Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Meine Damen und Herren, am 26. Mai hat der Abgeordnete Löbbert seinen 60. Geburtstag gefeiert. Ich darf dazu die Glückwünsche des Hauses aussprechen.
Ich gebe bekannt, daß nach der Fragestunde die Bundesregierung eine Erklärung über die Ergebnisse der 4. UN-Weltkonferenz für Handel und Entwicklung abgeben wird. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist die Tagesordnung um diesen Punkt ergänzt worden.Dann gebe ich bekannt, daß die Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 4. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1975 — Drucksache 7/5191 — gemäß § 76 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß überwiesen werden soll. Erhebt sich gegen die vorgeschlagene Überweisung Widerspruch? — Das ist nicht der Fall. Es ist so beschlossen.Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Die Fraktion der CDU/CSU hat mit Schreiben vom 21. Mai 1976 ihren Antrag betr. Verzicht der Mitglieder des Bundestages auf eine Anhebung ihrer Aufwandsentschädigungen für das Jahr 1976 zurückgezogen.Der Bundesminister der Verteidigung hat mit Schreiben vom 28. Mai 1976 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kraske, Dr. Wörner, Frau Tübler, Handlos, Biehle, Löher, de Terra, Rommerskirchen, Dr. Marx, Dr. Kunz und der Fraktion der CDU/CSU betr. Wehrdienst und Zivildienst (Drucksache 7/5172) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/5269 verteilt.Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 25. Mai 1976 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Warnke, Hösl, Röhner, Dr. Dregger, Baron von Wrangel, Schröder , Dr. Jobst, Schmidhuber, Dr. Sprung, Böhm (Melsungen), Dr. Kunz (Weiden), Schedl und der Fraktion der CDU/CSU betr. steuerfreie Investitionsrücklage für mittelständische Betriebe gemäß § 3 Zonenrandförderungsgesetz (Drucksache 7/5159) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/5270 verteilt.Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 20. Mai 1976 mitgeteilt, daß der Ausschuß über dieMitteilung der Kommission an den Rat betreffend die Verhandlungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einerseits und dem Königreich Marokko und der Tunesischen Republik andererseits
keinen Bericht an das Plenum erstatten wird, nachdem der Rat der Europäischen Gemeinschaften die Vorschläge der EG-Kommission schon abschließend behandelt hat und der Bundestag diese Abkommen noch in eigenen Verfahren ratifizieren wird.Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 20. Mai 1976 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:Verordnung des Rates zur vorübergehenden Genehmigung bestimmter Fangquotenregelungen im Fischereisektor (Drucksache 7/4853)Mitteilung betreffend eine Nahrungsmittel-Soforthilfe in Form von Getreide und Butteröl zugunsten der betroffenen Bevölkerungskreise Zyperns
Vorschlag für eine Nahrungsmittel-Soforthilfe zugunsten des Libanon
Verordnung des Rates zur Änderung des in der Landwirtschaft anzuwendenden Umrechnungskurses für den französischen Franken (Drucksache 7/4986)Mitteilung an den Rat betreffend eine Nahrungsmittel-Soforthilfe zugunsten von Angola und der nach Zaire geflüchteten angolanischen Bevölkerung
Überweisung von EG-VorlagenDer Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:Beschluß des Rates zum Abschluß des Europäischen Übereinkommens über den Tierschutz bei der Aufzucht
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Veredelungsarbeiten an bestimmten Spinnstoffen im passiven Veredelungsverkehr der Gemeinschaft (Drucksache 7/5176)überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über die Einfuhrregelung für bestimmte Textilerzeugnisse mit Ursprung in Brasilien
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft , Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Ratesüber den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Algerien hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Algerien in die Gemeinschaftüber den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaftüber den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Tunesischen Republik hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaftüber den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen mit Ursprung in Algerien in die Gemeinschaftüber den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaftüber den Abschluß eines Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
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Vizepräsident von Hasselund der Republik Tunesien über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaft
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Ratesüber die Einfuhr von Hartweizen aus Marokkoüber die Einfuhr von zum Brennen bestimmten Wein aus frischen Weintrauben mit Ursprung in Algerienüber die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen vom Sichten, Mahlen oder von anderen Bearbeitungen von Getreide aus der Demokratischen Volksrepublik Algerienüber die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen vom Sichten, Mahlen oder von anderen Bearbeitungen von Getreide aus der Republik Tunesienüber die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen vom Sichten, Mahlen oder von anderen Bearbeitungen von Getreide aus dem Königreich Marokkoüber die Einfuhr von Olivenöl aus Algerienüber die Einfuhr von Olivenöl aus Marokkoüber die Einfuhr von Olivenöl aus Tunesien
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten , Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für bestimmte Weine mit Ursprungsbezeichnung der Tarifstelle ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Algerien (Drucksache 7/5198)überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über die Einfuhrregelung für bestimmte Textilerzeugnisse mit Ursprung in der Republik Korea
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Anpassung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar sind
überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Waren der Tarifstelle 22.09 C I des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in den mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft assoziierten überseeischen Ländern und Gebieten (Drucksache 7/5205)überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte industrielle Waren (Drucksache 7/5206)überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Verlängerung der in der Verordnung (EWG) Nr. 3328/75 vorgesehenen Einfuhrregelung für Rindfleisch mit Ursprung in bestimmten Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (Drucksache 7/5207)überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 4 Gewichtshundertteilen oder mehr der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs und über die Ausdehnung dieses Kontingents auf bestimmte Einfuhren von Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 3 bis 4 Gewichtshundertteilen (Drucksache 7/5208)überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über die Grundregeln für die Gewährung der Ausgleichsentschädigung an die Erzeuger von Thunfischen für die Konservenindustrie
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatSiebte Richtlinie auf Grund von Artikel 54 Abs. g des EWG- Vertrages über den Konzernabschluß
überwiesen an den Rechtsausschuß , Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatRichtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren
überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatMitteilung der Kommission an den Rat über die Ergebnisse der Verhandlungen zum Abschluß des Übereinkommens über den Schutz des Mittelmeeres gegen Verschmutzung sowie eines Protokolls zur Verhütung der Verschmutzung des Mittelmeeres durch das Einbringen von Abfallstoffen durch Schiffe und LuftfahrzeugeBeschluß des Rates bezüglich des Abschlusses eines Übereinkommens über den Schutz des Mittelmeeres gegen Verschmutzung sowie eines Protokolls über die Verhütung der Verschmutzung des Mittelmeeres durch das Einbringen von Abfallstoffen durch Schiffe und Luftfahrzeuge
überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage desBerichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatWir treten ein in Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde— Drucksache 7/5263 —Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Dr. Schneider auf:Welche Erfahrungen liegen der Bundesregierung bisher über die gerichtliche Praxis des Miethöhengesetzes im Bundesgebiet — insbesondere in Hamburg — vor, und welche Folgerungen ergeben sich daraus für die Bundesregierung?Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. de With.
Das Gesetz zur Regelung der Miethöhe ist erst seit knapp eineinhalb Jahren in Kraft. Es liegt auf der Hand, daß sich innerhalb dieser kurzen Zeitspanne eine feste Praxis der Gerichte zur Auslegung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht gebildet haben kann. Das gilt in verstärktem Maße noch für die in § 2 des Gesetzes enthaltene Regelung zur Anpassung der Miete an die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete. Wegen der Ausgestaltung des Zustimmungsverfahrens können hier gerichtliche Verfahren über eine solche Mieterhöhung nach dem neuen Recht frühestens im April letzten Jahres anhängig geworden sein.
Die Zahl der zu diesem Komplex veröffentlichten gerichtlichen Entscheidungen ist dementsprechend bisher auch minimal. Das derzeit vorliegende Material reicht nach Auffassung der Bundesregierung weder zu einer auch nur vorläufigen Beurteilung noch gar zu Schlußfolgerungen — etwa für die Gesetzgebungsarbeit — aus.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schneider.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß die Kostenmieten im Sozialen Wohnungsbau in den
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Dr. Schneiderletzten zwei Jahren beträchtlich höher angestiegen sind als die Marktmieten, und sieht sie diese Entwicklung teilweise im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz begründet?Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Nein. Ich glaube, es ist schon mehrfach geäußert worden, daß dies differenziert betrachtet werden muß. Das Ansteigen bei den sozialen Mieten betrifft nur gewisse Wohnungen aus gewissen Zeiträumen. Hier wird überlegt werden müssen, wie man zu einem Ausgleich kommen kann. Wir gehen aber nicht davon aus, daß dies auf das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz zurückgeführt werden muß.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schneider.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die Feststellung des Gesamtverbandes der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland, wonach seine Mitgliedsunternehmen wegen zu niedriger Mieten jährlich einen Substanzverlust bis zu 1,8 Milliarden DM erleiden?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Ich kann dies nicht genau überprüfen. Mir als dem Vertreter des Bundesministeriums der Justiz sind diese Zahlen mit Ihrer Äußerung zum erstenmal bekanntgeworden. Ich kann nur generaliter sagen, daß sich das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz als sehr günstig für die Entwicklung im Mietsektor erwiesen hat, wobei man immer beide Teile betrachten muß: den Vermieter und den Mieter.
Keine Zusatzfrage. Wir sind damit am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt, Herr Staatssekretär. Ich darf Ihnen für die Beantwortung der Fragen danken.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Geßner wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Eigen auf:
Welche Auswirkungen hat die italienische Bardepotregelung auf die Preisgestaltung deutscher Agrarprodukte vor allem im süddeutschen Raum?
Der Fragesteller ist anwesend. Zur Beantwortung, bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemannn.
Herr Kollege Eigen, die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit der jüngsten italienischen Bardepotregelung und deren Auswirkungen bereits zu verschiedenen parlamentarischen Anfragen Stellung genommen. In diesen Stellungnahmen dürfte deutlich geworden sein, daß die Bundesregierung durchaus sieht, daß durch die Beeinträchtigung des Exports auch gewisse Belastungen des Binnenmarktes, insbesondere des Rindermarktes in Süddeutschland, entstanden sind. Allerdings ist es angesichts der ständigen Preissschwankungen, wie sie vor allem auf den Viehmärkten zu verzeichnen sind, nicht möglich, die Einflüsse zu quantifizieren. Es konnte festgestellt werden, daß die Preise an den süddeutschen Rindermärkten in der ersten Maihälfte teilweise überdurchschnittlich gefallen sind, sicherlich als Folge der italienischen Maßnahme. In den folgenden Wochen haben sich die Preise für Schlachtrinder im süddeutschen Raum und im Bundesgebiet insgesamt aber wieder verbessert. Hier dürfte vor allem die verstärkte Intervention marktstabilisierend gewirkt haben.
Bei den übrigen in Frage kommenden Produkten konnte eine besondere Beeinträchtigung der Preisbildung nicht festgestellt werden. So sind z. B. die rückläufigen Preise für einige Milchprodukte nur bedingt auf die Bardepotregelung zurückzuführen. Der Preisrückgang hatte hier schon vorher eingesetzt.
Zusatzfrage, der Abgeordnete Eigen.
Herr Staatssekretär, wenn beispielsweise auch in Dänemark, wie heute in der Presse veröffentlicht worden ist, genau wie bei uns sehr stark bei Rindfleisch interveniert werden mußte, wie wirken sich mittel- oder langfristig im Hinblick auf die Möglichkeit der Intervention beim Weideabtrieb ab September 1976 diese negativen Veränderungen auf Grund des Bardepotgesetzes aus?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Wir gehen davon aus, daß der Fleischverbrauch in der Bundesrepublik hoch bleiben wird, daß also ein Teil der Interventionsware, die jetzt auch als Auswirkung des Bardepotgesetzes verstärkt anfällt, dem Verbrauch wieder zugeführt werden kann. Im übrigen bemühen wir uns auch, bestimmte Vorräte bei Fleisch zu wälzen. Wir werden uns weiter bemühen, verstärkt auch wieder verbilligte Rindfleischkonserven abzugeben, um nur ein Beispiel zu nennen.
Zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Eigen.
Hat die Bundesregierung untersucht, ob sich die Marktströme in Italien möglicherweise durch das Bardepotgesetz insofern verändert haben, als den Ostimporten mehr Raum gegeben worden ist, und besteht hier nicht die Gefahr, daß unser Marktanteil für Fleisch- und Milchprodukte in Italien dadurch mittelfristig leidet?Logemann, Parl. Staatssekretär: Das haben wir festgestellt. Herr Kollege Eigen, ich möchte Sie bitten, das Protokoll über die heutige Sitzung des Ernährungsausschusses zu lesen. Ich habe in dieser Sitzung Zahlen über die handelspolitische Entwicklung, die sich in den letzten Tagen ergeben hat, vorgetragen. Exporte aus der Bundesrepublik in Rich-
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Parl. Staatssekretär Logemanntung Italien sind rückläufig gewesen, und zwar unterschiedlich bei Fleisch und bei Milch. Das ist aber nicht nur bei Exporten aus der Bundesrepublik der Fall gewesen, sondern wir haben auch z. B. Auswirkungen in Frankreich festgestellt, die dazu geführt haben, daß in den letzten drei Wochen der französische Export an Lebendvieh und Rindfleisch nach Italien um etwa die Hälfte zurückgegangen ist.
Zusatzfrage, der Abgeordnete Jäger .
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir, da ich dem Ernährungsausschuß nicht angehöre, vielleicht sagen, welche Entwicklung sich auf dem Gebiet des Exports von Milcherzeugnissen, vor allem von Hartkäsen, aus dem süddeutschen Raum nach Italien feststellen läßt?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich würde Ihnen die Antwort lieber schriftlich geben, auch wenn sie mir hier ausführlich vorliegt. Herr Präsident, wenn ich allerdings die Zeit dafür habe, kann ich sie auch gern vortragen.
Sofern Sie sich kurzfassen, Herr Staatssekretär, ja. Fragen sollen kurz gestellt und kurz beantwortet werden.
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, auf Grund von Rückfragen, die wir in den letzten Tagen bei Firmen vorgenommen haben, ergibt sich in etwa folgendes Bild: Der Exportrückgang bei Milch soll zwischen 10 und mehr als 50 % betragen. Bei Butter soll ein Rückgang des Exportgeschäfts um 20 bis zu 80 % zu verzeichnen sein. Der Rückgang bei den Käsesorten beträgt bei Emmentaler durchschnittlich ca. 50 %; Schnitt- und Weichkäse werden, soweit angegeben, zwischen 25 und 30 % weniger ausgeführt.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Ey.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, ob in der letzten Zeit Fleischexporte aus den Ostblockstaaten nach Italien stattgefunden haben?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Ich kann Ihnen hier nicht die genauen Zahlen nennen; aber es haben in den letzten Monaten wie immer auch Exporte aus Drittländern in Richtung Italien stattgefunden. Wir haben aber schon bei den Verhandlungen in Brüssel verlangt, daß die aus Drittländern zu niedrigeren Lieferpreisen eingeführten Fleischmengen entsprechend auch bei der Einfuhr nach Italien mit höheren Belastungen versehen werden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung.
Frage 4 des Abgeordneten Geldner aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Die Fragen 5 und 6 des Abgeordneten Berger sowie die Fragen 7 und 8 des Abgeordneten Volmer werden auf Wunsch der Fragesteiler schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe Frage 9 des Abgeordneten Eigen auf.
Wie hoch schätzt die Bundesregierung das Aufkommen der pauschalierten Abwasserabgabe durch die Bevölkerung im ländlichen Raum, und wieviel Investitionen für Kläranlagen etc. werden nach Meinung der Bundesregierung im ländlichen Raum durch die Abwasserabgabe finanziert?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Baum.
Herr Kollege, das aus der Abwasserabgabe insgesamt zu erwartende Aufkommen hängt vom Stand der Abwasserreinigung ab. Der 1981 im ländlichen Raum zu erwartende Stand und seine weitere Entwicklung ist wiederum in hohem Maße von der Gewässerschutzpolitik der Länder abhängig. Demgemäß sind alle Prognosen heute mit großen Unsicherheiten behaftet.
Die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundestag eine Grobschätzung des Abgabeaufkommens bereits vorgelegt. Es wurde insgesamt 1981 auf 660 Millionen DM und 1986 auf 800 Millionen DM geschätzt. Aus dem ländlichen Raum kommt dabei etwa ein Viertel dieses Aufkommens, wobei „ländlicher Raum" mit Gemeinden bis zu 15 000 Einwohnern gleichgesetzt wird. Die Verwendung des Abgabeaufkommens ist Sache der Länder, so daß die Bundesregierung keine Angaben machen kann, wieviel Investitionen für Kläranlagen ab 1981 durch die Abgabe finanziert werden.
Abgesehen von dem Aufkommen aus der Abgabe stehen, und zwar heute schon, für den Bau von Abwasserbehandlungsanlagen im ländlichen Raum unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Förderungsmittel zur Verfügung, z. B. aus dem ERP- Sondervermögen sowie aus den Gemeinschaftsaufgaben „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" und „Verbesserung der regionalen Wirtschaftstruktur Ich gehe davon aus, daß Mittel aus diesen Programmen auch 1981 noch parallel zur Verfügung stehen werden, Herr Kollege.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Eigen.
Herr Staatssekretär, besteht nicht die ganz große Gefahr, daß gerade in bezug auf das Aufkommen aus der Abwasserabgabe im ländlichen Gebiet die Verwaltungskosten exorbitant
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Eigenhoch sein werden, und daß überhaupt keine Möglichkeit besteht, die Gelder in diesen Gebieten wieder auszugeben, weil sie aus der Natur der Sache heraus nur für Großanlagen ausgegeben werden können?Baum, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege, diese Gefahr sehe ich nicht. Ich sehe im übrigen, daß im ländlichen Raum auch Gefahren mit dem Niederschlagwasser verbunden sind. Das haben wir ja in diesem Hause bei der zweiten und dritten Lesung des Gesetzes eingehend erörtert. Diese Gefahren müssen dort bekämpft werden, wo sie entstehen, auch im ländlichen Raum, und zwar auch dann, wenn die Anlagen nicht so kostspielig sind, wie etwa in den Ballungsräumen.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Eigen.
Können Sie dem Hohen Haus einmal erklären, inwieweit Niederschlagwasser in einem Dorf eine Gefahr darstellt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir haben das ja im einzelnen dargelegt. Ich erinnere an die Debatte, die die Kollegen Kiechle und Konrad hier am 20. Mai 1976 bestritten haben. Es geht um Niederschlagwasser, das beispielsweise nach Perioden längerer Trockenheit erhebliche Mengen Schadstoffe mit sich führt.
Einen Augenblick, bitte! Es gibt hier keinen Dialog, sondern nur Frage und Antwort.
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das sind naturwissenschaftliche Tatbestände; das haben Messungen ergeben. Auch ein kleines Gewässer kann durch die Einführung von Niederschlagwasser aus der Kanalisation in erheblichem Maße mit Schad-und Schmutzstoffen belastet werden. Das ist nun einmal so, und es wäre eine erhebliche und empfindliche Lücke, wenn das Abwasserabgabengesetz diesen Bereich nicht einschließen würde.
Ich rufe Frage 10 des Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Welche finanziellen Leistungen hat der Bund für die Ausstattung der Bereitschaftspolizeien der Länder seit 1971 jährlich insgesamt sowie für Bayern im besonderen erbracht, und wie ist dieser Beitrag zur Verbesserung der inneren Sicherheit zu bewerten?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Bund hat für die in seinen Verantwortungsbereich auf Grund von Verwaltungsabkommen fallende Ausstattung der Bereitschaftspolizeien der Länder mit Führungs- und Einsatzmitteln seit 1971 erhebliche finanzielle Leistungen erbracht, nämlich insgesamt 100 315 000 DM. Davon entfielen auf Bayern 21 718 350 DM. Ich bin gerne bereit, die genaue Aufschlüsselung der Zahlen für die Jahre 1971 bis 1975 schriftlich zu Protokoll zu geben. *)
Die jährlichen Beträge wurden im Zuge des Schwerpunktprogramms „Innere Sicherheit" von 1973 bis 1975 ganz beachtlich gesteigert. Damit konnte ein mit den Ländern abgestimmter Umstrukturierungsplan realisiert werden, durch den die Ausstattung der Bereitschaftspolizeien auf Grund von Einsatzerfahrungen den veränderten Einsatzerfordernissen und dem neuesten Stand der Technik angepaßt wurde.
Desgleichen konnten mit den zur Verfügung stehenden Mitteln Verstärkungseinheiten der Bereitschaftspolizei, deren Aufstellung zur Erreichung der im „Programm für die Innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland" vorgesehenen Polizeidichte von 1 : 400 erforderlich wurde, planmäßig mit modernstem Gerät ausgestattet werden.
Mit dem vorstehenden finanziellen Aufwand hat der Bund den Einsatzwert der Bereitschaftspolizeien wesentlich erhöhen können. Das trifft insbesondere auch auf die bayerische Bereitschaftspolizei zu, auf deren Ausstattung über 20 °/o der in den Jahren 1971 bis 1975 ausgegebenen Finanzmittel entfielen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wernitz.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich angesichts dieser und auch zahlreicher anderer Leistungen und Maßnahmen der Bundesregierung zur Verbesserung der inneren Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland die Aufforderung des bayerischen Innenministers Dr. Merk an die Bundesregierung bei einer Vereidigung von 1 300 Bereitschaftspolizisten am 15. Mai dieses Jahres, ihre Sicherheitspolitik zu überdenken und mit der Verschleierung von Entwicklungen Schluß zu machen?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dieser Erklärung des bayerischen Innenministers, die mir bekannt ist, muß die Bundesregierung entschieden entgegentreten. Hier wird der Eindruck erweckt, als hätte die Bundesregierung die innere Sicherheit vernachlässigt. Zum zweiten muß ich erklären, daß auch die Form höchst ungewöhnlich ist, daß nämlich die Vereidigung von Bereitschaftspolizisten zum Anlaß genommen wird, Wahlkampf gegen die Bundesregierung zu führen.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wernitz. Insgesamt davon für Bayern 1 D DM1971 9 562 000 3 557 5001972 7 954 000 1 755 1001973 22 773 000 4 565 0001974 26 349 000 4 506 5001975 33 677 000 7 334 250
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Herr Staatssekretär, kann man also festhalten, daß derartige Vorhaltungen in Richtung auf die Bundesregierung im wesentlichen den Zweck verfolgen, bei geeigneten oder, wie Sie hier ja angedeutet haben, ungeeigneten Gelegenheiten den Leistungskatalog zur Verbesserung der inneren Sicherheit durch schleierhafte, weil unzutreffende Kritik vor dem Bürger abzuwerten?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich muß davon ausgehen, daß der bayerische Innenminister genau weiß, wie es mit dem Ausbau der inneren Sicherheit in den letzten Jahren vorangegangen ist. Er war daran beteiligt. Ich nehme nicht an, daß er über die diesbezüglichen Vorgänge nicht informiert ist. Er macht dann solche Vorhaltungen, die nicht mit den Tatsachen zu vereinbaren sind, entgegen besseren Wissens.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Maucher.
Herr Staatssekretär, auf Grund der gestellten — oder bestellten — Frage haben Sie geäußert, daß die Bundesregierung wesentliche Anstrengungen zur Verbesserung der inneren Sicherheit gemacht habe. Für mich ist das natürlich eine Selbstverständlichkeit. Ich frage Sie: Können Sie gleichzeitig auch sagen, welche Mehraufwendungen bei den einzelnen Ländern für die innere Sicherheit entstanden sind? Ich komme aus Biberach, wo eine größere Anzahl von Bereitschaftspolizisten stationiert ist. Können Sie sagen, wie sich bei der Mehrbelastung der Länder und des Bundes das prozentuale Verhältnis darstellt?
Baum, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann Ihnen die Zahlen im einzelnen gern geben. Es ist gar keine Frage, daß sich auch die Länder wesentlich am Ausbau der inneren Sicherheit beteiligt haben. Es handelt sich um ein Programm, das zwischen dem Bund und den Ländern vereinbart und in die Wirklichkeit umgesetzt worden ist. Um so erstaunlicher — dies kann ich nur noch einmal wiederholen — sind die Äußerungen des bayerischen Innenministers.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, liegt diese Verbesserung der inneren Sicherheit nicht auch in Aussagen der Bundesregierung hinsichtlich der Bedeutung der inneren Sicherheit begründet?
Baum, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat nie einen Zweifel daran gelassen, daß sie dieser Frage eine vorrangige Bedeutung beimißt. Sie hat auch danach gehandelt. Worte und Taten stimmen überein, Herr Kollege.
Die Frage 33 ist von Herrn Abgeordneten Dr. Haenschke eingebracht. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf.
Die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Baier und die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Gerlach sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen.
Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Dr. Mertes auf:
Trifft es zu, daß US-Dienststellen in Deutschland vorübergehend vakant gewordene Positionen, die bisher von deutschen Arbeitnehmern besetzt waren, mit US-Bürgern besetzen oder — falls letzteres nicht möglich ist — aus dem Stellenplan streichen und unter anderer Bezeichnung als US-Positionen zugunsten amerikanischer Staatsbürger wieder in den Stellenplan aufnehmen, nachdem der frühere deutsche Stelleninhaber versetzt oder entlassen wurde, und wenn ja, beurteilt die Bundesregierung die vorgenannte Handhabung als Umgehung der Bestimmungen des NATO-Statuts, und gedenkt sie gegebenenfalls einer solchen Umgehung entgegenzuwirken?
Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Haehser zur Verfügung.
Herr Kollege Dr. Mertes, die Bestimmungen von Zahl und Art der bei den Stationierungsstreitkräften benötigten Arbeitsplätze, die Zuweisung dieser Arbeitsplätze und die Einstellung von Arbeitnehmern sind nach Art. 56 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut ausschließlich Angelegenheiten der amerikanischen Streitkräfte. Die Bundesregierung ist darüber unterrichtet, daß die amerikanischen Streitkräfte auf freien oder freigewordenen Stellen, die früher für zivile Ortskräfte vorgesehen waren, Familienangehörige amerikanischer Soldaten oder amerikanische Touristen beschäftigen. Nach Auskunft des Hauptquartiers der amerikanischen Stationierungsstreitkräfte sind bisher keine deutschen Arbeitnehmer entlassen worden, um Arbeitsplätze für amerikanische Staatsangehörige freizumachen.Die Frage der Beschäftigung dieser amerikanischen Staatsangehörigen ist zunächst zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und dem amerikanischen Hauptquartier erörtert worden und sodann im Jahre 1975 Gegenstand eines Verbalnotenwechsels zwischen dem Auswärtigen Amt und der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika gewesen. Dabei hat sich herausgestellt, daß einer einvernehmlichen Regelung unterschiedliche Rechtsauffassungen über die Umstände und Bedingungen entgegenstehen, nach denen die Streitkräfte gemäß dem Truppenstatut amerikanische Staatsangehörige beschäftigen dürfen. Deshalb hat sich der Staatssekretär im Auswärtigen Amt kürzlich an den Botschafter der Vereinigten Staaten gewandt und ihn gebeten, sich der Angelegenheit anzunehmen. Die Bundesregierung hofft, daß diese Initiative dazu führt, mit den amerikanischen Streitkräften zu einer auch die deutschen Interessen berücksichtigenden Lösung der Frage zu kommen.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17439
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mertes.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hohen Hause Näheres über die unterschiedlichen Interpretationen der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigten Staaten von Amerika in dieser Frage sagen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Es ist so, Herr Kollege Dr. Mertes, daß die deutschen Arbeitnehmer nach dem deutschen Arbeitsrecht und dem deutschen Tarifvertragsrecht behandelt werden, während für die amerikanischen Staatsangehörigen amerikanisches Recht und amerikanische Vergütungssätze gelten. Nach unserer Auffassung ist es nicht gut, wenn bei derselben Stelle zwei Gruppen von Arbeitnehmern mit unterschiedlichen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mertes.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung nach dem bisherigen Verlauf der Kontakte mit den Vereinigten Staaten von Amerika die Chancen, daß sich unsere deutschen Rechtsauffassungen und damit die Interessen der deutschen Arbeitnehmer in dieser Frage durchsetzen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn die Bundesregierung Kontakte aufnimmt, tut sie das natürlich in der Absicht, diese Kontakte dazu zu nutzen, zu guten Ergebnissen zu gelangen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Marx.
Herr Staatssekretär Haehser, da Sie sagten, es sei keiner entlassen worden, um Plätze freizumachen, möchte ich Sie gerne fragen, ob Ihnen nach den Erkenntnissen der Bundesregierung oder auf Grund Ihrer Gespräche mit der amerikanischen Gewahrsmacht nicht doch klargeworden ist, daß in verschiedenen Teilen der Bundesrepublik, z. B. in Kaiserslautern, in Pirmasens und an anderen Orten, eine größere Anzahl von deutschen Beschäftigten entlassen oder umgesetzt worden ist und auf diese Stellen dann, soweit sie nicht gestrichen wurden, amerikanische Staatsbürger gesetzt wurden.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, natürlich ist der Bundesregierung bekannt, daß Umsetzungen, wohl auch Reduzierungen des Mitarbeiterstabs erfolgt sind. Nur, was die auskunftgebenden Stellen der amerikanischen Streitkräfte verneinen, ist, daß aus Gründen der Beschäftigung amerikanischer Touristen oder ziviler Angehöriger deutsche Arbeitnehmer entlassen worden sind. Wir müssen uns hier auf die Angaben der amerikanischen Streitkräfte verlassen.
Ich rufe die Fragen 12 und 13 des Abgeordneten Dr. Kreile auf. Beide Fragen werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Reuschenbach auf:
Treffen Zeitungsmeldungen zu, wonach die Landesbank Rheinland-Pfalz, Girozentrale, Mainz, Wertpapiere zu einem Zeitpunkt ins Ausland verbracht und verkauft hat bzw. verkaufen ließ, als zur Abwehr gegen steigenden Zustrom von unerwünschtem Auslandsgeld der Verkauf deutscher festverzinslicher Wertpapiere an Ausländer einem Genehmigungszwang unterworfen war, und wenn ja, hat diese Landesbank in diesem Zusammenhang gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen, und welche Konsequenzen haben die Aufsichtsbehörden gezogen?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär Haehser.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Reuschenbach, es ist richtig, daß gegen die seinerzeit zur Abwehr unerwünschter Kapitalzuflüsse aus dem Ausland erlassenen Kapitalverkehrsbeschränkungen verstoßen worden ist. Es sind ungenehmigt festverzinsliche Wertpapiere an Gebietsfremde veräußert worden. Außerdem sind ohne Genehmigung Kredite im Ausland aufgenommen und die Pflichten zur Depothaltung verletzt worden.
Ob und inwieweit die Landesbank Rheinland-Pfalz an den Verstößen beteiligt war, kann ich Ihnen aus Gründen, die mit der Nichtöffentlichkeit des Bußgeldverfahrens zusammenhängen, weder bestätigen noch dementieren.
Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen tritt in Fällen, in denen gravierende Verstöße gegen außenwirtschaftsrechtliche Vorschriften festgestellt worden sind, stets in eine Prüfung ein, ob bankaufsichtliche Maßnahmen erforderlich sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reuschenbach.
Herr Staatssekretär, kann man denn wohl davon ausgehen, daß eine Erklärung des rheinland-pfälzischen Ministers Gaddum vom 21. Mai, in der er mitteilte, daß ein Bußgeldverfahren gegen diese in Rede stehende Bank abgeschlossen sei, daß ein Bußgeld in Höhe von 2 Millionen DM gegen die Bank verhängt worden sei und daß es sich um Wertpapierverkäufe in einer Größenordnung von 86 Millionen DM handele, als den Tatsachen entsprechend zu akzeptieren ist?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Nun, das wird zumindest in dem Rahmen, wie das Herr Gaddum gesagt hat, den Tatsachen entsprechen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reuschenbach.
Herr Staatssekretär, gibt es Anhaltspunkte dafür, daß über die Verbringung von Wertpapieren ins Ausland hinaus zu einem Zeitpunkt, als Kredite aus stabilitätspolitischen Grün-
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17440 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
ReuschenbachI den beschränkt waren, diese Bank im Inland Kredite entgegen gültigen Verordnungen und Regeln untergebracht hat?Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich habe, Herr Kollege Reuschenbach, darüber in der Zeitung — und zwar in der einen oder der anderen Zeitung — gelesen. Ich hatte Ihnen vorhin sagen dürfen, daß das Bundesaufsichtsamt immer dann, wenn es gravierende Verstöße feststellt, in eine Prüfung eintritt. Ich gehe davon aus, daß dem Bundesaufsichtsamt auch die Zeitungsberichte, die Ihnen wie mir zugänglich waren, zur Verfügung stehen und daß deswegen diese Berichte und die in ihnen enthaltenen Mitteilungen wohl mit in die Prüfung einbezogen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf Lambsdorff.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die Landesbank Rheinland-Pfalz mit einer Eigenkapitalquote von 1,9 % die am schlechtesten kapitalisierte Landesbank im Bundesgebiet ist, und ziehen Sie mit mir die Folgerung daraus, daß das Risiko des rheinland-pfälzischen Steuerzahlers in diesem Falle besonders hoch zu veranschlagen ist?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Was die Eigenkapitalausstattung angeht, Herr Kollege Graf Lambsdorff, so ist der Bundesregierung das bekannt, was Sie gesagt haben. Ob ich dieselben Schlußfolgerungen bezüglich des Risikos für den rheinland-pfälzischen Steuerzahler angesichts der Kapitalausstattung ziehen und dies hier öffentlich mitteilen will, möchte ich mir vorbehalten.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Weber .
Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, daß in dem Bußgeldbescheid der Oberfinanzdirektion Hannover über 2 Millionen DM von einer ungenügenden Aufsichtspflicht gesprochen wird, und wie wird diese ungenügende Aufsichtspflicht begründet?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Es ist so, daß ich mich, wie Sie, Herr Kollege, meiner ersten Antwort ja haben entnehmen können, wegen der Nichtöffentlichkeit von Bußgeldverfahren sehr zurückhaltend äußern muß. Aber Bußgeldverfahren werden in der Regel angestrengt und zu einem Abschluß gebracht, weil Bußgelder fällig sind. Und das geschieht nicht von ungefähr.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß bei anderen Landesbanken — und zwar in erheblich höherem Maße — ähnliche Verstöße festgestellt worden sind?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Es ist so, Herr Kollege: Wenn mich jemand fragt, wie mir das Eis schmeckt, antworte ich nie „Die Kartoffeln sind teurer geworden".
Der Bundesregierung ist bekannt, daß eine Reihe von Verstößen vorgekommen sind, aber ich würde ja viel zu weit gehen, wenn ich hier Größenordnungen nennen würde oder wenn ich gar angesichts der Vertraulichkeit von Bußgeldverfahren zugäbe, daß die Landesbank Rheinland-Pfalz mit von der Partie ist.
Bezüglich der weiteren Zusatzfragen darf ich darauf aufmerksam machen, daß sich die Grundfrage ausschließlich auf Rheinland-Pfalz bezieht. Daher bitte ich, keine anderen Landesbanken einzubeziehen. Sonst müßten Sie entsprechende neue Fragen einreichen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Maucher.
Herr Staatssekretär, können Sie mir klipp und klar die Frage beantworten: Was soll die Frage, und gegen wen richtet sie sich?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, ich nehme an, daß das Hohe Präsidium die Frage verfolgt hat. Ich weiß darauf keine Antwort. Dem Abgeordneten ist es natürlich unbenommen, Fragen zu stellen. Ich habe manche Frage aus Ihren Reihen beantworten müssen, bei der ich mich gefragt habe, weshalb sie gestellt worden ist.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Jens.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß der Vorsitzende des Verwaltungsrats der Landesbank Rheinland-Pfalz der Kanzlerkandidat der CDU, Dr. Helmut Kohl, ist? Und sind Sie mit mir der Meinung, daß hier möglicherweise die Aufsichtspflicht des Vorsitzenden des Verwaltungsrats nicht genau beachtet worden ist?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich kann Ihnen bestätigen, daß der Vorsitzende des Verwaltungsrats — übrigens nach von ihm selbst gegebenen Auskünften — Dr. Helmut Kohl ist.
Den zweiten Teil Ihrer Frage beantworte ich dahin, daß Untersuchungen dieser Art ganz zweifellos in den Bereich der Prüfungen gehören, die das Bundesaufsichtsamt vornehmen wird.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Mertes .
Herr Staatssekretär, gibt es Vergleiche zwischen den Größenordnungen der Probleme der Landesbank Rheinland-Pfalz und der Landesbank Hessen? Und teilen Sie auf Grund eines solchen Vergleiches meine Auffassung, daß sich der hessische Ministerpräsident
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Dr. Mertes
sehr freuen würde, wenn das Ausmaß seiner Probleme so groß wäre wie das des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten?
Herr Kollege Dr. Mertes, die eingereichte Frage bezieht sich ausschließlich auf Rheinland-Pfalz. Ich verstehe Ihre Zusatzfrage schon, aber eine Beantwortung kann ich nicht zulassen.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, ich muß aber eine Bemerkung machen dürfen, damit mir wenigstens die Gelegenheit gegeben wird, etwas zu dem hier aufgekommenen Beifall zu sagen.
Ich habe mich wegen der Vertraulichkeit der Bußgeldverfahren bisher sehr zurückhaltend geäußert. Diese Linie behalte ich bei der Beantwortung aller Fragen bei. Nur kann ich auf Ihre Frage, Herr Kollege Dr. Mertes, antworten, daß der Bundesregierung Verstöße der hier in Frage stehenden Art von der Hessischen Landesbank nicht bekannt sind.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Wohlrabe.
Herr Staatssekretär, sind denn unter dem Gesichtspunkt der hier von Ihnen vorgegebenen Verstöße in Rheinland-Pfalz im Rahmen der Auftragsarbeit der Bundesregierung andere Verstöße irgendwie gelagerter Art auch nur bekannt geworden?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich möchte Ihnen, Herr Kollege Wohlrabe, sagen dürfen — wiederum meine Zurückhaltung betonend —, daß Verstöße der genannten Art in einer Pressekonferenz der Landesbank Rheinland-Pfalz, an der meines Wissens Finanzminister Gaddum, Wirtschaftsminister Holkenbrink und Ministerpräsident Kohl teilgenommen haben, zugegeben worden sind.
Ich rufe die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Jens auf:
In welcher Höhe sind der Landesbank von Rheinland-Pfalz Genehmigungen zum Verkauf festverzinslicher Wertpapiere an Ausländer gem. § 23 Außenwirtschaftsgesetz in der Zeit der Genehmigungspflicht erteilt worden, und in welchem Ausmaß hat diese Bank in dieser Zeit tatsächlich entsprechende Geschäfte getätigt?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär Haehser.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Jens, außer den hier nicht relevanten, sogenannten Sammelgenehmigungen, die zur Veräußerung inländischer Wertpapiere an Gebietsfremde im Rahmen der sogenannten Gebietsfremdenkontingente ermächtigen, sind der Landesbank Rheinland-Pfalz keine Genehmigungen zur Veräußerung festverzinslicher Wertpapiere an Gebietsfremde erteilt worden.
Ich füge hinzu, daß gegen § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes verstoßen worden ist. Ob und inwieweit die Landesbank Rheinland-Pfalz daran beteiligt war, kann ich Ihnen mit Rücksicht auf die Nichtöffentlichkeit des Bußgeldverfahrens hingegen nicht sagen.
Eine Zusatzfrage, Graf Lambsdorff.
Herr Staatssekretär, haben Sie die in diesem Zusammenhang erschienene Meldung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit der Überschrift „Landesbank Mainz im Gerede" gelesen, und reicht Ihre Vorstellungskraft aus, sich vorzustellen, was dem Aufsichtsratsvorsitzenden eines privaten Kreditinstituts widerfahren wäre, wenn seine Aktionäre in der Zeitung hätten lesen müssen, die Bank sei ins Gerede gekommen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Graf Lambsdorff, ich habe die Meldung gelesen, und meine Vorstellungskraft ist recht groß, denn ich bin selber Aufsichtsratsvorsitzender — wenn auch nicht einer Bank. Ich könnte mir vorstellen, was mit mir geschähe.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Weber .
Herr Staatssekretär, können Sie die Meldung bestätigen — oder können Sie sie dementieren —, daß bereits im April 1975 das Steuerfahndungsverfahren gegen Aufsichtsorgane der Landesbank Rheinland-Pfalz eingeleitet worden ist, und können Sie mitteilen, was diese Organe getan haben, um einen Schaden der Bank zu mindern bzw. das Unrecht — und es ist ja sicherlich Unrecht, wenn Kredite entgegen der Außenwirtschaftsordnung ins Ausland geschoben und Depotpflichten mißachtet werden — wiedergutzumachen?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn ich Ihnen das bestätigte, würde ich gegen die von mir mehrfach ins Feld gebrachte Vertraulichkeit verstoßen. Öffentlich bekannt ist aber, und zwar auch durch die von mir erwähnte Pressekonferenz mit den Ministern Gaddum und Holkenbrink und, wie ich mir habe sagen lassen, auch mit Herrn Ministerpräsidenten Kohl, daß ein Vorstandsmitglied der in Rede stehenden Bank seinen Dienst quittiert hat.
Nein, wir müssen jetzt fortfahren.Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Niegel auf:Wird die Bundesregierung die von ihr geplante Mehrwertsteuererhöhung plangemäß verwirklichen oder besteht die Möglichkeit, daß die Bundesregierung in Anbetracht des zunehmenden Wahlkampfes ankündigt, von der Mehrwertsteuer abzusehen?Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär Haehser.
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17442 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Haehser, Parl. Staatssekretär: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist am 13. Mai 1976 vom Deutschen Bundestag beschlossen worden. Die Bundesregierung wird sich, wenn das Gesetz zustande kommt, selbstverständlich an den Gesetzesbeschluß halten.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Niegel.
Ist die Aussage so zu verstehen, Herr Staatssekretär, wie die wiederholten früheren Dementis sowohl von Herrn Finanzminister Apel als auch von Ihnen als Parlamentarischem Staatssekretär? Vor kürzester Zeit verlautete noch, daß an eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gar nicht zu denken sei.
Haehser, Parl. Staatssekretär: Diese meine Auskunft ist so zu verstehen, wie ich sie gegeben habe.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.
Kann man folglich davon ausgehen, daß Sie während der heißen oder noch heißer werdenden Wahlkampfphase seitens der Regierung ankündigen werden, daß man trotz der fortschreitenden und prophetisch herbeigezauberten Aufschwungphase verbesserter Staatseinnahmen auf die Mehrwertsteuererhöhung nicht verzichten werde?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Gestatten Sie mir wenigstens auf einen Teil Ihrer Frage eine polemische Antwort: Ihr Kanzlerkandidat — wie er sich nennt — hat erklärt, daß der Aufschwung das Werk aller sei. Von einem „herbeigezauberten Aufschwung" kann also nach Auffassung Ihres Kanzlerkandidaten keine Rede sein. In Wirklichkeit ist der Aufschwung natürlich das Werk aller, das mit Erfolg gekrönt werden konnte durch die Voraussetzugen, die die Bundesregierung geschaffen hat.
Ich füge hinzu, daß die Bundesregierung eine ausführliche Begründung für die von ihr notwendig gehaltene maßvolle Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 1. Januar 1977 gegeben hat. An dieser Begründung ändert sich nichts.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Maucher.
Herr Staatssekretär, ist die innerhalb der SPD vielfach geäußerte Meinung, die Erhöhung der Mehrwertsteuer sei an sich die unsozialste Steuererhöhung, heute noch gültig, oder ist jetzt in der SPD ein Meinungswandel in dieser Frage eingetreten?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Ich mache Ihnen den Vorschlag, Ihre Partei zu verlassen, zur SPD überzutreten und dann die SPD zu fragen. Hier steht die Bundesregierung Rede und Antwort und nicht eine Partei.
Ich darf das noch einmal bestätigen. Es gibt keine Dreiecksfragen; es gibt nur Fragen an die Bundesregierung zu Themen, für die die Bundesregierung die Verantwortung hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte schön.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir bestätigen, daß der Herr Bundeskanzler vor eineinhalb Jahren gesagt hat, daß die Erhöhung der Mehrwertsteuer Betrug am kleinen Mann sei?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Das kann ich Ihnen nicht bestätigen, Herr Kollege. Die Mehrwertsteuer zu einem unpassenden Zeitpunkt zu erhöhen, wäre eine falsche Entscheidung gewesen. Wir haben ja den Termin 1. Januar 1977 gewählt, um den Aufschwung nicht durch eine Steuererhöhung zu stören.
Hierzu liegen keine weiteren Zusatzfragen vor.
Ich komme zur Frage 15 des Herrn Abgeordneten Dr. Jens zurück. Der Fragesteller kann zwei Zusatzfragen stellen. Er meldete sich nicht gleich. Zusatzfragen anderer Kollegen wurden vorgezogen. Er hat sich erst gemeldet, als die nächste Frage bereits aufgerufen war. Ihnen stehen zwei Zusatzfragen zu, Herr Dr. Jens. Ich blende also zurück zu Frage 15. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Haehser zur Verfügung.
Herr Staatssekretär, können Sie mir angesichts der Tatsache, daß die Landesbank von Rheinland-Pfalz in einer Pressemitteilung selber zugegeben hat, ein Bußgeld gezahlt zu haben, wenigstens bestätigen, daß durch die Geschäfte, die dort getätigt worden sind, die Stabilitätsbemühungen der Bundesregierung auf eklatante Weise unterlaufen worden sind?
Haehser, Parl. Staatssekretär: Das muß ich Ihnen bestätigen.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gilt generell oder in diesem speziellen Fall, daß das Bußgeld höher als der Gewinn ist, der aus diesen Geschäften gezogen wurde?Haehser, Parl. Staatssekretär: Wenn ich Ihnen das mit einer Antwort, die Sie befriedigen würde, belegen wollte, würde ich von seiten der Bundesregierung zugeben, daß Bußgelder gezahlt worden sind. Ich kann mich aber auf die Pressekonferenz berufen, die die Landesbank selber abgehalten hat. Die Antwort auf Ihre Frage lautet: Nach mir vorliegenden Erkenntnissen ist das Bußgeld niedriger als die Gewinne, die erzielt worden sind.
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Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Haehser, für die Beantwortung.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Milz auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Verordnung über die Stufenausbildung in der Bauwirtschaft vom 1. Juli 1974 angesichts der zur Zeit herrschenden Jugendarbeitslosigkeit und der Notwendigkeit einer Reform der beruflichen Bildung noch in die heutige bildungspolitische Landschaft paßt, und wenn nein, welche Folgerungen wird sie daraus ziehen?
Der Fragesteller ist anwesend. Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Herr Kollege, die Bundesregierung ist mit den beteiligten Organisationen: dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Industriegewerkschaft Bau — Steine — Erden, der Auffassung, daß die von diesen Organisationen vorbereitete und vom Bundeswirtschaftsministerium erlassene Stufenausbildungsordnung für die Bauwirtschaft die modernste Ausbildungsordnung in der gewerblichen Wirtschaft darstellt. Dieser neue Ausbildungsgang, der schrittweise bis 1978 eingeführt wird, trägt nicht nur wesentlich zu einer Verbesserung und Intensivierung der Berufsausbildung in der Bauwirtschaft, sondern auch zu einer erstmaligen verstärkten Kooperation zwischen betrieblicher, überbetrieblicher und schulischer Berufsausbildung bei. Die beteiligten Organisationen haben von Anfang an herausgestellt, daß dieser neue Weg der Berufsausbildung den Mangel an qualifizierten Facharbeitern beheben wird und insbesondere das Bild der bauwirtschaftlichen Berufsausbildung verbessert. Da derzeit die angebotenen Ausbildungsplätze in der Bauwirtschaft noch gegenüber der Nachfrage überwiegen, ist das vorhandene Reservoir an Ausbildungsplätzen auch geeignet, dem sich abzeichnenden Ausbildungsplatzmangel entgegenzuwirken.
Die Bundesregierung verkennt nicht, daß die schrittweise Einführung der Stufenausbildung in einer Zeit konjunktureller und struktureller Probleme in der Bauwirtschaft nicht so einfach vonstatten gehen, sondern zu Übergangsschwierigkeiten führen kann. Es sind an dieser Stelle deshalb besonders die Anstrengungen der Bauwirtschaft, der Gewerkschaft, der Schulträger und der Kammern hervorzuheben, die notwendigen Voraussetzungen für die Einführung der Stufenausbildung zu schaffen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Milz.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß es beispielsweise Kammern gibt, die die zwölfwöchige Ausbildungszeit im ersten Ausbildungsjahr unter anderem ausgerechnet in die Zeit vom 23. Dezember bis zum 18. Januar legen? Und ist ihr bekannt, daß seit Jahren in dieser Zeit die Bauwirtschaft nicht arbeitet?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das ist der Bundesregierung bekannt. Ich verweise darauf, daß die zweckmäßige Gestaltung dieser Stufenausbildung Sache der Kammern ist und daß die Bundesregierung erwartet, daß diese Hoheit und Alleinzuständigkeit der Selbstverwaltung in der Durchführung dieser Ausbildungsordnung in einer Weise erfolgt, die sinnvoll ist und die den Belangen der Beteiligten Rechnung trägt.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Milz.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, der Situation, die sich seit 1974 bis 1976 verändert hat, im Bereich der beruflichen Bildung etwa durch die Novellierung einer solchen Verordnung gerecht zu werden, um nicht den Abbau von Ausbildungsplätzen in der Bauwirtschaft zu fördern?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es ist selbstverständlich, daß wir einen Abbau von Ausbildungsplätzen nicht wollen. Die Ausbildungsverordnung, die verabschiedet ist, gibt aber den beteiligten Selbstverwaltungskörperschaften alle Möglichkeiten, solche Einbrüche zu vermeiden, da eine ausreichende Übergangsfrist vorgesehen ist.
Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Milz auf:Trifft es zu, daß die Verordnung über die Stufenausbildung in der Bauwirtschaft vom 1. Juli 1974 insbesondere im Bereich der betrieblichen Ausbildungsphase heute noch praktikabel ist und die Effizienz der Ausbildung im betrieblichen Bereich uneingeschränkt gewährleistet ist, und wenn nein, wann ist mit einer Änderung dieser Verordnung zu rechnen?Bitte zur Beantwortung, Herr Staatssekretär Grüner.Grüner, Parl. Staatssekretär: In dieser Frage, Herr Kollege, sprechen Sie die betriebliche Ausbildungsphase insbesondere im ersten Ausbildungsjahr an. Die beteiligten Organisationen und die Kultusministerien der Länder haben versichert daß die für das erste Ausbildungsjahr vorgesehene Ausbildung im überbetrieblichen Lehrbauhof, in der Berufsschule und im Ausbildungsbetrieb organisierbar ist. Dabei bedarf es sicherlich besonderer Absprachen auf regionaler Ebene, um die einzelnen Ausbildungsphasen sinnvoll und praktikabel miteinander zu koppeln. Die Verordnung legt nicht fest, wann und in welcher Form die insgesamt 20 Wochen überbetrieblicher Ausbildung, 20 Wochen Berufsschule und 12 Wochen betriebliche Grundausbildung durchzuführen sind. Es soll nicht übersehen werden, daß in der Einführungsphase die Abstimmung mit den zahlreichen Ausbildungsbetrieben nicht weniger schwierig ist als der Ausbau der überbetrieblichen und der schulischen Ausbildungskapazitäten. Entscheidend kommt es auf die Motivation der Aus-
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Parl. Staatssekretär Grünerbildungsbetriebe an, die Stufenausbildung und die verstärkte überbetriebliche Ausbildung als ein Mittel rationeller und verbesserter Berufsausbildung zu betrachten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Milz.
Herr Staatssekretär, würden Sie es als sinnvoll bezeichnen, wenn die Beteiligten die 12 Wochen betrieblicher Ausbildung etwa wie folgt aufteilen: vier Wochen im August dieses Jahres, also in einer Zeit, wo Betriebsferien sind; drei Wochen in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr; die letzten Wochen dann im Juli des nächsten Jahres, also in einer Zeit, in der wieder Ferien sind, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, und Betriebsferien anfallen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin davon überzeugt, daß die beteiligten Selbstverwaltungsinstitutionen in dieser Frage den richtigen Weg finden werden. Ich halte es für denkbar, daß das regional unterschiedlich sein kann, auch hinsichtlich der zeitlichen Lage. Bitte verstehen Sie, daß ich mich nicht zu einer so dezidierten Frage äußern kann, da das nicht in die Zuständigkeit der Bundesregierung fällt und, wie gesagt, auch regionale Unterschiede bestehen, einschließlich der Möglichkeit, diese Stufenausbildung in relativ unterschiedlicher Zeitfolge zu verwirklichen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Milz.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß der bis 1978 gegebene Spielraum von allen Beteiligten zur Information der Ausbildungsbetriebe voll genutzt werden sollte und übereiltes Anwenden dieser Stufenausbildungsverordnung der Sache nur schaden und nicht dienen kann?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Eine übereilte Anwendung und Einführung ohne ausreichende Information würde sicher nachteilig sein. Es liegen der Bundesregierung aber keine Anhaltspunkte dafür vor, daß ausgerechnet die Selbstverwaltungsorganisationen, die einen sehr engen Kontakt zur Praxis haben, einen solchen Fehler begehen würden. Wenn das der Fall wäre, wäre es für die Betroffenen richtig, die Selbstverwaltungsorganisationen darauf aufmerksam zu machen. Da die Betroffenen in diesen Selbstverwaltungsorganisationen Mitwirkungsrechte haben, möchte ich annehmen, daß Fehler von den Betroffenen selbst korrigiert werden können.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für sinnvoll, daß die Auszubildenden nach dieser Stufenausbildungsverordnung im ersten Lehrjahr praktisch nur acht Wochen im Betrieb sind? Zwar sollen nach dieser Stufenausbildungsverordnung die Auszubildenden im ersten Lehrjahr zwölf Wochen im Betrieb sein, doch ist von diesen zwölf Wochen noch die Urlaubszeit von vier Wochen abzuziehen.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß diese verabschiedete Stufenausbildungsverordnung von uns und allen Beteiligten als ein sehr wichtiger Schritt auf eine verstärkte Berufsausbildung hin betrachtet wird. Diese Stufenausbildungsverordnung ist gerade in diesem Berufszweig auf allgemeine Zustimmung aller Beteiligten gestoßen. Wir teilen die Auffassung, daß hier ein wirklicher Fortschritt erreicht worden ist, der selbstverständlich nicht ohne weiteres etwa auf andere Branchen und Wirtschaftszweige übertragbar wäre.
Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:Trifft es zu, daß 1975 in der Bundesrepublik Deutschland die ausländischen Investitionen um fast 44 % gesunken sind, die deutschen Investitionen im Ausland dagegen um 15 % gestiegen sind, und worin hat dies — bejahendenfalls — seine Ursache?Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär!Grüner, Parl. Staatssekretär: Ihre Feststellungen treffen nicht zu, weil sich die von Ihnen genannten Prozentsätze auf die Zuwachsraten im Jahre 1974 beziehen. Absolut gesehen sind die ausländischen Investitionen in der Bundesrepublik Deutschland auch 1975 gestiegen, und zwar um 2,528 Milliarden DM auf insgesamt 42,454 Milliarden DM. Die deutschen Investitionen im Ausland erreichten Ende 1975 demgegenüber 41,992 Milliarden DM. Die Gründe für die von Ihnen erwähnte geringere Zunahme ausländischer Investitionen in der Bundesrepublik Deutschland sind vielschichtig und von Land zu Land und Branche zu Branche verschieden. Eine Hauptrolle dürften jedoch die Wechselkursveränderungen der letzten Jahre, der Anstieg der inländischen Produktionskosten, aber auch die weltweite Wirtschaftsrezession gespielt haben.Auf der anderen Seite haben von den genannten Faktoren die Wechselkursveränderungen wie auch die gestiegenen inländischen Produktionskosten Anreize für vermehrte Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen geschaffen, ohne daß hier jedoch Quantifizierungen möglich wären. Viele Unternehmen haben sich trotz der Rezession durch eine vorausschauende Auslandsinvestitionspolitik um Erhaltung und Ausbau der bisher vorwiegend durch Export belieferten ausländischen Absatzmärkte bemüht. Der Abbau der hohen Überschüsse in der Warenbilanz liegt auch im Interesse einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland. Außerdem haben die deutschen Unternehmen durch Auslandsinvestitionen dem weltweiten Strukturwandel Rechnung getragen und damit die internationale Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft erhöht.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17445
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Feststellungen des Instituts der deutschen Wirtschaft, das in seinem Informationsdienst vom 27. Mai ausgeführt hat, daß die ausländischen Investitionen in der Bundesrepublik 1975 nur noch 2,5 Milliarden DM gegenüber 6,1 Milliarden DM im Jahre 1973 betragen haben und daß demnach innerhalb von zwei Jahren die ausländischen Investitionen in der Bundesrepublik um 60 % geschrumpft sind?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe gerade die Zahlen hier noch einmal wiederholt, die Gesamtinvestitionen dem gegenübergestellt und darauf hingewiesen, daß hier aus vielerlei Gründen ein Rückgang eingetreten ist, der aber insgesamt keinerlei Anlaß zur Besorgnis gibt. Ich habe gleichzeitig auch deutlich gemacht, daß das Gleichgewicht zwischen deutschen Investitionen im Ausland und ausländischen Investitionen in Deutschland durchaus gegeben ist.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, ist in dieser Entwicklung, die Sie in etwas abgeschwächter Form auch bestätigen, nicht doch eine Signalwirkung für die Wettbewerbssituation der deutschen Industrie zu sehen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ich kann das nicht erkennen; denn trotz der weltweiten Rezession hat sich die deutsche Wettbewerbsfähigkeit auf allen Märkten bewährt, was in den nach wie vor hohen Überschüssen in unserer Handelsbilanz zum Ausdruck kommt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Burger.
Herr Staatssekretär, Bund und Länder versuchen in einem Gemeinschaftsprogramm, neue Arbeitsplätze zu schaffen und zu fördern. Sehen Sie in diesem neuen Trend, daß deutsche Investitionen verstärkt im Ausland getätigt werden und weniger ausländische Investitionen bei uns zu verzeichnen sind, nicht eine Gefährdung dieses Gemeinschaftsprogramms?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Nein, ich sehe hierin keine Gefährdung; denn auf lange Sicht werden durch Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen bei uns Arbeitsplätze gesichert. Alle unsere Erfahrungen zeigen bisher, daß sich die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen durch Investitionen im Ausland erhöht und daß diese Investitionen in allererster Linie auf Ausweitung der Produktion ausgerichtet sind, d. h., daß diese Investitionen der Sicherung von bestehenden Absatzmärkten oder der Neuerwerbung von Absatzmärkten dienen. Das ist nach allen Untersuchungen das Motiv für ausländische Investitionen in der Bundesrepublik Deutschland wie auch das Motiv deutscher Investitionen im Ausland.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Welche Wirkungen wird das gegenwärtige und zu erwartende Kostenniveau in der Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu anderen Ländern auf die Wahl der Investitionsstandorte haben, und welche Faktoren sind in welchem Umfang für das gesamte Kostenniveau verantwortlich?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die unternehmerischen Investitionsentscheidungen werden in erster Linie durch marktbezogene Motive bestimmt. Dabei geht es den im Ausland investierenden Unternehmen vor allem darum, neue Absatzmärkte zu erschließen und gerade auch durch protektionistische Maßnahmen bedrohte Absatzmärkte zu sichern. Kostenbezogene Motive stehen häufig erst an nachgeordneter Stelle. Jedoch haben auch solche Überlegungen in letzter Zeit sicher an Bedeutung gewonnen. Soweit es sich bei Investitionsentscheidungen um Kostengesichtspunkte handelt, wird die Standortwahl jedoch nicht nur von der inländischen Kostenentwicklung, sondern vor allem auch von der voraussichtlichen Kostenentwicklung in den potentiellen Gastländern beeinflußt. Prognosen hierzu unterliegen erheblichen Unsicherheiten. Daher sind verläßliche Aussagen über die Auswirkungen von Kostenentwicklungen auf Standortentscheidungen im einzelnen kaum möglich. Die Produktionskosten werden unter anderem durch höhere Rohstoffpreise und Zinsen für Kreditaufnahmen bestimmt. Diese Faktoren haben von Branche zu Branche, aber auch von Unternehmen zu Unternehmen ein sehr unterschiedliches Gewicht. Daher können auch quantifizierende Aussagen über den Einfluß der einzelnen Faktoren auf das gesamte Kostenniveau in dieser Allgemeinheit nicht gemacht werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, ist es nicht dennoch die Kostenentwicklung — in der Bundesrepublik sind die Kosten in den letzten Jahren erheblich angestiegen —, die bewirkt, daß deutsche Unternehmer immer mehr ins Ausland abwandern — ich denke jetzt nur an die Entscheidung, die beim VW-Werk ansteht — und ausländische Unternehmungen nicht mehr in dem Maße wie früher bei uns investieren?Grüner, Parl. Staatssekretär: Wenn dieses Kostenniveaugefälle ein entscheidendes Motiv wäre, dann wären alle unsere bisherigen Untersuchungen über die Motivation hinfällig. Ich habe darauf hingewiesen, daß diese Kostenelemente sicher eine wichtige Rolle spielen, daß für Investitionsentscheidungen aber auch die Gesichtspunkte der Sicherung von Absatzmärkten eine wesentliche Rolle spielen. Es ist
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17446 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Parl. Staatssekretär Grünerkeine Frage, daß dabei auch die Lohnkosten von Bedeutung sind. Man muß sich aber darüber klar sein, daß das hohe Lohn- und Kostenniveau in der Bundesrepublik Deutschland für viele investierende Unternehmen durch die geringen Streiktage in unserem Lande mehr als aufgewogen wird. Die Investitionsentscheidungen einfach auf das Lohnkostenniveau zurückzuführen, hieße einer einseitigen Deutung der Motivation für solche Investitionen Vorschub leisten.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Kollegen Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, wird meine Ansicht, daß das Kostenniveau doch von entscheidendem Einfluß ist, nicht dadurch gestärkt, daß festzustellen ist, daß der Export der Bundesrepublik im Jahre 1975 um 11 °/o zurückgegangen ist, während die Exporteinbußen der anderen wichtigsten OECD- Länder nur halb so groß waren?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es ist eine völlig schiefe Darstellung, in diesem Zusammenhang mit Prozentsätzen zu argumentieren. Das Entscheidende ist, daß die Bundesrepublik Deutschland das Land mit den höchsten Exportüberschüssen überhaupt ist und daß wir uns in einer ungewöhnlich günstigen Wettbewerbssituation befinden, verglichen mit allen anderen vergleichbaren Industrienationen der westlichen Welt.
Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Wohlrabe auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Landeszentralbank in Berlin in ihrem Jahresbericht 1975 festgestellt hat, daß sich durch den wirtschaftlichen Abschwung des vergangenen Jahrs die Investitionslücke Berlins im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet weiter verschärft hat, und daß insgesamt das reale Ergebnis der Wirtschaftstätigkeit in Berlin 1975 schlechter war als im Bundesdurchschnitt, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diese negative Entwicklung umzukehren und der Berliner Wirtschaft in ihrer politischen und geographischen Insellage zu helfen?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Aussagen der Landeszentralbank in deren Jahresbericht 1975 sind der Bundesregierung bekannt. Es handelt sich um Schätzungen und Schlußfolgerungen auf Grund von vorläufigen Zahlen, die zwischenzeitlich teilweise auch schon von der Landeszentralbank revidiert worden sind. Die Zahlenreihen, auf denen die Landeszentralbank ihre Schlußfolgerung über eine Investitionslücke aufbaut, sind nicht vergleichbar. Ein überzeugender Vergleich müßte die Struktur- und Niveauunterschiede der Vergleichsgebiete berücksichtigen und beispielsweise darauf eingehen, daß in Berlin die kapitalintensiven Branchen wie Bergbau, Schwermaschinenbau, Großchemie oder ähnliches überhaupt nicht oder weniger stark vertreten sind. Insoweit verweist die Bundesregierung auf die wissenschaftlichen Untersuchungen, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung vor Jahresfrist über strukturbereinigte Vergleichszeiträume vorgelegt hat. Danach sind die industriellen Investitionen, denen im Rahmen der Berliner Wirtschaftspolitik besondere Bedeutung zukommt, in Berlin durchweg stärker gestiegen als im Bundesdurchschnitt.
Gleichwohl übersieht die Bundesregierung nicht, daß allen Investitionen in Berlin entscheidende Bedeutung zukommt, um die Lebensfähigkeit der Stadt aus eigener Kraft zu stärken. Sie hat daher die Steigerung der Investitionen in den beiden Berliner Wirtschaftsgesprächen unter Vorsitz des Bundeskanzlers im Dezember 1974 und im Sommer 1975 behandelt. Sie sind auch zentrales Thema bei den Gesprächen mit den Berlin-Beauftragten der deutschen Industrie unter Vorsitz des Bundeswirtschaftsministers und stehen erneut auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung am 14. Juni 1976 in Berlin. Dabei wird auch der von Ihnen zitierte Bericht der Landeszentralbank erörtert werden.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage möchte ich bemerken, daß die Bundesregierung der Formulierung der Landeszentralbank, das reale Ergebnis der Wirtschaftstätigkeit in Berlin sei schlechter als das in der gesamten bundesdeutschen Wirtschaft, nicht zu folgen vermag; denn in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung liegt Berlin nach den gegenwärtigen Zahlen, auch wenn gewisse Sonderfaktoren berücksichtigt werden, in den beiden zurückliegenden Rezessionsjahren besser als der Bundesdurchschnitt.
Zusatzfrage, Herr Kollege Wohlrabe.
Herr Staatssekretär, insbesondere unter Bezugnahme auf die bisher schon stattgefundenen und noch anstehenden Gespräche des Bundeskanzlers mit Führern der westdeutschen und der Berliner Wirtschaft in Berlin möchte ich gern von Ihnen wissen — bei entsprechenden Aussagen muß man nicht nur die doch sehr bedenklichen Worte der Landeszentralbank, sondern auch der Industrie- und Handelskammer Berlin berücksichtigen —: Welche nachweisbaren und unmittelbar meßbaren Vorteile sind bisher durch diese Wirtschaftsgespräche des Bundeskanzlers eingetreten? Warum haben trotz dieser Wirtschaftsgespräche in den Berichten der Landeszentralbank und auch im Jahresbericht der Industrie- und Handelskammer Berlin derartig negative Beurteilungen weiter Teile der Berliner Wirtschaft Platz gegriffen?Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß die von Ihnen zitierten Zahlen mit einem Fragezeichen zu versehen sind. Ich habe darauf hingewiesen, daß die reale Wirtschaftsentwicklung in Berlin besser war als im Bundesdurchschnitt.Bei der letzten Novellierung des Berlinförderungsgesetzes Ende 1975, bei der Sie, Herr Kollege, ja Mitberichterstatter waren, ist über diese Investitionslücke der Berliner Wirtschaft und daraus etwa zu ziehende Konsequenzen nicht gesprochen worden, weil es diese Investitionslücke nicht gab. Ich hielte es für außerordentlich sinnvoll, wenn alle an der Entwicklung der Berliner Wirtschaft Interessierten mit größter Sorgfalt zum einen ihre Zahlen
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Parl. Staatssekretär Grünerzum anderen aber auch ihre Vorschläge rechtzeitig auf den Tisch legten, damit dann in den entsprechenden Gremien die richtigen Schlußfolgerungen daraus gezogen werden.Ich halte nichts davon, daß durch derartige Veröffentlichungen ungesicherter Zahlen ein Pessimismus verbreitet wird, der der Berliner Wirtschaft nur schaden kann, ohne daß die Bundesregierung bisher Anhaltspunkte dafür hat, daß diese Zahlen der realen Entwicklung entsprechen.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wohlrabe.
Ich stimme Ihnen voll zu, daß wir nicht in Pessimismus machen sollen, einfach weil dies das Investitionsklima natürlich nicht fördert, um das es uns gemeinsam geht.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Teilen Sie nicht meine Auffassung, die man auch draußen immer wieder hört und die auch in Berlin in weiten Teilen von wichtigen Entscheidungsträgern vorgetragen wird, daß der fortschreitende Ausbau der regionalen Wirtschaftsförderung im übrigen Bundesgebiet, also hier in Westdeutschland und die Novellierung des Berlinförderungsgesetzes, die vor einigen Monaten stattfand, nicht dazu beigetragen haben, daß das Förderungsgefälle zugunsten Berlins wieder hergestellt wurde? Könnte man nicht sagen, daß die Förderungsmaßnahmen der regionalen Strukturpolitik mit dazu beigetragen haben, daß sich der Unterschied zwischen den Förderungsmöglichkeiten in Westdeutschland und in Berlin immer mehr egalisiert?
Verehrter Herr Berichterstatter des Einzelplans des Deutschen Bundestags, darf ich bitten, daß auch Sie sich bei Zusatzfragen kurz fassen.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann diese Schlußfolgerung nicht akzeptieren, obwohl es sicher nützlich ist, sich auch darüber Gedanken zu machen. Was bei einer solchen Art der Darstellung völlig übersehen wird, ist die Höhe des Förderungsvolumens, das hier für Berlin zur Verfügung steht und das nicht mit dem vergleichbar ist, was für die Regionalförderung in der Bundesrepublik an Mitteln zur Verfügung steht. Auch das sollte in der Diskussion nicht übersehen werden. Ich bedauere es außerordentlich, daß solche Teilwahrheiten in der Öffentlichkeit verbreitet werden, die im Ergebnis nur dazu beitragen können, daß ein schiefes Bild der Möglichkeiten Berlins mit allen negativen psychologischen Rückwirkungen entsteht, die das haben muß.
Ich komme zu der Frage 22 des Abgeordneten Dr. Geßner sowie den Fragen 23 und 24 des Abgeordneten Kiechle. Die Fragesteller bitten um schriftliche Beantwortung. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 25 des Abgeordneten Dr. Schneider auf. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 34 des Abgeordneten Niegel auf:
Hält die Bundesregierung trotz Widerstand der Ärzteschaft daran fest, neue Zahlenwerte und Einheiten bei der Blutdruckmessung einzuführen, und nimmt sie die Verunsicherung von Ärzten und Patienten in Kauf?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung hält an der Umstellung der Einheit für die Blutdruckmessung auf eine Einheit des internationalen Einheitensystems fest. Sie ist jedoch bereit, alles zu tun, damit sich die Umstellung in Ruhe und reibungslos vollziehen kann. Auf Vorschlag der Bundesregierung wird in der EG-Richtlinie über Einheiten im Meßwesen die Übergangsfrist für das Auslaufen der alten Einheit zunächst bis zum 31. Dezember 1979 verlängert werden. Dabei soll die EG-Kommission beauftragt werden, mit der Weltgesundheitsorganisation wegen einer weltweit einheitlichen, gleichzeitigen Umstellung Verbindung aufzunehmen.
Wie ich ferner bereits auf frühere Fragen zu diesem Thema ausgeführt habe, ist mit Vertretern der Bundesärztekammer und medizinischer Gesellschaften Einverständnis darüber erzielt worden, daß die Blutdruckmeßgeräte zunächst bis 1985 mit einer doppelten Ableseskala versehen sein dürfen, die in der alten und in der neuen Einheit anzeigt. Damit dürfte die Umstellung wesentlich erleichtert werden und kein Anlaß für eine Verunsicherung bestehen.
Wie meine Antwort zeigt, kann nicht von einem „Widerstand der Ärzteschaft" schlechthin gesprochen werden, sondern nur vom Widerstand einzelner Vertreter der Ärzteschaft. Das Bundesministerium für Wirtschaft ist mit diesen Kreisen im Gespräch, und wir hoffen, auch dort mehr Verständnis für das beabsichtigte Vorgehen zu finden.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß z. B. der 75. Deutsche Ärztetag, also die offizielle Vertretung der deutschen Ärzteschaft, die Einführung der neuen Druckeinheit abgelehnt hat?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß wir mit allen Vertretern der deutschen Ärzteschaft in dieser Frage Kontakt gehalten haben. Wir sind auf Grund dieses Kontaktes der Überzeugung, daß die vorgesehenen Übergangsfristen und die vorgesehenen sonstigen Erleichterungen ausreichen werden, um bestehende Bedenken zu überbrücken. Ich habe die Hoffnung, daß das auch bei solchen Ärzten gelingen wird, die bisher diesen Umstellungen trotz der vorgesehenen Erleichterungen noch mit Skepsis gegenüberstehen.
Zusatzfrage, der Abgeordneter Niegel.
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Herr Staatssekretär, wie kann zeitlich zumindest sichergestellt werden, daß die bisherige weltweite Einheitlichkeit bei einer entsprechenden Umstellung gewährleistet bleibt?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Dieses Thema war Gegenstand eines Gesprächs unseres Hauses mit den interessierten medizinischen Gesellschaften anläßlich einer Anhörungsbesprechung am 13. Januar 1976. Wir sehen in der vorgesehenen Fristverlängerung bis 31. Dezember 1979 und in der Zulassung von Blutdruckmeßgeräten mit doppelter Ableseskala bis 1985 den Ausweg aus den von uns gesehenen Schwierigkeiten. Wir befinden uns hier in Übereinstimmung mit den Gesellschaften, mit denen dieses Anhörungsgespräch stattgefunden hat.
Zusatzfrage, der Abgeordnete Jäger .
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß es die Bundesregierung in Kauf nimmt, wenn infolge des bundesweiten Unmuts über diese Entscheidung der Bundesregierung bei Tausenden von Ärzten und Patienten der Blutdruck ansteigen wird?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, diese Befürchtung ist völlig unberechtigt, weil mindestens die Patienten von diesem Thema noch nichts erfahren haben. Wenn der Blutdruck ansteigt, dann vielleicht bei den Wortführern der Opposition innerhalb der Ärzteschaft. Ich bin aber sicher, daß das sachliche, nüchterne Klima im Wirtschaftsministerium bei dem vorgesehenen Gespräch, das wir auch mit den Opponenten führen werden, zur Senkung des Blutdrucks beitragen wird. Für die Messung steht ja noch die alte Skala zur Verfügung, damit auch der Nachweis geführt werden kann.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich glaube, den anwesenden Mitgliedern des Hauses ist es genau wie dem amtierenden Präsidenten bisher nicht bekannt gewesen, daß für den Blutdruck und die Blutdruckmessung das Wirtschaftsministerium zuständig ist. Wir lernen eben nie aus.
Ich darf Ihnen für die Beantwortung danken und rufe den Geschäftsbereich des Bundesminister der Verteidigung auf.
Wir kommen zur Frage 26 des Abgeordneten Spranger:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die beabsichtigte Bereitstellung von zwei Panzern, einem Hubschrauber und einigen anderen Fahrzeugen durch die Bundeswehr für eine von der Reservekameradschaft Unterschwaningen geplante Waffenschau zum 1. Mai 1976 mit Waffenparaden des Ostblocks am gleichen Tag in keiner Weise verglichen werden kann, und wie läßt sich die Absage durch den Bundesverteidigungsminister angesichts der organisatorischen und finanziellen Schwierigkeiten für den Reservistenverband rechtfertigen?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Schmidt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Spranger, der 1. Mai ist als traditioneller Feiertag für die arbeitende Bevölkerung gesetzlich festgelegt worden. Ich glaube, verehrter Herr Kollege, daß die Bundeswehr schlecht beraten wäre, wenn sie mit eigenen Veranstaltungen hierzu in Konkurrenz treten wollte. Die Bundeswehr wird daher grundsätzlich am Maifeiertag keine eigenen Veranstaltungen vornehmen und grundsätzlich keine Veranstaltungen Dritter durch Abstellung von Personal und Gerät unterstützen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger.
Herr Staatssekretär, ist es nicht zutreffend, daß diese Veranstaltung unter Berufung auf die Militärparaden in Ost-Berlin abgesagt wurde und nicht mit der Begründung, die Sie jetzt hier einführen?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Wir haben diese Festlegung, daß das ein Feiertag für die arbeitende Bevölkerung der Bundesrepublik ist, seinerzeit in der Spitze des Hauses als grundsätzliche Entscheidung getroffen. Dabei ist sicher bei dem einen oder anderen auch die Assoziation gegeben, daß der Maifeiertag auf der anderen Seite eine Präsenz von Waffen und Gerät bedeutet und damit ein Tag der Bedrohung ist. Bei mir bzw. bei der Spitze des Hauses bestand diese Assoziation nicht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Spranger.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, nachdem die Bundeswehr an sich ihre Teilnahme an dieser Veranstaltung zugesichert hatte und diese Veranstaltung nun kurzfristig durch das Bundesverteidigungsministerium abgesagt wurde, sich an den dadurch dem Reservistenverband entstandenen unnötigen Kosten zu beteiligen?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Dazu kann die Bundesregierung nicht bereit sein, denn sie hat hier nichts veranlaßt. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die Meldungen des VBK über die dann doch durchgeführte Veranstaltung dahin lauteten, daß sie sehr erfolgreich und reibungslos über die Bühne gegangen sei.
Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Wiefel auf:Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß durch den bedauerlichen Zusammenstoß einer Phantom mit einem Motorsegler im Raum Diepholz der mit der Neuordnung des Luftraums verbundene und mit dem Deutschen Aero-Club vereinbarte Großversuch nicht berührt wird?Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär Schmidt.Schmidt, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wiefel, gestatten Sie mir, daß ich die Beantwortung Ihrer beiden Fragen — Sie haben ja zwei Fragen gestellt — zusammenfasse?
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Dann rufe ich auch noch die Frage 28 des Abgeordneten Wiefel auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß dieser Vorfall Veranlassung gibt, den Plan zur Verbesserung des Fluginformationsdienstes beschleunigter durchzuführen und die Piloten der Luftwaffe dringlichst zu ermahnen, sich exakt an Vorschriften und Flugaufträge zu halten?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Zunächst zu Ihrer ersten Frage: Der bedauerliche Zusammenstoß vom 16. Mai 1976 berührt den genannten Großversuch nicht direkt, da der Großversuch auf eine Erhöhung der Sicherheit im militärischen Tiefflugband zwischen 150 und 450 in über Grund abzielt. Der Unfall hat sich dagegen in einer Höhe von ca. 1 000 m über Grund, also oberhalb des Tiefflugbandes, ereignet.
Die Erweiterung des Fluginformationsdienstes für den Luftraum unterhalb des Sichtflugbeschränkungsgebietes ist im Rahmen der Konzeption zur Erhöhung der Sicherheit im Luftraum geplant. Diese Maßnahme setzt bei konsequenter Durchführung die Ausrüstung auch aller Flugzeuge der allgemeinen Luftfahrt zumindest mit Funk, gegebenenfalls mit Sekundär-Radar voraus und erfordert zusätzliches Flugsicherungspersonal auf der zivilen wie der militärischen Seite. Sie muß zweifellos beschleunigt realisiert werden, setzt aber auf Grund ihrer Komplexität sorgfältige Planung voraus. Die ersten Schritte sind eingeleitet.
Was die Piloten der Luftwaffe anbetrifft, so liegt nach den bisherigen Überprüfungen im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen Vorschriften vor. Eine Gesamtbewertung der Unfallursachen kann erst nach Abschluß der Unfalluntersuchung erfolgen. Hierzu hat auch der Verteidigungsausschuß den Inspekteur der Luftwaffe gebeten, sofort nach Abschluß der Untersuchung vor diesem Ausschuß einen umfassenden Bericht zu geben.
Zusatzfrage, Herr Kollege Wiefel.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung eventuell bereit, zur weiteren Erhöhung der Flugsicherheit für alle Flüge, insbesondere für Flüge mit militärischen Strahlflugzeugen, die nach Sichtflugregeln unterhalb der Flugfläche 100 und unterhalb des militärischen Tiefflugsystems durchgeführt werden, eine Höchstgeschwindigkeit einzuführen, damit das Prinzip „Sehen und gesehen werden" überhaupt noch angewandt werden kann?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es bestehen keine Bedenken gegen eine Begrenzung der zulässigen Fluggeschwindigkeit auf 250 Knoten, d. h. zirka 460 Stundenkilometer in Flughöhen bis Flugfläche 100 für den zivilen und militärischen Flugverkehr mit Ausnahme der Flüge militärischer Hochleistungsstrahlflugzeuge. Wegen der spezifischen Probleme des militärischen Flugbetriebs mit Hochleistungsstrahlflugzeugen ist dort eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 250 Knoten gleich 460 Stundenkilometer nicht möglich. Auf Grund der waffensystembedingten Flugeigenschaften ist die zulässige Mindestgeschwindigkeit im Streckenflug im Hinblick auf die Flugsicherheit diejenige, die eine ausreichende Manövrierfähigkeit— z.B. zum Zwecke des Ausweichens — gewährleistet. Für Hochleistungsstrahlflugzeuge wie F 4, F 104 mit üblicher Kraftstoffzuladung beträgt sie 390 Knoten; das sind zirka 720 Stundenkilometer. Trotz der höheren Fluggeschwindigkeiten bei diesen Flügen wird eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit für den übrigen Luftverkehr in Verbindung mit der Erweiterung des Fluginformationsdienstes und einer verbesserten Flugsicherungsausrüstung der Luftfahrzeuge zu einer Erhöhung der Sicherheit in diesem Teil des Luftraumes führen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß der Bundesregierung gegenwärtig keine einwandfreien Erkenntnisse über ein Verschulden an dem Flugzeugzusammenstoß über dem Quernheimer Bruch vorliegen?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Nein, Sie haben das nicht richtig verstanden. Ich lese noch einmal vor, was ich vorhin geantwortet habe: Was die Piloten der Luftwaffe anbetrifft, so liegt nach den bisherigen Überprüfungen im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen Vorschriften vor. — Die Untersuchungen sind noch im Gange. Ich möchte dem Ergebnis dieser Untersuchungen nicht vorgreifen. Das Haus wird über den Verteidigungsausschuß vollständig informiert werden.
Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Marschall auf:
Inwieweit trifft es zu, daß alle Bundeswehrangehörigen, die vor oder während der Dienstzeit im Zusammenhang mit Kriegsdienstverweigerung bekannt wurden, in den Akten des MAD geführt werden?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär, bitte.
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Marschall, wären Sie damit einverstanden, daß ich die beiden von Ihnen gestellten Fragen zusammen beantworte?
Dann rufe ich noch die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Marschall auf:Was beabsichtigt die Bundesregierung gegebenenfalls, um die dadurch erfolgende Diskriminierung der Inanspruchnahme eines Grundrechts auszuschließen?Schmidt, Parl. Staatssekretär: In den Akten des MAD werden nur diejenigen Bundeswehrangehörigen geführt, die für eine Verwendung in sicherheitsempfindlichen Bereichen vorgesehen und deshalb nach den Richtlinien der Bundesregierung einer vorherigen Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen sind. Dies gilt uneingeschränkt für alle Bundeswehrangehörigen ohne Rücksicht darauf, ob sie im Zusammenhang mit Kriegsdienstverweigerung bekannt wurden.Bei der Sicherheitsüberprüfung wird auf die Tatsache der Kriegsdienstverweigerung Rücksicht genommen, um den Bundeswehrangehörigen einen
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17450 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Parl. Staatssekretär Schmidtweiteren Gewissenskonflikt zu ersparen. Diese Überprüfung wird auf den Einzelfall abgestellt; dabei wird eine bestehende Konfliktsituation nach dem Grundsatz der Fürsorge behandelt.Ihre zweite Frage beantworte ich wie folgt. Ich vermag nicht zu erkennen, wo bei der geschilderten Verfahrensweise die Diskriminierung eines Bundeswehrangehörigen wegen der Inanspruchnahme seines Verfassungsrechts auf Wehrdienstverweigerung erblickt werden kann.
Keine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wir sind damit am Ende Ihres Geschäftsbereiches angelangt. Ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf.
Die Fragen 35 und 36 sollen auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Pfeffermann, schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 37 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Was hat die Bundesregierung veranlaßt, in ihrem Prospekt „Auto-Urlaub 1976" Deutschland so darzustellen, daß die DDR genauso gekennzeichnet wird wie Dänemark, Holland, Belgien und die anderen ausländischen Anrainer der Bundesrepublik Deutschland?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär, bitte.
Herr Kollege Dr. Hupka, für die Bundesregierung habe ich zuletzt in der Fragestunde am 14. Januar 1976 von dieser Stelle aus eine entsprechende Frage von Ihnen beantwortet. Ich beziehe mich auf diese Antwort und wiederhole, daß die Darstellung für den Reisenden die tatsächlich vorgefundenen Verhältnisse wiedergibt und daß nach der Zweckbestimmung des Prospekts keine Aussagen über staats- und völkerrechtliche Besonderheiten der DDR gemacht werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka.
Das bezog sich auf einen Winterprospekt. Können Sie mir darin zustimmen, daß auf Grund der Beantwortung meiner Frage vom Januar der Eindruck hätte entstehen können, daß bei der Erstellung eines Sommerprospekts auf die besonderen innerdeutschen Beziehungen endlich Rücksicht genommen wird?
Jung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wenn ich mich recht entsinne, war eine Zusatzfrage des Kollegen Evers, auf Grund deren ich eine Überprüfung zugesagt habe. Diese ist durchgeführt worden. Bei dieser Überprüfung, die in Abstimmung mit dem Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen erfolgt ist, ist dieser Prospekt, so wie er jetzt herausgegangen ist, nicht beanstandet worden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, muß ich aus der Antwort schließen, daß für Ihr Ministerium, wenn es um Reiseprospekte geht, so etwas wie innerdeutsche Beziehungen nicht existiert, sondern die DDR von Ihrem Haus als Ausland angesehen wird?
Jung, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege Dr. Hupka. Ich habe eben ausdrücklich darauf verwiesen, daß das mit dem Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen besprochen wurde. Ich verstehe deswegen Ihre Zusatzfrage nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger .
Herr Staatssekretär, was steht denn eigentlich nach Ihrer Auffassung einer im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Charakter der innerdeutschen Grenze zutreffenden Bezeichnung dieser Grenze in sämtlichen Karten entgegen, die irgendeine Dienststelle der Bundesregierung herausgibt?
Jung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, ich habe damals in meiner Antwort, auf die ich mich jetzt noch einmal bezogen habe, darauf verwiesen, daß für den Benutzer dieses Prospekts die tatsächlichen Gegebenheiten dargestellt sind und diese tatsächlichen Gegebenheiten mit staats- oder verfassungsrechtlichen Fragen im Grunde nichts zu tun haben. Insofern ist Ihre Frage eigentlich gegenstandslos.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir darin zu, daß sich die Bundesregierung und somit auch Ihr Haus bei allen amtlichen Tätigkeiten, d. h. auch bei Herausgabe von Karten, Informationen und ähnlichem, ohne Rücksicht auf Auskünfte anderer Häuser verfassungs- bzw. gesetzesgemäß verhalten müssen?
Jung, Parl. Staatssekretär: Ja, Herr Kollege Czaja.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Straßmeir.
Herr Staatssekretär, besteht Ihrer Meinung nach nicht die Verpflichtung der Bundesregierung, in allen Publikationen gemäß dem Verfassungsauftrag Deutschland als Ganzes darzustellen?
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17451
Jung, Parl. Staatssekretär: Ich habe eben auf die Frage von Herrn Kollegen Czaja geantwortet, daß diese Verpflichtung für die Bundesregierung grundsätzlich auch bei der Herausgabe von Karten und Prospekten gilt. Dieser Prospekt verstößt nicht gegen den von Ihnen angeführten Verfassungsauftrag.
Ich rufe die Frage 38 des Abgeordneten Dr. Hauser auf:
Treffen Nachrichten zu, wonach die Deutsche Bundesbahn nach der für 1977 vorgesehenen Einslellung des Dampfbetriebs auf ihren Strecken auch Dampflokomotiven privater Eigentümer nicht mehr zulassen wird, und wenn ja, wäre es nicht angebracht, privaten Vereinigungen, die schon durch Jahre hin sich der betriebsfähigen Erhaltung von Dampflokomotiven annehmen, zumindest das Befahren einzelner Strecken der Deutschen Bundesbahn zu gestatten, da diese Vereinigungen aus privater Initiative der Bundesbahn die Aufgabe abnehmen, für die Erhaltung technisch-geschichtlicher Zeugnisse zu sorgen, soweit die Bundesbahn hierzu nicht in der Lage ist?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär.
Jung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Hauser, nach Einstellung des Restdampfbretiebes im Jahre 1977 wird die Deutsche Bundesbahn zur Einsparung laufender Kosten für die Vorhaltung die Betriebsanlagen für das Bekohlen, Wassernehmen und Ausschlacken der Dampflokomotiven zurückbauen, die speziellen Werkstätten für die Unterhaltung dieser Triebfahrzeuge auflassen und die bisherigen Schutz- und Feuerstreifen an den Dampfstrekken aufgeben. Sonderfahrten mit Dampflokomotiven auf Strecken der Deutschen Bundesbahn sind dann aus technischen Gründen nicht mehr möglich. Solche Fahrten können mit Zustimmung der obersten Landesverkehrsbehörden künftig nur noch von den Trägern vereinseigener Gleisanlagen oder von Museumsbahnen durchgeführt werden.
Die Deutsche Bundesbahn wird die Herrichtung geeigneter Strecken und die Durchführung von Oldtimer-Zügen weiterhin unterstützen, soweit sich die einzelnen Maßnahmen ohne finanzielle Belastung für das Unternehmen verwirklichen lassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Hauser.
Herr Staatssekretär, warum hat die Deutsche Bundesbahn das den privaten Vereinigungen, die sich um die Erhaltung betriebsfähiger Dampfloks bemühen, bis jetzt nicht so mitgeteilt, wie Sie es nunmehr sagen, und warum ist sie bisher auf Formulierungen ausgewichen — etwa laut „Eisenbahner-Magazin" —, man toleriere vorläufig, wenn da und dort auf örtlicher Ebene Fahrten mit Dampflokomotiven auf Bundesbahnstrecken noch zugelassen würden?
Jung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Hauser, die Bundesbahn ist ja der Ansprechpartner, und die Bundesbahn wird die von Ihnen zitierten Auskünfte gegeben haben. Aber ich habe ja eben für die Bundesregierung festgestellt, daß die Bundesbahn, soweit es hier möglich ist, diese privaten Vereine — oder wer immer das ist — gerne unterstützt.
Nur kann man andererseits von der Bundesbahn nicht erwarten, daß sie, wenn sie ihren Dampfbetrieb aus den vorgenannten Gründen einstellt und damit die für den Dampfbetrieb notwendigen Anlagen abbaut, diese für private Vereine oder für andere Einrichtungen aufrechterhält.
Die zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Hauser.
Trifft die Einschätzung zu, Herr Staatssekretär, daß sich vor allem Österreich, aber auch die Deutsche Reichsbahn in der DDR die Erhaltung technikgeschichtlich wertvoller Zeugnisse wesentlich stärker als die Deutsche Bundesbahn angelegen sein lassen?
Jung, Parl. Staatssekretär: Das kann man so nicht sagen, Herr Kollege Hauser. Die Bundesbahn verhält sich in dieser Frage wie alle anderen europäischen Eisenbahnen, und sie unterstützt natürlich auch die Eisenbahnfreunde, eben den Bundesverband deutscher Eisenbahnfreunde, die die Tradition der Eisenbahn pflegen.
Ich rufe die Frage 39 des Abgeordneten Dr. Hauser auf:
Erwägt die Deutsche Bundesbahn, nach der Einstellung des Dampfbetriebs auf ihren Strecken wenigstens einige Dampflokomotiven trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten und Kosten betriebsbereit zu halten, da es sich — wie das Beispiel anderer europäischer Länder beweist — um durchaus erhaltenswerte Zeugen unserer Technikgeschichte handelt?
Jung, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hauser, aus meinen bisherigen Antworten ergibt sich hier die klare Antwort: Die Bundesbahn beabsichtigt dies nicht. Ich muß Ihre Frage also mit Nein beantworten.
Keine Zusatzfrage?— Dann rufe ich die Frage 40 der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius auf:Kann die Bundesregierung an Hand von statistischen Vergleichszahlen aller Oberpostdirektionen in der Bundesrepublik Deutschland mitteilen, ob der im Bereich der Oberpostdirektion Freiburg am Beispiel der Postämter Rastatt, Baden-Baden, Bühl und Achern festgestellte Anteil von rund 75 % der weiblichen Angestellten und Arbeiter im Teilzeitarbeitsverhältnis unter 20 Wochenstunden mit der Folge fehlender Arbeitslosenversicherung repräsentativ ist für den bundesweiten Anteil der bei der Deutschen Bundespost beschäftigten Teilzeitarbeiterinnen und -angestellten?Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.Jung, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Dr. Lepsius, der Anteil der weiblichen Angestellten und Arbeiter mit einer arbeitsvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden beträgt bei den Postämtern Rastatt, Baden-Baden, Bühl und Achern zur Zeit 67 %; es sind, in absoluten Zahlen ausgedrückt, 92 von insgesamt 137 Arbeitskräften. Dieser Prozentsatz ist für die Deutsche Bundespost nicht repräsentativ. Im Gesamtbereich der Deutschen Bundespost sind es rund 27 %, nämlich 16 000 Arbeitskräfte von insgesamt 60 000.
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17452 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung in der Lage, mir zusätzlich schriftlich einen statistisch aufgeschlüsselten Überblick darüber zu verschaffen, wie das in den einzelnen OPD aussieht, aufgeschlüsselt nach Zahlen der Frauen, die unter 20 Stunden arbeiten, um eine Umgrenzung der Teilzeitarbeit von Frauen zu bekommen?
Jung, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich will das gern überprüfen und Ihnen, soweit es möglich ist, eine solche Aufstellung zukommen lassen. Es wird in den einzelnen Oberpostdirektionen deshalb unterschiedlich sein, weil in dem von Ihnen genannten Bereich ja im Gegensatz zu Stadtämtern eine größere Zahl von Postdienststellen vorhanden ist. Deswegen ist dieser Prozentsatz gegenüber dem Gesamtprozentsatz in der Bundesrepublik überproportional hoch. Aber, wie gesagt, ich werden gern versuchen, Ihnen eine solche Aufstellung zukommen zu lassen.
Eine zweite Zusatzfrage, Frau Kollegin Dr. Lepsius.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, auf die Oberpostdirektion in Freiburg hinzuwirken, hier zu besseren arbeitsrechtlichen Regelungen für die betroffenen Frauen, die den Regelungen in den anderen OPD entsprechen, zu kommen?
Jung, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich habe eben darauf verwiesen, daß bei den von Ihnen genannten Ämtern diese überproportional hohe Zahl — 67 % — vermutlich deswegen auftritt, weil eine Reihe von Poststellen mit einem relativ geringen Arbeitsanfall weibliche Arbeitskräfte beschäftigen, welche die Zahl von 20 Stunden pro Woche nicht erreichen.
Ich will diesen Hinweis aber gern noch einmal überprüfen. Ich muß Sie allerdings darauf aufmerksam machen, daß eine Erhöhung der Stundenzahl einerseits einen höheren Arbeitsanfall voraussetzt, auf der anderen Seite aber auch zu Lasten anderer Beschäftigter gehen kann.
Ich rufe die Frage 41 der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius auf:
Kann die Bundesregierung im Hinblick auf die nicht versicherungspflichtige Teilzeitarbeit weiblicher Angestellter und Arbeiter Vorschläge unterbreiten, in welcher Weise — etwa durch bundesweite Aufstockung der Stundenzahl oder durch Änderung der Rechtsgrundlage im § 1228 RVO — für Arbeitseinkommen, die 1/8 der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung unterschreiten, in Verbindung mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. Februar 1971 die diskriminierenden Wirkungen des fehlenden Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit und gegebenenfalls im Alter bei den betroffenen Frauen beseitigt werden können?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Jung, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, in den Fällen der sogenannten Nebenbeschäftigungen nach § 1228 der Reichsversicherungsordnung bleibt eine Beschäftigung unterschiedslos für weibliche und männliche Arbeitnehmer versicherungsfrei. Diese Arbeitnehmer sind in einem so geringfügigen Umfang beschäftigt, daß sie bei Einbeziehung in die Versicherungspflicht und beitragsgerechter Bemessung später nur unbefriedigende Leistungsansprüche geltend machen könnten. Eine adäquate Sicherung dieses Personenkreises wäre also durch Einbeziehung in die Rentenversicherungspflicht, durch die zugleich die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung genommen würde, nicht zu erreichen.
Auf der anderen Seite würde eine Anhebung der Leistungsansprüche zu einer erheblichen Belastung für die Solidargemeinschaft führen und gerade in der heutigen finanziellen Situation nicht zu verkraften sein. Die Arbeitslosenversicherung schützt grundsätzlich alle Arbeitnehmer, deren Beschäftigung die Grundlage für ihren Lebensunterhalt bildet. Dazu gehören nicht die Arbeitnehmer, die nur eine geringfügige Beschäftigung ausüben, d. h. nicht einmal 20 Stunden wöchentlich arbeiten.
Eine Änderung dieser Regelung würde bedeuten, daß künftig auch Neben- oder Bagatellbeschäftigungen in den Schutz der Arbeitslosenversicherung einbezogen würden. Dies ginge jedoch nach Auffassung der Bundesregierung über den Rahmen einer Arbeitslosenversicherung, der alle Arbeitnehmer, ob sie es wollen oder nicht, angehören, hinaus.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Herr Staatssekretär wenn ich einmal von der versicherungsrechtlichen Regelung der RVO, die Sie eben angesprochen haben, absehe und dieses Problem arbeitsrechtlich eingrenze, kann ich dann davon ausgehen, daß ein großer Teil der teilzeitbeschäftigten Frauen, die unter die Pflichtgrenze der Arbeitslosenversicherung fallen, im Falle einer Arbeitslosigkeit bei strukturell gefährdeten Arbeitsplätzen nicht in die Arbeitslosenversicherung kommen und somit die Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit, soweit sie die Frauenarbeitslosigkeit betreffen, im Grunde genommen nicht richtig sind?
Jung, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, Ihre Frage müßte eigentlich an meinen Kollegen im Bundesministerium für Arbeit gerichtet werden. Ich bin aber gern bereit, dies überprüfen zu lassen. Ich muß nur noch einmal darauf verweisen, daß die Beschäftigungsart bei der Deutschen Bundespost, die von Ihnen angesprochen wurde, von vielen weiblichen Arbeitskräften begrüßt wird und deren Wünschen entgegenkommt.
Aber die Zusatzfrage betreffs Arbeitslosenstatistik kann ich hier nicht beantworten. Ich will dem Wunsch gern schriftlich nachkommen.
Noch eine Zusatzfrage.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17453
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß bei den Plänen der Deutschen Bundespost für eine stärkere Rationalisierung diese diskriminierenden Wirkungen der versicherungsrechtlichen Regelung der RVO und der arbeitsrechtlichen 20-Stunden-Regelung bei strukturgefährdenten Arbeitsplätzen von Frauen dazu führen, daß diese Frauen nicht einmal in den Genuß der Arbeitslosenunterstützung gelangen? Kann die Bundesregierung hier als Dienstherr eine Vorleistung erbringen, wodurch die Diskriminierung von Frauen abgebaut wird?
Jung, Parl. Staatssekretär: Ich kann in Einzelfällen nicht ausschließen, daß es weibliche Arbeitskräfte trifft, wenn Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Ich will der Sache in dem von Ihnen angesprochenen Sinne gern noch einmal nachgehen.
Die Frage 42 des Abgeordneten Dr. Dübber wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs und auch der Fragestunde angelangt.
Es ist interfraktionell beschlossen worden, die heutige Tagesordnung zu erweitern. Demgemäß rufe ich jetzt den Zusatzpunkt auf:
Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung über die Ergebnisse der 4. UN-Weltkonferenz für Handel und Entwicklung
Das Wort zur Abgabe der Regierungserklärung hat der Bundesminister für Wirtschaft, Herr Dr. Friderichs.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Die 4. Welthandelskonferenz der Vereinten Nationen ist vorgestern früh um 4 Uhr mit einem Ergebnis beendet worden, das Spannungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern mildern und die Konfrontation zwischen den Reichen und den Armen dieser Welt abbauen konnte.
Wir haben in dieser ungewöhnlich schwierigen Konferenz nach mehr als drei Wochen Arbeit einen Kompromiß erzielt, der alles andere als eine Zusage ist, daß unsere Welt nun mit einem Netz dirigistischer, teurer, dazu vermutlich noch unwirksamer Institutionen und Mechanismen zur Regulierung der Weltwirtschaft, speziell der internationalen Rohstoffmärkte, überzogen wird.
Wir haben in unserer Schlußerklärung gesagt, daß die Marktwirtschaft, die bereit ist, Rücksicht auf Schwache zu nehmen, nach deutscher Auffassung die besten Aussichten für die Zusammenarbeit zwischen allen Ländern eröffnet.
Wir sind bereit, konkreten Schritten zuzustimmen, die die Struktur der Weltwirtschaft verbessern sollen. An den Erörterungen darüber wird sich die Bundesrepublik Deutschland aktiv beteiligen.
Ich möchte auch gleich zu Anfang klarstellen: In der internationalen Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, als habe diese Konferenz nur zwei große Themen, nämlich die Rohstoff- und die Schuldenfrage, erörtert. Dieser Eindruck ist unzutreffend. Denn allzu sehr ist dabei übersehen worden, daß wir weite Fortschritte gemacht haben bei der Verbesserung des Marktzugangs für Waren aus Entwicklungsländern, in der Zollpolitik, beim Technologie-Transfer, beim Ressourcen-Transfer insgesamt, zu dem sich die Bundesregierung mit allem Nachdruck bekennt. Das Ergebnis von Nairobi ist nicht zuletzt deshalb als ein Meilenstein in der Zusammenarbeit zwischen Entwicklungs- und entwickelten Ländern zu werten und daher auch positiv zu würdigen.Hier hat es auch eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft gegeben, jedenfalls in den vorerwähnten Bereichen.Nach übereinstimmendem Urteil aller Teilnehmer liegt eine der kompliziertesten und zähesten Wirtschaftskonferenzen der vergangenen Jahre hinter uns. In ihrer letzten Woche war diese Konferenz permanent vom Scheitern bedroht, vom Bruch zwischen zahlreichen Industrienationen und der übrigen Welt. Wir haben dieses Scheitern nicht zugelassen. Die Bundesregierung zögert daher nicht, das Resultat von Nairobi als einen Erfolg zu bezeichnen,
der weltweitem Frieden und der Entspannung dient, ohne die beteiligten Staaten zur Aufgabe essentieller und für sie unverzichtbarer Positionen zu zwingen.
Auch die Fortführung der Konferenz für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Paris ist dadurch gesichert.Niemand hat nach diesen Wochen in Nairobi Grund zum Jubel, aber wir alle haben Grund zu wachsamer Zufriedenheit. Ich sage bewußt: zu einer wachsamen.
Ich kenne sehr wohl die Kritik der Opposition dieses Hohen Hauses, die Bundesregierung habe auf dieser Handelskonferenz die Grundsätze der Marktwirtschaft verraten. Das müßte sie dann wohl auch unseren sämtlichen Verbündeten und Freunden vorwerfen: den Amerikanern, den Schweizern, den Engländern, Franzosen, Italienern, den Japanern — mit wem auch immer wir gemeinsam operiert haben. Wer so etwas behauptet, hat weder die Schlußdokumente dieser Konferenz gelesen noch die Atmosphäre jener allerkleinsten Kreise miterlebt, in de-
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Bundesminister Dr. Friderichsnen die letzten Verhandlungen von Nairobi stattfanden.Tatsache ist folgendes: Die unbedingten Befürworter einer neuen Weltwirtschaftsordnung wollten in Nairobi durchsetzen, daß bindende Beschlüsse über die sofortige Bildung eines gemeinsamen Fonds zur Finanzierung von Rohstoffabkommen gefaßt würden. Mindestens 18 Abkommen für einzelne Rohstoffe mit automatischer Preisindexierung und Beschränkungen bei der Produktion und Entwicklung von Substitutionsgütern sollten verbindlich vereinbart werden.Die Konferenz hat diese Beschlüsse nicht gefaßt. Dies zu erreichen, war für uns keine einfache Aufgabe. Sie wurde auch nicht dadurch erleichtert, daß die Industrieländer im Gegensatz zur Gruppe der 77 nicht zu einer einheitlichen Haltung fanden. Sie ist, nebenbei bemerkt, auch nicht dadurch erleichtert worden, daß in Nairobi anwesende Vertreter der Opposition die deutsche Haltung in unsachlicher und für das Ansehen unseres Staates geradezu peinlicher Weise kritisiert haben — —
— Ich wiederhole, um Mißverständnisse auszuschließen, meine Aussage: Sie ist, nebenbei bemerkt, auch nicht dadurch erleichtert worden, daß in Nairobi anwesende Vertreter der Opposition die deutsche Haltung in unsachlicher und für das Ansehen unseres Staates geradezu peinlicher Weise kritisiert haben und dadurch bei anderen Regierungen den Eindruck erwecken mußten, daß die Politik der Bundesregierung schwach und gespalten sei.
Sie war es nicht.
Ich möchte namens der Bundesregierung hinzufügen:
— Es mag doch möglich sein, zuzuhören. Ich wollte Ihnen noch etwas sagen.
Wenn Abgeordnete der CDU/CSU ihren legitimen innenpolitischen Kampfplatz ins Ausland verlegen, dann müssen sie sich sagen lassen, daß sie damit unserem Land einen denkbar schlechten Dienst erwiesen haben.
Lassen Sie mich hinzufügen: Uns ist bekannt, daß in gestandenen Demokratien wie Großbritannien die Vertreter gleich welcher politischer Parteien dann, wenn sie sich im Ausland befinden, sich primär als Vertreter ihres Landes empfinden und die Interessen ihres Landes vertreten.
Der deutsche Standpunkt hat wesentlich dazu beigetragen, daß UNCTAD IV ein für alle Seiten annehmbares Ergebnis gebracht hat. Wären wir dagegen den Ratschlägen eines entwicklungspolitischen Sprechers der Opposition gefolgt — ich konzentriere dies auf einen —, die er uns in Nairobi gegeben hat, dann stände die Bundesrepublik Deutschland seit vorgestern allein und isoliert
nicht nur gegen den Block der Entwicklungsländer, sondern auch gegen die Meinung der Industrieländer und unserer unmittelbaren Verbündeten.
Wir wären mit einer solchen Haltung, wie sie uns empfohlen wurde, schlicht und einfach alleine auf der Welt geblieben. Denn kein Land war bereit — und ich halte das für eine Selbstverständlichkeit —, weitere Verhandlungen auszuschlagen, sich weiteren Diskussionen über die Rohstoffproblematik, die doch auch wir in aller Klarheit sehen, abrupt und endgültig zu entziehen. Es ging um die einzige Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland bereit ist, in Verhandlungen über diese Frage einzutreten, ohne einen einzigen materiellen Punkt zu verlassen. Dazu allerdings haben wir uns bereit erklärt.Wir werden in diesen Verhandlungen, die jetzt folgen, unsere Haltung weiterhin deutlich machen und auch die Gegner unserer Ansichten zu überzeugen versuchen. Ich bestreite nicht, daß uns schwere Diskussionen erwarten, bei denen wir keineswegs von Anfang an damit rechnen können, daß wenigstens die Industriestaaten zu einer gemeinsamen Politik finden.Das gilt auch — und ich bedaure, das hier erklären zu müssen — für die Mitgliedsländer der Europäischen Gemeinschaft. Es ist daran Kritik geübt worden, daß die Gemeinschaft in Nairobi über die Rohstoffpolitik nicht mit einer Zunge gesprochen habe. Die Delegation der Bundesrepublik Deutschland, mein Kollege Bahr und ich haben sich um eine solche gemeinsame Sprache bis zur Ausschöpfung aller Möglichkeiten bemüht. Aber mir mußten erkennen, daß die Vorstellungen in der Europäischen Gemeinschaft in dieser Frage zu unterschiedlich waren. Ich halte es für ein Gebot der politischen Ehrlichkeit, dies auch deutlich zu sagen.Wir werden trotzdem in den kommenden Monaten versuchen, zu einer Annäherung der Standpunkte zu gelangen. Dies wird schwierig sein, wenn wir die eigene Grundposition halten wollen.
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Bundesminister Dr. FriderichsFür die deutschen Vertreter auf der IV. Welthandelskonferenz hat sich eindeutig gezeigt: Vor allem der Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika und einigen Partnern der Europäischen Gemeinschaft ist es zu danken, daß die großen Bedenken, die wir und diese Länder gegenüber vielen Vorstellungen der Gruppe der 77 nach wie vor haben, nicht nur in den Verhandlungen selbst, sondern auch bei der Verabschiedung der Schlußerklärung klar und unmißverständlich formuliert worden sind. Der deutschen Delegation, so scheint mir, ist dabei eine besondere Schlüsselrolle zugewachsen. Sie hat einen entscheidenden Beitrag geleistet, damit unsere Vorbehalte in einer Weise ausgesprochen wurden, die jeden Zweifel an der Ernsthaftigkeit unserer Haltung ausschließt, die aber auch die Bereitschaft zeigt, gute Argumente anzunehmen.
— Den hätten Sie längst lesen können, wenn Sie es gewollt hätten. Er ist veröffentlicht.
Die Bundesregierung hat sich in ihrer Haltung ständig von dem Gedanken leiten lassen, den Entwicklungsländern klar zu sagen, wo die Grenzen unseres Entgegenkommens liegen. Jede andere Politik, die Unklarheiten, Unbestimmtheiten und unterschiedlichen Interpretationen Tür und Tor geöffnet hätte, wäre unseres Erachtens, gerade gegenüber den Ländern der Dritten Welt, unverantwortlich gewesen.
Hinsichtlich der Einzelheiten der Rohstoff-Resolution, die in Nairobi verabschiedet wurde, ist vor allem zu betonen, daß deren Inhalt nicht materieller, sondern prozeduraler Art ist. Der UNCTAD-Generalsekretär wird darin beauftragt, Konferenzen einzuberufen, in denen getrennt über den Abschluß von Abkommen für einzelne Rohstoffe und über die Errichtung eines gemeinsamen Finanzierungsfonds entschieden werden soll. Das dabei angewandte Verfahren ist zweistufig. Nach mehreren Vorbereitungssitzungen, in denen die Eignung einzelner Waren für Rohstoffabkommen von Fall zu Fall gesondert geprüft wird, folgen später eventuelle Verhandlungskonferenzen über Abkommen und Vereinbarungen. Die Konferenz, die darüber beschließt, ob — ich unterstreiche das „ob" ; das war der Hauptstreitpunkt — ein gemeinsamer Fonds eingerichtet und — gegebenenfalls — mit welchen Modalitäten dies geschehen würde, soll bis zum März 1977 einberufen werden. Auch hier ist zunächst eine Vorbereitungskonferenz vorgesehen. An unserer Mitarbeit an dieser Konferenz ist nicht zu zweifeln.Die deutsche Delegation hat diesem Verfahren ebenso zugestimmt wie der Aufführung einer langen Liste von 18 namentlich erwähnten Rohstoffen, die auf ihre Eignung für Abkommen geprüft werden sollen. Hätten wir uns — dies ist auch mit den Vertretern der Opposition in Nairobi besprochen worden ---
in dieser Frage auf einige wenige Rohstoffe beschränkt, so wäre dies mit Sicherheit schon als halbe Zustimmung zu Abkommen in diesen Bereichen ausgelegt worden. Die Vielzahl der Produkte macht für alle Kenner der Szene deutlich, daß hier viele Rohstoffe genannt werden, die nach unserer Auffassung nicht abkommensfähig sind.
Darüber haben wir auch die andere Seite nicht im Zweifel gelassen. Wir haben in dem gemeinsamen Schlußdokument auch erreicht, daß der UNCTAD nicht a priori ein Alleinvertretungsrecht für alle Verhandlungen und Abkommen über Rohstoffe, einschließlich bereits existierender Vereinbarungen, zugestanden wird. Es ist klar gemacht, daß neue Vereinbarungen nach den bestehenden internationalen Verfahrensregeln getroffen werden, daß also nicht alles das umgeworfen wird, was bisher auf diesem Gebiet praktiziert wurde.Die Entwicklungsländer haben bei der Verabschiedung der Rohstoff-Resolution durch ihren Sprecher mitgeteilt, daß sie dieses Papier als Minimum betrachten. Diese Länder gehen auch unverändert davon aus. daß der gemeinsame Fonds in Kürze verwirklicht werde. Die Resolution selbst macht allerdings ausdrücklich auf die unterschiedlichen Ansichten zum gemeinsamen Fonds aufmerksam. Die Bundesregierung hat ihre Position als erstes westliches Industrieland auf der Schlußsitzung öffentlich vorgetragen. Sie hat erklärt, daß es von dem Ergebnis der vorbereitenden Verhandlungen abhängen wird, welche Rohstoffabkommen wir erreichen können. Sie hat in der Schlußsitzung als erste Nation der Welt die Frage aufgeworfen, ob ein gemeinsamer Fonds das beste Mittel ist, um Ausgleichslager zu finanzieren.In diesem Zusammenhang füge ich hinzu: selbstverständlich haben wir auch entgegen einigen Meldungen keiner einzigen finanziellen Verpflichtung im vorhinein zugestimmt. Auch die Delegation der Vereinigten Staaten von Amerika hat sich später ähnlich geäußert, nachdem die Konferenz mit Mehrheit den amerikanischen Vorschlag zur Errichtung einer internationalen Rohstoffbank abgelehnt hatte. Ebenso haben Großbritannien, Australien und Kanada Bedenken angemeldet.Die Bundesregierung hat sich in Nairobi nicht in die Ecke der Nein-Sager drängen lassen, wo sie offensichtlich einige Vertreter der Opposition gern gesehen hätten, um ihr dann eine Politik vorwerfen zu können, die uns in die isolation geführt habe. Aber genau dies scheint in Wirklichkeit die Politik der Opposition zu sein in Nairobi, bei der KSZE in
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Bundesminister Dr. FriderichsHelsinki, bei der 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen in New York.
Die Bundesregierung hat solche Isolation vermeiden können, ohne deshalb in Nairobi mit anderen Staaten die Position zu verlassen, die für die Aufrechterhaltung eines freien Welthandels unerläßlich sind. Mein Kollege Bahr und ich haben auf der UNCTAD IV gemeinsam und mit einer Stimme für die Bundesrepublik Deutschland gesprochen, und wir werden dies auch in diesem Hause tun.
Das Wort hat Herr Bundesminister Bahr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Erklärung des Kollegen Friderichts um einige Punkte ergänzen.
Die Bundesregierung stellt fest, daß das Ergebnis von Nairobi nicht zustande gekommen wäre, wenn nicht die Entwicklungsländer und die Industrieländer bereit gewesen wären, einander entgegenzukommen. Dabei hatte, gemessen an den Ausgangspunkten, die Bundesrepublik Deutschland einen etwas weiteren Weg zurückzulegen als etwa Frankreich, und dabei hatten einige Entwicklungsländer einen größeren Weg zurückzulegen als andere. Was die Industrieländer angeht, so gebührt das Hauptverdienst an dem Zustandekommen dieser Resolution zweifellos den Vereinigten Staaten. Ohne ihre Initiative in der Schlußphase wären die beiden wesentlichen Ergebnisse nicht erzielt worden. Staatssekretär Robinson war für wesentliche Abschnitte der Wortführer auf der Seite der westlichen Industrieländer.
Die deutsche Delegation hat sich voll an die Resolution gehalten, die mehrheitlich in diesem Hause am 20. Mai 1976 verabschiedet wurde. Diese Resolution hat unsere Position verstärkt. Wenn wir der Resolution gefolgt wären, die die Opposition hier eingebracht hat, hätten wir gegen alle anderen Länder stehen müssen, auch gegen Amerika.
Während die Rohstofffragen natürlich von hervorragendem Interesse für die Entwicklungsländer gewesen sind, die über Rohstoffe verfügen, sind Schuldenfragen von lebenswichtigem Interesse für die am meisten zurückgebliebenen Länder, die fast über keine nennenswerten auszuführenden Rohstoffe verfügen. Die Schwierigkeiten, die es innerhalb der Gruppe der Entwicklungsländer gegebenhat, den gefundenen Kompromissen zuzustimmen, mögen auch darin gelegen haben, daß die ärmsten Länder in der kleinen Verhandlungsgruppe der Schlußrunde nicht repräsentiert waren. Die Entwicklungsländer haben sich bereit erklärt, in der Schuldenfrage ihre Forderung auf eine allgemeine Schuldenkonferenz fallenzulassen. Desgleichen haben sie ihren Wunsch nach einem allgemeinen Moratorium in der Schlußphase von Nairobi nicht weiter verfolgt. Die Industrieländer haben sich bereit erklärt, noch vor Ende dieses Jahres über generelle Aspekte der Verschuldung zu sprechen, die in jedem Einzelfall angewendet werden könnten.Wir haben uns auch zu schnellen Umschuldungsverhandlungen bereit gefunden. In diesem Punkte konnte die Delegation der Bundesrepublik Deutschland darauf verweisen, daß wir uns auch schon bisher an derartigen Operationen beteiligt haben. An unserer Haltung, Verschuldungsfragen für jedes einzelne Land zu regeln, haben wir festgehalten. Dem ist in der Resolution auch Rechnung getragen worden. Wir bleiben auch weiterhin der Auffassung, daß eine Regelung der Umschuldung einem Maßanzug vergleichbar sein muß, der auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Landes zugeschnitten ist. Es war zu unserer großen Genugtuung möglich, daß die während der letzten beiden Tage gefundene Resolution von allen Ländern angenommen wurde, ohne daß interpretative Erklärungen nötig waren.Wesentliche Fortschritte wurden bei dem dritten Hauptthema der Konferenz, der Übertragung technischen Wissens, erzielt. Hier konnten Resolutionen über die Stärkung der technologischen Kapazitäten der Entwicklungsländer und über die Neuregelung der gewerblichen Schutzrechte einstimmig verabschiedet werden. Auf beiden Gebieten sollen die technologischen Belange der Entwicklungsländer künftig stärker berücksichtigt werden.Darüber hinaus einigte sich die Konferenz über die Aushandlung eines internationalen Verhaltenskodex für den Technologietransfer. In dieser Entschließung kamen die Industrie- und Entwicklungsländer überein, die besonders umstrittene Frage der Rechtsverbindlichkeit eines derartigen Kodex offenzulassen und das Hauptgewicht darauf zu legen, daß die Arbeiten einer Gruppe von Regierungsexperten beschleunigt mit dem Ziel der Einberufung einer UN-Konferenz gegen Ende 1977 fortgeführt werden.Die drei Technologieentschließungen sind eine Bekräftigung des politischen Willens zur internationalen Zusammenarbeit in einem für die Zukunft besonders wichtigen Wirtschaftsbereich der Entwicklungsländer. Hier ergeben sich auf Dauer die besten Ansatzpunkte für moderne Strukturen in den Entwicklungsländern. Die deutsche Delegation hat sich deshalb aktiv an den Kompromißbemühungen in diesem Verhandlungsbereich beteiligt und maßgebenden Anteil an der abschließenden Einigung gehabt.Ähnlich erfreulich ist das Konferenzergebnis bei der Außenhandelspolitik bezüglich der Halb- und Fertigwaren zu bewerten. In einer einstimmig ge-
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Bundesminister Bahrbilligten Entschließung wurde eine Gesamtheit von untereinander verbundenen Maßnahmen zur Ausweitung und Auffächerung der Industriegüterexporte der Entwicklungsländer beschlossen. Wichtigstes Zugeständnis der Industrieländer ist die Bereitschaft, die allgemeinen Zollpräferenzen weiter zu verbessern und über den ursprünglich vorgesehenen Zeitraum von zehn Jahren hinaus zu verlängern. Darüber hinaus sind eine Reihe von Einzelmaßnahmen zur Erweiterung des Marktzugangs für Produkte aus Entwicklungsländern vorgesehen.Die gleiche Zielsetzung wie die Fertigwarenresolution verfolgt eine weitere Entschließung über die multilateralen GATT-Handelsverhandlungen. Alle Industrieländer haben ihre Bereitschaft bekräftigt, den Entwicklungsländern so weit irgend möglich eine Vorrangstellung in der GATT-Runde einzuräumen. Erstmals erklären sich die Industrieländer damit einverstanden, Sonderregelungen zugunsten der Entwicklungsländer zu erarbeiten. Diese Einigungen waren das Ergebnis schwieriger und zeitraubender Erörterungen der Verhandlungsgruppe II, die unter dem Vorsitz eines Mitarbeiters des Bundesministers für Wirtschaft allgemein anerkannte konkrete und sachgerechte Fortschritte erzielte. Langfristig werden die materiellen und prozeduralen Einigungen im Bereich des Technologietransfers und des Außenhandels mindestens gleichwertige Bedeutung haben wie die jetzt umstrittenen Rohstoff- und Verschuldungsprobleme.Die Delegation der Bundesrepublik Deutschland hat mit großer Aufmerksamkeit die Haltung der D-Gruppe verfolgt, d. h. die Haltung der Gruppe, in der die Sowjetunion und andere kommunistisch geführte Staaten sich zusammengeschlossen haben. Es wird für dieses Hohe Haus von Interesse sein, daß die Entwicklungsländer Versuche zurückgewiesen haben, ihre praktischen, in Nairobi anstehenden Probleme mit sachfremden Fragen zu vermischen, wie sie etwa in den Konferenzdokumenten von Helsinki enthalten sind. Abgesehen davon, daß die Spannungen zwischen der Volksrepublik China und der Sowjetunion auch bei der Welthandelskonferenz sichtbar wurden, haben die Länder der D-Gruppe für die entscheidenden Verhandlungen eine Rolle gespielt, in der weder die Industrieländer noch die Entwicklungsländer nach ihnen gefragt haben. Die Weigerung von Ländern der D-Gruppe, sich auch nur ähnlich, wie die Bundesrepublik Deutschland und andere Länder das getan haben, auf die Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels festzulegen, ohne Zeitziel, hat anscheinend dazu beigetragen, daß das Gewicht der D-Gruppe zwischen der 7. Sonderkonferenz in New York und der Welthandelskonferenz von Nairobi nicht gewachsen ist.Die Bundesregierung unterstützt die Haltung der Entwicklungsländer, die von allen industrialisierten Staaten, auch denen der D-Gruppe, verlangen, daß sie ihre Leistungen steigern und vor allem sichtbar und internationalen Maßstäben entsprechend nachprüfbar machen. In Nairobi hat sich gezeigt, wie schwer es ist, eine Konferenz von 150 Delegationen zu fruchtbaren Ergebnissen zu bringen. Es hat sich gezeigt, daß es unterschiedliche Interessen gibt, sowohl innerhalb der Industrieländer als auch innerhalb der Entwicklungsländer.Es hat sich gezeigt, daß die Entwicklungsländer schneller als die Industrieländer imstande sind, sich auf eine einheitliche Haltung zu verständigen. Das ist auch kein Wunder. Die Entwicklungsländer haben sich in ihrer Manila-Deklaration auf einen Forderungskatalog verständigt, der auf eine Änderung heute bestehender Verhältnisse hinzielt. Auch wenn es keine Zweifel darüber gibt, daß wir zu einer besseren und stabileren Wirtschaftsstruktur auf der Welt kommen müssen und bereit sind, dazu aktiv mitzuwirken, so liegt es in der Natur der Sache, daß die Industrieländer insgesamt weniger an Veränderungen interessiert sind als die Entwicklungsländer.Es ist aus diesem Grunde politisch nicht möglich, der Manila-Deklaration eine ähnliche Deklaration der Industriestaaten gegenüberzustellen. Auch auf diesem Feld bleibt es dabei, daß wir für die Ideologie einer Seite keine Gegenideologie entwerfen. Die Kräfte einer Marktwirtschaft, die innenpolitisch gelernt haben, Rücksicht zu nehmen auf die Schwachen, werden sich auch weltweit bewähren, wenn sie auch dort lernen, Rücksicht auf die Schwachen zu nehmen.
Nairobi markiert den Ort, an dem die Gefahr einer Konfrontation vermieden wurde, an dem alle Beteiligten einen Schritt vorangegangen sind in dem Rahmen, der mit der Resolution der 7. Sonderkonferenz der Vereinten Nationen im vergangenen Herbst geschaffen wurde. Dabei haben die Entwicklungsländer gezeigt, daß sie bereit sind, Schwierigkeiten der Industrieländer zu berücksichtigen,
und die Industriestaaten haben gezeigt, daß sie bereit sind, die Schwierigkeiten und die zum Teil dramatische Lage der Entwicklungsländer zu berücksichtigen.Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht isoliert. Die Bundesrepublik Deutschland hat einen positiven Beitrag im Kreise der Staaten geleistet, die sich auf diesen Weg der Zusammenarbeit begeben haben.
Kollege Friderichs und ich hatten die Genugtuung, dies auch von wichtigen Vertretern der Entwicklungsländer nach den Verhandlungen zu hören.
Die Bundesregierung wird in allen vorgesehenen Zusammentreffen und Verhandlungen eine aktive und konstruktive Rolle spielen. Das entspricht dem Gewicht, das unser Land im Welthandel erreicht hat. Das entspricht auch dem ausgezeichneten Verhältnis, das wir zu mehr als 100 Entwicklungsländern bilateral unterhalten. Dabei werden uns die Ergebnisse von Nairobi leiten, auf welcher Ebene auch immer diese Probleme besprochen werden. Die Bun-17458 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976Bundesminister Bahrdesregierung ist der Auffassung, daß nach Nairobi auch der Dialog, wie er in Paris stattfindet, neue Impulse erhalten wird.Wir gehen in eine Serie von Verhandlungen der nächsten Monate auf der Basis der Resolutionen von Nairobi mit der von uns abgegebenen Erklärung. Das heißt, wir gehen in diese Verhandlungen mit dem Willen zu einem Erfolg, mit der Bereitschaft, uns überzeugen zu lassen, mit der Überzeugung, daß eine Marktwirtschaft, die bereit ist, Rücksicht auf Schwache zu nehmen, auch die besten Aussichten für die Schwachen eröffnet.Wir gehen in die Verhandlungen mit dem vollen Bewußtsein unserer Verantwortung für das Funktionieren der Weltwirtschaft. Dabei werden wir große Anstrengungen unternehmen, um den in Nairobi abgesteckten Weg gemeinsam mit den Partnern der Europäischen Gemeinschaft zu gehen. Gerade angesichts der Unterschiedlichkeit von Auffassungen innerhalb der Gemeinschaft bietet eine in der Gemeinschaft erreichte einheitliche Haltung eine große Gewähr dafür, daß andere Industriestaaten sich ihr anschließen können. Die Delegationen der Europäischen Gemeinschaft haben auch ihre Erfahrungen in Nairobi gesammelt. Hier bildeten die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland die Pole, die manchmal zu weit voneinander entfernt waren, um der Gemeinschaft eine einheitliche Haltung zu ermöglichen. Dabei war die Haltung der Bundesregierung nicht etwa im Sinne der Opposition weich.
Das Gewicht der Europäischen Gemeinschaft würde international eine große Steigerung erfahren, falls es gelingt, sich in den sachlichen Verhandlungen, die vor uns liegen, auf eine einheitliche Haltung zu verständigen. Die Bundesregierung wird diesen Versuch mit Geduld und mit der erforderlichen Bereitschaft zu Kompromissen, allerdings von beiden Seiten, unternehmen, ohne die noch niemals eine Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft möglich gewesen ist.Die Bundesregierung drückt ihre Genugtuung über das Ergebnis von Nairobi und die Hoffnung aus, daß nun durch praktische Verhandlungen auf der erreichten Grundlage praktische Ergebnisse erzielt werden, die den Inetressen aller gerecht werden.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Narjes.
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat soeben dem Bundestag über eine wichtige Weltwirtschaftskonferenz Bericht erstattet, die gleichermaßen Eckdaten für die Weltwirtschaftsordnung wie für die Entwicklungspolitik setzt. So wenig übersichtlich und so konfus, wie der Konferenzverlauf war, so unterschiedlich werden auch ihre Ergebnisse in aller Welt beurteilt. Würden die Konferenzergebnisse so verwirktlicht, wie sie in anderen Hauptstädten gedeutet werden, wären mittelfristig nahezu alle Bereiche der deutschen Außenwirtschaft von ihren weitreichenden Konsequenzen schmerzhaft betroffen.
Wir werden deshalb die Bundesregierung in Zukunft peinlich genau daran messen, wie sich die tatsächliche Entwicklung im Vergleich zu dem verhält, was Sie uns heute dargestellt hat.
Die Bundesregierung hat zwei Berichte mit jeweils besonderen fachlichen Schwerpunkten erstattet, weil sie offensichtlich nicht in der Lage war, sich auf einen einheitlichen politischen Bericht zu einigen.
In diesem eigenartigen Verfahren kommt nicht nur die Rivalität zweier zerstrittener Ministerien zum Ausdruck;
in ihm spiegelt sich vor allen Dingen die unzulängliche Führungskraft des Bundeskanzlers wider, der diesen Streit nicht zu entscheiden gewagt hat.
Ich möchte auf die Komödie mit den halbtäglich wechselnden Reiseplänen der letzten Woche nicht eingehen. Die Bundesregierung hat Stoff genug für Spott geschaffen.
Sie hat aber auch im Angesicht einer Weltkonferenz ihrem Ansehen und ihrer Würde geschadet.
Vor allem bekräftigen das Hin und Her gerade bei dieser Konferenz und ihre unzulängliche Vorbereitung unsere wiederholt getroffene Feststellung, daß die Bundesregierung auch nach sieben Jahren SPD /FDP-Koalition noch keine schlüssige Antwort auf die Frage nach einer Gesamtkonzeption für deutsche Außenwirtschafts- und Entwicklungspolitik zu geben in der Lage ist.
Das tägliche Gezeter vor und in Nairobi hat schließlich erneut sichtbar gemacht,
daß es keine politische Führung der deutschen Außenwirtschaftspolitik durch Bundeskanzler oder Außenminister gibt. Nairobi hat nur aufgedeckt, was jahrelang durch eine Politik des bloßen Reagierens, der Passivität und des Improvisierens verdeckt war,
nämlich daß vitale Interessen der deutschen Außenpolitik in einem politischen Vakuum dahintreiben.
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Dr. NarjesOb es sich heute um die Weltwirtschaftsordnung oder morgen um die verfahrene Seerechtskonferenz handelt: Sobald sich diese lebenswichtigen Themen in einem technischen Gewande und unter ihren langfristigen Aspekten darstellen, meinen offensichtlich Bundeskanzler und Außenminister, daß sie sie der politischen Gleichgültigkeit anheimgeben können, weil sie den Wähler im Tagesgeschehen nicht zu interessieren scheinen.
Nur angesichts dieser Lage vermag ich mir die unqualifizierten Angriffe des Herrn Bundeswirtschaftsministers auf meine Kollegen Roser und Todenhöfer zu erklären.
Mir ist keine Äußerung bekannt, die nicht eine geschickte Verhandlungsführung als Stärkung ihrer Position hätte heranziehen können und nicht etwa als Beeinträchtigung.
Diese mangelnde Ordnung im eigenen Hause steht in einem auffallenden Gegensatz zur Bereitschaft des Bundeskanzlers und seines Außenministers, aller Welt in manchmal peinlicher Weise unerbetene Ratschläge zur Wirtschaftspolitik zu geben,
und dies sogar manchmal mit erhobenem Zeigefinger und penetranter Besserwisserei.
Meine Herren von der Bundesregierung, Sie haben damit dem Bild vom häßlichen Deutschen wieder Konturen gegeben,
einem Bild, das wir nach 20 Jahren bewußter Politik der Verläßlichkeit, des psychologischen Augenmaßes und der Selbstbescheidung schon endgültig im Strom der Geschichte versunken glaubten.
Auch insoweit haben Sie das Erbe Konrad Adenauers verspielt.
Dieser Hinweis auf die Gefahr einer allseitigen Unbeliebtheit ist schon deshalb von Ihnen ernst zu nehmen, weil er die Belastbarkeit unserer Sachpositionen in schwierigen Verhandlungslagen wie etwa in Nairobi deutlich mindert; denn das klang aus allen Ihren Berichten heraus, Nairobi sollte insoweit auch für alle eine Mahnung gewesen sein.
Die uns vorgelegten Berichte sind erste Berichte. Unsere Stellungnahme ist vorläufig, schon weil wir noch nicht einmal alle Dokumente in ihrem Urtext kennen und den Verhandlungsverlauf im einzelnen noch nicht nachgeprüft haben.
Darin sehe ich indessen keinen Nachteil, weil wir so der Gefahr enthoben sind, uns im technokratischen Detail zu verlieren oder in unnötiger Wortklauberei den politischen Zusammenhang zu übersehen.
Die 4. UNCTAD-Konferenz in Nairobi darf nämlich nicht so isoliert betrachtet werden, wie sie uns heute dargestellt worden ist. Sie gehört in den Zusammenhang aller Weltkonferenzen der letzten fünf, sechs Jahre, die in schneller Reihenfolge und mit bisher nicht gekannter Dichte und bei verworrenen Kompetenzen Gelegenheit zu immer heftigeren Angriffen gegen die bestehende und grundsätzlich bewährte Weltwirtschaftsordnung bieten. Ich denke an die beiden letzten Sondergeneralversammlungen der Vereinten Nationen mit dem zweifelhaften Verhalten der Bundesregierung bei der letzten Vollversammlung, ich denke an die UNIDO-Konferenz und an andere mehr.Selbst wenn die Konferenzergebnisse und Kompromisse, gemessen an den jeweils vorgetragenen Maximalforderungen, so wie heute begrenzt ausfallen, so haben sie in ihrer Gesamtheit über fünf oder sechs Jahre hinweg bereits einen Zerfallsprozeß der liberalen Weltwirtschaftsordnung eingeleitet.
Die zunehmend straffer geführte und nach einem Gesamtkonzept arbeitende Gruppe der 77 — tatsächlich sind es 110 — hat in dieser Konferenzserie die Initiative und spielt eine, wie mir scheint, auch in ihrem eigenen Interesse unheilvolle Rolle, indem sie jeweils Maximalforderungen aller Art mit der Absicht kombiniert, das bestehende Weltwirtschaftssystem zu sprengen. Ohne irgendeine auch nur im Modell bessere oder wirksamere Weltwirtschaftsordnung anbieten zu können, verhindert sie sogar, daß auf Sicht auch nur ein Teil ihrer eigenen Forderungen erfüllt werden könnte. Diese Gruppe begreift nicht, daß jede Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Weltwirtschaftssystems gleichbedeutend ist mit dem Sägen am entwicklungspolitischen Ast, auf dem sie selbst sitzen. Diese Gruppe scheint inzwischen Opfer ihrer eigenen Agitation und Schlagworte geworden zu sein. Zur Strategie dieser Gruppe gehört auch die politische Konzentration ihres Angriffs auf die Industriestaaten der OECD unter deutlicher Verschonung des Ostblocks und bei gespielter Gleichgültigkeit gegenüber den großen Unterschieden zwischen den Interessen der der OPEC angehörenden Ölproduzenten in ihren eigenen Reihen und denen der eigentlichen Entwicklungsländer.Liberale Weltwirtschaftsordnung — was ist das? Das ist einmal die arbeitsteilige Weltwirtschaftsordnung, die die wohlstandsmehrende Wirkung des Handels sich zum allseitigen Nutzen voll entfalten läßt. Zu ihren letzten großen Förderern — das sollte nicht vergessen werden — gehörte Ludwig Erhard,
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Dr. Narjesder in den 50er Jahren erfolgreich für die Liberalisierung des Welthandels und die Konvertibilität der Währungen eingetreten ist. Das ist der letzte große Beitrag von deutscher Seite gewesen.
Liberale Weltwirtschaftsordnung heißt auch Nichtdiskriminierung durch unbedingte Meistbegünstigung aller Partner auf allen Märkten. Dies bedeutet die Chance des gleichberechtigten Zugangs eines jeden Produzenten von gewerblichen Gütern und Rohstoffen zu allen Märkten.Wir werden einen Punkt noch besonders zu klären haben. Es gab Meldungen, wonach der UNCTAD durch Verfahrensbeschlüsse für die Zukunft weitere Verhandlungskompetenzen eingeräumt werden sollen. Sollte das der Fall sein, bedeutet dies eine Lösung von den Grundsätzen des GATT. Dies wäre ein Schritt in Richtung auf eine in Grundsätzen nicht gebundene UNCTAD-Konferenz. Wir werden dies — notfalls in den Ausschüssen — zu prüfen haben.Liberale Weltwirtschaftsordnung heißt schließlich Steuerung der Produktion und Ausgleich von Angebot und Nachfrage über Märkte unter prinzipiellem Verzicht auf Manipulation von Preisen. Die Märkte sollen damit auch Stätten des politischen Interessenausgleichs zwischen Abnehmern und Produzenten sein, indem sie Wahlmöglichkeiten eröffnen und auch von politisch ausnutzbaren Abhängigkeiten befreien. Ich gebe gern zu — ich halte dies für einen wichtigen Hinweis —, daß die Steuerung über den Markt im gegenwärtigen Weltwirtschaftssystem wohl der schwächste Punkt des ganzen Systems ist. Wir können nicht die Augen vor der großen Zahl von nichttariflichen Handelshemmnissen verschließen, die praktisch Protektionismus bedeuten. Vor einigen Tagen hörte ich, daß mehr als 20 % des Weltautomobilmarkts den deutschen Produzenten verschlossen sind, weil Protektionismus diese Märkte insoweit bereits wasserdicht abschließt.
Das bedeutet, daß Kartelle und Monopole die Märkte zu vermachten drohen, daß das Ölbeispiel Schule machen soll, ohne daß es ein Weltkartellamt oder andere Möglichkeiten gäbe, diese Kartelle und Monopole aufzubrechen. Wir dürfen auch nicht die Besonderheiten des Weltagrarhandels übersehen und schon gar nicht den Umstand, daß über den Bereich der Rüstungsgüter hinaus eine wachsende Zahl moderner, technologieintensiver Produkte allein nach politischen Gesichtspunkten vermachtet und damit dem Preiswettbewerb entzogen wird.
Diese Entwicklung hängt vor allem damit zusammen, daß eine große Zahl von Teilnehmern am Welthandel — ich denke dabei insbesondere an den Ostblock — nicht mehr Märkte, sondern Macht sucht und keine Verantwortung für die Funktionsfähigkeit des liberalen Weltwirtschaftssystems zu tragen bereit ist.
Wenn diesem viel zu langen Negativkatalog der Entwicklung auf den Weltmärkten nunmehr ein perfekter, umfassender Dirigismus für Rohstoffe und ihre erste Verarbeitung hinzugefügt werden sollte, was als Ergebnis künftiger Verhandlungen ja nicht ausgeschlossen ist — ich drücke mich vorsichtig aus —, was bliebe dann noch übrig? Was wäre im Weltwirtschaftssystem dann noch die Regel, was wäre die Ausnahme?Liberale Weltwirtschaft heißt aber auch Rechtssicherheit. Wird das Eigentum nicht geachtet, wird nicht investiert — und ohne Privatinvestitionen wird es keine erfolgreiche Entwicklungspolitik geben —; werden Verträge nicht gehalten, werden Beziehungen abgebrochen; werden Schulden nicht zurückbezahlt, gibt es keine neuen Kredite, und ohne die Möglichkeit einer privaten Verschuldung wird es auch keine erfolgreiche Entwicklungspolitik geben.Zur liberalen Weltwirtschaftsordnung — auch dies sollte ich hier nicht unterdrücken — gehört schließlich auch die Freiheit der Meere. Wir werden bei anderer Gelegenheit darüber zu sprechen haben.Die sogenannte neue Ordnung nun, die in den Anstrichen dieser Entschließung zitiert ist, und zwar ohne irgendwelche Vorbehalte, wird pauschal als Planwirtschaft empfohlen. Wer das tut, sollte sich wenigstens darüber klar sein, daß eine Planwirtschaft schon im Modell eine erhebliche Plangewalt, eine Exekutivgewalt der Planinstanz voraussetzt, die es in der Welt dieser UNO niemals geben kann. Mehr noch: Schon nationaler wirtschaftspolitischer Dirigismus ist ein soziales Unglück. Der Versuch der Einführung eines weltweiten Dirigismus — ohne Dirigenten, muß man hinzufügen — müßte im wirtschaftlichen und politischen Chaos enden.
Es ist auch nicht einmal ausreichend, wenn gegen eine dirigistische Weltrohstoffwirtschaft eingewandt wird, daß das nur die Übertragung des Systems der Agrarmarktordnung der Europäischen Gemeinschaft auf eine weltweite Ebene bedeute. Wer so argumentiert, übersieht, daß die Agrarmarktordnungen zwar äußerst schwerfällig funktionieren, aber ihre Entscheidungen in einem geordneten, institutionellen Verfahren getroffen werden, daß ihre Haushalte den demokratischen Mindestansprüchen genügen könnten und daß es für den Fall von Verstößen nicht an wirksamen Sanktionen fehlt.
Sämtliche Voraussetzungen dieser Art wären weltweit nicht zu erfüllen. Das unheilvolle Verfahren des Konsensus zwischen inzwischen 150 Staaten, dessen grundsätzliche Kritik ich bei der Bundesregierung vermisse, liefe vielmehr auf eine Mischung von Mehrheitstyrannei, verbunden mit viel Opportunismus, und einem ständigen Bedrängen der Verantwortungsbewußten zu einem grundsätzlich falschen Verhalten hinaus.
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Dr. NarjesIn allem läge überdies zugleich eine permanente Einladung an die Staaten des Ostblocks, Konflikte zu schüren und konstruktive Entwicklungen zu verhindern, ohne daß sie ihre bisherige Position der zynischen Gleichgültigkeit gegenüber den Milliarden notleidenden Menschen in den Entwicklungsländern aufzugeben brauchen, geschweige denn daß sie sich zu einem wirklichen Solidaritätsbeitrag bereit zu finden hätten.
Nairobi ist ein Höhepunkt dieser Entwicklung, keinesfalls ihr Ende. Ihr hätte schon längst ein schlüssiges Gesamtkonzept der verantwortungsbereiten Industriestaaten entgegengesetzt werden müssen. Sein Fehlen ist auch ein Vorwurf an die Bundesregierung. Sie, die nicht müde wird, sich nach innen ihres weltweiten Einflusses zu rühmen, muß sich fragen lassen, wo denn die Abstimmungen vor dieser Konferenz rechtzeitig erfolgt sind. Sind sie etwa in der EWG erfolgt? Wann, wie oft hat sich dort der berühmte Rat der Staats- und Regierungschefs etwa mit diesem Thema befaßt und mit welchen Ergebnissen?
Unverständlich bei den Entscheidungen der Europäischen Gemeinschaft bleibt vor allem die Mißachtung der 1956 in harten Verhandlungen insbesondere unserem lateinischen Partner abgerungenen Verpflichtung zu einer liberalen Handelspolitik. Diese liberale Handelspolitik war für uns ein konstitutives Element der Europäischen Gemeinschaft. Sie ist nicht etwa auf die Gestaltung bilateraler Beziehungen beschränkt, sondern muß in aller erster Linie jeden Schritt orientieren, der von dieser Gemeinschaft mit dem Ziel einer Veränderung des Weltwirtschaftssystems gegangen wird.Was ist — um weiter zu fragen — im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten rechtzeitig geschehen, was in der OECD? Was haben die fragwürdigen Gipfel nach dem Modell von Rambouillet zur Vereinheitlichung der OECD-Position beigetragen? Waren sie in Wirklichkeit nicht nur gegenseitige Wahlhilfeveranstaltungen der Staats- und Regierungschefs, die um ihre Wiederwahl bangten oder schwankende innere Autorität zu stützen sich bemühten? Eine Neuauflage ist uns noch für diesen Sommer angekündigt, rechtzeitig vor deutschen und amerikanischen Wahlen. Soll das etwa die Wiederholung des Gipfels vom Oktober 1973 werden, auf dem sich damals Staats- und Regierungschefs ein Programm zur gemeinschaftlichen Wählertäuschung zusammenträumten, von dem sie schon in der Formulierung wußten, daß es niemals einzuhalten war?
Umstritten ist die Bewertung des Kompromisses, den die Bundesregierung in Nairobi eingegangen ist. Dabei geht es — auch nach den Darstellungen der beiden Bundesminister — lediglich um die Frage, inwieweit sie sich bei ihren Kompromissen auf die Forderungen von Manila eingelassen hat, nicht aber etwa um alternative Konzeptionen. Der negativeTrend ist auch nach der eigenen Darstellung der Bundesregierung in Nairobi nicht gewendet worden, und die Zusagen als Verhandlungszusagen, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Bundesminister Friderichs, bedeuten, daß Sie sich in Situationen begeben, bei denen Sie noch schwieriger aus der Isolierung, die Sie heute befürchten, herauskommen werden, als es in Nairobi schon der Fall war.
Fest steht sodann, daß die Vorbehalte der Bundesregierung gegen das Konferenzergebnis in der Rechtsform, wenn ich richtig unterrichtet bin, schwächer ausgefallen sind als die der Vereinigten Staaten. Die Vereinigten Staaten haben nämlich neben einer „explanation" ausdrücklich auch eine „reservation" eingelegt, während die Erklärung der Bundesregierung lediglich die Überschrift „explanation of thought trägt. Wenn das richtig ist, Herr Bundesminister, dann ist Ihre Darstellung hier nicht richtig.
Dann haben nicht die Vereinigten Staaten Sie isoliert, sondern Sie haben die Vereinigten Staaten im Stich gelassen.
Der Streit über den Umfang des Nachgebens würde in Selbsttäuschung und Rabulistik ausarten,
wenn die Ansicht der Opposition als fanatischer Dogmatismus apostrophiert würde, wie ich das heute in der Presse wahrnehmen muß.
Liegen wir nicht mit unserer heutigen Kritik näher bei der Eröffnungsrede des Bundeswirtschaftsministers in Nairobi als er selbst heute bei der Erklärung seines Kompromisses?
Der Bericht über die Forderung nach einem Erlaß oder einem Moratorium der öffentlichen Schulden der ärmsten Entwicklungsländer weist, wenn ich es richtig verstanden habe, vielleicht in die richtige Richtung. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß die beabsichtigte Festlegung einer allgemeinen Orientierung die Gefahr schwerwiegender Präjudizierungen in sich birgt. Wenn aber schon orientiert wird, wäre die Bundesregierung in diesem Sinne nicht bereit, bei diesen Orientierungen dahin zu wirken, daß in erster Linie die Rüstungsschulden, die die Ärmsten der Armen übermäßig belasten, von den Gläubigerstaaten ersatzlos gestrichen werden? Ich denke da insbesondere an die Art und Weise, wie die Sowjetunion Ägypten knebelt.Tatsächlich genügt es aber nun nicht zu koordinieren. Man muß rechtzeitig eine Gesamtkonzeption erarbeiten, die gleichermaßen dem wohlverstandenen Eigeninteresse der Entwicklungsländer Rechnung trägt wie auch der Notwendigkeit, die Weltwirtschaftsordnung elastisch zu handhaben — elasti-
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Dr. Narjessche Handhabung heißt immer eine solche Handhabung, daß man sie nach der Behandlung auch noch wiedererkennt —, ohne daß ihre Funktionsfähigkeit beeinträchtigt wird. Ein solches Gesamtkonzept kann nicht — und da gebe ich der Bundesregierung uneingeschränkt recht —
mit Drohungen oder Konfrontation erzwungen werden, sondern bedarf der Zustimmung aller zur Partnerschaft bereiten Staaten der dritten und vierten Welt. Zustimmung — Konsens — heißt aber die Notwendigkeit, eine langfristige, hartnäckige Bereitschaft zu geduldiger Überzeugungsarbeit an den Tag zu legen — eben auf der Grundlage eines überzeugenden Konzepts.Zu einer solchen Konzeption gehört die Erkenntnis, daß die Rohstoffpolitik keine Entwicklungspolitik ersetzen kann und daß sich der Mißbrauch der Rohstoffpolitik als Vehikel für Transferleistungen in unbegrenzter Höhe letzten Endes mit Gewißheit gegen die Interessen der Entwicklungsländer selbst richten muß.
Es ist richtig, daß die Bundesregierung sagt, daß die Entwicklungsländer nur über ein Drittel der Weltrohstoffreserven verfügen und daß deshalb jede Preismanipulation letzten Endes den Industriestaaten des Ostens und des Westens überwiegend zugute kommt. Was tut sie aber, um diese Erkenntnis auch den Entwicklungsländern so plastisch und so deutlich und so umsichtig und so ausgearbeitet zu vermitteln, daß sie ihr eigenes Verhalten ihrem eigenen Interesse entsprechend besser einrichten, als das bisher der Fall ist? Das Maximum an Beitrag zur wünschenswerten Stabilisierung der Exporterlöse ist meines Erachtens das von der Europäischen Gemeinschaft im System von Lomé angebotene Verfahren. Darüber hinausgehende Lösungen dürften ihr Ziel verfehlen.Zu einer solchen Gesamtkonzeption — um auch das hinzuzufügen — gehört es aber auch, daß die Frage, wer arm und wer reich ist, genauer geprüft wird und die Elemente der Armut und des Reichtums differenziert werden.Wäre, wie jetzt agitatorisch behauptet wird, der Rohstoffbesitz das entscheidende Kriterium, so könnte niemand den Wohlstand der Spitzengruppe des Pro-Kopf-Einkommens etwa in Europa — nehmen wir die Schweiz, nehmen wir Skandinavien, nehmen wir Deutschland — erklären. Sie alle haben wenig oder keine Rohstoffvorkommen. Was unseren Wohlstand ausmacht, sind der hohe Bildungsstand und die Leistungsfähigkeit unserer Facharbeiterschaft, sind die hervorragenden Leistungen der Wissenschaftler und Ingenieure
sowie die Qualität unserer Unternehmer. Dies alles ist uns nicht geschenkt worden. Es wurde in Generationen erarbeitet. Wir haben uns großgehungert und dabei auch die hervorragende Infrastruktur ausgebaut, ohne daß uns damals Hilfe von außen angedient worden ist.
Heute sind wir den Entwicklungsländern gegenüber zu praktischer Solidarität immer bereit, wenn auch bei der Bundesregierung Wort und Tat beschämend auseinanderfallen.
In demselben Nairobi, in dem diese Konferenz gerade zu Ende geht, hat vor etwa dreieinhalb Jahren der Herr Bundeskanzler, damals noch als Bundesfinanzminister, für 1978 die 0,7-%-Zusage gegeben, aber heute haben wir nicht einmal die Hälfte erreicht und werden dieses Ziel nach der Finanzplanung auch 1978 nicht erreichen können.
Entwicklungspolitik kann in dieser Sicht immer nur Hilfe zur Selbsthilfe sein. So sinnvoll und zweckmäßig die Entwicklung im 20. Jahrhundert auch gefördert werden kann, die Zeitvorstellungen, in denen Erfolge erzielt werden können, sollten von Anfang an realistisch angesprochen werden, damit nicht Enttäuschung und Ungeduld uns auf halbem Wege zerstreiten.Ich versage es mir, im einzelnen die deutschen Interessen an der Entwicklungspolitik und an der Funktionsfähigkeit des Weltwirtschaftssystems noch einmal darzustellen. Nur eines will ich deutlich machen, damit es ganz außerhalb jeden Zweifels steht. Angesichts unserer Außenhandelsabhängigkeit gibt es keinen einzigen Arbeitsplatz in Deutschland, der nicht direkt oder indirekt von unserer Exportwirtschaft abhängig ist. Vollbeschäftigung oder Arbeitslosigkeit, Wachstum oder Schrumpfung unseres Sozialprodukts,
Weiterentwicklung oder Rückgang des Massenwohlstands — all dies ist von unserer Exportwirtschaft abhängig. Dementsprechend haben wir ein vitales Interesse an einer funktionsfähigen Weltwirtschaft und sollten uns auf keinerlei Experimente einlassen, die diese unsere Arbeitsplätze beeinträchtigen.
Unser Interesse an effizienter Solidarität, an wirklicher und sichtbarer Hilfe für die Ärmsten der Armen, denen in der gegenwärtigen Situation nur geringe Hoffnungen geboten werden, würde durch die Anwendung des Konzepts von Manila mit Sicherheit nicht erfüllt werden können. Effiziente Solidarität heißt für uns eben mehr als Betätigung unbestreitbaren guten Willens und selbstloser Hilfsbereitschaft; sie bedeutet vor allen Dingen eine sachgerechte, ordnungskonforme und auf Dauer angelegte Übertragung von Kapital und Ressourcen, möglichst an konkreten Projekten orientiert.Ich komme zum Schluß.
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Dr. Narjes Der Wind bläst der liberalen Weltwirtschaftsordnung nach Nairobi noch stärker ins Gesicht als zuvor. Die Bundesregierung hat heute nicht aufgezeigt, was sie tun will, um diesen Zustand zu beenden. Ihr Ergebnis ist auch keine gute Nachricht für die Entwicklungsländer selbst. Ihr wohlverstandenes Eigeninteresse wird auf dem Weg, der dort eingeschlagen werden soll, nicht dauerhaft gefördert werden können. Was zu tun ist, ist eine sofortige und entschiedene Initiative zur Abstimmung der Auffassungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft — insoweit stimme ich mit dem letzten Redner der Bundesregierung voll überein —, damit weit vor der nächsten Konferenz Europa möglichst mit einer Stimme weltweit seine Erkenntnisse, seine Konzeptionen und seine Überzeugung vermitteln kann, deren es bedarf, um zu konstruktiven Gesamtlösungen zu kommen. Die Bemühungen in Europa sind aber kein Vorwand für Nichtstun auf nationaler Ebene. Ähnliches, was für Europa gilt, gilt auch für die Abstimmung innerhalb der OECD, insbesondere mit den Vereinigten Staaten.Schließlich sollte alles getan werden, um weitere Verhandlungen von jeglicher Art politischen Drucks zu befreien. Ich denke da — und ich bitte um eine Stellungnahme — an Pressemeldungen, wonach die OPEC-Länder in Bali erwogen haben sollen, die Ölwaffe für die Verhandlungsziele der 77 in der UNCTAD einzusetzen. Wäre dies richtig, wäre dies eine Drohung mit einer Methode, die zu einer verhängnisvollen Entwicklung führen müßte. Das würde gerade die Eskalation wieder auslösen, die mit der Einrichtung des Nord-Süd-Dialogs in Paris zunächst erfolgreich verhindert worden ist. Ich beziehe mich jetzt auf die Sunday Times" vom letzten Wochenende.Ich möchte nicht schließen, ohne darauf hinzuweisen, daß neben den Problemen von Nairobi die Weltprobleme der Bevölkerungsexplosion und der Weltagrarpolitik mindestens den gleichen Rang haben. Über sie und ihre Priorität ist mir in Nairobi zuwenig ernsthaft gesprochen worden.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Dohnanyi.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach einer sachlichen, nachdenklichen und auch nachdenkenswerten Regierungserklärung
ist es eigentlich bedauerlich, daß sich die Opposition hier wieder darauf beschränkt hat, aus dem Fenster hinauszureden.
Das gilt von alle dem, Herr Kollege Narjes, wasSie hier soeben vorgetragen haben, zuletzt vonIhrem Versuch, die OPEC durch eine Rede an diesem Podium einzubinden. Das ist ja wahrscheinlich sehr erfolgreich.
Herr Kollege Narjes, eines möchte ich allerdings hinzufügen: Wenn Sie von diesem Platz aus die These von den „häßlichen Deutschen" und von den angeblichen „neuen Konturen" verbreiten, so ist das kein Dienst an unserer Sache.
— Nun hören Sie doch einmal einen Augenblick zu! Selbst wenn man bei Ihnen ins Schwarze trifft, müssen Sie sich ja nicht gleich immer so aufregen.
Worum geht es denn? — Es geht darum, daß uns die armen Länder in dieser Welt in unseren Garten schauen können. Ihre Armut nimmt zu, und sie beziehen diese Tatsache auf das Wirtschaftssystem, in dem wir leben. Die Auseinandersetzung geht also um ein System, das im Zusammenhang mit der Entwicklung der westlichen Wirtschaft entstanden ist. Und daß es für die Entwicklungsländer um Handel und Hilfe geht, ist inzwischen allen klar geworden. Deswegen, meine Damen und Herren von der Opposition, scheint es mir auch zweckmäßig, daß die beiden Minister, der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Bundesregierung nicht nur auf der Konferenz vertreten, sondern auch hier, jeder in seinem Sachbereich, einen Teil einer gemeinsamen Regierungserklärung abgegeben haben.
Das, Herr Kollege Narjes, unterstreicht doch nur die Bedeutsamkeit des Vorganges.
Nun muß man doch von der Sache her folgendes feststellen. Beide Bundesminister haben einerseits die Interessen der Entwicklungsländer anerkannt die Regierungserklärung hat darauf wieder eindeutig Bezug genommen — und sich andererseits in Nairobi wie auch heute in der Regierungserklärung auf die praktischen Probleme konzentriert, auf die Fragen: wie funktionieren die Wirtschaftssysteme, in denen wir leben, und wie können wir Vorschläge unterbreiten, die den Entwicklungsländern, den ärmeren Ländern, auch wirklich helfen.
Die Ergebnisse sind hier in der richtigen Reihenfolge dargestellt worden. Ich will mich darauf nicht noch einmal im einzelnen beziehen.
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Dr. von DohnanyiDa wird von der Opposition eingeworfen, es lohne nicht. Es handelt sich um folgende fünf Punkte: Verbesserung des Marktzugangs für die Entwicklungsländer, Veränderungen der Zollpolitik, Technologie-Transfer, Ressourcen-Transfer und Eröffnung der Schuldenverhandlungen. Und da sagt die Opposition: Das lohnt sich nicht. Das zeigt die Position, die Sie hier einnehmen.
Ich meine im Gegenteil, wir müssen dem deutschen Vertreter, der den Unterausschuß hier geleitet hat, ausdrücklich danken.Kritisch geblieben ist in erster Linie die Frage der Rohstoffpolitik. Die Bundesregierung hat mit Recht darauf hingewiesen, daß sie sich in dieser Frage zu Verhandlungen bereit erklärt, sich aber nicht gebunden habe. Der Bundeswirtschaftsminister hat hier schon gesagt, wie zweckmäßig oder unzweckmäßig die Einmischungen und die Äußerungen der Oppositionspolitiker in Nairobi vor Ort waren und welche Dienste sie der deutschen Außenpolitik geleistet haben.
Aber wenn Sie, Herr Kollege Carstens, in einer eindeutigen Erklärung — vielleicht kann der Kollege Carstens einen Augenblick zuhören; er ist geistig abwesend, aber dafür hat er seine Erklärungen abgegeben —, wenn also Sie gegenüber einer eindeutigen Erklärung der Delegation der Bundesrepublik in Nairobi heute oder gestern im Fraktionspressedienst der CDU/CSU geschrieben haben, daß nicht nur ein Zugeständnis in der Verfahrensfrage, sondern bereits ein wichtiges materielles Zugeständnis gegeben worden sei, und hinzufügen, die Erklärungen der Bundesregierung, mit denen sie dies zu verschleiern suche, seien auch noch sachlich falsch, dann frage ich Sie, Herr Kollege Carstens: Wie können Sie der Verhandlungsposition der Bundesregierung denn mehr Schaden antun als durch eine solche Feststellung seitens der Opposition?
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Carstens?
Sicher, gern!
Herr Kollege von Dohnanyi, würden Sie mir nicht zustimmen, wenn ich sage, daß ich, wenn ich mich international verpflichte, über einen Gegenstand zu verhandeln, hinterher nicht so tun kann, als ob mich das Ganze gar nicht interessiert?
Es ist ein Unterschied, Herr Kollege Carstens, ob man sagt, daß einen eine Sache nicht interessiert, oder ob die Bundesregierung deutlich erklärt, wo ihre Position ist und daß sie zu Verhandlungen bereit ist — während die Opposition erklärt, dies sei eine Verschleierung derPosition der Bundesregierung, denn in Wahrheit habe sie die Konzession schon gemacht. Mehr Schaden als mit dieser Behauptung können Sie nicht anrichten.
Ich bin sicher — das hat sich auch aus den Regierungserklärungen ergeben, denn sie waren nachdenklich —, auch die Bundesregierung weiß, daß der zur Verfügung stehende Spielraum schmaler geworden ist. Es gibt ja nicht nur Erklärungen der Bundesregierung, sondern auch verbündeter und befreundeter Industriestaaten. Man muß aus diesen Erklärungen ablesen, was dort offenbar für notwendig und für möglich gehalten wurde.Die Bundesregierung wird deshalb von uns ermutigt, auf der einen Seite die Interessen der Rohstoff produzierenden Entwicklungsländer an stabilen Exporterlösen bei der Verbesserung des Welthandelssystems im Auge zu behalten, zugleich aber sich diesen Problemen wie bisher pragmatisch zu nähern. Denn wir wollen den armen Ländern durch höhere Einkommen und durch eine gerechtere Verteilung der Welteinkommen helfen; daran wollen wir keinen Zweifel entstehen lassen. Aber wir wollen auf der anderen Seite sicherstellen, daß wir nicht Konstruktionen in den Welthandel einführen, die den Handel nicht wachsen lassen, sondern zerstören.Beginnend mit der auf der III. UNCTAD-Konferenz in Santiago 1972 gehaltenen Rede des mexikanischen Präsidenten Echeverria bis zu Nairobi in diesen Tagen, haben die Industriestaaten, was niemand bestreitet, Verhandlungsterrain verloren. Nur, die Bundesregierung hat ihre Auffassung konsequent vertreten. Abgebröckelt sind andere.Sie, Herr Kollege Narjes, kommentieren die Bemühungen um eine Einigung in solchen Fragen in Europa und über Europa hinaus mit Zitaten, von denen eines — ich hoffe, daß ich Sie richtig verstanden habe, oder vielmehr eigentlich, daß ich Sie nicht richtig verstanden habe — lautete, die Erklärung, die die Regierungschefs 1973 bei dem Gipfel in Paris abgegeben haben, sei nichts anderes als eine gemeinsame Täuschung der europäischen Regierungschefs gegenüber den Wählern ihrer jeweiligen Völker gewesen. Wenn das so in Ihrem Text steht, dann muß ich Ihnen wiederum sagen: So etwas dürfte von diesem Pult nicht geäußert werden.
Mitten auf der Strecke zwischen 1972 — UNCTAD in Chile — und 1976 — UNCTAD in Nairobi — liegen die Entscheidungen der OPEC im Herbst 1973. Und OPEC war natürlich auch eine Warnung. Denn das Kartell der OPEC-Staaten, meine Damen und Herren, ist u. a. auch das Ergebnis langjähriger Mißachtung der Interessen der ölproduzierenden Länder gewesen, Herr Narjes. Dies kann man nicht bestreiten. Die OPEC-Politik hat deswegen auch nicht nur Preisfolgen und nicht nur die Folgen der Weltrezession gehabt, sondern auch die Versuchung für andere Staaten mit sich gebracht, andere
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Dr. von DohnanyiRohstoffe ähnlich zu manipulieren. Und da haben wir natürlich alle für Versäumnisse vieler Jahrzehnte zu büßen. Denn dies ist auch eine der Quellen der OPEC-Entscheidung gewesen.Nun werden Kartelle und auch Rohstoffabkommen in anderen Bereichen ähnlicher Art nicht so funktionieren können, Gott sei Dank! Aber bei einer nüchternen Betrachtung der Wegstrecke seit 1972 muß ich sagen: Es fehlt jede klare Vorstellung, Herr Kollege Narjes, von dem, was Sie denn tun würden, außer uns — wie in anderen außenpolitischen Fragen — schließlich allein in die Isolierung zu stellen.
Die Industriestaaten müssen jetzt realistisch abschätzen, was geht und was nicht geht. Ich meine, die Bundesregierung kann dabei ihre erfolgreiche Tätigkeit auf dem Felde der internationalen Wirtschaftspolitik einbringen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt, daß der Bundeskanzler die vom amerikanischen Präsidenten ausgesprochene Einladung so schnell angenommen hat. Auch hier würde ich den amerikanischen Präsidenten nicht einfach als jemanden abqualifizieren, der damit nur Wahlerfolge erreichen will, Herr Kollege Narjes.
Im übrigen werden die Industriestaaten, wenn sie beginnen, über die Ausgangslage erneut zu verhandeln und zu beraten, davon ausgehen müssen, daß im Gespräch mit den Entwicklungsländern wirtschaftliche Logik allein nicht tragen wird. Wir kennen doch bei uns in Krisenzeiten auch die Flucht ins Kartell. Wir kennen bei uns auch Agrarmarktordnungen, Herr Kollege Narjes, die zwar intern politisch noch gemanaget werden können, die aber als Beispiel nach draußen alles andere als vorbildlich sind.
Im übrigen ist die soziale Lage in den Entwicklungsländern einem kühlen Gespräch über langfristige wirtschaftspolitische Logik nicht sehr aufgeschlossen. Hunger macht eben auch am Konferenztisch unruhig.Meine Damen und Herren, wir halten fest: Die Weltwirtschaftsordnung kann, so wie sie heute ist, ohne Korrektur nicht bleiben. Der Bundeswirtschaftsminister hat mit Recht auf notwendige Veränderungen, und zwar mit sozialen Folgen für die Entwicklungsländer, hingewiesen. Die Entwicklungsländer haben im Handel mit den Industriestaaten in den letzten Jahren zwar nicht unerhebliche Erfolge zu verzeichnen gehabt. Ich weise daraufhin, daß z. B. 1970 der Import an Industriegütern in die Bundesrepublik Deutschland zu etwa 14,5 %, in der ersten Hälfte des Jahres 1975 aber etwa zu 30 % von den Entwicklungsländern gedeckt wurde. Doch die Armen sind daran zuwenig beteiligt. Eine gerechtere Verteilung muß angestrebt werden. Die Veränderungen müssen jedoch behutsam vorgenommen werden, ohne daß man dabei zerstört. Man muß verändern, indem man verbessert. Hierbei werden uns allen die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Armen und Reichen immer deutlicher.Die Regierung wird jetzt die neuen Runden der Verhandlungen vorbereiten. Bundesminister Bahr hat darauf noch einmal hingewiesen. Die Grundsätze bleiben erhalten, aber die Ergebnisse von Nairobi müssen berücksichtigt werden. Verfahren in der Rohstoffpolitik, die zu entwickeln sind, müssen erlauben, Erfahrungen zu sammeln. Und es muß vor einem weltweiten System gewarnt werden, das dazu führen könnte, die Rohstoffmärkte in gefährlicher Weise zu verteuern und zu kartellieren.Die Bundesregierung, die Bundesrepublik tragen dabei eine große Verantwortung; denn wir sind die größten Rohstoffverbraucher im freien Europa, und wir haben politisches Gewicht im Lager der Industriestaaten. Von Santiago bis Nairobi haben wir nun unsere Auffassung, unsere Meinungen klargemacht. Es ist jetzt ausgelotet, was möglich ist. Die Chance ist noch gegeben, daß die Industriestaaten eine soziale Offensive weltwirtschaftlicher Ordnungspolitik beginnen. Die Abstimmungen hierzu liegen vor uns, die Bundesregierung hat sie bereits erneut aufgenommen.Die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird die Bundesregierung in diesen schwierigen Verhandlungen innerhalb der Industriestaaten und gegenüber den Entwicklungsländern uneingeschränkt unterstützen. Herr Kollege Carstens, wir sprechen von hier die eindringliche Bitte an Sie aus, nicht mehr durch leichtfertige Äußerungen — wie die von Herrn Todenhöfer in Nairobi oder durch Verurteilungen von Äußerungen europäischer Regierungschefs in Erklärungen 1972 — die außenpolitische Position der Bundesregierung in dieser schwierigen Frage weiterhin zu erschweren.
Wir sind ursprünglich davon ausgegangen, daß diese Debatte schon gegen
16 Uhr zu Ende gehen konnte. Es liegen aber noch drei Wortmeldungen vor, die etwa 70 Minuten in Anspruch nehmen werden. Ich werde deswegen durchsagen lassen, daß die Ausschüsse nicht vor
17 Uhr beginnen können.
Das Wort hat der Abgeordnete Graf Lambsdorff.
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Für die Freien Demokraten sei zunächst gesagt, daß das Ergebnis der Konferenz von Nairobi ganz gewiß nicht unseren Idealvorstellungen entspricht.
Aber wir betrachten trotzdem das, was als Ergebnis erzielt worden ist, als einen Erfolg der Bundesregierung. Ich erlaube mir die Frage, wie wohl das Verhandlungsergebnis von Nairobi ausgesehen hätte, wenn die Bundesregierung dort nicht aufgetreten wäre, wenn die Bundesregierung die Position, die wir alle gern klarer und erfolgreicher durchgesetzt sähen, nicht vertreten hätte.
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Dr. Graf LambsdorffHerr Narjes, daß die Abstimmung mit den Vereinigten Staaten unzulänglich gewesen sei, kann ich nicht nur im Zusammenhang mit Nairobi — dieser Abstimmungsprozeß ist ein langer, über Jahre hinweg laufender Prozeß — bei bestem Willen nicht erkennen und nicht bestätigen; das Gegenteil ist richtig. Ich bin deswegen für meine Fraktion gern bereit, den beiden in Nairobi beteiligten Bundesministern unseren Dank auszusprechen.
Wer einmal eine solche Verhandlung, etwa, wie ich Gelegenheit hatte, die 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen, miterlebt hat, der weiß, wie ungeheuer schwierig es ist, mit dem fest-gefügten Block der 77, der in Wirklichkeit — Herr Narjes hat es gesagt — inzwischen ein Block von 110 oder 120 Staaten ist, zu rationalen Gesprächen zu kommen. Es ist sogar schwierig, innerhalb der neun Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft zu übereinstimmenden Verhandlungsmethoden zu kommen. Haben wir nicht gelegentlich davon gesprochen, daß die 77 eigentlich durch Ergänzung durch zumindest einen Staat aus der Reihe der Neun zu 78 geworden seien? Wie wollen Sie diese Haltung eigentlich zwangsweise und per Kommando ändern? Wer könnte das?Zweimal hat die Opposition bei beiden Gelegenheiten gezeigt, wie wenig sie bereit ist, eine gemeinsame Interessenwahrung über ihre innenpolitischen und parteitaktischen Zielsetzungen zu stellen.
— Herr Todenhöfer, ich komme auf die Methode des Rückenstärkens sofort zurück. — Damals war es der Kollege Graf Stauffenberg, der durch eine überzogene, unnötige und spektakuläre Erklärung dafür sorgte, daß ihm wenigstens auf diese Weise Publizität widerfuhr. Diesmal, Herr Todenhöfer, waren Sie es. Es war — ich möchte das ausdrücklich sagen — in beiden Fällen niemals der Kollege Roser.
Diesmal waren Sie es, der mit seiner Äußerung dafür gesorgt hat, daß die Position der Bundesregierung erschwert wurde.
Herr Todenhöfer, wir verfolgen jetzt seit beinahe vier Jahren Ihre Tätigkeit als entwicklungspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion. Wir haben uns überlegt, ob Ihre harte Kritik und Ihr Wirken in der Öffentlichkeit vielleicht mit der Politik des ersten Entwicklungsministers dieser Legislaturperiode zusammengehangen haben könnte. Es hat sich nichts geändert, auch gegenüber dem zweiten Minister.
— Ja, Herr Eigen, Sie können sagen: es ist nichts besser. Es ist Ihr gutes Recht, jeden Minister, vielleicht insbesondere diesen Minister, zu kritisieren, und es ist natürlich in Ihrer Fraktion
ein leichtes und ein gerne gesehenes Bemühen, sich gerade auf dem Hintergrund dieses Entwicklungsministers zu profilieren. Aber, Herr Todenhöfer, ich habe, ich kann Ihnen nur sagen, mit innerem Entsetzen zugehört, wie Sie hier in der Haushaltsdebatte mit Ihrem Kontrahenten umgesprungen sind. Lesen Sie das noch einmal nach! Das war am späten Abend. Ich frage mich, ob das der Stil ist, in dem Auseinandersetzungen über ein Gebiet geführt werden sollten und können, das für uns alle langfristig von großer Bedeutung ist und in dem Ihr Vorgänger als entwicklungspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion nach meiner Meinung vorbildliche Maßstäbe gesetzt hat. Davon sind Sie weit entfernt.Daß die Freien Demokraten eine derartige Auseinandersetzung gerade auf diesem Gebiet besonders schmerzlich berührt, werden Sie verstehen, wenn Sie an die Geschichte und an die Gründung dieses Ministeriums denken.
Wir haben uns häufig genug die Frage gestellt, Herr Todenhöfer, ob es Ihnen um die Sache Entwicklungspolitik geht, ob es Ihnen um Ihre Fraktion geht — aber das ist Ihre Angelegenheit — oder ob es Ihnen nicht vielmehr um Ihre Person geht.
Im Gegensatz zu dem, was sich hier an Äußerungen dargestellt hat, begrüßen wir die ausgesprochen sachliche, nüchterne und abgewogene Darlegung, die uns die beiden Kabinettsmitglieder heute über den Verlauf der Konferenz von Nairobi gegeben haben.
Herr Kollege Narjes, es ist mir ja schon immer ein Wunder gewesen, hier oben einen anderen Narjes zu sehen als den, den wir sonst kennen.
Ich habe Ihnen einmal scherzhaft — das ist jetzt dreieinhalb Jahre her — gesagt, das klinge von hier oben immer so, als wollten Sie die Handelskammer von Neumünster einweihen.
Sie haben das jetzt — ich könnte einzelne Passagen zitieren, aber ich will uns das nicht antun —
mit so viel Pathos angereichert,
daß ich mich frage, ob sie eventuell zu den Städtischen Bühnen übergewechselt sind.
Herr Kollege Narjes, darf ich in dem Zusammenhang einmal fragen — —
— Wenn Sie Souffleure brauchen, stehen sie Ihnensicherlich bei der großen Fraktion ausreichend zurVerfügung. — Darf ich also hier einmal auf die sach-
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Dr. Graf Lambsdorffliche Kritik eingehen. Ich komme, Herr Narjes, noch auf vieles von dem zurück, wo wir in der Betrachtung welthandelspolitischer Gegebenheiten und Notwendigkeiten übereinstimmen.Herr Todenhöfer, Sie haben von „Umfall" gesprochen. Was heißt denn eigentlich „Umfall" in diesem Zusammenhang? Heißt das die Bereitschaft, auf einen notwendigen, sachlich zu vertretenden, politisch nicht zu vermeidenden Kompromiß einzugehen? Hat denn die Bundesregierung die absolute Mehrheit auf der Konferenz in Nairobi, um dort ihre Vorstellungen durchsetzen zu können?
Ist es eigentlich richtig, am Anfang einer solchen Konferenz, wie das hier geschehen ist, eine ausgesprochen harte Position einzunehmen und hinterher Konzessionen zu machen und entgegenzukommen — auf Grund vernünftiger politischer Abwägung —, um wenigstens ein Verhandlungsergebnis zu erzielen, eines allerdings, das nicht unsere grundsätzlichen Positionen aufgibt? Einer, Herr Todenhöfer, muß doch der Kristallisationspunkt auch auf solchen internationalen Konferenzen sein. Wenn mich mein Urteil nicht trügt, sind es doch außer den Vereinigten Staaten und — diesmal aus anderen Überlegungen heraus, aber das muß man leider auf den einen Ausnahmefall beschränken — Großbritannien sowie nahezu immer der Bundesrepublik Deutschland ganz wenige, die diese Last auf ihre Schultern nehmen und dafür die Unterstützung aller in ihren Ländern erfahren sollten.
Herr Bundesminister Bahr hat mit Recht erwähnt, welche Rolle der Staatssekretär Robinson auf dieser Konferenz gespielt hat. Er hat mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß wir in dieser Frage in engster Abstimmung mit den Verbündeten gehandelt haben, und zwar von den Anfängen der von Robinson vorgeschlagenen Pläne bis zu dem gescheiterten Banken- oder Kreditfinanzierungsvorschlag. Auch die Vereinigten Staaten haben nicht mehr die Möglichkeiten, alles durchzusetzen.Nun kommt das Thema „Vorbehalte". Ich weiß sehr genau aus der Erfahrung solcher Konferenzen, insbesondere mit den Ländern der 77, daß die Gefahr besteht, daß die Zustimmung im Gedächtnis bleibt, die Vorbehalte aber irgendwo unter den Teppich gekehrt werden.
Es sollte doch unsere gemeinsame Aufgabe sein, die Vorbehalte nicht in diesem Hause und in aller Öffentlichkeit selbst in Zweifel zu ziehen und in Frage zu stellen, sondern sie zu bestärken.
— Die sind eingelegt worden, Herr Todenhöfer. Dazu wird sich der Bundeswirtschaftsminister noch einmal äußern.Wir haben schon damals in New York gesagt, daß es notwendig sein wird — deswegen ist es richtig gewesen, daß die Minister den Verhandlungen über die Rohstofffragen zugestimmt haben —, im Nord-Süd-Dialog und in der 4. UNCTAD-Konferenz und danach zu Verhandlungen über einzelne Rohstoffe vorzudringen, um dann zu sehen, daß Interessengegensätze auch in der Gruppe der 77 bestehen, die aber erst dann zutage treten können, wenn es wirklich um Einzelheiten einzelner Rohstoffe, einzelner Abkommen, einzelner Finanzierungsfragen geht.Dies, Herr Kollege Narjes, ist doch der einzige Weg. Sie fragen, was die Bundesregierung tut, um die Entwicklungsländer zu überzeugen. Wie denn, wenn ohne Verhandlungen? Durch Deklamationen, durch Proklamationen in Vollversammlungen ist dies nicht möglich.Sie sagte, die Gruppe der 77 sei Opfer ihrer eigenen Agitation geworden. Mag sein! Herr von Dohnanyi hat eben schon darauf hingewiesen, daß es in Schwächefällen ja auch Kartellbildungen gegeben hat. Den Sozialdemokraten wird es naheliegen, sich daran zu erinnern, daß aus Schwächepositionen heraus doch auch Gewerkschaftsbildungen entstanden sind. Es ist doch das Prinzip der Gruppe der 77, die sich sagen: Allein sind wir überhaupt nichts, vereint sind wir stark, wir halten erst einmal auf Tod und Teufel zusammen, auch wenn unsere Interessen innerhalb der Gruppe eigentlich konträr sind. Erst einmal wollen wir Positionen haben, in denen wir etwas durchsetzen. Dafür, so meine ich, muß man zumindest Verständnis haben. Man braucht das nicht zu billigen, aber man muß den Hintergrund sehen, vor dem dort gearbeitet wird.Meine Damen und Herren, wenn uns vorgehalten wird, der Bundeswirtschaftsminister sei bereits dabei, über Rohstoffabkommen in diesen Einzelheiten Zusagen zu Abschlüssen gegeben zu haben, so ist davon überhaupt keine Rede; es soll verhandelt werden. Ich werde dann aber — das sage ich als persönliche Bemerkung — genau hinsehen, wer alles dem Kaffeeabkommen, das morgen zur Abstimmung steht, seine Zustimmung erteilen wird und die hehren Grundsätze, die heute verkündet werden, dann alle schon wieder vergessen hat.Wir haben nach unserer Auffassung die Möglichkeit, dies auf einen so klein wie möglich zu haltenden Kern zu beschränken und im übrigen — da bin ich wieder einig mit Ihnen, Herr Narjes — den Finanzierungsvorstellungen und den Erlösstabilisierungsvorstellungen, wie sie im Lomé-Abkommen, wie sie auch in den Vorschlägen der Europäischen Gemeinschaft gemacht worden sind, zum Zuge zu verhelfen.Hier ist erfreulicherweise festzustellen, daß Fortschritte erzielt werden. Eben kommt mir die Meldung auf den Tisch, daß unser Kollege Lothar Krall zum Vizepräsidenten der Beratenden Versammlung AKP /EG gewählt worden ist. Das ist ein Fortschritt. Das ist eine Basis, auf der man mit den Beteiligten, mit den Entwicklungsländern, sprechen kann und Fortschritte erzielen wird.
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Dr. Graf LambsdorffDer Ressourcentransfer — Herr von Dohnanyi hat darauf hingewiesen, und der Bundeswirtschaftsminister hat öffentlich gesagt: jawohl — ist notwendig. Sie alle, meine Damen und Herren, auch Sie von der Opposition, haben immer wieder gesagt, daß wir dies nicht vermeiden können und auch nicht wollen. Aber, Herr Kollege Narjes — Sie nicken zustimmend; wir sind uns einig —, dies bedeutet natürlich Verzicht auf einen Teil des Bruttosozialprodukts. Sie können den Kuchen nicht zweimal verteilen. Darf ich vielleicht am Rande bemerken: es bedeutet natürlich auch Erhöhung der Staatsquote, damit wir das nicht hinterher wieder von Ihnen zu hören bekommen.
Wir sind uns mit der Bundesregierung und mit dem, was Herr Minister Bahr gesagt hat, darin einig, daß es einen schlichten Schuldenerlaß nicht geben kann und nicht geben darf. Dies würde jede Möglichkeit einer zukünftigen rationalen Kreditgewährung verderben; es würde jede Basis für Geschäfte, für die zukünftige Entwicklung und auch für Hilfe ruinieren. Das darf nicht sein. In Einzelfällen empfehlen wir der Bundesregierung Großzügigkeit, wie wir sie auch im Verhältnis zu Nichtentwicklungsländern, zu industriellen Partnern, wenn diese in Schwierigkeiten geraten waren, gezeigt haben. Ich darf vielleicht hinzufügen: auch wenn diese in Schwierigkeiten geraten sind; ich bin einmal gespannt, wann wir uns über den nächsten Fall — nicht eines Entwicklungslandes — über Kreditgewährung zu unterhalten haben. Auch in diesen Fällen sind wir großzügig verfahren.Aber was wir in erster Linie brauchen, meine Damen und Herren — dies ist von dieser Stelle schon von meiner Fraktion vorgetragen worden —, ist folgendes. Wem wir die Segnungen des freien Marktes im Welthandel anbieten wollen — ich bin davon überzeugt, daß dies notwendig ist —, dem müssen wir auch den Zugang zu unseren Märkten offenhalten.
Es darf nicht sein, daß wir wie die Propheten durch die Welt reisen und im selben Augenblick, in dem diese Länder in der Lage sind, einmal etwas zu liefern, bei uns Zoll- und sonstige Schranken herunterfallen lassen.
— Ich sage das allen denen, die morgen unter Tagesordnungspunkt 29 drei Abkommen der EG zur Beschränkung von Textilimporten in den Raum der EG zustimmen werden.
— Das hat mit Dumping-Kriterien überhaupt nichts zu tun, Herr van Delden, sondern dies sind Quotenfestlegungen, bei denen von Dumping überhaupt keine Rede ist. Wir reden nicht über Dumping, sondern wir reden über die Produktion und die Einfuhr von Textilien oder andere Einfuhren — es geht nichtnur um Textilien; deren Einfuhr steht nur morgen zufällig auf der Tagesordnung — auf der Basis echter Kosten in diesen Ländern, allerdings nicht vergleichbarer Kosten.
— Der Rat der Europäischen Gemeinschaft, Herr Narjes; das wissen wir doch alle. Wir wissen auch, daß wir handelspolitisch nicht mehr souverän sind. Auch dies ist völlig klar. Aber wir müssen uns wenigstens darüber im klaren sein, daß wir alle miteinander nicht immer mit zwei Zungen reden dürfen.
Ich bin in diesem Zusammenhang sehr mit dem einverstanden, was das neue Mitglied des Sachverständigenrates Professor Fels — ich verweise auf den heutigen Beitrag in der „Frankfurter Rundschau" — zu diesem Thema geäußert hat. Dies kann für die Zukunft nur hilfreich sein.Herr Bahr hat darauf hingewiesen, daß es eine Gegenideologie zur Manila-Deklaration nicht gibt. Ich bin damit völlig einverstanden. Ideologien zu verkaufen, hilft auch nicht; von Ideologien wird niemand satt. Allerdings muß man in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß diejenigen, die Ideologien in den Ländern der Dritten Welt verbreiten, z. B. was den Zugang zu ihren Märkten und die Abnahme von Produkten anbetrifft, eine jämmerlich schlechte Rolle spielen. Dies sollte die freie Welt ruhig mit Nachdruck vortragen, wie es Bundesaußenminister Genscher in der Vollversammlung der Vereinten Nationen so überzeugend getan hat, daß selbst diejenigen, die bisher diesen Punkt geflissentlich übersehen hatten, sich nicht unbeeindruckt zeigen konnten.Richtig ist natürlich, daß wir, wenn wir über einen freien Welthandel sprechen, nicht davon sprechen, daß wir etwa den einzelnen Ländern unsere Wirtschaftsordnung empfehlen oder gar aufschwätzen wollen. Es ist die Entscheidung jedes einzelnen dieser Länder, ob es sich marktwirtschaftlich oder planwirtschaftlich verhalten will.
- Herr Todenhöfer, ich wäre jedenfalls sehr zurückhaltend, Ländern ein marktwirtschaftliches System auch nur zu empfehlen, die über das Mindestmaß von technischer, vor allen Dingen aber personeller Infrastruktur, das für ein solches Wirtschaftssystem erforderlich ist, nicht verfügen. Aber darüber kann man diskutieren.
Ich wäre hier zurückhaltend. Man muß sich ein solches Wirtschaftssystem auch — darf ich es so nennen — leisten können. Jeder suche sein eigenes System.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17469
Dr. Graf LambsdorffAber sicherlich kann es keinen zentral verwalteten Welthandel geben. Ich bin mit Herrn Narjes absolut darin einig: eine Plangewalt in dieser Form, die dafür notwendig wäre, kann es nicht geben. Ich behaupte — auch dies habe ich, glaube ich, von diesem Pult schon einmal gesagt —, es gibt entweder einen freien Welthandel, oder es gibt eben überhaupt keinen Welthandel. Dies, meine Damen und Herren, ist die Position, die wir in den nächsten Jahren zu vertreten haben. Das Interesse der Liberalen in diesem Hause richtet sich darauf, in dieser Frage Einheit unter den Mitgliedern des Hauses, unter den Parteien soweit wie irgend möglich aufrechtzuerhalten und darauf zu verzichten, die Fragen der Entwicklungspolitik zum Gegenstand von parteipolitischen Auseinandersetzungen zu machen.
Dies, Herr Narjes, gilt auch für solche Bemerkungen, wie Sie sie gemacht haben, ob die Anregungen für vergangene Konferenzen und die neue Anregung für eine Konferenz in Puerto Rico als gegenseitige Wahlhilfe zu verstehen seien. Ich kann nur fragen: Was bewegt Sie, dem amerikanischen Präsidenten vorzuhalten, er wolle gegenseitige, d. h. also auch für sich Wahlhilfe damit betreiben? Ich kann nur mit einem Zitat des amerikanischen Außenministers antworten: Auch der Versuch, eine neue Kandidatur zu erreichen, entbindet wohl nicht von der Verpflichtung, in dieser Zeit Außenpolitik zu betreiben.
Dies gilt auch für unser Land, und dieses Thema eignet sich für Wahlauseinandersetzungen sowenig wie nur irgendmöglich. Es wäre gut, wenn die Opposition dies bedenken würde.
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte ein paar Bemerkungen machen, die mir wegen derjenigen notwendig erscheinen, die uns außerhalb dieses Hauses und außerhalb unseres Landes zuhören.
Ich möchte erstens wiederholen: Die Bundesregierung mißt dem Dialog mit den Entwicklungsländern gestern, heute und morgen eine große Bedeutung bei. Wir sind uns als leistungsstarkes Land der großen Verantwortung bewußt, die wir darin tragen. Wir bekennen uns dazu.Zum Zweiten: Wir tragen gleichzeitig wegen unserer großen Wirtschaftskraft und aus anderen Gründen eine große Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Funktionstüchtigkeit der Weltwirtschaft als Ganzer. Wir bekennen uns zu dieser Verantwortung.Drittens: Wir sehen es als gemeinsame Aufgabe der Industriestaaten und der Entwicklungsländer an, Ordnungsprinzipien für die Weltwirtschaft zu finden. Das kann immer nur vertragsweise, kompromißweise geschehen. Es gibt keinen internationalen Vertrag und kein Abkommen auf der Welt, das nicht einen Kompromiß zwischen anfangs sehr entgegengesetzten Ausgangspositionen darstellt. Es geht darum, Ordnungsprinzipien zu finden, die eine störungsfreie Entwicklung des Weltsozialprodukts ermöglichen. So haben wir unseren Auftrag immer verstanden, ob in Nairobi, ob beim Weltwährungsfonds, ob früher in Santiago, ob bei der Konferenz über wirtschaftliche Zusammenarbeit in Paris oder wo immer auch in der Zukunft.Graf Lambsdorff und andere vor ihm haben soeben auf die vielfältige Entwicklung hingewiesen, die vorangegangen ist, auf die 7. Sondergeneralversammlung der United Nations im letzten Herbst, auf die 6. im Jahr davor, auf Manila, auf vielerlei Stationen, an denen klar wurde, daß die Ausgangspositionen verschiedener Gruppen von Ländern nach wie vor außerordentlich verschieden sind. Die meisten hart umstrittenen Fragen sind ja bestenfalls in den Beginn eines prozeduralen Konsensus gebracht, und noch nicht an den Beginn eines materiellen Konsensus. Vor diesem Hintergrund starker Interessengegensätze und starker Unterschiede in der Analyse der Situation und der ihr inhärenten Tendenzen scheint es mir allerdings begrüßenswert, daß die meisten der Entschließungen von Nairobi — heute wird praktisch nur über eine einzige gesprochen, nämlich die Rohstoffentschließung — hier offenbar nicht Gegenstand der Kontroverse sind. Ich möchte das einmal sehr deutlich herausheben,
daß die meisten Entschließungen im Konsensus verabschiedet werden konnten. Hierzu muß ich sagen — dies sage ich in Abwehr einiger polemischer Bemerkungen des Herrn Abgeordneten Narjes —, daß dies wesentlich auf die Verhandlungsführung auch von deutscher Seite und der beiden deutschen Minister zurückzuführen ist, wobei Herr Kollege Friderichs die Hauptlast auf dem Rohstoffsektor und Herr Kollege Bahr die Last auf den übrigen Sektoren zu tragen hatte, wobei auf den übrigen Sektoren zum großen Teil glücklicherweise eher Kompromißregelungen gefunden werden konnten.Ich möchte einiges zu der einzigen hier bisher umstrittenen Frage, zur Frage der Rohstoffpolitik sagen.
— Ja, sicherlich. Da diese Frage umstritten ist, ist sie die wichtigste. Über das, worüber man sich einig ist, braucht man nachträglich nicht mehr zu sprechen. Die Entschuldigung ist aber auch sehr wichtig. Die Weltinflation, die ja mit den Rohstoffproblemen verknüpft ist, und die Explosion des Weltwährungssystems, die damit ja auch verknüpft ist, sind auch sehr wichtige Fragen. Sie stehen gegenwärtig nur17470 Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976Bundeskanzler Schmidtnicht im Vordergrund. Ich sehe sie im Zusammenhang, und die Bundesregierung muß sie im Zusammenhang sehen, Herr Kollege.Was die von Ihnen für besonders wichtig gehaltene Rohstoffentschließung angeht, so möchte ich noch einmal betonen: Diese Entschließung bedeutet nicht eine Abkehr von unseren bisherigen weltwirtschaftspolitischen Leitlinien; wir treten für marktwirtschaftliche Lösungen und für die Vermeidung protektionistischer Maßnahmen ein. Ich will aber auch dies ganz deutlich sagen: es ist ganz klar, daß wir in dieser Frage am Schluß der Konferenz über unsere Ausgangspositionen hinausgegangen sind. Wenn niemand bereit wäre, sich von seinen Ausgangspositionen aus auf einen gemeinsamen Konsensus hin zu bewegen, käme niemals eine Übereinstimmung zustande, schon gar nicht auf einer Konferenz wie dieser, auf der mehrere Tausend Personen — überflüssigerweise — eine kleine Stadt bevölkern und zu einer psychotischen' Situation beigetragen haben, die sich in den Zeitungen der ganzen Welt niedergeschlagen hat. Natürlich haben wir uns gegen Schluß der Konferenz von unseren Ausgangspositionen wegbewegt. Ich nehme nicht an, daß jemand wie Herr Professor Carstens, der ausreichend diplomatische Erfahrungen besitzt, dies zum Gegenstand eines Vorwurfs machen will. Natürlich muß man im Laufe eines Verhandlungsprozesses auch bereit sein, einen Kompromiß einzugehen. Ich will hier ganz deutlich sagen, daß die Herren Bundesminister Friderichs und Bahr ihre dortigen Bemühungen laufend, täglich — das Wort „täglich" ist eigentlich noch untertrieben — mit dem Bundesminister Genscher und mit mir — trotz meiner Auslandsabwesenheit — abgestimmt haben. Herr Kollege Narjes, insoweit waren Ihre Bemerkungen über „Führungslosigkeit“ des Agierens der bundesrepublikanischen Delegation deplaciert. Ich habe mich gemäßigt ausgedrückt, wie Sie gehört haben.
Ich will Ihnen aber auch sagen — und dies wiederum mehr für diejenigen, die außerhalb der deutschen Grenzen dieser Unterhaltung im Deutschen Bundestag zuhören —, daß unsere Zustimmung zu dieser Resolution über ein integriertes Rohstoffprogramm, wie sie jetzt vorliegt, allerdings unsere Bereitschaft ausdrückt, den Entwicklungsländern bei ihrem Bemühen erstens um stabile Konditionen im Handel mit Rohstoffen, zweitens um eine Verbesserung ihres Realeinkommens durch stabilere Exporterlöse, drittens um eine Verbesserung des Marktzugangs und der Produktionsdiversifizierung, viertens um eine Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit, fünftens um eine Verbesserung ihrer Marktstrukturen und sechstens um eine Verbesserung ihres Marketing-, ihres Transport-, ihres Verteilungssystems zu helfen.Was nun aber die Maßnahmen und Instrumente im einzelnen angeht, die zu diesen Zielen führen können, so gibt es in der Tat noch erhebliche internationale Meinungsunterschiede. Die Resolution über ein integriertes Rohstoffabkommen hält ja auch z. B. ausdrücklich fest, daß hinsichtlich der Ziele und Modalitäten eines gemeinsamen Fonds keine Einigkeit erzielt werden konnte. Hierüber soll bis zum März nächsten Jahres eine Konferenz stattfinden. Die Bundesrepublik Deutschland — so steht es in der deutschen Erklärung, und dafür stehe ich mit ein — wird sich aktiv an den vorbereitenden Treffen und Verhandlungen beteiligen und ihren Standpunkt auch an anderer Stelle vertreten. Von den Ergebnissen dieser Treffen und Verhandlungen wird es abhängen, welche Rohstoffabkommen wir erreichen können und ob ein gemeinsamer Fonds das beste Mittel ist, um Ausgleichslager zu finanzieren. Wir bleiben bei unserer Auffassung, daß es auch nicht im Interesse der Länder der Dritten Welt wäre, einen dirigistischen Mechanismus für zentrale Lenkung zu schaffen.Ich führe hier ein, daß solche wesentlichen Erfolge wie der, daß von seiten der Dritten Welt die Forderung auf Indexierung aller Rohstoffpreise in Nairobi nicht mehr erhoben worden ist — das, jedenfalls for the time being, abgewehrt zu haben betrachte ich in der Tat als einen beträchtlichen Erfolg --, natürlich nicht von selbst zu erzielen sind. Sie sind auch nicht dadurch zu erzielen, daß jeder von uns wie im Suppenkasper einfach nur sagt: Meine Suppe eß' ich nicht. Man kann andere nur überzeugen, wenn sie auch überzeugt sind, daß man bereit ist, seinerseits nachzugeben und einzulenken. Wir sind tief überzeugt — ich sage das auch für die ausländischen Zuhörer —, daß Indexierung von Rohstoffpreisen, daß alle künstlichen, artifiziellen Eingriffe bei Preisen einerseits das reale Wachstum der Weltwirtschaft beeinträchtigen würden, die Weltwirtschaft nur noch nominal, d. h. auf dem Wege der Inflation wachsen ließen, und andererseits den Anteil der Entwicklungsländer am Welthandel und am Wertschöpfungsprozeß der ganzen Welt auf mittlere und längere Sicht beeinträchtigen müssen.
— Ich hätte mir auch bei Ihnen Beifall vorstellen können. Herr Marx, Sie sind offenbar nur auf Polemik aus, die Sie dann mit Beifall begleiten.
Ich muß auch eine Klarstellung vornehmen — ich richte mich jetzt an den Oppositionsführer —, weil sie durch dessen Interpretation, wie mir scheint, notwendig wird. Die im Konsensus angenommene Entschließung, Herr Professor Carstens, über ein integriertes Rohstoffprogramm bedeutet z. B. noch keinen Beschluß über die Errichtung eines gemeinsamen Fonds.
Vielmehr wird in den vereinbarten Vorbereitungstreffen erst das Ob und das Wie eines common fund geprüft werden. Wir werden darüber mit den Entwicklungsländern und den übrigen Industrieländern sprechen. Ich muß allerdings sagen: Wenn Sie, z. B. der hinter Ihnen sitzende Kollege, zu all diesen Punkten Auffassungen haben, aber Herr
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17471
Bundeskanzler SchmidtNarjes nicht in der Lage ist, sie vorzutragen, und wenn Herr Narjes das, was er uns vorträgt und was doch nur formale Kritik war, auch noch mit der Fußnote begleitet, das sei bloß eine vorläufige Stellungnahme der CDU/CSU, dann fehlt mir — das ist eigentlich eine der wenigen Bemerkungen, die ich an Ihre Adresse machen wollte — irgendwo die Legitimation für alles, was Sie öffentlich und in diesem Hause gesagt haben.
Ich sehe, daß Sie beklagen, die Haltung der westlichen Länder sei uneinheitlich — das ist gewiß zutreffend. Und wenn Sie fordern, sie müsse einheitlich gemacht werden — das ist gewiß wünschenswert. Aber welchen Vorschlag, z. B. auf dem Felde der Rohstoffe, haben Sie denn bisher beigetragen? Welchen Vorschlag haben Sie, Herr Abgeordneter Narjes, auch nur hinsichtlich der Einigung auf diesem Felde für die neun EG-Staaten beigetragen, von denen Sie gesprochen haben? Sie haben in Hannover einen Europa-Tag veranstaltet. Dort ist von — ich hätte bald gesagt — „Freizeit statt Rheumatismus" die Rede gewesen.
Da ist von vielen Dingen die Rede gewesen. Aber einer konkreten Aussage,
z. B. zur gemeinsamen Stellungnahme im Zusammenhang mit Nairobi, haben Sie sich natürlich enthalten.
Herr Bundeskanzler, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte sehr.
Herr Bundeskanzler, sind Sie zunächst so freundlich, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Unterrichtung der Ausschüsse noch nicht stattgefunden hat und aus diesem Grunde — neben dem Mangel an Konferenzdokumenten — heute nur eine politische Stellungnahme abgegeben werden kann; sind Sie zweitens bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich das integrierte Programm, das Programm der EG von Lomé als einen Hinweis, als einen Anhaltspunkt für denkbare weltweite Lösungen erwähnt habe, und sind Sie, Herr Bundeskanzler, drittens bereit — nach dem, was ich jetzt von Ihnen gehört habe —, weltweit über Lomé hinauszugehen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin nicht nur bereit, Ihre drei Punkte gern zur Kenntnis zu nehmen. Sie bestätigen ja zunächst, daß Sie sich in der Tat nicht nur in Hannover, sondern überall sonst, was eigene, Ihrer Fraktion entspringende Gedanken angeht, ausschweigen; denn Lomé ist doch nicht Ihre Erfindung, sondern das haben wir doch zustande gebracht. Doch nicht Sie!
Was den dritten Punkt angeht — ob wir bereit seien, über Lomé hinauszugehen —: Allerdings sind wir dazu bereit, und ich sage das doch nicht zum erstenmal,
sondern das ist doch einer der Hauptpunkte des Ergebnisses dreitägiger Kabinettsberatungen gewesen, die unter den Fachleuten auch dieses Hauses als „Gymnicher Enzyklopädie" bekannt sind.Natürlich — und ich nehme sogar an, daß die Nairobi-Diskussion diesen deutschen Vorschlägen in der Zukunft wieder erhöhtes Gewicht geben wird — sind wir bereit, das Prinzip der Rohstoffexporterlösstabilisierung über Lomé hinaus und über den Kreis der dort beteiligten Länder hinaus — und wir sagen das nicht zum erstenmal —
auszuweiten. Wir halten das für eine letztlich den beteiligten Entwicklungsländern, soweit sie Rohstoffe liefern, nützende Entwicklung.Ich sage das heute nicht zum erstenmal, aber ich sage es gern in diesem Zusammenhang, und ich bin Ihnen für die Zwischenfrage dankbar, weil das auch für die Klarstellung gegenüber anderen, die uns außerhalb der deutschen Grenzen zuhören, wünschenswert sein mag. Ich muß dann allerdings, Herr Abgeordneter Narjes, die Fußnote hinzufügen, daß wir uns sicherlich auch darüber im klaren sind, daß eines der entscheidenden Probleme darin liegt — Herr Bahr hat vorhin darauf hingewiesen, oder es war Herr Friderichs; ich bitte um Nachsicht, daß ich es jetzt nicht mehr genau weiß —, daß auch eine optimale Lösung — und das würde nach deutschem Verständnis bedeuten: eine weitgehend marktwirtschaftliche Lösung — der Rohstoffproblematik einem großen Teil der Entwicklungsländer nicht nur nicht hilft, sondern ihnen das Leben noch schwerer macht, so daß damit ein großer Sorgenkomplex überhaupt nicht abgedeckt werden kann; im Gegenteil, die Nöte rohstoffarmer Entwicklungsländer werden noch größer, als sie bisher schon sind.Dies führt mich dazu, eine andere Bemerkung anzuschließen. Je stärker mit Erfolg und je nachhaltiger die terms of trade zugunsten von Rohstoffproduzenten und Rohstoffexporteuren verändert würden, desto stärker würde vornehmlich die Position zweier Großstaaten auf dieser Welt an Gewicht gewinnen; der eine ist die Sowjetunion, der andere sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Und mit einiger Einschränkung gilt das dann auch noch für einige andere in Wahrheit hochindustrialisierte Länder.
Insoweit täuschen sich bisher manche Wortführer der Dritten Welt über die tatsächlichen Interessen ihrer Klientel.
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17472 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Bundeskanzler SchmidtNur wird man ihnen das eben immer nur im liebevollen Eingehen auf ihre Argumentation und durch Gegenargumentation verständlich machen können. Man kann es nie erreichen, Herr Abgeordneter Narjes, wenn man sich auf internationalen Konferenzen — ob es der Weltwährungsfonds ist oder die United Nations in der Sondergeneralversammlung sind oder ob es Paris ist oder ob es Nairobi ist — hinstellt und von vornherein sagt: Dies ist unsere Wahrheit, dabei bleiben wir, und wir hören euch im übrigen nicht zu; wir erklären jetzt schon: am Ende bleibt es dabei. Diese Vorstellung, die ein etwas jüngerer Kollege Ihrer Fraktion hat, der hier schon mehrfach zitiert worden ist und der da in Nairobi von sich reden gemacht hat, mag innenpolitisch verständlich sein; sie führt auf keinen Fall zu irgendeinem Konsensus, auch nicht zum größeren Verständnis bei jenen 77. Und eigentlich müssen wir doch stärker differenzieren zwischen den LDCs, den Entwicklungsländern im allgemeinen, und dann den Ölländern im besonderen.
Ich will noch auf eines hinweisen — das sage ich nicht an Ihre Adresse —, nämlich darauf, daß mir in zunehmendem Maße bei all diesen internationalen Konferenzen deutlich wird, daß wir es — anders als die offizielle Agitation der Sowjetunion und anderer Partner des RGW es versteht und bisher verstanden hat — mit einem schnellen Integrationsprozeß fast aller Staaten der Welt in ein gemeinsames weltwirtschaftliches System zu tun haben. Die Abhängkeit z. B. der Sowjetunion — ich rede gar nicht extra über Ungarn oder Polen oder Rumänien oder über Jugoslawien, um auch ein Land zu nennen, das wir nicht zu diesem Lager rechnen wollen —, die Abhängkeit dieser Staaten von der Funktionstüchtigkeit des Gesamtsystems wächst ganz schnell. In der Sowjetunion hat es zwei Mißerntejahre gegeben. Wir hören beunruhigende Nachrichten, was die in diesem Jahr zu erwartende Ernte angeht. Die Folge sind Lebensmittelkäufe draußen in der Welt. Diese müssen nicht nur bezahlt werden, sondern sogar in fremder Währung bezahlt werden. Die fremde Währung kann man entweder verdienen, oder man kann sie sich leihen.Ich will hier im Augenblick keine Zahlen über das Ausmaß der Kreditaufnahme der eben apostrophierten Länder auf den Kreditmärkten der westlichen Welt nennen.
— Ich bin vorsichtig, weil ich sie nicht akkurat im Gedächtnis habe. Ich nenne die Zahlen nicht deshalb nicht, weil sie ein Geheimnis wären, Herr Kollege.— Ich will damit nur — das sage ich wiederum an die Zuhörer draußen, außerhalb der deutschen Grenzen — darauf hinweisen, daß ein wachsendes gemeinsames Interesse besteht, die Funktionstüchtigkeit des Weltwährungsgeiüges, des Weltgefüges der Zahlungsbilanzen, des Zusammenhangs der Kreditmärkte — dies alles sind ja nur andere Aspekte der Rohstofffrage — zu wahren und zu stützen.Herr Bahr hat vorhin darauf hingewiesen, daß er es signifikant und bedauerlich finde, wenn die Sowjetunion und die übrigen RGW-Staaten nicht bereit waren, z. B. in Nairobi den Entwicklungsländern in den Bereichen Handel oder Entwicklungshilfe neue substantielle Vorteile einzuräumen. Ich teile dieses Bedauern, füge aber hinzu, daß es nach meiner Überzeugung im Gesamtinteresse auch der RGW-Staaten liegt, zu erkennen, daß sie heute viel mehr als noch vor zehn Jahren — ganz zu schweigen von der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg — von der Funktionstüchtigkeit des Gesamtorganismus abhängig sind, auch des Gesamtorganismus der Kreditmärkte, d. h. auch des Gesamtorganismus der Währungszusammenhänge und der Ausgeglichenheit im Geflecht der Zahlungsbilanzen.Mir erscheint es in dem Zusammenhang nicht notwendig, daß uns Herr Abgeordneter Narjes vor der Gefahr eines perfektionierten Dirigismus warnt. Wir wissen doch — das müssen Sie uns nicht sagen —, daß der Versuch dazu mit schrecklichen Folgen für alle Beteiligten scheitern würde. Deswegen raten wir ihnen allen von einem solchen Versuch ab. Aber unsere Kunst, Herr Abgeordneter Narjes, ist, anderen gegenüber, die genauso wie wir, zum Teil weniger als wir an der Funktionstüchtigkeit des Gesamtsystems hängen, klarzumachen, was dieses Gesamtsystem erträgt und was es nicht erträgt, was ihm nicht zugemutet werden kann.
— Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube überhaupt nicht, daß eine solche Konferenz von Tausenden von Menschen sehr viel Sinn hat; ich halte das für schlechte Veranstaltungen. Alles, was ich dazu tun kann, ist, dergleichen zu dämpfen, was den Umfang angeht. Ich bin auch dagegen, daß schwierige ökonomische Fragen quasi in Volksversammlungen geregelt werden sollen.
Auch halte ich nicht viel davon — aber das haben ja schon die Kollegen vor mir gesagt —, wenn diese Volksversammlungen zu innenpolitischen Konturierungen — um das Wort „Profilierung" einmal durch ein neues zu ersetzen — benutzt werden.Ich habe gestern im „Handelsblatt" gelesen, daß einer Ihrer Abgeordneten in bezug auf die Rohstoffe von einem „Versailler Diktat" gesprochen hat.
— Das „Handelsblatt" schreibt es Ihnen zu, Herr Abgeordneter Todenhöfer.
— Wenn Sie es dementieren, bin ich dafür dankbar. Das „Handelsblatt" schreibt allerdings auch, daß Sie die ganze Konferenz offenbar überwiegend aus innenpolitischer Sicht verfolgten. Den Eindruck haben wir allerdings auch. Das mag man damit auf sich beruhen lassen.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17473
Herr
Bundeskanzler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Todenhöfer?
Herr Bundeskanzler, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß das damit dementiert ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Ausdruck „Versail1er Diktat" ist von Herrn Abgeordneten Todenhöfer dementiert worden. Ich nehme das gern zur Kenntnis. Den Rest können Sie auch noch gern dementieren, Herr Abgeordneter Todenhöfer.
Ich will sagen, daß außer der in einer Zwischenfrage von Herrn Narjes an mich ergangenen Anregung — der es nicht bedurfte, weil wir diesen Kurs längst verfolgen —, das Prinzip von Lomé auszuweiten, von Ihrer Seite bisher kein einziger Vorschlag zur Sache auf dem Tisch des Hauses liegt. Auf der anderen Seite dürfen wir für uns in Anspruch nehmen — und das tun wir auch, auch gegenüber der Dritten Welt, auch gegenüber unseren Verbündeten hier in Europa, gegenüber unseren industriestaatlichen Partnern - daß wir z. B. diejenigen waren, die die Erhöhung der Kredittranchen der IMF betrieben haben, die Oil Facilities genauso wie den Einsatz der beim Weltwährungsfonds liegenden Goldreserven.Sie haben darauf hingewiesen, daß sich bei UNCTAD III ein Vertreter der damaligen Bundesregierung für die 0,7 % eingesetzt hat — übrigens nicht mit dem Versprechen, sie auf jeden Fall zu verwirklichen, sondern als eine Bemühens-Erklärung.
Inzwischen haben wir eine Weltwährungs- und eine Weltwirtschaftskrise hinter uns. Es wäre doch wohl angebracht, Kenntnis zu nehmen von der in der Zwischenzeit erfolgten Weltwirtschaftsrezession, die uns alle — nicht nur die Bundesrepublik Deutschland — in die Lage gebracht hat, nicht alle solche Absichten mehr verwirklichen zu können. Im übrigen hat die Bundesrepublik Deutschland im abgelaufenen Jahr, im Jahre 1975, trotz Weltwirtschaftsrezession die Summe aus öffentlicher und privater Entwicklungshilfe mit 1 % des Bruttosozialprodukts überschritten. Das sollten Sie auch einmal zusammenrechnen und anerkennen.Wir nehmen für uns in Anspruch, auch in Zukunft den Gesamtzusammenhang von Rohstoffpreisen, Rohstoffmarktmechanismen, Weltinflation, Weltwährungsordnung, Geflecht der Zahlungsbilanzen, der enormen Defizite auf der einen, der enormen Überschüsse auf der anderen Seite, die zur Schrumpfung des Welthandels, zur Schrumpfung der Weltbeschäftigung, zum Steigen des Hungers auf der Welt in den letzten 24 oder 30 Monaten gewaltig beigetragen haben, zu sehen. Wenn Sie sagen, daß dazu bisher den Industriestaaten der Welt ein Gesamtkonzept fehle, das sie gemeinsam tragen, so ist das leider wahr; wenn Sie die Bundesregierung in Bonn dafür für verantwortlich halten, ist das leider lächerlich.
Wenn Sie im gleichen Atemzuge den Versuch, den unser amerikanischer Verbündeter macht, über diese Probleme erneut mit den wichtigsten Regierungen der Welt zu sprechen, öffentlich im Parlament als Wahlkampf denunzieren, Herr Narjes, dann ist das geschmacklos.
Denn natürlich stehen dort — wenn das Gesprächzustande kommt — solche Probleme zur Erörterung.Sie sagen mit Recht, die deutsche Volkswirtschaft ist so stark von der Weltwirtschaft abhängig, daß wir ein vitales Interesse an deren Erhaltung haben. Sie sagen das natürlich mit Recht. Aber wieso sagen Sie das heute; wieso haben Sie das hier nicht gesagt, als über Konjunktur und Rezession in diesem Hause geredet wurde?
Der Oppositionsführer kann doch seine Redner nicht danach aussuchen, wessen Lieblingsargumente gerade in eine taktische Debatte am besten hineinpassen.
Wenn das, was Herr Narjes sagt, richtig ist, dann richten Sie sich doch immer danach! Wenn es richtig ist, daß wir uns, wie uns heute gesagt wird, nicht isolieren dürfen, dann richten Sie sich doch bitte immer danach!Was haben Sie uns allein in bezug auf Nairobi nicht an öffentlichen Ratschlägen erteilt, was wir tun oder lassen sollten, einschließlich des Ratschlags, wir sollten ohne Rücksicht auf andere unseren Standpunkt festhalten! — Nicht Sie, Herr Kollege, sondern andere in den letzten Tagen. Heute haben Sie das ein bißchen abgeschwächt und gesagt, wir hätten gemeinsam mit den Amerikanern widerstehen sollen. Das haben wir ja auch getan. Heute haben Sie statt dessen gesagt, wir seien sogar gegenüber den Amerikanern zurückgewichen.
Ich will Ihnen einmal etwas sagen: Die Bundesrepublik Deutschland, von deren Bundeskanzler Sie bisweilen den Geschmack haben zu behaupten, er spiele sich gegenüber anderen Staaten auf, ist so groß nicht, wie Sie sie in Ihren Vorstellungen machen möchten.
Die Bundesrepublik Deutschland ist angewiesen auf Verhandlungs- und Vertragspartner. Dieses Land ist auch bereit, mit diesen Partnern Verträge zu schließen, d. h. — ich wiederhole es — kompromißweise Verträge zu schließen, auch dort, wo ein Teil unserer eigenen Interessen berührt werden muß. Anders
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17474 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Bundeskanzler Schmidtgeht das nämlich nicht. Wer Entwicklungsländern helfen will, egal auf welchem Feld, ob auf diesem Feld der Rohstoffe oder woanders, ohne dabei auch eigene Interessen zum Teil zu opfern, der bleibt ein Anhänger theoretischer Nächstenliebe. Anders geht es nämlich nicht.
Es gehört die Bereitschaft hinzu,
daß wir unsererseits auch Opfer bringen,
und lassen Sie mich in diesem Zusammenhang bitte auch betonen — das sage ich aus den Erfahrungen einer Auslandsreise, die ich vorgestern abgeschlossen habe —, daß unser zur Vorsicht im Umgang mit der Funktionstüchtigkeit der Weltwirtschaft mahnender Rat, unser weltwirtschaftspolitisch — —
Entschuldigen Sie, Herr Bundeskanzler! Ich hatte einen Zuruf von einem Kollegen gehört. Ich konnte Sie nicht mitten im Satz wegen des Wunsches nach einer Zwischenfrage unterbrechen. Wenn der Herr Kollege wirklich dieser Auffassung ist und das noch einmal in dieser Form zum Ausdruck bringt, müßte ich ihm meine Rechte und Möglichkeiten in einer solchen Lage näher darlegen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich habe nur noch drei Sätze zu sprechen. Dann mag der Zwischenfrager zu Wort kommen, der jetzt nicht zu Wort kommen konnte. — Ich sage also noch einmal, auch auf Grund der Erfahrungen meiner jüngsten Auslandsreise und auf Grund der Gespräche mit Leuten, die nun mit der Verschiebung der terms of trade bei dem wichtigsten Rohstoff 01 eine so große Rolle gespielt haben: Unser auf Mäßigung im Umgang mit dem Weltwirtschaftssystem bedachter Ratschlag wird sehr wohl gehört bei anderen. Er bewirkt auch einiges! Wenn Sie zum Beispiel sehen, wie Saudi-Arabien — zufällig einen Tag, bevor wir dort eintrafen — bei der jüngsten Ministerratstagung der OPEC aus Rücksicht auf den Zustand der Weltwirtschaft durchgesetzt hat — und das hat Saudi-Arabien einige Anstrengung gekostet —, daß gegenwärtig keine erneute Ölpreiserhöhung stattfindet, dann bitte ich Sie, das nicht nur gegenüber jenem Land und seiner Regierung anzuerkennen, sondern auch als ein Symptom und als ein Beispiel dafür zu nehmen, daß es auch unter den Entwicklungsländern, unter den Nicht-Industrieländern Kräfte gibt, die sich zur ökonomischen Vernunft hingewandt haben und hinwenden.
Wir werden sie darin bestärken. Wir würden ihnen und auch uns keinen Dienst erweisen, wenn wir sie vor fertige Konzepte stellen würden mit der Vorstellung: Friß, Vogel, oder stirb!
Die Weltwirtschaft muß intakt gehalten werden. Das verlangt von allen Beteiligten erstens ökonomische Einsicht und zum andern Kompromißwilligkeit und Kompromißfähigkeit.
Meine Damen und Herren! Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Carstens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es haben in dieser Debatte bis jetzt insgesamt sechs Redner gesprochen, davon fünf von der Koalition, nämlich drei Mitglieder der Bundesregierung und zwei Abgeordnete der Koalition, und ein Redner der Opposition. Mir scheint, daß das kein besonders guter parlamentarischer Stil ist.
Aber ich möchte hinzufügen: Wenn die Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler selber, diese Mühe und diese Anstrengung vor der Konferenz von Nairobi aufgewandt hätten, um die Völker draußen, von denen hier immer die Rede war, von der Richtigkeit des deutschen Standpunkts zu überzeugen, dann wäre die Konferenz in Nairobi besser verlaufen.
Die deutsche Delegation ging in diese Konferenz mit einer bestimmten Marschroute, aus der ich ein paar Sätze verlesen möchte. Sie lauten:Die Weltwirtschaftsordnung hat die Aufgabe, die Arbeitsteilung zwischen über 150 Staaten zu koordinieren. Diese komplexe Aufgabe läßt sich allein mit Hilfe des marktwirtschaftlichen Lenkungsprinzips lösen. Es wäre eine gefährliche Utopie, sie durch internationalen Dirigismus läsen zu wollen. Der Versuch, dies zu tun, könnte nur in Lähmung und Ressourcenverschwendung enden.Dies sagte der Bundesminister des Auswärtigen am 2. September 1975 vor der 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen.Dies ist eine Marschroute, der wir damals unsere Zustimmung gegeben haben und auch heute weiterhin geben können. Aber diese Marschroute der deutschen Delegation in Nairobi ist doch weitgehend zusammengebrochen. Daran kann selbst ein noch so eloquenter Bundeskanzler nicht einen Deut und ein Jota ändern.
Sie ist zusammengebrochen durch die Zustimmung der deutschen Delegation zu der Entschließung, wonach bis März 1977 Verhandlungen über eine Thematik beginnen sollen, von der feststeht, daß sie mit dirigistischen Elementen durchsetzt ist und nicht im Einklang mit den Vorstellungen einer liberalen Weltwirtschaftsordnung steht.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17475
Dr. Carstens
Nun sagt der Herr Wirtschaftsminister: Wir wollen ja nur verhandeln, wir sind durch nichts gebunden.
Meine Damen und Herren, es tut mir leid: Dies ist entweder Ausdruck einer sehr großen Naivität oder der Versuch, die deutsche Öffentlichkeit über den wahren Sachverhalt zu täuschen. Man kann in den internationalen Beziehungen nicht erklären: „Ich bin zu Verhandlungen über den und den Gegenstand bereit" und dann, wenn es zu Verhandlungen kommt, sagen: „Ich lehne das, was hier zum Gegenstand der Verhandlung gemacht werden soll, von vornherein ab." Das ist ein unmöglicher Standpunkt, den keine Regierung, die etwas auf sich hält, einnehmen kann.
Als ich die Ausführungen des Herrn Wirtschaftsministers hier heute nachmittag gehört habe, bin ich zu dem Ergebnis gekommen, er rechnet auch wohl gar nicht mehr damit, daß er es sein wird, der diese Verhandlungen im März 1977 führen wird.
Gleichwohl überläßt er seinen Nachfolgern ein sehr unangenehmes Erbe, meine Damen und Herren.
Dann ist immer wieder die Rede von einem Vorbehalt gewesen, den die deutsche Delegation gemacht hätte. Ich habe den Herrn Wirtschaftsminister durch Zuruf mehrfach gebeten, dem Hause doch einmal Kenntnis von diesem Vorbehalt zu geben. Der Text, der Inhalt dieses Vorbehalts wird schamhaft verschwiegen, offenbar deshalb, weil dieser Vorbehalt kein wirklicher Vorbehalt ist, kein Vorbehalt der Art, wie uns das hier immer dargestellt wird und wie man versucht, uns die Lage zu erklären.Meine Damen und Herren, die CDU/CSU übt an der Haltung der deutschen Delegation in Nairobi eine dreifache Kritik.Erstens. Es fanden innerhalb der Bundesregierung zwischen den beiden in erster Linie zuständigen Ressorts Auseinandersetzungen auf dem offenen Markte, vor der gesamten Öffentlichkeit statt. Dies konnte nur zu einer Schwächung der deutschen Verhandlungsposition führen.
Die Bundesrepublik Deutschland hatte, um zu diesem Kompromiß zu gelangen, einen etwas weiteren Weg zurückzulegen als andere Partnerstaaten. Nun ja, meine Damen und Herren, das ist das, was wir in einer etwas deutlicheren und griffigeren Sprache als Umfallen bezeichnen.
Schließlich drittens. Wir bemängeln und kritisieren, meine Damen und Herren, die mangelnde Vorbereitung dieser Konferenz. Es mag sein, daß solche Mammutkonferenzen ihre Gefahren und ihre Schwierigkeiten in sich tragen. Ich will dem Bundeskanzler insoweit durchaus zustimmen. Um so notwendiger ist ihre Vorbereitung. Ich frage den Bundeskanzler, ich frage den anwesenden Vertreter des Außenministers, ich frage die übrigen anwesenden Vertreter der Bundesregierung: Was haben Sie konkret zur Vorbereitung der Konferenz hei den Entwicklungsländern unternommen? Warum haben Sie nicht das, was Sie uns heute hier in so großartiger Form vorgetragen haben, Wochen und Monate vor der Konferenz eindringlich bei den Entwicklungsländern zur Geltung gebracht, von denen auch eine größere Zahl durch hohe Vertreter, Staatsoberhäupter und Regierungschefs zu Besuchen in Bonn waren? Was ist geschehen, um dabei diese Regierungschefs, die auf die Verbindung zu uns, die Freundschaft mit uns, wie sie immer sagten, so großen Wert legten, davon zu überzeugen, daß wir in erster Linie in ihrem Interesse — Frau Kollegin Timm, nicht in unserem Interesse —, im Interesse der Entwicklungsländer, diesen Standpunkt einnehmen? Ich beziehe mich auf die insoweit vorzüglichen Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers. Nur sage ich mir: wenn das so ist, dann genügt es nicht, daß Sie uns das erzählen oder nach dem unglücklichen Verlauf der Konferenz dies, wie Sie sagen, der Öffentlichkeit draußen mitteilen, sondern das müssen Sie vorher denen mitteilen, mit denen Sie dort zusammentreffen.
Aber es scheint mir nötig zu sein, den Blick noch einen Moment auf einige weitere Komplexe zu lenken, die mit der deutschen Außenpolitik im allgemeinen und nicht unbedingt mit der Konferenz in Nairobi in Zusammenhang stehen. Der Bundeskanzler hat selbst darauf angespielt, daß man ihm vorwerfe, er spiele sich gegenüber anderen Staaten als der Lehrmeister auf. Er hat wohl gemeint, daß dieser Vorwurf gegen ihn zu Unrecht erhoben werde. Herr Bundeskanzler, ich denke, es ist vielleicht gut, wenn wir den Katalog der Fakten ganz nüchtern und leidenschaftslos miteinander durchgehen.Zu Südafrika ist folgendes zu erwähnen. In dem englischsprachigen Bulletin der Bundesregierung erschien am 4. Mai 1976 ein Aufsatz, in dem über ein Gespräch des Außenministers Genscher mit dem südafrikanischen Botschafter Sole berichtet wurde, welches im April stattgefunden habe.
— In dem amtlichen Bulletin der Bundesregierung, englische Ausgabe. In diesem Gespräch habe der Außenminister — so wurde gesagt — von Südafrika gefordert, 1. Namibia umgehend die Unabhängigkeit zu geben, 2. die weiße Minderheit in Rhodesien zu veranlassen, die Forderung der afrikanischen Mehrheit in Rhodesien aufzugreifen und 3. die Apartheidpolitik aufzugeben. Der südafrikanische Botschafter erklärte öffentlich dazu, dies sei eine Fälschung, der Inhalt des Gesprächs sei nicht so, sondern ganz
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17476 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Dr. Carstens
anders verlaufen, der Außenminister habe die Dinge, die hier behauptet worden seien, in Wirklichkeit nicht gesagt.
Daraufhin erklärte das Auswärtige Amt sein Bedauern und bezeichnete das Erscheinen dieses Artikels im englischsprachigen Bulletin als ein technisches Versehen.
Herr Bundeskanzler, Herr Staatsminister Wischnewski, der Sie in Vertretung des Außenministers hier sind, wie stellen Sie sich eigentlich den Umgang mit anderen Staaten vor, wenn Sie solche Dinge veröffentlichen und hinterher sagen, das war ein technisches Versehen?
Es tut mir leid, daß der Außenminister nicht hier ist. Ich beanstande das nicht, aber es tut mir leid, weil ich etwas an seine Adresse sagen muß, was ich lieber in seiner Gegenwart an ihn gerichtet hätte. Sollte, so frage ich mich, die Veröffentlichung dieses englischsprachigen Artikels gegen Südafrika im Bulletin etwas mit dem Parteitag der FDP und mit der Notwendigkeit zu tun gehabt haben, daß sich der Herr Außenminister dort gegen den linken Flügel der FDP in der geeigneten Weise absichern mußte? Wenn das so wäre, dann müßte ich sagen: hier ist mit den deutschen Interessen Schindluder getrieben worden, und die Wirkungen hat die deutsche Industrie wenige Tage danach zu spüren bekommen.
Ein großes Reaktorprojekt, welches der deutschen Industrie nach menschlichem Ermessen sonst zugefallen wäre, scheiterte wegen dieses, wie ich sagen muß, unglaublichen Verhaltens der Bundesregierung und des Außenministers.
Herr Abgeordneter Professor Carstens, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Graf Lambsdorff?
Herr Professor Carstens, sind Sie bereit, bitte zur Kenntnis zu nehmen, daß es sich bei der von Ihnen kritisierten Veröffentlichung um ein technisches Versehen der Art gehandelt hat, daß in der Veröffentlichung ein vorbereiteter Sprechzettel versehentlich wiedergegeben worden ist,
den der Bundesaußenminister selber nicht zum Gegenstand der Verhandlungen gemacht hat?
— Nein, es ist keine solche Wahrheit, es ist so.
Sind Sie zweitens bereit, Herr Professor Carstens, zur Kenntnis zu nehmen, daß das Stichwort „Südafrika" oder überhaupt „südliches Afrika" auf dem
Parteitag der FDP, dem ich von der ersten bis zur
letzten Minute beigewohnt habe, nicht gefallen ist?
Vielleicht, Herr Kollege Lambsdorff, ist es deswegen nicht gefallen, weil man in dieser Weise vorgebaut hatte.Aber um auf Ihre erste Frage zu antworten, Graf Lambsdorff: ich nehme das zur Kenntnis, daß das Ihre Erklärung des Sachverhalts ist. Ich muß nur sagen: dann ist der Skandal noch größer,
wenn der Außenminister in dieser Weise öffentlich ins Obligo genommen wird wegen einer Äußerung, die er in Wirklichkeit gar nicht gemacht hat.
Aber, Herr Bundeskanzler, ich möchte gerne den außenpolitischen Rundblick noch einen Augenblick fortsetzen. In diesen Tagen konnten wir in französischen Zeitungen alarmierende Nachrichten lesen. Im „Figaro" hieß es, es sei ein Kälteeinbruch zwischen Paris und Bonn festzustellen. In der „Frankfurter Rundschau", die sicherlich nicht eine Zeitung ist, die der Regierung besonders feindselig und der Opposition besonders wohlwollend gegenübersteht, heißt es am 15. Mai: „Der Feldwebel Schmidt traf die französische Seele empfindlich."
„In Italien" — schrieb die Stuttgarter Zeitung -„wächst der Argwohn gegen den deutschen Bundeskanzler". An einer anderen Stelle heißt es, daß die Christdemokraten in Italien über den Bundeskanzler verärgert seien. Aus Brüssel lese ich — ebenfalls in einer Zeitung von gestern oder vorgestern, in den „Ruhr-Nachrichten" —, daß dort eine zunehmende Animosität gegen die Deutschen sich auszubreiten beginne. Die Deutschen gälten dort, so heißt es, als großspurig, rechthaberisch und taktlos. Und dann heißt es weiter: Deutschland wird repräsentiert von einem Kanzler und einem Finanzminister, die sich, so wird es in Brüssel häufig gesehen, als Zucht- und Zahlmeister Europas gebärden.
Sie werden vielleicht sagen, Herr Bundeskanzler, das sind Pressemeldungen, die kommen und die gehen. Aber ich möchte dringend davor warnen, diese Dinge auf die leichte Schulter zu nehmen.
Wenn Sie sich einmal die Mühe machten, sich zu erkundigen bei deutschen Städten, die Städtepartnerschaften mit französischen Städten unterhalten und die in der letzten Zeit ihre französischen Partnerstädte besucht haben, dann würden Sie überrascht und, wie ich annehme, ebenso betroffen wie
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17477
Dr. Carstens
ich darüber sein, wie sich plötzlich das Klima des Empfangs in diesen französischen Städten geändert hat. Herr Bundeskanzler, dies kann niemanden freuen und niemanden von der CDU/CSU freuen, denn es sind Vorgänge, die sich nicht einmal in erster Linie gegen Sie als den Urheber vieler dieser Reaktionen richten, sondern es sind leider Vorgänge, die sich gegen die Bundesrepublik Deutschland und das deutsche Volk insgesamt richten.
Damit wird ein Schaden angerichtet, der weit über das hinausgeht, was Sie, Herr Bundeskanzler, in den wenigen Monaten Ihrer jetzigen Amtszeit und der Legislaturperiode noch verantworten oder wiedergutmachen können.
Ich bitte Sie dringend und eindringlich, nehmen Sie im Verkehr mit anderen Staaten der Welt, insbesondere mit den uns befreundeten Staaten, einen anderen Umgangston an.
Verwechseln Sie nicht die weltpolitische Szene mit der Tribüne des Deutschen Bundestags, auf der Sie sich ja durch Ruppigkeit von jeher hervorgetan haben.
Aber wir sind in der Lage, das zu verkraften, und wir sind auch in der Lage, darauf entsprechend zu antworten.Nur, die internationalen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland, die Verständigung mit unseren Freunden, der Aufbau von Freundschaft zu einer Reihe uns benachbarter Staaten
sind wertvolle Güter des gesamten deutschen Volkes, ich würde sagen, der gesamten deutschen Nation. Es hat Jahrzehnte gebraucht, um sie zu schaffen und um sie zu festigen. Es genügen unter Umständen Wochen oder Monate, um sie zu zerstören.
Ich möchte mich sehr, sehr nachdrücklich und eindringlich an die Bundesregierung mit der Bitte wenden, das, was sie auf diesem Gebiet angerichtet hat, im Rahmen des Möglichen wiedergutzumachen und in den wenigen Monaten, die ihr noch in ihrer jetzigen Amtszeit verbleiben, ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, um den guten Willen, die Freundschaft, die Verständigung, die in Jahrzehnten aufgebaut wurde, nicht weiter zu gefährden.
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einige wenige Bemerkungen zu den letzten Ausführungen des Oppositionsführers machen. Sie haben sich, Herr Professor Carstens, abgesehen von der Sache mit dem englischsprachigen Bulletin, auf die ich im Augenblick nicht noch einmal zurückkommen will —
— Das scheint mir durch Graf Lambsdorff ausreichend geklärt.
— Wissen Sie, die Sache ist doch so: Sie haben auch in der Einlassung des Oppositionsführers zur Frage Nairobi nicht ein Gramm Substanz bieten können.
— Deswegen haben Sie drei Nebenkriegsschauplätze eröffnet. Jetzt möchten Sie auf denen noch ein bißchen herumturnen, weil Sie in der Sache nichts zu bieten haben. So ist die Sache doch in Wirklichkeit.
Herr Bundeskanzler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jobst?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Im Augenblick nicht, danke schön.Ich möchte auf die Schlußbemerkung des Herrn Oppositionsführers zurückkommen.
Wenn ich es richtig verstanden habe, haben Sie sich, Herr Professor Carstens, auf die Wirkungen bezogen, die durch zwei Bemerkungen von mir ausgelöst wurden, und zwar zum einen die Bemerkung über die Möglichkeit der Beteiligung kommunistischer Parteien an Regierungen europäischer Staaten, d. h. von EG-Staaten, und zum anderen die Bemerkung, warum in einigen Ländern kommunistische Parteien inzwischen eine so große Rolle spielen.Man kann mit gutem Recht der Meinung sein, solche Bemerkungen über kommunistische Parteien in uns verbündeten EG-Staaten seien eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates.
Man kann also erstens sagen, das sei eine Einmischung. Das hat Herr Carstens nicht gesagt; aber ich antworte jetzt gleichzeitig auf mehrere Punkte, die ich vorher auch schon gehört hatte. Dies ist die erste Gelegenheit, im Parlament dazu Stellung zu nehmen.
Ich glaube nicht, daß wir auf die Dauer davon Abstand nehmen können, auch öffentlich zu dem poli-
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17478 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Bundeskanzler Schmidttischen Geschehen in den mit uns verbündeten europäischen Staaten Stellung zu nehmen.
Wenn ich z. B. sehe, daß sich auf Ihrem Europatag in Hannover Abgesandte von politischen Parteien außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu Parolen der CDU/CSU geäußert haben,
die auf Deutschland gemünzt sind, nehme ich an, daß Sie mir zustimmen werden, wenn ich sage, daß der Vorwurf der Einmischung von Ihnen nicht gut erhoben werden kann.
Sie haben ihn heute auch nicht erhoben.
Sie könnten zweitens sagen, es sei aber psychologisch unzweckmäßig, sich zu dem Problem der Stellung oder der Stärke kommunistischer Parteien in europäischen Ländern überhaupt zu äußern. Dazu würde ich dann fragen: Wieso ist es eigentlich dem einen ein dringendes Bedürfnis, während es dem anderen verboten werden soll, wenn der eine dem anderen dann gleichzeitig vorwirft, er sei in Wirklichkeit heimlich ein Förderer der Tendenzen zu einem Bündnis zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten? Dies kommt ja gleichzeitig aus Ihrem Munde, nämlich daß Sie es bei mir mit jemandem zu tun hätten, der insgeheim die Volksfrontstrategie betreibe. Das hat zwar nicht Professor Carstens im Bundestag gesagt, aber z. B. Professor Biedenkopf, sein Generalsekretär, hat das gesagt.
— Sie haben es an meine Adresse gesagt, und ich bin dankbar dafür, daß Sie sich dazu nicht bekennen mögen. Es ist ja auch ziemlich dummes Zeug, Herr Professor Carstens.
Nun können Sie drittens der Meinung sein, daß man — Sie haben auf Brüssel abgehoben — bei der Verfolgung finanzieller oder haushaltswirtschaftlicher Solidität in Brüssel nicht so konsequent auftreten, sondern lieber auch einmal kompromißweise nachgeben solle. Ich halte das für diskutabel. Dies allerdings ist dasselbe Problem, das Sie in Nairobi ganz anders beantwortet haben. Dort haben Sie gesagt: Ihr habt einen Kompromiß geschlossen, der zu weit gegangen ist. In Wirklichkeit handelt es sich darum, daß Sie, was auch immer wir tun, eigentlich nur einem Motiv nachgehen; die Engländer nennen das: Take the arguments where you can find them. Sie haben sie sich zurechtgemacht. Nur, ich hätte es angesichts der wirtschaftlichen Lage Italiens gern gesehen, wenn die Opposition uns gesagt hätte: 5 Milliarden DM Währungskredit sind zuwenig; tut noch mehr für Italien. Das wäre einmal Substanz in Ihrer Europapolitik gewesen.
Sie sprachen von unserem Verhältnis zu Frankreich. In der Tat kann ich mich nicht getroffen fühlen, wenn eine Reihe von innenpolitischen Faktoren, die weder für Sie noch für mich ein besonderes Gewicht haben — einige haben es, aber keineswegs alle —, zum Anlaß genommen werden, um Unfrieden zu stiften. Dann hätten Sie bei dieser Gelegenheit auch einmal über Äußerungen z. B. in Frankreich oder z. B. in Medien in Brüssel über gewisse Verwaltungspraxen reden können, die in der Bundesrepublik Deutschland Gegenstand einer Kontroverse sind und im Augenblick als Hauptbeleg für das herhalten müssen, was von einem Ihrer Kollegen mit einem von mir nicht zu wiederholenden Wort bezeichnet wird. Der Hauptangriff gegenüber den Deutschen in einigen Medien einiger europäischer Staaten — ich stimme Herrn Carstens zu: dies ist ein ernst zu nehmendes Symptom — wird doch wegen der Handhabung des früher so genannten Ministerpräsidentenerlasses oder Radikalen- oder Extremistenerlasses geführt.
Dazu habe ich mich bisher nicht geäußert, was z. B. Herrn Mitterrand angeht.
Ich werde das wohl noch tun, wenn ich mir die Unterlagen genauer habe ansehen können, die darüber gegenwärtig für mich zusammengetragen werden.Der eigentliche Grund, Herr Abgeordneter Carstens, dafür, daß sich auch in der gegenwärtig lebenden Generation von Menschen in mehreren Nachbarländern, nicht nur im Westen, wieder eine gewisse teilweise Aufnahmebereitschaft für sehr kritische Beobachtungen unseres Landes zeigt, liegt woanders. Der eigentliche Grund liegt darin, daß die Menschen um uns herum immer deutlicher empfinden, wie groß der Unterschied in der sozialen und wirtschaftlichen Bewältigung einer Situation ist, einer Weltwirtschaftskrise, die zunächst alle gleich getroffen hat. Ich verstehe das sehr gut. Ich stimme dem Oppositionsführer darin zu, daß dies Fingerspitzengefühl der Beteiligten verlangt.Ich würde dann allerdings auch wünschen — und ich sage das ohne Schärfe, Herr Professor Carstens ---, daß es unterbliebe, daß Abgeordnete, und zwar nicht nur eben relativ junge Kollegen, wie in Nairobi geschehen, sondern gewichtige Personen Ihrer Partei, in Interviews, die sie ausländischen Zeitungen geben, die in fremder Sprache im Ausland gedruckt werden, ihre innenpolitischen Gegner hier im Deutschen Bundestag abqualifizieren. Es kann in der Hitze des Gefechts etwas geschehen, in einem schriftlichen Interview sollte dergleichen nicht geschehen. Ich kann mich gut erinnern, daß die Opposition mir in diesem Hause ausdrücklich eine freundliche Quittung gegeben hat, als ich einmal einen Kollegen des Deutschen Bundestages, dessen politische Auffassung ich fast zur Gänze nicht zu teilen vermag, in einer anderen Hauptstadt öffentlich sehr
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17479
Bundeskanzler Schmidtmassiv verteidigt habe, als er dort in herabsetzender Weise angegriffen wurde. Ich wünsche mir — und dann bin ich auch bereit, auf einiges einzugehen, was Sie anzudeuten versucht haben —, daß die Solidarität der Deutschen untereinander, wenn es um die Bewahrung und Festigung deutscher Positionen gegenüber dem Ausland geht, dem befreundeten Ausland, den Partnerstaaten wie gegenüber denjenigen, mit denen wir uns um Partnerschaft bemühen, obwohl es nicht ganz leicht ist, beiderseits als empfindliches Gut betrachtet werden möge.
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Ich habe mich deswegen gemeldet, weil von der Opposition einige Fragen gestellt worden sind und weil ich es für eine Selbstverständlichkeit halte, daß Fragen, die gestellt werden, von der Regierung zu beantworten sind.Herr Professor Carstens, Sie haben nach dem Inhalt der Erklärung gefragt, die die Bundesregierung in Nairobi abgegeben hat. Ehe die Debatte um einen unbekannten Inhalt weitergeht, erlaube ich mir, die entscheidenden Passagen zu zitieren. Sie sind sehr kurz, Herr Professor Carstens, der Inhalt der Erklärung lautet in der entscheidenden Passage wie folgt:
— Die Überschrift lautet:Erklärung der Delegation der Bundesrepublik Deutschland anläßlich der Schlußsitzung der Vierten Konferenz der Vereinten Nationen über Handel und Entwicklung in NairobiDer entscheidende Teil lautet wie folgt:Wir haben nicht nachträglich einer neuen Weltwirtschaftsordnung und entsprechenden Grunddokumenten zugestimmt, sondern konkreten Schritten, die die Struktur der Weltwirtschaft verbessern sollen.Die Bundesrepublik Deutschland wird sich aktiv an den vorbereitenden Treffen und Verhandlungen beteiligen. Von deren Ergebnis wird es abhängen, welche Rohstoffabkommen—w e l c he Rohstoffabkommen —wir erreichen können und ob ein gemeinsamer Fonds das beste Mittel ist, um Ausgleichslager zu finanzieren. Wir bleiben bei unserer Auffassung, daß es auch nicht im Interesse der Länder der dritten Welt wäre, einen dirigistischen Mechanismus für zentrale Lenkung zu schaffen. Wir lehnen die Indexierung weiterhin ab, undnach wie vor glauben wir nicht, daß künstliche Eingriffe bei Preisen und in die Produktions- und Handelsstrukturen die Weltwirtschaft wachsen lassen oder den Anteil der Entwicklungsländer am Welthandel vergrößern.Das ist der materielle Teil der Erklärung der Bundesregierung in den offiziellen Verhandlungen.
— Ich habe gesagt: Das ist die Erklärung der Bunresrepublik Deutschland.
— Es ist Ihre Zeit, die hier in Anspruch genommen wird. Sie können Zwischenrufe machen, soviel Sie wollen. Ich halte es hier oben lange stehend und schweigend aus.
— Was soll das denn? Wollen Sie eine solche Frage wirklich auf dieser Basis diskutieren?Herr Abgeordneter Todenhöfer hat in einem Zwischenruf behauptet, wir hätten die Amerikaner bei ihrer Abgabe einer reservation und explanation im Stich gelassen. Es ist mir nicht sehr angenehm, hier vor aller Öffentlichkeit nunmehr zum Verlauf der Verhandlungen etwas sagen zu müssen. Ich muß es jetzt aber tun, weil ich es nicht für vertretbar halte, diesen Vorwurf hier stehenzulassen, zumal er dem tatsächlichen Verlauf in keiner Weise entspricht und auch unsere amerikanischen Freunde treffen müßte.Wie sind die letzten Stunden gelaufen? Wir hatten mit der amerikanischen Regierung, mit der wir aus einer Reihe von Gründen — ich gebe das ganz offen zu — enger zusammengearbeitet haben als mit allen anderen Delegationen, in Nairobi einen Text vereinbart, den wir während der Schlußrunde als gemeinsame Erklärung vortragen wollten. Auf diesen Text hatten sich die Vereinigten Staaten von Amerika, Japan, Großbritannien und die Bundesrepublik Deutschland geeinigt. Unmittelbar vor Beginn der Schlußrunde hat Japan erklärt, es werde bei dieser Sache nicht mitmachen. Da waren es nur noch drei. Danach hat Großbritannien erklärt, es sehe sich nun auch nicht mehr in der Lage, sich dieser Erklärung anzuschließen. Es kam dann zu einer Diskussion über die Frage — ersparen Sie es mir bitte, den genauen Inhalt dieser Diskussion in der Öffentlichkeit darzulegen —, ob es EG-konform sei, wenn ein oder zwei Länder aus der Front der EG- Länder ausbrächen und zusammen mit Amerika eine solche Erklärung abgäben. Wir haben uns in dieser Diskussion geschlagen und gesagt, wir seien der Meinung, dies sei unser gutes Recht.Dann haben uns die Vereinigten Staaten von Amerika gesagt — ersparen Sie es mir, die Hinter-
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17480 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Bundesminister Dr. Friderichsgründe auszuleuchten —, ob bzw. wann sie diese Erklärung abgäben, sei ungewiß.
— Herr Todenhöfer, was Sie sagen, ist nicht richtig. Lassen Sie mich doch ausreden und schildern, wie es gelaufen ist. Ich bin in der Lage, Ihnen die Zeugen zu benennen, die dabei waren.
Daraufhin haben wir, der Kollege Bahr und ich, erklärt, daß wir bei dem Punkt der Tagesordnung, bei dem die Rohstoffresolution behandelt werde, in jedem Falle eine Erklärung abgeben würden. Unsere amerikanischen Freunde haben erklärt, sie würden dies bei diesem Punkt nicht tun; sie würden— je nachdem — später eine Erklärung abgeben. Die Frage des Ob und Wie hänge von der Behandlung ihres Vorschlages zur Gründung eines Rohstofffonds durch die 77 ab. Herr Todenhöfer, wir haben daraufhin mit Herrn Robinson vereinbart, daß wir bei der Behandlung des Tagesordnungspunktes „Rohstoffe" — das war vor Mitternacht — gleichwohl unsere Erklärung abgeben. Wir haben uns exakt an diese Vereinbarung gehalten. Sie werden, wenn Sie im Saale waren, beobachtet haben, wie Herr Bahr und ich unmittelbar nach Abgabe unserer Erklärung noch einmal zu Herrn Robinson hingegangen sind, weil wir bis zur letzten Minute eine einheitliche Meinung mit ihm haben wollten.Ich will noch etwas hinzufügen. Auch wir, Herr Todenhöfer, hatten überlegt, mit unserer Erklärung bis zum Schluß zu warten — aus wohl erwogenen Gründen —, weil wir den Amerikanern gesagt haben: Wir sind bereit, alles mitzumachen, was ihr macht und was ihr in dieser Richtung wollt; denn wir stimmen in der Sache überein. Einer meiner Mitarbeiter kam zu mir — Kollege Bahr wird sich erinnern —, als der Tagesordnungspunkt schon dran war und sagte: Meine Herren Minister, die Sache wird riskant; wenn wir bei diesem Tagesordnungspunkt keine Erklärung abgeben, kann es sein, daß die Erklärung später nicht mehr zugelassen wird; denn dazu brauchen wir, insbesondere wenn wir sie schriftlich einreichen, anschließend eine Zustimmung der Konferenz, d. h., wenn die Konferenz das ablehnt, sind wir nicht mehr in der Lage, unsere Erklärung zur Sache abzugeben.Daraufhin haben Herr Kollege Bahr und ich entschieden, daß wir die Erklärung vorher, nämlich bei diesem Tagesordnungspunkt, abgeben. Der amerikanische Staatssekretär Robinson hat dann bei diesem Tagesordnungspunkt erklärt — und zwar nach uns —: Ich erkläre hiermit, daß ich mir vorbehalte, zu diesem Punkt später eine Erklärung abzugeben. Es hat doch gar keinen Sinn, mit Polemik zu diskutieren, wenn zwischen Robinson und seinen Mitarbeitern, insbesondere dem lange Zeit in Deutschland gewesenen Herrn Brucker, und uns wirklich ein unwahrscheinlich enger — und ich sage Ihnen — freundschaftlicher Kontakt bestand und eine entsprechende Kooperation stattfand. Ich gebe ja offen zu, daß es in der EG Meinungsunterschiede gab: ob wir diesen Alleingang mit den Amerikanern wagen könnten oder nicht wagen sollten.
Herr
Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Todenhöfer?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte schön.
Herr Bundeswirtschaftsminister Friderichs, ist es richtig, daß Sie sich im Zeitpunkt der Abgabe des amerikanischen Vorbehaltes, der in der Tat ein sehr harter Vorbehalt war, bereits auf der Rückreise nach Deutschland befanden, und ist es nicht eine alte Konferenzerfahrung — gerade im Hinblick auf die 7. Sondergeneralversammlung —, daß harte Vorbehalte häufig am Ende der Konferenz abgegeben werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es ist richtig, daß ich Nairobi nach Abgabe unserer Erklärung und nach Behandlung des Punktes „Rohstoffabkommen" mit der Nachtmaschine verlassen habe. Das wußten die amerikanischen Freunde. Das hinderte aber überhaupt nicht; denn die Erklärung, die Amerika abgegeben hat, war just die vereinbarte abzüglich des Absatzes 1 und abzüglich des Absatzes 4, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Wir haben uns bis zur letzten Minute exakt an die getroffenen Vereinbarungen gehalten. Herr Robinson wird in der Lage und gerne bereit sein, Ihnen das alles zu bestätigen. Warum soll ich das schönfärben, wenn eine Vielzahl von Zeugen dabeiwaren und ein Großteil der Journalisten auch korrekt über diese Dinge berichtet hat?
— Daß ich in der Nacht — nach Verschiebung um einen Tag — zurückgeflogen bin, werden Sie mir vielleicht angesichts der Tatsache nachsehen, daß ich am nächsten morgen um 10 Uhr in Freiburg auf dem eigenen Parteitag zur Wirtschaftspolitik zu sprechen hatte.
— Ich bitte um Entschuldigung: Sie erlauben dem Außenminister vielleicht, wenn er Parteivorsitzender ist, daß er die gleichen Verpflichtungen wahrnimmt wie Herr Kohl. Der war ja wohl auch in Hannover anwesend. Das ist doch geradezu lächerlich.Zur Sache. Lassen Sie mich noch etwas zur Vorbereitung sagen. Die Haltung, die wir eingenommen haben, wurde mit den Amerikanern im Detail am Sonntag nachmittag in Gymnich abgestimmt, und zwar Punkt für Punkt. Zwischen der amerikanischen Regierung und uns hat es während der ganzen Konferenz zu keiner Minute eine Meinungsverschiedenheit oder Streitereien gegeben. Herr Todenhöfer, ich wundere mich wirklich ein bißchen über das, was
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17481
Bundesminister Dr. FriderichsSie jetzt aufführen; denn ist es falsch, was ich Sie jetzt frage: Haben Sie nicht, veilleicht ein wenig vorschnell, ein Interview gegeben, wir sollten unbedingt genauso hart wie die Amerikaner bleiben, und haben Sie nicht am Nachmittag desselben Tages dieses Interview zurückgezogen, weil Sie erfahren hatten, daß sich die Amerikaner bewegt haben? Ist diese meine Frage falsch?
— Gut, dann können Sie das ja darlegen.Herr Professor Carstens, Sie haben dann die Frage des Umfalls angesprochen. Ich will Ihnen sagen, wie in dem kleinen Kreis in der entscheidenden Frage verhandelt wurde.
— Lassen Sie einen doch bitte einmal ausreden. Ich unterbreche Sie doch auch nicht dauernd. Können Sie nicht schweigen?
— Ich habe Zeit. Ich warte so lange, bis Sie mich ausreden lassen. Vorher werde ich nicht weggehen. Darauf können Sie sich verlassen; denn für mich gehört es auch zum parlamentarischen Stil, daß man jemanden, der sprechen möchte, nicht daran hindert. Am Sprechen zu hindern ist Stil in anderen Parlamenten, Herr Todenhöfer, aber nicht in einem frei gewählten.
— Ich versuche, Ihnen den Verhandlungsverlauf darzustellen.
— Haben Sie denn kein Interesse an der Sachaufklärung?Ich wollte Ihnen auf Ihre Frage „umgefallen?" in aller Offenheit sagen, in welchem Punkt wir uns bewegt haben. Warum soll ich das nicht sagen?
Wir wollten, Herr Professor Carstens, in der Frage des „common fund" nicht das Wort „Verhandlungen" haben, und wir wollten uns auch nicht darauf festlegen, daß wir der Errichtung eines „common fund" zustimmen und sich die Verhandlungen nur auf die Modalitäten erstrecken. Dies war unsere Position.Über diese Frage haben wir zwei Nächte intern — also in der EG und mit den anderen westlichen Staaten, auch mit den Amerikanern — gerungen. Dabei hat sich folgendes abgespielt. Die britische Delegation störte sich an dem Wort „negotiations" und wollte es durch „commitment" ersetzt wissen. Wir waren aus unserer materiellen Position heraus derselben Meinung. Dann haben aber andere englischsprachige Industrienationen — und nun können Sie selbst raten — erklärt, das Wort „negotiations" beinhalte eben nicht, daß man sich verpflichte, über die Errichtung zu verhandeln, sondern daß man in den Verhandlungen frei sei.Diese Diskussion — Herr Kollege Bahr — hat sich zum Teil im Beisein der anderen Seite, nämlich von Herrn Walker von Jamaika usw., abgespielt. Ich habe daraufhin gesagt: Ich streite mich jetzt nicht über das wording, sondern erkläre hiermit klar: Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland ist nicht in der Lage, hier eine Erklärung abzugeben, daß sie bereit sei, einen gemeinsamen Fonds zu errichten. Wir sind nur in der Lage, zu erklären, daß wir bereit sind, zu prüfen, ob die Errichtung eines gemeinsamen Fonds sinnvoll sei. Diese Erklärung habe ich abgegeben, und dazu stehe ich auch. Dies wollte ich zunächst im Wortlaut haben.Dann hat der Wortführer der 77 gesagt: Ich akzeptiere ja Ihre Haltung, aber bitte, ich brauche das Wort „negotiations", sonst kriege ich in meiner Gruppe eine Zustimmung zur Resolution nicht durch. Ich habe ihm dann wörtlich gesagt: Herr Walker, ich halte es für intellektuell unehrlich und Ihnen gegenüber unfair, Ihnen nicht, bevor wir uns auf das Wort einigen, die materielle Position der Bundesregierung darzulegen. Und die hat er akzeptiert! Es ist in einer unwahrscheinlich fairen und sachlichen Form verhandelt worden, und ich bedaure wirklich, daß wir uns hier der deutschen Offentlichkeit in einer anderen Form darbieten.
Dies ist gesagt worden, und, Herr Abgeordneter Todenhöfer, ich sage Ihnen auch noch zu der Frage der Rohstoffabkommen klar meine Meinung. Wir hatten zwei unterschiedliche Möglichkeiten, nämlich erstens eine begrenzte Zahl von Rohstoffabkommen zu nennen und uns bereit zu erklären, diese abzuschließen. Und lassen Sie mich ganz offen sagen: Dies habe ich bei der Eröffnungsveranstaltung ja auch angedeutet; ich habe nämlich in meiner Rede drei Produkte genannt und gesagt, hier seien wir bereit, Rohstoffabkommen abzuschließen.Als wir aber merkten, daß wir mit dieser eingegrenzten Position für nur drei Rohstoffe, nämlich Jute, Tee und Hartfaser, auf keinen Fall durchkämen — und zwar schon in der EG nicht durchkämen, weil z. B. unsere französischen Freunde aus ihrer Position heraus eklatante Befürworter von Rohstoffabkommen sind —, und als es um die Frage ging, ob z. B. Kautschuk, Kupfer und ähnliche Dinge einbezogen würden, habe ich gesagt: Dann ist es mir lieber, zu sagen, wir sind bereit, alle von euch genannten 18 Rohstoffe zu prüfen. Ich bitte, die genaue Unterscheidung zu sehen: über drei abzuschließen oder 18 zu prüfen. Und just an diese Methode haben wir uns gehalten.Herr Abgeordneter Todenhöfer, ich entsinne mich sehr wohl, daß wir in der Cafeteria des Konferenzzentrums über diese Fragen sehr genau miteinander gesprochen haben und daß ich Ihnen dort dargelegt habe, daß ich es bei der derzeitigen Konferenzlage für richtiger hielte, bereit zu sein, über 18 Rohstoffe Prüfungsverhandlungen zu führen, als sich jetzt zu verpflichten, bei einigen abzuschließen, weil wir wußten, daß wir mit dreien nicht durchkämen.
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17482 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Bundesminister Dr. FriderichsUnd ich kann mich nicht entsinnen, daß Sie in diesem Gespräch am Ende eine andere Meinung vertreten haben.
Abgesehen davon ist dies ja auch nichts Neues. Sie tun jetzt so, als ob dies der Sündenfall des Jahrhunderts sei. Es gibt bis zur Stunde sechs Abkommen. Ich habe mir eben noch einmal die Zahlen heraussuchen lassen: Von diesen sechs Abkommen sind drei abgeschlossen worden, während ein Christlicher Demokrat Bundeskanzler war, und drei, während ein Sozialdemokrat Bundeskanzler war. Hier steht es also pari-pari, wenn Sie so wollen, um es noch einmal deutlich zu sagen.
Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen. Ich komme auf etwas, was die deutsche Presse erfreulicherweise nicht geschrieben hat. Sie haben ja dort auch versucht, Ihre Formel „Freiheit oder Sozialismus mit einzuführen, nämlich uns wegen der Verhandlungsführung und des Inhalts der Verhandlungen in die sozialistische Ecke zu stellen. Auch derartige Bemerkungen sind in Nairobi gefallen. Ich kann Ihnen nur sagen: Sie können doch der Weltöffentlichkeit nicht weismachen, daß die Vereinigten Staaten von Amerika und die Schweiz seit heute sozialistische Länder seien.
Meine Damen und Herren, nachdem die Bundesregierung zweimal von den Möglichkeiten des § 47 der Geschäftsordnung Gebrauch gemacht hat, erteile ich das Wort jetzt dem Herrn Abgeordneten Roser.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Zahl der Redner der Koalition einschließlich der Bundesregierung vergegenwärtigt — insgesamt bisher sechs Redner
bei zwei Rednern der Opposition, die gütig zugelassen wurden, wie man jetzt schon sagen muß —, dann muß man den deutlichen Eindruck gewinnen, daß das Bedürfnis der Bundesregierung, sich zu rechtfertigen, außerordentlich und ungewöhnlich groß ist.
Verehrter Herr Friderichs, bei Ihnen hat man es besonders deutlich empfunden. Und Sie haben es ja auch in der Tat wirklich nötig.
Der Herr Bundeskanzler hat beklagt, wir sprächen hier zuviel über Rohstoffabkommen, integriertes Rohstoffprogramm und gemeinsamen Fonds. In der Tat, gemessen an dem, was Sie hier vortrugen, haben wir diesen wunden und entscheidendenPunkt ausgiebig zu erörtern uns bemüht. Nur lassenSie uns leider nicht hinreichend zu Wort kommen.Was Herr Minister Bahr hier erzählte und was er uns als den großen Korb der Früchte von Nairobi darstellte, bewegte sich im glatten Gegensatz zu dem, was er bei seiner Ankunft in Nairobi berichtete. Er hatte dort ja nichts Eiligeres zu tun, als eine Pressekonferenz einzuberufen. Damals sagte er, für ihn gebe es eine entscheidende Frage, die ihn interessiere, nämlich das Rohstoffabkommen.
Dann wurde über Rohstoffabkommen verhandelt. Die Ergebnisse haben wir heute kennengelernt.Da liegt etwas, wo ich einen Vorwurf zu erheben habe, was nämlich die Taktik der Konferenzführung anlangt, soweit wir daran beteiligt waren. Sie haben sich von vornherein die Themen der Auseinandersetzung dort — in der dortigen Diskussion, so möchte ich netterweise sagen — diktieren lassen. Sie haben nicht Themen von sich aus eingebracht, die einzubringen gewesen wären, weder durch die Rede von Bundesminister Friderichs, über die man zur Tagesordnung übergegangen ist, noch in der nachfolgenden Verhandlungsführung, auch nicht in der Vorbereitung der Konferenz. Da liegen die eigentlichen Versäumnisse, da liegen auch die Fehler. Das müssen wir doch feststellen dürfen.
Da erzählt man uns hier, daß man eine Vielzahl von Agreements getroffen habe. Sie müssen es sich gefallen lassen, von uns darauf aufmerksam gemacht zu werden, daß Sie an dem entscheidenden Punkt nicht gehalten haben, was Sie versprochen haben. Sie haben hier in der Bundesrepublik Deutschland immer und immer wieder betont: Wir werden einem integrierten Rohstoffprogramm nicht zustimmen. Das ist nur ein Beispiel von vielen.Nun haben Sie aber in der Tat widerspruchslos zugestimmt. Sie haben nicht einmal einen Vorbehalt eingelegt. Sie haben nicht einmal in diesen interpretatorischen Erklärungen, die abgegeben wurden — Herr Bundesminister Bahr nennt sie interpretatorische Erklärungen —, auf das integrierte Rohstoffprogramm Bezug genommen. Und dabei heißt es in der Resolution — ich möchte Sie hier nicht mit Quellenwiedergaben langweilen — bereits in der Überschrift, daß dieses Programm kommt und daß man darin übereinstimmt, Buffer Stocks zu errichten — mit all dem, was folgt. Im deutschen Widerspruch ist das nicht einmal erwähnt.Nun hat der Herr Bundeskanzler beklagt, daß die Delegation nicht in der notwendigen Weise unterstützt worden sei.Und Sie, Herr Kollege Graf Lambsdorff, haben etwas getan, was mir außerordentlich mißfällt: Sie haben mich so halb gelobt und meinen Kollegen Todenhöfer um so kräftiger getadelt. Darauf muß ich natürlich ein wenig eingehen.Als erstes möchte ich sagen: Ich halte nichts davon, politisches Geschehen zu personalisieren, we-
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Roserder so noch so, weder durch die Errichtung von Ersatzheiligen, wie das meinetwegen mit dem früheren Bundeskanzler Willy Brandt geschieht, noch durch die Schaffung von nationalen Buh-Männern im Bereich der Entwicklungspolitik, wie man das jetzt mit unserem Kollegen Todenhöfer erprobt.
Ich möchte Sie fragen: Können Sie sich eigentlich eine Verhaltensweise vorstellen, die deutlicher die Haltung der Bundesregierung auch in Nairobi unterstützt hat, als die unsere? Das halte ich für ausgeschlossen. Wir haben mit allem Nachdruck sichergestellt, daß Ihre Verhandlungsräume weiter wurden. Wir haben genau das getan, was einer klassischen demokratischen Tradition entspricht — hier können wir von den angelsächsischen Ländern doch etwas lernen —, nämlich der Bundesregierung Sukkurs gegeben in der deutlichen Benennung der Grenzpositionen. Nur können Sie uns nicht dafür haftbar machen, daß Sie diese Grenzpositionen Ihrerseits viel zu früh bekanntgeben.Da muß ich erneut Kritik üben am taktischen Vorgehen. Da reist Bundesminister Bahr in Nairobi an, hält die besagte Pressekonferenz und gibt in der Substanz den Inhalt des vom Kabinett beschlossenen, mit Außenminister Kissinger offenbar abgestimmten Fünf-Punkte-Programms bekannt. Eine derartige Verhandlungskunst scheint mir äußerst fragwürdig zu sein. Jetzt kann man uns doch nicht die Verantwortung dafür anlasten. Wenn Sie mit nichts nach Hause kommen, können Sie uns dafür nicht die Schuld geben. Dafür tragen Sie schon selber die Verantwortung.
Die Tatsache, daß Sie heute hier mit zwei Kabinettsmitgliedern antreten, daß sich der Bundeskanzler zweimal zu Wort meldet, daß der Bundeswirtschaftsminister ein zweites Mal das Wort ergreift, ist doch ein Zeichen dieses wirklich und wahrhaftig schlechten Gewissens und des miserablen Eindrucks, den Sie gemacht haben.
Herr Abgeordneter, Sie wollen, wenn ich das richtig verstehe, keine Zwischenfrage zulassen? Herr Abgeordneter Schleifenbaum wollte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.
Es tut mir furchtbar leid: das habe ich nicht gesehen. — Selbstverständlich!
Herr Kollege Roser, würden Sie als Unterstützung der Position der deutschen Delegation auch Ihre Aussage in Nairobi bezeichnen, daß das Fünf-Punkte-Papier, das Herr Bahr nach Abstimmung mit Außenminister Kissinger und dem Kabinett mit nach Nairobi brachte, nach Ihrer Ansicht viel zu weit gehe und daß man davon abrücken sollte? War das auch die von Ihnen hier
zitierte Unterstützung unserer deutschen Position?
Lieber Herr Kollege Schleifenbaum, daß Ihnen die gleiche Panne passiert wie soeben Graf Lambsdorff und daß Sie das zweite Selbsttor schießen, tut mir schrecklich leid für die FDP.
Aber lassen Sie mich die Sache noch ein wenig fortsetzen. — Die Bundesregierung kommt nun daher und sagt im nachhinein: Wären wir dem Rat der Opposition gefolgt, stünden wir heute allein da. Meine sehr verehrten Herren Minister — der Bundeskanzler kann ja nicht mehr angesprochen werden —, so zu argumentieren, ist schiere Rabulistik. In diesem Argument sehe ich nichts anderes als den fast schon verzweifelt anmutenden Hilfeschrei: Nun sind wir abgerutscht; seid schön still, helft uns lieber wieder heraus! Das ist natürlich keine gute Situation und im übrigen für uns auch keine zumutbare Aufgabe.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir haben uns aus der vollen Solidarität mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika herausbegeben. Das mag Ihnen gefallen oder nicht: da mögen Sie uns über Vorgänge hinter den Kulissen und Versäumnisse oder Ereignisse erzählen, soviel Sie wollen: Wenn ich die beiden Erklärungen miteinander vergleiche, dann finde ich in der amerikanischen Erklärung deutlich den Begriff „Vorbehalt" — genau den Begriff, den ich in der Erklärung der Bundesrepublik nicht finde. Darauf müssen Sie uns eine Antwort geben! Die Amerikaner haben Vorbehalt eingelegt. Hätten auch wir es getan, wären wir nicht allein gewesen. So aber sind Sie in die Ecke des Alleinseins geraten — weder in der Solidarität mit den Vereinigten Staaten noch in der Solidarität mit der EG. Mit wem halten Sie sich solidarisch?Hier muß ich auf etwas Bezug nehmen, was mich — erlauben Sie die Wiedergabe eines sehr persönlichen Eindrucks — im nachhinein zu dieser Konferenz am meisten beschäftigt. Auf dieser Konferenz ist mehr oder weniger mit vorgehaltener Hand, aber deutlich vernehmbar wiederholt der Begriff vom „häßlichen Deutschen", sogar vom „damned German" gefallen. Wer den Konferenzablauf verfolgte, wundert sich darüber allerdings nicht, und zwar einfach deswegen nicht, weil die deutsche Delegation gezwungen war, die Konferenz eine ganze Woche zu blockieren, da sie die ganze Woche auf Anweisungen von Bonn wartete. Sie wartete nicht nur auf die Minister — man wußte nicht: wird einer kommen, werden zwei kommen; das alles hat in Nairobi
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17484 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Rosereine leicht komödienhafte Stimmung erweckt —, sondern sie wartete auch auf Weisungen. Aber eine derart riesige Konferenz in diesem Stil dahinschleppen zu lassen, ist auf die Dauer nicht tragbar.Im übrigen ist diese Stimmung nicht von heute auf morgen entstanden. Diese Stimmung ist auch das Ergebnis der unerbetenen Ratschläge des Bundeskanzlers an eine Vielzahl von Völkern —, eines Bundeskanzlers, der dann während der NairobiKonferenz reichlich ratlos wirkte. So sind wir in diese Lage gekommen. Ich wundere mich nicht darüber. Ich bedaure es nur. Aber es ist eben so: Die Welt scheint sich nicht gefallen lassen zu wollen, und zwar zu Recht nicht gefallen lassen zu wollen, daß sie von Helmut I. behandelt wird wie weiland von Kaiser Wilhelm II.
Herr Abgeordneter Roser, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Graf von Lambsdorff?
Bitte.
Herr Kollege, darf ich Sie zunächst unserer Überzeugung versichern, daß es Helmut II nicht geben wird.
Nun zu der Frage, die ich eigentlich stellen möchte. Darf ich Sie, Herr Roser, darauf aufmerksam machen, daß wir schon bei der 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen, als wir jene waren, die so, wir Sie es fordern, hartnäckig nein gesagt haben, uns damit natürlich nicht das Wohlgefallen unserer Verhandlungspartner errungen haben? Und wie wollen Sie die Aufforderung, Sympathie zu erhalten oder gar neue Sympathien zu schaffen, mit der Forderung in Übereinstimmung bringen, die gleichzeitig an uns gerichteten in großen Bereichen sicher weit überzogenen — Forderungen energisch zurückzuweisen?
Verehrter Graf Lambsdorff, o hätten wir doch bei der 7. Sondergeneralversammlung deutlich nein gesagt! Das ist ja unterlassen worden. Deswegen sind Sie ja in diese fatale Lage in Nairobi hineingeraten, weil Sie den Erwartungshorizont höher haben hängen lassen, als es bei internationalen Verhandlungen vernünftig sein konnte.
Herr Kollege Roser, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?
Herr Kollege Roser, wollen Sie, wie Sie es hier in bezug auf Nairobi tun, behaupten, daß wir etwa auch bei der 7. Sondergeneralversammlung in irgendeiner Weise nicht im Kontext mit unseren Alliierten jene Antworten gegeben hätten, die Sie jetzt als nicht genügend verneinend bezeichnen?
Geehrter Graf Lambsdorff, wenn ich dazu alles sagen wollte, was ich darüber wéiß, dann müßte ich jetzt genau das tun, was der Minister Friderichs eben — allerdings reichlich ungekonnt — sich geleistet hat. Das will ich nicht tun. Wir haben — ich sage nur das Ergebnis — die Vereinigten Staaten in der Schlußphase der 7. Sondergeneralversammlung so allein gelassen, wie sie in Nairobi allein geblieben sind. Das ist der Sachverhalt. Aber ich will das gar nicht über Gebühr vertiefen. Jetzt muß ich doch allmählich darum bitten, Verständnis dafür zu haben, daß ich noch einige Gedanken von mir aus und nicht nur reaktiv vortragen möchte. Wir wollen ja da nicht fortfahren.Ich habe vorhin gesagt, der entscheidende Fehler sei gewesen, daß diese Konferenz nicht hinreichend vorbereitet worden sei. Ich darf an einige Sachverhalte erinnern, die unbestreitbar sind: Ich habe nach der Konferenz von Santiago de Chile 1972 die Bundesregierung im Parlament und öffentlich ausdrücklich aufgefordert, ihrerseits alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um die Industrieländer in Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zur Formulierung eines konzisen, systemkonformen eigenen Programms zu bringen, damit wir endlich von dem fatalen Eindruck wegkommen, den die Industrieländer damals schon in Santiago de Chile hinterließen, nämlich uneins zu sein und ihrerseits nur zu reagieren und nicht mit eigenen Vorschlägen auf dem großen Markt der internationalen Diskussion anzutreten. Dies ist unterblieben.Dann kamen die großen Konferenzen: 6. SGV, 7. SGV. Ich will von Nairobi gar nicht reden, muß aber doch wenigstens jene Vorgänger-Konferenz in Nairobi erwähnen, auf der der damalige Bundesfinanzminister und jetzige Bundeskanzler stolz erklärte, wir werden innerhalb weniger Jahre die deutschen Entwicklungshilfeleistungen verdoppeln. Heute steht er in dem Bereich da als der große Kürzer an den Mitteln für die Entwicklungshilfe, als der große Reduzierer und nicht als der große Macher.
-- Das war die Situation von Nairobi, Kollege Stahl. Darüber können Sie nicht hinweggehen. Sie können mir doch nicht weismachen, daß ich die Zahlen nicht genau kennte. Das alles hat sich ereignet vor Nairobi II, vor der IV. Welthandelskonferenz; alles vorher. Geschehen ist aber, was den Bereich der internationalen Verhandlungen anlangt, was die Formulierung eines eigenen Programms anlangt, was die kreative Kraft dieser Bundesregierung anlangt, nichts, gar nichts. Auch deswegen sind wir mitverantwortlich für die miserable Situation, in die die Industrieländer in Nairobi nun unverkennbar geraten sind, auch die EG.
Darum kann ich hier nur den nachdrücklichenAppell an die Bundesregierung auch namens meinerFraktion richten, alles zu tun, um hier einen Schritt
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Roservoranzukommen. Wir brauchen jetzt die volle Initiative, wenn wir noch retten wollen, was hoffentlich noch rettbar ist.Ich sehe in dieser Konferenz kein abschließendes Ergebnis der großen internationalen Diskussion über die Fragen, die hier zur Diskussion stehen. Ich sehe die Nairobi-Konferenz als eine Zwischenkonferenz, und das Ergebnis werte ich als ein Zwischenergebnis im Interesse aller derer, mit denen wir zu tun haben: der Industrieländer und der Entwicklungsländer. Und wenn es ein Zwischenergebnis ist, besteht die Möglichkeit, zu reparieren. Wenn wir aber reparieren wollen, müssen wir endlich mit eigenen Vorstellungen in die Diskussion eingreifen. Die Zeit sollte genutzt werden. Wir haben bis zur nächsten entscheidenden Konferenz nur noch wenig Zeit, ein knappes halbes Jahr. Die Bundesregierung sollte durch die vielen Wahlkampfagitationen, die sie durchführen muß — wie auch wir übrigens —, nicht davon abgehalten werden, dennoch zur Erarbeitung eines runden Programms mit der Entfaltung eigener Initiativen zu finden.Es gibt viele Bereiche. Ich nenne einen Bereich: Vertreten wir doch mit stärkerem Nachdruck das, was sich der Herr Bundeskanzler zwar nicht hat einfallen lassen, sich aber dennoch heute an den eigenen Hut gesteckt hat, nämlich das Erlösstabilisierungsmodell! Es gibt eine Vielzahl von Modellen. Der Bundeskanzler hat sehr stolz auf das Lomé-Abkommen Bezug genommen. Es gibt im Bereich der Erlösstabilisierung noch bessere Modelle. Verträten wir das mit stärkerem Nachdruck, dann kämen wir endlich weg von der lästigen und höchst gefährlichen Diskussion um die Preisstabilisierung und fänden wieder hin zu der sehr viel wichtigeren Diskussion um die Erlösstabilisierung und eröffneten den Entwicklungsländern damit Möglichkeiten, die sie ihrerseits eben noch nicht vollends eingesehen haben, über die wir aber auch mit ihnen intensiver diskutieren müssen. Ich nenne das als einen Punkt für viele andere Möglichkeiten.
Lassen Sie mich noch eine weitere Bemerkung machen. Wir müssen unter allen Umständen ver suchen, im Interesse unseres Landes die große internationale Glaubwürdigkeit, die wir einmal hatten -auch auf internationalen Konferenzen —, zurückzugewinnen. Das gelingt aber nicht dann, wenn ich über Inhalte verhandele, die ich dann, konzessionsbereit wie die Bundesregierung ist, mit einem Etikett versehe, das den Entwicklungsländern paßt, sondern das ist nur dann möglich, wenn sie wissen: wir stehen zu dem, was wir sagen, und wir wollen keinen anderen Eindruck erwecken, als unserer Überzeugung und unserer Haltung entspricht.
Herr Bundesminister Bahr, ich habe sehr genauüberlegt, was ich tat, als ich nach der Unterrichtung durch Sie und durch den Bundesminister Friderichs Sie nachdrücklich aufforderte, sich nicht auf irgendwelchen etikettenhaften Formelkram einzulassen. Wir haben mit den Formelkompromissen in den letzten Jahren viel zu schlimme Erfahrungen gemacht,
als daß wir diese ostpolitischen Erfahrungen nun auch noch in den Bereich der Entwicklungspolitik übertragen lassen dürften.
Lassen Sie mich eine Schlußbemerkung zu einem Punkt machen, der mir ganz besonders am Herzen liegt. Meinem Kollegen Todenhöfer wird immer vorgeworfen — Graf Lambsdorff, Sie haben das sehr deutlich getan —, er habe den deutschen Konferenzbeitrag und die deutsche Konferenzsituation verschlechtert. Wenn der Bundeskanzler anwesend wäre, würde ich ihn direkt auffordern, dies genau an die Adresse des SPD-Vorsitzenden Willy Brandt zu sagen;
denn damals, während die Nairobi-Konferenz lief, fand in Caracas ein großes Sozialistentreffen statt. Ich nehme an, daß man das Sozialisten sagen darf, Sonst müßte ich sagen: weltweites Sozialdemokraten-Meeting. Aber es war ein Sozialistentreffen. In der „Süddeutschen Zeitung" war die auch über dpa gelaufene Meldung zu lesen: Die Delegierten verpflichteten sich, einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung Gestalt und Gewicht zu verschaffen. Ich kann gut verstehen, daß der Minister Bahr in dem Augenblick in Nairobi reichlich unsicher wurde.
Lassen Sie mich noch einen anderen Punkt ansprechen. Der Leiter der deutschen Delegation hat diesen exploratorischen Erläuterungen den Schlußsatz angefügt: Wir hoffen, daß das, was wir heute alle beschlossen haben, das Richtige gewesen sein möchte. Auch das war nicht Ausdruck großer Sicherheit. Derzeit bin ich felsenfest davon überzeugt, daß es das Falscheste war, was man beschließen konnte. Im Interesse unseres Landes wünsche ich aber dennoch, daß die Entscheidung von Nairobi richtig gewesen sein möchte. Räumen Sie die Zweifel daran aus!
Das Wort hat der Staatsminister Wischnewski.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Professor Carstens hat den Bundesaußenminister in bezug auf eine Veröffentlichung im englischsprachigen Bulletin angesprochen. Herr Professor Carstens, der Bundesaußenminister ist zu Konsultationsgesprächen mit seinem französischen Kollegen in Paris. ,Ich möchte deshalb das, was Sie
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Staatsminister Wischnewskihier angesprochen haben, beantworten. Ich fasse mich dabei sehr kurz.
Es handelt sich in der Tat um ein technisches Versehen. Deswegen hat das Auswärtige Amt dem Außenminister folgendes mitgeteilt: Die fremdsprachigen Ausgaben des Bulletins haben nicht den Charakter amtlicher Verlautbarungen wie das deutsche Bulletin.
Sie sind, wie auch im Impressum ausgedruckt: A Weekly Survey of German Affairs und daher als Informationsblätter zu betrachten.
Es muß allerdings zugegeben werden, daß im vorliegenden Fall durch die Handhabung und Wiedergabe von Pressemeldungen der Eindruck einer „Offizialisierung" dieser Nachrichten erweckt wurde, ein Vorgang, der wegen seiner negativen Auswirkung auch vom Auswärtigen Amt bedauert wird und zum Anlaß einer noch nicht abgeschlossenen Prüfung genommen wurde. Ich möchte dieses Bedauern hier auch ausdrücklich wiederholen.
Was nun die Sache betrifft, die Sie ja auch angesprochen haben, Herr Professor Carstens, geht es um drei Punkte, die Sie genannt haben: erstens die Unabhängigkeit Namibias, zweitens die Mehrheitsregierung in Rhodesien und drittens die Haltung zur Apartheid. Dazu möchte ich folgendes sagen.Erstens. In der Tat ist die Bundesregierung für die Unabhängigkeit Namibias. Diese Auffassung teilt sie mit allen Partnern in der Europäischen Gemeinschaft, mit den Vereinigten Staaten und eigentlich allen Ländern in der Welt.
Zweitens. Es entspricht den Tatsachen: die Bundesregierung ist für eine Mehrheitsregierung in Rhodesien. Diese Auffassung teilt sie mit allen Partnern innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Dazu gibt es, wie Sie wissen, ja eine gemeinsame Politik. Es ist der Wunsch, gemeinsame Außenpolitik zu haben. Wir haben hier gerade in dieser Frage ein erfreuliches Zeichen gemeinsamer Politik. Diese Auffassung teilt sie auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika.Drittens. Das dritte Problem ist die Apartheid. Die Bundesregierung lehnt die Apartheidpolitik ab. Auch diese Haltung teilt sie mit allen Partnern in der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten.
Meine
Damen und Herren, der Herr Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses teilt mit, daß die Sitzung des Auswärtigen Ausschusses ausfällt. Ebenso fällt die gemeinsame Sitzung des Auswärtigen Ausschusses mit dem Ausschuß für Wirtschaft und mit dem Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit aus.
Die anderen Ausschüsse werden nach dem Ende der Plenarsitzung jeweils durch den Umruf bekanntgeben, ob und inwieweit sie noch tagen.
Das Wort hat nach der letzten Wortmeldung, die hier vorliegt, der Abgeordnete Todenhöfer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Wirtschaftsminister! Herr Minister, wie schwach muß eigentlich Ihre Position sein, daß Sie den Umfall, das Zurückgehen in Nairobi nun der Opposition in die Schuhe schieben wollen, wie Sie es am Anfang Ihrer Rede getan haben?!Selten ist eine Regierung in der Vertretung nationaler Interessen von der Opposition so bewußt unterstützt worden, wie Sie, Herr Minister Friderichs, von uns dort unten — vom Kollegen Roser und mir — in bewußter Übereinstimmung.
Nicht wir, Herr Minister Friderichs, sind Ihnen in den Rücken gefallen, sondern Ihr Bundeskanzler, Ihr eigener Bundeskanzler ist Ihnen mit verschiedenen Äußerungen und Briefen in den Rücken gefallen, die in der deutschen Öffentlichkeit weithin bekannt sind.Herr Bundesminister, nach dieser Debatte sind unsere großen Sorgen nicht beseitigt, daß die Konferenz von Nairobi — ich sage bewußt: das Zwischenergebnis von Nairobi — ein weiterer gefährlicher Schritt in Richtung auf eine Weltplanwirtschaft im Rohstoffbereich ist. Es wird unendlich schwer sein, von diesen Zwischenergebnissen von Nairobi wieder herunterzukommen und in der richtigen Richtung weiterzuschreiten.Denn Ihre angeblichen Vorbehalte — es sind leider keine echten Vorbehalte — richten sich doch gar nicht gegen das „integrierte Rohstoffprogramm", richten sich nicht gegen die international koordinierte Lagerhaltung und richten sich nicht einmal gegen Fonds zur Finanzierung dieser Lager, sondern nur noch dagegen, wie diese Fonds aussehen sollen: ob es ein gemeinsamer Fonds wird oder ob es einen nachträglich koordinierten Fonds gibt.Wie hoch die Kosten derartiger Rohstofflager sind, hat doch Ihr Haus, Herr Bundeswirtschaftsminister, für die zwölf wichtigsten Rohstoffe errechnen lassen: 1,5 Milliarden DM pro Jahr plus 10 Milliarden DM für den Aufbau der Lager allein für die zwölf wichtigsten Rohstoffe.Um zu zeigen, wie das Ergebnis von Nairobi von den Entwicklungsländern interpretiert wird, darf ich zitieren, was der Vertreter von Jamaika im Namen der Entwicklungsländer gesagt hat. Er sagte, die 77
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Dr. Todenhöfergingen davon aus, daß mit der Resolution auch der gemeinsame Fonds errichtet sei. Wir müssen einfach wissen, wie jetzt die Erwartungshaltung der Entwicklungsländer ist.Der algerische Vertreter, mit dem ich drei Gespräche geführt habe, in deren Verlauf ich versucht habe, Ihre Haltung voll zu unterstützen, hat gesagt: Dies ist ein irreversibles Ergebnis im Rahmen der neuen Weltwirtschaftsordnung. Das alles müssen wir, wenn wir heute über den Ernst dieser Konferenz nachdenken, zur Kenntnis nehmen. Wir müssen von dieser veränderten Situation ausgehen.Sie alle wissen auch, was Herr Pronk — ich glaube, es war Herr Pronk — im Namen von 16 Mitgliedstaaten der OECD zu diesen Beschlüssen gesagt hat.Herr Wirtschaftsminister, Sie haben es heute nicht fehlen lassen an einigen sehr polemischen und auch an einigen sehr unfairen Bemerkungen mir gegenüber. Wir sind trotzdem bereit, wie unsere Fraktion bereits angekündigt hat, mit Ihnen gemeinsam die Beschlüsse von Nairobi, weil sie so gefährlich sind, so restriktiv wie möglich auszulegen. Aber, Herr Wirtschaftsminister, das alles wäre viel einfacher gewesen, wenn Sie einen ähnlich harten und klaren Vorbehalt eingelegt hätten wie die Amerikaner. Aber als dieser Vorbehalt kam, saßen Sie und Herr Minister Bahr im Flugzeug nach Deutschland.
Ich wiederhole trotzdem unsere Bereitschaft, mit Ihnen gemeinsam aus diesen schlechten Beschlüssen noch das Beste zu machen.
— Das will nicht nur nach dem FDP-Parteitag, sondern auch nach den Ausfällen, Herr Minister, die meines Erachtens Ihres bisherigen Verhaltens in diesen Fragen nicht würdig sind, einiges heißen.Wir können — ich sage das jetzt ohne Bitterkeit — unsere Enttäuschung darüber nicht verbergen, Herr Minister Friderichs, daß Sie in Nairobi in vielen Punkten genau dem Gegenteil dessen zugestimmt haben, was Sie früher als Ihre Essentials bezeichnet haben, über die Sie nicht einmal mit sich reden lassen wollten.
Natürlich, Herr Minister, sind Sie nicht allein schuld. Das weiß jeder hier im Saal. Das hat auch niemand behauptet.
Aber es kann doch überhaupt keinen Zweifel geben, daß die Bundesregierung als eine der wichtigsten Wirtschaftsmächte, als eine der wichtigsten marktwirtschaftlichen Mächte
— Herr Stahl, ich würde in dieser ernsten Stunde,da wir Ihnen ein Angebot machen, derartige völligüberflüssige Zwischenbemerkungen unterlassen —,
es kann überhaupt keinen Zweifel geben, daß auch die Bundesregierung ein Großteil Mitschuld an den Beschlüssen von Nairobi hat. Man kann sich nicht immer hinter dem Rücken der anderen Nationen verstecken.Es kann doch niemand von der Hand weisen, daß schon die 7. Sondergeneralversammlung, bei der die Bundesregierung — anders, als Graf Lambsdorff zu wissen glaubte — keinen Vorbehalt einlegte, uns auf die schiefe Bahn gebracht hat. Der algerische Delegationsleiter hat mir bei dieser Konferenz gesagt: Wenn Sie über die alte Weltwirtschaftsordnung sprechen wollen, dann hätten Sie das in New York tun müssen. Jetzt können Sie das nicht mehr; Sie hätten damals Ihre Vorbehalte anmelden müssen. —Es kann überhaupt kein Zweifel bestehen, daß sich die Bundesregierung — wie übrigens auch andere Industrieländer, aber die Bundesregierung ganz besonders — mangelhaft auf diese Konferenz vorbereitet hat. Es kann ferner kein Zweifel daran bestehen, daß der Streit und die Uneinigkeit zwischen Minister Bahr und Minister Friderichs sowie das ungeschickte Eingreifen des Bundeskanzlers die Tätigkeit der Delegation in Nairobi gelähmt hat. Es kann weiter kein Zweifel daran bestehen, daß das, was der Kollege Roser gesagt hat, richtig ist, nämlich: Wenn sich die sozialdemokratischen Parteien Westeuropas, Lateinamerikas und des karibischen Raumes drei oder vier Tage vor Ende der Konferenz für eine neue Weltwirtschaftsordnung aussprechen, mußte dies doch unseren Verhandlungsspielraum einengen und uns in Schwierigkeiten bringen.
Herr Wirtschaftsminister, als Freier Demokrat wissen Sie das doch ganz genau.Es kann schließlich auch keinen Zweifel daran geben, daß jenes Telefonat, mit dem die deutsche Delegation vom Bundeskanzler grünes Licht bekam, im Falle einer Isolation mitzustimmen, eine entscheidende Erschwernis für die deutsche Delegation war, weil dieses Telefonat, mit dem der Bundeskanzler grünes Licht gab, innerhalb kürzester Zeit der britischen und der holländischen Delegation bekannt war, innerhalb kürzester Zeit allen Journalisten bekannt war und jeder wußte: die Deutschen stehen nicht mehr, die Deutschen sind bereit, unter bestimmten Bedingungen zurückzuweichen.Aber das Wichtigste, Herr Bundeswirtschaftsminister, ist, daß Sie und die Bundesregierung ohne eine echte, klare Alternative in diese Konferenz gegangen sind. Sie haben doch von der Exporterlösstabilisierung so viel gehalten; Sie hatten sie doch in
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Dr. Todenhöferder Hinterhand. Warum sind Sie nicht offensiv in die Verhandlungen hineingegangen und haben die Exporterlösstabilisierung als die große Alternative zum integrierten Rohstoffprogramm offensiv in die Diskussion hineingebracht? Hier hätten Sie doch bei einem offensiven Vorgehen auch die Unterstützung der Opposition gehabt. Die klare Alternative zur neuen Weltwirtschaftsordnung fehlt. Sie zu erarbeiten ist die größte und wichtigste Aufgabe der nächsten Wochen und Monate.Ich meine, die Bundesregierung sollte die Initiative zu einer gemeinsamen Konferenz der Industrieländer ergreifen, die sich mit der Frage der Weltwirtschaftsordnung befaßt, so wie sich die Entwicklungsländer in Manila mit dieser Frage befaßt haben, um endlich den planwirtschaftlichen Forderungen der Entwicklungsländer, die ihnen selbst nichts nützen, eine glaubwürdige marktwirtschaftliche Alternative entgegenzusetzen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Holtz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zum Teil temperamentvollen Ausbrüche, ja, Verdrehungen der Opposition sind zu verstehen,
— ich bin etwas verschnupft —
wenn man sich vor Augen hält, was diese Opposition von dieser Konferenz erwartete. Die Opposition versuchte nämlich zu Beginn und während dieser Konferenz, Streit in der Koalition zu provozieren
und selbst innenpolitischen Honig aus Nairobi zu saugen. Mit beiden Versuchen ist sie, angeführt von ihrem entwicklungspolitischen Sprecher, ins Abseits gelaufen.
Sie sieht sich, auch was die Haltung der Bundesrepublik gegenüber den Entwicklungsländern angeht, einer festen, geschlossenen Regierungsphalanx gegenüber.
Die Hoffnung der sich christlich nennenden Parteien auf innenpolitischen Zugewinn war auch dahin, als die evangelische und die katholische Kirche die Bundesregierung aufforderten, sich einer konstruktiven Lösung in Nairobi nicht zu verschließen.
Lassen Sie mich sagen, Herr Marx, wenn es wirklich deutsche Elefanten im Konferenzladen von Nairobi gegeben haben sollte, die dort herumgetrampelt. sind, dann war es mit Sicherheit auch der entwicklungspolitische Sprecher der Opposition.
Am 23. Mai 1976 hat der stellvertretende entwicklungspolitische Sprecher der Opposition geraten, die Bundesregierung sei schlecht beraten, wenn sie sich durch ein Kabinettsmitglied vertreten lasse. Der Oppositionssprecher forderte, die Konferenz sei sehr bedeutsam, man müsse in jedem Falle einen Minister und am besten den Wirtschaftsminister hinschicken.
Und der Kollege Carstens wußte dann den klugen Rat zu geben, Genscher hätte sich mehr um die Konferenz kümmern sollen. Allerdings war die Konferenz da schon vorbei.
Genauso widersprüchlich, wie Sie in diesem einen Punkt waren, genauso widersprüchlich sind Sie auch in Ihrer Konzeption. Der Bundeskanzler hat heute in seiner Intervention in dankenswerter Weise unterstrichen, wie wichtig die Zusammenarbeit mit der Dritten Welt für uns ist.
Ich bitte Sie, liebe Kollegen Oppositionsredner, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Bundesregierung die Dritte-Welt-Politik nicht als Quantité negligeable betrachtet. Vielfältige Mühen und Anstrengungen, Herr Carstens, hat es auch vor dieser Konferenz und nicht allein während dieser Konferenz gegeben. Erinnert sei an die entwicklungspolitische Konzeption der Bundesregierung, die noch 1975 fortgeschrieben und der neuen Situation angepaßt wurde, erinnert sei an die 25 Thesen, die Gymnicher Thesen der Bundesregierung, erinnert sei an die konstruktive Haltung der Bundesregierung anläßlich der Konvention von Lomé oder der Regelungen beim Internationalen Währungsfonds zugunsten der Entwicklungsländer und letztlich auch an die wertvollen Reisen, die Staatsminister Wischnewski gemacht hat. Nur wer dies alles übersieht, kann behaupten, die Bundesregierung hätte sich nicht auf die neue weltpolitische Konstellation eingestellt.
Wir behaupten nicht, das Ei des Kolumbus hier auf das Pult des Bundestages knallen zu können.
Wir können es nicht vorweisen. Der Unterschied besteht nur darin, daß wir ehrlich sind, Sie aber so tun, als ob Sie das Ei des Kolumbus hätten, dabei aber noch nicht einmal die Henne haben, die es legen könnte.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17489
Dr. HoltzLassen Sie mich die Bewertung der Welthandels- und Entwicklungskonferenz von Nairobi wie folgt zusammenfassen:Erstens. UNCTAD IV kennt weder Sieger noch Besiegte. Nairobi hat den von der Dritten Welt erhofften Durchbruch nicht gebracht, aber Nairobi ist auch nicht gescheitert,
dank der zum Schluß erfolgreichen Verhandlungsführung der Bundesregierung, die sich auch an das gemeinsame Ja der 7. Sondergeneralversammlung erinnerte.
Dadurch wurde die internationale Glaubwürdigkeit bewahrt, Herr Kollege Roser.
Zweitens. Die Konferenz brachte keine Wende, aber auch keinen Stillstand in den Nord-Süd-Beziehungen. Sie brachte eine weitere Atempause im weltweiten Verteilungskampf. Die Pistole, die den Industrieländern von den armen Ländern auf die Brust gehalten wird, ist zwar gut geölt und geladen, aber in Nairobi wurde sie nicht, noch nicht abgedrückt.
Drittens. Die Ostblockländer stehen nicht mehr draußen. Sie können sich nicht mehr darauf zurückziehen, sie hätten keinen Kolonialismus betrieben. Auch an sie werden zu Recht Forderungen gestellt.Viertes Merkmal dieser Konferenz: Aus ordnungspolitischer Sicht erfolgte kein Dammbruch in Richtung auf einen weltweiten Dirigismus. Die in Nairobi abgehakten Kernpunkte passen in den traditionellen Rahmen der bestehenden, von den westlichen Industrieländern geprägten Weltwirtschaft. Zu dem allgemeinen Fonds komme ich gleich.Fünftens. Wir bescheinigen den beiden Bundesministern Bahr und Friderichs, daß sie in Nairobi ihr Bestes getan haben.
— Ich will dies auch begründen. Einmal haben sie die drohende weltweite Isolierung der Bundesrepublik verhindert. Sie haben sich nicht an das Oppositionsmotto gehalten: Die Bundesrepublik gegen den Rest der Welt, egal, was uns das kostet.
Sie haben zum anderen die deutsche Position klargemacht. Dabei hatten die beiden Minister häufig keinen leichten Stand.
Sie gerieten in eine mißliche Situation, da sie auch für andere Industrienationen die Kastanien aus dem Feuer holen mußten.Zum dritten haben sie in entscheidenden Punkten im Hinblick auf eine Weltplanwirtschaft nicht nachgegeben. Sie von der Opposition betreiben in diesem Zusammenhang eine Legendenbildung. Ich möchte hier aus einem Kommentar der „Neuen Zürcher Zeitung" zitieren.
— Nein, es ist nicht die einzige.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Berger?
Bitte schön.
Herr Kollege, stimmen Sie mir darin zu, daß die Bedeutung, die die Bundesregierung der Frage, die hier zur Debatte steht, und auch Ihren Ausführungen beilegt, daran zu ermessen ist, daß sich gegenwärtig kein Vertreter des Wirtschaftsministeriums auf der Regierungsbank befindet?
Ich stimme Ihnen nicht zu, da sich der Bundesminister entschuldigt hat.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Opitz?
Bitte schön.
Herr Abgeordneter Holtz, sind Sie bereit, der Opposition mitzuteilen, daß ich Herrn Professor Carstens im Auftrag von Herrn Bundeswirtschaftsminister Friderichs gefragt habe, ob er gestatte, daß Herr Minister Friderichs sich zu einer polnischen Delegation begebe, die seit 15 Uhr auf ihn warte, und daß Herr Carstens mir gesagt hat: Selbstverständlich! und Herrn Friderichs freundliche Grüße ausgerichtet hat?
Ich bin gern dazu bereit. Solche Kommunikationsschwierigkeiten scheint es innerhalb der Opposition des öfteren zu geben.
Herr Kollege Holtz, gestatten Sie Herrn Kollegen Carstens noch eine Zwischenfrage?
Nein, ich möchte das nicht tun, weil ich fortfahren möchte. Die Verhandlungen dauern bereits lange genug an. Wenn es allerdings darum geht, daß Sie als Ehrenmann hier eine Erklärung abgeben wollen, Herr Kollege — bitte schön!
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17490 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Herr Kollege, würden Sie sich daran erinnern, daß die Frau Kollegin Berger beanstandet hat, daß zu dem Zeitpunkt, als sie ihre Frage stellte, überhaupt kein Vertreter des Wirtschaftsministeriums auf der Regierungsbank anwesend war, und sind Sie nicht auch der Meinung, daß dieser Sachverhalt mit meiner Zustimmung zu der Abwesenheit des Herrn Wirtschaftsministers nichts zu tun hat, sondern daß es sich hier um zwei ganz verschiedene Dinge handelt?
Ich kann nur sagen: Die Bundesregierung ist hier weiterhin vertreten. Ich sehe z. B. Herrn Bundesminister Bahr und Herrn Staatsminister Wischnewski.
— Meine Damen und Herren von der Opposition, bitte lenken Sie nicht von dem ab, was Ihnen peinlich ist, von der Analyse der „Neuen Zürcher Zeitung". Dort heißt es:
Eine nüchterne Prüfung des Gesamttextes erlaubt nicht den Schluß, daß die beteiligten Länder bereits konkrete Bindungen eingegangen sind. Eine abgewogene Würdigung der Entscheidung über das integrierte Programm läßt diese als kaum mehr denn als eine Absichtserklärung erscheinen, im festgelegten Rahmen künftig zu konkreten Entscheidungen zu kommen. Nicht klarer ist die Rechtslage hinsichtlich des gemeinsamen Fonds. Es handelt sich um eine Verpflichtung zum Verhandeln, wobei die Ergebnisse völlig offenbleiben. Es scheint verfrüht, von einem Ausverkauf der Marktwirtschaft oder von einer bedingungslosen Kapitulation zu sprechen.
So etwas nehmen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, natürlich nicht zur Kenntnis, da dies nicht in Ihre Wahlkampfstrategie paßt. Im übrigen ist Ihre Formel von der freien Weltmarktwirtschaft versus Weltplanwirtschaft genauso platt wie die infame Unionsparole „Freiheit oder Sozialismus".
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Werner?
Bitte schön, Herr Werner.
Herr Kollege Holtz, nicht um die „Neue Zürcher Zeitung", sondern um die Folgerung, die Sie gezogen haben, anzusprechen, möchte ich Sie fragen, ob Ihnen eigentlich bekannt ist, daß Mr. Walker namens der Gruppe der 77 in seinem Abschlußpapier, das wir heute vom BMZ zugestellt bekamen, offiziell zum einen erklärt hat, das sei ein turning point, ein Wendepunkt, in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen, und zum anderen festgestellt hat — das finden Sie auf Seite 2; Sie wissen das sicherlich genauso gut wie ich —, daß nach Nairobi für niemanden mehr ein Zweifel darüber bestehen kann, daß es in zukünftigen Verhandlungen nur noch um die Ausgestaltung, aber nicht mehr um die Existenz dieses zu gründenden sogenannten Fonds gehen soll?
Das ist seine Interpretation. Es gibt viele andere, die sogar sagen: Was die Entwicklungsländer auf der 6., auf der 7. Sondergeneralversammlung und jetzt in Nairobi erleben mußten, ist im Grunde genommen eine Hinhaltetaktik der reichen Industrieländer, die damit ihre Politik der leeren Hände überspielen wollen. Das sagen viele andere aus der Dritten Welt. Insofern ist zu verstehen, daß Walker versucht, nach dieser Konferenz deutlich werden zu lassen, wie entscheidend die Fortsetzung der Verhandlungen ist. Ich glaube, was für die Entwicklungsländer gut ist, ist auch für die Bundesrepublik gut. Diese Rechnung bzw. Gleichung gilt nicht nur umgekehrt.Im übrigen habe ich das Gefühl, daß es manchen von Ihnen, Herr Werner, augenfällig weniger um die Verbesserung der Lage der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung in den Ländern der Dritten Welt geht als vielmehr um die Eigendarstellung, um innenpolitische Profilmaximierung. Offensichtlich werden diese innenpolitischen Auseinandersetzungen, die ins Ausland getragen werden, bereits als große Politik betrachtet. Viele, auch Ihnen nahestehende Politiker fragen sich, was sich Ihr Sprecher mit einer solchen Politik eigentlich erhofft. Ich richte an die Opposition die Frage: Wie wollen Sie, in der Regierung stehend — der Wähler möge das verhüten —, eigentlich konstruktive Politik machen? Da werden doch keine mit Beschwörungsformeln arbeitende Politschamanen oder Status-quo-Künstler gebraucht. Da brauchen wir verantwortungsbewußte, verantwortungsbereite Politiker,
die in schwierigen weltwirtschaftlichen Situationen das Notwendige tun, sich der weltweiten Verflechtung auch wirklich bewußt bleiben, die dementsprechend die deutschen Interessen in Abstimmung mit unseren Freunden unter Beachtung eines sozialen Ausgleichs mit den Entwicklungsländern vertreten und die auch die Politik der aktiven Friedenssicherung weiterbetreiben.Was hätten Sie denn eigentlich gemacht? Hätten Sie sich gegen die Europäische Gemeinschaft gewandt? Hätten Sie das Gegenteil gemacht, wohl wissend, wie viele Arbeitsplätze von der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit abhängen? Darauf haben Sie keine Antworten gegeben, und darauf wissen Sie auch keine Antworten. Sie betreiben nur Opposition um der Opposition willen.
Lassen Sie mich zum Abschluß für die SPD-Fraktion sagen: Erstens. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt den Ausgang der 4. UN- Konferenz für Handel und Entwicklung in Nairobi.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976 17491
Dr. HoltzSie dankt der Bundesregierung, daß Ihre Verhandlungsführung entscheidend dazu beigetragen hat, eine sichere Grundlage für die Fortsetzung des Dialogs mit den Entwicklungsländern zu schaffen. Dabei wurden die Prinzipien mit berücksichtigt, die der Deutsche Bundestag in seiner Erklärung vom 20. Mai 1976 beschlossen hat. Sie haben dagegen gestimmt, und deshalb kann ich Ihren Beteuerungen auch nicht glauben, daß wir gemeinsam eine Position erarbeiten, vertreten wollen. Auch das sind nur Schattenparolen, die Sie von sich geben, nichts anderes.
Zweitens. Die SPD-Fraktion erwartet, daß die fortschrittlichen Regierungen der Industrieländer
eine politische Übereinstimmung über den richtigen Weg gegenüber den Entwicklungsländern herstellen. Diejenigen internationalen Abkommen, die im wirtschaftlichen und sozialen Bereich einer gerechteren Wirtschaftsordnung Ausdruck geben, müssen eingehalten und vervollständigt werden.Drittens. Die SPD-Fraktion erwartet, daß sich die Bundesregierung im Geiste des gegenseitigen Verständnisses und anknüpfend an das, was man der UNCTAD an Verhandlungen zugesagt hat, zügig auf diese vereinbarten Verhandlungen vorbereitet und ihre Haltung in den nächsten Runden der Konferenz über internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit im Pariser Dialog darauf abstimmt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schleifenbaum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Dr. Holtz hat eben aus der „Neuen Zürcher Zeitung" zitiert und darauf den Zuruf „Die einzige!" bekommen. Ich habe eher den Eindruck, daß die einzige Zeitung, die Ihnen in der Kommentierung noch die Stange hält, die „Welt" ist. Und Sie sollten auch einmal betrachten, was die übrigen Medien zu den Ergebnissen dieser Konferenz sagen. Das kann man ja nun jeden Morgen den Berichten entnehmen. Ich darf den WDR zitieren, wo gesagt worden ist:Es ist ungerecht, wenn die Opposition jetzt aus der Entscheidung auch des von ihr bisher so geschätzten Wirtschaftsministers Friderichs wahlpolitisches Kapital zu schlagen versucht und das Wort von der Umfallpartei FDP benutzt.Etc., etc.; da kann man sehr viel zitieren.Mein Kollege Dr. Todenhöfer hat sich so sehr auf seine Zusammentreffen mit dem algerischen Delegationsleiter kapriziert. Aber vielleicht ist in diesem Zusammenhang interessant, was Radio Algier dazu sagt:Zwar ist ein generelles Arrangement bezüglichder Stabilisierung der Rohstoffpreise erreichtworden, dieses dürfte jedoch im Hinblick aufdie Errichtung des Rohstoffonds bis März 1977 mit vielen Schwierigkeiten und Hindernissen konfrontiert sein.Es ist also nicht so, wie hier von der Opposition dargestellt wird, daß die Äußerungen aus der Dritten Welt von einem grandiosen Erfolg dieser UNCTAD-IV-Konferenz sprechen und daß dies innenpolitisch als ein großer Fehlschlag für unsere Interessen dargestellt werden könnte.Es zeigt sich daran wieder, daß die Opposition hier einen großartigen argumentativen Eiertanz aufführen mußte,
weil sie nämlich hilflos und nicht in der Lage ist, das Konferenzergebnis gerecht zu bewerten.
Denn sie steht ja in einem innenpolitischen Wahlkampf, und sie muß sich das ist schließlich die Devise von Sonthofen — absetzen und weiterhin sagen: es muß noch schlechter werden, es ist noch gar nicht schlecht genug. Wie anders ist denn der rote Faden zu bewerten, den Sie in der Debatte argumentativ immer wieder aufgegriffen haben? Auf der einen Seite haben Sie gesagt, wir seien in unserem Entgegenkommen gegenüber der Dritten Welt zu weit gegangen, und auf der anderen Seite haben Sie mit Krokodilstränen beklagt, wir hätten unsere Verhandlungspartner vor den Kopf gestoßen und damit das Bild des „häßlichen Deutschen" hervorgerufen. Das ist nichts anderes als ein Eiertanz.Ich möchte noch einmal auf die jetzt vielleicht schon fast vergessenen Äußerungen von Herrn Narjes zurückkommen, der ja eine entlarvende Zwischenfrage gestellt hat. Denn er sagte, die Konferenzdokumente liegen uns noch nicht vor, und er meinte ja sicher mit dem Konferenzdokument die Resolution TD/L. 131. Das heißt, er hatte eine lange Rede gehalten, ohne die Entscheidungen präzise zu kennen, eine Rede aus dem hohlen Bauch.
Und er hat kritisiert, was die beiden Bundesminister hier als Regierungserklärung vorgetragen haben, und hat gesagt, das seien unterschiedliche, einander widersprechende Erklärungen. Aber diese Rede hat er verlesen, die hatte er also schon vorher aufgeschrieben, bevor er überhaupt die Erklärungen der Minister hörte.Selbst Professor Carstens ist in diesen Strudel der desinformierten, sachfremden Beiträge der Opposition geraten, und es ist die Eigenart eines Strudels, daß man den Grund darin nicht sieht. Er hätte sich lieber auf das Glatteis der Außenwirtschaftspolitik begeben sollen.Der generelle Vorwurf von Herrn Todenhöfer — ausgebend von der 7. Sondergeneralversammlung in New York — wir hätten von Konferenz zu Konferenz jeweils einen weiteren Schritt in die Weltplanwirtschaft getan, kann natürlich sehr differenziert bewertet werden. Aber ich frage Sie: Was
Metadaten/Kopzeile:
17492 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juni 1976
Schleifenbaumhaben wir denn überhaupt für eine Möglichkeit? Was gibt es denn überhaupt für eine Antwort an die Länder der Dritten Welt, als diese Probleme, die uns von dieser, z. B. von der Gruppe der 77, auf den Tisch gelegt werden, zu besprechen, detailliert auch im Interesse der Dritten Welt zu besprechen und zu versuchen, dabei so viel wie möglich von unseren Interessen zu retten? Wir haben unter unseren ordnungspolitischen Grundbegriffen doch auch den Begriff „sozial", d. h., wir können nicht ganz aus der Welt räumen, daß die Länder, die sich aus eigener Kraft nicht hochrappeln können, auch eine ganz bestimmte Stütze brauchen. Um nichts anderes geht es auch bei dieser Konferenz in Nairobi. Wir haben über die soziale Korrektur geredet und versucht, von unserer marktwirtschaftlichen Ordnung dabei so viel wie möglich zu retten.Die Äußerungen der Opposition zum Verlauf und zum Ergebnis der 4. UNCTAD-Konferenz habe ich als unverantwortliche Beeinträchtigung unserer auswärtigen Beziehungen empfunden. Sie haben einer Politik der Isolierung das Wort geredet. Ein roter Faden durchzieht Ihre gesamte Außenpolitik: Kalter Krieg gegenüber dem Osten, Isolation gegenüber dem Westen in Sachen Entspannungspolitik und nun auch Konfrontation mit der Dritten Welt.Die Situation in Nairobi war doch so: Unsere eigene ordnungspolitische Verhandlungsposition war dem äußersten rechten Rand des weltpolitischen Spektrums zuzuordnen. Wir haben dafür das Hohngelächter der Entwicklungsländer geerntet, wie es in der Überschrift in der „Welt" hieß. Wir sind auf einer Pressekonferenz in Nairobi mit dem Wort „Faschist" konfrontiert worden. Diese Position ging der Opposition noch zu weit. Es bedarf nicht großer Phantasie, sich auszumalen, was die Weltöffentlichkeit gesagt hätte, wenn sich z. B. Herr Todenhöfer auf das weltpolitische Parkett der Konferenz begeben hätte. Dann hätte es Gewieher statt Hohngelächter gegeben, dann hätte es „Gröfaz" statt „Faschist" geheißen.
Ich glaube, hier ist die Schlußfolgerung berechtigt, daß die Opposition ihre Außenpolitik, die von Adenauer gegenüber dem Westen als Politik des Ausgleichs begonnen wurde, zu Grabe getragen hat. Sie bediente sich hierzu in Nairobi des Kollegen Todenhöfer.Die Koalition wird die Politik des Ausgleichs zum Nutzen des deutschen Volkes unbeirrt fortsetzen.
Ich verstehe die Opposition so, als ob sie ein Scheitern der Konferenz in Kauf genommen hätte. Die Opposition ist anscheinend eine Nummer zu klein, um sich die Konsequenzen eines solchen Scheiterns klarzumachen, geschweige denn diese Konsequenzen zu tragen. Haben Sie auf der Konferenz in Nairobi denn nicht den psychologischen Druck verspürt, der sich darin zeigte, daß das Wort „Common fund" mythologisiert, ideologisiert wurde?Haben Sie, die Sie mit mir da waren, nicht die wilde Entschlossenheit der Gruppe der 77 verspürt, dafür zu sorgen, daß ein Ergebnis herauskommt? Haben Sie etwa die Manila-Deklaration vergessen, die ja noch von der 7. Sondergeneralversammlung wieder zurückweicht? Haben Sie denn die OPEC-Beschlüsse von Bali übersehen? Sie haben sie zwar eben zitiert, aber offensichtlich völlig auf die leichte Schulter genommen. Haben Sie denn nicht Tendenzen in der Dritten Welt bemerkt, sich bei einem Scheitern der Konferenz etwa mit isolationistischen, protektionistischen Modellen zu befassen? Haben Sie in der Konferenzzeitschrift „Kosmos" nicht vielleicht die Ausführungen von Armin zu einem „Common fund" ohne die Industrieländer gelesen? Waren denn nicht einzelne europäische Industrieländer bereit, sich auch gegen unser Veto mit den Entwicklungsländern zu verständigen? Waren nicht sogar, Herr Roser, christliche Parteien Ihre Gesprächspartner, die Sie davon überzeugen wollten, daß Sie mit uns gehen müßten? Es ist so wie auf dem Kasernenhof: der einzige, der im richtigen Tritt geht, ist Fritzchen, und die ganze Kompanie ist aus dem Schritt geraten. Das ist Ihre Position.Schließlich muß man sagen: Wir sind ein 60-Millionen-Volk ohne Vorkommen an metallischen Rohstoffen, die wir in den Produkten verarbeiten müssen, von deren Export unser nationaler Wohlstand im wesentlichen abhängt. Wollen Sie die Verantwortung übernehmen, die deutsche Industrie von den wachsenden Märkten der Dritten Welt abzuschneiden?In Nairobi ging es in zähem Ringen um das Ausmaß einer sozialen Korrektur zugunsten der Dritten Welt, die auch unter Akzeptierung unserer ordnungspolitischen Vorstellungen notwendig ist — denn man kann ja nicht von weltweiter Chancengleichheit im Wettbewerb sprechen —, und zwar unter Wahrung und mit dem Ziel des Ausbaus des marktwirtschaftlichen Welthandels. Wenn wir jetzt tatsächlich in eine Phase kommen, in der über einzelne Punkte verhandelt wird, wird sich zeigen, daß die Front der 77, die Front der Entwicklungsländer, in dem Maße auseinanderbricht, in dem sie von unterschiedlichen Interessen bestimmt ist.Ich glaube, daß wir unter Würdigung aller Umstände ein über Erwarten gutes Ergebnis erzielt haben. Die Opposition sollte sich den Sand aus ihren blauen Augen reiben. Wir sagen ja zu der Regierungserklärung.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir stehen am Ende der heutigen Plenarsitzung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 3. Juni, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.