Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Vermittlungsausschuß hat in seiner Sitzung am 11. März 1976 die nachstehenden, vom Deutschen Bundestag am 16. Januar bzw. 12. Februar 1976 beschlossenen Gesetze bestätigt:
Vierzehntes Strafrechtsänderungsgesetz
Gesetz zur Änderung des Kapitalverkehrsteuergesetzes
Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes Fünfzehntes Strafrechtsänderungsgesetz
Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes
Seine Schreiben sind als Drucksachen 7/4928 bis 7/4932 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 19. März 1976 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Vogel(Ennepetal), Dr. Miltner, Berger, Biechele, Dr. Riedl , Gerster (Mainz), Thürk, Spranger, Kunz (Berlin), Freiherr von Fircks, Dr. Wittmann (München), Gerlach (Obernau) und Genossen betr. Krankheitsbeihilfen im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht (Drucksache 7/4572) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/4920 verteilt.
Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 17. März 1976 mitgeteilt, daß die nachstehende Vorlage vom Rat der Europäischen Gemeinschaften abgelehnt wurde und sich dadurch ein Bericht an den Deutschen Bundestag erübrige:
Verordnung des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften (Drucksache 7/1999)
Der Präsident der Monopolverwaltung für Branntwein Berlin hat mit Schreiben vom 24. März 1976 den
Geschäftsbericht der Monopolverwaltung für Branntwein Berlin sowie die Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für das Geschäftsjahr 1974/75
übersandt. Der Bericht wird als Drucksache 7/4939 verteilt.
Wir treten in die Fragestunde
— Drucksache 7/4926 —
ein.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Die Frage 1 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Sperling eingereicht:
Ist die Bundesregierung bereit, die Mindestgrenzen für die von den Versicherungen zu deckenden Schadenssummen für ausländische Pkws, die in der Bundesrepublik Deutschland fahren, so zu erhöhen, daß in der Bundesrepublik Deutschland von solchen Fahrzeugen angerichtete Schäden auch tatsächlich abgedeckt werden können und geschädigte Bürger dieses Landes nicht gezwungen werden, sich an mittellose ausländische Fahrer zu halten?
Zur Beantwortung dieser Frage steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung. — Herr Staatssekretär.
Für die Mindestdeckungssummen in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung gelten nach § 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger vom 24. Juli 1956 für ausländische Kraftfahrzeuge die gleichen Bestimmungen wie für inländische Kraftfahrzeuge. Diese Mindestversicherungssummen sind zuletzt durch Verordnung vom 23. Juli 1971 mit Wirkung vom 1. August 1971 erhöht worden, und zwar auf 500 000 DM für Personenschäden, 750 000 DM für Personenschäden bei mehreren Geschädigten, 100 000 DM für Sachschäden und 20 00 DM für Vermögenschäden. Damit ist sichergestellt, daß in aller Regel ein ausreichender Schutz der Geschädigten bei Kraftfahrzeugunfällen gewährleistet ist, gleichgültig, ob diese durch Ausländer oder durch Inländer verursacht worden sind.Der Umstand, daß in seltenen Ausnahmefällen die Mindestdeckungssummen zur Deckung des gesamten Schadens nicht ausreichen, rechtfertigt eine generelle Heraufsetzung der Mindestversicherungssummen nicht, da der Zweck einer Pflichtversicherung nur darin zu sehen ist, eine Versicherungsdekkung sicherzustellen, die für den Regelfall zur Entschädigung des Verkehrsopfers ausreicht.Für eine Heraufsetzung der Mindestsummen speziell für Ausländer besteht kein rechtfertigender Grund, da von diesen Personen keine größere Gefährdung im Straßenverkehr ausgeht als von vergleichbaren Inländern.Die Bundesregierung beobachtet jedoch die Entwicklung sorgfältig und wird die erforderlichen Schritte unternehmen, wenn die verkehrstechnische Lage oder die wirtschaftlichen Verhältnisse eine Heraufsetzung der Mindestversicherungssummen in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung verlangen. Eine solche Änderung der Mindestversicherungssummen würde dann auch für ausländische Kraftfahrzeuge kraft Gesetzes gelten.
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16194 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Sperling.
Herr Staatssekretär, ist es nicht auch nach Ihrer Ansicht nicht ungewöhnlich, daß etwa ein ausländischer Lkw, vor allen Dingen wenn er möglicherweise Öl geladen hat, das ausfließt, einen Hausbrand mit einem Sachschaden von mehr als 100 000 DM anrichtet oder einen Unfall verursacht, der teure Bergungsmaßnahmen notwendig macht? Sollte man also nicht für Sachschäden an eine Erhöhung der Mindesthaftpflichtsumme denken?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Bei den von mir genannten Zahlen handelt es sich um Mindestdeckungssummen. Die Erfahrung lehrt, daß viele, ja wohl die meisten Kraftfahrzeughalter eine höhere Deckungssumme versichern. Der HUK-Verband hat auf Rückfrage erklärt, daß Schadenfälle nicht bekannt sind, bei denen die Deckungssummen nicht ausgereicht haben. Gleichwohl — das habe ich gesagt — wird weiterhin beobachtet, was insoweit anfällt.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, von mir eine Aufstellung — die ich Ihnen innerhalb von 14 Tagen beschaffen werde — über solche Fälle entgegenzunehmen, in denen die Dekkungssumme nicht ausgereicht hat?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Aber sicher, jederzeit. Ich darf hinzufügen, daß es eine Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße gibt sowie ein entsprechendes Gesetz aus dem Jahre 1975. Danach ist es schon möglich, bei der Beförderung gefährlicher Güter von seiten der zuständigen Behörden im Einzelfall besondere Maßnahmen zu treffen, auch höhere Versicherungssummen zu verlangen. Auf Grund dieser Bestimmungen wird zur Zeit geprüft, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Entsprechende Anfragen an die Länder sind im Jahre 1975 herausgegangen. Ein umfassendes Bild konnte sich die Bundesregierung bisher jedoch noch nicht machen.
Herr
Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz.
Die Frage 2 des Abgeordneten Lenzer aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Abgeordnete Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein hat die von ihm zum gleichen Geschäftsbereich gestellte Frage 3 zurückgezogen.
Im Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat der
Abgeordnete Höcherl — den wir hier sonst heute zum Geburtstag hätten beglückwünschen können — um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 81 gebeten.
— Machen wir. — Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Die Fragen 35 des Abgeordneten Dr. Müller , 36 des Abgeordneten Lenzer und 37 des Abgeordneten Braun werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Auch die Fragen 100 und 101 des Abgeordneten Schluckebier aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Logemann zur Verfügung.
Wir kommen zunächst zur Frage 26 des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling:
Auf welchem Weg ist es sichergestellt, daß bei der Verordnung über die Berufsausbildung zum Tierwirt vorn 10. März 1976 bei den in der Anlage zu § 4 in Abschnitt VI „Fünftes Ausbildungshalbjahr" unter lfd. Nummer 2 aufgeführten zu vermittelnden Fertigkeiten und Kenntnissen besonders bei Buchstaben c [Kürzen des Schwanzes (im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 und 4 des Tierschutzgesetzes)] und bei Buchstaben e [Absetzen des krallentragenden letzten Zehengliedes bei Masthahnenküken (im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 7 des Tierschutzgesetzes)] den Auszubildenden die nötigen medizinischen Kenntnisse vermittelt werden, um den Anforderungen des Tierschutzgesetzes zu genügen, und liegen zu den angesprochenen Regelungen der Verordnung bereits Stellungnahmen von Organisationen vor?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Dr. Sperling, die Ausbildung zum Tierwirt zielt darauf ab, eine Fachkraft heranzubilden, die alle in einer Spezialrichtung der Nutztierhaltung anfallenden Arbeiten selbständig erledigen kann. Hierzu gehört auch, daß der Tierwirt in der Lage ist, bestimmte für den Nutzungszweck notwendige Eingriffe an Tieren vorzunehmen, die nach den rechtlichen Bestimmungen nicht unbedingt von einem Tierarzt übernommen werden müssen. Der Ausbilder von Tierwirten, der in der Regel eine Meisterprüfung in der Nutztierhaltung abgelegt hat, besitzt auf Grund seiner gründlichen Berufsvorbereitung und seiner Erfahrungen die notwendigen Fertigkeiten und medizinischen Kenntnisse, um die genannten Eingriffe sachgemäß, d. h. auch unter Berücksichtigung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen, durchzuführen und die Auszubildenden entsprechend anzuleiten.Ich halte es für sinnvoll, wenn die Auszubildenden im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung zu-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976 16195
Parl. Staatssekretär Logemannsätzlich von Tierärzten oder tiermedizinisch vorgebildeten Fachkräften entsprechend unterwiesen werden.Zu den von Ihnen angesprochenen Regelungen der Verordnung liegen keine Stellungnahmen von Organisationen vor. Die bei der Erarbeitung der Verordnung beteiligten Sozialpartner, Verbände und Landesdienststellen haben sich mit dem Inhalt der Verordnung einverstanden erklärt:
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wundert es Sie nicht auch, daß die Tierschutzverbände angesichts der grauenerregenden Beschreibungen in dieser Ausbildungverordnung noch nicht protestiert haben?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Das wundert mich eigentlich nicht; denn diese Beschreibungen sind seit langem Gesprächsstoff gewesen, z. B. auch in den Beratungen über das Tierschutzgesetz.
Keine
weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Fragen 27 und 28 des Abgeordneten Dr. Ahrens auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 29 der Abgeordneten Frau Dr. Riedel-Martiny wird auf Wunsch der Fragestellerin schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nunmehr die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Löffler auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im innerdeutschen Handel verstärkt Blütentopfpflanzen aus der DDR nach Berlin zu einem Preis geliefert werden, der weit unter den Gestehungskosten vergleichbarer deutscher Gartenbaubetriebe liegt, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um auf diesem Gebiet einen unverfälschten Wettbewerb und damit den Bestand von rentablen Betrieben aufrechtzuerhalten, die durch Einräumung von Dumpingpreisen durch die DDR ernsthaft gefährdet sind?
Herr Staatssekretär.
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Löffler, in den ersten Monaten des Jahres 1976 sind in größerem Umfang Azaleen zu — gegenüber den Vorjahresmonaten — fallenden Preisen nach West-Berlin geliefert worden. Diese Bezüge aus der DDR waren Gegenstand von Gesprächen mit Vertretern des Ministeriums für Außenhandel der DDR auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1976. Die Bundesregierung geht davon aus, daß sich die DDR nach diesen Gesprächen entsprechend dem Berliner Abkommen auch bei ihren Lieferungen von Blütentopfpflanzen künftig an den Marktpreisen der Bundesrepublik Deutschland orientiert.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um in diesem Rahmen dafür zu sorgen, daß ein wirksamer, unverfälschter Wettbewerb herrscht und dadurch die rentablen Betriebe in Berlin erhalten bleiben?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege LöffLer, es ist versucht worden, die Möglichkeiten der Bundesregierung, soweit welche bestanden, auszuschöpfen. Diese Möglichkeiten sind im Wege der Gespräche, die ich soeben angedeutet habe, auch ausgeschöpft worden. Dadurch ist es auch gelungen, über die Weihnachtsfesttage hinaus zu einer Regelung zu kommen, die, wie ich glaube, damals zu keinen großen Beanstandungen Anlaß gegeben hat.
Eine Schwierigkeit liegt aber z. B. darin, daß es sich bei der Einfuhr von Blütentopfpflanzen um einen Alleinbezieher handelt; auch das erschwert unsere Situation etwas.
Eine
weitere Zusatzfrage.
Wäre die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, durch eine Kontingentierung der Liefermengen für ein Ende der Alleinbezugsrechte und der Dumpingpreise in diesem Bereich zu sorgen?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Wir werden uns auch in dieser Hinsicht bemühen, zu noch besseren Regelungen zu kommen, obwohl Kontingente nicht ganz einfach durchzustehen sind. Das ist ja auch vom Marktbedarf abhängig.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Eigen.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, mir den zeitlichen Ablauf Ihrer Verhandlungen darzustellen, zumal uns schon vor drei Jahren anläßlich eines Besuchs des Ernährungsausschusses in Berlin von den betroffenen Blumenhändlern vor allen Dingen die Einseitigkeit des Handelsverkehrs geschildert wurde?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Der zeitliche Ablauf ist so gewesen, daß wir uns immer dann eingeschaltet haben, wenn hier Wettbewerbsverzerrungen gegeben waren. Der letzte Stand ist der, daß wir in der vorigen Woche anläßlich der Leipziger Frühjahrsmesse noch einmal ein Gespräch mit den zuständigen Stellen in der DDR geführt haben.
Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Eigen auf:Wie wirkt sich die Umstellung der Indizes für landwirtschaftliche Erzeuger- und Betriebsmittelpreise auf das Basisjahr 1970 anstatt 1962/63 aus, zumal in der Bundesrepublik Deutschland durch die Aufwertung der DM 1969 die Agrarpreise 1970 besonders niedrig waren?Logemann, Parl. Staatssekretär: Die Umstellung der Agrarpreisindizes von der bisherigen Basis 1961/62 bis 1962/63 bzw. 1962/63 = 100 wurde vorgenommen, um den Warenkorb wieder den tatsäch-
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16196 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Parl. Staatssekretär Logemannlichen Verhältnissen anzupassen. Die Wahl des neuen Basisjahres 1970 erfolgte in Anpassung an die anderen Preisindizes — z. B. Preisindex der Lebenshaltung, Index der industriellen Erzeugerpreise — und entsprechend der mit den EG-Mitgliedsstaaten getroffenen Vereinbarung, die darauf hinzielt, eine notwendige Vergleichbarkeit der Indizes in der EG herzustellen.Die Änderungen in der Zusammensetzung des Warenkorbs gegenüber dem bisherigen Basisjahr haben nicht dazu geführt, daß die Indexergebnisse ein grundlegend verändertes Bild der Entwicklung zeigen. Die Indizes auf neuer Basis ergeben jedoch für die Erzeugerpreise wie für die Betriebsmittelpreise überwiegend etwas geringere Veränderungsraten als die Indizes auf der bisherigen Basis. Diese Tatsache wurde bereits bei früheren Umstellungen und auch bei den Neubasierungen der übrigen Indizes beobachtet und dürfte im wesentlichen dadurch zu erklären sein, daß sich die Nachfragestruktur im Laufe der Zeit zugunsten der Produkte mit verhältnismäßig niedrigen Preissteigerungen verschiebt. Die Umbasierung auf 1970 hat jedoch auf die Ermittlung von Preisveränderungsraten an Hand der neuen Indizes keinen Einfluß, weil der neue Index auf der Basis 1970 = 100 auch für die Jahre 1968 und 1969 bereits veröffentlicht worden ist, so daß auch Vergleiche mit Jahren vor 1970 angestellt werden können. Im übrigen wird neben dem Index ohne Mehrwertsteuer auch der Index mit Mehrwertsteuer veröffentlicht, der ja den Aufwertungsausgleich in Höhe von 3 % des Umsatzes einschließt.Die Bundesregierung ist der Meinung, daß die getroffene Entscheidung, die Agrarpreisindizes auf das Jahr 1970 umzustellen, zu einem sachlich vertretbaren Ergebnis geführt hat.
Zusatzfrage.
Sind Sie, Herr Staatssekretär, bereit, der Öffentlichkeit auch mitzuteilen, daß die Agrarpreissituation im Jahre 1970, wie im zweiten Teil meiner Frage gesagt, besonders schlecht war, daß dies in dem Agrarbericht des Jahres 1972, wo ja das Wirtschaftsjahr 1970/71 beschrieben wird, klar zutage tritt und dadurch eine völlige Verschiebung der Indizes zugunsten der Landwirtschaft und damit ein falsches Bild in der Öffentlichkeit entsteht?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, die Unterschiede sind in der Tat nicht so groß, wie Sie anzunehmen scheinen. Ich will Ihnen hier zwar nicht allzu viele Zahlen vortragen aber doch wenigstens einige:
Gegenüber dem Vorjahresmonat betrug im Oktober 1975 bei den Erzeugerpreisen der neue Index +15,7, der alte Index +18,6. November 1975: +16,7 neu, +18,8 alt. Dezember 1975: +19,8 neu, +21,2 alt. — Bei den Betriebsmittelpreisen lagen die Zahlen etwa wie folgt. Oktober: +5,7 neu, +7,0 alt. November: +5,3 neu, +6,6 alt. Dezember: +5,3 neu, + 6,5 alt.
Zusatzfrage.
Aber die Basis ist eine völlig andere.
Jetzt meine zweite Frage, Herr Staatssekretär. Man hat seinerzeit zwei Wirtschaftsjahre genommen, um für den Vergleich eine breitere Basis zu bekommen. Jetzt will man nur das Kalenderjahr 1970 als Basisjahr heranziehen. Ergeben sich aus dieser Einengung des Basiszeitraums nicht Verunsicherungen in der Darstellung?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, ich meine, daß das nicht so ist. Denn wir haben im Jahre 1970 etwa eine Mittellage zwischen Jahren mit günstigeren und Jahren mit weniger günstigen Verhältnissen gehabt. Außerdem habe ich gesagt, daß hier auch Zahlen bezüglich 1968/69 vorliegen.
Herr Kollege Löffler.
Herr Staatssekretär, können Sie jede irgendwie geartete Vermutung zurückweisen, daß die Bundesregierung dieses neue Basisjahr nur gewählt habe, um zu besseren Indexzahlen zu gelangen?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Ich glaube, das habe ich soeben schon deutlich gemacht. Dazu ist es nicht gewählt worden.
Im übrigen war eine Umstellung berechtigt. Gerade hinsichtlich des Warenkorbes war sie eigentlich seit langem überfällig.
Ich rufe die Frage 32 des Abgeordneten Eigen auf:Wie hoch wurde der Grenzausgleich wegen der Abwertung des französischen Franc festgesetzt, reicht die Höhe aus, um Wettbewerbsnachteile für die deutsche Landwirtschaft zu vermeiden?Logemann, Parl. Staatssekretär: Nach der Freigabe des Wechselkurses des französischen Franc wurde unverzüglich der Grenzausgleich für Frankreich nach den Regeln des gegenwärtigen Grenzausgleichssystems festgesetzt. Als prozentuale Basis für die Errechnung der Ausgleichsbeträge gilt die Währungsabweichung des französischen Franc gegenüber dem Durchschnitt der verbliebenen Blockwährungen. Für die erstmalige Festsetzung der Ausgleichsbeträge ab 25. März 1976 wurde danach ein Grenzausgleich von 2,6 % festgesetzt. Dabei wurde berücksichtigt, daß der „grüne Franc" mit Wirkung vom 25. März 1976 um 1,4 % abgewertet wurde. Bei einer Veränderung der Abwertungsrate erfolgt automatisch eine entsprechende Anpassung der Ausgleichsbeträge.Der Grenzausgleich für Frankreich gilt ausnahmslos für alle Agrarerzeugnisse, die dem nunmehr seit fast fünf Jahren bestehenden Grenzausgleichs-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976 16197
Parl. Staatssekretär Logemannsystem unterliegen. Wettbewerbsnachteile für die deutsche Landwirtschaft können damit vermieden werden.
Zusatzfrage.
Nennen Sie Verzögerungen von 14 Tagen, wie sie neuerdings auf seiten der Europäischen Kommission auch bei der Abwertung der italienischen Lira vorkommen, normal? Waren nicht bisher acht Tage der Zeitraum, innerhalb dessen ein Grenzausgleich bei Paritätsveränderungen festgesetzt werden mußte?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Ja, aber gewisse Verzögerungen gibt es praktisch immer. Ich kann nicht ausschließen, daß bei Verzögerungen zeitweise auch Nachteile entstehen können.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
' Eigen : Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung bei den Verhandlungen in Brüssel über die Neufestsetzung des Grenzausgleichs anläßlich der Abwertung des französischen Franc auch einmal wieder ventiliert, ob nicht — wenn schon der Grenzausgleich offensichtlich doch eine Dauereinrichtung sein soll, wie sich jetzt bei der Abwertung des Franc wieder erwiesen hat — weitere Produkte zu einem Marktpreis in den Grenzausgleich einbezogen werden sollten?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, Sie wissen, daß die Bundesregierung immer wieder Vorstöße in Ihrem Sinne gemacht hat. Aber Sie werden genauso wissen, wie schwierig es ist, in den Verhandlungen den jetzt bestehenden Grenzausgleich in der Form, wie er beschlossen worden ist, überhaupt durchzuhalten, so daß es außerordentlich schwierig ist, den Warenkatalog noch zu erweitern.
Ich lasse noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Früh zu.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß der Handel die acht, zehn oder vierzehn Tage, die er infolge der zu späten Festsetzung des Grenzausgleichs Zeit hat, nutzt, um zum Schaden der deutschen Landwirtschaft große Mengen der in dieser Zeit verbilligten Produkte in die Bundesrepublik zu bringen?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Früh, ich muß dazu doch wohl noch eine genauere Antwort geben. Nach der Freigabe des Wechselkurses des französischen Franc wurde unverzüglich der Grenzausgleich für Frankreich nach den Regeln des gegenwärtigen Grenzausgleichssystems festgesetzt. Als prozentuale Basis für die Errechnung der Ausgleichsbeträge gilt die Währungsabweichung des französischen Franc gegenüber dem Durchschnitt der verbliebenen Blockwährungen. Für die erstmalige Festsetzung der Ausgleichsbeträge ab 25. März 1976 wurde danach ein Grenzausgleich von 2,6 % festgesetzt. Dabei wurde berücksichtigt, daß der „grüne Franc", wie ich schon ausgeführt habe, mit Wirkung vom 25. März 1976 um 1,4 % abgewertet wurde. Bei einer Veränderung der Abwertungsrate erfolgt automatisch eine entsprechende Anpassung der Ausgleichsbeträge.
Ich rufe die Frage 33 des Abgeordneten Dr. Früh auf:
Kann die Bundesregierung Meldungen bestätigen, daß Importeure, Verarbeiter, Verteiler und Handelsorganisationen im Hinblick auf die zu erwartende Kautionsregelung seit Wochen pflanzliches Eiweiß für Futtermittel nur sehr zögernd abgegeben haben, um für hohe Lagervorräte den Kautionsaufschlag dem Abnehmer unberechtigterweise in Anrechnung stellen zu können, und wenn ja, welche Folgerungen wird sie daraus ziehen?
Herr Staatssekretär und Herr Abgeordneter Dr. Früh, wünschen Sie eine Verbindung der beiden Fragen?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Ich kann die beiden Fragen zusammen beantworten.
Dannrufe ich auch die Frage 34 des Abgeordneten Dr. Früh auf:Trifft es weiterhin zu, daß durch verschieden und pauschal berechnete Höhe der Kaution, uneinheitliche Einsetzungstermine, Nichteinlösung der Kaution, durch entsprechenden Einkauf von Magermilchpulver totale Verwirrung bei den Landwirten als Endabnehmer herrscht, und sieht sich die Bundesregierung deshalb in der Lage, durch eine Modellrechnung den Gesamtzusammenhang zwischen der Kaution für das pflanzliche Eiweiß und dem entsprechenden Abbau der Magermilchpulvervorräte so darzustellen, daß Mißbrauch, weil durch jeden Abnehmer nachprüfbar, nicht möglich sein wird?Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Früh, die Bundesregierung kann nicht bestätigen, daß der Handel und die Verarbeitungsbetriebe vor dem Inkrafttreten der Kautionsregelung Eiweißfuttermittel nur zögernd abgegeben haben. Nach hier vorliegenden Informationen haben die Betriebe vielmehr vor dem Inkrafttreten verstärkt gearbeitet und die Produktion gesteigert, um den Wünschen der Landwirtschaft auf schnelle Lieferung von Futtermitteln, die noch nicht mit Kaution belastet waren, entsprechen zu können. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß auf Grund der verstärkten Nachfrage nicht alle Kaufwünsche erfüllt werden konnten.Die Kautionsregelung beruht auf folgenden Daten. Die Kaution beträgt beispielsweise für eine Tonne Sojaschrot rund 27 Rechnungseinheiten. Auf Grund eines Einspruchs der Bundesregierung ist zu erwarten, daß bei der Umrechnung des in Rechnungseinheiten festgesetzten Kautionsbetrages in D-Mark die währungsbedingten Unterschiede durch die Anwendung eines Korrekturfaktors berücksichtigt werden. Danach ist zu erwarten, daß der Kautionsbetrag für Sojaschrot endgültig nicht 93,89 DM, sondern voraussichtlich 78,24 DM je Tonne betragen wird. Je Tonne Sojaschrot sind 50 kg Magermilchpulver abzunehmen. Auch hier wird der Korrekturfaktor angewendet, so daß der Kaufpreis für 50 kg Magermilchpulver nicht 90,78 DM, sondern voraussichtlich
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16198 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Parl. Staatssekretär Logemann75,62 DM betragen wird. Nach dem Kauf und der Denaturierung des Magermilchpulvers wird die Kaution wieder freigegeben. Die tatsächliche Belastung für den Abnehmer ergibt sich dann aus dein Unterschied zwischen dem Kaufpreis für das Magermilchpulver und dessen wirklichem Verarbeitungswert. Der Futterwert von 50 kg Sojaschrot dürfte mit 20 bis 22 DM anzusetzen sein, so daß sich ohne Berücksichtigung der Denaturierungskosten je Tonne Sojaschrot durch die Ankaufsverpflichtung eine Belastung von 53 bis 55 DM ergibt.Die Kautionsregelung — das müssen wir zugeben — hat in den ersten Tagen tatsächlich erhebliche Unsicherheit in den Markt getragen. Dies hatte vor allem folgende Gründe. Der Ministerrat mußte, da einige Mitgliedstaaten nicht in der Lage waren, die Maßnahme zu dem ursprünglich vorgesehenen Datum, dem 16. März 1976, anzuwenden, den Zeitpunkt des Inkrafttretens auf den 19. März 1976 hinausschieben. Wegen der Eilbedürftigkeit hatte der Ministerrat den Mitgliedstaaten außerdem für eine Übergangszeit die Durchführung bei der Einfuhr in nationaler Zuständigkeit vorläufig überlassen. Die vorläufigen Regelungen der Mitgliedstaaten sind inzwischen durch die Verordnung Nr. 677/76 der Kommission rückwirkend abgelöst worden.Ich bitte um Verzeihung, daß ich eine so lange Antwort gegeben habe.
Herr Dr. Früh, haben Sie eine Zusatzfrage?
Ja, Herr Präsident, denn diese Materie ist schwierig. Die Bundesregierung kann also nicht bestätigen, daß Eiweißfuttermittel nur zurückhaltend abgegeben wurden. Herr Staatssekretär, in der Praxis ist man jedoch ganz anderer Meinung. Sehen Sie eine Möglichkeit, bei Betrieben, insbesondere bei Verarbeitungsbetrieben, die Eiweißfuttermittel wirklich zurückgehalten, in Reservelager umgepumpt haben und jetzt nach der Kautionsregelung sehr große Mengen abgeben, nachzufassen und zu überprüfen, ob die Kautionsregelung nicht zu Lasten des Endabnehmers mißbraucht wird?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Früh, uns sind solche Fälle im einzelnen noch nicht bekannt. Wenn uns solche Fälle genannt werden, könnte man vielleicht entsprechend appellieren. Wir haben aber kaum Möglichkeiten, hier einzugreifen, sondern wir sind, wie ich glaube, tatsächlich auf den Wettbewerb zwischen den Futtermittelfirmen, zwischen Landhandel und Genossenschaften angewiesen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, von seiten der Bundesregierung, um diesen Wettbewerb zu fördern, diese verwickelte Materie deutlicher darzustellen und eventuell sogar Kalkulationsbeispiele darzulegen, damit der Endverbraucher, also der Landwirt, der sich in diesem Durcheinander nicht mehr auskennt, wirklich einen Maßstab erhält und beurteilen kann, wer ihn korrekt bedient oder wer mit Hilfe solch verwickelter Maßnahmen seine Bilanz verbessern will?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Ich nehme diesen Hinweis dankbar auf. Wir bemühen uns in der Tat, die Situation so einfach 'und so deutlich wie möglich darzustellen. Sie haben meinen Antworten aber schon entnehmen können, wie schwierig es ist, der landwirtschaftlichen Praxis gerade dieses Problem in einfacher Form näherzubringen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Bundesregierung ohne Rechtsgrundlage durch eine EG-Verordnung rechtsverbindliche Maßnahmen durch die Bekanntmachung vom 11. März 1976 getroffen hat, die eine Belastung pflanzlicher Eiweißstoffe aus Drittländern zur Folge haben?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Ich kann lediglich auf das hinweisen, was ich eben ausgeführt habe. Die Kautionsregelung bedeutet eine Belastung der Einfuhren von eiweißhaltigen Produkten aus Drittländern. Insofern muß ich diese Belastung bestätigen. Ich muß aber hinzufügen, daß die Bundesregierung sich in Brüssel beim Ministerrat vergeblich bemüht hat, das Beschreiten dieses Weges, der sehr kompliziert ist und in der Praxis viele Schwierigkeiten mit sich bringen wird, zu verhindern. Wir haben ja alternative Vorschläge gemacht. Sie werden sich daran erinnern, daß die Bundesregierung sich sehr frühzeitig mit dem Problem der Überschüsse in der EG beschäftigt hat. Ich erinnere an die Kabinettssitzung in Dinklage im Herbst 1973. Es sind auch danach immer neue Vorschläge — auch im Ministerrat in Brüssel — in Richtung auf eine Bestandsaufnahme unterbreitet worden. Man ist diesen Vorschlägen nicht gefolgt und hat jetzt dieses komplizierte System beschlossen. Wir sehen uns jetzt mit den Schwierigkeiten konfrontiert, dieses System in der Abwicklung so einfach wie möglich darzustellen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bremm.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Durchführungsbestimmungen für die Denaturierung bisher noch nicht bekanntgemacht worden sind, und wie hoch ist nach Auffassung der Bundesregierung der Aufwand für die Denaturierung des Magermilchpulvers?Logemann, Parl. Staatssekretär: Der technische Aufwand für die Denaturierung ist sehr niedrig. Er ist fast Null, wenn man größere Mengen denaturieren läßt. Ich glaube, ab 10 Tonnen ist kaum eine
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976 16199
Parl. Staatssekretär LogemannBelastung vorhanden. Bei kleineren Mengen ist also eine geringe Belastung da.
Herr Abgeordneter Susset.
Herr Staatssekretär, es wird immer wieder das überstürzte Inkrafttreten dieser Kautionsregelung bedauert. Ich frage Sie deshalb: Warum hat sich die Bundesregierung nicht von vornherein für einen späteren Zeitpunkt der Anwendung eingesetzt, nachdem man damit rechnen mußte, daß die übrigen EG-Länder diese Regelung gar nicht so schnell in Kraft setzen könnten und auch die Kommission die Durchführungsvorschriften nicht so rasch erarbeiten könne?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Ich bin der Meinung, daß man solche Vorschriften, wenn sie so kompliziert sind und solche Auswirkungen haben, schnell in Kraft setzen muß. Sonst wird die Gefahr eines Mißbrauchs immer größer. Solche Vorschriften müssen sich so rasch wie möglich auswirken können.
Letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Eigen.
Herr Staatssekretär vor dem Hintergrund Ihrer Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Dr. Früh, daß das schon ganz gut funktioniere, frage ich Sie: Wie sind die Aussagen des Verbandes der Futtermittelindustrie zu verstehen, daß die ganze Sache trotz der ständigen Verhandlungen mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Forsten in eine Katastrophe münden wird?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, das müssen Sie mir einmal schriftlich geben, damit wir im einzelnen antworten können. Ich weiß, daß laufend Gespräche stattfinden, auch mit der Futtermittelindustrie. Wir kennen auch die Schwierigkeiten hinsichtlich der Auswirkungen. Das habe ich durchaus zugegeben. Andererseits ist es auch — wie gesagt — so, daß die Bundesregierung diesen Weg in Brüssel nur sehr widerstrebend mitgegangen ist. Sie kennen die Gründe, warum das geschehen ist.
Herr Abgeordneter Dr. Früh, Sie haben noch zwei Zusatzfragen.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, sich bei der Kommission der EG in Brüssel nachdrücklich dafür einzusetzen, daß die sich für die betroffenen Veredlungsprodukte, Eier, Geflügel, Schweine, als Folge der Kautionsstellung ergebenden Steigerungen der Produktionskosten in vollem Umfang durch eine Erhöhung der Abschöpfungen bei der Einfuhr bzw. der Erstattung bei der Ausfuhr ausgeglichen werden können?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Genau diese Argumente haben wir immer als Gegenreaktion auf die Vorlage der Kommission angeführt. Wir hatten — ich darf noch einmal darauf zurückkommen — einen Vorschlag gemacht, der eine Belastung dieser Bereiche ausschloß und lediglich auf eine Belastung bei Überproduktion innerhalb der Milchwirtschaft abstellte.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Ist die Bundesregierung bereit, dafür Sorge zu tragen, daß die Mehrbelastungen aus der Kautionsstellung durch die betroffenen Wirtschaftszweige nur gesondert ausgewiesen und nicht der Mehrwertsteuer unterworfen werden?
Im übrigen muß ich aus Ihren Aussagen schließen, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, meine erste Frage positiv zu behandeln und eine Erhöhung der Abschöpfung bzw. Erstattung zu beantragen.
Logemann, Parl. Staatssekretär: Die Kaution als solche ist nicht mehrwertsteuerpflichtig. Allerdings wird beim Landwirt eine Mehrwertsteuerpflicht ausgelöst, die in der Regel aber durch Pauschalierung wieder aufgefangen wird.
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Eigen.
Herr Staatssekretär, wie stellt sich der Ministerrat — und hier hat die Bundesregierung die Möglichkeit, ihre Intentionen einzubringen — die Beendigung der Aktion vor? Sie soll doch bis zum 31. Oktober begrenzt sein. Es würde eine völlige Veränderung des gesamten Futtermittelmarktes geben, weil die Futtermittelindustrie gar nicht in der Lage ist, im Sommer für die Wintersaison vorzuarbeiten, beispielsweise bei Kuhschrot.
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, es ist bekanntgemacht worden — und ich habe auch darauf hingewiesen —, daß im Ministerrat auch beschlossen wurde, daß bis September eine neue Form der Erzeugerbeteiligung oder Mitverantwortung oder Mitfinanzierung von Überschüssen gefunden werden soll. Dazu hat die Bundesregierung in hinreichendem Maße Vorschläge vorgelegt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Schmude zur Verfügung.Ich rufe die Frage 4 des Abgeordneten Meinike auf:
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16200 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenWie beurteilt die Bundesregierung die Notwendigkeit und die gesetzlichen Möglichkeiten, der offensichtlichen Umgehung des § 25 des Parteiengesetzes, der bei Spendenleistungen über 20 000 DM an politische Parteien die Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders zwingend vorschreibt, Einhalt zu gebieten, und wird sie entsprechende Schritte unternehmen?Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Meinike, es ist nicht zu verkennen, daß anonyme Großspenden und Zuwendungen an Privatleute bzw. Vereinigungen, die dann ihrerseits den Parteien Geldspenden zukommen lassen, den Sinn und Zweck der vorgeschriebenen Rechenschaftslegung über die Parteieinnahmen beeinträchtigen. Denn damit wird es den Wählern — und im übrigen auch den Parteien — erschwert, Verflechtungen von politischen und wirtschaftlichen Interessen zu erkennen.
Von einer Umgehung des § 25 des Parteiengesetzes kann allerdings bei der Annahme anonymer Spenden dann nicht gesprochen werden, wenn die begünstigte Partei die Spenden von ihr tatsächlich nicht bekannten Geldgebern erhält. Sie kann solche Spenden nur als anonyme Eingänge in ihrem Rechenschaftsbericht aufführen. Gleiches gilt bei Großspenden von Privatleuten oder Vereinigungen, bei denen anzunehmen ist, daß darin viele Einzelzahlungen von Spendern, die ungenannt bleiben wollen, zusammengefaßt sind.
Eine rechtswidrige Umgehung des § 25 des Parteiengesetzes liegt jedoch vor, wenn eine Partei selbst Vorkehrungen zur Verheimlichung der Herkunft von Spenden durch den Einsatz von Mittelsmännern oder durch die Gründung von Vereinigungen als „Zahlstellen" trifft. Das Gesetz enthält den deutlichen Appell an die Parteien, auf möglichst weitgehende Offenlegung hinzuwirken.
In ihren bisherigen Stellungnahmen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages hat die Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, daß es in erster Linie Aufgabe des Parlaments selbst ist, die Unabhängigkeit der politischen Parteien gegenüber Geldgebern zu wahren. Ich verweise hier nochmals darauf, daß das Parteiengesetz und die dazu ergangenen Änderungsgesetze jeweils auf Initiative des Bundestages beschlossen worden sind. Das sollte auch für gesetzliche Vorkehrungen gegen die Umgehung des Öffenlegungsgebotes gelten.
Eine
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung dennoch bereit wäre, eine von mir als notwendig angesehene Initiative des Parlaments zur Änderung des Parteiengesetzes dahin gehend zu unterstützen, daß sie die rechtliche Frage prüft, inwieweit im Falle der Unmöglichkeit, den Namen des Spenders zu nennen, ein Verfall der Spenden an den Fiskus zulässig sein sollte.
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Meinike, falls eine solche Initiative von diesem
Hause ergriffen wird, ist die Bundesregierung selbstverständlich — wie in anderen Fällen auch — bereit, mit Rat und Tat zu helfen und Unterstützung zu leisten, und zwar auch in dem von Ihnen angedeuteten Sinne.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Notwendigkeit, den ausgewiesenen anonymen Spenden insoweit nachzugehen, ob der Verdacht strafbarer Handlungen mit diesen Spendenleistungen verbunden sein könnte bzw. ob die Entstehung der Spenden auf strafbare Handlungen zurückzuführen ist?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Meinike, ich kann den Zusammenhang mit einem strafbaren Verhalten, den Sie ansprechen, hier nicht erkennen. Ich kann von daher gesehen auch über das, was ich zu Ihrer Hauptfrage ausgeführt habe, hinaus keine Stellung nehmen.
Wir
kommen jetzt zur Frage 5 des Herrn Abgeordneten Würtz, die ja mit besonderem Interesse erwartet wird:
Welche Gesamtkosten entstehen durch die Anordnung des Bundesinnenministeriums, die Dienstkleidung der Kraftfahrer im Bundesdienst künftig mit Biesen zu versehen?
Bitte!
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Würtz, das Bundesministerium des Innern hat die Anbringung von Biesen an der Dienstkleidung von Kraftfahrern im Bundesdienst nicht angeordnet. Es hat lediglich auf die 1973 neugefaßten und vereinheitlichten Dienstkleidungsbestimmungen für Kraftfahrer und Amtsgehilfen hingewiesen. Damals sind die erforderlichen Kennzeichnungen der Dienstkleidung auf ein Mindestmaß reduziert worden. Für Kraftfahrer ist ebenso wie für Amtsgehilfen zur Unterscheidung von Privatkleidung nur noch die Anbringung einer dunkelblauen Paspel am Kragen des Jacketts erforderlich. Bei einer Dienstkleidung, die auf Kosten des Bundes beschafft wird, ist eine Mindestkennzeichnung erforderlich, um ihren Charakter als Dienstkleidung zu erhalten. Anderenfalls wäre die Gestellung der Dienstkleidung eine Sachleistung, die bei den Bezügen zu berücksichtigen und auch zu versteuern wäre.
Das Jackett ist übrigens das einzige Dienstkleidungsstück mit einer äußeren Kennzeichnung. Sie wird vom Hersteller angebracht, ist Bestandteil der Dienstkleidung und somit im Beschaffungspreis enthalten. Ein nennenswerter Anteil der Herstellungskosten wird für die Kennzeichnung nicht aufgewandt.
Herr
Kollege Würtz.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß auf Umrüstmaßnahmen auch im Bereich des Bundesministers der Verteidigung verzichtet wird?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Die Erinnerung an die Richtlinie von 1973, von der ich sprach, weist in einem Schreiben vom 5. März 1976 an die obersten Bundesbehörden ausdrücklich darauf hin, daß sie sich auf mit der Beschaffung von Dienstkleidung zusammenhängende Anfragen bezieht. Das heißt, es ist nicht und soll keineswegs die Anregung oder gar Anordnung gegeben werden, schon vorhandene Dienstkleidung zu überarbeiten und dabei eventuell besondere Mittel aufzuwenden.
Ich rufe die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Gerster auf:
Trifft es zu, daß im öffentlichen Bereich die Zahl der Ausbildungsplätze ständig zurückgeht, obwohl in der derzeitigen Phase der Jugendarbeitslosigkeit und einer zu geringen Zahl qualifizierter Ausbildungsplätze auch staatliche und kommunale Behörden in besonderem Maße verpflichtet sind, Ausbildungsplätze für Jugendliche bereitzustellen, und wenn ja, welche Folgerungen wird die Bundesregierung daraus ziehen?
Herr Staatssekretär.
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Gerster, es trifft nicht zu, daß die Gesamtzahl der besetzten Ausbildungsplätze im unmittelbaren öffentlichen Dienst in den letzten Jahren ständig zurückgegangen ist. Die Erhebungen des Statistischen Bundesamtes zeigen vielmehr in den Jahren von 1969 bis 1975 eine stetige Vermehrung des in Ausbildung befindlichen Personals. Es waren im öffentlichen Dienst des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der rechtlich unselbständigen Wirtschaftsunternehmen, der Bundesbahn und der Bundespost für eine Verwendung als Beamter, Angestellter oder Arbeiter in Ausbildung: 1969 168 062 Personen, 1972 216 886 Personen — das ist eine Zunahme von 29 % in drei Jahren —, 1974 224 795 Personen — das ist eine Zunahme von 3,6 % in zwei Jahren — und 1975 230 474 Personen — das ist eine Zunahme von 2,5 % —.
Nicht in allen Bereichen war jedoch die Entwicklung gleichmäßig. So hat sich 1975 die Zahl der Auszubildenden im Bereich des Bundes um 356 Personen, der Bundesbahn um 70 Personen und der Bundespost um 5 138 Personen vermindert. Diese Entwicklung ist allgemein zurückzuführen auf die Haushaltseinsparungen im Personalsektor, die Auswirkungen von Rationalisierungsmaßnahmen und insbesondere im Bereich der Bundespost auf den Rückgang des Verkehrsaufkommens, die Verringerung der Abwanderung der ausgebildeten Nachwuchskräfte in die gewerbliche Wirtschaft sowie die erforderlich gewordenen Kürzungen der Investitionen im Fernmeldewesen.
Die unterschiedliche Entwicklung der Zahlen des in Ausbildung befindlichen Personals im Bereich des Bundes gegenüber den Ländern und Gemeinden ist mit abhängig vom Gesamtpersonalbestand. Während sich von 1974 auf 1975 in der Bundesverwaltung das gesamte Personal um 1 319 Personen vermehrt hat, ist eine Verminderung bei der Bundesbahn um 9 340 Personen und bei der Bundespost um 7 321 Personen zu verzeichnen. In der gleichen Zeit hat der Personalbestand bei den Ländern um 35 998 Personen und bei den Gemeinden um 19 559 Personen zugenommen.
Die Bundesregierung hat mit dem Sonderprogramm zur Durchführung zusätzlicher berufsbildungspolitischer Maßnahmen 100 Millionen DM vorgesehen, die zum wesentlichen Teil für die Nutzung vorhandener bisher nicht besetzter Ausbildungsplätze bei der Bundesbahn und der Bundespost eingesetzt werden. Dadurch werden die in diesen Bereichen über den eigenen Bedarf hinaus zur Verfügung gestellten Ausbildungsplätze auf etwa 3 200 vermehrt werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie angesichts der Tatsache, daß die Zahl der Ausbildungsplätze im Bereich der öffentlichen Hand nicht abgenommen, sondern, wie Sie sagen, sogar leicht zugenommen hat, gleichzeitig aber die Zahl der Ausbildungsstellen gerade im Bereich der Bundesbehörden, etwa der Deutschen Bundespost, in drei Jahren von 6 000 auf 1 800 zurückgegangen ist, eine besondere Pflicht des Bundes darin sehen, die vorhandenen Ausbildungskapazitäten zumindest künftig stärker und voll zu nutzen?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Dieser besonderen Pflicht, wie Sie es nennen, Herr Kollege, haben auch Bundespost und Bundesbahn schon Rechnung getragen, indem sie, ohne die Mittel aus dem Sonderprogramm in Anspruch zu nehmen, zusätzliche 1 800 Ausbildungsplätze zur Besetzung freigestellt haben, 1 800 Plätze, die sie für den eigenen Bedarf an sich nicht brauchen. Angesichts des Personalrückgangs in diesen beiden Bereichen meine ich aber, eine Erklärung dafür gegeben zu haben, daß es nicht möglich war, den alten Bestand an besetzten Ausbildungsplätzen aufrechtzuerhalten.
Sie haben noch eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich noch einmal konkret fragen: Hielten Sie es für geboten, die bereitstehenden Ausbildungsplätze in jedem Fall auszuschöpfen, auch dann, wenn die Bundespost später die ausgelernten jungen Menschen nicht übernehmen kann? Hielten Sie das nicht deshalb für geboten, weil Jugendarbeitslosigkeit in sich zwar schon dramatisch genug ist, aber Jugendarbeitslosigkeit verbunden mit einem Mangel an Ausbildung noch bedeutend gravierender und für die Entwicklung der jungen Menschen negativer zu werten ist, als wenn sie wenigstens eine Ausbildung erhalten können?
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16202 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Im Rahmen des Möglichen schöpft die Bundesregierung in ihrem Bereich die Ausbildungskapazität aus.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden: Ist die Zahl der vorhandenen Ausbildungsplätze bei Post und Bahn erheblich höher als der Bedarf an Stellen für Auszubildende?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Entschuldigung, Herr Kollege, würden Sie die Frage bitte noch einmal wiederholen?
Habe ich Sie richtig verstanden, daß die vorhandene Zahl der Ausbildungsplätze bei Post und Bahn erheblich höher ist als der Bedarf an Stellen für Auszubildende?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Das ist, nachdem sich Bundesbahn und Bundespost bereit erklärt haben, zusätzlich 1 800 Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, der Fall. Es ist noch stärker der Fall, nachdem durch die Mittel aus dem Sonderprogramm weitere 1 400 Ausbildungsplätze zusätzlich besetzt werden. Insoweit ist also die Zahl der Auszubildenden höher als der Bedarf an ausgebildeten Kräften in diesen Bereichen.
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für geboten, daß die Bundesregierung wirklich auch den allerletzten Platz an Ausbildungsmöglichkeiten in ihrem Bereich besetzen läßt, da sonst doch wohl die Appelle etwa an die freie Wirtschaft, die Jugendarbeitslosigkeit beseitigen zu helfen, irgendwie unglaubwürdig werden?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Ich habe Ihnen die Maßnahmen, welche die Bundesregierung ergriffen hat, dargestellt. Ich meine nur, daß eine gewisse Einschränkung bei dem von Ihnen geäußerten Appell am Platze ist, und zwar im Hinblick darauf, daß es Spezialausbildungen gibt, die einer anderen Verwendung anschließend in der Tat nicht mehr zugänglich sind. Durch eine derartige Ausbildung könnte ein Jugendlicher auf den falschen Weg gelenkt werden, wenn er dann in drei Jahren die seiner Ausbildung entsprechende Beschäftigung nicht findet. Dies alles wird mit abzuwägen sein, wenn man darüber entscheidet, wieweit man eine Überkapazität im Ausbildungsbereich in Kauf nimmt.
Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Hölscher hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage 7 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen damit zu den Fragen 8 und 9 des Herrn Abgeordneten Dr. Waigel. Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal; die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Auch der Herr Abgeordnete Gansel hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage 10 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen somit zur Frage 11 des Herrn Abgeordneten Grimming. Da der Herr Abgeordnete nicht im Saal ist, wird die Frage schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern erledigt. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Offergeld zur Verfügung.
Die Fragen 12 und 13 der Herren Abgeordneten Ollesch und Höcherl werden schriftlich beantwortet, da die Fragesteller nicht anwesend sind. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Meinike auf, der noch einmal in einer weiteren Frage auf dieses Thema zurückkommt:
Ist die Bundesregierung bereit, den erneut erhobenen Vorwürfen steuerlicher Manipulationen im Zusammenhang mit der Zahlung von Spenden von gemeinnützigen Körperschaften an politische Parteien noch einmal nachzugehen und eingehende Prüfungen vorzunehmen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, das Bundesfinanzministerium geht allen konkreten Vorwürfen nach, wonach bei der Zahlung von Spenden an politische Parteien durch oder über gemeinnützige Körperschaften steuerliche Manipulationen vorgekommen sein sollen. Dies ist auch auf Grund der in jüngster Zeit gegen einige staatspolitische Vereinigungen erhobenen Vorwürfe geschehen. Das Bundesfinanzministerium hat die zuständigen Landesfinanzbehörden um steuerliche Überprüfung gebeten. Dabei ist von folgender Rechtslage auszugehen:Erstens. Spenden an politische Parteien können nur bis zur Höhe von insgesamt 600 DM, bei zusammenveranlagten Ehegatten bis zur Höhe von insgesamt 1 200 DM im Jahr abgezogen werden. Diese Begrenzung des Spendenabzugs kann nicht durch Zwischenschaltung einer Körperschaft umgangen werden.Zweitens. Die Unterstützung politischer Parteien und die Beschaffung von Geldmitteln für politische Parteien sind keine gemeinnützigen Zwecke im Sinne des Gesetzes. Körperschaften, die nach Sat-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976 16203
Parl. Staatssekretär Offergeldzung oder tatsächlicher Geschäftsführung derartige Zwecke verfolgen, können nicht als gemeinnützig anerkannt werden. Sie sind infolgedessen nicht zum Empfang steuerbegünstigter Spenden und zur Ausstellung steuerwirksamer Spendenbescheinigungen berechtigt.Ich bin gern bereit, Ihnen zu gegebener Zeit über das Ergebnis der Überprüfung zu berichten, soweit das Steuergeheimnis das möglich macht.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie insbesondere auch die in den Rechenschaftsberichten der politischen Parteien genannten gemeinnützigen und staatspolitischen Vereine überprüfen werden, und teilen Sie meine Auffassung, daß ja die Einnahmen dieser Körperschaften unmittelbar und selbstlos für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden müßten und daß in diesen Fällen — —
Herr Kollege, Sie wollen wohl Ihr Zusatzfragerecht mit nur einer Zusatzfrage konsumieren.
— Wir müssen hier ein Fragezeichen machen. Bitte, Herr Staatssekretär.
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Meinike, wir werden allen Anhaltspunkten, die vorliegen, nachgehen. Wir werden also alle Vereinigungen überprüfen, bei denen Zweifel auftreten könnten. Das zum ersten Teil Ihrer Frage.
Herr Kollege Meinike, Sie wollten noch eine weitere Frage stellen. Bittei
Darf ich dann auf Grund Ihrer Antwort fragen, ob in den Fällen, in denen diese Körperschaften ihre Einnahmen, die ja sicherlich aus Spenden herrühren, an Parteien weitergegeben haben, ihnen die Gemeinnützigkeit entzogen werden muß?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Falls dies, was Sie Ihrer Frage unterlegen, geschehen sein sollte, werden natürlich die steuerlichen Konsequenzen daraus gezogen werden müssen. Dies steht für uns ganz fest. Wir und auch die Landesfinanzbehörden müssen da nach dem Gesetz verfahren, und die Rechtslage habe ich Ihnen ja kurz darzustellen versucht.
Ich rufe Frage 15 des Herrn Abgeordneten Ey auf:
Trifft es zu, daß den Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Deutschen Bundespost die Mit- oder sogar Hauptverantwortung für den Verlust von mindestens 650 Millionen DM trifft, den eine von der öffentlichen Hand getragene Bank erlitten hat?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Ey, an der Bank, die Sie wohl im Auge haben, ist der
Bund nicht beteiligt. Ich kann mich daher zu Ihrer Frage nicht äußern.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für vertretbar und für zweckmäßig, Ämterhäufungen im Bereich der Aufsicht und Führung öffentlicher Unternehmen und Banken wie im Falle der Bundespost zuzulassen?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ich glaube nicht, daß es sich hier um eine Ämterhäufung handelt, die zu Bedenken Anlaß geben könnte. Daß es im Bankengewerbe sehr oft vorkommt, daß eine Persönlichkeit in verschiedenen Gremien tätig ist, ist bekannt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß auf die Einhaltung der gesetzlich festgelegten Verantwortlichkeiten im Bereich öffentlicher Unternehmen und Banken nicht verzichtet werden kann und darum offene Verstöße — etwa gegen das Kreditwesengesetz — zu Konsequenzen führen müssen?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ja.
Ich rufe Frage 16 des Abgeordneten Ey auf:
Trifft es zu, daß ein Gutachten eindeutig die Mit- oder Hauptverantwortung des Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Deutschen Bundespost an dem Bankendebakel festgestellt hat, und wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, es zu prüfen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen ist ein Gutachten bekannt, auf das sich Ihre Frage möglicherweise bezieht. Das Amt hat sich selbstverständlich mit diesem Gutachten befaßt. Ich kann Ihnen aber den von Ihnen vermuteten Inhalt nicht bestätigen und zum Ergebnis der Prüfung auch nichts Näheres mitteilen, weil dem § 9 des Kreditwesengesetzes entgegensteht. Sie wissen ja, daß es da eine Geheimsphäre gibt.
Sie haben die Möglichkeit, zwei Zusatzfragen zu stellen.
Herr Staatssekretär, führt die anscheinende Anonymität der öffentlichen Verlustträger — auch besonders im Bankenreich — nicht zu einer zusätzlichen Belastung bzw. Besteuerung aller Bundesbürger, die außerhalb der Parlamentskontrolle und der Parlamentsbeschlüsse liegt?Offergeld, Parl. Staatssekretär: Daß das Konsequenzen für die Finanzsituation der Träger derarti-
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16204 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Parl. Staatssekretär Offergeldger öffentlicher Banken hat, liegt auf der Hand, Herr Kollege.
Die
zweite Zusatzfrage.
Ist, Herr Staatssekretär, die Bunresregierung mit mir der Meinung, daß möglicherweise die Ämterhäufung bei der Führung von öffentlichen Banken und Unternehmen ein wesentlicher Grund für die — verglichen mit dem Fall Herstatt — um ein Vielfaches höheren Verluste der ins Gerede gekommenen öffentlichen Banken sein kann? .
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Nein.
Ich rufe Frage 17 des Abgeordneten Dr. Kunz auf:
Welche Kfz-Steuerausfälle entstehen der Bundesrepublik Deutschland jährlich dadurch, daß Lastkraftwagen aus anderen Staaten durch und aus der DDR über die Grenzkontrollstellen kommen und keine Kfz-Steuer zu entrichten haben?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung schätzt, daß eine Besteuerung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern, die in der DDR und in Berlin zugelassen sind und sich vorübergehend im Bundesgebiet und in Berlin (West) aufhalten, bei dem gegenwärtigen Umfang des Verkehrs zu einem jährlichen Mehraufkommen an Kraftfahrzeugsteuer von etwa 6 bis 8 Millionen DM führen würde. Bei Fahrzeugen, die im Ausland zugelassen sind und über die DDR in das Bundesgebiet oder in Berlin (West) einfahren, könnte im Fall der Besteuerung mit einem Mehraufkommen von jährlich etwa drei bis vier Millionen DM gerechnet werden. In Betracht kommen im wesentlichen Lastkraftfahrzeuge. Der Verkehr mit Kraftomnibussen ist gering. Für Personenkraftwagen wäre regelmäßig Steuerfreiheit gegeben.
Die Schätzungen liefern nur Annäherungswerte, weil die Durchschnittswerte der Aufenthaltsdauer und des maßgeblichen Gesamtgewichts sowie der Anteil der durch Gegenseitigkeitsabkommen befreiten ausländischen Fahrzeuge nicht bekannt sind. Die Dauer des Aufenthalts und andere Faktoren spielen ja eine Rolle für die Höhe der Steuer.
Im übrigen muß berücksichtigt werden, daß eine Besteuerung der genannten Fahrzeuge voraussichtlich zu weiteren Abkommen über einen gegenseitigen Verzicht auf die Kraftfahrzeugsteuer führen würde. Derartige Wünsche liegen uns jedenfalls schon von russischer und von polnischer Seite vor.
Eine
Zusatzfrage, Herr Dr. Kunz.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß Lkw beispielsweise über die CSSR einreisen und über die DDR ausreisen und somit keine Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen haben?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ja.
In welchem Umfang etwa?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, Herr Kollege. Ich weiß nicht, ob wir diese Zahlen spezifiziert haben. Ich habe sie jedenfalls nicht zur Hand. Falls sie feststellbar sind, werde ich sie Ihnen gern mitteilen.
Ist die Bundesregierung bereit, diesen Mißbrauch abzustellen?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ja, die Bundesregierung erwägt gesetzgeberische Maßnahmen. Ich darf Sie darauf hinweisen, daß in einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Kraftfahrzeugsteuer, der schon erarbeitet worden war, entsprechende Maßnahmen vorgesehen waren.
Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
ist die Schätzung eines Sparer-Kaufkraftverlustes seit 1970 in Höhe von 180 Milliarden DM richtig, und welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung auch angesichts der neuerlichen Zinssenkungen, um weitere Schäden von den Sparern abzuwenden, die ihre Zinsen, die die Verluste nicht decken, grundsätzlich auch noch versteuern müssen?
Herr Staatssekretär.
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung hat es immer abgelehnt — und dies auch schon hier im Parlament mehrfach begründet —, Kaufkraftverluste der privaten Sparer zu errechnen, weil dies zu irreführenden Ergebnissen führen würde. Die Gründe hat sie in der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betreffend Geld- und Kreditpolitik, Drucksache 7/2103, dargelegt. Einen wichtigen Grund, nämlich die ganz unterschiedliche Verwendung der Ersparnisse, hat die Bundesregierung Ihnen auch schon mit Schreiben vom 18. März 1976 mitgeteilt.
Die jüngsten Zinssenkungen sind das Ergebnis der Erfolge der Stabilitätspolitik der Bundesregierung. Für das laufende Jahr wird ein weiterer Rückgang der Lebenshaltungskosten erwartet. Bei einer gleichlaufenden Entwicklung der langfristigen Zinsen und der Steigerung der Lebenshaltungskosten sind weitere Nachteile füt die Sparer nicht zu erkennen. Im Gegenteil, soweit die Sparer in den vergangenen Jahren Ersparnisse langfristig zu festen Zinssätzen angelegt haben — und das ist in erheblichem Umfang geschehen —, verbessert sich ihre Situation.
In dem bereits erwähnten Schreiben an Sie vom 18. März 1976 wurde Ihre Aufmerksamkeit auch auf die Entlastung gelenkt, die insbesondere Sparer durch die Steuerrefom erfahren haben.
Zusatzfrage.
Herr Staatsekretär, da Sie erneut keine absoluten Zahlen nennen
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976 16205
Dr. Schulze-Vorbergwollen und insbesondere nicht die 180 Milliarden DM bestätigen wollen, die die Sparer nach Berechnungen der Banken und Sparkassen verloren haben, darf ich Sie fragen: 1st es nicht die größte Irreführung der Sparer, wenn sich die Bundesregierung weigert, überhaupt irgendwelche Zahlen zu nennen, da sie doch nach Adam Riese sehr einfach zu errechnen sind?Offergeld, Parl. Staatssekretär: Nein, das ist keine Irreführung, Herr Kollege. Ich muß noch einmal darauf hinweisen: Wir haben in der Antwort auf diese Kleine Anfrage ausführlich dargelegt, warum das nicht möglich ist — weil einfach die Verwendung der Ersparnisse sehr unterschiedlich ist — und daß mit solchen pauschalen Berechnungen niemandem gedient ist.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Sie sind also der Meinung, Herr Staatssekretär, daß nicht einfach aus der Höhe der Spareinlagen und der Summe der Entwertungen klarzumachen ist, wie hoch die Entwertung für unsere Sparer im Jahr tatsächlich ist?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Nein, das ist so einfach nicht klarzumachen. Ich verweise noch einmal auf die Antwort auf die Kleine Anfrage. Es würde den Rahmen der Fragestunde sprengen, wenn ich das alles im einzelnen jetzt noch einmal darlegen müßte.
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Fiebig auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das französische Alkoholmonopol den deutschen Markt mit reinem Alkohol zu einem Hektoliterpreis von z. Z. 170 FF überschwemmt, dagegen im eigenen Land einen Preis von 420 FF verlangt und dadurch die Existenz der Brennereien in der Bundesrepublik Deutschland durch diese Dumpingpreise trotz der Stützungsmaßnahmen auf das schwerste gefährdet wird, und wenn ja, was gedenkt sie dagegen zu unternehmen?
Herr Abgeordneter Fiebig hat noch eine zweite Frage zu dem gleichen Komplex eingebracht.
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ich würde beide Fragen gern zusammen beantworten.
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Fiebig auf:
Ist die Bundesregierung gewillt, zur Erhaltung der Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland eine sofortige Einfuhrsperre für Alkohol gegenüber . allen EG-Staaten zu verhängen, da das Verhalten der EG-Partner nicht EG-vertragskonform ist und die Bundesrepublik Deutschland zum Abladeplatz für EG-Agraralkohol bei Zerstörung des eigenen Markts wird und dadurch chaotische Zustände herbeigeführt werden?
Offergeld, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, der Bundesregierung ist bekannt, daß das französische Alkoholmonopol in Frankreich Alkohol zum Preis von 420 Franken verkauft, während es für Exportzwecke den Alkohol für 170 Franken ab Werk abgibt. Die Bundesmonopolverwaltung verkauft demgegenüber seit dem 26. März 1976 den Alkohol für
130 DM frei Haus. Vorher betrug dieser Preis 183 DM. Es kann erwartet werden, daß bei dieser neuen Preissituation der Alkoholkauf beim französischen Monopol für die deutschen Spirituosenhersteller wesentlich weniger attraktiv geworden ist. Nach vorliegenden Informationen sind in die Bundesrepublik erst einige Partien französischen Alkohols eingeführt worden. Von einer „Überschwemmung" des nationalen Marktes kann daher zur Zeit nicht gesprochen werden.
Das zuständige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat inzwischen die EG-Kommission darüber unterrichtet, daß Alkohol in der EG zu sehr niedrigen Exportpreisen verkauft werde, und gebeten, zum Schutz der nationalen Brennereiwirtschaft geeignete Maßnahmen zu treffen. Außerdem wird die Bundesmonopolverwaltung versuchen, in einem Gespräch mit der französischen Monopolverwaltung zu einer Verständigung zu gelangen. Die Bundesregierung hält es für angebracht, zunächst das Ergebnis dieser Bemühungen abzuwarten.
Eine
Zusatzfrage.
Ist der Bundesregierung bekannt, Herr Staatssekretär, daß die Agraralkoholerzeugung in Frankreich aus Weinüberschüssen durch EG-Zuschüsse und -Subventionen aus Brüssel auch von uns mitfinanziert wird, und ist es nicht geradezu ein Hohn, daß auf Grund der ungleichen Konkurrenz in der Bundesrepublik der Markt bei uns dann noch einmal gestützt werden muß?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Bundesregierung ist dieser Sachverhalt bekannt. Uns ist jedoch nicht bekannt, ob der aus Frankreich eingeführte neutrale Alkohol aus den Überschußdestillationen der Weinmarktordnung stammt. Die von der Bundesregierung beschlossenen Stützungsmaßnahmen sind eine Folge unserer monopolbedingt hohen Alkoholpreise.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Ist die Bundesregierung bereit, den eigenen Agraralkoholmarkt und das Branntweinmonopol trotz der ergangenen Urteile des Europäischen Gerichtshofs so lange lebensfähig zu erhalten, bis eine EG-Agraralkoholmarktordnung wirksam geworden ist?Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, durch diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ist das Branntweinmonopol in der Bundesrepublik sicherlich in seinem Kern getroffen. Die Bundesregierung anerkennt, daß die mittelständische Brennereiwirtschaft vorerst über die Bundesmonopolverwaltung gestützt werden muß, bis sich abzeichnet, ob kurzfristig eine Einigung der EG-Staaten über einen gemeinsamen Alkoholmarkt erzielt werden
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16206 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Parl. Staatssekretär Offergeldkann. Andernfalls müßte nach unserer Auffassung ein Beihilfesystem entwickelt werden, das die nationale Brennereiwirtschaft wettbewerbsfähig macht. Sie sehen also, daß wir der Ihrer Frage zugrunde liegenden Befürchtung durchaus Beachtung schenken.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Die Fragen 21 und 22 des Herrn Abgeordneten Orgaß werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Fragen werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nunmehr die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt auf:
Trifft es zu, daß das Bundeskartellamt unter Bezugnahme auf das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gegen Wirtschaftsunternehmen vorgeht oder vorzugehen beabsichtigt, die aus anderen als wirtschaftlichen Gründen Teilnehmer am Wirtschaftsleben wettbewerbswidrig bevorzugen?
Herr Präsident, darf ich bitten, daß beide Fragen zusammen beantwortet werden.
Wenn der Herr Staatssekretär einverstanden ist? — Ja, das ist möglich. Bitte!
Ich rufe also auch die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt auf:
Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, einem solchen Vorgehen des Bundeskartellamts im Hinblick darauf, daß auch Wirtschaftsunternehmen im Rahmen des Artikels 19 Abs. 3 des Grundgesetzes Grundrechtsschutz genießen, mit entsprechenden Weisungen entgegenzutreten?
Auf Grundn des Diskriminierungsverbots des Kartellgesetzes ist das Bundeskartellamt verpflichtet, gegen die willkürliche Bevorzugung oder Benachteiligung von Teilnehmern am Wirtschaftsleben durch marktstarke Unternehmen einzuschreiten. Diese Bestimmung gilt unabhängig davon, in welcher Hand sich ein Unternehmen befindet und welche besonderen Zielsetzungen es bei seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verfolgt. Das Diskriminierungsverbot untersagt eine unterschiedliche Behandlung allerdings nur dann, wenn hierfür kein „sachlich gerechtfertigter Grund" vorliegt. Diese Voraussetzung läßt sich nur auf Grund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilen.
Nach Sinn und Zweck des Diskriminierungsverbots ist jedoch davon auszugehen, daß in aller Regel rein politische, religiös-konfessionelle oder andere außerwirtschaftliche Gründe eine Bevorzugung von Teilnehmern am Wirtschaftsleben nicht zu rechtfertigen vermögen. Das Bundeskartellamt hat das Diskriminierungsverbot stets in diesem Sinne angewendet und wird dies auch in entsprechenden zukünftigen Fällen tun.
Das Diskriminierungsverbot des Kartellgesetzes entspricht dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes und trägt dazu bei, daß auch im Wirtschaftsleben Bevorzugungen oder Benachteiligungen wegen politischer oder sonstiger Meinungen unterbleiben. Ein Konflikt zwischen der Anwendung des Diskriminierungsverbots und den Grundrechten besteht daher nach Auffassung der Bundesregierung nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, die Bundesregierung stimmt mir dann anscheinend nicht zu, daß die Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht im sogenannten Lüth-Urteil für die Anwendung allen deutschen Rechts auf Lebenstatbestände unter Berücksichtigung der Grundrechte aufgestellt hat, auch für das Kartellrecht zutreffen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung wird in keinem Fall einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts widersprechen. Aber ich bitte um Verständnis dafür, daß sich die Beurteilung nach kartellrechtlichen Gesichtspunkten am Einzelfall orientieren muß und daß es außerordentlich schwierig ist, hier etwa in allgemeiner Form ein Urteil oder eine Meinung abzugeben, die auf das Urteil, das Sie anziehen, Bezug nimmt.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, womit will denn die Bundesregierung begründen, daß nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts zwar die gesamte Rechtsordnung unter dem Vorbehalt der Grundrechte steht, nicht aber das Kartellrecht, wie Sie es soeben hier dargelegt haben?
Grüner, Parl. Staatssekretär: So kann man meine Worte nicht auslegen. Vielmehr stellt das Kartellrecht in seiner bisherigen Fassung klar, daß es in der Regel keine Diskriminierung aus außerwirtschaftlichen Gründen geben darf. Das ist bisher durch das Kartellgesetz so geregelt, vom Kartellamt so gehandhabt und von der Rechtsprechung, soweit ich sehe, bisher in diesem Sinne auch bestätigt worden. Sollte ein höchstrichterliches Urteil in anderer Richtung ergehen, müßten sich der Gesetzgeber und auch das Kartellamt selbstverständlich danach richten.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Arndt .
Herr Staatssekretär, vermögen Sie nicht zu verstehen, daß das Kartellgesetz dies überhaupt nicht kann, weil das Bundesverfassungsgericht eben gesagt hat, daß jedes ein-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976 16207
Dr. Arndt
fache Gesetz in diesem Lande unter dem Vorbehalt der Grundrechte steht? Da auch juristische Personen nach Art. 19 GG grundrechtsfähig sind, muß dies also auch für das Kartellrecht gelten.Grüner, Parl. Staatssekretär: Wie ich gesagt habe, steht nach unserer Auffassung die erwähnte Anwendung des Diskrimierungsverbots gerade nicht im Gegensatz zu den Grundrechten. Ich würde aber vorschlagen, daß eine Firma, die sich hier beschwert fühlt, das Bundesverfassungsgericht anruft.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Wird die Bundesregierung die Bemühungen der Regierung der USA unterstützen, international die Einführung bestimmter Verhaltensregeln für alle Großkonzerne zur künftigen Vermeidung von Bestechungsfällen zu erreichen, und welche Vorstellungen hat hierzu die Bundesregierung?
Herr Staatssekretär.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Abgesehen davon, daß Bestechungshandlungen aktiver und passiver Art zu verurteilen sind, können Bestechungsfälle, in die multinationale Unternehmen verwickelt sind, zu verallgemeinernden Rückschlüssen führen. Dies kann die Tätigkeit unbeteiligter und integrer Unternehmen, die nach Ansicht der Bundesregierung den eindeutigen Regelfall darstellen, erschweren oder sogar gefährden. Bestechungsfälle können unter Umständen auch Beziehungen zwischen Regierungen belasten. Die Bundesregierung hält daher die Einführung von Verhaltensregeln zur künftigen Vermeidung von aktiven und passiven Bestechungsfällen für notwendig. Sie wird die entsprechenden Bemühungen der Regierung der USA unterstützen.
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollten die Verhaltensregeln gegen Bestechung in die schon in Arbeit befindlichen bzw. vorgesehenen Verhaltenskodizes für multinationale bzw. transnationale Unternehmen aufgenommen werden. Ich meine damit einmal den OECD-Verhaltenskodex für multinationale Unternehmen, der im Juni dieses Jahres verabschiedet werden soll und dessen Entwurf eine Verhaltensregel gegen aktive und passive Bestechung enthält. Zum anderen meine ich den Verhaltenskodex, den die UN-Kommission für transnationale Unternehmen ,ausarbeiten soll.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie über das, was Sie jetzt hier angedeutet haben, hinaus fragen: Hat es — unter Bezugnahme auf die entsprechenden Erklärung der Regierung der Vereinigten Staaten — in dieser Frage schon konkretere Kontakte zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Vereinigten Staaten gegeben?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Es hat im Blick auf die Vorbereitung der Normen, die ich soeben genannt habe, Kontakte gegeben, darüber hinaus nicht.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Besteht die Absicht, in dieser Hinsicht noch zusätzlich etwas zu tun?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung ist der Meinung, daß die vorgesehenen Regelungen dem Anliegen Rechnung tragen. Es ist von unserer Seite nicht beabsichtigt, darüber hinauszugehen.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Schmidt zur Verfügung. Die Frage 38 ist von Herrn Abgeordneten Spranger eingereicht:
Wie beurteilt die Bundesregierung die am 15. März 1976 veröffentlichte NATO-Studie, derzufolge Westeuropa einem Überraschungsangriff des hochgerüsteten Warschauer Pakts weitgehend hilflos gegenüberstehen würde, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, bei der von Ihnen erwähnten Veröffentlichung handelt es sich nicht um eine NATO-Studie, sondern um Auszüge aus der Dissertation, also einer privaten Arbeit, eines belgischen Offiziers, die von diesem bereits vor sechs Jahren verfaßt und der Universität Brüssel eingereicht wurde.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, von welchen falschen Fakten und Voraussetzungen diese Studie ausgeht?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Wenn Sie von einer Studie sprechen, Herr Kollege, muß ich noch einmal betonen: Es ist eine Ausarbeitung eines Offiziers, der eine Dissertation an einer Universität eingereicht hat. Wir können niemanden daran hindern, von irgendwelchen Thesen auszugehen, die nicht offizielle Meinung der NATO sind. Hier geht es nicht um die Erarbeitung der offiziellen Meinung der NATO.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, muß ich demnach feststellen, daß Sie nicht in der Lage sind, hier Fakten zu nennen, die in dieser Studie oder Dissertation falsch zum Ausdruck gebracht oder dargelegt werden?Schmidt, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich muß hier noch einmal betonen: Es handelt sich nicht um eine Studie der NATO, sondern um eine private
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16208 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Parl. Staatssekretär SchmidtAusarbeitung eines Mannes. Aus diesem Grunde bin ich nicht bereit, darauf einzugehen, was ein Privatmann in bezug auf die europäische Allianz auf den Tisch legt, und nun zu widerlegen oder zu bestätigen, was in dieser Ausarbeitung steht. Ich bin jederzeit bereit, Ihnen das unter vier Augen zu sagen; aber ich bin nicht bereit, mich hier mit einer privaten Ausarbeitung zu beschäftigen.
Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Gerlach auf:
Hält es die Bundesregierung mit der Pflicht des Soldaten, durch sein gesamtes Verhalten für die Erhaltung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung einzutreten und sich nicht zugunsten einer politischen Richtung zu betätigen, für vereinbar, daß ein Gefreiter der Bundeswehr als DKP-Funktionär und -Parteitagsdelegierter gleichzeitig Vertrauensmann seiner Einheit ist und in seiner Einheit kommunistische Ansichten verbreitet ?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Gestatten Sie, daß ich beide Fragen im Zusammenhang beantworte?
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Gerlach auf:
In welchen weiteren Einheiten der Bundeswehr sind DKP-Funktionäre oder DKP-Mitglieder als Vertrauensmänner der Truppe tätig, und was gedenkt die Bundesregierung im genannten Fall sowie grundsätzlich dagegen zu unternehmen?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Zur ersten Frage, Herr Kollege Gerlach: Der Gefreite Arndt wurde ordnungsgemäß zum Vertrauensmann seiner Einheit gewählt. Er hat dieses Amt seit dem 10. Dezember 1975 ausgeübt.
Die bloße Zugehörigkeit zu einer im Bundesgebiet nicht verbotenen politischen Partei und die Wahrnehmung einer Delegiertentätigkeit auf einem Parteitag schränken nach dem Vertrauensmännerwahlgesetz weder die Wählbarkeit ein noch sind sie ein Grund für die Abberufung als Vertrauensmann.
Die Verbreitung politischen Gedankenguts im Dienst oder innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen kann jedoch zur Abberufung führen. Im vorliegenden Fall hat der Bataillonskommandeur am 20. Januar 1976 die Abberufung bei der 2. Kammer des Truppendienstgerichts Nord gemäß § 22 des Vertrauensmännerwahlgesetzes beantragt. Die Ablösung wurde inzwischen durch das Truppendienstgericht verfügt und dem Soldaten am 22. März 1976 eröffnet.
Ihre zweite Frage vermag ich nicht zu beantworten. Die Bundesregierung beabsichtigt nämlich nicht, sich die eventuelle Parteizugehörigkeit von Soldaten melden zu lassen, die für die Wahl zum Vertrauensmann kandidieren oder schon gewählt worden sind. Sie ist auch nicht bereit, die Wählbarkeit weiter einzuengen oder die Möglichkeiten zur Abberufung von Vertrauensmännern zu erweitern.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gehe ich zu Recht davon aus, daß das Vertreten kommunistischer Ansichten durch einen Soldaten gegen seine Pflicht verstößt, durch sein gesamtes Verhalten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Ich habe diese Frage bereits beantwortet, nämlich dahin, daß die Verbreitung politischen Gedankenguts — das gilt natürlich auch für kommunistisches Gedankengut — im Dienst oder innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen verboten ist und hier auch sofort die Konsequenz gezogen wird.
Eine
zweite Zusatzfrage.
Erwägt die Bundesregierung, rechtliche Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsfeinde von der Wahl in derartige Schlüsselstellungen ausgeschlossen werden?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Ich persönlich würde in dieser Formulierung sehr vorsichtig sein, weil eine nicht verbotene Partei die Rechte, die die Verfassung gewährt, natürlich auch ausnutzen kann.
Eine weitere Zusatzfrage.
Sollte der Bildung derartiger Agitationsfelder von Kommunisten in der Bundeswehr nicht rechtzeitig durch organisatorische Maßnahmen, wie beispielsweise durch Versetzungen, vorgebeugt werden?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Es ist die Frage, ob für eine politische Tätigkeit — vielleicht sogar für eine Überzeugung — eine Bestrafung durchgeführt werden soll; das wäre es nämlich in diesem Falle. Ich kann nur sagen, daß alles getan wird, um die Möglichkeiten der Beobachtung solcher Gruppen überall wahrzunehmen. Wir können von uns aus auch feststellen, daß das bisher in sehr zufriedenstellender Weise geschehen ist.
Herr Kollege, keine Wertungen, sondern eine letzte Zusatzfrage.
Da Sie bei meiner zweiten Frage nur davon ausgegangen sind, ob vor der Wahl eine Überprüfung stattfinden soll, noch einmal konkret die Frage: Sind in anderen Truppenteilen solche Agitationen festgestellt worden?Schmidt, Parl. Staatssekretär: Dort, wo sie festgestellt worden sind — hier und da ist das der Fall gewesen —, sind die Konsequenzen gezogen worden. Dort, wo wir so etwas vermuten, sind die Beobachtungen derart, daß wir alle diese Dinge fest im Griff haben.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976 16209
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger .
Herr Staatssekretär, hat der Verzicht der Bundesregierung auf Feststellung der DKP-Mitgliedschaft bei solchen Vertrauensleuten nicht zur Folge, daß eine von der Bundesregierung selbst für verfassungsfeindlich erklärte Organisation in ihrer Unterwanderungstätigkeit außer Kontrolle gerät?
Schmidt, Parl. Staatssekretär: Ich möchte fast eine Gegenfrage stellen: Ist das nicht eine Partei, die in diesem Land nicht verboten ist? Sie ist ja nicht verboten. Aus diesem Grunde meine ich, daß wir auch mit solchen Wertungen sehr vorsichtig sein sollten. Wir haben von der Bundeswehr alles abzuwenden, was dort politische Indoktrination bzw. auch politische Agitation ist. Im übrigen kann, soweit es sich um demokratische oder nicht verbotene Parteien handelt — ich mache den feinen Unterschied —, jeder, der sich politisch betätigt, draußen tun, was er will. Das ist die große Freiheit, die dieses Land bietet.
Ich glaube, die letzte Frage bewegte sich gerade an der Grenze des erforderlichen Zusammenhangs. Und wir können hier, Herr Staatssekretär, auch nicht eine Fragestunde für Fragen der Regierung an die Mitglieder des Hauses durchführen.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Zander zur Verfügung.
Die Fragen 41 und 42 der Abgeordneten Frau Funcke werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 43 des Abgeordneten Amling auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung amerikanischer und schwedischer Wissenschaftler, daß die zur Entkeimung von Getränken verwendete Chemikalie Baycovin krebserregende Wirkung hat, und denkt sie gegebenenfalls an ein Verbot bei der Herstellung von Limonaden (ein Verbot bei der Herstellung von Wein besteht bereits), oder schließt sie sich der Meinung der Limonadenhersteller an, daß diese Chemikalie in alkoholfreien Getränken nicht krebserregend ist?
Herr Kollege Amling, die Bundesregierung hat die Beurteilung des zur Entkeimung von Getränken verwendeten Stoffs Baycovin in den USA, in Schweden, aber auch in dem Expertenkomitee der Weltgesundheitsorganisation laufend beobachtet. Sie hat ferner die Fremdstoffkommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu diesem Problem befragt. In ihrem Beschluß vom November 1972 hat diese in Kenntnis der internationalen Entwicklung gegen die Verwendung von Baycovin bei alkoholfreien Getränken für zunächst vier Jahre keine Bedenken erhoben. Allerdings regte sie eine toxikologische Überprüfung an, die seitdem im Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg durchgeführt wird.
Auch bei einem im November 1974 im Krebsforschungszentrum durchgeführten internationalen Expertengespräch sind keine Bedenken gegen die Weiterverwendung des Stoffes bei alkoholfreien Getränken vorgebracht worden. Die Fremdstoffkommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat ihren Beschluß im Oktober 1975 nochmals überprüft und weiterhin keinen Anlaß gesehen, ihn zu ändern.
Bei dieser Sachlage hält es die Bundesregierung für angebracht, die von der Fremdstoffkommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft für eine sachgerechte Beurteilung des Stoffes erforderlich gehaltene Frist von vier Jahren abzuwarten, die im Herbst dieses Jahres abläuft. Sie hat die Fremdstoffkommission gebeten, ihr dann aber unverzüglich über die gesundheitliche Beurteilung des Stoffes ein abschließendes Votum zu geben.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es im Interesse der Aufklärung der Verbraucher nicht trotzdem notwendig, wenigstens auf dem Verpackungsmaterial darauf hinzuweisen, daß die Lebensmittel Bay, covin enthalten?
Zander, Parl. Staatssekretär: Nein, das glaube ich nicht; denn das würde gewiß zu einer großen Unsicherheit führen. Man muß hier immer abwägen, ob Verdachtsgründe, die gegen bestimmte Stoffe oder Kombinationen vorgebracht werden, so gewichtig sind, daß es eines so gravierenden Eingriffs bedarf und ihn rechtfertigt. Das scheint hier nach dem Urteil aller Experten, die das letzten Endes beurteilen müssen, nicht der Fall zu sein.
Noch. eine Zusatzfrage.
Sie wissen aber, daß z. B. bei Konservierungsstoffen, die auch nicht gesundheitsschädlich sind, eine solche Kennzeichnungspflicht besteht?
Zander, Parl. Staatssekretär: Dafür gibt es eine entsprechende gesetzliche Grundlage.
Ich rufe die Frage 44 des Abgeordneten Burger auf:Wie beurteilt die Bundesregierung das erstaunliche, beinahe unglaubwürdige, Ergebnis einer Befragung des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden, nach welcher 2,5 % aller Kinder unter 16 Jahren körperlich, geistig oder seelisch behindert seien, es gäbe 27 % Lernbehinderungen, 17 % geistige Behinderungen, 20 % körperliche und 17 % Behinderungen an den Sinnesorganen, doch nur bei 53 % der behinderten Kinder fände eine ärztliche Behandlung statt, und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung daraus gegebenenfalls zu ziehen?Zander, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege Burger, im Aktionsprogramm der Bundesregierung zur Förderung der Rehabilitation der Behinderten aus dem
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16210 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Parl. Staatssekretär ZanderJahr 1970 war von einer Größenordnung von 500 000 Behinderten in dieser Altersgruppe ausgegangen worden. Schätzungen der Kultusministerkonferenz, des Deutschen Bildungsrats und im Bildungsgesamtplan über die Gesamtzahl der 6- bis 16jährigen Behinderten gehen von 360 000 bis 475 000 Personen aus. Es ergibt sich also, daß die Mikrozensus-Erhebung von 1974 mit einer Gesamtzahl von 358 000 behinderten Kindern — das sind 2,5 % aller Kinder unter 16 Jahren — die vorherigen Schätzungen im wesentlichen bestätigt hat.Nach der Erhebung des Statistischen Bundesamts sind in dem Prozentsatz der in ärztlicher Behandlung stehenden Kinder von 53 v. H. der behinderten Kinder nur diejenigen erfaßt, die im Zeitpunkt der Befragung in ärztlicher Behandlung standen. Diese Quote wird von der Bundesregierung nicht als zu niedrig angesehen. Denn einmal gibt es Behinderungen, die in der Regel nicht einer ärztlichen, sondern einer anderen therapeutischen Behandlung bedürfen wie etwa Lese- und Rechtschreibeschwächen und Lernbehinderungen. Zum anderen ist bei einer Reihe von Behinderungsarten, insbesondere bei geringeren Behinderungen, eine laufende ärztliche Betreuung, etwa nach abgeschlossener medizinischer Rehabilitation, nicht mehr erforderlich.Die Möglichkeiten, die im Vergleich hierzu geringe Zahl von behandlungsbedürftigen, aber nicht behandelten Fällen auf ein Minimum zu reduzieren, wurden in den letzten Jahren entscheidend verbessert. Ich weise hierzu besonders hin auf die Einführung von Vorsorgeuntersuchungen für Kinder in den ersten vier Lebensjahren als Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen seit dem 1. Juli 1971 und die Erweiterung und Verbesserung der Leistungen der medizinischen Rehabilitation durch die soziale Krankenversicherung tinter Einbeziehung der mitversicherten Familienangehörigen nach dem Rehabilitationsangleichungsgesetz. Eltern und Betreuungspersonen werden durch das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung immer wieder auf die bestehenden Möglichkeiten der Vorsorge, Früherkennung und Frühbehandlung und die Notwendigkeit ihrer Inanspruchnahme hingewiesen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie sehen also in dem Umstand, daß 53 % der behinderten Kinder nicht ärztlich betreut werden, keine Gefährdung der Rehabilitation dieser betroffenen Kinder?
Zander, Parl. Staatssekretär: So ist es, weil der Begriff der Behinderten hier so weit gefaßt ist, daß nicht alle nach der Art ihrer Behinderung eine ärztliche Behandlung laufend benötigen.
Eine
weitere Zusatzfrage.
Kann man annehmen, daß die festgestellten Mängel — ich sehe darin doch einen gewissen Mangel — in der Frühbehandlung behinderter Kinder weniger daran liegen, daß die Behinderung nicht erkannt wird, als an der fehlenden Bereitschaft oder Einsicht zur möglichst frühen Behandlung der Schäden?
Zander, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat die Möglichkeiten zur Vorsorgeuntersuchung erweitert. Sie tut alles, um die Inanspruchnahme zu fördern. Jede Unterstützung, die sie dabei findet, ist nützlich. Es geht darum, daß die vorhandenen Rechte und Möglichkeiten intensiver und umfassender wahrgenommen werden.
Ich rufe die Frage 45 des Abgeordneten Pfeffermann auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Abgeordnete Kiechle hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 46 gebeten. Dies gilt auch für die von der Frau Abgeordneten Schleicher eingebrachte Frage 47. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Herr Staatssekretär Zander, ich danke Ihnen für die Beantwortung der zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit eingereichten Fragen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Meine Damen und Herren, infolge einer Sitzung in Berlin stelle ich die Fragen 48 bis 59 jetzt zurück. Diese Fragen werden morgen in der Fragestunde aufgerufen. Ich nehme an, Sie sind mit diesem Verfahren einverstanden.
Zur Beantwortung der übrigen Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Haar zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 60 des Abgeordneten Dr. Böhme auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Diese sowie die von ihm eingereichte Frage 61 werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 62 des Abgeordneten Böhm auf:
Welches Ergebnis hat die wegen des geringen Bevölkerungswachstums und der dementsprechend geringeren Zunahme des Personen- und Güterverkehrs für die Neubaustrecke Hannover—Würzburg durchgeführte Aktualisierung der Wirtschaftlichkeitsberechnung, auf die die Bundesregierung midi auf meine Frage Nr. 52, Drucksache 7/4130 vom 8. Oktober 1975, hingewiesen hat, und liegt für das 7,5-Milliarden-DM-Projekt für den Fall, daß es ausgeführt werden soll, ein konkreter Finanzierungsplan vor?
Eine betriebswirtschaftliche Untersuchung für die Neubaustrecke Hannover—Würzburg, deren Aufstellung in den Verantwortungsbereich der Deutschen Bundesbahn fällt, liegt mir noch nicht vor, Herr Kollege. Eine gesamtwirtschaftliche Bewertung erfolgt im Rahmen der Fortschreibung der Bundes-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976 16211
Parl. Staatssekretär Haarverkehrswegeplanung. Ein konkreter Finanzierungsplan kann erst nach Abschluß dieser Arbeiten erstellt werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß angesichts der geringeren Zuwachsraten im Personen- und Güterverkehr auf Grund der geringeren Bevölkerungszunahme eine neue Überlegung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitsrechnung höchstwahrscheinlich das ganze Projekt in Frage stellen wird?
Haar, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann das heute noch nicht mit letzter Sicherheit beantworten. Die bisherigen Ermittlungen deuten darauf hin, daß der Neubau der Strecke Hannover—Würzburg anderen wichtigen Investitionen im Bereich des Straßen- und Wasserstraßenbaus zumindest gleichwertig ist.
Herr Kollege, Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wann ist mit der Bekanntgabe der von Ihnen angekündigten Neuberechnung der Wirtschaftlichkeit zu rechnen?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich gehe davon aus, daß diese Berechnungen und auch die Schlußfolgerungen, die daraus zu ziehen sind, im Laufe dieses Jahres möglich sind.
Ich rufe die Frage 63 des Abgeordneten Böhm auf:
Welche Vereinbarungen wurden mit der DDR über die verkehrsmäßige Sicherheit auf dem ca. 2 km langen Eisenbahnstreckenabschnitt Wildedck/Raßdorf—Wildeck/Hönebach, der durch DDR-Gebiet führt, aber von der Deutschen Bundesbahn unterhalten wird und auch mit Personal der Deutschen Bundesbahn befahren wird, getroffen?
Haar, Parl. Staatssekretär: In Ergänzung des Verkehrsvertrages vom 26. Mai 1972, in dem die Gestaltung des Eisenbahnverkehrs von und nach Ober-suhl über Wildeck/Raßdorf und Wildeck/Hönebach geregelt ist, sind in einem Eisenbahngrenzübereinkommen Bestimmungen festgelegt, wie bei Betriebsunfällen und außergewöhnlichen Vorkommnissen verfahren wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da ich davon ausgehe, daß Sie sich in diesem Zusammenhang auf das Übereinkommen vom 25. September 1972 beziehen, frage ich Sie: Wo ist konkret die Frage geregelt, welche Seite — die DDR oder die Bundesrepublik Deutschland — für Hilfeleistungen bei Unfällen zuständig und verantwortlich ist?
Haar, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über Fragen des Verkehrs ist in Art. 15 der Eisenbahnverkehr von und nach Obersuhl geregelt. Darauf habe ich bereits hingewiesen. Ergänzend hierzu sind in dem Eisenbahngrenzübereinkommen — abgeschlossen zwischen der Deutschen Bundesbahn, vertreten durch die Hauptverwaltung, und dem Ministerium für Verkehrswesen der Deutschen Demokratischen Republik — nähere Ausführungsbestimmungen festgelegt. Ich kann Ihnen die §§ 10 und 12 dieses Übereinkommens — sie betreffen das Verfahren bei Betriebsunfällen und außergewöhnlichen Vorkommnissen — gern zustellen.
Eine letzte Zusatzfrage.
Da die Fragestunde auch der Unterrichtung der Öffentlichkeit dient, frage ich Sie noch einmal ganz konkret: Wer ist für die Hilfeleistung zuständig, wenn auf diesen zwei Kilometer Strecke ein Unfall passiert?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich verweise nochmals auf die §§ 10 und 12 des genannten Übereinkommens. Hinsichtlich Untersuchungen und allgemeinen Feststellungen ist folgendes festzuhalten. Wenn ein Zug auf der Grenzstrecke unvorhergesehen zum Halten kommt, so sind sofort die Nachbargleise abzuriegeln, wenn ihre Befahrbarkeit nicht einwandfrei zu erkennen ist. Für die weiteren fahrdienstlichen Maßnahmen hat der zuständige Fahrdienstleiter die erforderlichen Aufträge zu erteilen. Im Eisenbahngrenzverkehr ist das Zugpersonal nicht berechtigt, auf den Strecken der anderen Eisenbahnverwaltung über die Befahrbarkeit von Schienenbrüchen allein zu entscheiden. Die Folgen von Bahnbetriebsunfällen und außergewöhnlichen Vorkommnissen beseitigt jede Eisenbahnverwaltung in ihrem Instandhaltungsbereich. Die Untersuchung von Bahnbetriebsunfällen und außergewöhnlichen Vorkommnissen obliegt der Eisenbahnverwaltung, in deren Bereich die Unregelmäßigkeiten aufgetreten sind. Ich denke, daß diese Regelungen auch bezüglich der Zuständigkeiten Klarheit schaffen.
Wirkommen zu Frage 64 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Die Abgeordnete Frau Dr. Riedel-Martiny hat um schriftliche Beantwortung der von ihr eingereichten Frage 65 gebeten. — Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Wir kommen zur Frage 66 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
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16212 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenDie Frage 67 ist von dem Herrn Abgeordneten Kunz eingebracht. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Dann wird Frage 67 ebenso wie die von dem Herrn Abgeordneten Kunz (Berlin) eingebrachte Frage 69 schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe nunmehr die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Straßmeir auf:Durch welche Maßnahmen wird die Bundesregierung gegenüber der DDR sicherstellen, daß entsprechend Artikel 10 Abs. 2 des Verkehrsvertrags die Anreise der Teilnehmer am Sängerfest mit Sonderzügen im vorgesehenen vollen Umfang gewährleistet ist?Bitte, Herr Staatssekretär.Haar, Parl. Staatssekretär: Ich bitte darum, die Fragen 68 und 70 des Herrn Abgeordneten Straßmeir, da sie im Zusammenhang stehen, gemeinsam beantworten zu dürfen.
Herr Kollege, sind Sie damit einverstanden? — Dann rufe ich noch die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Straßmeir auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Weigerung der DDR, Sonderzüge zum Sängerfest zur Verfügung zu stellen, ein weiterer Schritt im Zusammenhang der zielgerichteten Kampagne der DDR gegen Berlin ist?
Bitte.
Haar, Parl. Staatssekretär: Das von Ihnen angesprochene Problem ist — darüber wurde auch bereits in der Presse berichtet — inzwischen positiv gelöst worden, Herr Kollege. Die Deutsche Reichsbahn hat sich gegenüber der Deutschen Bundesbahn bereit erklärt, Sonderzüge zum Chorfest des Deutschen Sängerbundes in Berlin im Juni 1976 zur Verfügung zu stellen. Die genaue Zahl wird im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten der Deutschen Reichsbahn von Experten der beiderseitigen Bahnverwaltungen in Kürze festgelegt werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Straßmeir.
Herr Staatssekretär, können Sie uns mitteilen, mit welcher Begründung die DDR ursprünglich den Einsatz oder die Zulassung von Sonderzügen abgelehnt hatte?
Haar, Parl. Staatssekretär: Es handelt sich hier um ein außergewöhnlich umfangreiches Verkehrsaufkommen im Sinne von Art. 11 Abs. 2 des Transitabkommens; darüber kann es keinen Zweifel geben. Zunächst wurde nicht die Möglichkeit gesehen, kurzfristig zu einer Übernahme dieses Verkehrs ohne Regelung von Einzelheiten — z. B. auch Abstellmaßnahmen — zu kommen. Diesbezügliche Verhandlungen sind jetzt in Gang gekommen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem bereits Verhandlungen stattgefunden haben und inzwischen eine partielle Zusage der Reichsbahn vorliegt, möchte ich Sie fragen, welche Fragen nun eigentlich noch strittig sind.
Haar, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es geht darum, ob es zur Übernahme aller 28 Sonderzüge kommen kann, soweit es sich um betriebliche Probleme handelt, die gemeinsam erörtert werden müssen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung mit Sicherheit davon ausgehen, daß am Ende — ähnlich wie bei anderen, ursprünglich gegebenen Zusagen — nicht doch noch die Gefahr einer erneuten Absage oder Behinderung besteht?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich halte nach den bisherigen Erfahrungen Ihre Frage, bezogen auf die Gesamtüberlegung, für zumindest sehr rhetorisch. Ich glaube auch nicht, daß eine Stellungnahme der Bundesregierung zum möglichen Verhalten der DDR die Gespräche, die jetzt stattfinden, in der Sache fördern könnte, Herr Kollege.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, auf Grund welcher Initiativen der Bundesregierung Sie das Einlenken der DDR sehen, oder nehmen Sie an, daß allein der Gedanke an eine Luftbrücke die DDR bewogen haben könnte, hier bessere Zusagen zu machen?
Haar, Parl. Staatssekretär: Von dieser Motivation geht die Bundesregierung nicht aus, Herr Kollege.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger.
Herr Staatssekretär, war es nicht so, daß noch bis vor wenigen Tagen auch die Bundesregierung davon ausgegangen ist, daß sich die DDR grundsätzlich weigert, eine so große Zahl von Sonderzügen für die Besucher des Sängerfestes in Berlin einzusetzen?Haar, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe bereits auf den Art. 11 Abs. 2 des Transitabkommens hingewiesen. Ich möchte noch einmal den Wortlaut verlesen:Bei außergewöhnlich umfangreichem Verkehrsaufkommen wird im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten der Eisenbahnen der Einsatz zusätzlicher Züge vereinbart.Das setzt in solchen Fällen beiderseitigen guten Willen und Gesprächsbereitschaft voraus.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 232. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. März 1976 16213
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Berger.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob es andere Fälle gegeben hat, in denen sich die DDR geweigert hat, Sonderzüge aus besonderen Anlässen einzusetzen, und wenn ja, würden Sie darin eine der Maßnahmen sehen, die gegen Berlin gerichtet sind?
Frau Kollegin Berger, die von Ihnen jetzt gestellte Zusatzfrage steht nicht in dem notwendigen unmittelbaren Zusammenhang mit den vom Abgeordneten Straßmeir eingereichten Fragen.
Die Fragen 71 und 72 des Herrn Abgeordneten Immer werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 73 des Herrn Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Trifft es zu, daß die zuständigen Behörden bei der Ausgabe von sogenannten Zollkennzeichen für Pkw zum Teil so geringe Anforderungen an die Verkehrssicherheit der Fahrzeuge stellen, daß auch schrottreife Autos die Kontrolle passieren, und was kann die Bundesregierung hiergegen gegebenenfalls tun?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Haar, Parl. Staatssekretär: Nach den bestehenden Rechtsvorschriften müssen auch die mit Zollkennzeichen versehenen Fahrzeuge verkehrssicher sein. Um dies festzustellen, haben die zuständigen Verwaltungsbehörden die Möglichkeit, bei Ausstellung des internationalen Zulassungsscheins die Fahrzeuge vorführen zu lassen.
In der Praxis wird unterschiedlich verfahren. Einige Zulassungsstellen verzichten auch bei Gebrauchtfahrzeugen wegen Platz- und Personalmangels gänzlich auf die Vorführung, die meisten aber nur dann, wenn die Frist für die nächste TÜV- Untersuchung noch nicht abgelaufen ist.
Die Durchführung des Straßenverkehrsrechts ist Sache der Länder. Eine Änderung der derzeitigen Praxis wäre in erster Linie deren Angelegenheit. Einer Änderung der Rechtsvorschriften bedarf es dazu nicht.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre es im Hinblick auf eine Verbesserung der Verkehrssicherheit gerade bei den hier in Rede stehenden Pkws nicht sinnvoll, wenn von seiten der Bundesregierung die Anregung an die Länder weitergegeben würde, dieses Zollkennzeichen nur dann zu vergeben, wenn die vorgeschriebene Überprüfung beim TÜV vorgenommen worden ist?
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich will gerne prüfen, Herr Kollege, ob wir Ihre Anregung im Rahmen der Kontaktgespräche mit den Ländern erörtern können.
Ich rufe die Fragen 74 und 75 des Herrn Abgeordneten Stahl auf:
Welche Gründe sprechen dafür, daß die Deutsche Bundespost in ihrer Fernmeldeordnung, auch unter der Rubrik Ausnahmefälle, beim Ableben eines Fernsprechanschlußinhabers eine sofortige oder zumindest zum Monatsende mögliche Kündigung des Fernsprechanschlusses nicht vorsieht, wenn die Angehörigen den Anschluß nicht weiter aufrechterhalten wollen, der auf den Namen des Verstorbenen eingetragen ist?
Welche Möglichkeit sieht der Bundespostminister, diese für die verbliebenen Angehörigen außerordentlich nachteilige Auswirkung abzustellen?
Haar, Parl. Staatssekretär: Die Dienststellen der Deutschen Bundespost müssen die Aufhebung des Fernsprechanschlusses in die Wege leiten und die im Kabelnetz über mehrere Verzweigungseinrichtungen geführte Anschlußleitung wieder freischal-ten, um sie einem anderen Teilnehmer überlassen zu können. Ich kann Ihnen heute zusagen, Herr Kollege, daß der Bundespostminister bereit ist, demnächst die Möglichkeit einer verkürzten Kündigungsfrist bei Todesfällen zu schaffen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus — wie in diesem Falle geschehen —, daß der Verstorbene in einer Familie wohnte, die den Fernsprechanschluß nicht mehr aufrechterhalten will. Dann braucht man keine Kabel zu verändern, sondern da ist einfach die Übereinkunft der Vertragspartner nicht mehr vorhanden. Daher hätte die Bundespost in ihrer Ausnahmeregelung so etwas schon früher erledigen können.
Haar, Parl. Staatssekretär: Ich habe die Antwort etwas verkürzt, weil ich Ihnen eine Positivregelung bereits andeuten konnte. Ich darf aber auf Ihre Frage jetzt noch konkret sagen: Der Teilnehmer behält durch die etwa aufgeschaltete Hinweisansage und die unter bestimmten Voraussetzungen zugestandene Mitnahme der bisherigen Rufnummer in eine andere Wohnung auch noch nach der Kündigung die Möglichkeit einer gewissen Einflußnahme auf die Einrichtungen selbst. Dies gilt auch im Falle des Todes des Anschlußinhabers, selbstverständlich auch für dessen Erben. Diesem technischen und verwaltungsmäßigen Betriebsablauf hat die bisherige Kündigungsfrist Rechnung getragen.
Meine
Damen und, wir stehen damit am Ende der Fragestunde. Ich danke Ihnen und berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 1. April, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.