jedoch größer sein als bei den Betriebsprüfern des Bundesamtes. Daraus können sich Unterschiede in der Vergütung der Außendiensttätigkeit ergeben. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 21) : Welche Auswirkungen auf die deutschen Agraralkoholproduzenten haben die in jüngster Zeit festzustellenden hohen Einfuhren von Agraralkohol zu Niedrigstpreisen aus Italien in die Bundesrepublik Deutschland, und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung gegen diese Einfuhren? Seit der Aufhebung des Einfuhrverbotes für unverarbeiteten Athylalkohol aus den Mitgliedstaaten der EG sind etwa 60 000 hl Alkohol aus Italien in die Bundesrepublik eingeführt worden. Während die Alkoholeinfuhren aus Frankreich nach Festsetzung einer Ausgleichsabgabe durch die Verordnung (EWG) Nr. 851/76 vom 9. April 1976 zurückgegangen sind, weisen die Einfuhren aus Italien eine steigende Tendenz auf, da italienischer Alkohol nicht der Ausgleichsabgabenregelung unterliegt. Die Bundesregierung hat in der Zwischenzeit die EG-Kommission auf die erheblichen Gefahren hingewiesen, die sich für die deutsche Brennereiwirtschaft bei einem weiteren Ansteigen der Alkoholeinfuhren aus Italien ergeben können und sofortige Schutzmaßnahmen auf Gemeinschaftsebene gefordert. Darüber hinaus wird z. Z. geprüft, ob den zunehmenden Einfuhren von italienischem Alkohol durch eine weitere Senkung des Alkoholverkaufpreises der Bundesmonopolverwaltung wirksam begegnet werden kann. Bislang haben sich die Alkoholeinfuhren auf die deutsche Agraralkoholproduktion nicht negativ ausgewirkt. Sollte der Zufluß von billigem italienischen Alkohol auf den deutschen Markt aber weiterhin anhalten, ließen sich Auswirkungen auf den Umfang der Erzeugung nicht ausschließen. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 23) : Nach welchen Kriterien findet die Aufteilung der EWG-Kontingente in der Strickstrumpfindustrie statt, und hält die Bundesregierung die sich daraus ergebenden Quoten für die einzelnen Mitgliedsländer der EWG für gerechtfertigt? Die Höhe der im Rahmen von Textil-Selbstbeschränkungsabkommen gebildeten Exportquoten orientiert sich, wie im Welttextilabkommen vorgesehen, an den Einfuhren einer bestimmten Referenzperiode. Für die deutschen Strickstrumpfquoten, die gegenüber Süd-Korea und Taiwan bestehen, wurden die Einfuhren des Jahres 1974 (Süd-Korea 42,1 Millionen Paar, Taiwan 13,4 Millionen Paar) zugrundegelegt. Die deutsche Quote für 1976 liegt bei Süd-Korea um 2,6 % über diesem Basiswert, bei Taiwan sogar darunter. Überziehungen des von der EG gegenüber Korea 1975 autonom festgelegten Kontingents werden auf die Quote 1976 angerechnet. Bei den genannten Quoten handelt es sich um Regionalbeschränkungen in fünf bzw. sechs Mitgliedstaaten. In den übrigen Ländern der Gemeinschaft unterliegt die Einfuhr von Strickstrümpfen keinen mengenmäßigen Beschränkungen. Eine Gemeinschaftsquote, die auf die einzelnen Mitgliedstaaten aufzuteilen gewesen wäre, besteht somit nicht. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Köhler (Wolfsburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 24) : Ist die Bundesregierung angesichts der vor allem im Zonenrandgebiet herrschenden Jugendarbeitslosigkeit und wegen des dort besonders fühlbaren Mangels an Ausbildungsplätzen bereit, den Katalog der Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet auf die Verwendung der Zonenrandförderungsmittel für zusätzliche Anreize bei der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen auszudehnen, und wird sie gegebenenfalls dem Bundestag entsprechende Vorschläge vorlegen? Die Bundesregierung hat bereits in ihrem Jahreswirtschaftsbericht (BT-Drucksache 7/4677) angekündigt, daß sie im Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" mit den Ländern erörtern werde, wie im Rahmen der regionalen Wirtschaftspolitik die Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen gefördert werden könne. Über die verschiedenen Möglichkeiten einer Förderung von Ausbildungsplätzen ist im Unterausschuß der o. g. Gemeinschaftsaufgabe bereits ausführlich diskutiert worden. Auf Grund der Ergebnisse dieser Diskussion wird die Bundesregierung den Ländern demnächst einen Vorschlag zur Förderung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen im Rahmen der o. g. Gemeinschaftsaufgabe, die sich auch auf das Zonenrandgebiet bezieht, unterbreiten. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schäuble (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 25) : Was ist der Bundesregierung über französische Bestrebungen bekannt, auf Teilgebieten des Exports nach Frankreich, und zwar insbesondere für die Bezeichnung der Produkte, für Angebote, Aufmachungen, Gebrauchsanweisungen, Garantiezusagen, Werbetexte, Rechnungen und Quittungen, die Verwendung der französischen Sprache und französischer Begriffe zwingend vorzuschreiben, und wie beurteilt die Bundesregierung gegebenenfalls derartige französische Absichten, insbesondere in ihren Auswirkungen für mittelständische deutsche Exportfirmen, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung gegebenenfalls, zu einer Änderung derartiger französischer Absichten zu kommen? Es trifft zu, daß Anfang dieses Jahres in Frankreich das Gesetz über die Verwendung der französischen Sprache in Kraft getreten ist. Danach soll künftig die Benutzung der französischen Sprache auch im Wirtschaftsleben vorgeschrieben sein. Dies gilt u. a. für die Bezeichnung von Produkten, für Angebote, Aufmachungen, Gebrauchsanweisen, Garantiezusagen, Werbetexte, Rechnungen und Quittungen. Allerdings hat der französische Gesetzgeber bis Anfang 1977 eine Übergangsfrist eingeräumt. Auch fehlen noch die Ausführungsbestimmungen zu dem neuen Gesetz, so daß noch keine konkreten Erfahrungen aus der Praxis vorliegen. Die Bundesregierung erwartet von dem Gesetz keine wesentlichen Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft, auch nicht für die mittelständische Exportwirtschaft. Schon bisher wenden deutsche Firmen aus absatzwirtschaftlichen Überlegungen beim Vertrieb ihrer Produkte in der Regel die Sprache desjenigen Landes an, in das sie exportieren. Dies gilt auch im Wirtschaftsverkehr mit Frankreich. Der Bundesregierung sind auch bis auf vereinzelte Ausnahmen keine Klagen aus der deutschen Wirtschaft bekannt geworden, die nach Einführung der neuen französischen Maßnahmen zusätzliche Schwierigkeiten erwarten lassen. Die Bundesregierung wird jedoch die Entwicklung aufmerksam beobachten und gegebenenfalls bilateral oder über die Kommission in Brüssel für die Beseitigung von etwa auftretenden Hemmnissen Sorge tragen. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Geldner (FDP) (Drucksache 7/5263 Frage B 26) : Ist der Bundesregierung bekannt, und was gedenkt sie gegebenenfalls dagegen zu unternehmen, daß ein deutscher Mineralölkonzern, an dem der Bund mittelbar erheblich beteiligt ist, seit dem Jahr 1971 mit seinen Pächtern sogenannte Tankstellendienstverträge schließt, die, auch bei Öffnungszeiten von über 100 Stunden pro Woche, in vielen Fällen nicht mehr das Existenzminimum ermöglichen, weil von der Provision in Höhe von 5,4 Pf je Liter folgende Abzüge zu machen sind: für die Umsatzpacht 4 % von 7,50 DM je 100-Liter-Verkauf, Versicherungen von 0,045 Pf je Liter, Kosten der ständig heraufgesetzten Warenkaution, die Löhne, Gehälter und Sozialleistungen der Mitarbeiter, Berufskleidung der Mitarbeiter, Stromverbrauch der Leuchten und Reklame, Ersatz der vorgenannten Beleuchtungskörper, das Heizöl, die Oberflächenentwässerung sowie für die Beseitigung der sonstigen Abwässer (Kanalgebühren)? Nach den Informationen der Bundesregierung schließt die von Ihnen genannte Mineralölgesellschaft seit 1968 mit ihren Tankstellenpächtern zwei sogenannte „Tankdienststellenverträge" ab: ein Handelsvertretervertrag regelt die Rechtsbeziehungen hinsichtlich des im Namen und für Rechnung der Mineralölgesellschaft erfolgenden Verkaufs der sogenannten Agenturware Benzin und Ö1. Ein Pachtvertrag enthält im wesentlichen die Vereinbarung eines Pachtzinses für die Nutzung des Pachtgrundstücks und der sonstigen Einrichtungen (Verkaufsraum, Waschanlage) im Rahmen des Eigengeschäfts des Tankstellenpächters. Beide Verträge schreiben keine Öffnungszeiten vor. Bei der Pacht hat der Pächter die Wahl zwischen — einer sogenannten Umsatzpacht von 4 % (ohne Kraftstoffverkauf, Provision und Mehrwertsteuer), die pauschal von einem Folgemarkt-Verkauf in Höhe von 7,50 DM je 100 l Motorenbenzin-Verkauf ausgeht und — einer Individualregelung, die sich an der effektiven Ertragssituation der jeweiligen Tankstellen orientiert. Von den meisten Pächtern wird die erste Möglichkeit bevorzugt. Die genannte Versicherung von 0,045 Pf/1 ist ein Angebot der Mineralölgesellschaft. Jedem Pächter steht es frei, eine andere Versicherung nach eigenem Wunsch abzuschließen. Die Warenkaution wird mit der Tatsache begründet, daß die Pächter die aus dem Verkauf der Agenturware erzielten Erlöse erst nach Wiederauffüllung des Agenturbestandes abführen. Ihre Höhe richtet sich daher nach dem Umfang des Kraftstoffabsatzes. Da dieser im Verlauf der letzten Jahre je Tankstelle im Durchschnitt beträchtlich gestiegen ist, hat dies die Höhe der Warenkaution entsprechend beeinflußt. Die Bemessung der Provision richtet sich nach der Höhe des Jahresabsatzes. Für Bedienungstankstellen der angesprochenen Mineralölgesellschaft liegt sie in der Umsatzklasse bis zu 1,2 Millionen 1 p.a. bei 6,4 Pf/1, in der Klasse 1,2 bis 2,4 Millionen 1 p.a. bei 5,4 Pf/1, so daß der von Ihnen genannte Provisionssatz nur für die umsatzstärkeren Tankstellen gilt. Mineralölgesellschaften und Tankstellenverbände sind in der Frage, ob die geltenden Vereinbarungen ein ausreichendes Einkommen sichern, unterschiedlicher Auffassung. In diesem Zusammenhang machen die Vertreter des Tankstellengewerbes auf die auch von Ihnen erwähnten gestiegenen Kosten für Löhne, Gehälter, Sozialleistungen u. a. aufmerksam, während die Mineralölgesellschaften auf die infolge des höheren durchschnittlichen Benzinabsatzes pro Tankstelle (seit 1968 mehr als verdoppelt) gestiegenen Einnahmen aus der Provision verweisen. In den laufenden Gesprächen, die die Bundesregierung mit beiden Seiten führt, ist deutlich geworden, daß bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Situation beide Seiten von unterschiedlichen Grunddaten ausgehen und daß insbesondere den Tankstellenverbänden repräsentatives Zahlenmaterial fehlt. Die Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17681e Bundesregierung hat sich deshalb in den letzten Monaten bemüht, hier ein Gleichgewicht herzustellen. Eine gemeinsame Informationsbasis wird nach Auffassung der Bundesregierung eine wichtige Voraussetzung zur Versachlichung der gegenwärtigen Diskussion über die Situation des Tankstellengewerbes darstellen. Entsprechende Verhandlungen stehen vor dem Abschluß. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Simpfendörfer (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 27) : Welches waren nach Auffassung der Bundesregierung die Gründe für den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an den Bayerischen Elektrizitätswerken (BEW) durch die zum RWE-Konzern gehörenden Lech-Elektrizitätswerke AG (LEW), und wie beurteilt die Bundesregierung die Zustimmung und die Auflagen des Bundeskartellamtes, von denen in Presseberichten die Rede ist? Die Deutsche Bank AG war seit vielen Jahren — zuletzt mit 50 % — Großaktionär der Bayerischen Elektrizitätswerke (BEW), entschloß sich jedoch im vergangenen Jahr, diese Beteiligung abzugeben. Welche Gründe die Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk AG (RWE) bewogen haben, ein entsprechendes Kaufangebot der Deutschen Bank AG durch ein Konzernunternehmen annehmen zu lassen, ist der Bundesregierung im einzelnen nicht bekannt. Die Bundesregierung macht jedoch darauf aufmerksam, daß der RWE-Konzern bereits seit einigen Jahren mit 35 °/o ebenfalls Großaktionär der BEW war, mit der Deutschen Bank AG hinsichtlich der BEWBeteiligung zusammenarbeitete und für das größte BEW-Versorgungsgebiet (Neu-Ulm) einziger Stromlieferant der BEW ist. Die uneingeschränkte Übernahme der BEW durch den RWE-Konzern hätte nach Auffassung des Bundeskartellamtes die marktbeherrschende Stellung dieses weitaus größten deutschen Elektrizitätsunternehmens schon deswegen verstärkt, weil dessen Versorgungsgebiet durch die Einbeziehung der BEWeigenen Versorgungsgebiete Berchtesgaden und Schäftersheim erweitert worden wäre. Deswegen hat der RWE-Konzern das ursprünglich angemeldete Vorhaben dahin gehend eingeschränkt, daß die beiden Versorgungsgebiete unverzüglich — d. h. nach Durchführung der dafür notwendigen aktienrechtlichen Maßnahmen — an Dritte verkauft werden. Die Aktiengesellschaft für Licht- und Kraftversorgung, München (LuK), hat sich auch gegenüber dem Bundeskartellamt bereit erklärt, diese beiden Versorgungsgebiete zu übernehmen. Der Erwerb des dritten BEW-Versorgungsgebietes (Neu-Ulm) erfüllt im vorliegenden Fall ebensowenig die Untersagungsvoraussetzungen des § 24 Abs. 1 GWB wie die Übernahme zweier Versorgungsgebiete, die der RWE-Konzern von LuK im Tausch gegen die BEWGebiete Berchtesgaden und Schäftersheim erhalten soll, da alle erworbenen Gebiete von BEW bzw. LuK bisher bereits mit Strom aus dem RWE-Netz versorgt worden sind und alternative Bezugsmöglichkeiten nicht bestehen. Entsprechend der Weisung des Bundesministers für Wirtschaft vom 24. März 1976 sind die Einzelheiten der getroffenen Regelung im Bundesanzeiger Nr. 94 vom 19. Mai 1976 bekanntgemacht worden. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Seiters (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 31) : Ist es zutreffend, daß sich die Zahl der arbeitslosen weiblichen Schwerbehinderten in der Bundesrepublik Deutschland von April 1975 bis April 1976 um 104 % erhöht hat und die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Männer um 60 % gestiegen ist, und welche Überlegungen werden in diesem Zusammenhang innerhalb der Bundesregierung angestellt? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Zahlen standen Anfang April 1976 etwa 900 000 registrierte Schwerbehinderte im Erwerbsleben. Ausgehend von dieser Zahl beträgt die Arbeitslosenquote bei den Schwerbehinderten Ende April knapp 4,1 %. Der Vergleich mit der zu diesem Stichtag festgestellten allgemeinen Arbeitslosenquote von 4,8 % zeigt, daß die Arbeitslosigkeit der Schwerbehinderten noch deutlich unter der allgemeinen Arbeitslosigkeit liegt. Es ist jedoch zutreffend, daß die Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter insgesamt von April 1975 bis April 1976 um 14 705, d. h. um 66,7 % angestiegen ist. Bei den schwerbehinderten Frauen betrug der Anstieg 4 102, d. h. 107,6 %, bei den schwerbehinderten Männern 10 603, d. h. 58,2 %. Eine Analyse des vorhandenen Zahlenmaterials zeigt allerdings, daß dieser Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Schwerbehinderten überwiegend darauf zurückzuführen ist, daß nach Inkrafttreten des neuen Schwerbehindertengesetzes am 1. Mai 1974 bis Ende März 1976 444 621 Personen sich erstmalig als Schwerbehinderte anerkennen ließen, davon allein 106 067 im ersten Quartal dieses Jahres. Hieraus erklärt sich auch, daß der Anstieg der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Frauen im Verhältnis zu dem schwerbehinderter Männer erheblich höher liegt. Unter den berufstätigen schwerbehinderten Frauen befinden sich nämlich wesentlich weniger Kriegs-und Arbeitsopfer, die bereits nach dem alten Schwerbeschädigtengesetz geschützt waren, als unter den schwerbehinderten Männern. Nach den bisherigen Erfahrungen der Bundesregierung ist davon auszugehen, daß die arbeitlosen Behinderten in stärkerem Umfang als die beschäftigten Behinderten sich amtlich als Schwerbehinderte anerkennen lassen, weil sie sich dadurch bessere Aussichten auf Vermittlung in einen Dauerarbeitsplatz versprechen. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß der Abbau der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter ein vordringliches Anliegen darstellt. Sie hat daher schon vor einiger Zeit gemeinsam mit dem Beirat für die Rehabilitation die mit der Durchführung 17682* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 des Schwerbehindertengesetzes betrauten Stellen und die Arbeitgeber aufgefordert, die in diesem Gesetz enthaltenen Möglichkeiten voll zugunsten der Schwerbehinderten auszuschöpfen. So sind die Hauptfürsorgestellen gebeten worden, strenge Maßstäbe in Kündigungsschutzverfahren zugunsten der Schwerbehinderten anzulegen. Die Bundesanstalt für Arbeit ist gebeten worden, nachhaltig auf die Erfüllung der Beschäftigungspflicht zu achten. An die Arbeitgeber wurde appelliert, daß sie auch in einer schwierigen Beschäftigungssituation nicht auf die Ausgleichsabgabe ausweichen, sondern ihrer Beschäftigungspflicht nachkommen. Weitere Einzelheiten sind der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Burger, Maucher u. a. vom 21. Januar 1976 (Bundestagsdrucksache 7/4608) zu entnehmen. Die Bundesregierung hofft im übrigen zuversichtlich, daß die von ihr und der Deutschen Bundesbank eingeleiteten konjunkturwirksamen Maßnahmen und die flankierenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sich auch nützlich auf die Beschäftigungssituation der Schwerbehinderten auswirken werden. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 32) : In welcher Weise ist bei der Befriedigung der Nachfrage nach geeigneten Arbeitskräften die Zusammenarbeit bzw. der Informationsaustausch zwischen benachbarten Arbeitsämtern, insbesondere bei der gegebenen Arbeitsmarktsituation, sichergestellt? Nach den Weisungen des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit haben benachbarte Arbeitsämter alle in Betracht kommenden Stellenangebote, die im eigenen Bezirk nicht unverzüglich erledigt werden können, auszutauschen. Das gleiche gilt für die Bewerberangebote. Die Informationen über die Angebote werden durch formlose Schreiben, fernmündlich oder fernschriftlich zwischen den unmittelbar angrenzenden Arbeitsämtern — unabhängig davon, ob diese dem gleichen oder einem anderen Landesarbeitsamtsbezirk angehören — übermittelt. Die Dienststellen der Bundesanstalt dehnen im Bedarfsfall ihre Vermittlungsbemühungen auch landesweit (Arbeitsämter eines Landesarbeitsamtsbezirks) oder bundesweit (Arbeitsämter verschiedener Landesarbeitsamtsbezirke) aus. Dieser überregionale Austausch von Stellenangeboten erfolgt im allgemeinen über besondere Ausgleichsstellen sowie für das gesamte Bundesgebiet auch durch Veröffentlichung im Zentralen Stellenanzeiger. Für Angehörige bestimmter Berufe, z. B. Akademiker, Künstler, Hotel- und Gaststättenpersonal, wird die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter durch besondere überörtlich arbeitende Fachvermittlungsstellen ergänzt. Diese Fachvermittlungsstellen bemühen sich, Angebot und Nachfrage überregional abzudecken. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Peter (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 33) : Trifft es zu, daß in der Bundesrepublik Deutschland Eigentümer von nicht bebautem und ungenutztem Land auch dann Beiträge an die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zu entrichten haben, wenn die Eigentümer weder haupt- noch nebenberuflich Landwirte sind, noch sonstwie Land wirtschaftlich nutzen, aber bei Unfällen, die bei der aus Umweltgründen gebotenen Kultivierung des Landes geschehen, trotz Beitragsleistung keinen Anspruch gegen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft geltend machen können, und wenn ja, hält die Bundesregierung eine solche Regelung für änderungsbedürftig? Zur Frage der Beitragspflicht von Grundstückseigentümern zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist allgemein zu bemerken, daß grundsätzlich weder Beiträge zu zahlen noch Leistungen zu erbringen sind, wenn es sich bei den Grundstücksflächen nicht um landwirtschaftliche Unternehmen oder Teile eines solchen handelt. Es wäre allerdings Sache der zu Beiträgen Herangezogenen, Veränderungen in der Bewirtschaftung von Grundstücksflächen den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften anzuzeigen, damit sie bei der Feststellung der Beitragspflicht berücksichtigt werden können. Eine Änderung der gesetzlichen Regelung in dieser Frage ist nach Auffassung der Bundesregierung nicht erforderlich. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wendt (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 34) : Sind Pressemeldungen zutreffend, wonach die Bundesregierung beabsichtigt, den Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer zu lockern? Die von Ihnen angesprochene Pressemeldung vom 18. Mai 1976 entspricht nicht den Tatsachen. Ich habe mich weder gegenüber Journalisten noch bei anderen Gelegenheiten entsprechend geäußert. In der Zwischenzeit habe ich bereits mehrfach — auch in der Presse — darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung nicht die Absicht hat, den Anwerbestopp aufzuheben. Die Lebens- und Arbeitsinteressen der deutschen Arbeitnehmer und ihrer Familien sowie die Interessen der bereits in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländer haben Vorrang vor Wünschen nach einer Ausweitung der Ausländerbeschäftigung. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatsekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schweitzer (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 35) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17683* Wie beurteilt die Bundesregierung die Ursachen für relativ hohe Arbeitslosenquoten in einigen Arbeitsamtsbezirken des Landes Rheinland-Pfalz im Jahr 1975 — so z. B. in Mayen — im Vergleich zum Bundesdurchschnitt? Die im Vergleich zum Bundesgebiet überdurchschnittlichen Arbeitslosenquoten in verschiedenen Arbeitsamtbezirken von Rheinland-Pfalz haben neben konjunkturellen auch strukturelle Ursachen. Der Strukturschwäche dieser Gebiete wird dadurch Rechnung getragen, daß sämtliche rheinland-pfälzische Arbeitsamtsbezirke, deren Arbeitslosigkeit über dem Bundesdurchschnitt liegt und welche die maßgeblichen Kriterien erfüllen, in die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" einbezogen sind. Die erheblichen Mittel, die für strukturverbessernde Maßnahmen bereitgestellt werden, haben in den in die Gemeinschaftsaufgabe einbezogenen strukturschwachen Regionen von Rheinland-Pfalz gerade während der zurückliegenden Rezession aufs Ganze gesehen eine relative Stabilisierung der Beschäftigungssituation bewirkt. In Bad Kreuznach und Trier nahm im Zeitraum September 1974/75 die Arbeitslosigkeit kaum stärker zu als im Bundesgebiet. In Trier, Mayen und Pirmasens lag der Anstieg der Arbeitslosigkeit wesentlich unter dem Durchschnitt. Nur Neuwied verzeichnete einen deutlich ausgeprägteren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Spilker (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 36) : Treffen Meldungen zu, nach denen der Einsatz des Alpha-Jets wesentlich geringere Lärmimmissionen im Bereich der Flughäfen erwarten läßt als andere vergleichbare im Einsatz befindliche Maschinen der Bundeswehr, und sind bei Flugplätzen, die für eine Belegung mit Alpha-Jets vorgesehen sind, Neuberechnungen der Lärmimmissionen vorgenommen worden oder ist dies in Aussicht genommen? Ihre Frage, ob Meldungen zutreffen, nach denen der Einsatz des Alpha-Jet wesentlich geringere Lärm-Immissionen im Bereich der Flughäfen erwarten läßt als andere, vergleichbare, im Einsatz befindliche Maschinen der Bundeswehr, und ob bei Flugplätzen, die für eine Belegung mit Alpha-Jet vorgesehen sind, Neuberechnungen der Lärm-Immissionen vorgenommen worden sind oder dies in Aussicht genommen ist, beantworte ich wie folgt: Verschiedene Militär-Flugplätze sind aufgrund des neuen Dislozierungskonzepts der Luftwaffe künftig für einen Flugbetrieb mit Flugzeugen des Musters Alpha-Jet vorgesehen. Neueste Überprüfungen haben ergeben, daß entgegen ursprünglichen Erwartungen die künftige endgültige Version des Flugzeugmusters Alpha-Jet nicht eine gleichartige Lärmabstrahlung wie das Flugzeugmuster Phantom, sondern wie das leisere Flugzeugmuster Fiat G 91 haben wird. Das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr in Frankfurt a. M. wurde nach Vorliegen dieser gesicherten Erkenntnis unverzüglich beauftragt, für diese Flugplätze die bereits vorliegenden Daten auf der Grundlage des Lärmbildes des Musters Fiat G 91 zu überarbeiten. Sollte sich die Annahme bestätigen, daß aufgrund dieser überarbeiteten Daten von einer wesentlich geringeren Lärmbelastung in der Umgebung der mit dem Muster Alpha-Jet beflogenen Flugplätze auszugehen ist als nach den bisherigen Prognosen, wird dies bei der Festsetzung der Lärmschutzbereiche durch den Bundesminister des Innern berücksichtigt werden können, bzw. im Fall des Flugplatzes Leipheim zu einer Neufestsetzung des bereits bestehenden Lärmschutzbereiches führen. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 37) : Kann die Bundesregierung erklären, wie es am Sonntag, dem 16. Mai 1976, zu dem Flugzeugzusammenstoß im Landkreis Diepholz zwischen einer Phantom der Bundesluftwaffe mit einem Motorsegler des AERO-Clubs Schweinfurt kommen konnte, obwohl die Zivilflieger die für sie vorgeschriebene Höhe eingehalten hatten? Auf Bitten des Führungsstabes des Heeres stellte die Luftwaffe am 16. Mai 1976 für einen Tag der offenen Tür, zugleich Flugtag auf dem Heeresflug- platz Celle 2 Formationen, eine mit 4 Flugzeugen vom Typ F-4F Phantom des JG 71, Wittmund, und eine mit 4 Flugzeugen des Typs G-91 des leKG 43, Oldenburg, für einen Überflug. Der Flugauftrag für die 4 F-4F des JG 71 wurde den Vorschriften entsprechend erteilt. Die Höhe für den Überflug Celle wurde mit 1 000 ft festgelegt. Da an Sonn- und Feiertagen Tiefflüge nur in besonderen Fällen mit gesondertem Auftrag erlaubt sind, durften auf der Strecke 1 500 ft über Grund nicht unterschritten werden. Aus Gründen der Lärmbelastung wurde entsprechend den militärischen Vorschriften eine Reiseflughöhe von 5 000 ft über Grund festgelegt. Da der Flug jedoch wegen des auf der Strecke tatsächlich angetroffenen Wetters oberhalb einer Flughöhe von 3 500 ft über Grund nach den vorgeschriebenen Sichtflugregeln nicht durchführbar war, wurde er ordnungsgemäß in dieser, der richtigen Halbkreisflugfläche entsprechenden Flughöhe fortgesetzt. Wäre der Flug bis unterhalb 1 500 ft über Grund nicht durchführbar gewesen, hätte er vor Unterschreiten dieser Höhe als Sichtflug abgebrochen werden müssen. Die Flugzeuge der Luftwaffe befanden sich damit im Rahmen eines genehmigten Ausbildungsvorhabens in einer entsprechend ihren Vorschriften zulässigen Flughöhe. Eine abschließende Gesamtbewertung der Unfallursachen kann naturgemäß erst nach Vorlage des Berichts der Untersuchungskommission erfolgen, 17684* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 38) : In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, der Fischereiwirtschaft Schäden zu ersetzen, die durch Wrackteile der Bundeswehr entstehen, auch wenn die Bergung dieser Wrackteile für die Bundeswehr ohne Interesse ist? Ihre Frage nach dem Ersatz der Schäden, die der Fischereiwirtschaft durch die Bergung von Wrackteilen, die für die Bundeswehr ohne Interesse sind, entstehen, habe ich dahin verstanden, daß sie sich auf die Bergung jeden Wehrmaterials der Bundeswehr und nicht nur auf Wrackteile von See- oder Luftfahrzeugen bezieht. Hierzu nehme ich wie folgt Stellung: Wie Ihnen sicher bekannt ist, ist schon 1960 angeordnet worden, daß die Bundeswehrverwaltung Fischern für die Bergung eines Torpedos eine Belohnung gewähren kann. Diese Weisung wurde 1969 auf Wehrmaterial schlechthin ausgedehnt, sofern an der Bergung dieses Materials ein besonderes Interesse besteht. Hierbei war vornehmlich an Fahrzeugwrackteile gedacht, die nach Unfällen Aufschluß über die möglichen Ursachen geben können. Die Rechtslage erlaubt es indessen nicht, bei Fehlen eines Aufklärungsinteresses einen Bergelohn zu zahlen, der die — den besonderen Verhältnissen der Seefahrt bereits Rechnung tragenden — gesetzlich festgelegten Grenzen (Handelsgesetzbuch, Strandungsordnung) übersteigt. Bei allem Verständnis für die Belange der deutschen Fischereiwirtschaft muß ich Ihnen mitteilen, daß es bei der derzeitigen Lage nicht geboten erscheint, eine Änderung der geltenden Bestimmungen vorzunehmen und im Haushalt des Bundesministers der Verteidigung für weitergehende Zahlungen entsprechende Mittel einzuplanen. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Graf Stauffenberg (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 39) : Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß bei einer Berichtigung der Ruhegehaltsberechnung für einen Beamten — wie im Bereich des Bundesverteidigungsministeriums geschehen — allein Portokosten in Höhe von 1,50 DM anfallen, wenn es sich bei der Korrektur und der einmaligen Einbehaltung des zuviel gezahlten Gehalts um 0,01 DM handelt? Ihre Frage, ob es gerechtfertigt ist, eine Gehaltsbescheinigung zu versenden, wenn es sich nur um die Korrektur und die einmalige Einbehaltung von einem Pfennig bei der Berechnung eines Ruhegehalts handelt und dadurch Portokosten in Höhe von 1,50 DM anfallen, beantworte ich wie folgt: Durch das Haushaltsstrukturgesetz wurden wesentliche besoldungs- und versorgungsrechtliche Vorschriften geändert. Hiervon wurden die Bezüge fast aller Gehalts- und Versorgungsempfänger betroffen. Die kurzfristige Umstellung der Bezüge konnte nur durch weitestgehende Ausnutzung aller Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung durchgeführt werden. Trotzdem konnte nicht verhindert werden, daß die März-Bezüge bei 11,6 °/o der Empfänger fehlerhaft berechnet wurden. Es zeigte sich, daß komplizierte besoldungs- und versorgungsrechtliche Änderungen, die sich auf den Einzelfall, d. h. auf die persönlichen Verhältnisse des einzelnen Besoldungs- und Versorgungsempfängers auswirken, auch mit modernen EDV-Anlagen nicht immer kurzfristig zu erfassen sind. Erstmalig mußten daher die Bezüge ein zweites Mal maschinell berechnet werden. Die 2. Aufbereitung der Bezüge wurde mit der 1. Aufbereitung verglichen. Ergab der Vergleich eine Minderzahlung, so wurden Beträge ab 10,— DM durch eine Sonderzahlung auf die Konten der Empfänger überwiesen; Beträge unter 10,— DM wurden mit den April-Bezügen ausgezahlt. Bei einer festgestellten Überzahlung wurden die entsprechenden Beträge von den April-Bezügen einbehalten. Die für die Durchführung des Vergleichs erforderlichen Programme wurden getestet. Hierbei ist bei der Berechnung der Versorgungsbezüge eine Rundungsdifferenz zwischen der 1. und 2. Aufbereitung nicht erkannt worden. Aus Gründen der Fürsorge wird jeder Gehalts-und Versorgungsempfänger über Änderungen seiner Bezüge unterrichtet. Während die Gehaltsempfänger ggf. über ihre Truppenteile/Dienststellen unmittelbar über Fehler in ihrer Gehaltsabrechnung unterrichtet werden können, muß die Aufklärung bei Versorgungsempfängern durch die Gehaltsbescheinigung erfolgen. Daher wird aufgrund eines entsprechenden Programms bei jeder Änderung der Netto-Bezüge eine Gehaltsbescheinigung geschrieben. So wurde in dem vorliegenden Fall — weil eine Differenz von DM 0,01 nicht vorhersehbar war und bei den Testfällen auch nicht festgestellt wurde — eine Gehaltsbescheinigung maschinell gefertigt, kuvertiert und auf dem Postweg zugestellt. Als die Differenz bekannt wurde, war die maschinelle Zahlungsaufbereitung der April-Bezüge abgeschlossen. Auch die Gehaltsbescheinigungen der Versorgungsempfänger waren bereits geschrieben, kuvertiert und abgesandt. Bei Kenntnis des Fehlers vor der Absendung wäre eine Aussonderung der betreffenden Gehaltsbescheinigungen nicht zweckmäßig gewesen, weil der Verwaltungsaufwand für das Öffnen Tausender von Briefumschlägen, Sortieren, Aussondern und erneute Kuvertieren der Gehaltsbescheinigungen im Vergleich zu den Portokosten noch aufwendiger gewesen wäre. Aufgrund meiner vorstehenden Ausführungen bitte ich um Ihr Verständnis für die in einer Ausnahmesituation getroffene Maßnahme. Es wird mein Bestreben sein, durch entsprechende Programme zu verhindern, daß sich ähnliche Fehler in der Zukunft wiederholen. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17685* Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Härzschel (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 40) : Wie hat sich die Zahl der Sozialhilfeempfänger in den letzten fünf Jahren entwickelt, und inwieweit haben insbesondere Rentner und Familien mit Kindern zusätzlich zu ihrer Rente bzw. ihren Einkommen Sozialhilfe erhalten? Die Zahl der Empfänger von Sozialhilfe hat sich in den Jahren 1969 bis 1973 von 1 479 000 auf 1 730 000 erhöht. Die Erhöhung ist vor allem auf Leistungsverbesserungen zurückzuführen. Angaben über die Anzahl der Empfänger von Sozialhilfe in den Jahren 1974 und 1975 liegen noch nicht vor. Bei dem zweiten Teil der Frage wird davon ausgegangen, daß er sich auf die Empfänger laufender Hilfe zum Lebensunterhalt bezieht. Aus den vom Statistischen Bundesamt für 1973 veröffentlichten Ergebnissen zur Sozialhilfe ergibt sich folgendes: Die Zahl der Personen, die zu ihrer Rente laufende Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten, wird nur repräsentativ ermittelt. Danach erhielten 1973 etwa 285 000 Rentner zusätzlich zu ihren Leistungen aus der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz. In dieser Zahl sind auch die Rentenempfänger enthalten, die entsprechende Sozialhilfeleistungen in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen erhielten. Die Zahl der Familien mit Kindern (Ehepaare und Elternteile mit Kindern), die über sonstiges Einkommen verfügen und laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz erhielten, betrug 1973 etwa 90 000. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Schleicher (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 41 und 42) : Für welche vom Paul-Ehrlich-Institut begutachteten zugelassenen und im Verkehr befindlichen Sera und Impfstoffe ist der geforderte Nachweis der Wirksamkeit durch mehrere übereinstimmende, kontrollierte klinische Versuche belegt bzw. durch wenigstens einen kontrollierten Versuch und für welche Sera und Impfstoffe dagegen auf Grund nichtkontrollierter, epidemiologischer Studien oder sonstiger ärztlicher Beobachtungen? Für welche Sera und Impfstoffe wird die Wirksamkeit auf Grund von biologischen oder biochemischen Versuchen am Menschen bzw. von tierexperimentellen Befunden ohne Verifikation am Menschen angenommen, und für welche Sera und Impfstoffe wird die Wirksamkeit auf Grund von Analogieschlüssen angenommen? Zu Frage B 41: Für folgende Sera und Impfstoffe ist der geforderte Nachweis der Wirksamkeit durch kontrollierte klinische Versuche belegt: Poliomyelitis-Impfstoff, lebend und inaktiviert Influenza-Impfstoff (jährlich) Masern-Impfstoff, lebend und inaktiviert Röteln-Impfstoff, lebend Mumps-Impfstoff, Mischimpfstoffe Masern-Mumps und Masern-Mumps-Röteln Diphtherie-Serum Tetanus-Serum Tollwut-Serum. Folgende Impfstoffe sind auf Grund epidemiologischer Erfahrungen zugelassen: Tetanus-Impfstoff Tollwut-Impfstoff Diphtherie-Impfstoff. Zu Frage B 42: Dies trifft bislang für keine Sera und Impfstoffe zu. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Link (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 43 und 44) : Trifft es zu, daß es keine verbindlichen Grenzwerte für die Straßenverkehrslärmimmission gibt, und wenn ja, warum? Beabsichtigt die Bundesregierung aus Gründen des Umweltschutzes dafür zu sorgen, daß solche Grenzwerte erstellt und eingeführt werden, und wenn ja, bis wann kann damit gerechnet werden? Zu Frage B 43: Es trifft zu, daß zur Zeit keine rechtlich verbindlichen Immissionsgrenzwerte für Verkehrslärm existieren, weil das Bundes-Immissionsschutzgesetz solche Grenzwerte nicht festgesetzt hat und eine entsprechende Verordnung noch nicht ergangen ist. Zu Frage B 44: Die Bundesregierung hat den Auftrag des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zum Erlaß von Schallschutzverordnungen ohne Verzug aufgegriffen. Die in einer Reihe von Punkten divergierenden Meinungen von Bund, Ländern und Gemeinden gestalten die Arbeit schwierig. Ein Zeitpunkt für die Verabschiedung der Verordnungen ist gegenwärtig nicht mit Bestimmtheit anzugeben. 17686* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 45) : Welche Ergebnisse hatten die Lärmmessungen beim Anflug des Überschallverkehrsflugzeugs Concorde am 24. April 1976 auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt, und welche Konsequenzen wird die Bundesregierung daraus für künftige An- und Abflüge dieses Flugzeugtyps ziehen? Die Lärmmessungen an den Flughäfen Frankfurt und Hamburg am 24. und 25. April 1976 bei Start und Landungen einer Concorde der Air France haben folgendes ergeben: Im Vergleich zu den Langstreckenflugzeugen Boeing 707 und McDonnel-Douglas DC-8, die als laute Flugzeuge gelten, war der Lärmpegel beim Landeanflug etwas höher, beim Startsteigflug annähernd gleich, und der seitliche Lärm beim Start um etwa 10 Dezibel höher, was einer Verdoppelung gleichkommt. Die durchgeführten ad hoc veranlaßten Messungen weichen vom offiziellen ICAO-Meßverfahren ab. Es wurden andere Meßpunkte gewählt, die Concorde besaß nicht das volle Abfluggewicht, daher wurde die Triebwerksleistung reduziert, der Wettereinfluß wurde nicht berücksichtigt. Aus vorgenannten Gründen ist ein qualitativer Vergleich mit den Werten nicht möglich, die sich aus Anhang 16 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt ergeben. Die Bundesregierung geht davon aus, daß es sich bei den Einflügen der Concorde um Einzelfälle zu Demonstrationszwecken handelte. Soweit solche Flüge nicht geduldet werden müssen, weil internationale Verpflichtungen nicht entgegenstehen, wird die Bundesregierung bei der Genehmigung von Anträgen auf Einflugerlaubnis restriktiv verfahren. Sie wird darum bemüht sein, im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation darauf hinzuwirken, daß auch für Überschall-Flugzeuge Lärmgrenzwerte festgelegt werden, die diejenigen für herkömmliche Flugzeuge nach Anhang 16 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt nicht überschreiten. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der Luftverkehrs-Ordnung Flüge mit Überschallgeschwindigkeit über dem Bundesgebiet untersagt worden sind. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 46) : Wie stellt sich die Bundesregierung nach ihren bisherigen Erfahrungen mit der einseitigen Ausnutzung des freien WettBewerbs im Bereich der Binnenschiffahrt und mißbräuchlicher Dumpingpraktiken durch die Flotten des Ostblocks im freien Teil Europas zu den Uberlegungen in den Niederlanden und in Belgien, die Freiheit der Schiffahrt auf dem Rhein durch ein Lizenzsystem zu ersetzen, oder sollte nicht vielmehr der existierende freie Wettbewerb unter vergleichbaren Startbedingungen notfalls durch Fernhaltung der Staatshandelsländer aufrechterhalten werden? Die Bundesregierung ist bemüht, zusammen mit den Vertragsstaaten der Mannheimer Akte eine Lösung des Problems zu finden, wie unter Aufrechterhaltung des freien Wettbewerbs in der Rheinschiffahrt eine Teilnahme der Flotten des Ostblocks am Verkehr auf dem Rhein zum wechselseitigen Warenaustausch gestattet werden kann. Inwieweit ein Lizenzsystem helfen kann, dieses Ziel zu erreichen, wird in diesem Zusammenhang ebenfalls geprüft. Die Bundesregierung hält nach wie vor daran fest, daß etwaige Befahrens- und Beförderungsrechte für Schiffe von Staatshandelsländern auf deutschen Wasserstraßen nur auf der Grundlage bilateraler Verträge gewährt werden. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 7/5263 Frage B 47) : Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Deutsche Bundesbahn unverantwortlich und pflichtwidrig handelt, wenn sie nichts dagegen unternimmt, daß der stillgelegte Bahnhof Groß-Zimmern mit total verwüsteten, teilweise baufälligen und von Ratten bevölkerten Gebäuden — auch als „Abenteuerspielplatz" mißbraucht — eine besondere Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt sowie wegen der Ansiedlung von Ungeziefer und der Ablagerung von Unrat gegen das Bundesseuchengesetz verstößt, und was gedenkt die Bundesregierung zur Beseitigung dieses unhaltbaren Zustandes der Verwahrlosung zu tun, nachdem die Deutsche Bundesbahn stillgelegte Bahnhofsgebäude seit Jahren ohne Pflege und Aufsicht gelassen hat? Die Deutsche Bundesbahn hat mit dem Abbruch bereits begonnen. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Mick (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 48 und 49) : Für welchen Zeitpunkt ist der Ausbau der Ersatz-Bundesstraße 59 im Kölner Raum, Abschnitt Stommeln bis in das Stadtgebiet Köln, geplant, und welche Daten ergeben sich hieraus für die einzelnen Planungsstadien? Welche genaue Linienführung, welche Breite und welche Kreuzungspunkte sind nach dem jetzigen Planungsstand für die EB 59 im Bereich der Orte Pulheim—Geyen und der Kölner Stadtteile Widdersdorf, Bocklemünd, Vogelsang und Bickendorf vorgesehen, und inwieweit ist in die Planung die EB 55 einbezogen? Der Ausbau der B 59 n zwischen Stommeln und dem Stadtgebiet Köln ist im überarbeiteten Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen mit vorerst nur Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17687' 2 Fahrstreifen in der Dringlichkeitsstufe I b ausgewiesen. Die Maßnahme wird sich nach den derzeitigen finanziellen Perspektiven voraussichtlich erst nach 1985 verwirklichen lassen. Zu den einzelnen Planungsstadien können daher z. Z. noch keine näheren Angaben gemacht werden. Die Linienführung der B 59n wurde im Jahre 1970 durch den Bundesminister für Verkehr vom Grundsatz her nach § 16 Fernstraßengesetz (FStrG) bestimmt. Die geplante Trasse verläuft zwischen Pulheim und Geyen, trifft nördlich der Kreuzung mit der A 1 auf die B 59 alt, umgeht Bocklemünd im SüdWesten und endet nördlich Bickendorf an der Baulastgrenze mit der Stadt Köln. Weitere technische Einzelheiten bleiben der entwurfs- und verfahrensmäßigen Vorbereitung der Maßnahme vorbehalten. Zwischen Rommerskirchen und Pulheim wird eine Überlagerung der B 59 n mit der A 54 (EB 55 möglicher weiterer Bedarf) in Erwägung gezogen. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Bäuerle (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 50) : Wann wird das leerstehende, langsam zerfallende und von der Bevölkerung als Schandfleck empfundene Bahnhofsgebäude in Groß-Zimmern, Kreis Dieburg, beseitigt, auch damit vagabundierenden Personen die Möglichkeit genommen wird, sich in diesem Gebäude aufzuhalten? Die Deutsche Bundesbahn hat mit dem Abbruch bereits begonnen. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Ahrens (SPD) (Drucksache 7/5263 Fragen B 51 und 52) : Welche neuen Teilabschnitte der Bundesautobahnen werden im laufenden Jahr an welchen Terminen für den Verkehr freigegeben? Wie lang sind diese Abschnitte, und welche Baukosten sind zu erwarten? Die beigefügte Liste über die vollzogenen bzw. voraussichtlichen Verkehrsübergaben von Autobahnen im Jahre 1976, Stand: 1. April 1976, enthält als Roteintragung die bisher bekannten genauen Freigabetermine. Die nicht vorhersehbaren Witterungsverhältnisse lassen eine genaue Terminierung der Verkehrsfreigaben auf längere Sicht leider nicht zu. Länge und Kosten der einzelnen für die Freigabe im Jahre 1976 vorgesehenen Abschnitte sind ebenfalls in der Liste enthalten. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Grimming (SPD) (Drucksache 7/5263 Fragen B 54 und 55) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß der im Land Berlin gebräuchliche Schwerbeschädigtenausweis B — Drucksachen-Nr. KOV 1142 Schwerbeschädigtenausweis Zivil — neben anderen Vergünstigungen auch den Anspruch auf Fahrpreisermäßigungen im S-Bahn-Verkehr und bei Fahrten auf der Deutschen Reichsbahn gewährt, diese Vergünstigungen aber nicht bei Fahrten mit der Deutschen Bundesbahn gewährt werden, und worauf führt die Bundesregierung dies zurück? Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, entsprechende Maßnahmen zu treffen oder einzuleiten, um Inhabern des Schwerbeschädigtenausweises B auch Vergünstigungen bei der Fahrt mit der Deutschen Bundesbahn zu gewähren? Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Schwerbeschädigtenausweis B des Landes Berlin gewisse Fahrpreisermäßigungen im S-Bahn-Verkehr der Deutschen Reichsbahn gewährt. Dieser Ausweis gilt auch für die Inanspruchnahme von Fahrpreisvergünstigungen bei Fahrten mit der Deutschen Bundesbahn. Der Umfang der Fahrpreisermäßigungen entspricht in seiner Höhe denen, die für das Bundesgebiet ausgegeben werden. Art und Umfang der Fahrpreisermäßigungen sind von Land zu Land verschieden. Sie sind daher nicht miteinander vergleichbar. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Baron von Wrangel (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 56 und 57): Wann gedenkt die Bundesregierung klare Aussagen über den endgültigen Verlauf der Trassenführung der B 404/207 zwischen Geesthacht und Schwarzenbek und den Zeitpunkt einer Verwirklichung der geplanten Baumaßnahmen zu machen? Ist die Bundesregierung bereit, den Eigentümern jener Grundstücke, die infolge der in Frage 56 genannten langjährigen Unklarheiten über die Trassenführung nicht genutzt werden konnten, eine Nutzungsausfallentschädigung zu gewähren? Zu Frage B 56: Der Bundesregierung ist von einer Verwirrung, die auf Grund der Änderung des Planungskonzeptes für die Linienführung der B 404/B 207 zwischen Geesthacht und Schwarzenbek ausgelöst worden sein soll, nichts bekannt. Eine Aussage über den endgültigen Trassenverlauf kann im übrigen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht gemacht werden. Zu Frage B 57: Die genannten Grundstücke konnten bisher von den Eigentümern genutzt werden. Die Zahlung einer sog. Nutzungsausfallentschädigung durch den Bund kommt daher nicht in Betracht. 17688* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schweitzer (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 58) : In welcher Höhe sind im Jahr 1975 Bundesmittel für den Straßenbau nach Rheinland-Pfalz gegangen, und mit welchen Zuweisungen ist hier für das Jahr 1976 zu rechnen? Die Istausgaben des Landes Rheinland-Pfalz an Bundesmitteln für den Straßenbau betrugen im Jahre 1975 — 781,4 Millionen DM. Darin sind enthalten die Zuweisungen für den kommunalen Straßenbau nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und Mittel aus den Sonderprogrammen der Bundesregierung (regionale und lokale Abstützung der Beschäftigung [Kap. 6093], zusätzliche Bundesausgaben zur Förderung der Konjunktur [Kap. 6094] und Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen [Kap. 6095]). Gegenüber dem Sollansatz im Straßenbauplan 1975 lagen die Istausgaben in Rheinland-Pfalz um 39,6 Millionen DM niedriger. Im Haushaltsjahr 1976 sind für das Land Rheinland-Pfalz aus Bundesmitteln 641,6 Millionen DM vorgesehen. Darin sind ebenfalls enthalten die Zuweisungen für den kommunalen Straßenbau nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und Mittel aus den Sonderprogrammen der Bundesregierung. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Sauer (Salzgitter) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 59 und 60) : Hält die Bundesregierung die Entscheidung der Deutschen Bundesbahn, die Haltestelle Greene der Bundesbahnstrecke Kreiensen—Holzminden aufzuheben — auch im Hinblick auf die Anstrengungen zur Förderung des Fremdenverkehrs im Bereich der Burg Greene, des Greener Waldes und des Einbecker Forstes — für gerechtfertigt? Wie beurteilt die Bundesregierung die Maßnahme der Deutschen Bundesbahn, die Gemeinde Kreiensen im Landkreis Gandersheim mit Schreiben vom 13. Mai 1976 (Posteingang erst am 21. Mai 1976) zu informieren, daß mit Wirkung vom 31. Mai 1976 der Haltepunkt Greene der Bundesbahnstrecke Kreiensen—Holzminden aufgehoben werde? Die Deutsche Bundesbahn (DB) stützt sich bei der Gestaltung der Reisezugfahrpläne auf Ergebnisse ihrer Verkehrszählungen. Sie entscheidet danach in eigener Zuständigkeit über ihre Fahrpläne. Nach § 48 Bundesbahngesetz (BbG) gibt sie den Ländern bei der Bearbeitung der Reivsezugfahrpläne Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Bundesregierung ist nicht in den Dialog zwischen der DB und den Ländern eingeschaltet und auch nicht aufgerufen, Einzelheiten des Fahrplanes zu beurteilen. Wie die DB auf Anfrage mitteilt, sind nach einer Verkehrszählung im Februar 1976 in Greene bei vier an Werktagen haltenden Zügen jeweils nur an einem Tag ein bzw. zwei Reisende aus- oder eingestiegen. Bei vier an Sonntagen haltenden Zügen wurden in drei Zügen keine und in einem Zug zwei Reisende für Greene gezählt. Bei diesen Gegebenheiten sah sich die DB aus wirtschaftlichen Erwägungen und im Interesse einer zügigeren Beförderung der übrigen Reisenden veranlaßt, auf Zughalte in Greene zu verzichten, zumal der Ort auch weiterhin durch Kraftomnibusse an die Schiene angebunden bleibt. Im übrigen weist die DB darauf hin, daß nach § 6 der Eisenbahnverkehrsordnung (EVO) die Änderung von Tarifen zwei Wochen vor dem Inkrafttreten zu veröffentlichen ist. Der Wegfall des Schienenverkehrs-Haltepunktes Greene wurde im Tarif- und Verkehrsanzeiger (TVA) Nr. 665 vom 17. Mai 1976 veröffentlicht. Bei dem von Ihnen erwähnten Schreiben der DB vom 13. Mai 1976 handelt es sich um eine zusätzliche Unterrichtung. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Seiters (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 61) : Wie beurteilt die Bundesregierung die zunehmenden Scheinexporte im Schiffahrtsbereich, durch die inländische Güter über die Beneluxländer exportiert und die gleichen Güter wieder nach Norddeutschland reimportiert werden, und welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang zu ergreifen? Die Frage von Frachtumgehungen im Binnenschiffsverkehr von deutschen Ladeplätzen nach deutschen Löschplätzen, bei denen ausländische Streckenanteile durchfahren werden, sind vom Bundesverkehrsministerium eingehend geprüft worden. Der Fragenkomplex ist auch bereits mehrfach Gegenstand der Fragestunden des Deutschen Bundestages gewesen. Unter anderem am Niederrhein wird häufig Kies und Sand von deutschen Ladestellen durch eine ausländische Firma gekauft und an eine deutsche Firma wieder verkauft. Hierbei handelt es sich um handelsübliche Geschäfte, die nicht beanstandet werden können. Das gilt auch für den Fall, daß der ausländische Zwischenhändler die Ware ohne Umladung, allerdings mit neuen Frachtabfertigungspapieren, befördern läßt. Hierfür gelten die auf Grund der §§ 21 ff. des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr gebildeten Festfrachten nicht, da es sich bei dem geschilderten Vorgang formell um grenzüberschreitenden Verkehr handelt. Die Frachtenkontrollorgane der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung sind angewiesen, auch zukünftig gerade die von Ihnen beanstandeten Fälle zu überprüfen und feststellbare Verstöße, die als Umgehung im Sinne des § 42 a des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr anzusehen sind, unnachgiebig zu ahnden. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17689* Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/5263 Frage B 64) : Wann ist mit dem Erlaß einer Verordnung zur Änderung des Erstattungshöchstbetrags für Aufwendungen baulicher Schallschutzmaßnahmen nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm zu rechnen? Wie die Bundesregierung bereits auf Ihre mündliche Anfrage in der Fragestunde am 28./29. Januar 1976 ausgeführt hat, sind die Vorbereitungen zum Erlaß einer Verordnung zur Änderung des Erstattungshöchstbetrages nach § 9 Abs. 4 des Fluglärmgesetzes weit vorangeschritten. Wegen der haushaltsmäßigen Auswirkungen konnte allerdings die Ressortabstimmung leider noch nicht abgeschlossen werden. Es ist zu hoffen, daß bald die Lösung gefunden und der Verordnungsentwurf dann dem Bundesrat zugeleitet werden kann. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 65 und 66) : Treffen Pressemeldungen zu, denenzufolge der Bundeskanzler im Kanzleramtsneubau die Decken- und Wandverkleidungen in einigen Räumen der Kanzleretage wieder entfernen lassen will und noch weitere Umbauarbeiten plant, wenn ja, womit begründet die Bundesregierung diese nachträglichen Maßnahmen, und welche Ausgaben entstehen dadurch? Wie hoch belaufen sich die Ausgaben für die Anschaffung von Bildern und Plastiken für das neue Bundeskanzleramt? Zu Frage B 65: Pressemeldungen, denen zufolge der Bundeskanzler im Kanzleramtsneubau die Decken- und Wandverkleidungen in einigen Räumen der Kanzleretage wieder entfernen lassen will und noch weitere Umbauarbeiten plant, treffen nicht zu. Zu Frage B 66: Die Kosten für künstlerische Leistungen, die im Rahmen der Neubaumaßnahmen erbracht worden sind, belaufen sich auf 1,185 Millionen DM; sie entsprechen der aufgrund des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 25. Januar 1950 aufgestellten Richtlinie „Kunst am Bau". Der Betrag ist in den genehmigten Baukosten enthalten. Zusätzlich sind aus Einrichtungsmitteln 40000 DM als Wandschmuck für rd. 300 Dienstzimmer und Sitzungssäle aufgewandt worden. Die Kanzleretage wird zur Zeit mit einer Reihe von Bildern deutscher expressionistischer Maler ausgestaltet, die in der Zeit bis 1945 verfemt waren. Die Gemälde sind Leihgaben aus den Nachlässen der Maler und wurden in dankenswerter Weise durch Professor Dr. Leopold Reidemeister, Berlin, vermittelt. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Seiters (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Fragen B 70 und 71): Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür einzutreten, daß angesichts der ärztlichen Unterversorgung ländlicher Räume eine Auflockerung des Numerus clausus für diejenigen Bewerber zum Medizinstudium erfolgt, die sich für eine spätere Tätigkeit in ärztlich unterversorgten Gebieten verpflichten, und welche Überlegungen werden in diesem Zusammenhang innerhalb der Bundesregierung zur Überwindung des Arztmangels in bestimmten Regionen angestellt? Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß Arztpraxen im ländlichen Raum auslaufen, weil zur Übernahme der Praxis bereite Ärzte nicht in genügender Zahl vorhanden sind und Kinder der im ländlichen Raum praktizierenden Ärzte durch den Nummerus clausus ohne Berücksichtigung der besonderen Lage ärztlich unterversorgter Räume am Arztstudium gehindert sind? In § 32 Abs. 2 Nr. 2 Hochschulrahmengesetz (HRG) ist eine Sonderquote an Studienplätzen für Bewerber vorgesehen, die sich aufgrund besonderer Vorschriften verpflichtet haben, ihren späteren Beruf in Bereichen besonderen öffentlichen Bedarfs auszuüben. Diese Rahmenregelung muß durch Rechtsverordnungen ausgefüllt werden, für deren Erlaß zunächst die Länder zuständig sind. Dabei könnte in den Rechtsverordnungen der Länder auch eine Sonderquote für Studienbewerber vorgesehen werden, die sich für eine mehrjährige Tätigkeit als Arzt in unterversorgten Gebieten verpflichten. Die Vorarbeiten für die Vergabeverordnungen sind gegenwärtig in den Gremien der Kultusministerkonferenz und der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen im Gange. Die Einführung einer entsprechenden Sonderquote würde erst in etwa 8 bis 10 Jahren wirksam werden, da dieser Zeitraum regelmäßig zwischen Studienbeginn und Abschluß der ärztlichen Aus-und Weiterbildung vergeht. Angesichts der steigenden Zahlen für die Studienanfänger in der Medizin ist in den kommenden Jahren mit einer stärkeren Arztdichte zu rechnen. Durch eine Mobilisierung sämtlicher Kapazitäten im Hochschulbereich und bei Berücksichtigung einer sog. Überlastquote bei der Kapazität als „Notzuschlag auf Zeit" wird diese Entwicklung in den nächsten Jahren noch verstärkt werden. Dadurch dürften viele Ärzte zu ärztlichen Tätigkeiten auch in solchen Bereichen bereit sein, die derzeit noch häufig gemieden werden. Auch hat die Bundesregierung zur Verbesserung der kassenärztlichen Versorgung, insbesondere in ländlichen Gebieten, mit dem Entwurf eines Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetzes (Bundestagsdrucksache 7/3336) Vorschläge zur Entwicklung des Kassenarztrechts eingebracht, die darauf abzielen, daß auch künftig den Versicherten und 17690* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 ihren Familienangehörigen eine bedarfsgerechte und gleichmäßige ärztliche Versorgung in zumutbarer Entfernung zur Verfügung stehen soll. Dazu werden im wesentlichen vorgesehen: Bedarfsplanung für die kassenärztliche Versorgung, Ausbau des Sicherstellungs-Instrumentariums der kassenärztlichen Vereinigungen, Absicherung von besonderen Maßnahmen bei drohender oder eingetretener ärztlicher Unterversorgung. Dieser Entwurf wird zusammen mit einem Entwurf des Bundesrats (Drs. 7/3337), der die gleichen Ziele verfolgt, gegenwärtig in den zuständigen Ausschüssen des Bundestags beraten. Da bei Einführung einer Landarzt-Sonderquote im Rahmen des Rechts der Hochschulzulassung damit zu rechnen wäre, daß sich erheblich mehr Interessenten bewerben werden als Studienplätze zur Verfügung stehen, würde sich auch hier das Problem der Auswahlkriterien unter den Bewerbern stellen. Erhebliche Probleme würde auch die Absicherung einer Verpflichtung eines Studienanfängers zur späteren Tätigkeit als Arzt in ärztlich unterversorgten Gebieten bereiten. Diese Erwägungen legen es nahe, zunächst einmal die o. g. kurzfristig wirksamen Maßnahmen zur Verbesserung der landärztlichen Versorgung im Rahmen des Krankenversicherungsrechts zu treffen. Die Überlegungen innerhalb der Länder und zwischen Bund und Ländern zu den bei einer zusätzlichen Absicherung über das Recht der Hochschulzulassung entstehenden Fragen sind noch nicht abgeschlossen. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 72) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Amts für Ausbildungsförderung der Universität Tübingen, wonach die Vergünstigung des § 18 a BAföG (Erlaß eines Betrages von 2000 DM bei Bestehen der Abschlußprüfung vor dem Ende der Förderungshöchstdauer) für Studenten verlorengeht, deren Prüfungstermin — ohne jedes eigene Zutun — vom Prüfungsamt auch nur einen Tag in das Semester hinein verlegt wird, mit dem die Förderungshöchstdauer abläuft, und was beabsichtigt sie bejahendenfalls zu unternehmen, um den Ungerechtigkeiten abzuhelfen, die eine solche Auslegung des Gesetzes für Studenten nach sich ziehen kann? Die in der Frage berichtete Auskunft des Amtes für Ausbildungsförderung der Universität Tübingen entspricht voll der Rechtslage: Nach § 18 a BAföG gilt für jedes Semester, um das ein Auszubildender die Ausbildung mit Bestehen der Abschlußprüfung oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, nach den Ausbildungsvorschriften planmäßig vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beendet, das Darlehen um den Betrag von 2 000 DM als erlassen. Dieser Teilerlaß des Darlehens ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur dann möglich, wenn der Auszubildende sein Studium einschließlich aller Prüfungen ein volles Semester früher abschließt, als die Förderungshöchstdauerverordnung für den jeweiligen Studiengang vorsieht. Ist diese Bedingung nicht gegeben, so kann ein Teilerlaß — unabhängig davon, ob den Auszubildenden ein Verschulden trifft — nicht erfolgen. Der Gesetzgeber hat die Berücksichtigung individueller Besonderheiten (z. B. Krankheit oder eine unverschuldete Prüfungsverlängerung) bei der Feststellung des Teilerlasses nicht zugelassen. Die Bundesregierung versteht, daß die strikte Erlaßregelung gerade in den Fällen, in denen die Prüfung erst wenige Tage nach Beginn des neuen Semesters abgeschlossen werden kann, von dem Betroffenen — wie bei geringfügiger Überschreitung jede Ausschlußfrist — als Härte empfunden wird. Sie ist aber der Auffassung, daß das mit dieser Regelung von den gesetzgebenden Körperschaften angestrebte Ziel, für Auszubildende und Ausbildungsstätten einen Anreiz für eine unnötige Verzögerungen vermeidende Durchführung der Ausbildung einschließlich der Prüfungen zu schaffen, wesentlich schwerer erreicht würde, wenn das Gesetz geändert und Ausnahmen zugelassen würden. Es wird vor allem Aufgabe der Hochschulen sein, das Prüfungsverfahren so zu konzentrieren, daß die geförderten Studenten die Vergünstigung des Gesetzes wahrnehmen können. Nach den Feststellungen der Bundesregierung hat die Regelung in § 18 a BAföG an einigen Hochschulen bereits dazu geführt, daß die Prüfungen so frühzeitig begonnen und konzentriert durchgeführt werden, daß die Auszubildenden sie rechtzeitig genug abschließen können, um in den Genuß des Teilerlasses zu kommen. Unter ausdrücklichem Hinweis auf die Regelung des § 18 a BAföG hat auch das Kultusministerium Baden-Württemberg mit Schreiben vom 19. Dezember 1975 die Universitäten des Landes „gebeten, in den Fällen, in denen ein Teilerlaß möglich ist, nach Möglichkeit den Termin für den letzten Prüfungsteil (§ 15 a Abs. 3 BAföG) nicht über den letzten Monat des Semesters (Verwaltungssemester) hinaus festzusetzen". Die Bundesregierung begrüßt, daß das mit der Erlaßregelung angestrebte Ziel offenbar zunehmend erreicht wird und sieht sich trotz erkennbarer Härten für den einzelnen, die u. U. eintreten können, nicht in der Lage, eine Änderung des BAföG vorzuschlagen. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Susset (CDU/CSU) (Drucksache 7/5263 Frage B 73) : Trifft es zu, daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft die Übernahme der Frachtkosten für die Lieferung von Magermilchpulver, das vom Internationalen Caritas-Verband und dem Weltkirchenrat im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe in einer Menge von 23 000 t für die Ernährung von zwei Millionen Menschen in 43 Ländern verteilt werden soll, diesen Organi- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17691* sationen gegenüber abgelehnt hat, und somit das Vorhaben in Frage gestellt würde und deshalb diese hochwertige Nahrung aus finanziellen und administrativen Gründen nicht zu den Menschen gebracht werden könnte, die sie dringend brauchen, und wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung gegenüber den zuständigen Organen der EG zu tun, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zu veranlassen, doch noch auf die Forderungen der beiden kirchlichen Hilfsorganisationen hinsichtlich der Übernahme der genannten Frachtkosten einzugehen? Der Internationale Caritas-Verband (Caritas Internationalis) und der Weltrat der Kirchen haben sich an die EG-Kommission gewandt und um Berücksichtigung bei der Aufteilung des im März vom EG-Rat beschlossenen Aufstockungsprogramms für EG-Milchpulverhilfe gebeten. Ein offizieller Vorschlag der EG-Kommission für die Aufteilung dieses Programms an einzelne Empfängerländer und -organisationen und die anzuwendenden Konditionen liegt der Bundesregierung bisher nicht vor; er ist jedoch demnächst zu erwarten. Die Bundesregierung wird diesen Vorschlag unter Einbeziehung des Interesses der genannten Organisationen an einer erfolgreichen Durchführung ihrer Hilfsprogramme sorgfältig prüfen.
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724800000
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Überweisung von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung (EWG) des Rates zu Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Waren der Tarifstelle 22.09 C I des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in den AKP-Staaten (1976/77) (Drucksache 7/5256)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung ins Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1059/69 zur Festlegung der Handelsregelung für bestimmte, aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren (Drucksache 7/5257)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß des Abkommens in Form eines Schriftwechsels zur Änderung der Tabellen I und II im Anhang zum Protokoll Nr. 2 des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Osterreich, der Republik Finnland, der Republik Island, dem Königreich Norwegen, der Portugiesischen Republik, dem Königreich Schweden und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Drucksache 7/5258)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Entwurf einer Ratsentscheidung zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens über den gegenseitigen Informationsaustausch hinsichtlich der Qualität des Oberflächensüßwassers in der Gemeinschaft (Drucksache 7/5264)

überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur zwölften Änderung der Richtlinie 64/54/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über konservierende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen (Drucksache 7/5265)

überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur zeitweiligen und vollständigen Aussetzung der in der Gemeinschaft in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung anwendbaren Zollsätze für die Einfuhr von einigen chemischen Erzeugnissen aus den neuen Mitgliedstaaten (Drucksache 7/5266)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Überweisung von Zollvorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Aufhebbare Sechsunddreißigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksache 7/5259)

Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um
Vorlage des Berichts rechtzeitig an das Plenum bis 25. Juni 1976
Aufhebbare Dreiundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz — (Drucksache 7/5289)

Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um
Vorlage des Berichts rechtzeitig an das Plenum bis 25. Juni 1976
Ich rufe die Punkte 30, 31 und 32 der Tagesordnung auf:
30. Beratung des Berichts der Bundesregierung über Lage und Entwicklung der kleinen und mittleren Unternehmen (Mittelstandsbericht) — Drucksache 7/5248 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Iaushaltsausschuß
31. Beratung des Antrags der Abgeordneten Hauser (Krefeld), Schmidhuber, Lampersbach, Engelsberger, Dr. von Bismarck, von Bockelberg, Dreyer, Eigen, Gewandt, Haase (Kassel), Dr. Jenninger, Dr. Jobst, Josten, Dr. Köhler (Duisburg), Dr. Kunz (Weiden), Dr. Luda, Dr. Miltner, Dr. Müller-Hermann, Niegel, Frau Pieser, Pohlmann, Dr. Ritz, Rollmann, Schedl, Schröder (Lüneburg), Sick, Dr. Sprung, Susset, Dr. Stavenhagen, Dr. Waigel, Dr. Warnke, Dr. Zeitel und der Fraktion der CDU/ CSU
betr. strukturpolitisches Aktionsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen und Freie Berufe
— Drucksache 7/4759 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Finanzausschuß
Haushaltsausschuß
32. Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Handwerkszählung 1977 (Handwerkszählungsgesetz 1977)

— Drucksache 7/5228 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft (federführend) Innenausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die verbundene Aussprache über die Tagesordnungspunkte 30 bis 32 vier Stunden vorgesehen. Ich frage, ob das Haus damit einverstanden ist. — Ich



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724800100
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Mit dem am 19. Mai 1976 vom Bundeskabinett verabschiedeten Bericht über die Lage und Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen hat die Bundesregierung ihre im Dezember 1970 beschlossenen Grundsätze einer Strukturpolitik für kleine und mittlere Unternehmen fortgeschrieben. Gleichzeitig hat sie das 1970 verabschiedete Aktionsprogramm zur Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmen aktualisiert.
Der Bericht beschränkt sich wie der letzte Bericht aus dem Jahre 1968 und auch die Grundsätze einer Strukturpolitik für kleine und mittlere Unternehmen auf die mittelständische gewerbliche Wirtschaft und enthält keine Aussagen über die freien Berufe. Die Situation der freiberuflich Tätigen kann unseres Erachtens nur im Zusammenhang mit den Besonderheiten ihres jeweiligen Tätigkeitsbereichs, z. B. Gesundheitswesen oder Rechtswesen, gesehen werden und weist gegenüber der gewerblichen Wirtschaft starke Unterschiede auf. Die Bundesregierung widmet jedoch der Lage und Entwicklung der freien Berufe die gleiche Aufmerksamkeit wie der mittelständischen Wirtschaft. Neben speziell auf die freien Berufe abgestellten Förderungsmaßnahmen gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die sowohl zugunsten der mittelständischen gewerblichen Wirtschaft als auch zugunsten der freien Berufe wirken. Das gilt insbesondere für den Bereich der Rahmenbedingungen.
Der vorliegende Bericht stellt die zentrale wirtschafts- und gesellschaftspolitische Funktion kleiner und mittlerer Unternehmen heraus. In seinem ersten Teil gibt er eine detaillierte Situationsanlyse dieses Bereichs unserer Volkswirtschaft. Dabei kommt der Bericht — ich will mich auf das Wesentlichste beschränken — zu folgenden Ergebnissen. Mehr als 95 % der 1, 9 Millionen Unternehmen in unserem Lande gehören der Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen an; rund zwei Drittel aller Arbeitnehmer sind in diesem Bereich der Wirtschaft beschäftigt. Die Unternehmensgrößenstruktur in der Bundesrepublik Deutschland ist seit 1970 weitgehend konstant geblieben. Ebenso hat sich der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen am Gesamtumsatz der gewerblichen Wirtschaft nicht wesentlich verändert. Insofern kann also von einem generellen Konzentrationsprozeß — trotz unverkennbarer Konzentrationstendenzen in einzelnen Branchen — nicht gesprochen werden.
Soweit sich in einzelnen Wirtschaftsbereichen Veränderungen zwischen den verschiedenen Unternehmensgrößenklassen ergeben haben, sind sie im wesentlichen auf den verschärften Wettbewerb, auf Veränderungen in den Verbrauchergewohnheiten, auf ungelöste Nachfolgeprobleme sowie, insbesondere in Zeiten einer rezessiven Wirtschaftslage, auf Unzulänglichkeiten in der Unternehmensführung und
im Finanzierungsverhalten der Unternehmen selbst zurückzuführen.

(Josten [CDU/CSU] : Und auf die schlechte Mittelstandspolitik der Regierung!)

Die altersmäßige Struktur der Selbstständigen hat sich weiter verjüngt, woraus erkennbar wird, daß das Selbstständigwerden nach wie vor attraktiv ist. Die Kosten- und Ertragssituation kleiner und mittlerer Unternehmen ist im Verhältnis zu Großunternehmen generell nicht ungünstiger. Unterschiede sind weniger unternehmensgrößen- als vielmehr branchenbedingt. Von den 1975 insolvent gewordenen rund 6 900 Erwerbsunternehmen — diese Konkurszahl spielt ja immer wieder eine große Rolle — waren mehr als 70 °/o noch keine acht Jahre alt. Die konjunkturelle Entwicklung der letzten Jahre ist bei vielen Konkursen gerade auch im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen nicht der eigentliche Grund gewesen. Natürlich treten sie in einer rezessiven Phase schneller und deutlicher zutage, wenn Fehler vorhanden sind. Vielmehr liegen die Ursachen in den meisten Fällen längere Zeit zurück. Gerade in schwierigen Phasen der Wirtschaftsentwicklung zeigen sich die Folgen von ungenügenden Finanzierungsverhältnissen und sonstigen Mängeln in der Unternehmensführung.
Im Bereich des Handwerks und des Handels lag die Insolvenzquote zum Teil deutlich unter der der Gesamtwirtschaft. Kleinere und mittlere Unternehmen haben sich insgesamt gesehen auch in der konjunkturellen Schwächephase behaupten können.
Der zweite Teil des Berichts gibt Rechenschaft über die Förderungsmaßnahmen der Bundesregierung und ihre Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen. Er zeigt, daß diese Bundesregierung ihre Förderungsmaßnahmen für die mittelständische Wirtschaft in der Zeit von 1970 bis 1975 in erheblich stärkerem Maße ausgebaut hat, als dies in früheren Jahren der Fall war.
Dabei ist zu bedenken, daß sich die Politik der Bundesregierung für kleine und mittlere Unternehmen nicht in diesen speziellen Maßnahmen allein erschöpft. Sie war und ist integraler Bestandteil der Wettbewerbspolitik und der Regionalpolitik. Sie findet ihren Niederschlag in der Steuerpolitik, in der Forschungspolitik ebenso wie in der Sozialpolitik, um nur einige Bereiche zu nennen. Für Maßnahmen zur Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmen sind von 1970 bis 1975 fast 750 Millionen DM Haushaltsmittel aufgewandt worden. Ich möchte zwei Vergleichszahlen nennen — am Beginn und am Ende der Berichtszeiträume —: 1970 haben wir 65 Millionen DM an Haushaltsmitteln aufgewandt, 1975 fast 200 Millionen DM, in der Gesamtzeit 750 Millionen DM.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Der Inflationsrate angepaßt!)

— Herr Abgeordneter, ich habe Ihren Zwischenruf verstanden und möchte ihn des Protokolls wegen gerne aufnehmen. Sie haben gesagt, die Steigerung sei der Inflationsrate angepaßt gewesen. Ich warte mit Spannung darauf, daß Sie nachher darlegen, daß die Preissteigerungsentwicklung in fünf Jahren im



Bundesminister Dr. Friderichs
Verhältnis 65 zu 200 steht. Auf diese Beweisführung warte ich mit großer Spannung.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Sie hätten wahrscheinlich recht, wenn Sie im christlich-demokratisch regierten Italien lebten, aber nicht bei uns.

(Oho-Rufe von der CDU/CSU — Rawe [CDU/CSU] : Sie sollten es sich nicht so billig machen!)

— Solche Zwischenrufe verdienen eine Antwort,

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU) insbesondere wenn sie falsch sind.


(Zustimmung bei der SPD)

Die jährlichen Ansätze sind damit innerhalb dieses Zeitraumes mehr als verdreifacht worden. Mit diesen Mitteln wurden zahlreiche Maßnahmen zur Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmen gefördert. Sie dienten vor allem der Verbesserung der Unternehmensführungsqualität, Unternehmensberatung, Unternehmer- und Führungskräfteschulung, Kooperation sowie der Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation im mittelständischen Bereich.
In die Förderungsprogramme waren kleine und mittlere Unternehmen aller Wirtschaftszweige einbezogen. Zur Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmen sind von 1970 bis 1975 rund 2,8 Milliarden DM an ERP-Mitteln bereitgestellt worden. Die jährlichen Ansätze im ERP-Bereich stiegen von 400 Millionen DM im Jahre 1970 auf mehr als 680 Millionen DM im Jahre 1975 einschließlich der Verpflichtungsermächtigungen. Insgesamt wurden mehr als 40 000 Kredite in Höhe von rund 2,8 Milliarden DM an kleine und mittlere Unternehmen vergeben. Die Aufstockungen der Hauptleihinstitute, nämlich Kreditanstalt für Wiederaufbau und Lastenausgleichsbank, sind einbezogen.

(Josten [CDU/CSU] : Mit zu hohen Zinsen!)

— Es kommt ein Zwischenruf: Mit zu hohen Zinsen!
Herr Abgeordneter, Sie stehen beim ERP-Vermögen immer vor der Frage, ob Sie einen niedrigeren Zinssatz anbieten und damit weniger Kredite ausleihen wollen

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

oder ob Sie einen angemessen unter den Marktzinsen liegenden Zinssatz nehmen und dafür mehr Kredite ausleihen wollen;

(Beifall bei der FDP und der SPD)

denn das Volumen steht nur einmal zur Verfügung, wenn Sie nicht an den Substanzverzehr heranwollen, und es ist bisher gelungen, beim ERP-Vermögen keinen Substanzverzehr eintreten zu lassen. Das heißt, es ist immer wieder abzuwägen: was ist der angemessene Zinssatz in Relation zum Kreditwunsch der gewerblichen Wirtschaft dem Volumen nach? Dies diskutieren wir sehr offen. Der ERP-Haushaltsplan wird anschließend, Herr Abgeordneter — wenn ich recht unterrichtet bin — in
diesem Hohen Hause beschlossen. Dann kann man auch nachprüfen, wer ihm zugestimmt hat.

(Wehner [SPD] : Aber Rechnen ist nicht jedermanns Sache!)

Übrigens haben wir die Zinsen jetzt wieder angepaßt. Ich halte es auch nicht für vertretbar, daß wir bei dem ERP-Vermögen unabhängig vom Marktzins mit dem gleichen Zins durchfahren. Wir brauchen eine Orientierung am Marktzins, allerdings eine für die Unternehmen interessante Differenz zwischen dem Marktzins und dem ERP-Zins. Aber ich würde es nicht für vertretbar halten, die Differenz über Gebühr auszuweiten und dadurch im Kreditvolumen eingeschränkt zu werden; denn bisher sind die ERP-Mittel nicht nur voll abgerufen worden — wenn ich recht unterrichtet bin —, sondern im allgemeinen hätten wir sogar mehr auslegen können, als zur Verfügung stand. Ich meine damit — —

(Josten [CDU/CSU] : Es geht nicht nur um die ERP-Kredite, Herr Minister!)

— Ich habe nur über ERP gesprochen, Herr Abgeordneter.

(Josten [CDU/CSU] : Günstige Kredite fehlen dem Mittelstand generell!)

— Ich bitte um Entschuldigung, ich habe in dem Moment, als Ihr Zwischenruf kam, nur über ERP gesprochen, und ich wollte das daher aufgreifen.
Von den gewährten Kreditbeträgen entfielen über 80 % auf die drei Programme für Existenzgründung von Nachwuchskräften, für die Errichtung von Betrieben in den neuen Wohnsiedlungen und Stadtteilen sowie für Investitionen in regionalen Fördergebieten. Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen hat die Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Dazu gehört die Kartellgesetznovelle, mit der das wettbewerbspolitische Instrument zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen erheblich verbessert worden ist. Ich denke insbesondere an die Möglichkeiten der Kooperation und an die Möglichkeiten, auch gemeinschaftlich, z. B. im Handel, zu werben, und zwar auch unter Angabe von Preisen. Ich habe gerade mit Freude festgestellt, daß z. B. im Bereich der Organisationen der Drogerien, bewußt gegen die einheitlichen Preisangebote von Großkaufhäusern, eine Vielzahl mittelständischer Drogerien mittlerweile mit einheitlichen Systemen in die Werbung gehen konnten.
Die Öffnung der Rentenversicherung für Selbständige hat dazu beigetragen, die Altersvorsorge dieser Bevölkerungsgruppe auszubauen. Im Bereich der Steuergesetzgebung ist eine Reihe von Erleichterungen für mittelständische Unternehmen geschaffen worden: Verlustrücktrag, Erhöhung der Freibeträge bei der Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Schaffung eines Versorgungsfreibetrages von 250 000 DM bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer, Stundungsmöglichkeit im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht. Mit der Fortschreibung des 1970 beschlossenen Aktionsprogramms zur Leistungssteigerung kleiner und mittle-



Bundesminister Dr. Friderichs
rer Unternehmen hat die Bundesregierung eine neue Grundlage ihrer Strukturpolitik für diesen Bereich geschaffen. Neben den Maßnahmen des bisherigen Programms ist eine Anzahl neuer Maßnahmen aufgenommen worden. Schwerpunkte des neuen Programms sind Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen, Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit, Maßnahmen zur Verbesserung der betrieblichen Finanzierungsmöglichkeiten.
Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen wird die Bundesregierung insbesondere dafür Sorge tragen, daß die Erfordernisse der mittelständischen Wirtschaft in allen Bereichen der Gesetzgebung angemessen berücksichtigt werden. Dies gilt in erster Linie für das Wettbewerbsrecht, das Steuerrecht, das Baurecht und das Unternehmensrecht. Auch die Neuordnung der beruflichen Bildung, wie sie gestern in diesem Hohen Hause diskutiert worden ist, trägt durch eine Freigrenze von 400 000 DM Bruttolohn- und Gehaltssumme mittelständischen Aspekten Rechnung.

(Stücklen [CDU/CSU] : Die Anlage ist falsch!)

- Herr Abgeordneter Stücklen, darüber ist hier
gestern hinreichend diskutiert worden. Ich wollte nur feststellen, daß Unternehmen mit einer Bruttolohn- und -gehaltssumme von bis zu 400 000 DM von der Belastung voll ausgenommen sind und daß bei Unternehmen, bei denen die Summe höher liegt, dieser Betrag als Freibetrag gilt, was ja — in der Relation zu anderen — eine Entlastung bedeutet.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich möchte dem Hohen Hause an dieser Stelle noch einmal sagen, daß ich es bedaure, an der gestrigen Debatte nicht habe teilnehmen zu können. Der stellvertretende polnische Ministerpräsident und Vorsitzende — auf polnischer Seite — der gemischten Wirtschaftskommission weilte seit Mittwochnachmittag zur Vorbereitung des Besuchs von Herrn Gierek in Bonn. Haben Sie bitte Verständnis dafür, daß ich ihm eine Reverenz erweisen mußte.

(Josten [CDU/CSU] : Dafür haben wir Verständnis! — Stücklen [CDU/CSU]: Dann soll man aber auch nicht unsere Bundesratsminister angreifen, wenn sie einmal eine halbe Stunde weg sind! Das war die Retourkutsche!)

— Ich bitte um Entschuldigung, mir ist der Tatbestand nicht bekannt. Ich habe sie auch nicht angegriffen, wenn ich mich recht entsinne.
Außerdem hat die Bundesregierung besondere Richtlinien erlassen, um eine angemessene Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu erreichen. Ich messe dieser Neuregelung des öffentlichen Auftragswesens im Bereich der VOL eine besondere Bedeutung bei, weil nach diesen Richtlinien kleine und mittlere Unternehmen dann, wenn in Losen ausgeschrieben wird, auch in Angebote großer Unternehmen eintreten können, die für alle Lose einheitlich anbieten. Ich glaube, daß diese Öffnungsklausel ohne Aufweichung der Ausschreibungsbedingungen
einen beachtlichen Vorteil gegenüber der jetzigen Situation beinhaltet.

(Beifall bei der FDP — Lampersbach [CDU/ CSU] : Das wurde auch wieder allerhöchste Zeit!)

Den Schwerpunkt der Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen bildet der weitere Ausbau des Informations-und Beratungswesens.
Ich hörte eben den Zwischenruf: Es wurde auch allerhöchste Zeit.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Wieder!)

— Sie haben auch einmal regiert; Sie hätten ja die Möglichkeit gehabt, damals eine Änderung vorzunehmen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Weiterhin soll diesen Unternehmen durch ein verstärktes Angebot an Hilfen die Anpassung an den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt erleichtert werden. Hierzu gehören Maßnahmen zur Förderung der betrieblichen Rationalisierung und der Kooperation, zur Förderung von Forschungs-und Innovationsvorhaben sowie zur Verbesserung der Absatzmöglichkeiten im Auslandsgeschäft. Die Bundesregierung wird sich künftig im Rahmen der haushaltsmäßigen Möglichkeiten für eine kontinuierliche Aufstockung der Fördermittel einsetzen. Um die Investitionsfinanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen zu erleichtern, wird die Bundesregierung die ERP-Mittel noch stärker, als in den letzten Jahren bereits geschehen, auf diese Unternehmensgruppen konzentrieren. Man muß fairerweise allerdings sagen, daß dies weniger starke Zuwachsraten oder gar Einschränkungen in anderen Bereichen der Verwendung der ERP-Mittel bedeutet. Es hat keinen Zweck zu sagen, diesen Unternehmensgruppen helfen zu wollen, ohne gleichzeitig zu sagen, daß wir an anderer Stelle dann kurzertreten müssen.
Dementsprechend sieht der Entwurf des ERP-Wirtschaftsplans 1976 bereits eine Erhöhung des Ansatzes für die Kreditprogramme zugunsten der mittelständischen Wirtschaft um 38 °/o gegenüber dem Vorjahr auf insgesamt 657 Millionen DM vor. Ich glaube, auch dieser Weg, eine so starke Erhöhung in diesem Bereich vorzunehmen, ist richtig.
Ich möchte die Abgeordneten des Deutschen Bundestages um Verständnis dafür bitten, daß ich diese Sitzung um 11 Uhr vorübergehend verlassen muß. Der ERP-Wirtschaftsplan steht im Bundesrat zur Beratung an. Dort ist der Antrag eines Bundeslandes zu behandeln, der auf eine andere Strukturierung des Ausgabevolumens abzielt. Dazu möchte ich im Bundesrat gern selbst Stellung nehmen.
Zusätzlich zu den bisherigen ERP-Programmen soll künftig auch die Errichtung von beruflichen Ausbildungsstätten gefördert werden. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Lastenausgleichsbank werden ihre Darlehensprogramme für kleine und mittlere Unternehmen ebenfalls fortführen. Im Jahre 1976 stehen dafür rund 1,5 Milliarden DM zur Verfügung. Neben den bewährten Gewährleistungen



Bundesminister Dr. Friderichs
— Kreditbürgschaften und Beteiligungsgarantien —, die fortgesetzt werden sollen, strebt die Bundesregierung eine Vereinheitlichung der Rückbürgschaftsinstrumente für Bietungs-, Anzahlungs- und Gewährleistungsgarantien im Export an. Hier hat sich dadurch, daß einige Bundesländer ihren kleinen und mittleren Unternehmen in dieser Hinsicht Hilfestellung leisten, eine Entwicklung ergeben, die meines Erachtens möglichst koordiniert und vereinheitlicht werden sollte, um keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen zu lassen, je nachdem, in welchem Bundesland das betreffende Unternehmen seinen Sitz hat. Ich möchte dies nicht als eine pauschale Kritik an den Maßnahmen verstanden wissen, die einige Bundesländer zugunsten dieser ihrer Unternehmen getroffen haben. Aber bekanntlich ist die Finanzkraft der Bundesländer unterschiedlich.
Die Bundesregierung ist der Meinung, daß sie mit diesem neuen Aktionsprogramm den realen Gegebenheiten Rechnung trägt. Das Programm ist nicht für den Augenblick geschaffen. Es wird — wie schon bisher — fortentwickelt, wenn und soweit dies nötig ist. Lassen Sie mich hinzufügen: Dies Aktionsprogramm ist kein Wahlgeschenk der Bundesregierung. Es unterscheidet sich damit auch grundlegend von einem dem Bundestag vorliegenden Entschließungsantrag der Opposition betreffend strukturpolitisches Aktionsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen und Freie Berufe, das, meine Damen und Herren, schlicht und einfach alle Forderungen, die die mittelständische Wirtschaft je aufgestellt hat, ohne Rücksicht auf Realisierbarkeit und Finanzierbarkeit aufnimmt.

(Wehner [SPD]: Hört! Hört!)

Die Opposition hat damit insbesondere im Bereich des Steuerrechts in wirtschaftspolitisch meines Erachtens nicht vertretbarer Weise Erwartungen geweckt, die mit Sicherheit nicht erfüllt werden können. Wenn die Opposition selbst den mit ihrem Programm verbundenen Steuerausfall allein für diesen Bereich — darin sind die generellen Abschreibungsmöglichkeiten für die Gesamtwirtschaft ja wohl nicht einmal enthalten — auf 7 Milliarden DM schätzt — Schätzungen außerhalb der Opposition für dasselbe Programm liegen wesentlich höher —, dann stellt sich doch die Frage, wie Sie dieses Programm mit Ihrer Forderung nach sparsamer Haushaltsführung in Einklang bringen wollen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Ich erlaube mir auch die Frage — nur die Frage —, ob sich die selbst errechnete Zahl von 7 Milliarden DM exakt an einer 2°/oigen Mehrwertsteuererhöhung orientiert. Denn es ist genau derselbe Betrag.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724800200
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Becker (Mönchengladbach)?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724800300
Selbstverständlich.

Dr. Curt Becker (CDU):
Rede ID: ID0724800400
Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob Sie bei dem Investitionszulagenprogramm, das ebenfalls 7 Milliarden DM umfaßte, auch eine solche Rechnung aufgestellt haben oder ob Sie damals nicht erwartet haben, daß die Wirtschaft durch solche Maßnahmen belebt wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724800500
Herr Abgeordneter, es ist absolut richtig, daß wir, um aus der konjunkturellen Schwächeperiode herauszukommen, mit der Investitionszulage ein nicht billiges — Sie können sogar sagen: ein teures — Instrument eingesetzt haben in der Erwartung, daß u. a. durch diese Maßnahmen eine wirtschaftliche Belebung auf breiter Front einsetzt. Dies war eine befristete Maßnahme für einen konkreten Zeitraum, um eine Initialzündung zu bewirken. Diese Erwartung, die Sie damals bestritten haben, ist eingetreten.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Das macht es Ihnen ja so peinlich, daß derselbe Generalsekretär, der noch vor sechs Monaten gesagt hat, Wirtschaftspolitik sei Hauptthema des Wahlkampfes, jetzt sagt, eigentlich sei die Wirtschaftspolitik gar nicht wichtig; jedenfalls brauche man sie in den Wahlkampf nicht einzuführen. Das können Sie nachlesen. Das ist doch in Wahrheit die Lage.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Das könnte der Bundesregierung so passen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich bitte um Entschuldigung: Ich kann nichts dafür, wenn es Ihnen nicht ins Wahlkampfkonzept paßt, daß wir ein reales Wachstum erreichen werden, das wahrscheinlich um die 6 °/o beträgt. Wenn es Ihnen nicht ins Wahlkampfkonzept paßt, daß nun endlich auch die Arbeitslosenquote die MillionenZahl unterschritten hat,

(Beifall bei der FDP und der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

daß die Zahl der offenen Stellen zunimmt und daß die Zahl der Kurzarbeiter deutlich zurückgeht, dann sagen Sie es doch einmal. Sie haben zur Verunsicherung der deutschen Wirtschaft hinreichend beigetragen.

(Wehner [SPD]: Die sind doch selber unsicher!)

Tun Sie mir jetzt den Gefallen und sagen Sie wenigstens einmal, daß es aufwärts geht.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724800600
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Stücklen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724800700
Selbstverständlich.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0724800800
Herr Bundesminister, würden Sie mir bestätigen, daß die Investitionszulage



Bundesminister Dr. Friderichs
des Jahres 1975 eine Kompensation für die verfehlte Investitionssteuer des Jahres 1973 war? Würden Sie mir weiter darin zustimmen, daß diese Investitionszulage in der Größenordnung von ungefähr 7 Milliarden DM überwiegend und entscheidend der Großwirtschaft geschenkt worden ist, ohne daß zusätzliche Investitionen getätigt worden sind?

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724800900
Antwort auf Frage 1: Nein.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Lachen bei der CDU/CSU — Lampersbach [CDU/ CSU]: So einfach ist das!)

— Wenn Sie eine längere haben wollen, bin ich gern bereit, eine längere zu geben; ich wollte nur abkürzen.
Antwort auf Frage 2:

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

- Nein!

(Lachen bei der CDU/CSU)

Antwort auf Frage 2, Herr Abgeordneter Stücklen: Hierüber gibt es bis zur Stunde nur einen Bericht des IFO-Instituts — IFO war es, soviel ich weiß —, der im Auftrag der Bundesregierung angefertigt worden ist, weil wir selbst wissen und untersuchen wollen, wie sich diese 7,5°/oige Investitionszulage nicht nur global ausgewirkt hat — daß sie da gewirkt hat, ist wohl unbestritten —, sondern in welche Unternehmensstrukturbereiche sie hineingelaufen ist. Und da helfen — —

(van Delden [CDU/CSU] : Herr Schlecht ist so traurig; der weiß es schon! — Lachen bei der CDU/CSU)

— Herr Abgeordneter van Delden, Sie haben aber auch schon mal einen besseren Zwischenruf gemacht; das müssen Sie nun wirklich zugeben.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Lachen bei der CDU/CSU — Rawe [CDU/CSU] : Nein, der war treffend! Der hat Ihnen doch den Atem verschlagen!)

Soweit ich den Bericht im Gedächtnis habe — ich werde aber versuchen, ihn mir während der Sitzung noch einmal anzuschauen und später darauf zurückzukommen —, bestätigt er Ihre Meinung nicht. Aber ich bin bereit, nachher im Detail auf diese Untersuchungen einzugehen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724801000
Herr Bundesminister, gestatten Sie noch eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Josten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724801100
Bitte!

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0724801200
Herr Minister, sind Sie nach Ihren Ausführungen wirklich der Meinung, daß es hier im Haus Kollegen gibt, die nicht daran interessiert sind, daß die Erwerbslosenzahlen zurückgehen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724801300
Dieser Meinung bin ich nicht.

(Zurufe von der CDU/CSU: Was soll denn das?! — Warum dann die Polemik?)

— Ich wollte die Antwort ganz geben. Ich würde dies keinem Kollegen dieses Hauses unterstellen. Wogegen ich mich, Herr Abgeordneter, wenden wollte und immer wenden werde, ist, daß mit solchen Zahlen schlicht und einfach miese Politik gemacht wird.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Dies verdienen weder die Betroffenen noch die gewerbliche Wirtschaft. Es ist doch überhaupt keine Frage, daß mit der übertriebenen Schwarzmalerei die psychologischen Voraussetzungen für einen Aufschwung keineswegs verbessert, sondern verschlechtert worden sind.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Denn das wissen Sie doch selbst am allerbesten, daß Wirtschaftspolitik und Wirtschaft auch eine ganze Menge mit Psychologie zu tun haben. Als ob mein großer Amtsvorgänger Ludwig Erhard nicht auch mit einer ganzen Menge psychologischer Faktoren in seiner Wirtschaftspolitik gearbeitet hätte! Das ist einfach in einer freien Wirtschaft so, in der die Summe der Einzelentscheidungen von 60 Millionen Menschen mehr ausmacht als die eine oder andere administrative Entscheidung. Das wollte ich damit sagen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724801400
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten von Bockelberg?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724801500
Bitte.

Helmut von Bockelberg (CDU):
Rede ID: ID0724801600
Herr Minister, teilen Sie dann also meine Auffassung, daß das Gerede über Investitionslenkung das Vertrauen der Wirtschaft schädigt — gerade dieses Vertrauen, das Sie eben herausgestellt haben?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724801700
Diese Ihre Meinung teile ich.

(von Bockelberg [CDU/CSU] : Wegen der Psychologie!)

— Ja!

(von Bockelberg [CDU/CSU] : Gut; danke! — Bravo-Rufe und Beifall bei der CDU/ CSU — Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Ihre Regierung hat die psychologischen Voraussetzungen kaputtgemacht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich weiß nur gar nicht, warum Sie mir die Frage stellen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — OhRufe von der CDU/CSU — Rawe [CDU' CSU]: Die andere Seite merkt das schon!)





Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724801800
Herr
Bundesminister, würden Sie eine weitere Zwischenfrage zulassen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724801900
Ich hatte die Absicht, nur 20 Minuten zu sprechen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724802000
Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, meine Damen und Herren, daß alle diese Zwischenfragen innerhalb der für die Debatte vorgesehenen Gesamtzeit gestellt werden. Dies sage ich für die Damen und Herren, die sich noch an das Mikrophon begeben wollen. — Bitte.

Helmut von Bockelberg (CDU):
Rede ID: ID0724802100
Herr Minister, ich darf meine Antwort auf Ihre Frage in eine Frage kleiden. Glauben Sie nicht, daß das Vertrauen durch solche Maßnahmen und solches Gerede erschüttert wird? Ich stelle die Frage, weil Sie auf das Vertrauen angespielt haben, daß die Wirtschaft braucht, um sich entwickeln zu können.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724802200
Ja! Deswegen habe ich Ihnen ja eine klare Antwort gegeben.

(von Bockelberg [CDU/CSU] : Unter dem Beifall der Opposition!)

— Ich bitte um Entschuldigung: Der Beifall der Opposition für die Regierung muß doch kein Beweis sein, daß sie falsche Politik macht.

(von Bockelberg [CDU/CSU] : Daß die Regierung falsche Politik macht! Da haben Sie völlig recht!)

— Sie meinen: Der Beifall der Opposition für die Regierung muß doch nicht der Beweis sein, daß sie falsche Politik macht.

(van Delden [CDU/CSU] : Der galt in diesem Fall Ihnen persönlich!)

— Aha, so! Ich bin gleichwohl, Herr van Delden, Regierungsmitglied. Daran können Sie nichts ändern. Dabei bleibt es auch.
Meine Damen und Herren! Mit der Strukturpolitik für kleine und mittlere Unternehmen und im Aktionsprogramm wollen wir keine Subventionspolitik und auch keine dirigistische Krisenhilfe betreiben. Nach dem Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe soll die eigene Initiative der mittelständischen Wirtschaft dort unterstützt werden, wo sich für diesen Bereich durch strukturelle Veränderungen und im Wettbewerb mit den Großunternehmen Hemmnisse und Probleme ergeben. Ich will dies nur deutlich machen, weil sie so angelegt ist, daß sie nicht Schutzzaun für einen Bereich ist, sondern der Versuch, wettbewerbsgleiche Verhältnisse für diese mitunter strukturell schwierigeren Bereiche zu bieten.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724802300
Meine Damen und Herren, gemäß Art. 43 Abs. 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 47 der Geschäftsordnung erteile ich das Wort Herrn Staatsminister Jaumann von der bayerischen Staatsregierung.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724802400
Herr Präsident! Hohes Haus! Ich unterstelle, daß das Zahlenmaterial, das der Herr Bundesminister soeben vorgetragen hat, zutrifft.
Zweitens: Daß in der Mittelstandspolitik eine Menge gemacht worden ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann gar nicht geleugnet werden,

(Wehner [SPD] : Das geben Sie zu?)

— was soll's — beim Bund und bei den Ländern. Die Frage, ob genügend gemacht worden ist, ist eine Frage der Bewertung der Mittelstandspolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die einen werden sagen, es ist ausreichend, die anderen werden sagen, es ist nicht ausreichend. Da Mittelstandspolitik vom Bund und von den Ländern gemacht wird, ist es, wie ich glaube, nützlich, wenn auch ein Ländervertreter zur Abrundung des Gesamtbildes einen Beitrag leistet. Ich möchte durch meinen Diskussionsbeitrag insbesondere den politischen Rang des angesprochenen Bereiches noch verdeutlichen. Für den Wirtschaftsminister eines Landes, in dem der Mittelstand jeden zweiten Arbeitsplatz stellt und in dem der Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt, den der Mittelstand leistet, über 50 % beträgt, ist es natürlich nicht verwunderlich, wenn er diesem Thema einen ganz anderen Rang zumißt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, aber nicht nur deswegen — und ich darf das für mich beanspruchen — hat Bayern in der Mittelstandspolitik einige Initiativen ergriffen, z. B. mit der erstmaligen Vorlage eines Mittelstandsförderungsgesetzes. Wir haben versucht, eine Gesamtkonzeption vorzustellen, die zum Modell für andere Bundesländer wurde. Für uns waren zwei Überlegungen maßgebend. Einmal ist die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Mittelstandes eine so wichtige wirtschafts- und gesellschaftspolitische Frage, daß sie verstärkt von der Verantwortung des Parlaments getragen werden muß. Nur durch ein Gesetz werden die Parlamente gezwungen, in dieser Frage Stellung zu nehmen, und zwar ständig Stellung zu nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die zweite Überlegung war folgende: Gerade in der Mittelstandspolitik brauchen wir heute, wie ich meine, mehr denn je eine längerfristig angelegte Konzeption und Strategie. Es genügt nicht, daß Regierungen Programme erstellen und mit einzelnen auf Symptome abgestellten Maßnahmen reagieren. Ich meine, die Parlamente müssen sich umfassend und systematisch mit mittelstandspolitischen Fragen beschäftigen, um die Ursachen der längerfristigen Klimaverschlechterung für den Mittelstand zu beseitigen.
Ich glaube, die Öffentlichkeit muß sich auch klarmachen, daß die kleinen und mittleren Unternehmen und freien Berufe zentrale Bedeutung für die freie



Staatsminister Jaumann
Marktwirtschaft und damit für unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung haben. Ich darf dies an zwei Beispielen ganz kurz verdeutlichen, verdeutlichen, daß Mittelstandspolitik keine Standespolitik ist, sondern daß Mittelstandspolitik eine Politik für alle Staatsbürger ist.
Einmal haben mittelständische Unternehmen wegen der wachsenden Differenzierung der Nachfrage sowohl auf dem Produktions- wie auf dem Dienstleistungssektor in zunehmendem Maße besondere Aufgaben und, wie ich meine, auch besondere Chancen. Höhere Spezialisierung, besondere Flexibilität in der Reaktion auf Marktveränderungen, geringere bürokratische Reibungsverluste befähigen nun einmal mittelständische Unternehmen, diese Aufgaben und Chancen optimal wahrzunehmen. Uns allen ist bekannt, daß zahlreiche aus dem heutigen Stand der Technik überhaupt nicht mehr wegzudenkende Erfindungen und deren technische und wirtschaftliche Auswertung von kleinen Unternehmen stammen. Ich meine, daß auch für die Zukunft von mittelständischen Unternehmen diese wettbewerbsbelebenden innovatorischen Impulse zu erwarten sind. Damit tragen die kleinen und mittleren Unternehmen und die freien Berufe wesentlich zu einem qualifizierten Wirtschaftswachstum bei. Daß das vorrangig das Ziel jeder künftigen Wirtschafts- und Finanzpolitik sein muß, dürfte, wie ich glaube, unbestritten sein.
Wir sehen uns einer Reihe schwerwiegender Zukunftsprobleme gegenüber. Ich glaube, insoweit wäre es falsch, dieses Thema nur unter dem Gesichtspunkt zu bereden: Was steht heute und morgen in den Haushalten? Es war wahrscheinlich ein Fehler in der Vergangenheit, daß man zu sehr reagiert, in der Mittelstandspolitik zu sehr in Abwehrstellung gestanden und zu wenig strategische, längerfristige Überlegungen in der Mittelstandspolitik angestellt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das sage ich fernab aller parteipolitischen Überlegungen. Das ist einfach eine Frage, die alle Parteien in gleicher Weise, meine ich, berühren muß.
Langfristige Probleme, meine sehr verehrten Damen und Herren, ergeben sich aus der immer deutlicher werdenden tiefgreifenden Veränderung unserer Bevölkerungsstruktur, einem Rohstoffdefizit mit der Folge, daß wir in Zukunft mehr an realer Leistung zur Bezahlung eingeführter Rohstoffe transferieren müssen, und einem sich in bestimmten arbeitsintensiven Branchen erheblich verschärfenden Strukturanpassungsprozeß. Ich habe jetzt nur drei genannt. Diese langfristigen Probleme werden gegenwärtig noch zusätzlich durch eine Reihe mittelfristiger Schwierigkeiten überschattet. Ich sage nicht, daß sie nicht behebbar sind. Ich möchte sie jetzt nur kurz skizzieren: die Krise der öffentlichen Finanzen, insbesondere in den Bereichen sozialer Sicherung und Bildung, die seit Jahren anhaltende Investitionskrise verbunden mit den bedenklichen Alterserscheinungen bei den Industrieanlagen, die Produktionskosten pro Arbeitsstunde einschließlich und vor allem der Lohnnebenkosten im sozialen Bereich. Diese wurden in unserem Lande derart in die Höhe getrieben, daß es heute teilweise billiger ist, in den Vereinigten Staten zu produzieren — siehe VW — als in der Bundesrepublik. Amerika ist kein Entwicklungsland, sondern die größte und reichste Industriemacht des Westens, in die wir Arbeitsplätze verlagern. Ich kritisiere das gar nicht; es bleibt gar nichts anderes übrig. Dies nur als Feststellung.
Diese Probleme — ich habe sie nur stichwortartig genannt — lassen sich ohne ausreichendes reales wirtschaftliches Wachstum nicht lösen. Ich meine, daß leistungsfähige kleine und mittlere Unternehmen und freiberuflich Tätige hierzu einen ganz entscheidenden Beitrag leisten können und daß deswegen der Rang der Mittelstandspolitik heute ganz anders gesehen werden muß als noch vielleicht vor fünf, vor zehn, vor fünfzehn Jahren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich darf ein zweites Problem kurz herausstreichen. Eine vorrangige Bedeutung haben leistungsfähige mittelständische Unternehmen für den Wettbewerb. Ihm ist in unserer Marktwirtschaft die entscheidende Rolle bei der Regelung des Wirtschaftsablaufs zugewiesen. Eine möglichst große Zahl einzelverantwortlicher Unternehmen — nicht eine zentrale Planung — soll nach unseren Vorstellungen über den Einsatz von Kapital und Arbeitskräften entscheiden, damit sich Produktion und Dienstleistungen in optimaler Weise an den Bedürfnissen der nachfolgenden Wirtschaftsstufen und der Verbraucher orientieren. Dieses System funktioniert natürlich um so besser, je größer die Zahl autonomer Unternehmenseinheiten ist, die sich im freien Wettbewerb am Markt begegnen können. Gleichzeitig — das ist die andere Seite — sind die kleinen und mittleren Unternehmen natürlich in besonderer Weise auf einen funktionierenden Wettbewerb angewiesen. Eine wechselnde Abhängigkeit liegt hier vor, die ich zu den zentralen Fragen des Mittelstands rechne. Wir müssen uns in Zukunft den Wettbewerbsfragen für den Mittelstand in viel stärkerem Umfang zuwenden.

(Stücklen [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Weil wir einen leistungsfähigen Mittelstand auch zur Schaffung von möglichst vielen Alternativen für Verbraucher und Arbeitnehmer und nicht zuletzt als stabilisierendes Element in unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung brauchen, müssen wir unseren politischen Willen und unser Handeln noch mehr auf die Stärkung der Leistungskraft und der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen richten. Ich meine, daß dies um so mehr gilt, als die mittelständische Wirtschaft den negativen Einflüssen von Inflation, gesamtwirtschaftlicher Investitionsschwäche und wirtschaftlicher Instabilität in besonderem Maße ausgesetzt war — hier ist kein Unterschied in der Beurteilung zwischen mir und Ihnen, Herr Bundesminister — und auch heute zweifellos noch ist. Sichtbarer Ausdruck existenzvernichtender Schwierigkeiten ist nicht zuletzt auch die Flutwelle der Insolvenzen gewesen, wenn ich auch hier Ihnen beipflichte, daß das weiß Gott nicht immer nur eine Folge der Politik gewesen ist.

(van Delden [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 248, Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Juni 1976 17637
Staatsminister Jaumann
Es ist zweifellos in vielfacher Hinsicht auch eine Folge von Unvermögen, die in der Führung des einen oder anderen Unternehmens deutlich sichtbar wurde.

(Stücklen [CDU/CSU] : Aber die Hochzinspolitik!)

— Natürlich war das ein ganz entscheidendes Kriterium.
Mittelstandspolitik auf der Grundlage einer gesetzlich festgelegten Gesamtkonzeption bedeutet für uns Verstetigung und ganz bewußter Ausbau der Maßnahmen. Selbst bei eingeschränkten verfassungsrechtlichen Möglichkeiten läßt sich so — darauf darf ich hinweisen — vieles für den Mittelstand erreichen. Ich darf als Beispiel auch nur in wenigen Stichworten einmal das skizzieren, was ein Land wie Bayern — andere Länder haben es ähnlich gemacht, das eine so, das andere etwas anders — hier getan hat. Wir haben bei der Ausfüllung des Mittelstandsförderungsgesetzes bisher folgendes getan.
Erstens. Bereits nach Inkrafttreten des Gesetzes wurden Richtlinien über die Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie Freier Berufe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge erlassen. Vor zwei Jahren hat Bayern das gemacht. Die bayerische Staatsregierung hat sie erst vor kurzem den zwischenzeitlichen Entwicklungen angepaßt und erweitert. Die Bundesregierung folgt jetzt nach, aber nur — wenn ich es recht sehe — für den Bereich der Lieferungen, nicht für den Baubereich. Sie hat also in dieser Frage eine eingeschränkte Haltung.

(Josten [CDU/CSU] : Und das sehr spät!)

Zweitens. Wir haben mit zinsgünstigen Darlehen aus dem Betriebsmittelkreditprogramm etwa 6 700 Unternehmen wirksam und vor allen Dingen schnell helfen können und damit 120 000 Arbeitsplätze in Bayern in dieser schwierigen Situation sicherer gemacht oder überhaupt retten können.
Das alles ist eine Konsequenz des Gesetzes, weil nämlich jede Verwaltung und jeder Minister dann, wenn ein solches Gesetz da ist, gezwungen ist, es auszufüllen; er steht gewissermaßen auch vom Parlament her unter Erfolgszwang. Deswegen appelliere ich sehr an dieses Hohe Haus, hier auch vom Parlament her die Initiative zu ergreifen, um bei der Verwaltung gewissermaßen noch zusätzlichen Druck hinter diese Gesamtentwicklung zu setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben die Richtlinien zur Beurteilung von Einzelhandelsgroßprojekten in der Landesplanung und in der Bauleitplanung gemacht. Ich meine, sie sind Ausdruck der Zielsetzung des Mittelstandsförderungsgesetzes, möglichst viele dieser Existenzen zu erhalten. Ich bin selber noch nicht glücklich darüber, noch nicht ganz zufrieden damit; denn wenn die Entwicklung in unserem Lande bundesweit so weitergeht und eine derartige Fülle von Einzelexistenzen vernichtet wird, werden mit Sicherheit später einmal Störungen im Wettbewerb und in der Versorgung unserer Bevölkerung auftreten.

(Josten [CDU/CSU] : Beides haben wir heute schon!)

Wir müssen hier auf einem ganz schmalen Grat wandern. Ich gebe das durchaus zu. Reine Dogmatiker der sozialen Marktwirtschaft werden wahrscheinlich sagen, das sei ein Weg, den man nicht beschreiten sollte. Hier muß die Pragmatik, muß die Vernunft entscheiden, nichts anderes.

(Wehner [SPD]: Hört! Hört! — Stücklen [CDU/CSU] : Und nicht die Supermärkte!)

Natürlich nicht die Supermärkte, ganz bewußt nicht.

(Wehner [SPD] : Ein Trost, daß Sie auch einmal eine Erkenntnis haben!)

— Das ist für uns und auf dieser Seite in diesem Hause keine neue Erkenntnis.
Ich darf weiter darauf hinweisen, daß uns natürlich sehr darum zu tun ist, die städtebaulichen Strukturen funktionsgerecht zu erhalten, die ja die für einen intakten Wettbewerb notwendige Vielfalt von Einzelhandelsbetrieben auf Dauer sichern sowie eine bedarfsnahe Warenversorgung gewährleisten.
Wir haben mit dem Mittelständischen Garantieprogramm — um eine vierte Maßnahmengruppe zu zeigen — vom 3. März den Kreditspielraum im Exportgeschäft erweitert. Herr Bundesminister, Sie haben darauf hingewiesen, daß Länder vorausgegangen seien. Ich nehme dankbar zur Kenntnis, daß Sie diese Aktionen nicht kritisieren. Sie haben lediglich darauf hingewiesen, daß es jetzt darum gehe, hier zu vereinheitlichen. Ich meine, nicht die Vereinheitlichung dieser Aktivitäten der Länder ist das Wichtigste, sondern das Wichtigste wären zusätzliche Instrumente des Bundes, um eine weitere Hilfestellung für unsere mittelständischen Betriebe in bezug auf das Exportgeschäft überhaupt erst zu ermöglichen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Fünftens haben wir im Januar 1976 zur Ausfüllung eines bestimmten Artikels unseres Gesetzes sogenannte Mittelstandsrichtlinien erlassen, die die öffentliche Hand verpflichten, mittelstandspolitisch zu handeln. Diese Richtlinien haben zentrale Bedeutung. Sie enthalten eine Bestimmung, daß Aufgaben von der öffentlichen Hand grundsätzlich nur dann erweitert oder neu aufgenommen werden dürfen, wenn der Zweck für den Staat nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch die Privatwirtschaft, entsprechend der Zielsetzung des Gesetzes vor allem durch kleine und mittlere Unternehmen, erfüllt werden kann.

(Stücklen [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Die allgemeine Durchsetzung des Gedankens, daß auch die im öffentlichen Interesse gelegenen Aufgaben soweit wie möglich durch die Privatwirtschaft erfüllt werden, scheint mir für den Mittelstand mehr wert zu sein als manche Auflage von Millionenprogrammen. Das sage ich ganz eindeutig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist eine gewisse Wende in der Anschauung. Hier gilt es, konsequent auf allen Ebenen, auf Länderebene wie auf Bundesebene, fortzufahren. Noch so starke Bekenntnisse in Berichten und Aktionsprogrammen können diese gesetzliche Verpflichtung



Staatsminister Jaumann
zu einem generellen mittelstandsbewußten Handeln nicht ersetzen.
Wir haben mit der Vorlage unseres Gesetzes zweifellos eine Signalwirkung erreicht. In Hessen und in Baden-Württemberg sind Mittelstandsförderungsgesetze in Kraft. Im Saarland, in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen liegen den Parlamenten entsprechende Gesetze zur Beratung vor.
Nun, die Bundesregierung verhält sich gegenüber einer gesetzlichen Regelung weiterhin ablehnend, obwohl gerade sie im Hinblick auf die konkurrierende und überwiegend ausgeschöpfte Gesetzgebungszuständigkeit für das Recht der Wirtschaft und den überwiegenden Teil des Steuerrechts zum Handeln aufgerufen sein sollte, nämlich dazu, strukturelle Nachteile abzubauen und Chancengleichheit für den Mittelstand herzustellen. Mittelstandspolitische Sprecher von FDP und SPD haben ja — und ich bin dafür sehr dankbar — bereits erklärt, daß Mittelstandsförderungsgesetze auf Landesebene etwas bewirken könnten. Meine Damen und Herren, ich frage: warum nur auf Landesebene?

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Muß das nicht bei der Gesetzgebungszuständigkeit
des Bundes um so mehr für die Bundesebene gelten?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Bund hat nach dem Grundgesetz die Zuständigkeit für die oben genannten Bereiche, aus denen sich gerade wesentliche Belastungen und größenspezifische Nachteile für den Mittelstand ergeben.
Ich meine daher, daß dieser Deutsche Bundestag aufgefordert ist, eine geschlossene, langfristig angelegte, gesetzlich abgesicherte Konzeption zur Förderung der kleinen und der mittleren Unternehmen sowie der freien Berufe und zur Sicherung der Arbeitsplätze in der mittelständischen Wirtschaft zu schaffen. Wir müssen heraus aus dem ständigen einfachen Reagieren. Notwendig ist eine langfristige Strategie. Ich würde noch einmal sagen: Notwendig ist eine Strategie, die gewissermaßen zum Handeln und zur Weiterentwicklung der Mittelstandspolitik zwingt.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich meine, daß dieser Deutsche Bundestag auch aufgefordert ist, die Ziele und Instrumente einer betriebsgrößenorientierten Strukturpolitik zu konkretisieren und in ähnlich verbindlicher Weise zusammenzufassen, wie dies im Bereich der Konjunkturpolitik durch das Gesetz zur Förderung von Wachstum und Stabilität und im Bereich der Ordnungspolitik durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ja bereits geschehen ist.
Nun hat die CDU/CSU den Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes eingebracht. In einem strukturpolitischen Aktionsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen hat sie ihre konkreten Forderungen für den Zeitraum der nächsten vier bis sechs Jahre dem Parlament und der Öffentlichkeit vorgelegt. Damit liegt ein mittelstandspolitisches Konzept vor; ich meine, es sollte so schnell wie möglich zur Grundlage der Entscheidung dieses Parlaments gemacht werden, damit die leistungsfähige Mittelschicht in unserem Lande auf Dauer gesichert wird.
Und nun, meine Damen und Herren, zu einer letzten ich bin fast fertig —, aber sehr wichtigen Frage. Mittelstandsförderungsgesetze in Bund und Ländern und ihre zügige Ausfüllung sind notwendig. Dies reicht aber, so meine ich, noch nicht aus. In zunehmendem Maße werden Probleme des Mittelstandes auch Wettbewerbsprobleme. Die Beschwerden mittelständischer Unternehmen über ruinöse, leistungswidrige, unfaire und unlautere Methoden im Wettbewerb häufen sich. Die fortschreitende Verwilderung der wettbewerblichen Verhaltensweisen deutet eigentlich darauf hin, daß das dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zugrunde liegende Prinzip der Selbstreinigung nicht mehr ausreichend funktioniert. Die Ursachen liegen wohl darin, daß auf zivilrechtliche Klagen wegen des Kostenrisikos und aus Gründen wirtschaftlicher Abhängigkeit weitgehend verzichtet wird. Die Folge ist vielfach schon ein ungehindertes Praktizieren wettbewerbsverzerrender Markstrategien.
Die Frage einer Ergänzung des traditionellen Abwehrinstrumentariums des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb durch öffentlich-rechtliche Befugnisse stellt sich daher, meine ich, immer dringlicher. Sollten Selbsthilfemaßnahmen der Wirtschaft nicht Abhilfe schaffen, wird eine gesetzgeberische Initiative mit dem Ziel zu ergreifen sein, eine öffentlichrechtliche Untersagungsbefugnis in das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb einzufügen. Eine derartige Befugnis würde über herkömmliche Zielsetzungen hinaus deutlich machen, daß das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb auch den Schutz der marktwirtschaftlichen Institution „Wettbewerb" bezweckt.

(Stücklen [CDU/CSU] : Jawohl!)

Die Ergänzung würde zudem die bislang fehlende wettbewerbspolitische Symmetrie zwischen dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen herstellen. Zur Bekämpfung unlauteren Verhaltens würde ein ähnlich wirkungsvolles Instrumentarium, wie es gegen wettbewerbsbeschränkendes Verhalten bereits existiert, geschaffen. Fairer und leistungsgerechter Wettbewerb würde damit den gleichen Stellenwert erhalten wie funktionsfähiger Wettbewerb.
Ich meine, daß die Marktwirtschaft vom funktionierenden Wettbewerb lebt; sie müßte ohne einen solchen zugrunde gehen. Und wenn man manche Dinge so weiterlaufen läßt, wird das zu einem ruinösen Wettbewerb führen. Das heißt, der Wettbewerb wird dadurch, langfristig gesehen, nicht verbessert, sondern verschlechtert. Das kann nicht hingenommen werden!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich meine, daß das eine der Forderungen ist, die gerade von diesem Hohen Hause, dem Bundestag — und das liegt ja in seiner Zuständigkeit —, so schnell wie möglich in Angriff genommen werden sollte.



Staatsminister Jaumann
Ich habe in meinem Hause eine Arbeitsgruppe gebildet, um diesen wichtigen Komplex für eine parlamentarische Initiative vorzubereiten. Wenn der Bund hier nicht handelt, werden wir über den Bundesrat tätig werden.
Eine Bemerkung zum Schluß: Die Geschichte und das aktuelle Zeitgeschehen zeigen eigentlich, daß in den Ländern, die in bedrohliche innenpolitische Krisen geraten sind, meistens oder fast immer ein leistungsfähiger Mittelstand fehlte.

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Daraus soll man lernen!)

Breite leistungsbereite und leistungsfähige Mittelschichten garantieren, so meine ich, politische Vernunft und Stabilität, sozialen Ausgleich und auch persönliche Freiheit.
Deshalb sage ich noch einmal: Das Problem ist viel umfassender als nur die Frage der Existenz des einen oder anderen Betriebs. Wir müssen heraus aus diesem bloßen Reagieren. Wir dürfen uns nicht damit begnügen, meine Damen und Herren, zu verhindern, daß keine mittelstandsfeindliche Politik betrieben wird. Das ist zuwenig. Wir müssen in eine aktive Mittelstandspolitik hineinkommen, wir müssen eine längerfristig angelegte Strategie betreiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich meine, Herr Bundesminister, daß wir in der Zielsetzung eigentlich gar nicht so sehr weit auseinander sind. Die Frage ist nur, mit welchen Methoden und mit welchem Gewicht man diese Fragen miteinander angeht. Die Länder, auch jene, die von der CDU/CSU regiert werden — diese Erklärung darf ich abgeben —, werden Sie zum Bundesgenossen haben, wenn wir hier einen großen Schritt — nicht ein Schrittchen — weitergehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724802500
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Professor Dr. Schachtschabel.

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0724802600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die von Herrn Bundeswirtschaftsminister Friderichs vorgetragenen Ausführungen zum Mittelstandsbericht der Bundesregierung haben, wie wir meinen und wie wahrscheinlich auch viele meinen, in überzeugender Weise die stetige Aktivität und vor allem auch die Erfolge sozialliberaler Mittelstandspolitik verdeutlicht.

(Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Das sieht man an den Pleiten!)

Ich kann nur hoffen, daß möglichst viele Vertreter des gewerblichen Mittelstands den Verlauf dieser Debatte verfolgen oder die entsprechenden Berichte darüber nachlesen, damit sie wissen, welche Verunglimpfungen die Opposition vorbringt, um davon abzulenken, daß sie den konkreten mittelstandspolitischen Leistungen sowie dem zukunftsweisenden fortgeschriebenen Aktionsprogramm zur Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmen der
sozialliberalen Bundesregierung nichts entgegenzusetzen hat außer einem — das sage ich auch in Anbetracht der Ausführungen meines Vorredners — abgeschriebenen Bundesmittelstandsförderungsgesetz und einem zum Teil utopischen Aktionsprogramm.
Meine Damen und Herren, nichts gegen eine langfristige Strategie, wie hier gesagt wurde, nichts gegen ein langfristiges Konzept. Nur: Wenn man überlegt, was diese sozialliberale Bundesregierung mit ihrem Struktur- und Aktionsprogamm des Jahres 1970 eingeleitet und jetzt durch ein Aktionsprogramm fortgeschrieben hat, muß wohl ganz gewiß davon sprechen, daß es sich dabei um ein ausgewogen und langfristig angelegtes Konzept handelt.
Am Rande sei bemerkt — darüber haben wir miteinander noch einige Auseinandersetzungen zu führen —, daß es uns Sozialdemokraten gerade bei mittelstandspolitischen Debatten gar nicht überrascht, daß sich die CDU/CSU — wie auf vielen anderen Gebieten auch — infolge fehlender Alternativen und Konzepte zu Ausfällen veranlaßt fühlt.

(Lachen hei der CDU/CSU — Dr. MüllerHermann [CDU/CSU] : Sie sind doch Professor, Sie müssen sich mal was Neues einfallen lassen!)

— Wir kennen einige, Herr Kollege. Warten Sie doch mal ab, was darauf zu sagen ist. Sie werden ja schon nervös; warum denn eigentlich?
Wir Sozialdemokraten haben aus unserem Verständnis als Arbeitnehmerpartei heraus keinen Zweifel daran gelassen, daß wir die leistungsorientierte, sozialgebundene marktwirtschaftliche Ordnung und damit die freie unternehmerische Entfaltung und Eigenverantwortung bejahen.

(Stücklen [CDU/CSU] : Als „Schlagwort" haben Sie es bezeichnet!)

— Das können Sie nennen, wie Sie wollen, Herr Stücklen. Ich habe schon manches von Ihnen angehört, darunter sehr vieles, was nur Demagogie und in keiner Weise zutreffend ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir Sozialdemokraten, meine Damen und Herren, sind uns der herausragenden wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Bedeutung gerade der mittelständischen Wirtschaft durchaus bewußt. Herr Bundeswirtschaftsminister Friderichs hat darauf aufmerksam gemacht, daß zu diesem Wirtschaftssektor bekanntlich über 95 % der gewerblichen Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland gehören, in denen etwa zwei Drittel aller Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz finden.
Aber in diesem Zusammenhang muß ich gerade Herrn Kollegen Stücklen etwas sagen, weil er sich engagiert fühlte, hier durch Zwischenrufe seine Meinung kundzutun. Das kann er tun. Aber, Herr Kollege Stücklen, dann müssen Sie sich auch unsere Meinung anhören. Vielleicht ist es ganz gut, wenn Sie sich noch einmal in einer stillen Stunde, vielleicht sogar über Pfingsten, mit dem Godesberger Grundsatzprogramm der SPD befassen. Darin steht:
Freie Konsumwahl und freie Arbeitsplatzwahl
sind entscheidende Grundlagen, freier Wettbe-



Dr. Schachtschabel
werb und freie Unternehmerinitiative sind wichtige Elemente sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Stücklen [CDU/CSU])

— Ja, ich weiß, daß Sie das nicht gern hören, Herr Stücklen. Das paßt ja nicht in Ihr Konzept. Das ist doch ganz klar. Das müssen auch Sie sich anhören:
Leistungsfähige mittlere und kleine Unternehmen sind zu stärken, damit sie die wirtschaftliche Auseinandersetzung mit den Großunternehmen bestehen können.

(Stücklen [CDU/CSU]: Theorie und Praxis!)

— Es mag der Opposition nicht passen, wenn ich das hier vortrage. Aber es muß diesem und jenem doch einmal wieder in die Erinnerung gerufen werden, vor allem weil gerade das die Handlungsgrundlage unserer Politik und damit auch der von uns vertretenen Mittelstandspolitik darstellt.
Hier gehen wir mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister und der sozialliberalen Bundesregierung völlig konform; denn wir verstehen als Sozialdemokraten im Gegensatz zur CDU/CSU unter Mittelstandspolitik nicht die Vertretung von Standesinteressen.

(Stahl [Kempen] [SPD]: Sehr richtig!)

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands will auch keine Schutzzäune errichten und erstarrte, überholte Strukturen künstlich am Leben erhalten. Sozialdemokratische Mittelstandspolitik wird vielmehr nach dem Grundsatz — es ist bereits gesagt worden, aber ich darf es noch einmal betonen — „Hilfe zur Selbsthilfe" durchgeführt. Wir wollen damit — um eine Interpretation zu geben — kleinen und mittleren Unternehmen die Anpassung an den wirtschaftlichen und technischen Strukturwandel erleichtern, Wettbewerbsverzerrungen beseitigen und soziale Härten mildern, und zwar auch im Interesse der Verbraucher und Arbeitnehmer. Wir betonen: Auch im Interesse der Verbraucher und Arbeitnehmer wollen wir damit ein breites und flexibles Güter- und Arbeitsplatzangebot gewährleisten, vor allem die Marktwirtschaft vor Vermachtung bewahren und wirtschaftliche Chancengleichheit herstellen.
Diese Zielsetzung hat die sozialliberale Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt im Rahmen der von ihr erarbeiteten Konzeption konsequent und tatkräftig verfolgt. Ich kann es mir angesichts der im Mittelstandsbericht enthaltenen umfangreichen Leistungsbilanz ersparen, nochmals auf die vielfältigen mittelstandspolitischen Förderungsmaßnahmen und Initiativen im einzelnen einzugehen. Doch muß der Opposition, die sich nach langer Zeit der Schweigsamkeit und der Passivität auf einmal als Gralshüter mittelständischer Interessen aufspielt, an dieser Stelle in aller Deutlichkeit gesagt werden: Erst diese sozialliberale Bundesregierung hat im Rahmen eines geschlossenen Strukturprogramms — das sage ich auch zu Herrn Minister Jaumann — zur Förderung der Selbständigen entscheidende
Hilfestellungen für den gewerblichen Mittelstand gegeben.

(Beifall bei der SPD — Lampersbach [CDU/ CSU] : Bis zum bitteren Ende!)

Diese sozialliberale Bundesregierung, meine Damen und Herren, schuf mit der Kartellgesetzesnovelle wesentliche Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen. Und vergessen Sie doch nicht, daß wir in der 6. Legislaturperiode versucht haben, von der Opposition die Zustimmung zu bekommen, die sie uns jedoch versagt hat, obwohl sie immer für Wettbewerb ist; aber da ist sie nicht konsequent gewesen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Diese sozialliberale Bundesregierung hat also mit der Kartellgesetzesnovelle wesentliche Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen geschaffen.
Sie öffnete die gesetzliche Rentenversicherung auch für Selbständige.

(Stücklen [CDU/CSU] : Abschaffung der Preisbindung zweiter Hand!)

Sie erzielte auch trotz aller gegenteiligen Behauptungen Entlastungen auf steuerpolitischem Gebiet, ganz zu schweigen von all den wichtigen Maßnahmen zur Erleichterung von Finanzierungsmöglichkeiten oder zur Gewerbeförderung.
Wenn sich ein so vielbeschäftigter und auch vielseitig verwendbarer Mann wie Ihr Herr Kollege Strauß trotz all dieser Maßnahmen zu der Behauptung versteigt — ich habe das noch einmal im Protokoll nachgelesen —, die Bundesregierung habe den wirtschaftlichen Konzentrationsprozeß gefördert, so mag das günstigstenfalls mit seiner Unkenntnis sozialliberaler Mittelstandspolitik zu entschuldigen sein.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Aber es trifft zu!)

— Wie leichtfertig Sie argumentieren, wenn Sie solche Zwischenrufe machen! — Sachlich völlig unverständlich ist es jedoch, daß auch die sogenannten Mittelstandsvertreter der CDU/CSU — die sind sich ja auch nicht immer ganz einig;

(Stücklen [CDU/CSU] : Wer sagt denn das?!)

das wissen wir sehr wohl, Herr Stücklen, wir sind besser informiert, als Sie denken —

(Beifall bei der SPD — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

mit dieser ebenso falschen wie hinterhältigen Behauptung die Bevölkerung zu verdummen suchen.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

— Wir gehen doch auch zu Empfängen von Mittelständlern. Da haben wir doch einiges erlebt, gestern und vorgestern und was weiß ich, wann. Von daher wissen wir, daß Ihre Meinung auch nicht gerade auf einer einheitlichen Linie ist. Soll sie auch gar nicht; aber Sie sollten nicht so tun, als ob Sie sozusagen die geistigen Athleten für den Mittelstand



Dr. Schachtschabel
wären, in Geschlossenheit, Einigkeit ausgerichtet auf die Wahl.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Stücklen [CDU/CSU])

Das sollten Sie nicht tun. Dagegen verwahren wir uns, und das ist auch unser gutes Recht.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich sehe, Sie sind leicht erregt. Am Freitag früh um so besser; denn dann bleiben Sie noch ein bißchen hier.
Unbestreitbare Tatsache ist vielmehr, daß all die in der Leistungsbilanz genannten mittelstandspolitischen Maßnahmen wesentlich dazu beigetragen haben, daß kleine und mittlere Unternehmen ihre Leistungsfähigkeit steigern und auch ihren Platz am Markt behaupten konnten. Das jedenfalls ist das Ergebnis der sorgfältigen Lageanalyse des Mittelstandsberichtes, in der weiterhin festgestellt wird, daß die Unternehmensgrößenstruktur in den letzten Jahren — Bundeswirtschaftsminister Friderichs hat darauf aufmerksam gemacht — weitgehend konstant geblieben ist und daß sich auch der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen am Gesamtumsatz der gewerblichen Wirtschaft nicht wesentlich geändert hat.
Fazit: Ein genereller Konzentrationsprozeß ist trotz zweifellos spürbarer Konzentrationstendenzen in gewissen Branchen nicht feststellbar. Mit dieser Aussage — darauf machen wir mit Nachdruck aufmerksam — soll nicht im geringsten der Versuch unternommen werden, die speziellen Probleme der kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Lande zu bagatellisieren oder gar unter den Tisch zu kehren.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Aber sie sollte geeignet sein, die CDU/CSU endlich wieder auf den Boden der Realität zurückzuholen, den die Opposition mit ihren Tiraden von der angeblichen Mittelstandsfeindlichkeit der Regierungskoalition und dem drohenden Untergang des gewerblichen Mittelstandes längst verlassen hat.
Ich bin dankbar für die Ausführungen von Herrn Jaumann, daß etwas getan worden sei; allerdings fügte er hinzu, das sei noch nicht genügend. Natürlich sind auch wir uns darüber im klaren — das darf ich Ihnen, Herr Jaumann, sagen —, daß es auch in Zukunft in der Mittelstandspolitik noch vieles zu tun gibt. Das wissen wir; das brauchen Sie uns gar nicht erst zu sagen. Darum haben wir unser Aktionsprogramm zur Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmen fortgeschrieben. Konkret heißt das, daß wir uns auch in den kommenden Jahren um eine weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für die mittelständische Wirtschaft bemühen und dafür Sorge tragen werden, daß die Belange des gewerblichen Mittelstandes in allen Bereichen der Gesetzgebung angemessen berücksichtigt werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Selbstverständlich werden wir auch die Maßnahmen zur Verbesserung der betrieblichen Finanzierungsmöglichkeiten verstärkt fortsetzen. Vor allem werden wir aber auch die Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit intensivieren und ausbauen. Hierbei geht es insbesondere um die Förderung — darauf wurde abgehoben — von Information, Beratung, Rationalisierung und Kooperation, Forschungs- und Innovationsvorhaben sowie um die Absatzförderung im Auslandsgeschäft. Gerade die zuletzt erwähnten Maßnahmen tragen wesentlich dazu bei, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen zu erhalten und zu stärken. Denn in dem sich rasch vollziehenden wirtschaftlichen und technischen Wandlungsprozeß, der einer marktwirtschaftlichen Ordnung wesensgemäß innewohnt, können kleine und mittlere Unternehmen nur dann bestehen — und auch die Vorteile einer größeren Flexibilität gegenüber Großunternehmen wahrnehmen —, wenn — lassen Sie es mich einmal so nennen — das mittelständische Management ausreichend qualifiziert ist, betriebswirtschaftlich bedingte Problemstellungen und vor allem Änderungen am Markt rechtzeitig zu erkennen und adäquate Lösungsmöglichkeiten herbeizuführen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der Kern der sozialliberalen Mittelstandspolitik. Das haben vielleicht manche von Ihnen noch nicht begriffen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Aber darauf gehen wir aus, nämlich: die marktmäßigen, die wirtschaftlichen Kenntnisse des handwerklichen, des mittelständischen Unternehmers zu verbessern, zu fördern und zu qualifizieren. Auch das ist ein Beitrag zur Bildungspolitik, zur Berufsbildungspolitik, wenn Sie so wollen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Stücklen [CDU/CSU] : Da müssen wir gerade auf Sie warten! — Lampersbach [CDU/CSU] : Vergebens ist das Wort zum Sonnabend! — Weitere Zurufe)

— Wie müde, Herr Lampersbach, Sie scheinen nicht ausgeschlafen zu haben.
Der hier zur Debatte stehende Mittelstandsbericht der Bundesregierung wird, davon bin ich überzeugt, mit Sicherheit dazu beitragen — ich sage das nicht zu Ihnen, aber denken Sie darüber, wie Sie wollen —, die plumpe Demagogie der Opposition auch in diesem Bereich Lügen zu strafen. Dieser Mittelstandsbericht mit dem zukunftweisenden Aktionsprogramm als „Programm ohne Aktionen" zu bezeichnen, wie es die CDU/CSU tut — einfallslos wie immer —,

(Zuruf von der CDU/CSU: Ihnen ist nichts eingefallen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

ist nicht nur grotesk, sondern beweist die Einfältigkeit der Opposition, weil sie mit dieser Kennzeichnung die Kritikfähigkeit des mündigen Bürgers unterschätzt.

(Beifall bei der SPD)

Es ist doch klar, daß weite Teile der Bevölkerung — wenn Sie daran denken, wie stark sich der Bereich der Selbständigen gerade des gewerblichen Mittelstandes in unserer Bevölkerung mit Recht durchgesetzt hat —, insbesondere die Vertreter des



Dr. Schachtschabel
gewerblichen Mittelstandes, das vorgelegte Aktionsprogramm aufmerksam lesen werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724802700
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jäger (Wangen)?

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0724802800
Herr Kollege Schachtschabel, wenn Sie eben von der Einstellung der Bevölkerung sprachen: würden Sie die Einstellung der Bevölkerung des Landes Baden-Württemberg bei der letzten Landtagswahl, wo gerade der Mittelstand den Koalitionsparteien eine vernichtende Abfuhr erteilte, als Bestätigung oder als Widerlegung Ihrer Auffassung ansehen?

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0724802900
Herr Kollege, Sie wissen ganz genau, daß im Land Baden-Württemberg wie auch in Bayern und in einigen anderen Bundesländern die mittelständische Ausrichtung durch die Struktur in der Wirtschaft bedingt ist. Aber jetzt kommt ein Zweites hinzu, und lassen Sie mich das einmal offen sagen und nehmen Sie es mir nicht übel: daß auch gleichzeitig die dort vorhandenen Verbands- und Kammerorganisationen ausschließlich in den parteipolitischen Händen der CDU sind. Das ist der Punkt. Das können wir beweisen.

(Lachen und Widerspruch von der CDU/ CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Auch FDP-Leute! — Zuruf des Abg. Stücklen [CDU/CSU])

— Nein, das verbieten wir gar nicht. Herr Stücklen, nur Sie nehmen uns gelegentlich übel, daß wir auf Handwerkstagungen erscheinen, daß wir an Podiumsdiskussionen und anderen Veranstaltungen teilnehmen. Sie empfinden das für diese Kreise sozusagen als nicht salonfähig. Herr Stücklen, wir haben aber bewiesen, daß wir die Interessen dieser Bereiche besser vertreten als Sie.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724803000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jenninger?

Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID0724803100
Herr Kollege Professor Schachtschabel, würden Sie zur Kenntnis nehmen, daß z. B. der Präsident der Industrie- und Handelskammer Heilbronn und der Präsident der Handwerkskammer in Heilbronn nicht Mitglieder einer Partei sind?

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0724803200
Herr Jenninger, ich kann Ihnen genauso sagen, daß z. B. der Präsident des Zentralverbandes des deutschen Handwerks der CDU angehört.

(Lachen bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Wollen wir mal alle Verbände addieren? — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

— Herr Stücklen, es geht doch nicht darum, Ihnen das streitig zu machen, sondern um die Frage, wie weit parteipolitischer Einfluß ausgeübt wird.

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724803300
Einen Augenblick, Herr Kollege Schachtschabel, wollen Sie noch eine weitere Zwischenfrage zulassen? — Bitte.

Helmut von Bockelberg (CDU):
Rede ID: ID0724803400
Herr Kollege Professor Schachtschabel, halten Sie es für ideal, wenn an der Spitze solcher Verbände nur und ausschließlich politische Dissidenten stehen?

(Zuruf von der CDU/CSU: Nein, die sollten der SPD angehören; dann wäre es richtig!)


Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0724803500
Herr Kollege, wenn Sie die Verbandsstruktur unseres Landes betrachten, dann werden Sie zugeben, daß es gut wäre, wenn man die Verbandspositionen unabhängig vom jeweiligen politischen Standpunkt vergeben würde. Nur ist es, wie auch in anderen Fällen unserer Wirtschaft, nicht gut, wenn die jeweilige politische Auffassung auf die Verbandsmitglieder übertragen wird. Wir haben genügend Beweise dafür. Sehen Sie sich doch die großen Konferenzen, Tagungen in diesen Wochen und Monaten vor der Bundestagswahl an! Manchmal ist das deprimierend. Ich denke gerade daran, was ich erst gestern wieder erlebt habe. Herr Lampersbach, Sie waren dabei, als einem nach dem anderen der anwesenden Drogisten mitgeteilt wurde, wie stark sich die CDU/CSU für die Mittelstandspolitik einsetzt, aber kein Wort über die SPD und die FDP gesagt wurde.

(Zurufe von der CDU/CSU: Das hat sich rundgesprochen! Es ist ja auch richtig so! — Zuruf des .Abg. Gallus [FDP] — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Der Jubilar mußte nachher sogar noch die Korrektur vornehmen, um überhaupt anzudeuten, daß auch Vertreter der anderen Fraktion des Deutschen Bundestages anwesend gewesen sind.

(Wehner [SPD] : Soll denn die ganze Debatte ausarten in eine Zerfaserung? Ist das typisch für die Bedeutung von Mittelstandsfragen? Das ist Poujade-Geist! — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724803600
Herr Abgeordneter, Professor Schachtschabel, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Bekker (Mönchengladbach)?
Ich mache Sie nochmals, meine Damen und Herren, darauf aufmerksam, daß Zwischenfragen in den Zeitplan eingerechnet werden.

(Zurufe von der CDU/CSU: Wir haben Zeit!)


Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0724803700
Ich lasse auch diese Zwischenfrage zu.




Dr. Curt Becker (CDU):
Rede ID: ID0724803800
Herr Kollege Schachtschabel, werden Verbandsvorsitzende in den Wirtschaftsverbänden und in den Gewerkschaften nicht demokratisch gewählt? Wollen Sie bestreiten, daß wir in den Verbänden demokratische Wahlsysteme haben? Ist es nicht so, daß, wenn ein Verbandsvorsitzender diese oder jene Meinung vertritt, dieses die Meinung der Mehrheit seiner Mitglieder ist.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Aber Herr Becker, was hat das denn mit dieser Frage zu tun? — Lampersbach [CDU/CSU] : Das Thema hat Herr Schachtschabel angeschnitten, nicht wir!)


Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0724803900
Herr Kollege, ich habe mehrfach betont, daß ich nichts dagegen einzuwenden habe, wenn durch den demokratischen Prozeß jemand gewählt wird, der dann auch seine politische Meinung und seine Parteizugehörigkeit mit einbringt; dagegen ist gar nichts zu sagen.

(Stücklen [CDU/CSU] : Na also! — Zuruf von der CDU/CSU: Aber genau das haben Sie kritisiert! — Weitere, anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

— Warten Sie es doch ab, Herr Stücklen! Ich habe nur etwas dagegen, daß die Ausrichtung des Verbandes unter dem jeweiligen Präsidenten parteipolitisch erfolgen kann und daß dadurch keine Vielfalt der Meinungen mehr besteht.

(Zurufe von der CDU/CSU: Da müssen Sie einmal in die Gewerkschaften hineingehen! — Der meint den Adolf Schmidt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Sie scheinen nicht zu wissen, daß bei bestimmten Verbänden auch andere Regeln und Grundlagen vorliegen.

(Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724804000
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir dem Redner zuhören könnten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist sehr schwer! — Dr. Luda [CDU/CSU]: Der Wehner rauft sich die Haare!)


Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0724804100
Wie ich soeben gesagt habe, ist klar, daß dieses von der Bundesregierung vorgelegte Aktionsprogramm aufmerksam gelesen und zur Kenntnis genommen wird. Alle abwertenden Bemerkungen, die Sie hier einflechten und die Sie durch Zwischenrufe abzustützen versuchen, werden sich gegen Sie spürbar machen. Wir sollten auf der Basis einer sachlichen und ruhigen Auseinandersetzung fortfahren.
Natürlich besteht gar kein Zweifel darüber, daß für die Opposition gewisse Schwierigkeiten gegeben sind, weil sie keine ernsthafte Alternative anzubieten hat.

(Zurufe von der CDU/CSU — Lachen bei der CDU/CSU)

Weder das von ihr vorgelegte Bundesmittelstandsförderungsgesetz, das alles in allem in seiner Konzeption nichts anderes darstellt als das unvollständig abgeschriebene Aktionsprogramm zur Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmen der sozialliberalen Koalition,

(Lampersbach [CDU/CSU]: Von wem abgeschrieben? Die Regierung von uns! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

noch das hier ebenfalls zur Beratung anstehende strukturpolitische Aktionsprogramm der CDU/CSU bringt neue Ideen, neue Überlegungen oder durchschlagende Maßnahmen für die mittelständische Wirtschaft. Man kann sich eigentlich nur wundern, woher die CDU/CSU die Stirn nimmt, der Regierungskoalition Taten- und Erfolglosigkeit auf mittelstandspolitischem Gebiet vorzuwerfen,

(Lampersbach [CDU/CSU]: Eine Million Arbeitslose!)

denn bei der Überprüfung ihres eigenen sogenannten strukturpolitischen Aktionsprogramms muß man feststellen, daß es in fast allen Bereichen — etwa der Kreditpolitik, der Wettbewerbspolitik, des Unternehmensrechts, der öffentlichen Auftragsvergabe — zum überwiegenden Teil Forderungen beinhaltet, die von Sozialdemokraten und Freien Demokraten seit langem verwirklicht wurden oder deren Verwirklichung mit der Fortschreibung unseres Aktionsprogrammes angekündigt wurde.

(Dr. Becker [Mönchengladbach] [CDU/CSU] : Das haben Sie ja von uns abgeschrieben!)

Die wenigen Hinweise der Opposition, die sie als eigene Vorstellungen zu verkaufen gedenkt, sind teilweise überflüssig oder aber zumindest aus marktwirtschaftlicher Sicht zweifelhaft. Ich erinnere etwa an die wettbewerbs- und verbraucherpolitisch nicht unproblematische Forderung nach generellen Verboten des Verkaufs unter Einstandpreisen. Andere Forderungen wiederum sind zum Teil rechtlich unzulässig, etwa diejenige nach einem am Bausparsystem orientierten Spar- und Kreditprogramm zur Förderung mittelständischer Betriebsgründungen. Ein solches Programm beinhaltet praktisch die Errichtung von Zwecksparunternehmen. Solche Betriebsgründungen sind bekanntermaßen — mit Ausnahme der Bausparkassen — im Interesse des Sparerschutzes verboten.
Besonders am Herzen liegt mir jedoch die Feststellung, daß die von Ihnen ebenfalls salopp geforderte stärkere Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen im Bereich von Forschung und Entwicklung gerade von dieser Bundesregierung seit Jahren intensiv betrieben wird. Wenn Sie sich die Entwicklung auf diesem Gebiete angeschaut hätten, wäre Ihnen nicht entgangen, daß im Zeitraum von 1970 bis 1975 beinahe 450 Millionen DM für die Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation bei kleinen und mittleren Unternehmen bereitgestellt worden sind.

(Zuruf von der CDU/CSU: Gerade bei der Forschung geht alles an die Großindustrie!)




Dr. Schachtschabel
Darüber hinaus ist auch die Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung verstärkt worden, und nicht zuletzt hat sich gerade das Bundesministerium für Forschung und Technologie darum bemüht, speziell die mittelständische Wirtschaft über alle Förderungsmöglichkeiten im Forschungsbereich zu informieren. Ich erinnere hier nur an die im Dezember 1975 erschienene Förderfibel.
Die mir zur Verfügung stehende Zeit reicht nicht aus, um diese Aufzählung zu vervollständigen. Ich möchte aber nicht schließen, ohne auf einige steuerpolitische Wahlversprechen aufmerksam zu machen, die von der Opposition gemacht worden sind. Meine Damen und Herren, Sie fordern hier unverfroren steuerliche Maßnahmen, die die Staatskasse — es wurde schon angedeutet; wir haben es von unserer Seite einmal überschlägig geschätzt — immerhin näherungsweise 20 Milliarden DM kosten würden, wenn nicht sogar mehr. Ich will Sie gar nicht das hat Herr Bundesminister Friderichs bereits getan —

(Lampersbach [CDU/CSU]: Das hat er aber besser getan!)

daran erinnern, daß Sie noch im März vergangenen Jahres beschlossen hatten, dem Deutschen Bundestag keine finanzwirksamen Anträge mehr vorzulegen. Es ist allerdings notwendig, Sie zu fragen, wie Sie uns hier und den Menschen draußen im Lande klarmachen wollen, wie Sie all dies zu finanzieren gedenken, wenn Sie gleichzeitig landauf und landab mit der schauerlichen Lüge vom bevorstehenden Staatsbankrott herumziehen.

(Dr. Luda [CDU/CSU]: „Lüge" hat er gesagt! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Zweierlei Maß! — Anhaltende, weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Abgesehen davon, daß auch hier verschiedene Ihrer Forderungen keinesfalls spezifisch mittelstandspolitisch sind — etwa die von Ihnen verlangte Verbesserung der degressiven Abschreibung —, fehlt Ihnen jedes politische Augenmaß. Der gewerbliche Mittelstand hat nicht nur einen festen Platz in der sinnvollen, zweckmäßigen und erfolgreichen Wirtschaftspolitik der sozialliberalen Bundesregierung, sondern er wird durch eine gezielte und wirkungsvolle Mittelstandpolitik besonders akzentuiert. Die Verflechtung mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik und die erforderliche Ausrichtung auf die Förderung, die Unterstützung des mittelständischen Gewerbes oder des gewerblichen Mittelstandes machen gerade diese Mittelstandspolitik aus. Wir haben auf diesem Gebiet seit Jahren aktive Arbeit betrieben und können auch entsprechende Leistungen aufweisen.
Den Vertretern des gewerblichen Mittelstandes, die nicht selten da und dort mit irgendwelchen Forderungen auftreten — teilweise durchaus zu Recht, teilweise auch nicht gerade zeitadäquat —, möchte ich sagen, daß sie einmal sorgfältig überprüfen sollten, was in den Jahren vor 1969, meine Damen und Herren,

(Josten [CDU/CSU]: Da ging es aufwärts! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Da ging es ihm noch gut!)

für den gewerblichen Mittelstand getan worden ist. Außer an Versprechen ist damals nichts geschehen. Dagegen kann diese sozialliberale Bundesregierung auf mittelstandspolitischem Gebiet nicht nur Aktivitäten, sondern auch beachtenswerte und allgemein anerkannte Erfolge vorzeigen!

(Beifall bei der SPD und der FDP — Stücklen [CDU/CSU]: Wer soll denn das glauben! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724804200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hauser (Krefeld).

Hansheinz Hauser (CDU):
Rede ID: ID0724804300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Mittelstandsbericht der Bundesregierung — das sei hier einleitend bemerkt — hat, wenn man so will, nur eine einzige positive Seite — dies gilt vor allen Dingen auch dann, wenn ich den bisherigen Verlauf dieser Diskussion noch mit in dieses Urteil einbeziehe —: Seine Vorlage — wir hatten dieses Dokument ja immerhin seit Beginn dieser Woche in den Händen — ermöglicht es uns, nun auch das strukturpolitische Aktionsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen und Freie Berufe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in erster Lesung hier zu behandeln, worauf wir bekanntlich seit Februar warten.
Herr Kollege Schachtschabel, Sie haben hier soeben vom Abschreiben gesprochen. Überlegen Sie doch einmal, wann die Bundesregierung zu ihren Formulierungen im Mittelstandsbericht gekommen ist. Als wir unser Aktionsprogramm vorlegten, da hatte sie noch nicht einmal ihr Rohkonzept fertig. Und dann sehen Sie einmal nach, wo sich die Bilder hier gleichen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Koalition hat sich bisher beharrlich geweigert, dieses Aktionsprogramm auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen mit der Begründung, die uns schon seit dem Herbst vergangenen Jahres mit monatlicher Verzögerung hier immer wieder vorgetragen wird, daß der Mittelstandsbericht der Bundesregierung bald kommen werde. Die großen Erwartungen, die in den zurückliegenden Monaten seitens der Bundesregierung und der sie tragenden Koalition in diesen Bericht gesetzt worden sind, haben sich leider nicht erfüllt. Die 126 Beamten, Herr Minister, die in Ihrer Mittelstandsabteilung tätig sind, haben zwar sehr fleißig gearbeitet und einen dicken Bericht erstellt, aber ich habe den Eindruck, daß sich die politische Führung des Hauses nicht in der Lage gesehen hat, zu wirklichen Aktionen zu kommen. Wenn sie dazu kam, dann war im Kabinett dafür nicht die notwendige Basis zu finden, so daß also die mittelstandspolitischen Möglichkeiten, die Sie sicherlich gehabt hätten und die Sie als Ansatzpunkte da und dort auch erkennen lassen, nie zu konkreten Maßnahmen geführt haben.
So ist dieser Mittelstandsbericht leider die einzige Aktion geblieben, die dem Aktionsprogramm der Bundesregierung aus dem Jahre 1970 gefolgt ist. Auch wenn Sie, Herr Kollege Schachtschabel, das nicht so gerne hören, stelle ich hier noch einmal



Hauser (Krefeld)

fest, daß wir, auch rückblickend auf diesen Bericht von 1970, recht behalten haben mit der Feststellung, daß es sich hier um ein Aktionsprogramm ohne Aktionen gehandelt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn ich glaube nicht, daß Sie die Vorlage dieses Berichts, über den wir heute am Ende einer Legislaturperiode diskutieren, als eine mittelstandspolitische Aktion der Bundesregierung verstanden haben wollen.
Dies gilt um so mehr, wenn man diesen Mittelstandsbericht einmal näher analysiert, insbesondere dann, wenn man ihn mit der rauhen Wirklichkeit des mittelstandspolitischen Alltags vergleicht. Sie spiegelt sich in dem Bericht der Bundesregierung leider nicht wieder. Vielmehr präsentiert sich dieser Bericht als eine positiv aufgeschminkte Situationsanalyse, die kurz vor den Bundestagswahlen die heile Welt darstellen soll.

(Josten [CDU/CSU]: So ist es!)

Interessant an diesem Bericht ist ja weniger das, was er enthält, als vielmehr das, was er nicht enthält. Die routinemäßige Zusammenfassung von Haushaltstiteln zu einem dicken Bericht ist ja kein Ersatz für eine aktive und zukunftsorientierte Mittelstandspolitik.

(Stahl [Kempen] [SPD] : Es ist aber doch ein Zeichen dafür, daß eine Menge getan wurde! Das ist doch wohl klar!)

— Sie meinen also, daß die Addition von Haushaltstiteln in der Mittelstandspolitik ausreiche. Das ist natürlich eine sehr interessante Feststellung. — Von der Anhebung der Nullstufe der Gewerbesteuer berichtet die Bundesregierung stolz an den verschiedensten Stellen. Sie läßt dabei natürlich außer Betracht, daß es die CDU/CSU-Fraktion war, die solche Initiativen bereits in der V. und VI. Legislaturperiode vorgelegt hat, bevor dann schließlich in dieser Legislaturperiode eine Mehrheit hierfür gefunden werden konnte. Auf einen eigenen Antrag von mir zur Lohnsummensteuer will ich hier nur verweisen. Auch er erlitt das Schicksal der meisten Oppositionsanträge.
Die Bundesregierung ist also gar nicht kleinlich, wenn es darum geht, Erfolge der Mittelstandspolitik, die insgesamt in diesem Haus erzielt wurden, sich an ihren Hut zu heften. Man würde das gar nicht einmal übelnehmen, wenn in den zurückliegenden Jahren wenigstens Ihrerseits auch nur eine einzige Initiative und ein einziger wirklicher Erfolg in der Mittelstandspolitik aufzuweisen gewesen wären. Die Fortschreibung vorhandener Programme, die leider notwendige Anpassung dieser Programme in ihren Volumina an die Inflation, das alles ist Routinearbeit, die jede Regierung bewältigen muß.
Um diese Situationsanalyse ihrer Routinemaßnahmen positiv aufzuschminken, hat die Regierung zusätzlich einen schlichten Trick benutzt. Sie hat nämlich die Zuwachsraten der zurückliegenden Jahre einfach in einer Form dargestellt, daß man meinen könnte, hier gebe es besondere Leistungen. Man
kann das natürlich so tun. Aber wenn man das tut, dann sollte man auch nicht verschweigen, daß in der Amtszeit des derzeitigen Bundeskanzlers und früheren Finanzministers in den vergangenen fünf Jahren die Lebenshaltungskosten in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt um 34,7 % gestiegen sind. Der Kaufkraftverlust der Sparer hat seit 1970 durch die Inflation ein Volumen von insgesamt 180 Milliarden DM erreicht. Eine realitätsbezogene Situationsanalyse darf diesen Hintergrund nicht außer Betracht lassen, weil nämlich von diesen Entwicklungen gerade der Mittelstand in verheerender Weise betroffen worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben immer gesagt: Stabilitätspolitik ist die beste Mittelstandspolitik. Aber weil sich die Bundesregierung gerade von dieser Stabilitätspolitik weit entfernt hat, müssen wir feststellen: Die gegenwärtige Politik einer leicht trabenden Inflation ist mithin eine schlechte Mittelstandspolitik.
Lassen Sie mich nun im einzelnen zu diesem Bericht kommen. Immerhin können die freien Berufe bereits aus der Einleitung entnehmen, daß der Bericht für sie keine Aussagen enthält. Die wenigen Anmerkungen, die Sie, Herr Minister, hier eben gemacht haben, werden sicher kein Trost für die davon Betroffenen sein. Ich meine Ihre Anmerkungen, daß auch die freien Berufe zum Mittelstand gehören. Natürlich begründet die Bundesregierung Ihr Kneifen gegenüber den freien Berufen, indem sie nämlich feststellt, daß die Situation der freiberuflich Tätigen nur im Zusammenhang mit den Besonderheiten ihres jeweiligen Tätigkeitsbereichs gesehen werden kann und gegenüber der gewerblichen Wirtschaft starke Unterschiede aufweist. Aber gerade deshalb, weil dies so ist, hätten wir erwartet, daß die Bundesregierung hier ein klares Wort zu den freien Berufen sagt, dies um so mehr, als die Bundesregierung ja maßgeblich von einer Partei, nämlich der SPD, getragen wird, die den Hannoveraner Parteitagsbeschluß zu verantworten hat, wonach ganze Berufsstände - zum Beispiel der Maklerberuf — verboten oder kommunalisiert werden sollen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Pfui!)

Ein Mittelstandsbericht ohne ein klares Bekenntnis zu den freien Berufen und ohne klare Aussagen über die Einstellung der Bundesregierung zu diesem Bereich des Mittelstands ist angesichts der bekannten Tendenzen in der SPD mehr als bedenklich.
In diesen Bericht hätte ein Wort darüber gehört, daß die freien Berufe die Interessen des einzelnen wahrnehmen und ihn vor dem Zugriff des Kollektivismus schützen. Es hätte erwähnt werden müssen, daß ohne das Engagement der Freiberufler zur persönlichen Leistung die freiheitliche Gesellschaft nicht lebensfähig ist. Insofern stellen sich die freiberuflich Tätigen dem Leistungswettbewerb und nehmen das Risiko einer ungesicherten Existenz auf sich. Wir sehen in den freien Berufen eine gesellschaftliche Kraft, die im Interesse von Bürgern und Staat der unbehinderten Entfaltung bedarf. Freiberufliche Initiativen dienen dem einzelnen, der sich



Hauser (Krefeld)

des geistigen Kapitals der Freiberufler bedienen muß, um seinen eigenen Freiheitsraum behaupten zu können. Es hätte aus diesen Gründen der Regierung wohl angestanden, sich in ihrem Bericht für die weitgehende Entfaltungsmöglichkeit der Freiberufler einzusetzen. Dies liegt im Interesse der Selbstbehauptung und Selbstverwirklichung des einzelnen, aber auch der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. Hierzu vermissen wir eine ganz klare und unmißverständliche Äußerung der Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Fehlschlüssen unterliegt die Bundesregierung bereits bei ihren grundsätzlichen Positionen. Ich möchte zunächst zwei nennen.
Die Bundesregierung glaubt, von einem generellen Konzentrationsprozeß könne nicht gesprochen werden. Sie räumt nur ein, daß es unverkennbare Konzentrationsprozesse in den einzelnen Branchen gibt. Das aber ist das Problem der Mittelstandspolitik, Herr Minister, denn dazu gehören die Branchen, in denen es die Konzentration gibt, und das kann man durch pauschale und globale Aussagen nicht überspielen und nicht aus der Welt schaffen. Für die 370 000 Einzelhändler ist es unerheblich, ob es eine generelle Konzentrationstendenz gibt oder nicht. Für diesen Bereich muß festgestellt werden — und das haben die Institute für Mittelstandsforschung an den Universitäten in Köln und Bonn getan —, daß die Großbetriebe in den letzten zehn Jahren um 215 °/o zugenommen haben. Sie haben ihren Marktanteil von 44,5 auf 56,3 °/o ausweiten können, und zwar eindeutig zu Lasten der Klein-und Mittelbetriebe.
Ein Weiteres muß hier festgestellt werden: Das unabhängige Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München kommt in seiner Prognose für das Jahr 1980 zu der Feststellung, daß der Facheinzelhandel Marktanteile einbüßen wird, und zwar von 58 °/o im Jahre 1972 auf 46 °/o im Jahre 1980.
Eine besonders intensive Expansion verzeichnen die Verbrauchermärkte, ein Problem, das im Augenblick in der Mittelstandspolitik einen ganz besonderen Rang hat. Diese Verbrauchermärkte, die es 1964 noch gar nicht gab, haben 1972 einen Marktanteil von 8,5 % gehabt und werden ihn bis 1980 auf 15 % steigern. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist, daß allein in der Zeit von 1972 bis 1974 19 000 Einzelhandelsunternehmen aus dem Markt ausgeschieden sind.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Sollte sich die bisher um 2 °/o liegende Rate der jährlich ausscheidenden Betriebe in den nächsten Jahren fortsetzen, so ist zu befürchten, daß die Lücken in der Nahversorgung noch weiter zunehmen. Wir haben heute schon in der Bundesrepublik über 6 000 Gemeinden, die ohne eine hinreichende Nahversorgung sind. Das ist ein Problem, das von mittelstandspolitischer Bedeutung ist, aber auch von strukturpolitischer Bedeutung. Ich meine, es wäre dringend erforderlich, daß man sich dieser Entwicklung in stärkerem Maße annimmt, als das in der Vergangenheit geschehen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU — Stahl [Kempen] [SPD] : Das müssen aber auch die Städte machen, Herr Hauser! Die haben auch eine ganze Menge an derartigen Märkten in die Städte hineingelassen! Da hat man an den Mittelstand nicht gedacht!)

— Dazu werde ich gleich etwas sagen, Herr Kollege Stahl. Warten Sie ab, darauf werde ich gleich noch kommen. Wir haben in dieser Beziehung mehr Erkenntnisse als die Bundesregierung.

(Stahl [Kempen] [SPD] : Natürlich, das haben Sie immer!)

In ihrem Mittelstandsbericht behauptet die Bundesregierung es gebe keine generelle Konzentrationstendenz. Im Bericht des Bundeskartellamtes wie in den Tagesnachrichten des Bundesministers für Wirtschaft ist nachzulesen, daß sich der Konzentrationsprozeß, beeinflußt durch konjunkturelle und strukturelle Faktoren, „verstärkt fortgesetzt" habe. Die nach § 23 GWB anzuzeigenden Zusammenschlüsse weisen eine Zunahme von 31 % auf. Das ist die höchste Zahl der Konzentrationsvorgänge, die das Bundeskartellamt seit 1966 registriert hat.
Diese Erkenntnisse meidet der Mittelstandsbericht der Bundesregierung aber. Mittlerweile sind sogar Professoren, die gewiß nicht im Verdacht stehen können, die Sache der Union zu vertreten, in der Konzentrationsfrage realitätsbezogener als die Bundesregierung. So stellte Herr Professor Rudolf Hickel von der Universität Bremen in der sicherlich auch von Ihnen gesehenen Sendung „Klappern gehört zum Handwerk", wo man so tun wollte, als hätten Mittelständler nur das Bedürfnis, überall mit dem Hut rumzugehen, fest, daß die Politik der SPD „mittelstandsfeindlich" sei. Professor Hickel sagte dazu in Radio Bremen:
Es ist in der Tat so, daß sowohl die aktuellen Investitionsprogramme der Bundesregierung
— von denen Sie, Herr Minister, meinen, daß sie den Mittelstand fördern —
als auch andere Maßnahmen konzentrationsfördernd wirken, d. h. also günstiger in der Situation der Großkapitale benutzt werden können.
Der Mittelstandsbericht kommt aber zu der Auffassung — und dies ist sozusagen das generelle Fazit —, daß das Selbständigwerden weiterhin attraktiv ist. Ich will dieser Feststellung hier nicht widersprechen. Aber wenn Sie, Herr Minister, in Ihrem Bericht sagen, das Selbständigwerden sei weiterhin attraktiv, muß man dazu sagen, welche Voraussetzungen notwendig sind, um es auf Dauer jungen Leuten noch zuzumuten und empfehlen zu können, ein selbständiges mittelständisches Unternehmen zu begründen. Wenn man nämlich weiß, daß die Politik, so wie sie in den letzten Jahren gewesen ist, weitergeht, muß man die Frage stel-



Hauser (Krefeld)

len: Wie lange ist dann das Selbständigsein noch attraktiv?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie wissen sehr genau, daß gerade der selbständige
Mittelstand bis an die Grenze des Existenzminimums geht, bevor er seine Selbständigkeit aufgibt.

(Stücklen [CDU/CSU] : Jawohl!)

Zu dieser Fehleinschätzung können Sie an sich nur deswegen kommen, weil Sie sich erneut auf das Gutachten der Prognos AG über „die Analyse und Prognose der Unternehmensgrößenstruktur" stützen, wie Sie dies auch in Ihrem Bericht mehrfach tun. Wir haben diese falschen Hypothesen und mithin auch die Fehlschlüsse dieses Gutachtens in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung dargestellt, so daß ich hier auf diese Details nicht mehr einzugehen brauche, und wir haben Ihnen auch gesagt, unter welchen Voraussetzungen die sehr positiven Prognosen des Prognos-Gutachtens realisiert werden können.
Ich möchte das hier noch einmal in aller Deutlichkeit wiederholen: Die entscheidende Voraussetzung dafür, daß es sich lohnt und weiterhin attraktiv ist, sich selbständig zu machen, ist eine Kurskorrektur in der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, ist eine Kurskorrektur natürlich auch in der Mittelstandspolitik. Von einer solchen Kurskorrektur finden wir leider in dem Mittelstandsbericht der Bundesregierung nicht einmal einen Ansatz.
Vielmehr haben Sie sich einen neuen statistischen Trick einfallen lassen, um das Ausbluten des Mittelstandes zu kaschieren. Um Ihre Zahlen und Zahlenkolonnen halbwegs positiv aufzuschminken, haben Sie das sogenannte System der „angepaßten Umsatzgrenzen" erfunden, indem Sie einfach gesagt haben, daß die Umsatzgrößenklasse I, die 1962 mit einem Umsatz von 500 000 DM abgegrenzt wurde, nun, zehn Jahre später, einfach mit der Größenordnung von 1 Million DM Jahresumsatz abgegrenzt wird. Das sind immerhin 100 °/o Inflation, die Sie hier amtlich zugestehen wollen. Mit solchen willkürlichen statistischen Sprüngen können Sie keine heile Welt vortäuschen; denn diese gibt es in der rauhen Wirklichkeit leider nicht.

(Stücklen [CDU/CSU] : Die berühmte statistische Lüge! — Stahl [Kempen] [SPD]: Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Seien Sie doch einmal ein bißchen sachlicher!)

— Bitte schön? Sie können etwas fragen, wenn Sie wollen. Ich kann Sie nicht verstehen.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, einige Anmerkungen über die rauhe Wirklichkeit und die tatsächliche Situation im Mittelstand machen, die wir leider in diesem Bericht vermissen. Das zentrale Thema für die mittelständischen Betriebe heißt heute Kosten und Erträge. Dieses Kapitel hätte an sich der Hauptpunkt des Berichtes sein müssen. Sie aber widmen ihm nicht einmal ein Prozent des Volumens Ihres an sich so voluminösen Berichts. Diese beiden zentralen Fragen sind für jeden Mittelständler von entscheidender Bedeutung.
Was Sie diesbezüglich dazu sagen, geht leider weitestgehend an den Realitäten vorbei. Die bislang in einem derartigen Ausmaß nie gekannte Kostenexplosion nehmen Sie einfach nicht zur Kenntnis. Statt dessen bringen Sie allgemeine Zahlen über die Entwicklung des Rohertrages, den Sie in der Größenordnung von rund 40 °/o vermuten. Sie haben uns aber nicht verraten, in welchen Branchen ein Rohertrag von 40 °/o etwa erwirtschaftet wird.
Wie sieht das beispielsweise im Einzehandel aus? Dort haben wir eine Handelsspanne von durchschnittlich 28 %. Diese Handelsspanne reichte in der zurückliegenden Zeit allenfalls aus, um die Kostenexplosion aufzufangen. Nicht abgedeckt werden konnten durch diese Spanne der Unternehmerlohn und auch nicht die Eigenkapitalverzinsung. In vielen Fällen, speziell im Facheinzelhandel, wurde sogar ein negatives Betriebsergebnis erzielt, das nicht einmal die Handlungskosten abdeckte. Der harte Preiswettbewerb im mittelständischen Bereich hat in den meisten Branchen allenfalls noch eine Spanne zugelassen, deren Umfang im Durchschnitt der Einzelhandelsunternehmen gerade für eine Kostendeckung ausreichte. Zahlreiche Branchen weisen sogar deutlich betriebliche Substanzverluste auf Grund roter Zahlen auf. Hierzu gehört in erster Linie der Lebensmitteleinzelhandel, der ein Minus von 2,8 % aufweist.
Das durchschnittliche Einkommen je Selbständigen im Einzelhandel hat sich auf Grund dieses alarmierenden Ertragsrückganges erheblich verringert. Wie verträgt sich diese Entwicklung mit der von Ihnen vermuteten „gesteigerten Attraktivität des Selbständigwerdens" ? Antworten auf Ihre Thesen bleiben Sie in Ihrem Bericht insgesamt schuldig. Das Ifo-Institut in München stellte folgende Prognose: „Dem vorwiegend klein- und mittelbetrieblich strukturierten Facheinzelhandel stehen schwere Zeiten ins Haus: Bei einem verhältnismäßig geringen Wachstum seiner Umsätze und bei schwindender Ertragskraft wird es immer schwerer, sich im Wettbewerb mit den Großbetriebsformen zu behaupten."
Nach Berechnungen des Ifo-Instituts dürften angesichts dieser Entwicklungen im Facheinzelhandel in Zukunft im Durchschnitt erst ab einer Umsatzgröße von ca. 800 000 DM Jahresumsatz Erträge erwirtschaftet werden, die eine längerfristige Substanzerhaltung unter Wettbewerbsgesichtspunkten gewährleisten. Da gegenwärtig nicht einmal ein Fünftel aller steuerpflichtigen Einzelhandelsunternehmen über dieser Umsatzschwelle liegt, wird deutlich, daß weite Teile des Einzelhandels beim Anhalten der derzeitigen Mittelstandspolitik und der derzeitigen Ertragsposition mittelfristig oder gar kurzfristig von der Auszehrung bedroht sind, d. h. auf den Konkurs zusteuern müssen. Aber das Ifo-Institut haben Sie in Ihrem ganzen Bericht kein einziges Mal erwähnt, offenbar weil derartige, realitätsbezogene Analysen und Prognosen den Optimismus des geschminkten Berichtes der Regierung nur beeinträchtigt hätten.

(Stücklen [CDU/CSU]: So ist es!)

Aber nicht nur die Substanz, auch die Finanzierung des künftig notwendigen Wachstums ist in



Hauser (Krefeld)

Gefahr. In vielen Bereichen reicht die erwartete Kapitalrendite nicht mehr aus, die Fremdkapitalzinsen zu decken. Die Diskrepanz zwischen Unternehmenszins und Marktzins, die Sie in Ihrem Bericht verschweigen, die jedoch in der Wirklichkeit seit Jahren vorliegt, ist eine mittelstandspolitisch sehr bedenkliche Fehlentwicklung. Sie konnte nur dadurch gemildert werden, daß der Geschäftsinhaber häufig weitestgehend auf die Entnahme von Eigenkapitalzinsen verzichtet. Aber auch dies verschweigen Sie in Ihrem Bericht dezent.
Auch die Ausführungen des Berichtes hinsichtlich der Kapitalstruktur der Unternehmen können in keiner Weise befriedigen. Sie schließen sich zwar zu Recht der Unternehmensbilanzstatistik der Deutschen Bundesbank an, die einen kontinuierlichen Rückgang der Eigenkapitalanteile diagnostiziert; wenn jedoch feststeht, daß der Eigenmittelanteil der Kapitalgesellschaften mit 27,6 °/o eben entscheidend höher lag als derjenige der Einzelkaufleute mit 21,2 % oder derjenige der Personengesellschaften mit 20,7 %, so muß man doch im Gegensatz zu Ihrem Bericht daraus den Schluß ableiten, daß die Eigenkapitalquote kleiner und mittlerer Unternehmen in der Regel schlechter ist als die der Großunternehmen, die zudem noch ganz andere Möglichkeiten der Finanzierung haben und diese auch nutzen — auf dem Eurodollar-Markt oder wo auch immer.
In dieser mangelhaften und unzureichenden Ausstattung mit Eigenmitteln liegt letztlich eine ganz entscheidende Ursache auch für die Entwicklung der Insolvenzen. Selbst in dem Kapitel über die Insolvenzen lassen Sie nichts unversucht, um über die wahre Lage hinwegzutäuschen. Die Bundesregierung entpuppt sich als Meister statistischer Manipulation. Sie schreiben, daß die Zuwachsrate der Insolvenzen im Jahre 1974 ihren Höhepunkt erreicht hat. Sie verschweigen, daß die absolute Zahl — sie ist für die Betroffenen das Entscheidende — im Jahre 1975 noch weit über der des Jahres 1974 lag. An keiner Stelle finden wir die klare Diagnose, daß im Jahre 1975 die bisher absolut höchste Insolvenzquote der Nachkriegszeit festzustellen war. An keiner Stelle Ihres Berichtes finden wir die Zahl, um die es geht: 8 942 Konkurse im Jahre 1974.

(Stücklen [CDU/CSU] : In einem Jahr!)

Und an keiner Stelle Ihres Berichtes finden wir die Tatsache, daß 5 886 oder 65,8 °/o aller Konkurse mangels Masse abgelehnt werden mußten. An keiner Stelle Ihres Berichtes finden wir die Feststellung, daß der mittelständische Bereich von diesen Konkursen am härtesten betroffen wurde. 94,9 °/o aller Konkurse fanden im mittelständischen Bereich statt, d. h. bei Unternehmen mit bis zu 200 Beschäftigten.

(Kiechle [CDU/CSU] : So sieht die Wahrheit aus!)

Auch diese Zahl fehlt in Ihrem Bericht. Was soll man von einem Bericht erwarten, der in diesem wichtigen Punkt der Diagnose so unzulänglich ist, der die Wirklichkeit bewußt außer acht läßt? Man kann dann auch nicht erwarten, daß eine Therapie aufgezeigt wird. Ich glaube nicht, daß dies nur ein
Versehen ist; ich habe den Eindruck, dies ist Absicht.
In diesem Zusammenhang sei an den Bundeskanzler erinnert, der ja sagte, wenn ein paar Unternehmer pleite gingen, so sei das jedenfalls ein Beweis dafür, daß die Marktwirtschaft noch existiere.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wer so leichtfertig über derartige Entwicklungen hinweggeht und meint, das sei ein Beweis für eine funktionierende Marktwirtschaft, wer glaubt, man könne über die Existenzbedrohung der mittelständischen Unternehmen, ihrer Familien und der mit ihnen verbundenen Zehntausenden von Arbeitsplätzen hinweggehen, kann, glaube ich, gar nicht den Ansatzpunkt für eine wirklich sinnvolle, eine wirklich system- und zukunftsgerechte Mittelstandspolitik finden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dieser Konzentrationsprozeß, diese Substanzauszehrung ist ein Flurschaden für unsere marktwirtschaftliche Ordnung und Struktur.

(So ist es! bei der CDU/CSU)

Manches traditionsreiche Unternehmen mußte sich diesem Prozeß beugen. Nicht nur falsch finanzierte Bauträgergesellschaften wurden hier in Mitleidenschaft gezogen, und man kann sicherlich auch nicht sagen, daß es dann, wenn irgendwelche Betriebe nicht mehr weitermachen konnten, immer Managementfehler gewesen waren. Die Substanzauszehrung unserer mittelständischen Wirtschaft ist in vielen Sparten viel weiter fortgeschritten, als es der Bundesregierung bewußt ist oder als sie zugeben will.

(Stücklen [CDU/CSU]: Zugibt! Das ist es!)

Angesichts einer derart verzerrten und optimistisch geschminkten Lagebeurteilung nimmt es nicht wunder, wenn die Maßnahmen der Bundesregierung entsprechend unzureichend ausfallen. Es wird zwar in einer sehr breit angelegten Nabelschau der Versuch gemacht, einen Maßnahmenkatalog der zurückliegenden Zeit vorzulegen, aber dabei ist man um eine Umfunktionierung von mittelstandsfeindlich wirkenden Maßnahmen in angeblich mittelstandsfreundliche Maßnahmen bemüht.
Ich will Ihnen nur einige Beweise geben. Die Regierung behauptet, bei konjunkturpolitischen Beschlüssen würden die Verhältnisse der kleinen Unternehmen in besonderer Weise bedacht. Wahr ist dagegen, daß speziell die Hochzinspolitik der zurückliegenden Jahre, zu der sich die Bundesbank auf Grund der Tatenlosigkeit der Regierung gezwungen sah,

(Stücklen [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

eine Maßnahme gewesen ist, die einseitig und in erster Linie — stärker als die Großbetriebe — die kleinen und die mittleren Unternehmer betroffen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)




Hauser (Krefeld)

Ein weiteres: Das von der Bundesregierung vielgerühmte Programm zur Förderung von Beschäftigung und Wachstum bei Stabilität vom Dezember 1974 sah entgegen den Forderungen der Union keine Mittelstandsklausel vor, die die Zulage für kleine und mittlere Unternehmen entsprechend den ökonomischen Notwendigkeiten gestaffelt hätte. Hier wurde allen Betrieben eine Bleichhohe Zulage gewährt — mit dem praktischen Erfolg, daß den Löwenanteil dieses Investitionsprogramms die Großbetriebe eingestrichen haben, die ohnehin auf Grund der technologischen Zwänge investiert hätten.
Die von der CDU/CSU vorgeschlagene gestaffelte Investitionszulage — gestaffelt nach Unternehmensgröße — wurde von der Koalition in den Ausschüssen abgelehnt. Und, Herr Minister, man braucht den Bericht, von dem Sie hier vorhin gesprochen haben, gar nicht erst abzuwarten, um zu wissen, daß es in der Bundesrepublik mehrere Großbetriebe, mehrere Konzernunternehmen gibt, die ihre Milliardeninvestitionen längst vor Bekanntwerden Ihres Investitionsprogramms vorgeplant und auch durchfinanziert hatten

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

und die pro Milliarde 75 Millionen Zulage kassierten, ohne daß eine einzige Mark mehr als vorgesehen investiert worden wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das gleiche Schicksal war unserem Antrag auf Einführung des Verlustrücktrages beschieden. Dieser Antrag wurde von uns im Dezember 1973 im Zusammenhang mit dem soeben erwähnten Gesetz vorgeschlagen. Die Bundesregierung und die sie tragende Koalition benötigten ganze zwei Jahre, um die Notwendigkeit dieser Maßnahme anzuerkennen, und renommiert jetzt damit, daß sie den Verlustrücktrag zugunsten der mittelständischen Betriebe eingeführt hätte.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Dies ist nicht zu spät geschehen, sondern ist auch auf ein Jahr begrenzt und von daher unzulänglich.
Weiter werden die sogenannten verbesserten Kooperationsmöglichkeiten für kleine und mittlere Betriebe gerühmt. Herr Kollege Schachtschabel, Sie haben ja auch gesagt, daß die zweite Kartellgesetznovelle nun wirklich das Gelbe vom Ei sei, was wir alle zu bestaunen hätten. Es wird aber nicht gesagt, daß seit der Verabschiedung der zweiten Kartellgesetznovelle nur 13 Kooperationen nach dem neuen § 5 b — von denen Sie meinen, das sei die große Leistung — gestattet wurden. Das ist doch noch nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.
Auch um diese makabre Zahl drückt sich der Bericht der Bundesregierung herum. Die Regierung spricht vielmehr in ihrem Bericht von einer „entgegenkommenden Haltung der Kartellbehörden gegenüber Mittelstandkooperationen". Weiter heißt es, daß das Bemühen der Kartellbehörde um eine möglichst einfache Verfahrensgestaltung in erheblichem Maße dazu beigetragen habe, daß die Kooperationsmöglichkeiten stärker genutzt würden.
Das alles ist doch reine Makulatur, wenn man sieht, was unter dem Strich wirklich dabei herausgekommen ist: 13 Kooperationen für 1,9 Millionen Selbständige. Ich frage mich, was das denn soll, warum man das hier als große mittelstandspolitische Leistung verkündet.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724804400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Professor Schachtschabel?

Hansheinz Hauser (CDU):
Rede ID: ID0724804500
Ja, bitte schön!

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0724804600
Herr Kollege Hauser, stimmen Sie den folgenden Ausführungen im „Handelsblatt" vom 2. Juni 1976 zu?
Der Staat hat viele Offerten zum Beispiel auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts mit der Einführung der Kooperationserleichterungen, der erweiterten Mittelstandsempfehlung, der Möglichkeit der Wettbewerbsregeln, dem Service der Kooperationsfibel gemacht, die von den Adressaten überhaupt nicht erkannt und nicht angenommen worden sind.
Ich darf Sie bitten, mir eine Antwort darauf zu geben, warum das nicht geschehen ist.

Hansheinz Hauser (CDU):
Rede ID: ID0724804700
Wahrscheinlich deshalb, weil die Bundesregierung in der Praktizierung dieses Paragraphen für die Betriebe mehr Schwierigkeiten als Vorteile anbietet.

(Beifall bei der CDU/CSU — Stahl [Kempen] [SPD] : Das ist ja nun eine Antwort!)

Bei dem für den Mittelstand so wichtigen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb konzentrieren sich die Maßnahmen der Bundesregierung darauf — laut Bericht —, ständig zu beobachten und aufmerksam zu verfolgen. Sie konnte dabei allerdings lernen, daß die vom Gesetzgeber, d. h. aber in diesem Fall ganz konkret: von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Jahre 1969 bei der letzten Novellierung verfolgten Zielsetzungen durch die Rechtsprechung voll bestätigt werden.
Sehen Sie, auch diese Novelle, die Sie nun rühmen, kam nicht von der Bundesregierung, sondern sie kam von der CDU/CSU-Fraktion. Wir stimmen bezüglich des Erfolgs der Novelle nicht mit Ihnen überein im Hinblick auf die Lockvogelangebote. Diese Novelle hat nicht ereichen können, daß die Lockvögel endlich in den Käfig eingesperrt wurden. Hier ist die Bundesregierung einem Trugschluß aufgesessen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724804800
Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluß.

Hansheinz Hauser (CDU):
Rede ID: ID0724804900
Ja, ich werde mich kürzer fassen.
Ich wollte eigentlich noch auf das Aktionsprogramm eingehen, das hier von der Bundesregierung angekündigt wurde und dem ich eigentlich dasselbe Prädikat geben möchte wie dem Aktionsprogramm



Hauser (Krefeld)

von 1970, nämlich „Aktionsprogramm ohne Aktionen".

(Stahl [Kempen] [SPD] : Welches Prädikat würden Sie denn Ihrer Rede geben, Herr Hauser?)

In diesem Aktionsprogramm ist über die entscheidende Frage Herr Kollege Stahl, jetzt komme ich auf Ihre Zwischenbemerkung von vorhin — überhaupt nichts gesagt, nämlich wie die Bundesregierung die Flächenexpansion auf der grünen Wiese in den Griff zu bekommen und diesem derzeit schwierigsten und neuralgischen Problem der Mittelstandspolitik entgegenzuwirken gedenkt. Da Sie eben die Städte angesprochen haben, möchte ich Ihnen sagen, daß auf meinen Antrag hin im Präsidium des Deutschen Städtetages in der nächsten Sitzung eine Dokumentation verabschiedet wird, in der wir allen unseren Mitgliedsstädten sagen, wie gefährlich und strukturverzerrend die Ansiedlung dieser Supermärkte auf der grünen Wiese ist,

(Beifall bei der CDU/CSU)

wie schlecht dies für die Struktur der Städte ist und in wie gefährlicher Weise in Nahversorgung und die Versorgung der Verbraucher überhaupt in Frage gestellt wird.

(Stahl [Kempen] [SPD] : Warum sind Sie nicht etwas früher zu dieser Erkenntnis gekommen? Sie sind doch seit Jahren da tätig!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724805000
Herr Kollege, ich bitte Sie, zum Schluß zu kommen, da Ihre Redezeit abgelaufen ist.

Hansheinz Hauser (CDU):
Rede ID: ID0724805100
Meine Damen und Herren, ich muß leider zum Schluß kommen, obwohl ich gern noch einige Dinge gesagt hätte. Eine zukunftsorientierte Mittelstandspolitik kann doch nur dann wirksam werden, wenn wir — das hat Herr Minister Jaumann vorhin gesagt — nicht nur von der Hand in den Mund leben, sondern wenn wir eine klare Konzeption haben, an der wir uns orientieren. Dieser Zielsetzung dient die Vorlage unseres Mittelstandsförderungsgesetzes, ihr dient die Vorlage unseres Aktionsprogramms.
Meine Damen und Herren, sorgen Sie mit dafür, daß diese Mittelstandsdebatte, heute am Ende einer Legislaturperiode, nicht zu einem Schattenboxen wird. Sorgen Sie dafür, daß nicht nur Sprüche für den Wahlkampf gemacht werden; sorgen Sie vielmehr dafür, daß diese Diskussion Auswirkungen hat auf die Situation des Mittelstands. Handeln Sie hier und heute, dann handeln Sie mittelstandsgerecht. Wer sofort gibt, gibt doppelt!

(Wehner [SPD] : Ihre Phrasen waren doppelt!)

Ich glaube, wenn wir uns darin einig werden könnten, hätte diese Debatte einen Sinn gehabt. Anderenfalls wäre das hier vertane Zeit gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0724805200
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0724805300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst namens der Freien Demokraten der Bundesregierung und insbesondere dem Bundeswirtschaftsminister und seinen Mitarbeitern für den informativen und umfassenden Mittelstandsbericht sehr herzlich danken. Ich weise hier die Kritik von Herrn Hauser ganz entschieden zurück.
Meine Damen und Herren, mit der Vorlage des Mittelstandsberichts stellt die Bundesregierung erneut unter Beweis, daß ihr die Existenz eines gesunden und leistungsfähigen Mittelstands ein ernstes Anliegen ist und daß für sie der Bestand kleiner und mittlerer Betriebe nicht nur eine wirtschaftliche, sondern mehr noch eine politische Notwendigkeit darstellt, weil er eine wesentliche Voraussetzung unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist. Ich will keineswegs verschweigen, daß der Mittelstand wie viele Bereiche unserer Wirtschaft einem permanenten Strukturwandel unterliegt. Es ist aber nicht zu leugnen, daß gerade kleinere und mittlere Betriebe mit der Rezession besser fertig geworden sind als andere Unternehmen.
Nicht nur in Publikationen, sondern auch heute in der Debatte hier erlebe ich die verzweifelten Anstrengungen der Opposition, etwas von dem zu retten, was sie einmal als ihre Domäne bezeichnen zu können glaubte, nämlich das Feld der Mittelstandspolitik. Da kann ich die Opposition aber nicht ernst nehmen. Sie betreibt, statt praktische Mittelstandspolitik zu üben, selber den Etikettenschwindel, den sie anderen ständig vorwirft. Dieser wird auch dadurch nicht wahrer, daß sie diesen Vorwurf anderen gegenüber pausenlos wiederholt. Ich darf dazu nur auf eine Presseerklärung der CDU/CSU vom 12. Mai hinweisen, in der uns Etikettenschwindel vorgeworfen wird.
Bei den Ausführungen von Herrn Hauser, dem Sprecher der Opposition, hatte ich das Gefühl, als müßte der Mittelstand unter der Politik der Bundesregierung zusammenbrechen. Man muß sich fast wundern, daß es in der Bundesrepublik noch rund 1,9 Millionen kleine und mittlere Unternehmen gibt, die immerhin 60 °/o der etwa 22 Millionen Arbeitnehmer der Bundesrepublik beschäftigen. Es ist überhaupt erstaunlich, daß diese Anteile in den letzten Jahren fast konstant geblieben sind.
Nun zu Ihren Ausführungen, Herr Kollege Hauser. Sie und die Sprecher der Opposition reden immer davon, daß man wieder Vertrauen in die Wirtschaft setzen müsse. Ich muß Sie aber fragen, ob Sie mit Ihren Ausführungen dazu beigetragen haben, das Vertrauen wieder herzustellen. Sie haben hier die Behauptung aufgestellt, die Konjunkturprogramme der Bundesregierung seien am Mittelstand vorbeigegangen. Ich erinnere nur an das Modernisierungsprogramm, das — ich glaube, das wird von niemandem bestritten werden — ausschließlich der mittelständischen Wirtschaft zugute gekommen ist.



Wurbs
Sie weisen darauf hin, daß Sie den Vorschlag des Verlustrücktrags, des Carry-back, mit einer Zweijahresfrist gemacht haben. Diese Forderung steht in krassem Widerspruch zu Ihren Behauptungen, den Haushalt konsolidieren zu wollen. Denn die Verwirklichung Ihrer Forderung hätte zusätzliche Belastungen in der Größenordnung von rund 400 Millionen DM gebracht.
Was Ihre Bemerkungen über die Möglichkeiten der Kooperation anlangt, Herr Kollege Hauser, so ist das, glaube ich, ein Eigentor gewesen. Herr Minister Jaumann wird aus seiner praktischen Erfahrung sehr wahrscheinlich bestätigen können, daß Möglichkeiten zur Kooperation im mittelständischen Bereich durchaus gegeben sind, daß diese Möglichkeiten im Augenblick aber noch nicht in dem Maße angenommen werden, wie es das Gesetz zuläßt.
Zu dem Stichwort der Expansion auf der grünen Wiese darf ich darauf verweisen, daß wir jetzt ein Bundesbaugesetz verabschiedet haben, das die Möglichkeiten eröffnet, planerische Fehlentwicklungen in jedem Fall auszuschließen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht zu leugnen, daß z. B. die Anzahl der Betriebe im Handwerk und deren Beschäftigtenzahl auch im Jahre 1975 rückläufig waren. Dies ist aber im wesentlichen auf die veränderte Situation im Bau- und Bauausbaugewerbe zurückzuführen. Ich möchte das an zwei Zahlen kurz demonstrieren. Im Jahre 1974 betrug die Zahl der Betriebe im Baugewerbe rund 60 700 und im Jahre 1975 rund 58 400. Die Beschäftigtenzahl ging im selben Zeitraum um etwa 141 000 zurück, während die Beschäftigtenzahl im Handwerk insgesamt um 128 000 zurückging. Hier ist also eine Entwicklung eingetreten, die der in den Vorjahren zuwiderlief, als ein leichter Anstieg der Beschäftigtenzahl festzustellen war.
Die Leistungen der sozialliberalen Koalition in den vergangenen Jahren können sich durchaus sehen lassen. Schlagworte wie „Aktionsprogramm ohne Aktionen" können die Leistungen der Regierung nicht verwischen.

(Niegel [CDU/CSU] : Glauben Sie selbst daran?)

Gerade die FDP-Bundestagsfraktion hat eine Vielzahl von haushaltspolitisch vertretbaren Verbesserungen vorgeschlagen und in Regierungspolitik umgesetzt.
Die Bundesregierung wird, was für den mittelständischen Bereich von entscheidender Bedeutung sein wird, noch in diesem Jahr die Reform der Körperschaftsteuer durchführen und damit die Anrechenbarkeit einführen. Hier wird in jedem Fall eine Verbesserung des Eigenkapitals der Betriebe gewährleistet.
Die Begrenzung des eingeführten Verlustrücktrages auf 5 Millionen DM macht den mittelstandsfreundlichen Charakter dieser Maßnahme deutlich.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Kleine und mittlere Unternehmen, die im Gegensatz
zu großen Konzernen nicht die Möglichkeit zu unternehmensinternem Verlustausgleich besitzen, werden nun eine bessere Wettbewerbsposition erhalten. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes wird durch die Liquiditätswirkung erhöht, die Gefahr von Konkursen eingedämmt; aber auch für den Arbeitnehmer insofern wichtig, als im Falle von Arbeitslosigkeit negative Einkünfte, z. B. infolge von 7 b-Abschreibungen, mit dem Einkommen aus dem Vorjahr verrechnet werden können.
Das ERP-Sondervermögen für das Jahr 1976 sieht eine wesentliche Aufstockung vor, nämlich um 38 % der Mittel für kleine und mittlere Gewerbetreibende. 217 Millionen DM werden u. a. für Handel und Handwerk in strukturschwachen Gebieten, für Existenzgründungen in neuen Stadtteilen, für Beteiligungsgesellschaften zugunsten von mittelständischen Unternehmen, für kleine Presseunternehmen, für betriebliche Ausbildungsstätten und Kooperationen zusätzlich zur Verfügung stehen. Zu diesem regulären ERP-Haushalt treten die für die Folgejahre vorgezogenen Ausgaben für den Umweltschutz hinzu. Vorgesehen sind 500 Millionen DM pro Jahr für die Jahre 1975 und 1976. Diese Mittel werden ebenfalls zu einer verbesserten Nachfrage gerade auch bei kleinen und mittleren Unternehmen, besonders im Bausektor, führen.
Praktische Mittelstandspolitik betreibt die Bundesregierung aber nicht nur in Wahljahren, um das einmal ganz deutlich zu sagen. Bereits 1952 haben die Freien Demokraten mit ihrem Sozialprogramm die Stärkung der Mittelschichten gefordert. Vor Einführung des Verlustrücktrags, der Körperschaftsteuerreform und der Erhöhung der ERP-Mittel hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode im Rahmen der Steuerreform bereits folgende Verbesserungen für den Mittelstand durchgesetzt: die Erhöhung des Gewerbesteuerfreibetrages von 7 200 DM auf 15 000 DM und die Verlängerung der Ertragsmeßstufen — mir ist klar, daß der Freibetrag von 15 000 DM keinesfalls mehr zeitgemäß ist, daß aber angesichts der Haushaltssituation zur Zeit keine Möglichkeit zur Erhöhung besteht —; die Beseitigung der Ergänzungsabgabe, die seinerzeit von der Großen Koalition — unter Federführung des Finanzministers Strauß — eingeführt worden ist; die Senkung der Vermögensteuer von 1 °/o auf 0,7 °/o bei gleichzeitigem Fortfall der Abzugsfähigkeit bei der Einkommensteuer; die Einführung eines Altersentlastungsfreibetrages von 3 000 DM pro Person für Einkünfte, die nicht Renten und Pensionen sind; die Erhöhung des zusätzlichen Abzugsbetrages für Versicherungen von 1 000 auf 1 500 DM, die Einbeziehung der betrieblichen Investitionen in die Sparförderung, der Fortfall der Buchführungspflicht als Voraussetzung für den Empfang der Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz.
Eine weitere wesentliche Verbesserung der Lage der Selbständigen ist mit dem Rentenreformgesetz von 1972 eingeleitet worden. Mit ihm ist die Rentenversicherung auch für Selbständige geöffnet worden, die bisher keinen Zugang hatten. Wie groß das Bedürfnis nach einer solchen vom Unternehmerrisiko getrennten Alterssicherung war, zeigen die Zahlen. Bis Ende 1975 haben rund 92 000 Selbständige von



Wurbs
der Möglichkeit der Pflichtversicherung auf Antrag Gebrauch gemacht. Etwa 660 000 Versicherte haben bis zum 31. Dezember nachentrichtet, und, man höre und staune, kurz vor dem Ende der Antragsfrist, nämlich dem 31. Dezember 1975, sind allein bei der Bundesversicherungsanstalt noch rund 700 000 Anträge auf Nachentrichtung eingegangen.

(Josten [CDU/CSU] : Das ist eine gute Sache!)

Die Form der Nachentrichtung hat gerade Selbständigen die Möglichkeit zum Aufbau einer Alterssicherung gebracht. Zusammen mit der Rentenversicherung der Handwerker ist damit eine Grundsicherung für die Altersversorgung der Selbständigen geschaffen worden, die sich durchaus sehen lassen kann.
Es hat in dieser Legislaturperiode zwei ganz wesentliche und für die Weiterentwicklung der Marktwirtschaft in der Bundesrepublik weichenstellende und grundlegende Entscheidungen gegeben. Die eine davon war die Verabschiedung der Kartellnovelle. Nach etwa drei Legislaturperioden fruchtlosen Streitens ist es — ich möchte Sie doch bitten, diesen bemerkenswerten Umstand zu berücksichtigen — schließlich einer sozialliberalen Koalition möglich gewesen, die Weiterentwicklung des Wettbewerbsrechts in der Bundesrepublik zu beschließen. Ich halte es für ein schwerwiegendes und auch unverzeihliches Versäumnis, daß die früheren Regierungskoalitionen diese Entscheidung nicht haben treffen können. Die Einführung der Fusionskontrolle und des Fusionsverbotes, die Einführung der Kooperationserleichterung für kleine und mittlere Unternehmen, der Mittelstandsempfehlung, des Verbotes der abgestimmten Verhaltensweisen waren unumgänglich, wenn wir die Wettbewerbsgrundlagen einer marktwirtschaftlichen Ordnung in der Bundesrepublik nachhaltig sichern wollten. Dies war unsere Entscheidung. Dies ist sehr schnell zu Anfang dieser Legislaturperiode geschehen, übrigens dann mit Zustimmung aller drei Fraktionen des Bundestages. Ich halte dies für eine der ganz wesentlichen Entscheidungen in der jetzigen Legislaturperiode.
Die zweite wesentliche Entscheidung, die von der sozialliberalen Koalition in dieser Legislaturperiode beschlossen wurde, war die Aufwertung im Mai 1973. Bis dahin war eine vernünftige Geldmengenpolitik in der Bundesrepublik nicht zu betreiben. Ich will an dieser Stelle nicht auf die widersprüchliche Haltung der Opposition eingehen. Eines ist jedoch festzustellen: daß erst mit der Aufwertung eine wirksame Stabilitätspolitik betrieben werden konnte. Gerade Instabilität ist für mittlere Betriebe der größte Feind. Ich glaube, daran wird nicht zu rütteln sein.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren von der Opposition, an dieser Stelle gestatten Sie mir noch ein paar Bemerkungen zu Ihren Aktivitäten im Bundestag, insbesondere zu dem von Ihnen eingebrachten Entwurf eines Mittelstandsförderungsgesetzes.

(Gallus [FDP]: Optik ist das, sonst nichts!)

Der Gesetzentwurf bringt in der Sache nichts Neues. Er stellt lediglich noch einmal das zusammen, was von der Bundesregierung bereits seit Jahren im Rahmen ihrer Mittelstandspolitik mit Erfolg praktiziert wird. Ob es sich um Finanzierungshilfen oder um Maßnahmen zur Leistungssteigerung handelt, wie Beratungsförderung, Unternehmensschulung, Verbesserung des Informationswesens, kooperationsfördernde Nutzbarmachung der Ergebnisse von Forschung und Entwicklung für kleinere und mitttlere Unternehmen, all dies ist bereits im Aktionsprogramm der Bundesregierung enthalten. Der Gesetzentwurf bietet keinerlei materielle Verbesserung der Mittelstandspolitik, zumal ausdrücklich hervorgehoben wird, daß sich die finanzielle Förderung nach dem jeweiligen Haushaltsplan richten muß.
Ich halte ein solches Gesetz mit lediglich deklamatorischem Charakter nicht für notwendig. Um so erstaunlicher ist es, daß Sie in dem auch zur Beratung anstehenden Aktionsprogramm für den Mittelstand, das von Ihnen zu Beginn dieses Jahres vorgelegt worden ist, die gegenwärtigen haushaltspolitischen Möglichkeiten völlig ignorieren und Ihren oppositionseigenen Einsparungsforderungen widersprechen. Steuersenkungen und Haushaltseinsparungen in Höhe von rund 10 Milliarden DM fordert der stellvertretende CDU-Vorsitzende Stoltenberg, gleichzeitig legt seine Partei ein Programm vor, das Mehrausgaben von rund 7 Milliarden DM bedeuten würde. Das von der Union vielbeschworene finanzpolitische Chaos wäre Wirklichkeit, folgte man diesen unseriösen Propagandaanträgen.
Ich möchte meine Behauptung an Hand des strukturpolitischen Programms der CDU/CSU belegen. Ich beziehe mich hierbei auf die Drucksache 7/4759, in der Sie u. a. fordern: die Verbesserung der degressiven Abschreibung auf das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Wegen jährlicher Steuerminderung von rund 1,1 Milliarden DM ist diese Forderung zur Zeit nicht zu realisieren. Im übrigen verweise ich aber auch in diesem Zusammenhang auf das Aktionsprogramm der Bundesregierung, auf die Passage II.
Ferner fordern Sie eine zeitlich begrenzte Wiedereinführung der Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als Sonderausgaben von der Einkommensteuer. Die Abzugsfähigkeit von Zinsen für betriebliche Kredite ist nicht eingeschränkt, die Einschränkung gilt nur für Privatpersonen. Insofern ist nicht ersichtlich, warum diese Forderung in ein Aktionsprogramm für die mittelständische Wirtschaft aufgenommen worden ist.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Das Sie das nicht begreifen, verstehe ich nicht!)

Eine weitere Forderung ist der Verzicht auf die Hinzurechnung von Dauerschulden und Dauerschuldzinsen bei der Gewerbesteuer. Wenn wir diesen Ihren Forderungen nachkommen würden, würden voraussichtliche Steuermindereinnahmen in der Größenordnung von 2,6 Milliarden DM pro Jahr entstehen. Der Verzicht auf die Hinzurechnung



Wurbs
würde wegen Progressionsabhängigkeit darüber hinaus größere Unternehmen stärker begünstigen. Die Wettbewerbsposition kleiner und mittlerer Unternehmen wird durch Freibetragserhöhung, wie im Rahmen der Steuerreform geschehen, durch unsere Maßnahmen erheblich mehr verbessert, als das nach Ihren Vorschlägen der Fall wäre.
Im kreditpolitischen Bereich fordern Sie die Aufstockung der ERP-Mittelstandsprogramme. Die Bundesregierung hat bereits im Dezember 1974 beschlossen, ERP-Mittel künftig verstärkt auf die Mittelstandsprogramme zu konzentrieren. — Der Herr Bundesminister ist vorhin auf diesen Punkt eingegangen; aber ich darf vielleicht noch einige ergänzende Bemerkungen machen. — Demgemäß sieht bereits der ERP-Plan 1976 eine Aufstockung der Ansätze um 38 % gegenüber 1975 vor. Die Zinssätze für ERP-Darlehen sind jeweils am 1. April 1975 und am 1. April 1976 um 0,5 Punkte gesenkt worden. Sie betragen heute 4,5 % für Vorhaben in Berlin, 5,5 % für Vorhaben im Zonenrandgebiet und 6,5 % für Vorhaben in den übrigen Gebieten; die Zinssätze liegen damit deutlich unter denen des Kapitalmarktes.
Was die Erhöhung der ERP-Mittel zur Existenzgründung und Errichtung von Betrieben in neuen Wohnsiedlungen anbelangt, so entsprechen diese Vorschläge weitgehend den Vorstellungen der Bundesregierung; das muß ich hier zugestehen. Im ERP-Plan 1976 sind zur Förderung der Existenzgründung und zur Förderung von standortbedingten Investitionen rund 225 Millionen DM vorgesehen, was eine Steigerung um 42 % gegenüber 1975 bedeutet.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch ein paar Bemerkungen zum öffentlichen Auftragswesen.
Die Bundesregierung hat am 19. Mai 1976 Richtlinien zur angemessenen Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nach der VOB verabschiedet. Die Vergabe von Unteraufträgen an kleine und mittlere Unternehmen zu ungünstigen Konditionen ist noch ein weites Feld, auf dem Maßnahmen ergriffen werden können. Hier werden die Bestimmungen nicht so strikt angewandt bzw. durchgeführt, wie es dem Mittelstand angemessen wäre.
Ich bitte die Bundesregierung, in diesem Zusammenhang auch den Bereich der Gewährleistungsund Ausfallbürgschaften einer eingehenden berprüfung zu unterziehen. Kleine und mittlere Betriebe sind zum Teil nicht in der Lage, Aufträge auszuführen, weil die laut VOB zulässigen Gewährleistungsrichtlinien weit überschritten werden und die Unternehmen im mittelständischen Bereich nicht in der Lage sind, entsprechende Bankbürgschaften beizubringen. Mir sind Beispiele bekanntgeworden, in denen für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen Bürgschaften in einer Größenordnung von 30 % der Vertragssumme gefordert wurden. Wenn diese Praxis weiter um sich greift, würde dies dazu führen, daß der mittelständische Bereich auf diesem Gebiet ganz ausgeschaltet wird.
Im übrigen kann ich feststellen, daß die FDP mit ihrem 12-Thesen-Papier zur Mittelstandspolitik aus dem Jahre 1972 gute programmatische Schrittmacherdienste für ihre Arbeit auf diesem Gebiet geleistet hat. Ich nenne nur die Finanzierungsmöglichkeiten und Maßnahmen zur Wettbewerbspolitik. Meine Damen und Herren von der Opposition, wie wollen Sie angesichts dessen behaupten, wir hätten geschlafen?

(Lampersbach [CDU/CSU] : Das machen Sie doch immer!)

Eines ist doch wohl klar: Mittelstandspolitik ist nur durch einen ständigen und funktionierenden Wettbewerb und dadurch, daß gerade auch die kleinen und mittleren Unternehmen ihr Leistungspotential voll ausschöpfen können, gewährleistet. Hier setzt das Aktionsprogramm der Bundesregierung ein. Trotz der augenblicklichen prekären Haushaltslage wird die Förderung des Mittelstandes nicht etwa eingeschränkt. Zu den Schwerpunkten des Aktionsprogrammes gehören Maßnahmen, die zur Verbesserung der Rahmenbedingungen, zur Steigerung der Leistungsfähigkeit und zur Verbesserung der betrieblichen Finanzierungsmöglichkeiten beitragen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang die einzelnen Punkte nicht alle noch einmal aufführen. Lassen Sie mich nur einige nennen. Für die Rationalisierung, Forschung, Entwicklung und Innovation werden z. B. 343 Millionen DM zur Verfügung stehen. Als Finanzierungshilfe wurden von 1970 bis 1975 folgende Mittel aufgewendet: Kreditgewährung aus dem ERP-Haushalt an kleine und mittlere Unternehmen: 2,43 Milliarden DM, Mittelstandsprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau in einer Größenordnung von rund 3,5 Milliarden DM. Bürgschaften wurden in einer Größenordnung von 1,2 Milliarden DM gewährt.
Ich glaube, daß ich mit den soeben vorgetragenen Fakten die Leistung der sozialliberalen Koalition für den Mittelstand hinreichend dargestellt habe.
Ich greife an dieser Stelle aber auch ein Wort von Herrn Minister Jaumann auf und begrüße das Angebot der Länder, möglicherweise zu einem gemeinsamen Konzept zu kommen. Herr Minister, Sie haben ein Mittelstandsprogramm in Ihrem Land verabschiedet. Auch das Land Hessen hat ein solches Programm verabschiedet. Diese Programme beinhalten allerdings eine unterschiedliche Programmatik. Es wäre wünschenswert, wenn wir zusammen mit den Ländern hier weitere Möglichkeiten eröffneten, Hilfestellung für den Mittelstand zu geben.
Im übrigen wird sich die sozialliberale Koalition, meine Damen und Herren — das stelle ich hier ausdrücklich fest —, nicht mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden geben,

(Tillmann [CDU/CSU] : Das wäre auch noch schöner!)

sondern auch weiterhin für die Belange des Mittelstandes eintreten. Die Freien Demokraten nehmen den Mittelstandsbericht zustimmend zur Kenntnis.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Wer immer strebend sich bemüht!)




Wurbs
— Nun noch ein Wort zu Ihnen, Herr Lampersbach. Wenn Sie außer Ihren unqualifizierten Zwischenrufen noch etwas Bedeutendes zu sagen haben, dann nehmen Sie sich doch die Zeit und kommen Sie hier herauf.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Ich bin schon gemeldet!)

Sie sind dann besser verständlich. Dann können wir uns auseinandersetzen. Sie haben den Vorteil, hier vorne zu sitzen, so daß Sie den Redner stören können. Wir können das nicht und wollen das auch nicht, weil das nicht unserer Mentalität entspräche, hier dauernd Zwischenrufe zu machen. Wie gesagt, wenn Sie noch etwas zu sagen haben, dann kommen Sie hier herauf. Dann können wir uns entsprechend auseinandersetzen.
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen hier zugleich noch den Entwurf eines Gesetzes über die Handwerkszählung begründen und eine Bemerkung dazu machen. Die Handwerkszählung wurde bisher in den Jahren 1949, 1956, 1963 und 1968 durchgeführt. Die Ergebnisse der letzten Handwerkszählung aus dem Jahre 1968 sind zwischenzeitlich veraltet und bedürfen der Aktualisierung, weil neue, zuverlässige Daten als Entscheidungsgrundlage für wirtschafts- und handwerkspolitische Maßnahmen dringend benötigt werden. Die FDP-Fraktion unterstreicht daher die bereits in der Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs dargestellten sachlichen Erfordernisse. Die FDP stimmt dem Überweisungsvorschlag zu.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724805400
Das Wort hat der Abgeordnete Haase (Fürth).

Horst Haase (SPD):
Rede ID: ID0724805500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um das hier nach der Rede des Kollegen Hauser noch einmal deutlich zu sagen: Das mittelstandspolitische Programm der Koalition ist unter Berücksichtigung der rezessiven Phase von 1974 und 1975 ein erheblicher Erfolg, ein beachtlicher Erfolg. Insoweit ist der Mittelstandsbericht ein Erfolgsbericht. Dafür danken wir auch im Namen der sozialdemokratischen Fraktion.

(Niegel [CDU/CSU] : Wem danken Sie denn?)

Was wir dazu brauchen und gebraucht haben, war in der Tat eine klare Konzeption, die sich an den Sachfragen orientiert. Was wir nicht brauchen, will ich hier auch gleich sagen: die von der CDU/CSU erfundenen mystifizierten und ideologisierten mittelständischen Heilkräuter,

(Tillmann [CDU/CSU] : Herr Haase, was soll das!)

die Sie hier so nach dem Bild einer Kräuterhexe feilbieten, z. B. in Form des Mittelstandsförderungsgesetzes, das die Bayern erfunden haben und das nun zwei Jahre alt ist.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Und das der Koalition wehtut!)

Dies ist eine fromme Täuschung der gläubigen Mittelständler, weiter nichts.
Erstens. Verschafft dieses Gesetz — so wurde nachdrücklich gesagt: dieses Gesetz — bevorzugt Aufträge der öffentlichen Hand für den Mittelstand,

(Lampersbach [CDU/CSU] : Haben Sie denn nicht zugehört?)

wenn die Haushaltsordnungen — im übrigen auch die des Landes Bayern — das Prinzip des Billigstangebotes fordern und wenn ein Haushaltsausschuß und ein Rechnungshof darüber wachen, daß dem Genüge getan wird? Zweitens. Verhindert denn das Mittelstandsgesetz eine Ansiedlung von Supermärkten auf der Grünen Wiese zum Nachteil des Einzelhandels? Drittens. Wer ist denn nach einem solchen Mittelstandsgesetz anspruchsberechtigt: Der Mittelständler, der mit 700 Beschäftigten in seinem Betrieb vielleicht gerade dabei ist, den kleinen Einzelhändler zu schlucken, oder der Einzelhändler, der sich gegen dieses Schlucken durch den anderen Mittelständler wehrt? Was soll denn ein Gesetz, das Hoffnungen weckt, aber nichts oder fast nichts von diesen Hoffnungen erfüllt?
Da schreibt nun „Der Selbständige", eine Zeitung, die weiß Gott nicht den Sozialdemokraten nahesteht — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —, folgendes:
Ist Mittelstandsförderung lediglich ein Papiertiger? Was nützt das beste Gesetz und was nützen die schönsten Richtlinien zur Erhaltung einer ausgewogenen, gesunden Wirtschaftsstruktur, wenn es dort, wo dieses Gesetz in Praxis umgesetzt werden soll, hapert?
Ja, meine Damen und Herren, das ist der zentrale Punkt! Hier geht es nicht um ein Mittelstandsprogramm. Dieses Mittelstandsprogramm diskutieren wir hier. Auch ich sage: Wir brauchen so ein Programm, wir haben so ein Programm, wir richten uns nach einem solchen Programm, und dieses Programm der Bundesregierung ist erfolgreich gewesen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Na, na!)

Was wir nicht wollen, sind Versprechungen, wie sie auch schon vorgekommen sind, nach dem Motto: Wer Bauer bleiben will, der kann Bauer bleiben. Tatsache ist, daß nicht jeder Bauer bleiben konnte, der es wollte. Denn dies hing von sachlichen und faktischen Gegebenheiten ab. Ähnliches versuchen Sie jetzt mit diesem mystifizierten Etwas den Leuten des Mittelstands vorzumachen. Dagegen — nur dagegen — richtet sich die Kritik.
Es geht darum, an praktischen Beispielen aufzuzeigen, daß die Koalition in der Tat etwas geleistet hat. Sie haben den ERP-Haushalt als nicht hinlänglich verschrien. Warum haben Sie das eigentlich nicht gesagt, als Sie die Regierungsverantwortung getragen haben. lch habe mir die Zahlen herausgesucht, die für diese Frage wesentlich sind. Im Jahr 1965, also noch unter der Regierung Erhard, als das Volumen des ERP-Haushalts zwar um einiges, aber nicht wesentlich geringer war, waren 100 Millionen DM Kredite zugunsten des Mittelstandes vorgese-



Haase (Fürth)

hen. 1967, also in einem Rezessionsjahr, als es der besonderen Anstrengung der damaligen Regierung anheim gegeben gewesen wäre, etwas für den Mittelstand zu tun, waren es 240 Millionen DM. 1972, unter der Regierung Brandt, waren es 400 Millionen DM. 1976 sind es 687 Millionen DM. Dazu sagen Sie, dies genüge nicht — obwohl dies, wenn Sie so wollen, eine Verdreifachung der unter der Regierung Erhard zur Verfügung gestellten Mittel bedeutet.
Was zu den Zinssätzen gesagt worden ist, ist sicher richtig. Wir liegen 2 oder 3 % unter den Zinssätzen des Kapitalmarkts. Das ist ein Zinsvorteil, zumal man ja auch berücksichtigen muß, daß dieser Zinsvorteil sechs bis zehn Jahre festgeschrieben gewährt wird, also nicht dem variablen Zinssatz des Kapitalmarkts unterworfen ist.
Das sind die Leistungen! Wenn wir die Kredite so erhöht haben, daß ihr Volumen jetzt dreimal so groß ist wie zur Zeit der Regierung Erhard, können Sie hier doch nicht sagen, das sei keine Leistung. Dann hätten Sie erst noch 1967 kritisieren sollen.
Auch ich gebe zu, daß die Konkurse zugenommen haben. Das ist gar keine Frage. Aber man muß auch die anderen Zahlen beleuchten: Bei Untersuchungen, die von mit der Vergabe von ERP-Mitteln befaßten Kreditinstituten durchgeführt wurden, hat sich herausgestellt, daß im Jahr 1975 die Insolvenzquote bei ERP-Mitteln genauso groß war wie 1973 im Zeichen der Hochkonjunktur, nämlich 0,2 bis 0,6 %.

(Sick [CDU/CSU] : Was beweist das?)

— Ich will Ihnen sagen, was das heißt. Das heißt: Wenn man eine ordnungsgemäße Wirtschaft führt und sich im Wirtschaftsablauf ordnungsgemäß verhält, dann braucht man dies nicht zu fürchten.

(Sick [CDU/CSU] : Nicht der Mörder ist schuldig, sondern der Ermordete!)

Wenn man das nicht tut,

(Zuruf von der CDU/CSU: Um so besser!)

dann steht man vor der Tatsache, die hier ebenfalls angeklungen ist, nämlich: Privatisierung der Gewinne, aber Sozialisierung der Verluste.

(Beifall bei der SPD und FDP)

Dazu sagt der Bundeskanzler mit Recht: Wir haben eine soziale Marktwirtschaft, und die Selbstreinigungskraft der Wirtschaft ist der beste Garant dafür, daß es ordnungsgemäß geführte Betriebe gibt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und 1977?)

Daran haben gerade jene Betriebe in ihrer großen Mehrzahl ein besonderes Interesse, die unter diesen Haien in der gesamtwirtschaftlichen Konjunktur-und Strukturlage gelitten haben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724805600
Herr Abgeordneter Haase, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Breidbach?

Horst Haase (SPD):
Rede ID: ID0724805700
Ich will zum Schluß kommen.
Es lohnt sich, selbständig zu bleiben. Natürlich lohnt es sich, Herr Hauser. Haben Sie die Zahlen denn übersehen, die im Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums stehen? Die Zahl der Existenzgründungsdarlehen ist gestiegen und nicht zurückgegangen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

1973 waren es 540, und wir haben im Jahre 1974 2 726 und 1975 3 345. Das sind doch Zahlen, die offensichtlich aufwärts weisen. Wenn man solche Kredite für Existenzgründungen in der gewerblichen Wirtschaft gibt, dann werden Sie doch hier nicht argumentieren können, daß die Leute die Lust verloren haben. Nein, was Sie hier fordern, ist in der logischen Konsequenz sicher nicht zu Ende gedacht, das kann nicht der Inhalt der Wirtschaftspolitik zugunsten des Mittelstandes sein, den Sie zu vertreten vorgeben.
Das gleiche gilt für Ihre Darstellung der Stabilitätspolitik der Bundesbank. Wenn Sie sich schon darüber beklagen, dann muß ich Sie daran erinnern, daß es doch der Herr Strauß war, der die Stabilitätspolitik der Bundesbank ausdrücklich als richtig anerkannt hat.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Das Zinsniveau wurde doch dadurch angehoben. Die Preissteigerungsrate in der Wirtschaft im Jahre 1973 hat doch nicht die Bundesregierung gemacht. Wenn der Stahlpreis im Baugewerbe von einem Jahr auf das andere um mehrere hundert Prozent gestiegen ist, wenn die anderen Preissteigerungsraten im gesamten Bereich weit über das normale Maß hinausgegangen sind, was war denn dann die Schuld der Bundesregierung? Sie wollen doch hier keiner Planwirtschaft das Wort reden, oder?

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Falsche Konjunkturpolitik!)

Was getan werden mußte, ist daraufhin getan worden, und dieses ist auch richtig getan worden, nämlich ein Zurück zur Stabilität. Schauen Sie doch ins Ausland, schauen Sie dort auf die Preissteigerungsraten, schauen Sie sich die Zinsraten an, wie sich das dort zusammensetzt, und vergleichen Sie das mit unserem Lande. Sie werden erleben und sehen, wenn Sie es nicht schon längst wissen und nur verschweigen, daß dieses ein einmaliges Beispiel in Europa ist, von der Schweiz und anderen kleineren Ländern abgesehen.
Die Sozialdemokraten bejahen und fördern einen starken Mittelstand. Dieses muß hier noch einmal ausdrücklich gesagt werden. Wir wissen um seine positive gesellschaftspolitische Funktion, um seine Aufgabe bei der Regulierung des Wettbewerbs und seine Aufgabe in unserer wirtschaftlichen Ordnung. Wir bekennen uns auch zur Verpflichtung des Staates, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Wir können dabei auf die Einsicht des Mittelstandes durchaus rechnen. Ihre Einsicht, meine Damen und Herren, haben wir eh nie erwartet.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724805800
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidhuber.

Peter M. Schmidhuber (CSU):
Rede ID: ID0724805900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Hauser hat bereits ausführlich dargelegt, daß der Mittelstandsbericht der Bundesregierung sowohl im analytischen Teil als auch im sogenannten Aktionsprogramm den Erwartungen nicht gerecht wird. Auch auf dem Gebiet der Mittelstandspolitik ist eine unübersehbare Diskrepanz zwischen den von der Koalition erhobenen Ansprüchen und den politischen Ergebnissen feststellbar.
Wir bedauern, daß sich der Bericht auf die Darstellung der Probleme des gewerblichen Mittelstandes beschränkt und die anderen Fragen der Mittelschichtenpolitik links liegen läßt. Damit hat die Bundesregierung auf die umfassende Darstellung der Schlüsselfunktion der Mittelschichten für die Gesamtgesellschaft verzichtet, die die eigentliche Rechtfertigung einer Mittelstandspolitik darstellt. Auch die Funktion der kleinen und mittleren Unternehmen für die Sicherung des Bestandes einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung findet nur eine beiläufige Erwähnung im Rahmen der Wettbewerbspolitik. Punktuelle Verbesserungen, also Förderungsmaßnahmen auf Teilgebieten, so wichtig sie im Einzelfall sein mögen, lösen nicht das Grundproblem des strukturellen Nachteilsausgleichs der kleinen und mittleren Unternehmen.
Für die CDU/CSU erschöpft sich die Mittelstandspolitik nicht in einer Serie von Einzelhilfen oder gar in der Konservierung gewisser betrieblicher Strukturen. Für uns ist Mittelstands- oder besser Mittelschichtenpolitik eine politische Strategie, die darauf abzielt, den selbständigen und den unselbständigen Mittelstand in die Lage zu versetzen, seine gesamtgesellschaftliche Funktion, nämlich die Steigerung des Wachstums- und Innovationspotentials von Wirtschaft und Gesellschaft, besser wahrzunehmen. Das ist keine „mittelstandspolitische Mystik", Herr Kollege Haase. Mittelstandspolitik ist also nach unserem Verständnis primär eine Strategie zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft, die dadurch erreicht werden soll, daß man einer bestimmten Schicht den Anreiz zur Mehrleistung gibt. Die Ergebnisse dieser Mehrleistung werden dann der Gesamtheit der Gesellschaft zugute kommen.
Eine Bestandsaufnahme der Mittelstandspolitik muß mit der Frage beginnen, inwieweit die Gesamtwirkung der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik die Lage des Mittelstands beeinflußt. Darüber finden Sie in dem Bericht der Bundesregierung sehr wenig, und dies mit gutem Grund. Die Politik der liberalsozialen Koalition war per Saldo für den Mittelstand nachteilig.

(Dr. Luda [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Die zentrale Verheißung der liberalsozialen Koalition war das Schlagwort „mehr Gleichheit". Die Herstellung von mehr Gleichheit, gegen die niemand in einer privilegienfeindlichen Demokratie etwas haben kann, ist aber doch kein isoliertes politisches Ziel. Sie muß in einer Zielkombination mit der Freiheitssicherung und der Verbesserung der materiellen Lebensgrundlage des einzelnen gesehen werden. Wem nützt denn mehr Gleichheit, wenn sie in einem sozialistischen Armenhaus verwirklicht wird?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Koalition hat der ideologischen Forderung nach mehr Gleichheit

(Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

— ich kann Sie leider nicht verstehen, Herr Kollege Wehner — eine höhere Priorität eingeräumt als der Sicherung des Wachstumspotentials der Wirtschaft und damit der Mehrung des Massenwohlstands. Diese Politik war und ist eine Politik gegen den Mittelstand. Dies ist der zentrale Vorwurf, den wir erheben. Die Parole der FDP „Freiheit statt Gleichheit" ist daher das Gegenteil dessen, was von der FDP in den letzten sechseinhalb Jahren praktiziert wurde.

(Dr. Luda [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Die Politik der liberalsozialen Koalition hat also die ökonomischen Rahmenbedingungen zum Nachteil der Mittelschichten verändert. Es kommt hinzu, daß die komparativen Nachteile in vielen Fällen durch Interventionen der öffentlichen Hand nicht abgebaut, sondern verstärkt worden sind. Die Gesetzgebung und auch die Verwaltung werden immer komplizierter. Sie richten ihre Anforderungen zu stark auf die Möglichkeiten der Großunternehmen aus. Die kleinen und mittleren Unternehmen müssen Auflagen einhalten und Forderungen entsprechen, die sich an industriellen Großunternehmen orientieren. Als Beispiel hierfür möchte ich in diesem Zusammenhang nur das Jugendarbeitsschutzgesetz oder das Betriebsärztegesetz nennen. In diesen Gesetzen sind Anforderungen statuiert, die in vielen Fällen von den kleinen und mittleren Unternehmen nur unter größten Anstrengungen und manchmal nur unter Gefährdung der eigenen finanziellen Basis erfüllt werden können. Damit wird die Anpassungsfähigkeit dieser Unternehmen in einer gefährlichen und sinnlosen Weise überstrapaziert.
Andererseits fehlt in dem Mittelstandsbericht die Auseinandersetzung mit wichtigen Zukunftsaufgaben der mittelständischen Wirtschaft. Da einerseits kleine und mittlere Unternehmen eine höhere Arbeitsintensität haben und andererseits bei den Großunternehmen ein höherer Freisetzungseffekt über Rationalisierungsinvestitionen zu erwarten ist, fällt den kleinen und mittleren Unternehmen eine tragende Rolle bei der Überwindung der Massenarbeitslosigkeit zu. Oder ein anderes Beispiel: In diesem Bericht sind auch nicht die neuen Marktchancen der kleinen und mittleren Unternehmen erörtert worden, die durch die zu beobachtende zunehmende Differenzierung der Nachfrage entstehen.
Wir müssen also feststellen, daß die eigentlichen Probleme der mittelständischen Unternehmen in diesem Bericht zu kurz kommen. Die CDU/CSU zeigt bei ihrer mittelstandspolitischen Konzeption mehr Mut zur Klarheit und zur Präzision. Diese mittelstandspolitische Konzeption besteht aus zwei Teilen,



Schmidhuber
die einander ergänzen: dem Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes und dem Strukturpolitischen Aktionsprogramm. Daneben haben wir mehrere Gesetzentwürfe zu Einzelbereichen wie z. B. unsere UWG-Novelle vorgelegt.
Nun darf ich kurz etwas zu den pauschalen Anwürfen des Kollegen Professor Schachtschabel sagen, die man in zwei Schlagworten zusammenfassen kann: nichts Neues, kostet aber mehr als 20 Milliarden DM. — Beides trifft nicht zu. Beide Behauptungen nebeneinander sind natürlich auch ein Widerspruch in sich. Aber ich habe ein gewisses Verständnis für die Schwierigkeiten des Kollegen Schachtschabel; denn der Kollege Wehner erwartet ja vom Kollegen Schachtschabel, daß er noch ein paar Selbständige bei der Stange hält.

(Wehner [SPD]: Sie merken aber auch alles! Sie sind intelligenter, als Sie aussehen!)

Das wird ohne eine gewisse Rabulistik nicht gehen. Denn die Mittelstandspolitik der SPD ist ja durch zwei sehr markante Punkte gekennzeichnet, erstens durch den Makler-Beschluß von Hannover und zweitens durch die Aktion Gelber Punkt. Das ist die Mittelstandspolitik der SPD.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber lassen Sie mich nun zu unserem Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes zurückkehren.
Das Kernstück dieses Bundesmittelstandsförderungsgesetzes ist der sogenannte Mittelstandseffekt: nämlich daß die Erhaltung einer ausgewogenen Betriebsgrößenstruktur in den Zielkatalog der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik aufgenommen wird. Die Bundesregierung ist uns im übrigen auf diesem Weg, wenn auch etwas zaghaft, gefolgt, wenn sie in der Textziffer 5 der Grundsätze ihrer Strukturpolitik feststellt, daß die Erfordernisse dieser Unternehmen in allen Bereichen der Gesetzgebung angemessen berücksichtigt werden sollen. Eine richtige Erkenntnis! Leider ist die Praxis der liberalsozialen Koalition ganz anders gewesen.

(Gallus [FDP] : Strauß in Sonthofen!)

— Herr Kollege Gallus, Sie sollten doch nicht Ihr ganzes Pulver schon jetzt verschießen; Sie wollen doch an dem Schlagwort „Sonthofen" Ihre Rede aufhängen.
Daneben haben wir mit dem Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes den Versuch gemacht, die wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen in einem gesetzgeberischen Katalog zusammenzufassen und zu ergänzen. Damit soll die Mittelstandspolitik verstetigt und transparenter gestaltet werden. Außerdem wird mit dem Entwurf dem rechtsstaatlichen Grundsatz Rechnung getragen, daß auch die Leistungsverwaltung im Regelfall auf Gesetzen in materiellem Sinne basieren soll.
Mit dem Aktionsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen und für Freie Berufe haben wir den mit dem Entwurf eines Bundesmittelstandsförderungsgesetzes gesteckten Rahmen mit konkreten po- I litischen Forderungen ausgefüllt.
Beim Vergleich der Zielkataloge des Mittelstandsberichts der Bundesregierung und unserer Entwürfe stellt man Übereinstimmung in vielen Punkten fest. Das wollen wir gar nicht leugnen; darüber freuen wir uns. Das ist insbesondere bei den Maßnahmen auf dem Gebiete der Unternehmensberatung, der Weiterbildung von Unternehmern und Mitarbeitern, der betrieblichen Rationalisierung, der Information und Dokumentation, der Kooperation und der Maßnahmen zur Verbesserung der betrieblichen Finanzierungsmöglichkeiten der Fall. Hier hat sich die Bundesregierung eine Fülle von Forderungen zu eigen gemacht, die wir seit langer Zeit erhoben und auch bedeutend früher als die Bundesregierung systematisch zusammengefaßt und dargestellt haben. Es dürfte also ziemlich klar sein, wer von wem abgeschrieben hat.

(Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!)

Es geht uns aber weniger um das Urheberrecht an diesen Vorschlägen; wir sind vor allen Dingen an der möglichst raschen Realisierung dieser Projekte interessiert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Allerdings muß an dem hier angesprochenen dritten Teil des Aktionsprogramms der Bundesregierung beanstandet werden, daß nicht sauber getrennt worden ist zwischen den Maßnahmen, die bereits durchgeführt werden, und denjenigen, die erst geplant sind. Die Substanz der neuen Vorschläge ist daher nicht ohne weiteres erkennbar. Eine derartige Methode dient lediglich der optischen Anreicherung des Programms.
Den ersten Teil des Aktionsprogramms der Bundesregierung — die Maßnahme zur Verbesserung der Rahmenbedingungen — kann man nur mit dem Wort „Fehlanzeige" charakterisieren. Man deutet Probleme an, verspricht, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, und stellt gesetzgeberische Maßnahmen in Aussicht, ohne konkret zu sagen, was getan werden soll.
Bei der Beteiligung der kleinen und mittleren Unternehmen an öffentlichen Aufträgen wird das Programm zugegebenermaßen etwas konkreter. Es handelt sich aber durchweg um Vorschläge, die seit mehreren Jahren in der Diskussion sind. Wir müssen die Bundesregierung fragen, warum sie erst jetzt damit anfängt, die kleinen und mittleren Unternehmen stärker zu beteiligen. Es ist im Gegensatz zur Meinung des Kollegen Haase hierzu keine Änderung der Haushaltsordnung erforderlich.
Wie aus dem Mittelstandsbericht hervorgeht, hat sich die Zahl der Insolvenzen im Baugewerbe im Berichtszeitraum mehr als verdreifacht. Wahrscheinlich hätte man manche dieser Zusammenbrüche verhindern und damit Arbeitsplätze retten können, wenn man schon früher eine mittelstandsfreundliche Vergabepraxis eingeführt hätte.

(So ist es! bei der CDU/CSU)

Wir können darauf hinweisen, daß wir in unserem Aktionsprogramm einen zwölf Punkte umfassenden



Schmidhuber
Katalog zur Verbesserung der Vergabepraxis aller öffentlichen Auftraggeber vorgelegt haben.
Besondere Schwächen, meine Damen und Herren, weist das Aktionsprogramm auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Wettbewerbspolitik auf. Die Bundesregierung rühmt sich zunächst der Einführung des auf 5 Millionen begrenzten Verlustrücktrags. Wie allgemein bekannt ist, hat sich die Koalition nur auf intensives Drängen der Opposition und nach einer Phase des Zögerns und Zauderns und der Koalitionsquerelen von mehr als einem Jahr zu dieder Maßnahme entschließen können. Auf das zentrale Problem, nämlich die zu starke Belastung der Unternehmen mit ertragsunabhängigen Steuern und damit ihre erhöhte Krisenanfälligkeit, geht der Bericht vorsichtshalber überhaupt nicht ein. Der Komplex „Gewerbesteuer" wird nur in einer nebulösen Formulierung angeschnitten, der man eigentlich entnehmen muß, daß die Bundesregierung nicht mehr an einen weiteren Abbau der Gewerbesteuer denkt, auch nicht im Zusammenhang mit einer Harmonisierung des Steuerrechts in der EWG.
Die CDU/CSU hat demgegenüber deutlich gemacht, wie sie sich einen steuerlichen Wachstumsimpuls vorstellt, nämlich durch eine Verbesserung der degressiven Abschreibung, eine Senkung des Vermögensteuersatzes, einen Wegfall der Hinzurechnung von Dauerschulden und Dauerschuldzinsen bei der Gewerbesteuer und eine Wiedereinführung der Sonderabschreibungen für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen.
Die von der Koalition praktizierte Forschungsförderung hat eindeutig einen konzentrationsfördernden Effekt. Forschungsvorhaben der Großindustrie werden durch erhebliche direkte Subventionen gefördert. Wir haben den Eindruck, daß die Koordinierung der Zuständigkeiten auf diesem Gebiet zu wünschen übrig läßt. Manchmal könnte man glauben, daß der Kollege Matthöfer mehr ein Industrieminister als ein Forschungsminister ist.
Wir sind der Meinung, daß der Akzent wieder stärker auf die indirekte Forschungsförderung mittels Sonderabschreibungen gelegt werden sollte, weil dadurch kleine, auf Innovation abgestellte Industrieunternehmen bessere Chancen haben. Wenn die Bundesregierung im Mittelstandsbericht erwähnt, daß für die Forschungsförderung der kleinen und mittleren Unternehmen zwischen 1970 und 1975 450 Millionen DM aufgewendet worden sind, muß man gleichzeitig hinzufügen, daß dies nur 9 % der gesamten Forschungsaufwendungen sind. Allein im Jahre 1974 flossen drei Großunternehmen der deutschen Industrie für Großprojekte der Forschung öffentliche Mittel von 1,38 Milliarden DM zu. Dies ist wieder ein Beweis für negative Mittelstandspolitik.
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist für uns die Einführung einer der Höhe nach begrenzten steuerfreien Investitionsrücklage, die es kleinen und mittleren Unternehmen ermöglicht, Eigenmittel anzusparen, um ihre strukturelle Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und der Konzentration entgegenzuwirken.
Wenn nun gesagt wird — auch heute ist wieder darauf Bezug genommen worden , daß die von uns vorgeschlagenen steuerpolitischen Maßnahmen zu hohen Einnahmeausfällen führten, so möchte ich dem zunächst entgegenhalten, daß diese Maßnahmen alle auf Wachstum angelegt sind. Bei dem Steuerausfall handelt es sich also um eine vorübergehende Erscheinung, die sehr schnell durch eine raschere Steigerung des Sozialprodukts aufgeholt werden könnte. Im übrigen haben wir immer wieder darauf hingewiesen, daß wir diese Vorschläge im Zuge eines integrierten haushalts- und finanzpolitischen Programms verwirklichen wollen.
Meine Damen und Herren, dieselbe Zurückhaltung — um nicht zu sagen: Ratlosigkeit — wird seitens der Bundesregierung bei den Fragen der Wettbewerbspolitik deutlich. Die Erhaltung einer ausgewogenen Unternehmensstruktur, also die Verhinderung der Vermachtung einzelner Wirtschaftszweige, kann nicht allein durch Konzentrationskontrolle und Mißbrauchsaufsicht über marktstarke Unternehmen gewährleistet werden. Hinzu kommen muß eine dezidierte Förderung der Kooperation. Hier hat es die Bundesregierung weitgehend an einer Hilfestellung fehlen lassen. Mehr als zwei Jahre mußte die Wirtschaft auf das Erscheinen der Neuauflage der Kooperationsfibel warten, die den Änderungen der Zweiten Kartellnovelle Rechnung trägt; denn mit dem blanken Text des § 5 b GWB kann der einzelne Gewerbetreibende überhaupt nichts anfangen.
Die entscheidende Frage ist aber, wie die kleinen und mittleren Unternehmen vor der finanziellen Auszehrung bewarbt werden. Dies kann eben nur durch entsprechende steuerliche Hilfen geschehen. Deshalb muß man viel stärker als bisher auf ein Zusammenspiel von Wettbewerbs- und Steuerpolitik abstellen.
Seit einiger Zeit beherrscht das Stichwort „Nachfragemacht" die wettbewerbspolitische Diskussion. Wir bedauern es sehr, daß die Bundesregierung auf diesem Gebiet bisher nicht konkreter geworden ist. Die Erfahrungen mit der gemeinsamen Erklärung zur Sicherung des Leistungswettbewerbs geben noch nicht zu großem Optimismus Anlaß, daß dieses Problem von den beteiligten Wirtschaftskreisen in eigener Verantwortung gelöst werden könnte. Vielleicht könnte hier die Erörterung von konkreten Vorschlägen für eine Verschärfung des Diskriminierungsverbots — etwa in Form eines Referentenentwurfs — die Bereitschaft der beteiligten Wirtschaftskreise, sich das Sündenregister zu Herzen zu nehmen, erhöhen.
Wir vermissen weiter eine Stellungnahme zu dem Vorschlag, eine Außenseiterbindung für Wettbewerbsregeln nach § 28 GWB, etwa durch eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung solcher Wettbewerbsregeln, seitens des Bundeswirtschaftsministers einzuführen. Dies wäre gegenüber einer Verschärfung des Diskriminierungsverbots das mildere Mittel.
Auch hinsichtlich der unverbindlichen Preisempfehlungen hält sich die Regierung zurück und vertröstet die Öffentlichkeit auf einen Erfahrungsbe-



Schmidhuber
richt, der dem nächsten Bundestag vorgelegt werden soll. Auch auf diesem Gebiet haben wir unser Konzept vorgelegt. Wir sind für eine Beibehaltung der Händlerpreisempfehlung. Wir erwarten, daß die Regierung Vorschläge für eine Einengung des Anwendungsbereichs der unverbindlichen Verbraucherpreisempfehlung macht. In Teilbereichen wie z. B. bei Kleinpreisartikeln, aber auch bei bestimmten langlebigen Konsumgütern mit einem verhältnismäßig hohen Anschaffungspreis halten wir nach unseren gegenwärtigen Erkenntnissen die Weiterführung der unverbindlichen Verbraucherpreisempfehlung für zweckmäßig.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß die von uns abgelehnte Abschaffung der Preisbindung der zweiten Hand für Markenwaren nicht die erwartete preispolitische Wirkung gebracht hat. Andererseits dürfte es wohl kaum zweifelhaft sein, daß durch die Abschaffung der Preisbindung der zweiten Hand der Konzentrationsprozeß im Einzelhandel wesentlich beschleunigt worden ist.

(Gallus [FDP] : Habt ihr nicht zugestimmt?)

— Wir haben dem Gesetz als Ganzem zugestimmt, haben aber namens der Fraktion der CDU/CSU einen Änderungs- und Ergänzungsantrag gestellt. Das wollen wir doch einmal ganz klarstellen. Im übrigen: Wir haben dieser Zweiten Kartellnovelle deswegen zugestimmt, weil wir die Kooperationserleichterungen und auch die Fusionskontrolle nicht gefährden wollten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Stiefmütterlich sind in dem Aktionsprogramm die Probleme des Verdrängungswettbewerbs und der aggressiven Vertriebspraktiken im Einzelhandel behandelt worden. Hier geht es um eine Nahtstelle zwischen Mittelstands- und Verbraucherpolitik. Es geht nicht nur darum, daß jährlich eine große Anzahl kleiner und mittlerer Einzelhandelsunternehmen eliminiert wird, und zwar nicht immer als Folge mangelnder Leistungsfähigkeit, sondern auf Grund machtbedingter Einflüsse; es geht auch darum, daß die Nahversorgung der Bevölkerung, insbesondere gewisser Kreise, nämlich der alten Leute, in schwach strukturierten Gebieten nicht gefährdet wird. Ob hier Maßnahmen der Landesplanung und der Bauleitplanung ausreichen, ist mehr als zweifelhaft.
Auf dem Gebiet des UWG ist es dringend erforderlich, sich erneut mit der Problematik der Lockvogelangebote und des Verkaufs unter Einstandspreisen zu befassen. Abgeordnete der CDU/CSU haben vor mehr als zwei Jahren einen diesbezüglichen Gesetzentwurf vorgelegt. Von einer Novellierung könnte eine Signalwirkung für die Rechtsprechung ausgehen. Freilich wird der Gesetzgeber immer hinter dem Erfindungsreichtum gewisser Kaufleute hereilen. Diese Erkenntnis ist aber doch kein Freibrief zum Untätigbleiben. Auch die Rechtsprechung kann auf die unseriösen Geschäftspraktiken nur mit einer erheblichen Verzögerung reagieren, wenn auch anzuerkennen ist, daß gerade in der letzten Zeit der Bundesgerichtshof auf diesem Gebiet wichtige Entscheidungen getroffen hat.
Von seiten der Wirtschaftspolitik sollten Anstrengungen gemacht werden, diese Wirkungsverzögerungen zwischen dem Auftreten unseriöser Praktiken und einer gerichtlichen Klärung abzukürzen. Dies kann einerseits dadurch geschehen, daß diese Praktiken möglichst frühzeitig mittels Verbandsklage gerichtshängig gemacht werden, andererseits dadurch, daß das Bundeswirtschaftsministerium in Zusammenarbeit mit den beteiligten Verbänden einen Katalog unseriöser Geschäftspraktiken, also sozusagen ein UWG-Sündenregister, herausgibt. Ich bin der Meinung, daß eine solche Einflußnahme im Sinne der Lauterkeit des kaufmännischen Verkehrs rascher und nachhaltiger wirken würde als manche Prozesse.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß kommen.

(Wehner [SPD]: Das ist gut!)

— Das ist Ihr Regelzwischenruf, Herr Kollege Wehner.
Die CDU/CSU-Fraktion hat in der 7. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages eindeutige Beweise für die Kontinuität ihrer Mittelstandspolitik erbracht. Wir haben durch zahlreiche Gesetzesinitiativen unser Konzept der Mittelstandspolitik deutlich gemacht, insbesondere auf die Verknüpfung mit der allgemeinen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik hingewiesen. Trotz aller gegenteiligen Behauptungen und verbalen Klimmzüge können sich die Bundesregierung und die Koalition nicht dem Vorwurf entziehen, den Mittelstand links liegengelassen zu haben.

(Josten [CDU/CSU] : Das ist die Tatsache!)

Ein Beweis dafür ist die späte Vorlage eines rudimentären Mittelstandsberichts: drei Wochen vor Abschluß der parlamentarischen Arbeit des 7. Deutschen Bundestages!

(Josten [CDU/CSU] : Da lachen die Hühner!)

Damit fehlt diesem Programm die Ernsthaftigkeit der politischen Aktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es handelt sich nicht um ein Aktionsprogramm, sondern um ein Wahl- oder, besser gesagt, um ein Stimmenfangprogramm der Koalition. Aber auch hierfür kommt es zu spät; denn die Mittelschichten haben länger als sechs Jahre die gegen ihre Interessen gerichtete Politik von SPD und FDP zu spüren bekommen. Das kann man nicht durch vage Versprechungen und halbherzige Zusagen vergessen machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724806000
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724806100
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Ich will gern zu einigen der sachlichen Punkte Stellung nehmen, wobei ich mich auf die Rede des Abgeordneten Schmidhuber beziehe.



Bundesminister Dr. Friderichs
Erstens. Herr Abgeordneter, das „Sündenregister", das Sie gefordert haben, existiert und wird auch laufend fortgeschrieben. Das nächste Gespräch mit den beteiligten Wirtschaftsverbänden wird am 30. Juni stattfinden, in dem darüber gesprochen wird, welche neuen Erkenntnisse wettbewerbswidriger Praktiken gewonnen worden sind und welche davon in das „Sündenregister" aufgenommen werden sollten. Die Bundesregierung handelt also so, wie von Ihnen vorgeschlagen.
Zweitens zur unverbindlichen Preisempfehlung: Ich glaube, daß die Bundesregierung gut daran tut, wenn sie sich an Beschlüsse des Deutschen Bundestages hält. Der Deutsche Bundestag hat nämlich im Zusammenhang mit der Verabschiedung der Kartellnovelle beschlossen — wenn ich mich recht entsinne, damals sogar mit den Stimmen aller Fraktionen —, die Bundesregierung möge zu Beginn der neuen Legislaturperiode — aus wohlerwogenen Gründen hat der Bundestag diesen Termin festgesetzt — einen Erfahrungsbericht über die Preisempfehlung vorlegen, nachdem eben eine gewisse Zeitspanne nach Verabschiedung der Kartellnovelle ins Land gegangen ist. Selbstverständlich wird dieser Erfahrungsbericht, Herr Abgeordneter, nicht nur die Frage der Verbraucherpreisempfehlung beinhalten — also die Frage, ob die erlaubte Preisempfehlung zu Mondpreispraktiken geführt hat oder nicht —, sondern selbstverständlich wird dieser Erfahrungsbericht auch die Frage der Preisempfehlung an den Handel beinhalten. Ich halte es aber nicht für richtig, daß die Bundesregierung ihre Meinung in dieser Frage fixiert, bevor sie überhaupt den vom Parlament selbst zu einem bestimmten Termin erbetenen Bericht gegeben hat. Das halte ich nicht für vertretbar; denn aus gutem Grund waren Sie damals der Meinung: drei Jahre Erfahrung, dann Bericht, dann Entscheidung, ob man die Preisempfehlung, so wie sie jetzt ist, beibehält oder nicht beibehält. Wir sollten uns doch auch an gemeinsame Beschlüsse erinnern. Die Opposition hat dem damals zugestimmt, so wie sie übrigens auch der Beseitigung der Preisbindung der zweiten Hand zugestimmt hat.
Lassen Sie mich zu den übrigen angeschnittenen Problemen noch einige Bemerkungen machen. Ich bin dem Abgeordneten Stücklen noch eine Auskunft schuldig über die Ifo-Untersuchung über die Wirkungen der Investitionszulage oder ihre Inanspruchnahme durch die einzelnen Unternehmensgrößenbereiche. Die Ifo-Untersuchung befaßt sich leider nur mit der Inanspruchnahme durch die verarbeitende Industrie; ich kann also keine Stellungnahme zur Frage der freien Berufe und des Handels abgeben. Die Ifo-Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, daß im Bereich der verarbeitenden Industrie die größeren Unternehmen in stärkerer Weise Investitionen vorgezogen haben als die kleineren, während die kleineren Unternehmen — wörtlich heißt es: die mittelständischen — zusätzliche Investitionen getätigt haben.
Ich gebe das wieder, weil unsere Erkenntnisse nicht über die Ergebnisse der Ifo-Untersuchung hinausreichen. Ich darf nur sagen, daß diese Ergebnisse nicht mit dem übereinstimmen, was bei der damaligen parlamentarischen Auseinandersetzung immer wieder behauptet worden ist: Die Großen investierten ja sowieso und kassierten nur zusätzlich ab.

(Zurufe von der CDU/CSU: Jawohl!)

— Nein, der Ifo-Bericht sagt, die Großen haben vorgezogen. Ich bitte um Entschuldigung: Wenn sie vorgezogen haben, haben sie in der Periode zusätzlich investiert — ich sage bewußt: in der Periode —, während die Mittelständischen offensichtlich echt zusätzlich investiert haben. Herr Abgeordneter Hauser, nun seien wir doch einmal bereit zuzugeben, daß exakt das das Ziel von Konjunkturpolitik ist, nämlich in einem Schwächezeitraum zusätzliche Bestelleingänge zu provozieren.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Da kann man lange diskutieren, ob die Ausgaben dafür verhältnismäßig oder unverhältnismäßig sind. Ich bin sofort bereit, darüber in eine Diskussion einzutreten. Nur, Sie kennen meine Grundeinstellung, daß ich bezüglich einer nochmaligen Differenzierung nach Betriebsgrößenklassen in der Konjunkturpolitik erhebliche Reserven habe, und zwar einfach deswegen, weil auch das ein Einstieg in die von Ihnen immer so sehr bekämpfte Lenkung ist; denn wo auch immer Sie die Grenze ziehen, sie ist willkürlich.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724806200
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hauser?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724806300
Ja, gern.

Hansheinz Hauser (CDU):
Rede ID: ID0724806400
Herr Minister, stimmen Sie mir zu, wenn ich sage, daß die Großbetriebe auf Grund ihrer ohnehin geplanten Investitionen den größten Teil der staatlichen Investitionszulage in Anspruch genommen haben? Wenn Sie darüber hinaus Investitionen geplant hatten, war das lediglich eine zusätzliche Ergänzung. Sie müssen doch zugeben, daß unabhängig von der Investitionszulage Investitionen in Milliardenhöhe geplant waren, und unser Antrag damals hatte doch zum Ziel, das nach oben hin zu begrenzen, um den kleineren Betrieben einen größeren Anteil der Investitionszulage zu sichern. Das ist doch der Punkt, um den es geht.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724806500
Ja, ich kenne Ihren Antrag. Ich bin gleichwohl der Meinung, daß er eine schwächere konjunkturpolitische Wirkung gehabt hätte. Ich bin dieser Überzeugung.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

Wir sollten das wirklich in aller Ruhe im Wirtschaftsausschuß diskutieren. Denn natürlich sollte niemand es ablehnen, aus einer Konjunkturschwäche und dadurch provozierten staatlichen Maßnahmen für spätere Fälle zu lernen.
Nur, eines ist doch keine Frage: je globaler ich den Ansatz wähle — in der Konjunkturpolitik wie



Bundesminister Dr. Friderichs
in der Strukturpolitik —, desto höher muß eigentlich der Wirkungsgrad sein. Und, Herr Abgeordneter Hauser, das wissen Sie doch auch, daß die Investitionen des Großunternehmens, ob Sie die Chemie, die Automobilindustrie oder wen immer nehmen, natürlich auch Aufträge bei den mittleren und kleineren bringen. Wer stellt denn die Werkzeugmaschinen in Deutschland her? Doch nicht Daimler-Benz oder Krupp, sondern in erster Linie eine Vielzahl in Südwestdeutschland und hier im Bergischen Land ansässiger mittelständischer Produktionsbetriebe. Das heißt: die Investitionsentscheidung des Großen ist gleichzeitig der Auftrag für den Kleinen. Die Dinge hängen doch zusammen. So einfach können wir es uns nicht machen.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Nur dies wollte ich damit sagen.
Daß wir bei den Konjunkturprogrammen gleichwohl strukturelle Fragen einbezogen haben, geht z. B. aus dem gesamten System der Konjunkturprogramme hervor, die wir in die Bauwirtschaft gegeben haben. Wir haben ja nicht ohne Grund — —

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724806600
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Jens?

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0724806700
Herr Minister, geben Sie mir zu, daß eine Differenzierung der Investitionszulage auch ein Schritt in mehr Dirigismus wäre?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724806800
Herr Abgeordneter, genau dies wollte ich mit meiner Bemerkung eben klarstellen, daß — —

(Lachen bei der CDU/CSU)

— Die Frage ist völlig berechtigt. Nämlich: je mehr ich es differenziere, je nachdem, wie ich die Grenzen festsetze, geht natürlich eine staatliche Beeinflussung der Wettbewerbsbedingungen vonstatten. Das war der Inhalt Ihrer Frage, die ich Ihnen klipp und klar mit Ja beantworte.
Letzte Bemerkung zu der mittelständischen Strukturierung bei den Baumaßnahmen! Hier haben wir bewußt die beschränkte Ausschreibung zugelassen, und wir haben bewußt die Projektgrößen so ausgewählt, daß sie für mittelständische Bauunternehmen in Frage kamen. Richtig ist, daß leider nicht in allen Fällen die vergebenden Instanzen, nämlich die Kommunen, davon Gebrauch gemacht haben.
Lassen Sie mich, Herr Abgeordneter Hauser, ein Wort zu einem Bereich sagen, der mir auch Sorgen bereitet, den wir aber nicht nur öffentlichkeitswirksam behandeln sollten, sondern auch substantiell. Sie haben das Problem „Verbrauchermärkte, Einzelhandel etc." angesprochen. Man kriegt sofort Beifall, wenn man vor Einzelhändlern sagt: So geht es nicht weiter; das muß geändert werden. Leider wird dann nicht gefragt: Wie wollen Sie es denn ändern? Sie wissen selbst, daß dies in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung sehr, sehr kompliziert ist, wenn Sie die Regeln des Wettbewerbs einhalten wollen.
Erstens. Wenn neue Vertriebsformen auf einer veränderten Verhaltensweise der Verbraucher beruhen, dann werde ich sie doch in einer freiheitlichen Ordnung akzeptieren müssen. Ich glaube, von diesem Grundsatz gehen wir hoffentlich gemeinsam aus. Das heißt: wenn der Verbraucher eine andere Form verlangt oder wünscht und sie ihm angeboten wird, kann ich sie nicht von vornherein diskriminieren oder eliminieren wollen.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Das ist eine Fiktion! So geht es nicht!)

Das war Punkt eins.
Problematisch wird es doch erst, wenn diese Vertriebsform einen Vorsprung hat, der nicht auf Leistung beruht. Das ist doch die Frage, nämlich: nachzuweisen, daß die Wettbewerbsstellung der Verbrauchermärkte — um jetzt einmal diesen Begriff zu nehmen — nicht auf ihrer eigenen Leistung beruht, sondern z. B. auf Ausübung von Macht und dadurch veränderten Konditionen, oder darauf beruht, daß es Kommunen gibt, die ihnen das Grundstück zur Errichtung für Null oder für wenig über Null zur Verfügung stellen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

Nun stellen Sie sicher mehr Bürgermeister als die Freien Demokraten — ich vermute das —, jedenfalls noch. Daher müssen Sie mit diesen Ihren kommunalpolitischen Freunden einmal sprechen. Da hat doch keine Partei dieses Hauses Grund, der anderen Vorwürfe zu machen. In den meisten Kommunen sind doch alle drei Fraktionen im Ratsvorstand beteiligt. Da liegt ein Problem, das ich überhaupt nicht verkenne.
Wir müssen auch mal prüfen, ob die damalige Vereinbarung der Großen — ich meine: der Warenhauskonzerne — mit meinem Vorvorgänger, nämlich Herrn Schmücker, in bestimmte Ortsgrößen nicht hineinzugehen — ich will mich zur Wettbewerbsproblematik gar nicht erst äußern —, nicht genau jene Tür geöffnet hat, in die andere hineingegangen sind. Auch diese Dinge müssen wir diskutieren, und sie werden mit diesen Unternehmensgruppierungen diskutiert. Das muß man sagen, und man kann hierzu nicht einfach feststellen: da muß etwas getan werden.

(Abg. Josten [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Herr Abgeordneter, lassen Sie mich das bitte erst zu Ende führen.
Um es klar zu sagen: wo es sich um machtbedingte Verdrängungspraktiken handelt, muß etwas geschehen — ich werde mich gleich zu der Richtung, in der das geschehen soll, äußern —; aber wo es sich um echten Leistungswettbewerb handelt, können wir diesen nicht verbieten, auch wenn er Strukturveränderungen mit sich bringt, die uns auf anderer Seite gar nicht so angenehm sind.
Bitte schön!

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724806900
Herr Abgeordneter Josten zu einer Zwischenfrage.




Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0724807000
Herr Minister, da wir beide aus Rheinland-Pfalz kommen, frage ich Sie: glauben Sie nicht, daß wir in solchen Fällen zu neuen Überlegungen kommen müssen, in denen sich die Verbraucher nicht durchsetzen können? Wir haben in Rheinland-Pfalz schon eine ganze Anzahl kleiner Gemeinden, in denen es beispielsweise keine Lebensmittelläden mehr gibt und in denen dann die Behinderten und die alten Leute die Benachteiligten sind.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724807100
Herr Abgeordneter, das ist unbestritten richtig, nur müssen Sie mir abnehmen, daß gerade in diesen kleinen Gemeinden diejenigen, die ein Auto haben, nicht mehr in der Gemeinde kaufen, sondern zu diesen anderen Vertriebsformen fahren. Man muß wohl beide Seiten der Medaille sehen. Wir haben wohl nicht die Absicht, in diesen Gemeinden staatliche Läden aufzumachen oder eine entsprechende Verpflichtung auszusprechen. Ich möchte nur dieses komplexe Thema einmal anreißen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724807200
Gestatten Sie ein weitere Zwischenfrage?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724807300
Ich wollte den Fortgang an und für sich nicht verzögern; aber bitte sehr.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0724807400
Herr Minister, ist von seiten der Regierung noch eine Initiative zu erwarten, die hier eine bessere Einsicht zeigt, als wir es bei der Entwicklung der letzten Jahre erlebt haben, bei der ständig kleine Läden eingehen, die sich oft halten könnten, wenn auf dem Kreditmarkt günstigere Kredite zu bekommen wären?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0724807500
Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß Sie dieses Problem auf Dauer einfach mit den Kreditkonditionen lösen können;

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

denn die Gesellschaft hat sich verändert. Das ist einer der Problembereiche, die ich für den gesamten Handel sehe.
Lassen Sie mich zu dem Thema noch etwas sagen. Ich glaube, eine der Voraussetzungen, um diese Dinge zu steuern, ist eine Bauleitplanung, eine Planung der Behörden, die nicht mehr nur auf den lokalen Bereich konzentriert ist. Ich erlebe das jetzt auch bei mir zu Hause. Wer ist es denn? Es sind häufig kleine Gemeinden vor den Toren von Großstädten, die mit dieser Methode den Versuch machen, den Betrieb in ihren Mauern anzusiedeln und gleichzeitig die Nachbargemeinde — wenn Sie so wollen — zu „schädigen", was auch ohne die Anführungsstriche zutreffen kann.
Ich spreche jetzt ein Thema an, von dem ich weiß, daß es sehr heikel ist. Es ist leider in Deutschland fast verboten, auch einmal darüber öffentlich
und laut nachzudenken, ob die Regelungen des Ladenschlusses solche Formen begünstigen oder nicht. Das ist fast verboten, weil — ich will es ganz hart sagen — Einzelhandelsunternehmensorganisationen und die zuständige Gewerkschaft sagen: Darüber wird hier nicht diskutiert. Man muß einmal beobachten, wann in den Großmärkten eingekauft wird. Ich verlange keine Änderung der Ladenschlußzeiten; aber ich bedauere, daß wir das in diesem Zusammenhang nicht einmal sachlich diskutieren können. Wir müssen es jedoch tun; denn ich möchte nicht erleben, daß unsere Innenstädte veröden und wir am Ende nur noch Vertriebsformen haben, die jedenfalls nicht allen Wünschen entsprechen.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Die Verbrauchermärkte wollen die Änderung der Ladenschlußzeiten, damit sie in den Abendstunden verkaufen können! Sie sind doch die Propagandisten der Verlängerung!)

— Sie müssen sich einmal das Urteil des — wie ich glaube — Oberlandesgerichts Hamburg in einem speziellen Fall und die daraus resultierende Diskussion innerhalb der einzelnen Stufen und Organisationen des Handels ansehen. Es ist sehr interessant, was sich da tut.
Herr Kollege Jaumann hat einige Anmerkungen über die Frage einer Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb oder seine Verzahnung mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gemacht. Er hat gesagt, man müsse überlegen, ob man nicht eine Untersagungsbefugnis öffentlich-rechtlicher Art bringen könne. Herr Kollege Jaumann, ich bin bereit, auch darüber nachzudenken, und wir tun es auch. Aber ich scheue mich ein wenig davor, in Bereichen, die wir sonst privat- und zivilrechtlich regeln wollen, noch eine Behörde und eine öffentlich-rechtliche Regelung einzuführen. Ich möchte nicht, daß, wenn wir etwas Neues machen, wieder die Leerformel „Freiheit oder Sozialismus" kommt, also schon wieder eine Behörde, wieder eine Erhöhung der Staatsquote. Sie müssen dabei beachten, was hier alles gesagt wird. Ich weiß, daß Sie die Sache von der anderen Seite her angehen; aber ich muß das hier so sagen.
Ich möchte dazu eine zweite Bemerkung machen. Ich hätte große Bedenken, ein generelles Diskriminierungsverbot gesetzlich zu verankern. Ich bin bereit, auch das zu prüfen. Aber was heißt denn eine solche Regelung? In Ihren Reihen wird auch das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis gefordert. Das heißt doch, daß Sie eine Behörde brauchen, die in jeden Betrieb geht und die Kosten kontrolliert. Sonst kriegen Sie das nicht hin. Ich muß Ihnen sagen, daß diese Bundesregierung zu einer solchen Lösung bis jetzt nicht bereit gewesen ist, weil sie eine solche gigantische Apparatur mit Kostenkontrolle und allem Drum und Dran nicht will.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : So ist es auch gar nicht gedacht!)

— Aus Ihren Reihen ist diese Forderung mehrfach
erhoben worden. Sie haben sich heute — ich gebe
das zu — hier etwas vorsichtiger ausgedrückt, aber



Bundesminister Dr. Friderichs
draußen, wo es Beifall bringt, erheben Sie diese Forderung.

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Ich kann Ihnen das an Hand von Pressartikeln nachweisen.
Das Schlimme aber ist, daß diejenigen, die Ihnen Beifall klatschen, nicht einmal wissen, was das Ergebnis wäre. Wenn es so ist, daß die Großen auf Grund ihrer Massenbezüge billiger einkaufen, und Sie dann sagen, es dürfe nicht unter Einstandspreis verkauft werden, verschaffen Sie ihnen auch noch einen Wettbewerbsvorteil, denn sie können dann zu dem Preis verkaufen, zu dem sie einkaufen. So ist die Lage, wenn Marktmacht zu günstigeren Konditionen im Einkauf führt. Ich will nur deutlich machen, wie wahnsinnig schwierig das Problem ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist nichts Neues!)

Ich glaube, daß wir mit dem Sündenregister auf einer zunächst freiwilligen Basis und mit seiner Fortschreibung den freiheitlicheren Weg gegangen sind. Herr Abgeordneter Schmidhuber, ich bin gerne bereit — genau dies ist die Richtung, die wir im Moment einschlagen —, zu prüfen, ob man diese Wettbewerbsregeln, die wir postulieren, unter Umständen für allgemeinverbindlich erklären kann, um auf diese Weise die Außenseiter, die sich nicht beteiligen, mit einbeziehen zu können. Ich glaube, daß in dieser Richtung eigentlich mehr nachgedacht oder entschieden werden sollte als in Richtung eines generellen Diskriminierungsverbotes.
Ich habe diese Bemerkungen gemacht, um deutlich zu machen, daß es sehr schwierig ist, in einer offenen, freiheitlichen Gesellschaft diese Dinge unter Wahrung der Freiheitsräume — ich betone dies — so zu regeln, daß es allgemeinen Beifall findet. Das Verfahren, das die Franzosen mit der lex Royer gewählt haben — sie haben einfach gesagt: Die Einzelhandelsfläche steht in einer bestimmten Relation zur Bevölkerungszahl der Gemeinde —, kommt doch wohl für uns, wenn ich es richtig sehe, nicht in Frage.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Das ist auch abgelehnt worden!)

Diese Bundesregierung wird einen solchen Vorschlag jedenfalls auf gar keinen Fall unterbreiten,

(Beifall bei der FDP und der SPD)

auch wenn in bestimmten Kreisen darüber diskutiert wird.
Ich wollte damit nur deutlich machen, daß wir uns sehr wohl bemühen, die wettbewerbsrechtlichen und auch den unlauteren Wettbewerb betreffenden Regelungen in unser System einzufügen, die hineinpassen. Perfektion ist nicht möglich. Lassen Sie es mich noch einmal sagen: Ich messe allerdings auch der Mitwirkung der Kommunen in diesem Bereich eine ganz erhebliche Bedeutung bei. Daß wir auf der anderen Seite dort, wo Marktmacht benutzt wird, um sich Vorteile zu verschaffen, die nicht auf Leistung beruhen, auch die Instrumente des Kartellamtes einsetzen, ist eine Selbstverständlichkeit. Ich glaube, in dieser Hinsicht gibt es zwischen den Fraktionen dieses Hauses auch keine Meinungsunterschiede. Mir geht es nur darum, angesichts der manchmal sehr vorschnellen Forderungen auch deutlich zu machen, welche Regelungen in unser System passen und daß Sie sehr schnell in eine Gangart kommen — es gibt darüber auch eine Diskussion in der Programmkommission meiner eigenen Partei —, in der Sie Ihre eigene Meinung für allgemeinverbindlich erklären, z. B. bei der Frage der Vertriebsform. Das halte ich nicht für vertretbar. Ich glaube, daß Vertriebsformen sich im Leistungswettbewerb messen müssen und daß es unsere Aufgabe ist, nicht leistungsgerechte Vorteile abzubauen. Leistungsgerechtigkeit wollen wir doch wohl erzielen, denn letztendlich ist das Ganze eine große Veranstaltung zugunsten der Menschen in unserem Lande und nicht zugunsten einzelner. So ist doch diese Ordnung angelegt.
Um es zu wiederholen: kein Schutzzaun, aber Schutz vor wettbewerbsverfälschenden Diskriminierungen oder Verdrängungswettbewerbspraktiken. Herr Abgeordneter Hauser, der Weg zu diesem Ziel ist aber unendlich viel differenzierter und schmaler, als man es in einer mehr oder weniger lauten Rede hier darlegen kann.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724807600
Das Wort hat Herr Abgeordneter Lampersbach.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0724807700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Lassen Sie mich kurz zu einigen Fragen Stellung nehmen, die hier angeklungen sind. Vorher aber möchte ich Herrn Bundeswirtschaftsminister Friderichs für den zweiten Teil seines Beitrages danken, der doch einige Entschärfungen gebracht hat und sehr viel sachlicher gewesen ist. Diese Sachlichkeit ist erforderlich und der besonderen Bedeutung dieses Themas auch angemessen.
Ich hatte heute morgen zuerst den Eindruck, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß Sie durch irgendwelche Vorkommnisse des gestrigen Tages vielleicht frustriert seien und sich daher nicht so einstimmen konnten auf den Punkt, den wir hier abhandeln wollten. Sie werden — das war mein Zwischenruf, für den ich Ihnen eine Antwort schuldig bin doch sicherlich nicht bestreiten, daß eine Steigerung der Unterstützungsbeträge seitens der Bundesregierung im Zusammenhang mit einem Inflationsprozeß notwendig ist, ähnlich einem Schneeballsystem, wo Sie zunächst bei normalem Verlauf mit einem kleinen Ball sehr viel mehr erreichen als hinterher, wenn Sie einen Inflationsprozeß, wie wir ihn hier seit sechs Jahren in verschärfter Form erleben, mit all den negativen Nebenwirkungen vor sich haben.
Eine weitere Bemerkung zu Ihrem Beitrag, Herr Minister: Es ist doch sicherlich auch für Sie kein Geheimnis, daß die offizielle Zinshöhe für mittelständische Unternehmen von der Zinshöhe für die Großwirtschaft, die im Wettbewerb mit mittelstän-



Lampersbach
dischen Unternehmen steht, differiert und daß angesichts dieser Differenzen die Regierung oder das Parlament, wenn es hier mit Anträgen kommt, die Pflicht hat, Korrekturen vorzunehmen. In diesen beiden Fragen kann also zwischen uns kein Dissens bestehen. Ich glaube, insofern war mein Zwischenruf durchaus berechtigt.
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, ich würde sehr gerne noch auf eine Reihe von Dingen eingehen, die im Laufe der Debatte gesagt worden sind, wobei ich die Bemerkungen des Kollegen Schachtschabel aussparen will, weil sie dem Ernst der Situation nicht Rechnung tragen. Nur so viel möchte ich doch sagen: Die Novelle zum UWG ist von der CDU/CSU initiiert worden. Ihr folgte logischerweise, wie wir das auch bereits in den 60er Jahren gesagt haben, die Novellierung des GWB. Hier sind also wesentliche Elemente gerade in diesen beiden so wesentlichen Wettbewerbsgesetzen von der CDU/CSU-Fraktion gekommen.
Herr Minister Dr. Friderichs, noch einmal zurück zu dem, was Sie hier vorhin zu der Preisbindung und der Preisempfehlung sagten. Warum haben wir zugestimmt? Doch unter dem Druck der Verhältnisse, entweder überhaupt kein oder ein noch schlechteres Gesetz zu bekommen oder das hier, bei dem wir sehr deutlich gemacht haben — auch in interfraktionellen Besprechungen —, daß die Preisempfehlung sicherlich das Schlechteste wäre, sehr viel schlechter als die Preisbindung, die aufgehoben wurde nach den Vorstellungen der Mehrheitsfraktionen, die damit dem Einzelhandel, aber auch dem Verbraucher in keiner Weise einen Gefallen getan haben.

(Schulte [Unna] [SPD] : Ob man das so sagen kann?)

— Man kann es natürlich auch noch anders sagen. Aber, Herr Schulte, das entspräche nicht dem Stil des Hauses. Hier ist die gebotene Sachlichkeit zu wahren. Aber im Wahlkreis werden wir darüber debattieren können, wenn wir uns in den nächsten Wochen reiben.
Lassen Sie mich zu einem Teil kommen, der in dem Bericht keine Erwähnung gefunden hat. Das ist der sozialpolitische Teil, der nach meiner Auffassung bedauerlicherweise in der Debatte viel zu kurz gekommen ist. Die soziale Sicherheit in der Bunresrepublik, meine Damen und Herren, bietet allen Arbeitnehmern und ihren Angehörigen einen wirksamen und solidaren Schutz. Das soziale Netz ist ein Ordnungsfaktor ersten Ranges und somit ein wesentliches Element auch des sozialen Friedens geworden. Die mittelständische Wirtschaft bejaht dieses soziale Netz, das eine Grundvoraussetzung für das reibungslose Funktionieren der Sozialen Marktwirtschaft ist.
Mittelstandspolitik umfaßt aber nicht zuletzt auch die Lösung der sozialen und der damit eng zusammenhängenden gesellschaftspolitischen Probleme, die durch den dynamischen Strukturwandel am Markt selbst mit ausgelöst werden. Mittelstandspolitik muß für einen permanenten Erneuerungsprozeß von Unternehmungen sorgen, und zwar in der Form, daß sie den Nachschub an künftigen Unternehmern mit garantiert und sichert. Sie muß zudem dafür sorgen, daß der Unternehmer rechtzeitig strukturelle Nachfrageänderungen erkennen und sich diesen Nachfrageänderungen auch anpassen kann.
Mittelstandspolitik muß sich aber auch an die Arbeitnehmer wenden; ihnen muß die Chance zur Gründung einer selbständigen Existenz gegeben werden. Sie — die Regierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen — vernachlässigen sträflich diese sehr wichtige Aufgabe einer Mittelstandspolitik, wie wir, die Union, sie immer verstanden haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Von der Erfüllung dieser Voraussetzungen wird es abhängen, ob wir künftig noch jenen notwendigen Bestand an wagemutigen und risikobereiten Unternehmern haben werden, die wir zur Erhaltung der Marktwirtschaft brauchen.
Wenn wir seitens der Mittelstandspolitik von der Entwicklung dieser Gesellschaftspolitik reden, dann fällt Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, leider nichts Besseres ein, als uns zu unterstellen, wir wollten eine soziale Demontage betreiben. Aber das soziale Sicherheitsnetz, das wir haben, ist unbestreitbar zu mehr als 90 % von der Union geknüpft worden.
Wir stellen jedoch fest, daß dieses soziale Netz immer mehr für viele zu einer Hängematte zu werden droht, in die sich ein immer größerer Teil der Mitbürger legt, um sich auszuruhen. Dafür ist es aber nicht gedacht. Dieses Netz ist gedacht, in den Wechselfällen des Lebens gerade im wirtschaftlichen Bereich den einzelnen vor allzu harten Schäden zu schützen.

(Zuruf des Abg. Gallus [FDP])

— Herr Gallus, seien Sie nicht so vorlaut; sonst kommen Sie noch dran!

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Und zwar bei mir. Herr Wurbs ist leider schon weg. Ich habe ihm gesagt, ich werde ihn verschonen, weil er nicht mehr hier ist.

(Gallus [FDP]: Der mußte leider weg!)

— Ja; wer muß, der muß. Da muß man sich aber vorher in seiner Rede entsprechend zügeln. Es wäre besser gewesen, er hätte manches nicht gesagt. Ich werde ihm das bei entsprechender Gelegenheit, wenn er dabei ist und sich wehren kann, noch einmal vorhalten; ich habe es mir notiert.

(Gallus [FDP]: Das war eine gute Rede!)

— Es war relativ ruhig im Saal. Insofern war es gut. Wir konnten die Nerven etwas schonen. Das stimmt, ja.
Wenn jemand die soziale Sicherheit — in diesem Fall auch die des Mittelstands — gefährdet hat, dann sind Sie es gewesen, die Sie die Inflation über lange Zeit einfach wild haben treiben lassen. Allein die Wirtschaftsschrumpfung im Jahr 1975 um 3,6 % hat Kosten von 46 Millionen DM verursacht. Hinzu kommt ein Steuerausfall im gleichen Zeitraum von



Lampersbach
27 Milliarden DM. Sie wissen genauso wie wir, daß unser soziales Sicherungssystem nur dann funktionieren kann, wenn die dynamische Entwicklung, auf der es aufgebaut ist, in der Wirtschaft anhält. Nur bei einem stetigen angemessenen Wirtschaftswachsturn wird es möglich sein, die Probleme der nächsten Jahre voll abzudecken.
Der Mittelstand hat seiner sozialen Verpflichtung stets entsprochen. Auch das sollte bei dieser Debatte klar und deutlich bekannt werden. Er bejaht
— ich wiederhole — das Netz der sozialen Sicherung im Grundsatz und ist bereit, auch bei der Finanzierung seinen Beitrag zu leisten.
Aber wir fragen uns sehr kritisch, ob in den zurückliegenden Jahren noch Maß und Mittel gewahrt wurden. Lassen Sie mich das mit einigen Zahlen untermauern, die die Bundesregierung in ihrem Bericht aus gutem Grund verschweigt, obwohl es jeder Selbständige im Land draußen weiß, da er selbst nicht die Chance hat, eine so rosarot gefärbte Bilanz aufstellen zu können, wie Sie sie uns vorgelegt haben.

(Zuruf von der FDP)

— Tut Ihnen das leid? Man muß die Zusammenhänge natürlich begreifen.
Wir müssen in diesem Hohen Haus den bilanzierenden Mittelstandsbericht der Bundesregierung in ganz entscheidenden Passagen ergänzen, weil die Bundesregierung und der frühere Bundeskanzler eine Vollbeschäftigungsgarantie gegeben haben, die heute für die von Arbeitslosigkeit Betroffenen leider
keinen Pfifferling mehr wert ist. Weil die Bundesregierung es versäumt hat, in der Lohnpolitik Orientierungsdaten zu geben, kam es insgesamt zu einer explosionsartigen Entwicklung der Personalkosten und speziell der Personalnebenkosten, für die die Politik der Koalition die Verantwortung trägt.

(Abg. Gallus [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ich wäre mit Zwischenfragen etwas bescheidener, Herr Gallus, weil das noch gar nicht so lange her ist und sich die Vermutung aufdrängt, daß Sie ein schlechtes Gedächtnis haben.
Der in der Regel lohnintensive Mittelstand wird von dieser Entwicklung weitaus härter betroffen als z. B. manche Bereiche der Großwirtschaft mit einer Lohnsumme von zum Teil nur 5 °/o. Hierin liegt auch die große Schwierigkeit der wettbewerbsverzerrenden Elemente, wenn wir die Belastungen allein von der Lohnsumme her sehen. Die gesetzlichen Personalnebenkosten betrugen 1969 21,3 °/o und stiegen bis 1974 auf 28.3 °/o, also um 7 Prozentpunkte. Hinzu kommen tarifliche oder sonstige freiwillige Personalnebenkosten wie betriebliche Altersversorgung, Gratifikationen und ähnliches. Hier beträgt die Steigerungsrate von 1969 bis 1974 von 24 auf 29,8 °/o fast 6 Prozentpunkte. Das bedeutet, die Unternehmen mußten je 100 DM in Geld für geleistete Arbeit 58,10 DM an unsichtbarem Lohn aufwenden. Würden die Personalnebenkosten das Zuwachstempo der letzten sieben Jahre beibehalten, müßten die Unternehmen bald auf jeden 100-DM-Schein Leistungslohn einen weiteren 100-DM-Schein für sogenannte Nebenkosten legen. Dies ist eine Entwicklung, meine Damen und Herren, die nicht nur für die unmittelbar Betroffenen, sondern auch in ihren mittelbaren Folgen von sehr wesentlicher Bedeutung ist.
So sind die Personalnebenkosten in den letzten Jahren in zunehmendem Maße zu einem neuralgischen Punkt des lohnintensiven Mittelstandes geworden. Gerade in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation, verschärft durch einen total leistungsfeindlichen Verdrängungswettbewerb wurde das Märchen von der mühelosen Überwälzbarkeit steigender Kosten auf die Betriebshandelsspanne und mithin auf die Preise widerlegt. Hier ist auch mit einer der Gründe der hohen Konkurszahl zu suchen und der Zahl der Geschäftsstillegungen, die weitaus höher ist, Herr Minister, als die amtlichen Statistiken ausweisen. Wir haben ja in zwei Jahren nicht nur die durch Konkurs ausgeschiedenen Unternehmungen zu beklagen, sondern zusammen mit den durch stille Liquidation ausgeschiedenen oder durch den Konzentrationsprozeß aufgesaugten Betrieben insgesamt eine Zahl von rund 40 000.
Zu diesen Berechnungen und Überlegungen kommen die eigentlichen Sozialkosten hinzu. Der monatliche Höchstbeitrag in der Sozialversicherung — Renten-, Arbeitslosen-, Krankenversicherung — hat sich von 1970 bis 1976 mehr als verdoppelt. Der Höchstsatz betrug im Jahre 1970 427,80 DM, er liegt heute bei 918,40 DM. Wenn der Anstieg der Krankenversicherungskosten so weitergeht wie in den letzten beiden Jahren, wird der Durchschnittsverdiener in vier Jahren monatlich 404,11 DM an Krankenversicherungsbeitrag zahlen müssen. Vor 20 Jahren kam er noch mit 28,18 DM aus. Dabei bin ich bereit, hier zu sagen, daß das sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluß war, weil von diesen 28,18 DM eben doch nicht all die Dinge bestritten werden konnten, die man sich in einer fortschrittlichen Entwicklung der Gesundheitspolitik vorstellt.
Der Bericht, den wir vorliegen haben, enthält nichts über die Auswirkungen des Lohnfortzahlungsgesetzes. Dieses Gesetz haben wir seinerzeit in der Großen Koalition mitberaten und mitbeschlossen wir haben aber bereits seinerzeit davor gewarnt, daß die Kosten in eine Größenordnung hineinwachsen könnten, die zu einer weitaus höheren Gesamtbelastung führen würde, als zunächst angenommen war. Die Aufwendungen waren seinerzeit mit 4,45 Milliarden DM berechnet worden. Wir sind aber auf das Doppelte dieses Betrages gekommen. Sie werden sagen: „Dafür können wir nichts." Ich mache Ihnen daraus auch keinen Vorwurf. Aber diese kostensteigernde Entwicklung ist natürlich in die Gesamtüberlegungen mit einzubeziehen, weil sie ja unter dem Strich gesehen ebenfalls die Belastungen ausmacht.
Wir haben eine Fortentwicklung der Zahlen in den Folgejahren gehabt. Die Nettolohnfortzahlungskosten sind von 9,95 Milliarden DM 1971 auf 10,92 Milliarden DM 1972 und 13,21 Milliarden DM 1973 gestiegen. Diese Entwicklung, diese Tendenz, ver-



Lampersbach
läuft weiter so. Das Thema, Herr Minister, haben Sie leider in Ihrem Bericht ausgespart.

(Glocke des Präsidenten)

— Herr Präsident, ich komme sofort zum Ende. Ich muß leider hier abbrechen und kann eine ganze Reihe von Dingen, die mir noch sehr auf der Seele gelegen hätten, nicht mehr vortragen. Ich halte sie aber für so wichtig, daß sie noch einmal im Gesamtzusammenhang mit dem Mittelstandsbericht diskutiert werden sollten.
Meine Damen und Herren, was die Öffentlichkeit von den Bemühungen seitens des Herrn Ministers, aber auch seitens der die Regierung tragenden Fraktionen in Sachen Mittelstandspolitik hält, sagt ein Artikel in einer Fachzeitung folgendermaßen — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
Und solange Mitglieder einer Regierungspartei mittelständische Unternehmer ungestraft „Profitgeier" und „Ausbeuter" und noch Schlimmeres schimpfen dürfen, so lange fehlt auch für sonst noch so gutgemeinte Hilfe zur Selbsthilfe jegliches Verständnis und jegliche Vertrauensbasis.
Ich sehe, Herr Professor Schachtschabel geht traurig hinaus.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724807800
Das Wort hat Herr Abgeordneter Gallus.

Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0724807900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der FDP liegt der Mittelstand, und zwar der gesamte Mittelstand, am Herzen und nicht nur auf der Zunge, wie der Opposition. Wenn man die Debatte heute morgen hier verfolgt hat, könnte man meinen, die CDU-Fraktion insgesamt, die gesamte Opposition, sei nur aus Mittelständlern zusammengesetzt, als ob nicht die großen Haie der Wirtschaft in erster Linie bei Ihnen zu finden wären und Sie in Ihren eigenen Reihen inzwischen klargestellt hätten, wie Sie die Probleme zwischen diesen Gruppen in Ihren eigenen Reihen regeln wollen.

(Zuruf von der CDU/CSU: „Haie" haben Sie gesagt? — Eigen [CDU/CSU] : Was waren das für Leute, „Haie der Wirtschaft"?)

Herr Lampersbach, Ihnen muß ich nach dem, was Sie am Schluß zum besten gegeben haben, nämlich daß Sie eigentlich der Kartellrechtsnovelle zugestimmt haben, sagen — die arbeitsrechtliche Lohnfortzahlung haben Sie auch nicht gewollt, aber zugestimmt haben Sie ihr trotzdem —: Das erinnert mich an einen Gemeinderat einer Gemeinde, der einmal gesagt hat: „Habe ich ja gesagt und nein gemeint." So geht es nicht. Hier muß man sagen, was man überhaupt will. Sie selbst haben in Ihren Beiträgen ein beredtes Zeugnis dafür gegeben, wie schmal der Pfad der Tugend der Marktwirtschaft ist und daß man Obacht geben muß, ob man diesen Pfad nicht verläßt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Der Tugendbold!)

Ich glaube, daß das, was diese Bundesregierung in den letzten sechs Jahren in der Wirtschaftspolitik vorgelegt hat, eher marktwirtschaftlich ist als ein Großteil der Lösungsvorschläge, die Sie hier zum besten gegeben haben.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)

Ich darf in diesem Zusammenhang auch einmal auf die Mittelstandsgesetze der Länder zu sprechen kommen. Wir begrüßen sie von seiten der FDP. Immerhin ist es in Baden-Württemberg so gelaufen — Herr Minister Jaumann ist schon weg —, daß die FDP ein Mittelstandsgesetz eingebracht hat, das die CDU als Regierungspartei unter den Tisch gekehrt, nachher abgeschrieben und dann als ihre Vorlage eingebracht hat. Wir haben trotzdem zugestimmt, und wir bedauern das heute nicht.

(Sick [CDU/CSU] : Das ist Ihre Version, Herr Gallus! Die stimmt nicht!)

— Doch, das stimmt! Haargenau so ist es gelaufen.
Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, daß Sie dauernd Ihre Leistungen in bezug auf den gewerblichen Mittelstand im Munde führen. Können Sie eigentlich ruhig schlafen angesichts der Beschlüsse — ich muß es noch einmal wiederholen — zur arbeitsrechtlichen Lohnfortzahlung, die gerade in den letzten Jahren dem mittelständischen Bereich große Schwierigkeiten bereitet haben, obwohl damals die FDP eine klare Alternative in der versicherungsrechtlichen Lohnfortzahlung angeboten hat? Das muß noch einmal gesagt werden.
Wo stehen eigentlich die Leute Ihrer Fraktion, die im vergangenen Jahr im Sozialpolitischen Ausschuß die Dynamisierung der Betriebsrenten gefordert haben? Das sind doch auch Leute Ihrer Gruppe gewesen.
In dem Zusammenhang ist es von Bedeutung, den Mittelstandsbericht noch einmal in einigen wichtigen Passagen, in einigen wichtigen Punkten nachzublättern, weil Sie so tun, als ginge in diesem Bereich die Welt unter. Tatsache ist, daß von 1966 bis 1970 die Zahl der Selbständigen um 72 000 abgenommen hat, in den Jahren 1970 bis 1974 aber nur um 4 000. Die Zahl der Lehrstellen im mittelständischen Bereich ist von 1970 bis 1975 von 419 auf 504 gestiegen. Und zu der Zahl der Konkurse — das haben Sie alles nicht gelesen — steht wörtlich im Bericht:
Von den 1975 insolvent gewordenen rund 6 900 Erwerbsunternehmen waren mehr als 70 °/o noch keine acht Jahre alt.

(Dr. Warnke [CDU/CSU] : Das war wohl der „Selbstreinigungsprozeß" ?)

Ich behaupte, daß ein ganz hoher Prozentsatz von Konjunkturrittern dabei war. Das behaupte ich hier von dieser Stelle aus.

(Zuruf von der CDU/CSU: Man sollte Sie in „Adam Riese" umtaufen!)

Nun zu der Forderung, man brauche unbedingt ein Mittelstandsgesetz. Dazu kann ich nur sagen:



Gallus
wir brauchen keines. Uns reicht das Aktionsprogramm der Bundesregierung voll und ganz aus.

(Dr. Warnke [CDU/CSU] : Das spricht nicht für Sie!)

— Natürlich! Für uns sind Taten entscheidend und nicht eine Optik, wie Sie sie in § 6 dieses Gesetzentwurfs hineingeschrieben haben: daß Sie nun nach Maßgabe der Haushaltsmittel helfen wollen. Demnach hätten Sie also in den letzten Jahren und im Augenblick überhaupt nicht helfen können. So sieht die Wirklichkeit aus.
Eines vergessen Sie, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang voll und ganz: daß auch der Mittelstand an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung partizipiert. Hier ist es von Bedeutung, einmal zu hören — ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten —, welches Konzept Herr Strauß vor anderthalb Jahren diesem Volk in bezug auf die Entwicklung seiner Wirtschaft gegeben hat. Das muß einmal gesagt werden, weil Ihnen das, was hier erreicht worden ist, anscheinend nicht recht ist. Das möchte ich von dieser Stelle aus betonen.

(Sick [CDU/CSU] : Das ist doch makaber bei 9 000 Konkursen pro Jahr!)

Strauß hat vor anderthalb Jahren in Sonthofen das Konzept festgelegt:
Erstens kann man jetzt überhaupt kein Konzept empfehlen, ohne sich in große politische Schwierigkeiten zu begeben. Und zweitens ist das Bewußtsein der Öffentlichkeit noch nicht so weit bzw. ist die Öffentlichkeit noch nicht so stark schockiert, daß sie bereit wäre, die Rezepte, die wir zur langsamen Heilung der Krise für notwendig halten, in Kauf zu nehmen.

(Dr. Warnke [CDU/CSU] : Inzwischen ist es bald so weit!)

Die Krise ist ohne Sie, meine Herren, bewältigt worden.
Auch Helmut Schmidt schiebt sie das ganze Jahr vor sich her. Wir würden Gefahr laufen, wenn wir vorschlagen, es muß jetzt konkret geschehen: a), b), c), d), daß sie es nicht tun. Lieber eine weitere Inflationierung, weitere Steigerung der Arbeitslosigkeit, weitere Zerrüttung der Staatsfinanzen in Kauf nehmen.
Das war Ihr Konzept, an das Sie sich halten wollten, statt das anzuwenden, was wir als Rezept für notwendig halten, mit der Maßgabe, daß Sie dann kritisieren. Das war Ihr Konzept vor anderthalb Jahren. Sie wollten dieses Volk wirtschaftlich ins Unglück führen.

(Lachen bei der CDU/CSU — Sick [CDU/ CSU] : Und Sie haben es getan!)

Das geht aus dem hervor, was Herr Strauß hier gesagt hat, und das können Sie nicht abwaschen.
In dieser Mittelstandsdebatte ist davon gesprochen worden, man brauche strategische Zukunftspläne. Dazu kann ich nur sagen: Wenn während Ihrer maßgeblichen Mitwirkung in den Jahren von 1966 bis 1970 70 000 Mittelstandsbetriebe aufgehört
haben, in den Jahren 1970 bis 1974 aber nur 4 000, dann frage ich mich: Wo war Ihre Strategie zu jener Zeit? Das muß man Sie doch ernsthaft einmal fragen.
Genauso ist es mit Ihrer Vorstellung bezüglich der großen Kaufhäuser auf der grünen Wiese und insgesamt hinsichtlich des Einzelhandels. Für mich sind diese Probleme sehr ernst. Nun habe ich heute hier gehört, daß Herr Hauser jetzt endlich den Städtetag dazu gebracht hat, über diese Dinge zu diskutieren.

(Hauser [Krefeld] [CDU/CSU] : Das ist längst entschieden!)

Herr Kollege Hauser, ich beglückwünsche Sie dazu, nur sind Sie fünf Jahre zu spät dran. Die Bemühungen Ihres Verbandes hätten Sie vor fünf Jahren aktivieren müssen, und zwar deshalb, weil in den meisten Städten sämtliche Großkaufhäuser bereits zum Bau vergeben sind; sie machen sich bereits selber Konkurrenz. Und gerade auf der unteren Ebene müssen wir leider feststellen, daß maßgebende Mitglieder Ihrer Partei oft nicht dem folgen, was Sie hier in bezug auf die Mittelstandspolitik zum besten geben.

(So ist es! bei der SPD)

So ist es leider, denn sonst dürfte es in den Städten und Gemeinden, in denen es absolute Mehrheiten der CDU gibt, nach Ihren Vorstellungen überhaupt keine Großkaufhäuser geben. Und dort gibt es vielleicht mehr als anderswo.
Eine weitere Frage ist die, ob wir in diesem Bereich des Mittelstandes und der Selbständigen nun überhaupt eine Chance für unsere Jugend haben. Tatsache ist — und das wird auch in Zukunft so sein —, daß zu einer selbständigen unternehmerischen Tätigkeit im mittelständischen Bereich Mut gehört. Ich glaube, daß der Rahmen von dieser Bundesregierung sowohl in bezug auf den Mittelstand als auch allgemeinpolitisch so gesteckt worden ist, daß diese Chance zur Ausübung eines selbständigen Berufs auch für die Zukunft durchaus gegeben ist. Nur darf man dann dieser Jugend nicht immer durch Miesmacherei den Himmel verdunkeln, sondern muß sagen, daß es auch in anderen Bereichen des Daseins in unserer Volkswirtschaft Schwierigkeiten gibt und daß nicht nur im Mittelstand, sondern auch bei den Nichtselbständigen nicht alles Gold ist, was glänzt. Vielleicht könnte man sich zu dieser Feststellung in einer Mittelstandsdebatte auch einmal durchringen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Was die Vergabe von Aufträgen anbetrifft, so besteht immer noch die VOB. Ich bin nun immerhin 17 Jahre Gemeinderat und Kreisverordneter — Kreisverordneter sogar schon länger —,

(Zuruf von der CDU/CSU: Oho!) und da kann ich Ihnen sagen:


(Zurufe von der CDU/CSU: Lebt die Gemeinde noch? — Wir sind geduldige Menschen!)




Gallus
Auch hier geben Sie bitte Ihre Empfehlungen nach unten. Denn auch in diesem Bereich mußte ich persönliche Erfahrungen mit der Vermischung von Politik und Geschäft machen, gerade in bezug auf Ihre Freunde, gerade was große Haie betrifft, und zwar in der Weise, daß hier leider allzu oft politische Querverbindungen bestehen, daß, bevor überhaupt vergeben wird, schon bei den Ausschreibungen usw. manche Leute zu Informationen kommen, die ihnen eigentlich gar nicht zustehen. Das wollen wir von dieser Stelle aus durchaus auch einmal sagen.
Alles in allem halten wir den Mittelstandsbericht der Bundesregierung für gut, und wir haben gute Hoffnung, daß er auch von weiten Teilen des Mittelstandes als solcher anerkannt wird und daß die mittelständische Jugend bei weitem nicht so schwarz sieht, wie Sie es hier tun.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724808000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jens.

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0724808100
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zum Schluß der Debatte noch einige wenige Bemerkungen. Nach dem Beitrag von Herrn Lampersbach hatte ich eigentlich das Gefühl, die Diskussion würde jetzt in ruhige Bahnen hineingeführt werden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aber dann kam Herr Gallus!)

Aber das, was der Herr Hauser und der Herr Schmidhuber geboten haben, war ja nun wirklich schon ein bißchen starker Tobak, ein bißchen viel Polemik. Wenn da gesagt wird, alles, was die Regierung macht, ist schlecht, alles ist nicht genügend, nichts reicht hin, nichts reicht her, dann ist das meines Erachtens einfach unglaubwürdig, und das kommt auch bei den schwankenden Angehörigen des Mittelstandes — und es gibt noch Leute, die sich überlegen, ob sie CDU oder FDP oder SPD wählen — nicht an, Herr Lampersbach; davon bin ich fest überzeugt.
Als der Herr Hauser so viele Zahlen zitierte, wurde ich unwillkürlich an die drei Arten von Lügen erinnert: die Notlüge, die gemeine Lüge und die Statistik.

(Dr. Warnke [CDU/CSU] : Siehe Mittelstandsbericht!)

Und was man alles mit der Statistik machen kann, will ich Ihnen gleich vorführen.

(Dr. Luda [CDU/CSU] : Das ist die Hälfte des Berichts!)

— Herr Luda, hören Sie doch einmal einen Augenblick zu!
Von 1970 bis 1975 ist die Zahl der Selbständigen nur ganz geringfügig gesunken,

(Frau Will-Feld [CDU/CSU] : Wunderbar, bravo!)

aber von 1965 bis 1970 — und da waren ja vor allem noch Sie dran —

(Zuruf von der CDU/CSU: 1965 war die FDP noch dabei!)

ist die Zahl der Selbständigen in der Bundesrepublik Deutschland um mehr als 80 000 gesunken.
Wenn wir — wir Sozialliberalen, wir Sozialdemokraten — so argumentierten wie die Opposition, würden wir also sagen: Großer Erfolg der Mittelstandspolitik dieser Regierung; die Zahl der Selbständigen ist nicht mehr gesunken!
Aber das ist nicht unsere Art von Argumentation.

(Zuruf von der CDU/CSU: Es stimmt ja auch nicht!)

Das muß ich Ihnen ehrlich sagen. Denn man muß die Entwicklung sehr differenziert sehen. Im Handwerk ist es z. B. so, daß es ihm gut geht, wenn die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung läuft. Jetzt läuft es dort wieder, deswegen geht es dem Handwerk auch gut. Im Handel ist es ohne Frage so, daß zum Teil ein sehr harter, wenn nicht sogar ruinöser Wettbewerb herrscht. Aber dieser Wettbewerb wird nicht etwa von dieser Regierung entfacht, wie Sie dies vielleicht gern glauben machen möchten, sondern vor allem von den großen Konzernen, die möglicherweise ein bißchen überflüssiges Geld haben und so einen Supermarkt auf die grüne Wiese bauen, von dem hier so furchtbar viel gesprochen wurde.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Die Regierung stimuliert doch!)

Denken Sie an die Industrie. Dort ist wirklich das vorzufinden, was vorhin schon gesagt wurde. Dort haben wir in der Tat noch immer eine scharfe Konzentrationsbewegung. Oder denken wir an die Bauwirtschaft.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724808200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lampersbach?

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0724808300
Herr Kollege Dr. Jens, Sie werden doch nicht bestreiten, daß die Regierung durch ihre Maßnahmen und Verlautbarungen zunächst einmal eine Stimulierung der Wirtschaft mit herbeiführen kann. Das ist der Teil, den Minister Friderichs in völliger Übereinstimmung mit uns als den psychologischen Teil dargestellt hat. Zum zweiten beträgt der Anteil der öffentlichen Hände weit über 30 %.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724808400
Herr Abgeordneter Lampersbach, Sie müssen eine Frage stellen und können keine Aussage machen.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0724808500
Ich bitte um Entschuldigung. Dieser Anteil liegt über 30 %. Glauben Sie nicht, daß das mit eine Wirkung gerade auf die mittelständische Wirtschaft hat?

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0724808600
Herr Lampersbach, wir sind es doch gewesen, die von dem abgegangen sind, was Sie hier propagieren. Nur Psychologie reicht in der



Dr. Jens
Wirtschafts- und Konjunkturpolitik mit Sicherheit nicht aus. Wir haben doch harte Mittel ergriffen, um der mittelständischen Wirtschaft zu helfen, und das werden wir auch weiterhin tun.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Das war doch Schiller!)

In der Bauwirtschaft macht sich in der Tat schon eine gewisse Sättigung breit. Deswegen wird es mit der Bauwirtschaft — man sollte den Leuten nicht das Gegenteil einreden — in Zukunft auch nicht weiter so bergauf gehen wie in der Vergangenheit.
Der Hotel- und Gaststättengewerbebereich, der sogenannte tertiäre Bereich, ist ein Sektor, der für mittelständische Unternehmer, für kleine Selbständige eine Zukunft hat.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724808700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Luda?

Dr. Manfred Luda (CDU):
Rede ID: ID0724808800
Wenn das in der Bauwirtschaft der Fall sein sollte, wie kommt diese Regierung dazu, anzukündigen, daß es ihr Ziel sei, 800 000 Wohnungen im Jahr zu bauen?

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0724808900
Wir können natürlich nur so viele Wohnungen bauen wie wir auch benötigen. In bestimmten Bereichen stehen zum Teil schon Sozialwohnungen leer, die wir nicht vermieten können.

(Dr. Luda [CDU/CSU] : Weil sie zu teuer sind!)

In diesen Bereichen ist es vollkommener Unsinn, weiterhin Sozialwohnungen zu errichten. Das wird kein Mensch wollen, und auch diese Regierung will das nicht.

(Dr. Luda [CDU/CSU] : Das kommt daher, daß Sie die Bundesmittel verteuert haben!)

Erlauben Sie mir noch einige wenige Bemerkungen zu Ihrem grandiosen Aktionsprogramm. Da werden sehr viele Wünsche, die so auf Sie zugekommen sind, wahllos hintereinander aufgeführt. Beispielsweise werden steuerpolitische Vorschläge gemacht. Sie wollen die Sonderabschreibungen verbessern, Sie wollen Sonderabschreibungen und Prämien für Forschung und Entwicklung. Ich frage mich unwillkürlich, was das wohl für die kleinen selbständigen Unternehmer bringen soll. Meines Erachtens ist das eine Hilfe, die vor allem für die Großen etwas bringen wird. Ich hoffe sehr, daß Sie das im Grunde natürlich nicht wollen.

(Lampersbach [CDU/CSU] : Man muß nur die Mittel richtig einsetzen!)

Oder denken wir an Ihre wettbewerbspolitischen Vorschläge, die Sie dort unterbreitet haben. Sie haben in diesem Zusammenhang einige Vorschläge gemacht, die bereits praktiziert werden. Der BGH hat gerade so entschieden. Sie haben darüber hinaus Maßnahmen vorgeschlagen, die wir bereits im Juli 1973 verwirklicht haben. Sie sollten sich der Meinung anschließen, daß wir ein bißchen mehr Erfahrungen sammeln sollten, bevor wir endgültig über die neuen Bestimmungen, die wir in das Kartellgesetz schreiben, entscheiden.
Schließlich — und das ärgert mich an Ihrem Aktionsprogramm vor allem, Herr Luda — unternehmen Sie sogar Vorstöße, die die Grundprinzipien dieser Marktwirtschaft außer Kraft setzen wollen. Wenn Sie z. B. mehr oder weniger indirekt für ein Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis plädieren, eliminieren Sie damit den Preiswettbewerb. Das wichtigste Element dieser marktwirtschaftlichen Ordnung ist aber der Preiswettbewerb. Jeder, der den Preiswettbewerb kaputtmachen will, macht damit die Marktwirtschaft kaputt.

(Zustimmung bei der SPD)

In jenen Bereichen, in denen wir keinen Preiswettbewerb mehr haben, haben wir auch keine Marktwirtschaft mehr. Das sollten Sie begreifen. Sie reden doch immer soviel von Marktwirtschaft, aber die Prinzipien dieser Marktwirtschaft kennen Sie nicht. Die sollten Sie sich doch noch einmal genau ansehen.
Wir haben 1973 mit dem Kartellgesetz nach marktwirtschaftlichen Prinzipien gehandelt. Kooperationserleichterungen, Wettbewerbsregeln, Mittelstandsempfehlungen, das sind alles Maßnahmen zur Hilfe für Kleinunternehmen, damit sie im Wettbewerbskampf mit den Großen besser bestehen können. Es waren gleichzeitig aber auch Maßnahmen, die darauf hinausliefen, daß der Wettbewerb zwischen mehreren Kleinen und den Großen intensiviert wurde. Deshalb war das so auch vernünftig.
Hier wurde die Preisbindung der zweiten Hand angesprochen. Hierzu wiederhole ich, daß die Preisbindung der zweiten Hand ein Fremdkörper in dieser Marktwirtschaft war. Wir Sozialdemokraten haben sie beseitigt. Wir haben mehr Marktwirtschaft eingeführt; denn Preisbindungen haben in einer Marktwirtschaft nichts zu suchen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben z. B. die Mißbrauchsaufsicht verschärft. Das fordern Sie in Ihrem Aktionsprogramm jetzt noch einmal. Warum eigentlich? Wir haben das Diskriminierungsverbot verschärft. Das fordern Sie auch noch einmal. Warum eigentlich? Warten Sie doch einmal ab! Wir haben die Fusionskontrolle eingeführt, gegen die Sie sich jahrelang gewehrt haben. All dies waren Maßnahmen, die die Macht der Großen in Schranken halten sollten. Auch das halte ich für eine wichtige mittelstandspolitische Maßnahme. Denn die Kleinunternehmen werden vor allem von den großen Unternehmen an die Wand gedrückt. Deshalb müssen wir die Macht der Mächtigen beschränken.

(Zurufe)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724809000
Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas Ruhe für den Redner. Er ist der letzte vorgesehene Redner. Wir wollen doch bis ein Uhr zum Schluß kommen.

(Dr. Luda [CDU/CSU] : Der Redner will zum Schluß kommen!)


Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0724809100
Ich komme gleich zum Schluß.




Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724809200
Das war keine Mahnung an Sie, sondern an die Kollegen, die Ihnen zuhören.

Prof. Dr. Uwe Jens (SPD):
Rede ID: ID0724809300
Das Kartellamt ist aufgefordert, die kleinen Selbständigen, den Mittelstand zu pflegen und zu hegen. Aber gleichzeitig ist es auch aufgefordert, mit den vorhandenen gesetzlichen Maßnahmen intensiv die Macht der Großen zu kontrollieren. Wir können gern in der nächsten Legislaturperiode darüber reden, ob wir unter Umständen noch einmal das Diskriminierungsverbot des § 26 GWB ein bißchen verändern. Aber bitte dann so, daß die Geschicklichkeit beim Verhandeln und beim Einkaufen nicht etwa ausgeschlossen wird! Das wollen wir doch wohl hoffentlich beide nicht.
Wir können auch noch einmal darüber reden, ob wir die Forderung des Einzelhandelsverbandes aufgreifen, nämlich die Preisempfehlung abzuschaffen. Das kommt ja noch dran. Wir müssen auch wirklich darüber reden, ob das gemeindliche Planungsrecht ausreicht, das Expandieren von Verbrauchermärkten und Cash-and-Carry-Läden auf der grünen Wiese in Schranken zu halten. Das ist wirklich ein Anliegen, über das wir intensiv nachdenken müssen. Aber ich weiß ja, daß man mit Ihnen, Herr Lampersbach, über alles gut reden kann.

(Lampersbach [CDU/CSU]: Ja! — Josten [CDU/CSU] : „Frohe Pfingsten" wollen wir sagen!)

— Sie können gleich in die Pfingstferien gehen.
Die kleinen Selbständigen, das möchte ich hier zum Schluß noch einmal sagen, sollten sich von Ihrem harten Geschimpfe nicht immer in die Irre treiben lassen. Sie sollten sich auch nicht in das ideologische Schlepptau des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und vielleicht der CDU nehmen lassen. Leider ist das häufig der Fall. Leider wird von dieser Seite ein bißchen zuviel Propaganda und
ein bißchen zuwenig Aufklärung betrieben. Die eigentlichen Feinde der Selbständigen und der kleinen Unternehmer sind nämlich die Großkonzerne. Wir und diese Regierung sind Freunde der kleinen und mittleren Unternehmer.
Ich war vor kurzem im Ostblock. Wenn man dort einen Wasserrohrbruch hat, kommt natürlich überhaupt kein Handwerker mehr. Die Schaufenster sind dort trostlos gestaltet. Im Vergleich damit sind unsere Handwerker und unser Handel in ihrer Vielfalt und Beweglichkeit für Sozialdemokraten auch ein Stück Lebensqualität, die es unbedingt genauso wie eine gesunde Wettbewerbswirtschaft zu erhalten gilt.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Lampersbach [CDU/CSU] : Welch neue Erkenntnisse!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0724809400
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die verbundene Aussprache.
Die Überweisungsvorschläge des Ältestenrates zu den Punkten 30, 31 und 32 der Tagesordnung sind Ihnen aus Ihren Unterlagen bekannt. Erhebt sich dagegen Widerspruch? — Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.
Damit sind wir pünktlich am Ende unserer Tagesordnung angelangt.
Von Pfingstferien ist leider nicht die Rede, meine Damen und Herren, weil wir bereits in der nächsten Woche wieder tagen. Ich wünsche Ihnen jedoch ein gesegnetes Pfingstfest im Kreise Ihrer Familien.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 9. Juni, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.