Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, einziger Punkt der Tagesordnung ist heute nur die
Fragestunde
— Drucksache 7/4069 —Die restlichen Fragen 61 bis 63 des Herrn Abgeordneten Dr.-Ing. Oetting und der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich komme damit zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Herr Staatssekretär Schüler steht dem Hause zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 72 des Abgeordneten Gansel auf:
War der damalige Chef des Bundeskanzleramts, Staatssekretär Prof. Dr. Carstens, davon unterrichtet, daß der Bundesnachrichtendienst Ende der 60er Jahre — insbesondere 1968 und 1969 — mit der Firma Dobbertin, Hamburg, oder anderen Firmen zusammenarbeitete?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich die beiden Fragen 72 und 73 im Zusammenhang beantworten könnte.
Keine Bedenken? — Dann rufe ich auch die Frage 73 des Abgeordneten Gansel auf:
Hatte der damalige Chef des Bundeskanzleramts, Staatssekretär Prof. Dr. Carstens, Kenntnis von personellen Verbindungen zwischen dem Bundesnachrichtendienst und derartigen Firmen, und gab er hierzu seine Zustimmung?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich bitte um Ihr Verständnis, daß ich in meiner Antwort keine Auskunft geben kann, soweit sich die Fragen auf bestimmte Firmen beziehen. Ich kann Ihre Fragen aber allgemein insoweit mit Ja beantworten, als sich aus den Akten des Bundeskanzleramtes ergibt, daß Herr Professor Carstens im Frühjahr 1969 als damaliger Chef des Bundeskanzleramtes einem Vorschlag des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes zugestimmt hat, einen Mitarbeiter des Dienstes von seiner dortigen Tätigkeit zu beurlauben, um in einer Gesellschaft in leitender Funktion tätig zu werden. Uber die Gründe, die den Bundesnachrichtendienst zu dieser Maßnahme veranlaßt haben, war Professor Carstens vom Präsidenten des Dienstes unterrichtet worden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung keine Auskunft geben kann, kann sie dann wenigstens Pressemeldungen dementieren — wie sie z. B. im „Express" vom 4. Juli 1975 gestanden haben —, daß mit Wissen und Billigung von Herrn Carstens der Hamburger Waffenhandelsfirma Dobbertin ein hoher BND-Mann zur Verfügung gestellt worden ist?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich möchte bei meiner Feststellung bleiben, daß ich Fragen, soweit sie Einzelfirmen betreffen, nicht beantworte.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn Sie über diesen Aspekt im Parlament nicht Auskunft geben können: Ist dieser Komplex dann in anderen Gremien erörtert worden?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Dieser Komplex ist in Ausführlichkeit in dem dafür zuständigen Gremium behandelt worden, nämlich dem Parlamentarischen Vertrauensmännergremium. Wenn ich es recht in Erinnerung habe, in dessen Sitzung am 20. Mai dieses Jahres.
Eine dritte Zusatzfrage.
Auf wessen Initiative ist dieser Komplex im Vertrauensmännergremium erörtert worden?
Metadaten/Kopzeile:
13248 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975
Dr. Schüler, Staatssekretär: Auf Initiative des Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Herr Abgeordneter.
Eine letzte Zusatzfrage.
Hat der Vorsitzende der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Herr Cartens — ich stelle diese Frage, weil das im Zusammenhang mit dem Vertrauensmännergremium von Interesse sein könnte —, Einsicht in die Akten des Bundeskanzleramtes bezüglich dieses Komplexes genommen, und, wenn ja, wann hat er das getan?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Professor Carstens hat auf Wunsch zweimal Einblick in Akten des Bundeskanzleramtes erbeten und auch erhalten, und zwar am 24. März und am 27. Juni dieses Jahres, zu einem Komplex, der nicht identisch ist mit dem Komplex, der Ihrer Fragestellung zugrunde liegt, der sich aber insgesamt auf diesen Bereich erstreckt. Es ging da im wesentlichen um das, was vor einigen Monaten Gegenstand der Fragestunde war.
Herr Abgeordneter Gerster!
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie an Ihrer Aussage aus der 164. Sitzung des Bundestages am 17. April 1975 festhalten wollen, als Sie zu dem Komplex „Beteiligung des BND an Waffengeschäften" speziell folgendes ausgeführt haben, was ich mit Genehmigung des Präsidenten hier wiederholen darf:
Ich habe weiter ausgeführt, ... daß sich aus den schriftlichen Unterlagen des Bundeskanzleramtes aber nicht ergibt, daß er
— gemeint war Herr Professor Carstens — davon gewußt hat.
Dr. Schüler, Staatssekretär: Daran möchte ich nicht festhalten, Herr Abgeordneter. Es ist vielmehr so, daß der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Herrn Professor Carstens damals mündlich darüber unterichtet hat, daß ein Mitarbeiter des Dienstes für eine Tätigkeit in einer Gesellschaft beurlaubt werden sollte. Dies ergibt sich aus Mitteilungen, die der Präsident des Dienstes in der Zwischenzeit gemacht hat und die Eingang in die Akten des Bundeskanzleramtes gefunden haben. Insofern ist die Voraussetzung eine etwas andere als zu der Zeit, in der ich diese Frage beantwortet habe.
Herr Abgeordneter Jäger !
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die Frage des Kollegen Gansel nahezu identisch ist mit dem Wortlaut des Beweisbeschlusses eines Gerichts, vor dem ein Rechtsstreit zwischen Herrn Professor Carstens und dem Herrn Abgeordneten Metzger stattfindet, und hält die Bundesregierung eine Befragung und Auskunfterteilung in einer Angelegenheit, die im Augenblick Gegenstand eines solchen Rechtsstreits ist, nicht für einen Eingriff in ein schwebendes gerichtliches Verfahren?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich habe diesen Beweisbeschluß heute morgen auf Grund eines Schriftwechsels zwischen der Frau Präsidentin und dem Herrn Abgeordneten Dr. Jenninger zum erstenmal gesehen. Ich sehe keine Beeinträchtigung des Verfahrens, wenn ich die Fragen so beantworte, wie ich dies hier tue. Sonst hätten im Laufe dieser letzten 16 Monate hier im Parlament viele Fragen, die auch im Zusammenhang mit laufenden Prozessen standen, nicht beantwortet werden dürfen.
Im übrigen ist es nicht Sache der Bundesregierung, die Zulässigkeit von Fragen zu beurteilen. Es ist Sache der Bundesregierung, zu entscheiden, ob sie diese Fragen beantworten will.
Herr Abgeordneter Hansen!
Herr Staatssekretär, kann man, wenn man davon ausgeht, daß ein Beurlaubter weiterhin Angehöriger des Dienstes bleibt, daraus folgern, daß er, wenn er in einer Gesellschaft tätig wird, diese Tätigkeit für den Dienst oder im Auftrag des Dienstes ausübt?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Ich habe ausgeführt, daß er zur Tätigkeit in einer Firma beurlaubt worden ist. Nähere Einzelheiten möchte ich dazu nicht ausführen; dies ist in dem Gremium geschehen, das hier schon genannt worden ist.
Herr Abgeordneter Reddemann!
Herr Staatssekretär, ist die Firma, deren Namen Sie hier verständlicherweise nicht nennen wollen, ein Unternehmen des Bundesnachrichtendienstes gewesen, oder handelt es sich nicht um eine völlig vom Dienst getrennte Firma, so daß der Bundesnachrichtendienst selbst überhaupt keine Waffengeschäfte betrieben hat?Dr. Schüler, Staatssekretär: Es ist hier von mir nicht behauptet worden, Herr Abgeordneter, daß der BND Waffengeschäfte betrieben hat; es ist immer von einer Beteiligung die Rede gewesen. Einzelheiten möchte ich in das Gremium verweisen, das hier wiederholt angesprochen worden ist.
— Ich kann Ihre Frage insoweit beantworten, alsich Ihnen bestätige, daß dies keine Firma im Eigentum des BND gewesen ist. Aber das spielt, glaube
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975 13249
Staatssekretär Dr. Schülerich, für die hier zugrunde liegende Fragestellung keine Rolle, weil es sehr wohl sein kann, daß zwar keine eigentumsmäßige Verflechtung, aber trotzdem ein gewisser Zusammenhang mit dem Zustandekommen und der Aufrechterhaltung einer derartigen Gesellschaft besteht.
Herr Abgeordneter Spranger!
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß in dem eben erwähnten Prozeß Herr Metzger seit Wochen einem Beweisbeschluß nicht nachkommt, und fürchtet die Bundesregierung nicht, durch eine Stellungnahme zur Frage des Herrn Gansel hier nun massive Prozeßhilfe leisten zu sollen?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Diese Befürchtung habe ich nicht, Herr Abgeordneter. Die Bundesregierung wird den Vorgang dann prüfen, wenn ihr eine entsprechende Mitteilung des Gerichts vorliegt. Es ist nicht Sache der Bundesregierung, zu
laufenden Prozessen und zum Verhalten von Prozeßbeteiligten Stellung zu nehmen.
Ich darf aber noch etwas hinzufügen als Begründung dafür, daß ich die Frage hier so beantwortet habe, wie ich das getan habe, nämlich im Hinblick auf meine Verantwortung für die Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes, um hier nicht den falschen Eindruck zu erwecken, als gingen die Vorgänge, die hier zur Debatte stehen, zu Lasten der Mitarbeiter des BND,
als handelte es sich dabei um Eigenmächtigkeiten des BND. Der Dienst kann nicht für Vorgänge verantwortlich gemacht werden, die mit ausdrücklicher Zustimmung der Dienstaufsicht geschehen. Die Dienstaufsicht führt bekanntlich der Chef des Bundeskanzleramtes. Das war auch schon 1968 und 1969 und früher so.
Hierzu scheint keine Zusatzfrage mehr gestellt zu werden, so daß wir zur Frage 74 des Abgeordneten Reuschenbach kommen können.
— Bitte sehr! Ich möchte Sie nur bitten, sich in Zukunft an das Mikrophon zu stellen, wie es die
Kollegen tun. Dann kann ich das besser übersehen.
Herr Staatssekretär, mich interessiert, ob Sie bzw. die Bundesregierung, als Sie dem ehemaligen Staatssekretär die Einsicht in die Akten gewährten und dies genehmigten, wußten, daß der Inhalt in einem schon begonnenen oder demnächst beginnenden Rechtsstreit eine Rolle spielen könnte.
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, diese Annahme ist zutreffend. Wir haben Akteneinsicht in Vorgänge gewährt, die zur Amtszeit von Herrn Professor Carstens entstanden sind. Dies ist ein übliches und, wie ich meine, auch zulässiges Verfahren. Ich gebe Ihnen allerdings zu, daß die Bundesregierung, wenn man dies vor dem Hintergrund der Weiterführung eines Prozesses sieht, demnächst vielleicht in stärkerem Maße als bisher Gesichtspunkte der Waffengleichheit in diesem Prozeß beachten müßte und daß aus diesem Gesichtspunkt möglicherweise gewisse Grenzen gesetzt sind.
Ich komme dann zu den Fragen 74 und 75 des Abgeordneten Reuschenbach.
Ist es zutreffend, daß die Firma Dobbertin, Hamburg, oder andere Firmen Ende der 60er Jahre — insbesondere 1968 und 1969 — mit dein Bundesminister zusammenarbeiteten?
Ist es richtig, daß ehemalige oder beurlaubte Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes in derartigen Firmen tätig waren?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Präsident, ich darf davon ausgehen, daß ich mit den Antworten auf die Fragen 72 und 73 auch die Fragen 74 und 75 beantwortet habe.
Dann kommen wir zu den Zusatzfragen, die Sie noch stellen wollen, Herr Abgeordneter Reuschenbach.
Herr Staatssekretär, gibt es denn über den Vorgang, über den Sie hier berichtet haben und auf den sich durchaus auch meine Fragen beziehen, Unterlagen, Akten im Bundeskanzleramt, aus denen solch eine Kooperation hervorgeht?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Derartige Unterlagen gibt es, Herr Abgeordneter. Sie sind allerdings primär nach der Amtszeit von Professor Carstens zu einem Zeitpunkt entstanden, als diese Vorgänge vom Dienst und vom Bundeskanzleramt untersucht wurden.
Eine zweite Zusatzfrage.
An eine vorhergehende Antwort, die lautete, daß der ehemalige Chef des Bundeskanzleramtes an der Beurlaubung jenes oder jener Mitarbeiter des BND, die dann in solchen Firmen tätig geworden sind, mitgewirkt habe, möchte ich die Frage anschließen, ob es üblich oder außergewöhnlich war und ist, daß für die Beurlaubung solcher Mitarbeiter des BND die Entscheidung des für den BND zuständigen Staatssekretärs bemüht werden mußte.Dr. Schüler, Staatssekretär: Ich würde dies für ein angemessenes Verfahren halten, daß in einer der-
Metadaten/Kopzeile:
13250 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975
Staatssekretär Dr. Schülerartigen Angelegenheit der dienstaufsichtführende Chef des Bundeskanzleramtes entscheidet.
Keine Zusatzfrage mehr? — Dann kommt Herr Abgeordneter Hansen zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann man besonders aus Ihrer letzten Antwort auf die Frage meines Kollegen Reuschenbach schließen, daß der betreffende Bedienstete damals von Herrn Professor Carstens zum Zwecke der Tätigkeit in dieser Firma beurlaubt worden ist?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Das habe ich hier ausgeführt, Herr Abgeordneter.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Spranger.
Herr Staatssekretär, halten Sie es überhaupt für sachlich vertretbar, in diesem Fall von einer Zusammenarbeit zwischen BND und dieser Firma zu sprechen, oder wäre es nicht angemessener, hier von der Wahrnehmung einer legitimen Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes durch diesen Angestellten der Firma zu sprechen?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Art und Weise, wie sich diese Zusammenarbeit abgespielt hat, und die Zielsetzung, die dabei zugrunde lag, rechtfertigen das, was ich hier ausgeführt habe. Einzelheiten möchte ich hier nicht erwähnen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gansel.
Herr Staatssekretär, gehört die Abstellung eines hohen Beamten des Bundesnachrichtendienstes zu einer Privatfirma, die mit Waffenhandel beschäftigt ist, zu den Routinearbeiten eines Staatssekretärs im Bundeskanzleramt oder ist das ein aus der Routine herausfallender Vorgang, der normalerweise länger erinnerlich ist?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Ich will einen solchen Vorgang nicht mit jenen Kategorien umschreiben, wie Sie sie gewählt haben, Herr Abgeordneter. Ich meine, daß der Präsident recht daran tut, einen solchen Vorgang dem Chef des Bundeskanzleramts zur Zustimmung vorzulegen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger .
Herr Staatssekretär, da Sie sich über die Motive, die einer solchen Beurlaubung zugrunde lagen, nicht ausgelassen haben, möchte ich Sie fragen: Hat die Bundesregierung konkrete Anhaltspunkte dafür, daß es andere Motive gegeben hat als diejenigen, die der Überwachung von Waffengeschäften dienten und die zu den legitimen Aufgaben des Nachrichtendienstes gehören dürften?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die Beantwortung dieser Frage würde voraussetzen, daß ich hier in die Einzelheiten gehe. Ich betone zum wiederholten Male, daß ich das nicht tun möchte. Ich würde der Meinung sein, daß die Beobachtung von Waffengeschäften eine legitime Aufgabe des Dienstes ist.
— Ich möchte diese Frage klar mit Ja beantworten. Eine davon völlig verschiedene Frage ist es, ob man sich derartiger personeller Verflechtungen bedienen muß, die dann auch dazu führen können, daß die Tätigkeit weit über die Beobachtung von Waffengeschäften hinausgeht.
Im übrigen habe ich hier nicht kritisiert, daß diese Entscheidung damals so gefallen ist. Es wäre deshalb nur konsequent, wenn sich der damalige Chef des Bundeskanzleramtes — nicht zuletzt im Hinblick auf den BND — dazu auch bekennen würde. Das ist eine politische Entscheidung, die Sache des jeweiligen Chefs des Bundeskanzleramtes ist.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Reddemann.
Herr Staatssekretär, da Sie zu diesem ganzen Komplex immer nur in einigen Punkten aussagen und in anderen schwer kontrollierbare Deutungen geben, möchte ich Sie fragen, ob es nicht zweckmäßiger wäre, zu einem solchen Thema dann überhaupt nichts zu sagen, als in die Öffentlichkeit Deutungen zu lancieren, die unberechtigterweise den Vorsitzenden der Oppositionsfraktion in ein schiefes Licht bringen könnten?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß ich das mit meinen Antworten bewirkt habe. Ich beantworte hier pflichtgemäß Fragen, die Angehörige dieses Hauses stellen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster.
Herr Staatssekretär, da Sie — wie auch der Präsident des Bundesnachrichtendienstes — ausgeführt haben, daß die Aufklärung von Waffenhandel natürlich zum Auftrag eines Auslandsnachrichtendienstes gehört, frage ich Sie, ob Sie mir darin recht geben, daß der BND dann natürlich auch Kontakte zu Firmen unterhalten muß bzw. in Wahrnehmung dieses Auftrags bestimmte Personen beauftragen muß?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975 13251
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich glaube, daß Ihre Prämisse unrichtig ist und daß die Aufgabenstellung und die Zielsetzung, die man mit dieser Maßnahme verbunden hat, etwas weiter gingen.Aber ich bitte Sie, mir nachzusehen, daß ich davon absehen möchte, diesen Komplex hier vertieft zu erörtern. Das ist in dem dafür vorgesehenen Gremium geschehen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Haase .
Herr Staatssekretär, sagen Sie mir bitte, ob der Bundesnachrichtendienst zur Erfüllung seines Erkundungsauftrages auch heute noch die Mithilfe von Firmen privaten Rechts in Anspruch nimmt.
Dr. Schüler, Staatssekretär: Nein.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pohlmann.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß der Inhaber der Firma den BND-Mitarbeiter überhaupt nicht kannte? Wenn das richtig ist, ist es dann nicht unzulässig, von einer Zusammenarbeit zu sprechen?
Dr. Schüler, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, Sie heben auf eine bestimmte Einzelfirma ab. Ich habe hier erklärt, daß ich zu Vorgängen, die Einzelfirmen betreffen, keine Ausführungen mache.
Ich kann den Herren, die bereits Fragen gestellt haben, nicht die Möglichkeit zu neuen Fragen geben. Herr Abgeordneter, wenn Sie sich setzen, verzichten Sie damit auf alle Ihnen zustehenden weiteren Fragen. Ich habe insbesondere Herrn Abgeordneten Reuschenbach ausdrücklich gefragt, ob er noch ein Frage stellen will. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär für die Beantwortung.
Trifft die Pressemeldung zu, wonach die Mittel für das Presse- und Bundesregierung der und der verschiedenen Ressorts aufgestockt werden sollen, um beispielsweise die Wähler auf Kosten der Steuerzahler davon zu überzeugen, daß die deutsche Arbeitslosigkeit der weltweiten Rezession zuzuschreiben ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Müller, eine Pressemitteilung dieses Inhalts, von der Sie in Ihrer Frage sprechen, ist nicht zutreffend. Zusätzliche Mittel für die Information der Bürger unseres Landes über wichtige Schwerpunkte der Arbeit der Bundesregierung wurden nur in einigen Fällen durch Aufstockung der Mittel für Öffentlichkeitsarbeit gewonnen. Im wesentlichen sind aus praktischer Notwendigkeit Mittel innerhalb der Ressorts umgeschichtet worden. Diese Umschichtungen, Herr Abgeordneter, kosten den Steuerzahler keinen Pfennig. Aufstockungen in größerem Umfang sind aus sachlichen Erfordernissen lediglich beim Auswärtigen Amt, beim Bundesministerium der Justiz, beim Bundesministerium für Verkehr und beim Presse- und Informationsamt vorgenommen worden.
Was die Mittelerhöhungen für das Presse- und Informationsamt anlangt, so möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß die sogenannten operativen Inlandstitel des Presse- und Informationsamtes in der Zeit zwischen 1965 und 1975 überhaupt nicht angehoben worden sind. Die letzte, und zwar beträchtliche Aufstockung dieser Mittel um 40 % erfolgte unter Bundeskanzler Erhard im Jahre 1965. Das war eine Aufstockung — in Zahlen ausgedrückt von 13 Millionen DM auf 18 Millionen DM.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller .
Herr Staatssekretär, wenn Sie hier vorgetragen haben, daß diese Aufstockungen den Steuerzahler keinen Pfennig kosten, dann möchte ich Sie fragen, wer denn für diese Mittel aufkommt.
Bölling, Staatssekretär: Ich könnte mir vorstellen, Herr Abgeordneter Müller, daß Sie den Wunsch verspüren, daß die Bundesregierung ihre notwendige Öffentlichkeitsarbeit, die ja seit Bestehen dieses Staates geleistet worden ist und aus guten Gründen geleistet werden mußte, gleichsam im Armenrecht vollzieht. Aber es gibt hier Notwendigkeiten, die sicherlich auch von Ihnen anerkannt werden. Ich habe in meiner Antwort ausgeführt, daß es hier im wesentlichen um eine Umschichtung ging, um solchen Ressorts mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, die für die Darstellung von für alle Bürger wichtigen Projekten solche Mittel brauchen.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller .
Herr Staatssekretär, Sie haben dennoch nicht in Abrede gestellt, daß aufgestockt worden ist. Wäre es nicht gerade im Rahmen des Sparprogramms der Bundesregierung und des gewaltigen Schuldenanstiegs viel richtiger gewesen, im Rahmen dieser Maßnahmen die Mittel zu senken?
Bölling, Staatssekretär: Ich möchte Ihnen vorab antworten, Herr Abgeordneter, daß die Steigerungsrate bei uns unter der Steigerungsrate für den Bundeshaushalt überhaupt liegt, nämlich unter 4 %. Im übrigen gehe ich davon aus, daß auch Sie als Ange-
Staatssekretär Bölling
höriger der Opposition anerkennen werden, daß es eine ganze Reihe von Gesetzen und anderen Maßnahmen einer Bundesregierung gibt, die, damit alle Bürger urteilsfähig sind, dargestellt werden müssen, und zwar in allen wichtigen Einzelheiten.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hupka.
Herr Staatssekretär, Sie haben von Umschichtungen gesprochen. Ist es nicht so, daß das für den Außenstehenden — vielleicht aus sehr durchsichtigen Gründen — sehr nach Kosmetik aussieht, um es dem Bürger noch undurchsichtiger zu machen, als es ohnehin schon ist?
Bölling, Staatssekretär: Das glaube ich nicht, Herr Abgeordneter Hupka. Sie werden sicherlich einräumen, daß es z. B. sehr viele gute Gründe dafür gibt, daß dem Bundesminister der Justiz Mittel gegeben werden, damit er z. B. das sicherlich nicht für jeden Bürger sofort in allen wichtigen Einzelheiten begreifliche neue Ehe- und Familienrecht erläutert. Dies ist eine geradezu klassische Aufgabe sachlicher Informationspolitik.
Ich darf auf ein anderes Beispiel verweisen. Auch im Geschäftsbereich des Bundesaußenministers, der jetzt Mittel erhalten wird, gibt es eine Reihe von Aufgaben, wo ein staatspolitisches Interesse sicherlich unabweisbar ist und wo niemand argwöhnen kann, es gehe um die Selbstdarstellung
des Ministers, der hier zuständig ist.
Herr Abgeordneter KrollSchlüter!
Herr Staatssekretär, in absoluten Zahlen: Um wieviel Millionen D-Mark erhöht die Bundesregierung die Mittel für die nach ihrer Meinung notwendige, ausgewogene, staatspolitische, präzise Information der Bundesbürger?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, die zusätzlichen Mittel des Bundespresseamtes betragen 2,8 Millionen DM.
Insgesamt vermehren sich die Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit dieser Regierung um 3,85 Millionen DM.
Herr Abgeordneter Gerster ist der nächste.
Herr Staatssekretär, halten Sie es denn für vertretbar, wenn der Bürger mit Steuermitteln darüber aufgeklärt werden soll, daß die Schuld für die derzeitige Wirtschaftslage und Arbeitslosigkeit etwa in der weltweiten Rezession liegt, bzw. wenn das die Aufgabe ist, wäre es dann nicht die Aufgabe einer wahrheitsgetreuen Schilderung der derzeitigen Lage, wenn auch das Verschulden der Bundesregierung an diesen Arbeitslosen gleichzeitig mit dargestellt würde?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, Sie werden mir in keinem Falle nachweisen können, daß diese Regierung im Sinne Ihrer Fragestellung propagandistische Anzeigen oder andere Publikationen auf den Markt gebracht hat.
Diese Bundesregierung geht nämlich davon aus, daß der urteilsfähige Bürger solche Anzeigen nach Potemkinschem Muster durchschauen würde. Deshalb werden wir dafür auch künftig keine Steuermittel ausgeben.
Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Haase .
Herr Staatssekretär, sind im letzten Jahr Mittel aus dem Auslandstitel Ihres Einzelplans in den Inlandstitel verlagert worden, bzw. beabsichtigen Sie, für das laufende bzw. für das kommende Haushaltsjahr eine solche Mittelverlagerung zu bewirken?
Bölling, Staatssekretär: Ich glaube, daß wir mit den so aufgestockten Mitteln für den Inlandstitel das, was unsere Aufgabe ist, informationspolitisch zu leisten, durchaus leisten können.
Sie haben keine zweite Zusatzfrage. — Herr Abgeordneter Dr. Czaja!
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin ausgeführt, daß dem Auswärtigen Amt im staatspolitischen Interesse erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen. Werden diese Mittel zur Verfügung gestellt, um die Verletzung der Menschenrechte und der Grundrechte Deutscher im Ausland zu dokumentieren, was ja Aufgabe des Auswärtigen Amtes ist, oder werden sie verwendet, um im Inland Dokumentationen oder Ausführungen zu machen?Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Czaja, zu der Thematik, auf die Sie hier anspielen, hat sich die Bundesregierung bei vielen Gelegenheiten klipp und klar geäußert. Im übrigen geht es nicht darum, dem Auswärtigen Amt Mittel zur Verfügung
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975 13253
Staatssekretär Böllingzu stellen, die auch nur von Ferne für propagandistische Zwecke eingesetzt werden sollen.Aber Sie werden mir vielleicht einräumen, daß es eine Notwendigkeit gibt, dem Bürger in unserem Lande bestimmte außenpolitische Vorgänge durchsichtig zu machen. Ich denke da z. B. an die Abkommen, die demnächst in diesem Hohen Hause zur Ratifizierung anstehen.
Herr Abgeordneter Reddemann!
Herr Staatssekretär, ich komme auf Ihre letzte Antwort zurück: Heißt das, daß die 1,9 Millionen DM, die man dem Auswärtigen Amt zusätzlich gibt, dazu dienen sollen, der Bevölkerung klarzumachen, daß die Bundesrepublik an Polen einen Kredit in Höhe von 1 Milliarde DM zu zahlen hat und dafür nach den Auskünften der Bundesregierung noch 950 Millionen DM Zinsen zahlen wird?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich glaube, es gehört zu den legitimen Aufgaben der Bundesregierung, die Materie so darzustellen, daß allen Bürgern dieses Landes klar wird, daß mit dem Kredit auch ein wesentlicher Schritt zur Aussöhnung mit der polnischen Republik getan worden ist und man diesen Kredit nicht als einen solchen im kaufmännischen Sinne anzusehen hat.
Herr Abgeordneter Schwörer, wünschen auch Sie eine Frage zu stellen? — Bitte!
Herr Staatssekretär, Sie haben davon gesprochen, daß die Umdispositionen aus praktischen Gründen erfolgen. Könnte sich die Bundesregierung angesichts des Exportrückgangs, der ja nach Äußerungen des Bundeskanzlers an unserer Krise schuld ist, nicht vorstellen, daß auch Mittel eingesetzt werden müßten, um Werbung für deutsche Waren im Ausland zu machen?
Bölling, Staatssekretär: Ich glaube nicht, Herr Abgeordneter Schwörer, daß dies eine Aufgabe der Bundesregierung ist. Es ist eine Aufgabe, die bisher immer von der Wirtschaft geleistet worden ist. Ich glaube nicht, daß es den Unternehmern lieb wäre, wenn sich die Bundesregierung hier als Werbeagentur betätigte.
Ich rufe die Frage 77 des Abgeordneten Müller auf:
Trifft es ferner zu, daß z. B. Mittel, die für Aktionen zur Forderung der Verkehrssicherheit und der allgemeinen Verbraucheraufklärung vorgesehen waren, nun für Propaganda für die Bundesregierung Verwendung finden sollen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Müller, ich darf Ihre zweite Frage wie folgt beantworten.
Ich weise darauf hin — das hat schon eben eine Rolle gespielt —: Diese Regierung wird die Mittel, die ihr für die Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stehen, nicht für Propaganda ausgeben, weil sie davon ausgeht, daß unser Volk so urteilsfähig und kritisch ist, daß jede propagandistische Unternehmung für die Katz wäre; denn sie würde von den Bürgern durchschaut. Nach dem Auftrag des Haushaltsgesetzes hat sie die Bevölkerung über ihre Arbeit allerdings sehr konkret zu informieren.
Es ist also, wie ich schon in meiner ersten Antwort sagen konnte, eine Umschichtung der Mittel erfolgt. Dabei sind die Mittel für Aufklärungs- und Erziehungsmaßnahmen zur Bekämpfung von Verkehrsunfällen — z. B. die Aktion für das Anlegen von Sicherheitsgurten und gegen Alkohol am Steuer —, die von 6 Millionen DM im Jahre 1973 auf 20 Millionen DM im Jahre 1974 und ebenfalls 1975 außerordentlich gesteigert worden sind, im Haushalt 1976 mit 16 Millionen DM vorgesehen.
Der von Ihnen angesprochene Titel für die Verbraucheraufklärung im Ernährungsbereich ist von rund 4,4 Millionen DM im Jahre 1973 auf 6,7 Millionen DM im Jahre 1975 erhöht worden. Gegenüber 1975 wird er im Haushalt des kommenden Jahres um weitere 300 000 DM zunehmen.
Anders, als Sie offenbar vermuten, Herr Abgeordneter Müller, geht aus dieser Tatsache hervor, daß die Bundesregierung die im Interesse der Verbraucher liegende Aufklärung auch in Zukunft für eine wesentliche Aufgabe hält.
Herr Abgeordneter Müller zu einer Zusatzfrage.
Aus Ihrer Antwort kann ich entnehmen, daß zumindest Mittel aus dem Ansatz für die Förderung der Verkehrssicherheit entnommen sind. Muß ich daraus schließen, daß die Bundesregierung die Erhaltung ihrer Macht über den nächsten Wahltag hinaus höher einschätzt als beispielsweise die Förderung der Verkehrssicherheit?
Bölling, Staatssekretär: Nein, dieser Schluß wäre von der Sache her, Herr Abgeordneter Müller, sicher überhaupt nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil, die Bundesregierung und das zuständige Ressort können mit Genugtuung darauf hinweisen, daß z. B. die — was die Kosten angeht — zweifellos recht voluminöse Aktion für das Anlegen von Sicherheitsgurten das Verkehrsverhalten sehr vieler Bürger in diesem Land, die anfänglich recht zögerlich waren, die Sicherheitsgurte überhaupt zu benutzen, in sehr positiver Weise beeinflußt hat.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller .
Metadaten/Kopzeile:
13254 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht meine Auffassung, daß der, wie Sie sagten, urteilsfähige, sehr häufig als mündig zitierte Bürger bei einer allzu massiven Regierungspropaganda nach dem Motto: man merkt die Absicht und ist verstimmt, leicht zur Staatsverdrossenheit kommen könnte?
Bölling, Staatssekretär: Ich glaube nicht, Herr Abgeordneter Müller, daß die von mir soeben beschriebene Aktion, die für das Anlegen von Sicherheitsgurten wirbt, auch nur von ferne irgend jemanden zur Staatsverdrossenheit verleiten könnte. Im Gegenteil! Die Intensität dieser — —
— Ich weiß nicht, worauf Sie konkret abheben. Wir haben keine Öffentlichkeitsarbeit durch Anzeigen oder andere Mittel mit einer derartig mißverständlichen Zielsetzung geleistet. Sie müßten mir bitte schon genau sagen, was Sie da im Sinn haben.
Nunmehr kommt der Abgeordnete Gerster mit einer Zusatzfrage zum Zuge.
Herr Staatssekretär, wenn die Mittel für das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung nicht für Propagandazwecke, sondern zur Sachaufklärung verwandt werden, können Sie mir dann sagen, warum in den farbenprächtigen Broschüren der Bundesregierung der jeweilige Bundesminister alle zwei, drei Seiten in allen möglichen Lebenslagen auftaucht, wo der mündige Bürger doch sicherlich schon bei einem Bild erkennen könnte, wer der zuständige Bundesminister ist?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Gerster, solche Broschüren müssen anschaulich sein.
Seit es Öffentlichkeitsarbeit gibt, ist immer — und ich finde dies völlig in Ordnung —
der wichtige Werbeaspekt beachtet worden, daß man denjenigen, der die Verantwortung trägt, z. B. im Gespräch mit dieser oder jener Gruppe der Bevölkerung, um die er sich zu kümmern hat, auch in Aktion zeigt.
Als nächster Herr Abgeordneter Kroll-Schlüter. — Es ist noch eine ganze Reihe.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, wenn ich sage, daß die Mittel für die Information der Bundesregierung erhöht und die Mittel zur Förderung der Verkehrssicherheitsaktion gesenkt worden sind?
Bölling, Staatssekretär: Es sind nach wie vor soviel Mittel vorhanden, daß alle notwendigen informationspolitischen Aufgaben geleistet werden können.
Sie haben keine weitere Bemerkung zu machen. Aber der Abgeordnete Reddemann hat jetzt eine Frage.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie leider keine konkreten Zahlen nennen und immer ein bißchen um den heißen Brei reden, darf ich Sie fragen: Trifft es zu, daß in dem jetzigen Haushaltsentwurf der Bundesregierung 3 Millionen DM, die ursprünglich für notwendig gehalten wurden, um Aufklärungsarbeit und Erziehungsmaßnahmen zur Verkehrssicherheit zu fördern, jetzt in den allgemeinen Propagandatopf des Bundespresseamtes geworfen werden? Trifft es zu, daß weitere 300 000 DM, die vorgesehen waren, um Informationen über den Umweltschutz zu bieten, ebenfalls herausgenommen wurden, daß man 1 Million DM für die Verbraucheraufklärung gestrichen hat und daß 200 000 DM, die zur Unterrichtung alter Menschen dienen sollten, ebenfalls in einen anderen Topf umgeschichtet werden, und zwar, um die Ursachen der Rezession, die wir im Augenblick haben, so zu klären, wie es die Bundesregierung für richtig hält?
Herr Abgeordneter Reddemann, vielleicht überlegen Sie einmal, ob Ihre Zusatzfrage der Vorschrift entspricht, daß solche Fragen kurz sein sollen.
— Ich muß noch etwas sagen, Herr Abgeordneter Reddemann: Sie können über die Antwort des Herrn Staatssekretärs Ihre Meinung haben, aber Sie haben in der Fragestunde die Antworten des Herrn Staatssekretärs nicht zu kritisieren, sondern entgegenzunehmen. Die weitere Verwertung ist eine andere Angelegenheit.
Herr Staatssekretär!
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Reddemann, Sie sind, wie mir bekannt ist, im Besitz eines Papiers, das richtig die Zahlen ausweist, die am Ende einer Diskussion zum Zwecke einer sinnvollen Umschichtung fixiert worden sind.
Die Zahlen, von denen Sie, Herr Abgeordneter, ausgehen und aus denen Sie ableiten, daß in einer, wie Sie unterstellen, unsachlichen Motivierung Reduzierungen vorgenommen worden sind, waren die Wünsche der Ressorts. Es ist Ihnen aber mindestens so gut bekannt wie mir, daß dort zunächst Vorstel-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975 13255
Staatssekretär Böllinglungen zu Papier gebracht werden, über die dann später gesprochen werden wird. Die Ansätze, die jetzt für 1976 im Kabinett geklärt worden sind, werden in jedem Falle, auch was den Titel für die Unterrichtung älterer Menschen anlangt, für diese Zwecke angemessen sein.Im übrigen — um bei diesem Titel zu bleiben, Herr Abgeordneter — hat das Ministerium von Frau Focke auch die Möglichkeit, wenn die Notwendigkeit besteht, gerade für diesen Zweck mehr Gelder einzusetzen, durch eine interne Umschichtung Mittel aus anderen Titeln.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl.
Herr Staatssekretär, da aus den Zusatzfragen der Opposition doch wohl ersichtlich ist, daß der Wissensstand der Opposition nicht sehr groß ist, frage ich Sie: Wäre es nicht zweckmäßig, daß die Bundesregierung zur Verdeutlichung ihrer Politik in der Öffentlichkeit, wenn die Opposition in diesem Hause dies nicht wahrnehmen will,
und ordentliche Broschüren drucken läßt, um die Bevölkerung tatsächlich besser zu informieren?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich kann mit Genugtuung berichten, daß eine ganze Reihe von Broschüren, die von unserem Hause veröffentlicht worden sind,
nicht nur den Beifall der Angehörigen Ihrer Seite des Hauses gefunden haben, sondern daß eine ganze Reihe von Oppositionsabgeordneten mir bestätigt haben, daß z. B. eine Arbeitnehmerfibel, die wir gemacht haben, genau der Zielsetzung der Öffentlichkeitsarbeit entspricht, die auch diese Angehörigen der Opposition für richtig halten.
Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg!
Herr Staatssekretär, da Sie eben zu Recht betont haben, daß Öffentlichkeitsarbeit anschaulich sein muß, darf ich fragen, ob die Vermutung richtig ist, daß die Formu1ierung „den Aufschwung wählen" im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung gefunden wurde, eine Formulierung, durch die sehr viele Leute in unserem Lande irregeführt worden sind, wie Sie vielleicht auch wissen.
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, der Bundeskanzler hat in diesem Hohen Hause erklärt, warum er damals eine Äußerung getan hat und guten Gewissens tun konnte, die sich in dieser Anzeige, auf die Sie anspielen, reflektiert hat. Es war nicht der Chef dieser Regierung allein, es waren prominente wirtschaftswissenschaftliche Institute, die damals allesamt diese Entwicklung prognostiziert haben, und nicht etwa nur solche Institute, Herr Abgeordneter, die dieser Regierung nahestehen. Daß sich diese Einschätzung durch weltwirtschaftliche Einflüsse dramatischer Art
— was auch überall anerkannt wird — verändert hat, konnte von uns so wenig antizipiert werden wie von prominenten Wirtschaftswissenschaftlern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sauer.
Herr Staatssekretär, finden Sie es nicht eigenartig, daß Sie von einem Mitglied der Regierungskoalition nach einer Vermehrung der Broschüren gefragt werden, nachdem festgestellt worden ist, daß Broschüren, die auf Kosten des Steuerzahlers von der Regierung in Nordrhein-Westfalen gedruckt worden sind. massenweise von der SPD vernichtet worden sind?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Sauer, ich bin über diesen Vorgang nicht informiert,
nicht informiert genug. Ich kann nur für die Bundesregierung antworten. Ich kenne die Einzelheiten dieses Vorganges nicht.
Aber ich darf, wenn Sie einen solchen Vorgang zum Gegenstand Ihrer Frage machen und darauf anspielen, daß außerhalb der Verantwortung der Bundesregierung Steuermittel für Zwecke ausgegeben worden sind, die das nach Ihrer Meinung nicht rechtfertigen, Ihnen empfehlen, sich eine Anzeigenserie der Landesregierung von Baden-Württemberg anzusehen,
die insgesamt fast 100 000 DM gekostet hat. Ich bin gern bereit, sie Ihnen später zur Lektüre herüberzugeben.
Auch da werden sich eine Reihe von kritischen Fragen im Sinne der Fragestellung aufwerfen lassen, die bisher zu hören war.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fellermaier.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir bestätigen, daß die Broschüren der Bundesregierung so hervorragend sind, daß der Ministerpräsident des Landes, aus dem der Kollege Gerster von der CDU kommt, diese Wohnfibel, mit
Metadaten/Kopzeile:
13256 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975
Fellermaiereinem eigenen Eindruck versehen, dazu benützt hat, sie den Bürgern seines Landes als Informationshilfe der Landesregierung anzubieten?Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, dies ist mir bekannt.
— Es ist ja meine Pflicht, darüber informiert zu sein, welche positiven und kritischen Reaktionen die Veröffentlichungen dieses Amtes in unserem Land haben. Deshalb habe ich mir vorhin erlaubt, darauf hinzuweisen, daß z. B. unsere Arbeitnehmerbroschüre, die eine ganze Reihe von gegenständlichen Handreichungen und Orientierungshilfen bietet, auch von Angehörigen der Opposition als eine vorbildlich sachliche Arbeit gewürdigt worden ist.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mertes .
Herr Staatssekretär, nach der soeben erteilten Antwort zum Thema Aufschwung frage ich Sie: Ist das Bundespresseamt vielleicht gewillt, in die zukünftige Diktion zu diesem Thema den Begriff des Null-Aufschwungs und des Minus-Aufschwungs aufzunehmen?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Dr. Mertes, dieses Amt fühlt sich einer klaren, durchsichtigen Sprache verpflichtet.
Darauf können Sie sich verlassen.
Meine Damen und Herren, ich komme nunmehr zur Frage 78 des Abgeordneten Dr. Luda:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Bundesregierung plant, die Mittel für das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung im Wahljahr 1976 nicht, wie in den anderen Ressorts, wegen der angespannten Haushaltslage zu kürzen, sondern um 2,8 Millionen DM auf 15,45 Millionen DM zu erhöhen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Bölling, Staatssekretär: In meiner Antwort auf Ihre Fragen, Herr Abgeordneter Dr. Luda, werden einige Elemente enthalten sein, die schon in den letzten Minuten besprochen worden sind.
Es trifft zu, daß die Inlandsmittel unseres Amtes im kommenden Jahr um 2,8 Millionen DM erhöht werden. Das Presse- und Informationsamt soll damit in die Lage versetzt werden, seine Informationspflichten, die ich eben schon in der Antwort auf einige Fragen beschreiben konnte, angemessen zu erfüllen. Ich konnte bereits in der Antwort auf die Frage des Herrn Abgeordneten Müller erklären, daß die beiden operativen Inlandstitel des Presse- und Informationsamtes, die Titel 531 01 und 531 03, zusammen zwischen 1965 und 1975 nicht erhöht worden sind. Ich darf wiederholen: Das letzte Mal sind diese Mittel im Jahre 1965 — dies war ein Wahljahr — unter Bundeskanzler Erhard um 40 0/o, von wie ich vorhin schon ausführen konnte, 13 Millionen auf 18 Millionen DM, aufgestockt worden.
Ihnen ist bekannt — ich konnte das diesem Hohen Hause in früheren Fragestunden bereits einige Male erläutern —, daß sich das Presse- und Informationsamt mit seiner Öffentlichkeitsarbeit vor allen Dingen darum bemüht, die Bürger durch anschauliche Informationsschriften, die möglichst weit verteilt werden, auf die Rechte und die Möglichkeiten hinzuweisen, die durch die Entscheidungen in Bonn eröffnet werden. Ich nenne hier noch einmal als Beispiel die „Tips für Arbeitnehmer" in einer Auflage von 1,23 Millionen, die vorhin schon zitierte Mietfibel in einer Auflage von 5,3 Millionen; ich nenne auch die mit sehr positivem Echo verteilte Wohngeldfibel mit einer Auflage von 5,6 Millionen; ich nenne die Broschüre „109 Tips für Frauen", die ein ganz starkes positives Echo gefunden hat und in einer Auflage von 11/2 Millionen erschienen ist, und das von uns neulich erst — im September — hergestellte Faltblatt zum Bauinvestitionsprogramm in einer Auflage von 41/2 Millionen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Luda.
Erst nach der zweiten Beantwortung!
Sie haben also zur Frage 78 keine Zusatzfrage?
Nein, ich nicht.
Dann wird zur Frage 78 der Herr Abgeordnete Gerster seine Zusatzfrage stellen.
Herr Staatssekretär, wie ist die Aussage der Bundesregierung vor wenigen Tagen in diesem Hohen Hause, daß das, was im Rahmen des Steuererhöhungsprogramms für 1976 an Sparmaßnahmen vorgesehen sei, das — sinngemäß — derzeit denkbar Mögliche sei, mit der Tatsache zu vereinbaren, daß dieselbe Bundesregierung gleichzeitig in einem Wahljahr die Propagandamittel verstärken kann?Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich habe einige Male schon ausgeführt und an Beispielen nachgewiesen, daß wir, anders als Sie abermals in Ihrer Frage unterstellen, diese Mittel gewissenhaft und getreu dem Auftrag, den wir haben, verwalten und nicht, wie Sie insinuieren, für propagandistische Zwecke ausgeben. Sie müssen mir dann solche Beispiele nachweisen. Im übrigen hat der Herr Bundeskanzler dieses Hohe Haus mehrfach eingeladen, ihm dann auch über die Sparmaßnahmen
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975 13257
Staatssekretär Böllinghinaus, die bereits von ihm erläutert worden sind, Vorschläge zu machen.
Nächster ist Herr Abgeordneter Seiters.
Herr Staatssekretär, wenn Sie schon Vergleiche ziehen zwischen dem Jahr 1965 und heute, meinen Sie nicht, daß Sie dabei berücksichtigen sollten, daß wir damals eine Haushaltslücke von 3 Milliarden DM hatten, jetzt aber von 40 Milliarden DM, und meinen Sie nicht weiter, daß sich daraus auch unterschiedliche Bewertungen in der Frage der Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit ergeben müßten?
Bolling, Staatssekretär: Ich glaube nicht, Herr Abgeordneter, daß ich mich jetzt mit der Historie dieser Entscheidung, damals die Mittel um 40 % aufzustocken, beschäftigen sollte.
Aber es ist immerhin auffällig, daß diese Steigerung damals in einem Wahljahr geschah, und immerhin um ganze 40 %.
Die Aufstockung, zu der wir uns jetzt entschlossen haben, hängt auch damit zusammen, Herr Abgeordneter, daß, wie Sie selber mindestens so gut wissen wie ich, es immer wieder neue Aufgaben gibt, zum Beispiel die Darstellung der Maßnahmen der Bundesregierung zum Thema der inneren Sicherheit. Ich brauche dies nicht näher aufzuführen. Zu diesem Thema haben das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium eine Reihe von informatorischen Initiativen in der Vergangenheit geleistet, bei denen ich davon ausgehe, Herr Abgeordneter, daß sie nicht allein im Interesse der Regierung und der Regierungsparteien liegen, sondern auch im Interesse aller Bürger dieses Landes.
Herr Abgeordneter Wawrzik!
Herr Staatssekretär, würden Sie die Verschleuderung von Millionenmitteln zur Aufklärung über die Steuerreform, die fälschlicherweise erfolgt ist, auch als eine gewissenhafte Verwendung von Steuermitteln bezeichnen?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, sicherlich nicht, was Sie nicht überraschen wird, im Sinne Ihrer Fragestellung. Ich darf Sie nur daran erinnern, daß diese Steuerreform zu wesentlichen Teilen von Ihnen mitgetragen worden ist und daß es bei den Verzerrungen des Sinns dieser Steuerreform, die von den Bürgern allerdings sehr schnell als Verzerrungen durchschaut worden sind, notwendig war, am Beispiel dessen, was es bei dem einzelnen Bürger ausmacht, in Anzeigen, die auf jedes propagandistische Beiwerk verzichteten, klarzumachen, welches die praktischen Auswirkungen dieser Steuerreform für den einzelnen seien. Dieses ist uns gelungen, und wir sind darauf auch stolz.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Haase .
Herr Staatssekretär, um alle Mißverständnisse auszuschalten, auch im Hinblick auf künftige Beratungen im Rechnungsprüfungsausschuß, möchte ich Sie noch einmal ganz konkret fragen, ob Ihr Ressort in der Vergangenheit Mittel vom Auslandstitel auf Inlandstitel transferiert hat oder ob Sie beabsichtigen, das im laufenden oder im kommenden Jahr zu tun?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Haase, ich halte es für durchaus möglich, daß, wenn es um die Darstellung von außenpolitischen Initiativen der Bundesregierung geht, zum Beispiel um die Darstellung eines so komplizierten Themas wie der KSZE, bei uns in der Bundesrepublik Deutschland aus diesem Titel Mittel gebraucht werden, zum Beispiel auch, wie ich vorhin schon gesagt habe, um zu verdeutlichen, weshalb die Bundesregierung jene Abkommen mit der polnischen Regierung geschlossen hat, die demnächst zur Ratifizierung diesem Hohen Haus vorgelegt werden. Dieses halte ich im Interesse der Bürger für eine nicht nur legitime, sondern auch von der Sache her gebotene Aufgabe der Informationspolitik.
Herr Abgeordneter Sauer!
Herr Staatssekretär Bölling, ich darf doch wohl davon ausgehen, daß Sie nicht ohne Absicht nun dreimal den Namen Ludwig Erhard erwähnt haben. Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß es um der Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit willen und auch unter dem von Ihnen versprochenen Ziel, mehr Demokratie zu üben, aufrichtiger wäre, doch einmal die Haushaltslage der Jahre 1965 und 1975 darzustellen?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Sauer, ich glaube, daß eine sehr kritische Prüfung aller der Zahlen, die mit der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung zusammenhängen, zu den selbstverständlichen Aufgaben der Mitglieder des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages gehört. Ich habe Ihnen heute mittag in mehreren Antworten nur sagen wollen, daß es uns absolut fernliegt — Sie können uns auch an dem messen, was wir künftig tun werden —, Propaganda zu machen. Wir helfen dem Bürger vielmehr, Gesetze zu verstehen. Sie wissen als Abgeordneter selber: Manche Gesetze müssen durch Öffentlichkeitsarbeit flankiert werden, damit der Bürger über Rechte und Pflichten wirklich im Bilde ist.
Herr Abgeordneter Kroll-Schlüter!
Metadaten/Kopzeile:
13258 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß die Bundesregierung mit ihrer Informationsarbeit selbst nicht zufrieden ist, weil bisher mehr die Darstellung der Minister als die Sachdarstellung im Vordergrund gestanden hat und die Pressearbeit nicht hinreichend zentral organisiert worden ist?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, auf welche Fakten Sie Ihre Frage gründen. Ich weiß deshalb auch nicht, wie ich darauf antworten soll. Mir sind solche kritischen Einlassungen nicht bekannt.
Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg!
Herr Staatssekretär, wäre es im Sinne einer gewissenhaften Verwendung der zusätzlichen Mittel, die Sie bekommen, wenn Sie nach einem Irrtum, der dann auch zu einer Irreführung der Bevölkerung geführt hat — ich beziehe mich hier auf Ihren Wahlslogan „Den Aufschwung wählen" —, die wirkliche Lage darstellten, die z. B. darin besteht, daß bei einer jährlichen Neuverschuldung allein des Bundes in Höhe von 36 500 Millionen DM die Neuverschuldung pro Tag 100 Millionen DM beträgt? Gehört es auch zu Ihren Aufgaben, dies darzustellen?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg, als langjähriger Journalist wissen Sie, wie begrenzt die Wirkung des bedruckten Papiers ist.
Die Bundesregierung hat zu diesem Thema hier in diesem Hohen Hause Ausführungen gemacht und hat erklärt, warum dies so sein muß und warum dies auch verantwortet werden kann — bis zu dem Augenblick, da wir eine spürbare Belebung der Konjunktur in diesem Lande haben.
: Das muß man auch
anschaulich machen!)
Herr Abgeordneter Müller !
Herr Staatssekretär, ich nehme auf die Antwort Bezug, die Sie meinem Kollegen Wawrzik gegeben haben. Stimmen Sie mit mir wenigstens darin überein, daß nicht die tatsächliche Aufklärung, sondern die Fehlaufklärung der Bürger eine Verschleuderung von Steuermitteln bedeutet?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß Sie dem Bundespresse- und Informationsamt und anderen, die Verantwortung für die
Offentlichkeitsarbeit dieser Regierung tragen, nachweisen können, was Sie in Ihrer Frage eben unterstellt haben,
nämlich daß von uns in irgendeiner Weise Fehlinformationen geleistet worden sind.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lenders.
Herr Staatssekretär, wenn schon die Inhalte dieser Informationspolitik der Bundesregierung mit zur Diskussion gestellt werden, möchte ich Sie fragen, ob es nicht Aufgabe der Inlandsinformation der Bundesregierung wäre, darauf hinzuweisen, daß die sicherlich sehr hohe Neuverschuldung in diesem Jahre dringend notwendig ist, um ein weiteres Absacken der Konjunktur zu verhindern und den Arbeitsmarkt sowie die Beschäftigung zu stabilisieren?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, von dem Kanzler und dem Bundesfinanzminister ist mehrfach auf diesen Zusammenhang hingewiesen worden. Wir benutzen bei den informationspolitischen Gesprächen, zu denen wir ja Abgeordnete aus allen Fraktionen dieses Hauses als Gäste empfangen, auch jede Gelegenheit, auf diese Zusammenhänge hinzuweisen und klarzumachen, daß dieses alles in der Erwartung geschieht, daß Arbeitsplätze gesichert und neue Arbeitsplätze gewonnen werden können.
Herr Abgeordneter Nordlohne!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, wer der Hauptabnehmer dieser Informationsbroschüren des BPA ist.
Bölling, Staatssekretär: Die Abnehmer dieser Broschüren, Herr Abgeordneter, sind über das ganze Land verteilt. Es steht jedem frei, diese Broschüren bei uns anzufordern. Ich bin sehr froh darüber, daß von diesem Angebot nicht nur solche Gruppen und Organisationen Gebrauch machen, die der Regierung nahestehen und die von der Richtigkeit der Regierungspolitik überzeugt sind, sondern auch andere, die, einfach weil sie die Qualität dieser Schriften anerkennen, sie für nützlich halten und sie verteilen.
Eine letzte Frage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975 13259
Herr Staatssekretär, nachdem Sie in Ihrer Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Schulze-Vorberg versichert haben, daß auch Ihnen die begrenzte Wirkung von bedrucktem Papier klar ist, muß ich Sie fragen, ob Sie daraus nicht die zweckmäßige Konsequenz ziehen wollen, den größten Teil Ihrer Broschüren einzustellen.
Bölling, Staatssekretär: Nein, Herr Abgeordneter. Diese Konsequenz werde ich nicht ziehen — darauf können Sie sich verlassen —, wenn es sich um solche Broschüren handelt, die — ich weiß, wie abgegriffen das Wort ist — wirkliche Lebenshilfe für die Bürger dieses Landes darstellen.
Allerdings, Herr Abgeordneter, strebe ich an, mit z. B. den Pressechefs aller Länder, auch mit denen der CDU/CSU-regierten Länder, demnächst darüber zu sprechen, ob man nicht künftig auf Anzeigenserien, wie sie zuletzt von der Stuttgarter Regierung mit eimen beträchtlichen Kostenaufwand veröffentlicht worden sind, verzichten kann. Wenn die Landesregierungen, die von der CDU/CSU regiert werden, auch einsehen, daß die Wirkung eines so begrenzten Papieres für die Katz' ist, werden wir uns mit Sicherheit an diese Maxime halten.
Meine Damen und Herren, ich rufe nun die andere Frage des Abgeordneten Dr. Luda, die Frage 79, auf:
Trifft die weitere Meldung zu, derzufolge bei der Umverteilung von Finanzmitteln zugunsten zusätzlicher Regierungswerbung im Jahr 1976 von der Bundesregierung beschlossen ist, 3 Millionen DM für alljährliche Aufklärung und Erziehung zur Hebung der Sicherheit im Straßenverkehr, die vor allein dem Schutz der Schulkinder dient, und eine weitere Million für Verbraucheraufklärung zu streichen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Luda, ich habe in den Antworten vorher schon deutlich machen können — was wiederholt gesagt worden ist —, daß es sich bei unseren Arbeiten um solche handelt, die dem Informationsbedürfnis der Bürger gelten; denn wir alle wollen Bürger haben, die sich nicht ein X für ein U vormachen lassen.
Um das noch einmal zu unterstreichen, möchte ich aus der Vorbemerkung zum Abschnitt des Presse- und Informationsamtes des Einzeipians 04 des Bundeshaushalts dessen eigentliche Aufgabe zitieren. Da heißt es nämlich:
Das Presse- und Informationsamt ist zugleich Hauptstelle der Bundesregierung für den Verkehr mit der Presse und mit allen sonstigen Nachrichtenträgern und hat dabei die Politik der Bundesregierung gegenüber den Organen des Nachrichtenwesens zu vertreten.
Und der entscheidende Satz in diesem Zusammenhang:
Es hat weiterhin die deutsche Bevölkerung über die politischen Ziele und die Arbeit der Bundesregierung zu unterrichten.
Aus dieser Aufgabenstellung heraus, Herr Abgeordneter, muß die Bundesregierung für jeden Haushalt aufs neue entscheiden, welchen Projekten sie Vorrang gibt, ob die Mittel nicht unter Umständen umstrukturiert werden müssen, um den Bürger zulänglich und kompetent zu informieren. Alle wünschenswerten Aktionen — das ist klar — lassen sich nicht auf einmal finanzieren.
16 Millionen DM — um weiter auf Ihre Frage einzugehen —, die 1976 für die Aufklärung und Erziehung zur Verkehrssicherheit vorgesehen sind, lassen auch im kommenden Jahr — dessen bin ich sicher — eine genügend intensive Aufklärungsarbeit auf diesem wichtigen Felde zu.
Die Mittel für die Verbraucheraufklärung im Ernährungssektor werden 1976 gegenüber diesem Jahr nicht verringert, wie Sie meinen, sondern um 300 000 DM auf 7 Millionen DM erhöht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Luda.
Herr Staatssekretär, wie, glauben Sie, verträgt sich Ihre Auffassung, daß im Rahmen der Umverteilung im Jahre 1976 die Mittel für Verkehrserziehung auf 16 Millionen DM zu reduzieren sind, mit der Tatsache, daß dieselbe Bundesregierung in ihrem Verkehrssicherheitsprogramm vom November 1973 vorgesehen hat, im Jahre 1976 für Verkehrserziehung 29 Millionen DM auszugeben, womit man also festzustellen hat, daß dieser damalige Ansatz durch die jetzige Umverteilung nahezu halbiert wird?Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich bin kein Verkehrsexperte, aber ich habe mich zu diesem Komplex kundig zu machen versucht. Ich glaube zunächst einmal, daß man den ursprünglichen Ansatz wie das bei anderen Ansätzen auch der Fall ist — nicht als sakrosankt ansehen darf.Im übrigen bin ich dahin gehend unterrichtet worden, daß bestimmte Informationen und aufklärerische Initiativen derweil einen so positiven Effekt gezeigt haben, daß man hier mit dem, was 1976 auf diesem Felde im Haushalt an Aufklärung vorgesehen ist, durchaus auskommt. Es hat ja auch keinen Sinn, den Bürger auf jeder Straße, auf jeder Autobahn mit einem Schilderwald zu konfrontieren. Bestimmte aufklärerische Initiativen haben das Ziel, das ihnen gestellt war, inzwischen auch erreicht, und man muß immer wieder kritisch prüfen, wie der Effekt solcher Informationen und Aufklärungskampagnen ist. Wenn man zu der Auffassung kommt, sie haben auf den Bürger hinlänglich Eindruck gemacht und haben ihn zu eigenem Nachdenken angeregt, kann man solche Mittel guten Gewissens auch reduzieren und sie dort einsetzen, wo noch ein echtes Informationsbedürfnis vorliegt.
Metadaten/Kopzeile:
13260 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975
Die zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Luda.
Herr Staatssekretär, wenn dem so wäre, könnte man darüber reden. Ist Ihnen aber nicht bekannt, daß es in den letzten Jahren keineswegs gelungen ist, die Zahl der Unfälle von Kindern und Jugendlichen und überhaupt von Nichtautofahrern wesentlich zu reduzieren, und sind Sie dann jetzt nicht doch bereit, zuzugeben, daß es im Hinblick auf diesen mangelhaften bisherigen Aufklärungserfolg verwerflich ist, die Mittel von 29 Millionen auf 16 Millionen DM zugunsten des Presse- und Informationsamtes zu kürzen?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich muß die Fragestellung so, wie Sie sie gewählt haben, zurückweisen, zumal Sie hier eine moralische Kategorie eingeführt haben. Sie können davon ausgehen, daß die Mittel, die gerade für diese wichtige Aufklärung notwendig sind, auch innerhalb des reduzierten Titels aufgebracht werden.
Im übrigen darf ich Sie darauf hinweisen — und ich habe dies in Erinnerung aus einem Gespräch mit einem Mann, der auf dem Felde der Verkehrssicherheit langjährige Erfahrungen hat —, daß dies allein mit den Mitteln, für die hier Geld eingesetzt wird, nicht zu schaffen ist, sondern daß eine ganze Reihe von anderen pädagogischen Bemühungen z. B. in der Schule und anderswo mindestens so wichtig, womöglich wichtiger sind als das, was man durch Druckschriften und durch Anzeigen zur Veränderung eines rücksichtslosen Verkehrsverhaltens ausrichten kann.
Nunmehr eine Zusatzfrage des Abgeordneten Mahne.
Herr Staatssekretär, Sie haben darauf hingewiesen, daß der jeweilige Ansatz in jedem Haushaltsjahr neu überdacht werden muß. Können Sie bestätigen, daß gerade die Mittel für Informationen zur Verkehrssicherheit vor zwei Jahren von — ich glaube mich recht zu erinnern — 6 Millionen auf 20 Millionen DM erhöht worden sind, um vor allem drei Schwerpunktmaßnahmen — gegen den Alkohol am Steuer, Anlegen von Sicherheitsgurten und Einhaltung der Richtgeschwindigkeit — durchzuführen, die ja nun in diesen vergangenen zwei Jahren mit sehr viel Erfolg abgeschlossen worden sind?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, ich kann diese Information vollinhaltlich bestätigen und darf mitteilen, daß z. B. bei den vom Kraftfahrtbundesamt zu verwaltenden Mitteln im kommenden Haushaltsjahr 10 Millionen DM zur Verfügung stehen und daß mit diesen Mitteln alle wichtigen Aufgaben adäquat angegangen werden können.
Im übrigen wird durch die Umschichtung auch der Bundesminister für Verkehr zusätzliche Mittel in Höhe von knapp 1,5 Millionen DM erhalten, die u. a. dafür bestimmt sind, das Angebot der Deutschen Bundesbahn an den einzelnen Bürger, z. B. das sogenannte Sozialangebot, die Arbeitertarife und die Vergünstigungen für Rentner, die die Bundesbahn hat, populär zu machen. Ich glaube, dies ist ein positiver informationspolitischer Zweck.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Kroll-Schlüter.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in kaum einem europäischen Land so viele Kinder im Straßenverkehr umkommen wie in der Bundesrepublik Deutschland und es infolge dieser Tatsache notwendig wäre, die verschiedenen Verantwortlichen durch entsprechende sachliche Information auf diese Tatsache hinzuweisen?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, dieses ist bisher bereits geschehen. Ich wehre mich gegen die Unterstellung, daß eine Kürzung dieses Titels zu Lasten dieser notwendigen Aufklärungsarbeit gehe.
Im übrigen darf ich noch einmal auf die Meinung der Verkehrsexperten hinweisen, daß sie allein mit den Mitteln, die der Informationspolitik zur Verfügung stehen, rücksichtslose Fahrer nicht hinlänglich beeinflussen können. Das aber, was unter diesem Titel die Pflicht der Bundesregierung ist, Informationsarbeit zu leisten, ist geschehen und wird unverändert weiter geschehen. Sie müssen aber davon ausgehen, daß dieses beklagenswerte Phänomen nicht allein durch die uns zur Verfügung stehenden informationspolitischen Instrumente in positiver Weise verändert werden kann.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Reddemann.
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß nicht — wie Sie sagen die Mittel für die Verkehrserziehung gekürzt wurden, weil bereits genug da ist, sondern daß die Mittel deswegen gekürzt wurden, weil man zusätzliche Dekkungsvorschläge für das haben möchte, was Sie Öffentlichkeitsarbeit nennen und was ich als Propagandaarbeit bezeichne?
Ich habe das Papier in der Hand, woraus das hervorgeht.
Bölling, Staatssekretär: Ja, ich weiß, daß Sie dieses Papier in der Hand haben.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190, Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975 13261
Staatssekretär Bölling
Ich habe mich einige Male — das scheint aber in Ihrem Falle ohne Resonanz zu bleiben — dagegen verwahrt, daß Sie Mal um Mal der Bundesregierung unterstellen, sie wolle mit diesen Mitteln Propaganda machen. Ich habe Sie mehrere Male eingeladen, mir nachzuweisen, wo Sie glauben, daß Steuermittel für Propaganda mißbraucht worden seien. Ich bin dann zu jeder kritischen Diskussion mit Ihnen bereit.
Im übrigen darf ich, was die Umschichtung angeht, noch einmal auf das von mir vorhin schon genannte Beispiel zurückkommen. Es gibt informationspolitische Aufgaben, die man nicht schon ein Jahr vorher genau erkennen kann. Ich darf Sie nur an die Notwendigkeit erinnern, den Komplex, für den ich nur das Stichwort „Stammheim" nenne, in vielen Aspekten auch informationspolitisch zu durchleuchten, um dem Bürger die Hintergründe deutlich zu machen. Dieses haben wir — Bundesinnenministerium und Bundesjustizministerium in den vergangenen Monaten mit sehr gutem Echo getan, und ich gehe davon aus, daß Sie dem auch zustimmen werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß die Fragen der Oppositionskollegen heute den üblichen Eindruck der Opposition von Verworrenheit vermitteln, wenn sie nämlich einerseits am liebsten alles Material des BPA einstampfen wollen, andererseits aber bei Einzelbroschüren Auflagenerhöhungen verlangen?
Die Fragestunde ist nicht dazu da, die Regierung zu kritisieren, und die Fragestunde ist auch nicht dazu da, die Opposition zu kritisieren. Ich glaube, daß der Herr Staatssekretär schon von sich aus eine solche Beantwortung ablehnen würde.
Herr Abgeordneter Gerster!
Herr Staatssekretär, wären Sie so freundlich, dem Kollegen den Unterschied zwischen allgemeinen Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit und Mitteln für die spezielle Sachaufklärung etwa im Bereich des Straßenverkehrs zu erklären, damit der Kollege in die Lage versetzt wird, zukünftig diese Frage sachgerecht zu beurteilen
Bölling, Staatssekretär: Ja, Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen dies an einem Beispiel darstellen, das Sie wahrscheinlich nicht akzeptieren werden, das ich aber mit gutem Gewissen als ein repräsentatives Beispiel für allgemeine Öffentlichkeitsarbeit hier anführe. Ich meine jene Anzeigenserie von, wie die Fachleute sagen, sogenannten „Testimonial"-Anzeigen, wo einzelne Bürger gefragt worden sind, was sie nach der Steuerreform auf dem Gehaltsstreifen oder auf dem Lohnzettel stehen haben. Da hat sich, anders als es von einigen in Ihren Reihen damals dargestellt worden ist, ergeben, daß die große Mehrheit unserer Bürger von dieser Steuerreform — in unterschiedlicher Größenordnung zweifellos — stark profitiert hat. Da haben wir keine Propaganda gemacht, da haben wir keine Reklamegirlanden gesponnen,
sondern wir haben einzelne Bürger gefragt, wie es auf ihrem Lohnzettel aussieht. Das haben wir dann als Anzeige gebracht. Das nenne ich korrekte gewissenhafte Öffentlichkeitsarbeit.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lenders.
Herr Staatssekretär, wenn hier schon über die Größenordnung des Mitteleinsatzes für die Aufklärung zur Hebung der Sicherheit im Straßenverkehr gesprochen wird, möchte ich fragen: Wäre es nicht auch Aufgabe des Bundespresse- und Informationsamtes, sich einmal um die dieser Sicherheitswerbung oftmals entgegengesetzte Werbung der Automobilindustrie zu kümmern, die in der Werbung für den Absatz ihrer Fabrikate oft für sehr sportliches riskantes Fahren wirbt und damit die Sicherheitswerbung der Bundesregierung für einen sicheren Straßenverkehr relativiert?
Bolling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, es ist nicht die Aufgabe des Bundespresse- und Informationsamtes, über kritische Anzeigen der privaten Wirtschaft und über deren Stil, Annoncen in die Zeitungen zu bringen, nachzudenken. Weil dies in einigen Fällen, auf die Sie anspielen, so ist, halten wir um so notwendiger daran fest, daß wir im Interesse des Bürgers, und zwar aller Bürger, die Auto fahren, das Notwendige tun, um da und dort — buchstäblich und im übertragenen Sinne des Wortes — gegenzusteuern.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Haase .
Herr Staatssekretär, darf ich Sie unter Bezugnahme auf Ihre vorletzte Antwort, in der Sie darstellten, daß die Information über die positiven Ergebnisse der Steuerreform für den Bürger unbedingt notwendig gewesen seien, fragen: Halten Sie es dann auch für dringend geboten, dem Bürger jetzt deutlich zu machen, daß dieselbe Regierung die Vorteile der Steuerreform zwölf Monate später durch Steuererhöhungen wieder einzukassieren gedenkt?
Metadaten/Kopzeile:
13262 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter, wir haben eine freie Presse, und die Sprecher aus Ihren Reihen haben ihre Argumente gegen unsere Politik hier darlegen können, die in allen Zeitungen ihre Aufnahme finden. Im übrigen hat auch Professor Ludwig Erhard in seiner Zeit als Regierungschef
— ich habe das Zitat im Augenblick nicht verfügbar, ich kann es Ihnen aber gern nachliefern, wenn Sie sich nicht selber daran erinnern — klar gesagt, daß es die Aufgabe des Bundespresse- und Informationsamtes sei, die Politik der Regierung in allen für den Bürger wichtigen Aspekten darzustellen.Im übrigen darf ich noch als Fußnote,
wenn Sie dem Bundespresse- und Informationsamt solche puristischen Maßstäbe empfehlen, daran erinnern, daß in den über 20 Jahren, in denen Sie die Regierungsverantwortung hatten, eine große Fülle von Projekten unter einem Titel finanziert worden ist, über den zu sprechen ich hier als Beamter nicht das Recht habe. Ich darf nur daran erinnern,
daß es gewaltige Mittel waren und daß eine kritische Untersuchung — wenn dieses möglich wäre — der Summen, die damals ausgegeben wurden, ergeben würde, daß diese Regierung mit den Mitteln für Öffentlichkeitsarbeit in vorbildlicher Weise sparsam umgeht.
Ich rufe die Frage 80 des Abgeordneten Reddemann auf:
Was hat die Bundesregierung veranlaßt, Gelder, die ursprünglich für Aufklärungsmaßnahmen im Straßenverkehr, Verbraucheraufklärung, Umweltschutz-Informationen und die Unterrichtung alter Menschen vorgesehen waren, in Ausgabentitel einzusetzen, die ausschließlich zur Propagierung der Politik der Bundesregierung dienen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Reddemann, Ihre Andeutung, die Bundesregierung bezwecke mit der Umschichtung der Mitetl für die Öffentlichkeitsarbeit die Verringerung der Mittel für die Aufklärung der Bevölkerung zugunsten einer Propagierung der Politik der Bundesregierung, ist unrichtig. Sie haben das meinen mehrfachen Äußerungen soeben entnehmen können. Die Ansätze für die von Ihnen genannten Bereiche sind gleichgeblieben. Bei den Aufklärungsmaßnahmen für alte Menschen sind sie sogar gesteigert worden, nämlich um mehr als 300 000 DM, so daß wir jetzt rund 1,8 Millionen DM im Haushalt 1976 vorgesehen haben.
Lediglich — und das konnte ich bereits vortragen — bei den Mitteln für Erziehungsmaßnahmen im Hinblick auf die Bekämpfung von Verkehrsunfällen sind die Mittel verringert worden. Das waren in diesem Jahr 20 Millionen DM und werden aus Gründen, die ich bereits ausführen konnte, Herr Abgeordneter, im nächsten Jahr 16 Millionen DM sein, die wir für ausreichend halten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Reddemann.
Herr Staatssekretär, da Sie diese Mittel, die jetzt zurückgezogen worden sind, nicht als Sondermittel ansehen wollen und darauf abgehoben haben, daß Sie allgemeine Information, und zwar Sachinformation, betreiben, möchte ich Sie fragen, ob in demselben Umfang, wie seinerzeit Anzeigen mit der Behauptung „Der Aufschwung ist wählbar" erschienen sind, nun auch Anzeigen erscheinen, in denen der Bundeskanzler mitteilt, daß er sich geirrt hat, wie er es vor dem Bundestag gesagt hat?
Bölling, Staatssekretär: Herr Abgeordneter Reddemann, der Chef dieser Regierung hat nicht gezögert, vor diesem Hohen Hause — ich habe vorhin daran erinnert — zuzugeben,
daß er sich, genau wie andere — Professoren und verantwortliche Männer der Wirtschaft und auch verantwortliche Wirtschaftspolitiker außerhalb der Bundesrepublik Deutschland —,
was den Aufschwung angeht, getäuscht habe. Dies hat in allen deutschen Zeitungen gestanden. Ich glaube, daß die Mehrheit unserer Bürger es auch sehr respektiert hat, daß jemand, der eine Entwicklung, aus Gründen, die er nicht vorhersehen konnte, anders eingeschätzt hat, als sie nachher gekommen ist, dies auch vor dem ganzen deutschen Volk hier offen gesagt hat.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Reddemann.
Abgesehen davon, daß die Fraktion, zu der ich gehöre, diese Voraussagen immer sehr korrekt getroffen hat, möchte ich zusätzlich fragen: Wenn der Bundeskanzler damals vor diesem Hause den Aufschwung als wählbar hingestellt hat — und alle deutschen Zeitungen damit Gelegenheit hatten, das zu berichten —, Sie aber dessenungeachtet mit großen Informationsanzeigen, wie Sie es nennen, gekommen sind, warum gehen Sie jetzt nicht den gleichen Weg, oder wollen Sie nicht besser gleich zugeben, daß Sie damals damit Propaganda gemacht haben, aber sich jetzt weigern, die notwendige Information zu geben?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975 13263
Bölling, Staatssekretär: Nein, Herr Abgeordneter, dies ist eine Unterstellung, mit Verlaub zu sagen. Der Kanzler wie auch andere Mitglieder dieser Regierung haben vor diesem Hohen Hause und damit vor allen Bürgern dieses Landes erklärt, warum der Aufschwung damals nicht gekommen ist; sie haben dies, genauso wie es von den Regierungen anderer europäischer Staaten getan worden ist, mit den Fakten, die man damals nicht vorhersehen konnte, erklärt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner.
Herr Staatssekretär, ergibt sich aus dieser Serie von Fragen nicht die Überlegung für die Regierungsseite, ob sie es so halten könnte wie der große Vorsitzende der kleineren Oppositionspartei, der erklärt hat, er wolle „im Kleinen überhaupt nichts sagen", nämlich in bezug auf das, was in all den Fragen zu tun sei, die heute Gegenstand flehentlicher und zugleich kritischer Bemerkungen an die Adresse der Regierung waren, warum s i e in der und der Frage nicht aufkläre? Das ist doch nachzulesen.
Meine Herren, ich bitte Sie um Ruhe.
— Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.
Ich bin mir nicht im klaren, Herr Staatssekretär, ob Sie die Frage verstanden haben. Sie können die Beantwortung einer Frage auch ablehnen.
Bölling, Staatssekretär: Ich bitte um Entschuldigung, ich habe den Schluß der Bemerkung des Herrn Abgeordneten Wehner akustisch einfach nicht mitgekriegt.
Das ist kein Grund zu Beifalls- oder Mißfallensäußerungen. So etwas kann passieren. Wollen Sie wiederholen, Herr Abgeordneter Wehner?
Der Herr Staatssekretär kann es ja im Protokoll nachlesen. Und Sie auch.
Herr Abgeordneter Wehner, ich bin an den Fragen nicht unmittelbar, sondern nur insoweit interessiert, als ich Ihr Recht wahrzunehmen habe, eine Antwort zu bekommen, soweit der Herr Staatssekretär nicht grundsätzlich eine Antwort ablehnt, was wiederum sein Recht ist. Der Herr Staatssekretär wird es also nachlesen und Ihnen schriftlich antworten.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie darum bitten festzustellen, daß Sie die Frage des Kollegen Wehner genauso verwirrend gefunden haben wie ich auch?
Herr Abgeordneter Gerster, auch Sie haben jetzt nicht einen anderen Abgeordneten zu kritisieren, so wie die einen Abgeordneten vorher nicht die anderen zu kritisieren hatten. Somit ist auch diese Frage erledigt. Ich glaube, wir haben diesen Punkt jetzt einigermaßen erschöpfend ausgetragen.
Sie wurden über den Durchschnitt hinaus in Anspruch genommen, Herr Staatssekretär. Ich danke Ihnen dafür.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Die erste Frage ist zurückgezogen. Ich rufe daher die Frage 83 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Welche Gründe kann die Bundesregierung dafür angeben, daß in den Monaten Januar bis August 1975 im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 1974 die Zahl der Aussiedler aus der Sowjetunion um 850, aus den Gebieten jenseits von Oder und Neiße um 1975 und aus Rumänien um 1486 Personen zurückgegangen ist?
Der Herr Staatsminister Wischnewski steht für die Beantwortung zur Verfügung. Bitte sehr!
Herr Präsident, ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka wie folgt beantworten. Zu dem Rückgang der Umsiedlerzahlen
aus Rumänien, Polen und der Sowjetunion in den Monaten Januar bis August dieses Jahres hat die Bundesregierung folgendes zu erklären.Erstens. Hinsichtlich der Umsiedlerzahlen aus der Sowjetunion und Rumänien wiederhole ich die bereits früher ausgesprochene Warnung vor derartigen Vergleichen von Teiljahresergebnissen, da diese keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Haltung der sowjetischen und der rumänischen Regierung zulassen. Ich erinnere insbesondere an die Beantwortung der Frage Nr. 133 des Abgeordneten Gierenstein im Juli dieses Jahres.
Metadaten/Kopzeile:
13264 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975
Staatsminister WischnewskiIn der Vergangenheit sind immer wieder beträchtliche monatliche Schwankungen zu verzeichnen gewesen, die jedoch an dem stetigen Steigen der letzten Jahresergebnisse nichts geändert haben. Ich darf, Herr Abgeordneter Dr. Hupka, Ihnen diese Zahlen noch einmal in Erinnerung rufen. In bezug auf die Sowjetunion ergaben sich von 1971 bis 1974 folgende Zahlen: 1971: 1145; 1972: 3426; 1973: 4494; 1974: 6541. Die gleichen Zahlen in bezug auf Rumänien: 1971: 2849; 1972: 4376; 1973: 7589; 1974: 8487. Für die Bundesregierung sind deshalb diese Jahresergebnisse maßgebend. Sie geht von der Erwartung aus, daß die zweite Jahreshälfte 1975 einen Ausgleich der Ausreisezahlen bringen wird.Zweitens. Was den Rückgang der Umsiedlerzahlen aus Polen betrifft, so hat die Bundesregierung wiederholt auf die unbefriedigende Entwicklung der Aussiedlung in der Vergangenheit hingewiesen. Schließlich ist dies der Grund für die Vereinbarung des Ausreiseprotokolls mit der polnischen Regierung, das einen wesentlichen Fortschritt in Richtung auf eine Lösung des Problems bringen wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatsminister, ich habe Sie an sich nicht nach den statistischen Zahlen der vorangegangenen Jahre, sondern nach einer Begründung für die jetzt rückläufige Zahl gefragt. Woher nehmen sie immer den Optimismus, den die Bundesregierung hier verbreitet, daß demnächst mehr kommen würden, obwohl wir wissen, daß die Zahl, gerade was die Gebiete jenseits von Oder und Neiße betrifft, rückläufig ist? Sie war seit 1956 im Monatsdurchschnitt noch nie so gering wie in den ersten neun Monaten dieses Jahres.
Wischnewski, Staatsminister: Herr Kollege Dr. Hupka, da ich nachweisen wollte, daß mein Optimismus, den Sie hier angesprochen haben, in vollem Umfang gerechtfertigt ist, habe ich Ihnen die Entwicklung der Zahlen noch einmal in Erinnerung gerufen. Eine Begründung, warum es zwischen den einzelnen Monaten erhebliche Unterschiede gibt, kann ich Ihnen nicht geben. Wir jedenfalls gehen davon aus, daß auch in der zweiten Hälfte des Jahres die Zahlen so steigen werden, daß insgesamt ein günstiges Ergebnis erzielt wird.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
Herr Staatsminister, ist es nicht eine besondere Spielart von Unmenschlichkeit, daß man jeweils — entsprechend der Saison — Menschen nicht ausreisen läßt und dann, nachdem man „gestaut" hat, etwas mehr ausreisen läßt?
Wischnewski, Staatsminister: Ich glaube, daß sehr unterschiedliche Gründe dafür sprechen, warum eine solche Situation entsteht. Ich darf z. B. daran erinnern, daß ein verhältnismäßig hoher Teil derjenigen, die umsiedeln wollen, aus der Landwirtschaft kommt. Die sind selbst daran interessiert, in dem Jahre ihrer Umsiedlung noch die Möglichkeit zu haben, die Ernte in Anspruch zu nehmen, um dann erst die Umsiedlung anzutreten. Dafür könnte ich Ihnen eine Vielzahl von Beweisen bringen. Dies nur als ein Beispiel.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sauer.
Herr Staatsminister Wischnewski, nach den Ausführungen des Kollegen Bölling und auch Ihrem Zahlenvergleich zwischen 1971 und 1974 möchte ich Sie fragen, ob Sie mir beipflichten in der Feststellung, daß unter den CDU/CSU-Bundesregierungen — jetzt speziell die Jahre 1956 bis 1969 — ohne Kreditgewährung und ohne Warschauer Vertrag monatlich mehr Leute ausgesiedelt worden sind als derzeit?
Wischnewski, Staatsminister: Sie wissen genauso gut wie ich und alle hier in diesem Hause, daß es bestimmte Zahlenentwicklungen gibt, die überhaupt nicht miteinander vergleichbar sind.
Sie wissen auch, auf welche Art und Weise das geschehen ist. Ich glaube, wir sollten das hier nicht neu aufrühren.
Herr Abgeordneter Dr. Czaja!
Herr Staatsminister, warum haben Sie bei Ihrer Darlegung beispielsweise bezüglich der Sowjetunion eigentlich mit der Statistik von 1971 begonnen und nicht mit den Statistiken aus den früheren Jahren, die wesentlich höher über diesem einmaligen Tiefstand unter einer liberal-sozialen Regierung gelegen haben? Warum haben Sie nicht mit den Statistiken über 6 000 und mehr Deutsche begonnen, die aus der Sowjetunion ausreisten?
Wischnewski, Staatsminister: Da Sie großen Wert darauf legen, diese Zahlen zu erfahren, nenne ich sie jetzt in der Tat durchgehend! 1955 waren es unter der CDU-Regierung, von der Sie eben gesprochen haben, 608 Personen. 1956 waren es 800 Personen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1975 13265
Staatsminister Wischnewski— Ich bin von dem Kollegen Czaja nach den Zahlen der Sowjetunion gefragt worden.
— Ich bin nach den Zahlen der Sowjetunion gefragt worden. In vielen Jahren ging die Zahl nicht einmal über 1000. Aber ich finde, es ist keine gute Art, wenn wir so meinen über Menschenschicksale reden zu können.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister.
Ich gebe noch bekannt, daß die Fragen 28, 68 und 71 zurückgezogen sind. Die übrigen nicht behandelten Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen zum Stenographischen Bericht abgedruckt.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Freitag, den 3. Oktober 1975, also auf morgen, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.