Protokoll:
7213

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 213

  • date_rangeDatum: 16. Januar 1976

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:19 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 213. Sitzung Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Inhalt: Amtliche Mitteilung ohne Verlesung . . . 14717 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksachen 7/3030, 7/3064 —, Bericht und Antrag des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform — Drucksache 7/4549 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze des Gemeinschaftsfriedens — Drucksache 7/2772 —, Bericht und Antrag des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform — Drucksache 7/4549 — in Verbindung mit Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze des Gemeinschaftsfriedens — Drucksache 7/2854 —, Bericht und Antrag des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform — Drucksache 7/4549 — Dr. Müller-Emmert SPD 14719 A Spranger CDU/CSU . . . . . . . . 14723 C von Schoeler FDP . . . . . . . . 14729 D Coppik SPD 14734 B Frau Dr. Timm SPD . . . . . . . . 14736 B Dr. Jenninger CDU/CSU 14736 C Lattmann SPD 14738 B Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . . 14740 C Namentliche Abstimmungen . . 14736 D, 14743 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung terroristischer krimineller Vereinigungen — Drucksache 7/4004 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Bundesrechtsanwaltsordnung — Drucksache 7/4005 — Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . 14745 B, 14760 C Gnädinger SPD . . . . . . . . . . 14746 B Dr. Eyrich CDU/CSU . . . . . . . . 14748 D Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 14753 C Vogel (Ennepetal) CDU/CSU . . . . . . 14757 C Kleinert FDP . . . . . . . . . . . 14762 A Absetzung eines Punktes von der Tagesordnung 14764 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 14764 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 14765* A Anlage 2 Erklärung nach § 59 GO des Abgeordneten Lattmann SPD 14765* D Anlage 3 Maßnahmen der Bundesregierung zur Verhinderung von Boykottmaßnahmen von Kunsthändlern gegen das Folgerecht (§ 26 des Urheberrechtsgesetzes) MdlAnfr A37 09.01.76 Drs 07/4555 Lattmann SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14766* A Anlage 4 Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Einschränkung der Wiederverwendung von Altpapier und die Steigerung des Holzverbrauchs zur Papier- und Pappenherstellung MdlAnfr A49 09.01.76 Drs 07/4555 Schwabe SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14766* B Anlage 5 Möglichkeiten des Ausbaues der Beziehungen zur Volksrepublik China auf wissenschaftlichem und technologischem Gebiet MdlAnfr A52 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Schweitzer SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14766* C Anlage 6 Nichtaufnahme von wirtschaftsschwachen Kreisen in das Förderprogramm durch Auseinanderreißen einheitlicher Landkreise bei der Vorbereitung des 4. Rahmenplanes für die Gemeinschaftsaufgabe ,,Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" sowie Änderung der Einteilung der Untersuchungsregionen bei der Vorbereitung des 5. Rahmenplanes MdlAnfr A53 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU MdlAnfr A54 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14766* D Anlage 7 Festsetzung der Kfz-Versicherungsprämien für die Oberpfalz unter Berücksichtigung des Durchschnitts im übrigen Bundesgebiet; Maßnahmen von EG-Staaten mit Auswirkungen auf mittelständische Betriebe bei Messen und Ausstellungen im In- und Aus- land sowie Ausgleichsmaßnahmen der Bundesregierung zur Herstellung der Wettbewerbstätigkeit mittelständischer deutscher Aussteller MdlAnfr A55 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU MdlAnfr A56 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14767* B Anlage 8 Anstieg des Obligos des Bundes aus der Verbürgung von Krediten an kommunistische Staaten zum 31. Dezember 1975 sowie Entwicklung des Anteils der Bürgschaften der Staaten des Warschauer Pakts am Gesamtvolumen unserer Burgschafts- und Garantieverpflichtungen in den Jahren 1970 bis 1975 MdlAnfr A57 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Narjes CDU/CSU MdlAnfr A58 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Narjes CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14768* A Anlage 9 Beurteilung der Vorwürfe des Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung über eine verfehlte Konjunkturpolitik seit 1969 und das Versagen des Staates in in der Stabilitätspolitik MdlAnfr A59 09.01.76 Drs 07/4555 Nordlohne CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14768* B Anlage 10 Zahl der seit 1970 in der Sperrzone der DDR von den Behörden beseitigten Bauerngehöfte und anderen festen Bauten MdlAnfr A80 09.01.76 Drs 07/4555 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14768* D Anlage 11 Zwangsadoption von Kindern republikflüchtiger Eltern in der DDR MdlAnfr A81 09.01.76 Drs 07/4555 Rollmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Herold BMB 14769* A Anlage 12 Zwangsadoption von Kindern Republikflüchtiger in der DDR MdlAnfr A82 09.01.76 Drs 07/4555 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Herold BMB 14769* B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 III Anlage 13 Verletzung der Menschenrechte durch Zwangsadoption von Kindern republikflüchtiger Eltern in der DDR MdlAnfr A83 09.01.76 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Herold BMB . . . . . 14769* C Anlage 14 Gesamtzahl der Fälle von Zwangsadoptionen und Entziehungen des Sorgerechts in der DDR; Möglichkeiten der Bundesregierung, die DDR zur Einhaltung und Anwendung der Bestimmungen des Korbes 3 der KSZE-Schlußakte anzuhalten MdlAnfr A84 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Abelein CDU/CSU MdlAnfr A85 09.01.76 Dr. Abelein CDU/CSU SchrAntw PStSekr Herold BMB . . . . . 14769* D Anlage 15 Darstellung der Verhältnisse in der DDR in dem von dem Gesamtdeutschen Institut herausgegebenen Kalender 1976 MdlAnfr A86 09.01.76 Drs 07/4555 Gierenstein CDU/CSU SchrAntw PStSekr Herold BMB . . . . . 14770* B Anlage 16 Sicherstellung der Beteiligung von Firmen der Bundesrepublik Deutschland an dem Ausbau der Autobahn Berlin—Helmstedt in Höhe des Kostenanteils der Bundesregierung MdlAnfr A87 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Jobst CDU/CSU SchrAntw PStSekr Herold BMB . . . . . 14770* C Anlage 17 Zeitungsmeldung über „künstliche Referate ohne Unterbau" in der Planungsabteilung des Bundeskanzleramts sowie Funktion der Planungsabteilung als Bindeglied zwischen Bundeskanzleramt und Erich-Ollenhauer- Haus SchrAnfr B1 09.01.76 Drs 07/4555 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAnfr B2 09.01.76 Drs 07/4555 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Frau Schlei BKA . . . 14771* A Anlage 18 Sinn einer weiteren Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen nach den Abstimmungen der letzten Wochen SchrAnfr B3 09.01.76 Drs 07/4555 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . 14771 * B Anlage 19 Vereinbarkeit des Art. 7 des Freundschaftsvertrags zwischen der Sowjetunion und der DDR mit dem Viermächteabkommen SchrAnfr B4 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU SchrAnfr B5 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . 14771 * C Anlage 20 Verhalten von Angehörigen der Deutschen Botschaft in Warschau gegenüber einer Zuflucht suchenden Aussiedlerfamilie SchrAnfr B6 09.01.76 Drs 07/4555 Frau Funcke FDP SchrAnfr B7 09.01.76 Drs 07/4555 Frau Funcke FDP SchrAntw StMin Moersch AA 14772* B Anlage 21 Politisierung des Sports durch das Verlangen der Sowjetunion nach einer gesonderten Einladung vom Berliner Senat zu den Eisschnellauf-Weltmeisterschaften in Berlin SchrAnfr B8 09.01.76 Drs 07/4555 Gierenstein CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA 14772* C Anlage 22 Anfechtung eines internationalen Vertrags wegen arglister Täuschung (dolus) zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses SchrAnfr B9 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA 14772* D Anlage 23 Gründe für die Verzögerung der Festlegung des Lärmschutzbereichs für den NATO-Flugplatz Pferdsfeld SchrAnfr B10 09.01.76 Drs 07/4555 Pieroth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 14773* A Anlage 24 Dateneinholung für die Ermittlung des Lärmschutzbereichs für den Luft-Boden- Schießplatz Siegenburg IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 SchrAnfr B11 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Zimmermann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 14773* C Anlage 25 Herausgabe von Merkblättern für das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz 1974 SchrAnfr B12 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 14773* D Anlage 26 Zahl der erteilten Dienstreisegenehmigungen und -befreiungen zur Teilnahme am letzten Parteitag der SPD in Mannheim für Bundesbedienstete, ohne daß diese Delegierte waren SchrAnfr B13 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 14774* A Anlage 27 Erkenntnisse über die Parteischule der Deutschen Kommunistischen Partei in Essen bezüglich Kapazität, Frequenz und Finanzierung sowie über weitere Ausbildung dort geschulter Funktionäre im Ausland SchrAnfr B14 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 14774* B Anlage 28 Erklärungen und Berichte der Bundesregierung zum Unglück im Kernkraftwerk Gundremmingen am 19. November 1975 SchrAnfr B15 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Wernitz SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 14774* D Anlage 29 Förderung der Niederlassung deutscher Aussiedler aus osteuropäischen Staaten in Berlin SchrAnfr B16 09.01.76 Drs 07/4555 Wohlrabe CDU/CSU SchrAnfr B17 09.01.76 Drs 07/4555 Wohlrabe CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 14774* D Anlage 30 Anordnung des Bundesministers des Innern zum Verkauf der Tarnnetze für die Einsatzfahrzeuge des Bundesgrenzschutzes SchrAnfr B18 09.01.76 Drs 07/4555 Gerlach (Obernau) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 14775* B Anlage 31 Haltung der Bundesregierung zu Plänen der EG-Kommission für die Einführung der Sommerzeit im Hinblick auf Berlin SchrAnfr B19 09.01.76 Drs 07/4555 Rainer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI . . . . . 14775* D Anlage 32 Rechtmäßigkeit der Bezeichnung des sowjetischen Sektors von Berlin als „Berlin, Hauptstadt der DDR" SchrAnfr B20 09.01.76 Drs 07/4555 Gerlach (Obernau) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 14776* A Anlage 33 Verbesserung der Kantinen für Arbeitnehmer bei Stationierungsstreitkräften auf US-Luftbasen insbesondere auf dem Rhein- Main-Flughafen bzw. Einrichtung von Kantinen in Sembach und Hahn SchrAnfr B21 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 14776* B Anlage 34 Umfang und Höhe der durch die Sturmflut im Januar 1976 in Norddeutschland entstandenen Schäden sowie wirtschaftliche Hilfe für die betroffene Bevölkerung SchrAnfr B22 09.01.76 Drs 07/4555 Mursch (Soltau-Harburg) CDU/CSU SchrAnfr B23 09.01.76 Drs 07/4555 Mursch (Soltau-Harburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 14776* C Anlage 35 Stand der Verhandlungen über die Räumung des Flugplatzes Köln-Butzweiler Hof durch die belgischen Streitkräfte SchrAnfr B24 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Weber (Köln) SPD SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 14776* D Anlage 36 Hilfe für die von der Sturmflut in Norddeutschland betroffenen Menschen sowie Unterstützung der in Mitleidenschaft gezogenen Betriebe SchrAnfr B25 09.01.76 Drs 07/4555 Rollmann CDU/CSU SchrAnfr B26 09.01.76 Drs 07/4555 Rollmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF . . . . 14777* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 V Anlage 37 Höhe der Gesamtverbindlichkeiten der Staaten des Ostblocks gegenüber westlichen Kreditgebern SchrAnfr B27 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Narjes CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14777* B Anlage 38 Regionalisierung der Konjunkturpolitik durch Änderung des Stabilitätsgesetzes sowie zusätzliche Mittel aus dem EG-Regional-Fonds für strukturschwache Gebiete der Bundesrepublik Deutschland SchrAnfr B28 09.01.76 Drs 07/4555 Seiters CDU/CSU SchrAnfr B29 09.01.76 Drs 07/4555 Seiters CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14777* C Anlage 39 Aktualisierung der Zusammenstellung der Hauptzielgebiete des Fremdenverkehrs im Inland unter Ausweisung des Sauerlandes als selbständiges Hauptzielgebiet SchrAnfr B30 09.01.76 Drs 07/4555 Tillmann CDU/CSU SchrAnfr B31 09.01.76 Drs 07/4555 Tillmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14778* C Anlage 40 Konsequenzen aus dem Gutachten des US-Wissenschaftlers Lederberg für die zukünftige Energiepolitik SchrAnfr B32 09.01.76 Drs 07/4555 Wolfram (Recklinghausen) SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14779* A Anlage 41 Verbesserung der saarländischen Wirtschaftsstruktur SchrAnfr B33 09.01.76 Drs 07/4555 Zeyer CDU/CSU SchrAnfr B34 09.01.76 Drs 07/4555 Zeyer CDU/CSU SchrAnfr B35 09.01.76 Drs 07/4555 Zeyer CDU/CSU SchrAnfr B36 09.01.76 Drs 07/4555 Zeyer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . l4779* C Anlage 42 Unterstützung der regionalen Wirtschaftsstruktur im Bereich des Verkehrswesens und der Strukturpolitik für die Landkreise Wetzlar und Dillkreis; Höhe der in den Jahren 1975 und 1976 in den Bereichen Verkehr, Bundespost, Wohnungs- und Städtebau in die Landkreise Wetzlar und Dillkreis geflossenen Förderungs- bzw. Bundesinvestitionsmittel SchrAnfr B37 09.01.76 Drs 07/4555 Lenzer CDU/CSU SchrAnfr B38 09.01.76 Drs 07/4555 Lenzer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14780* B Anlage 43 Situation der deutschen Feinstrumpfindustrie; Einstellung der Bundesregierung zum Bericht über die europäische Feinstrumpfindustrie SchrAnfr B39 09.01.76 Drs 07/4555 Vogt CDU/CSU SchrAnfr B40 09.01.76 Drs 07/4555 Vogt CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14781* C Anlage 44 Verrechnung der Möbelimporte aus der DDR ab 1. Januar 1976 SchrAnfr B41 09.01.76 Drs 07/4555 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 14782* A Anlage 45 Abgabe von Einzelfuttermitteln mit überhöhtem Schadstoffgehalt an „anerkannte Hersteller" SchrAnfr B42 09.01.76 Drs 07/4555 Carstens (Emstek) CDU/CSU SchrAnfr B43 09.01.76 Drs 07/4555 Carstens (Emstek) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Logemann BML . . . 14782* B Anlage 46 Schaffung einer internationalen Charta des Tierschutzes SchrAnfr B44 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Logemann BML . . . 14782* D Anlage 47 Förderung von Sondermaßnahmen für junge Betriebsinhaber SchrAnfr B45 09.01.76 Drs 07/4555 Saxowski SPD SchrAntw PStSekr Logemann BML . . . 14783* B Anlage 48 Höhe der 1976 für Agrarmarktstützungsmaßnahmen zur Verfügung stehenden nationalen Mittel VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 SchrAnfr B46 09.01.76 Drs 07/4555 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Logemann BML . . . 14783* C Anlage 49 Auswirkungen der Aufgabe von über 40 Kutterfischereibetrieben an der schleswig-holsteinischen Ostküste auf die Vermarktungsunternehmen und die langfristige Versorgung der Verbraucher mit Frischfisch SchrAnfr B47 09.01.76 Drs 07/4555 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Logemann BML . . . 14783* D Anlage 50 Anrechnung von Beitragszeiten nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte bei der Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung SchrAnfr B48 09.01.76 Drs 07/4555 Pieroth CDU/CSU SchrAnfr B49 09.01.76 Drs 07/4555 Pieroth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 14784* B Anlage 51 Recht des Beitritts Schwerbehinderter zur gesetzlichen Krankenversicherung SchrAnfr B50 09.01.76 Drs 07/4555 Wendt SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 14784* D Anlage 52 Durchführung ambulanter kardialer Rehabilitation am Wohnort des betroffenen Versicherten SchrAnfr B51 09.01.76 Drs 07/4555 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAnfr B52 09.01.76 Drs. 07/4555 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 14785* A Anlage 53 Wiederanrechnung der Arbeitgeberanteile bei Wiedereinzahlung der anläßlich der Heirat weiblicher Versicherter erstatteten Arbeitnehmerbeiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung SchrAnfr B53 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Blüm CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 14785* B Anlage 54 Auslage einer parteipolitischen Werbung für die SPD enthaltenen Broschüre „Jugend forscht 1976" am Stand des Bundesinstituts für Arbeitsschutz und Unfallforschung anläßlich des in Düsseldorf tagenden Arbeitsschutzkongresses SchrAnfr B54 09.01.76 Drs 07/4555 Röhner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 14785* D Anlage 55 Bundesmittel für die parteipolitische Werbung der SPD enthaltende Broschüre „Die Jugend forscht 1976" SchrAnfr B55 09.01.76 Drs 07/4555 Breidbach CDU/CSU SchrAnfr B56 09.01.76 Drs 07/4555 Breidbach CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 14786* B Anlage 56 Auswirkungen der Novellierung des Arbeitsförderungsgesetzes auf die berufliche Förderung deutscher Aussiedler aus Polen SchrAnfr B57 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Unland CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 14787* B Anlage 57 Nutzung der Standortschießanlage in Euskirchen-Billig SchrAnfr B58 09.01.76 Drs 07/4555 Milz CDU/CSU SchrAnfr B59 09.01.76 Drs 07/4555 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . . 14787* C Anlage 58 Schlußfolgerungen aus der Prognose des Instituts für Weltwirtschaft über die Versorgung alter Menschen für eine geeignete bevölkerungspolitische Konzeption SchrAnfr B60 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Fuchs CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 14788* A Anlage 59 Verkehrsunfälle und Verbrechen infolge Alkoholkonsums; Einführung des bundeseinheitlichen Notfallausweises in der Bundesrepublik Deutschland SchrAnfr B61 09.01.76 Drs 07/4555 Biechele CDU/CSU SchrAnfr B62 09.01.76 Dr 07 /4555 Biechele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 14788* D Anlage 60 Stillegung der Bundesbahnstrecke Remscheid-Lennep—Wermelskirchen—Opladen SchrAnfr B63 09.01.76 Drs 07/4555 Braun CDU/CSU Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 VII SchrAnfr B64 09.01.76 Drs 07/4555 Braun CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14789* D Anlage 61 Gründe für die Geschwindigkeitsbegrenzung für Reisebusse von 80 km auf Autobahnen SchrAnfr B65 09.01.76 Drs 07/4555 Vehar CDU/CSU SchrAnfr B66 09.01.76 Drs 07/4555 Vehar CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14790* A Anlage 62 Herabsetzung des zulässigen Lärmpegels für Motorräder und Mopeds SchrAnfr B67 09.01.76 Drs 07/4555 Vehar CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14790* C Anlage 63 Bau der Rheinbrücke bei Altrip SchrAnfr B68 09.01.76 Drs 07/4555 Wawrzik CDU/CSU SchrAnfr B69 09.01.76 Drs 07/4555 Wawrzik CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14790* D Anlage 64 Stillegung der Bundesbahnstrecke Nuttlar- Winterberg SchrAnfr B70 09.01.76 Drs 07/4555 Tillmann CDU/CSU SchrAnfr B71 09.01.76 Drs 07/4555 Tillmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 14791* B Anlage 65 Abschluß des Planfeststellungsverfahrens zur Umgehung von Brensbach/Odenwald im Zuge der B 38; Stillegung der Bundesbahnstrecke Offenbach—Babenhausen—Wiebelsbach—Heubach SchrAnfr B72 09.01.76 Drs 07/4555 Picard CDU/CSU SchrAnfr B73 09.01.76 Drs 07/4555 Picard CDU/CSU SchrAnfr B74 09.01.76 Drs 07/4555 Picard CDU/CSU SchrAnfr B75 09.01.76 Drs 07/4555 Picard CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 14791* D Anlage 66 Fortbestand der nur von Fahrgästen mit Schüler- und Arbeiterrückfahrkarten in Anspruch genommenen Bundesbahnstrecken; Verluste der Bundesbahn infolge der Sozialtarife SchrAnfr B76 09.01.76 Drs 07/4555 Dr.-Ing. Laermann FDP SchrAnfr B77 09.01.76 Drs 07/4555 Dr.-Ing. Laermann FDP SchrAntw PStSekr Jung BMV 14792* B Anlage 67 Durchführung des Baus des Saarkanals SchrAnfr B78 09.01.76 Drs 07/4555 Kulawig SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV 14792* D Anlage 68 Stillegung der Bundesbahnstrecke Zell—Lörrach SchrAnfr B79 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Eyrich CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 14793* A Anlage 69 Stillegung der Bundesbahnstrecken Gummersbach—Marienheide—Bergisch-Born- Opladen und Marienheide—Meinerzhagen SchrAnfr B80 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Waffenschmidt CDU/CSU SchrAnfr B81 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Waffenschmidt CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 14793* C Anlage 70 Dringlichkeitsstufe der Ortsumgehung Lingenfeld SchrAnfr B82 09.01.76 Drs 07/4555 Leicht CDU/CSU SchrAnfr B83 09.01.76 Drs 07/4555 Leicht CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 14793* D Anlage 71 Stillegung der Bundesbahnstrecke Hameln- Lage–Bielefeld SchrAnfr B84 09.01.76 Drs 07/4555 Pohlmann CDU/CSU SchrAnfr B85 09.01.76 Drs 07/4555 Pohlmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 14794* B Anlage 72 Vollendung des Ausbaus der B 28 vor Stilllegung der Renchtalbahn SchrAnfr B86 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Schäuble CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14794* D Anlage 73 Abnahme der Zahl der beim Verband Deutscher Küstenschiffseigner registrier- VIII Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 ten Küstenmotorschiffe bei gleichzeitigem Anstieg des Flottendurchschnittsalters SchrAnfr B87 09.01.76 Drs 07/4555 Seiters CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14795* B Anlage 74 Stillegung der Bundesbahnstrecke Remagen—Adenau SchrAnfr B88 09.01.76 Drs 07/4555 Josten CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14795* C Anlage 75 Vollendung des Ausbaus des S-Bahnnetzes im Kölner Raum SchrAnfr B89 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Weber (Köln) SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14795* D Anlage 76 Anbringung einer vollen Brückenbeleuchtung beim Bau der Brücke im Zuge der B 519 zwischen Rüsselsheim und Flörsheim SchrAnfr B90 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14796* A Anlage 77 Folgen des Verbots von Spikes-Reifen bei Glatteis im Berufsverkehr und in Notfällen in Mittelgebirgsgegenden SchrAnfr B91 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Czaja CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 14796* B Anlage 78 Bestimmungen für den Versand von Päckchen und Paketen in die DDR SchrAnfr B92 09.01.76 Drs 07/4555 Pieroth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP . . . . . 14796* B Anlage 79 Herausgabe eines gemeinsamen regionalen Telefonbuchs für den Landkreis Main-Spessart zur Vereinfachung des Telefondienstes SchrAnfr B93 09.01.76 Drs 07/4555 Biehle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP . . . . . 14796* C Anlage 80 Empfang der Sendungen des Deutschlandfunks aus dem freien Teil Deutschlands in mittel- und ostdeutschen Gebieten nach Neuverteilung der Frequenzen SchrAnfr B94 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP 14796* D Anlage 81 Rationalisierungs- und Umschulungsmaßnahmen beim Fernmeldeamt Mainz SchrAnfr B95 09.01.76 Drs 07/4555 Gerster (Mainz) CDU/CSU SchrAnfr B96 09.01.76 Drs 07/4555 Gerster (Mainz) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP 14797* B Anlage 82 Berechtigung zum planmäßig nicht vorgesehenen Stopp von Zügen der Deutschen Bundesbahn SchrAnfr B97 09.01.76 Drs 07/4555 Hansen SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV 14797* D Anlage 83 Rechtsauffassung der Bundesregierung über den Grenzverlauf zur DDR SchrAnfr B98 09.01.76 Drs 07/4555 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Herold BMB . . . . 14798* A Anlage 84 Durchschnittsalter der Beamten des höheren Dienstes im Bundesministerium für Forschung und Technologie; Verteilung der Besoldungsgruppen; Zahl der Regierungsräte, Oberregierungsräte, Regierungsdirektoren und Ministerialräte oder Angestellten, die in der Zeit von 1969 bis 1975 ein Referat übernahmen SchrAnfr B99 09.01.76 Drs 07/4555 Pfeffermann CDU/CSU SchrAnfr B100 09.01.76 Drs 07/4555 Pfeffermann CDU/CSU SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 14798* C Anlage 85 Verwendung deutscher Beiträge für die im Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen vorgesehene technische Hilfe für neu geplante Projekte erdölexportierender Länder SchrAnfr B101 09.01.76 Drs 07/4555 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Brück BMZ 14799* A Anlage 86 Äußerung des Bundeskanzlers in seiner Rede auf der Jahreshauptversammlung der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände am 11. Dezember 1975 über Arbeitgebervertreter SchrAnfr B102 09.01.76 Drs 07/4555 SchrAntw PStSekr Dr. Glotz BMBW . . . 14799* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14717 213. Sitzung Bonn, den 16. Januar 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 16. 1. Prof. Dr. Abelein 16. 1. Adams * 16. 1. Dr. Ahrens 16. 1. Dr. Aigner * 16. 1. Dr. Artzinger * 16. 1. Dr. Bangemann * 16. 1. Dr. Bayerl *_ 16. 1. Behrendt * 16. 1. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 16. 1. Blank 23. 1. Blumenfeld ** 16. 1. Brandt 30. 1. Prof. Dr. Burgbacher * 16. 1. Christ 16. 1. Dr. Corterier * 16. 1. Frau Däubler-Gmelin 16. 1. van Delden 16. 1. Dr. Dollinger 16. 1. Entrup 16. 1. Dr. Eppler 16. 1. Dr. Evers 16. 1. Fellermaier * 16. 1. Flämig * 16. 1. Frehsee * 16. 1. Dr. Früh * 16. 1. Gerlach (Emsland) * 16. 1. Gewandt 16. 1. Härzschel * 16. 1. Hoffie 16. 1. Hussing 30. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) * 16. 1. Kater 30. 1. Dr. Kempfler 16. 1. Dr. Klepsch * 16. 1. Kiep 16. 1. Krall * 16. 1. Dr. Kreile 16. 1. Lange * 16. 1. Lautenschlager * 16. 1. Lemmrich 16. 1. Lenzer ** 16. 1. Prof. Dr. Lohmar 16. 1. Lücker * 16. 1. Memmel * 16. 1. Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 23. 1. Müller (Mülheim) * 16. 1. Mursch (Soltau-Harburg) * 16. 1. Frau Dr. Orth 30. 1. Pfeifer 16. 1. Richter ** 16. 1. Roser 16. 1. Dr. Schäuble * 16. 1. Prof. Dr. Schellenberg 30. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schmidt (München) * 16. 1. Schonhofen 21. 2. Dr. Schröder (Düsseldorf) 30. 1. Dr. Schulz (Berlin) * 16. 1. Schwabe * 16. 1. Dr. Schwörer * 16. 1. Seefeld * 16. 1. Springorum * 16. 1. Dr. Starke (Franken) * 16. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 16. 1. Frau Stommel 30. 1. Suck * 16. 1. Dr. Todenhöfer 21. 1. Dr. Unland 16. 1. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 2. Dr. Wagner (Trier) 16. 1. Walkhoff * 16. 1. Dr. Wallmann 16. 1. Frau Dr. Walz * 16. 1. Wohlrabe 16. 1. Wurbs 23. 1. Dr. Warnke 16. 1. Anlage 2 Erklärung nach § 59 GO des Abgeordneten Lattmann (SPD) Der Konflikt zwischen Geist und Macht - auch eine Gewaltenteilung - ist so alt wie notwendig. Im Gegensatz zur Politik, die ständig auf Kompromisse angewiesen ist und ihr Prinzip geradezu in der Relativierung vorgeblicher Eindeutigkeiten findet, müssen sich Literatur und Kunst die große Einseitigkeit leisten können, die moralische Energien zu einer übermenschlichen Anstrengung bündelt: zur Utopie einer gerechteren urdemokratischen Welt, deren Idee naturgemäß vorhandene Privilegien zutiefst in Frage stellt und deswegen den Verfechtern eines immer nur bleibenden Zustands gar als Befürwortung von Gewalt erscheinen mag. Sind wir nach Weimar und den dreißiger Jahren so sicher, daß kein deutscher Richter jemals wieder das Recht beugt? Wo wäre der Staatsanwalt, der das bestehende Strafrecht konsequent gegen die Verherrlichung von Gewalt in Landserheften anwendete? Ist nicht Kriegsspielzeug auf dem Weihnachtstisch auch eine Befürwortung von Gewalt? Um mit dem Problem politischer Gewaltverbrechen fertig zu werden, bedarf es anderer Kräfte als eines angeblich immer lückenloseren Gesetzesapparats. Die Überwindung dieser Krise der Demokratie, die - ausgehend von bedrohlichen Randerscheinungen - ins Zentrum der öffentlichen Auseinandersetzung gerückt wurde, ist in erster Linie eine Frage des demokratischen Bewußtseins sehr vieler und nicht zu leisten ohne die solidarische Sachlichkeit all derer, die sich mitbetroffen empfinden, wenn man in Deutschland wieder einmal Bomben gegen die Demokratie wirft. 14766* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lattmann (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage A 37) : Hat die Bundesregierung Pressemeldungen über einen neuen Fall von Boykott gegen das Folgerecht (I 26 des Urheberrechtsgesetzes) — siehe Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 17. Dezember 1975 — zur Kenntnis genommen, und was gedenkt die Bundesregierung gesetzgeberisch zu unternehmen, um derartigen Boykottmaßnahmen von Kunsthändlern entgegenzuwirken? Der von Ihnen angesprochene Fall ist bereits im Sommer des vergangenen Jahres durch das Bundeskartellamt überprüft worden. Dabei haben sich Absprachen zwischen Kunsthändlern über die Boykottierung von Künstlern, die Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft zur Geltendmachung ihrer urheberrechtlichen Ansprüche aus dem sogenannten Folgerecht sind, nicht nachweisen lassen. Der Bundesregierung ist die häufig schwierige Situation der Künstler bei der Durchsetzung ihres Folgerechts bekannt. Diese Problematik ist anläßlich einer Anhörung im Anschluß an den Künstlerbericht der Bundesregierung im Herbst 1975 zwischen den zuständigen Ressorts und den Vertretern der künstlerischen Berufe und des Kunsthandels erörtert worden. Die Beteiligten prüfen gegenwärtig die Möglichkeiten für eine effektivere Regelung. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schwabe (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage A 49) : Ist es wirtschaftspolitisch und umweltpolitisch zu verantworten, daß angesichts stark schwankender Ankaufspreise das Sammeln von Altpapier und seine Wiederverwendung eingeschränkt wird und statt dessen der immer neue Holzverbrauch zur Papier- und Pappenherstellung überdimensional steigt, und sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, dieser Entwicklung zu begegnen? Der Altpapiereinsatz der deutschen Papierindustrie liegt derzeit mit rd. 2,35 Millionen t jährlich bei knapp 50 % des gesamten Faserstoffeinsatzes. Mit dieser Quote steht die deutsche Industrie in der Welt an der Spitze. Seit 1950 hat die Verwendung von Altpapier im Vergleich zu anderen Faserstoffen überproportional zugenommen. Während bis 1974 der Einsatz von Holzschliff um rd. 1751)/o und von Papierzellstoff um rd. 265 % zunahm, stieg der Altpapierverbrauch um etwa 500 %. Die Preisschwankungen für Altpapiere haben im langfristigen Trend die steigende Wiederverwendung nicht beeinträchtigt. Der 1975 rückläufige Altpapiereinsatz ist eine Folge der um rd. 20 % gesunkenen Papierproduktion, die auch eine Minderung des Holzverbrauchs bewirkte. Eine merkliche Steigerung der Altpapiereinsatzquote ist beim gegenwärtigen Sortenprogramm der Papierindustrie, 'das vom Markt bestimmt wird, kurzfristig kaum möglich. Mittel- und langfristig kann jedoch ein weiterer, wenn auch begrenzter Anstieg dieser Rate u. a. durch Fortschritte bei der Aufbereitung von Altpapierfasern angenommen werden. Eingriffe in das Produktions- und Marktgeschehen zur Steigerung des Altpapiereinsatzes hält die Bundesregierung für nicht angebracht. Zum Holzverbrauch möchte ich darauf hinweisen, daß die Zellstoff- und Papierindustrie vorwiegend Schwachholz und Industrieresthölzer einsetzt. Schwachholz fällt bei der notwendigen Bestandspflege und Durchforstung der Wälder an; Industrieresthölzer, insbesondere Schwarten und Spreißeln, sind sonst nicht verwertbare Abfallprodukte der Sägewerke. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schweitzer (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage A 52) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeiten eines Ausbaues der Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und der Bundesrepublik Deutschland auf wissenschaftlichem und technologischem Gebiet? Die Bundesregierung steht einer Intensivierung der Zusammenarbeit mit ,der Volksrepublik China auf Wissenschaftlich-technischem Gebiet aufgeschlossen gegenüber. Neben bereits bestehenden Beziehungen im Bereich der Wirtschaft, die durch 'die TECHNOGERMA im vergangenen Jahr neue Impulse erhielten, gibt es bereits einen begrenzten Wissenschaftleraustausch zwischen der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und der chinesischen Akademie der Wissenschaften sowie ein von dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) betreutes Stipendienprogramm. Der weitere Ausbau dieser und anderer Kontakte wird nicht zuletzt davon abhängen, ob es gelingt, mit der Volksrepublik China zu einem Abkommen über die wirtschaftliche, technische und wissenschaftliche Zusammenarbeit zu gelangen. Die Bundesregierung ist hierzu bereit. Ferner beabsichtigt der Bundesminister für Forschung und Technologie eine künftige Zusammenarbeit auf Gebieten der Wissenschaft und Technologie zu erkunden. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen A 53 und 54) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14767* Ist der Bundesregierung bekannt, daß die zur Vorbereitung des 4. Rahmenplanes für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vorgenommene Einteilung der Untersuchungs- und späteren Förderregionen (Klemmer-Regionen) in einigen Fällen gerade wirtschaftsschwache einheitliche Landkreise auseinandergerissen hat mit der Folge, daß auch weit unter der Förderschwelle liegende negative Wirtschaftsdaten von sehr wirtschaftsschwachen Kreisen wegen ihrer Saldierung mit den Daten von Nachbarräumen nicht zu einer Aufnahme in das Förderprogramm führten? Ist die Bundesregierung angesichts solcher Folgen bereit, bei der Vorbereitung des 5. Rahmenplanes die Einteilung der Untersuchungsregionen zu überprüfen und so zu ändern, daß einheitliche Landkreise bei der Feststellung ihrer Strukturdaten und der Fördervoraussetzungen auch als einheitliche Räume untersucht werden? Zu Frage A 53: Die in Ihrer Frage beschriebenen Fälle sind der Bundesregierung nicht bekannt. Sie sollten auch gerade durch zwei wesentliche Aspekte der vom Bund und allen Ländern gemeinsam getroffenen Neuabgrenzungsbeschlüsse verhindert werden: Erstens durch die gemeindescharfe Abgrenzung von regionalen Arbeitsmärkten, mit der die bislang übliche Abgrenzung der Fördergebiete nach Landkreisen abgelöst wurde. Dies war ein sehr wichtiger Schritt, weil Landkreisgrenzen nur sehr selten ökonomische Verflechtungen widerspiegeln. Zweitens war es den Landesregierungen — in einem sachlich bedingten Rahmen — möglich, die von Prof. Klemmer wissenschaftlich abgegrenzten Arbeitsmärkte entsprechend ihren regionalpolitischen Vorstellungen zu modifizieren. Dabei war es gemeinhin Ziel der Länder, die Regionen in Richtung auf Homogenität der Wirtschafts- und Strukturschwäche zu verändern. Zu Frage A 54: Der 5. Rahmenplan für den Zeitraum 1976 bis 1979 ist vom Planungsausschuß bereits am 15. Dezember 1975 beschlossen worden, nachdem der Wirtschaftsausschuß des Deutschen Bundestages den Entwurf am 10. Dezember 1975 erörtert hatte. Eine Überprüfung des Gebietsrasters der Arbeitsmarktregion für den 5. Rahmenplan ist daher nicht mehr möglich. Der Planungsausschuß von Bund und Ländern ist darin einig, daß der methodische und datenmäßige Ansatz zur Bestimmung von Förderregionen der Fortschreibung bedarf. Entsprechende Arbeiten sind begonnen. Ergebnisse sollen im Herbst 1976 vorliegen, vorausgesetzt, daß schwierige statistische Probleme, die sich aus der kommunalen Neugliederung ergeben haben, rechtzeitig gelöst werden können. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen A 55 und 56) : Ist die Bundesregierung bereit, die Situation anzuerkennen, daß die am undurchlässigen Eisernen Vorhang gelegene Oberpfalz trotz ihrer marktfernen Lage im Vergleich mit anderen, zentraler gelegenen Teilen der Bundesrepublik Deutschland nur über ganz wenige Kilometer zweibahnige Autobahnen verfügt, als Urlaubsgebiet sowie als Manöverraum für mehrere Truppenübungsplätze gemessen an der Zahl der einheimischen Kfz-Versicherungsnehmer viel straßen- und streckenunkundige Straßenbenutzer aufweist und wegen des Gegenverkehrs mit einem höheren Unfallrisiko belastet ist als mancher andere Raum, dessen Hauptverkehr über Bundesautobahnen ohne Gegenverkehr abgewickelt werden kann, und ist die Bundesregierung bereit, dahin zu wirken, daß auf Grund dieser Situation die Kfz-Versicherungsprämien deswegen in der Oberpfalz nicht ungünstiger festgesetzt werden als im Durchschnitt des übrigen Bundesgebietes? Welche Maßnahmen von EG-Staaten sind der Bundesregierung bekannt, die sich besonders für die finanzschwächeren mittelständischen Betriebe auswirken bei Messen und Ausstellungen im Inland bzw. im Ausland insbesondere der EG, und ist die Bundesregierung bereit, entsprechende Ausgleichsmaßnahmen künftig vorzusehen, um die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Aussteller aus der Bundesrepublik Deutschland herzustellen? Zu Frage A 55: Die Bundesregierung wird alle Argumente für und gegen die von den Versicherungsunternehmen beabsichtigte neue Regionalstruktur sorgfältig prüfen. Bei der Entscheidung muß aber die Vorschrift des § 8 Abs. 2 des Pflichtversicherungsgesetzes beachtet werden, nach der die Genehmigung zu erteilen ist, „wenn durch den Tarif ein unter Berücksichtigung des Schaden- und Kostenverlaufs des einzelnen Versicherungsunternehmens sowie des gesamten Schadenverlaufs aller Versicherungsunternehmen angemessenes Verhältnis von Versicherungsbeitrag und Versicherungsleistung dauernd gewährleistet ist." Die Versicherungsunternehmen begründen die neue Regionalstruktur mit eingehenden statistischen Untersuchungen des Schadenbedarfs in den einzelnen Regionen. Der hohe Schadenbedarf ist in der Oberpfalz vor allem durch schwere Unfälle bedingt, die von Personen verursacht sind, die ihr Kraftfahrzeug in der Oberpfalz zugelassen haben. Für die Zuordnung der Schadenaufwendungen zu einer Region ist nämlich nicht der Unfallort, sondern der Regierungsbezirk oder die Stadt maßgebend, in der das Fahrzeug des Unfallverursachers zugelassen ist. Daher sind in dem für die Oberpfalz ermittelten Schadenbedarf auch keine Schadenaufwendungen enthalten, die Militärfahrzeuge oder Urlauber verursacht haben. Zu Frage A 56: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die übrigen EG-Staaten ähnlich wie die Bundesrepublik Deutschland Mittel bereitstellen, aus denen die Beteiligung von mittelständischen Unternehmen auf ausländischen Messen finanziell gefördert wird. Es ist nicht bekannt, ob dieses Verfahren auch für Beteiligungen im eigenen Land angewandt wird. Die Bundesregierung fördert seit 1949 die Beteiligungen der deutschen Wirtschaft auf Messen und Ausstellungen im Ausland. Die hierfür eingesetzten Haushaltsmittel (für 1976 16,5 Millionen DM) kommen überwiegend der mittelständischen deutschen Wirtschaft zugute. Die Beteiligung deutscher Firmen an Messen und Ausstellungen in der Bundesrepublik Deutschland wird dagegen nicht aus Mitteln des Bundes gefördert. Eine solche Förderung ist von der Bundesregierung auch in Zukunft nicht beabsichtigt, weil Wettbewerbsnachteile mittelständischer Aussteller bisher nicht erkennbar geworden sind. 14768* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Narjes (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen A 57 und 58) : Wie stark ist zum 31. Dezember 1975 das Obligo des Bundes aus der Verbürgung von Krediten aller Art an kommunistische Staaten, getrennt nach den einzelnen Staaten des Warschauer Paktes und anderen kommunistischen Staaten, in den Jahren 1970 — 1971 — 1972 — 1973 — 1974 — 1975 prozentual und in absoluten Zahlen angestiegen? Wie hat sich der Anteil der Bürgschaften der Staaten des Warschauer Paktes am Gesamtvolumen unserer Burgschafts- und Garantieverpflichtungen in den Jahren 1970 bis 1975 entwickelt? Zu Frage A 57: Ich bitte um Verständnis, daß die Obligo-Zahlen, die nicht geographische Räume, sondern Einzelländer betreffen, bei uns wie auch in anderen Exportländern vertraulich behandelt werden. Ich bin deshalb gern bereit, in den Bundestagsausschüssen alle gewünschten Zahlenangaben zu machen. Zuletzt ist dies für alle Staatshandelsländer sehr detailliert in Anlage 2 zum Halbjahresbericht des BMF an den Haushaltsausschuß über die vom Bund übernommenen Gewährleistungen nach dem Stande vom 31. 12. 1974 geschehen. Selbstverständlich ist der Bundesminister für Wirtschaft auch bereit, Ihnen gegenüber in einem persönlichen Gespräch die gewünschten Informationen zu geben. Zu Frage A 58: Der Anteil aller Staatshandelsländer (ohne Jugoslawien) am Gesamtvolumen unserer Ausfuhrbürgschaften von z. Z. 48 Milliarden DM hat sich seit 1970 und 1971 von damals 15 % fortlaufend erhöht bis auf 27 % im Jahre 1974; die Zwischenzahlen für 1972 und 1973 betrugen 18 % und 22 %. 1975 trat ein Rückgang auf 24 % ein. Beschränkt man sich auf die Staaten des Warschauer Paktes, was auf eine Ausklammerung von China und Nordkorea hinausläuft, so fag der entsprechende Anteil am Gesamtobligo früher um knapp 1 %, neuerdings um gut 2 % niedriger. Bürgschaften für andere Kreditarten spielen gegenüber Staatshandelsländern mit Ausnahme des bekannten Kredits von 1 Milliarde DM für Polen keine Rolle. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Nordlohne (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage A 59) : Wie beurteilt die Bundesregierung die am 8. Januar vom Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Professor Kloten, erhobenen Vorwürfe, die in der Feststellung einer verfehlten Konjunkturpolitik seit 1969 und dem weitgehenden Versagen des Staates in der Stabilitätspolitik der letzten Jahre gipfelten? In seiner Analyse stellt Professor Kloten die Stabilisierungspolitik von 1969-1974 den Idealvorstellungen und Idealzielen des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes gegenüber. Das heißt, er wertet die tatsächliche Entwicklung nach Kriterien der ökonomischen Rationalität. Daß die gesamtwirtschaftlichen Ziele zu keiner Zeit gleichzeitig voll erreicht wurden — und wohl auch nicht zu erreichen sind —, sollte für niemanden eine Neuigkeit sein, zumal die Bundesregierung auch im Jahreswirtschaftsbericht dies immer wieder offen dargelegt hat. Professor Kloten hat als Ökonom bei den stabilisierungspolitischen Entscheidungen Abweichungen von der ökonomischen Rationalität diagnostiziert. Er selbst hat aber auch darauf hingewiesen, daß die politische Rationalität diese Abweichungen zu einem Gutteil erklärt. Die in der Presse erschienenen Auszüge geben im übrigen die Gesamtbeurteilung nur sehr verzerrt wider. Professor Kloten würdigt z. B. als besonders positiv den neuen Ansatz, den die Bundesregierung mit der stärker mittelfristigen Orientierung der Geld- und Kreditpolitik — aber auch mit der Finanzpolitik — seit 1973 in der Wirtschaftspolitik unternommen hat. Gleichwohl wird niemand so vermessen sein, ex post abzustreiten, daß es bei den wirtschaftspolitischen Entscheidungen in Einzelfällen auch zu Fehlentwicklungen gekommen ist. Eine der nachhaltigsten Fehlentwicklungen — auf die Professor Kloten auch hinweist — ist im übrigen aus der Verzögerung der Aufwertung 1969 entstanden. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage A 80) : Wie viele Bauerngehöfte und andere feste Bauten wurden seit 1970 in der sogenannten Sperrzone der DDR entlang der Zonengrenze von den dortigen Behörden beseitigt? In der Zeit von 1970 bis Ende 1975 sind im Grenzgebiet der DDR zur Bundesrepublik Deutschland, soweit dies von unserer Seite aus feststellbar war, 503 Gebäude abgerissen worden. Hierbei handelt es sich um 336 Wohn- und 167 Wirtschaftsgebäude, wobei es in 83 Fällen um Gebäude geht, die sowohl zu Wohn- wie auch zu Wirtschaftszwecken genutzt wurden. Im übrigen darf ich ergänzend noch mitteilen, daß in den Jahren von 1960 bis 1969 nach Mitteilung des Bundesgrenzschutzes 256 Gebäude abgerissen wurden. Bei einer Wertung dieser Zahl ist allerdings zu berücksichtigen, daß für diesen Zeitraum eine Einschränkung gilt: Beim Grenzschutzkommando Nord liegen für die Jahre von 1960 bis 1964 keine Unterlagen mehr vor, so daß die Zahl der tatsächlichen Abrisse über der oben genannten Angabe von 256 Gebäuden liegen dürfte. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14769* Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage A 81) : Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Zwangsadoption von Kindern sogenannter „republikflüchtiger" Eltern vor, und welche Schritte hat die Bundesregierung bei der Regierung der DDR gegen diese barbarische und grausame Praxis des SED-Regimes unternommen? Die Bundesregierung sieht sich aufgrund der ihr vorliegenden Erkenntnisse veranlaßt, zwischen Adoption ohne Einwilligung der Eltern und dem Entzug des elterlichen Erziehungsrechts zu unterscheiden. Beide sind Formen der Trennung von Eltern von ihren Kindern, die — wenn sie letztlich mit dem Fluchtdelikt motiviert sind, also eine politische Sanktion darstellen — gegen die Menschenrechte und die Gebote der Menschlichkeit verstoßen. Der Bundesregierung sind zum jetzigen Zeitpunkt 5 Fälle von abgeschlossener Adoption ohne elterliche Einwilligung bekannt. Hinzu kommt der heute in der „Welt" veröffentlichte Fall, der in seiner Konsequenz nicht bekannt war. Diese Fälle sind so gelagert, daß es schwerfällt, der DDR politisch motivierte Zwangsadoptionen — sozusagen als Strafe oder Folge aus Republikflucht der Eltern — nachzuweisen. Die Hauptsorge der Bundesregierung liegt bei einer Reihe von Fällen, wo es um den Entzug des Erziehungsrechtes solcher Eltern geht, die entweder geflüchtet sind oder einen Fluchtversuch unternommen haben. Auch hier, wie bei Adoptionsfällen, ist die Bundesregierung mit allen ihr geeignet erscheinenden Mitteln bemüht, eine endgültige, inhumane Trennung der Eltern von ihren Kindern zu verhindern. Die Wirksamkeit der Bemühungen der Bundesregierung um Familienzusammenführung wird durch folgende Zahlen belegt: Seit 1965 sind 1 393 Kinder zu ihren Eltern in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt. Im Rahmen der Familienzusammenführung kamen seit 1970 11 043 Menschen aus dem anderen Teil Deutschlands zu uns. In dieser Zahl sind auch die Kinder erfaßt, die mit ihren Eltern oder mit einem Elternteil in das Bundesgebiet gelangt sind. Insgesamt sind in dem gesamten Zeitraum 4 500 bis 5 000 Kinder aus der DDR in die Bundesrepublik übergesiedelt. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage A 82) : Ist die Bundesregierung bereit, da ihr die Methoden der Adoptionsfreigabe von Kindern sogenannter Republikflüchtiger in der DDR bekannt sind, mit allen politischen Mitteln gegen die unmenschlichen Zwangsadoptionen in der DDR vorzugehen? Die Bundesregierung ist nach besten Kräften, nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, jede inhumane Trennung von Eltern und Kindern zu verhindern bzw. aufzuheben. Dazu bedient sie sich aller geeigneten Mittel, die ihr zur Verfügung stehen. Selbstverständlich ist die Bundesregierung bereit, alle geeigneten — auch politischen — Mittel anzuwenden, sofern diese im Sinne der betroffenen Menschen eine gewisse Erfolgsaussicht bieten und als nützlich und zweckmäßig erscheinen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage A 83) : Seit wann hat die Bundesregierung Kenntnis von Zwangsadoptionen von Kindern bzw. Entziehung des elterlichen Sorgerechts sogenannter republikflüchtiger Eltern bzw. Elternteile in der „DDR", und ist sie der Meinung, daß es sich hier um eine Verletzung der grundlegenden Menschenrechte und der Vereinbarungen sowie dem Geist der Helsinkier KSZE handelt? An die Bundesregierung sind seit 1970 vereinzelt Fälle zunächst drohender, später zum Teil auch vollzogener, Adoption und Entziehung des Erziehungsrechts sogenannter republikflüchtiger Eltern bzw. Elternteile in der DDR herangetragen worden. Die der Bundesregierung bisher bekannten Fälle von abgeschlossener Adoption ohne elterliche Einwilligung sind jeweils so gelagert, daß es schwerfällt, der DDR politisch motivierte Zwangsadoptionen — sozusagen als Strafe oder Folge aus Republikflucht — nachzuweisen. Jeder Fall muß einzeln geprüft und gewertet werden. Dasselbe gilt auch für den Entzug des Erziehungsrechts von solchen Eltern, die entweder geflüchtet sind oder einen Fluchtversuch unternommen haben. Nicht jede Adoption ohne elterliche Einwilligung, nicht jeder Entzug der Erziehungsberechtigung verstößt von vorneherein gegen die Humanität und die allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Einige der der Bundesregierung bekannten Fälle geben aber Anlaß zu der Befürchtung, daß seitens einiger DDR-Behörden und DDR-Gerichte Entscheidungen getroffen worden sind, die inhuman sind und gegen die allgemeinen Menschenrechte verstoßen. Ein derartiger Verstoß ist auch mit dem nicht vereinbar, was in der Schlußakte von Helsinki niedergelegt ist. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Abelein (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen A 84 und 85) : Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesamtzahl — und die Aufschlüsselung nach Jahren — der Fälle von Zwangsadoptionen und Entziehungen von Sorgerecht in der DDR? 14770* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung — gerade anläßlich der Höhe der Zahl eingeleiteter Ermittlungsverfahren der Zentralen Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter —, die DDR zur strikten Einhaltung und vollen Anwendung der Bestimmungen des Korbes 3 der Schlußakte der KSZE anzuhalten? Zu Frage 84: Die Bundesregierung kennt bis jetzt 5 Fälle von Adoption ohne elterliche Einwilligung — hinzu kommt der heute in der „Welt" genannte Fall. Außerdem sind der Bundesregierung 8 Fälle von rechtskräftigem Entzug des Erziehungsrechts und 6 Fälle der Änderung des Erziehungsrechts bekannt. In einem weiteren Fall muß der Sachverhalt hinsichtlich der Erziehungsrechtslage noch geklärt werden. Zu Frage A 85: Die Grundsätze der Schlußakte von Helsinki, besonders die in Korb 3 niedergelegten Grundsätze, sind Absichtserklärungen zur Durchführung konkreter Maßnahmen, die aber zu ihrer Realisierung eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werden. Bekanntlich soll im Jahre 1977 in Belgrad ein erster Zwischenbericht erstattet werden. Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit und wird in Zukunft gestützt auch auf die bilateralen Vereinbarungen mit der DDR jede sich ihr bietende Möglichkeit benutzen, um zu Verbesserungen für die Menschen in beiden deutschen Staaten zu gelangen. Aufschlüsselung nach Jahren: Adoption Entzug der Erziehungsberechtigung Änderung Erziehungsberechtigung 1960 — 1 — 1972 1 1 — 1973 2 — 1 1974 1 4 2 1975 — 2 3 Zeitpunkt nicht 2 — — bekannt 6 8 6 Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gierenstein (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage A 86) : Wie rechtfertigt die Bundesregierung die Darstellung der Verhältnisse im Ostberliner Herrschaftsbereich durch das Gesamtdeutsche Institut in dem von ihm herausgegebenen Kalender 1976? Der Kalender 1976 „Blick in die DDR" ist inhaltlich ausgewogen, er stellt die Verhältnisse in der DDR differenziert, sachlich und kritisch dar; ausschließlich unabhängige westdeutsche Journalisten, die seit zwei Jahren in der DDR leben und von dort berichten können, haben für ihn Beiträge geliefert. Aufgabe des Kalenders ist es, die Diskussion über den Alltag der Menschen in der DDR an unseren Schulen anzuregen und zur kritischen Urteilsbildung beizutragen, diesen Zielen genügt er in vollem Umfange. Wer den Kalender aufmerksam betrachtet und gelesen hat, wird festgestellt haben, daß die Darstellungen der komplexen Verhältnisse in der DDR in Wort und Bild vielfältig und objektiv sind, für die Bundesregierung besteht daher keine Veranlassung einer wie auch immer gearteten Rechtfertigung. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage A 87) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung sichergestellt hat, daß in Höhe ihres Anteils an den Kosten für Ausbau und Reparatur der Autobahn Berlin—Helmstedt Firmen aus dem freien Teil Deutschlands beteiligt bzw. Materiallieferungen vorgesehen werden, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat bei den Verhandlungen über die Finanzierung der Bauarbeiten an der Autobahn Helmstedt — Berlin erreicht, daß sie sich nur entsprechend dem Anteil des Transitverkehrs, d. h. mit 65 % bzw. 60 % beteiligt. Von den 405 Millionen DM betragenden Gesamtkosten entfallen daher auf den Bund 259,5 Millionen DM, zahlbar in 4 Jahresraten. Die DDR hat zugesagt, daß sie für die Bauarbeiten auf der Helmstedt-Strecke Baumaschinen im Wert von 56 Millionen DM aus der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des innerdeutschen Handels beziehen wird. Die Bundesregierung hat sich während ihrer Verhandlungen mit der DDR auch intensiv darum bemüht, daß an den Bauarbeiten auch westdeutsche und Westberliner Unternehmen beteiligt werden. Dies ist nicht gelungen. Offensichtlich erscheint der DDR die Anwesenheit von westlichen Straßenbautrupps auf den Transitstrecken problematisch. Daß dies der wesentliche Gesichtspunkt ist, läßt sich daraus schließen, daß die DDR für die im Zuge der Verkehrsverbesserungen in Berlin (West) anfallenden Bauarbeiten Ausschreibungen in Berlin (West) zugestanden hat, woraus sich ein Auftragsvolumen in der Größenordnung von 30 Millionen DM für die Westberliner Wirtschaft ergeben wird. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14771* Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Schlei auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 1 und 2) : Kann die Bundesregierung die Aussage der Süddeutschen Zeitung in ihrem Artikel vom 17. Dezember 1975 bestätigen, daß in der Planungsabteilung des Bundeskanzleramtes „künstlich Referate ohne Unterbau" vorhanden sind, und wenn ja, wie rechtfertigt die Bundesregierung diesen Tatbestand, wenn nein, auf welchen Informationen basiert diese Darstellung? In welcher Weise erfüllt die Planungsabteilung des Bundeskanzleramtes — wie in dem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 17. Dezember 1975 erwähnt — die Funktion eines Bindegliedes zwischen Bundeskanzleramt und Erich-Ollenhauer-Haus? Die Struktur der Referate in der Planungsabteilung des Bundeskanzleramtes entspricht den Regeln des § 4 Abs. 2 des Allgemeinen Teils der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Alle Referate haben einen Unterbau. Keines ist — wie in der Süddeutschen Zeitung vom 17. Dezember 1975 behauptet — „künstlich" in die Planungsabteilung eingebaut. Auf welchen Informationen die Aussage der Süddeutschen Zeitung beruht, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Eine Funktion als Bindeglied zwischen Bundeskanzleramt und Erich-Ollenhauer-Haus nimmt die Planungsabteilung des Bundeskanzleramtes nicht wahr. Anlage 18 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 3) : Welchen Sinn sieht die Bundesregierung nach den Abstimmungen der letzten Wochen noch in einer weiteren Mitgliedschaft und Mitarbeit der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen? Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, daß der Sinn der deutschen Mitarbeit in der Weltorganisation an den Abstimmungsergebnissen einer Generalversammlung gemessen werden sollte, auch wenn einige Entschließungen dazu beitragen mögen, die Gegensätze in der Staatengemeinschaft eher zu verhärten. Diesen kontroversen Entschließungen liegen zumeist Spannungen und tiefgreifende Positionsunterschiede zugrunde, die sich außerhalb der Vereinten Nationen entwickelt haben und auf dem Forum der Vereinten Nationen lediglich besonders deutlich zu Tage treten. Diese Schwierigkeiten dürfen nicht den Blick dafür verstellen, daß es in der weitaus überwiegenden Zahl der Themen, mit denen sich die Vereinten Nationen auf den Generalversammlungen, in Fachorganisationen und auf internationalen Konferenzen befassen, einen breiten Konsensus gibt. Die Vereinten Nationen sind nach Auffassung der Bundesregierung ein wichtiges Gremium für die Darstellung und Durchführung weltweiter multilateraler Politik. Trotz aller Mängel und Schwierigkeiten sind sie als Instrument der Begegnung und Zusammenarbeit zwischen den Staaten der Dritten Welt und den Industriestaaten nicht zu ersetzen. Die Bundesregierung betrachtet es als ein Ziel ihrer Mitarbeit, beharrlich für einen Abbau der Gegensätze einzutreten, um eine tragfähige Ordnung für die Zusammenarbeit zu entwickeln. Die Ergebnisse der Sondergeneralversammlung über internationale Wirtschaftsbeziehungen im Sommer 1975, die durch die Bereitschaft aller zum Dialog und zum Kompromiß ermöglicht wurden, zeigen, daß dieses Ziel erreichbar ist. Anlage 19 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 4 und 5) : Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Verpflichtungen, die die Sowjetunion in Artikel 7 des Freundschaftsvertrages vom 7. Oktober 1975 mit der DDR gegenüber Ost-Berlin übernommen hat, mit ihren Verpflichtungen aus dem Vier- Mächte-Abkommen (Teil II B; Anlage II Zi. 1) in krassem Widerspruch stehen, insbesondere weil die speziellen rechtlichen Bindungen West-Berlins an die Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis Moskau—Ost-Berlin ihres essentiellen Inhalts beraubt werden, und liegen der Bundesregierung Informationen vor, wonach die Drei Mächte beabsichtigen, bei der Sowjetunion wegen einer darin erkennbaren erheblichen Verletzung des Vier-Mächte- Abkommens über Berlin vom 3. September 1971 vorstellig zu werden? Ist die Botschafter-Erklärung der Drei Mächte vom 14. Oktober 1975 (vgl. Pressemeldung des Informationsdienstes der USA vom 14. Oktober 1975), die laut der Erklärung von Staatsminister Moersch im Bundestag am 16. Oktober 1975 (13 398 D) mit der Bundesregierung abgestimmt wurde, geeignet, als rechtswahrender Protest gegenüber der Sowjetunion im Sinne der Frage 4 angesehen zu werden? Zu Frage B 4: Ich verweise zunächst auf meine früheren vor dem Deutschen Bundestag zum Freundschaftsvertrag Sowjetunion/DDR abgegebene Stellungnahme: Ein Vertrag, den die Sowjetunion mit der DDR abschließt, kann die originären Rechte und Verbindlichkeiten der Vier Mächte für Berlin und die bestehende Lage in und um Berlin, wie sie durch die am 3. September 1971 im Viermächte-Abkommen getroffenen Regelungen bekräftigt worden sind, nicht berühren. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß in diesem Vertrag über eine unvollständige Wiedergabe von Teilen des Viermächte-Abkommens der unzutreffende Eindruck zu erwecken versucht wird, als ob die Bindungen zwischen Berlin (West) und dem Bund den von der Sowjetunion und der DDR gewünschten Verbindungen zu Berlin (West) gleichzusetzen wären. Die Bundesregierung unterschätzt die durch diese Vertragsgestaltung erneut erkennbar gewordene berlinpolitische Zielsetzung der anderen Seite nicht. Sie wird daher in engem Zusammenwirken mit den Drei Mächten auch in Zukunft mit allem Nachdruck darauf bestehen, daß — und dieses ist in diesem Zusammenhang der entscheidende Gesichtspunkt —das tatsächliche Handeln der Sowjetunion und der 14772* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 DDR in bezug auf Berlin mit dem Viermächte-Abkommen übereinstimmt. Zum letzten Teil Ihrer Frage kann ich nur mit aller Deutlichkeit feststellen: Die Bundesregierung hat keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß die Drei Mächte in allen Fällen einer tatsächlichen Verletzung des Viermächte-Abkommens bei der anderen Seite in der gebotenen Weise vorstellig werden. Zu Frage B 5: Unter Bezugnahme auf meine Antwort zu der Frage B 4 beantworte ich die Frage mit „Ja". Ergänzend möchte ich hinzufügen, daß sich alle mit uns in der Allianz verbundenen Staaten im Kommuniqué der NATO-Ministerratstagung vom 12. Dezember 1975 die Erklärung zu eigen gemacht haben, welche die Regierungen der Drei Mächte am 14. Oktober 1975 zur Unterzeichnung des Freundschaftsvertrages abgegeben haben. Die Allianz stellte außerdem ausdrücklich fest, daß neben dem ungestörten Transitverkehr nicht nur die Bindungen zwischen Berlin und dem Bund, sondern auch das Außenvertretungsrecht der Bundes für Berlin essentielle Elemente der Lebensfähigkeit der Stadt darstellen. Anlage 20 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Funcke (FDP) (Drucksache 7/4555 Fragen B 6 und 7): Treffen Pressemeldungen, unter anderem in „Die Welt" vom 20. Dezember 1975 und der „Süddeutschen Zeitung" vom 22. Dezember 1975, zu, nach denen Angehörige der Deutschen Botschaft in Warschau eine dort zufluchtsuchende Aussiedlerfamilie unwürdig behandelt (Verweigerung der Nahrung, Übernachtung auf dem Fußboden ohne Decken etc.) und ihr damit gedroht hätten, sie mit Hilfe der Polizei aus dem Botschaftsgebäude zu entfernen? Trifft es zu, daß nach den Erfahrungen einer Aussiedlerfamilie die Deutsche Botschaft in Warschau „nichts für die Deutschen tut"? Zu Frage B 6: Diese Behauptungen sind falsch. Richtig ist vielmehr, daß die Familie zunächst in der Botschaft untergebracht wurde und später eine Botschaftsangehörige ihre in einem Warschauer Ausländer-Apartmenthaus gelegene Wohnung so lange zur Verfügung stellte, bis die Genehmigung zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde. Die betroffene Botschaftsangehörige zog für die Zeit bis zur Ausreise der Familie in ein Hotel. Das Personal der deutschen Botschaft in Warschau hat sich, auch unter persönlichen Opfern, im Rahmen der gegebenen räumlichen Verhältnisse um die Aussiedlerfamilie gekümmert. So wurden Gummimatratzen und Decken, später Betten zur Verfügung gestellt, Nahrungsmittel eingekauft und für ärztliche Betreuung gesorgt. Eine Drohung, die Familie mit Hilfe der Polizei aus dem Botschaftsgebäude zu entfernen, wurde nie ausgesprochen. Die Vorwürfe gegen das Personal unserer Botschaft in Warschau sind ungerechtfertigt und werden zurückgewiesen. Zu Frage B 7: Dies trifft weder generell noch in diesem Fall zu. In diesem Fall hat sich trotz der Bemühungen der Botschaft in Warschau und des Entgegenkommens der polnischen Behörden die Ausreise schließlich verzögert, weil die Betreffenden wichtige Umstände (Vorliegen einer zivilrechtlichen Forderung aus einem Erbstreit und einer Zahlungsverpflichtung des Sohnes aufgrund eines Strafbefehls wegen Tätlichkeit gegenüber einem polnischen Vollzugsbeamten) nicht mitgeteilt hatten. Die Regelung dieser finanziellen Forderungen, die eine selbstverständliche Voraussetzung für die Erteilung einer Ausreisegenehmigung ist, konnte schließlich durch Mitwirkung der Botschaft erfolgen. Eine weitere Verzögerung trat auch deswegen ein, weil der Familienvater in der Bundesrepublik Deutschland fernmündlich immer wieder von einer Schaffung der erforderlichen Voraussetzungen abriet. Sowohl die Botschaft Warschau als auch das Auswärtige Amt haben alles unternommen, um eine baldige Ausreise der betreffenden Familie zu ermöglichen. Anlage 21 Antwort des Staatsministers Moersch auf ,die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gierenstein (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 8) : Treffen Meldungen zu, die Sowjetunion verlange, daß zu den Eisschnellaufweltmeisterschaften in Berlin eine gesonderte Einladung des Senats von Berlin ergehe, und wird — bejahendenfalls — die Bundesregierung unmißverständlich deutlich machen, daß eine derartige Politisierung des Sports für die deutsche Seite grundsätzlich nicht in Frage kommen kann und in diesem Fall überdies der rechtswidrigen sowjetischen Drei-Staaten- Theorie Vorschub zu leisten geeignet ist? Der Senat von Berlin hat in völliger Übereinstimmung mit der Bundesregierung bereits am 6. Januar 1976 entschieden, dem vor einiger Zeit vom sowjetischen Eissportverband geäußerten Wunsch nach einer Einladung durch ihn nicht stattzugeben. Anlage 22 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 9) : Ist nach Auffassung der Bundesregierung die arglistige Täuschung (dolus) im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eines internationalen Vertrages nicht ein Fehler, der einem völkerrechtlichen Rechtsgeschäft auch der Bundesrepublik Deutschland mit einem anderen Staat anhaftend, im Wege der Anfechtung des Vertrages geltend gemacht werden kann und falls nicht, warum? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14773* Im Völkerrecht ist theoretisch anerkannt, daß arglistige Täuschung die Gültigkeit eines Vertrages berühren und zu seiner Anfechtung durch den getäuschten Partner führen kann. In der Praxis der Staaten haben sich jedoch keine festen Regeln darüber herausgebildet, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfalle ein Vertrag wirksam angefochten werden kann (nach Art. 49 der Wiener Vertragsrechtskonvention muß betrügerisches Verbalhalten — „fraudulent conduct" — die Gegenseite arglistig zum Vertragsabschluß bestimmt haben). Da das Völkerrecht Beziehungen zwischen souveränen Staaten regelt und im Hinblick auf Erfordernisse der Rechtssicherheit, sind grundsätzlich strenge Anforderungen an die Annahme zu stellen, daß ein Vertrag wegen arglistiger Täuschung nachträglich erfolgreich angefochten werden könnte. Im Völkerrechtsverkehr der Bundesrepublik Deutschland ist ein derartiger Fall nicht aufgetreten. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum ,auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 10) : Kann die Bundesregierung Meldungen bestätigen, wonach die Festlegung des Lärmschutzbereiches für den NATO-Flugplatz Pferdsfeld entgegen der Ankündigung des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister des Innern, Herrn Baum, vom 23. Januar 1975 nicht mehr im Jahr 1975, sondern erst im Laufe des Jahres 1976 erfolgen wird und — wenn ja — worauf ist diese Verzögerung zurückzuführen? Die Berechnung des Lärmschutzbereiches für den militärischen Flugplatz Pferdsfeld durch die vom Bundesminister des Innern mit der Berechnung beauftragten Stelle ist abgeschlossen. Zur Festsetzung des Lärmschutzbereiches sind weitere Maßnahmen erforderlich, die teilweise nicht vom Bund, sondern von Landesbehörden getroffen werden müssen, so die Eintragung der Grenzen des Lärmschutzbereiches in Blätter der Deutschen Grundkarte 1 : 5 000 durch die zuständigen Landesvermessungsämter. Im Falle des militärischen Flugplatzes Pferdsfeld hat sich herausgestellt, daß die benötigten Kartenblätter im Maßstab 1 : 5 000 nicht vorhanden sind und erst noch hergestellt werden müssen. Die auf Veranlassung des Bundesministers des Innern vom Land Rheinland-Pfalz begonnene Herstellung der Kartenblätter für den Flugplatz Pferdsfeld — erst nach Abschluß der Berechnungen konnte mit Sicherheit festgestellt werden, welche Kartenblätter benötigt werden — wird voraussichtlich erst im Laufe des Jahres 1976 abgeschlossen werden können. Sobald die Herstellung der Karten und die Eintragung der Lärmschutzbereiche durch die zuständigen Landesbehörden durchgeführt ist, wird die Bundesregierung unverzüglich den Entwurf einer Rechtsverordnung zur Festsetzung des Lärmschutzbereiches dem Bundesrat vorlegen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Zimmermann (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 11) : Kann die Bundesregierung darüber Angaben machen, ob und gegebenenfalls wann mit der Dateneinholung für die Ermittlung des Lärmschutzbereiches für den Luft-Boden-Schießplatz Siegenburg begonnen wird, nachdem zwischen den beteiligten Bundesressorts Einigkeit darüber erzielt wurde, daß für Bombenabwurfplätze und Luft-Boden-Schießplätze Lärmschutzbereiche nach dem Fluglärmgesetz festgesetzt werden können? Nachdem im vergangenen Jahr mit den beteiligten Bundesressorts Einigkeit darüber erzielt werden konnte, daß nach dem Fluglärmgesetz auch für Bombenabwurf- und Luft-Boden-Schießplätze Lärmschutzbereiche festgesetzt werden können, ist unverzüglich vom Bundesminister der Verteidigung die Einholung der relevanten Daten für derartige militärische Übungsplätze eingeleitet worden. Ich hoffe, daß die Daten für den Übungsplatz Siegenburg bald vorgelegt werden. Die weiteren Arbeiten zur Festsetzung des Lärmschutzbereichs Siegenburg werden dann mit großem Nachdruck betrieben werden. Ich möchte freilich darauf hinweisen, daß bis zum Erlaß der entsprechenden Rechtsverordnung noch etwas Zeit verstreichen wird, zumal derzeitig von den zuständigen Stellen annähernd 30 derartige Rechtsverordnungen über die Festsetzung von Lärmschutzbereichen vorbereitet werden; 15 Lärmschutzbereiche sind bereits festgesetzt worden. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 12) : Hat die Bundesregierung Merkblätter für das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz 1974, insbesondere im Hinblick auf die Kinder deutscher Mütter und ausländischer Väter, vorgesehen, damit in der Praxis aufgetretene Schwierigkeiten in Zukunft vermieden werden? Mein Haus hat im Einvernehmen mit den Innenministern (-senatoren) der Länder zu dem Gesetz zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 20. Dezember 1974, das am 1. Januar 1975 in Kraft getreten ist, ein Merkblatt erstellt, um den in Betracht kommenden Personenkreis rasch und einfach über die neue Rechtslage zu informieren. Das Merkblatt ist rechtzeitig vor dem Inkrafttreten des Gesetzes an die zuständigen Landesbehörden ausgeliefert worden. Um die Gesetzesänderung möglichst vielen Bürgern möglichst rasch durch öffentliche Unterrichtung bekanntzumachen, hat mein Haus darüber hinaus sofort nach der endgültigen Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundesrat am 19. Dezember 1974 das Merkblatt an die Presse verteilt. In ähnlicher Weise ist das Gesetz auch durch die Landesregierungen in ihrem Bereich veröffentlicht worden. Damit hat das Gesetz rasch und rechtzeitig eine breite Publizität erlangt. 14774* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 13) : Wie viele Dienstreisegenehmigungen, Dienstbefreiungen und Befreiungen nach der Sonderurlaubsregelung und den entsprechenden tariflichen Bestimmungen wurden zur Teilnahme am letzten Parteitag der SPD in Mannheim für Beamte des gehobenen und höheren Dienstes und entsprechende Angestellte aus den Bundesbehörden (aufgegliedert nach Bundesministerien, Bundeskanzleramt und Bundespresseamt), ohne daß diese Delegierte waren, erteilt? Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst können für parteipolitische Zwecke nur im Rahmen der Vorschriften der Verordnung über Sonderurlaub für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst vom 18. August 1965 (BGBl S. 902), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 1972 (BGBl S. 2536), unter Fortzahlung der Dienstbezüge beurlaubt werden. Die Gewährung von Urlaub für die Teilnahme an Bundes-, Landes- und Bezirksparteitagen setzt nach § 7 Satz 1 Nr. 5 der Verordnung voraus, daß der Beamte als Mitglied eines Parteivorstandes oder als Delegierter teilnimmt und daß dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Mit einer entsprechenden außertariflichen Arbeitsbefreiung der Arbeitnehmer des Bundes habe ich mich in meinem Rundschreiben vom 27. August 1965 — II B 2 — 220 223/17 — (GMBl S. 295) einverstanden erklärt. Die Gewährung von Reisekostenvergütung kommt in diesen Fällen nicht in Betracht. Ich gehe davon aus, daß diese dienstrechtlichen Vorschriften im Bereich des Bundes beachtet werden. Konkrete und damit überprüfbare Hinweise über Verstöße hiergegen sind mir jedenfalls bisher nicht bekannt geworden. Für Angehörige des Leitungsbereichs (z. B. Persönliche Referenten der Minister und Parlamentarischen Staatssekretäre) kann die Teilnahme an Parteitagen wegen der notwendigen Ausübung ihres Amtes aus dienstlichen Gründen erforderlich sein, so daß in diesen Fällen die Anordnung einer Dienstreise in Betracht kommen kann. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 14) : Welche Erkenntnisse bezüglich Kapazität, Frequenz und Finanzierung liegen der Bundesregierung vor über die Parteischule der Deutschen Kommunistischen Partei in Essen (Karl-Liebknecht- Schule), und welche weitere Aubildung erfahren dort geschulte Funktionäre zusätzlich noch im Ausland? Die 1971 als Internatsschule der DKP eingerichtete „Karl-Liebknecht-Schule" in Essen kann, z. T. behelfsmäßig, etwa 50 Schüler unterbringen. An der Schule finden jährlich etwa 35 ein- und zweiwöchige Lehrgänge statt (Grundlehrgänge, Lehrgänge für Gruppenfunktionäre, Bildungsverantwortliche, Arbeiter- und Volkskorrespondenten, Lehrgänge zur Einführung in marxistische Philosophie und politische Ökonomie). Daran nehmen im Durchschnitt 40 Mitglieder der DKP und ihrer Hilfsorganisationen (MSB Spartakus, SDAJ) teil. Die „Karl-Liebknecht-Schule" wird aus den der DKP zur Verfügung stehenden Mitteln, die ihr zum großen Teil aus der DDR zufließen, finanziert. Ich verweise hierzu auf die Antwort der Bundesregierung auf die Frage des Herrn Kollegen Jäger (Wangen) in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 29. Januar 1975 (Niederschrift S. 10012 A). Nach den mir vorliegenden — allerdings nicht vollständigen — Erkenntnissen hat bisher kein Kurs auf der „Karl-Liebknecht-Schule" eine zusätzliche Ausbildung im Ausland erfahren. In Einzelfällen ist jedoch bekannt geworden, daß Teilnehmer an Lehrgängen der „Karl-Liebknecht-Schule" später zu Lehrgängen in Berlin (Ost) entsandt worden sind. Mitglieder und Funktionäre der DKP, die Funktionen auf Kreis-, Bezirks- und Bundesebene bekleiden oder übernehmen sollen, werden auch in mehrmonatigen Lehrgängen in Berlin (Ost) am „Franz- Mehring-Institut", einer 1969 von der SED für die DKP eingerichteten Parteischule, und in Moskau am „Institut für Gesellschaftswissenschaften" beim ZK der KPdSU ausgebildet. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wernitz (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 15) : In welchen Punkten sieht die Bundesregierung Veranlassung auf Grund der Untersuchungen bzw. Darlegungen von Professoren der Universität Bremen, ihre Erklärungen und Berichte zum Unglück im Kernkraftwerk Gundremmingen am 19. November 1975 zu korrigieren? Die Äußerungen von Bremer Professoren zum Unfall im Kernkraftwerk Gundremmingen am 19. November 1975 enthalten neben einigen nicht zutreffenden Feststellungen — wie z. B. die These eines Beinahe-Gaus — keine Tatbestände und Folgerungen, die mir bisher nicht bekannt waren und über die nicht im Innenausschuß des Deutschen Bundestages am 26. November 1975 und am 14. Januar 1976 berichtet wurde. Ich sehe deswegen keine Veranlassung, die Erklärungen und Berichte zum Unfall sowie die bisher von meinem Haus daraus gezogenen Folgerungen in irgendwelchen Punkten zu korrigieren. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wohlrabe (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 16 und 17): Unterstützt die Bundesregierung Bemühungen, deutsche Aussiedler aus osteuropäischen Staaten in Berlin ansässig zu machen? Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen, um die deutschen Aussiedler konkret darauf anzuspre- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14775* chen, ihren Wohnsitz und Arbeitsplatz in Berlin zu nehmen, und wie viele Mittel sind dafür bereits zur Verfügung gestellt worden? Zu Frage B 16: Die Bundesregierung unterstützt alle Bemühungen, deutsche Aussiedler aus osteuropäischen Staaten in Berlin ansässig zu machen. Jedem im Bundesgebiet eintreffenden Aussiedler ist es freigestellt, im Rahmen des vom Bundesrat beschlossenen Verteilungsschlüssels sein künftiges Aufenthaltsland zu wählen. Der Anteil der vom Land Berlin Aufzunehmenden beträgt 8 %. Im Jahr 1974 sind 7,7 % der im Bundesgebiet aufgenommenen Personen nach Berlin eingewiesen worden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß rund 90 % der eintreffenden Aussiedler familiäre, berufliche oder sonstige Bindungen in ein bestimmtes Bundesland haben. Die Verteilung der übrigen Aussiedler hängt von den im Einzelfall bestehenden Eingliederungsmöglichkeiten, vor allem von der Vermittlung eines geeigneten Dauerarbeitsplatzes ab. Zu Frage B 17: Im Rahmen der Beratung aller Aussiedler aus osteuropäischen Ländern durch die Bundesanstalt für Arbeit über die Beschäftigungsmöglichkeiten in der Bundesrepublik Deutschland wird auch auf die Arbeitsmöglichkeiten im Land Berlin hingewiesen. Neben den allgemeinen Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme (§§ 53, 54 Arbeitsförderungsgesetz AFG) und gegebenenfalls den Maßnahmen der beruflichen Bildung (§§ 33 ff. AFG) können Aussiedler, die eine Beschäftigung in Berlin für mindestens ein Jahr aufnehmen und die von der Berliner Wirtschaft zur Erhaltung oder Stärkung ihrer Leistungsfähigkeit benötigt werden, zusätzliche Leistungen nach den Richtlinien der Bundesregierung zur Förderung der Arbeitsaufnahme im Land Berlin vom 31. Januar 1962 (Bundesanzeiger Nr. 26 vom 7. 2. 1962), zuletzt geändert am 10. Februar 1970 (Bundesanzeiger Nr. 33 vom 18. 2. 1970), erhalten. Die Fahr- und Flugkosten für die Reise nach Berlin werden übernommen. Falls die Aussiedler Angehörige im Bundesgebiet haben, erhalten sie innerhalb von zwei Jahren nach der Arbeitsaufnahme in Berlin die Kosten für insgesamt acht Besuchsfahrten („Heimfahrten") ersetzt. Außerdem wird ein Überbrückungsgeld für sechs Monate, in Härtefällen bis zu zwei Jahren, gezahlt. Schließlich werden die Umzugskosten übernommen, wenn in Berlin eine Dauerarbeit aufgenommen wird. Für die Gewährung dieser Leistungen stehen im Kapitel 11 02 Titel 681 02 des Bundeshaushalts ausreichende Mittel zur Verfügung. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gerlach (Obernau) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 18) : Trifft es zu, der Bundesminister des Inneren habe angeordnet, die Tarnnetze für die Einsatzfahrzeuge des Bundesgrenzschutzes zu verkaufen, worauf die Kommandos Nord und Süd Gegenvorstellungen erhoben haben, in denen sie die Maßnahmen als nicht zu verantworten bezeichnet haben, und wie rechtfertigt die Bundesregierung — bejahendenfalls — die Weisung, die den von der Gewerkschaft der Polizei erhobenen Forderungen entspricht, insbesondere im Hinblick auf ihre wiederholten Versicherungen, die Schlagkraft des Bundesgrenzschutzes im Einsatz an der Zonengrenze nicht zu schwächen? Die Tarnnetze, die in den Jahren 1961 bis 1964 beschafft wurden, sind veraltet und entsprechen zudem nicht mehr den heutigen Anforderungen. Sie zeigen starke Farbenreflektionseigenschaften bei Infrarotanstrahlung. Außerdem ist mit der Einführung neuer, meist handelsüblicher Kraftfahrzeuge im Bundesgrenzschutz dieses Tarngerät vom Gewicht als auch vorn Raumbedarf her für das Mitführen auf diesen Kraftfahrzeugen nicht mehr geeignet. Aus den genannten Gründen ist das Tarngerät im Sommer 1974 aus der Ausstattung des Bundesgrenzschutzes herausgenommen worden. Einwendungen gab es nur von einem Grenzschutzkommando, und zwar im Herbst 1975, nachdem Bemühungen, das auszusondernde Tarngerät an die Bundeswehr bzw. an alliierte Streitkräfte abzugeben, keinen Erfolg hatten und die Grenzschutzkommandos aufgefordert wurden, Verwertungsmöglichkeiten im eigenen Bereich zu suchen. Mit der Herausnahme dieses veralteten Tarngeräts aus der Ausstattung des Bundesgrenzschutzes den Gedanken zu verbinden, hierdurch würde die Schlagkraft des Bundesgrenzschutzes im Einsatz an der Grenze geschwächt, ist abwegig. Bisher ist von dem Tarngerät weder etwas verkauft noch anderweitig verwertet worden; das Bundesministerium des Innern hat sich die Entscheidung darüber vorbehalten. Eine Entscheidung, daß kein Ersatz angeschafft werden wird, ist bisher nicht getroffen worden. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Rainer (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 19) : Treffen Meldungen zu, die Bundesregierung dränge die Kommission der Europäischen Gemeinschaft, ihre Pläne für die Einführung der Sommerzeit aufzugeben mit der Begründung, dies würde in Berlin zu Schwierigkeiten führen, und wie vereinbart die Bundesregierung — bejahendenfalls — dieses Vorgehen mit der von Mitgliedern des Senats von Berlin eingenommenen Haltung? Meldungen, daß die Bundesregierung die Kommission der Europäischen Gemeinschaft dränge, ihre Pläne für die Einführung der Sommerzeit aufzugeben — der Bundesregierung sind solche Meldungen nicht bekannt —, wären unzutreffend. Im Rat der Europäischen Gemeinschaft wird allerdings ein Vorschlag der Kommission auf Einführung der Sommerzeit im Hinblick auf die damit verbundenen Vor- und Nachteile erörtert; diese Erörterungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung hat zu dieser Frage noch nicht abschließend Stellung genommen. 14e6* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgordneten Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 20) : Ist auch die Bundesregierung der Auffassung, wie in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 3. Januar 1976 abgedruckt, daß die Bezeichnung des sowjetischen Sektors von Berlin als „Berlin, Hauptstadt der DDR" nach dem im Bundesgebiet geltenden Recht schutzwürdig ist — etwa als dem öffentlichen Nutzen dienend —, oder wird die Bundesregierung die entsprechenden Entwürfe bei den gesetzgebenden Körperschaften einbringen, durch die eine derartige Auslegung des geltenden Rechts unmöglich gemacht und der rechtswidrigen Anmaßung Ost-Berlins entgegengetreten wird? Der erste Teil Ihrer Frage zielt auf eine Stellungnahme der Bundesregierung zu Urteilen unabhängiger Gerichte ab. Eine solche Stellungnahme kann die Bundesregierung im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit nicht abgeben. Zum zweiten Teil Ihrer Frage bemerke ich: Die Bundesregierung wird auch in Zukunft an ihrer Auffassung festhalten, daß ganz Berlin dem Viermächte-Status unterliegt. Sie wird in ihren Gesetzentwürfen und sonstigen mündlichen oder schriftlichen Äußerungen weiterhin Formulierungen verwenden, welche dieser Auffassung Rechnung tragen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 21) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, mit den Stationierungsstreitkräften Verhandlungen zu führen, damit die von einer Kommission im Herbst dieses Jahres besichtigten Kantinen für die bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitnehmer auf den US-Luftbasen insbesondere auf dem Rhein- Main-Flughafen (Frankfurt/Main) verbessert werden bzw. in Sembach und Hahn Kantinen eingerichtet werden? 1. Der Vertreter des Hauptquartiers der amerikanischen Luftwaffe in Europa hat in der Sitzung der Gemischten Arbeitsgruppe für die Modernisierung von US-Anlagen am 16. Dezember 1975 mitgeteilt, daß die Base Engineers angewiesen worden seien, Planungen für den Neubau bzw. für die Modernisierung von Kantinen für die einheimischen Arbeitskräfte auszuarbeiten. 2. Die erforderlichen Baumaßnahmen sollen mit amerikanischen Heimatmitteln des laufenden Haushaltsjahres finanziert und soweit wie möglich im Wege des sog. Truppenbaues durchgeführt werden. Unter diesen Umständen kann davon ausgegangen werden, daß mit den Arbeiten im Laufe dieses Jahres begonnen wird. 3. Auf Anfrage hat das Hauptquartier mitgeteilt, daß vordringlich mit einer Verbesserung der Verhältnisse auf der Air Base Rhein-Main begonnen werden soll. Die Air Basen Sembach und Hahn, auf denen bislang keine Kantinen für die einheimischen Arbeitskräfte eingerichtet waren, sollen nach Angaben des Hauptquartiers in die Planungen mit einbezogen werden. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 22 und 23) : Hat die Bundesregierung den Umfang und die Höhe der Schäden ermittelt, die durch Orkan, Stürme und Sturmflut zu Beginn dieses Jahres in Norddeutschland entstanden sind, und zu welchem Ergebnis haben gegebenenfalls diese Ermittlungen geführt? Hat die Bundesregierung die Absicht, der betroffenen Bevölkerung wirtschaftlich zu helfen, und welche Möglichkeiten sieht sie hierfür? Zu Frage B 22: Die Schäden an den Küstenschutzanlagen infolge der Sturmflut vom 3. und 4. Januar 1976 werden von den betroffenen Ländern mit rd. 70 Millionen DM beziffert. Über Art und Umfang der Schäden Privater konnten die Länder bisher nur unvollständige Schätzungen vorlegen. Die Bundesregierung hat den Bundesminister der Finanzen beauftragt, mit den Bundesministern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Wirtschaft sowie mit den Küstenländern den Umfang der Schäden Privater zu ermitteln. Zu Frage B 23: Der Bund ist bereit, sich gemeinsam mit den Küsten-Ländern an der Beseitigung privater Schäden zu beteiligen, die durch die Flutkatastrophe entstanden sind. Als erste Maßnahme hat sich der Bundesfinanzminister damit einverstanden erklärt, daß die obersten Finanzbehörden der Länder besondere Anweisungen für Billigkeitsmaßnahmen auf steuerlichem Gebiet geben. Das Kabinett hat am 14. Januar 1976 den Bundesfinanzminister gebeten, mit den zuständigen Bundesressorts und den Regierungen der betroffenen Länder den Umfang der Schäden zu prüfen und entsprechend den Regelungen bei der Flutkatastrophe 1962 die erforderlichen Richtlinien und Vereinbarungen für eine Beteiligung des Bundes an Hilfsmaßnahmen der Länder vorzubereiten. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Weber (Köln) (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 24) : Wie ist der Stand der Verhandlungen über die Räumung des Flugplatzes Köln-Butzweiler Hof von den belgischen Streitkräften, und wann kann mit einer endgültigen Entscheidung gerechnet werden? Die Stadt Köln strebt aus städtebaulichen Gründen die Räumung der von den belgischen Streitkräften noch in Anspruch genommenen Flächen des Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14777* Flugplatzes Köln-Butzweilerhof an. Darüber sind mit den belgischen Streitkräften bisher lediglich Vorgespräche geführt worden. Diese haben ergeben, daß eine ersatzlose Freigabe nicht möglich ist. Die belgischen Streitkräfte haben sich bereit erklärt, etwaige Verlegungswünsche der Stadt zu prüfen, wenn ihnen gleichzeitig ein angemessener Ersatz vorgeschlagen wird. Ob es der Stadt Köln gelingt, eine Ersatzlösung zu finden, die den Vorstellungen der Streitkräfte entspricht, bleibt abzuwarten. Eine endgültige Entscheidung über den Verlegungswunsch der Stadt Köln kann erst nach Durchführung eines formellen Freigabeverfahrens getroffen werden und setzt einen entsprechenden Freigabeantrag voraus, den die Stadt bisher nicht vorgelegt hat. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Rollmann (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 25 und 26) : Was wird die Bundesregierung tun, um den von der Sturmflut in Norddeutschland betroffenen Menschen zu helfen? Was wird die Bundesregierung tun, um die in Mitleidenschaft gezogenen Betriebe zu unterstützen, damit ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit vermieden wird? Zu Frage B 25: Der Bund ist bereit, sich gemeinsam mit den Küstenländern an der Beseitigung privater Schäden zu beteiligen, die durch die Flutkatastrophe entstanden sind. Als erste Maßnahme hat sich der Bundesfinanzminister damit einverstanden erklärt, daß die obersten Finanzbehörden der Länder besondere Anweisungen für Billigkeitsmaßnahmen auf steuerlichem Gebiet geben. Das Kabinett hat am 14. Januar 1976 den Bundesfinanzminister gebeten, mit den zuständigen Bundesressorts und den Regierungen der betroffenen Länder den Umfang der Schäden zu prüfen und entsprechend den Regelungen bei der Flutkatastrophe 1962 die erforderlichen Richtlinien und Vereinbarungen für eine Beteiligung des Bundes an Hilfsmaßnahmen der Länder vorzubereiten. Zu Frage B 26: Die zu 1. erwähnten Hilfsmaßnahmen umfassen auch Beihilfen zugunsten der gewerblichen Wirtschaft und der Landwirtschaft. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Narjes (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 27) : Wie hoch sind nach Ansicht der Bundesregierung die Gesamtverbindlichkeiten des Ostblocks gegenüber Kreditgebern des Westens, und stimmt die Bundesregierung mit der von einer New Yorker Großbank errechneten und durch die Presse weit verbreiteten Schätzung überein, wonach die Gesamtverbindlichkeiten der Staaten des Ostblocks gegenüber westlichen Kreditgebern den Betrag von 32 Milliarden Dollar erreicht haben? Die Schätzung der Verschuldung der Staatshandelsländer in harten Währungen ist außerordentlich schwierig, weil es keine gesicherten Unterlagen gibt. Viele und namhafte Experten versuchen sich auf diesem Gebiet und gelangen zu weit auseinanderliegenden Ergebnissen. Demzufolge kann nach Ansicht des Bundesministeriums für Wirtschaft die Gesamtverschuldung der Staatshandelsländer für Ende 1975 nur sehr grob auf einen zwischen 20 und 30 Milliarden Dollar, möglicherweise etwas näher bei 30 Milliarden Dollar liegenden Betrag geschätzt werden. Bemerkenswert ist hierbei, daß seit 1974 die Handelsbilanzdefizite der Staatshandelsländer in zunehmendem Maße durch Kredite der von jeglicher staatlichen Beeinflussung und Hilfestellung freien Euro-Kapitalmärkte abgedeckt worden sind. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Seiters (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 28 und 29) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Instrumente der Regionalpolitik nicht ausreichen, und welche Haltung nimmt sie im einzelnen ein zu den Vorschlägen, die Konjunkturpolitik durch eine Änderung des Stabilitätsgesetzes zu regionalisieren bzw. die Investitionszulage regional differenziert zu zahlen? Ist die Bundesregierung bereit, dafür Sorge zu tragen, daß in verstärktem Umfang Mittel aus dem EG-Regional-Fonds — zusätzlich zu den nationalen Strukturförderungsmitteln — in den strukturschwachen Räumen der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt werden, die bei Bund und Ländern (z. B. im Bundesraumordnungsprogramm) als „besondere Problemgebiete" gelten, und welche Überlegungen bestimmen die Haltung der Bundesregierung? Zu Frage B 28: Die Bundesregierung ist keineswegs der Auffassung, daß die Instrumente der Regionalpolitik nicht ausreichten, um die regionale Wirtschaftsstruktur in den wirtschafts- und strukturschwachen Gebieten zu verbessern. Dies läßt sich beispielsweise nachweisen: Trotz konjunkturbedingt abgeschwächter Investitionsneigung konnten 1975 gewerbliche Investitionen in Höhe von rd. 8 Milliarden DM in wirtschaftsschwachen Regionen gefördert werden, durch die nach Angabe der Unternehmen u. a. 50 000 neue Arbeitsplätze entstehen werden. Auch der Ausbau der Infrastruktur wurde über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" gefördert und über verschiedene Sonderprogramme beschleunigt. Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß eine gesetzliche Verpflichtung zur Regionalisierung der Konjunkturpolitik nicht in Betracht gezogen werden sollte. Die Gründe hierfür hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu dem 14778* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Fördederung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (BT-Drucks. 7/499) dargelegt. Insbesondere ist sie der Meinung, daß die von Bund, Ländern und Gemeinden beschlossenen „Grundsätze für die Abstimmung der Förderungsmaßnahmen des Bundes, der Länder und Gemeinden in der regionalen und sektoralen Strukturpolitik" ausreichende Möglichkeiten bieten, regionalpolitischen Belangen Rechnung zu tragen. Die Konjunkturprogramme/Sonderprogramme der Jahre 1974/75 haben dies deutlich gemacht. Was die Anregung einer regional differenzierten Investitionszulage anbelangt, ist darauf hinzuweisen, daß die neben der konjunkturpolitischen Investitionszulage von 7 1/2 % weiter gewährte regionalpolitische Investitionszulage zu einer mindestens doppelt so hohen Begünstigung der strukturschwächeren Gebiete kumuliert hat. Eine weitergehende Differenzierung hätte die Bundesregierung allerdings aus gesamtwirtschaftlichen Gründen für nicht vertretbar gehalten. Zu Frage B 29: Mittel aus dem EG-Regionalfonds fließen der Bundesrepublik Deutschland als Erstattungen von Förderbeträgen zu, die — abgesehen vom Fall Berlin — von Bund und Ländern im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" in den Fördergebieten dieser Gemeinschaftsaufgabe (vgl. Rahmenplan BT-Drucksache 7/3601) aufgewendet worden sind. Dies entspricht der Empfehlung des Deutschen Bundestages vom 30. November 1973, wonach der Einsatz dieser Mittel die Ziele der Gemeinschaftsaufgabe nicht beeinträchtigen darf (BT-Drucksache 7/1391). Der von der Bundesregierung beim Bundestag eingebrachte Entwurf des Haushalts 1976 enthält keine haushaltsmäßige Regelung, wonach die Ausgaben für die Gemeinschaftsaufgabe um die im Haushaltsjahr 1976 eingehenden Erstattungen des EG-Regionalfonds aufgestockt werden sollen. Die Bundesregierung geht dabei von folgenden Überlegungen aus: Die Mittel des EG-Regionalfonds werden bereits für zusätzliche regionale Maßnahmen in der Bundesrepublik verwendet; die Gemeinschaftsaufgabemittel wurden 1975 und 1976 um 56 Millionen DM erhöht, 1975 bis 1977 wurden außerdem 210 Millionen DM für das regionale VW-Sonderprogramm bereitgestellt. Diese zusätzlichen Ausgaben sind in den Rahmenplänen der Gemeinschaftsaufgabe ausgewiesen. Sie sind zwar nicht ausschließlich durch die erwarteten Rückflüsse aus dem EG-Regionalfonds motiviert, der für seine Laufzeit von 1975 bis 1977 rd. 300 Millionen DM für die Bundesrepublik bereitstellen kann. Für die Haushaltsjahre 1975 und 1976 war und ist jedoch eine Änderung der haushaltsmäßigen Behandlung der Erstattungen im Hinblick auf die bereits beschlossenen Erhöhungen der Mittel für die regionale Wirtschaftsförderung und die angespannte Haushaltslage nicht ratsam. Der Mitteleinsatz im Rahmen der zusätzlichen regionalpolitischen Anstrengungen wird voraussichtlich den Betrag der Erstattungen aus dem EG-Regionalfonds, die in den Jahren 1975 und 1976 tatsächlich zu erwarten sind, nicht unwesentlich übersteigen (vgl. hierzu meine schriftliche Antwort an den Abgeordneten Torsten Wolfgramm vom 24. September 1975 — Protokoll der 187. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 25. September 1975, Seite 13181). Für 1977 wird die Frage der haushaltsmäßigen Behandlung der Rückflüsse aus dem EG-Regionalfonds erneut von der Bundesregierung beraten und letztlich vom Deutschen Bundestag anläßlich der Beschlußfassung über das Haushaltsgesetz und den Haushaltsplan entschieden werden. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Tillmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 30 und 31) : Hält die Bundesregierung die in der Drucksache 7/3840 aufgeführte Zusammenstellung der Hauptzielgebiete des Fremdenverkehrs im Inland noch für zeitgemäß, insbesondere, da sich seit Anfang der sechziger Jahre Schwerpunkte und Inhalte der Hauptzielgebiete wesentlich geändert haben dürften, und ist sie insoweit bereit, eine neue Konzeption der Hauptzielgebiete unter besonderer Berücksichtigung von Reisegebieten und Erholungsgebieten vorzulegen? Sieht die Bundesregierung bei der Aufstellung der Hauptzielgebiete des Fremdenverkehrs die Notwendigkeit einer Abgrenzung von Reisegebieten, Erholungsgebieten und Naherholungsgebieten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Voraussetzungen, und wird sie dabei die Notwendigkeit berücksichtigen, im Rahmen der Einteilung der Hauptzielgebiete des Fremdenverkehrs z. B. den Bereich des Sauerlandes gesondert als selbständiges Hauptzielgebiet auszuweisen, da es von der Bedeutung her mit Kurhessen-Waldeck kaum vergleichbar sein dürfte? Zu Frage B 30: In ihrer fremdenverkehrspolitischen Konzeption — Drucksache 7/3840 — hat die Bundesregierung Zielgebiete des Tourismus in der Bundesrepublik aufgeführt, die derzeit eine besondere Bedeutung haben. Sie stützt sich dabei auf gemeinsame statistische Erkenntnisse des Bundes und der Länder. Die beispielhafte Aufzählung der Hauptzielgebiete gibt die von den Statistischen Ämtern gemeinsam gefundene Gliederung für die Mikrozensuserhebungen wieder. Irgendeine Wertung der einzelnen Fremdenverkehrsgebiete ist damit weder verbunden noch beabsichtigt. Zu Frage B 31: Die Bundesregierung strebt in enger Zusammenarbeit mit den Ländern an, eine Übersicht über alle Gebiete zu schaffen, die für den Urlaubs- und den Naherholungstourismus von besonderer Bedeutung sind. Sie beabsichtigt aber nicht, diese fremdenverkehrsrelevanten Gebiete wertend in Hauptzielgebiete des Fremdenverkehrs und andere einzuteilen. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14779e Die spezifischen Eigenarten der einzelnen Fremdenverkehrsgebiete, durch die sie sich voneinander — auch bei räumlicher Nachbarschaft — unterscheiden, werden in der Übersicht ihren Niederschlag finden müssen. Dabei wird auch das Saarland, seiner Bedeutung im Fremdenverkehr entsprechend, darzustellen sein. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 32) : Kann die Bundesregierung jetzt schon zu den Aussagen des Gutachtens des US-Wissenschaftlers und Nobelpreisträgers Prof. Lederberg Stellung nehmen, und welche Konsequenzen wären daraus für die zukünftige Energiepolitik abzuleiten? Die Pressemeldungen über ein Gutachten des amerikanischen Genetikers und Nobelpreisträgers Professor J. Lederberg über genetische Schäden in Höhe von jährlich 10 Milliarden Dollar durch die friedliche Nutzung der Kernenergie in den USA basieren auf einer Pressemitteilung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein, in der auf einen Satz aus einem im Januar 1972 gehaltenen Vortrag der beiden österreichischen Kernenergiekritiker P. Weish und E. Gruber Bezug genommen wird. Dieser Vortrag ist im Jahr 1973 in erweiterter Form als Broschüre unter dem Titel „Atomenergie und Umweltsituation" erschienen. Die beiden Autoren beziehen sich ihrerseits darin auf einen Zeitungsartikel der Washington Post vom Juli 1970, also auf eine mehr als 5 Jahre zurückliegende Meldung. Aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Professor Lederberg aus den Jahren 1971 und 1972 im Bulletin of the Atomic Scientists ergibt sich, daß er die jährlichen genetischen Schäden bei einer Strahlenbelastung von Millirem/Jahr auf 4 Cents pro Person schätzt. Die zusätzliche genetische Strahlenbelastung der Bevölkerung in der unmittelbaren Umgebung (0-3 km) von Kernkraftwerken durch die Abluft dieser Kraftwerke liegt jedoch unter 0,01 Millirem/Jahr, was nach den Schätzungen von Professor Lederberg jährlichen genetischen Schäden von weniger als 0,04 Cents pro Person entsprechen würde. Wie die beiden österreichischen Kernenergiekritiker daraus einen Betrag von jährlich 10 Milliarden Dollar errechnet haben, ist unerklärlich. Der genannten zusätzlichen Strahlenbelastung von weniger als 0,01 Millirem/Jahr ist außerdem nur ein sehr kleiner Bruchteil — sehr viel weniger als 1 Prozent — der 200 Millionen Einwohner der USA ausgesetzt. Im übrigen haben die beiden Autoren in ihrem 1975 erschienenen Buch „Radioaktivität und Umwelt" Professor Lederberg nicht mehr zitiert. Zum Vergleich sei noch erwähnt, daß die natürliche Strahlenbelastung der Bevölkerung der Bundesrepublik im Mittel etwa 110 Millirem/Jahr beträgt, die zusätzliche Strahlenbelastung durch Röntgendiagnostik nach Schätzungen des Bundesgesundheitsamtes im Mittel etwa 50 Millirem/Jahr. Die zusätzliche Strahlenbelastung der Bevölkerung in der unmittelbaren Umgebung von Kernkraftwerken beträgt also weniger als ein Tausendstel der mittleren Strahlenbelastung durch Röntgendiagnostik. Die Bundesregierung sieht unter diesen Umständen keinen Anlaß, unmittelbar Konsequenzen für die zukünftige Energiepolitik zu ziehen, zumal Professor Lederberg in seinen Veröffentlichungen erwähnt, daß die Gesundheitsschäden durch Kraftwerke, die mit fossilen Brennstoffen — also Kohle, 01 oder Erdgas — betrieben werden, wahrscheinlich höher liegen. — Allerdings ist die Bundesregierung stets bestrebt, die Strahlenbelastung der Bevölkerung aufmerksam zu beobachten, damit hinsichtlich der Energiepolitik rechtzeitig die erforderlichen Schlußfolgerungen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zwischen Mittel und Zweck gezogen werden können. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Zeyer (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 33, 34, 35 und 36) : Wie beurteilt die Bundesregierung im Hinblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung im Saarland die Einflüsse aus dem wirtschaftlichen Gefälle, das sich im Saarland aus den beiderseits der Grenze verschiedenen Wirtschafts-, Sozial- und Rechtssystemen sowie aus den Unterschieden in der Wirtschafts- und Ausrüstungsstruktur ergibt? Ist die Bundesregierung der Meinung, daß die hohe Arbeitslosigkeit im Saarland (6,7 % im November 1975) zu einem erheblichen Teil auf die geographische Situation dieses Landes an der Grenze und auf strukturelle Schwächen zurückzuführen ist, die sich durch das politische Schicksal dieses Grenzlandes und die noch nicht abgeschlossenen Veränderungen im Montan- und insbesondere im Energiebereich ergeben haben? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß trotz dieser permanenten strukturellen Arbeitslosigkeit und der in der gegenwärtigen Konjunkturphase bestätigten Gefahr des Arbeitsplatzentgangs, die zusammengefaßten Ergebnisse der Neuabgrenzungsgutachten für die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur zu einem Ergebnis kommen, das diese Situation außer acht läßt, und ist die Bundesregierung bereit, diese Schwächen der Abgrenzungsmethode bei neuen Abgrenzungsuntersuchungen sowie in der Erfolgskontrolle zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" zu berücksichtigen und in den zuständigen Gremien zu vertreten? Wie gedenkt die Bundesregierung darüber hinaus, durch Hilfen zur Verbesserung der saarländischen Wirtschaftsstruktur die negativen Einflüsse besonders zu berücksichtigen, die aus dem wirtschaftlichen Gefälle resultieren, das sich im Saarland aus dem Unterschied in der Wirtschaft und Ausrüstungsstruktur beiderseits der saarländischen und französischen Grenze ergibt? Zu Frage B 33: Die Bundesregierung ist auch weiterhin bereit, die wirtschaftliche Entwicklung im Saarland durch wirksame regionalpolitische Maßnahmen zu unterstützen. Diese Bereitschaft gründet sich jedoch nicht auf ein in Ihrer Frage angesprochenes wirtschaftliches Gefälle wegen der Grenzlage, sondern auf Strukturprobleme, auf die in Beantwortung Ihrer Frage Nr. 34 noch einzugehen ist. Von einem wirtschaftlichen Gefälle zuungunsten des Saarlandes kann angesichts der Tatsache, daß immer noch mehr als 10 000 Grenzgänger aus Frankreich im Saarland einen Arbeitsplatz finden, kaum gesprochen werden. 14780* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Zu Frage B 34: Die Bundesregierung ist sich der Nachteile bewußt, die sich in der Vergangenheit für das Saarland aus seiner Grenzlage ergeben haben und die sich z. T. auch heute noch auswirken. Sie ist bereit, zweckdienliche Bemühungen der Saarregierung zu unterstützen, den Standort Saar im Zentrum der Europäischen Gemeinschaft für die Ansiedlung neuer Industrien attraktiv zu machen. Nach wie vor erscheint zur Auflockerung der einseitig von Kohle und Stahl geprägten Wirtschaftsstruktur die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Saarland als ein wichtiges Ziel, das Bund und Land im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" verfolgen. Zu Frage B 35: Die Bundesregierung hält eine grundsätzliche Änderung der Abgrenzungsmethode, mit der die Förderungsgebiete der Gemeinschaftsaufgabe ab 4. Rahmenplan neu bestimmt wurden, nicht für erforderlich. Zwar wird der methodische Ansatz ständig überprüft und für die Einführung einer systematischen Erfolgskontrolle weiterentwickelt. Man kann jedoch davon ausgehen, daß auch künftig Arbeitsplätze und Einkommenskriterien, so wie sie bei der Auswahl der derzeitigen Fördergebiete Verwendung fanden, herangezogen werden müssen. Es ist zutreffend, daß bei einer bundeseinheitlichen Anwendung dieser Kriterien die besonderen Strukturprobleme des Saarlandes zunächst nicht zum Ausdruck kommen. Dennoch hat auch die Bundesregierung vorgeschlagen, das gesamte Saarland als Fördergebiet anzuerkennen, und die Zustimmung des Planungsausschusses der Gemeinschaftsaufgabe hierfür erwirkt. Zu Frage B 36: Hinsichtlich des von Ihnen angenommenen wirtschaftlichen Gefälles darf ich auf meine Antwort zu Ihrer Frage Nr. 33 verweisen. Im übrigen räumt die Bundesregierung der Verbesserung der saarländischen Wirtschaftsstruktur bereits heute eine hohe Priorität ein. Wenn im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe das Saarland an den verfügbaren Haushaltsmitteln mit 84 Millionen DM beteiligt ist, so entspricht fast dem dreifachen Pro-Kopf-Betrag, bezogen auf den Durchschnitt in der Gemeinschaftsaufgabe. Sie werden verstehen, daß die Bundesregierung angesichts dieser überproportionalen Begünstigung bereits Schwierigkeiten hatte, dafür im Planungsausschuß von Vertretern anderer Länder Zustimmung zu finden. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 37 und 38) : Welche Möglichkeiten der Unterstützung der regionalen Wirtschaftsstruktur sieht die Bundesregierung im Bereich des Verkehrswesens der Strukturpolitik usw. für die Landkreise Wetzlar und Dillkreis, die einerseits nicht Bundesförderungsgebiet sind, andererseits jedoch eine überdurchschnittliche Arbeitslosenzahl aufweisen und von dem Abzug öffentlicher Dienstleistungen im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreform besonders betroffen sind? Welche Bundesinvestitionsmittel bzw. andere Förderungsmittel in den Bereichen Verkehr, Bundespost, Wohnungs- und Städtebau usw. sind im Jahr 1975 in die Landkreise Wetzlar und Dillkreis geflossen und in welcher Höhe kann für das Jahr 1976 mit derartigen Zuwendungen gerechnet werden? Zu Frage B 37: Die Förderungsmaßnahmen der Bundesregierung zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur und zur Verminderung der Arbeitslosigkeit in dem Landkreis Wetzlar und im Dillkreis, die nicht zu den Fördergebieten der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" gehören, basieren auf den Konjunktur-Sonderprogrammen der beiden Jahre 1974 und 1975. So wurden im Rahmen des Einmaligen Sonderprogramms für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen im Landkreis Wetzlar zwei Investitionsvorhaben mit einem Investitionsvolumen von 2,8 Millionen DM durch einen Bundeszuschuß von 1,1 Millionen DM gefördert. Hierbei handelte es sich um ein Investitionsvorhaben zur Abwasserbeseitigung und um ein Investitionsvorhaben zur Verbesserung des Wohn- und Freizeitwertes. Aus Mitteln des Programms zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung wurden 5 Investitionsvorhaben mit einer Gesamtinvestitionssumme von rd. 11,2 Millionen DM mit einem Zuschuß von 6 630 000 DM, der je zur Hälfte von Bund und Land getragen wird, unterstützt. Hierbei handelt es sich um eine Werkstatt für Behinderte mit Wohnheim, ein Altenzentrum und drei Kindergärten. Im Rahmen des Programms zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen — 1. Infrastrukturprogramm 1975 — wurden 4 Investitionsmaßnahmen mit einer Investitionssumme von 5,7 Millionen DM mit Zuschüssen in Höhe von 2 950 000 DM, mit einem zinsgünstigen ERP-Kredit von 700 000 DM und mit Krediten der Kreditanstalt für Wiederaufbau von 440 000 DM gefördert. Die Zuschüsse werden je zur Hälfte von Bund und Land aufgebracht. Bei den geförderten Vorhaben handelt es sich um zwei Maßnahmen auf dem Gebiet der Abwasserbeseitigung, ein Vorhaben auf dem Gebiet der Energieversorgung und ein Vorhaben des Fremdenverkehrs. Im Dillkreis wurden im Rahmen des Programms zur Stärkung von Bau und anderen Investitionen — 1. Infrastrukturprogramm 1975 — 2. Investitionsmaßnahmen mit einer Gesamtinvestitionssumme von 762 000 DM durch Investitionszuschüsse von 490 000 DM und mit einem Kredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau von 26 000 DM gefördert. Bei den geförderten Maßnahmen handelt es sich um eine Sportanlage und um eine Kommunalstraße. Zu Frage B 38: In die beiden Landkreise Wetzlar und Dillkreis sind aus den von Ihnen angesprochenen Geschäftsbereichen folgende Bundesmittel geflossen bzw. sind für das Rechnungsjahr 1976 vorgesehen: 1. Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Finanzhilfen des Bundes nach § 72 Städtebauförderungsgesetz Ort der Sanierungsmaßnahme Programmjahre Dillenburg 1976 200 000 DM (Dillkreis) 1975 200 000 DM Herborn 1976 200 000 DM (Dillkreis) 1975 300 000 DM Wetzlar 1975 700 000 DM 1976 700 000 DM Bundesmittel im Rahmen des Sonderprogramms Stadtsanierung 1975 Ort des Vorhabens Bundeszuschuß Darlehen der KW Haiger (Dillkreis) 55 000 DM 30 000 DM Herborn (Dillkreis) 405 000 DM 233 000 DM Wetzlar 450 000 DM 260 000 DM Die Bundesmittel zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus werden den Bundesländern global zur Verfügung gestellt; eine Aufschlüsselung nach Landkreisen ist nicht möglich. 2. Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen Die Deutsche Bundespost hat im Rechnungsjahr 1975 in den Landkreisen Wetzlar und Dillkreis für Baumaßnahmen des Post- und Fernmeldewesens sowie für fernmeldetechnische, haustechnische und postbetriebstechnische Einrichtungen insgesamt rd. 20,6 Millionen DM investiert. Für das Rechnungsjahr 1976 ist mit einem Investitionsvolumen von etwa 25,8 Millionen DM zu rechnen. Welcher Anteil aus dem Investitionshaushalt der Deutschen Bundespost in Form von Aufträgen der zahlreichen Bundespostvergabestellen an Firmen in den Landkreisen Wetzlar und Dillkreis geflossen ist, kann nicht angegeben werden, weil die Auftragsstatistik der Deutschen Bundespost keine Aufteilung nach Landkreisen enthält. 3. Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Für den Straßenbau in den beiden Kreisen Wetzlar und Dillkreis sind im Jahr 1975 folgende Bundesmittel verwendet worden bzw. sollen im Jahr 1976 bereitgestellt werden: Kreis Wetzlar Dillkreis Investitionen 1975 1976 1975 1976 in Millionen DM BAB-Neubau 5,6 3,0 - - Bundesstraßen 2,4 2,5 13,6 11,8 Unterhaltung der Bundesstraßen und BAB-Betriebsstrecken 1,8 2,2 1,5 1,8 Finanzhilfen (GVFG-Kap. 1218) 3,5 6,5 4,2 4,5 Die Angaben für das Rechnungsjahr 1976 stehen unter dem Vorbehalt des Inkrafttretens des Bundeshaushalts 1976. Die Mittel aus den Finanzhilfen des Bundes (GVFG-Kap. 1218) sind noch abhängig von den zu erwartenden Anträgen der Gemeinden und Kreise. Für Baumaßnahmen zur Unterhaltung der Wasserstraße Lahn sind im Kreis Wetzlar im Jahr 1975 400 000 DM Bundesmittel eingesetzt worden; für das Rechnungsjahr 1976 sind 430 000 DM vorgesehen. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Vogt (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 39 und 40) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die momentane Lage der deutschen Feinstrumpfindustrie, in deren Bereich die Arbeitsplätze um rund zwei Drittel zurückgegangen sind, Besorgnis erregend ist, und daß dieser Rückgang auf die hohen Importe aus der DDR und aus Italien zurückzuführen ist? Wie wird sich die Bundesregierung bei der Anhörung der europäischen Regierungen zu dem Bericht über die Lage der europäischen Feinstrumpfindustrie verhalten? Bei stagnierendem Verbrauch an Feinstrümpfen und Feinstrumpfhosen in der Bundesrepublik Deutschland ist die inländische Produktion von 663,5 Millionen Paar (1971) auf 514,4 Millionen Paar (1974), mithin um 22,5 % zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum haben die Bezüge auf der DDR von 34,6 Millionen Paar (1971) auf 53,9 Millionen Paar (1974) um 55,8 % und die Importe aus Italien von 68,9 Millionen Paar (1971) auf 108,7 Millionen Paar (1974) um 57,8 % zugenommen. Damit ist der Anteil der Bezüge aus der DDR und der Import aus Italien zusammengenommen an der Marktversorgung von 14,05 % (1971) auf 22,52 % (1974) gestiegen. Andererseits ging der Export der Bundesrepublik Deutschland an Feinstrumpfhosen von 79,6 Millionen Paar (1971) auf 68,7 Millionen Paar (1974) um 13,7 5 zurück. Die Zahl der Arbeitskräfte nahm von 23 800 (1971) auf 12 400 (1974) um 47,9 % (seit 1970 um rund 2/3) ab. Wegen dieser besorgniserregenden Entwicklung hat die Bundesregierung eine Kontingentierung der Bezüge aus der DDR auf 46 Millionen Paar jeweils für 1975 und 1976 vorgenommen. Zu der im Auftrage der EG-Kommission von dem Genfer Capelin-Institut erstellten Studie über die Lage der europäischen Feinstrumpfindustrie hat bereits am 17. Dezember 1975 eine Sitzung der Regierungssachverständigen bei der EG-Kommission stattgefunden. Die deutsche Delegation hat dabei nachdrücklich auf Wettbewerbsverfälschungen im Bereich der italienischen Strumpfhosenindustrie hingewiesen, die durch Vergünstigungen mit Beihilfecharakter hervorgerufen werden. Die Kommission hat eine Prüfung des Beihilfeproblems zugesagt. Da diese Prüfung vermutlich längere Zeit in Anspruch nehmen wird, wird zwischenzeitlich eine bilaterale Erörterung und Regelung dieses Problems angestrebt. Herr Staatssekretär Dr. Rohwedder hat den italieni- 1 472T Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 schen Botschafter in Bonn darauf hingewiesen, daß wir nicht bereit sind, die Wettbewerbsverzerrungen, die zu einer Gefährdung der Branche und der entsprechenden Arbeitsplätze führen, länger hinzunehmen. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 41) : Wie werden Importe (Lieferungen) aus der „DDR" bezüglich der Möbelimporte ab 1. Januar 1976 verrechnet? Nach den Regeln des Berliner Abkommens werden Zahlungen für Warenlieferungen im Rahmen des innerdeutschen Handels über zentral geführte Verrechnungskonten abgewickelt. Um dieses bilaterale Verrechnungssystem in seiner Funktionsfähigkeit zu schützen, sind Einfuhren von DDR-Waren über dritte Länder nur in einem eng begrenzten Umfang möglich. Das bedeutet: Genehmigungen können nur im Rahmen eines Kontingents von jährlich 10 Millionen DM erteilt werden und die Anträge eines Beziehers dürfen insgesamt 5 v. H. des Kontingents nicht übersteigen. Ferner erfaßt das Kontingent nur Waren, die im innerdeutschen Handel ohne Beschränkungen bezogen werden können. Verstöße gegen diese Regelungen des innerdeutschen Verrechnungsverkehrs durch Umgehungsgeschäfte werden nicht hingenommen. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Carstens (Emstek) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 42 und 43) : Ist die Bundesregierung bereit, von der Ausnahmeregelung gemäß Artikel 3 Abs. 2 der EG-Richtlinie für Höchstgehalte an unerwünschten Stoffen in Futtermitteln so lange keinen Gebrauch zu machen, bis in allen EG-Partnerländern wirksame Kontrollen gewährleistet sowie einheitliche Analysenmethoden verbindlich vorgeschrieben sind und erst dann die Abgabe von Einzelfuttermitteln mit überhöhten Schadstoffgehalten an „anerkannte Hersteller" in Erwägung zu ziehen? Welche bestimmten Voraussetzungen sind nach Meinung des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nötig, um — unter Berücksichtigung der Kontrollierbarkeit der Verwendung und des Gesundheitsschutzes — die Abgabe von Einzelfuttermittel mit überhöhten Schadstoffgehalten an „anerkannte Hersteller", die auch landwirtschaftliche Betriebe sein können, zuzulassen? Zu Frage B 42: Die zum Entwurf einer Futtermittelverordnung, die auf Grund des neuen Futtermittelgesetzes vom 2. Juli 1975 zu erlassen ist, von mir gehörten Wirtschaftsverbände sind fast einhellig der Auffassung, daß es unerläßlich ist, Einzelfuttermittel, die unter Artikel 3 Abs. 2 der genannten Richtlinie fallen, künftig nur zur Abgabe an „anerkannte Hersteller" von Mischfuttermitteln zuzulassen. Diese Forderung ist m. E. mit den Zielen des Futtermittelgesetzes vom 2. Juli 1975 hinsichtlich des Gesundheits- und Verbraucherschutzes vereinbar und aus wirtschafts- und handelspolitischen Gründen erforderlich. Bekanntlich dürfen nach dem derzeitigen Recht bereits solche Einzelfuttermittel an alle Tierhalter abgegeben werden; Voraussetzung ist lediglich, daß im Verkehr die Gehalte an Schadstoffen angegeben sind. Die vorgesehene Regelung dient in erster Linie dem Schutz der einheimischen Landwirtschaft und mittelbar auch dem Schutz des Verbrauchers von Lebensmitteln tierischen Ursprungs; sie hat m. E. nichts mit dem Fehlen bestimmter einheitlicher Analysemethoden und den Kontrollen in anderen Mitgliedstaaten der EWG zu tun. Ob allerdings diese Regelung so getroffen wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend gesagt werden, da zum Entwurf der neuen Futtermittelverordnung bisher eine Abstimmung mit den beteiligten Ressorts noch nicht erfolgt ist und diese Verordnung der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Zu Frage B 43: Die mir von den Bundesländern und anderen Institutionen gemachten Vorschläge, unter welchen Voraussetzungen die amtliche Anerkennung von Herstellerbetrieben ausgesprochen bzw. versagt werden soll, sind noch nicht mit den Bundesländern und den beteiligten Ressorts erörtert und abgestimmt worden, so daß es verfrüht ist, hierzu eine abschließende Meinung zu äußern. Grundsätzlich ist aber zu fordern, daß der Betriebsinhaber oder der für Herstellung Verantwortliche zumindest die erforderliche Zuverlässigkeit und Sachkenntnis haben muß. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 44) : Wird die Bundesregierung Schritte zur Schaffung einer internationalen Charta des Tierschutzes einleiten, und sind bereits in anderen Ländern ernsthafte Überlegungen im Gange? Schritte zur Schaffung einer internationalen Charta des Tierschutzes, zunächst in Form von „Europäischen Übereinkommen", sind bereits seit einiger Zeit durch den Europarat Straßburg eingeleitet worden. Die Bundesregierung unterstützt diese Bestrebungen zur Schaffung einer Europäischen Tierschutzkonvention gemäß dem Ersuchen des Deutschen Bundestages vom 2. Juli 1969 (BT-Drucksache V/4422) mit besonderem Nachdruck. Sie hat an den Arbeiten des Regierungssachverständigenausschusses „Tierschutz" des Europarates maßgeblichen Anteil. Neben dem grundsätzlichen ethischen Aspekt des Schutzes des Tieres vor vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden im euro- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14783` päischen Rahmen gelten die Bemühungen der Bundesregierung hier nicht zuletzt auch der Begegnung der Gefahr unvertretbarer Wettbewerbsverzerrungen im Bereich der tierischen Erzeugung auf Grund ausschließlich nationaler tierschutzrechtlicher Beschränkungen. In diesem Sinne ist die Bundesregierung im Juli vergangenen Jahres durch die Einbringung eines Memorandums zur Harmonisierung tierschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Haltung von Nutztieren in neuzeitlichen Haltungssystemen innerhalb der EG (Dok. R 1945/75 Agri 537 vom 16. Juli 1975 — s. Anlage) auch beim Rat der Europäischen Gemeinschaften (EG) initativ geworden. Die Überlegungen der Kommission der EG zielen — wie inzwischen deutlich erkennbar — darauf ab, daß die Gemeinschaft als solche den bereits vorliegenden wie den anstehenden Tierschutz-Übereinkommen des Europarates beitritt. Damit besteht begründete Hoffnung, daß die dringend erforderliche Tierschutzrechtsharmonisierung vordringlich in den Mitgliedstaaten der EG in Gang kommt. Aus dem Verlauf der Beratungen dieser Materie in Straßburg und Brüssel ist ersichtlich, daß die Regierungen der anderen Mitgliedstaaten des Europarates bzw. der EG diese Entwicklung lebhaft begrüßen. Auf Ziffer 5 der Antwort der Bundesregierung (Drucksache 7/1666) betreffend Kleine Anfrage der Abgeordneten Gallus, Dr. Schmidt (Gellersen), Saxowski, Lemp, Frau Dr. Riedel-Martiny, Ronneburger und Genossen (Drucksache 7/1533) vom 12. Februar 1974 erlaube ich mir, in diesem Zusammenhang hinzuweisen. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Saxowski (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 45) : Wann legt die Bundesregierung entsprechend der Empfehlung des Ernährungsausschusses (Drucksache 7/3648), der sich der Deutsche Bundestag durch seinen Beschluß vom 5. Juni 1975 angeschlossen hat, Vorschläge zur Förderung von Sondermaßnahmen für junge Betriebsinhaber vor? Entsprechend dem Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat der Deutsche Bundestag mit Beschluß vom 5. Juni 1975 die Bundesregierung ersucht, bei den Verhandlungen in Brüssel dem Vorschlag der EG-Kommission über eine Sonderbeihilfe für junge Betriebsinhaber, die sich seit weniger als fünf Jahren niedergelassen haben und einen Entwicklungsplan durchführen, nicht zuzustimmen. Die Bundesregierung hat diesem Beschluß bei allen Beratungen Rechnung getragen. Eine Entscheidung über den Vorschlag der EG-Kommission hat der Ministerrat bisher noch nicht getroffen. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, Vorschläge für nationale Sondermaßnahmen zugunsten junger landwirtschaftlicher Betriebsinhaber vorzulegen; sie hält derartige Maßnahmen z. Zt. nicht für erforderlich. Die im Bericht des Abgeordneten Lemp wiedergegebenen Überlegungen des Ernährungsausschusses (Drucksache 7/3648), Maßnahmen zugunsten junger Betriebsinhaber gegebenenfalls im nationalen Rahmen durchzuführen, beinhalten nach Auffassung der Bundesregierung noch keine Empfehlung, in dieser Richtung tätig zu werden. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 46) : Wieviel nationale Mittel stellt die Bundesregierung für Agrarmarktstützungsmaßnahmen 1976 zur Verfügung, die mit den FORMA-Maßnahmen vergleichbar wären, und sieht die Bundesregierung den hohen Staatszuschuß für die FORMA in Frankreich von 570 Millionen DM als Wettbewerbsverzerrung in der EG an? In Frankreich verwirklicht der FORMA mit den von ihm verwalteten Mitteln einen Teil der französischen Agrarmarktstützung. Wegen der grundlegend verschiedenen Struktur von Planung und Finanzierung derartiger Maßnahmen in Deutschland und Frankreich ist ein direkter Vergleich bestimmter Teilaspekte schwierig und hat — wie die bisherige Praxis gezeigt hat — keine konkrete Aussagekraft. Für einen derartigen Vergleich wäre vielmehr eine vollständige Gegenüberstellung der gesamten Agrarmarktstützung mit allen finanziellen und wirtschaftlichen Implikationen notwendig. Die Bundesregierung erwartet deshalb erste Ansätze für einen Vergleich der nationalen Agrarmarktstützungen in den einzelnen Mitgliedstaaten von der Veröffentlichung der nationalen Beihilfeinventare durch die Kommission der EG. Gleiches gilt für die Staatszuschüsse an den FORMA. Hierbei ist zusätzlich zu berücksichtigen, daß diese Zuschüsse weitgehend zur Durchführung von Gemeinschaftsrecht bestimmt und zum Teil beim EAGFL damit erstattungsfähig sind. Aus der Höhe der in der Frage erwähnten Zuschüsse für national zu finanzierende Maßnahmen läßt sich daher noch keine Schlußfolgerung über den Umfang möglicher Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des gemeinsamen Agrarmarktes herleiten. Auch zu dieser Frage wird nach Auffassung der Bundesregierung die vorgenannte Veröffentlichung der nationalen Beihilfeinventare durch die Kommission der EG erste Klärungen erbringen. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 47) : 14784* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Kann die Bundesregierung die Betriebsaufgabe von über 40 Kutterfischereibetrieben allein an der schleswig-holsteinischen Ostküste bestätigen, welches sind die Ursachen und möglichen Auswirkungen auf die Vermarktungsunternehmen und die langfristige Versorgung der Verbraucher mit Frischfisch? Die von Ihnen genannte Zahl von über 40 Betriebsaufgaben in der Kutterfischerei an der Ostseeküste kann nicht bestätigt werden. Da von Ihnen kein Zeitraum angegeben worden ist, gehe ich davon aus, daß sich diese Angabe auf das Jahr 1975 bezieht. Nach Ermittlungen des Landes Schleswig-Holstein sind in 1975 insgesamt 24 Kutter aus der Fischerei ausgeschieden. In dieser Zahl sind bereits 5 Kutterbetriebe enthalten, die nicht mehr überwiegend in der Fischerei tätig gewesen sind; zwei weitere Betriebseinstellungen erfolgen aus Krankheitsgründen. Die Ursache für die Aufgabe der übrigen 17 Kutterbetriebe dürfte im wesentlichen in der allgemeinen schwierigen Absatzsituation des Jahres 1975 liegen, von der bekanntlich die gesamte Kleine Hochsee- und Küstenfischerei betroffen worden ist. Die ganz erheblichen Erlöseinbußen konnten trotz umfangreicher Hilfen des Bundes (Marktstabilisierungsmaßnahmen und sog. besondere Strukturmaßnahmen zur Minderung der Kostensteigerungen) von einer Reihe von Betrieben nicht mehr aufgefangen werden. Nach ersten Feststellungen handelte es sich vornehmlich um solche Betriebe, die an der unteren Grenze der Leistungsfähigkeit stehen, aber auch gesunde Betriebe sind in Mitleidenschaft gezogen worden. Bei der Beurteilung der Anzahl der Betriebsausscheidungen muß im übrigen darauf hingewiesen werden, daß die Kleine Hochsee- und Küstenfischerei seit vielen Jahren einem ständigen Schrumpfungsprozeß unterliegt. So waren beispielsweise seit 1970 an der Ostseeküste jährliche Abgänge in der Größenordnung zwischen 5 und 32 zu verzeichnen. Die begrenzte Anzahl von Betriebsaufgaben im abgelaufenen Jahr unterstreicht die Notwendigkeit und die Wirksamkeit der vom Bund getroffenen Hilfsmaßnahmen für die Kutterfischerei. Wesentliche Auswirkungen auf die Vermarktungsunternehmen und die langfristige Versorgung der Verbraucher mit Frischfisch sind vom Ausscheiden der genannten 17 Betriebe nicht zu erwarten. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pieroth (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 48 und 49) : Trifft es zu, daß Landwirten, die die Fristen für eine Beitragsnachentrichtung nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte (GAL) versäumt haben, zwar die Möglichkeit eingeräumt wird, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis Ende dieses Jahres nachzuentrichten, ihnen jedoch dann bereits nach dem GAL bestehenden Beitragszeiten selbst unter Verzicht auf die Rechte aus dem GAL nicht anerkannt werden? Hält die Bundesregierung diese Regelung gegebenenfalls für sachlich gerechtfertigt, oder denkt sie an eine gesetzliche Änderung? Selbständige Landwirte, die für mindestens 60 Kalendermonate Beiträge zur Altershilfe entrichtet haben, können grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit erklären, daß sie die Entrichtung von Beiträgen zur Altershilfe für Landwirte fortsetzen wollen; sie müssen dann gegebenenfalls rückständige Beiträge nachzahlen. Wer diese Überlegungsfrist trotz der Aufklärung durch die landwirtschaftlichen Alterskassen verstreichen läßt, gibt zu erkennen, daß er seine soziale Sicherung in diesem System nicht fortsetzen will. Die in diesem Versicherungssystem zurückgelegten Beitragszeiten können im Rahmen der Nachentrichtungsmöglichkeit nach dem Rentenreformgesetz keine Bedeutung mehr erlangen. Unabhängig von dieser Nachentrichtungsmöglichkeit gibt es jedoch für Landwirte ein besonderes Nachentrichtungsrecht. Wer aus der Landwirtschaft ausscheidet und eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aufnimmt, kann für die Zeit seiner landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis 1956 zurück nachentrichten. Zu der Nachentrichtung gewährt der Bund einen Zuschuß bis zu 70 v. H. In diesem Falle scheidet der Betroffene aus der Altershilfe grundsätzlich aus. Die zur Alterskasse gezahlten Beiträge werden ihm erstattet und stehen für die Nachentrichtung zur Verfügung. Wenn sich der ehemalige Landwirt weder für die Weiterversicherung noch für die Nachentrichtung entscheidet, würde eine Beitragserstattung möglich sein, wenn der ehemalige Landwirt bereits für 180 Kalendermonate Beiträge an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt hat und daraus kein Anspruch auf Altersgeld erwachsen kann. Bei weniger als 180 Beitragsmonaten hat es der Gesetzgeber bei diesem zu mehr als 3/4 vom Bund finanzierten Sicherungssystem für sachgerecht angesehen, Beiträge nicht zu erstatten. Dabei ist zu bedenken, daß schon vom ersten Beitrag an die Altershilfe das Risiko für Rehabilitationsmaßnahmen und nach 60 Beitragsmonaten das Risiko der Gewährung eines vorzeitigen Altersgeldes trägt. Diese Regelungen werden dem berufsständischen Sicherungssystem der Altershilfe einerseits und den strukturellen Veränderungen im Bereich der Landwirtschaft andererseits gerecht. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wendt (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 50) : Ist es zutreffend, daß Schwerbehinderte derzeit ein befristetes Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung haben, und wenn ja, bis wann? Schwerbehinderte im Sinne des § 1 des Schwerbehindertengesetzes können auf Grund des neu in die Reichsversicherungsordnung eingefügten § 176 c der Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14785* gesetzlichen Krankenversicherung beitreten. Diese Vorschrift ist nicht befristet. Durch eine Übergangsregelung ist sichergestellt, daß die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum 30. Juni 1976 den Beitritt dieses Personenkreises nicht davon abhängig machen können, daß der Beitretende ein bestimmtes Lebensalter noch nicht erreicht hat. Nach diesem Zeitpunkt gilt auch für Schwerbehinderte die im Rahmen der Selbstverwaltung durch die Krankenkasse in ihrer Satzung festgesetzte Altersgrenze für den freiwilligen Beitritt. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 51 und 52) : Sind der Bundesregierung Überlegungen bekannt, die sogenannte kardiale Rehabilitation künftig ambulant am Wohnort des Versicherten durchzuführen? Hält die Bundesregierung es für zweckmäßig, daß Richtlinien über die ambulante kardiale Rehabilitation am Wohnort des Betroffenen ausgearbeitet und Modellversuche mit entsprechenden Behandlungszentren zunächst in Großstädten gestartet werden? Ich gehe davon aus, daß sich Ihre Frage auf die Behandlung von Herzinfarktpatienten nach Abschluß stationärer Heilbehandlungsmaßnahmen bezieht. Mir ist hierzu bekannt, daß in der ärztlichen Wissenschaft die weitere Entwicklung von stationär behandelten Herzinfarktpatienten, insbesondere bei der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben, beobachtet und verwertet wird. Dies geschieht im Rahmen von Forschungsstudien, über die dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung allerdings noch keine Ergebnisse vorliegen. Solange und soweit versicherte Herzinfarktpatienten nach Abschluß von stationären rehabilitativen Maßnahmen behandlungsbedürftig sind, haben sie Anspruch auf Leistungen der Krankenpflege, die insbesondere ärztliche Behandlung und Belastungserprobung umfaßt. Es ist in erster Linie Aufgabe der Selbstverwaltung von Kassenärzten und Krankenversicherungsträgern, die Frage zu prüfen, ob im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung Richtlinien über die Einführung neuer Heilmethoden sowie die Verordnungen von Maßnahmen zur Belastungserprobung erforderlich sind. Ich habe daher Ihre Frage zum Anlaß genommen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Verbände der Sozialversicherungsträger um eine Stellungnahme zu diesem Problem zu bitten. Nach deren Eingang werde ich auf Ihre Fragen noch einmal zurückkommen. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Blüm (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 53) : Sieht die Bundesregierung eine ungerechtfertigte Bereicherung der gesetzlichen Rentenversicherung darin, daß bei der Wiedereinzahlungen von Beiträgen weiblicher Versicherter, die anläßlich der Eheschließung erstattet wurden, der Arbeitgeberanteil nicht wiederauflebt, und beabsichtigt die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative zur Änderung dieses Zustands? Bei der früher möglichen Beitragserstattung an weibliche Versicherte anläßlich ihrer Heirat ist — ebenso wie bei der allgemeinen Beitragserstattung — nur die Hälfte der eingezahlten Beiträge zurückgezahlt worden, da die Rentenversicherung bis zu diesem Zeitpunkt das Versicherungsrisiko getragen hat. Wenn Frauen diese Beitragserstattung in Anspruch genommen haben, haben sie den Verlust ihrer Anwartschaften, auf den sie ausdrücklich hingewiesen worden sind, in Kauf genommen. Die Bundesregierung sieht deshalb in dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt keine ungerechtfertigte Bereicherung der gesetzlichen Rentenversicherung. Damit die betroffenen Frauen die durch die Beitragserstattung für ihre Alterssicherung entstandenen Nachteile ausgleichen oder mildern können, hat ihnen der Gesetzgeber im Dritten Rentenversicherungs-Änderungs-Gesetz die Möglichkeit zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge eingeräumt, die in mehrfacher Hinsicht günstiger ist als die im Rahmen des Rentenreformgesetzes geschaffenen Nachentrichtungsmöglichkeiten; so ist die Nachentrichtung z. B. auch für Zeiten vor dem 1. Januar 1956 möglich und nicht befristet. Ein Wiederaufleben der Arbeitgeberanteile würde in vielen Fällen zu Schwierigkeiten führen, weil die Versicherungsträger nur den Gesamtzeitraum, für den Beiträge erstattet wurden, und die erstattete Summe, nicht aber die Anzahl der erstatteten Beiträge und deren Höhe im einzelnen festgehalten haben. Die Kenntnis dieser Fakten wäre für eine Regelung des Wiederauflebens der Arbeitgeberanteile jedoch erforderlich. Angesichts der schon jetzt sehr günstigen Bewertung der nachentrichteten Beiträge sieht die Bundesregierung sich darüber hinaus auch nicht in der Lage, wegen des untergegangenen Arbeitgeberanteils eine weitere Verbesserung dieser Bewertung vorzuschlagen. Die aus einer solchen Regelung resultierenden Mehrbelastungen wären bei der gegenwärtigen Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung nicht tragbar. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 54) : Hält es die Bundesregierung für zulässig, daß anläßlich des vom 12. November 1975 bis 15. November 1975 in Düsseldorf tagenden Arbeitsschutzkongresses am Stand des Bundesinstituts für Arbeitsschutz und Unfallforschung die Broschüre „Jugend forscht '76" ausgelegt wurde, die u. a. eine parteipolitische Werbung für die SPD enthält? Während des Arbeitsschutzkongresses vom 12. bis 15. November 1975 in Düsseldorf informierte die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallfor- 14786* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 schung (BAU) durch Schautafeln, Broschüren und andere Druckschriften über den Stand der Gesetzgebung auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, über Initiativen zur Verbesserung der Arbeitsumwelt und über die Forschung zur Humanisierung des Arbeitslebens. Unter den ausgelegten Schriften befanden sich auch zwei von der Wettbewerbsleitung Stiftung „Jugend forscht" e. V. in Hamburg herausgegebene Broschüren. Die Stiftung „Jugend forscht" ist ein gemeinnütziges Förderungswerk, dessen Träger das Verlagshaus Gruner und Jahr, der „Stern", der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Kultusministerkonferenz, Patenfirmen und die Bundesminister für Bildung und Wissenschaft und für Forschung und Technologie sind. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die jugendlichen Menschen in verantwortlicher Weise an Wissenschaft und Forschung heranzuführen. Bei den von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung ausgelegten Broschüren handelt es sich um eine Gesamtausgabe „Jugend forscht '76" für alle Forschungsbereiche (Gesamtumfang 156 Seiten) und um einen Auszug für den vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung gestifteten Sonderpreis „Verbesserungen für die Arbeitswelt" (25 Seiten). Bei den genannten beiden Broschüren hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung lediglich den fachlich-redaktionellen Teil zur Erläuterung des Sonderpreises „Verbesserungen für die Arbeitswelt" zur Verfügung gestellt. Die Veröffentlichungen und Gestaltung der Broschüren hatte die Stiftung übernommen. Es ist allgemein üblich, in derartige, gemeinnützigen Zwecken dienende Veröffentlichungen im Interesse einer Verbilligung und damit größeren Auflage bezahlte Anzeigen aufzunehmen. Nach meinen Informationen hat die Stiftung „Jugend forscht" e. V. in einem Rundschreiben vom 24. Mai 1975 an alle interessierten Kreise, darunter auch die demokratischen Parteien, um Anzeigen geworben. Von den Parteien hat nur die SPD einen Anzeigenauftrag erteilt. Die Stiftung hat auf die Rückseite des Auszuges die von der SPD in Auftrag gegebene Anzeige übernommen. Ich habe Ihre Frage zum Anlaß genommen, die Stiftung „Jugend forscht" unter Beifügung dieser Antwort zu bitten, sich bei Parteienanzeigen in vergleichbaren Fällen auch künftig um eine ausgewogene Repräsentation in von ihr herausgegebenen Schriften zu bemühen. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretär Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Breidbach (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 55 und 56) : In welcher Auflage und mit welchen Kosten (Bundesmittel) ist die kürzlich zur Verteilung gelangte Broschüre „Die Jugend forscht 1976" herausgegeben worden? Falls Bundesmittel verwendet wurden, wie rechtfertigt die Bundesregierung die Tatsache, daß die Broschüre eine ganzseitige Anzeige der SPD enthält? Die Broschüre „Jugend forscht '76" ist von der Stiftung „Jugend forscht" e.V. herausgegeben worden. Die Stiftung ist ein gemeinnütziges Förderungswerk, das es sich zur Aufgabe gestellt hat, junge Menschen in verantwortlicher Weise an Wissenschaft und Forschung heranzuführen. Im Kuratorium der Stiftung arbeiten das Verlagshaus Gruner und Jahr, „Stern", Stifterverband der Deutschen Wissenschaft, Deutscher Gewerkschaftsbund, Kultusministerkonferenz, Patenfirmen, das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft sowie das Bundesministerium für Forschung und Technologie zusammen. Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft fördert den Verein im Wege der Projektfinanzierung (1975 mit 400 000,— DM). Der Bundesminister für Forschung und Technologie bezuschußt den Verein im Jahre 1975 mit 40 000,— DM. Das Verlagshaus Gruner und Jahr erbringt seinen Beitrag über eine unselbständige Stiftung beim Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Freie Spenden sollen den Rest decken. Die Broschüre „Jugend forscht '76" ist in einer Gesamtausgabe für alle Forschungsbereiche (Gesamtumfang 156 Seiten) und in einem Auszug für den vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung gestifteten Sonderpreis „Verbesserungen für die Arbeitswelt" (25 Seiten) verteilt worden. Durch den Sonderpreis sollte der Wettbewerb noch attraktiver gestaltet, die Teilnehmerzahl insgesamt noch weiter gesteigert und vor allem der Anteil der Nicht-Gymnasiasten unter den Teilnehmern noch erhöht werden. Die Auflage der Gesamtbroschüre beträgt 25 000 Exemplare, die Auflage des Auszugs hat eine Höhe von 5 000 Exemplaren. Die Kosten für die Gesamtbroschüre betrugen nach Angaben der Stiftung 60 000,— DM. Sie werden durch Anzeigen und einen Zuschuß des Verlagshauses Gruner und Jahr gedeckt. Die Gesamtauflage von 25 000 Exemplaren reichte nicht aus, um dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zur Unterstützung der Bekanntmachung der Ausschreibung des Wettbewerbs eine ausreichend große Anzahl von Broschüren zur Verfügung zu stellen. Die Stiftung hat deshalb dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung angeboten, einen Auszug „Verbesserungen für die Arbeitswelt" herzustellen. Im Rahmen der Gesamtfinanzierung der Broschüre sah sich die Stiftung außerstande, auch hierfür die Kosten zu übernehmen, weil dafür eine Erhöhung des Zuschusses des Verlagshauses Gruner und Jahr notwendig gewesen wäre. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung mußte mithin im Interesse der Ansprache einer möglichst großen Zahl von Berufsschülern, jungen Arbeitnehmern und Betriebspraktikern einen Druckkostenbeitrag leisten, der 3 368,86 DM betragen hat. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken. Die Broschüren wurden von der Stiftung „Jugend forscht e.V. herausgegeben. Der Bundes- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14787* minister für Arbeit und Sozialordnung hat lediglich den fachlich-redaktionellen Teil zur Erläuterung des Sonderpreises „Verbesserungen für die Arbeitswelt" zur Verfügung gestellt. Die Veröffentlichung und Gestaltung der Broschüre einschließlich Plazierung von Anzeigen war Aufgabe der Stiftung. Es ist üblich und auch notwendig, in derartige, gemeinnützigen Zwecken dienenden Veröffentlichungen im Interesse einer Verbilligung und damit größeren Auflage bezahlte Anzeigen aufzunehmen. Die Anzeige der SPD erschien in der Gesamtausgabe der Broschüre mit einer Vielzahl anderer Anzeigen, so u. a. Anzeigen der Stahlwerke Peine-Salzgitter AG, der Deutschen Bundespost, führende Automobilhersteller und Luftfahrtunternehmen, Computerhersteller sowie bekannter Buchverlage und erschien auch in dem Auszug. Das Förderungswerk des „Stern", das im vergangenen Jahr in eine Stiftung umgewandelt wurde, hatte in einem Rundschreiben vom Mai 1975 an alle interessierten Kreise, darunter auch die Parteien, um Anzeigen geworben. Von den Parteien hatte nur die SPD einen Anzeigenauftrag erteilt. Ich habe Ihre Frage zum Anlaß genommen, die Stiftung „Jugend forscht" unter Beifügung dieser Antwort zu bitten, sich bei Parteienanzeigen in vergleichbaren Fällen auch künftig um eine ausgewogene Repräsentation in von ihr herausgegebenen Schriften zu bemühen. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Unland (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 57): Ist der Bundesregierung bekannt, daß deutsche Aussiedler aus Polen infolge der Novellierung des Arbeitsförderungsgesetzes nach einer notwendigen Sprachförderung erst eine Wartezeit von drei Jahren hinnehmen müssen, ehe eine berufliche Förderung erfolgen kann, und hält die Bundesregierung dieses tatsächliche Ergebnis mit dem Sinn der Novellierung des Arbeitsförderungsgesetzes für vereinbar oder beabsichtigt sie, eine Neuregelung, gegebenenfalls in Form einer Härteklausel, vorzuschlagen? Die Bundesregierung hält es nach wie vor für unerläßlich, daß alles getan wird, um Aussiedlern aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern die Eingliederung in Beruf und Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland zu erleichtern. Dazu gehört sowohl die Sprachförderung als auch die Förderung der beruflichen Bildung. Bisher hat die Bundesanstalt für Arbeit beides gefördert, obwohl die Förderung von allgemeinen Sprachkursen nur in ganz beschränktem Umfang zu ihren Aufgaben gehört. Infolge des Haushaltsstrukturgesetzes stellt sich in der Tat jetzt erneut die Frage der umfassenden Förderung von Aussiedlern durch die Bundesanstalt für Arbeit. Nach dem neugefaßten § 42 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz kann ein Antragsteller, der bereits einmal nach dem Arbeitsförderungsgesetz gefördert worden ist, erst wieder gefördert werden, wenn er zuvor 3 Jahre berufstätig war. Diese Regelung schließt eine umfassende sprachliche und berufliche Förderung dann nicht aus, wenn beide Bildungsabschnitte Teile einer einheitlichen Maßnahme sind. Zur Zeit prüft die Bundesregierung zusammen mit der Bundesanstalt für Arbeit, inwieweit diese Voraussetzung in der Praxis verwirklicht werden kann. Die beteiligten Ressorts prüfen darüber hinaus, wie angesichts der zu erwartenden hohen Zahl von deutschen Aussiedlern aus Polen in Zukunft die sprachliche und die berufliche Förderung der Aussiedler im Hinblick auf die verschiedenen in Betracht kommenden Stellen sichergestellt werden kann. Sie können versichert sein, daß diese Angelegenheit bald im Interesse der Aussiedler geregelt sein wird. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 58 und 59) : Beabsichtigt die Bundesregierung, nach Abzug der belgischen Streitkräfte aus der Loncin-Kaserne in Euskirchen die Standortschießanlage in Euskirchen-Billig dann von der Bundeswehrgarnison Rheinbach nutzen zu lassen? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß der Stadt Euskirchen in ihrer Eigenschaft als Garnisonstadt im Rahmen des Fremdenverkehrs und der Naherholung die Einrichtung einer Standortschießanlage im Billiger Wald zuzumuten ist? Zu Frage B 58: Ich bestätige, daß die Bundeswehr beabsichtigt, die voraussichtlich ab September 1976 von den belgischen Streitkräften freigegebene Standortschießanlage Billiger Wald auch von der Garnison Rheinbach mitnutzen zu lassen. Für die Garnison Rheinbach fehlt bis heute die nach Raum- und Flächennorm der Bundeswehr zustehende Standortschießanlage. Alle Bemühungen, diese Planung zu realisieren, sind an den Ihnen bekannten Einsprüchen ziviler Stellen gescheitert. Die Standortschießanlage Billiger Wald bietet nunmehr die Möglichkeit, nicht nur die Schießausbildung aller in Euskirchen stationierten deutschen Soldaten durchzuführen, sondern auch das alte Problem „Standortschießanlage Rheinbach" zu lösen. Diese Lösung kommt der Haushaltslage des Bundes sehr entgegen. Grunderwerbs-, Neubau- und Betriebskosten können jetzt eingespart werden. Darüber hinaus verlangt die außerordentliche Besiedlungsdichte in unserem Lande von jedem, bei neuem Grundstücksbedarf Rücksicht zu nehmen und damit auch von der Bundeswehr, die vorhandene Standortschießanlage Billiger Wald von den Soldaten aus den Standorten Euskirchen und Rheinbach gemeinsam nutzen zu lassen. Die Landesregierung und der zuständige Regierungspräsident haben immer wieder auf eine solche Lösung hingewiesen. 14788* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Zu Frage B 59: Zu einem Truppenstandort gehören neben der Truppenunterkunft die Standortschießanlage, die Standortmunitionsniederlage und der Standortübungsplatz. Ohne diese Standortanlagen kann eine Truppe ihren Ausbildungsauftrag nicht erfüllen und damit ihre Einsatzbereitschaft nicht herstellen. Der Fremdenverkehr und die Naherholung für Euskirchen sind und werden durch die seit langem am Rande des Billiger Waldes gelegene Standortschießanlage nicht beeinträchtigt. Darüber hinaus wird diese Schießanlage an Sonn- und Feiertagen von der Truppe nicht benutzt werden. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Fuchs (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 60) : Welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Prognose des Instituts für Weltwirtschaft, es bestehe die Gefahr, daß der Altersprozeß der Bevölkerung sich beschleunige und sich die Probleme aus der Versorgung der alten Menschen verschärften und aus der Forderung, abträglichen Entwicklungen mit allen verfügbaren Mitteln frühzeitig vorzubeugen, insbesondere nach einer geeigneten bevölkerungspolitischen Konzeption? Es wird davon ausgegangen, daß sich die Frage auf die Veröffentlichung „Volkswirtschaftliche und soziale Implikationen sinkender Sterblichkeit bei anhaltendem Geburtenrückgang in West- und Nordeuropa" von Frau Dr. Hilde Wander bezieht. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Prognose des Instituts für Weltwirtschaft, sondern um einen Diskussionsbeitrag einer Mitarbeiterin dieses Instituts. Die Verfasserin weist nachdrücklich darauf hin, daß es „nicht um quantitative Prognosen (geht), sondern darum, Tendenzen und Zusammenhänge in den derzeitigen demographischen Abläufen aufzuzeigen". Die Bundesregierung hat den Veränderungen in den demographischen Abläufen sowie ihren möglichen Folgen für die Volkswirtschaft sowie für die Sozialpolitik stets besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Im Zusammenhang mit der Beantwortung verschiedener Parlamentarischer Anfragen hat sie bereits hingewiesen, daß der Geburtenrückgang der deutschen Bevölkerung auf vielschichtigen Ursachen beruht, die bisherigen Erkenntnisse und Erklärungsgründe für die Ursachen und Auswirkungen jedoch noch nicht ausreichend sind. Aus diesem Grunde hat sie 1974 das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung errichtet und es mit der Verbesserung der demographischen Forschungstätigkeit beauftragt. In einem besonderen Forschungsauftrag werden von diesem Institut die „sozio-demographischen Aspekte des Alterungsprozesses" seit einiger Zeit untersucht. Dabei wird berücksichtigt, daß der Geburtenrückgang und die gestiegene Lebenserwartung zu einer starken Zunahme der Anzahl der älteren Menschen in der Bundesrepublik führen. Die sich auf diese Weise ergebenden Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur der Erwerbsbevölkerung und der Belastungsquoten sowie die Rückwirkungen auf die Motivation im generativen Verhalten werden dabei untersucht. Ihre Fragestellung geht im Grunde davon aus, daß die Bundesrepublik Deutschland heute eine optimale Bevölkerungsgröße habe, eine weitere Verringerung nachteilig sei und auf längere Sicht Gefahren für die Lebens- und Entwicklungschancen des deutschen Volkes mit sich bringe. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die Große Anfrage betreffend die „Situation der Kinder in Deutschland" (BT-Drucksache 7/3340) bereits ihre Auffassung mitgeteilt, daß die optimale Bestandsgröße einer Bevölkerung nicht festgestellt werden kann. Eventuelle Maßnahmen der Bundesregierung, die Zahl der deutschen Bevölkerung konstant zu halten, wären — unter Beachtung der in dieser Antwort dargestellten Kriterien — möglich, wenn entsprechende gesicherte wissenschaftliche Forschungsergebnisse vorlägen. In dieser Antwort hat die Bundesregierung sich auch zu der Frage der Sicherung der Renten durch das Beitragsaufkommen wie folgt geäußert: „Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen der Rentenversicherungen infolge der Geburtenentwicklung können nur dann entstehen, wenn bei gleichbleibendem Beitragssatz die Zahl der Versicherten zurückgeht. Die Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland Geborenen darf aber nicht mit der Zahl der künftigen Versicherten gleichgesetzt werden. Die heute Geborenen treten frühestens nach 15 Jahren in das Erwerbsleben ein. Wenn ihre Zahl abnimmt, muß nicht gleichzeitig auch die Zahl der Versicherten abnehmen. Die geringere Zahl der erwerbsfähigen Bevölkerung kann auch durch eine stärkere Erwerbsbeteiligung ausgeglichen werden. Sollte allerdings eine durch den Geburtenrückgang verringerte Nachfrage nicht durch Nachfrageumschichtung ausgeglichen werden können und dies eine Verringerung des Angebots an Arbeitsplätzen zur Folge haben, dann könnten sich nach 1990 Auswirkungen auf die Beitragseinnahmen der Rentenversicherungen ergeben. Grundsätzlich wird sich der Geburtenrückgang nicht zwangsläufig nachteilig auf die Altersversorgung der heutigen Beitragszahler auswirken." Im Rahmen der unmittelbaren Betreuungsmaßnahmen hat die Bundesregierung nach dem Grundgesetz nur eine sehr begrenzte Zuständigkeit. Sie hat diese im Rahmen der Titelgruppe „Förderung von gesellschaftspolitischen Maßnahmen für die ältere Generation" unter anderem durch die Förderung von Modellmaßnahmen und die Vergabe von Forschungsaufträgen in vollem Umfange und mit nachhaltigen Erfolg ausgeschöpft. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Biechele (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 61 und 62) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14789* Sind Presseinformationen zutreffend, daß im Jahresdurchschnitt bei 3500 Verkehrstoten und 8000 Verletzten im Straßenverkehr alkoholbedingte Unfallursachen vorliegen, daß 50 % aller aggressiven Verbrechen ihre Mitursache im Alkoholkonsum haben und daß die öffentliche Hand jährlich etwa 8 Milliarden DM an Steuergeldern aufwendet, um die Auswirkungen des Alkoholkonsums zu bekämpfen, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um den Alkoholismus wirkungsvoller bekämpfen zu können? In welchem Umfang ist bisher der bundeseinheitliche Notfallausweis in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt worden? Zu Frage B 61: 1974 betrug die Zahl der Verletzten bei Straßenverkehrsunfällen mit der Ursache Alkoholeinfluß ca. 60 000; etwa 3 500 bis 4 000 Personen wurden bei Straßenverkehrsunfällen unter Alkoholeinfluß getötet. Alkoholeinfluß ist leider nicht nur eine der häufigsten Unfallursachen bei Straßenverkehrsunfällen, sondern Alkoholunfälle haben im allgemeinen auch überdurchschnittlich schwere Folgen. Die Einführung der 0,8-pro-Mille-Grenze hat den Alkohol als Unfallursache meßbar zurückgehen lassen. Sie hat sich bewährt. Alkohol kann insbesondere bei Gewaltdelikten durchaus als ein mitgestaltender Faktor der tatauslösenden Situation angesehen werden. Die der Bundesregierung bekannten Untersuchungen bei einzelnen Gewaltdelikten weisen große methodische Unterschiede auf und kommen zu Ergebnissen, die einen Anteil der jeweils unter Alkoholeinwirkung begangenen Delikte zum Teil über zum Teil unter 50 % annehmen. Die in der Pressemitteilung genannten 8 Milliarden Steuergelder, die zur Bekämpfung der Auswirkungen des Alkoholkonsums eingesetzt werden sollen, können in der Höhe nicht bestätigt werden. Um exakte Zahlen zu ermitteln, wären aufwendige Befragungen der Länder und Kommunen notwendig. Die Bundesregierung hat gemeinsam mit den Bundesländern ein umfangreiches Aktionsprogramm zur Eindämmung und Verhütung des Alkoholmißbrauchs im Mai 1975 veröffentlicht. Die Schwerpunkte dieses Programms zielen auf folgende Maßnahmen ab: Einschränkung der freien Verfügbarkeit alkoholischer Getränke unter dem Gesichtspunkt der vollen Ausschöpfung der bestehenden gesetzlichen Regelungen, freiwillige qualitative Selbstbeschränkung der Werbung, intensivere Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit, Früherfassung von Gefährdeten und Ausbau der Beratungs- und Therapieeinrichtungen für Alkoholkranke, Qualifizierung von Kräften, die in der Suchtkrankenfürsorge tätig sind sowie Verstärkung der Forschung, der Dokumentation und des internationalen Erfahrungsaustausches. In allen Bereichen hat die Bundesregierung, soweit sie zuständig ist, begonnen, das Programm zu verwirklichen. Zu Frage B 62: Der bundeseinheitliche Notfallausweis wurde bisher durch die Bundesländer kostenfrei an sog. Risikopatienten, das sind Bürger, die aufgrund schwerer chronischer Erkrankungen oder erforderlicher medikamentöser Langzeitbehandlung in besonderem Maße gefährdet sind, ausgegeben. Dieser Personenkreis, für den der Notfallausweis primär geschaffen wurde, umfaßt etwa 10 % der Bevölkerung. Außerdem wurde der Ausweis auf Anregung des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit von einer Vielzahl von Betrieben der Wirtschaft, Behörden, von Versicherungen, Krankenkassen, Automobilclubs und Hilfsorganisationen an Betriebsangehörige oder Mitglieder verteilt, Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit dürften bisher etwa 8 bis 9 Millionen Notfallausweise zur Verteilung gelangt sein. Dieser Notfallausweis hat aber auch bei der übrigen Bevölkerung ein überaus positives Echo gefunden. Nach einmütiger Auffassung der Bundesländer sollte es dem interessierten Bürger künftig aber zugemutet werden, den relativ geringen Kaufpreis des Ausweises selbst aufzubringen. Auf Wunsch der Bundesländer und um auch hier eine bundeseinheitliche Regelung anzustreben, hat deshalb der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit Schritte eingeleitet, den bundeseinheitlichen Notfallausweis dem interessierten Bürger über den Handel zugänglich zu machen. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Braun (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 63 und 64) : Treffen Meldungen zu, daß im Rahmen der geplanten Streckenstillegung der Deutschen Bundesbahn auch die Strecke Remscheid —Lennep — Wermelskirchen —Opladen stillgelegt wird? Für welches Jahr ist eine solche Stillegung vorgesehen, und wird die Deutsche Bundesbahn rechtzeitig mit den betroffenen Gemeinden Gespräche führen? Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) hat das Streckennetz unter betriebswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten untersucht. Nach Vorlage dieser Netzkonzeption der DB wird die seit Anfang des Jahres 1975 auf Staatssekretärebene bereits tätige interministerielle Arbeitsgruppe „Verkehrs- und Regionalpolitik" die gesamt- und verkehrswirtschaftlichen Probleme, die sich aus der Umstrukturierung des Transportnetzes der DB ergeben, eingehend analysieren. Zur Vorbereitung der Entscheidung der Bundesregierung wird sie Vorschläge, insbesondere für ein gesamt- und verkehrswirtschaftlich notwendiges Schienennetz erarbeiten. Dabei werden auch die Auswirkungen auf die Verkehrspolitik, die Raum- und Wirtschaftsstruktur sowie die Entwicklung im Zonenrandgebiet berücksichtigt. Der Bericht soll weitere Vorschläge über flankierende Maßnahmen für die Bereiche Verkehrs-, Regional- und Strukturpolitik enthalten und ferner die Fragen der Verlagerung des unwirtschaftlichen Bundesbahn-Personennahverkehrs in der Fläche auf die Straße ansprechen. 14790* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Die Arbeitsgruppe wird das Benehmen mit den von den Landesregierungen für zuständig erklärten Ministern herstellen und die Konsequenzen für die Länder erörtern. Sobald die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vom Bundeskabinett im Laufe des Jahres 1977 beraten worden sind, werden die Regierungschefs der Länder von dem Konzept insgesamt unterrichtet. Danach findet eine Erörterung im Kreise der Regierungschefs von Bund und Ländern statt, zu der auch die zuständigen Landesminister hinzugezogen werden können. Nach erneuter Beratung des Bundeskabinetts werden die im Bundesbahngesetz vorgesehenen Einzelanhörungen durchgeführt. Aussagen über Einzelstrecken der DB kann die Bundesregierung daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Vehar (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 65 und 66) : Aus welchen konkreten Gründen hält die Bundesregierung an einer Geschwindigkeitsbegrenzung für Reisebusse von 80 km auf Autobahnen fest, obwohl nach Auffassung von maßgeblichen Verkehrstechnikern technische Gründe ohne weiteres eine Heraufsetzung auf 100 km erlauben würden, was auch eine Anpassung an Regelungen bedeuten würde, wie sie in anderen europäischen Ländern — in Großbritanien, Frankreich, Italien, Osterreich, Spanien und in der Schweiz — gelten? Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß eine Gleichstellung der Reisebusse mit den Schwerlastzügen auf den Autobahnen eine unzumutbare Diskriminierung für die Businsassen bedeutet, und daß deren Sicherheit nicht dadurch gedient wird, daß sie gezwungen werden, auf weiten Strecken im Verband schwerer päischen Ländern — in Großbritannien, Frankreich, Italien, Osterdung von dieser Ansicht auszugehen? Zu Frage B 65: Die Bundesregierung sieht gegenwärtig aus folgenden Gründen keine Möglichkeit, die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Kraftomnibusse auf Autobahnen von 80 km/h auf 100 km/h anzuheben: 1. Die kinetische Energie, die sich für Insassen und andere Unfallbeteiligte lebensbedrohend auswirken kann, würde um 50 % erhöht. An diesem physikalischen Gesetz kann die technische Weiterentwicklung der Omnibuskonstruktion nichts ändern. Dabei muß besonders darauf verwiesen werden, daß eine derartige Regelung auch für Omnibusse ausländischer Hersteller gelten würde, die z. T. noch nicht die technische Reife deutscher Omnibusse erreicht haben. 2. Der Insassenschutz für Fahrgäste kann generell nicht an die höhere Geschwindigkeit angepaßt werden. Denn moderne Omnibusse haben keine Knautschzonen, wie sie heute bei Personenkraftwagen üblich sind. Auch wird sich das Ausrüsten und das Anlegen von Sicherheitsgurten in Omnibussen z. Z. kaum zwingend vorschreiben lassen. 3. Auf internationaler Ebene sind Bemühungen im Gange, die Geschwindigkeitsbegrenzungen für Omnibusse zu harmonisieren. Die überwiegende Mehrheit ausländischer Staaten haben die in der Bundesrepublik Deutschland geltende Höchstgeschwindigkeit, einige weichen allerdings nach oben oder unten davon ab. Dieser vorgesehenen internationalen Abstimmung möchte die Bundesregierung nicht durch einseitige Änderung der geltenden Höchstgeschwindigkeit für Omnibusse zum jetzigen Zeitpunkt vorgreifen. Zu Frage B 66: Die angesprochenen Schwierigkeiten sind eine Folge von Überholverboten, nicht von Geschwindigkeitsbeschränkungen. Ein allgemeines Überholverbot für Omnibusse besteht nicht. Sachlich zuständig für Anordnungen von Überholverboten im Einzelfall sind die Straßenverkehrsbehörden der Länder. Die gleiche Antwort ist Herrn Kollegen Dr. Schmitt-Vockenhausen am 23. Oktober 1975 (BT-Drucks. 7/4161, B 33) auf eine etwa Bleichlautende Frage zu diesem Thema erteilt worden. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Vehar (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 67): Ist es richtig, daß die Bundesregierung sich weigert, durch eine entsprechende Verordnung die Herabsetzung des z. Z. zulässigen Lärmpegels für Motorräder und Mopeds gesetzlich zu regeln, obwohl gerade diese Lärmbelästigungen für viele Bürger eine unzumutbare Umweltbelästigung darstellen, und — wenn ja — welche Gründe führt die Bundesregierung hierfür an? Die Bundesregierung arbeitet zusammen mit der EG-Kommission und mit den übrigen EG-Mitgliedstaaten an EG-einheitlichen Vorschriften über die zulässige Geräuschentwicklung motorisierter Zweiräder, die für die Bundesrepublik Deutschland gleichzeitig eine Verschärfung der hier z. Z. geltenden Bestimmungen mit einschließen. Nach ihrer Fertigstellung sollen die Vorschriften in die Straßenverkehrszulassungsordnung eingefügt werden. Dieses Vorgehen entspricht § 39 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 15. März 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 721). Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wawrzik (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 68 und 69) : Welche Gründe haben die Bundesregierung veranlaßt, den Bau der Rheinbrücke bei Altrip zu verschieben, und wann rechnet die Bundesregierung mit dem Baubeginn? Hat die Bundesregierung bei ihrer Entscheidung berücksichtigt, daß die bisher fertiggestellten Bauabschnitte erst durch den Bau der Brücke voll genutzt werden können? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14791* Zu Frage B 68: Bei der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfung des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen mußten aus einem Planungsvolumen von rd. 100 Milliarden DM vorrangige Maßnahmen im Umfang von 37,3 Milliarden DM ausgewählt werden. Ausschlaggebend bei der Bewertung der Rheinbrücke Altrip war die gute verkehrliche Erschließung des Raumes Ludwigshafen—Mannheim. Den Verkehrsteilnehmern stehen von der BAB Mannheim—Saarbrücken bis zur BAB Krefeld—Ludwigshafen auf einer Länge von nur etwa 25 km 4 Rheinbrücken mit insgesamt 16 Fahrspuren zur Verfügung. Der Bau der Rheinbrücke Altrip ist bei der Neubewertung des Bedarfsplanes als möglicher weiterer Bedarf" offengehalten. Mit der Baudurchführung kann voraussichtlich in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden. Zu Frage B 69: Bei der Nutzenermittlung der Maßnahmen, die im neuen Bedarfsplan als „vorrangiger Bedarf" eingestuft sind, kamen neben den verkehrlichen Kriterien in verstärktem Maße auch Belange der inneren Erschließung und der äußeren Anbindung strukturschwacher Gebiete sowie der Verkehrssicherheit zum Tragen. Die bisher fertiggestellten bzw. noch im Bau befindlichen Abschnitte der B 38 werden in Rheinland-Pfalz an die BAB A 61 bzw. B 9 und in Baden-Württemberg an die B 37, BAB A 6 und B 36 angeschlossen, wodurch die Neubaustrecken auch ohne die Rheinbrücke Altrip voll genutzt werden können. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Tillmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 70 und 71) : Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß im Interesse einer weiteren Strukturverbesserung im Hochsauerland auf die Schienenverbindung Nuttlar—Winterberg nicht verzichtet werden kann, und hält sie daher die wegen des geplanten Baues der Neger-Talsperre erforderliche Neutrassierung der Strecke für sinnvoll und notwendig? Hält die Bundesregierung die Neuplanung der Trassierung der Bundesbahnstrecke Nuttlar—Winterberg im Bereich der geplanten Neger-Talsperre dann noch für sinnvoll und vertretbar, wenn damit gerechnet werden muß, daß die Bundesbahn diese Strecke im Zuge der beabsichtigten Anpassung ihres Streckennetzes später stillegt? Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) hat das Streckennetz unter betriebswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten untersucht. Nach Vorlage dieser Netzkonzeption der DB wird die seit Anfang des Jahres 1975 auf Staatsskretärebene bereits tätige interministerielle Arbeitsgruppe „Verkehrs- und Regionalpolitik" die gesamt- und verkehrswirtschaftlichen Probleme, die sich aus der Umstrukturierung des Transportnetzes der DB ergeben, eingehend analysieren. Zur Vorbereitung der Entscheidung der Bundesregierung wird sie Vorschläge, insbesondere für ein gesamt- und verkehrswirtschaftlich notwendiges Schienennetz erarbeiten. Dabei werden auch die Auswirkungen auf die Verkehrspolitik, die Raum- und Wirtschaftsstruktur sowie die Entwicklung im Zonenrandgebiet berücksichtigt. Der Bericht soll weitere Vorschläge über flankierende Maßnahmen für die Bereiche der Verkehrs-, Regional- und Strukturpolitik enthalten und ferner die Fragen der Verlagerung des unwirtschaftlichen Bundesbahn-Personennahverkehrs in der Fläche auf die Straße ansprechen. Die Arbeitsgruppe wird das Benehmen mit den von den Landesregierungen für zuständig erklärten Ministern herstellen und die Konsequenzen für die Länder erörtern. Sobald die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vom Bundeskabinett im Laufe des Jahres 1977 beraten worden sind, werden die Regierungschefs der Länder von dem Konzept insgesamt unterrichtet. Danach findet eine Erörterung im Kreise der Regierungschefs von Bund und Ländern statt, zu der auch die zuständigen Landesminister hinzugezogen werden können. Nach erneuter Beratung des Bundeskabinetts werden die im Bundesbahngesetz vorgesehenen Einzelanhörungen durchgeführt. Aussagen über Einzelstrecken der DB kann die Bundesregierung daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Picard (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 72, 73, 74 und 75) : Trifft es zu, daß das vor Jahren eingeleitete Planfeststellungsverfahren zur Umgehung von Brensbach/Odenwald im Zuge der B 38 immer noch nicht abgeschlossen ist, und worauf ist das gegebenenfalls zurückzuführen? Wann ist mit dem Abschluß des Planfeststellungsverfahrens und mit dem Baubeginn der in Frage 72 bezeichneten Straßenbaumaßnahme zu rechnen, und ist deren Finanzierung gesichert? Inwieweit treffen Pressemeldungen zu, nach denen unter den von der Deutschen Bundesbahn zur Stillegung vorgeschlagenen Strecken auch die Strecke Offenbach—Babenhausen—Wiebelsbach-Heubach aufgeführt sein soll? Wie wird die Bundesregierung — falls die Frage 74 bejaht wird — den Antrag auf Stillegung der genannten Strecke bescheiden? Zu Frage B 72: Es trifft zu, daß das seit Juli 1974 eingeleitete Planfeststellungsverfahren für den Bau der Umgehung Brensbach/Odenwald im Zuge der B 38 noch nicht abgeschlossen ist. Verzögerungen haben sich dadurch ergeben, daß die bereits im Flurbereinigungsverfahren ausgewiesene Trasse wegen eines Brunnens der Wasserversorgung Brensbach in einem Teilabschnitt verschoben werden mußte. Ursprünglich war vorgesehen, den Brunnen zu verlegen. Eine Probebohrung hat jedoch ergeben, daß dies nicht 14792* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 möglich ist; deshalb wurde eine Umplanung notwendig. Zu Frage B 73: Wie mir die hessische Straßenbauverwaltung mitgeteilt hat, ist mit dem Planfeststellungsbeschluß Ende Februar/Anfang März 1976 und mit dem Baubeginn Ende 1976/Anfang 1977 zu rechnen. Die Finanzierung ist aus den dem Land zur Verfügung stehenden Globalmitteln für kleinere Straßenbaumaßnahmen vorgesehen und somit gesichert. Zu Fragen B 74 und 75: Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) hat das Streckennetz unter betriebswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten untersucht. Nach Vorlage dieser Netzkonzeption der DB wird die seit Anfang des Jahres 1975 auf Staatssekretärebene bereits tätige interministerielle Arbeitsgruppe „Verkehrs- und Regionalpolitik" die gesamt- und verkehrswirtschaftlichen Probleme, die sich aus der Umstrukturierung des Transportnetzes der DB ergeben, eingehend analysieren. Zur Vorbereitung der Entscheidung der Bundesregierung wird sie Vorschläge, insbesondere für ein gesamt- und verkehrswirtschaftlich notwendiges Schienennetz erarbeiten. Dabei werden auch die Auswirkungen auf die Verkehrspolitik, die Raum- und Wirtschaftsstruktur sowie die Entwicklung im Zonenrandgebiet berücksichtigt. Der Bericht soll weitere Vorschläge über flankierende Maßnahmen für die Bereiche der Verkehrs-, Regional- und Strukturpolitik enthalten und ferner die Fragen der Verlagerung des unwirtschaftlichen Bundesbahn-Personennahverkehrs in der Fläche auf die Straße ansprechen. Die Arbeitsgruppe wird das Benehmen mit den von den Landesregierungen für zuständig erklärten Ministern herstellen und die Konsequenzen für die Länder erörtern. Sobald die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vom Bundeskabinett im Laufe des Jahres 1977 beraten worden sind, werden die Regierungschefs der Länder von dem Konzept insgesamt unterrichtet. Danach findet eine Erörterung im Kreise der Regierungschefs von Bund und Ländern statt, zu der auch die zuständigen Landesminister hinzugezogen werden können. Nach erneuter Beratung des Bundeskabinetts werden die im Bundesbahngesetz vorgesehenen Einzelanhörungen durchgeführt. Aussagen über Einzelstrecken der DB kann die Bundesregierung daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen. Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann (FDP) (Drucksache 7/4555 Fragen B 76 und 77) : Kann die Bundesregierung Pressemeldungen bestätigen, nach denen es für die Deutsche Bundesbahn kein Argument für den Fortbestand solcher Strecken gibt, die nur von Fahrgästen mit Schüler- und Arbeiter-Rückfahrkarten in Anspruch genommen werden, und wie beurteilt die Bundesregierung gegebenenfalls diese Haltung der Deutschen Bundesbahn? Wie hoch belaufen sich die Verluste der Deutschen Bundesbahn infolge der Sozialtarife, auch die der Bundeswehrangehörigen, und sind diese in den Zahlenangaben über die Defizite enthalten oder werden sie gesondert verrechnet und der Deutschen Bundesbahn erstattet? Zu Frage B 76: Der Bundesregierung sind Pressemeldungen dieser Art nicht bekannt. Zu Frage B 77: Das Gesamtdefizit der Deutschen Bundesbahn im Personennahverkehr betrug 1974 rd. 3,5 Milliarden DM; im Personenfernverkehr sind durch die Sozialtarife rd. 100 Millionen DM Einnahmeausfall entstanden. Für Fahrten der Soldaten und Zivildienstleistenden, die aufgrund der Wehrpflicht Grundwehrdienst leisten (§ 5 Wehrpflichtgesetz), sind der Bundesbahn aus dem Bundeshaushalt folgende Beträge gezahlt worden: Millionen UM vom Bundesminister der Verteidigung für die Bundeswehr 48,6 vom Bundesminister des Innern für den Bundesgrenzschutz 0,2 vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung für die Zivildienstleistenden 0,6 Zusammen: 49,4 Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kulawig (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 78) : Wird der Bau des von der Bundesregierung und des Bundestages beschlossenen Saarkanals termingerecht begonnen und durchgeführt, oder sind die Zweifel, die der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats der Dillinger Hüttenwerke, Otto Wolff von Amerongen, dieser Tage geäußert hat, begründet? Die Bauarbeiten an der Saar wurden in der Mündungsstrecke (km 0-4,0) termingerecht begonnen. Es wurden folgende Aufträge erteilt: 25. April 1975 Munitionssuche (1 Million DM) 30. Juli 1975 Herstellung der Schiffahrtsrinne (15 Millionen DM) Baubeginn: August 1975 Bezüglich der Äußerungen des stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Dillinger Hüttenwerke, Otto Wolf von Amerongen, wird auf das Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14793* Schreiben des Bundesministers für Verkehr vom 23. Dezember 1975 an den Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft des Saarlandes, Herrn Dr. Erwin Sinnwell, hingewiesen. Eine Ablichtung ist beigefügt. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 79) : Stimmt es, daß — wie in „Bild" vom 11. Oktober 1975, Ausgabe Baden-Württemberg, berichtet — die Deutsche Bundesbahn geheime Schrumpfungspläne hegt und u. a. — entgegen wiederholter Beteuerungen — beabsichtigt, die Eisenbahnstrecke Zell—Lörrach stillzulegen, und falls diese Meldung zutrifft, wird sie an solchen Plänen noch Korrekturen auch unter dem Gesichtspunkt der Strukturverbesserung topographisch benachteiligter Gebiete vornehmen? Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) hat das Streckennetz unter betriebswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten untersucht. Nach Vorlage dieser Netzkonzeption der DB wird die seit Anfang des Jahres 1975 auf Staatssekretärebene bereits tätige interministerielle Arbeitsgruppe „Verkehrs- und Regionalpolitik" die gesamt- und verkehrswirtschaftlichen Probleme, die sich aus der Umstrukturierung des Transportnetzes der DB ergeben, eingehend analysieren. Zur Vorbereitung der Entscheidung der Bundesregierung wird sie Vorschläge, insbesondere für ein gesamt- und verkehrswirtschaftlich notwendiges Schienennetz erarbeiten. Dabei werden auch die Auswirkungen auf die Verkehrspolitik, die Raum- und Wirtschaftsstruktur sowie die Entwicklung im Zonenrandgebiet berücksichtigt. Der Bericht soll weitere Vorschläge über flankierende Maßnahmen für die Bereiche der Verkehrs-, Regional- und Strukturpolitik enthalten und ferner die Fragen der Verlagerung des unwirtschaftlichen Bundesbahn-Personennahverkehrs in der Fläche auf die Straße ansprechen. Die Arbeitsgruppe wird das Benehmen mit den von den Landesregierungen für zuständig erklärten Ministern herstellen und die Konsequenzen für die Länder erörtern. Sobald die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vom Bundeskabinett im Laufe des Jahres 1977 beraten worden sind, werden die Regierungschefs der Länder von dem Konzept insgesamt unterrichtet. Danach findet eine Erörterung im Kreise der Regierungschefs von Bund und Ländern statt, zu der auch die zuständigen Landesminister hinzugezogen werden können. Nach erneuter Beratung des Bundeskabinetts werden die im Bundesbahngesetz vorgesehenen Einzelanhörungen durchgeführt. Aussagen über Einzelstrecken der DB kann die Bundesregierung daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Waffenschmidt (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 80 und 81) : Treffen Pläne der Deutschen Bundesbahn zu, nach denen die Eisenbahnstrecke Gummersbach—Marienheide—Bergisch-Born— Opladen und die Eisenbahnstrecke Marienheide—Meinerzhagen stillgelegt werden sollen? Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß für den von eventuellen Streckenstillegungen betroffenen Raum des oberbergischen und bergischen Landes und seine Mitbürger, insbesondere im Interesse der Sicherung der Arbeitsplätze und für den Fremdenverkehr der Eisenbahnverkehr weiterhin erhalten bleiben muß? Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) hat das Streckennetz unter betriebswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten untersucht. Nach Vorlage dieser Netzkonzeption der DB wird die seit Anfang des Jahres 1975 auf Staatssekretärebene bereits tätige interministerielle Arbeitsgruppe „Verkehrs- und Regionalpolitik" die gesamt- und verkehrswirtschaftlichen Probleme, die sich aus der Umstrukturierung des Transportnetzes der DB ergeben, eingehend analysieren. Zur Vorbereitung der Entscheidung der Bundesregierung wird sie Vorschläge, insbesondere für ein gesamt- und verkehrswirtschaftlich notwendiges Schienennetz erarbeiten. Dabei werden auch die Auswirkungen auf die Verkehrspolitik, die Raum- und Wirtschaftsstruktur sowie die Entwicklung im Zonenrandgebiet berücksichtigt. Der Bericht soll weitere Vorschläge über flankierende Maßnahmen für die Bereiche der Verkehrs-, Regional- und Strukturpolitik enthalten und ferner die Fragen der Verlagerung des unwirtschaftlichen Bundesbahn-Personennahverkehrs in der Fläche auf die Straße ansprechen. Die Arbeitsgruppe wird das Benehmen mit den von den Landesregierungen für zuständig erklärten Ministern herstellen und die Konsequenzen für die Länder erörtern. Sobald die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vorn Bundeskabinett im Laufe des Jahres 1977 beraten worden sind, werden die Regierungschefs der Länder von dem Konzept insgesamt unterrichtet. Danach findet eine Erörterung im Kreise der Regierungschefs von Bund und Ländern statt, zu der auch die zuständigen Landesminister hinzugezogen werden können. Nach erneuter Beratung des Bundeskabinetts werden die im Bundesbahngesetz vorgesehenen Einzelanhörungen durchgeführt. Aussagen über Einzelstrecken der DB kann die Bundesregierung daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 82 und 83) : 14794* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Warum hat die Bundesregierung in dem von ihr vorgelegten neuen 5-Jahres-Straßenausbauplan die Ortsumgehung Lingenfeld nicht zusammen mit der Ortsumgehung Germersheim in die Dringlichkeitsstufe I a eingeordnet, obschon dies ein zusammenhängendes Stücke der B 9 darstellt? Ist der Bundesverkehrsminister bereit, diese Frage nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls bei der Beratung des 5-Jahres- Straßenausbauplans im Parlament dieser Änderung, nämlich einheitliche Betrachtung der Ortsumgehungen Lingenfeld und Germersheim und damit der gemeinsamen Einstufung in die Stufe I a, zuzustimmen? Die bei der Überprüfung des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen vorgenommene Aufteilung der Maßnahmen der I. Dringlichkeit in die Stufen I a und I b war aus finanziellen Gründen notwendig. Wie ich Ihnen bereits in meinem Brief vom 18. November 1975 ankündigte, habe ich mich dafür eingesetzt, daß die Verlegung der B 9 auf dem Abschnitt Germersheim–Lingenfeld als eine in engem Zusammenhang stehende Baumaßnahme betrachtet wird. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, den Schwerpunkt des Ausbaus dieses Teilabschnittes der B 9 dorthin zu verlegen, wo es die Verkehrssicherheit am dringendsten erfordert. Die von Ihnen vorgeschlagene gemeinsame Einstufung der beiden Ortsumgehungen Germersheim und Lingenfeld in Dringlichkeit I a würde, wie Sie wissen, voraussetzen, daß eine andere I a-Maßnahme in Rheinland-Pfalz mit etwa gleichem Kostenumfang wie die Ortsumgehung Lingenfeld zurückgestuft werden müßte. Der gegenwärtige Verfahrensstand (Beginn der parlamentarischen Beratung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971-1985) läßt eine nachträgliche Änderung des Gesetzesvorschlages der Bundesregierung durch den Bundesminister für Verkehr nicht zu. Das Ergebnis der parlamentarischen Behandlung der vorgeschlagenen Gesetzesänderung muß jetzt vom Bundesverkehrsministerium abgewartet werden. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pohlmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 84 'und 85) : Trifft es zu, daß nach den Einsparungsvorstellungen des Bundesministers für Verkehr beabsichtigt ist, auch die Bundesbahnstrecke Hameln—Lage—Bielefeld stillzulegen? Wenn ja — ist der Bundesregierung bekannt, daß die genannte Strecke für den Güterverkehr eine nicht geringe Bedeutung hat, und mit welcher konkreten Alternative würde die Bundesregierung in diesem Fall ausweichen? Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) hat das Streckennetz unter betriebswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten untersucht. Nach Vorlage dieser Netzkonzeption der DB wird die seit Anfang des Jahres 1975 auf Staatssekretärebene bereits tätige interministerielle Arbeitsgruppe „Verkehrs- und Regionalpolitik" die gesamt-und verkehrswirtschaftlichen Probleme, die sich aus der Umstrukturierung des Transportnetzes der DB ergeben, eingehend analysiert. Zur Vorbereitung der Entscheidung der Bundesregierung wird sie Vorschläge, insbesondere für ein gesamt- und verkehrswirtschaftlich notwendiges Schienennetz erarbeiten. Dabei werden auch die Auswirkungen auf die Verkehrspolitik, die Raum- und Wirtschaftsstruktur sowie die Entwicklung im Zonenrandgebiet berücksichtigt. Der Bericht soll weitere Vorschläge über flankierende Maßnahmen für die Bereiche der Verkehrs-, Regional- und Strukturpolitik enthalten und ferner die Fragen der Verlagerung des unwirtschaftlichen Bundesbahn-Personennahverkehrs in der Fläche auf die Straße ansprechen. Die Arbeitsgruppe wird das Benehmen mit den von den Landesregierungen für zuständig erklärten Ministern herstellen und die Konsequenzen für die Länder erörtern. Sobald die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vom Bundeskabinett im Laufe des Jahres 1977 beraten worden sind, werden die Regierungschefs der Länder von dem Konzept insgesamt unterrichtet. Danach findet eine Erörterung im Kreise der Regierungschefs von Bund und Ländern statt, zu der auch die zuständigen Landesminister hinzugezogen werden können. Nach erneuter Beratung des Bundeskabinetts werden die im Bundesbahngesetz vorgesehenen Einzelanhörungen durchgeführt. Aussagen über Einzelstrecken der DB kann die Bundesregierung daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schäuble (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 86) : Beabsichtigt die Bundesregierung, der von der Deutschen Bundesbahn vorgeschlagenen Stillegung der Renchtalbahn zuzustimmen, und ist die Bundesregierung nunmehr bereit, dem Sachzusammenhang zwischen dem Ausbau der B 28 zwischen Appenweier und Bad Griesbach und dem Erhalt den Renchtalbahn in der Weise Rechnung zu tragen, daß die Genehmigung zur Stilllegung der Renchtalbahn nicht erteilt wird, bevor der notwendige Ausbau der B 28 abgeschlossen ist? Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) hat das Streckennetz unter betriebswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten untersucht. Nach Vorlage dieser Netzkonzeption der DB wird die seit Anfang des Jahres 1975 auf Staatssekretärebene bereits tätige interministerielle Arbeitsgruppe „Verkehrs- und Regionalpolitik" die gesamt- und verkehrswirtschaftlichen Probleme, die sich aus der Umstrukturierung des Transportnetzes der DB ergeben, eingehend analysieren. Zur Vorbereitung der Entscheidung der Bundesregierung wird sie Vorschläge, insbesondere für ein gesamt- und verkehrswirtschaftlich notwendiges Schienennetz erarbeiten. Dabei werden auch die Auswirkungen auf die Verkehrspolitik, die Raum- und Wirtschaftsstruktur sowie die Entwicklung im Zonenrandgebiet berücksichtigt. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14795* Der Bericht soll weitere Vorschläge über flankierende Maßnahmen für die Bereiche der Verkehrs-, Regional- und Strukturpolitik enthalten und ferner die Fragen der Verlagerung des unwirtschaftlichen Bundesbahn-Personennahverkehrs in der Fläche auf die Straße ansprechen. Die Arbeitsgruppe wird das Benehmen mit den von den Landesregierungen für zuständig erklärten Ministern herstellen und die Konsequenzen für die Länder erörtern. Sobald die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vom Bundeskabinett im Laufe des Jahres 1977 beraten worden sind, werden die Regierungschefs der Länder von dem Konzept insgesamt unterrichtet. Danach findet eine Erörterung im Kreise der Regierungschefs von Bund und Ländern statt, zu der auch die zuständigen Landesminister hinzugezogen werden können. Nach erneuter Beratung des Bundeskabinetts werden die im Bundesbahngesetz vorgesehenen Einzelanhörungen durchgeführt. Aussagen über Einzelstrecken der DB kann die Bundesregierung daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen. Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Seiters (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 87): Welche Gründe sieht die Bundesregierung in der Tatsache, daß während der letzten fünf Jahre die Zahl der beim Verband Deutscher Küstenschiffseigner registrierten Küstenmotorschiffe um 450 auf 615 und ihre Tonnage um rund 100 000 auf 570 000 Tonnen abgenommen hat bei gleichzeitigem Anstieg des Flottendurchschnittsalters? Um wettbewerbsfähig zu bleiben, hat sich die deutsche Küstenschiffahrt besonders in den letzten Jahren unter zunehmendem ausländischen Konkurrenzdruck von einem großen Teil der überalterten, kleinen Schiffe trennen müssen, um sie durch zahlenmäßig zwar weniger, aber leistungsfähigere, technisch und finanziell aufwendigere und vor allem wesentlich größere und schnellere Einheiten zu ersetzen. Durch diese Verbesserung des Verhältnisses zwischen Anzahl der Schiffe und der Tonnage ist es der deutschen Küstenschiffahrt gelungen, ihre Leistungsfähigkeit nicht nur zu erhalten, sondern sogar auszubauen. Der Strukturwandel hat zwangsläufig zur Aufgabe oder zu Zusammenschlüssen von solchen Küstenschiffahrtsunternehmen geführt, deren Finanzkraft für eine Anpassung im Alleingang nicht ausreichte. Die Bundesregierung hat zu Beginn dieser Entwicklung den Abgang der überalterten Küstenschiffstonnage durch Abwrackhilfen unterstützt. Sie fördert jetzt in schiffahrtspolitisch vertretbarem Umfang den Neubau leistungs- und wettbewerbsfähiger Ersatztonnage durch Schiffbauzuschüsse oder zinsgünstige Darlehen. In diesem und im nächsten Jahr werden allein aus dem bisherigen Förderungsprogramm 33 Küstenschiffe mit rd. 85 000 tdw neu in Fahrt kommen. Die Förderungsmaßnahmen werden fortgesetzt. Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Josten (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 88) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Kreis Ahrweiler eine große Unruhe in der Bevölkerung und der Wirtschaft des Kreises über eine angeblich beabsichtigte Stillegung des Schienenverkehrs auf der Strecke Remagen—Adenau entstanden ist, und ist die Bundesregierung bereit, solche Pläne abzulehnen, damit die Bemühungen von Bund und Land zur Strukturverbesserung in diesem Raum überhaupt möglich sind? Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) hat das Streckennetz unter betriebswirtschaftlich optimalen Gesichtspunkten untersucht. Nach Vorlage dieser Netzkonzeption der DB wird die seit Anfang des Jahres 1975 auf Staatssekretärebene bereits tätige interministerielle Arbeitsgruppe „Verkehrs- und Regionalpolitik" die gesamt- und verkehrswirtschaftlichen Probleme, die sich aus der Umstrukturierung des Transportnetzes der DB ergeben, eingehend analysieren. Zur Vorbereitung der Entscheidung der Bundesregierung wird sie Vorschläge, insbesondere für ein gesamt- und verkehrswirtschaftlich notwendiges Schienennetz erarbeiten. Dabei werden auch die Auswirkungen auf die Verkehrspolitik, die Raum- und Wirtschaftsstruktur sowie die Entwicklung im Zonenrandgebiet berücksichtigt. Der Bericht soll weitere Vorschläge über flankierende Maßnahmen für die Bereiche der Verkehrs-, Regional- und Strukturpolitik enthalten und ferner die Fragen der Verlagerung des unwirtschaftlichen Bundesbahn-Personennahverkehrs in der Fläche auf die Straße ansprechen. Die Arbeitsgruppe wird das Benehmen mit den von den Landesregierungen für zuständig erklärten Ministern herstellen und die Konsequenzen für die Länder erörtern. Sobald die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vom Bundeskabinett im Laufe des Jahres 1977 beraten worden sind, werden die Regierungschefs der Länder von dem Konzept insgesamt unterrichtet. Danach findet eine Erörterung im Kreise der Regierungschefs von Bund und Ländern statt, zu der auch die zuständigen Landesminister hinzugezogen werden können. Nach erneuter Beratung des Bundeskabinetts werden die im Bundesbahngesetz vorgesehenen Einzelangehörigen durchgeführt. Aussagen über Einzelstrecken der DB kann die Bundesregierung daher im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen. Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Weber (Köln) (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 89) : 14796* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Sind die Planungen hinsichtlich des Ausbaus des S-Bahnnetzes im Kölner Raum abgeschlossen, und in welcher zeitlichen Reihenfolge wird ein Ausbau der einzelnen Streckenabschnitte erfolgen? Die Planungen für den Ausbau der S-Bahn im Raum Köln sind abhängig von den Realitäten des Finanzrahmens unter Berücksichtigung der durch das Haushaltsstrukturgesetz beschlossenen Kürzungen der Investitionsmittel für Vorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs. Hiernach sind für den Raum Köln wegen anderer Prioritäten keine Mittel für neue, größere S-Bahnmaßnahmen bis 1980 vorgesehen. Demnach mußten die Planungen für neue S-Bahnmaßnahmen im Raum Köln gegenüber den Planungen der Deutschen Bundesbahn für Vorhaben in Nordrhein-Westfalen, für die Verträge abgeschlossen sind, zurückgestellt werden. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 90) : Ist die Bundesregierung bereit, beim Bau der Brücke im Zuge der B 519 zwischen Rüsselsheim und Flörsheim, die beleuchtete Wohngebiete unmittelbar verbindet, auch eine volle Brückenbeleuchtung vorzusehen? Eine Brückenbeleuchtung ist im genannten Bereich nicht vorgesehen, da die Straße verkehrssicher und nach modernen Gesichtspunkten ausgebaut wird. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 91) : Welche Folgen hatte nach Erfahrungen der Behörden und Autofahrer das Verbot von Spikes-Reifen bei Glatteis im Berufsverkehr und in Notfällen in Mittelgebirgsgegenden? Die Folgen des Spikesreifenverbotes auf den Verkehrsablauf und die Verkehrssicherheit werden erst nach Ablauf des Winters 1975/76 abgeschätzt werden können. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 92) : Trifft es zu, daß für den Versand von Päckchen und Paketen in die DDR noch immer strengere Bestimmungen als im normalen Postverkehr gelten, und läßt sich nach Ansicht der Bundesregierung gegebenenfalls diese Regelung mit den Beschlüssen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von Helsinki in Einklang bringen? Es entspricht internationalen Gepflogenheiten, daß Staaten Einfuhrvorschriften erlassen, die auch für den Postverkehr Bedeutung haben. Die Vertragswerke des Weltpostvereins tragen dieser Tatsache Rechnung und bestimmen, daß Gegenstände, deren Einfuhr oder deren Verbreitung im Bestimmungsland verboten ist, nicht in Postsendungen aufgenommen werden dürfen. In der Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist über den zwischenstaatlichen Postverkehr nichts ausgesagt. Die Vorschriften der DDR über die Einfuhr von Gegenständen im grenzüberschreitenden Geschenkpaket- und -päckchenverkehr auf dem Postwege sind in der 20. Durchführungsbestimmung zum Zollgesetz und in der dazu gehörenden Bekanntmachung vom 14. Juni 1973 (DDR-Gesetzblatt I 1973 S. 271) enthalten. Diese Vorschriften sind gemessen an den Einfuhrvorschriften anderer Staaten — als streng zu betrachten. Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 93) : Ist die Bundesregierung bereit zu prüfen, ob z. B. nicht im Landkreis Main-Spessart (Unterfranken/Bayern) künftig zur Vereinfachung des Telefondienstes für das gesamte Kreisgebiet nur ein einziges regionales Telefonbuch bzw. Verzeichnis herausgegeben wird? Die Teilnehmer des Landkreises Main–Spessart sind im amtlichen Fernsprechbuch 21, Bereiche Würzburg und Bad Kissingen, also in einem Buch aufgeführt. Es ist nicht beabsichtigt, die Bereichsgrenzen für das amtliche Fernsprechbuch 21 in bezug auf den Bereich des Landkreises Main–Spessart zu ändern. Ein amtliches Fernsprechbuch allein für den Landkreis Main–Spessart kann aus wirtschaftlichen Gründen nicht herausgegeben werden. Es ist jedoch möglich, daß Fernsprechanschlüsse einzelner Teilnehmer, die im Landkreis Main–Spessart an den Grenzen zu den Bundesländern Hessen und Baden-Württemberg wohnen, zu Ortsnetzen gehören, die in anderen amtlichen Fernsprechbüchern aufgeführt sind. In diesen Einzelfällen ist die Oberpostdirektion Nürnberg auf Antrag der betroffenen Gemeinden und mit Zustimmung aller Teilnehmer bereit, einen anderen Eintrag im amtlichen Fernsprechbuch vorzunehmen. Die betroffenen Teilnehmer werden dann unter dem Ortsnetz ihrer Gemeinde und nicht unter dem Ortsnetz, an das sie angeschlossen sind, im amtlichen Fernsprechbuch aufgeführt. Anlage 80 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 94) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14797* In welchen mittel- und ostdeutschen Gebieten werden auf Grund des Ergebnisses der Internationalen Konferenz zur Neuverteilung der Frequenzen die Sendungen des Deutschlandfunks aus dem freien Teil Deutschlands in Zukunft besser, schlechter, nicht mehr oder erstmalig empfangen werden können, und wie rechtfertigt die Bundesregierung das Ergebnis? Die Programme des Deutschlandfunks sollen für Deutschland und das europäische Ausland ausgestrahlt werden. Diese Aufgabe war mit den bisherigen Frequenzen und Sendeanlagen nur eingeschränkt zu erfüllen. Die Bundesregierung hat daher in Abstimmung mit allen Bedarfsträgern bei der Neuverteilung der Frequenzen das Ziel verfolgt, die Versorgungssituation für die Programme des Deutschlandfunks zu verbessern. Eine eingehende Aussage über die Versorgungsgebiete des Deutschlandfunks wird erst möglich sein, wenn die laut Beschluß der Internationalen Konferenz zur Neuverteilung der Frequenzen im Lang- und Mittelwellenbereich in Genf 1975 vorgesehene theoretische Berechnung der Versorgungsgebiete von der Internationalen Fernmeldeunion durchgeführt worden ist. Die Berechnung soll den Verwaltungen Mitte 1976 zur Verfügung stehen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß eine Verbesserung der Versorgungssituation mit dem Programm des Deutschlandfunks erreicht werden wird durch 1. Umstrukturierung des Sendernetzes; dabei werden Doppelversorgungen zugunsten möglichst weitreichender Flächenversorgung aufgegeben, 2. durchgehenden Betrieb aller Sender, die bisherige Nachtabschaltung einiger Sender soll entfallen, 3. Reduzierung von störenden Beeinträchtigungen durch Sender anderer Länder. Der Empfang des Deutschlandfunk-Programms wird durch diese Maßnahmen im Süden der mitteldeutschen Gebiete verbessert und im Westen im wesentlichen beibehalten. Während der Nachtzeit dürfte auch die Versorgung ostdeutscher Gebiete verbessert werden. Anlage 81 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Gerster (Mainz) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 95 und 96) : Trifft es zu, daß im Zuge der Rationalisierung beim Fernmeldeamt Mainz der Vertrauensmann einer Gewerkschaft nachträglich auf Grund der Vereinbarung des Bundespostministers mit der Deutschen Postgewerkschaft zum „Schutz der gewerkschaftlichen Betätigung" von Funktionsträgern dieser Gewerkschaft aus der Liste der umzusetzenden Beamten gestrichen wurde und statt dessen ein anderer Beschäftigter, ein Familienvater, zur Umsetzung und Umschulung vorgesehen wurde, und wenn ja, hält die Bundesregierung den Vorgang mit ihrer offiziellen Auslegung für vereinbar, wonach die Vereinbarung nur Benachteiligungen der Gewerkschaftsfunktionäre verhindern soll, und gibt es weitere derartige Fälle? Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß ein im Zuge notwendiger Rationalisierung erstellter Sozialplan, der die Reihenfolge der Bediensteten bestimmt, denen eine Umsetzung und Umschulung zuzumuten ist, auch dann eingehalten werden muß, wenn hierdurch ein Funktionsträger der Gewerkschaft betroffen wird, daß demzufolge soziale Gesichtspunkte vor der Funktion in einer Gewerkschaft rangieren müssen, und wird die Bundesregierung in diesem Sinne auf die Entscheidung im Fernmeldeamt Mainz einwirken? Zu Frage B 95: Beim Fernmeldeamt Mainz sind 1975 in der Fernsprechentstörungsstelle Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt worden. Es war zunächst nicht zu übersehen, wie viele Arbeitsplätze eingespart werden konnten. Für die Umsetzung in eine andere Dienststelle des Amtes sind deshalb in einer ersten Besprechung fünf Techn. Fernmeldeobersekretäre in Betracht gezogen worden, von denen einer Vertrauensmann einer Gewerkschaft ist. Durch die Rationalisierungsmaßnahmen wurden vier Arbeitsplätze eingespart, so daß eine Auswahl getroffen werden mußte. Dabei wurden die dienstlichen Belange und die persönlichen Verhältnisse der Betroffenen berücksichtigt. Die persönlichen Verhältnisse waren nicht von überwiegender Bedeutung, da die Umsetzung in die andere Dienststelle mit keinem Ortswechsel verbunden war. Entscheidender Wert wurde auf die dienstlichen Belange gelegt. Danach sollte der Beamte mit den besten technischen Kenntnissen in der Fernsprechentstörungsstelle bleiben. Die übrigen Beamten sollten zur Dienststelle „Unterhaltung von Fernsprechvermittlungsstellen" umgesetzt werden. Sie haben durch diese Entscheidung keine Nachteile erlitten. Der Personalrat des Fernmeldeamts Mainz hat den Vorschlägen im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens ohne Einschränkung zugestimmt. Die Entscheidung der Amtsleitung wurde nicht dadurch beeinflußt, daß ein Beamter Funktionsträger einer Gewerkschaft war. Die Bundesregierung hält deshalb den Vorgang mit ihrer Auslegung für vereinbar, wonach die Vereinbarung nur Benachteiligungen der Gewerkschaftsfunktionäre verhindern soll. Es sind auch keine Fälle bekannt, in denen Funktionsträger der Gewerkschaften gegenüber anderen Beschäftigten bevorzugt worden sind. Zu Frage B 96: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß ein Sozialplan, der die Reihenfolge umzusetzender oder umzuschulender Bediensteter bestimmt, auch dann eingehalten werden muß, wenn ein Funktionsträger einer Gewerkschaft betroffen wird. Anlage 82 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 7/4555 Frage B 97) : Welche Personen können auf Grund welchen Rechts einen Zug der Deutschen Bundesbahn zu einem planmäßig nicht vorgesehenen Halt zwingen, und wer zahlt die dadurch entstehenden Kosten? Die Deutsche Bundesbahn hat mir zu Ihrer Frage erklärt, daß sie z. B. bei Zugverspätungen bemüht ist, nachteilige Auswirkungen für die Reisenden so gering wie möglich zu halten. Dazu können u. a. 14798* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 Züge zur Aufnahme oder zum Aussteigen von Reisenden außerplanmäßig angehalten werden, wenn die Betriebslage und die gegebenen Umstände dies zulassen. Es handelt sich hierbei um „Kannleistungen", über die in jedem Einzelfall die zuständige Oberzugleitung entscheidet. Die durch einen außerplanmäßigen Zugaufenthalt im Einzelfall auftretenden geringfügigen Kosten sind gegenüber kundendienstlichen Erwägungen namentlich bei Zugverspätungen bedeutungslos. Anlage 83 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 98) : Welche Rechtsauffassung über den Grenzverlauf zur DDR macht sich die Bundesregierung zu eigen: die des „DDR-Handbuches", das im Auftrage des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen vor kurzem herausgegeben wurde, oder die der Gutachter des Bundesinnenministeriums? Nach der Rechtsauffassung der Bundesregierung bestimmt sich der Verlauf der heutigen Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik nach den Festlegungen des Londoner Protokolls zwischen den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und der UdSSR vom 12. September 1944 in der durch das Ergänzungsabkommen vom 14. November 1944 veränderten Fassung und späteren alliierten Vereinbarungen. Alle dafür maßgeblichen Dokumente sind in der Dokumentation enthalten, die von Mitarbeitern des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen zusammengestellt wurde und Ihnen bekannt ist. Die auf Seite 737 des vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen herausgegebenen DDR-Handbuches befindliche Übersichtsskizze dient vor allem dem Zweck, deutlich zu machen, daß amerikanische und britische Truppen zum Zeitpunkt der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht zum Teil erheblich ostwärts des Verlaufes der im Londoner Protokoll vom 12. September 1944 in der Fassung vom 14. November 1944 festgelegten Demarkationslinie zwischen den westlichen Besatzungszonen und der sowjetischen Besatzungszone standen. Diese Karte wurde ohne inhaltliche Änderungen aus dem Taschenbuch A—Z, 11. Auflage 1969, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Seite 137, übernommen. Aus dem Darstellungszweck ergibt sich, daß die Kartenskizze für den Rechtsstandpunkt der Bundesregierung über den Grenzverlauf zur DDR irrelevant ist. Andernfalls könnte zum Beispiel auch die auf Seite 138 desselben Buches ebenfalls unter der Überschrift „Demarkationslinie" abgedruckte Kartenskizze zur Interpretation des Rechtsstandpunktes der Bundesregierung herangezogen werden. Hier deckt die Signatur „Demarkationslinie" von Schnackenburg bis Lauenburg die gesamte Flußeinzeichnung ab. Zu Ihrer Information füge ich Kopien der zitierten Seiten des Taschenbuches bei. Anlage 84 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Fragen B 99 und 100) : Wie hoch ist das Durchschnittsalter der Regierungsräte, Oberregierungsräte, Regierungsdirektoren, Ministerialräte im Bundesministerium für Forschung und Technologie und die Verteilung der Besoldungsgruppen innerhalb des höheren Dienstes im gleichen Ministerium? Wie viele Referenten im Ministerium für Forschung und Technologie waren bei der Übernahme eines Referates Regierungsrat, Oberregierungsrat, Regierungsdirektor, Ministerialrat oder Angestellter im Zeitraum von 1969 bis 1975? Zu Frage B 99: Das Durchschnittsalter der Beamten im Bundesministerium für Forschung und Technologie beträgt z. Z. bei den Regierungsräten: 35 Jahre, Oberregierungsräten: 37 Jahre, Regierungsdirektoren: 42 Jahre, Ministerialräten A 16: 45 Jahre, Ministerialräten B 3: 51 Jahre. Die Besoldungsgruppen im höheren Dienst verteilen sich nach dem Haushaltssoll 1976 (Regierungsentwurf) wie folgt: A 13/14: 29,74 %, A 15: 41,54 %, A 16: 6,16 %, B 3: 15,90 %, B 6: 4,10 %, B 9: 2,05 %, B 11: 0,51 %. Aus der Aufstellung ergibt sich, daß 28,72 % der Beamten des höheren Dienstes den Besoldungsgruppen A 16 und höher angehören. Nimmt man die 14 Angestellten des höheren Dienstes hinzu, so sind es 27,02 % der Mitarbeiter. Insoweit hat das Bundesministerium für Forschung und Technologie, soweit ich das übersehen kann, den ungünstigsten Stellenkegel aller Bundesressorts. Zu Frage B 100: Seit 15. Dezember 1972 (Bildung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie durch Organisationserlaß des Bundeskanzlers) sind Mitarbeiter folgender Laufbahn- bzw. Vergütungsgruppen erstmals mit der Übernahme eines Referats beauftragt worden: Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 213. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Januar 1976 14799* Regierungsräte: 2, Oberregierungsräte: 3, Regierungsdirektoren oder Angestellte nach BAT I a: 19, Ministerialräte oder Angestellte nach ADO/B 3: 5. Anlage 85 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 101) : Trifft es zu, daß das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen technische Hilfe auch für neu geplante Projekte erdölexportierender Länder vorsieht, wofür diese nicht die vollen Kosten zu erstatten haben, und wie stellt die Bundesregierung — bejahendenfalls — sicher, daß die deutschen Beiträge für dieses Programm nicht in einer derartigen Weise verschwendet und den wirklich hilfsbedürftigen Ländern entzogen werden? Die Bundesregierung hat sich im Verwaltungsrat des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) erfolgreich dafür eingesetzt, daß alle bessergestellten Entwicklungsländer — und nicht nur die reicheren OPEC-Mitglieder — im neuen Verteilungszyklus zu sog. „Nettobeitragszahlen" werden. Dies bedeutet für diese Gruppe von Ländern, die über ein jährliches Pro-Kopf-Einkommen von 700,— US-Dollar und mehr verfügen, daß ihre an UNDP geleisteten Beiträge mindestens dem Wert der erhaltenden Technischen Hilfe entsprechen müssen. Eine Anzahl erdölexportierender Länder (z. B. Kuwait, Saudi-Arabien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate) hat bereits in der Vergangenheit den Status von Nettobeitragszahlen erreicht bzw. steht kurz davor. Daraus folgt, daß von einer Mittelverschwendung keine Rede sein kann. Es konnte im Gegenteil erreicht werden, daß statt früher 69 % nunmehr 80 % der zur Verfügung stehenden Mittel den ärmeren Entwicklungsländern, d. h. solchen mit einem Jahres-Pro-Kopf-Einkommen unter 500,— US-Dollar, zugute kommen. Die 28 am wenigsten entwickelten Länder sollen in Zukunft sogar 31,5 % statt bisher 22 % der Projektmittel erhalten. Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/4555 Frage B 102) : Trifft es zu, daß der Bundeskanzler in seiner Rede auf der Jahreshauptversammlung der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände am 11. Dezember 1975 in seiner Rede ausgeführt hat: „Ich betone ausdrücklich, daß der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bei einem Gespräch mit Arbeitgebervertretern der einzige war, der vom Thema, der Berufbildung, wirklich etwas verstand. Das stellte sich im Verlauf dieses Gesprächs heraus", und wenn ja, auf welche an jenem Gespräch beteiligten Vertreter der Arbeitgeberverbände bezog sich dieses Urteil? Der Bundeskanzler hat weder auf ein einzelnes Gespräch mit Arbeitgebervertretern Bezug genommen, noch den BDA-Präsidenten als den einzigen Sachverständigen bezeichnet. Er hat vielmehr ausgeführt: „Nehmen Sie das Feld der Berufsausbildung als ein Beispiel. Ich habe die Kritik aus vielen Richtungen nur in einigen Ausnahmefällen als gerechtfertigt und als hilfreich empfunden. Ich betone hier ausdrücklich, daß der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände einer der wenigen Präsidenten war, mit denen ich im Laufe dieses Jahres über die Reform der Berufsausbildung gesprochen habe, die über die Problematik genau Bescheid wußten."
Gesamtes Protokol
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721300000
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 16. Dezember 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Dreyer, Dr. Narjes, Dr. Müller-Hermann, Dr. Jobst, Sick, Dr. Dollinger, Dr. Riedl (München) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Aktivität von Staatsunternehmen der Länder des Ostblocks auf den nationalen und internationalen Verkehrsmärkten — Drucksache 7/4357 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/4583 verteilt.
Überweisung von Zollvorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Aufhebbare verkündete Einunddreißigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung — (Drucksache 7/4527)

Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig dem Plenum am 1. April 1976
Aufhebbare verkündete Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 2/76 — Zollkontingent 1976 für Bananen) (Drucksache 7/4531)
Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig dem Plenum am 1. April 1976
Überweisung von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Entscheidung des Rates zur Verlängerung des Mechanismus für den mittelfristigen finanziellen Beistand (Drucksache 7/4464)

überwiesen an den Finanzausschuß (federführend), Ausschuß für Wirtschaft, Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates
zur Festsetzung für das Jahr 1976 der mengenmäßigen Ausfuhrkontingente der Gemeinschaft für bestimmte Aschen und Rückstände von Kupfer sowie für bestimmte Bearbeitungsabfälle und bestimmten Schrott aus Kupfer und Aluminium
zur Festsetzung für das Jahr 1976 der mengenmäßigen Ausfuhrkontingente der Gemeinschaft für bestimmte Bearbeitungsabfälle und bestimmten Schrott aus Blei (Drucksache 7/4469)

überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte handgearbeitete Waren (handicrafts) für das Jahr 1976 (Drucksache 7/4474)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Aufrechterhaltung der Eilmaßnahmen hinsichtlich der Einfuhr von gewissen Textilerzeugnissen mit Urprung in der Republik Korea und Taiwan nach Frankreich und in das Vereinigte Königreich (Drucksache 7/4475)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates fiber den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Staat Israel hinsichtlich der Einfuhr von Tomatenmark mit Ursprung in Israel in die Gemeinschaft (Drucksache 7/4491)
iiherwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Mitteilung der Kommission an den Rat zum Getreidenahrungsmittelhilfeprogramm für 1975/1976 und die Verwendung der im Programm 1974/75 vorgesehenen Sahel-Reserve und Verordnung (EWG) des Rates zur Abweichung von der Verordnung in bezug auf die Verfahren zur Bereitstellung von Getreide für die Nahrungsmittelhilfe und
Entscheidung des Rates über die gemeinschaftliche Finanzierung einer Ausgabe für die Nahrungsmittelhilfe im Rahmen des Programms 1975/1976 (Drucksache 7/4496)

überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend), Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung der Gemeinschaftszollkontingente für bestimmte Gewebe, Samt und Plüsch, auf Handwebstühlen hergestellt, der Tarifnummern ex 50.09, ex 50.10, ex 55.07, ex 55.09 und ex 58.04 des Gemeinsamen Zolltarifs (Drucksache 7/4497)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung ins Rat
Verordnung (EWG) des Rates über eine Aktion zur Umstrukturierung des Sektors der handwerklichen Küstenfischerei (Drucksache 7/4498)
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Staat Israel hinsichtlich der Einfuhr von Fruchtsalaten mit Ursprung in Israel in die Gemeinschaft (Drucksache 7/4499)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Festlegung gemeinsamer Normen für den Wassergehalt in Schlachtkörpern von gefrorenen und tiefgefrorenen Hühnern, Hähnen und Hähnchen (Drucksache 7/4500)

überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1599/75 des Rates vom 24. Juni 1975 über die Regelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und bestimmte aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren mit Ursprung in den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean oder in den überseeischen Ländern und Gebieten (Drucksache 7/4501)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1877/74 des Rates über die Destillation der Nebenerzeugnisse der Weinbereitung (Drucksache 7/4502)
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat



Vizepräsident Frau Funcke
Verordnung (EWG) des Rates über die Landwirtschaft des Großherzogtums Luxemburg (Drucksache 7/4503)
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften betreffend die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen (Drucksache 7/4504)

überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates über den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Portugiesischen Republik über die Selbstbeschränkung für portugiesische Ausfuhren von Tomatenkonserven für das Jahr 1976 (Drucksache 7/4505)

überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates
mit Sondermaßnahmen insbesondere zur Festsetzung der Angebote von Olivenöl auf dem Weltmarkt
Sondermaßnahmen insbesondere zur Festsetzung der Angebote von Olivenöl auf dem griechischen Markt (Drucksache 7/4506)

überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend Einheiten im Meßwesen (Drucksache 7/4507)

überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die für die Jahre 1976 und 1977 gültige Einfuhrregelung für synthetische Socken mit Ursprung in Taiwan in der Bundesrepublik Deutschland, in den Beneluxländern und in Frankreich (Drucksache 7/4508)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte uni Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Mitteilung der Kommission an den Rat betreffend das Butteroil-Nahrungsmittelhilfeprogramm für 1976 und
Verordnung (EWG) des Rates
zur Festlegung der Grundregeln für die Lieferung von Milchfett im Rahmen des Nahrungsmittelhilfeprogramms 1976 an bestimmte Entwicklungsländer und internationale Organisationen
über die Lieferung von Milchfett an bestimmte Entwicklungsländer und internationale Organisationen im Rahmen des Nahrungsmittelhilfeprogramms für 1976
über die Lieferung von Butteroil an Pakistan als Nahrungsmittelhilfe, im Rahmen dei Verordnung (EWG) Nr. 1542/75 (Drucksache 7/4522)
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Verlängerung bis. zum 30. Juni 1976 der Verordnung (EWG) Nr. 3576/73 über die Einfuhr des Weinbauerzeugnisses mit Ursprung in und Herkunft aus Zypern, das unter der Bezeichnung „Cyprus sherry" ausgeführt wird, sowie der Beihilferegelung für gleichartige Weinbauerzeugnisse, die in der Gemeinschaft in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung erzeugt und nach Irland und dem Vereinigten Königreich ausgeführt werden (Drucksache 7/4523)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend Edelmetallarbeiten (Drucksache 7/4526)

überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte uni Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die Lieferung von Magermilchpulver an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zugunsten der Flüchtlinge aus Timor im Rahmen des Nahrungsmittelhilfeprogramms 1975 und
Beschluß des Rates über die gemeinschaftliche Finanzierung bestimmter Ausgaben betr. die Nahrungsmittelhilfe an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zugunsten der Flüchtlinge aus Timor im Rahmen des Programms 1974/1975 und
Verordnung (EWG) des Rates zur Abweichung von der Verordnung (EWG) Nr. 2750/75 in bezug auf die Verfahren für die Bereitstellung der Nahrungsmittelhilfe für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zugunsten der Flüchtlinge aus Timor (Drucksache 7 4540)
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über ein Referenztarifsystem für die Beförderung von Gütern in der Binnenschiffahrt zwischen den Mitgliedstaaten (Drucksache 7/4541)
überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über das Sichtfeld der Fahrer von Kraftfahrzeugen (Drucksache 7'4542)

überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinien des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Emission verunreinigender Stoffe aus Dieselmotoren zum Antrieb von land- und forstwirtschaftlichen Zugmaschinen auf Rädern (Drucksache 7'4543)

überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (federführend), Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Durchführung der Richtlinie vom
4. März 1969 hinsichtlich der Ausbesserungsvorgänge im
Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs (Drucksache 7/4562)

überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur fünften Änderung der Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für färbende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen (Drucksache 7/4563)

überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Entscheidung des Rates über ergänzende Maßnahmen in der Landwirtschaft im Anschluß an die Aufwertung der Deutschen Mark (Drucksache 7/4564)

überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend), Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Mitteilung betreffend das Europäische Sozialbudget (Drucksache 7/4565)

überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates
zur Ausdehnung des Anhangs der Verordnung (EWG) Nr. 109/70 zur Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die Einfuhr aus Staatshandelsländern auf andere Erzeugnisse
zur Aufnahme weiterer Waren in Spalte 2 der Liste in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 1439/74 betreffend die gemeinsame Einfuhrregelung (Drucksache 7/4566)
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung wird Punkt 9 der Tagesordnung als erster aufgerufen:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Strafrechtsänderungsgesetzes
— Drucksachen 7/3030, 7/3064
Bericht und Antrag des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform
— Drucksache 7/4549 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Spranger
Abgeordneter Coppik

(Erste Beratung 155. Sitzung)

b) Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze des Gemeinschaftsfriedens
— Drucksache 7/2772 —
Bericht und Antrag des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform
— Drucksache 7/4549 —



Vizepräsident Frau Funcke
Berichterstatter:
Abgeordneter Spranger
Abgeordneter Coppik

(Erste Beratung 155. Sitzung)

c) Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze des Gemeinschaftsfriedens
— Drucksache 7/2854 —
Bericht und Antrag des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform
— Drucksache 7/4549 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Spranger Abgeordneter Coppik

(Erste Beratung 155. Sitzung)

Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann treten wir in die allgemeine Aussprache ein. Als erster Redner hat das Wort Herr Abgeordneter Müller-Emmert.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0721300100
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, den wir heute in zweiter und dritter Lesung beraten, ist ein weiterer Schritt auf dem von allen Fraktionen gemeinsam begangenen Weg zur Reform des Strafrechts. In seiner vom Sonderausschuß für die Strafrechtsreform erarbeiteten Fassung steht dieser Entwurf im Einklang mit den Prinzipien, die uns bisher bei der Strafrechtsreform geleitet haben. Hierzu gehört zunächst einmal vor allem das Schuldprinzip, wonach jeder nur nach dem Maße seiner Schuld und der Beteiligung an einer Straftat strafrechtliche Verantwortung zu tragen hat. Zu diesem Prinzip haben sich alle Fraktionen bei der Verabschiedung des Zweiten Strafrechtsreformgesetzes vom 4. Juli 1969 ausdrücklich bekannt.
Ein weiteres Prinzip ist, strafrechtliche Normen nur für diejenigen Lebenssachverhalte vorzusehen, wo strafrechtliches Einschreiten im Interesse des Rechtsgüterschutzes dringend notwendig ist. Daraus folgt, daß nur das, was sich als kriminelles Unrecht darstellt, in das Strafgesetzbuch gehört. Die Regelung des Verwaltungsrechtes hat dagegen im Ordnungswidrigkeitengesetz oder in den einschlägigen Verwaltungsgesetzen ihren Platz.
Schließlich ist es ein allgemeiner Grundsatz, der uns bei unseren bisherigen Reformarbeiten im Bereich des Strafrechtes gemeinsam geleitet hat, daß der Gesetzgeber neuen oder zumindest erheblich geänderten Lebenssachverhalten, die durch die Fortentwicklung unserer Gesellschaft entstanden sind und die sich mit den geltenden Strafnormen nicht hinreichend erfassen lassen, durch Schaffung neuer gesetzlicher Vorschriften oder Änderung bestehender Bestimmungen Rechnung trägt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang beispielsweise an die von uns vor einigen Jahren gemeinsam beschlossene neue Vorschrift der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, die notwendig geworden war, um die Bürger vor unbefugtem Abhören mittels neuartiger technischer Geräte zu schützen.
Daß sich die Formen der Gewaltanwendung in einigen Bereichen in einer Weise geändert haben, die eine Reaktion des Gesetzgebers erfordert, dürfte allgemein anerkannt sein. Wie anders wäre es sonst zu erklären, daß wir zu dem Gegenstand, den wir heute behandeln, Gesetzentwürfe sowohl von der Bundesregierung als auch von Bundesrat und Opposition vorliegen haben? Welche Bereiche das im einzelnen sind, darüber besteht zwischen Koalition und Opposition nicht in allen Punkten Einigkeit.
Einigkeit besteht jedoch darüber, daß wissentlich falsche Warnungen vor angeblichen Straftaten, wie beispielsweise die unwahre Behauptung eines angeblich bevorstehenden Bombenattentats, strafrechtlich erfaßt werden müssen. Dies ist ein Verhalten, das, wie wir alle wissen, immer häufiger Anwendung findet und in aller Regel sowohl in bezug auf die Staatsbürger als auch in bezug auf die staatlichen Organe die gleichen Wirkungen wie Drohungen hat. Solche wissentlich falschen Vortäuschungen bevorstehender Gewalttaten werden nunmehr in den §§ 126, 145 d und 241 als Straftaten mit erfaßt, so daß diese Lücke im Strafrecht mit gutem Grund geschlossen wird.
Einigkeit besteht ebenfalls darüber, daß der geltende § 126 des Strafgesetzbuches, der die Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung eines gemeingefährlichen Verbrechens unter Strafe stellt, nicht mehr ausreicht. Dieser Straftatbestand muß erweitert werden, weil die Bevölkerung auch durch die Androhung anderer Gewalttaten, die vom Strafrecht nicht als gemeingefährliche Verbrechen klassifiziert werden, in gleicher Weise beunruhigt werden kann.
Die Auffassungen von Koalition und Opposition unterscheiden sich hierbei jedoch insoweit voneinander, als Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Androhung einer jeden Gewalttätigkeit gegen Menschen oder Sachen in § 126 berücksichtigt sehen wollen, während wir von der Koalition aus rechtsstaatlichen Überlegungen eine Beschränkung des § 126 auf schwere Gewalttaten für erforderlich halten.
Ein Bereich, in dem von Anfang an keine Einigkeit über die Notwendigkeit einer gesetzlichen Neuregelung bestanden hat, ist der § 125, die Vorschrift über den Landfriedensbruch. Die geltende Fassung des § 125 beruht auf dem Dritten Strafrechtsreformgesetz vom 20. Mai 1970, mit dem diese Strafvorschrift an das Schuldstrafrecht angeglichen wurde. Bereits damals, in der zweiten und dritten Lesung dieses Gesetzentwurfes, hatten wir uns in diesem Hause eingehend mit den Problemen zu befassen, die mit diesem Straftatbestand verbunden sind. Vieles von dem, was damals ausgeführt wurde, ließe sich heute gegenüber den Vorschlägen von Bundesrat und Opposition wiederholen.
Ich will darauf verzichten, alle diese Argumente hier noch einmal darzulegen. Ich will mich auf



Dr. Müller-Emmert
einige wichtige Gesichtspunkte beschränken, die
gegen die von der Opposition vorgeschlagene Erweiterung des Straftatbestandes des § 125 sprechen.
Nach den Vorschlägen von Bundesrat und Opposition, die insoweit inhaltlich deckungsgleich sind, soll nach § 125 neu mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer sich einer Menschenmenge anschließt oder sich nicht aus ihr entfernt, wenn aus dieser Menschenmenge mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit begangen werden und diese Menschenmenge diese Handlungen in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise unterstützt. Begründet wird diese Erweiterung der Strafbarkeit von der Opposition damit, daß die geltende Regelung in der Vergangenheit für eine wirksame Bekämpfung von Gewalttätigkeiten, die im Zusammenhang mit Demonstrationen begangen wurden, nicht ausgereicht habe.
Meine Damen und Herren von der Opposition, das Gegenteil ist erweislich der Fall. Aus dem Sonderausschuß für die Strafrechtsreform während seiner Beratungen vom Bundesjustizministerium zur Verfügung gestellten statistischen Material geht eindeutig hervor, daß in den Jahren 1970 bis 1974 nicht mehr, wie noch im Jahre 1969, bei jeder zweiten bis dritten, sondern nur noch bei jeder achten bis zwanzigsten Demonstration Gewalttätigkeiten begangen wurden. Der Anteil der unfriedlichen Demonstrationen ist damit erheblich zurückgegangen.
Nicht rückläufig, sondern vielfach sogar höher als im Jahre 1969, in dem bekanntlich die meisten unfriedlichen Demonstrationen zu verzeichnen waren, ist dagegen der prozentuale Anteil der Verurteilungen wegen Landfriedensbruchs, bezogen auf die Gesamtzahl der unfriedlichen Demonstrationen des jeweiligen Jahres. Von einem Rückgang der Verurteilungen als Folge der Liberalisierung des § 125 durch das Dritte Strafrechtsreformgesetz kann also keine Rede sein. Im Gegenteil, es steht auf Grund dieser Tatsachen fest, daß der neugefaßte Tatbestand des Landfriedensbruchs eine viel wirksamere strafrechtliche Bekämpfung unfriedlicher Demonstrationen ermöglicht.
Bei der strafrechtliche Beurteilung der Teilnehmer an einer unfriedlichen Demonstration müssen folgende Personengruppen unterschieden werden:
An erster Stelle sind diejenigen zu nennen, die sich in Ausübung dienstlicher oder beruflicher Pflichten in der Menge aufhalten. Hierzu gehören Ärzte, Rotkreuzhelfer, Journalisten, Presse- und Fernsehleute. Daß das Verweilen dieser Personen in einer unfriedlichen Menge kein strafwürdiges Unrecht enthält, dürfte mittlerweile allgemein anerkannt sein. Nur am Rande sei vermerkt, daß der genannte Personenkreis in einem solchen Falle nach der vor dem Jahre 1970 geltenden Gesetzesfassung wegen Landfriedensbruchs bestraft worden wäre. Die Entwürfe von Bundesrat und Opposition greifen insoweit nicht auf das vormalige Recht zurück, sondern stellen entsprechend dem geltenden Recht Personen, die in Ausübung dienstlicher oder beruflicher
Pflichten bei einer unfriedlichen Demonstration zugegen sind, straffrei.
Als nächste Gruppe wären diejenigen Personen zu nennen, die bei einer unfriedlichen Demonstration lediglich als Neugierige zugegen sind, ohne sich in irgendeiner Weise an dem Geschehen zu beteiligen. Nach den Vorschlägen vom Bundesrat und Opposition sollen sich diese Personen durch den bloßen Anschluß an eine unfriedliche Menge oder das Verweilen in ihr strafbar machen, weil jeder, der sich einer Menge anschließe, die bereits zur Unterstützung von Gewalttätigkeiten übergegangen sei, oder der sich nicht aus einer solchen Menge entferne, deren friedensstörende Bereitschaft fördere, damit zur Solidarisierung der Menge beitrage und auf diese Weise die Gefahr der Aggression und der gesetzwidrigen Übergriffe verstärke.
Meine Damen und Herren, bei aller Anerkennung des Unwertes, der einem auf Neugier beruhenden Aufenthalt in einer unfriedlichen Menge möglicherweise anhaften mag, kann ich unter Beachtung der freiheitlich-demokratischen Ordnung unseres Staates in einem solchen Verhalten kein strafwürdiges Kriminalunrecht erblicken. Bürger wegen ihrer Neugierde zu bestrafen und damit für viele Jahre mit dem Makel einer Vorstrafe zu belasten, widerspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Schuld und ist unbillig. Eine Bestrafung dieser Personen wäre ein Rückfall in die Zeiten des alten Obrigkeitsstaates, von dessen Relikten wir das Strafrecht mit dem Dritten Strafrechtsreformgesetz im Jahre 1970 befreit haben. Für die Ahndung eines solchen Verhaltens ist das Recht der Ordnungswidrigkeiten ausreichend und richtig. In solchen Fällen sieht der Ordnungswidrigkeitstatbestand der unerlaubten Ansammlung Geldbußen bis zu 1 000 DM vor.
Sodann wäre die Gruppe derjenigen Demonstrationsteilnehmer anzuführen, die trotz der von anderen verübten Gewalttat, die sie keinesfalls gutheißen, im Hinblick auf das mit der Demonstration eigentlich verfolgte Ziel, das ihnen am Herzen liegt, die Demonstration fortsetzen wollen und sich deshalb nicht entfernen. Für die Bewertung dieses Verhaltens gilt nichts anderes als bei der Gruppe der Neugierigen. Auch hierin kann entgegen der Auffassung der Opposition und des Bundesrates kein kriminelles, sondern lediglich ein Verwaltungsunrecht in Form einer Ordnungswidrigkeit erblickt werden.
Zu geradezu grotesken Ergebnissen kommen die Entwürfe des Bundesrates und der Opposition bei der Gruppe der sogenannten Abwiegler. Darunter versteht man in Fachkreisen diejenigen Personen, die sich darum bemühen, auf unfriedliche Demonstranten in der Weise positiv einzuwirken, daß sich diese dem Gesetz gemäß verhalten und keine weiteren Straftaten mehr begehen. Auch diese Gruppe soll nach den Vorstellungen der Opposition und des Bundesrates unter Strafe gestellt werden. Hierfür kann man aber auch beim besten Willen kein Verständnis haben.
Schließlich geht es noch um diejenigen Personen, die Gewalttätigkeiten verüben oder an Gewalttätig-



Dr. Müller-Emmert
keiten anderer als Anstifter oder Gehilfen teilnehmen, indem sie als sogenannte Aufwiegler oder Anheizer tätig werden oder Gewalttäter decken oder vor dem polizeilichen Zugriff abschirmen. Hier handelt es sich in der Tat in jeder Weise um strafwürdiges Unrecht. Dieser Personenkreis wird jedoch eindeutig durch § 125 in der geltenden Fassung ausreichend erfaßt. Eine Änderung des Gesetzes ist demnach nicht notwendig.
Weiterhin muß mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß durch die von der Opposition vorgeschlagene Erweiterung des Straftatbestands des Landfriedensbruchs die Arbeit der Polizei entgegen der Auffassung der Opposition keinesfalls erleichtert, sondern im Gegenteil erschwert würde.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] und von Schoeler [FDP]: Sehr richtig!)

Zudem würde die Effektivität der Polizei bei der Bekämpfung von Gewalttaten im Zusammenhang mit Demonstrationen abnehmen, wenn der Vorschlag der Opposition Gesetz würde. Mit einer unfriedlichen Demonstration fertig zu werden ist immer Aufgabe der Polizei. Wie dies am besten geschieht, ist vor allem eine polizeitaktische Frage, wobei das Vorgehen der Polizei weitgehend von den jeweiligen Umständen, beispielsweise der Örtlichkeit oder der Größe der Menschenmenge, abhängt.

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Das ist eine Frage der gesetzlichen Grundlagen, Herr Kollege!)

— Hören Sie bitte aufmerksam zu, Herr Kollege Eyrich!
Mit einer Erweiterung der Strafbarkeit des Landfriedensbruchs würde die Polizei auf Grund des für die Verfolgung von Straftaten geltenden Legalitätsprinzips verpflichtet sein, grundsätzlich alle Teilnehmer an einer unfriedlichen Demonstration festzunehmen oder deren Personalien festzustellen, da sich ja alle strafbar gemacht hätten. Eine Konzentration auf die eigentlichen Gewalttäter, den harten Kern, wäre der Polizei rechtlich nicht möglich.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721300200
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Arndt? — Bitte sehr!

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0721300300
Herr Kollege Müller-Emmert, können Sie bestätigen, daß die gegenwärtige Fassung des § 125 gerade wesentlich auf Vorschläge des Hamburger Senats zurückgeht, die ihrerseits darauf beruhen, daß entsprechende Erfahrungen bei den Osterunruhen des Jahres 1968 gesammelt wurden, wo die Gefahr von fast hundert Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen Begünstigung bestand, weil sie nämlich aus polizeitaktischen Gründen dem Legalitätsprinzip nicht hatten folgen können?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0721300400
Ja, ich kann Ihnen das voll bestätigen. Das können auch die Kollegen bestätigen, die dem Strafrechtsausschuß angehören. Wir haben damals auch Sachverständige aus dem
Bundesland Hamburg gehört, die uns genau diesen Sachverhalt bestätigt und vorgetragen haben.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Das müssen weiße Raben gewesen sein! — Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Es gab auch andere Sachverständige!)

— Herr Kollege Eyrich, Sie weisen in Ihrem Zuruf auf die anderen Sachverständigen hin. Diese mußten aber, da sie juristisch in die Enge getrieben waren, zugeben, daß sie rein faktisch mit den Problemen fertig werden müssen und damit letztlich besser fertig werden, wenn für das Einschreiten der Polizei, was ich noch ausführen werde, nicht das Legalitäts-, sondern das Opportunitätsprinzip gilt.

(Zuruf des Abg. Dr. Eyrich [CDU/CSU])

Der Polizei würde eine Aufgabe aufgebürdet, die so schwierig und umfangreich wäre, daß sie in vielen Fällen, wie ich schon sagte, rein faktisch nicht erfüllbar wäre. Man braucht nur an größere Demonstrationen mit mehreren tausend Teilnehmern zu denken. In solchen Fällen wäre die Polizei zwangsläufig in die Lage versetzt, aus der unfriedlichen Menge mit der Folge auszuwählen, daß mehr oder weniger der Zufall über Bestrafung oder Nichtbestrafung entscheiden würde. Damit verbunden wäre die Gefahr, daß Polizisten, wie auch schon erwähnt, wegen Begünstigung im Amt angezeigt würden, wie dies im übrigen in Hamburg 1969 der Fall war.
Eine weitere, viel schwerwiegendere Folge wäre, daß wegen der Verpflichtung zur Festnahme oder zur Personalienfeststellung grundsätzlich aller Teilnehmer die eigentlichen Gewalttäter und deren Helfer frei ausgehen könnten, weil die Kräfte der Polizei zur Festnahme dieser Teilnehmer einfach nicht ausreichen würden.
Nach der derzeitigen Rechtslage kann sich die Polizei hingegen auf die Gewalttäter und Teilnehmer einschließlich der Anheizer und Aufwiegler konzentrieren, weil nur diese nach § 125 wegen Landfriedensbruchs strafbar sind.

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Sind denn das so viele?)

Wer sich der Polizei dabei in den Weg stellt, um diese Personen zu decken, macht sich der Beihilfe schuldig und ist ebenfalls strafbar.
Andere Demonstrationsteilnehmer, die der Polizei hinderlich sind, können bekanntlich ebenfalls vorläufig festgenommen und auf Grund der Polizeigesetze der Bundesländer bis zu 24 Stunden sistiert werden, da sie eine Ordnungswidrigkeit der unerlaubten Ansammlung begangen haben, für die zudem eine Geldbuße bis zu 1 000 DM vorgesehen ist. Die Polizei ist, da im Ordnungswidrigkeitenrecht das Opportunitätsprinzip gilt, damit in der Lage, ihr Vorgehen bei unfriedlichen Demonstrationen weitgehend nach Zweckmäßigkeitserfordernissen und erst recht auch nach dem Gesichtspunkt der größeren Effektivität auszurichten.
Strafvorschriften, die es praktisch ermöglichen, daß oft nur der Zufall über Bestrafung oder Nicht-



Dr. Müller-Emmert
bestrafung entscheidet, wirken nicht generalpräventiv. Sie werden nämlich von der Bevölkerung mit gutem Grund als Unrecht empfunden und deshalb abgelehnt. Solche Vorschriften können überdies sogar noch zu Staatsverdrossenheit und teilweise auch zu unerwünschter Solidarisierung mit Gewalttätern führen.
Aus allen diesen Gründen sind wir der Meinung, daß eine Änderung der Strafvorschrift des Landfriedensbruchs in keiner Weise erforderlich ist.
Lassen Sie mich weiter kurz darauf eingehen, daß der Bundesrat und die Opposition verschiedene Änderungen des Versammlungsgesetzes vorgeschlagen haben. In diesem Punkt kann ich mich wirklich kurz fassen. Für eine Änderung des Versammlungsgesetzes besteht keine Notwendigkeit, da alle bisher in ,diesem Bereich aufgetretenen Probleme mit den geltenden Vorschriften leicht bewältigt werden konnten.
Schließlich möchte ich noch zu einem besonders wichtigen und umstrittenen Problem kommen, das nicht nur den Strafrechtsausschuß und die Fraktionen des Bundestages, sondern auch die Presse und die Öffentlichkeit in besonderer Weise beschäftigt hat. Ich meine die Befürwortung von und die Anleitung zu Gewalttaten. Hier können wir die Augen nicht davor verschließen, daß sich die Formen, in denen solche Befürwortungen und Anleitungen erfolgen, in den letzten Jahren vermehrt und auch wesentlich verfeinert haben. Wir alle kennen die Druckschriften, die unter dem Namen „Kochbücher" bekanntgeworden sind und genaue Anleitungen für Gewalt- und Terrorakte sowie Bombenattentate enthalten. Daneben gibt es aber auch zahlreiche theoretische Abhandlungen, in denen zwar, vom äußeren Inhalt her gesehen, nur über den Verlauf von Revolutionen in der Vergangenheit und die dabei angewandten Methoden berichtet, unterschwellig jedoch dafür geworben wird, mit vergleichbaren Methoden auch bei uns Revolutionen durchzuführen. Den maßgebenden Leuten unter den Terroristen und Revolutionären fehlt es in der Regel nicht an intellektuellen Fähigkeiten. Sie waren und sind daher in der Lage, sich bei der Propagierung von Gewalt komplizierter und ausgeklügelter psychologischer Mechanismen zu bedienen. Ein bestimmter Prozentsatz der in den letzten Jahren bei uns verübten Terror- und Gewalttaten ist sicherlich auch mit auf solche offenkundigen oder verdeckten Propagierungen von Gewaltanwendungen zur Änderung der politischen Verhältnisse in unserem Lande, die klar eine zu Straftaten anheizende Tendenz erkennen lassen, zurückzuführen.
Mit den geltenden Vorschriften, beispielsweise über die Anstiftung oder die öffentliche Aufforderung zu Straftaten, läßt sich ein solches Vorgehen strafrechtlich nicht erfassen. Dabei darf man aber die Schwierigkeit nicht verkennen, die gerade in diesem Bereich hinsichtlich einer klaren Trennung von strafwürdigem Verhalten einerseits und rechtlich zulässigem, nach unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sogar gewünschten Verhalten andererseits bestehen.
Die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit und die Freiheit von Kunst und Wissenschaft sind Eckpfeiler unserer Verfassungsordnung. Diese Freiheitsbereiche dürfen daher auch nicht im Wege der Strafgesetzgebung eingeengt werden. Wir alle wünschen uns Staatsbürger, die an dem politischen Geschehen dieses Staates regen und auch engagierten Anteil nehmen. Politische Duckmäuser sind uns ein Graus. Jede strafrechtliche Regelung, die in diese Richtung führen würde, wäre ein Rückschritt hin zum alten Obrigkeitsstaat, den wir nicht wollen. Die Bürger in unserem Lande müssen sich auch mit der Gewaltproblematik auseinandersetzen können, sei es im Einzelgespräch, sei es über die Presse oder über künstlerische oder literarische Werke.

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Was hat eigentlich die Anleitung zu einem Verbrechen mit Duckmäusertum zu tun?)

Die Diskussion über die Frage, wann formal illegale Gewalt legitim, also gerechtfertigt, sein kann, darf keinesfalls beeinträchtigt werden. Dies ist ein Problem unserer philosophischen, theologischen und rechtlichen Diskussion, das schon uralt ist und das sich in den Schauspielen Schillers, ich erinnere an „Die Räuber" oder an „Wilhelm Tell"

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Ja, die Räuber!)

— lesen Sie sie einmal, Herr Kollege Vogel —, genauso findet wie in den Auslassungen Nietzsches über die Gewalt oder in den Schriften von Karl Marx, Friedrich Engels und Karl Kautsky oder in den Ereignissen um den 20. Juli 1944, als die Gewaltherrschaft beendet werden sollte, die Hitler in Deutschland aufgerichtet hatte. Eine solche Diskussion darf nicht vor Strafgerichten ausgetragen werden.

(von Schoeler [FDP]: Sehr richtig!)

Auf der anderen Seite muß man aber erkennen, daß Meinungs- und Pressefreiheit grundsätzlich ihre Grenze da finden müssen, wo es sich um öffentliche oder in Versammlungen abgegebene oder in Schriften enthaltene Äußerungen handelt, die die Befürwortung erheblicher Straftaten enthalten und die bestimmt und geeignet sind, die Bereitschaft anderer zu fördern, sich durch die Begehung solcher Taten für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik oder gegen Verfassungsgrundsätze einzusetzen. Solche Verhaltensweisen müssen auf jeden Fall strafrechtlich geahndet werden, da sie sich gegen den Bestand unserer freiheitlichen Demokratie wenden. Ein Staat, der seine Verpflichtung zur Wahrung unseres Grundgesetzes und zum ausreichenden Schutz unserer Bürger ernst nimmt, ist auch verpflichtet, eine entsprechende strafrechtliche Barriere aufzurichten.
Aus diesen Grundsätzen heraus haben sich die Mitglieder des Strafrechtsausschusses, die der Koalition angehören, nach sehr eingehenden Beratungen und mit ausdrücklicher Zustimmung der Bundesregierung zu folgender Regelung entschieden. Es wird zwischen Anleitung zu und Befürwortung von Gewalt unterschieden. Der Begriff „Befürwor-



Dr. Müller-Emmert
tung" reicht sehr weit. Die Grenze zwischen strafwürdigem Verhalten einerseits und künstlerisch oder demokratisch legitimen Aussagen andererseits ist fließend und nicht in allen Fällen hinreichend genau festzulegen. Zur Verhinderung von Eingriffen in diesen von der Verfassung besonders geschützten Bereich muß deshalb die Strafbarkeit der Befürwortung von Gewalttaten auf diejenigen Fälle beschränkt bleiben, in denen die Befürwortung bestimmt und geeignet ist, die Bereitschaft anderer zu fördern, sich durch die Begehung solcher Taten für Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik oder gegen Verfassungsgrundsätze einzusetzen. Infolge der Einschränkung, die durch das Merkmal der Verfassungsfeindlichkeit erfolgt ist, war die Schaffung eines neuen Straftatbestandes, nämlich des § 88 a StGB, notwendig. Diese Vorschrift hat den Charakter eines Staatsgefährdungsdelikts erhalten. Daraus folgt, daß die Vorschrift des § 133 a StGB nunmehr nur noch die Fälle der Anleitung zu Straftaten betrifft.
Um zweifelsfrei klarzustellen, daß Handlungen, die der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen, nicht wegen verfassungsfeindlicher Befürwortung von Straftaten oder wegen Anleitung zu Straftaten strafbar sind, wurde die sogenannte Sozialadäquanz-Klausel des § 86 Abs. 3 StGB entsprechend neu gefaßt und präzisiert.
Es ist sicher auch für Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, von Interesse, daß der mit seinen verschiedenen Änderungen heute vorgelegte Gesetzentwurf auch die Zustimmung der Vertreter der rechtsprechenden Gewalt gefunden hat. Diese Tatsache sollte die Opposition eigentlich nachdenklich stimmen.

(von Schoeler [FDP] : Sehr richtig!)

Der Deutsche Richterbund hat in einer kürzlich herausgegebenen Presseerklärung folgende Feststellung getroffen:
Der Deutsche Richterbund begrüßt, daß der von der Koalition vorgelegte Entwurf eines § 130 a StGB, durch den die Befürwortung und Anleitung zu schweren Gewalttaten unter Strafe gestellt werden sollte, in der ursprünglich vorgelegten Form nicht Gesetz wird. So verständlich es ist, daß auch die sozialliberale Koalition auf eine gewisse Eskalation der Gewalt reagiert, so gefährlich wäre es dem Deutschen Richterbund andererseits erschienen, eine neue Bestimmung zu schaffen, die in der Öffentlichkeit nur allzuleicht als Gesinnungsstrafrecht hätte verstanden werden können. Der Kampf gegen das Unrecht muß hart geführt werden, doch darf der Eifer hierin den Geist der Freiheit nicht beeinträchtigen.
Der Deutsche Richterbund wertet es daher positiv, daß in der jetzt vorgesehenen Neuregelung ein Tatbestand geschaffen worden ist, der zwar die Bestrafung von Anleitung zu Gewalt noch ermöglicht, aber eine exaktere Eingrenzung vornimmt und außerdem klarstellt, daß die Freiheit der Berichterstattung, der Kunst, der Wissenschaft, der Forschung und der Lehre nicht beeinträchtigt werden soll und kann.
Ich glaube, dieser Stellungnahme des Deutschen Richterbundes braucht nichts mehr hinzugefügt zu werden. Sie sollte auch — dazu fordere ich die Damen und Herren von der Opposition auf — von der Opposition noch einmal nachdrücklich überlegt werden.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Hoffentlich hören Sie immer auf den Richterbund!)

Ich bitte Sie abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, für den vorgelegten Gesetzentwurf zu stimmen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721300500
Das Wort hat der Abgeordnete Spranger.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0721300600
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Sicherung und Durchsetzung unserer freiheitlichen Rechts- und Friedensordnung, die Gewährleistung der inneren Sicherheit, der Schutz unserer Demokratie und ihrer Bürger vor rechtswidrigen Angriffen und Bedrohungen sind heute eine der zentralen politischen Aufgaben in unserem Lande geworden. Dem 1969 von SPD/FDP verkündeten Experiment, die streitbare, kämpferische Demokratie in mehr Demokratie zu verwandeln, folgte die Überbetonung staatlicher Toleranz gegenüber dem Mißbrauch von Freiheitsrechten durch Rechtsbrecher zum Nachteil der gesetzestreuen Burger, fortschreitender Autoritätsverlust des Staates durch falsch verstandene Liberalisierung und die jahrelang geduldete Diffamierung von Werten wie Recht, Ordnung und Sicherheit.

(von Schoeler [FDP] : Wovon sprechen Sie eigentlich!)

— Das alles hat Gewalt Kriminalität, Brutalität und Terrorismus gefördert und unerträglich wachsen lassen. Verfassungsschutzberichte und Kriminalstatistiken, Herr von Schoeler, beweisen dieses. Es wäre Ihnen zu empfehlen, sich damit einmal auseinanderzusetzen.
Jahrelange Warnungen von CDU/CSU vor dieser Entwicklung und ihre Verharmlosung haben sich, a ich wenn SPD und FDP dies jahrelang als Angst- und Panikmache abqualifizierten, leider bestätigt.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: So ist es! Sehr wahr!)

Immer wieder haben wir betont, daß die Bundesregierung berechtigt, im lnteresse der gesetzestreuen Bürger und zur Aufrechterhaltung eines Lebens in Frieden, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit verpflichtet sei, mit Entschiedenheit allen Kräften entgegenzutreten, die den freiheitlichen Rechts- und Sozialstaat bedrohen. Doch SPD/FDP haben den Grundsatz mißachtet, bei aller notwendigen Toleranz auch den Mut zu haben, rücksichtslos gegenüber allen zuzufassen, die die Toleranz dazu miß-



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brauchen, gegen den Toleranten intolerant zu werden — so forderte es einst Kurt Schumacher in einer Rede im Juni 1947. Die Verletzung dieses Grundsatzes führte dazu, daß Gewalt und Gewaltandrohung in den letzten Jahren zunehmend die öffentliche Sicherheit und das friedliche Gemeinschaftsleben gefährdeten.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: So ist es!)

Vor allem linksradikale kommunistische Gruppen und subversive Kräfte mißbrauchten Freiheitsrechte wie das Versammlungsrecht, die Meinungs- und Pressefreiheit, um zum Kampf gegen unseren Staat und seine demokratische Ordnung aufzurufen, um den gewaltsamen Umsturz zu fordern und zu proben. Handbücher für die Stadtguerilleros, für die Besetzung von Universitätsinstituten und Häusern, für die Störung von Vorlesungen, für die Herstellung von Bomben und Molotowcocktails und ähnliches führten zu Gewaltaktionen von Terroristen und bei bürgerkriegsähnlichen Demonstrationen und förderten sie.
Unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit verfolgten die Täter das Ziel, durch planmäßig angelegte schwere Zusammenstöße mit den Ordnungskräften die staatliche Ordnung, die Staatsorgane und die Bevölkerung zu verunsichern und dadurch eine vorrevolutinäre Situation zur Vorbereitung des gewaltsamen Umsturzes zu schaffen. Nach diesem Schema rollten ab die Ausschreitungen in München während der Olympischen Spiele im September 1972, der Sturm auf das Bonner Rathaus im April 1973, fast bürgerkriegsähnliche, teils wochenlang anhaltende Unruhen in Duisburg, Frankfurt, Heidelberg, Berlin und anderswo.
Alle Aktionen zeichnen sich aus durch hervorragende Planung und Organisation durch Linksradikale, die — ausgerüstet mit Helmen, Kampfjacken, Eisenstangen und Wurfgeschossen — mit beispielloser Rücksichtslosigkeit durch Brutalität hohe Personen- und Sachschäden anrichteten. Sie waren, wie der ehemalige Generalbundesanwalt Martin am 6. Juli 1974 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" schrieb, der Aufstand revolutionärer Stoßtrupps mit dem Ziel der Verhöhnung und Zerstörung der bestehenden Verfassungs- und Gesellschaftsordnung. Sie waren Brutstätten und Heimat jener Terroristen, deren schreckliches Handwerkszeug Mord und Geiselnahme, Raub und Totschlag sind. Die Gewalt hat, so schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" am 9. November 1974, eine Dimension angenommen, gegenüber der die Zaunlatten und agrarischen Wurfgeschosse von 1968/69 wie Kinderspiele anmuten.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

An sich wäre es auf Grund dieser Geschehnisse die selbstverständliche Pflicht dieser Bundesregieregierung gewesen, zum Schutz der Bürger und der Ordnungskräfte, zur Abwehr dieser Gewaltakte, zur Wiederherstellung und zukünftigen Sicherung friedlicher Verhältnisse, im Interesse des Bestandes und der Sicherheit des Staates diesem geistigen und körperlichen Terror in unseren Straßen, Städten und Universitäten durch wirksamere Gesetze zu
begegnen, als sie offenbar bis heute vorhanden sind.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Sie wollen die Polizei behindern!)

— Statt wenigstens die im Reformrausch ab 1969, Herr Arndt, begangenen sicherheitspolitischen Fehler zu korrigieren, spielte Sicherheit bei der SPD jedoch erst ab dem Mannheimer Parteitag eine zu Hetzkampagnen gegen die Union mißbrauchte Rolle.

(Zuruf des Abg. Dürr [SPD] — Lachen und weitere Zurufe von der SPD)

Die Bundesregierung überließ es auf diesem Gebiet wieder einmal der CDU/CSU und den von ihr regierten Bundesländern, auf Initiative des Freistaates Bayern vom 12. Juli 1974 einen Gesetzentwurf zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens vorzulegen. Erst am 23. Dezember 1974 reagierte die Regierung.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : So ist es!)

Die unwillige Halbherzigkeit, mit der SPD/FDP sich der Verbesserung des Schutzes des Gemeinschaftsfriedens annahmen, erweist sich nicht nur im Verfahren, sondern auch in dem, wie die SPD- und FDP-Mehrheit im Ausschuß die Vorschläge der Union niederstimmte.
Im wesentlichen geht es der CDU/CSU um eine Strafbarkeit auch desjenigen, der sich einer gewalttätigen, den öffentlichen Frieden gefährdenden Menschenmenge anschließt oder sich aus ihr nicht entfernt — § 125 Abs. 2 —,

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Sie wollen die Polizei behindern!)

— Herr Arndt, Sie können sich durchaus auch von hier artikulieren —, um die Strafbarkeit der friedensstörenden Androhung schwerer Gewalttaten, um die Strafbarkeit von friedensstörender Befürwortung von oder Anleitung zu schweren Straftaten und um Änderungen des Versammlungsgesetzes zur rechtzeitigen und besseren Abwehr von Mißbräuchen des Versammlungsgesetzes.
Trotz der vielen gewaltsamen Ausschreitungen lehnen es SPD/FDP jedoch nach wie vor ab, ihre Demontage des Demonstrationsrechts von 1970 zu korrigieren und der Erkenntnis Rechnung zu tragen, daß kein ausreichendes Vorgehen gegen planmäßige, aus der Menge heraus handelnde Gewalttäter mehr möglich ist und daß auch die sozialschädliche, nach massenpsychologischer Erkenntnis friedensstörende Unterstützung desjenigen, der sich einer gewalttätigen Menschenmenge anschließt und dadurch die Überführung der Aktivisten und Rädelsführer verhindert oder erschwert, strafrechtlich erfaßt werden muß.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD]: Das ist ja heute schon strafbar!)

— Das ist absolut nicht strafbar. Sonst brauchten wir den Gesetzentwurf nicht vorzulegen. Wenn Sie die Sachverständigen im Ausschuß angehört hätten, hätten Sie eine solche Aussage vermieden, Herr Arndt.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Sie waren doch nicht in einer Einsatzleitung wie ich!)




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— Haben Sie die Protokolle aus dem Jahre 1970 gelesen? Ich weiß nicht, ob Sie damals an allen Sitzungen teilgenommen haben.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Ich habe eigene Erfahrungen aus einer Einsatzleitung, im Gegensatz zu Ihnen! — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Herr Arndt, schimpfen Sie nicht! Hören Sie zu!)

Neben Alen schon erwähnten Ausschreitungen gab es z. B. Demonstrationen für die Einführung des Nulltarifs im Juni 1971 in Eßlingen, Teach-ins im Juni 1973 vor der Tübinger Universität, Vorgänge bei der Besetzung des Kernkraftwerkes in Wyhl im Februar 1975 und gewalttätige Menschenansammlungen im Juni und Juli 1975 in Freiburg und Heidelberg. Überall — jetzt, Herr Arndt, passen Sie auf, das sind die Fakten — entzogen sich Rädelsführer und Gewalttäter ihrer strafrechtlichen Verantwortung, weil sie von Schaulustigen nicht zu trennen waren, weil sie die inaktive Masse schützte oder abdeckte, weil sie sich unter die Sympathisanten mischten oder unwiderlegbar behaupteten, zufällig in die Menge geraten zu sein. Die Behauptung, Herr Dr. Müller-Emmert, daß es der Polizei nach der jetzigen Gesetzeslage möglich sei, sich auf die Rädelsführer zu konzentrieren, wird durch diese Erfahrungsberichte der Polizei klar widerlegt.
Diese Tatsachen bestätigen die Bedenken, die die Sachverständigen schon 1970 im Hearing des Strafrechtssonderausschusses zur Änderung der Demonstrationsdelikte erhoben hatten. Damals wie heute sprachen SPD und FDP viel von der Verbrechensvorbeugung im Vorfeld; damals wie heute gaben sie jedoch das Vorfeld und das Umfeld gewalttätiger Massenaktionen zum Mißbrauch frei. SPD/FDP behandeln das sogenannte Demonstrationsrecht als eine Art Überrecht und übersehen, daß es nur ein Recht auf friedliche Versammlungen gibt und daß immer die Rechte Dritter beachtet werden müssen.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, die Vorstellungen der CDU/CSU ablehnen, dann mißachten Sie, daß der jetzige § 125 unpraktikabel ist und daß die Gruppe der Sympathisanten und Mitläufer den Gewalttätern Schutz und Schirm gibt, sie „unangreifbar für die Polizei abdeckt", wie der Kölner Professor Lange in der „Frankfurter Allgemeinen" vom 2. Mai 1975 feststellt, der dort außerdem schreibt:
Noch aber provoziert die selbstgeschaffene Hilflosigkeit des Staates auch hier den Zusammenschluß von Sympathisanten für Terrorismus, und auf die Moral der Polizei kann es auf die Dauer nicht ohne Wirkung bleiben, daß der Richter, wie geschehen, Hunderte aus guten Gründen Festgenommene auf der Stelle wieder entlassen muß.
Wenn SPD/FDP die nach 1945 erfolgten Verurteilungen von NS-Tätern für rechtmäßig halten, die als Herumstehende, als passive Masse einer Minderheit die Mißhandlung von Juden, das Niederbrennen von Synagogen, die Verwüstung von Wohnungen ermöglichten, dann müßten sie logischerweise auch dem Vorschlag des Bundesrates zustimmen, es sei denn, man behandelt Linksradikale zartfühlender und rücksichtsvoller als Rechtsradikale.

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : So ist es!)

Dieser Verdacht verstärkt sich angesichts der dürftigen Rechtfertigungsversuche.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Sie sollten sich schämen!)

— Herr Arndt, das ist aber die Logik.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Ihre Logik!) Wenn Sie hier polemisieren


(Conradi [SPD] : Wer polemisiert denn?)

und sagen: Das ist nicht richtig, dann sage ich: Argumentieren Sie vernünftig, aber nicht in dieser Weise.

(Beifall bei der CDU/CSU —Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Es ist nicht wahr, Herr Dr. Müller-Emmert, daß die Zahl der unfriedlichen Demonstrationen seit 1970 abgenommen hat. Seit 1973 ist sie vielmehr gestiegen. Die Statistik von 1973 weist 115, die von 1974 144 gewalttätige Ausschreitungen aus, obwohl seit 1970 — das ist auch ein maßgeblicher Grund für unsere Änderungsanträge;

(von Schoeler [FDP] : Das ist eine Verfälschung der Zahlen, Herr Spranger!)

Sie wissen es besser, Herr von Schoeler, deswegen nehme ich es nicht ernst, wenn Sie einen solchen Zwischenruf machen — vor allem auch die Brutalität und Menschenverachtung der Ausschreitungen zunahm. Wie selbst die Vertreter der Bundesregierung im Ausschuß einräumen mußten,

(Dürr [SPD] : Haben Sie ein Barometer für Menschenverachtung?)

sank wegen der Liberalisierung die Zahl der Verurteilungen, ebenso natürlich der notwendige Abschreckungseffekt. Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten kann § 125 Abs. 2 keinesfalls ersetzen, wie behauptet wird. Die Androhung von Geldbußen ruft bei den Krawallmachern „nichts außer Heiterkeitserfolgen, ja, Höllengelächter" hervor, wie die Polizeipräsidenten Hübner und Schreiber wörtlich im Hearing 1970 bekundeten. Eine Ordnungswidrigkeit wird auch der Psyche der Störer, ihrer Entschlossenheit, ihrem Fanatismus nicht gerecht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721300700
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0721300800
Wenn es nicht auf die Redezeit angerechnet wird, gerne.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721300900
Nein. — Bitte schön!

Heinz Pensky (SPD):
Rede ID: ID0721301000
Herr Kollege Spranger, gehe ich recht in der Annahme, daß sich Ihre Äußerungen hierzu auf Vermutungen stützen, die im Jahre 1970 geäußert worden sind, die sich aber keinesfalls bestätigt haben, und haben Sie denn versucht, neue



Pensky
Argumente zu finden, mit denen Sie etwa die damaligen Vermutungen stützen könnten? Das ist doch nicht der Fall.

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0721301100
Herr Kollege, sie gehen absolut fehl in der Annahme, weil die Berichte der Sachverständigen damals auf den Unruhen aus den Jahren 1968/60 beruhten und weil die Ausschreitungen der Jahre 1973, 1974, 1975 zusätzliche Argumente für diese Äußerungen gaben.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721301200
Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Frage?

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0721301300
Ich möchte jetzt fortfahren, damit das hier nicht ausartet.

(Pensky [SPD]: Gegen Argumente sind Sie ja!) — Ihre Frage ist ja wohl beantwortet.

Der Gefährlichkeit einer gewalttätigen Menschenmenge, der Verlockung zur Teilnahme in der fast sicheren Erwartung, unentdeckt und unaufklärbar selbst gewalttätig werden zu können, muß das strafrechtliche Risiko beim Dabeisein entgegengestellt werden. Die Tatsache, daß auch dann nicht alle bestraft werden können, entspricht einfach der schlichten Lebenswirklichkeit. Wenn nicht alle Rechtsverstöße in der notwendigen Form geahndet werden, dann heißt dies noch lange nicht, daß sie deshalb alle straffrei bleiben müssen. Ansonsten müßten noch heute viele Strafbestimmungen, wie Diebstahl, Kindesmißhandlung, Notzucht oder das gesamte Verkehrsstrafrecht aufgehoben werden.
Unbeachtlich schließlich ist die Behauptung, § 125 Abs. 2 überhäufe die Polizei mit Arbeit, wie auch heute wieder dargetan wurde. Sämtliche Polizeipräsidenten bejahten im Interesse der öffentlichen Sicherheit eventuelle Mehrarbeit, zumal sie ihnen — das haben sie auch übereinstimmend bekundet — das notwendige Vorgehen gegen die wahre Rädelsführer und Aktivisten im erforderlichen Umfange sogar erleichtert.

(Zuruf des Abg. Pensky [SPD])

Außerdem darf die öffentliche Sicherheit niemals von der Arbeitsbelastung von Polizei und Justiz abhängig sein. Der Staat hat in jedem Fall auch unter Einsatz von mehr Mitteln und Personen die öffentliche Sicherheit im Interesse seiner Bürger zu garantieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch mit ihrer Haltung zur Strafbarkeit von Anleitung und Befürwortung von Gewalttaten gemäß § 130 a verstoßen SPD/FDP gegen das Gebot, den Gemeinschaftsfrieden zu schützen und zu sichern. Wie beim Radikalenerlaß und bei der Verteidigerüberwachung zeigen SPD/FDP auch hier eine widersprüchliche Haltung.
Im wesentlichen den Vorstellungen der CDU/CSU folgend, sah zuerst der Regierungsentwurf vor, denjenigen zu bestrafen, der in Schriften öffentlich oder in Versammlungen zu bestimmten Gewalttaten anleitet oder sie befürwortet. Die Bundesregierung hat diese Vorlage ausreichend begründet und die Begriffe „Befürwortung" und „Anleitung" zutreffend definiert. So schienen denn alle Voraussetzungen gegeben, wenigstens hier zu einer im Kern gemein-semen Linie zu kommen.
Unverhofft entschied jedoch die PD/FDP-Mehrheit im Ausschuß anders. Nach ihr sollen nun Anleitung zu und Befürwortung von Gewalt nur strafbar sein, wenn sie nicht Kunst, Wissenschaft, Forschung und ähnlichen Zwecken dienen. Befürworfung von schweren Straftaten bleibt sogar straffrei, sofern sie sich nicht gegen Bestand oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder deren Verfassungsgrundsätze richten. Die Berichterstattung über Zeitgeschehen, z. B. eine Berichterstattung über revolutionäre, anarchistische, kommunistische Propagandaaktionen, die Gewalttaten befürworten, soll zukünftig straffrei bleiben.
Das Anliegen der CDU/CSU und auch der Bundesregierung an sich wurde völlig entwertet. Die jetzige Fassung ist für die Praxis wertlos. Allenfalls ein paar ungeschickte Krakeler und Pamphletisten, nicht aber die wirklich einflußreichen, gefährlichen und raffinierten Gewaltbefürworter können nun erfaßt werden. Die Befürwortung von Mord und Geiselnahme erfährt eine Verharmlosung, die nahezu stimulierend auf verantwortungslose Urheber gewaltbefürwortender Äußerungen wirken muß.
Als wesentliche Gründe für diesen Meinungsumschwung bei SPD und FDP werden vorgetragen, erstens sei der Begriff der Befürwortung nicht konkretisierbar, und zweitens müsse die Diskussion über die Befürwortung von Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland straffrei geführt werden können; Kunst, Lehre und Wissenschaft dürften nicht beeinträchtigt werden. Das erste Argument erledigt sich klar durch die unzweideutige Definition der Begriffe durch die Bundesregierung. Das zweite Argument entlarvt sich bei näherer Betrachtung als Zugeständnis gegenüber den Kreisen, die Systemveränderung und Klassenkampf, ja, gewaltsamen Umsturz samt Anwendung von Gewalt befürworten und dies auch lauthals verkünden wollen.
Gegen diese systemverändernden revolutionären Propheten linksradikaler, kommunistischer oder anarchistischer Gesinnung kann oder will die SPD/ FDP-Mehrheit nicht vorgehen. Das ergibt sich schon daraus, daß ein überzeugender Grund fehlt, zwischen der menschengefährdenden, aber straffreien und der staatsgefährdenden, aber strafbaren Befürwortung von Mord zu unterscheiden. Die Wirkung beider Delikte ist für den bedrohten Bürger gleichermaßen schwerwiegend. Eine Differenzierung ist deshalb völlig unangebracht.
Die plötzliche Großzügigkeit gegenüber der Befürwortung von Gewalt mutet zum anderen angesichts der Tatsache geradezu grotesk an, daß vor allem die Linken in der Regierungspartei seit Jahren gegen die Gewaltverherrlichung in Film, Fernsehen und Literatur zu Felde zogen und daß der neugeschaffene § 131 StGB Gewaltverherrlichung auch unter Strafe stellt. Doch was bei Wildwest-



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filmen schlimm und strafwürdig genannt wird, was Herrn Lattmann in den evangelischen Kommentaren im Januar 1976 veranlaßte, Landserhefte und Kriegsspielzeug zu verdammen, soll bei Revolutionären von links geschützt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Müßte denn nicht jene Partei, die der Strafbarkeit der Verherrlichung von Gewalt zustimmte, erst recht für die Strafbarkeit der schwerwiegenderen Befürwortung von Gewalt eintreten? Müßten die Worte von Frieden, Entspannung und Versöhnung, die SPD/ FDP im außenpolitischen und im propagandistischen Bereich so gut zu gebrauchen verstehen, nicht auch für die Rechtsgemeinschaft innerhalb unseres Landes mit der Maßgabe gelten, daß alles — und wenn erforderlich, auch mit den Mitteln des Strafrechtes — eingedämmt werden muß, was diesen Rechtsfrieden bedroht? Niemand kann doch behaupten, geschweige denn nachweisen, daß die Befürwortung von Gewalt den Rechtsfrieden nicht bedroht, daß ihr anders und besser als mit den Mitteln des Strafrechtes begegnet werden könnte.
Herr Dr. Müller-Emmert hat hier auf die Stellungnahme des Deutschen Richterbundes verwiesen. Ich wäre dankbar, wenn sich SPD und FDP in gleicher Weise an Erklärungen des Richterbundes zu § 218 gebunden fühlten.

(Zustimmung bei der CDU/CSU — von Schoeler [FDP] : Das ist doch kein Argument!)

— Das ist absolut deckungsgleich, Herr von Schoeler.
Ich halte es schließlich für völlig unangebracht, ja, verantwortungslos, der Befürwortung von Gewalt ein moralisch-philosophisches Tugendmäntelchen umzuhängen und ihr eine ethische Rechtfertigung zu verleihen. In unserer rechtsstaatlichen Demokratie — angesichts nahezu umfassender Freiheitsrechte des einzelnen und einer Vielzahl von Rechtsmitteln gegenüber dem möglichen Machtmißbrauch durch die öffentliche Hand — besteht weiß Gott kein Anlaß, die Befürwortung von Gewalt gegenüber dem Bürger dieses Landes und seinen Staatsorganen als sinnvoll, notwendig oder gar schutzwürdig anzuerkennen.

(Kleinert [FDP] : Wer tut denn das?)

Ich halte die Duldung der Befürwortung bzw. die Befürwortung von Gewalt für keinen rühmenswerten Ausdruck geistiger Freiheit in unserem Lande, sondern eher für einen Ausdruck geistig-moralischer Verwirrung, wie sie z. B. auch in den Ausführungen des Herrn Lattmann zum Ausdruck kommt. Es ist doch einfach unmöglich, die radikale Kritik eines Herrn Böll und anderer Gleichgesinnter in der Bundesrepublik Deutschland, wie es Herr Lattmann zum Ausdruck bringt, ethisch, substantiell und nach Begründetheit mit der Kritik Solschenizyns und Sacharows am sowjetischen Terrorregime gleichzusetzen. Es ist einfach nicht wahr, daß der politische Terrorismus, wie Herr Lattmann behauptet, heute den liberalen Rechtsstaat nicht zu gefährden vermag.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721301400
Herr Kollege, gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt?

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0721301500
Bitte sehr!

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0721301600
Herr Kollege, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie möglichst auch die Duldung der Befürwortung von Gewalt unter Strafe stellen wollen?

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0721301700
Ich möchte Ihnen hierzu nur sagen, daß die Duldung der Befürwortung von Gewalt allein eine politische Angelegenheit dieser Regierung ist und wir diese politisch beanstanden. Dies war, glaube ich, deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Bestraft werden muß die Regierung auch, aber durch die Wähler!)

Es ist schlichtweg Unfug, wenn, wie es auch in diesem Aufsatz ausdrückt wird, von einem gesteigerten Klima der Einschüchterung und Selbstzensur, von nationaler Hysterie statt Nüchternheit gesprochen wird, falls die friedenstörende Befürwortung von Gewalttaten mit Strafe bedroht werden sollte, wie es CDU/CSU und der ursprüngliche Regierungsentwurf vorsahen. Mir erschiene es sinnvoller, wenn Herr Lattmann und ähnlich Argumentierende sich öffentlich für die Gewährung jener Freiheitsrechte im Ostblock oder in anderen Diktaturen einsetzten, die wir heute bei uns so selbstverständlich gebrauchen und die die Unterdrückten dort entbehren müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Freiheit von Kunst, Wissenschaft und Lehre wird durch den ursprünglichen § 130 a nicht gefährdet, einfach deswegen, weil schon Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes diese Begriffe frei von strafrechtlichen Eingriffen stellt. Daß dies allerdings nicht für jenes Subversions-, Revolutions- und Terrorschrifttum gelten kann, wie es beispielsweise im Wagenbach-Verlag produziert und in „Roten Buchläden" verkauft wird, dürfte wohl in einer zivilisierten Kultur selbstverständlich sein.
Die Mehrheit von SPD und FDP ist hier allerdings anderer Auffassung. Sie haben es auch abgelehnt, den Anträgen der CDU/CSU auf Verbesserung des Versammlungsrechts zu entsprechen. Sie haben unser Bemühen abgelehnt, eine Herabsetzung der Strafandrohung für die erfolglose Aufforderung zu Straftaten zu verhindern. Abgelehnt wurde die Auffassung der CDU/CSU, die Androhung von Gewalt gegen Menschen oder Sachen unter Strafe zu stellen und in besonders schweren Fällen ein erhöhtes Strafmaß vorzusehen.
So muß man zusammenfassend feststellen: Die Verwirklichung der Gesetzesinitiative von CDU/ CSU hätte den Schutz des Gemeinschaftsfriedens wesentlich verbessert. SPD/FDP haben aus den bitteren Erfahrungen der letzten Jahre unrichtige Kon-



Spranger
sequenzen gezogen und verweigern Polizei und Justiz das notwendige Instrumentarium zur Bekämpfung gemeinschaftsschädigender Gewalt und deren Propagierung. Unsere Bürger müssen nach wie vor auf ausreichende Sicherheit warten.
Um dieses doch noch zu verhindern, hat die Fraktion der CDU/CSU eine Reihe von Änderungsanträgen gestellt, die dem Hohen Hause vorliegen, die auf ihren Gesetzesinitiativen beruhen und deren Begründung sich aus meinen bisherigen Darlegungen ergibt. Um die Notwendigkeit einer Änderung strafrechtlicher Bestimmungen hervorzuheben, hat die Fraktion außerdem darauf verzichtet, im Rahmen des Dreizehnten Strafrechtsänderungsgesetzes erneut eine Änderung des Versammlungsrechts zu beantragen, was einem möglichen eigenen zukünftigen Entwurf vorbehalten bleiben soll. Nur durch Annahme unserer Änderungsanträge würde SPD/ FDP die Mitverantwortung für künftige Gewalttaten genommen, die bei den den Vorschlägen der CDU/CSU entsprechenden Strafvorschriften hätten verhindert werden können.

(Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

Wir lehnen aus diesen Gründen den von der Mehrheit im Ausschuß verabschiedeten § 88 a ab, weil wir den von uns vorgelegten § 130 a für sachgerechter halten. Das führt nicht dazu und wird nicht dazu führen, daß die Fraktion den gesamten Entwurf der Regierung in der Ausschußfassung ablehnt, weil der Entwurf zwar völlig ungenügend ist, aber doch einige Bestimmungen enthält, die von uns mitgetragen werden können.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Eine endgültige Ablehnung unserer Vorstellungen, meine Damen und Herren, würde die Vorwürfe bekräftigen, die der bisherigen Haltung der SPD/FDP zur Inneren Sicherheit gemacht werden müssen, einer Haltung, die kein Zufall ist, sondern auf bestimmten Ursachen beruht; denn Ihre jetzige Haltung deckt sich mit derjenigen bei der Bekämpfung der verfassungsfeindlichen DKP und anderer linksradikaler Organisationen. Sie deckt sich mit der bewußten Untätigkeit, durch klare gesetzliche Bestimmungen Verfassungsfeinde vom öffentlichen Dienst fernzuhalten. Sie deckt sich auch mit einer Ostpolitik, die von der Wahrung deutscher Interessen ebenso weit entfernt ist wie von der antikommunistischen Haltung eines Kurt Schumacher, Fritz Erler, Theodor Heuß oder Reinhold Maier.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: So ein blödes Geschwätz!)

Ursache all dessen sind die innerparteilichen Entwicklungen in SPD/FDP mit der zunehmenden Ausbreitung marxistisch-systemverändernden Gedankenguts und von Volksfrontstrategien in Form der Zusammenarbeit mit Kommunisten, die eine Ablehnung oder gar Bekämpfung linksradikaler marxistischer Strömungen unmöglich machen.

(Dr. Wernitz [SPD] : Das ist eine Unverschämtheit! — Dürr [SPD]: Märchenerzähler! — Zuruf des Abg. von Schoeler [FDP])

— Herr von Schoeler, warten Sie, ich habe eine Reihe von Beispielen parat. Die werde ich Ihnen vortragen. Dann werden Sie nicht mehr diese Zwischenrufe machen können, wenn Sie noch glaubwürdig bleiben wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU — von Schoeler [FDP] : Sie sind doch ein Scharfmacher!)

Zum anderen führte die Ostpolitik neben der Kapitulation vor kommunistischen Forderungen zu einer Paralysierung der geistigen und moralischen Widerstandskräfte bei der Auseinandersetzung mit dem Kommunismus.
Das beweisen nicht nur die vielen Beispiele, die die Sprecher der Union in der Sicherheitsdebatte des Deutschen Bundestages vom 13. März 1975 nannten. Sie werden durch viele andere Tatsachen untermauert, wie — und das ist für Sie, Herr von Schoeler, sicherlich sehr verbindlich — das Deutschland-Interview des Bundesaußenministers vom 11. Januar 1976, als er sagte, es sei offenkundig, daß es in der Sozialdemokratischen Partei eine große Anzahl von Mitgliedern gebe, die sich als Marxisten betrachteten und so handeln möchten und wollen.

(Zuruf von der SPD: Soll dies strafbar sein?)

Damit kann er die Tatsache meinen, daß Linksradikale unter dem jetzigen Senator Ristock in Berlin für den Sieg des Kommunismus in Vietnam demonstrierten, daß sich im sogenannten Bund Demokratischer Wissenschaftler unter dem Kommunisten Abendroth SPD-Hochschullehrer betätigen und zusammen mit DKP-Mitgliedern in der kommunistischen Hilfsorganisation Vereinigung Demokratischer Juristen gegen unseren Staat arbeiten.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Hört! Hört!) Diese Reihe ließe sich beliebig fortsetzen.


(Reuschenbach [SPD]: Dazu sind Sie fähig!)

Der Bundesaußenminister andererseits kann wenig Genugtuung angesichts des gleichen Zustandes in seiner eigenen Partei empfinden. Auch dort trägt die Wühlarbeit der Kommunisten reiche Früchte.
Wie sonst wäre es zu erklären, daß der FDP-Landesausschuß Hamburg am 2. August 1974 Kommunisten als kritische Demokraten bezeichnet, daß in der kommunistisch gesteuerten Initiative „Weg mit den Berufsverboten!" neben SPD-Mitgliedern maßgebende FDP-Funktionäre wie Enderlein, Schiller, Weber und Becker einträchtig mitarbeiten? Der Judo-Chef Schiller gibt der kommunistischen „UZ" am 12. März 1975 ein Interview zu den Berufsverboten ebenso wie MdL Enderlein am 14. Juni 1975. In der „UZ" vom 12. September 1975 unterzeichnen neben Kommunisten wie Herrn Kroetz die FDP-Bundestagsabgeordneten Hölscher, Möllemann und Schuchardt ein Manifest für Chile. MdB Hölscher fordert am 4. November 1975 im kommunistischen Berliner „Extra-Dienst" zu Spenden für „Unser Dorf in Portugal" auf.

(Zuruf des Abg. Möllemann [FDP])

— Es ist Ihnen sicherlich peinlich, Herr Möllemann,
in dieser Form zitiert zu werden. Aber Sie müssen



Spranger
sich vorher überlegen, was Sie machen, wenn Sie sich mit der „UZ" einlassen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Möllemann [FDP] : Ich werde meine Meinung zu Chile auch weiterhin sagen! — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Dazu ist er doch gar nicht in der Lage, sich das vorher zu überlegen!)

— Das ist sicherlich zutreffend, Herr Vogel. Es ist sehr schwierig für ihn, vorher über die Folgen seines Tuns nachzudenken.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Im Juni 1975 treffen sich in Sprendlingen die hessischen Landesvorstände von Jungdemokraten und SDAJ zur Absprache gemeinsamer Aktionen. Am 5. September 1975 beteiligen sich die Jungdemokraten mit DKP, SDAJ und MSB Spartakus an der Aktion „Roter Punkt" in Köln.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721301800
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dürr?

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0721301900
Ich möchte jetzt zum Ende kommen.

(Zurufe von der SPD: Bravo!)

Kein FDP-Beschluß ist bekannt, wonach Parteimitgliedern die Zusammenarbeit mit kommunistischen Organisationen untersagt wurde. Statt Schutz vor Linksradikalen und Kommunisten also Volksfrontpraxis auf breiter Front — das ist die traurige Wirklichkeit bei SPD/FDP von heute.
Die Frage, ob diese innerparteiliche Volksfrontentwicklung die Ostpolitik von SPD/FDP förderte oder umgekehrt diese auf den Volksfrontentwicklungen beruhte, kann offenbleiben. Tatsache ist, daß beide durch ideologische Grundlagen eng verknüpft sind und sich ergänzen zu einer umfassenden für den freien Teil Deutschlands erschütternd Lähmung und Kapitulation gegenüber der von der Kommunistischen Internationalen mit allen Mitteln und durch zahlreiche Gruppen, Organisationen und Personen in der Bundesrepublik Deutschland geführten ideologisch-politischen Offensive. Deren Erfolg zeichnet sich nicht nur in der nahezu gegenleistungsfreien Erfüllung kommunistischer Ansprüche gemäß den Karlsbader Beschlüssen samt der für eine gigantische Aufrüstung des Ostblocks von uns gegebenen Milliarden ab. Die verlogenen Friedensschalmeien der Kommunisten haben viele in den Reihen der SPD/FDP blind und taub gemacht gegenüber der grausamen, menschenverachtenden, imperialistischen Diktatur des Kommunismus, gegenüber dieser lebenszerstörenden, Geist und Seele tötenden Politpest des 20. Jahrhunderts.

(Zuruf von der SPD: Das sind Sie, Herr Spranger!)

Alexander Solschenizyn ist zuzustimmen, wenn er sich in seiner Nobelpreisrede, die er leider nicht halten durfte, im Namen seiner Landsleute, die um ihre Freiheit kämpfen und zum Schweigen verurteilt sind, mit einer bitteren Anklage an die im freien
Westen dafür Verantwortlichen wendet. „Der Geist von München" — so sagt er — „gehört nicht der Vergangenheit an; das war nur eine kurze Zeitlang so. Ich wage sogar zu behaupten, daß der Geist von München im 20. Jahrhundert überwiegt. Die verzagte zivilisierte Welt hatte dem plötzlichen Ansturm der grinsenden Barbarei nichts anderes entgegenzusetzen als Nachgiebigkeit und Lächeln."

(Zuruf des Abg. Lambinus [SPD])

Solange — hier darf ich, Herr Lambinus, wenn Ihnen das entgangen ist, den Zusammenhang noch einmal ganz deutlich machen; das ist der Kern dieses Gesetzentwurfs, der vorgelegt worden ist— maßgebende Politiker von SPD und FDP auf diesem Kurs der Anpassung gegenüber Linksradikalen, Kommunisten und Neomarxisten, die durch dieses Gesetz getroffen werden sollen, segeln und mit ihnen gemeinsame Sache machen, so lange sind Sicherheit, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in unserem Lande gefährdet. Es wäre zu hoffen, daß SPD und FDP durch eine Zustimmung zu den heutigen Änderungsvorschlägen der CDU/CSU einen kleinen Schritt zur Umkehr von diesem verhängnisvollen Kurs tun.

(Beifall bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das wäre ein erster Schritt zur Besserung!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721302000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Schoeler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721302100
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wenn man es von Ihnen, Herr Kollege Spranger, nicht jedesmal so erwarten würde, wäre man jedesmal neu erschreckt.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Das Erschütternde an dem, was Sie so hier vortragen, ist, daß Sie die Welt auch so sehen, wie Sie sie hier darstellen!

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wenn es um so wesentliche Grundrechte einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung wie die Freiheit der Meinungsäußerung oder die Demonstrationsfreiheit geht, sollten die Bürger in diesem Lande mißtrauisch werden, wenn im Zack-Zack des Kasernenhofstils kurzer Prozeß gemacht werden soll.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Hier wird überhaupt kein kurzer Prozeß gemacht!)

Wie Sie sich hier dargestellt haben, benötigen Sie die Gegner unserer Demokratie, die in diesem Lande Gewalt predigen, ja gerade, um den Buhmann zu haben, den sie brauchen, um überhaupt erst das Klima zu schaffen, das sie haben wollen.

(Erneuter Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich möchte gern einmal wissen, was Sie, Herr Kollege Spranger, und Ihre Gesinnungsgenossen in der
CDU/CSU-Fraktion machen würden, wenn es keine



von Schoeler
Stadtguerilleros gäbe; Sie wären ja tieftraurig, weil Sie für Ihre Tiraden hier nichts hätten!

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der SPD und der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721302200
Herr Kollege von Schoeler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Probst? — Bitte!

Dr. Albert Probst (CSU):
Rede ID: ID0721302300
Herr von Schoeler, darf man Ihre Ausführungen eben so auffassen,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Eine unerhörte Lümmelei ist das!)

daß Sie im Grunde wegen der Union froh sind, daß es in der Bundesrepublik Deutschland Stadtguerilleros gibt?

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Zurufe von der FDP und der SPD)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721302400
Ich kann mir Ihre Frage, Herr Kollege Probst, nur so erklären, daß Sie gerade eben den Saal betreten und vorher nicht zugehört haben.
Meine Damen und Herren, ich glaube, daß die Bürger dieses Landes wissen, daß der Rechtsstaat nicht bei demjenigen am besten aufgehoben ist, der am lautesten schreit.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nicht bei der FDP!)

Wir sollten nicht parteipolitische Polemik, sondern die vernünftige Abwägung der verschiedenen Gesichtspunkte im Vordergrund unserer heutigen Debatte stehenlassen. Wir könnten — ich sage es noch einmal — den Gegnern unserer Demokratie keinen größeren Gefallen tun, als uns gegenseitig mangelnder demokratischer und rechtsstaatlicher Zuverlässigkeit zu verdächtigen.
Wenn wir über Demonstrations- und Meinungsäußerungsfreiheit diskutieren, sind so grundlegende Fragen wie die nach dem Staatsverständnis eines jeden von uns angesprochen. Unsere Position, die Position der Liberalen, ist dabei klar: Unser Mißtrauen gegenüber staatlicher Allmacht und Bevormundung des Bürgers läßt uns gegenüber allen Vorschlägen kritisch sein, die die Freiheitsräume des Bürgers beschränken. Mit aller Entschiedenheit bekennen wir uns zu dem Grundsatz, daß im Zweifel die Freiheit des Bürgers den Vorrang haben muß. Aus dieser Einstellung heraus haben die Liberalen die freiheitlichen Garantien unserer Verfassung erkämpft; aus dieser Einstellung heraus verteidigen sie sie auch gegen ständige Angriffe aus dem Lager derjenigen, die um der vermeintlichen Verteidigung der Freiheit willen Freiheitsräume beschränken wollen.
Dabei verschließen wir nicht die Augen vor den Gefahren, die von den Heilspredigern der Gewalt ausgehen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Natürlich verschließen Sie sie!)

— Wir sind aber nicht auf einem Auge blind, Herr Kollege Jäger. Wir sehen daher, daß die demokratische Stabilität unserer Gesellschaftsordnung größer ist, als sie jemals zuvor in diesem Lande war.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Auch noch so viele Debatten in diesem Hause können niemanden davon ablenken, daß die Zahl der gewalttätigen Demonstrationen — ich werde darauf später noch einmal zurückkommen — heute eben nicht größer, sondern kleiner ist als zu der Zeit, zu der Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, das letztemal in diesem Lande Regierungsverantwortung getragen haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Warum hat Herr Spranger in seinem Debattenbeitrag eigentlich kein einzigesmal darauf hingewiesen, daß unsere demokratische Ordnung, unser Rechtsstaat stark ist, weil er sich auf das Vertrauen seiner Bürger stützen kann? Warum versuchen Sie denn immer, unseren Staat als schwächlich oder schwach darzustellen? Wem nützen Sie denn damit?

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Weil Sie ihn schwach gemacht haben! — Zustimmung bei der CDU/CSU)

— Wissen Sie, Herr Jäger, den Rechtsstaat als schwächlich zu diffamieren, um den starken Mann herbeizurufen, das war schon immer die Methode von Leuten, mit denen wir nichts gemein haben wollen!

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir gehen von der Überzeugung aus, daß die Stärke des Rechtsstaats nicht an der Zahl der Verbote, sondern nur an dem Maß des Vertrauens zu messen ist, das die Bürger ihm entgegenbringen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Das Vertrauen ist doch wirklich nicht mehr vorhanden! — Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU]: So ist es; aber es sieht damit nicht gut aus! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich bin kein Psychologe, aber ich meine, der würde sagen, daß irgend etwas mit dem Realitätsbezug nicht stimmt, wenn Sie glauben, daß die Bürger dieses Staates kein Vertrauen in diesen Staat haben.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Seit Sie regieren, haben sie kein Vertrauen mehr!)

Wie sieht es denn aus bei den Wahlen? Ist es nicht so, daß die Extremisten bei jeder Wahl eine ganz deutliche Absage bekommen? Gefahren muß man erkennen. Man sollte sie aber nicht zum Anlaß von Panikmache benutzen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sie haben doch gar nichts gelernt! Sie reden wie ein Halbstarker!)

Meine Damen und Herren, bei allem Willen zur entschiedenen Verteidigung unserer demokratischen Ordnung sind wir Liberalen skeptisch gegenüber der Wirksamkeit des Strafrechtes, wenn es darum geht, ob die Gewaltprediger in einer demokratischen Ge-



von Schoeler
sellschaft eine Chance bei den Bürgern haben. Der Propagierung der Gewalt wird am wirkungsvollsten durch politische Aufklärung der Nährboden entzogen. Zwar kann auf das Strafrecht bei der Bekämpfung von Gewalt nicht verzichtet werden. Das Strafrecht kann dabei aber auch nur das äußerste, das letzte Mittel sein. Niemand sollte sich dem Irrglauben hingeben, man müsse nur eine möglichst lükkenlose Paragraphenkette ins Strafrecht schreiben, um sich nicht mehr mit dem Problem der Gewalt in einer Gesellschaft auseinandersetzen zu müssen.
Von dieser Ausgangsposition haben wir in den ausführlichen Beratungen im Strafrechtssonderausschuß alle uns vorliegenden Gesetzentwürfe eingehend geprüft. Wir hatten uns dabei mit der in der Öffentlichkeit oft sorgenvolle geäußerten Frage auseinanderzusetzen, ob denn überhaupt eine Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes notwendig ist. Bei allem Verständnis für die Sorge derjenigen, die grundsätzlich skeptisch gegenüber jeder neuen Strafvorschrift und gegenüber jeder Veränderung des Strafrechts im Hinblick auf aktuelle Gegebenheiten sind, muß doch auf folgendes hingewiesen werden:
Strafrechtlich nicht verfolgt werden kann heute, wer in einem für jeden erhältlichen Flugblatt anschaulich darstellt, wie man am besten eine neue Form von Zeitzündern für Bomben herstellt, die beispielsweise zur Deponierung in Post- oder Bahnschließfächern geeignet sind. Weder die Herstellung noch die Verbreitung eines solchen Flugblattes sind heute strafrechtlich erfaßt. Das von mir erwähnte Beispiel ist auch nicht aus der Luft gegriffen, sondern leider tatsächlich vorgekommen. Genauso falsch, wie es wäre, solche Vorgänge als typisch für unsere Gesellschaft zu erklären, genauso falsch wäre es, zu leugnen, daß hier eine Lücke im Strafrechtsschutz vorhanden ist. Sicher: professionelle Bombenbastler werden solche Anleitungen kaum benötigen. Aber wer von uns kann ausschließen, daß durch solche Dinge das Leben oder die Gesundheit von Bürgern in Einzelfällen beeinträchtigt werden? Deshalb haben wir uns zur Schaffung eines Straftatbestandes entschlossen, der die Anleitung zur Begehung ganz bestimmter, besonders schwerer Gewalttaten unter Strafe stelle.
Ein anderes Beispiel sei an die Adresse derjenigen, die jede Gesetzesinitiative für überflüssig halten, gesagt: Es kann doch wohl nicht richtig sein, daß es nicht strafbar ist, wenn beispielsweise nach der Ermordung des Berliner Kammergerichtspräsidenten Drenkmann jemand öffentlich gesagt hätte, daß dies ganz richtig gewesen sei. Hier liegt ebenso zweifellos eine Lücke im Strafrecht vor, die geschlossen werden muß. Keine Gesellschaft kann es sich leisten, daß in ihr öffentlich diskutiert wird, ob ihre Grundordnung durch Ermordung von Menschen beseitigt werden soll. Deshalb haben wir uns zur Schaffung einer Strafvorschrift entschlossen, die die öffentliche Billigung oder Belohnung bestimmter, besonders schwerer Gewalttaten unter Strafe stellt.
Besonders kritisch und mit besonderen Sorgen ist in der Öffentlichkeit die Frage gestellt worden, ob über die genannten Vorschriften hinaus auch die
Bestrafung der Befürwortung von Gewalttaten notwendig ist. Dabei war zu beachten, daß neben der Billigung oder Belohnung, neben der Androhung oder Anstiftung auch die öffentliche Aufforderung sowie die Anleitung und Verherrlichung oder Verharmlosung von Gewalttaten heute bereits unter Strafe gestellt sind. Das Netz der Strafvorschriften, die der Propagierung von Gewalt vorbeugen sollen, ist also bereits außerordentlich eng geknüpft.
Wir hatten uns darüber hinaus aber auch mit der Frage zu beschäftigen, ob durch eine zu weitgehende Vorschrift nicht Gefahren für Kunst, Literatur oder Wissenschaft entstünden. Als Ergebnis dieser eingehenden Beratungen legen wir Ihnen nun einen neu formulierten § 88 a vor, der die verfassungsfeindliche Befürwortung bestimmter schwerer Gewalttaten erfassen soll. Die Bedenken, die gegen den ursprünglich vorliegenden § 130 a StGB vorgebracht worden sind, treffen auf diese Vorschrift nicht mehr zu. Es ist meine feste Überzeugung, daß diese Befürchtungen nun gegenstandslos geworden sind.
Wir haben uns die Entscheidung in dieser Frage nicht leichtgemacht. Wir Liberalen haben uns dafür eingesetzt, daß kein literarisches und kein wissenschaftliches Werk über den Tisch der Staatsanwaltschaft laufen muß, bevor es im Buchhandel ausgeliefert werden kann. Wir haben uns dafür stark gemacht, daß die Freiheit der wissenschaftlichen Diskussion nicht beschränkt wird. Wir haben uns dafür stark gemacht, daß niemand, der sich mit Konfliktsituationen im Ausland — beispielsweise in der Dritten Welt — auseinandersetzt, befürchten muß, plötzlich mit der Polizei Bekanntschaft zu machen.
In diesem Sinne haben wir Liberalen erreicht, daß der Regierungsentwurf verbessert worden ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Verändert, nicht verbessert!)

Die Eingrenzung des Straftatbestands war deshalb von besonderer Bedeutung, weil der Begriff der Befürwortung außerordentlich weitgehend ist und auch die Gefahr seiner Unbestimmtheit nicht von der Hand gewiesen werden kann.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Begründungen der verschiedenen Gesetzentwürfe hinweisen. Danach liegt eine Befürwortung bereits dann vor, wenn eine der besonders genannten Gewalttaten als unvermeidbar bezeichnet oder dargestellt wird. Ich glaube, es ist überdeutlich, daß unter eine so weitgehende Definition gefährliche Verhaltensweisen ebenso fallen wie harmlose Verhaltensweisen.
Der Regierungsentwurf hat sich aus diesem Grund bereits bemüht, einige Eingrenzungen des Tatbestands vorzunehmen. Diese Tendenz ist verstärkt, der Tatbestand in seinem Anwendungsbereich weiter eingegrenzt worden. Wir haben dies nicht nur getan, um die bereits erwähnten Gefahren zweifelsfrei auszuschließen, sondern auch in der Erkenntnis, daß bereits im Vorfeld eines solchen wie des ursprünglich vorgesehenen Paragraphen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen notwendig gewesen wären.



von Schoeler
Gerade wenn man an den Bereich der Literatur denkt, kann man dies nicht wollen.
Nun haben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, hier heute wieder Änderungsanträge gestellt. Ich möchte für jeden Ihrer Fraktionskollegen einmal deutlich erkennbar nur einige Beispielfälle nennen, die Sie künftig unter Strafe stellen wollen. Sie wollen unter Strafe stellen, wenn in der Bundesrepublik Deutschland jemand nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Sowjetunion öffentlich befürwortet, daß sich die Bevölkerung der CSSR mit Gewalt dagegen wehren sollte, und dadurch Unruhe in der Bevölkerung hier eintritt.

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Das ist doch gar nicht richtig, was Sie hier sagen! — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Das ist doch Blödsinn!)

Ich will gar nichts anderes dazu sagen, als daß dies strafrechtlich erfaßt wäre. — Herr Kollege Eyrich, wir haben gerade diesen Fall im Strafrechtssonderausschuß diskutiert. Dabei ist deutlich geworden, daß dieser Fall durch die von Ihnen hier beantragte Strafvorschrift erfaßt wäre. Da Sie so nervös reagieren, habe ich den Eindruck, daß dieses Beispiel nicht so ganz falsch sein kann.

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Sie sollten den Leuten nichts vormachen!)

Lassen Sie mich ein zweites Beispiel bilden. Wie sieht es denn mit dem Büchlein aus, das sich mit der Frage beschäftigt, wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann, und unter dem Titel „Die verlorene Ehre der Katharina Blum" erschienen ist?

(Spranger [CDU/CSU] : Ist das Kunst? Wenn es Kunst ist, fällt es unter Art. 5 Abs. 3 GG! — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Haben Sie schon etwas vom Kunstprivileg gehört?)

— Herr Kollege Spranger, der Hinweis auf Art. 5 GG ist außerordentlich sachdienlich. Nur hat das mit Ihrem Entwurf nichts zu tun; denn Sie haben sich ja gerade nicht dazu entschließen können, den Kunst- und Literaturvorbehalt in Ihren Gesetzentwurf aufzunehmen. Auf mein ausdrückliches Befragen im Strafrechtssonderausschuß haben Sie, Herr Kollege Spranger gesagt, den Kunst- und Literaturvorbehalt wären Sie nur im Wege eines Kompromisses mit der Koalition bereit, in den Gesetzentwurf aufzunehmen. Da frage ich mich: Wollen Sie den Literaturnobelpreisträger Böll etwa auf der Anklagebank haben? Wollen Sie dann über die „Katharina Blum" und über die richtige Auslegung dieses Buches vor einem Strafgericht entscheiden, und das alles auch noch, um Terroristen zu bekämpfen?! Da wird es doch tragikomisch!

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721302500
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Spranger?

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0721302600
Herr von Schoeler, können Sie sich erinnern, daß wir im Ausschuß während der Diskussion angeboten haben, eine dem Art. 5 Abs. 3
GG entsprechende Bestimmung aufzunehmen, daß dies aber von Ihnen abgelehnt worden ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721302700
Herr Kollege Spranger, die Ausschußberatungen sind genauso abgelaufen, wie ich es soeben dargestellt habe. Sie haben gesagt: einen Kunst- und Literaturvorbehalt nur im Wege des Kompromisses, d. h. nur dann, wenn die Koalition in anderen Punkten Abstriche macht. Das heißt doch: Sie wollen den Kunst- und Literaturvorbehalt nicht in diesem Gesetz haben.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Reden Sie doch nicht so daher!)

Nicht anders sind die Beratungen im Ausschuß gelaufen, wie jeder Bürger an Hand der Protokolle
des Strafrechtssonderausschusses nachprüfen kann.

(Spranger [CDU/CSU] : Das ist doch nicht zutreffend!)

Meine Damen und Herren, wir lehnen heute ebenfalls die Vorschläge der Opposition zur Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts ab. Diese Vorschläge sind ungerecht und unpraktikabel.
Ungerecht sind sie, weil Sie auch solche Leute bestrafen wollen, die sich an sich nicht strafwürdig verhalten.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Was heißt „an sich nicht"?)

Herr Kollege Müller-Emmert hat vorhin in aller Ausführlichkeit — ich will das nicht wiederholen; Sie haben es gehört, Herr Kollege Vogel — darauf hingewiesen, daß es den Unterschied zwischen Kriminalunrecht und Verwaltungsunrecht gibt. Wir haben uns damals entschieden, den hier diskutierten Bereich mit dem Ordnungswidrigkeitengesetz abzudecken. Ich glaube, wir sind damit — die Erfahrungen haben es gezeigt — gut gefahren.
Unpraktikabel ist Ihr Vorschlag, weil er der Polizei ihre Aufgabe nicht erleichtert, sondern erschwert. — Auch das hat der Kollege Müller-Emmert ausführlich dargetan. Wenn die Polizei nach dem von Ihnen geforderten Straftatbestand einschreiten muß, kann das im krassen Widerspruch zu den Notwendigkeiten der polizeilichen Taktik bei einer gewalttätigen Demonstration stehen und der Polizei gegenüber dem heutigen Rechtszustand ihre Arbeit ganz erheblich erschweren.
Nun fragt sich — und wir haben diese Frage an Sie im Ausschuß mehrfach gestellt —, warum Sie denn überhaupt diese Änderung des Demonstrationsstrafrechts vorschlagen. Sie haben im Ausschuß Beispiele angeführt. Sie haben beispielsweise davon gesprochen, daß die gewalttätigen Demonstrationen gegen die Preiserhöhungen beim Frankfurter Verkehrs- und Tarifverbund eine solche Änderung notwendig machten. Für mich zeigt die Tatsache, daß Sie dieses Beispiel — auch wieder heute hier — in die Debatte eingeführt haben, nur, wie weit Sie davon entfernt sind, sich nun wirklich mit den Problemen der Polizei in diesem Bereich auseinanderzusetzen. Ich will die Problematik deshalb hier etwas ausführlicher erörtern.



von Schoeler
Bei den gewalttätigen Demonstrationen gegen die Fahrpreiserhöhungen in Frankfurt war es die Taktik einer kleinen, militanten Gruppe von gewalttätigen Demonstranten, keine große Menge zu bilden, sondern sich in kleine Gruppen aufzulösen, unter harmlose Passanten zu mischen und von dort aus Gewalttaten vorzunehmen. Herr Kollege Spranger, bei diesem Vorgehen von Demonstranten haben Sie keine große Menge. Da findet keine Demonstration statt, wie Sie sie sich anscheinend vorstellen und wie es sie vor zehn Jahren gab, als Sie regierten, sondern das ist eine ganz andere, neue Form gewalttätiger Demonstrationen. Gegen diese Form aber bietet Ihr Gesetz überhaupt keine Handhabe. Selbst von Ihrem Ausgangspunkt her ist es völlig unlogisch, eine solche Gesetzesvorschrift vorzuschlagen, um derartige Vorgänge zu bekämpfen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721302800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721302900
Ja. — Bitte schön, Herr Kollege Eyrich!

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0721303000
Herr Kollege von Schoeler, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß wir, wenn wir den aufgehobenen § 110 im Demonstrationsstrafrecht noch hätten, eine Möglichkeit hätten, bei diesen kleinen Gruppen einzugreifen — eine Möglichkeit, die damals von fast allen Polizeipräsidenten in allen Ländern gefordert worden ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721303100
Herr Kollege Eyrich, ich bin nicht dieser Auffassung. Offensichtlich ist Ihre Fraktion auch nicht dieser Auffassung, sonst hätte sie hier einen entsprechenden Antrag gestellt. Das ist aber nicht geschehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721303200
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Spranger?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721303300
Bitte sehr!

Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID0721303400
Herr von Schoeler, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie beabsichtigen, gegen diese Art von Demonstrationen in kleineren Grüppchen nichts zu unternehmen, obwohl die Gefährlichkeit dieser „Grüppchen" und der Vielzahl von kleineren „Demonstratiönchen" doch erwiesen ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721303500
Herr Kollege Spranger, wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie ,doch wirklich erkennen müssen, daß ich dargelegt habe, daß Ihr Gesetzentwurf gegen solche Formen von Demonstrationen gar keine Handhabe bietet. Daraus können Sie doch nicht entnehmen, daß ich gegen Gewalttaten bei solchen Demonstrationen nichts unternehmen will. Ich sage nur: Das Mittel, ,das Sie anbieten, ist untauglich. Damit müssen Sie sich doch etwas sachlicher auseinandersetzen.

(Spranger [CDU/CSU]: Das Prinzip!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721303600
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Eyrich?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721303700
Ja, aber das ist dann die letzte, weil ich dann mal weitermachen muß.

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0721303800
Herr Kollege von Schoeler, nachdem Sie gemeint haben, wir hätten einen Antrag bezüglich des § 110 nicht gestellt, frage ich Sie: Würden Sie denn einem solchen Antrag, wenn wir ihn heute stellten, zustimmen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721303900
Herr Kollege Eyrich, ich habe nicht nur darauf hingewiesen, daß Sie den Antrag nicht gestellt haben, sondern ich habe auch darauf hingewiesen, daß ich einen solchen Antrag nicht für sachdienlich hielte.
Nun, meine Damen und Herren, haben Sie auch an Hand der vorliegenden Zahlen 'in keiner Weise den Nachweis erbringen können, daß die von Ihnen geforderten Änderungen notwendig sind. Herr Kollege Spranger hat vorhin einige Zahlen zitiert. Ich muß schon sagen, daß das — ich glaube, die Berliner würden sagen — chuzpe ist, so etwas hier vorzutragen. Ich möchte die Zahlen einmal vollständig nennen. 1969, also vor der Änderung des Demonstrationsstrafrechts, gab es in diesem Lande insgesamt 2 253 Demonstrationen. Von diesen 2 253 Demonstrationen waren 813, also über ein Drittel, unfriedlich. 1970 gab es 1 383 Demonstrationen; davon waren 122 unfriedlich. 1974 gab es 1 922 Demonstrationen; ,davon waren 144 unfriedlich. Ich glaube, meine Damen und Herren, daß diese Zahlen eindrucksvoll bestätigen, was ich vorhin schon gesagt habe: Die Zahl der gewalttätigen Demonstrationen war zu Ihrer Regierungszeit größer, als sie heute ist. Sie sollten nicht den Eindruck hervorrufen, als ob das Gegenteil der Fall wäre.
Wir lehnen Ihre Vorschläge zum Demonstrationsstrafrecht also ab, weil sie ungerecht und unpraktikabel sind und weil keine praktische Notwendigkeit für diese Vorschläge dargetan ist.
Meine Damen und Herren, es gibt aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten, was Sie sowohl mit den Anträgen zum Demonstrationsstrafrecht als auch mit den Änderungen, die Sie zum § 88 a StGB vorschlagen, bezwecken. Die ,eine Möglichkeit ist, daß die Anträge ernst gemeint sind. Dann, so muß ich sagen, graut es mir vor Ihren Vorstellungen im staatspolitischen Bereich. Die andere Möglichkeit ist die, daß diese Anträge nicht ernst gemeint sind, und da ich Ihnen wohl will, will ich das einmal unterstellen. Sie sind meines Erachtens mit dem Blick auf die Wahlurne und dafür gemacht, eine Handhabe zu finden, um die Koalitionsfraktionen der demokratischen Unzuverlässigkeit zu zeihen.



von Schoeler
Dies wird Ihnen beim Wähler nach meiner festen Überzeugung nicht gelingen. Mit Ihren Vorstellungen, meine Damen und Herren, ist kein Staat zu machen, es sei denn, ein Polizeistaat.

(Beifall bei der SPD — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Ein unerhörter Diffamierer sind Sie! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

In der festen Überzeugung, daß die Bedenken, die bis in die letzten Tage hinein gegen den Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt, geäußert worden sind, nach den vorgenommenen Änderungen unberechtigt sind, stimmen wir Freien Demokraten dem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Schlimme Rede!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721304000
Meine Damen und Herren, ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Einzelberatung in zweiter Lesung. Dazu liegt ein Änderungsantrag auf Drucksache 7/4582 der Fraktion der CDU/CSU vor. Ich möchte zunächst der Ordnung halber darauf hinweisen, daß in der Überschrift die zweite zitierte Drucksachennummer unkorrekt ist. Es muß 7/4549 heißen, nicht 7/4649.
Die Drucksache 7/4582 sieht zunächst eine Änderung zu Artikel 1 Nr. 01 vor.
Ich gehe davon aus, daß wir zunächst über Nr. 001 in der Drucksache 7/4549 abstimmen können, da wir ohnehin einzeln abstimmen müssen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Können wir nicht über den Änderungsantrag insgesamt abstimmen?)

— Ja, aber der kommt frühestens bei Nr. 01 vor. Deswegen möchte ich zunächst Nr. 001 aufrufen, weil wir nach der Reihenfolge vorgehen. Dazu liegt kein Änderungsantrag vor. Wer diesem Passus zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe nun Art. 1 Nr. 01 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag auf Drucksache 7/4582 vor. Ich rufe ihn auf Wunsch der Antragsteller für alle Punkte gemeinsam auf. Herr Kollege Spranger hat eben in seiner Rede die Begründung dafür gegeben.
Dann hat Herr Abgeordneter Coppik das Wort.

Manfred Coppik (SPD):
Rede ID: ID0721304100
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Spranger hat für die CDU/ CSU-Fraktion hier einige Änderungsanträge vorgetragen, die ich mit Genehmigung von Frau Präsidentin insgesamt ansprechen und zu denen ich auch begründen möchte, warum die Fraktion der SPD diese Änderungsanträge ablehnen wird.
Die von der CDU/CSU vorgelegten Änderungsanträge sind teils überflüssig, teils gefährlich, überwiegend beides.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Die CDU/CSU will in ihrem Änderungsantrag den § 130 a als Gewaltbefürwortungsparagraphen in der Fassung des Bundesratsentwurfs beschlossen sehen, in einer Fassung also, die weit über den von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen § 88 a hinausgeht. Auf irgendeine Schutzklausel zugunsten von Kunst, Literatur, Forschung, Lehre oder Berichterstattung will sie dabei ebenso verzichten wie auf eine Einschränkung im Hinblick auf die Motive und Ziele der Befürwortung. Sie verkennt dabei völlig, daß die allgemeine Diskussion darüber, wann Gewalt legitim sein kann, ein uraltes philosophisch-moralisches Problem ist, gerade in der europäischen Kulturgeschichte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721304200
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogel?

Manfred Coppik (SPD):
Rede ID: ID0721304300
Gerne.

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0721304400
Herr Kollege Coppik, würden Sie bestätigen können, daß der von uns vorgeschlagene § 130 a nicht nur dem Entwurf des Bundesrates, sondern im wesentlichen auch dem Entwurf der Bundesregierung entspricht?

Manfred Coppik (SPD):
Rede ID: ID0721304500
Nein, das kann ich Ihnen leider nicht bestätigen. Das, was Sie wollen, hat die Bundesregierung nie gewollt. Auch wenn die Formulierung des Regierungsentwurfs von uns in den Ausschußberatungen verbessert wurde, verbessert wurde auch deswegen, um Gefahren, vielleicht auch nur einer Fehlinterpretation, auszuschließen,

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Das sind doch Ausflüchte!)

muß dennoch festgestellt werden, daß die Bundesregierung das, was Sie wollen und vorschlagen, nie vorgeschlagen und gewollt hat.
Mein Kollege Dr. Müller-Emmert hat hier auf diese Gesamtproblematik hingewiesen und dabei angemerkt, daß etwa auch Dramen von Friedrich Schiller unter die Formulierung Ihres Änderungsantrags fallen würden. Und selbstverständlich haben die damaligen Herrscher solche Darbietungen zu Zeiten von Friedrich Schiller für geeignet gehalten, den öffentlichen Frieden zu stören — die einzige einschränkende Voraussetzung, die Sie in Ihrem Vorschlag haben. Ich muß Sie ernsthaft fragen: Wollen Sie die Verhältnisse aus dein 19. Jahrhundert in diesem Lande wiederherstellen? Es gibt keine Rechtfertigung, gerade heute, in der freiheitlichsten und stabilsten Republik, die je auf deutschem Boden bestanden hat, die uralte philosophische Diskussion um und über Gewalt ohne Rücksicht auf Motiv und Zielsetzung unter Strafe zu stellen. Meine Damen und Herren von der Opposition, Meinungsfreiheit bedeutet eben, daß auch etwas Unsinniges, etwas Falsches oder sogar auch etwas Verwerfliches gedacht, gesagt und geschrieben werden kann und nicht nur das, was Sie für richtig halten, oder das, was wir für richtig halten.

(Reddemann [CDU/CSU]: Sie sollten einmal die Entwürfe lesen, Herr Coppik!)




Coppik
Es ist schon ein erschreckendes Demokratieverständnis, was Herr Spranger uns hier in dieser Frage geboten hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das Ihre würden wir nicht gern übernehmen!)

Ich hoffe und glaube, daß es in Ihrer Fraktion wenigstens einige gibt, denen es bei dieser Rede des Herrn Kollegen Spranger kalt den Rücken hinuntergelaufen ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Haben Sie etwa Angst gehabt?)

— Bei einigen von Ihnen löst das nur Gelächter aus. Auch das macht deutlich, wie ernsthaft Sie sich mit dieser Problematik auseinandersetzen.
Es ist ein gefährlicher Aberglaube, zu glauben, durch möglichst weitgehende Straferweiterungen und Strafschärfungen und den damit für alle Bürger verbundenen Abbau von Freiheitsrechten eine Sicherheitsgarantie gegen alle Gewalttaten erreichen zu können. Sie haben hier wider besseres Wissen diesen Eindruck erweckt, obwohl die Erfahrungen in aller Welt das Gegenteil lehren.
Niemand von uns verharmlost Gewalt.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Natürlich!)

Wenn aber Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, das wahnwitzige Treiben einiger hundert Terroristen zum Anlaß nehmen wollen, um einen allgemeinen wesentlichen Eingriff in die Meinungsfreiheit mit Ihrem Änderungsantrag vorzunehmen, dann werden Sie auf unseren erbitterten Widerstand stoßen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Darauf kann sich jeder verlassen, innerhalb und außerhalb dieses Hauses. Die Sozialdemokratische Partei steht in einer mehr als 100jährigen Tradition des Kampfes auch für die Meinungsfreiheit, insbesondere für die Meinungsfreiheit Andersdenkender und gegen politischen Machtmißbrauch der Obrigkeit.
Wir haben deswegen im Ausschuß dafür Sorge getragen, daß alles getan wird, um ungerechtfertigte Eingriffe in die Freiheitsrechte in diesem Lande auszuschließen. Dabei haben wir uns die Sache sicherlich nicht einfach gemacht. Es gab vieles gegeneinander abzuwägen, und es gab manche unterschiedliche Meinung. Aber das, was Herr Spranger heute hier von sich gegeben hat, und zusätzlich Ihre Änderungsanträge machen deutlich, aus welcher Richtung die Gefahren für die geistige Freiheit in diesem Lande drohen und wie notwendig es ist, diesen Gefahren mit aller Entschlossenheit und Geschlossenheit entgegenzutreten.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sie sind nur dann entschlossen, wenn es gegen Demokraten geht, aber nicht, wenn es gegen Radikale geht!)

Aber Ihre Änderungsanträge sind nicht nur eine Gefahr für wesentliche Freiheitsrechte, sondern gleichzeitig auch eine Gefahr für die innere Sicherheit in unserem Lande. Wenn man entsprechend dem Änderungsvorschlag der CDU/CSU zu § 125 des Strafgesetzbuchs auch friedliche Demonstranten nur deshalb, weil sie sich nicht rechtzeitig von einer Demonstration entfernt haben, zu Vorbestraften machen wollte, würde man dadurch das Potential vergrößern, aus dem heraus sich politische Desperados, aus dem heraus sich anarchistische Gewalttätergruppen rekrutieren.

(Zustimmung bei der SPD)

Wenn man sich nämlich in der geschichtlichen Entwicklung anschaut, wer die Anarchisten waren und auch heute wieder sind, dann stellt man fest, daß es sich meist um zutiefst bürgerliche, um nicht zu sagen: kleinbürgerliche, aus den Geleisen gekommene Intellektuelle handelt, die aus persönlicher Verzweiflung den Bezug zur Realität verloren haben und zu Kriminellen wurden.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU]: Sie!)

Nun sind das Gedanken, die den Damen und Herren von der Opposition offensichtlich ziemlich gleichgültig sind. Sie müssen ja auch ein sehr gespaltenes Verhältnis zu den anarchistischen Terrorakten haben; denn schließlich sind Sie und alle Kräfte der Reaktion in unserem Lande die einzigen objektiven Nutznießer dieser Wahnsinnstaten,

(Beifall bei der SPD und der FDP)

zumal es zu Ihrer Taktik gehört — das hat die Rede von Herrn Spranger deutlich gemacht —, genauso wie es seit jeher zur Taktik der deutschen Reaktion gehörte, die anarchistische Ideologie und Praxis in die Nähe der Sozialdemokratie zu rücken.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Sie reden ja wie ein Linker!)

Mit solcher Lügenpropaganda wurde schon der Wahlkampf 1878 bestritten. Nicht umsonst hat Karl Marx die Anarchisten als eine Bande von Agents provocateurs der Reaktion bezeichnet.

(Beifall bei der SPD)

Die deutsche Sozialdemokratie hat die damaligen Verunglimpfungen und Diffamierungen überstanden; wir werden erst recht heute damit fertig. Wir vertrauen darauf, daß sich auf Dauer der bundesdeutsche Wähler nicht wird darüber täuschen lassen, von wem er wirklich mehr Sicherheit in diesem Land erwarten kann.
Meine Damen und Herren, wem es nicht nur um Schlagworte geht, wem es nicht nur darum geht, auf dem Problem der Gewaltkriminalität ein parteipolitisches Süppchen zu kochen, wie Herr Spranger es hier getan hat, wem es ernsthaft um die innere Sicherheit in dieser Republik geht, der wird darauf achten müssen, bei aller strafrechtlich gebotenen Erfassung des Vorfeldes der Gewaltkriminalität die Heranzüchtung neuer politischer Desperados zu verhindern. Eine solche Heranzüchtung könnte eigentlich nur im Interesse der Anarchisten liegen. Alle Demokraten sind aufgerufen, sie zu verhindern.



Coppik
Leider sind Ihre Änderungsanträge geeignet, eine solche Heranzüchtung zu fördern.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sie reden doch Blödsinn!)

Die Annahme Ihrer Vorschläge würde deshalb ein unübersehbares Risiko für die innere Sicherheit in diesem Lande bedeuten. Daher lehnen wir Ihre Anträge ab.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Quatschkopp! — Dr. Miltner [CDU/CSU] : Und das im Namen der SPD!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721304600
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 7/4582. Bestehen Bedenken dagegen, über alle Punkte gemeinsam abzustimmen? — Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich den gesamten Änderungsantrag zur Abstimmung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Meine Damen und Herren, die Schriftführer bitten darum, daß man sich zunächst hinsetzen möge; dann wäre es einfacher zu übersehen. Ich wiederhole die Abstimmung.
Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Danke schön. Das letztere war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Es ist mir mitgeteilt worden, daß über Art. 1 Nr. 01, d. h. über § 88 a, eine namentliche Abstimmung gewünscht wird. Dazu rufe ich jetzt auf. Ich bitte, gleichzeitig zur Kenntnis zu nehmen, daß auch für die Gesamtabstimmung in dritter Lesung namentliche Abstimmung beantragt ist.
Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über § 88 a in der vorliegenden Fassung des Berichts. —
Meine Damen und Herren, es sind Zweifel bei der Abgabe einer Stimme aufgekommen. Es tut mir leid, wir müssen ,die Abstimmung wiederholen. Abstimmungsergebnisse sollten nicht unklar oder anfechtbar sein.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Timm.

Dr. Helga Timm (SPD):
Rede ID: ID0721304700
Frau Präsidentin, ich habe große Bedenken, diese Prozedur zu wählen. Von meiner Fraktion sind im Augenblick insbesondere Regierungsmitglieder und der Fraktionsvorsitzende selbst — ich denke, dies gilt auch für den Vorsitzenden Ihrer Fraktion — auf dem Neujahrsempfang des Bundespräsidenten.

(Rawe [CDU/CSU] : Das ist doch keine Begründung!)

Sie haben hier abgestimmt unid sind nun zu diesem Empfang gegangen. Ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. Es ist unmöglich, diese Prozedur zu wählen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721304800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jenninger.

Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID0721304900
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! In der Abstimmung sind eben von einem Kollegen, wie von einem amtlich bestellten Schriftführer dieses Hauses festgestellt worden ist, zwei Karten in die Urne geworfen worden. Es besteht also der Zweifel, daß hier nicht ordentlich abgestimmt worden ist. Aus diesem Grunde beantrage ich namens meiner Fraktion eine Wiederholung dieser Abstimmung.

(Zurufe von der CDU/CSU: Sofort!)

Die Begründung, die die Frau Kollegin Timm gegeben hat, halte ich nicht für zureichend.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721305000
Meine Damen und Herren, unabhängig davon, wie der Sachverhalt tatsächlich ist — ich finde, wenn ein ernsthaftes Bedenken entstanden ist, sollten wir die Abstimmung wiederholen. Ich bitte die Schriftführer daher, erneut an ihre Plätze zu gehen. Und zugleich bitte ich weiterhin alle Kollegen, die Stimmkarten nach Möglichkeit etwas geordneter abzugeben, damit die Schriftführer auch den Überblick behalten.
Meine Damen und Herren, seitens des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses bin ich gebeten worden, mitzuteilen, daß der Haushaltsausschuß seine Beratungen erst nach der nächsten namentlichen Abstimmung fortsetzen wird.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721305100
Ich gebe das Ergebnis der wiederholten namentlichen Abstimmung zu Art. 1 Nr. 01 bekannt. Mit Ja haben 225 uneingeschränkt stimmberechtigte und 12 Berliner Abgeordnete gestimmt. Mit Nein haben 167 uneingeschränkt stimmberechtigte und 5 Berliner Abgeordnete gestimmt. Enthalten hat sich niemand. Insgesamt haben 392 voll stimmberechtigte und 17 Berliner Abgeordnete an der Abstimmung teilgenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 392 und 17 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 224 und 12 Berliner Abgeordnete nein: 167 und 5 Berliner Abgeordnete ungültig: 1
Becker (Nienberge)

Biermann Blank
Dr. Böhme (Freiburg)

Börner
Frau von Bothmer
Brandt (Grolsheim)

Bredl
Brück
Buchstaller Büchner (Speyer)

Dr. von Bülow
Buschfort
Dr. Bußmann
Collet
Conradi
Ja
SPD
Ahlers
Dr. Ahrens
Amling Anbuhl Arendt (Wattenscheid)

Dr. Arndt (Hamburg) Augstein
Baack
Bäuerle Barche Dr. Bardens
Batz



Vizepräsident Dr. Jaeger Coppik
Dr. von Dohnanyi
Dürr
Eckerland Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg
Frau Eilers (Bielefeld)

Dr. Emmerlich
Dr. Enders Engholm Esters
Ewen
Fiebig
Dr. Fischer Frau Dr. Focke
Friedrich Gansel
Geiger
Gerstl (Passau)

Gertzen
Dr. Geßner Glombig
Dr. Glotz Gnädinger Grobecker Grunenberg Dr. Haack Haar
Haase (Fürth)

Haase (Kellinghusen)

Dr. Haenschke Halfmeier Hauck
Dr. Hauff Henke
Herold
Höhmann Hofmann Dr. Holtz Horn
Frau Huber Huonker
Immer (Altenkirchen) Jahn (Marburg)
Jaschke
Jaunich
Dr. Jens
Junghans Junker
Kaffka
Kern
Koblitz
Konrad
Kratz
Dr. Kreutzmann Krockert Kulawig Lambinus Lattmann
Dr. Lauritzen
Lemp
Lenders
Frau Dr. Lepsius
Liedtke
Löbbert
Lutz
Mahne
Marquardt Marschall Frau Meermann
Dr. Meinecke (Hamburg) Meinike (Oberhausen) Metzger
Möhring
Müller (Bayreuth) Müller (Mülheim) Müller (Nordenham) Müller (Schweinfurt)
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Neumann
Dr.-Ing. Oetting
Offergeld
Freiherr
Ostman von der Leye Pawelczyk
Peiter
Dr. Penner
Pensky Peter
Polkehn Porzner Rapp (Göppingen)

Rappe (Hildesheim)

Frau Dr. Rehlen
Reiser
Frau Renger Reuschenbach
Frau Dr. Riedel-Martiny Röhlig
Rohde Rosenthal
Sander Saxowski
Schäfer (Appenweier)

Dr. Schäfer (Tübingen) Scheffler
Scheu
Frau Schimschok
Schinzel Schlaga Schluckebier
Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Hamburg) Schmidt (Niederselters) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Dr. Schöfberger
Schreiber
Schulte (Unna)

Dr. Schweitzer
Dr. Schwencke (Nienburg) Dr. Schwenk (Stade) Seibert
Simon Simpfendörfer
Dr. Sperling
Spillecke
Stahl (Kempen)

Frau Steinhauer
Dr. Stienen
Sund
Tietjen
Frau Dr. Timm
Tönjes Urbaniak
Vahlberg
Vit
Dr. Vogel (München) Vogelsang
Walther
Dr. Weber (Köln)

Wehner Wende Wendt Dr. Wernitz
Westphal
Wiefel Wilhelm
Wimmer
Wischnewski
Dr. de With
Wittmann (Straubing) Wolf
Wolfram
Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler
Berliner Abgeordnete
Bühling
Dr. Dübber Egert
Grimming
Frau Grützmann Löffler
Manning
Mattick
Frau Schlei Schwedler Sieglerschmidt
FDP
Dr. Bangemann
Baum
Dr. Böger
Engelhard Frau Funcke Gallus
Geldner
Grüner
Hölscher
Jung
Kirst
Kleinert
Krall
Dr. Kreibaum Dr.-Ing. Laermann
Dr. Graf Lambsdorff Logemann
Frau Lüdemann
Dr. Dr. h. c. Maihofer Mischnick
Möllemann Moersch
Ollesch
Opitz
Peters (Poppenbüll) Schleifenbaum Schmidt (Kempten) von Schoeler
Frau Schuchardt Spitzmüller
Dr. Vohrer Dr. Wendig
Berliner Abgeordnete Hoppe
fraktionslos
Emeis
Nein
CDU/CSU
Alber
von Alten-Nordheim Dr. Althammer
Dr. Arnold Dr. Barzel
Dr. Becher (Pullach) Dr. Becker

(Mönchengladbach) Frau Benedix

Benz
Berger
Bewerunge Biechele
Biehle
Dr. von Bismarck
Dr. Blüm
von Bockelberg Böhm (Melsungen) Braun
Breidbach Bremm
Burger
Carstens (Emstek)

Dr. Czaja
Damm
Dr. Dregger
Dreyer Eigen
Eilers (Wilhelmshaven) Engelsberger
Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
Ey
Dr. Eyrich
Freiherr von Fircks
Franke (Osnabrück)

Dr. Franz
Dr. Fuchs
Geisenhofer
Gerlach (Obernau)

Gerster (Mainz)

Gierenstein
Dr. Gölter
Dr. Götz
Haase (Kassel)

Dr. Häfele
Dr. Hammans
von Hassel
Hauser (BN-Bad Godesberg) Hauser (Krefeld)
Dr. Hauser (Sasbach)

Dr. Heck
Höcherl Hösl
Dr. Hornhues
Horstmeier
Frau Hürland
Dr. Hupka
Dr. Jaeger
Jäger (Wangen)

Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst
Josten Katzer Kiechle Dr. Klein (Göttingen)

Dr. Klein (Stolberg)

Dr. Kliesing
Dr. Köhler (Duisburg)

Dr. Köhler (Wolfsburg) Krampe
Dr. Kraske
Kroll-Schlüter
Freiherr
von Kühlmann-Stumm
Dr. Kunz (Weiden) Lagershausen
Lampersbach
Leicht
Dr. Lenz (Bergstraße)

Link
Löher
Dr. Luda
Dr. Marx
Maucher
Dr. Mende
Mick
Dr. Mikat
Dr. Miltner
Milz
Dr. Müller (München) Müller (Remscheid)
Dr. Müller-Hermann
Frau Dr. Neumeister
Niegel Nordlohne
Dr.-Ing. Oldenstädt
Orgaß Frau Pack
Pfeffermann
Picard Pieroth



Vizepräsident Dr. Jaeger Pohlmann
Dr. Probst
Rainer Rawe
Reddemann
Frau Dr. Riede (Oeffingen) Dr. Riedl (München)
Dr. Ritz Röhner Rollmann
Rommerskirchen
Russe
Sauer (Salzgitter)

Sauter (Epfendorf)

Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
Schetter
Frau Schleicher Schmidhuber
Schmidt (Wuppertal) Schmitz (Baesweiler) Schmöle
Dr. Schneider
Frau Schroeder (Detmold) Schröder (Lüneburg) Schröder (Wilhelminenhof) Schulte (Schwäbisch Gmünd Dr. Schulze-Vorberg
Seiters Sick
Solke
Dr. Freiherr
Spies von Büllesheim Spilker
Spranger Dr. Sprung
Stahlberg
Graf Stauffenberg
§ 88 a in der Ausschußfassung ist damit angenommen.
Wir kommen zu den restlichen Nummern des Art. 1, also zu Nr. 1 bis 6. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr Art. 2 und 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, eröffne ich die
dritte Beratung.
Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Lattmann!

Dieter Lattmann (SPD):
Rede ID: ID0721305200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn eine Unsicherheit eingestehen, was ein Politiker eigentlich nicht tun sollte. Aber es ist die Unsicherheit, die mir einzig aufrichtig erscheint. Ich habe mich nämlich heute nacht sehr ernsthaft gefragt, ob es die Stimmung dieses Tages hergebe, das zu sagen, was ich mir zu sagen vorgenommen habe. Aber die Situation ist da, und es muß nun sein. Ich hoffe, daß es möglich ist, eine Sorge, an das ganze Haus gerichtet, zu formulieren, die dahin geht, daß wir uns vielleicht alle gemeinsam fragen müssen, ob wir nicht unter dem Druck von Tagesereignissen in eine Situation kommen können, Gesetze zu beschließen, die uns allen eines Tages ein schlechtes Gewissen machen.
Da ich aber Ihnen, Herr Kollege Spranger, zugehört habe, möchte ich zu Beginn auch eines ganz klarstellen. Was ich hier als kritischer Sozialdemokrat sage, ist unmißbrauchbar gegen meine Fraktion und die Bundesregierung. Denn eines ist deutlich: Da, wo die Freiheit und der Individualismus, aber auch die Sozialbindung des Eigentums wachsen, ist die SPD zu Hause. Von diesem Platz lassen wir uns durch niemanden verdrängen.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt keine politische Kraft in Deutschland, die für das Herstellen, Erhalten und Sicherermachen einer sozialen Demokratie mehr geleistet, gelitten und gerungen hat als die SPD.

(Erneuter Beifall bei der SPD)

Wer im Widerspruch zur Mehrheitsmeinung der eigenen Fraktion im Bundestagsplenum das Wort begehrt, muß es hinnehmen, daß manche sagen, er wolle etwas für sich und nicht für die Sache. Die Sache aber, um die es hier und heute geht, ist so schwierig, daß sie unterschiedlicher Überzeugungen bedarf. Kann der Zustand der Demokratie durch die Verschärfung des Strafrechts verbessert werden? Die Frage stellt sich angesichts des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz des Gemeinschaftfriedens, mehr noch durch die schärferen Gesetzesvorhaben des Bundesrats wie der Fraktion der CDU/CSU.
Weniges bewegt die Menschen in der Bundesrepublik dringender als der internationale Terrorismus und die Auswirkungen in unserem Land. Durch die Vorgänge um Peter Lorenz und den Überfall von Terroristen auf die Botschaft der Bundesrepublik in Stockholm, durch scheinbar namenlos gebliebene Opfer wie durch die immer vorhandene Gefahr weiterer Anschläge auf den liberalen Rechtsstaat ist die Verantwortlichkeit aller nachdenklichen Bürger entschieden herausgefordert.
Politik ist von den geistigen Auseinandersetzungen der Zeit nicht zu trennen. Berührt sind durch Erpressungen mit Geiseln und jede Form politischer Kriminalität Grundfragen des Verhältnisses zwischen Zeitgeist und Intelligenz, Demokratie und Macht. Die Forderung nach der Stabilität der inneren Sicherheit sollte das Verbindende unter allen Demokraten sein und bleiben. Für ihre größtmögliche Verwirklichung bestehen jedoch verschiedene Vorstellungen. Keine bietet entsprechend der Grundbedingung der menschlichen Existenz eine Sicherheitsgarantie. Es bleibt immer ein Rest an Unsicherheit, den einzugestehen politisch so schwierig wie konsequent erscheint. Denn jeder neue Terrorakt ruft in der Öffentlichkeit gewaltige Emotionen hervor. Sie werden unweigerlich zum Material der Auseinandersetzung zwischen den Parteien. In einem öffentlichen Klima aber, das emotional aufgeheizt wird, fällt es schwer, über Gewalt so nüchtern zu debattieren, wie es das parlamentarische Gebot der Stunde ist.
Dr. Stavenhagen
Susset
de Terra Thürk
Tillmann Frau Tübler Vehar
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Vogt
Volmer
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel Wawrzik
Weber (Heidelberg)

Dr. Freiherr von Weizsäcker Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Windelen Wissebach Dr. Wittmann (München)

Dr. Wörner Frau Dr. Wolf
Dr. Wulff Zeyer
Ziegler
Dr. Zimmermann
Zink
Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Frau Berger (Berlin) Kunz (Berlin)
Müller (Berlin)

Frau Pieser
Straßmeir



Lattmann
Zu unterscheiden ist, scheint mir, zwischen juristischen Erwägungen und einem umfassenden Denken, das sich mit Gesetzgebung nicht zu begnügen vermag. Nach geltendem Recht sind die Befürwortung von Gewalt und die Anleitung zu Straftaten schon bisher unter Strafe gestellt, dann nämlich, wenn es sich um versuchte Anstiftung im Sinne des § 30 oder eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten im Sinne des § 111 handelt. Mit Strafe bedroht sind außerdem die Beschimpfung der verfassungsrechtlichen Ordnung (§ 90 a), die Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung eines gemeingefährlichen Verbrechens (§ 126), Volksverhetzung nach § 130, Verherrlichung von Gewalt nach § 131, Billigung von Straftaten nach § 140, Bedrohung mit einem Verbrechen nach § 241.
Das Grundgesetz und das gesamte Rechtswesen der bisher freiesten und sichersten deutschen Demokratie bieten einen so umfassenden Schutz gegen Terrorismus und politische Kriminalität, wie er international unübertroffen ist. Wenn das Strafrecht darüber hinaus verschärft wird, muß die zusätzliche Effektivität einer solchen Gesetzesänderung bezweifelt werden. Vor allem aber besteht die Gefahr, daß durch gesetzestechnischen Perfektionismus etwas ganz anderes erreicht wird als die Zielvorstellung des aus Sorge um die rechtsstaatliche Ordnung bestimmten Regierungsentwurfs, nämlich ein Klima von Einschüchterung, Opportunismus und jener Selbstzensur, die in Deutschland allzu häufig Zivilcourage verdrängt.
Insbesondere gilt das für den Begriff der Befürwortung von Gewalt durch Schriften, auch wenn der neue § 88 a einen Teil öffentlich erhobener Bedenken berücksichtigt und trotz des Vorbehalts für Kunst, Wissenschaft und Berichterstattung nach § 86 Abs. 3. Ich verkenne nicht, meine Damen und Herren, daß die Strafvorschrift gegen die Befürwortung von Gewalt jetzt im neuen § 88 a enger gefaßt wurde, als es der ursprüngliche Entwurf vorsah. Ich könnte mir sogar vorstellen, daß es zu kaum einer rechtskräftigen Verurteilung auf Grund des neuen § 88 a kommt. Jedoch setzt die Vorschrift eine Strafnorm, die wegen ihrer Kompliziertheit — zuerst definiert sie einen Bereich der Strafbarkeit, dann zieht sie mehrere auslegungsbedürftige Kautelen wieder davon ab - manche Unsicherheit mit sich bringt. Wie viele enge Geister werden meinen, da müsse doch endlich einmal durchgegriffen und Anzeige erstattet werden?! Wieviel Staatsanwälte, die die Lage nicht ganz übersehen, werden zu Ermittlungen schreiten, die Betreffenden vorladen und sich rechtfertigen lassen?! Außerdem ist, fürchte ich, noch immer nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß an dem einen oder anderen Ort der Justizbürokratie für strittig erklärt wird, was als Kunst zu gelten habe, und im Endeffekt dann doch ein solches Gesetz zu Zensurmaßnahmen mißbraucht werden kann. Jeder, der sich nur einige Jahre mit zeitkritischem Schreiben beschäftigt hat, kennt auch die Erfahrung, daß der bisher uns schützende Artikel 5 des Grundgesetzes zwar Zensurfreiheit fordert, aber in der Praxis das Ringen um die veröffentlichte Meinung mehr oder weniger sublime Formen der
Einflußnahme von Interessen, oft unter dem euphorischen Etikett angeblicher Ausgewogenheit, zur Regel macht.
Wer das öffentliche Klima in der Bundesrepublik mit internationalen Maßstäben mißt und das begonnene Jahr 1976 mit dem Demokratieverlangen der Mehrheit Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre vergleicht, mag sich sorgen, daß die Demokratie unter dem Druck von nationalem Ordnungsdenken Rückschritte macht. Eine Bewegung ist in Kraft, die Freiräume einengt und in einigen Fällen Weimarer Ausmaße von Demokratiefeindlichkeit annimmt. Jeder, der dem überkommenen Zustand unserer Republik nicht huldigt und die Unverrückbarkeit der Gegebenheiten nicht als verfassungsbedingt erachtet, setzt sich der Bedrohung aus, von den Verfechtern dieser Tendenz als „verfassungsfeindlich" denunziert zu werden.

(Beifall bei der SPD)

Der Staat, in dem wir leben, ist aber noch lange nicht die Demokratie, die das Grundgesetz fordert.

(Beifall bei der SPD)

Also ist seine Veränderung mit demokratischen Mitteln eine legitime Forderung, die nur den ewig Rückwärtsgewandten nicht einleuchtet. In diesem Zusammenhang muß ein Teil des öffentlichen Erfüllungsdrucks nach Gesetzesverschärfungen gesehen werden.
Kein Vernünftiger wird Gewalt verharmlosen. Fest steht aber auch, daß der politische Terrorismus kleiner Gruppen den sozialen und um Demokratie bemühten Rechtsstaat nicht ernsthaft zu gefährden vermag, wenn wir ihm mit dem sachlichen Gebrauch vorhandener Rechtsmittel und mit dem unerschütterlichen Festhalten an demokratischen Errungenschaften begegnen; denn nicht Ruhe, sondern Demokratie ist die erste Bürgerpflicht.

(Beifall bei der SPD)

Es ist aus diesem Grunde, so denke ich, erforderlich, sich zu erinnern, wie alles begann. Denn offensichtlich gibt es im Leben der Völker zyklische Prozesse, deren Zwangsläufigkeit allerdings im voraus nie erwiesen, eher im nachhinein festgestellt wird. Zwei Jahrzehnte lang war in der Bundesrepublik eine historische Schrecksekunde bestimmend, in der das „Tausendjährige Reich" politischen Gewalttätern den Atem verschlagen hatte. Erst eine neue Generation machte sich davon frei. Kaum einer bezweifelt heute im Rückblick das außerordentliche intellektuelle und moralische, teilweise erklärt christliche Niveau der Außerparlamentarischen Opposition und des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes, des SDS, in der Initialphase ihrer politischen Wirkung Mitte der sechziger Jahre. Unübersehbar sind aber auch die Markierungspunkte, an denen sich die Studentenbewegung teilte und in der großen Mehrheit zu den demokratischen Parteien wie in etablierte Positionen der Gesellschaft überging, während der ursprünglich moralische Antrieb in einigen rasch isolierten Gruppen der extremen Minderheit zu Terrorismus und militanter Ignoranz pervertierte. Tatsache ist: diejenigen, die



Lattmann
sich für Revolutionäre halten, haben — teils nach einschlägigen Lehrbüchern — Verbrechen gegen die Humanität politisch zu rechtfertigen versucht. Wie immer ihre Gewaltanwendung epidemischen Charakter hat, sie erscheinen intellektuell besonders verantwortlich. Denn ihre geistigen Voraussetzungen liegen weit über dem Durchschnitt. Sie entstammen vorwiegend der bürgerlichen Schicht und hatten, wenn auch voller Wut, teil an Privilegien jener Bevölkerungsgruppe, die sich im Kern auch heute als akademische Elite begreift.
Eines unter anderem ist ihnen gelungen: Sie haben eine Verschärfung des öffentlichen Klimas herbeigebombt. Sie haben damit auch, durchaus gemäß ihrem Vorsatz, bei einem freilich kleinen Teil der Bevölkerung eine verborgene, immer vorhandene ,,Rübe-ab"-Mentalität bloßgelegt. Wenn sie eines vor allem wollen, dann ist es: daß der Rechtsstaat sein Gesicht verliert.
Warum ist es so schwierig, großen Bevölkerungsgruppen klarzumachen, mit welchen Zielen der Terrormechanismus abläuft? Wer gegen unbeteiligte Menschen mit Bomben wütet wie Baader-Meinhof und ihre Nachfolger, wird niemals den Weg in eine bessere Gesellschaft freisprengen. Er provoziert nur den Ruf nach Recht und Ordnung in ewig gestriger Verzerrung.
Dieses Land hat Erfahrung mit politischen Mördern und Gewaltherrschaft.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Und mit politischen Träumern!)

Der Staat aus Stahl und Eisen — den haben wir allzu lange gehabt, der soll uns nicht wiederkehren durch die Hintertür, an der die Bombenleger ihren Schattenkrieg hochgehen lassen. Denn es gibt viele Dinge, die es in diesem schwierigen Land namens Bundesrepublik zu schützen lohnt. Es muß möglich sein und bleiben, daß Künstler und Autoren vom Standpunkt einer radikalen Moral aus die Gegenwartspolitik kritisieren, wie Pasternak, Solschenizyn und Sacharow das in der Sowjetunion getan haben oder Pablo Neruda in Chile, Theodorakis im Griechenland der Junta, Wolf Biermann in der DDR, Heinrich Böll und andere in der grundsätzlich anders gearteten Bundesrepublik.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721305300
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte Sie, zum Schluß zu kommen.

Dieter Lattmann (SPD):
Rede ID: ID0721305400
Herr Präsident, ich richte mich danach und schließe, indem ich den Rest meiner Rede zu Protokoll gebe *) und ergänzend sage: Es gibt Situationen, in denen sich die politischen Prioritäten neu und mit Macht stellen. Meine Abwägung sieht so aus, daß ich, indem ich meine ernsthaften Bedenken zurückstelle, mit der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion für dieses Gesetz stimme.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Na also!)

*) Siehe Anlage 2.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721305500
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

(Unruhe)

— Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um etwas Ruhe!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721305600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Rechtsordnung ist nichts Starres, Unabänderliches. Sie bedarf immer wieder der Überprüfung, und sie bedarf der Änderung und Ergänzung, wenn Sie nicht mehr den Wertvorstellungen der Gemeinschaft entspricht, aber auch dann, wenn neue Sachverhalte auftreten, wenn neue Verhaltensweisen neue Gefahren für die Rechtsgemeinschaft oder einzelne Rechtsgenossen bewirken.
Das gilt insbesondere für das Strafrecht. Im Zuge der Strafrechtsreform haben wir die uns zum Teil aus dem vergangenen Jahrhundert überkommenen Normen den geläuterten Wertvorstellungen unseres Grundgesetzes angepaßt. Wo es die Entwicklung der Lebensverhältnisse erforderte, haben wir aber auch neue Strafbestimmungen geschaffen oder in Angriff genommen, so auf dem Gebiet der Wirtschaftskriminalität und der Umweltkriminalität.
Neuen Herausforderungen sehen wir uns seit einigen Jahren indessen auch in einem ganz anderen Bereich gegenüber, nämlich durch terroristische Aktivitäten und durch neuartige Formen der Störung der inneren Sicherheit. Wir wissen heute: Der Terror, die Anwendung individueller Gewalt zur Erreichung politischer Ziele, ist eine weltweite Erscheinung. Die Welle der Gewaltätigkeiten hat keinen Kontinent, ja kaum ein Land verschont. Es handelt sich nicht um ein isoliertes Problem der Bundesrepublik; ja, wir können ohne Überheblichkeit sagen, daß wir in dieser Bundesrepublik mit diesen Problem schon unter dem geltenden Recht keineswegs schlechter, insgesamt sogar eher besser fertiggeworden sind als andere.
Das entbindet uns aber nicht von der Pflicht, neben der Verbesserung, Verstärkung und Verfeinerung der Verfolgungsmaßnahmen auch unsere bestehenden Strafrechtsvorschriften ,an den neuen Herausforderungen zu messen und, wo notwendig, Konsequenzen zu ziehen. Die Bundesregierung hat sich dieser Pflicht nüchtern, ohne Rücksicht auf Tagesstimmungen und ohne vordergründige Effekthascherei unterzogen. Sie hat dabei vor allem erwogen, wie der Schutz des einen Rechtsgutes, etwa des Rechtsgutes des inneren Friedens unserer Gemeinschaft, verbessert werden kann, ohne daß andere Rechtsgüter und Bürgerfreiheiten, wie etwa die Meinungsfreiheit und die Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Schaden leiden. Denn es hieße in der Tat, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben, wollten wir ein Mehr an Sicherheit mit einem Weniger an Rechtsstaatlichkeit und Grundrechtswirklichkeit erkaufen.

(Zustimmung bei der SPD)




Bundesminister Dr. Vogel
Dabei ist allerdings vor zwei Übertreibungen deutlich zu warnen: vor der Ansicht, schon ein zweifelhaftes und geringes Mehr an Sicherheit rechtfertige nahezu jede Erweiterung der staatlichen Eingriffsmöglichkeiten; nicht minder aber vor ,der Ansicht es sei in jedem Fall besser, Opfer und Einbußen einzelner und der Gemeinschaft hinzunehmen, als die Machtbefugnisse des Staates zu erweitern.
Sie, Herr Kollege Lattmann, haben gerade in diesem Zusammenhang die Sorge geäußert, der vorliegende Entwurf überschreite die vernünftige Grenze dessen, was ein demokratischer Rechtsstaat zur Abwehr von Gefahren auf ,dem Weg der Gesetzgebung tun könne und tun solle. Eine solche Sorge, Herr Kollege Lattmann, verdient es, ernstgenommen zu werden. Unsere Demokratie wäre ärmer, wenn eine mahnende Stimme wie die Ihre nicht mehr erhoben und nicht in Ruhe angehört werden könnte.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Indes enthebt die Ernsthaftigkeit 'der Motive, aus denen heraus eine Sorge geäußert wird, diejenigen, die für den Staat als Mitglieder der Gesetzgebungsorgane Verantwortung tragen, nicht der Pflicht, die vorgetragenen Argumente im einzelnen auf ihre Stichhaltigkeit hin zu prüfen. Ich vermag in wesentlichen Punkten diesen Argumenten nicht zu folgen.
Es ist gesagt worden, der Zustand der Demokratie könne nicht durch die Verschärfung des Strafrechts verbessert werden. Ich glaube, das ist in dieser Allgemeinheit nicht haltbar. Natürlich müssen wir, wenn auch als ultima ratio, neue Strafvorschriften einführen und bestehende verschärfen, wenn neue Herausforderungen das notwendig machen. Gustav Radbruch hat das zu seiner Zeit unter schwierigsten Verhältnissen in der Weimarer Demokratie getan; die Regierung Brandt/Scheel mußte einen Tatbestand der Luftpiraterie in das Strafgesetzbuch einfügen; diese Koalition will neue Strafdrohungen ich erwähnte das schon — gegen Umweltschäden und gegen Wirtschaftsdelikte in Kraft setzen.
Das alles soll selbstverständlich die Lebensverhältnisse in unserem Lande, d. h. aber: den Zustand unserer Demokratie, beeinflussen. Man kann philologisch darüber streiten, ob es den Zustand verbessert. Jedenfalls verhindert es Verschlechterungen, und das 'ist ja wohl gegenüber ,dem Zustand, der sonst einträte, der bessere, der vorzuziehende Zustand.
Warum, meine Damen und Herren, soll dies gegenüber neuen Formen terroristischer Aktivitäten nicht gelten? Übrigens — und das bitte ich gerade in dieser Diskussion zu bedenken —: die neuen Normen sollen und wollen ja nicht den Staat als Abstraktion schützen. Schutzobjekte sind doch im Grunde das Leben, die Gesundheit, die Freiheit der einzelnen Rechtsgenossen. Sie geraten in Gefahr, wenn der Staat in seiner Schutzfähigkeit und in seinem Gewaltmonopol beeinträchtigt wird.
Dann ist ausgeführt worden, unser Staat sei noch lange nicht die Demokratie, die das Grundgesetz fordere; seine Veränderung sei eine legitime Forderung. Gewiß, keiner, der es mit dem Grundgesetz ernst meint, wird das bestreiten.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Ich melde mich ausdrücklich als einer, der es bestreitet!)

Aber gerade als Bundesminister der Justiz füge ich
hinzu: Schon in seiner unvollkommenen Ordnung

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Kann man überhaupt sagen, was eine vollkommene Ordnung ist?)

gibt dieser Staat seinen Bürgern mehr Freiheit als die meisten Staaten dieser Welt. Er schützt den Bürger in dieser Freiheit aber auch gegen den Mißbrauch der Freiheit durch andere.

(Beifall bei der SPD)

Unser Staat ist eben nicht mehr der Staat des späten 19. Jahrhunderts oder gar der Staat der Diktatur. An diesem Staat sind doch Generationen sozialdemokratischer und liberaler Politik nicht ohne Spur vorübergegangen. Ein Gustav Radbruch, ein Hugo Sinzheimer, ein Kurt Schumacher, ein Adolf Arndt, ein Carlo Schmid, ein Fritz Erler, ein Friedrich Naumann, ein Theodor Heuss, ein Thomas Dehler, aber auch manche aus dem konservativen Lager, haben doch nicht nur Fußnoten zur Staatslehre dieser Republik geschrieben. Nein, sie haben diesen Staat mitgeformt und in seinem Wesen verändert. Dieser Staat muß um der Freiheit willen, die er sonst nicht gewährleisten kann, auch seine Handlungsfähigkeit, seine Schutzfähigkeit erhalten und bewahren. Nur so werden auch die Veränderungsmechanismen funktionsfähig bleiben, die für diese Republik nach dem Grundgesetz unverzichtbar sind.
Schließlich ist gesagt worden, der Konflikt zwischen Geist und Macht sei notwendig. Auch dem stimme ich zu. Allerdings, kein Geringerer als Thomas Mann hat gerade in der Überspitzung dieses Gedankens einen Mangel des geschichtlichen deutschen Bildungsbegriffs gesehen, weil dieser Begriff, wie Thomas Mann in seiner Gedächtnisrede für den ermordeten Walther Rathenau sagte, das politische Element nicht in sich aufgenommen hat. Vielmehr hat er, und zwar bei der gleichen Gelegenheit, die Republik geradezu als Einheit von Staat und Kultur, d. h. aber doch von Geist und Macht, definiert. Bedenken Sie jedenfalls: Der Geist kann sich mit aller ihm möglichen und ihm zustehenden Einseitigkeit bis hin zur wirklichkeitsfernsten Utopie nur entfalten, wenn ihm die Macht, die im demokratischen Rechtsstaat gebändigte, an Grundwerte gebundene und vom Geist immer wieder in Frage gestellte Macht, einen Freiraum sichert.
So sieht es auch Thomas Mann, wenn er in seinem Aufsatz „Vom kommenden Sieg der Demokratie" betont, daß die Philosophen, denen ein Plato die Regierung anvertrauen will, eben nicht nur Philosophen, sondern auch Regenten sein müssen. Macht ohne Geist führt in die Barbarei; aber Geist ohne eine von gebändigter Macht gewährleistete Ordnung verliert in dem dann hereinbrechenden Chaos Wirkung, Sinn und Möglichkeit.



Bundesminister Dr. Vogel
In diesem Sinne hat die Bundesregierung geprüft, was jetzt notwendig erscheint. Als Ergebnis hat sie den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches und anderer Vorschriften, der anschließend in erster Lesung behandelt wird, und diesen Entwurf vorgelegt. Zu diesem Entwurf ist vieles bereits in der bisherigen Debatte gesagt worden. Ich beschränke mich auf die beiden Kernpunkte, auf die sich auch die Opposition konzentriert hat.
Da ist einmal das Demonstrationsstrafrecht. Die Bundesregierung hat keinen Anlaß gesehen, eine Änderung dieses seit 1970 geltenden Rechts vorzuschlagen. Die Ausschußberatungen und auch die heutigen Ausführungen haben nichts erbracht, was die Bundesregierung zu einer Änderung ihrer Haltung veranlassen müßte. Vielmehr hat sich einmal mehr ergeben: das geltende Recht ist ausreichend.
Die Zahl der gewalttätigen Demonstrationen liegt heute erheblich niedriger als vor 1970. Im Hinblick auf Ihre Behauptung, Herr Kollege Spranger, nenne ich noch einmal die Zahlen: Unfriedlich verliefen 1968 533, 1969 813 Demonstrationen. In den folgenden Jahren bis 1974 lauten die Zahlen: 132, 208, 77, 125, 144. Der Qualitätsunterschied in diesen Zahlen gegenüber 1969 ist also unbestreitbar.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Wieviel Gewalt ist seitdem in die Hörsäle verlagert worden?)

In den wenigen Fällen, in denen es wie 1972 in München, 1973 in Bonn und 1974 in Frankfurt am Main zu massiven Gewaltanwendungen gekommen ist, hätten die von der Opposition befürworteten Rechtsänderungen weder die Anwendung der Gewalt verhindert noch den Ablauf des Geschehens beeinflußt. Entscheidend für die Abwendung der Gefahren war vielmehr das kluge und entschlossene Eingreifen der Polizei. Bei den übrigen unfriedlichen Demonstrationen erbringt der Vorschlag für den Polizeieinsatz ebensowenig; denn mit den zur Auflösung unerlaubter Ansammlungen gebotenen Mitteln — Wasserwerfer, Tränengas, unmittelbarer körperlicher Zwang — schreitet die Polizei zulässigerweise schon jetzt ein. Andere Mittel stehen ihr auch nach der Gesetzesänderung nicht zur Verfügung. Der Vorschlag setzt sich dem Verdacht aus, daß man von einer in ihrer Wirksamkeit untauglichen Maßnahme eine Entlastung der eigenen Verantwortung erwartet, die Schwierigkeiten für die Polizei in der Praxis aber in keiner Weise vermindert oder erleichtert.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Die Praktiker von der Polizei sehen das anders; aber auf die hört man nicht!)

Zum zweiten geht es um die Eindämmung der Gewalt, und zwar auch der verbalen Vorbereitung und Begünstigung der Gewaltanwendung in der politischen Auseinandersetzung. Die Gewaltlosigkeit im politischen Kampf ist ein wesentliches Element des demokratischen und freiheitlichen Rechtsstaats. Wer auch nur verbal an dieser Grundübereinkunft unserer Gemeinschaft rüttelt, stellt einen der größten Fortschritte unserer politischen Kultur in Frage und will uns auf das Niveau des politischen Faustrechts zurückwerfen. Unser Staat bedroht deshalb schon jetzt nicht nur die Gewalttat selbst, sondern die Anstiftung, die Aufforderung, die Androhung und die Verherrlichung der Gewalt mit Strafe. Die Bundesregierung will mit ihrem Entwurf die Bestimmung gegen die Androhung von Gewalt verbessern und auch die Anleitung zur und die Befürwortung von Gewalt als sozialschädlich und gemeinschaftsgefährlich unter Strafe stellen.
Der Ausschuß ist dem in den beiden ersten Punkten gefolgt. Hinsichtlich der Gewaltbefürwortung hat die Mehrheit des Ausschusses die Grenze der Strafbarkeit enger gezogen als der Entwurf und den Tatbestand auf die Fälle eingeengt, in denen durch die Gewaltbefürwortung der Kern unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung berührt wird. Die Opposition hat dies auch heute scharf kritisiert. Ich meine, zu Unrecht. In Wahrheit handelt es sich hier zunächst einmal um einen völlig normalen Vorgang, nämlich darum, daß der Ausschuß eine Abwägung, die schon von der Bundesregierung angestellt wurde, in eigener Verantwortung wiederholt hat und dabei zu einem abweichenden Ergebnis gekommen ist.
Die Bundesregierung sieht die Meinungsfreiheit, die Freiheit der Kunst, der Wissenschaft und der Berichterstattung schon durch die von ihr gewählten Begrenzungen voll gewährleistet. Die Mehrheit des Ausschusses hat noch eine weitere Eingrenzung durch die Aufnahme des von mir erwähnten Tatbestandsmerkmales für erforderlich gehalten. Die Bundesregierung kann und will dem Ausschuß eine solche selbständige Entscheidung nicht verwehren. Die Bundesregierung -reiß, daß das Parlament seiner eigenen — gegenüber der Bundesregierung völlig selbständigen — Verantwortung anders gar nicht gerecht werden kann.
Meine Damen und Herren, was sollen all die Vorwürfe der Opposition, die sich inhaltlich gerade an diese Änderung knüpfen? Warum eigentlich verdächtigen Sprecher der Opposition — dies ist auch heute geschehen — jede abwägende Prüfung, jeden Zweifel, der im Hinblick auf die Eignung einzelner Maßnahmen geäußert wird, jede Abwägung, die zu anderen Ergebnissen als denen der Opposition führt, als versteckte Hilfe für die Terroristen? Zweifel sind doch keine Schande. Nur Diktaturen kennen keine Zweifel.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Ich meine, es ist eher ein Zeichen von Stärke, wenn ein Rechtsstaat zweimal mit sich zu Rate geht, bevor er neue Strafgesetze in Kraft setzt. Außerdem gibt es diese Zweifel, über die wir hier unsere Meinungen austauschen und um die wir miteinander ringen, doch auch in Ihrem Lager. Tun Sie doch nicht so, als ob alle Vorschläge, die aus Ihren Reihen kommen, bei Ihnen völlig unumstritten seien und als ob es nicht auch bei Ihnen Bedenken und Sorgen gebe. Wollen Sie wirklich alle, die Sorgen äußern, als unzuverlässig, schwächlich, anfällig verteufeln, auch den Deutschen Anwaltverein, den Deutschen Richter-



Bundesminister Dr. Vogel
bund, die Bundesrechtsanwaltskammer und eine ganze Anzahl namhafter Rechtslehrer?

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : S i e sind sicher kein Kraftprotz!)

Außerdem: Wer Herrn Spranger zugehört hat, wird nur schwer auf den Gedanken kommen, daß hier Demokraten miteinander über die Frage diskutieren, wie der von ihnen gemeinsam geschaffene Rechtsstaat am besten in rechtsstaatlicher Weise gegen neuartige Herausforderungen geschützt werden kann.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Herr Kollege Spranger, was sollen eigentlich diese maßlosen Übertreibungen?

(Spranger [CDU/CSU] : Das sind keine Übertreibungen, das sind Fakten!)

Wem hilft diese ganz unsinnige Schlachtordnung? Keiner bestreitet der Opposition das Recht zur Kritik. Jeder erwartet von der Opposition alternative Vorschläge. Warum entwerten Sie aber das Gewicht Ihrer Vorschläge durch Begleittöne, die man nur als pure Demagogie bezeichnen kann?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Was ist Ihnen denn eigentlich wichtiger: der gemeinsame, wirksame, von einer breiten Überzeugung getragene Schutz unserer freiheitlichen Ordnung

(Zurufe von der CDU/CSU: Schluß!)

oder der möglichst tiefe, unüberbrückbare Graben gegenüber der Koalition?

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU]: Hören Sie auf! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Außer Oppositionsbeschimpfung können Sie auch nichts machen! Schmarren!)

Namens der Bundesregierung danke ich allen, die innerhalb und außerhalb des Parlaments an der Beratung des Entwurfs mitgewirkt haben. Ich bitte, diesen Entwurf in der vorliegenden Fassung nunmehr in der dritten Lesung endgültig zu verabschieden.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Donnerwetter: endgültig!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721305700
Meine Damen und Herren, wird in der dritten Lesung des weiteren das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Schlußabstimmung in Form einer namentlichen Abstimmung. Die Abstimmung ist eröffnet. — Ich schließe die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Schlußabstimmung über das Vierzehnte Strafrechtsänderungsgesetz bekannt. Es haben 402 uneingeschränkt stimmberechtigte und 18 Berliner Abgeordnete teilgenommen. Alle Abgeordneten haben mit Ja gestimmt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 402 und 18 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 402 und 18 Berliner Abgeordnete.
Dr. Holtz Horn
Frau Huber Huonker
Immer (Altenkirchen)

Jahn (Marburg)

Jaschke
Jaunich
Dr. Jens Junghans Junker
Kaffka
Kern
Koblitz
Konrad
Kratz
Dr. Kreutzmann
Krockert Kulawig Lambinus Lattmann Dr. Lauritzen
Leber
Lemp
Lenders
Frau Dr. Lepsius
Liedtke
Löbbert
Lutz
Mahne
Marquardt Marschall Matthöfer Frau Meermann
Dr. Meinecke (Hamburg) Meinike (Oberhausen) Metzger
Möhring
Müller (Bayreuth)

Müller (Mülheim)

Müller (Nordenham)

Müller (Schweinfurt)

Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Neumann Dr.-Ing. Oetting
Offergeld Freiherr
Ostman von der Leye Pawelczyk
Peiter
Dr. Penner Pensky
Peter
Polkehn
Porzner
Rapp (Göppingen)

Rappe (Hildesheim)

Frau Dr. Rehlen
Reiser
Frau Renger
Reuschenbach
Frau Dr. Riedel-Martiny Röhlig
Rohde
Rosenthal Sander
Saxowski
Schäfer (Appenweier)

Dr. Schäfer (Tübingen) Scheffler
Scheu
Frau Schimschok
Ja
SPD
Ahlers
Dr. Ahrens
Amling Anbuhl Arendt (Wattenscheid)

Dr. Arndt (Hamburg) Augstein
Baack Bäuerle Barche Bahr
Dr. Bardens
Batz
Becker (Nienberge) Biermann
Blank
Dr. Böhme (Freiburg)

Börner
Frau von Bothmer
Brandt (Grolsheim)

Bredl
Brück Buchstaller
Büchner (Speyer)

Dr. von Bülow
Buschfort
Dr. Bußmann
Collet Conradi Coppik Dr. von Dohnanyi
Dürr
Eckerland
Dr. Ehmke
Dr. Ehrenberg
Frau Eilers (Bielefeld)

Dr. Emmerlich
Dr. Enders
Engholm
Esters Ewen
Fiebig
Dr. Fischer
Frau Dr. Focke
Franke (Hannover)

Friedrich
Gansel Geiger Gerstl (Passau)

Gertzen
Dr. Geßner
Glombig
Dr. Glotz
Gnädinger
Grobecker
Grunenberg
Dr. Haack
Haar
Haase (Fürth)

Haase (Kellinghusen) Haehser
Dr. Haenschke
Halfmeier
Hansen Hauck Dr. Hauff
Henke Herold Höhmann
Hofmann



Vizepräsident Dr. Jaeger
Schinzel
Schlaga
Schluckebier
Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Niederselters) Schmidt (Wattenscheid) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Dr. Schöfberger
Schreiber
Schulte (Unna)

Dr. Schweitzer
Dr. Schwencke (Nienburg) Dr. Schwenk (Stade) Seibert
Simon Simpfendörfer
Dr. Sperling
Spillecke
Stahl (Kempen)

Frau Steinhauer
Dr. Stienen
Sund
Tietjen
Frau Dr. Timm
Tönjes Urbaniak
Vahlberg
Vit
Dr. Vogel (München) Vogelsang
Waltemathe
Walther
Dr. Weber (Köln)

Wehner Wende Wendt Dr. Wernitz
Westphal
Wiefel Wilhelm
Wimmer
Dr. de With
Wittmann (Straubing) Wolf
Wolfram
Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler
Berliner Abgeordnete
Bühling
Dr. Dübber
Egert
Grimming
Frau Grützmann Löffler
Manning
Mattick
Frau Schlei
Schwedler
Sieglerschmidt
CDU/CSU
Alber
von Alten-Nordheim
Dr. Althammer
Dr. Arnold Dr. Barzel Dr. Becher (Pullach)

Dr. Becker (Mönchengladbach)

Frau Benedix
Benz
Berger Bewerunge Biechele
Biehle
Dr. von Bismarck
Dr. Blüm
von Bockelberg
Böhm (Melsungen)

Braun
Breidbach Bremm
Burger
Carstens (Emstek)

Dr. Czaja Damm
Dr. Dregger Dreyer
Eigen
Eilers (Wilhelmshaven) Engelsberger
Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
Ey
Dr. Eyrich
Freiherr von Fircks
Franke (Osnabrück)

Dr. Franz Dr. Fuchs Geisenhofer
Gerlach (Obernau)

Gerster (Mainz)

Gierenstein Dr. Gölter Dr. Götz
Haase (Kassel)

Dr. Häfele Dr. Hammans
von Hassel
Hauser (BN-Bad Godesberg) Hauser (Krefeld)
Dr. Hauser (Sasbach)

Dr. Heck Höcherl
Hösl
Dr. Hornhues
Horstmeier Frau Hürland
Dr. Hupka Dr. Jaeger Jäger (Wangen)

Dr. Jahn (Münster)

Dr. Jenninger
Dr. Jobst Josten
Katzer
Kiechle
Dr. Klein (Göttingen)

Dr. Klein (Stolberg)

Dr. Kliesing
Dr. Köhler (Duisburg)

Dr. Köhler (Wolfsburg) Krampe
Dr. Kraske Kroll-Schlüter
Freiherr
von Kühlmann-Stumm
Dr. Kunz (Weiden) Lagershausen
Lampersbach
Leicht
Dr. Lenz (Bergstraße)

Link
Löher
Dr. Luda Dr. Marx Maucher Dr. Mende
Dr. Mertes (Gerolstein) Mick
Dr. Mikat Dr. Miltner Milz
Möller (Lübeck)

Müller (Remscheid)

Dr. Müller-Hermann
Dr. Narjes
Frau Dr. Neumeister
Niegel Nordlohne
Dr.-Ing. Oldenstädt
Orgaß Frau Pack
Pfeffermann
Picard Pieroth Pohlmann
Dr. Probst
Rainer Rawe
Reddemann
Frau Dr. Riede (Oeffingen) Dr. Riedl (München)
Dr. Ritz Röhner Rollmann
Rommerskirchen
Russe
Sauer (Salzgitter)

Sauter (Epfendorf)

Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
Schetter
Frau Schleicher Schmidhuber
Schmidt (Wuppertal) Schmitz (Baesweiler) Schmöle
Dr. Schneider
Frau Schroeder (Detmold) Schröder (Lüneburg) Schröder (Wilhelminenhof) Schulte (Schwäbisch Gmünd: Dr. Schulze-Vorberg
Seiters Sick
Solke
Dr. Freiherr
Spies von Büllesheim Spilker
Spranger
Dr. Sprung
Stahlberg
Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Strauß Stücklen
Susset
de Terra
Thürk Tillmann
Frau Tübler
Vehar
Frau Verhülsdonk
Vogel (Ennepetal)

Vogt
Volmer
Dr. Waffenschmidt
Wawrzik
Weber (Heidelberg)

Dr. Freiherr von Weizsäcker
Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Windelen Wissebach
Dr. Wittmann (München) Dr. Wörner
Frau Dr. Wolf
Dr. Wulff Dr. Zeitel Zeyer
Ziegler
Dr. Zimmermann
Zink
Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Amrehn
Frau Berger (Berlin) Kunz (Berlin)
Müller (Berlin)

Frau Pieser
Straßmeir
FDP
Dr. Bangemann
Baum
Dr. Böger Engelhard Ertl
Frau Funcke Gallus
Geldner
Grüner
Hölscher
Jung
Kirst
Kleinert
Krall
Dr. Kreibaum Dr.-Ing. Laermann
Dr. Graf Lambsdorff Logemann
Frau Lüdemann
Dr. Dr. h. c. Maihofer Mertes (Stuttgart) Mischnick
Möllemann Ollesch
Opitz
Peters (Poppenbüll) Schleifenbaum
von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller
Dr. Vohrer Dr. Wendig Zywietz
Berliner Abgeordnete Hoppe
fraktionslos
Emeis
Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich komme zu den weiteren Anträgen des Ausschusses. Unter Ziffer 2 wird beantragt, die unter den Punkten 9 a und b der Tagesordnung behandelten Gesetzentwürfe für erledigt zu erklären. Ich lasse darüber abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zu Ziffer 3, dem Antrag, die Petitionen und Eingaben für erledigt zu erklären. — Es erfolgt kein Widerspruch; es ist so beschlossen.



Vizepräsident Dr. Jaeger
Meine Damen und Herren, damit kann ich diesen Punkt der Tagesordnung abschließen.
Es ist nunmehr interfraktionell vereinbart, auch die Punkte 10 und 11 vorzuziehen. — Kein Widerspruch; dann geschieht es so.
Ich rufe die Punkte 10 und 11 auf:
10. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung terroristischer krimineller Vereinigungen
— Drucksache 7/4004 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß (federführend)

Sonderausschuß für die Strafrechtsreform Innenausschuß
11. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Bundesrechtsanwaltsordnung
— Drucksache 7/4005 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß (federführend)

Sonderausschuß für die Strafrechtsreform Innenausschuß
Wird eine Begründung des Entwurfs unter Punkt 10 gewünscht? — Das ist offenbar nicht der Fall.
Wird der Entwurf unter Punkt 11 begründet? — Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721305800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon in der vorangegangenen Debatte habe ich darauf hingewiesen, daß die terroristischen Gewalttaten eine neuartige und durchaus nicht auf die Bundesrepublik beschränkte Herausforderung des demokratischen Rechtsstaats darstellen. Es ist die selbstverständliche Pflicht des Staates und all seiner Organe, seine Bürger und zu diesem Zweck auch sich selbst vor diesen Aktivitäten zu schützen. Dazu gehört die Anwendung der vorhandenen Gesetze, dazu gehört die Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit, dazu gehört aber auch die Ergänzung und Verbesserung unserer Rechtsordnung an den Stellen, an denen neue Erfahrungen das dringend geboten erscheinen lassen.
Die Justiz macht von den bestehenden Gesetzen einen angemessenen Gebrauch, und zwar sowohl die Justiz des Bundes als auch die der Länder. Es ist nicht wahr, meine Damen und Herren, daß die Justiz den Terroristen hilflos gegenüberstehe. Ich weiß, manche versuchen — aus welchen Gründen auch immer —, einen solchen Eindruck zu erwecken. Aber der Eindruck ist falsch; die Zahlen und die Fakten sprechen eine andere Sprache.
Das ist die Realität: 80 terroristische Gewalttäter sind bereits rechtskräftig verurteilt worden, davon allein 30 im Jahre 1975. In 46 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren sind erstinstanzielle Urteile ergangen; 27 dieser Urteile stammen aus dem Jahr 1975. 90 Personen wurden 1975 wegen des Verdachts terroristischer Gewalttaten in Untersuchungshaft genommen, davon 16 im Zusammenhang mit der Entführung von Peter Lorenz. Gegen 78 Personen haben die Staatsanwälte wegen des Verdachts terroristischer Gewalttaten Anklage erhoben, darunter auch gegen die Personen, die der Teilnahme an dem Terroranschlag auf die deutsche Botschaft in Stockholm verdächtig sind.
In diesem Zusammenhang ein Wort zu dem Stammheimer Prozeß. Es ist nicht Sache des Bundesministers der Justiz, zu werten. Immerhin ist aus den Berichten bekannt, daß sich der Prozeß entgegen allen Unkenrufen und entgegen aller mitunter schwer verständlichen Kritik im Stadium der Beweisaufnahme befindet. Diejenigen, die meinten, die Justiz sei zur Abwicklung eines solchen Verfahrens nicht imstande, haben jedenfalls in diesem Punkt unrecht behalten.
Auf der anderen Seite haben sich bisher aber auch alle Vorwürfe gegen die Rechtsstaatlichkeit und Verfassungsmäßigkeit einzelner, insbesondere am 1. Januar 1975 in Kraft getretener Verfahrensbestimmungen als unbegründet erwiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang alle Beschwerden zurückgewiesen oder überhaupt nicht zur Behandlung angenommen, so die Beschwerden gegen den Verteidigerausschluß, gegen das Verbot der gemeinschaftlichen Verteidigung und gegen die Beschränkung der Zahl der Wahlverteidiger. Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat in mehreren Entscheidungen zusätzlich festgestellt, daß in den betreffenden Verfahren weder die Dauer der Untersuchungshaft noch die Umstände des Haftvollzugs in irgendeiner Weise zu beanstanden sind.
Die Justiz tut also das, was unsere Gemeinschaft billigerweise von ihr erwarten kann. Sie verschafft mit Geduld und Zähigkeit unter Beachtung der rechtsstaatlichen Prinzipien den geltenden Gesetzen auch denen gegenüber Geltung, die unseren Staat und seine Rechtsordnung ablehnen und beide mit Gewalt zerstören wollen. Sie tut das unter Umständen, die für den einzelnen Richter und Staatsanwalt sehr belastend sein können. Sie verdient dafür Dank und Anerkennung.

(Beifall bei der SPD)

Die internationale Zusammenarbeit muß schon deshalb verbessert werden, weil sich die terroristischen Aktivitäten mehr und mehr internationalisiert haben. Die Herren Kollegen Genscher und Maihofer haben in ihren Bereichen die erforderlichen Initiativen ergriffen. Ich selbst habe im Frühjahr vergangenen Jahres meinen europäischen Ministerkollegen beschleunigte Verhandlungen im Europarat vorgeschlagen, um ein Übereinkommen über die Auslieferung und Bestrafung terroristischer Gewalttäter, die sich ins Ausland geflüchtet haben, zu erreichen. Die europäischen Justizminister haben dem zugestimmt. Ein Ausschuß des Europarats arbeitet an einer entsprechenden Konvention gegen Terrorismus und berät weitere Möglichkeiten, die internationale Zusammenarbeit zu verbessern. Die Konvention, die noch im Frühsommer dieses Jahres den europäischen Justizministern vorgelegt wird, wird folgende Grundsätze enthalten:



Bundesminister Dr. Vogel
1. Die Auslieferung eines terroristischen Gewalttäters kann grundsätzlich nicht mehr mit der Begründung abgelehnt werden, es handle sich um eine politische Straftat.
2. Der Staat, der einen Terroristen nicht ausliefert, ist verpflichtet, ihn selber strafrechtlich zu verfolgen.
3. Die Vertragsstaaten verpflichten sich auch im übrigen zu intensiver Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung bei Strafverfahren gegen terroristische Gewalttäter.
Ich habe hier insbesondere meinem französischen Kollegen Lecanuet, der diese Vorschläge unterstützt und sich zu eigen gemacht hat, sehr herzlich zu danken. Die Konvention wird ein bedeutsamer Schritt auf dem Weg zu einem internationalen Einvernehmen im Kampf gegen den Terrorismus sein.
Das alles enthebt uns indessen nicht der Pflicht, auch unsere Gesetze immer wieder daraufhin zu prüfen, ob sie den neuen Anforderungen genügen. Die Bundesregierung hat auf Grund einer solchen Prüfung im Juni 1975 den jetzt vorliegenden, abgewogenen Entwurf verabschiedet. Er hat den Bundesrat passiert. Er liegt dem Bundestag heute zur ersten Lesung vor. Auf Grund eines Initiativantrags der beiden Koalitionsfraktionen ist der gleiche Entwurf am 12. Juni 1975 schon einmal in erster Lesung behandelt worden. Ich kann im wesentlichen auf meine Ausführungen in der damaligen Debatte verweisen.
Nunmehr wird es Aufgabe des Rechtsausschusses und der mitbeteiligten Ausschüsse sein, den Entwurf der Bundesregierung und die weiteren einschlägigen Entwürfe sorgfältig zu beraten und jeweils die Schwere der Gefahr und die Tragweite der Eingriffe in die Rechtssphäre einzelner gegeneinander abzuwägen. Dabei, meine Damen und Herren, kann es nicht um Punkt und Komma gehen und erst recht nicht um die schiefe Alternative: Freiheit oder Sicherheit. Vielmehr geht es darum, die Freiheit sicherer zu machen. Nicht um des Staates oder seiner Organe willen, sondern um der Bürger willen, die ihre Freiheitsrechte nur dann gebrauchen und ausschöpfen können, wenn der Staat nicht nur ihre Freiheitsrechte achtet, sondern auch Dritte wirksam daran hindert, mit Gewalt und Terror in diese Freiheitsrechte einzugreifen.
Diese Aufgabe stellt uns das Grundgesetz. Die Bewältigung dieser Aufgabe erwartet unser Volk. Ich bin sicher, daß der Deutsche Bundestag sein Bestes tun wird, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Die Bundesregierung wird ihn dabei nach Kräften unterstützen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721305900
Der Gesetzentwurf ist damit begründet. Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Gnädinger.

Fritz-Joachim Gnädinger (SPD):
Rede ID: ID0721306000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Über die Schwerpunkte der heute in erster Lesung zur Beratung anstehenden Gesetzentwürfe von Bundesregierung und Bundesrat haben wir Mitte vergangenen Jahres auf Grund zum Teil inhaltsgleicher Entwürfe im Plenum des Deutschen Bundestages bereits ausgiebig diskutiert. Nach Abschluß unserer heutigen Debatte werden dem Rechtsausschuß und den mitberatenden Ausschüssen alle Vorschläge von Bundesregierung, Opposition, Bundesrat und Koalitionsfraktionen als Beratungsgrundlage vorliegen, so daß sie dort gemeinsam erörtert werden können.
Wir Sozialdemokraten sehen in gesetzlichen Maßnahmen gegen den Terrorismus nur einen Teilaspekt der Gesamtproblematik, der wir uns hier zu stellen haben.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Da stimmen wir überein!)

Ich bedanke mich. — Darüber hinaus sprengt diese Problematik natürlich auch den nationalen Rahmen. Immer mehr wird deutlich, daß ein erfolgreicher Kampf ohne internationale Maßnahmen nicht möglich ist. Insbesondere wäre es hilfreich, zu sehen, daß kein Land dieser Erde Terroristen Unterschlupf bietet. Ich darf an dieser Stelle Herrn Bundesminister Vogel für das, was er soeben zu diesem Punkt gesagt hat, recht herzlich danken.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Er sagt aber in jeder Debatte etwas anderes!)

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung richtet sich wie jener der Koalitionsfraktionen, der vor einigen Monaten eingebracht wurde, gegen alle Mitglieder und Helfer krimineller Vereinigungen. Dabei gehen wir davon aus, daß ein Entwurf nichts Endgültiges und Unwiderrufliches darstellt, sondern Bedenken, Anregungen und Verbesserungsvorschlägen zugänglich sein muß. Bei den Bemühungen um ein wirksames, aber auch an rechtsstaatlichen Grundsätzen orientiertes Gesetz sollten wir alle uns nicht von parteitaktischen Überlegungen leiten lassen,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Von rechtsstaatlichen!)

sondern vom Wissen darum, daß die Bekämpfung des Terrorismus und die Gewährleistung dier inneren Sicherheit eine gemeinsame Aufgabe aller demokratischen Parteien und gesellschaftlichen Kräfte ist.
Von seiten der Opposition haben wir in den vergangenen Monaten eine ganze Palette von Argumentationslinien unterschiedlichster Tonart gehört, die von dem ehrlichen Bemühen um Gemeinsamkeit bis zu jenem Punkt reichen, bei dem man den Eindruck haben kann, daß es in erster Linde nicht um die Bekämpfung des Terrorismus geht, sondern darum, die Tatsache, daß es solche Terroristen gibt, im parteipolitischen Tageskampf so weit und so gut wie möglich ausnützen.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung dokumentiert auch unsere Auffassung, daß auf neue Formen bisher nie erfahrener Kriminalität auch durch Änderungen und Ergänzungen von Gesetzen reagiert werden kann und muß. Der Entwurf zeigt aber in seinen Einzelheiten zugleich, daß wir uns dabei im Rahmen des rechtsstaatlich Zulässigen halten. Wir wollen uns davor hüten, jeden aktuellen Ta-



Gnädinger
gesfall mit neuen Gesetzen zu beantworten, die ihrerseits weit über den Tag hinaus gelten. Das schließt jedoch nicht aus, auch zum Mittel des Gesetzes zu greifen, um entstehende Lücken zu schließen.
Gerade die vor Jahresfrist verabschiedeten Vorschriften zur selbstverschuldeten Verhandlungsunfähigkeit von Angeklagten machen uns im Hinblick auf den großen Terroristenprozeß unserer Tage deutlich, daß ohne solche Bestimmungen die Funktionsfähigkeit unserer Rechtspflege bedroht gewesen wäre. Die Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Rechtspflege ist nämlich eines unserer Rechtsstaatsprinzipien. Die Unmöglichkeit, es durchzusetzen, hätte für das Rechtsbewußtsein unserer Bürger unabsehbare Folgen gehabt.
Noch deutlicher möchte ich jedoch vor einer zweiten, anders gearteten Meinung warnen, nämlich zu glauben, aus Gründen der Effekthascherei über das Erforderliche hinausgehen zu müssen. Ich glaube, die Vorschläge der Opposition bewegen sich in diesem Gefahrenbereich. Ihr verbissenes Festhalten an der Verfahrenssabotage als Ausschlußgrund für Verteidiger legt eine solche Vermutung nahe. Der Ausschluß des Verteidigers ist doch ein so schwerwiegender Eingriff, daß er nur auf Grund eines klaren, fest umrissenen Tatbestandes erfolgen darf. Aber gerade der Begriff der Verfahrenssabotage konnte trotz monatelanger Bemühungen nicht in klarer und eindeutiger Weise definiert werden.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Wer hat sich denn da bemüht?)

Was Sie von der Opposition vorgeschlagen haben, Herr Erhard, ist nicht justitiabel und deshalb auch nicht praktikabel.
Lassen Sie mich nun zu den im Regierungsentwurf vorgeschlagenen gesetzlichen Einzelmaßnahmen einige wenige kurze Anmerkungen machen. Der Tatbestand der kriminellen Vereinigung umfaßt viele strafbare Verhaltensweisen. Es ist eben einfach ein Unterschied, ob sich eine Gruppe als Ladendiebe zusammengetan hat oder ob es sich um eine Personengruppe handelt, deren Ziel Mord, Brandstiftung oder Geiselnahme ist. Wir meinen daher, es war richtig, vorzuschlagen, die schwersten Delikte aus diesem Tatbestand herauszunehmen und sie in einer neuen Strafbestimmung unter der Überschrift „Terroristische Vereinigungen" zusammenzufassen und mit einer schärferen Strafdrohung zu versehen. Einer solchen Bestimmung müßten sich dann auch Änderungen des Haftrechts anschließen.
Der zweite Punkt, den ich noch ansprechen möchte, betrifft die Verteidigerüberwachung. Es ist in der Tat der Zentralpunkt. Gegen eine solche Regelung sind Bedenken geltend gemacht worden, und zwar nicht nur von Einzelpersonen, sondern auch von den Standesorganisationen der Rechtsanwälte, von vielen Richtern und von einer großen Zahl von Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten. Dies veranlaßt mich, noch einmal zu wiederholen, was ich schon in der Debatte vom Juni vergangenen Jahres dazu gesagt habe, nämlich daß wir bereit sind, die vorgetragenen Auffassungen bei den Beratungen der Ausschüsse des Deutschen Bundestags genau zu prüfen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist doch selbstverständlich!)

Wenn ich sage „genau prüfen", dann meine ich nicht nur eine Floskel, sondern will deutlich machen, daß das eben heißt, daß Endgültiges noch nicht entschieden ist.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721306100
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0721306200
Herr Kollege Gnädinger, könnten Sie uns aus großer Freundlichkeit mitteilen, was sich denn nun eigentlich zugetragen hat vom Dezember 1974 über den Sommer 1975, wo Sie als Fraktion selbst den gleichen Entwurf hier eingebracht haben, bis zur heutigen Stunde und was an Unterschieden entstanden ist? Denn wir haben das Problem der Verteidigerüberwachung bereits seit 1973 in der Diskussion?

Fritz-Joachim Gnädinger (SPD):
Rede ID: ID0721306300
Herr Erhard, in unseren Äußerungen sind keine Unterschiede entstanden. In der damaligen Debatte haben sowohl Herr Kleinert als auch ich darauf hingewiesen, daß hier Vorschläge zur Diskussion auf den Tisch des Hauses gelegt worden sind und daß wir da unbedeckt bleiben und daß Parlament nicht heißen kann, daß alles, was hier in diesem Hause eingebracht wird, auch so verabschiedet wird. Sonst könnten wir die Ausschüsse dieses Hauses abschaffen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721306400
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Fritz-Joachim Gnädinger (SPD):
Rede ID: ID0721306500
Bitte sehr.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0721306600
Herr Gnädinger, Sie haben einen Entwurf der Bundesregierung aus dem Jahre 1974, der die Verteidigerüberwachung enthielt, im Dezember 1974 abgelehnt. Sie haben im Juni als Fraktion

(von Schoeler [FDP] : Frage!)

die Verteidigerüberwachung selbst wieder hier vorgeschlagen. Was hat sich denn nunmehr ergeben, daß Sie das wiederum in Frage stellen?

Fritz-Joachim Gnädinger (SPD):
Rede ID: ID0721306700
Herr Kollege Erhard, die Verteidigerüberwachung, die damals von der Bundesregierung vorgeschlagen worden ist, hatte ja für ihre Wirksamkeit bestimmte Voraussetzungen. Diese Voraussetzungen haben wir damals unberührt gelassen und daran nicht die Konsequenz der Überwachung, sondern die Konsequenz des schärferen Mittels, nämlich des Verteidigerausschlusses, gesetzt.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Jetzt sagen Sie wieder „schärferes Mittel" !)

Wir haben in den Debatten des vergangenen Jahres
immer wieder versucht, deutlich zu machen, was
sich insbesondere durch Erkenntnisse aus Gerichts-



Gnädinger
urteilen in den Baader/Meinhof-Verfahren verändert hat, und was uns dazu gebracht hat, zu sagen, wir müßten neben der Frage des Verteidigerausschlusses auch die Frage der Verteidigerüberwachung diskutieren. Ich werde jetzt, wenn ich weiterreden darf, zu dieser Verteidigerüberwachung noch einmal im einzelnen etwas sagen.
Bei der Prüfung wird davon auszugehen sein, daß die Verteidigerüberwachung doch zwei recht unterschiedliche Dinge meint, nämlich die Überwachung des schriftlichen Verkehrs und jene des Besuchsverkehrs.
Zunächst muß man angesichts der vielfach vorhandenen falschen Vorstellungen noch einmal darauf hinweisen, daß nach dem Vorschlag der Koalitionsfraktionen und dem der Bundesregierung — im Gegensatz zu dem der Opposition — eine solche Überwachung nur dann stattfinden soll, wenn der neu zu schaffende Tatbestand der terroristischen Vereinigung in Rede steht, d. h., wenn der in Haft Genommene dringend verdächtig ist, einer terroristischen Vereinigung anzugehören. Andererseits muß man deutlich sehen, daß zwischen Überwachung des Schriftverkehrs und einer solchen des Besuchsverkehrs in dreifacher Weise ganz erhebliche Unterschiede bestehen: Unterschiede bezüglich der Wirksamkeit, bezüglich der Eingriffsintensität in Rechte und bezüglich der Praktikabilität. Nach all dem, was wir wissen, ist gerade der Schmuggel von Kassibern, Herr Erhard, für den Zusammenhalt und für die generalstabsmäßige Führung krimineller Vereinigungen von besonderer Bedeutung. Deshalb wollen wir verhindern, daß Pläne für neue Verbrechen, nur weil sie die Aufschrift „Verteidigerpost" tragen, ungehindert die Gefängnismauern in beiden Richtungen passieren können.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das ist doch schon seit 1973 bekannt!)

Es war Bundesjustizminister Dr. Vogel, der in den vergangenen Monaten immer wieder darauf hingewiesen hat, daß die persönliche Aussprache im Gegensatz zum Schriftverkehr zu dem Kernbereich des Vertrauensverhältnisses zwischen Inhaftiertem und Verteidiger gehört und deshalb des qualifizierten Schutzes der Rechtsordnung bedarf. In vielen Fällen macht die vertrauliche Aussprache zwischen Mandantem und Rechtsanwalt die Verteidigung vor Gericht erst sinnvoll und gleichwertig mit der Anklage.
Auch die Praktikabilität der Überwachung des Besuchsverkehrs wird noch genau zu prüfen sein. Dabei spielen die Frage, ob der Richter, der diese Überwachung vorzunehmen hat, nicht überfordert wäre, und die Tatsache, daß während der Hauptverhandlung, die oft Monate dauern kann, eine Überwachung überhaupt nicht möglich ist, eine ausschlaggebende Rolle. Dies alles zeigt, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die Frage, ob eine Überwachung des schriftlichen Verkehrs und eine solche des Besuchsverkehrs in das Gesetz aufgenommen werden sollen, durchaus unterschiedlich entschieden werden kann.
In den Beratungen der Ausschüsse werden wir auch zu prüfen haben, welche Vor- und Nachteile die Einführung eines sogenannten Kronzeugen mit sich bringt. Dabei handelt es sich in Wahrheit nicht um das Institut des aus dem angelsächsischen Recht bekannten Kronzeugen, sondern um eine Regelung, die an das uns hier in Deutschland bekannte Rechtsinstitut der tätigen Reue anknüpft. Der Gesetzesvorschlag enthält jedoch auch Elemente des Kronzeugen. Die Einführung der Regelung hat den Zweck, Ermittlungsnotstände zu beheben. Unzweifelhaft würde sie auch dazu dienen, den inneren Zusammenhalt krimineller Vereinigungen zu lockern und zu stören. Auf die Bedenken, die es hierzu gibt, hat mein Fraktionskollege Dr. Penner in unserer Debatte Mitte vergangenen Jahres bereits eingehend hingewiesen, so daß ich es mir ersparen kann, dies noch einmal darzulegen. Ich beziehe mich darauf.
Lassen Sie mich zum Schluß sagen: Die Vorwürfe der Opposition und von anderer Seite treffen uns wenig. Wir laufen den Ereignissen nicht hinterher.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Sie laufen in die andere Richtung! — Weiterer Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/ CDU] )

Wir haben umfassende Vorschläge zum Zweck der Diskussion auf den Tisch gelegt, und es gilt nach wie vor, was wir Sozialdemokraten in der letzten Debatte gesagt haben, nämlich: daß wir uns in dem Bemühen um das wirksamste Gesetz von niemandem übertreffen lassen.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Außer von der Zeit, acht Monate ist es her!)

— Dabei, Herr Erhard, werden wir letztlich jedoch nur solche Vorschläge akzeptieren können, die sich streng im rechtsstaatlichen Rahmen unseres Grundgesetzes halten

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Ihre eigenen!)

und die praktikabel und erfolgversprechend sind.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Unübertroffen sind die Reden, die der hält!)

Für uns ist die Bekämpfung des Terrorismus kein Konkurrenzkampf zwischen Freiheit und Sicherheit. Wir wollen die größtmögliche Sicherheit für alle Bürger in einem freiheitlichen Staate.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721306800
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Eyrich. Für ihn ist eine Redezeit von 30 Minuten angemeldet.

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0721306900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor ich auf die Einzelbegründung und einige grundsätzliche Dinge eingehe, die im Zusammenhang mit der ersten Lesung dieser beiden Gesetzesvorlagen stehen, noch einmal auf die vorher stattgefundene Debatte zurückkommen.
Ich kann Ihnen, Herr Bundesjustizminister, und Ihrem Kollegen Lattmann folgenden Vorwurf nicht



Dr. Eyrich
ersparen. Herr Lattmann hat mit dem, was er hier vortrug, den Eindruck erweckt, als werde er von einer sehr schweren Sorge um diesen Rechtsstaat und die hier zur Verfügung stehenden Freiheiten umgetrieben. Wenn ich dann sehe, daß der Herr Bundesminister der Justiz diese bereits vorbereitete Rede in sein Konzept aufgenommen hat, drängt sich mir der Verdacht auf, daß hier nicht nur vom Kollegen Lattmann möglicherweise eine Verbeugung nach einer Seite gemacht würde,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das war sowieso nur eine Show! Er hat ja zugestimmt!)

sondern daß in Absprache mit dem Bundesjustizminister offenbar auch auf diesem Gebiet eine Doppelstrategie betrieben werden soll.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Schau abgezogen!)

Sie müssen sich entgegenhalten lassen, daß das, was hier praktiziert wird, unfair ist — insbesondere nach lange vorher erfolgter Absprache —, weil zuvor gesagt worden ist, daß in dieser Debatte darüber eigentlich nicht noch einmal gesprochen werden sollte.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Mies! — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: „Scheene Demokraten!")

Lassen Sie mich aber zum Gesetzentwurf sprechen, den Sie begründet haben. Es ist bezeichnend, daß wir genau sieben Monate gebraucht haben, nämlich seit dem 12. Juni 1975, bis wir heute die zweite erste Lesung in dieser Frage durchführen können. Über all das, was wir heute miteinander behandeln, ist am 12. Juni 1975 eigentlich ausführlich geredet worden. Wir haben dort wie heute, Herr Kollege Gnädinger, von Ihnen gehört, daß Sie sich natürlich in dem Bemühen um die Freiheit der Bürger, in dem Bemühen um die Rechtssicherheit in diesem Lande von niemandem übertreffen lassen wollen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das sind die üblichen Leerformeln!)

Wir haben auch die Beteuerungen gehört, daß es natürlich dazugehöre, daß man sehr schnell an die Arbeit gehe. „Sehr schnell" ist immerhin schneller als sieben Monate. Das müssen Sie sich vorhalten lassen. Gestern ist im Rechtsausschuß eine Zusage gemacht worden, daß man nunmehr an die Beratung der Gesetzentwürfe herangehen wolle.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: So ist es!)

Ich muß Ihnen sagen: Das ist natürlich der Ausfluß einer Lage, in der Sie sich befinden, die man mit dem Begriff „Konzeptlosigkeit" kennzeichnen kann, auch damit, daß wohl der eine dahin, der andere dorthin und der dritte vielleicht nirgendwohin möchte.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Und der Justizminister zickzack!)

Das wird dann verbrämt mit allerlei Überlegungen, daß neue Tatsachen aufgetreten seien, daß man jetzt neue Erkenntnisse gewonnen habe. Vielleicht treten in ein paar Monaten wieder neue Erkenntnisse auf. Dann wissen wir wieder nicht, was die Regierung
und, wie es so schön heißt, die sie tragenden Koalitionsparteien eigentlich wollen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721307000
Herr Abgeordneter Dr. Eyrich, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gnädinger?

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0721307100
Ja, bitte!

Fritz-Joachim Gnädinger (SPD):
Rede ID: ID0721307200
Herr Kollege Dr. Eyrich, ich darf noch einmal auf das zurückkommen, was Sie soeben gesagt haben. Ist Ihnen bekannt, daß auch die CDU/CSU-Fraktion im Rechtsausschuß der Meinung war, daß die Beratung der Ehe- und Familienrechtsreform Vorrang genießen muß vor den anderen Gesetzentwürfen?

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Es blieb noch viel Zeit!)

Ist Ihnen bekannt, daß vereinbart war, dieses Terroristengesetz auf die Tagesordnung zu setzen, daß die Sitzung damals aber wegen des Rechtspolitischen Kongresses der CDU ausfallen mußte?

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Ach Gott, ach Gott! — Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/ CSU] : Wie dünn!)


Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0721307300
Herr Kollege Gnädinger, ich weiß nur eines — das weiß ich von dem Obmann unserer Fraktion im Rechtsausschuß, nämlich vom Kollegen Erhard —: daß gestern offenbar zum erstenmal der Versuch stattgefunden hat, diese Problematik auf die Tagesordnung des Rechtsausschusses zu bringen. Das entspricht nicht dem, was Sie mit Ihrer Frage bezwecken wollten, nämlich daß der Eindruck entsteht, als hätte es schon früher geschehen können, wie Sie es behauptet haben.

(Gnädinger [SPD] : Wir hätten das in der ersten Dezemberwoche machen können!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721307400
Herr Abgeordneter Dr. Eyrich, gestattten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Erhard?

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0721307500
Herr Kollege Eyrich, könnten Sie dem Kollegen Gnädinger sagen, daß die CDU/CSU-Fraktion im Rechtsausschuß den dringenden Wünschen mit genauen Terminen über die Beratung des Eherechtsgesetzes gefolgt ist, weil die Regierungsparteien das unbedingt so haben wollten und mit Mehrheit auch durchsetzen konnten?

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0721307600
Ich möchte das sehr gerne bestätigen und hinzufügen, daß man nicht auf der einen Seite Wünsche hinsichtlich der Dringlichkeit äußern kann, auf der anderen Seite aber jemandem vorwerfen kann, wenn er dieser Dringlichkeit nachgibt, daß er sich nicht darum bemüht habe, daß es auf die Tagesordnung kommt.
Aber vielleicht sollte man noch eines hinzusetzen, nämlich daß sich bei ein und derselben Materie, Herr Bundesjustizminister und Herr Kollege Gnädinger,



Dr. Eyrich
im Laufe der Zeit folgendes abgespielt hat. Während Sie uns noch im Dezember 1974, als wir die Verteidigerüberwachung zum erstenmal zur Diskussion stellten, vorgeworfen haben, wir befänden uns hier wohl in einer gewissen Distanz zum Rechtsstaat, und das, was wir betrieben, sei doch wohl eine Art von Panikmache, mußten wir, nachdem wir das gehört hatten, feststellen, daß es nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen ein ganz klein bißchen anders aussah; denn dort vernahm man dieses Ceterum Censeo, das Sie heute wieder einmal vorgebracht haben,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist eine Leerformel, je nach Belieben verwertbar!)

daß man sich von niemandem übertreffen lassen wolle, wenn es um die Sicherheit gehe.
Als diese Koalition dann zum erstenmal die Möglichkeit hatte, sich von niemandem übertreffen zu lassen, als es nämlich eine Vorlage der Bundesregierung gab, die wohl als Formulierungshilfe in den Rechtsausschuß hineinkam, wie der Kollege Erhard bei der letzten Debatte schon einmal gesagt hat, hat prompt die die Regierung tragende Koalition diese Regierung nicht mehr getragen, sondern, wenn ich es einmal ein bißchen banal sagen darf, auf den Bauch fallen lassen.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sie hat Flügel gehabt, sie ist nicht gefallen!)

Seither hat man sich zu keiner Lösung aufraffen können, insbesondere und ganz sicher deswegen nicht, Herr Kollege Gnädinger, weil man, wie Sie auch heute wieder dargetan haben, noch einmal Überlegungen anstellen müsse.
Ich muß sagen, eigentlich sind sehr viele Dinge in der Zwischenzeit geschehen, die es rechtfertigen, daß diese Überlegungen langsam zum Abschluß kommen.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Sollten! — Kleinert [FDP] : Das tun sie auch!)

— Herr Kollege Kleinert, Sie haben nachher die Möglichkeit, dazu einiges zu sagen. Jedenfalls wissen wir seit dem Jahre 1972 — und die Bundesregierung weiß es sogar noch viel besser —, daß Kassiber ausgetauscht werden, daß in den Gefängnissen Konspiration betrieben wird, daß Schlachtpläne in den Zellen geschmiedet werden und daß sie von gewissenlosen Anwälten das darf man in diesem Zusammenhang doch wohl sagen — schließlich weitergegeben worden sind.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Man sträubt sich nur, das Wort „Anwalt" zu gebrauchen!)

Jetzt richte ich die Frage wirklich an alle, deren Solidarität in diesem Hause immer wieder einmal beschworen wird: Was können wir eigentlich dagegen tun? Sie haben schon lange die Möglichkeit, mit Ihrer Mehrheit etwas dagegen zu tun.
Lassen Sie mich aber sagen, worauf es uns ganz entscheidend ankommt: Wir wollen erstens unsere Rechtsordnung und unseren Rechtsstaat sichern. Wir wollen zweitens den Schutz unserer Bürger durch das Recht. Was für meine Begriffe eigentlich das wichtigste ist und was bisher nicht gewährleistet werden konnte — für mich ist es, ich möchte fast sagen, der Kernpunkt der Überlegungen —: Wir sollten durch eine gesetzliche Regelung das Vertrauen unserer Bürger in die Funktionsfähigkeit unserer Justiz festigen bzw. wiederherstellen. Für die Bildung eines solchen Vertrauens ist es unentbehrlich, daß der Staat die Durchsetzung seines Anspruchs auf Strafe zu gewährleisten imstande ist.
Ich möchte Ihnen dazu folgendes sagen. Der Bürger draußen versteht es tatsächlich nicht, wenn er zusehen muß, wie wir es dulden, daß Rechte, die den Verteidigern und den Beschuldigten eingeräumt werden, laufend mißbraucht werden und wir kein Rezept dagegen finden. Diese Bürger vergleichen das, was sie in Stammheim und anderswo sehen, mit den Verfahren, mit denen sie selbst möglicherweise einmal überzogen werden, und stellen dann fest, daß sie offenbar die Nachsicht, die man den Leuten dort bisher eingeräumt hat, nicht erwarten können. Das ist für das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unserer Justiz einfach schädlich.
Professor Rudolphi aus Bonn hat kürzlich bei den Bitburger Gesprächen darauf hingewiesen, daß der Strafprozeß auch die Aufgabe habe, generalpräventiv zu wirken. Diese Meinung trifft zu, weil wir wissen, daß es dem Bürger unverständlich ist, wenn die Aufgabe des Strafprozesses, nämlich für Wahrheit und Gerechtigkeit zu sorgen, nicht sehr schnell in Angriff genommen wird.
Das soll, um jeden Irrtum zu beseitigen, nicht heißen, daß wir der Devise frönen: jetzt machen wir kurzen Prozeß und schauen, daß wir diese Verfahren so schnell wie möglich abschließen. Es hat nichts mit gesundem Volksempfinden zu tun, wenn wir an den Unmut und an die innere Zerrissenheit vieler Bürger im Verhältnis zu diesem Rechtsstaat denken, sondern es hat etwas damit zu tun, daß wir jetzt die Aufgabe haben, das zu beseitigen.
Genauso wichtig ist aber, wie ich glaube, daß der wirksame Schutz vor Mißbrauch rechtsstaatlicher Prinzipien in Strafverfahren und der Schutz vor Mißbrauch von Privilegien, die den Verteidigern berechtigterweise zustehen, gewährleistet sein müssen. Herr Kollege Gnädinger, ich komme nachher im Zusammenhang mit der Verfahrenssabotage noch einmal darauf zurück. Das hat nichts mit Effekthascherei zu tun, sondern es ist schlicht und einfach die Frage zu beantworten: Wie sieht es eigentlich bei der Verfahrenssabotage aus? Sind wir hier nicht in der Lage, einem alten Rechtsgrundsatz zum Durchbruch zu verhelfen, daß nämlich der, der in einem Rechtsstaat ein Recht für sich in Anspruch nimmt und dieses Recht mißbraucht, am Ende dieses Recht verwirkt hat? Ein Rechtsstaat kann nicht den Mißbrauch eines Rechts hinnehmen, ohne daß er eines Tages sagt: Dieses Recht hast du verwirkt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn sonst hat die Rechtsordnung am Ende keinen Sinn. Ich komme darauf noch einmal im Zusammenhang mit der Verfahrenssabotage zurück.



Dr. Eyrich
Lassen Sie mich einen anderen Schwerpunkt ansprechen, den des § 148 der Strafprozeßordnung. Es wird in beredten Worten — wir haben Verständnis dafür — von der Notwendigkeit anwaltschaftlicher Freiheit gesprochen. Auch Sie, Herr Kollege Gnädinger, haben davon gesprochen, daß ein Verteidiger seine Aufgabe nur erfüllen könne, wenn jenes Vertrauensverhältnis mit seinem Mandanten bestehe, wenn er ungestört mit seinem Mandanten werde sprechen können. Wir wissen vom Anwaltsverein, wir wissen von der Bundesrechtsanwaltskammer, daß sie immer wieder einmal darauf hingewiesen haben, hier sei das Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem in Gefahr; es bestehe die Gefahr, daß mit der Überwachung in dieses Verhältnis eingebrochen werde. Wir wissen auch, daß die Bundesrechtsanwaltskammer z. B. gesagt hat, die Beeinträchtigung des Verteidigers in dieser Art und Weise sei ein so fundamentaler Eingriff, daß man von einer Verteidigung nicht mehr sprechen könne.
Glauben Sie bitte ja nicht — und darin scheint Ihr Irrtum zu bestehen —, daß wir all diese Bedenken auf die Seite schieben. Glauben Sie auch nicht, daß wir das Bedenken auf die Seite schieben, das immer wieder einmal zum Ausdruck kommt, auch in ausländischen Zeitungen, wo gesagt wird, wir, die Deutschen, müßten wissen, hier stehe eigentlich das eigene Justizsystem vor Gericht; dabei wäre es für die ausländischen Zeitungen angebracht, wenn sie sich einmal mit den Rechten in ihrem eigenen Lande befaßten. Sie würden dann sehr schnell feststellen, daß wir hinter diesen Lösungen weiter zurückbleiben.
Ich möchte nur sagen, es geht bei der Regelung des § 148, der Verteidigerüberwachung, nicht darum, Rechte einzuschränken, sondern den Mißbrauch von Rechten zu verhindern. Wir wissen, daß es ein schmaler Grat ist zwischen der Gewährleistung der Rechte des Verteidigers auf der einen Seite und andererseits der Verhinderung von Mißbrauch mit dem Ausschluß eines Rechts als Folge.
Diese Gedanken, die ich oben über das Vertrauensverhältnis des Verteidigers zu seinem Beschuldigten geäußert habe, sind dort richtig, wo es um einen herkömmlichen Prozeß geht, und sie sind dort richtig, wo es um einen gesetzestreuen, seinem Berufsethos verpflichteten Anwalt geht. Aber hier im Bereich des § 148 und dem Anlaß zu diesem § 148 handelt es sich nicht — ich behaupte das! — um einen Einbruch in das Vertrauensverhältnis zwischen Beschuldigten und Verteidigern und nicht mehr um eine Verteidigung überhaupt, sondern um eine Verhinderung der Komplizenschaft zur Ausarbeitung neuer Straftaten und möglicherweise zur Vorbereitung neuer Terrorakte. Man könnte natürlich auch sagen: Es ist ein Vertrauensverhältnis sehr eigener Art, das sich hier entwickelt hat. Dies ist es eben, worum es uns geht.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Die Frage ist, ob in einem solch eklatanten Fall und bei dringender Verdächtigung des Beschuldigten und des Verteidigers dieser Rechtsstaat nicht den Mut haben sollte, zu sagen: Hier handelt es sich nicht mehr um das herkömmliche Verhältnis zwischen Beschuldigten und Verteidigern, sondern um Konspiration, die die Sicherheit der Bürger nicht mehr zu gewährleisten in der Lage ist. Dies ist das Problem, und es geht nicht um die Frage der anwaltschaftlichen Freiheit. Es geht hier nicht um die Frage, ob der Anwalt noch die Möglichkeit zur Verteidigung hat, sondern darum, ob er in Zukunft nicht mehr die Möglichkeit haben soll, Konspiration zu treiben und Verbrechen zusammen mit dem Beschuldigten vorzubereiten.
Es ist schon so, wie es das ausländische Blatt gesagt hat: In der Tat stehen hier die Justiz und unser System vor Gericht. Das wissen doch auch die, die diesen Mißbrauch praktizieren. Wie oft muß man es eigentlich noch sagen? Es geht diesen Leuten doch nicht um die Verteidigung ihres Mandanten, und der Mandant will letztlich auch gar nicht verteidigt sein. Es geht vielmehr darum, das System, das wir aufgebaut haben, ad absurdum zu führen, um sagen zu können: Hier habt ihr den schwachen Staat. Hier habt ihr den Staat, der nicht mehr in der Lage ist, dieser Dinge Herr zu werden.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Dr. Penner [SPD])

— Herr Kollege Penner, ich habe Ihre Ausführungen in der letzten Aussprache — ich komme nachher noch darauf zurück — sehr sorgfältig durchgelesen. Ich schätze die abwägende Art, in der Sie argumentiert haben. Ich versuche — wenn auch in einigen Punkten vielleicht mit etwas mehr Engagement — darzustellen, daß es nicht unsere Position ist, hier Verteidigerrechte einzuschränken. Es geht uns vielmehr darum, den Mißbrauch bestimmter Handlungen, die unter dem Deckmantel der Verteidigerrechte erfolgen, zu unterbinden.
Ich bedaure im übrigen, Herr Bundesminister, daß Sie nicht den Mut gefunden haben, Ihre Vorlage der der Opposition mindestens insoweit anzugleichen, daß Sie von der Bezugnahme auf § 129 a und die dort bezeichneten Delikte abgehen. Es wäre ganz gut gewesen, wenn wir auch die Vorbereitung anderer Straftaten unter das Verdikt des Mißbrauchs und damit des Entzugs der freiheitlichen Rechte des Anwalts gestellt hätten. Dies richtet sich — ich sage das ausdrücklich — nicht gegen die Anwaltschaft, sondern gegen die Außenseiter in der Anwaltschaft.
Lassen Sie mich nur der Vollständigkeit halber — ich glaube es ist es schon wert, dies in die Diskussion hier mit einzubringen — einige ausländische Beispiele anführen. In der Schweiz wird bei Gefahr der Kollusion, wie es dort heißt, der Verdunkelung oder der betrügerischen Abrede der Verteidiger mitsamt seinem Beschuldigten mit Überwachung bedacht. Dort kann sogar der Ausschluß der schriftlichen und mündlichen Korrespondenz angeordnet werden. In Holland — ein sicherlich doch auch unverdächtiger Staat — kann der mündliche und schriftliche Verkehr ausgeschlossen werden, wenn auf Grund bestimmter Umstände ernsthaft vermutet



Dr. Eyrich
werden kann, daß der freie Verkehr zwischen Verteidiger und Mandant dazu benutzt werden kann — jetzt passen Sie sehr gut auf! —, die Wahrheitsfindung zu behindern. In England — dies sollte ergänzend noch angemerkt werden — ist der Verteidiger sogar verpflichtet, dann, wenn er ein Plädoyer für seinen Mandanten hält, dem Gericht auch die ihm bekannten, gegen seinen Mandanten sprechenden Entscheidungen vorzulegen. Ich sage das nicht, weil ich der Meinung wäre, wir sollten dies nachahmen. Ich sage es nur, um zu verdeutlichen, daß wir mit all dem, was wir vorsehen, noch unter dem bleiben, was andere Staaten bereits praktizieren und was dort in die Gesetzgebung Eingang gefunden hat. Es geht uns darum — dies mache ich deutlich —, daß das Erfordernis, hier im Rahmen des Rechtsstaates zu handeln, gewahrt sein muß.
Unsere Vorschläge bleiben weit hinter den ausländischen Regelungen zurück. Schließlich muß der Verteidiger — lassen Sie mich auch dazu noch ein Wort sagen —, gleichgültig, ob wir ihn als Organ der Rechtspflege darstellen wollen oder nicht, nicht nur mit besonderen Rechten, sondern auch mit besonderen korrespondierenden Pflichten konfrontiert sein. Wenigstens, meine Damen und Herren, sollte er sich enthalten müssen, mit seinem Mandanten innerhalb der Anstalt Straftaten zu vereinbaren.
Lassen Sie mich ganz kurz noch auf einige Einzelbestimmungen eingehen: Ich kann bezüglich dessen, was zur Schaffung des § 129 a des Strafgesetzbuches geführt hat, weitgehend das unterstreichen, was der Kollege Gnädinger schon gesagt hat. Ich meine nur, es wäre der Diskussion wert, daß wir uns einmal überlegten, ob wir nicht die Strafdrohung, die die Koalition vorgeschlagen hat, nämlich von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, auf ein Jahr bis zu zehn Jahren erhöhen sollten. Nach meiner Meinung ist es dem, was dort zur Diskussion steht, angemessen. Die Abschreckungswirkung ist in diesem Bereich — wer wüßte das nicht - ganz gewißlich problematisch. Aber sie scheint doch, wenigstens um deutlich zu machen, um was es hier geht, notwendig zu sein; denn der Zweck der Vereinigung — und darum geht es, meine Damen und Herren; daran kommen wir nicht vorbei — ist immerhin der, Mord, Tatschlag, Völkermord oder Geiselnahme zu begehen. Das, so meine ich, rechtfertigt eine höhere Strafandrohung.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU]: Richtig!)

Schließlich möchte ich noch ganz kurz das Problem des Kronzeugen aus unserer Sicht beleuchten. Es handelt sich nicht — vielleicht wird der Versuch noch einmal unternommen — um eine Form der tätigen Reue — auch das wurde bereits einmal gesagt —, sondern es handelt sich schlicht einfach darum, den Kronzeugen in unser Rechtssystem einzuführen. Damit sehen wir uns konfrontiert.
Damit verbunden ist eine weitere Abschwächung des Legalitätsprinzips zugunsten des Opportunitätsprinzips. Wir können in diesem Bereich nicht mehr sicherstellen, daß der Staatsanwalt nicht nur anklagen kann, sondern anklagen muß. Eine gewisse
Kontrollmöglichkeit ist bei einem solchen Verfahren nicht mehr gegeben.
Es ist keine Frage — ich verhehle das gar nicht —: Wenn dadurch Taten aufgeklärt werden können, wenn kriminelle Vereinigungen gehindert werden können, Terroranschläge zu verüben, zu planen und auszuführen, dann ist es tatsächlich der Überlegung wert, ob wir dieses Rechtsinstitut einführen. Aber die Nachteile, die damit verbunden sind, scheinen mir so schwer zu wiegen, daß ich dieser Konzeption eine Chance nicht zu geben bereit bin.
Die Kronzeugenregelung wird auch — und das muß man sehen — unter dem Gesichtspunkt der Glaubwürdigkeit der Aussage des Kronzeugen überprüft werden müssen. Die Gefahr, daß bewußt ein anderer — aus welchen Gründen auch immer — belastet wird, um den eigenen Kopf und Kragen zu retten, ist außerordentlich groß, so groß wie die andere Gefahr nämlich, daß der Kronzeuge bewußt Taten auf sich nimmt, damit den Strafanspruch des Staates absorbiert und andere entlastet. Es ist natürlich schwierig, das, was ein Kronzeuge sagt — sonst brauchte man ihn wohl nicht —, auch nachzuprüfen und entsprechend als Beweis zu sichern.
Die Erfahrungen in den Vereinigten Staaten kann man mit einem Satz umschreiben: Mit ganz großer Vorsicht wird das Institut des Kronzeugen noch gehandhabt. Man ist zunehmend zurückhaltender gegenüber diesem Institut geworden, ich glaube auch, mit Recht.
Es sei vielleicht noch darauf hingewiesen, daß natürlich auch das Gerechtigkeitsgefühl irgendwo tangiert ist, wenn eine Rechtsordnung die Möglichkeit gibt, daß man von Strafe freigestellt wird, wenn man einen anderen — ich sage das einmal in Anführungszeichen — „verkauft". Ganz abgesehen davon gibt es natürlich Gefahren der Gewalttätigkeit gegen Kronzeugen. Wer amerikanische Gefängnisse kennt, weiß, daß diese Kronzeugen unter besonderem Verschluß gehalten werden, weil sie keine Minute sicher sind, daß sie von irgend jemandem — selbst in den Zuchthäusern — umgebracht werden.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch eine zweite und dritte Frage stellen! Wir haben vorgeschlagen, einen § 138 a Abs. 2 aufzunehmen. Es handelt sich dort um einen ganz einfachen Tatbestand: Der Verteidiger mißbraucht den Verkehr mit dem Beschuldigten, um Straftaten zu begehen, vorzubereiten oder zu fördern. So weit sind wir uns, glaube ich, einig. Aber die Konsequenz ziehen wir nicht, nämlich daß ein solcher Anwalt aus dem Verkehr gezogen werden muß. Es müßte eigentlich selbstverständlich sein, daß wir das tun.
Dann gibt es natürlich einen zweiten Absatz — ich weiß; vielleicht stoßen Sie sich daran —, nämlich daß ein Verteidiger auch dann von der Verteidigung ausgeschlossen werden kann, wenn er zusammen mit seinem Mandanten Taten vorbereitet, die die Sicherheit einer Vollzugsanstalt gefährden. Ich höre natürlich schon den Einwand, daß es nicht adäquat sei, einen Verteidiger auszuschließen. Aber ich frage mich natürlich auch: Ist es das, was uns bewegen muß, oder ist nicht der Einwand bei wei-



Dr. Eyrich
tem gewichtiger, daß das alles mit einer sachgerechten Verteidigung nichts mehr zu tun hat und daß sich ein Anwalt, der sich in dieser Weise verhält, ganz einfach außerhalb seines Berufsstandes und damit auch außerhalb der Möglichkeit seiner weiteren Tätigkeit stellt?
Schließlich und endlich zu dem, was Herr Kollege Gnädinger angeführt hat, zur Effekthascherei des § 138 b — wie er es genannt hatte —, nämlich zur Verfahrenssabotage. Es ist hochinteressant — ich möchte das noch sagen —, einmal die Debatte vom Juni 1975 darüber zu verfolgen. Lassen Sie mich versuchen, sie in ein paar Sätzen aufzuzeigen. Auf der einen Seite sagt der Herr Bundesminister der Justiz zum Problem der Verfahrenssabotage, das Merkmal der rechtswidrigen Mittel, die hier angewendet würden, sei doch wohl nicht justitiabel. Der Gedanke und das Problem — so sagte er damals — würden wohl gesehen, aber bisher sei es nicht gelungen, zu Abgrenzungen zu kommen.
Stellen wir das einmal zur Diskussion und hören, was der Abgeordnete Dr. Penner in derselben Debatte zu diesem Problem gesagt hat. Er meinte, der § 138 b sei fast entbehrlich, weil jetzt schon etwas Ähnliches, nämlich die Ablehnung von Beweisanträgen zum Zwecke der Prozeßverschleppung, möglich sei. Herr Bundesjustizminister, da frage ich Sie natürlich: Wenn wir das eine in den Griff bekommen, ist es dann nicht denkbar wenn wir uns gemeinsam darum bemühen; Herr Kollege Kleinert hat damals auf die Frage auch keine Antwort gewußt , das so zu fassen, daß wir der Prozeßverschleppung und dem Mißbrauch von Rechten entgegentreten können?
Herr Kleinert hat damals gesagt, „rechtswidrige Mittel" sei etwas, womit man nichts anfangen könne, weil sich der gewiefte Anwalt natürlich solcher Mittel bediene, die ihm zur Verfügung ständen. Ich habe Ihnen damals die Frage gestellt — Herr Kollege Kleinert, vielleicht können Sie das nachher mit verwenden —: Warum machen Sie dann eigentlich nicht mit, wenn wir den Vorschlag machen? Dann schreiben wir eben nicht „rechtswidrige Mittel", sondern „mit rechtsmißbräuchlichen Mitteln", nämlich wenn das zur Verfügung stehende Recht mißbraucht wird. Ich gebe zu, hier tauchen Schwierigkeiten auf. Aber, ich glaube, wir sollten uns der Mühe unterziehen, das einmal gemeinsam zu überlegen.
Herr Kollege Engelhard hat gemeint, man müsse helfen, diesen Begriff neu zu fassen oder müsse einen neuen Begriff finden; man müsse das alles im Auge behalten. Aber das führt uns auf diesem Gebiet natürlich nicht weit. Ich sage es noch einmal -- ich knüpfe an das an, was ich zu Beginn gesagt habe —: Es geht in der Tat darum, den Gedanken der Verwirkung von Rechten hier mit hineinzunehmen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß sagen: Das, was wir jetzt auf den Tisch des Rechtsausschusses bekommen, sollte in der Tat sehr schnell verabschiedet werden. Es sollte in der Tat in der Solidarität der Demokraten verabschiedet werden, und es sollte in der Tat möglich sein, daß man über zwei grundsätzliche Überlegungen eine Einigung erzielt, nämlich daß einem Anwalt nicht das Recht gegeben werden kann, Straftaten jeder Art vorzubereiten, und daß ihm, wenn er dringend verdächtig ist, das zu tun, die Möglichkeit der ungestörten Unterhaltung mit seinem Mandanten genommen wird. Wenn es richtig ist, daß der Strafprozeß auch eine Frage der Generalprävention ist, kann es keine Frage sein, daß dieser Grundsatz in das Strafverfahren gehört, um die rechtsmißbräuchliche Anwendung von eingeräumten Rechten zu unterbinden. Ich glaube, das Vertrauen der Bürger in die Funktionsfähigkeit unserer Justiz wäre durch ein solches Verfahren gewährleistet.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721307700
Meine Damen und Herren, trotz der fortgeschrittenen Zeit haben wir offenbar noch eine zweite Runde vor uns. Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Werner Maihofer (FDP):
Rede ID: ID0721307800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die anstehende Beratung der gesetzgeberischen Maßnahmen gegen terroristische Vereinigungen kann, wie ich meine, verantwortlich nur geführt werden im klaren Wissen um die gegenwärtige Lage und die voraussichtliche Entwicklung auf dem Felde des Terrorismus und um die besonderen Probleme, vor die Polizei und Justiz bei seiner Bekämpfung in einem freiheitlichen Rechtsstaat gestellt sind.
Zunächst: Wie ist die gegenwärtige Lage auf dem Felde des Terrorismus?
Nach der Ermordung des Berliner Kammergerichtspräsidenten von Drenkmann am 10. November 1974, zu der sich „Die Bewegung 2. Juni" bekannte, wurden für das Jahr 1975 verstärkte terroristische Aktivitäten erwartet. Diese setzten am 27. Februar 1975, unmittelbar vor den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus, mit der Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz ein und setzten sich, knapp zwei Monate später, am 24. April 1975, mit dem Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm fort, wobei zwei Botschaftsangehörige erschossen wurden. Auch ein Terrorist kam dabei ums Leben; ein weiterer starb später an den Folgen der Verletzungen, die er durch vermutlich vorzeitige Detonation der von ihm selbst gelegten Sprengsätze erlitten hatte.
Etwa zur gleichen Zeit meldete sich eine sogenannte „Revolutionäre Zelle" mit Sprengstoffanschlägen am 4. März 1975 auf das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sowie am 29. und 30. April 1975 auf die Gebäude der Ausländerpolizei in Berlin und der Industrie- und Handelskammern in Ludwigshafen und Mainz.
Diesem hier kurz umschriebenen Wiederaufleben terroristischer Aktivitäten begegnete die Innenministerkonferenz mit ihren Beschlüssen vom 11. April 1975 durch verstärkte Bekämpfungsmaßnahmen der Polizeien in Bund und Ländern, die dem Bundeskriminalamt nicht nur bei der zentralen



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
Steuerung der Information, sondern auch bei den Operationen gegen den Terrorismus umfangreiche zusätzliche Aufgaben zuwiesen, was zur entsprechenden Einrichtung einer Abteilung Terrorismus im Bundeskriminalamt führte.
Ziel der von Bund und Ländern damit verfolgten Bekämpfungsstrategie sind: die weitestmögliche Verhinderung weiterer Terroraktionen, die beschleunigte Aufklärung erfolgter Terrorakte und die verstärkte Fahndung nach gesuchten Terroristen, um sie dem ordentlichen gerichtlichen Verfahren zuzuführen.
Ein zwischen den Polizeien von Bund und Ländern koordiniertes System der Informationssammlung und -auswertung sowie der Fahndungs- und Ermittlungssteuerung ermöglicht es: die Informations- und Befehlswege der Terroristen zu stören, ein Bewegungsbild der terroristischen Szene zu zeichnen, so personelle und organisatorische Zusammenhänge in einem Umfang, wie dies bisher nicht möglich war, aufzudecken; aber auch die für Terroristen unverzichtbaren Beschaffungsaktionen für Geld, Kraftfahrzeuge, Ausweise, Wohnungen und Stützpunkte schnell zu erkennen und so Schwerpunkte für die Fahndungs- und Ermittlungsarbeit zu setzen.
Durch aufopferungsvollen, unermüdlichen Einsatz der Polizeiorgane in Bund und Ländern konnten allein im Jahre 1975 139 politisch motivierte Gewalttäter festgenommen werden — gegenwärtig befinden sich noch 97 Personen in Untersuchungsoder Strafhaft, die politisch motivierter Gewalttaten verdächtig oder wegen solcher Taten verurteilt sind —, die Entführung von Lorenz aufgeklärt und der größte Teil der Tatbeteiligten festgenommen werden, die polizeilichen Ermittlungen gegen die am Überfall auf die Deutsche Botschaft in Stockholm beteiligten Terroristen abgeschlossen werden und mehrere im Aufbau befindlichen Gruppen entdeckt und einem gerichtlichen Verfahren zugeführt werden, bevor sie terroristisch aktiv werden konnten.
Die Erfolge bei der Bekämpfung des Terrorismus durch die Polizeien von Bund und Ländern waren 1975 ermutigend. Sie sind dem selbstlosen Einsatz vieler namenloser Polizeibeamter bei Tag und Nacht zu danken, die in der Stille ihre Pflicht und mehr als ihre Pflicht getan haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Daran sollten wir bei der heute gedankenlos nachgeredeten Beamtenschelte — wenn ich auch dies hier offen sagen darf — gelegentlich auch einmal denken! Sie sind nicht zuletzt aber auch der zunehmenden Mitwirkung unserer Bürger an diesem gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus zu danken, der unser aller Sache ist.
Diese erkennbaren Erfolge bei der Bekämpfung des Terrorismus im vergangenen Jahr haben nach dem Urteil der Fachleute zu einer erheblichen Schwächung der terroristischen Organisationen in unserem Lande geführt. Dennoch gibt es keinen Grund für die Annahme, daß die politisch motivierten Gewalttäter in unserem Lande den „bewaffneten
Kampf", wie sie es nennen, aufgegeben hätten oder in absehbarer Zeit aufgeben würden. Im Gegenteil! Im Jahre 1975 auch das muß hier klar gesagt werden — sind immerhin 198 Brand- und Sprengstoffanschläge registriert worden, die überwiegend der Terroristenszene zugerechnet werden müssen. Die Entdeckung bisher unbekannter Gruppierungen und teilweise unbekannter Mitglieder deutet auf umfangreiche Aufbauarbeiten an der logistischen Basis und auf ein personelles Reservoir erheblichen Umfangs hin.
In diesem Zusammenhang ist vor allem auf die zahlreichen Straftaten hinzuweisen, welche offenkundig der Verbesserung der Logistik des Terrorismus dienen sollen. Gerade in jüngster Zeit hat es in vermehrtem Maß Einbrüche in Verwaltungsgebäude zur Beschaffung von Blankoausweisen, Angriffe auf Sprengstoffbunker und Waffendiebstähle sowie Überfälle auf Geldinstitute gegeben.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

In ihrer Druckschrift „Revolutionärer Zorn", Ausgabe Mai 1975, beantworte die sogenannte ,,Revolutionäre Zelle" die selbstgestellte Frage „Stockholm, wie geht es weiter?" unter anderem mit der Feststellung — ich zitiere —:
Klar ist, daß jetzt ein anderer Druck erzeugt werden muß, um unsere Genossen rauszuholen. Die Entwicklung zur Guerilla also als Massenperspektive geht nicht von heute auf morgen, doch deshalb ist sie nicht falsch.
Klarer kann man das nicht sagen.
Nicht nur aus dieser Schrift wird erkennbar, daß mit weiteren terroristischen Aktionen gerechnet werden muß. Noch werden 23 gefährliche Terroristen, gegen die Haftbefehl ergangen ist, gesucht. Ebenso sind terroristische Aktivitäten wechselnder Gruppierungen, wie sie etwa in Stockholm neu auftraten, auch in Zukunft nicht auszuschließen.
Besondere Beachtung verdient das ist in den
bisherigen Beiträgen schon mehrfach berührt worden die zunehmende Internationalisierung des Terrorismus. Neben der Anzahl der Anschläge ist dabei deren Brutalität alarmierend. In erschreckender Menschenverachtung haben Terroristen jüngst in den Niederlanden, 'in Wien und zuletzt in New York auf dem La Guardia-Flugplatz gemordet. Dabei wurde, abgesehen von dem isoliert zu sehenden Fall der Südmolukker in den Niederlanden die Internrationalisierung sowohl in der Zusammensetzung der agierenden Terrorgruppen als auch in deren Zielsetzung deutlich. Während sich deutsche Terroristen in früheren Jahren darauf beschränkten das läßt sich aus allen Unterlagen nachweisen —, theoretische Grundlagen für die internationale Zusammenarbeit mit ausländischen Gruppen zu erarbeiten und Ausbildung, Unterbringung sowie beschränkte Logistikhilfen in Anspruch zu nehmen oder zu gewähren, wurde 1975 erstmals eine Beteiligung deutscher Täter an internationalen terroristischen Aktionen nachgewiesen.
So wird ein Deutscher verdächtigt, im Januar 1975 an einer terroristischen Aktion des Venezolaners



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
Iljitsch Ramirez-Sanchez, genannt „Carlos", gegen ein israelisches Objekt auf französischem Territorium für eine palästinensische Gruppe beteiligt gewesen zu sein. Ein weiterer Deutscher wurde im Mai 1975 von dem gleichen „Carlos" angeworben und mit falschen Ausweispapieren versorgt. In Depots des „Carlos" im Ausland wurden Einsatzmittel aus Beständen deutscher Terroristen gefunden, die zum Teil aus Waffen- und Munitionslagern der Stationierungsstreitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland entwendet worden waren. Schließlich gehörte zu der international zusammengesetzten Terroristengruppe, die den Überfall auf das OPEC-Gebäude in Wien am 21. Dezember 1975 ausgeführt und drei Menschen getötet hat, mindestens ein Deutscher.
Eine Analyse dieser Aktionen — ich glaube, das ist zum Auftakt einer Parlamentsdebatte und der Ausschußberatungen über dieses Thema wichtig — führt zu dem Schluß, daß deutsche Terroristen in diesen Fällen personelle und logistische Vorleistungen für internationale Terroraktionen erbracht haben, um sich auf diese Weise — das ist jedenfalls das Urteil der Fachleute — internationale Unterstützung für geplante eigene Aktionen in der Zukunft zu sichern. Anders ist das alles gar nicht erklärbar; das macht sonst gar keinen Vers.
Dieser erkennbar werdenden Internationalisierung des Terrorismus kann nur durch eine entsprechende Internationalisierung der Bekämpfung des Terrorismus erfolgreich begegnet werden. Sie muß im Bereich der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit auf drei Ebenen erfolgen — auch hierin stimmen wir im Grundsätzlichen glücklicherweise ja überein —: einmal durch Verstärkung der bilateralen Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern. Hierzu habe ich schon im vergangenen Jahr mit meinem französischen Kollegen Poniatowski weitreichende Vereinbarungen getroffen, die in der Kriminalpolizeigeschichte ohne Beispiel sind. Über eine entsprechende Verstärkung der Zusammenarbeit auch mit Großbritannien werde ich in der kommenden Woche mit meinem britischen Kollegen Jenkins verhandeln.
Die hier getroffenen bilateralen Absprachen sollen auf der für Mitte dieses Jahres angestrebten europäischen Innenministerkonferenz in eine multilaterale Regelung für die polizeiliche Zusammenarbeit der EG-Staaten insgesamt bei der gemeinsamen Bekämpfung des international organisierten Terrorismus übertragen werden. Diese Vereinbarung europäischer Staaten zur Zusammenarbeit nicht nur bei der wechselseitigen polizeilichen Information, sondern — das ist das Entscheidende — auch der polizeilichen Operationen im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, muß mit einer Ächtung terroristischer Aktivitäten, gleich welchen Vorzeichens, verbunden werden, die es, wie ich meine, zum Verhaltenskodex jeder zivilisierten Nation erklärt, internationale Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus zu üben. Dies unterscheidet wie nichts sonst einen Staat von einer Räuberbande.
Eine solche europäische Konvention, die durch entsprechende Vereinbarungen auch der Justizminister für den Bereich der justiziellen Zusammenarbeit ergänzt wird, über die Herr Kollege Vogel berichtet hat, kann ihrerseits auf dieser zweiten Ebene Ausgangspunkt für die auf der dritten Ebene der internationalen Institutionen zu erreichende weltweite Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorakten werden. Hierzu hat der Bundesaußenminister, Herr Kollege Genscher, eine politische Initiative der Bundesregierung unternommen, deren nächstes Ziel es ist, die Behandlung dieser Frage auf der 31. Generalversammlung der Vereinten Nationen noch in diesem Jahr zu erreichen. Damit sollen die seit 1973 steckengebliebenen Bemühungen um den Abschluß einer internationalen Konvention gegen den Terrorismus neu belebt werden. Zur Zeit klärt die Bundesregierung in Kontakten mit einer Vielzahl anderer Regierungen in allen Teilen der Welt, ob und wie für eine solche Initiative eine Mehrheit in den Vereinten Nationen erreicht werden kann. Die Bundesregierung bemüht sich zugleich um Unterstützung dieser Initiative durch die Regierungen der Europäischen Gemeinschaft. Aus diesem Grunde wird auf Antrag des Bundesaußenministers diese Frage bei dem Ministertreffen am 23./24. Februar 1976 in Luxemburg im Rahmen der europäischen politischen Zusammenarbeit behandelt werden.
Mit allen diesen Maßnahmen auf den verschiedenen zwischenstaatlichen und überstaatlichen Ebenen wird sich auch unser eigener Erfolg bei der Bekämpfung des international organisierten und operierenden Terrorismus durch den konzentrierten und konsequenten Einsatz der Sicherheitsorgane von Bund und Ländern noch weiter steigern lassen.
Auch hier muß jedoch offen gesagt werden, was ich schon früher feststellte, um vorschnellen Illusionen zu begegnen: Der Terrorismus wird uns auch und gerade wegen seiner Internationalisierung selbst bei äußersten Anstrengungen auf allen diesen Ebenen noch auf Jahre beschäftigen. Darauf müssen wir uns nüchtern und ebenso entschlossen wie besonnen einstellen und einrichten, getreu dem alten Grundsatz: Mit dem Schlimmsten rechnen und das Äußerste dagegen unternehmen!
Dem dienen auch die gesetzgeberischen Maßnahmen, die heute im Parlament erneut zur Debatte stehen. Sie sind die juristische Antwort auf die besonderen Probleme einer erfolgreichen Bekämpfung des international organisierten und konspirativ operierenden Terrorismus von heute.
Ein freiheitlicher Staat westlicher Prägung hat dabei grundsätzlich drei Möglichkeiten, mit der Bedrohung seiner Bürger durch terroristische Aktivitäten fertig zu werden.
Er hat einmal die Möglichkeit, von der etwa Kanada, aber auch England beim Kampf gegen ihren separatistischen Terrorismus Gebrauch gemacht haben: ihm als bürgerkriegsähnliche Erscheinung mit kriegsrechtlichen Maßnahmen, selbst unter Einsatz von Militär, zu begegnen. Das ist dort ja geschehen, kann aber nur in so außergewöhnlichen Lagen wie damals in Kanada und heute in England in Betracht kommen. In einer Lage wie der unseren ist dafür keinerlei Anlaß und Anhalt.



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
Zum anderen hat ein freiheitlicher Staat die Möglichkeit, sein auch gegen alle anderen kriminellen Aktivitäten geschaffenes allgemeines Strafrecht zugleich gegen terroristische Organisationen anzuwenden. Das birgt die Gefahr in sich, daß bei der entsprechenden Verschärfung des allgemeinen Strafrechts und des Strafprozeßrechts zur wirksamen Meisterung der besonderen Probleme bei der Bekämpfung terroristischer Organisationen hierdurch Regelungen in unser Recht hineingetragen werden, die zwar für den Bereich des Terrorismus unerläßlich, für die übrigen Bereiche der Kriminalität jedoch überzogen sind. Das, meine ich, ist das eigentliche juristische Problem.

(Sehr richtig! bei der SPD)

Will man eine solche Ausuferung unseres Rechts vermeiden, so verbleibt nur die dritte Möglichkeit: die für die Bekämpfung terroristischer Organisationen notwendigen Regelungen ausschließlich auf diesen Anwendungsbereich zu beschränken und durch möglichst eng begrenzte und streng umschriebene spezielle Normen für terroristische Organisationen sicherzustellen.
Eben das geschieht mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, dessen Bezugspunkt und Kernstück der neu geschaffene Straftatbestand der terroristischen Vereinigung (§ 129 a StGB) ist, auf den sich alle anderen strafrechtlichen wie strafprozeßrechtlichen Vorschriften beziehen, von der Sonderregelung — von meiner Seite nach wie vor so genannt — für tätige Reue, dem sogenannten Kronzeugen-Privileg, bis hin zu den Regelungen im Zusammenhang mit der Verteidigerüberwachung, die ausschließlich bei terroristischen Organisationen anwendbar sein sollen.
Das klingt alles selbstverständlich und ist es doch nicht, noch nicht einmal beim internationalen Überblick über die Rechte anderer Nationen. Diese speziellen Normen sind sämtlich Antworten, wie ich meine, auf spezifische Probleme, die sich nur bei der wirksamen Bekämpfung terroristischer Organisationen stellen, in denen, um nur eines davon hier zu umschreiben, auf der einen Seite ein Teil der bisherigen Terroristen hinter Gittern in Untersuchungsoder Strafhaft sitzt, auf der anderen Seite der andere Teil der Terroristen draußen in Freiheit im Untergrund, wie es heißt, „weiterkämpft"; nicht zuletzt mit dem Ziel, die bisher inhaftierten Terroristen durch neue terroristische Aktionen zu befreien. So einfach ist der Grundsachverhalt. Es ist eben ein anderer als bei irgendeiner anderen auch kriminellen Vereinigung, und zwar mit all den besonderen Gefahren des Zusammenspiels von Terroristen drinnen und draußen bei der Planung und Steuerung solcher Terroraktionen bis hin zur eigenen Selbstbefreiung.
Diesem wie anderen spezifischen Problemen bei der polizeilichen wie justiziellen Bekämpfung terroristischer Organisationen, zunehmend verschärft noch durch ihr Zusammenspiel auf der internationalen Szene, können wir, wie ich meine, nur durch entsprechende spezielle Normen begegnen. Dies will ich abschließend beispielhaft für das spezifische Problem der Verteidigerüberwachung, im besonderen der Überwachung des schriftlichen Verteidigerverkehrs, deutlich machen. Es gilt für alle anderen Probleme ebenfalls.
Dabei stellt sich in einem freiheitlichen Rechtsstaat, in dem wir den hier in der Sache liegenden Konflikt der Prinzipien der Freiheitsverbürgung für jeden einzelnen und zugleich der Sicherheitsgewährung für alle Bürger austragen müssen, die Frage für den Gesetzgeber jeweils dahin, daß derjenige die zwingende Notwendigkeit eines Gesetzes dartun muß, der eine Freiheitseinschränkung zugunsten der Sicherheit der anderen vornehmen will. Steht doch der freiheitliche Rechtsstaat, jedenfalls für einen Liberalen, unter dem doppelten Grundsatz: So viel Freiheit wie möglich, aber auch: So viel Sicherheit wie nötig! Das im buchstäblichsten Sinne, allerdings nicht umgekehrt. Das heißt, daß auch in Hinsicht auf Freiheitseinschränkungen bei der Verteidigerüberwachung sorgfältig geprüft werden muß, ob eine solche zwingende Notwendigkeit besteht und welche Regelungen sie unerläßlich fordert.
Wie steht es damit bei der von Regierung und Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen Überwachung des schriftlichen Verteidigerverkehrs. Ich beschränke mich wegen der vorgerückten Zeit auf einige grundsätzliche Bemerkungen. Das uns vorliegende Material beweist den eindeutigen und vielfältigen Mißbrauch von Zellenzirkularen und Rundbriefen durch Rechtsanwälte unter dem Deckmantel der Verteidigerpost. Er ging bis zur Einrichtung einer mit mehreren Personen betriebenen sogenannten Informationszentrale im Büro eines Hamburger Rechtsanwalts. In dieser Informationszentrale wurden die von den Gefangenen in den Zellen vorbereiteten Zirkulare umgeschrieben, vervielfältigt und über die einzelnen Anwaltsbüros der Verteidiger nach einem ausgeklügelten System, förmlich als „Verteidigerpost" getarnt, allen Häftlingen der sogenannten „Rote-Armee-Fraktion" zugeleitet. Berge von Material! Zu dieser gezielten Verwendung der Verteidigerpost durch die Gefangenen heißt es in einem bei Bernhard Braun gefundenen Zellenzirkular mit dem Datum vom 8. Juni 1973 — ich zitiere —:
Die Frage, ob konkretes Material an gezielte Stellen, muß endgültig entschieden werden und gegebenenfalls delegiert werden. Wir müssen einen genauen Verteilerplan aufstellen für die Zirkulare, damit jeder, der sie kriegen soll, sie auch kriegt und die, die sie nicht kriegen sollen, sie nicht kriegen. Kann nicht den Anwälten überlassen werden. Post-Disziplin bei uns und bei den Anwälten. Minimale Forderungen: Umtippen, geeignete Umschläge, am besten doppelt, fest verschließen (Uhu), ausreichend beschriften (Verteidigerpoststempel).
Ein weiteres Schriftstück — es ist nur eines unter vielen — vom 16. Juni 1973, das von einem der damals verteidigenden Rechtsanwälte stammt, an alle Gefangenen gerichtet ist und ausdrücklich den Vermerk „Verteidigerpost" trägt, enthält im Zusammenhang mit dem Plan für die Errichtung dieser Infozentrale folgende bemerkenswerte Sätze — ich zitiere —:



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
Meins hat dazu wesentlichen Punkt angefügt. Nämlich, daß es Leute gibt, die auf kaum was schärfer sind, als irgendwo sauber gesammelt und entwickelt die Theorie und Anleitung zur Praxis eines konsequenten Kampfes gegen den bestehenden Macht- und Gewaltapparat zu finden. Dieser Punkt muß unbedingt berücksichtigt werden.
Ablichtungen des Schreibens wurden in den Zellen von Ensslin, Meins, Möller, Meinhof und Braun gefunden.
Aus diesen und vielen anderen Materialien, über die in den zuständigen Ausschüssen dieses Hohen Hauses im einzelnen zu reden sein wird, ergibt sich für mich buchstäblich die zwingende Notwendigkeit einer auf terroristische Organisationen beschränkten Regelung der Überwachung des schriftlichen Verteidigerverkehrs, jedenfalls bei erkennbarer Gefahr des Mißbrauchs, was ebenso auch für den vielfältig nachweisbaren Austausch von Kassibern beim mündlichen Verteidigerverkehr zutrifft.
Ich halte es im übrigen für bedenkenswert — ich knüpfe an das an, was Sie, Herr Eyrich, soeben gesagt haben —, daß keiner unserer westlichen Nachbarstaaten einen rechtsstaatlichen Makel darin sieht, die Möglichkeit der Verteidigerüberwachung dort, wo sie zwingend geboten ist, zu nutzen. Die Schweiz und Holland haben umfassende Überwachungsregelungen, sogar für die Fälle der bloßen Behinderung der Wahrheitsfindung, wie Sie zu Recht festgestellt haben. In Großbritannien — wir haben dies an Ort und Stelle nachgeprüft — gibt es überhaupt nur mündlichen Verkehr des inhaftierten Beschuldigten mit seinem Verteidiger unter optischer Aufsicht eines Gefängnisbeamten; Kassiber gibt es da nicht. Weitere Einschränkungen sind je nach Lage der Dinge möglich. In Schweden gar hat nur ein öffentlich bestellter Verteidiger uneingeschränkten Verkehr mit den Beschuldigten. Außerdem würde beim Verdacht des strafbaren Zusammenwirkens niemals der vom Angeklagten gewünschte, sondern der vom Gericht bestellte Verteidiger beigegeben werden.
Ich meine, auch diese Regelungen von Staaten, deren Rechtsstaatlichkeit außer Frage steht — im übrigen nicht nur Regelungen für die Fälle des Terrorismus, sondern für die der Kriminalität überhaupt —, sollten wir sorgfältig mitbedenken. So müssen wir Punkt für Punkt der vorliegenden Novelle in den Ausschüssen unter Einbringung aller belegbaren Fakten, auch der vertraulichen, erörtern. Sie werden sich dann selbst davon, wie ich meine, durch eigenen Augenschein überzeugen, inwiefern und inwieweit die von Regierung und Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen gesetzgeberischen Maßnahmen gegen terroristische Aktionen für jeden rechtsstaatlich Denkenden zwar bittere Notwendigkeit, aber doch Notwendigkeit sind.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721307900
Das Wort hat der Abgeordnete Vogel (Ennepetal).

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0721308000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gestehe, daß ich auch mit einiger Befangenheit hier noch an das Rednerpult gegangen bin

(Wehner [SPD] Hört! Hört!)

— ja, Herr Kollege Wehner, das trauen Sie mir nicht zu, aber es ist wirklich so —,

(Heiterkeit)

weil ich natürlich weiß, wie sehr die Kolleginnen und Kollegen darauf warten, daß wir zum Abschluß der Sitzung kommen.
Was den Ablauf der heutigen Debatte angeht —das muß ich leider sagen —, so haben wir in ihrem Verlauf gesehen, wie wenig wir in diesen Parlamentsdebatten auf Rede und Widerrede, auf Austausch der Meinungen angelegt sind. Ich bin jetzt bei den Tagesordnungspunkten, die den Bereich der inneren Sicherheit angehen, der dritte Redner meiner Fraktion. Es haben acht Redner der Koalition und der Bundesregierung vorher geredet, und das hat natürlich die parlamentarische Auseinandersetzung leider ein bißchen beeinträchtigt.
Ich bin aber — das möchte ich sagen — dem Herrn Bundesinnenminister sehr dankbar für die eindrucksvolle Schilderung der inneren Sicherheitslage und der bestehenden Gefährdung der inneren Sicherheit. Ich bin auch sehr dankbar dafür, daß Ausführungen gemacht wurden, die, wenn sie durchgehalten werden, es ermöglichen sollten, in einigen der hier anstehenden Fragen doch zu einem höheren Maß an Übereinstimmung zu kommen, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.
Sie haben den Satz geprägt: „Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen und das Äußerste dagegen unternehmen." In diesem Zusammenhang müßte man natürlich einmal kritisch fragen, ob sich die Mehrheit dieses Hauses und die Bundesregierung in der Vergangenheit danach gerichtet haben, ob wir eine Reihe der Themen heute nicht mehr auf der Tagesordnung hätten, wenn sich Bundesregierung und Mehrheit im Parlament in der Vergangenheit danach gerichtet hätten.
Sie machten einen interessanten Vorschlag, den wir neulich auch in Bitburg erörtern konnten, nämlich daß man sich überlegen sollte, ob man nicht Regelungen schafft, die ausschließlich für terroristische Organisationen gelten. Der Anknüpfungspunkt dafür soll der neugeschaffene § 129 a des Strafgesetzbuches sein. Ich halte das für einen überlegenswerten Gedanken, möchte jedoch Zweifel anmelden, ob sich das durchhalten läßt, ob wir hier nicht auf Abgrenzungsprobleme stoßen, die wir nicht lösen können.
Sie haben das Problem der Verteidigerüberwachung angesprochen. Es hat sich eigentlich deutlich an dem, was Sie dazu ausgeführt haben — auch im internationalen Vergleich —, gezeigt, daß wir hier in bezug auf das Problem der Verteidigerüberwachung mit Regelungen nicht hinkommen, die nur beschränkt auf den Bereich der terroristischen Organisationen wirken. Nach dem, was Sie ausgeführt haben, frage ich mich im übrigen, warum die Bun-



Vogel (Ennepetal)

desregierung dann so zurückhaltend in dem Entwurf ist, den sie uns zu dieser Problematik vorgelegt hat. Sie wissen ganz genau, welchen Entwicklungsprozeß er genommen hat und welche inneren Schwierigkeiten sich im Zusammenhang mit diesen Fragen aus der Koalition heraus immer wieder ergaben.
Ich darf auch noch einmal auf das zurückkommen, was wir in Bitburg erörtern durften. Sie haben heute für die Bewältigung des Spannungsverhältnisses Freiheit/Sicherheit erneut Bezug genommen auf den Grundsatz „in dubio pro libertate", wenn ich es so verkürzt sagen darf. Wir haben den Bundesjustizminister gehört, der sagte, die Alternative Freiheit/ Sicherheit sei eine falsche Alternative. Ich möchte das sehr wohl unterstreichen und noch einmal sagen: Ich glaube nicht, daß dieser Grundsatz „in dubio pro libertate" auch nur irgendwo bei den Fragen, mit denen wir es zu tun haben, hilfreich sein kann; denn Sie können doch die Grenze je nach Situation unterschiedlich verschieben. Es geht vielmehr darum, daß wir in jeder konkreten Situation — und auf sie ausgerichtet — ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit auf der einen Seite und dem natürlich unabweisbar in unserer Verfassung niedergelegten Bedürfnis nach Freiheit auf der anderen Seite herstellen.
Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn wir manches Mal in der Vergangenheit den Gesichtspunkten der Sicherheit mehr Rechnung getragen hätten, wären uns die Probleme, die sich uns in ihrer extremen Fragestellung jetzt bieten, hier und da erspart geblieben.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Wir sollten dafür Sorge tragen, daß es keine extremen Pendelschläge mal zur einen Seite, mal zur anderen Seite gibt, sondern daß wir irgendwie den Weg finden, daß sich das Pendel vernünftig in der Mitte einstellt. Die einen werfen den anderen vor: „Ihr wollt feste druff!", die anderen sagen: „Ihr seid zu lasch!" Das ist in der Tat das Thema der Auseinandersetzung, mit dem wir es hier zu tun haben.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721308100
„Der Staat, in dem wir leben, ist noch lange nicht die Demokratie, die das Grundgesetz will." Das ist ein Satz, über den man sehr wahrscheinlich noch sehr viel und sehr lange nachdenken muß, weil sich dahinter eine ganze Menge verbirgt. Ich will das nur ganz kurz andeuten.
Herr Kollege Lattmann, der leider nicht mehr hier ist, hatte sich eingangs darauf berufen, er sei ein kritischer Sozialdemokrat. Ich hatte zunächst angenommen, dies sei so zu verstehen, daß er kritisch gegenüber der Sozialdemokratie sei. Dafür hätte ich natürlich auch volles Verständnis gehabt. Aber offenbar hat er es anders verstanden. Es ist ein neuer Begriff gegenüber demjenigen, den wir schon kennen, dem Begriff des „kritischen Demokraten". Ich weiß jetzt nicht, ob es vom kritischen Demokraten zum kritischen Sozialdemokraten eine Steigerung ist oder ob das eventuell ein Aliud ist. Dem wäre nachzugehen. Aber ich meine, dahinter steckt
etwas, was ich im Hinblick auf die Auseinandersetzung, in der wir uns befinden, für gefährlich halte.
Natürlich habe ich an das Godesberger Programm und an jenen Satz gedacht, daß die Demokratie erst durch den Sozialismus erfüllt werde.

(Wehner [SPD] : Sie wissen doch, daß das nicht darin steht! Es ist Ihnen bekannt, daß Sie den Satz ein wenig modifiziert haben!)

— Herr Kollege Wehner, ich kenne erstens den Satz, wie er im Godesberger Programm steht,

(Dürr [SPD] : Warum zitieren Sie ihn dann falsch?)

ich kenne zweitens die Interpretation, die der frühere Bundeskanzler, Ihr Parteivorsitzender, dazu gegeben hat, und ich kenne drittens die Interpretation, die z. B. der österreichische Bundeskanzler dazu gegeben hat.

(Wehner [SPD] : Mich interessiert der Satz und nicht die Interpretation!)

— Ja, Herr Kollege Wehner, dennoch bleibe ich dabei, daß dahinter natürlich etwas steckt, was ich als so etwas wie eine demokratische Alleinvertretungsanmaßung bezeichnen möchte.

(Wehner [SPD] : Nein, nein, entschuldigen Sie! Da treffen Sie eine wunde Stelle! Das „erst" haben Sie dort hineingebracht! Das steht nicht darin!)

— Dann streichen wir das „erst"!

(Wehner [SPD] : Ja, dann streichen Sie es doch!)

— Dann bleibt aber noch eine Menge übrig.

(Wehner [SPD] : Das andere steht darin!) — Ja: Demokratie wird erfüllt durch Sozialismus.


(Wehner [SPD) : Aber durch das „erst" wollen Sie dem eine Bedeutung geben, die dem

nicht zukommt!)
— Herr Kollege Wehner, dennoch bleibe ich dabei, daß das die Auseinandersetzung in ganz erheblichem Maße belastet.

(Wehner [SPD] : Das bestreite ich auch nicht!)

Wir merken das auch ständig in der Praxis der Auseinandersetzung, Herr Kollege Wehner.

(Wehner [SPD] : Ich wollte nur für die Grundlage sorgen, damit nicht ein falsches Zitat aufgeschrieben wird!)

— Das finde ich auch sehr liebenswert von Ihnen, daß Sie für eine gute Diskussionsgrundlage sorgen wollten. Ich halte es im übrigen auch für richtig, daß man sich immer an den exakten Texten orientiert.

(Dr. Schweitzer [SPD]: Na also!) Dem stimme ich durchaus zu.

Aber hier bleibt dieses Problem dennoch. Hier haben wir es natürlich mit der Frage nach einem formalen Demokratiebegriff und der Frage nach einem materialen Demokratiebegriff sowie damit



Vogel (Ennepetal)

zu tun, was man mit einem materialen Demokratiebegriff machen kann. Hier gibt es nun die Erscheinung, daß sich eine militante Linke bei uns dieses Begriffes bemächtigt hat und daß diese militante Linke in ihrer Zusammensetzung nicht mehr mit dem übereinstimmt, was ich das „demokratische Spektrum" in der Bundesrepublik Deutschland nennen möchte, sondern daß es hier eben Überlappungen gibt. Ich habe das einmal als einen „unzulässigen Grenzverkehr" zwischen dem noch demokratischen Teil der Linken und dem nicht mehr demokratischen, sondern demokratiefeindlichen Teil der Linken bezeichnet. Genau dieser Teil bemächtigt sich in der gleichen militanten Weise dieses materialen Demokratiebegriffs. Von daher rühren eine Fülle der Schwierigkeiten auch in der Auseinandersetzung hier unter uns. Darüber hätte ich gern mit dem Kollegen Lattmann gesprochen, dem ich — das muß ich Ihnen sagen — sehr viel mehr von dem, was er hier gesagt hat, abgenommen hätte, wenn er dann auch bereit gewesen wäre, die Konsequenz daraus zu ziehen. Aber das ist jedermanns persönliche Sache.
Lassen Sie mich auf drei Punkte, zu denen ich etwas sagen möchte, ganz kurz zu sprechen kommen. Herr Minister Maihofer, Sie haben einige Ausführungen über die Art und Weise gemacht, wie wir die Probleme des Terrorismus angehen sollen. Das, was mich belastet, ist, daß nicht einmal diese Bundesregierung in der Lage ist, eine Linie zu finden und diese Linie durchzuhalten. Hier ist verschiedentlich über, nun, ich würde sagen, die verschiedenen Haken gesprochen worden, die der Bundesjustizminister unter dem Druck der Kollegen der Koalition schlagen mußte.
Viel schlimmer finde ich aber, daß diese Bundesregierung Gesetzentwürfe einstimmig verabschiedet und daß, kaum, daß sie verabschiedet sind: einzelne Mitglieder dieser Bundesregierung schon in irgendwelchen anderen Gremien sitzen, um Formulierungen zu erarbeiten, die genau das Gegenteil von dem beinhalten, was die Bundesregierung vorgeschlagen hat, oder die jedenfalls ganz andere Lösungen beinhalten, als sie die Bundesregierung vorgeschlagen hat.
Wir haben heute das 13. Strafrechtsänderungsgesetz mit dem § 130 a verabschiedet. Beim § 130 a haben wir sehen müssen, daß der Herr Bundesinnenminister, nachdem die Bundesregierung unter maßgeblicher Beteiligung des Bundesinnenministers diesen Gesetzentwurf beschlossen und eingebracht hatte, in einem anderen Gremium an Formulierungen mitgewirkt hat, die Eingang in das gefunden haben, was heute verabschiedet worden ist. Es hat ja auch mit Bezug auf den Entwurf der Bundesregierung, den wir heute behandeln, Auseinandersetzungen zwischen dem Bundesminister der Justiz und dem Bundesminister des Innern über die Frage gegeben, ob denn der Bundesinnenminister zu dem stehe, was die Bundesregierung verabschiedet habe, oder ob der Bundesinnenminister, auf dessen Initiative teilweise diese Gesetzentwürfe zustande gekommen sein sollen, hier einen anderen Kurs vertrete. Das ist eine Frage, von der ich meine, daß sie ganz wichtig ist, weil die Bundesregierung eine Führungsaufgabe in diesen Fragen hat und weil natürlich Klarheit innerhalb der Bundesregierung in diesen Fragen für die Öffentlichkeit und, wie ich meine, auch für das Parlament wichtig wäre.
Eine zweite Frage, die ich ansprechen möchte. Sie haben auf die Internationalisierung der Bekämpfung des Terrorismus hingewiesen. Ich halte das in der Tat für einen ganz wichtigen Bereich, obwohl wir uns nicht damit entschuldigen dürfen, daß es da, wo Maßnahmen unterlassen werden, ja eine internationale Erscheinung sei. Sie wissen, daß nicht alles auf die Internationalisierung abgeschoben werden kann. Daß man sich um Konventionen bemüht, halte ich für richtig. Wie schwierig das ist und wieweit das in der Praxis führt, wissen wir auch. Wir kennen die Schwierigkeiten, die sich dabei ergeben.
Hier geht es für mich aber um einen ganz besonderen Komplex, nämlich die Frage, wieso wir eigentlich zusehen, wie Terroristen, gegenüber denen wir einen Strafanspruch haben, in bestimmten Gegenden dieser Welt ihren Unterschlupf finden, ohne daß sich die Bundesregierung genötigt sieht, bei den Regierungen dieser Staaten die Auslieferung dieser Terroristen zu verlangen. Wir haben das zuletzt im Falle des Terroristen Klein gehabt, als er in Algerien war. Ich glaube, daß der Hinweis darauf, mit Algerien gebe es kein Auslieferungsabkommen, doch nichts anderes als ein Vorwand ist. Wir haben das Problem im Falle des Südjemen bei den Terroristen gehabt, die wir im Zusammenhang mit der Lorenz-Entführung nach Südjemen ausfliegen lassen mußten. Hier lautet die Begründung nicht: „Da haben wir keinen Auslieferungsvertrag", sondern hier lautet die Begründung: „Hier besteht die Gefahr der Rache." Wir haben dieses Problem bereits im Zusammenhang mit dem Massaker von München und der gewaltsamen Entführung der dort inhaftierten gehabt, als diese in Libyen Unterschlupf fanden. Die Frage, die wir zu stellen haben, ist die, ob wir uns nicht mitschuldig machen, wenn wir uns hier von Angst oder welchen Erwägungen immer abhalten lassen, und ob es nicht notwendig ist, gerade weil es sich um bestimmte Staaten in einer bestimmten Gegend dieser Welt handelt, sehr deutlich zu machen, daß wir das Verhalten dieser Staaten mißbilligen und auch eine Belastung der Beziehungen in Kauf nehmen, wenn einem Auslieferungsersuchen nicht stattgegeben wird. Ich halte das für einen sehr, sehr ernsten Punkt. Er ist für mich so ernst, daß damit für mich die Frage nach der moralischen Kompetenz der Bundesregierung in diesen Fragen aufgeworfen wird. Wir haben ja alle noch im Ohr, was der damalige Bundespräsident Heinemann im Olympiastadion sehr eindrucksvoll gesagt hat — ich möchte es zitieren —:
Wer sind die Schuldigen dieser Untat? Im Vordergrund ist es eine verbrecherische Organisation, die da glaubt, daß Haß und Mord Mittel des politischen Kampfes sein können. Verantwortung tragen aber auch jene Länder, die diese Menschen nicht an ihrem Tun hindern.
Ich habe drei Länder genannt, in denen Terroristen
ungehindert Unterschlupf finden können, in denen



Vogel (Ennepetal)

sie Hilfe finden können, ohne daß von unserer Seite auch nur der Versuch gemacht wird, die Auslieferung der dort Untergeschlüpften zu verlangen. Ich halte dies für ein ernstes Problem.
Lassen Sie mich kurz auf einen letzten Punkt zu sprechen kommen. Ich habe in der Debatte am 12. Juni des vorigen Jahres gesagt:
Die innere Stabilität und damit die innere Sicherheit sind mehr, als wir ertragen können, gefährdet durch eine geistig-politische Labilität, die sich der Werte dessen, was unsere freiheitliche Demokratie ausmacht, nicht mehr klar genug bewußt ist.
Ich möchte hier nur ganz kurz ein neues Beispiel dieser geistig-politischen Labilität ansprechen, weil es uns in einem anderen Themenbereich sehr stark beschäftigt. Ich beziehe mich auf das, was ich über eine Diskussion im Regionalfernsehen des Norddeutschen Rundfunks gelesen habe, an der unter anderem der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herr Posser, beteiligt gewesen ist. Ich möchte Ihnen zwei Stellen, die bei mir Anstoß erregt haben, hier nennen. Die erste Stelle ist diese. Nach einer entsprechenden Pressemeldung hat Herr Posser in dieser Fernsehdiskussion erklärt, er halte es für zweifelhaft, ob in einem Verfahren gegen die DKP deren Verfassungswidrigkeit festgestellt werden würde. Ich sage das deshalb, weil dies in einem krassen Widerspruch zu der Auffassung steht, clie die Bundesregierung in dieser Frage vertritt. Dies steht in krassem Widerspruch zu dem, was nach Ihrer Meinung, Herr Bundesinnenminister, die Auffassung der Bundesregierung und aller Bundesländer wie auch der drei im Bundestag vertretenen Fraktionen ist. Es steht im Widerspruch zu dem, was die Bundesregierung in einer sehr sorgfältigen Beantwortung unserer Kleinen Anfrage betreffend die Verfassungsfeindlichkeit der DKP selbst ausgeführt hat. Ich halte es für unerträglich, wenn das, was gemeinsame Basis ist, immer wieder in dieser Art und Weise in Frage gestellt wird. Ich frage mich: Wem soll das denn dienen?

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Penner [SPD] : Das ist doch etwas anderes als das, was das Bundesverfassungsgericht zu dieser Frage sagt!)

— Entschuldigen Sie, das ist doch Sophismus, Herr Penner. Ich möchte noch anmerken, daß der Herr Bundesinnenminister hierzu die Auffassung vertreten hat, er sei völlig sicher, daß bei einem Verbotsantrag in Karlsruhe die Verfassungswidrigkeit der DKP festgestellt würde. Das, was uns hier vorgelegt worden ist, spricht auch dafür, daß es in der Tat so ist. Um so mehr frage ich mich: Was hat Herrn Posser denn bewogen, sich in dieser Frage so zu äußern, wie er es getan hat?
Es kommt aber noch viel schöner. Es heißt in diesem Pressebericht weiter: Er bejahte die Frage, ob es für eine Partei bereits eine Benachteiligung darstelle, wenn ihre Mitglieder damit rechnen müßten, bei Bewerbungen für den öffentlichen Dienst einem Anhörungsverfahren unterworfen zu werden. Meine Damen und Herren, hier müßte sich jetzt eine
Reihe weiterer Ausführungen anschließen. Jetzt müßte ich eigentlich auf einen Aufsatz eingehen, den der Parlamentarische Staatssekretär Schmude kürzlich verfaßt hat. Wir könnten auf die Fragestunde vom Mittwoch dieser Woche zurückkommen. Dann sind wir natürlich mitten in einem Themenbereich, den ich heute nicht mehr behandeln will, von dem ich Ihnen aber sagen muß, daß er uns hier — dessen bin ich ganz sicher — noch intensiv beschäftigen wird, weil auch hier eine bestimmte Linie sichtbar wird.
Auf der Grundlage einer solchen geistig-politischen Labilität gegenüber der demokratischen Verfassungsordnung dieser Bundesrepublik Deutschland ist es natürlich schwierig, in all den Fragen der inneren Sicherheit, zu denen auch die gehören, die Gegenstand der Entwürfe sind, die hier heute in erster Lesung behandelt werden, den richtigen Weg durchzusteuern.
Ich bitte um Nachsicht, daß ich Sie damit noch aufgehalten habe. Aber ich war der Auffassung, daß wir diese drei Fragen jedenfalls hier deponieren sollten, damit Sie sich auch damit beschäftigen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721308200
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721308300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, eine der drei Fragen des Herrn Kollegen Vogel sollte sofort beantwortet werden. Es geht um die Auslieferung.
Da ich zu diesem Punkt das Wort erbeten und genommen habe, darf ich aber vorweg nur drei Sätze sagen.
Herr Kollege Eyrich, die Gedankengänge des Herrn Kollegen Lattmann sind bereits in einem gedruckten Aufsatz erschienen. Es ist auch aus Ihrer Fraktion daraus zitiert worden. Ich kann nicht erkennen, daß ein Meinungsaustausch, gerade unter Freunden, dadurch leidet, daß er sorgfältig, überlegt und abgewogen geführt wird. Ich glaube, es kommt doch auf den Inhalt an und nicht auf die Frage der Vorbereitung.

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Ich habe gesagt, Herr Professor Rudolphi habe in Bitburg diese Feststellungen getroffen, und daran habe ich einige Überlegungen angeknüpft! — Kleinert [FDP] : Für das Mittelalter trifft dies auch zu!)

— Gut! Ich möchte jedenfalls die Gelegenheit benutzen, für die Bundesregierung und für das Bundesjustizministerium zu sagen, daß für uns der Strafprozeß ein Instrument ist, um ein faires Verfahren zur Aufklärung eines Verdachtes und zur Feststel-



Bundesminister Dr. Vogel
lung von Schuld und Unschuld in rechtsstaatlicher Weise zu gewährleisten, nicht aber dazu, daß die Leute durch Gerichtsverfahren abgeschreckt und durch Gerichtsverfahren nun generalpräventiven Motivationen unterworfen werden sollen.

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Es muß aber doch gewährleistet sein, daß in einem Strafverfahren der Strafanspruch des Staates wirksam zum Ausdruck kommt und realisiert wird!)

— Herr Kollege Eyrich, das ist doch völlig unstreitig. Ich glaube, wir sollten das auch wegen der Zeit nicht vertiefen. Ich will nur daran festhalten: Strafrecht hat generalpräventive Funktionen, der Prozeß nie und nimmer.
Das Dritte ist die Frage, warum es seit dem 12. Juni 1975 dauert. Es hat Sie geehrt, Herr Kollege Eyrich, daß Sie, anders als solche, die zu schrecklichen Vereinfachungen neigen, selber Bedenken und Gesichtspunkte vorgetragen haben, die gerade das Problem des § 148 schwierig machen. In diesen Bedenken, in diesen Schwierigkeiten, in der Notwendigkeit, abzuwägen, liegt natürlich auch eine Erklärung für die Zeit, die dafür benötigt wird.
Aber nun zu Ihrer Frage betreffend die Auslieferung. Sie haben in sehr kritischer Weise gefragt und haben geglaubt, daß dieses Problem eine moralische Qualität habe. Ich will dem nicht widersprechen. Ich möchte zu beiden angesprochenen Fällen Auskunft geben.
Erstens. Die Auslieferungsersuchen an den Jemen sind von einer Landesregierung angeregt worden, von zwei Landesregierungen nicht. Sie sind deswegen, Herr Kollege Vogel, nicht ausgelaufen, weil die für die innere Sicherheit und für diese Fragen Verantwortlichen nach dem Stande, ,der für die Prüfung maßgebend war, erklären, daß ein solcher Schritt unmittelbare Leibes- und Lebensgefahr auslösen würde. Herr Kollege, es gibt die Möglichkeit, sich mit dieser Problematik näher vertraut zu machen. Aber ich muß hier einfach auch für den Bereich der inneren Verwaltung sagen: Es ist die verdammte Pflicht und Schuldigkeit dieser Behörden, eine solche Überlegung anzustellen. Ich glaube, wir alle würden uns ,die bittersten Vorwürfe machen, wenn solche Überlegungen unterlassen würden und ,der Schritt dann dazu führte, daß sich diese Befürchtung realisierte Herr Kollege Vogel, ich glaube, Sie können sich ohne große Phantasie vorstellen, um welche konkreten Personen es geht. Ändert sich diese Beurteilung, kommen diejenigen, die auf diesem Sektor dafür die Verantwortung tragen, zu dem Ergebnis, daß sich ,diese Gefahrenlage geändert hat und nicht mehr besteht, dann ist der einzige Hinderungsgrund für die Absendung dieser Auslieferungsersuchen entfallen. Das ist der Zusammenhang. Ich glaube, hier ist keinerlei Angriff oder Vorwurf gerechtfertigt.
Der zweite Fall ist der Fall Klein. Hierzu ist zu sagen: Der Haftbefehl ist vom Generalbundesanwalt erwirkt worden. Über Interpol ist die Bitte um Fahndung ergangen. Das Auslieferungsersuchen wird dann gestellt, wenn hinsichtlich des Verbleibs von
Klein das Maß an Klarheit geschaffen ist, das für die Stellung eines Auslieferungsersuchens notwendig ist. Wir können nicht auf Verdacht an eine ganze Reihe von Regierungen solche Auslieferungsersuchen richten.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Der war jedenfalls in Algerien feststellbar!)

— Entschuldigung. Es ist natürlich notwendig, daß Sie zunächst einen Haftbefehl erwirken, Herr Kollege Vogel. Für den Haftbefehl brauchen Sie Material. Das Material müssen Sie von den Österreichern anfordern. Sie brauchen die Fingerabdrücke, Sie brauchen das, was den hinreichenden Verdacht rechtfertigt. Jetzt dreht es sich einfach um die Frage des Aufenthalts.
Es ist völlig klar, daß die Bundesregierung diese Ersuchen stellt, wenn es die Umstände ermöglichen und erlauben. Den Vorwurf — ich muß das noch einmal ganz deutlich sagen , daß an dem Verhalten der Bundesregierung unter moralischen Gesichtspunkten Kritik geübt werden könne, muß ich ganz entschieden zurückweisen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721308400
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Vogel (Ennepetal)?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721308500
Bitte sehr!

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0721308600
Herr Minister, darf ich dann Ihrer Antwort zumindest entnehmen, daß die Frage eines Auslieferungsvertrages für ein solches Auslieferungsersuchen kein entscheidendes Hindernis ist? Das ist ja auch als Argument geltend gemacht worden.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721308700
Das, Herr Kollege Vogel, kann ich ausdrücklich bestätigen. Die Frage, ob ein Auslieferungsersuchen gestellt wird oder nicht, hängt davon nicht ab. Allerdings ist zu prüfen, ob das Auslieferungsersuchen Erfolg hat, ob die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Das kann sich je nachdem, ob ein Vertrag vorliegt oder nicht, anders beantworten. In den beiden konkreten Fällen spielt dieser Umstand keine Rolle. Ich bin dankbar, daß ich diese Klarstellung vornehmen konnte.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721308800
Gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage des Abgeordneten Vogel (Ennepetal) ?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721308900
Bitte sehr!

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0721309000
Darf ich dann die Zusatzfrage stellen, ob die Bundesregierung gegebenenfalls bereit ist, auch eine Belastung ihres Verhältnisses zu einem anderen Staat in Kauf zu nehmen, wenn es um eine solche Auslieferungsfrage geht?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0721309100
Herr Kollege Vogel, nach dem Auslieferungsrecht hat die Bundes-



Bundesminister Dr. Vogel
republik nur zwei Möglichkeiten, Auslieferungsersuchen, die von den Bundesländern kommen, nicht weiterzuleiten. Das eine ist der Sonderfall, zu dem ich bereits etwas vorgetragen habe: die Frage, ob damit Gefahr für Leib und Leben deutscher Staatsbürger in unserem Lande verbunden ist. Der zweite Gesichtspunkt ist: wenn die auswärtigen Interessen der Bundesrepublik dem entgegenstehen. Das ist nach unserer Verfassung Rechtens. Eine solche Prüfung wird von Fall zu Fall vom Auswärtigen Amt vorgenommen. Bisher sind Auslieferungsersuchen in diesem Zusammenhang aus diesen Gründen nicht unterblieben. Ich kann nicht ausschließen, daß es solche Fälle, wie sie es in der Vergangenheit in anderem Zusammenhang gegeben hat, auch in Zukunft wieder einmal geben wird. In dem Zusammenhang hat das keine Rolle gespielt.
Darf ich fragen, ob noch eine Zwischenfrage gewünscht wird? — Nein. Dann danke ich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0721309200
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert.

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0721309300
Herr Präsident! Meine sehr verehrte Dame! Meine Herren! Viele haben sich doch gefragt, ob es Sinn hätte, zum, ich glaube, fünften Male in größerem Rahmen das zu erörtern, was wir heute bei im wesentlichen nicht veränderten faktischen und politischen Verhältnissen erörtert haben.

(Wehner [SPD] : „In größerem Rahmen" ist gut!)

Die Debatte zeigt meiner Auffassung nach, daß es schon sehr wichtig ist, auf diejenigen, die die Entwicklung etwas langsamer mitvollziehen, durch .stetige Wiederholung — nach ganz schlichten pädagogischen Grundsätzen — einzuwirken, jedenfalls diesen Versuch immer wieder zu unternehmen, wenn man es mit ihnen gut meint.

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Bei Ihnen hat es also tatsächlich geholfen, Herr Kollege?! — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist noch nicht sicher!)

— Sie werden vielleicht in der Lage sein, auf Grund der wenigen Bemerkungen, die ich jetzt noch machen möchte, insbesondere zu den von Ihnen angesprochenen Punkten, zu erkennen, wie die Dinge unserer Auffassung nach verlaufen sind.
Mehrere Ihrer Redner haben den Zeitablauf gerügt, Sie auch, Herr Eyrich. Herr Vogel hat dann in diesem Zusammenhang die Variante gebracht, daß die Bundesregierung zu wenig Führungsstärke gezeigt habe, um ihre ursprünglichen Vorstellungen möglichst zügig durchzusetzen. Dazu möchte ich zweierlei bemerken. Wenn die Dinge so schwierig sind, wie besonders Sie, Herr Eyrich, das dankenswerterweise in differenzierter Form vorgetragen haben, dann ziert es diejenigen, die sich um die Fortentwicklung des Rechts in ganz wesentlichen Fragen zu sorgen haben, wenn sie dabei nicht in überstürzte Hast verfallen, zumal wenn wesentliche
Verbesserungen, die allerdings aus der konkreten Situation heraus erforderlich waren, Ende des Jahres 1974 auf verhältnismäßig breiten Gebieten vorgenommen worden sind und es auch galt, Erfahrungen mit diesen Veränderungen abzuwarten, Erfahrungen, die, wie ich glaube, inzwischen schon — bei allen fortbestehenden Bedenken — als recht positiv bezeichnet werden können. Wir haben in Stammheim einen sehr unerfreulichen Prozeß, der in vieler Hinsicht zu Besorgnissen und Bedenken Anlaß gibt, bei dem aber inzwischen nach einer Anfangsphase, in der alle möglichen Experten und Propheten nach Sofortmaßnahmen gerufen haben, um die dort herrschenden Zustände sofort zu ändern — was übrigens rechtsstaatlich wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre —, eine Beruhigung eingetreten ist, zwar nicht im Sinne dessen, was wir uns unter einem Strafprozeß vorstellen, aber immerhin eine Beruhigung, die die Fortführung dieses Prozesses ermöglicht, und zwar auf Grund der gesetzlichen Änderungen, die wir Ende des Jahres 1974 gemeinsam verabschiedet haben. Das ist, meine ich, ein wesentlicher Grund, sich dann allerdings bei den nächsten Schritten etwas mehr Überlegungszeit zu gönnen.
Wenn ich beim Überlegen bin, komme ich in diesem Zusammenhang zwangsläufig auf das, was Herr Kollege Vogel hinsichtlich der Bundesregierung gesagt hat. Ich möchte doch das Geschrei hören, das entstünde, wenn wir als Koalitionsparteien hier antreten und sagen würden: Herr Vogel, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie werden von uns nicht erwarten können, daß wir Ihre Änderungsvorschläge im parlamentarischen Verfahren ernsthaft diskutieren, denn dieses Land braucht eine handlungsfähige und durchsetzungsfähige Regierung, und deshalb müssen wir das so machen, wie diese Regierung uns das vorgelegt hat. — Mit dieser Umkehrung, die ich, ausgehend von dem, was Sie vorhin gesagt haben, für völlig logisch halte, möchten Sie sich doch auch nicht so gerne konfrontieren lassen, denn Sie möchten doch sicherlich noch viele Male mit uns gemeinsam überlegen, was man in den Ausschüssen und im Gang der Beratungen auch in dem mehr informellen Teil — ändern kann und ändern sollte und was nicht.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sie sind der Meinung, die Bundesregierung solle nicht führen? — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Dürfen wir von Ihren eigenen Vorschlägen nicht mehr annehmen, daß es die Ihren sind?)

— Ich habe zu dieser Frage im letzten Juni, wie Sie — ich meine mich zu erinnern — aufmerksam zur Kenntnis genommen haben, von dieser Stelle aus Ausführungen gemacht und habe gesagt, daß wir den bereits vorliegenden Entwurf der Bundesregierung, der uns heute auf einem anderen Wege noch einmal beschäftigt, einbringen, um diese Vorschläge zugleich mit Ihren Entwürfen — gewissermaßen als ein Zeichen des Respekts auch vor der Arbeit der Opposition — schriftlich vorliegen zu haben und darüber reden zu können. Das haben wir so deutlich gesagt, wie wir es bei vergleich-



Kleinert
baren Gelegenheiten nicht zu sagen pflegen, und ich bin deshalb ganz sicher, daß Sie den Sinn dieser Ausführungen von Herrn Kollegen Gnädinger und von mir bei der seinerzeitigen Gelegenheit nicht mißverstanden haben, sich also weitere Rückfragen zum gleichen Thema heute — insbesondere bei dem von uns allen geschätzten hohen Stand Ihrer Intelligenz — erübrigen sollten.
Deshalb haben wir also inzwischen beraten, und deshalb haben wir auch gar keine Vorwürfe gegen die Bundesregierung zu erheben, wenn sie hier liebenswürdigerweise unsere Diskussion über das, was im einzelnen geregelt werden soll, fördert und unterstützt und diese Diskussion insbesondere durch die Unterstützung des vorhandenen ministerialen Sachverstandes mit uns führt. Das ist die Situation.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist doch ein armer Verein, diese Bundesregierung!)

Wir haben zur Zeit der letzten Debatte, im Juni, große Bedenken wegen der erheblichen öffentlichen Erregung gehabt, die solchen Beratungen — jedenfalls dann, wenn man es mit ihnen verantwortlich ernst meint — naturgemäß abträglich sein muß, und wird haben gemeint, es sei ein Segen, daß kurz nach dieser letzten Beratung die Sommerpause längere Gelegenheit zu einer Beruhigung und einen Abstand geben würde,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sie meinten, das schläft dann alles wieder ein?!)

einen Abstand, aus dem heraus die Dinge dann allerdings völlig ohne Zorn und Eifer — so wie sich das gehört — weiter beraten werden können.
Das alles ist von Anfang an von uns so gesehen und betrieben worden, und wir glauben, jetzt an dem Punkt zu sein, an dem die Beratungen und die Überlegungen und die Erfahrungen so weit sind, daß wir das tun können, was wir damals angekündigt haben. Wir wollen nämlich in den Ausschüssen Stück für Stück und Punkt für Punkt anhand der vorzulegenden Tatsachen prüfen, welche weiteren Maßnahmen unbedingt noch erforderlich sind unter der Überlegung, daß so viel Sicherheit wie möglich gegeben werden soll, und welche etwa entbehrlich sind, weil der Gesichtspunkt der Wahrung von möglichst viel Freiheit bei Beachtung des Sicherheitsbedürfnisses dies erfordert — eine sehr schwierige Abwägung, die mit all den zu Herzen gehenden, von mehreren Seiten des Hauses heute übrigens zu hörenden Formeln dieser Art, die lediglich das Begriffspaar nennen, nicht erfaßt werden kann, weil uns diese Formeln die Einzelarbeit nicht abnehmen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Da haben Sie völlig recht! Deshalb kann man ja auch jedwede Art von Entscheidung immer zutreffend begründen!)

Wir werden also über die Verteidigerfrage weiter nachdenken. Es ist dazu wieder vieles zu hören gewesen. Wir haben uns früher bereits geäußert. Es ist hier der Eindruck erweckt worden — Herr Kollege Eyrich, mir ist das so am Rande aufgefallen, ich möchte es aber nicht stehenlassen —, daß zum
Beispiel in England der Verteidiger — Sie haben es nicht so gesagt, aber es könnte so verstanden werden von denen, die die Dinge nicht so genau kennen — auch zum Nachteil seines Mandanten agieren müsse, was den tatsächlichen Bereich der Vorwürfe angeht oder die aus den Fakten zu ziehenden Folgerungen. Tatsächlich haben Sie gesagt, wie ich gerne bestätige, daß er seinen Mandanten auf ungünstige Entscheidungen — was nach englischem Recht bedeutet: ungünstige gesetzliche Bestimmungen, auf unsere Verhältnisse übertragen — hinweisen muß. Das ist natürlich kein besonders durchschlagendes Argument in unserer Unterhaltung, denn wir nehmen ja auch zu allen in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen, die nachteilig sein könnten, Stellung. Lediglich das Case Law erfordert es, daß man etwas anders vorgeht. Ich meine unter Berücksichtigung dessen, was Laien sich darunter vorstellen, sollte man das hier noch kurz richtigstellen.
Wir haben im Bereich der Verteidiger eine Entwicklung, die wir schon immer gefordert haben, inzwischen weiter verfolgen können in der unheilvollen — wie ich meine — Auseinandersetzung zwischen den Rechtsanwaltskammern einerseits und den Generalstaatsanwälten andererseits über die Anwendung der standes- und ehrengerichtlichen Befugnisse gegenüber Verteidigern, die ihre Pflichten nicht nur nicht ernst nehmen, sondern gröblich verletzen. Der Streit ist zwischen diesen beiden Gruppen nach wie vor nicht ausgetragen. Es zeichnet sich aber ab, daß gerade im Verlauf des letzten Jahres Schritte, die unserer Auffassung nach in vielen Fällen schon zwei Jahre früher hätten unternommen werden können, auch und gerade in Ländern, in denen die CDU oder CSU den Justizminister stellt, jetzt endlich unternommen worden sind und zu einer Bereinigung geführt haben. Das meinte ich mit der pädagogischen Notwendigkeit, die ich eingangs erwähnte. Wir haben jetzt endlich gesehen, daß das, was wir 1974 gefordert haben, in stärkerem Maße geübt wird, nämlich Ausschluß statt der ungeheuer schwierigen und ungeheuer problematischen Überwachung. Dieses Instrument ist jetzt genutzt worden. Wir halten es im Einklang mit dem, was wir dazu stets gesagt haben, für das sauberere, auch wenn oder gerade weil es härter greift, und wir appellieren an alle Beteiligten, davon weiterhin verantwortlichen, aber auch straffen Gebrauch zu machen, damit wir von dieser Seite Ordnung in die Dinge bekommen, während wir — so meine ich jedenfalls persönlich — mit der Überwachung des mündlichen Verkehrs mit dem Verteidiger nur weitere Verwirrung und rechtsstaatliche Unsicherheit stiften würden.
Wenn hier wiederum „die Schlachtpläne, die in den Zellen gemacht werden", angesprochen worden sind, dann wiederhole ich eben auch zum wiederholten Male, daß sich das alles hauptsächlich in Haftanstalten unter Aufsicht von CDU-Justizministern abgespielt hat

(Zuruf von der CDU/CSU)

und daß diese nach geltendem Recht in der Lage hätten sein müssen, dafür zu sorgen, daß die Dinge



Kleinert
jedenfalls nicht die grandiosen Ausmaße angenommen hätten, die sie tatsächlich angenommen haben. Ich bin bereit, diesen Vorwurf genauso oft hier zu wiederholen, wie von Ihnen ungerechtfertigte Vorwürfe etwa gegen die politische und staatspolitische Zuverlässigkeit der Koalitionsfraktionen geäußert werden.

(Dr. Eyrich [CDU/CSU] : Aber die Richtigkeit wird dadurch nicht besser!)

Ich möchte noch einen Hinweis auf die erstrebte Einrichtung des Kronzeugen geben. Da gibt es die Frage, wieweit wir dogmatisch mit der tätigen Reue zurechtkommen oder tatsächlich sagen müssen, daß es sich um einen Kronzeugen handelt. Herr Kollege Eyrich, ich bin bereit, Ihnen weitgehend zu folgen. Außerdem wäre es unpraktisch, sich bei der Theorie, dem Dogmenstreit zu lange aufzuhalten.
Auch hier haben wir unsere Bedenken von Anfang an mit einer ungewöhnlichen Geradlinigkeit erwähnt. Ich möchte nur auf eines, was in den letzten Wochen wieder aktuell geworden ist, hinweisen. Wenn wir auf der einen Seite sagen — das wurde eben auch in dem Gespräch zwischen den beiden Herren Vogel noch einmal erörtert —, daß man Kidnapping wirksam nur bekämpfen kann, wenn alle Staaten in der Auslieferung zusammenarbeiten und damit in allen Fällen die Strafverfolgung möglich wird und auch alle Staaten die notwendige Härte in der Verfolgung dieses Delikts zeigen, damit die Täter nicht immer damit rechnen können, in ihren Kreisen gefeiert und im übrigen nicht belangt zu werden, dann muß man daraus auch Rückschlüsse auf das Institut des Kronzeugen ziehen. Denn hier setzen wir eine ganz ähnliche Gefahr, daß nämlich derjenige, der sich von Anfang an entsprechend einrichtet, in der Lage ist, Verbrechen genauso zu begehen, ohne mit der konsequenten Verfolgung rechnen zu müssen. Ich möchte diese Parallele neben vielen anderen Argumenten, die ich mir heute erspare, für die weiteren Beratungen mit einführen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Im Gegensatz zu anderen aufgebauschten Fragen ist das eine echte Frage des Rechtsstaats!)

— Das ist eine Frage, die wir zu prüfen haben werden. Wir werden sehen, ob andere Fragen aufgebauscht sind, wie Sie meinen, oder ob da nicht auch unsere gemeinsamen Beratungen ergeben, daß wir vernünftige Mittelwege gehen können, solange wir nur bei dem bleiben, was hier rhetorisch so gern betont wird, daß wir nämlich im Grunde doch einig sind.
Solange Sie alle in Ihren Darlegungen in der breiteren Öffentlichkeit, hier im Hause und in den Ausschüssen — da ist das sowieso nicht so problematisch — bei der sachlichen Art bleiben, die Sie im zweiten Teil der heutigen Diskussion an den Tag gelegt haben, ist mir um die wirklich gemeinsame Grundlage gar nicht bange, und dann können wir uns auch nicht an Einzelfragen zerstreiten. Das hat allerdings für die Opposition auch die aus der Sicht einiger ihrer Mitglieder unangenehme Folge, daß sie nicht den ganzen Wahlkampf hindurch durch die Lande ziehen und politische Gegner, die es mit unserer Demokratie und unserem Rechtsstaat genauso ernst meinen, verdächtigen und verunglimpfen kann.

(Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

Das ist die für Sie bedauerliche Konsequenz aus dieser von Ihnen gewünschten gemeinsamen Arbeit, die wir jetzt aufnehmen wollen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0721309400
Meine Damen und Herren, das Wort wird nicht mehr gewünscht.
Wir kommen zur Überweisung beider Gesetzentwürfe. Aus der Tagesordnung ersehen Sie die Vorschläge des Ältestenrats. Wer mit ihnen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ist so beschlossen.
Auf Grund interfraktioneller Vereinbarung wird Punkt 8 — Jugendarbeitsschutzgesetz — auf die nächste Woche vertagt.
Damit sind wir am Ende unserer heutigen Sitzung. Ich berufe das Haus auf Mittwoch, den 21. Januar 1976, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.