Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Meine Damen und Herren, ich habe die große Freude, noch nachträglich zwei Kollegen zu ihren Geburtstagen zu beglückwünschen. Am 4. Februar hat Herr Kollege Professor Dr. Erhard seinen Geburtstag gefeiert, gestern der Herr Kollege Dr. Kliesing. Ich beglückwünsche die beiden Kollegen im Namen des Hauses.
Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:Betr.: Weißbuch 1975/76 zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Entwicklung der Bundeswehr
zuständig: Verteidigungsausschuß , HaushaltsausschußBetr.: Bericht der Bundesregierung nach § 238 des Arbeitsförderungsgesetzes (Drucksache 7/4621)zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung , Ausschuß für WirtschaftBetr.: 2. Bericht des Ausschusses für die Hochschulstatistik an die gesetzgebenden Körperschaften nach § 21 Abs. 2 des Gesetzes über eine Bundesstatistik für das Hochschulwesen vom 31. August 1971
zuständig: Ausschuß für Bildung und WissenschaftBetr.: Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen, die sich aus der Nichterrichtung eines Landesversorgungsamtes in bestimmten Ländern ergeben haben (Drucksache 7/4683)zuständig: Ausschuß für Arbeit und SozialordnungBetr.: Verbilligte Veräußerung von bundeseigenen GrundstückenBezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 1. März 1972
zuständig: Haushaltsausschuß , Ausschuß fürRaumordnung, Bauwesen und StädtebauIch frage, ob sich gegen die vorgeschlagenen Überweisungen Widerspruch erhebt. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 30. Januar 1976 beschlossen, zu den nachfolgenden Gesetzen die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen:Gesetz zur Änderung beamtenversorgungsrechtlicher VorschriftenErstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts
Seine Schreiben sind als Drucksachen 7/4682 und 7/4694 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 30. Januar 1976 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Burger, Dr. Schulte , Braun, Geisenhofer, Frau Hürland, Frau Pieser, Kroll-Schlüter, Pfeffermann, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Milz, Lenzer, Dr. Jenninger und Genossen betr. Gefährdung der Kinder im Straßenverkehr (Drucksache 7/4537) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/4703 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 9. Februar 1976 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Vogel , Schröder (Lüneburg) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Naturfreundejugend Deutschlands (NFJD) (Drucksache 7/4547) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/4717 verteilt.Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 9. Februar 1976 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Klein , Freiherr von Fircks, Ey, Sauer (Salzgitter), Lagershausen, de Terra, Frau Pieser, Frau Benedix, Nordlohne, Schröder (Lüneburg) , Böhm (Melsungen) und Genossen betr. Unterbringung von Asylbewerbern im Grenzdurchgangslager Friedland (Drucksache 7/4620) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/4719 verteilt.Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 13. Januar 1976 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:Verordnung Nr. 2917/75 des Rates vom 5. November 1975 über die Lieferung von Butteroil an das Welternährungsprogramm im Rahmen des Nahrungsmittelhilfeprogramms 1975 für Flüchtlinge aus Angola in PortugalVerordnung Nr. 2918/75 des Rates vom 5. November 1975 über die Lieferung von Magermilchpulver an das Welternährungsprogramm im Rahmen des Nahrungsmittelhilfeprogramms 1975 für Flüchtlinge aus Angola in PortugalDer Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 28. Januar 1976 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgende, bereits verkündete Vorlage keine Bedenken erhoben hat:Entscheidung des Rates zur Verlängerung des Mechanismusfür den mittelfristigen finanziellen Beistand
Das vom Deutschen Bundestag in seiner 208. Sitzung am 10. Dezember 1975 verabschiedete Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes — Drucksachen 7/2379, 7/4407 — wurde gemäß § 123 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages wie folgt berichtigt:In Artikel 1 Nr. 27 Buchstabe a ist dem § 34 Abs. 1 folgender Satz anzufügen:„Munition darf gewerbsmäßig nur in verschlossenen Packungen überlassen werden."Meine Damen und Herren, damit treten wir in die Fragestunde— Drucksache 7/4707 —ein. Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen undStädtebau auf. Zur Beantwortung der Fragen steht
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15292 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenHerr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Haack zur Verfügung. Die beiden ersten Fragen sind von dem Herrn Abgeordneten Josten eingebracht worden. Ich rufe zunächst die Frage 1 auf:Wie hoch sind die Gesamtkosten, die dem Bund für die Anmietung von Gebäuden und Räumen für oberste Bundesbehörden entstehen?
Im Jahre 1975 waren für die Anmietung von 59 Bürogebäuden sowie für Garagen- und Archivflächen für den Bundestag, den Bundesrat und die obersten Bundesbehörden im Raum Bonn rund 21 Millionen DM veranschlagt. Der Deutsche Bundestag mußte 1975 rund 2,8 Millionen DM davon für Anmietungen bereitstellen.
Herr Staatssekretär, schließt der genannte Betrag von 21 Millionen DM auch die Zinsen ein, die der Bund aufbringen muß?
Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Das ist die Gesamtsumme, die ich Ihnen jetzt bezogen auf ein Jahr, in diesem Fall auf das Jahr 1975, als Gesamtbelastung genannt habe. Die Zahlen in den Jahren vorher bewegten sich ungefähr in der gleichen Größenordnung.
Keine weitere Zusatzfrage? — Dann rufe ich Ihre Frage 2, Herr Kollege Josten, auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, zur Verbesserung der Arbeitsmarktlage und zur Stützung der Bauwirtschaft sowie längerfristig zur Entlastung des Bundeshaushalts solche Behörden künftig mehr als bisher in eigenen statt in angemieteten Räumen unterzubringen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Ihre zweite Frage, Herr Kollege Josten, kann ich mit Ja beantworten. Ich darf in diesem Zusammenhang auf die im vorigen Jahr angelaufene städtebauliche Entwicklungsmaßnahme „Bonn, Parlaments- und Regierungsviertel" sowie die am 11. September 1975 mit der Stadt Bonn und dem Land Nordrhein-Westfalen abgeschlossene Vereinbarung über den weiteren Ausbau Bonns als Bundeshauptstadt verweisen. Im Gemeinsamen Ausschuß, dem nach der genannten Vereinbarung u. a. die Koordinierung der Hochbaumaßnahmen der drei Gebietskörperschaften im Raum Bonn obliegt, wird im Frühjahr das Hochbauprogramm des Bundes beraten und abgestimmt werden. Seine Durchführung richtet sich nach den finanziellen Möglichkeiten des Bundes.
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Lage der Bauwirtschaft im Bonner Raum sind schon wegen des Zeitbedarfs für die Bauplanung und sonstige notwendige Vorbereitungen allenfalls mittelfristig zu erwarten.
Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, angesichts der vielen Erwerbslosen darf ich Sie fragen: Hält es die Bundesregierung nicht für ratsam, Aufträge an den Hochbau so bald wie möglich zu vergeben, wodurch gerade auch lohnintensive Betriebe berücksichtigt würden?
Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Josten, das wird von den Entscheidungen in den Gremien abhängig sein, die ich genannt habe. Sobald solche Entscheidungen im Einzelfall getroffen werden, wird selbstverständlich dafür gesorgt werden, daß es nicht bei der Planung bleibt, sondern daß die Planung möglichst schnell zur Ausführung kommt.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß z. B. in der Bims- und Steinindustrie im Kreis Mayen–Koblenz eine beachtliche Reduzierung der Zahl der Erwerbslosen nur möglich ist, wenn wieder eine bessere Auftragslage der Bauwirtschaft vorhanden ist, daß also die Beschäftigungslage hier im Raum Bonn unmittelbar auch auf die Nachbarräume eine positive Auswirkung hat?
Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Das ist richtig. Aber Sie müssen zugestehen, daß wir die Entscheidungen über den Ausbau Bonns oder die Entscheidungen über Neubauten im Bereich der obersten Bundesbehörden natürlich nach verschiedenen Kriterien, vor allem auch im Hinblick auf die Finanzlage des Bundes, treffen müssen.
Ich rufe die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Schröder auf:Hält die Bundesregierung es für vertretbar, daß die DeutschNiederländische Raumordnungskommission Nord erst in etwa zwei bis drei Jahren eine Bestandsaufnahme der Umweltprobleme in der Dollartregion vorlegen will?Herr Staatssekretär.Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister des Innern darf ich Ihre erste Frage wie folgt beantworten: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß eine Untersuchung über die Umwelt- und Raumordnungsprobleme des Ems-Mündungsgebietes beschleunigt durchgeführt werden soll. Hierfür hat eine Sachverständigengruppe der Unterkommission Nord der Deutsch-Niederländischen Raumordnungskommission ein Arbeitsprogramm erstellt, das in der letzten Sitzung dieser Unterkommission am 23. Januar 1976 in Groningen beraten worden ist. Danach soll unverzüglich eine Bestandsaufnahme durchgeführt und diese möglichst noch im Laufe dieses Jahres der Unterkommission Nord vorgelegt werden. Auf der Grundlage dieser Bestandsaufnahme wird die Deutsch-Niederländische Raumordnungskommission über einen Untersuchungsauftrag und die damit verbundenen Kosten entscheiden.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976 15293
Parl. Staatssekretär Dr. HaackBereits die Bestandsaufnahme wird voraussichtlich auf erhebliche Datenprobleme stoßen. Deshalb kann eine präzise Zeitschätzung noch nicht vorgenommen werden. Obwohl seitens der Bundesregierung kein Vertreter in die Sachverständigengruppe entsandt worden ist und dies wegen der besonderen regionalen Probleme auch nicht notwendig ist, werden sich die Bundesvertreter in der Unterkommission Nord der Deutsch-Niederländischen Raumordnungskommission dafür einsetzen, daß die Sachverständigengruppe ihre Bestandsaufnahme so schnell wie möglich vorlegt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich dann die Äußerung des Verwaltungspräsidenten Milde, daß mit der Bestandsaufnahme erst in etwa zwei bis drei Jahren zu rechnen sei? Sie haben doch eben festgestellt, daß unverzüglich daran gearbeitet werden soll.
Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Das war vielleicht eine pessimistische Wertung des genannten Verwaltungspräsidenten, obwohl man natürlich längere Fristen nicht ganz ausschließen kann. Ich darf mich aber auf das beziehen, was ich eben gesagt habe, daß unverzüglich daran gearbeitet wird und versucht wird, den Bericht vorzulegen.
Sie haben eine Zusatzfrage.
Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die Äußerung des Herrn Milde — ich entnehme sie der gleichen Pressemeldung —, daß man nach Vorlage der Bestandsaufnahme die vorhandene Belastung im Dollart testen wolle?
Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Ich bin hier überfordert, wenn ich im einzelnen Äußerungen eines Verwaltungspräsidenten werten soll.
Herr Kollege Tietjen, Sie wollten noch eine Zusatzfrage stellen? — Bitte!
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß Gutachten, die sich mit der Veränderung der Natur befassen, wegen der Beobachtungen und der notwendigen Untersuchungen der möglichen Veränderung einer langen Vorbereitungszeit bedürfen?
Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Das ist sicher zutreffend, und damit hängt es auch zusammen, daß solche Untersuchungen nicht schnell und kurzfristig abgeschlossen werden können.
Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Schröder auf:
Trifft es zu, daß Detailfragen — wie zum Beispiel die vorhandene Verschmutzung des Dollarts — in der Raumordnungskommission nicht erörtert wurden, wie von Verwaltungspräsident Milde kommentiert wurde, und ist sie auch der Auffassung von Herrn Milde, daß man sich in Sachen Dollartverschmutzung nur emotional ereifert, da jegliche Fakten fehlen"?
Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Auch diese Frage möchte ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern beantworten:
Die Unterkommission Nord hat sich auf ihrer Sitzung in Groningen nicht mit Detailfragen der Verschmutzung, sondern nur mit dem Arbeitsprogramm für die Dollartuntersuchung befaßt. Diese werden, soweit sie mit der Raumordnung im Zusammenhang stehen, nach Vorliegen der Bestandsaufnahme und Analyse der Probleme behandelt werden.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Fragen der Reinhaltung des Ems-Ästuars wie bisher in der dafür von den für die Umweltpolitik zuständigen Ministern des Königreichs der Niederlande und der Bundesrepublik Deutschland eingesetzten Sachverständigenkommission beraten werden müssen. Grundlage für diese Arbeit ist die Vereinbarung der Herren Minister Genscher und Drees aus dem Jahre 1972. Auf Bundesseite wird diese Aufgabe vom Bundesminister des Innern und nicht vom Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wahrgenommen. Die Bundesregierung legt Wert darauf, daß sich die Arbeiten der Raumordnungskommission und dieser eben genannten Sachverständigenkommission nicht überschneiden; dies ist auch gewährleistet.
Von der Sachverständigenkommission liegen bereits konkrete Fachgutachten und Untersuchungsergebnisse vor, die im einzelnen noch durch genauere Ermittlung des derzeitigen Zustandes der Verschmutzung erhärtet werden müssen. In diesem Sinne ist auch die Auffassung des Herrn Verwaltungspräsidenten Milde, die von der Bundesregierung geteilt wird, zu verstehen, daß die Gefahr einer emotionellen Bewertung der Probleme dann eintreten kann, wenn diese nicht durch konkrete Fakten abgesichert sind.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie angesichts der Tatsache, daß in Emden schon zahlreiche Untersuchungen über die Dollartverschmutzung vorliegen, was Sie bestätigt haben, noch — wie Herr Milde — behaupten, daß jegliche Fakten fehlen? So war es ja in der Pressemeldung dargestellt worden.Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Ich darf noch einmal auf das verweisen, was ich vorhin gesagt habe: Es ist für mich schwierig, solche Äußerungen im einzelnen zu bewerten. Ich möchte aber sagen, diese Äußerung ist vielleicht etwas zu pessimistisch und zu kritisch.
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15294 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Herr
Kollege, wollten Sie hierzu noch eine Zusatzfrage stellen?
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Arbeit und Zusammenarbeit der Unterkommission Nord der Deutsch-Niederländischen Raumordnungskommission durch den Vorsitz des Verwaltungspräsidenten Milde eine erhebliche Verbesserung erfahren hat?
Dr. Haack, Parl. Staatssekretär: Dem kann sicher nicht widersprochen werden.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Professor Dr. Glotz zur Verfügung. Frage 3 ist von dem Herrn Abgeordneten Stahl eingebracht:
Wäre es nicht zweckmäßig, das Mindestalter für Ausbilder grundsätzlich auf 21 Jahre bei Erfüllung der Voraussetzungen nach §§ 21 und 76 des Berufsbildungsgesetzes herunterzusetzen, urn mehr Lehrstellen zu erhalten, da die zuständigen Behörden von der Möglichkeit des § 76 Abs. 3, der eine Ausnahme im Einzelfall zuläßt, wenig Gebrauch machen?
Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, die Bundesregierung hält es nicht für erforderlich, an dem bisher vorgeschriebenen Mindestalter von 24 Jahren für Ausbilder in der gewerblichen Wirtschaft festzuhalten. Sie hat deshalb in dem Regierungsentwurf für das Berufsbildungsgesetz ein bestimmtes Mindestalter für Ausbilder nicht mehr vorgesehen. Nach § 17 Abs. 1 des neuen Entwurfs ist als Ausbilder fachlich geeignet, wer einen entsprechenden Berufsausbildungsabschluß besitzt und eine angemessene Zeit in seinem Beruf praktisch tätig gewesen ist.
Herr Kollege, ob nun allerdings zwischen dieser Frage und dem Angebot an Ausbildungsplätzen ein relevanter Zusammenhang besteht, muß man bezweifeln. Der Bundesregierung ist jedenfalls nicht bekannt, daß diese Frage bisher die Ausbildungsbereitschaft von Betrieben und sonstigen Einrichtungen ernsthaft erschwert hätte.
Herr Kollege, möchten Sie Zusatzfragen stellen? — Bitte!
Herr Staatssekretär, es ist aber doch eine Tatsache, daß es eine ganze Menge von Kleinbetrieben gibt, die die alten Voraussetzungen nicht erfüllen und daß es Schwierigkeiten
macht, über die Industrie- und Handelskammern und darüber hinaus die Genehmigung für eine derartige Ausnahme vom Regierungspräsidenten zu erhalten. Ich frage Sie deshalb: Sind Ihnen von einzelnen Regierungspräsidenten Zahlen bekannt, die meine Frage untermauern?
Dr. Glotz, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, wie Sie aus meiner Antwort entnommen haben, bestehen wir ja nicht mehr auf diesem Mindestalter, sondern wollen es durch das neue Berufsbildungsgesetz gerade abschaffen. Zahlen sind nicht bekannt, wie ich hier auf den Daten meiner Beamten ersehe. Es ist offensichtlich unwahrscheinlich, daß der eine oder andere potentielle Ausbilder wegen des Mindestalters nicht ausbilden darf und deshalb ein Handwerksbetrieb einen Ausbildungsplatz nicht zur Verfügung stellt. Solche Fälle sind vermutlich nicht in so großer Zahl aufgetreten, daß sie statistisch zu Buche schlagen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben bestätigt, daß das Mindestalter demnächst abgeschafft werden soll. Wären Sie bereit, dies den Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern und der Wirtschaft zur Kenntnis zu bringen, damit auch in diesem Bereich Unklarheiten ausgeräumt werden und keine Schwierigkeiten auftreten?
Dr. Glotz, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stahl, wir bemühen uns ständig, den Industrie- und Handelskammern mitzuteilen, welche wesentlichen Inhalte der neue Regierungsentwurf eines Berufsbildungsgesetzes hat und welche Fortschritte er bringen wird. Wir sind natürlich bereit, in diesem Zusammenhang auch auf diesen Vorteil im Bereich der Ausbilder hinzuweisen.
Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Professor Dr. Schweitzer auf:
Welche Mittel werden im Haushaltsjahr 1976 voraussichtlich für die Förderung von überbetrieblichen Lehrwerkstätten in der Bundesrepublik Deutschland eingestellt, und welcher Anteil dieser Mittel wird voraussichtlich im Bundesland Rheinland-Pfalz eingesetzt werden?
Dr. Glotz, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schweitzer, der Regierungsentwurf des Bundeshaushaltsplanes für das Haushaltsjahr 1976 sieht vor, daß für die Förderung überbetrieblicher Ausbildungsstätten 80 Millionen DM und 90 Millionen DM Verpflichtungsermächtigungen veranschlagt werden. Aus Rheinland-Pfalz liegen 14 Anträge mit einer Antragssumme von 16,3 Millionen DM vor. Hiervon sind vier Anträge mit einer Bewilligungssumme von 6,5 Millionen DM bereits positiv beschieden worden.
Eine Zusatzfrage.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976 15295
Herr Staatssekretär, kann man generell feststellen, daß die zuständigen Landesbehörden die Bereitstellung solcher Mittel durch den Bund begrüßen und ihrerseits bereit sind, solche Mittel aufzustocken?
Dr. Glotz, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schweitzer, generelle Feststellungen über die Bereitschaft von einzelnen Landesbehörden sind angesichts der Tatsache, daß es elf Bundesländer gibt, die, wie Sie wissen, sehr unterschiedlich regiert werden und in denen auch in der Region selbst unterschiedliche Personen die Verantwortung tragen, sehr schwierig. Insgesamt aber muß man feststellen, daß die Kampagne, die es noch vor zwei, drei Jahren gegen überbetriebliche Ausbildungsstätten — in dieser Kampagne spielte das Argument eine große Rolle, überbetriebliche Ausbildungsstätten bedeuteten sozusagen die Abschaffung des Lernortes „Betrieb" — gegeben hat, wohl auch bedingt durch die Politik der Bundesregierung, aufgehört hat und daß die überbetrieblichen Ausbildungsstätten heute überall akzeptiert werden. In diesem Rahmen und Zusammenhang tun auch die Landesbehörden das Ihre.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß sich in dieser Hinsicht das Inkrafttreten des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurfs zur Reform der beruflichen Bildung sehr positiv auswirken wird?
Dr. Glotz, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Schweitzer, diese Auffassung teilt die Bundesregierung grundsätzlich. Auch in diesem Einzelfall kann ich Ihnen das bestätigen. Wie gesagt, schon jetzt ist die Allergie, die es gegen überbetriebliche Ausbildungsstätten draußen gegeben hat, überwunden. Es gibt diese Allergie nicht mehr. Im Berufsbildungsgesetz wird die Aufgabe der überbetrieblichen Ausbildungsstätten noch einmal klipp und klar dargelegt. Ich glaube, daß sich die Atmosphäre, die sich sowieso schon verbessert hat, noch weiter verbessern wird.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Schmude zur Verfügung. Zuerst die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Schleifenbaum:
Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung wissenschaftlichen Erkenntnissen zu, daß im Umkreis von Hochspannungsleitungen durch elektrische Felder bei Dauereinwirkung gesundheitliche Schäden bei Menschen eintreten können?
Herr Kollege Schleifenbaum,
der Bundesregierung ist bekannt, daß einige wissenschaftliche Untersuchungen vorliegen, die sich mit den möglichen Folgen der Einwirkung elektrischer Felder von Hochspannungsleitungen für die menschliche Gesundheit befassen. Ihre Ergebnisse sind widersprüchlich und nur schwer vergleichbar. Jedoch sind manifeste Gesundheitsschäden durch seit Jahrzehnten bestehende Hochspannungsleitungen nicht bekannt. Forschungen in diesem Bereich haben sich als äußerst schwierig erwiesen, weil für medizinisch-biologische Versuche entsprechende stabile, definierte elektromagnetische Felder gewährleistet sein müssen. Zur Zeit erstellte eine Expertengruppe beim Bundesgesundheitsamt ein Forschungskonzept, mit dem diese Schwierigkeiten überwunden werden sollen. Das Projekt soll möglichst noch im Jahre 1976 ausgeführt werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt es die Bundesregierung in diesem Zusammenhang, die Spannung in Hochspannungsleitungen eventuell von bisher maximal 250 000 auf bis zu 1 Million Volt zu erhöhen?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung sieht sich nicht in der Lage, darin bereits ein Risiko oder eine Gesundheitsgefahr zu sehen. Wie Sie meiner Antwort entnommen haben, wird dieser Frage aber nachgegangen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für angebracht, Bebauungspläne und Flächennutzungspläne für Gebiete in unmittelbarer Nähe von Hochspannungsleitungen unter dem Gesichtspunkt eventueller gesundheitsschädlicher Immissionen zu überprüfen?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Das wird allenfalls dann angebracht sein, Herr Kollege, wenn sich aus den von mir dargestellten Forschungsvorhaben irgendwelche Bedenken ergeben, für die es aber bisher — das möchte ich noch einmal unterstreichen — keinerlei Anhaltspunkte gibt.
Ich rufe Ihre Frage 6 auf, Herr Kollege Schleifenbaum:Ist die Bundesregierung bereit, die im Umkreis von Hochspannungsleitungen auftretenden elektrischen Felder als Immission zu qualifizieren, vor deren Auswirkungen der Bürger geschützt werden sollte?Bitte, Herr Staatssekretär!Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Die im Umkreis von Hochspannungsleitungen auftretenden elektrischen Felder sind als Immissionen zu qualifizieren. Sollten wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, daß von ihnen Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder
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15296 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Parl. Staatssekretär Dr. Schmudedie Nachbarschaft ausgehen können, so wären sie schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundesimmissionsschutzgesetzes; vor ihnen müßten die Bürger auf Grund des Bundesimmissionsschutzgesetzes geschützt werden.
Zusatzfrage.
Würde die Bundesregierung für den Fall, daß sich solche Bedenken bestätigen — und das ist ja nicht ganz ausgeschlossen —, die unterirdische Verkabelung von Hochspannungsleitungen zumindest in Wohnbaugebieten befürworten?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Sicherlich wird diese Überlegung angestellt werden, Herr Kollege. Allerdings möchte ich nicht bereits jetzt für den Fall, daß ein solches wissenschaftliches Ergebnis erzielt wird, eine Prognose stellen, was dann geschieht. Ich sagte Ihnen soeben, daß Anhaltspunkte für eine solche Schädlichkeit bisher nicht erkennbar sind.
Sie haben noch eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, läßt sich die Bundesregierung bei der Beurteilung dieser Fragen dadurch irritieren, daß offensichtlich Vögeln auf Hochspannungsleitungen das Gesundheitsrisiko nicht bekannt ist?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Ich glaube nicht, Herr Kollege, daß sich die Bundesregierung durch Vögel irritieren läßt.
Meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Geldner hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 7 gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nunmehr die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Spranger auf:
Wie wird verfahren, wenn Ausländer, denen Asyl gewährt wurde, mehrfach wieder in das Land reisen, dessen Verlassen wegen Gefährdung aus politischen Gründen den Anspruch auf Asylgewährung begründete, und welche Begründung gibt es dafür, wenn in solchen Fällen von der Bestimmung kein Gebrauch gemacht wird, daß die Asylgewährung widerrufen werden kann, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung nicht mehr vorliegen?
Herr Staatssekretär.
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Spranger, die Anerkennung als Asylberechtigter kann nach § 37 des Ausländergesetzes widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung nicht mehr vorliegen. Das Widerrufsverfahren wird von dem Leiter des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge eingeleitet. Über den Widerruf selbst entscheiden weisungsunabhängige Ausschüsse. Ob die Voraussetzungen
für einen Widerruf vorliegen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Wenn ein Flüchtling bei einer Besuchsreise in seinen Heimatstaat unbehelligt geblieben ist, ist das allein noch kein Beweis dafür, daß er auch im Falle eines dauernden Aufenthalts in seinem Herkunftsstaat keine Verfolgung mehr zu befürchten hat. Bei mehrfachen Reisen in den Herkunftsstaat wird allerdings im allgemeinen ein Widerrufsverfahren eingeleitet. In einer Reihe von Fällen haben die zuständigen Ausschüsse des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anerkennung als Asylberechtigter auch bereits widerrufen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß genau unter den von mir in der Frage angesprochenen Fall Frau Ehmke fällt, und aus welchen Gründen ist ein Widerruf der Asylgewährung in diesem Fall nicht erfolgt?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann Ihnen dazu keinerlei Mitteilungen machen. Der Bundesregierung sind hierzu Einzelheiten nicht bekannt. Ich habe Sie auch darauf hinweisen können, daß das Widerrufsverfahren von dem Leiter des Bundesamtes aufgegriffen und die Entscheidung von einem unabhängigen Ausschuß getroffen wird.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann ich aber Ihrer Antwort entnehmen, daß an sich — abstrakt — die Voraussetzungen für einen Widerruf gegeben sind, wenn nach Asylgewährung der Asylant wiederholt in das Land eingereist ist, aus dem er wegen Gefährdung ausreiste?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Ich habe mich insoweit sehr eindeutig ausgedrückt, Herr Kollege. Das werden Sie bei einem eventuellen Nachlesen meiner Antwort sehen.
Herr Abgeordneter Möllemann, Sie haben eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnte die Bundesregierung darlegen, wer in dem hier konkret angesprochenen Fall einen konkreten, erklärbaren Nutzen aus dem Widerruf der Asylgewährung haben könnte?Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Es ist der Bundesregierung nicht erkennbar, wer einen solchen Nutzen daraus haben könnte. Sie kann allenfalls ihre Vermutungen darüber anstellen, wer einen Nutzen daraus zu ziehen versucht, daß man dies in der Offentlichkeit — wie hier geschehen — behandelt.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976 15297
Ich rufe
die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling auf:
Stellt bei Bewerbern für eine Stelle im öffentlichen Dienst die bei einer früheren Arbeitsstelle erfolgte Zusammenarbeit mit Kommunisten im Rahmen von Betriebs- und Personalräten einen Tatbestand dar, der bei der Prüfung der Frage, ob der Bewerber ständig und immer die Gewähr bietet, aktiv für die freiheitlichdemokratische Grundordnung einzutreten, besonders geprüft und gewürdigt wird?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Sperling, die Verfassungstreue eines Bewerbers für den öffentlichen Dienst kann jeweils nur im Einzelfall festgestellt werden. Die Einzelfallprüfung bezieht sich auf eine Vielzahl von Elementen und deren Bewertung. Der von Ihnen angesprochene Fall läßt sich daher nicht ohne weiteres abstrakt beurteilen.
Jedenfalls wird die normale Zusammenarbeit in einem Betriebsrat auch dann für die Beurteilung der Verfassungstreue bei einer späteren Bewerbung für den öffentlichen Dienst unerheblich sein, wenn dem Betriebsrat Mitglieder der DKP angehören.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf man dann davon ausgehen, daß in einem solchen normalen Fall niemand bloß deswegen beim Verfassungsschutz aktenkundig wird, weil er gemeinsam mit einem Mitglied einer kommunistischen Partei in einem Betriebsrat sitzt?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Davon können Sie ausgehen.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Dr. Stavenhagen auf:
Trifft es zu, daß das Umweltbundesamt in Berlin am 22. Dezember 1975 entgegen einem Beschluß des Haushaltsausschusses Mittel in Höhe von rund 500 000 DM an die Sternwarte Bochum bewilligt hat, und — wenn ja — wer trägt dafür die Veranttung?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich die Fragen 10 und 11 zusammen beantworten könnte.
Der Fragesteller ist damit einverstanden. Ich rufe also auch die Frage 11 des Abgeordneten Dr. Stavenhagen auf:
Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus diesem Vorfall zu ziehen?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Das vom Bundesminister des Innern geförderte Vorhaben „Untersuchung von Umwelteinflüssen mit Hilfe von Satellitendaten" steht in keinem Zusammenhang mit Forschungsabsichten des Bundesministeriums für Forschung und Technologie bei Einzelplan 30, Kap. 3006 „Weltraum- und Meeresforschung, Transportsysteme", auf die sich der Beschluß des Haushaltsausschusses vom 19. Dezember 1974 bezieht.
Mit dem Vorhaben des Bundesministeriums des Innern wird nicht die Institution, sondern ein Projekt
gefördert, um die praktische Anwendung von Satellitendaten für Zwecke der Luft- und Wasserreinhaltung in der Bundesrepublik Deutschland erstmalig zu untersuchen. Es soll insbesondere geprüft werden, inwieweit Satellitendaten für die Untersuchung von Abwärmeeinflüssen und sich daraus ergebender möglicher Umweltänderungen verwendet werden können.
Dabei wird weitgehend auf Material zurückgegriffen, das nur bei der Sternwarte Bochum in der hierfür notwendigen Qualität vorhanden ist. Das Vorhaben ist Teil eines umfassenderen Projekts des Bundesministeriums des Innern, mit dem der Wärmehaushalt der Atmosphäre untersucht und Luftreinhaltepläne modellhaft erprobt werden sollen.
Unter der Leitung des Umweltbundesamtes ist eine Arbeitsgruppe gebildet worden mit Fachleuten aus Instituten, die im Rahmen dieses umfassenderen Projekts tätig sind. Es handelt sich dabei um Institute der Universitäten Dortmund, Frankfurt und Wuppertal, des Deutschen Wetterdienstes und der Sternwarte Bochum. Das Vorhaben stellt einen ersten Versuch dar, Satellitendaten für Zwecke des Umweltschutzes praktisch zu nutzen. Die Bundesregierung, Herr Kollege, vermag in dieser Angelegenheit keinen Vorfall zu erkennen, aus dem weiterreichende Konsequenzen zu ziehen wären.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Tatsache, daß es in dem fraglichen Beschluß des Haushaltsausschusses ausdrücklich heißt, der Sternwarte Bochum seien keinerlei Zahlungen irgendwelcher Art zu gewähren, bis ein dort erwähntes Gutachten im Haushaltsausschuß geprüft worden sei? Geben Sie mir recht, daß sich dieser Beschluß selbstverständlich auf alle Zahlungen aus Bundesmitteln erstreckt?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Leider kann ich Ihnen nicht recht geben, Herr Kollege, denn der Haushaltsausschuß hat sich ausdrücklich mit den Forschungsabsichten befaßt, die ich hier eben zitiert habe.
Herr Kollege, Sie haben noch weitere Zusatzfragen.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Tatsache, daß die Mittelbewilligung für dieses Projekt zehn Tage nach Antragstellung erfolgte, und welche durchschnittliche Bearbeitungsdauer — —
Herr Kollege, ich bitte um Verständnis, daß nicht mehrere Zusatzfragen verbunden werden dürfen. Sie haben ohnehin noch mehrere Zusatzfragen.Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Diese Tatsache beurteile ich dahin, daß der Antrag sehr sorgfältig
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15298 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Parl. Staatssekretär Dr. Schmudevorbereitet worden ist, wie dies in sehr vielen Fällen geschieht. Bevor ein Antragsteller einen derartigen Antrag stellt, pflegt er in nicht wenigen Fällen Kontakt mit der bewilligenden Stelle aufzunehmen und sich darüber unterrichten zu lassen, welcher Antrag mit welchen Anlagen und Ausführungen Aussicht auf einen Erfolg hat. So stellt er dann den Antrag, so daß anschließend auch die Bewilligung in kurzer Zeit erfolgen kann. Dies ist kein Einzelfall.
Herr Kollege, Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie unter dem Stichwort „Koordinierung der Ressortforschung" die Tatsache, daß das Bundesministerium für Forschung und Technologie hier überhaupt nicht eingeschaltet war?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Ich habe Ihnen darlegen können, Herr Kollege, daß es sich hier um ein Vorhaben handelt, das im Bereich des Umweltbundesamtes seine Anbindung hat. Eine Notwendigkeit der Abstimmung dieses speziellen Projekts hat sich nicht ergeben.
Sie haben eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, erhalten Sie diese Antwort auch angesichts des Papiers „Koordinierung der Ressortforschung" aufrecht, wo derartige Abstimmungen vorgeschrieben sind?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Ich erhalte die Antwort aufrecht.
Herr Kollege Kern, Sie haben eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß es sich hier nicht um eine institutionelle Förderung, sondern um eine Projektförderung handelt, daß aber diese Projektförderung richtig ist, weil die Sternwarte Bochum eine für die Erderkundung ausgezeichnete Einrichtung ist?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: In der Tat, Herr Kollege, kann man bei der Sternwarte Bochum gerade für dieses Forschungsvorhaben, von dem ich gesprochen habe, auf Daten zurückgreifen, die dort und sonst nirgends in einer besonders geeigneten Form schon vorliegen. Die Bundesregierung sieht sich übrigens mit dieser Beurteilung des Forschungsvorhabens in Übereinstimmung mit einer Äußerung des Kollegen Pfeffermann vom November vergangenen Jahres, in der ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß es wünschenswert sei, die Finanzierung dieser auch für die Erderkundung wichtigen Einrichtung zu gewährleisten. Es geht hier um die Erderkundung. Deshalb kann die Bundesregierung auch nur mit einem gewissen Erstaunen zur Kenntnis nehmen, daß die Erteilung dieses Forschungsauftrags hier solch heftiger Kritik begegnet.
Meine Damen und Herren, die Sterne stehen offensichtlich für die Warte günstig.
Ich rufe nun die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Miltner auf:
Mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung die Ankündigung des Bundesinnenministers vor dem Deutschen Bundestag am 6. November 1975 verwirklicht, über die Gleichbehandlung des Beamen- und Angestelltenhereichs hinsichtlich der Abschaffung der Bewährungsbeförderung „bis zum Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens . zu wachen", und welche Konsequenzen beabsichtigt sie zu ziehen, falls die angekündigte Gleichbehandlung nicht erreicht ist?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Auch hier wäre ich dankbar, wenn ich beide Fragen gemeinsam beantworten dürfte.
Da Herr Kollege Miltner einverstanden ist, rufe ich auch die Frage 13 mit auf:Welche Tarifvorschriften im einzelnen und welche Fälle des tariflichen Bewährungsaufstiegs entsprachen oder entsprechen nach Ansicht der Bundesregierung der gestrichenen besoldungsrechtlichen Bewährungsbeförderung, und welche dieser Vorschriften und Fälle sind aufgehoben worden, welche bestehen noch?Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Entsprechend der zweiten Frage möchte ich zunächst verdeutlichen, um welche Tarifvorschriften es sich eigentlich handelt.Ausgangspunkt ist der Wegfall der Vorschriften über die Regelbeförderung der Beamten. Es gibt nunmehr Stellenobergrenzen für das erste Beförderungsamt des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes, die jeweils ein Stellenverhältnis von 35 zu 65 zwischen Eingangsamt und erstem Beförderungsamt zulassen; nach einer Übergangsvorschrift ist nur jede zweite überschießende Stelle umzuwandeln. Es handelt sich um eine Teilmaßnahme im Gesamtrahmen der dienstrechtlichen Vorschriften des Haushaltsstrukturgesetzes, die in ihrer finanziellen Auswirkung z. B. hinter die Änderungen beim Ortszuschlag zurücktritt.Der Zusammenhang mit dem Tarifbereich ergibt sich bei dem Bewährungsaufstieg der Angestellten nach § 23 a BAT in den Vergütungsgruppen, die dem ersten Beförderungsamt im mittleren, im gehobenen und im höheren Dienst vergleichbar sind. Das sind die Aufstiege von der Gruppe VIII nach VII, von V b nach IV b und schließlich von II a nach I b.Am 6. November 1975 hat Herr Bundesminister Maihofer hier den Gleichklang der Einsparungen zwischen dem Tarifbereich und dem gesetzlichen Bereich des öffentlichen Dienstes betont. Er hat auf die notwendige Ausgewogenheit der Maßnahmen hingewiesen.Dazu ist festzustellen: Beim Ortszuschlag der Angestellten und beim Sozialzuschlag der Arbeiter ist der Gleichklang zwischen Besoldungsbereich und Tarifbereich bereits hergestellt. Hier handelt es sich um den finanziellen Schwerpunkt der dienstrechtlichen Sparmaßnahmen. Mit den Gewerkschaften ist
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Parl. Staatssekretär Dr. Schmudeauch redaktionell eine tarifvertragliche Klarstellung im Sinne der Parallelregelung vereinbart worden.Abgeschlossen sind die Tarifverhandlungen über die Übertragung der gesetzlichen Maßnahmen bei vorgezogenen Altersrenten und den damit zusammenhängenden Ausgleichsbeträgen.Bezüglich des Bewährungsaufstiegs ist mit den Gewerkschaften vereinbart worden, eine bereits Anfang 1975 abgesprochene Verbesserung — Verkürzung der Aufstiegszeit von II a nach I b BAT —nicht in Kraft zu setzen.Im übrigen sind Tarifverhandlungen über die Ablösung des Bewährungsaufstiegs in den Vergütungsgruppen VII und IV b BAT aufgenommen worden. Bislang konnte noch kein Ergebnis erzielt werden.Bei den Erörterungen spielen u. a. Fragen der tatsächlichen Auswirkung der besoldungsrechtlichen Änderungen eine Rolle, besonders mit Rücksicht auf die im Gesetzgebungsverfahren eingetretene Änderung der Stellenobergrenzen von 50 : 50 auf 35 : 65. Die Tarifverhandlungen sind nicht abgeschlossen. Schon deshalb möchte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt von detaillierten Aussagen darüber absehen, welche Konsequenz bei einem Scheitern der Verhandlungen angebracht wäre.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Kann die Bundesregierung schon einen Termin absehen, wann der angekündigte Gleichklang im Tarifbereich komplett verein-hart werden kann?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Ich konnte Ihnen nur sagen, daß die Tarifverhandlungen laufen und nicht abgeschlossen sind. Insofern kann ich auch keinen Termin der von Ihnen gewünschten Art angeben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Hält es die Bundesregierung für möglich, in diesem Zusammenhang auch rückwirkende Tarifvereinbarungen zu erreichen, die also ab 1. Januar 1976 gelten?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Dies ist eine Frage, die im Rahmen der Erörterungen sicher mit besonderer Sorgfalt geprüft wird. Ein Ergebnis darüber kann ich hier noch nicht mitteilen.
Noch eine Zusatzfrage.
Mußten oder müssen noch Tarifverträge gekündigt werden? Wenn ja: Welche?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Miltner, das ist schon eine Frage nach den Konsequenzen, die sich dann stellt, wenn die Verhandlungen nicht das erstrebte Ergebnis haben. Insoweit konnte ich darauf verweisen, daß Aussagen der Bundesregierung über solche Konsequenzen jetzt nicht zweckdienlich erscheinen.
Eine letzte Zusatzfrage.
Wäre es nicht besser gewesen, Herr Staatssekretär, die neue Regelung der Bewährungsbeförderung im Haushaltsstrukturgesetz so lange auszusetzen, bis die tarifrechtliche Vereinbarung abgeschlossen ist?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Wie Sie wissen, teilt die Bundesregierung diese Auffassung nicht. Sie ist im Gegenteil der Meinung, daß die im gesetzlichen Bereich bereits eingetretene Änderung bei dem Bemühen hilfreich sein kann, auch im tarifvertraglichen Bereich zu einer entsprechenden Regelung zu kommen.
Die Frage 14 des Abgeordneten Vogt ist vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 17 des Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Warum hat die Bundesregierung die Veröffentlichung der Dokumentation über die Verbrechen der Vertreibung immer noch nicht freigegeben, und wann gedenkt sie es zu tun, nachdem der Bundeskanzler in seinem Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland ausdrücklich „das unermeßliche Leid, den Verlust, die Vertreibung . . . damals vor dreißig Jahren" erwähnt hat?
Herr Staatssekretär.
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hupka, wie Ihnen aus Antworten der Bundesregierung auf inzwischen 14 parlamentarische Anfragen und aus einem Informationsgespräch bekannt ist, war und ist nicht beabsichtigt, die in Ihrer Frage genannte Dokumentation zu veröffentlichen. Die Bundesregierung vermag neue Gesichtspunkte dazu nicht vorzutragen. Die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers betrifft diesen Vorgang nicht.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist nicht nicht schon aus der Häufigkeit der Fragen zu ersehen, welches Interesse an einer Veröffentlichung der Dokumentation besteht, und bedarf es erst wieder eines Raubdruckes wie bei der Dokumentation über die Kriegsgefangenenlager, bevor die Bundesregierung diese Veröffentlichung gestattet oder freigibt?Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Aus der Häufigkeit der Fragen ist nach Auffassung der Bundesregierung allenfalls zu ersehen, daß bei bestimmten Kollegen dieses Hauses auf einer Seite dieses Hau-
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Parl. Staatssekretär Dr. Schmudeses ein besonderes Interesse an diesem Gegenstand besteht. Darüber hinaus kann die Bundesregierung aus der Häufigkeit, auf die Sie hinweisen, nur bedauernd die Schlußfolgerung ziehen, daß es ihr entweder nicht gelungen ist, sich den Fragestellern verständlich zu machen, oder daß die Bereitschaft der Fragesteller, die gegebenen Antworten zur Kenntnis zu nehmen, nicht so ausgebildet ist, daß man diese Angelegenheit abschließen könnte.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Obwohl der zweite Teil meiner Frage damit nicht ganz beantwortet ist, frage ich Sie, Herr Staatssekretär: Ist es nicht notwendig, daß unsere Öffentlichkeit sowohl die Verbrechen, die von Deutschen begangen worden sind, als auch die Verbrechen, die an Deutschen begangen worden sind, erfährt? Diese Dokumentation trüge dazu bei.
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, bei der Vorbereitung dieser Fragestunde habe ich an, wie ich glaube, drei Stellen der Bundestagsprotokolle über die bisherigen Fragen lesen können, daß genau diese jetzt von Ihnen gestellte Zusatzfrage bereits mehrfach ausführlich hier erörtert worden ist.
Ich bitte, mir nachzusehen, daß ich darauf verweise.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger.
Herr Staatssekretär, steht die Antwort, die Sie soeben dem Kollegen Hupka gegeben haben, in innerem Zusammenhang mit der Tatsache, daß die Bundesregierung die Vertreibungsverbrechen der ersten Nachkriegsjahre in dem Vorblatt zu den Polen-Verträgen mit der beschönigenden Bezeichnung „Bevölkerungsverschiebungen" versehen hat?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Die Gründe, die die Bundesregierung für ihre Haltung in der Frage der Veröffentlichung hat, sind hier hinreichend und wiederholt dargelegt worden. Ihre Behauptung, daß da ein Zusammenhang bestehe, ist geeignet, die Bundesregierung in ihrem Handeln verächtlich zu machen. Ich muß diesen Angriff zurückweisen.
Herr Abgeordneter Spranger, eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, käme es nicht der sogenannten Versöhnungspolitik der Bundesregierung entgegen, wenn die polnische Regierung nach Veröffentlichung dieses Berichts auch
ihrerseits erkennen würde, was Deutschen damals an Unrecht zugefügt wurde?
Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, daß Sie das Wort „sogenannte" nicht in Ihre Frage einbeziehen. Sonst kann ich die Frage wegen der darin liegenden Wertung nicht zulassen.
Ich habe sie so bezeichnet.
Wollen Sie das aufrechterhalten?
Ja, ich halte es aufrecht.
Dann lasse ich die Frage nicht zu, weil das eine Wertung ist, die nach der Geschäftsordnung unzulässig ist.
Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Löffler auf:
Liegen der Bundesregierung Informationen vor, wonach ein großer Teil der aus der Sowjetunion im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland eingewanderten Sowjetbürger wieder in die Sowjetunion zurückkehren will?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Löffler, gestatten Sie mir, daß ich Ihnen auf beide Fragen eine zusammenfassende Antwort gebe?
Dann rufe ich auch die Frage 19 des Abgeordneten Löffler auf:
Wenn ja, worin sieht die Bundesregierung die Ursachen für diese Entwicklung?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Aus der Sowjetunion sind in den letzten zehn Jahren, von 1966 bis Ende 1975, rund 25 000 Deutsche in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelt, davon seit 1971 rund 21 500. Die Bundesregierung weiß nichts davon, daß ein großer Teil der aus der Sowjetunion übergesiedelten Deutschen dorthin zurückkehren will. Daß Personen in die Sowjetunion zurückgekehrt sind, ist nur in wenigen Einzelfällen bekanntgeworden. Aus welchen Gründen die Rückkehr erfolgte, kann ich nicht mitteilen. Doch erscheint es durchaus glaubhaft, daß Eingliederungsschwierigkeiten der unterschiedlichsten Art, vor allem auch im persönlichen Bereich, hier eine Rolle gespielt haben.
Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie bewertet die Bundesregierung eine Meldung der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS, nach der in der regierungsamtlichen Zeitung „Iswestija" mehrere Briefe von heimkehrwilligen ehemaligen Sowjetbürgern abgedruckt worden sind, und zwar mit der Begründung, daß diese Bürger sich mit dem kapitalistischen
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LöfflerLebensstil in der Bundesrepublik Deutschland nicht abfinden können und große Sehnsucht nach der Sowjetunion haben?Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung meint, daß es sich hier, soweit diese Briefe echt sind und nicht ein völlig unrealistisches Bild wiedergeben, um jene Schwierigkeiten im Einzelfall handelt, die natürlich die mit einer Übersiedlung aus der Sowjetunion in die Bundesrepublik verbundene Umstellung mit sich bringt.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß es sich hier nur um Einzelfälle handelt, keinesfalls aber um einen beträchtlichen Anteil derjenigen Menschen, die aus der Sowjetunion zu uns gekommen sind?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die tatsächliche Ausreise wirklich nur in ganz wenigen Einzelfällen erfolgt ist. Sie zieht daraus und aus ihren sonstigen Erkenntnissen in diesem Bereich die Folgerung, daß auch die Fälle, in denen eine erneute Ausreise in Erwägung gezogen wird, nur sehr wenige sind.
Es gibt allerdings bei uns keine Möglichkeit, die Zahl aller Fälle statistisch zu erfassen, denn auch insoweit herrscht Freizügigkeit, als die neuen Bürger das Land wieder verlassen können, wohin sie wollen.
Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht doch, um der Zweckpropaganda der Sowjetunion entgegentreten zu können, dienlich, wenn man seitens der Bundesregierung den Versuch machte, festzustellen, wie viele von denen, die hierher ausgesiedelt worden sind, tatsächlich zurückkehren?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Ich habe Ihnen schon sagen können, Herr Kollege Hupka, daß es sich um einige wenige Einzelfälle handelt. Ich hatte sogar die Absicht, in dieser Fragestunde zu erklären, daß es insgesamt etwa 10 oder weniger als 10 sind, bin dann aber darauf hingewiesen worden, daß sich wegen der Unmöglichkeit, mit unserem Verwaltungs- und Rechtsinstrumentarium wirklich alle Fälle zu erfassen, eine solche Mitteilung nicht empfiehlt. Ich kann also auch jetzt nur von dieser Absicht berichten, nicht davon, daß es 10 oder weniger als 10 sind.
Weitere Zusatzfragen? — Bitte, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Sowjetunion gezielt derartige Meinungen publiziert und damit möglicherweise auch das Ansehen der Bundesrepublik in Zweifel zieht?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Das letztere vermag ich aus den geschilderten Veröffentlichungen nicht als Absicht zu entnehmen. Aber ich kann mir schon vorstellen, daß die Sowjetunion versucht, ihrem Interesse — wie sie es sieht — dadurch zu dienen, daß sie potentielle Aussiedler auf die Schwierigkeiten hinweist, die sich hier im Einzelfall ergeben, und daß sie vielleicht auch dazu neigt, diese Schwierigkeiten zu übertreiben.
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte, Frau Kollegin.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung vielleicht die Absicht, ihre diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion dahin gehend auszunutzen, daß man fragt, auf welche „zahlreichen Rückwanderungsfälle" sich diese Meldungen in sowjetischen Presseorganen beziehen?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Eine solche Absicht der Bundesregierung kann ich nicht bestätigen. Denn allein dadurch, daß einige Zeitungen oder eine einzelne Zeitung einen ungenauen Bericht ohne konkrete Angaben veröffentlichen, ergibt sich noch kein Anlaß, daß die Bundesregierung offiziell tätig wird.
Ich rufe Frage 20 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
Trifft es zu, daß die Sowjetunion — wie am Montag, dem 2. Februar 1976, in dem SDR-Fernsehfilm „Moskaus Spione" behauptet — in der Bundesrepublik Deutschland rund 10 000 KGB-Mitarbeiter zur Spionage und zur Beeinflussung der Politik sowie der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland einsetzt und daß neben bekannten hohen UdSSR-Diplomaten ein großer Teil der UdSSR-Botschaftsangehörigen aus KGB-Mitarbeitern besteht, und wenn ja, ist dies nach Ansicht der Bundesregierung der Entspannung nach den Ostverträgen und der KSZE-Schlußakte von Helsinki förderlich, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Niegel, wie aus den jährlichen Verfassungsschutzberichten hervorgeht, ist der Bundesregierung bekannt, daß es nachrichtendienstliche Aktivitäten von Mitarbeitern amtlicher und halbamtlicher Vertretungen von kommunistischen Staaten in der Bundesrepublik gibt. Vorgänge dieser Art werden von den zuständigen Sicherheitsbehörden mit aller Sorgfalt beobachtet. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse über den zahlenmäßigen Umfang und die Intensität von Spionageaktivitäten werden der Öffentlichkeit in den Verfassungsschutzberichten bekannt gemacht, soweit die Belange des Geheimschutzes das zulassen. — Der in Ihrer Frage genannte Fernsehfilm gibt der Bundesregierung keine Veranlassung für zusätzliche Erklärungen oder Maßnahmen.
Eine Zusatzfrage.
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15302 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Herr Staatssekretär, kann man oder muß man von einer Nachlässigkeit der Bundesregierung sprechen, wenn z. B. der Verfasser dieses Fernsehfilms als Ankündigung des Films sagte:
Nie zuvor ist den Spionen Moskaus die Arbeit in Bonn so leicht gefallen wie derzeit. Unsere Vorstellung von der Gefährlichkeit der Sowjetunion hat sich geändert. Kaum jemand glaubt noch an die Bedrohung aus dem Osten. Die Weitergabe von Wissen und von Erfahrungen in Gesprächen mit sowjetischen Diplomaten und Journalisten — —
Herr Kollege, das Instrument der Zusatzfrage dient nicht dazu, hier die Meinung eines Redakteurs an Hand dieses gesamten Vorspanns weiterzugeben. — Bitte!
Ist also diese Meinung des Herrn Konzelmann als Beweis für eine Nachlässigkeit der Bundesregierung zu bewerten, oder kann man sagen, daß das die Auswirkung der praktischen Entspannungspolitik ist?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Niegel, die Bundesregierung ist ganz sicher, daß man in diesem Zusammenhang von einer Nachlässigkeit der Bundesregierung weder sprechen muß noch sprechen kann; für einen solchen Vorwurf gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Wieweit allerdings von einer Nachlässigkeit des Autors dieses Fernsehfilms zu sprechen ist, dies zu beurteilen liegt nicht im Aufgabenbereich der Bundesregierung. Insoweit haben sich ja zahlreiche Pressekommentatoren deutlich geäußert.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung geheimdienstliche Tätigkeiten von Angehörigen der Botschaft der UdSSR, z. B. des Botschaftsrats Jerofejew, des Herrn Ditschenko oder anderer Sowjet-Diplomaten wie Nikolskij, Ssolnzew und Tokowinin, bekannt, und was wird die Bundesregierung dagegen unternehmen?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Niegel, wenn wir davon sprechen, was hier bekannt ist, dann muß ich zunächst sagen, daß Ihnen sicherlich bekannt ist, daß die Bundesregierung in zahlreichen Fragestunden immer wieder deutlich gemacht hat, daß sie zu Einzelfällen in diesem Bereich hier nicht Stellung nehmen wird, auch nicht in dem Sinne, daß sie eine Anschuldigung oder einen Vorwurf dementiert. Die Bundesregierung konnte, z. B. durch den früheren Bundesinnenminister Genscher, darauf verweisen, daß sie damit genau jene Praxis einhält, die vor 1969 und 1966 durch die damaligen Bundesregierungen geübt wurde.
Herr Abgeordneter Miltner, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Behauptung richtig ist, daß der KGB 10 000 Mitarbeiter zur Spionage oder zur politischen Beeinflussung in der Bundesrepublik einsetzt?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Als ich in meiner ersten Antwort abschließend sagte, der Fernsehfilm gebe der Bundesregierung keine Veranlassung für zusätzliche Erklärungen, meinte ich auch ausdrucklich diese spekulative Zahl, zu dei sich die Bundesregierung nicht zu erklären beabsichtigt.
Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, würde nicht die ganz offensichtliche, außergewöhnlich schwere Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik, die sich daraus ergäbe, daß diese Zahl stimmte, die Bundesregierung dazu veranlassen, sich doch klar und deutlich dazu zu äußern, welche Erkenntnisse hierüber vorliegen?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Ich konnte Ihnen sagen, daß die Aktivitäten, die es hier gibt, von der Bundesregierung sorgfältig beobachtet werden. Ich kann ergänzen, daß die Bundesregierung keinen Anlaß zu der Annahme hat, daß hier irgendeine außergewöhnliche Bedrohung vorliegt, die nun dazu nötigt, von einer erprobten, bewährten und wohlbegründeten Praxis abzuweichen.
Herr Abgeordneter Schleifenbaum.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung der Entspannung für abträglich, wenn sich ein großer Teil der sogenannten 10 000 Spione lediglich damit beschäftigt, allgemein in der Bundesrepublik Deutschland zugängliche Informationen, z. B. Zeitungsausschnitte et cetera, auszuwerten
und ihrer Regierung zu übermitteln?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Ich kann Ihnen, wie ich schon sagte, Herr Kollege Schleifenbaum, weder die Zahl 10 000 bestätigen, noch kann ich zur Beschäftigung dieser Schar irgend etwas hier vortragen. Nur, soviel ist klar — dies trifft insbesondere für die Mitarbeiter von amtlichen und halbamtlichen Vertretungen zu —: daß sie sich bemühen, die Erkenntnisse, die in einem Land, in dem sie tätig sind, anfallen, zu sammeln und für ihren Entsenderstaat nutzbar zu machen. Dies ist sogar die normale Aufgabe eines Diplomaten.
Ich lassenoch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kern zu, und dann gehen wir weiter.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976 15303
Herr Staatssekretär, konnte die Bundesregierung durch diesen in Frage stehenden Film neue Erkenntnisse gewinnen?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung konnte allenfalls die — aber auch nicht mehr neue Erkenntnis gewinnen, wie es geschehen kann, daß an Hand einiger Daten und Fakten ein Film mit einer, wie ich meine, letztlich irreführenden Tendenz konstruiert werden kann.
Ich rufe die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Engholm auf:
Kann die Bundeswehr bestätigen, daß „ehemalige Bundeswehrsoldaten und afrikaerfahrene Ex-Legionäre" aus der Bundesrepublik Deutschland von FNLA/UNITA als Söldner für den Krieg in Angola angeworben werden, und welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, die Anwerbung bundesdeutscher Staatsbürger als Söldner für den Krieg im südlichen Afrika zu unterbinden?
Herr Staatssekretär.
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung kann die Anwerbung von Deutschen als Söldner für den Krieg in Angola nicht bestätigen.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage weise ich darauf hin, daß die Anwerbung von Deutschen zugunsten einer ausländischen Macht zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung nach § 109 h des Strafgesetzbuches strafbar ist.
Gegenüber den Angeworbenen selbst besteht die Möglichkeit, ihre Ausreise durch Versagen oder Entziehen des Passes zu verhindern. Das ist nach dem Paßgesetz möglich, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Paßbewerber unbefugt in fremde Heeresdienste eintreten will. Praktisch wird dieser Ausreisezweck allerdings nur in seltenen Fällen so rechtzeitig erkannt werden, daß eine paßrechtliche Maßnahme getroffen werden kann.
Haben Sie eine Zusatzfrage? — Bitte.
Herr Kollege Dr. Schmude, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß Berichte wie der von mir zitierte in „Bild am Sonntag" vom 1. Februar 1976, in dem Details über Anwerbungsadressen, Söldnerlöhne und vieles andere verbreitet wurden, mehr oder minder direkt dazu beitragen, deutschen Abenteurern oder, wie man besser sagen sollte: Desperados das Tötungsgeschäft in Afrika erst schmackhaft zu machen, und sehen Sie Möglichkeiten, - -
Herr Kollege, Fragezeichen bitte!
Das nächste Mal! Ich will keine Dichterlesung wie der Kollege Niegel hier veranstalten.
Fragezeichen, Herr Kollege, und keine weiteren Bemerkungen!
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Engholm, die Bundesregierung pflegt solche Zeitungsberichte nicht regierungsoffiziell zu bewerten. Nur kann ich Ihnen natürlich auch nicht bestreiten, daß die in Ihrer Frage gezogene Schlußfolgerung einiges für sich hat.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Danke schön, Herr Präsident. — Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, daß die Botschaft Zaires in Bonn Bewerbungen für den Söldnerdienst in Angola entgegennimmt und weiterleitet?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Nein.
Herr Abgeordneter Hansen, Sie wollten noch eine Zusatzfrage stellen. Bitte.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung — abgesehen von der Möglichkeit des Paßentzugs — im Zusammenhang mit § 109 h des Strafgesetzbuchs die Möglichkeit, andere Maßnahmen vorzusehen, die Deutsche daran hindern, sich als Söldner für fremde Heere anwerben zu lassen, in diesem Fall besonders für Angola, und z. B. auch dann, wenn das außerhalb der bundesrepublikanischen Grenzen geschieht?
Dr. Schmude, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hansen, wie ich ausgeführt habe, gibt es gegenüber dem Angeworbenen selbst nur die Möglichkeit der paßrechtlichen Maßnahme und auch diese nur, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß der Bewerber unbefugt in fremde Heeresdienste eintreten will. Strafrechtliche Maßnahmen mit allem, was dazu gehört, können ausschließlich gegen die Werber ergriffen werden.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet.Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung.Herr Abgeordneter Spranger, ich rufe Ihre Frage 21 auf:Ist der Bundesregierung bekannt, ob der ehemalige Chef des Bundeskanzleramts, Prof. Dr. Ehmke, in dem zur Zeit laufenden Prozeß zwischen ihm und der Deutschlandstiftung bekundete, er habe damals in seiner Eigenschaft als Chef des Bundeskanzleramts den Journalisten Disler allein deshalb nach Bonn geholt und ihn zur Veröffentlichung von Geheimprotokollen über die Moskauer Verträge befragt, weil die Bundesregierung nachrichtendienstlich an dem Verteilerschlüssel in der Bundesrepublik Deutschland für diese Geheimdokumente interessiert gewesen sei, und wenn ja, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß hier nach der Aussage von Prof. Dr. Ehmke illegale Inlandsaufklärung betrieben wurde?
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15304 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Dr. de With, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz. Der Bundesregierung sind Äußerungen von Herrn Professor Dr. Ehmke, die dieser in dem von Ihnen angesprochenen Prozeß getan haben soll, nicht bekannt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie die in meiner Frage enthaltenen Feststellungen dementieren?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Ich kann insoweit nur auf die Angaben bzw. auf die Hinweise von Prof. Dr. Ehmke, die er in seiner Eigenschaft als damaliger Chef des Bundeskanzleramts in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 23. Juni 1972 gemacht hat, und weiter auf die schriftliche Antwort vom 26. Juli 1972 auf eine Anfrage Ihres Kollegen Reddemann verweisen. Die Bundesregierung hat dem nichts hinzuzufügen.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, muß danach die Bundesrepublik Deutschland befürchten, daß in der in meiner Frage geschilderten Art auch zukünftig möglicherweise die Chefs des Bundeskanzleramts tätig werden?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Meine Hinweise geben zu Befürchtungen keinen Anlaß. Ich verweise erneut auf die im Bundestagsprotokoll nachzulesenden Antworten und sage, daß die Bundesregierung dem in keiner Weise etwas hinzuzufügen hat. Dies gibt zu Spekulationen überhaupt keinen Anlaß.
Herr Abgeordneter Arndt .
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Illegalität von Inlandsaufklärung nur für den Bundesnachrichtendienst gilt und auf dem Beschluß der Bundesregierung über die Einsetzung des Bundesnachrichtendienstes beruht, so daß der Herr Bundesminister Ehmke gar nicht in eine Illegalität geraten konnte, weil er dem BND nicht angehörte?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Dies trifft zu. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Frau Abgeordnete Dr. Lepsius hat um schriftliche Beantwortung der von ihr eingereichten Frage 22 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Nunmehr rufe ich die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Entsprach die in Teilen der Bundesrepublik Deutschland kürzlich ausgelöste Großfahndung nach den seinerzeit in den Südjemen ausgeflogenen Terroristen den beschlossenen Grundsätzen über ein abgestimmtes und koordiniertes Vorgehen aller für die innere Sicherheit einschlägig Verantwortlichen?
Herr Staatssekretär, da der Abgeordnete Dr. Wernitz zwei Fragen eingereicht hat, frage ich Sie, ob Sie beide Fragen zusammen beantworten wollen. Ich gehe davon aus, daß der Fragesteller damit einverstanden ist. — Dann rufe ich auch die Frage 24 des Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus diesem Vorfall, um künftig ein optimal abgestimmtes Vorgehen zu sichern?
Bitte.
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Am 31. Januar 1976 hat die Staatsanwaltschaft München I als zuständige Behörde für die Vollstreckung der gegen die Terroristen Pohle und Heissler rechtskräftig erkannten Freiheitsstrafen eine Fahndung mit Hilfe von Presse, Hörfunk und Fernsehen ausgelöst, nachdem der bayerische Justizminister und Innenminister das angeordnet hatten. Diesem Vorgehen hat sich bezüglich der Terroristin Gabriele KröcherTiedemann die Staatsanwaltschaft Bochum als zuständige Vollstreckungsbehörde angeschlossen. Es handelte sich also nicht um eine polizeiliche Großfahndung, sondern um eine von Justizorganen im Rahmen ihrer rechtlichen Befugnisse ausgelöste Öffentlichkeitsfahndung zur Durchsetzung der Strafvollstreckung.
Es ist allerdings festzustellen, daß der bayerische Innenminister, der die Öffentlichkeitsfahndung mit initiiert hat, nach den von der Innenministerkonferenz am 11. April 1975 beschlossenen Grundsätzen über die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern bei der Bekämpfung des Terrorismus grundsätzlich gehalten war, sich zuvor mit seinen Kollegen im Bund und in den betroffenen Ländern abzustimmen. Hiervon konnte er dann absehen, wenn er einen sogenannten Eilfall für gegeben hielt.
Die erwähnten Beschlüsse der Innenministerkonferenz haben zu einer erheblichen Verbesserung im Kampf gegen den Terrorismus geführt. Die Bundesregierung hält eine Änderung oder Ergänzung dieser Beschlüsse — insbesondere aus Anlaß dieses Vorfalles — nicht für erforderlich. Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern ist nach wie vor gut. Die Bundesregierung geht davon aus, daß der bayerische Staatsminister des Innern auf der nächsten Innenministerkonferenz seinen Kollegen das bayerische Vorgehen näher erläutern wird.
Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, daß bei diesem in Rede stehenden Vorfall dem Grundsatz, den der Bundeskanzler am 13. März 1975 in der damaligen Sicherheitsdebatte aufgestellt hat — er hat damals gesagt: „Es muß immer und unter allen Umständen sichergestellt sein, daß die Zusammenarbeit zwischen Ländern und Bund so effektiv wie möglich ist." —, voll Rechnung getragen wurde?Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Ich möchte der Äußerung des bayerischen Staatsministers des In-
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Parl. Staatssekretär Dr. de Withnerv nicht vorgreifen, der hierzu auf der in dieser Woche stattfindenden Innenministerkonferenz wohl noch das Seine sagen wird. Ich darf aber darauf verweisen, daß ich eine klare Angabe gemacht habe zu dem, was es an Vereinbarungen gibt. Danach hätte, ehe eine entsprechende Fahndungsmaßnahme durchgeführt wird, nach dem Grundsatz eine Abstimmung erfolgen müssen. Davon abzusehen ist nur in Eilfällen möglich.
Herr Abgeordneter, Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie schon auf die bevorstehende Sitzung der Innenministerkonferenz hingewiesen haben, darf ich fragen, ob dort bei dieser Gelegenheit dann auch das Thema eilbedürftige Fälle zur Präzisierung auf den Tisch gebracht wird.
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Ich kann nicht prophezeien und sagen, daß das der Fall sein wird. Aber ich gehe davon aus, daß das erläutert werden muß, nachdem immerhin zunächst einmal angenommen werden kann, daß das, was an Verfahren vorexerziert wurde, ungewöhnlich war.
Sie haben noch eine Zusatzfrage. Bitte, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, kann ich auch davon ausgehen, daß auf dieser Sitzung der Konferenz der Innenminister noch einmal ganz präzise — unter Bezugnahme auf die seinerzeitigen Beschlüsse, einmal vom 15. Februar 1974 und dann vom 11. April 1975 — festgehalten wird, daß hier eben ein abgestimmtes Verfahren und Verhalten erforderlich ist, und kann dem Innenausschuß davon eventuell in geeigneter Form berichtet werden?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Wernitz, wie bereits bei Ihrer vorangegangenen Frage erklärt, kann ich hierzu keine Prophezeiungen abgeben. Aber ich gehe davon aus, daß präzisiert werden wird, wann ein Eilfall anzunehmen ist, um Mißverständnisse der aufgezeigten Art zu vermeiden; denn es darf unter keinen Umständen dazu kommen, daß auf Grund von Mißverständnissen oder entsprechenden Mißhelligkeiten Fahndungsmaßnahmen nicht mit der gebotenen Eile erfolgen oder daß auf der anderen Seite Fahndungsmaßnahmen nicht auf das ganze Bundesgebiet erstreckt werden, wie es sich für einen bestimmten Fall gehört.
Noch
eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Spranger.
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit ausschließen, zumal in den letzten Wochen angeblich der Terrorist Pohle in München gesichtet worden sein soll?
Dr. de With, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung urteilt nicht vorschnell. Sie wird zunächst einmal anhören, was der zuständige bayerische Staatsminister des Innern hierzu sagen wird.
Herr
Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Offergeld zur Verfügung.
Der Herr Abgeordnete Höcherl hat die von ihm eingereichte Frage 25 zurückgezogen, so daß ich nunmehr die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Meinike aufrufen kann:
Sind Mitteilungen zutreffend, daß die nach dem Dritten Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes notwendige behördliche Anerkennung der Lohnsteuerhilfsvereine trotz vorliegender Anträge in vielen Fällen noch aussteht, und wenn ja, mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung dieses Problem in ihren Gesprächen mit den zuständigen Stellen in den Ländern erörtert?
Herr Kollege, die den Oberfinanzdirektionen vorgelegten Anträge auf Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein sind zum Teil erst kurz vor dem Stichtag für das Inkrafttreten der Neuregelung — das war der 1. Januar 1976 — eingereicht worden. Viele Anträge waren unvollständig und führten deshalb zu Beanstandungen. Die zuständigen Landesfinanzbehörden konnten daher noch nicht über alle vorliegenden Anträge auf Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein entscheiden. Die Finanzbehörden beanstanden allerdings bis auf weiteres die Tätigkeit derjenigen Vereine nicht, die die wesentlichen Voraussetzungen für die Anerkennung erfüllt haben, aber noch einzelne Unterlagen nachreichen müssen.
Zusatz-
frage.
Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Antwort ohne Bedenken folgern, daß für Lohnsteuerhilfevereine, deren Anträge rechtzeitig eingereicht worden sind, keinerlei Nachteile und Beschwernisse entstehen werden?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Meinike, ich darf noch einmal auf den entscheidenden Teil meiner Antwort hinweisen: Die Tätigkeit derjenigen Vereine, die die wesentlichen Voraussetzungen für die Anerkennung erfüllt haben und nur noch einzelne Unterlagen nachreichen müssen, wird nicht beanstandet.
Sie ha-
ben noch eine Zusatzfrage.
Hält es die Regierung für notwendig, die Übung der Länder durch Änderung des Gesetzes gesetzlich abzudecken?
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15306 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir sind natürlich an einer einheitlichen Praktizierung der Vorschriften in allen Bundesländern — diese sind ja für die Verwaltung insoweit zuständig — interessiert. Wir sehen aber bisher keinen Anlaß für eine gesetzliche Neuregelung. Man wird erst einmal die Erfahrungen mit der Zulassung dieser Vereine abwarten müssen.
Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter auf:
Wie hoch ist die finanzielle Mehrbelastung der Städte und Gemeinden infolge der Mehrwertsteuererhöhung von 11 % auf 13 °/o?
Herr Staatssekretär.
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie die Bundesregierung bereits in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage Ihrer Fraktion über die Finanzsituation der Städte, Gemeinden und Kreise vom 1. Dezember 1975 — Bundestagsdrucksache 7/4373 — mitteilte, führt die von der Bundesregierung beabsichtigte Mehrwertsteuererhöhung nicht nur zu Mehrausgaben, sondern auch zu Mehreinnahmen bei den Gemeinden. Die Gemeinden sind an den erhöhten Einnahmen der Länder durch den kommunalen Finanzausgleich beteiligt. Wegen der unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Gemeinden und Ländern lassen sich für die Jahre ab 1977 zumindest jetzt noch keine genauen Zahlenangaben machen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie sagen, daß es infolge der Mehrwertsteueranhebung sowohl Mehrausgaben als auch Mehreinnahmen geben werde. Wenn Sie noch keine Zahlen nennen können: Gibt es, wenn man das gegeneinander aufrechnet, in der Tendenz ein Plus oder ein Minus für die Städte und Gemeinden?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ich kann, Herr Kollege auch noch keine Tendenz nennen, weil wir entsprechende genaue Berechnungen noch nicht durchgeführt haben und noch nicht durchführen konnten.
Keine weitere Zusatzfrage.
Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete Dr. Jobst, der Herr Abgeordnete Dr. Wittmann , der Herr Abgeordnete Marschall und der Herr Abgeordnete Dr. Müller-Hermann haben um schriftliche Beantwortung der von ihnen eingereichten Fragen gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Dr. Waigel auf. — Der Herr Abgeordnete ist offensichtlich nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die nächsten beiden Fragen sind von dem Herrn Abgeordneten Dr. Müller eingebracht worden. Ich rufe zuerst die Frage 34 auf:
Hält die Bundesregierung die Tatsache, daß Überweisungen von Bank zu Bank heute oft bis zu drei Wochen dauern, für gerechtfertigt, oder sieht sie darin einen ungerechtfertigten Zinsgewinn der Banken?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Dr. Müller, nach Kenntnis der Bundesregierung kann man nicht davon sprechen, daß Überweisungen „oft bis zu drei Wochen dauern". Die Spitzenverbände des Kreditgewerbes haben in einer Aufklärungsschrift darauf hingewiesen, daß die Laufzeit einer Uberweisung im ungünstigsten Fall bis zu sieben Kalendertage betragen kann. Allerdings haben die Verbände bei dieser Berechnung die Einschränkung gemacht, daß die erforderliche Postlaufzeit jeweils nicht mehr als einen Tag beträgt.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Müller.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrem Hause zur Kenntnisnahme und Aufklärung ein Verzeichnis von zwölf Überweisungen übersenden, die in einem Jahr zwischen München und Ludwigsburg getätigt worden sind und bei denen die niedrigste Laufzeit elf Tage, die längste 21 Tage betragen hat?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ja, Herr Kollege, ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie uns konkrete Fälle nennen. Die Bundesregierung hat über das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen mehrfach darauf hingewirkt, daß die Überweisungszeiten so kurz wie technisch möglich gehalten werden. Das Bundesaufsichtsamt hat bisher keine konkreten Fälle zu beanstanden gehabt. Es ist mehrfach — ich darf dies unterstreichen — dieser Frage nachgegangen. Sie war ja auch schon mehrfach Gegenstand der Fragestunde. Ich bin Ihnen also, wenn Sie uns konkrete Fälle vorlegen können, sehr dankbar. Wir werden dem nachgehen.
Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Dr. Müller auf:Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, diesen Mißstand einzustellen?Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, auf Anregung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen — ich habe das zum Teil schon vorweggenommen — haben die Spitzenverbände des Kreditgewerbes eine Vereinbarung getroffen, wonach das erstbeauftragte Kreditinstitut einen Sicherungsstempel auf dem Überweisungsformular anzubringen hat, aus dem sich der Tag der Auftragsausführung ergibt, es sei denn — das ist die Ausnahme —, es handelt sich um Massenüberweisungen. Der Bankkunde kann auf Grund dieser Vereinbarung die Laufzeit einer Überweisung in der Regel besser als bisher kontrollieren.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976 15307
Parl. Staatssekretär OffergeldDie Bundesregierung erwartet, daß sich auch auf Grund der starken Konkurrenz im Kreditgewerbe alle Kreditinstitute um eine unverzügliche Ausführung der Überweisungsaufträge bemühen werden. Sollten sich dennoch berechtigte Beanstandungen hinsichtlich der Laufzeit einer Überweisung ergeben, so können sich die betroffenen Bankkunden ohne weiteres an das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen wenden.
Zusatzfrage.
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, gegen solche Institute, die so lange Laufzeiten haben, vorzugehen?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Ich will das jetzt nicht konkretisieren. Das hängt vom Einzelfall ab. Man muß aber dann möglicherweise z. B. die Zuverlässigkeit der Leitung dieser Institute in Frage stellen. Das kann nach den aufsichtsrechtlichen Vorschriften zu entsprechenden Folgerungen führen.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung oder die entsprechende Aufsichtsstelle bereit, auf Grund von konkreten Unterlagen, die zur Verfügung gestellt werden können, öffentlich bekanntzugeben, welche Institute sich durch eine besondere Saumseligkeit auszeichnen?
Offergeld, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir sind bereit, diesen Dingen nachzugehen. Ob wir das dann in jedem Falle öffentlich vorführen können, kann ich jetzt nicht zusichern. Das müßte noch geprüft werden.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Der Herr Abgeordnete Graf Stauffenberg hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage 36 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 37 des Herrn Abgeordneten Dr. Ahrens auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung Beschäftigungs- und Auftragslage des Deutschen Binnenschiffbaues, und was gedenkt sie gegebenenfalls für Hilfsmaßnahmen für diesen Wirtschaftszweig zu ergreifen?
Herr Kollege, der Binnenschiffbau in der Bundesrepublik hatte nach Rekordergebnissen in den Jahren 1972/73 in den beiden letzten Jahren
einen Produktionsrückgang zu verzeichnen. Die Auftragsbestände haben sich 1975 zwar wieder günstiger entwickelt; sie lassen daher eine Produktionssteigerung, aber noch keine volle Kapazitätsauslastung in diesem Jahr erwarten. Ursächlich für den Rückgang seit 1972/73 sind vor allem der überdurchschnittliche Ausstoß in diesen Jahren, die daraus entstandenen Überkapazitäten und die Rentabilitätsschwäche in der Binnenschiffahrt. Längerfristig ist jedoch mit steigender Nachfrage nach Binnenschiffen, vor allem als Ersatz für ältere Tonnage, zu rechnen. Auch der Ausbau der Binnenwasserstraßen — Elbe-Seiten-Kanal, Mosel-SaarAusbau, Rhein-Rhone-Verbindung, Rhein-Main-Donau-Kanal — dürfte der Binnenschiffahrt neue Impulse bringen und zu verstärkten Aufträgen an die deutschen Binnenschiffswerften führen.
Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, besondere Hilfsmaßnahmen für den Binnenschiffbau zu ergreifen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß eine größere Anzahl jedenfalls der in Norddeutschland ansässigen Binnenschiffswerften nur noch für wenige Monate, allenfalls bis zum Sommer Aufträge hat?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Wir sind nicht in jedem Einzelfall informiert. Ich möchte mich deshalb auf die generelle Aussage, die ich in meiner Antwort gemacht habe, beschränken.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Befürchtung, daß eine auch nur kurzfristige Arbeitsunterbrechung einer Werft zum Auseinanderfallen des eingearbeiteten und hochspezialisierten Mitarbeiterstammes führen und damit eine Wiederaufnahme der Produktion außerordentlich erschweren könnte?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Eine solche Befürchtung würde ich teilen.
Der Herr Abgeordnete Lampersbach hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Fragen 38 und 39 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Hansen auf:Trifft es zu, daß beim Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft , welches für die Genehmigung von Rüstungsgüter-Exporten, die nicht Kriegswaffen sind, zuständig ist, Anträge der Firma Rheinstahl zur Ausfuhrgenehmigung von 800 Schützenpanzern Marder" nach Saudi-Arabien vorliegen, und bedeutet dies, daß die Bundesregierung die Entscheidung über diese Exportanträge nach den Kontrollbestimmungen des Außenwirtschafts-
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15308 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausengesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) vornehmen wird, obwohl „gepanzerte Fahrzeuge" nach der Dritten Verordnung zur Änderung der Kriegswaffenliste vom 28. August 1973 (BGBl. I S. 1050) unter Nr. 31 sowie nach der Kriegswaffenliste über Waffen, die auch vom Rüstungskontrollamt der WEU kontrolliert werden (BGBl. 1973 I S. 1052), unter A 17 bzw. B 64 eindeutig als Kriegswaffen gekennzeichnet sind?Herr Staatssekretär.Grüner, Parl. Staatssekretär: Es trifft zu, daß das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft einen Antrag der Firma „Rheinstahl" auf Ausfuhrgenehmigung zur Lieferung von Schützenpanzern „Marder" nach Saudi-Arabien vorliegen hat, allerdings nicht für 800, sondern für 600 Stück. Über diesen Antrag muß nach den Bestimmungen des Außenwirtschaftsgesetzes entschieden werden.Da es sich bei den Fahrzeugen um Kriegswaffen handelt, sind außerdem Genehmigungen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz, nämlich eine Herstellungs- und eine Beförderungsgenehmigung zum Zwecke der Ausfuhr, erforderlich. Auch diese Genehmigungen sind vor kurzem bei der zuständigen Stelle im Bundeswirtschaftsministerium beantragt worden.Selbstverständlich ist zunächst darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für die erforderlichen Genehmigungen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz vorliegen. Erst nach einer etwaigen positiven Entscheidung hierüber kann die Ausfuhrgenehmigung nach dem Außenwirtschaftgesetz erteilt werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn zu den Voraussetzungen die Klärung der Frage gehört, ob das Empfängerland Saudi-Arabien zu den Spannungsgebieten zählt, möchte ich Sie fragen, ob die Bundesregierung Saudi-Arabien für ein solches Spannungsgebiet hält.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Für eine Ausfuhrgenehmigung ist die Klärung dieser Frage notwendig. Ich bin aber nicht in der Lage, hier über Einzelfälle Ausführungen zu machen. Dies ist eine Angelegenheit, über die im Genehmigungsverfahren zu entscheiden ist.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wird die Bundesregierung bei der Klärung dieser Frage berücksichtigen, was der Bundesaußenminister anläßlich des Besuchs des Außenministers des Königreichs Saudi-Arabien erklärt hat, nämlich daß die Entwicklung im Nahen Osten auf die übrige Welt und insbesondere Europa ausstrahle und die Bundesrepublik Deutschland deshalb ein vitales Interesse an der Erhaltung von Frieden und Stabilität gerade in dieser Region habe?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Ganz sicher wird das ein tragender Gesichtspunkt sein.
Herr Abgeorneter Haase .
Herr Staatssekretär, nachdem in den letzten Tagen in der Presse mehrfach Ankündigungen hinsichtlich der zu treffenden Entscheidung gemacht wurden, frage ich Sie: Wann ist denn nun tatsächlich — welche Prognosen geben Sie — mit der endgültigen Entscheidung über den von der Firma Rheinstahl-Transporttechnik in Kassel vorgelegten Antrag auf Ausfuhrgenehmigung zu rechnen? Ist es richtig, daß die Entscheidung kurz bevorsteht?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Beantwortung dieser Frage nimmt die Antwort auf die zweite Frage des Kollegen Hansen vorweg.
Dann
rufe ich jetzt noch die Frage 41 des Herrn Abgeordneten Hansen auf:
Wann wird die Bundesregierung über die Anträge der Firma Rheinstahl entscheiden, oder sieht sie in solchen Auskünften eine „unbefugte Offenbarung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen im Sinne des § 203 Abs. 2 StGB", wie es in einem Schreiben des Bundeswirtschaftsministers heißt?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung prüft zur Zeit diese Anträge. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, kann heute noch nicht abgesehen werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Stimmt es, daß das Bundeswirtschaftsministerium Erleichterungen des Rüstungsexports mit der Begründung fordert, daß dadurch Koppelgeschäfte der Ausfuhr von zivilen Gütern mit Rüstungsgütern erleichtert werden, die angeblich von verschiedenen Ländern, besonders der dritten Welt, gefordert werden?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Das Bundeswirtschaftsministerium hat nicht die Absicht, auf eine Änderung der bestehenden Gesetze hinzuwirken. Selbstverständlich hat das Bundeswirtschaftsministerium immer darauf hingewiesen, daß es für unsere exportorientierte Industrie Probleme gibt, die in jedem Entscheidungsprozeß Berücksichtigung finden müssen. Es ist aber selbstverständlich ebenso klar, daß das Primat der Außenpolitik diesen Fragenkreis zu bestimmen hat.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihren bisherigen Antworten entnehmen, daß die Bundesregierung fest gewillt ist, auch im Falle der jetzt anstehenden Entscheidung bei den bisherigen Exportbeschränkungen für Rüstungsgüter zu bleiben?
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976 15309
Grüner, Parl. Staatssekretär: Davon können Sie ausgehen, was allerdings keinerlei Aussage über die anstehende Entscheidung einschließt. Die Gesetze, die unser Handeln bestimmen, enthalten selbstverständlich auch außenpolitischen Ermessensspielraum.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Haase.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß verschiedene mit der Bundesrepublik Handel treibende überseeische Länder in jüngster Zeit dazu übergehen, ihre sonstigen Handelsbeziehungen zur Bundesrepublik von der Genehmigung von Lieferungen auf dem Sektor der Verteidigungsgüter abhängig zu machen?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es trifft sicher zu, daß es solche Zusammenhänge gibt oder daß sie zumindest behauptet werden. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Exportüberschusses an der Spitze in der Welt steht, so daß wir keine Veranlassung haben, etwa aus einer solchen Sicht der Dinge unsere von außenpolitischen Überlegungen bestimmte Politik zu ändern. Ich betone noch einmal den Primat der Außenpolitik für diese Fragen.
Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, interessierten Abgeordneten Informationen über solche Koppelgeschäfte zugänglich zu machen, weil die Nachprüfung der Behauptungen über Koppelgeschäfte immer wieder zu dem Ergebnis geführt hat, daß solche Behauptungen Gerüchte waren und anscheinend Zweckbehauptungen der Rüstungslobby darstellen?
Meine
Damen und Herren, ich bitte, zunächst einmal dem Herrn Staatssekretär die Möglichkeit zu einer Antwort zu geben.
Grüner, Parl. Staatssekretär: Es ist selbstverständlich, daß wir bereit sind, Ihnen in „bilateralen" Gesprächen unsere Informationen darüber zur Verfügung zu stellen. Da sich solche Äußerungen häufig nicht in schriftlicher Form belegen lassen, muß das allerdings mit der notwendigen Vertraulichkeit beraten werden. Es ist aber selbstverständlich, daß wir bereit sind, Ihnen jede Information, die Ihr eigenes Urteil in diesem Bereich absichern kann, zur Verfügung zu stellen.
Bitte, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, spielt nicht in jedem Fall für die Beurteilung von Anträgen auf Genehmigung von Rüstungsexporten die Frage der Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Bundesrepublik eine gewichtige Rolle?
Grüner, Parl. Staatssekretär: Es ist selbstverständlich, daß bei jeder Entscheidung, die wir zu treffen haben, auch solche Gesichtspunkte eine gewichtige Rolle spielen und angesichts der jetzigen Arbeitsmarktlage ein zusätzliches Gewicht erhalten. Ich darf jedoch wiederholen: Unsere außenpolitischen Interessen müssen letzten Endes ausschlaggebend für die Entscheidung sein, die die Bundesregierung auf diesem Gebiet trifft.
Herr
Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann zur Verfügung.
Die Frage 42 ist von Herrn Abgeordneten Ey eingebracht:
Welche Auswirkungen hat das in Italien in großem Ausmaß betriebene Töten von Singvögeln und Zugvögeln auf das Wirkungsgefüge der Natur in der Bundesrepublik Deutschland?
Herr Kollege Ey, die Verminderung der Sing- und Zugvogelbestände Europas, die auch durch die in Italien üblichen Jagdpraktiken bewirkt wird, kann eine Belastung der Natur weit über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus darstellen. Infolge enger, aber auch komplizierter Verflechtung der Vogelpopulationen mit anderen tierischen und pflanzlichen Organismengruppen sind gesamtökologische Schäden durch den Rückgang des Bestandes einzelner Vogelarten nur schwer zu konkretisieren und zu lokalisieren. Wissenschaftlich fundierte und quantifizierbare Daten dazu liegen nicht vor. Darüber hinaus sind die Vögel, die häufig Endglieder von Nahrungsketten darstellen, oftmals wichtige Bio-Indikatoren für die Belastung der Umwelt und bedürfen auch in dieser Eigenschaft eines besonderen Schutzes.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, werden an irgendeiner Stelle Erhebungen über mögliche Auswirkungen auf Fauna und Flora angestellt?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Derartige Auswirkungen werden durchaus mitbeobachtet. Solche Beobachtungen sind, wie gesagt, immer wieder erfolgt. Ich habe soeben auch angemerkt, daß wir bei einigen Vogelarten durchaus Bedenken haben.
Herr Abgeordneter Hammans.
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15310 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Herr Staatssekretär, muß die Bundesregierung nicht abgesehen von ökologischen Fragen, die Herr Kollege Ey in seiner Frage angesprochen hat, nicht schon aus Gründen des Tierschutzes alles unternehmen, um dem Vogelmorden in Italien ein Ende zu bereiten?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Durchaus, Herr Kollege Hammans. Ich habe heute noch eine Reihe von Anfragen zu diesem Problem zu beantworten. Ich werde dann noch auf Einzelheiten zu sprechen kommen.
In diesem Sinne rufe ich die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Ey auf:
Hat die Bundesregierung bisher alle rechtlichen Möglichkeiten in den Gremien der Europäischen Gemeinschaften ausgeschöpft, um dem Töten von Singvögeln Einhalt zu gebieten?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat das Tätigwerden der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes generell unterstützt und gefördert. Unabhängig von der Frage, welche Möglichkeiten die Europäischen Gemeinschaften auf dem speziellen Gebiet des Vogelschutzes haben, hat die Bundesregierung auch die Ankündigung der Kommission, die ja bekanntlich das alleinige Vorschlagsrecht hat, begrüßt, noch in diesem Jahr eine Richtlinie zum Vogelschutz vorzulegen. Ich hoffe, daß die Vorstellungen möglichst bald konkretisiert und zur Diskussion gestellt werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung eine Vereinheitlichung der Bestimmungen über das Fangen und Jagen von Wild in der Europäischen Gemeinschaft für möglich?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Durchaus. Wir bemühen uns schon, auch in dieser Richtung tätig zu werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl.
Herr Staatssekretär, seit wann werden in Italien Singvögel getötet? Ist dies nicht schon zu Zeiten anderer Bundesregierungen der Fall gewesen? Haben die damaligen Bundesregierungen auch derartige Aktionen unternommen, um das Vogeltöten zu unterbinden?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Sicherlich hat dieses Problem des Vogelfangs auch schon andere Regierungen beschäftigt.
Wir haben uns seit langem bemüht, auf Italien in
Richtung einer Einengung der Fangpraxis einzuwirken. Wir sind von seiten der EWG laufend dabei, in dieser Richtung aktiv zu sein.
Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Susset auf:
Kann die Bundesregierung Angaben des „Komitees gegen den Vogelmord" bestätigen, nach denen in Italien jährlich Millionen von Zugvögeln sinnlos gefangen und getötet werden, und was hat die Bundesregierung bejahendenfalls bisher gegen diese Art des Tötens von Tieren in einem benachbarten EG-Land mit welchem Erfolg unternommen?
Logemann, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege Susset, der Bundesregierung ist bekannt, daß in Italien jährlich sehr viele Vögel gefangen oder getötet werden. Zahlenangaben, so auch in dem im Autrag der EG-Kommission von der Soziologischen Gesellschaft von 1858 e. V. Frankfurt angefertigten Gutachten, basieren im allgemeinen auf Hochrechnungen, die beispielsweise auf der Anzahl der in Italien ausgegebenen Jagdscheine, auf der verkauften Jagdmunition und ähnlichem beruhen.
Auch nur annähernd genaue statistische Unterlagen zur Bestätigung der vom „Komitee gegen den Vogelmord" angegebenen Zahlen liegen nicht vor. Bundesminister Ertl hat sowohl mündlich als auch schriftlich dem italienischen Landwirtschaftsminister gegenüber mehrfach die Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, daß die italienische Jagdregelung und Jagdpraxis einen bedeutenden Eingriff in die Vogelwelt Europas darstellt, und auf die gesamtökologische Gefahr hingewiesen.
Auch die Frau Präsidentin des Deutschen Bundestages und die Herren Fraktionsvorsitzenden haben auf die Bitte von Herrn Bundesminister Ertl hin in gleichem Sinne auf die italienische Abgeordnetenkammer eingewirkt.
Die Bundesregierung unterstützt prinzipiell die Empfehlung der EG-Kommission vom 20. Dezember 1974 sowie die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rettung der Zugvögel vom Frühjahr 1975. Die EG-Kommission beabsichtigt, in diesem Jahr eine entsprechende Richtlinie vorzuschlagen.
Bisher blieben leider alle Bemühungen zu einer durchgreifenden Novellierung der italienischen Jagdgesetzgebung erfolglos, da entsprechende, selbst vom italienischen Senat bereits gebilligte Gesetzentwürfe stets in der Abgeordnetenkammer scheiterten.
Wir kommen nun zu den Zusatzfragen. Ich wäre dankbar, wenn wir zeitlich so verfahren könnten, daß der Herr Staatssekretär noch etwas über die sehr interessanten Kartoffelpreise sagen kann.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Susset.
Herr Staatssekretär, welchen Aussagewert mißt die Bundesregierung diesen Hochrechnungen bei, die Sie soeben erwähnten?Logemann, Parl. Staatssekretär: Wir haben erhebliche Bedenken, genaue Zahlen zu nennen. Ich komme aber noch bei der Beantwortung einer an-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976 15311
Parl. Staatssekretär Logemannderen Frage auf Zahlen zu sprechen. Es ist wirklich sehr schwierig, hier überhaupt Zahlenangaben zu machen.
Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans auf:
Kann die Bundesregierung beim Import von mit überhöhten Gehalten an Schadstoffen kontaminierten Futtermitteln die Gesundheit von Tier und Mensch hinreichend und lückenlos durch behördliche Überwachung absichern, wenn die Abgabe derartiger Futtermittel gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Futtermittelgesetzes vom 2. Juli 1975 auch an landwirtschaftliche Tierhalter als „anerkannte Hersteller" erfolgen kann, und wenn diese Tierhalter darüber hinaus auch noch in den Besitz von Zusatzstoffen gelangen können, die sie sonst auf Grund des Arzneimittelgesetzes nur auf Verschreibung des behandelnden Tierarztes erhalten würden?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Eine Rechtsverordnung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Futtermittelgesetzes vom 2. Juli 1975 wird von meinem Haus zur Zeit vorbereitet. Der Entwurf ist mit den beteiligten Ressorts noch nicht erörtert worden, so daß Ihre Frage nicht abschließend beantwortet werden kann.
Grundsätzlich, Herr Kollege Dr. Hammans, möchte ich folgendes feststellen. Durch Rechtsverordnung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes sollen Mindestanforderungen für die Beschaffenheit von Räumen und Anlagen festgesetzt werden, in denen unter Verwendung von Zusatzstoffen, Vormischungen oder Halbfabrikaten gewerbsmäßig Mischfuttermittel hergestellt werden. Es sollen nur solche Betriebe amtlich anerkannt werden, die neben weiteren Bedingungen unter anderem auch diese Mindestanforderungen erfüllen.
Außerdem ist vorgesehen, daß bestimmte Zusatzstoffe wie z. B. Antibiotika nur an Betriebe abgegeben werden dürfen, die Vormischungen herstellen. Diese Vormischungen dürfen von den Herstellern nur an anerkannte Betriebe abgegeben werden.
Sofern tierhaltende Betriebe die technischen und personellen Voraussetzungen erfüllen, können diese von den dafür zuständigen Behörden nach § 9 Abs. i Nr. 3 und § 9 Abs. 2 amtlich anerkannt werden. Betrieben, also auch gewerbsmäßigen Mischfuttermittelherstellern, welche die geforderten Voraussetzungen nicht erfüllen, ist die Anerkennung zu versagen. Somit ist eine Gleichbehandlung aller Betriebe vorgesehen.
Die Beratungen über die zu stellenden strengen Anforderungen sind noch nicht abgeschlossen. Nach meiner Auffassung sind die zuständigen Behörden der Länder in der Lage, den Verkehr mit und die Verfütterung von Futtermitteln so zu überwachen, daß der Zweck des Gesetzes — d. h. vor allem die tierische Erzeugung im Sinne des § 1 des Gesetzes zu fördern — erreicht wird.
Nach den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Berücksichtigung der Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Geeignetheit staatlicher Mittel ist meines Erachtens zur Erreichung dieses Zieles eine stärkere öffentlich-rechtliche Beschränkung des Verkehrs mit Zusatzstoffen und Vormischungen sowie Einzelfuttermitteln mit überhöhtem Schadstoffgehalt nicht erforderlich, zumal nach dem geltenden Recht
Einzelfuttermittel keinerlei Verkehrsbeschränkungen unterliegen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie trotz Ihrer angekündigten Richtlinien meine Bedenken, daß, wenn mehrere tausend landwirtschaftliche Betriebe, insbesondere aber gewerbliche Tiergroßhalter, die Genehmigung beantragen, eine Kontrolle nicht mehr gewährleistet werden kann?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hammans, ich teile Ihre Sorge eigentlich nicht, soweit es um landwirtschaftliche Betriebe geht. Denn hier wird es nur relativ wenige Betriebe geben, die in der Lage sind, die hier genannten strengen Anforderungen zu erfüllen. Aber wir müssen durchaus diese Entwicklung beobachten. Ich habe Ihnen eben eine sehr ausführliche Antwort über unsere Vorstellungen übermittelt.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär Logemann, im Hinblick auf die hervorragenden Erfahrungen, die wir seit Jahren beim Import von Fleisch aus südamerikanischen Ländern machen, wo die Kontrolle an Ort und Stelle durchgeführt wird, frage ich Sie, ob nicht auch hier beim Import von Futtermitteln bei der Verschiffung des Importgutes Kontrollen entnommen werden, per Flugzeug in die Bundesrepublik geschickt und hier voruntersucht werden können, um dann ein Ergebnis vorliegen zu haben und, wenn die Schiffe im Hafen eintreffen, sagen zu können, ob es sich um ein Futtermittel handelt, das genehmigt ist oder nicht?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hammans, ich kann hier keine konkrete Aussage dazu machen. Aber ich stimme mit Ihnen in der Zielsetzung überein. Sie müssen natürlich das, was hier im Inland an futtermittelrechtlichen Vorschriften erlassen worden ist, auch auf eingeführte Futtermittel anwenden können.
Meine Damen und Herren, ich rufe die Frage 46 des Abgeordneten Dr. Riedl auf. — Der Herr Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Wende auf. — Der Herr Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Gansel auf:Welche Maßnahmen werden von der Bundesregierung erwogen, um die steigenden Kartoffelpreise unter Kontrolle zu bekommen?
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15312 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenWegen des Zusammenhangs werden wir anschließend auch noch die Frage 49 des Abgeordneten Eigen behandeln. Jeder der Kollegen könnte dann noch eine Zusatzfrage stellen.Bitte.Logemann, Parl. Staatssekretär: Der Kartoffelmarkt in der Bundesrepublik Deutschland unterliegt marktwirtschaftlichen Prinzipien und richtet sich nach Anyebot und Nachfrage. Die Bundesregierung hat im nationalen Bereich geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung ergriffen und darüber hinaus Maßnahmen der Gemeinschaft befürwortet, von denen preisdämpfende Einflüsse ausgehen können.Im einzelnen hat sie bereits im November 1975 die Einfuhrmöglichkeit für Speisekartoffeln auf Herkünfte aus Drittländern erweitert. Sie hat ferner einen Kommissionsvorschlag befürwortet, den gemeinsamen Zolltarif von 18 % für Speisekartoffeln bis zum 28. März 1976 auszusetzen. Die ebenfalls von der Bundesregierung befürwortete Aussetzung des Zollsatzes für Frühkartoffeln scheiterte bisher am Einspruch eines EG-Mitgliedstaates. Nachdem dieser seine Bedenken zurückgestellt hat, erwartet die Bundesregierung, daß eine Zollaussetzung in Kürze auch für Frühkartoffeln in Kraft treten kann. Schließlich hat sie früher als sonst die Ausschreibung für Frühkartoffeln veröffentlicht, um ein möglichst frühes Einsetzen der Importe aus den Mittelmeerländern zu ermöglichen.Die Bundesregierung erwartet weitere preisdämpfende Einflüsse, wenn größere Importmengen an Frühkartoffeln eintreffen und wenn nach Abklingen der Frostperiode die Mieten geöffnet werden und zusätzlich alterntige Ware einheimischer Herkunft und aus Importen auf den Markt gelangt.
Ich schlage vor, daß jetzt eine Zusatzfrage gestellt und dann noch die Frage 49 des Abgeordneten Eigen beantwortet wird. — Bitte, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, erwägt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auch eine Änderung der Handelsklassenverordnung?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Eine Änderung der Handelsklassenverordnung wird im Rahmen europäischer Überlegungen in Richtung einer EWG-Kartoffelmarktordnung eine Rolle spielen. Hierbei wird man daran denken müssen, auch einheitliche Qualitätsvorschriften zu schaffen.
Ich rufe noch die Frage 49 des Herrn Abgeordneten Eigen auf:
Welche Kartoffelpflanzautpreise erwartet die Bundesregierung im Frühjahr 1976, und was gedenkt sie zu unternehmen, damit ein ausreichender Kartoffelanbau im Jahr 1976 sichergestellt wird?
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Präsident, ich danke Ihnen; Herr Kollege Eigen ist mein bester „Kunde".
Nach den im Herbst 1975 veröffentlichten Preislisten für Pflanzkartoffeln war schon für die Frühjahrsbestellung 1976 mit erheblichen Verteuerungen des Pflanzgutbezugs zu rechnen. Die Ursachen für die Verteuerungen, die sich bekanntlich auf dem Speisekartoffelmarkt noch stärker durchgesetzt haben, sind in den witterungsbedingten Ernteausfällen des vergangenen Jahres zu sehen. Sie haben nicht nur bei uns, sondern zum Teil in noch stärkerem Maße in den europäischen Nachbarländern zu Verknappungen geführt.
Aus dieser Situation könnte sich ein übersteigerter Anreiz zum verstärkten Kartoffelanbau mit einer erhöhten Nachfrage nach Pflanzkartoffeln ergeben. So könnten möglicherweise weitere Preissteigerungen ausgelöst werden. Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, Herr Kollege Eigen, hier regulierend einzugreifen, da sie hierzu keine Ermächtigung besitzt.
Bekanntlich wird bei uns aber nur ein Teil der Kartoffelfläche mit zugekauftem zertifiziertem Pflanzgut bestellt. Rund zwei Drittel des Pflanzgutbedarfs decken die Kartoffelerzeuger aus eigenem Nachbau. Wahrscheinlich wird die Verwendung eigenen Pflanzguts in diesem Jahr verstärkt. Jedenfalls befürchtet die Bundesregierung nicht, daß die Anbaufläche unter eine kritische Grenze absinkt. Die im Jahr 1975 auf rund 415 000 ha zurückgegangene Anbaufläche hätte unter normalen Voraussetzungen für eine Marktversorgung ausgereicht.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nicht nur der Rückgang der Erträge, sondern auch der Rückgang der Fläche infolge der früher schlechten Situation auf dem Kartoffelmarkt hat zu dieser Misere beigetragen. Aber hat die Bundesregierung nicht die Möglichkeit, über eine verstärkte Förderung von Erzeugergemeinschaften dafür zu sorgen, daß die Landwirte über Vertragsregelungen das Risiko eingehen können, Kartoffeln auch zu hohen Pflanzgutpreisen anzubauen? Es geht ja darum, daß sich nächstes Jahr für die Verbraucher nicht das wiederholt, was in diesem Jahr geschehen ist.
Logemann, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Eigen, ich glaube, Ihnen ist bekannt, daß wir uns sehr bemühen, Erzeugergemeinschaften zu fördern. Das möchte ich zu Ihrer ersten Frage sagen.
Zum zweiten. Wir gehen davon aus, daß der gute Preis die Bauern veranlassen wird, jetzt zumindest die Anbauflächen des Vorjahres zu halten, die bei guter Ernte dann ausreichend sein müßten.
Ich danke Herrn Staatssekretär Logemann. Ich danke auch
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 220. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Februar 1976 15313
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenfür die Unterstützung des Hauses, daß wir diese beiden letzten Fragen noch zusammen behandeln konnten.Wir stehen am Ende der Fragestunde und der heutigen Sitzung.Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 12. Februar 1976, 9.00 Uhr ein.Die Sitzung ist geschlossen.