Protokoll:
7187

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 187

  • date_rangeDatum: 25. September 1975

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:22 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 187. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 Inhalt: Wahl des Abg. Dr. Vohrer zum Mitglied und des Abg. Opitz zum stellvertretenden Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates 13123 A Beratung des Berichts und des Antrags des Haushaltsausschusses zu dem Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen — Drucksachen 7/4013, 7/4044 — Dr. von Bülow SPD . . . . . . . . . 13123 B Dr. Zeitel CDU/CSU . . . . . . . . 13126 D Wurbs FDP 13130 C Junghans SPD 13133 B Dr. Schneider CDU/CSU 13136 B Ravens, Bundesminister BMBau 13143 C Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . . 13149 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 13151 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen — Drucksache 7/3919 — Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . . 13153 C Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 13155 A von Schoeler FDP 13157 C Thürk CDU/CSU 13158 C Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch — Drucksache 7/4017 — . . 13161 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen — Drucksache 7/4021 — . . 13161 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Wehrdisziplinarordnung — Drucksache 7/4027 — . . . 13161 D Beratung des Antrags des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung betr. Aufhebung der Immunität der Abgeordneten — Drucksache 7/4035 — 13162 A Beratung des Antrags des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung betr. Aufhebung der Immunität der Abgeordneten — Drucksache 7/4036 — 13162 A Beratung des Antrags des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung betr Aufhebung der Immunität I der Abgeordneten — Drucksache 7/4037 — 13162 A II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes Drucksachen 7/3721, 7/4056 — 13162 B Fragestunde — Drucksache 7/4038 vom 19. 9. 1975 Gespräche zwischen Ministerialdirektor Sanne vom Bundeskanzleramt und dem Staatssekretär im Ostberliner Außenhandelsministerium sowie Unterrichtung des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen, des Leiters der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin und des Regierenden Bürgermeisters von Berlin über deren Inhalt MdlAnfr A75 19.09.75 Drs 07/4038 Hösl CDU/CSU Antw PStSekr Frau Schlei BK 13162 D, 13163 A ZusFr Hösl CDU/CSU . . . . . . . . 13163 A Meldungen betreffend Vergleich vertraulicher Kontakte des zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskanzleramts mit dem Staatssekretär im Ostberliner Außenhandelsministerium mit Treffen zwischen Beauftragten von miteinander verbündeten Regierungen durch den Chef des Bundespresseamtes MdlAnfr A76 19.09.75 Drs 07/4038 Hösl CDU/CSU Antw StSekr, Ch Bölling BPA 13163 B, C, D ZusFr Hösl CDU/CSU . . . . . . . 13163 C, D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 13163 D Hilfsmaßnahmen für Portgugal MdlAnfr A77 19.09.75 Drs 07/4038 Niegel CDU/CSU StMin Moersch AA . . . . . . . 13164 A, C, D ZusFr Niegel CDU/CSU 13164 C ZusFr Friedrich SPD . . . . . . . . 13164 C Pressemeldungen über die Intensivierung des kalten Kriegs durch die Sowjetunion MdlAnfr A82 19.09.75 Drs 07/4038 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw StMin Moersch AA . . . . . 13165 A, B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 13165 B Ausführungen von Bundesminister Bahr gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Time" über die Gewohnheiten, politischen Einstellungen und Interessen der amerikanischen Bevölkerung MdlAnfr A84 19.09.75 Drs 07/4038 Werner CDU/CSU MdlAnfr A85 19.09.75 Drs 07/4038 Werner CDU/CSU Antw StMin Moersch AA . . . . . . . 13165 D, 13166 A, B, C, D, 13167 A, B ZusFr Werner CDU/CSU . 13166 A, B, D, 13167 A ZusFr Lagershausen CDU/CSU . . . . . 13166 C ZusFr Friedrich SPD . . . . . . . . . 13166 C ZusFr Stahl (Kempen) SPD . . . . . . 13166 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 13167 A Öffentlich-rechtliche Organisation von Me- diensystemen, wie z. B. das Kabelfernsehen MdlAnfr A56 19.09.75 Drs 07/4038 Reiser SPD Antw PStSekr Jung BMP . . 13167 C, D, 13168 A ZusFr Reiser SPD . . . . . . . . . . 13167 D ZusFr Sieglerschmidt SPD . . . . . . 13167 D Einsatz von Fahrzeugen westlicher Herkunft mit polizeilichem Kennzeichen aus der Bundesrepublik Deutschland durch den Staatssicherheitsdienst der DDR zur Überwachung von Berlinreisenden auf den Transitstrecken MdlAnfr A65 19.09.75 Drs 07/4038 Böhm (Melsungen) CDU/CSU Antw PStSekr Jung BMV 13168 A, B, C, D, 13169 A ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 13168 B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 13168 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 13168 D ZusFr Hösl CDU/CSU . . . . . . . 13169 A Vorfälle vom 16. und 19. August 1975 am Kontrollpunkt Hirschberg auf der Transitstrecke nach Berlin MdlAnfr A66 19.09.75 Drs 07/4038 Böhm (Melsungen) CDU/CSU Antw PStSekr Jung BMV . . . . . 13169 B, C, D, 13170 A, B ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 13169 B, C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 13169 D ZusFr Lagershausen CDU/CSU 13170 A ZusFr Dr. Gradl CDU/CSU 13170 A Mängel beim Antragsverfahren für die Gewährung von Zuschüssen nach dem Programm der Bundesregierung zur Bausparzwischenfinanzierung und Wohnungsmodernisierung Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 III MdlAnfr A58 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Waigel CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Haack BMBau . . . 13170 B, D, 13171 A, B ZusFr Dr. Waigel CDU/CSU 13170 D, 13171 A ZusFr Hösl CDU/CSU . . . . . . . . 13171 B Forderung des Zwangsumtausches von DM 13 je Tag durch Grenzorgane der DDR von Rentnern unter 65 Jahre bei der Einreise in die DDR MdlAnfr A63 19.09.75 Drs 07/4038 Lagershausen CDU/CSU Antw PStSekr Herold BMB . . . . . 13131 C, D, 13172 A, B, C, D ZusFr Lagershausen CDU/CSU . 13171 D, 13172 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 13172 A ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . . 13172 B ZusFr Müller (Berlin) CDU/CSU . . . 13172 C ZusFr Sieglerschmidt SPD 13172 C ZusFr Dr. Abelein CDU/CSU . . . . 13172 D Vernehmung eines westdeutschen Ehepaares bei der Einreise in die DDR am Grenzkontrollpunkt Drewitz ohne Angabe von Gründen MdlAnfr A64 19.09.75 Drs 07/4038 Lagershausen CDU/CSU Antw PStSekr Herold BMB . . 13173 A, B, C, D, 13174 A, B ZusFr Lagershausen CDU/CSU 13173 A ZusFr Hösl CDU/CSU . . . . . . . 13173 B ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 13173 C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 13173 C ZusFr Maucher CDU/CSU . . . . . 13173 D ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU 13174 A ZusFr Westphal SPD . . . . . 13174 A ZusFr Lampersbach CDU/CSU . . 13174 B Beanstandung der Bezeichnung der Staatsangehörigkeit „deutsch" von DDR-Kontrolleuren an den Grenzkontrollstellen zur Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A67 19.09.75 Drs 07/4038 Jäger (Wangen) CDU/CSU Antw PStSekr Herold BMB . 13174 C, D, 13175 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 13174 C, D ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . . 13175 A Vereinbarkeit der zunehmenden brutalen Praxis der DDR bei angeblichen Grenzverletzungen durch Einwohner der Bundesrepublik Deutschland mit den durch den Grundvertrag vereinbarten gut nachbarlichen Beziehungen; Einrichtungen der DDR zur Menschenjagd entlang der Grenze MdlAnfr A68 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Abelein CDU/CSU MdlAnfr A69 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Abelein CDU/CSU Antw PStSekr Herold BMB . . 13175 A, B, C, D, 13176 A, B, C, D, 13177 A, B, C, D ZusFr Dr. Abelein CDU/CSU 13175 B, 13176 A, B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU 13175 C, 13176 D ZusFr Müller (Berlin) CSU /CSU . . . . 13176 C ZusFr Dr. Arndt (Hamburg) SPD . . . . 13176 D ZusFr Dr. Kreutzmann SPD 13177 A ZusFr Seiters CDU/CSU . . . . . . 131e B ZusFr Dr. Gradl CDU/CSU 13177 B ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 13177 C Wahrnehmung einer Funktion als sachverständiger Berater des Deutschen Bundestages durch die mit öffentlichen Mitteln geförderte Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V.; Fragenkatalog für eine Anhörung zum Basisprogramm für die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie MdlAnfr A70 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. -Ing. Laermann FDP MdlAnfr A71 19.09.75 Drs 07/4038 Dr.-Ing. Laermann FDP Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . 13178 A, B, C, D ZusFr Dr. -Ing. Laermann FDP . 13178 A, B, C, D Deckung des steigenden Uranbedarfs MdlAnfr A72 19.09.75 Drs 07/4038 Niegel CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . . . 13178 D, 13179 B, C ZusFr Niegel CDU/CSU . . . . . . 13179 A, B ZusFr Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 13179 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 13179 D Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13181* A Anlage 2 Einsetzung und Anweisung der Verwendung der EG-Regionalfondsmittel im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Ver- IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 besserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" SchrAnfr B13 12.09.75 Drs 07/4024 Wolfgramm (Göttingen) FDP SchrAntw BMin Dr. Friderichs BMWi . . 13181* C Anlage 3 Verletzung des Persönlichkeitsschutzes durch Angabe des Aktenzeichens und der Namen der Prozeßbeteiligten auf Umschlägen von Briefsendungen der Justizbehörden MdlAnfr A2 19.09.75 Drs 07/4038 Brandt (Grolsheim) SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 13182* A Anlage 4 Hilfsmöglichkeiten für die Wiederinbetriebnahme der von einer Naturkatastrophe betroffenen Schachtanlage der Zeche „Sophia Jacoba" in Hückelhoven zur Erhaltung der Arbeitsplätze MdlAnfr A21 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU MdlAnfr A22 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . 13182* D Anlage 5 Einrichtung amtlich ausgewiesener Liegeplätze für Tanker mit hoher Gefahrenklasse in allen Binnenhäfen durch die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen MdlAnfr A53 19.09.75 Drs 07/4038 Wolfram (Recklinghausen) SPD MdlAnfr A54 19.09.75 Drs 07/4038 Wolfram (Recklinghausen) SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . 13183* B Anlage 6 Vorschriften für den Transport von Plutonium mit Flugzeugen MdlAnfr A55 19.09.75 Drs 07/4038 Flämig SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . 13183* D Anlage 7 ,Entwicklung der Rentabilität der Fernsprechanschlüsse bei der Deutschen Bundespost MdlAnfr A57 19.09.75 Drs 07/4038 Ey CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP . . . . 13184* A Anlage 8 Einsatz von Torfmoor als Filter- und Lauge-mittel zur Ausscheidung von Schwermetallen, Zyaniden, Phosphaten, Detergentien, Öl und Farbstoffen MdlAnfr A73 19.09.75 Drs 07/4038 Konrad SPD MdlAnfr A74 19.09.75 Drs 07/4038 Konrad SPD SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 13184* A Anlage 9 Bestrebungen nonkonformistischer sowjetischer Künstler zur Deklarierung des 15. September zum „Tag der freien Kunst" MdlAnfr A78 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Fuchs CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . 13184* C Anlage 10 Einbeziehung des Landes Berlin in die Besuchsprogramme von Gästen der Bundesregierung MdlAnfr A79 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA . . . 13184* D Anlage 11 Pressemeldungen über Gespräche von Vertretern der Bundesregierung mit dem südafrikanischen Außenminister hinsichtlich einer Änderung der Rassentrennungspolitik Afrikas im Sinne der Vereinten Nationen MdlAnfr A80 19.09.75 Drs 07/4038 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA . . . . . 13185* A Anlage 12 Erklärung des Chefs der KPdSU, Leonid Breschnew, über die Zielvorstellungen der KSZE über den freien Verkehr und Austausch von Meinungen und Personen MdlAnfr A81 19.09.75 Drs 07/4038 Spranger CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA 13185* B Anlage 13 Zusammenarbeit der NATO und der Bundesregierung auf militärischem Gebiet mit der Republik Südafrika MdlAnfr A83 19.09.75 Drs 07/4038 Coppik SPD SchrAntw StMin Moersch AA 13185* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 V Anlage 14 Auflagenhöhe, Herstellungskosten und Verteilerkreis der vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung herausgegebenen Schrift „Außenpolitik schafft Sicherheit" SchrAnfr B1 19.09.75 Drs 07/4038 Zink CDU/CSU SchrAnfr B2 19.09.75 Drs 07/4038 Zink CDU/CSU SchrAntw StSekr, Ch Bölling BPA . . . 13185* D Anlage 15 Herausgabe der Bahr-Protokolle an die Staatsanwaltschaft München im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Falschaussage vor Gericht SchrAnfr B3 19.09.75 Drs 07/4038 Spranger CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA 13186 *A Anlage 16 Bedeutung des § 10 der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten bei der Gestaltung der Schichtarbeit SchrAnfr B4 19.09.75 Drs 07/4038 Peter SPD SchrAnfr B5 19.09.75 Drs 07/4038 Peter SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI 13186* A Anlage 17 Ergebnis der Überprüfung einer Anwendung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm auf den Bombenabwurf- und Luft-Boden-Schießplatz Nordhorn und andere Schießplätze SchrAnfr B6 19.09.75 Drs 07/4038 Seiters CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 13186* D Anlage 18 Berücksichtigung der Kosten für die Umrüstung eines Motors auf bleiarmes Benzin bei der Lohn- und Einkommensteuerveranlagung SchrAnfr B7 19.09.75 Drs 07/4038 Pfeffermann CDU/CSU SchrAnfr B8 19.09.75 Drs 07/4038 Pfeffermann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 13187* A Anlage 19 Erfahrungen mit der Ausschreibung von Beamtenstellen SchrAnfr B9 19.09.75 Drs 07/4038 Röhner CDU/CSU SchrAnfr B10 19.09.75 Drs 07/4038 Röhner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 13187* C Anlage 20 Wahrung der Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten Deutsche Welle und Deutschlandfunk SchrAnfr B11 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU SchrAnfr B12 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 13188* A Anlage 21 Unterbindung der DDR-Exporte zu Dumpingpreisen in die Bundesrepublik Deutschland SchrAnfr 1315 19.09.75 Drs 07/4038 Höcherl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 13188* C Anlage 22 Mittel des Regionalen Förderungsprogrammes der Bundesregierung 1965 bis 1968 für den Landkreis Schweinfurt zum Bau einer Berufsschule mit Lehrwerkstätten in Gerolzhofen sowie Anpassung der Richtlinien an die geänderten Verhältnisse SchrAnfr B16 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Schulze-Vorberg CDU/CSU SchrAnfr B13 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Schulze-Vorberg CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi . . . . 13188*D Anlage 23 Gefährdung der deutschen Grassamenerzeugung durch dänische Dumpingexporte in die Bundesrepublik Deutschland; Vermischung von Zusatz- und Schadstoffen bei der Herstellung von Futtermitteln in anerkannten Betrieben SchrAnfr B18 19.09.75 Drs 07/4038 Eigen CDU/CSU SchrAnfr B19 19.09.75 Drs 07/4038 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Logemann BML . . . 13189* C Anlage 24 Abzug amerikanischer Nike-Hercules-Raketen sowie Sicherung der bisherigen Flugabwehrbereitschaft; Stationierung von Kurzstreckenraketen in Ost-Frankreich VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 SchrAnfr B20 19.09.75 Drs 07/4038 Engelsberger CDU/CSU SchrAnfr B21 19.09.75 Drs 07/4038 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . . 13190* C Anlage 25 Kürzung der Ausgleichsbeträge von 12 000 DM auf 8 000 DM nach § 28 des Soldatenversorgungsgesetzes SchrAnfr B22 19.09.75 Drs 07/4038 Ey CDU/CSU SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg . . 13190* D Anlage 26 Wegfall der Fahrpreisermäßigung auf Bundesbahnstrecken bei Aufnahme des S-BahnBetriebs auf diesen Strecken SchrAnfr B23 19.09.75 Drs 07/4038 Meinike (Oberhausen) SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 13191* A Anlage 27 Umgestaltung der Bahnhofsanlagen in der Gemeinde Graben-Neudorf /Landkreis Karlsruhe SchrAnfr B24 19.09.75 Drs 07/4038 Seefeld SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 13191* B Anlage 28 Transport von Plutonium auf dem Luftweg SchrAnfr B25 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. -Ing. Laermann FDP SchrAntw PStSekr Jung BMV 13191* C Anlage 29 Durchführung der von Bulgarien geforderten Zwischenlandung im Bundesgebiet beim Flug von ausländischen Arbeitnehmern von Berlin in die Türkei SchrAnfr B26 19.09.75 Drs 07/4038 Hussing CDU/CSU SchrAnfr B27 19.09.75 Drs 07/4038 Hussing CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 13191* D Anlage 30 Neubau des Stellwerks in Luneburg; Einführung einer ferngesteuerten Bedienung der ca. 15 handbedienten Bahnübergänge zwischen Harburg und Uelzen SchrAnfr B28 19.09.75 Drs 07/4038 Schröder (Luneburg) CDU/CSU SchrAnfr B29 19.09.75 Drs 07/4038 Schröder (Luneburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . . 13192* B Anlage 31 Erlaß der Vorschriften über die Schiffahrt auf dem Bodensee sowie Bildung der Internationalen Schiffahrtskommission für den Bodensee SchrAnfr B30 19.09.75 Drs 07/4038 Biechele CDU/CSU SchrAnfr B31 19.09.75 Drs 07/4038 Biechele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 13192* C Anlage 32 Verkauf des ehemaligen Postdienstgebäudes in Bad Soden am Taunus an einen Privatinteressenten SchrAnfr B32 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Jung BMP 13192 *D Anlage 33 Veröffentlichung des Berichts der Oberpostdirektion Nürnberg vom 12. Juli 1975 über Baumaßnahmen beim Postamt Hof SchrAnfr B33 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Warnke CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP 13193* B Anlage 34 Beantragung der Förderung nach dem Sonderprogramm „Wohnungsmodernisierung" SchrAnfr B34 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Wernitz SPD SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . 13193* C Anlage 35 Zugehörigkeit des Kreises Euskirchen zum strukturschwachen Gebiet nach dem Bundesraumordnungsprogramm SchrAnfr B35 19.09.75 Drs 07/4038 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . 13193 *D Anlage 36 Bewilligungsbedingungen für das Wohnungsmodernisierungsprogramm 1975 SchrAnfr B36 19.09.75 Drs 07/4038 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAnfr B37 19.09.75 Drs 07/4038 Immer (Altenkirchen) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Haack BMBau . . 13194* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 VII Anlage 37 Entwicklung und Förderung der europäischen Computerindustrie sowie Gespräche zwischen Vertretern einer amerikanisch-japanischen Großrechnerfirma im Bundesministerium für Forschung und Technologie SchrAnfr B38 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Stavenhagen CDU/CSU SchrAnfr B39 19.09.75 Drs 07/4038 Dr. Stavenhagen CDU/CSU SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 13194* B Anlage 38 Kosten für die Herstellung und Verteilung der vom Bundesministerium für Forschung und Technologie herausgegebenen Schrift „Forschung aktuell" SchrAnfr B40 19.09.75 Drs 07/4038 Link CDU/CSU SchrAnfr B41 19.09.75 Drs 07/4038 Link CDU/CSU SchrAntw BMin Matthöfer BMFT . . . . 13194* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 13123 187. Sitzung Bonn, den 25. September 1975 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach* 26. 9. Adams* 26. 9. Dr. Ahrens 25. 9. Dr. Aigner * 26. 9. Dr. Artzinger * 26. 9. Dr. Bangemann* 26. 9. Dr. Bayerl * 26. 9. Behrendt * 26. 9. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 26. 9. Dr. von Bismarck 26. 9. Dr. Burgbacher * 26. 9. Dr. Corterier 26. 9. Damm 26. 9. Dr. Dollinger 26. 9. Dr. Dregger 3. 10. Fellermaier * 26. 9. Frehsee * 26. 9. Dr. Früh* 26. 9. Gerlach (Emsland) * 26. 9. Graaff 3. 10. Härzschel * 26. 9. Dr. Holtz 26. 9. Dr. Hupka 26. 9. Immer (Altenkirchen) 3. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 26. 9. Kater 3. 10. Dr. Kempfler 26. 9. Kern 26. 9. Dr. Klepsch * Dr. Kliesing *** Koblitz 30. 9. Krall * 26. 9. Dr. Kunz (Weiden) 26. 9. Lange 26. 9. Lautenschlager * 26. 9. Lücker * 26. 9. Dr. Marx 30. 9. Mattick 26. 9. Memmel* 26. 9. Müller (Bayreuth) 26. 9. Müller (Mülheim) * 26. 9. Müller (Remscheid) 25. 9. ab 15.00 Uhr Mursch (Soltau-Harburg) * 26. 9. Neumann 26. 9. 011esch 26. 9. Opitz 26. 9. Frau Dr. Orth * 26. 9. Pawelczyk 26. 9. Russe 26. 9. Schirmer 3. 10. Schmidt (München) * 26. 9. Dr. Schneider 25. 9. Schulte (Unna) 26. 9. Dr. Schulz (Berlin) * 26. 9. * für die Teilnahme ann Sitzungen des Europäischen Parlaments *** für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Dr. Schulze-Vorberg 26. 9. Schwabe * 26. 9. Dr. Schwörer * 26. 9. Seefeld * 26. 9. Solke 26. 9. Springorum * 26. 9. Dr. Starke (Franken) * 26. 9. Graf Stauffenberg 26. 9. Strauß 26. 9. Stücklen 25. 9. Suck * 26. 9. Vahlberg 26. 9. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 24. 10. Walkhoff * 26. 9. Dr. Wallmann 26. 9. Frau Dr. Walz * 26. 9. Dr. Freiherr von Weizsäcker 30. 9. Wende 26. 9. Dr. Wittmann (München) 26. 9. Dr. Zimmermann 30. 9. Zoglmann 25. 9. Anlage 2 Antwort des Bundesministers Dr. Friderichs auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wolfgramm (Göttingen) (FDP) (Drucksache 7/4024 Frage B 13) : Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, der EG-Kommission die Kontrolle der EG-Regionalfondsmittel, die in der Bundesrepublik Deutschland für regionalpolitische Zwecke verwendet werden, dadurch zu erleichtern, daß im nächsten Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" diese Mittel zusätzlich eingesetzt und ihre Verwendung gesondert ausgewiesen weiden? Eine Kontrolle der aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung zurückfließenden Mittel und ihrer Verwendung für zusätzliche regionale Entwicklungsprogramme hält die Bundesregierung für notwendig. Als wichtigster Nettozahler des EG-Regionalfonds hat die Bundesrepublik Deutschland ein besonderes finanzielles Interesse daran, daß die Staaten der Gemeinschaft, vor allem die Hauptempfängerländer Italien, Vereinigtes Königreich und Irland, die Rückflüsse nicht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung verwenden. Andernfalls werden die gemeinsamen Anstrengungen zur Beseitigung des regionalen Ungleichgewichts in Frage gestellt. Ich möchte auch Ihre Frage bejahen, ob die Kontrolle durch die EG-Kommission erleichtert würde, wenn die EG-Regionalfondsmittel im nächsten Rahmenplan gesondert ausgewiesen würden. Für die Haushaltsjahre 1975 und 1975 ist eine Änderung der haushaltsmäßigen Behandlung der Erstattungen im Hinblick auf die bereits beschlossenen Erhöhungen der Mittel für die regionale Wirtschaftsförderung und die angespannte Haushaltslage nicht ratsam. Gegenüber der Kommission kann die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auf die Ausgaben für das regionale Sonderprogramm im Zusam- 13182* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 menhang mit den Beschlüssen von Vorstand und Aufsichtsrat der Volkswagen AG vom 14./15. April 1975 verweisen. Diese zusätzlichen Ausgaben sind auch gesondert im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" — Teil IV — ausgewiesen (BundestagsDrucksache 7/3601, Seite 119). Ferner ist zu erwähnen, daß auch das von der Bundesregierung am 27. August 1975 beschlossene Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen eine regionalwirtschaftliche Komponente enthält. Der Mitteleinsatz im Rahmen dieser zusätzlichen regionalpolitischen Anstrengungen in der Bundesrepublik Deutschland wird voraussichtlich den Betrag der Erstattungen aus dem EG-Regionalfonds, die in den Jahren 1975 und 1976 zu erwarten ist, nicht unwesentlich übersteigen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Brandt (Grolsheim) (SPD) (Drucksache 7/4038 Frage A 2) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß Justizbehörden bei Briefsendungen auf dem Umschlag neben der Anschrift, fur jeden erkennbar also, das Aktenzeichen und die Namen der Prozeßbeteiligten anführen, hält die Bundesregierung diese Praxis im Hinblick auf den Persönlichkeitsschutz für gerechtfertigt, oder wird sie anderenfalls entsprechende gesetzgeberische Schritte einleiten? Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Justizbehörden bei Briefsendungen, die förmlich mit Postzustellungsurkunde zugestellt werden, auf dem Briefumschlag das Aktenzeichen der betreffenden Sache neben der Anschrift des Empfängers vermerken. Die Angabe des Aktenzeichens auf dem Briefumschlag beruht auf § 195 Abs. 2 in Verbindung mit § 194 Abs. 1 ZPO bei Zustellungen im Parteibetrieb sowie auf § 211 Abs. 1 ZPO bei Zustellungen im Amtsbetrieb. Nach diesen Vorschriften muß die zuzustellende Briefsendung mit der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, sowie mit der Bezeichnung der absendenden Stelle und einer Geschäftsnummer versehen sein. Die „Geschäftsnummer" ist bei der Zustellung im Parteibetrieb die Geschäftsnummer des Gerichtsvollziehers, bei der Zustellung im Amtsbetrieb das Aktenzeichen des Rechtsstreits. Die Angabe der Geschäftsnummer auf der zuzustellenden Briefsendung ist erforderlich, damit die Identität der übergebenen Sendung mit der in der Zustellungsurkunde als zugestellt bezeugten Sendung sichergestellt ist. Voraussetzung für die Feststellung dieser Identität ist aber, daß die Geschäftsnummer sowohl in der Zustellungsurkunde als auch auf dem Briefumschlag vermerkt ist, da der Postbedienstete den Inhalt des in dem verschlossenen Briefumschlag befindlichen Schriftstücks nicht kennt. Die Bundesregierung sieht in der Angabe des Aktenzeichens auf dem Briefumschlag keine Diskriminierung oder Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Empfängers. Denn das Aktenzeichen läßt keine Schlüsse auf die Stellung des Empfängers in dem betreffenden Verfahren zu. Ein Schriftstück mit einem zivilprozessualen Aktenzeichen kann beispielsweise an einen Kläger, einen Beklagten, eine Person, der der Streit verkündet wird, einen Zeugen, einen gesetzlichen Vertreter einer dieser Personen oder einen Sachverständigen gerichtet sein. Entsprechendes gilt für strafprozessuale Aktenzeichen. Darüber hinaus ist den meisten Bürgern die Bedeutung der einzelnen Aktenzeichen ohnehin nicht bekannt. Aus der Geschäftsnummer des Gerichtsvollziehers können überhaupt keinerlei Rückschlüsse gezogen werden. Daß auf den Briefumschlägen zusätzlich zu den Geschäftsnummern die Namen der Prozeßbeteiligten angegeben werden, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Einer Benennung der Prozeßbeteiligten bedarf es auch nicht gemäß § 194 Abs. 1, § 211 Abs. 1 ZPO. Anläßlich der Vorbereitung einer Aktenauswertung zu Fragen des Zustellungsrechts ist u. a. die Frage der Kennzeichnung der Umschläge von zuzustellenden Postsendungen erörtert worden. Den aus der Praxis stammenden Teilnehmern dieser Besprechung sind keine Fälle bekannt gewesen, in denen außer dem Geschäftszeichen weitere die Prozeßbeteiligten betreffenden Hinweise auf den zuzustellenden Postsendungen vermerkt worden sind. Unter diesen Umständen hat die Bundesregierung Gesetzesänderungen bisher nicht für erforderlich gehalten. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen A 21 und 22) : Können die 4 600 Arbeitnehmer der am 13./14. September 1975 von einer Naturkatastrophe betroffenen Zeche „Sophia Jacoba" in Hückelhoven, Kreis Heinsberg, und die von diesem Unternehmen mittelbar abhängige Bevölkerung des ohnehin wirtschaftsschwachen Kreises Heinsberg erwarten, daß die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen dieses bisher stets wirtschaftlich gesund gewesene Unternehmen in seinem Bemühen unterstützt, und es — insbesondere durch Investitionshilfen — in die Lage versetzt, die Förderung im früheren Umfang wieder aufzunehmen? Welche Hilfsmöglichkeiten sieht die Bundesregierung konkret, wann kann die Bundesregierung frühestens über diese Hilfsmöglichkeiten entscheiden, und wird die Bundesregierung bei ihrer Entscheidung gebührend berücksichtigen, daß sowohl die Schaffung neuer Arbeitsplätze in diesem Bereich als auch die langfristige Zahlung von Arbeitslosenunterstützung wesentlich teurer sein würden als die möglichst schnelle Wiederinbetriebnahme dieser Schachtanlage? Zu Frage A 21: Der in der Nacht vom 12. zum 13. September auf der Zeche Sophia-Jacoba beim Anfahren einer geologischen Störung erfolgte Einbruch von Schwimmsandmassen in das Grubengebäude war ein unvorhergesehenes Ereignis, das den Weiterbestand der Schachtanlage gefährdet hat. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 13183* Zwischenzeitlich hat sich die Lage stabilisiert. Der Zufluß der Wasser- und Sandmassen und auch die übertägigen Erdbewegungen sind jedoch noch nicht ganz zum Stillstand gekommen. Die technischen Maßnahmen zum Abdichten der Einbruchzone (durch übertägige Bohrung und Verpressen mit Zement) sind angelaufen. Sie gestalten sich zwar sehr schwierig, es besteht jedoch hinreichend Aussicht auf Erfolg. Das Gelingen einer sicheren Abdichtung ist die Voraussetzung für das Aufwältigen der überfluteten Grubenbaue und den Weiterbetrieb der Anlage. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und auch die Bundesregierung haben den bisherigen Verlauf der Ereignisse auf der Grube Sophia-Jacoba mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Die akuten finanziellen Auswirkungen auf die betroffenen Arbeitnehmer sind von der öffentlichen Hand durch die unverzügliche und unbürokratische Gewährung von Kurzarbeitergeld gemildert worden. Unabhängig davon wird zunächst von seiten des Unternehmens geklärt werden müssen, welche Zeit und welcher Aufwand erforderlich ist, um den Betrieb der Grube in vollem Umfang wieder aufzunehmen. Das Unternehmen wird zusammen mit seinen Eigentümern dann darüber zu entscheiden haben, wie sich die Frage des Weiterbetriebs unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten darstellt und inwieweit Unternehmen und Eigentümer angesichts der bisher günstigen Entwicklung der Schachtanlage in der Lage sind, die sich stellenden Finanzierungsprobleme zu lösen. Zu Frage A 22: Die Bundesregierung sieht sehr deutlich die schwerwiegenden Konsequenzen für die betroffene Region, falls durch eine Einstellung der Förderung mehr als 4 000 Arbeitsplätze verlorengehen würden. Sie ist sich auch bewußt, daß die Schaffung neuer Arbeitsplätze nicht nur schwierig, sondern auch mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden wäre. Sie hat es daher begrüßt, daß die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen dieser schwierigen Situation ihre besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat. Die derzeitige Situation erlaubt noch keine Beurteilung, ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfange Hilfsmaßnahmen für die Schachtanlage Sophia-Jacoba erforderlich sind. Wie Sie wissen, ist die Förderung bereits teilweise wieder aufgenommen worden. Die Arbeiten zur Eindämmung der Schäden sind in vollem Gange. Die Bundesregierung geht im Prinzip davon aus, daß das Unternehmen von sich aus oder mit Hilfe seiner Eigentümer den Weiterbetrieb der Schachtanlage sicherstellen kann. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) (SPD) (Drucksache 7/4038 Fragen A 53 und 54) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Sachverständigen, insbesondere der Binnenschiffer und ihrer Organisationen, daß in allen Binnenhäfen amtlich ausgewiesene Liegeplätze für Tanker, insbesondere für Tanker mit hoher Gefahrenklasse, errichtet werden sollten? Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, sicherzustellen, daß die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen angewiesen werden, solche besonderen Liegeplätze zum Schutze der Binnenschiffer, aber auch der Anwohner, einzurichten? Zu Frage A 53: Die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß nach Möglichkeit für Binnenschiffe mit bestimmten gefährlichen Gütern in Binnenhäfen besondere Liegeplätze ausgewiesen werden sollten. Zu Frage A 54: Eine Anweisung an die zur bundeseigenen Verwaltung gehörenden Wasser- und Schiffahrtsdirektionen, besondere Liegeplätze für Schiffe mit gefährlichen Gütern einzurichten, ist nicht möglich, weil dies als Angelegenheit der Hafenpolizei in die Zuständigkeit der Länder fällt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Häfen in der Bundeswasserstraße eingerichtet sind (sogenannte Parallelhäfen) oder ob sie sich außerhalb von ihnen befinden (sogenannte Stichhäfen mit besonderen Hafenbekken). Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Flämig (SPD) (Drucksache 7/4038 Frage A 55) : Nachdem die USA einschränkende Bestimmungen erlassen Nahen, frage ich die Bundesregierung, ob es in der Bundesrepublik Deutschland für den Transport von Plutonium mit Flugzeugen Vorschriften gibt, und wenn nein, gedenkt die Bundesregierung Vorschriften zu erlassen? Die Beförderung gefährlicher Güter mit Luftfahrzeugen ist in der Bundesrepublik Deutschland durch die „Bekanntmachung über die Erlaubnis zum Mitführen gefährlicher Güter in Luftfahrzeugen" vom 31. 5. 1968 geregelt, welche auf den „Vorschriften über die Beförderung bedingt zugelassener Güter" des Internationalen Lufttransportverbandes (IATA) aufbaut. Der Transport von Plutonium bedarf darüber hinaus gem. § 4 des Atomgesetzes der Beförderungsgenehmigung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, die bei Erteilung der Genehmigung die Aufsichtsbehörden in den Bundesländern informiert. Bei größeren Mengen wird zusätzlicher Polizeischutz am Flughafen zur Auflage gemacht. Für den Transport sind spezielle Behälter (sog. Typ B) vorgeschrieben, die besonderen Spezifikationen zur Gewährleistung des sicheren Einschlusses und der radiologischen Abschirmung genügen und in der Bundesrepublik Deutschland von der Bundesanstalt für Materialprüfung offiziell genehmigt sein müssen. 13184* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage A 57): Wie entwickelt sich die Rentabilität der Fernsprechanschlüsse bei der Deutschen Bundespost nach dem jetzigen Verhältnis der Neuanmelde- und Abmeldezahlen von Antragstellern und Anschlußinhabern? Wie die in den Geschäftsberichten veröffentlichten Ergebnisse der Leistungs- und Kostenrechnung der Deutschen Bundespost ausweisen, ist der Fernsprechdienst schon immer kostenüberdeckend gewesen. Die relative Kostenüberdeckung, d. h. das Verhältnis von Leistungen zu Kosten, ist in den letzten Jahren nahezu konstant geblieben. Der derzeitige Nettozugang, d. h. Neueinrichtungen minus Aufhebungen, beträgt z. Z. im monatlichen Durchschnitt rd. 50 000 Hauptanschlüsse. Anlage 8 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Konrad (SPD) (Drucksache 7/4038 Fragen A 73 und 74): Sind der Bundesregierung die Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen an der Universität Sherbrooke/Kanada bekannt, wonach sich der Einsatz von Torfmoor als Filter- und Laugemittel zur Ausscheidung von Schwermetallen, Zyaniden, Phosphaten, Detergentien, Öl und Farbstoffen bewährt habe, und nunmehr die kanadische Industrie die praktische Anwendung dieses Verfahrens in Betracht ziehe? Wie beurteilt die Bundesregierung diese Ergebnisse, und ist sie gegebenenfalls bereit, die Entwicklung dieses Verfahrens in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern? Zu Frage A 73: Der Bundesregierung sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen der Universität Sherbrooke, Kanada, über den Einsatz von Torfmoor als Adsorbens in der Abwasserreinigung bekannt. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um den direkten Einsatz von Torfmoor, sondern Rohtorf wird in bestimmter Weise chemisch oder thermisch vorbehandelt, um die behaupteten Eigenschaften zu erhalten. Zu Frage A 74: Die Bundesregierung fördert seit Jahren umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zum wirtschaftlichen und ökologisch unbedenklichen Einsatz hochaktiver Adsorbentien für die Abwasserreinigung und Trinkwassergewinnung. Diese Untersuchungen umfassen auch — die Ermittlung der Eigenschaften von Aktivkohlen und -koksen aus verschiedenen Rohstoffen (Kohle, Holz, Pflanzenreste usw.) — die Verbesserung der Adsorptionseigenschaften, der Regenerierbarkeit und der Anwendungstechnologie. In diesem Zusammenhang werden auch Torfkokse und Torfgranulate untersucht, die jedoch keine signifikant besseren Eigenschaften als andere unkonventionelle Adsorbentien und Ionenaustausche besitzen. Eine über die jetzigen Arbeiten hinausgehende Förderung der Anwendung von Torf für die Abwasserreinigung ist z. Z. nicht vorgesehen. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Fuchs (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage A 78): Treffen Meldungen zu, nonkonformistische Künstler in der Sowjetunion hätten sich an die UNESCO mit der Anregung gewandt, den 15. September zum „Tag der freien Kunst" zu erklären, und wird die Bundesregierung — bejahendenfalls — diese Initiative unterstützen? Eine Rückfrage unserer Ständigen Vertretung bei den zuständigen Stellen der UNESCO in Paris hat ergeben, daß der UNESCO eine Anregung, den 15. September zum „Tag der freien Kunst" zu erklären, nicht vorliegt und ihr von einer solchen Anregung auch nichts bekannt ist. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage A 79): Wie beurteilt die Bundesregierung den sowjetischerseits entstandenen Eindruck „faktisch wurden die Reisen ausländischer Staatsmänner nach West-Berlin im Rahmen ihrer Besuche in der Bundesrepublik eingestellt" und „In der Stadt lassen sich keine Bundesämter und Institutionen der Bundesrepublik Deutschland nieder", und was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um der Sowjetunion deutlich zu machen, daß die Einbeziehung des Landes Berlin in die Besuchsprogramme von Gästen der Bundesregierung sowie die Errichtung von Bundesämtern und Institutionen, wie z. B. einer „Deutschen Nationalstiftung", zur Entwicklung der Bindungen zwischen dem Bund und dem Land Berlin gehört, wie sie im Vier-Mächte-Abkommen ausdrücklich bekräftigt worden ist? Die zitierten Fragmente eines Moskauer Rundfunkkommentators geben journalistische Eindrücke wieder, die in ihrem sachlichen Gehalt bekannte sowjetische berlinpolitische Zielsetzungen widerspiegeln. Die Bundesregierung hat wiederholt sowohl öffentlich als auch in bilateralen Gesprächen mit der Sowjetunion an hoher Stelle klargestellt, daß die Aufrechterhaltung und Entwicklung der Bindungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin ein unverzichtbares Element ihrer Politik sind und daß sie nicht bereit ist, eine Schmälerung dieser im Viermächte-Abkommen ausdrücklich bestätigten Rechte hinzunehmen. Diese Auffassung wird von den Drei Mächten geteilt. Die Entwicklung in Berlin seit der Unterzeichnung des Viermächte-Abkommens zeigt hinlänglich, daß Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 13185* die Bundesregierung in Abstimmung mit den Drei Mächten von diesen Rechten auch tatsächlich Gebrauch macht. Die Bundesregierung hält dagegen demonstratives Vorgehen für sachlich nicht geboten und politisch nicht opportun. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage A 80) : Treffen Pressemeldungen zu, denenzufolge die Vertreter der Bundesregierung bei dem kürzlichen Besuch des südafrikanischen Außenministers Südafrika zu einer Änderung seiner Rassentrennungspolitik im Sinne der Vereinten Nationen bewegen wollten, und wenn ja, ist die Bundesregierung bei der irakischen Regierung bezüglich der rassischen Diskriminierung der Kurden, bei der sowjetischen Regierung bezüglich der Diskriminierung der baltischen Völker, bei der Regierung Ugandas bezüglich der rassischen Diskriminierung der Inder und bei der Regierung Nigerias bezüglich der Unterdrückung der Bevölkerung Biafras vorstellig geworden? Das Gespräch zwischen dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen und dem südafrikanischen Außenminister Muller konzentrierte sich auf eine eingehende Diskussion des Entkolonialisierungsprozesses im südlichen Afrika, d. h. auf die Probleme Südrhodesien und Südwestafrika/Namibia. Im Zuge des Gesprächs über die Entkolonialisierung wurde an Einzelbeispielen des Apartheid-Systems erneut klargestellt, daß die Bundesregierung Rassentrennung und Rassendiskriminierung ablehnt und im Interesse des friedlichen Zusammenlebens im südlichen Afrika für ihre baldige Abschaffung eintritt, weil anderenfalls die Gefahr der Radikalisierung zunimmt. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage A 81) : Wie läßt sich die Erklärung des Chefs der KPdSU, Leonid Breschnew, die Zielvorstellung der KSZE über den freien Verkehr und Austausch von Meinungen und Personen sei Gegenstand zwischenstaatlicher Einzelverträge, mit der Auffassung der Bundesregierung über die Bedeutung des Korbs III der KSZE in Einklang bringen, und stellt diese Erklärung Breschnews nicht eine völlige Entwertung der Bedeutung des Korbs III dar? Über die Äußerungen von Generalsekretär Breschnew, auf die Sie sich beziehen dürften, liegen voneinander abweichende Darstellungen verschiedener Nachrichtenagenturen vor. Die Bundesregierung hat keine Anhaltspunkte dafür, daß die Sowjetunion beabsichtigt, die Absichtserklärungen der KSZE über größere Bewegungsfreiheit und freieren Informationsfluß insgesamt erst nach Abschluß entsprechender bilateraler Vereinbarungen zu verwirklichen. Tatsächlich bedarf es bei einer Reihe der beabsichtigten Verbesserungen der Beziehungen im Rahmen des sogenannten Korbes III bilateraler Vereinbarungen, Abkommen oder Verträge. Andere Teile des Korbes III bedürfen einseitiger innerstaatlicher Akte zu ihrer Erfüllung. Im übrigen verweise ich auf die schriftliche Antwort auf die Frage des Abgeordneten Horst Schröder in der Fragestunde im Monat August d. J. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Coppik (SPD) (Drucksache 7/4038 Frage A 83) : Kann die Bundesregierung es nach den Äußerungen des südafrikanischen Außenministers Hilgard Muller am 7. September 1975 in Den Haag, wonach die Republik Südafrika bereit ist, der NATO im Falle eines Krieges Häfen zur Verfügung zu stellen und den Stützpunkt Simonstown als Beispiel für eine mögliche Ausgangsbasis der NATO anbietet, ausschließen, daß die NATO im allgemeinen und die Bundesregierung im besonderen auf militärischem Gebiet mit der Republik Südafrika zusammenarbeiten werden? Der Einwirkungsbereich der NATO im Verteidigungsfalle ist gemäß Artikel VI des Nordatlantikvertrages durch den Wendekreis des Krebses nach Süden abgegrenzt. Demgemäß wird die Frage einer militärischen Zusammenarbeit mit der Republik Südafrika innerhalb der NATO auch nicht behandelt. Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, mit der Republik Südafrika auf militärischem Gebiet zusammenzuarbeiten. Anlage 14 Antwort des Staatssekretärs Bölling auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Zink (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 1 und 2) : In welcher Auflage und durch welche Zeitungen wurde die vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung herausgegebene Schrift „Außenpolitik schafft Sicherheit" verbreitet? Wie hoch waren die Kosten für Herstellung und Verteilung? Zu Frage B 1: Die Zeitungsbeilage „Außenpolitik schafft Sicherheit" wurde in einer Auflage von 3 480 500 Exemplaren folgenden Tageszeitungen beigelegt: Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, Neue Westfälische Zeitung, Kölnische Rundschau, Westfalenpost, NRZ, WZ-Nachrichten, WAZ, Rheinische Post, Ruhr Nachrichten, Hannoversche Allgemeine Zeitung, Saarbrücker Zeitung. Zu Frage B 2: Die Kosten für die Herstellung und Verteilung der Beilage „Außenpolitik schafft Sicherheit" betrugen 470 414,73 DM. 13186* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 Anlage 15 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage B 3) : Ist die Prüfung der Herausgabe der Bahr-Protokolle an die Staatsanwaltschaft München im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen Bundesminister Bahr wegen Falschaussage vor Gericht zwischenzeitlich abgeschlossen, oder wann kann mit dem Abschluß der Prüfung gerechnet werden? Die Prüfung steht vor ihrem Abschluß. Ihr Ergebnis wird der zuständigen Behörde demnächst mitgeteilt werden. Anlage 16 Antwort des Parl, Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Peter (SPD) (Drucksache 7/4038 Fragen B 4 und 5) : In welcher Weise wurde im Bundesdienst seither und soll in Zukunft der besonderen Beanspruchung der Arbeitskraft durch Nachtdienst/Nachtarbeit bei der Dienstgestaltung Rechnung getragen werden, wie es § 10 der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten i. d. F. vom 24. September 1974 (BGBl. I S. 2356) bestimmt? Welche praktische Bedeutung hat die Vorschrift des § 10 der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten bei der Gestaltung der Schichtarbeit erlangt, und welche konkreten Regelungen wurden auf Grund dieser Vorschrift in welchen Bereichen und wo getroffen? Im Bund ergibt sich die Notwendigkeit, Beamte zum Nachtdienst heranzuziehen, vor allem im Bereich der inneren Sicherheit, im Betriebsdienst der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost, außerdem im Zolldienst, im Flugsicherungsdienst und im Deutschen Wetterdienst. In diesen Bereichen wird bei der Dienstplangestaltung darauf Bedacht genommen, daß der einzelne Beamte derartigen Dienst möglichst nicht zu häufig verrichten muß und ihm ausreichende Ruhezeiten vor und nach einer Nachtschicht gewährt werden. So hat die Deutsche Bundespost bestimmt, daß die Arbeitskräfte im Durchschnitt einer Dienstplanperiode in der Regel nicht öfter als einmal innerhalb von vier, möglichst jedoch nicht öfter als einmal innerhalb von drei Kalendertagen eingeteilt werden. Bei der Bundesbahn ist für die Ableistung von Nachtdienst am 2. Juni 1975 eine Neuregelung getroffen worden, die in allen Bereichen spätestens vom 1. Juni 1976 an zu beachten ist. Danach sollen Dienstschichten, die mit mindestens 30 Minuten in die Zeit von 22.30 Uhr bis 04.30 Uhr fallen, in der Regel nicht mehr als zweimal, dürfen aber nicht mehr als viermal hintereinander angesetzt werden. In einer Dienstplanperiode sollen sie fünfzig Prozent der Kalendertage nicht überschreiten. Im Bereich des Flugsicherungsdienstes und des Deutschen Wetterdienstes wird den besonderen Belastungen des dort anfallenden Nachtdienstes durch seine gleichmäßige Verteilung auf die Beamten Rechnung getragen. Im Zolldienst gibt es für den Grenzabfertigungsdienst keine besonderen Bestimmungen über die Ableistung von Nachtdienst, während für den Grenzaufsichtsdienst der Nachtdienst im allgemeinen auf zwei Stunden pro Werktag begrenzt ist. Im Grenzschutzeinzeldienst werden die Beamten einer Dienststelle gleichmäßig zum Nachtdienst herangezogen; die Häufigkeit richtet sich nach den dienstlichen Erfordernissen. Von den oben erwähnten Bereichen abgesehen hat § 10 der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten keine große, praktische Bedeutung. Soweit im sonstigen Bundesdienst Arbeitsleistungen zur Nachtzeit erforderlich sein sollten, dürfte es sich um Ausnahmefälle handeln, so daß schon wegen der Seltenheit der Beanspruchung eines Beamten davon ausgegangen werden kann, daß den Erfordernissen des § 10 der Arbeitszeitverordnung auch in diesen Bereichen Rechnung getragen wird. Eine verbindliche Auskunft darüber, ob und ggf. welche besonderen Bestimmungen über die Ableistung von Nachtdienst im gesamten Bundesdienst getroffen worden sind, könnte jedoch nur nach einer entsprechenden schriftlichen Umfrage gegeben werden. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Seiters (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage B 6) : Wie ist das Ergebnis der Überprüfung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm, insbesondere in bezug auf meine Fragen vom 11./12. Juni 1975 (Drucksache 7/3737) und die Antwort der Bundesregierung vom 12. Juni 1975 (Stenographischer Bericht Seite 12539) ? 1. Zwischen den beteiligten Bundesressorts konnte nach ein gehenden rechtlichen Untersuchungen Einigkeit darüber erzielt werden, daß für Bombenabwurf- und Luft-Boden-Schießplätze Lärmschutzbereiche nach dem Fluglärmgesetz festgesetzt werden können. Der Bundesinnenminister hat die für die Ermittlung des Lärmschutzbereichs für den Übungsplatz Nordhorn erforderliche Dateneinholung eingeleitet und ist — zusammen mit den anderen beteiligten Stellen — um eine möglichst rasche Festsetzung des Lärmschutzbereichs bemüht. Mit der Dateneinholung für die anderen entsprechenden Übungsplätze ist inzwischen ebenfalls begonnen worden. 2. Der Bericht der Bundesregierung zu der Frage, ob der Höchstbetrag für Schallschutzmaßnahmen an Wohngebäuden gem. § 9 Abs. 4 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm zu ändern ist, wird z. Z. zwischen den beteiligten Bundesressorts abgestimmt. Der Bericht wird dem Parlament sobald als möglich vorgelegt werden. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 13187* Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 7 und 8) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Befürchtungen des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC), wonach die Produktion der einheimischen Raffinerien voraussichtlich auch 1978 noch nicht ausreichen wird, um den gesamten Benzinbedarf der Bundesrepublik Deutschland zu decken und unter der Voraussetzung, daß nach Ablauf der kommenden zwei Jahre die Regierungen unserer Nachbarländer voraussichtlich nicht bereit sein werden, sich dem deutschen Alleingang bei den Benzinqualitäten anzuschließen, auf dem deutschen Benzinmarkt eine Treibstoffverknappung und erhebliche Preissteigerungen zu erwarten sind? Ist die Bundesregierung bereit, die Anregung des Präsidenten des ADAC aufzugreifen und zu verwirklichen, wonach die Kosten für die Umrüstung eines Motors auf bleiarmes Benzin bei der Lohn- und Einkommensteuer berücksichtigt werden können? Zu Frage B 7: Zunächst darf ich darauf hinweisen, daß der Benzinbedarf in der Bundesrepublik Deutschland auch in der Vergangenheit nicht vollständig aus der Produktion der einheimischen Raffinerien gedeckt wurde. Je nach Bedarfshöhe betrug der Anteil des Imports zwischen etwa 10 lind 25 % Daran dürfte sich auch nach der Einführung der 2. Stufe des Benzinbleigesetzes nichts ändern. Im übrigen hat die Bundesregierung wiederholt auf Mitteilungen aus der deutschen Mineralölindustrie verwiesen, wonach schon im Jahre 1976 der Benzinbedarf der Bundesrepublik Deutschland an gesetzeskonformer Ware bis auf Restmengen aus der inländischen Herstellung und dem Import (zum Teil durch inländische Hersteller) gedeckt wird. Der Gesetzgeber ging im Jahre 1971, als das Benzinbleigesetz erlassen wurde, davon aus, daß die Zeit bis zur Einführung der 2. Stufe mit einer Beschränkung des Bleigehalts im Benzin auf 0,15 g/1 ausreichen würde, eine ausnahmslose Umstellung der Produkte und der geschäftlichen Dispositionen vorzunehmen. Die eingeräumte Frist ist jedoch nicht ausreichend genutzt worden, so daß am 1. Januar 1976 tatsächlich ein geringer Fehlbedarf an bleiarmem Benzin auftreten könnte. Um mögliche Versorgungsschwierigkeiten zu vermeiden, sieht bereits das Benzinbleigesetz in § 3 Abs. 1 die Ermächtigung zur Bewilligung von Ausnahmen vor. Der dem Bundestag vorliegende Entwurf eines Ergänzungsgesetzes zum Benzinbleigesetz sieht die weitere Möglichkeit zur Erteilung von — längstens auf zwei Jahre befristeten — Ausnahmebewilligungen für die Fälle vor, in denen die Einhaltung des zulässigen Höchstgehalts an Bleiverbindungen für den Antragsteller cinc unzumutbare Härte bedeuten würde (Artikel 1 Nr. 4 Buchst. c in Verbindung mit § 3 Abs. 2 des Benzinbleigesetzes). Die Bundesregierung geht davon aus, daß spätestens in der eingeräumten zusätzlichen Frist von zwei Jahren auch die restliche Umstellung der Mineralölwirtschaft erfolgt. Die Bundesregierung wird sich in der Europäischen Gemeinschaft weiterhin um eine einheitliche Begrenzung des Bleigehalts von Ottokraftstoffen bemühen, die den Vorschriften des Benzinbleigesetzes Rechnung trägt. Zu Frage B 8: Hierzu besteht kein Anlaß. Das Benzinbleigesetz wird die Verwendbarkeit von Benzin, auch von Superbenzin, für die gebräuchlichen Kraftfahrzeugmotoren nicht negativ beeinflussen und damit keine konstruktiven Änderungen an den Motoren zur Folge haben. Die Notwendigkeit, bei einzelnen Motoren, die an der Grenze der Fertigungstoleranzen liegen, zur Verbesserung des Fahrverhaltens bestimmte Maßnahmen durchzuführen, war auch bisher nicht auszuschließen, ohne daß aus diesem Grunde an den Staat herangetreten wurde. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 9 und 10) : Welche Erfahrungen liegen der Bundesregierung mit der Ausschreibung von Beamtenstellen vor? Kann die Bundesregierung statistisches Material über Bewerbungen und Einstellungen im Bereich des gehobenen und höheren Dienstes seit 1. Januar 1970, geordnet nach internen Bewerbern, externen Bewerbern oder zu einer früheren Zeit an der jeweiligen Behörde beschäftigten Bewerbern, vorlegen? Zu Frage B 9: Nach § 8 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes sind die Bewerber grundsätzlich durch Stellenausschreibung zu ermitteln. Die Ausschreibungspflicht gilt nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift nicht für die Stellen der Staatssekretäre, Abteilungsleiter in den Bundesministerien und Leiter der den Bundesministerien unmittelbar nachgeordneten Behörden sowie der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Darüber hinaus hat der Bundespersonalausschuß aufgrund der Ermächtigung in § 8 Abs. 2 Satz 2 des Bundesbeamtengesetzes weitere Ausnahmen insbesondere für folgende Beamtenstellen zugelassen: 1. Stellen von der Besoldungsgruppe A 16 BBesO (früher A 1 a RBO) einschließlich aufwärts bei obersten Bundesbehörden, 2. Stellen für Persönliche Referenten der Minister und der Staatssekretäre, 3. Stellen, deren Besetzung durch die Anstellung von Beamten, die ihre Probezeit abgeleistet haben, durch Versetzung von Beamten und durch Übernahme von Beamten anderer Dienstherren vorgenommen wird. Die allgemeine Erfahrung der Bundesregierung ist, daß die Ausschreibung der Beamtenstellen wesentlich zu dem Ziel beigetragen hat, den zu besetzenden Stellen die fähigsten und leistungsstärksten Bewerber zuzuführen. Der Bundesminister des Innern hat einen ins einzelne gehenden Erfahrungsüberblick über die Verhältnisse in den verschiedenen Ressortbereichen nicht. Die Ausschreibungen sind Instrumente der 13188* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 Personalsteuerung, deren Handhabung im einzelnen in die Verantwortlichkeit jedes Ressortministers für seinen Geschäftsbereich fällt (Artikel 65 Satz 2 Grundgesetz). Zu Frage B 10: Statistisches Material zur Frage der Bewerbung und der Besetzung der Stellen des gehobenen und des höheren Dienstes, gegliedert nach den in Ihrer Frage genannten Bewerbergruppen, steht der Bundesregierung nicht zur Verfügung. Die Ermittlung der Angaben würde umfangreiche Einzelfallerhebungen bei den Ressorts erforderlich machen, da nur die einzelnen Personalstellen das Material für den mehrjährigen Zeitraum zusammenstellen können. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 11 und 12) : Wie will die Bundesregierung angesichts der Tatsache, daß in einer der letzten Sitzungen des Rundfunkrats der Deutschen Welle der Diskussion über die russischen Programme eine umfangreiche Analyse des Bundespresse- und Informationsamts und des Auswärtigen Amts sowie ein Gutachten der deutschen Botschaft in Moskau zugrunde lagen, den Verdacht zerstreuen, daß hier im Sinne der bekanntgewordenen Äußerungen von Bundesminister Bahr in der Form der Nachzensur der Versuch gemacht wird, in Zukunft stärker auf den bisher regierungsunabhängigen Sender Einfluß zu nehmen? Ist die Bundesregierung bereit, jeden Versuch des Bundes- ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit oder anderer Regierungsstellen, die durch Verfassung und Gesetz garantierte Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten Deutsche Welle und Deutschlandfunk zu beeinträchtigen und durch eine Anbindung an die Politik der Bundesregierung zu ersetzen, mit allen Mitteln zu verhindern? Voraussetzung für die Beantwortung Ihrer bereits Anfang Juli 1975 im Pressedienst Ihrer Fraktion veröffentlichten Frage wäre, daß ein solcher Verdacht überhaupt besteht. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ich verweise hierzu auf das Ihnen übersandte Schreiben des Vorsitzenden des Rundfunkrates der Deutschen Welle, Herrn Senator a. D. Dr. Ernst Heinsen, vom 4. Juli 1975. Danach hat der Rundfunkrat der Deutschen Welle in Erfüllung seines gesetzlichen Auftrages, dem Intendanten Richtlinien für die Programmgestaltung zu geben und deren Beachtung zu überwachen, einstimmig beschlossen, nacheinander diejenigen Sprachprogramme der Deutschen Welle besonders zu prüfen, von denen im In- und Ausland eine Verletzung des Programmauftrags behauptet worden war. Da die Mitglieder des Rundfunkrates verständlicherweise nicht selbst alle 33 Sendesprachen sprechen bzw. verstehen, sind sie dabei auf die Amtshilfe der Dienststellen angewiesen, die über entsprechende Übersetzer verfügen, insbesondere das Auswärtige Amt und das Bundespresseamt. Der Rundfunkrat hat demgemäß seine Mitglieder Schollwer und Dr. Thomas gebeten, mit Unterstützung der Fachleute dieser beiden Ämter die russischsprachigen Sendungen zweier von ihm ausgewählter Wochen zu übersetzen und dem Rundfunkrat über die Einhaltung des gesetzlichen Programmauftrages und der bestehenden Programmrichtlinien zu berichten. Der Rundfunkratvorsitzende der Deutschen Welle folgert daraus, „daß die Bundesregierung oder die Koalition die regierungsunabhängige Deutsche Welle (nicht) in den Griff bekommen will, sondern allenfalls ..., daß der Rundfunkrat einstimmig, mit den Stimmen seiner der CDU angehörenden Mitglieder, seinen gesetzlichen Auftrag ernst nimmt". Die Bundesregierung nimmt, wie Sie wissen, jede Gelegenheit wahr, den Grundsatz der Staatsfreiheit der Rundfunkanstalten des Bundesrechts hervorzuheben und zu bekräftigen. Sie tut dies erneut in Beantwortung Ihrer Frage 2, möchte jedoch zugleich klarstellen, daß von Versuchen einer Beeinflussung der Rundfunkanstalten des Bundesrechts in den von Ihnen angesprochenen Fällen nicht die Rede sein kann. Ich darf hierzu auf die Antworten auf Ihre Fragen 11 und 12 vom 4. Juni 1975 und auf das vorstehend wiedergegebene Schreiben des Rundfunkratsvorsitzenden der Deutschen Welle vom 4. Juli 1975 Bezug nehmen. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage B 15) : Was hat die Bundesregierung unternommen bzw. was beabsichtigt sie zu tun, um die DDR-Exporte zu Dumpingpreisen in die Bundesrepublik Deutschland zu unterbinden? Staatssekretär Dr. Rohwedder hat bei seinem Gespräch mit Minister Sölle anläßlich der Leipziger Herbstmesse gegen die marktstörenden Lieferungen der DDR protestiert und unter Bezug auf das Berliner Abkommen darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung solche Niedrigpreislieferungen nicht dulden werde. Beide Seiten kamen überein, daß die Treuhandstelle für den Interzonenhandel und das Ministerium für Außenhandel der DDR diese Probleme unverzüglich klären, damit solche Praktiken künftig unterbunden werden. Die Gespräche hierüber werden in Kürze abgeschlossen. Unabhängig hiervon wird das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft die zwischen DDR-Betrieben und westdeutschen Firmen vereinbarten Preise bei sensiblen Waren, vor allem auf dem Textilsektor, besonders sorgfältig beobachten. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 16 und 17) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, dem Landkreis Schweinfurt die Mittel des Regionalen Förderungsprogrammes der Bundesregierung 1965 bis 1968 zu belassen, die zum Bau einer Berufsschule mit Lehrwerkstätten in Gerolzhofen bewilligt wurden, da doch die neue Verwendung dieser Gebäude Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 13189* für ein Gymnasium, die als Folge der Gebietsreform notwendig wurde, auch vom Bundesminister für Wirtschaft — in seinem Schreiben vom 16. d. M. an mich — ausdrücklich als „zweckmäßig und vernünftig" anerkannt wird? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß Richtlinien von 1965 bis 1968 an geänderte Verhältnisse angepaßt werden müssen, wenn nur so zweckmäßige und vernünftige Lösungen und damit eine optimale Nutzung der gewährten Bundesmittel möglich sind? Zu Frage B 16: Die Richtlinien der Bundesregierung für die Verwendung der Bundeshaushaltsmittel des Regionalen Förderungsprogramms wurden unter aktiver Beteiligung der Bundesländer erstellt. Ziel war die Förderung nur solcher Maßnahmen, die einen Primäreffekt für die Steigerung der Wirtschaftskraft eines strukturschwachen Gebietes auslösen und damit unmittelbar zusätzliche Einkommenquellen in den Fördergebieten schaffen. Unter dieser Prämisse und mit dieser Zielsetzung konnten in den Haushaltsjahren 1965 bis 1968 auch Bundesmittel für die Errichtung oder den Ausbau von Aus- und Fortbildungsstätten zur Verfügung gestellt werden. Zwingende Voraussetzung war jedoch, daß „ein erkennbarer Zusammenhang der geplanten Maßnahme mit dem Bedarf der lokalen Wirtschaft an geschulten Arbeitskräften" bestand. Diese Voraussetzung war beim Bau der Berufsschule (mit Lehrwerkstätten) in Gerolzhofen erfüllt, sie ist es jedoch nicht bei einer Verwendung der Gebäude für allgemeinbildende Schulen wie Gymnasien oder Realschulen. Der angestrebte Primäreffekt des regionalen Förderungsprogramms wird damit nicht erreicht. Sowohl aus diesen wie aus haushaltsrechtlichen Gründen ist es der Bundesregierung daher leider nicht möglich, dem Landkreis Schweinfurt die in den letzten Jahren 1965 bis 1968 gewährten Zuwendungen zu belassen. Zu Frage B 17: Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß zu einer Änderung der Richtlinien. Artikel 91 a und 91 b GG Vermehrungsflächen in ha Deutsches Weidelgras Rotschwingel Jahr D DK EG D DK EG 1970 4 275 11 644 995 4 221 1971 4 151 12 784 909 5 562 1972 4 707 11 541 32 815 1 068 6 995 11 696 1973 4 802 10 342 32 283 1 053 7 621 13 257 1974 6 061 19 759 48 478 1 129 9 700 15 118 1975 7 965* 20 700* 50 646* 1 552* 8 000* 14 464* * Zur Feldbesichtigung gemeldet. zählen die Gemeinschaftsaufgaben abschließend auf. Eine „Anpassung" der Richtlinien in dem von Ihnen angestrebten Sinne würde zu einer Verlagerung der von der Verfassung vorgegebenen Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern führen. Das hindert nicht, daß auch die Bundesregierung die vom Landkreis Schweinfurt veränderte Nutzung der Gebäude für zweckmäßig und vernünftig hält. Die Finanzierung ist in diesem Falle jedoch Angelegenheit der zuständigen Gebietskörperschaften. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 18 und 19) : Was gedenkt die Bundesregierung zur Erhaltung einer deutschen Grassamenerzeugung zu unternehmen, angesichts der Tatsache, daß Dänemark einen Dumpingexport in die Bundesrepublik Deutschland beireibt, da Frankreich seine Grenze für Grassamenexporte gesperrt hat? Wird die Bundesregierung die ihr von den Europäischen Gemeinschaften übertragene Möglichkeit der Zulassung anerkannter Hersteller für die Vermischung von Futtermitteln, bei denen die vorgesehenen Höchstgehalte überschritten sind, auf Zusatzstoffe beschränken oder auch auf Schadstoffe ausdehnen? Zu Frage B 18: Der Bundesregierung liegen bis jetzt keine Anhaltspunkte vor, nach denen Dänemark bei Grassamen einen Dumpingexport in die Bundesrepublik Deutschland betreibt. Wie ich bereits auf Ihre Mündliche Frage vom 21. Januar 1975 ausgeführt habe, unterliegt der Grassamenhandel und in manchen Ländern auch die Grassamenvermehrung seit jeher spekulativen Einflüssen. Das verdeutlicht die Entwicklung der Vermehrungsflächen von Deutschem Weidelgras und Rotschwingel in der Bundesrepublik Deutschland, in Dänemark und in der EWG (hier seit 1972) : 18190* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 Aus diesen Zahlen läßt sich ersehen, daß nicht nur Dänemark seine Vermehrungsflächen stark ausgeweitet hat. Auch in der Bundesrepublik Deutschland wurden die Vermehrungsflächen von Deutschem Weidelgras im Verlauf von 5 Jahren fast verdoppelt. Als Folge dieser Spekulation sind die bekannten Preiszusammenbrüche aufgetreten, bei denen die dänischen Firmen zwar auf Grund der dort besonders großen Lagerbestände vorausgingen, aber nicht in einem Ausmaß, das den Vorwurf von Dumpingmaßnahmen rechtfertigen würde. Die dänischen Preise von Grassamen haben auch in früheren Jahren die deutschen Preise mehrfach deutlich unterschritten. So hat die Kommission der EG aufgrund von Angaben der Berufskreise für das Wirtschaftsjahr 1969/70 folgende Erzeugerpreise (in RE/dt) ermittelt: D FI DK Deutsches Weidelgras (spät) 54,6 45 22,3 Deutsches Weidelgras (anderes) 35,5 33,3 17,5 Rotschwingel 68,3 — 28,4 Ursache für diese niedrigeren Preise sind u. a. die höheren Samenerträge der dänischen Sorten, die aber mit Nachteilen für eine langfristige Nutzung gekoppelt sind. Wie ich in der Antwort auf die o. g. Anfrage schon ausführte, sind Schutzmaßnahmen für die deutsche Grassamenproduktion nur im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Saatgut möglich. Die Auswirkungen der nach Reifezeit differenzierten Beihilfen bei Deutschem Weidelgras bleiben abzuwarten. Für weitergehende nationale Maßnahmen besteht auch angesichts der angespannten Haushaltslage kein Spielraum. Bei den von Ihnen erwähnten französischen Maßnahmen handelt es sich um keine amtlichen Maßnahmen, sondern um Kontingentsund Einfuhrabgaberegelungen auf berufsständischer Ebene. Hierzu hat die Bundesregierung die Kommission der EG bereits um eine rechtliche Stellungnahme gebeten. Weitere Schritte der Bundesregierung werden nicht zuletzt von dieser Stellungnahme abhängen. Zu Frage B 19: Nach dem derzeitigen Stand der Beratungen in meinem Hause ist vorgesehen, die Abgabe von Einzelfuttermitteln mit überhöhten Schadstoffgehalten an anerkannte Hersteller von Mischfuttermitteln unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen. Zu diesen Voraussetzungen gehört u. a. die Angabe des Schadstoffgehaltes. Hierdurch soll die Herstellung gesundheitlich unbedenklicher Mischfuttermittel hinsichtlich des Schadstoffgehaltes gewährleistet werden. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 20 und 21): Trifft es zu, daß die Bundesregierung die USA von deren ursprünglicher Absicht, 8 ihrer 16 Batterien mit Nike-HerculesRaketen aus der Bundesrepublik Deutschland abzuziehen, hat abbringen können, und kann nun davon ausgegangen werden, daß in Zukunft auch bei einem eventuellen Ersatz der Nike-Raketen durch ein anderes System mindestens die bisherige Flugabwehrbereitschaft aufrechterhalten bleibt? Ist die Bundesregierung vor der Stationierung von Kurzstrekkenraketen in Ost-Frankreich von der französischen Regierung konsultiert worden, und muß bei einem eventuellen Verteidigungsfall die deutsche Bevölkerung nicht befürchten, sehr rasch in den Wirkungsbereich dieser Raketen zu gelangen? Die Frage der Stationierung der NIKE-HerkulesBatterien in der Bundesrepublik Deutschland ist auf Wunsch der Vereinigten Staaten Gegenstand von Gesprächen zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten und der Bundesregierung. Diese Gespräche sind zur Zeit noch nicht abgeschlossen. Am 22. Juni 1972 hat die französische Regierung mitgeteilt, daß die 1. Französische Armee mit dem nuklear-taktischen Waffensystem PLUTON ausgestattet werde. Die mit diesem Waffensystem ausgerüsteten Truppenteile würden nur auf französischem Territorium stationiert. Da es sich bei PLUTON um ein voll bewegliches, auf Selbstfahrlafette montiertes Waffensystem handelt, dessen Aufgabe in der Unterstützung der Operationen der französischen Landstreitkräfte besteht, können die derzeitigen Stationierungsorte nicht mit Einsatzorten gleichgesetzt werden. Bisher hat Frankreich als Ausdruck seiner Politik der Unabhängigkeit eine Mitsprache der NATO oder der Bundesrepublik Deutschland in Fragen der Stationierungen seines Nuklearpotentials abgelehnt. Aus Äußerungen des französischen Außenministers vom 21. Juni 1975 ist jedoch zu schließen, daß ein eventueller Einsatz dieser Waffen nur nach entsprechenden Konsultationen und im Rahmen einer gemeinsam erarbeiteten Strategie erfolgen wird. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage B 22) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die Kürzung der Ausgleichsbeträge von 12 000 DM auf 8 000 DM nach § 38 des Soldatenversorgungsgesetzes ab 1. Januar 1976 Härtefälle entstehen, und sind hierfür Abhilfemaßnahmen beabsichtigt? Der einmalige Ausgleich wird den Soldaten bei der Versetzung in den Ruhestand wegen Überschreitens der besonderen oder allgemeinen Altersgrenze gezahlt. Er beträgt zur Zeit das Siebeneinhalbfache der Dienstbezüge des letzten Monats, jedoch höchstens 12 000,— DM. Nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur soll der einmalige Ausgleich künftig das Dreifache der Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 13191* Dienstbezüge des letzten Monats, jedoch höchstens 8 000,— DM, betragen. Eine Anwartschaftswahrung ist nicht vorgesehen; von der Maßnahme werden erstmals Soldaten betroffen, die mit Ablauf des 31. 3. 1976 in den Ruhestand versetzt werden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die eintretenden Kürzungen in einer Größenordnung bleiben, auf die sich der betroffene Personenkreis einstellen kann. Auch die zum frühesten Zeitpunkt nach dem Inkrafttreten des Gesetzes in den Ruhestand versetzten Soldaten haben mehr als sechs Monate Zeit, ihre finanzielle Planung auf die neue Situation abzustellen. Dennoch in einzelnen Fällen auftretende Härten müssen mit Rücksicht auf die Zielsetzung der beabsichtigten Maßnahmen in Kauf genommen werden. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Meinike (Oberhausen) (SPD) (Drucksache 7/4038 Frage B 23) : Ist es zutreffend, daß Fahrpreisermäßigungen (z. B. bei kinderreichen Familien) auf Bundesbahnstrecken nicht mehr gewährt werden, sobald der S-Bahn-Betrieb auf diesen Strecken in Betrieb genommen wird? In den Verkehrs- und Tarifverbünden (z. B. in Frankfurt/M., Hamburg, München) geht auch für den Bereich der S-Bahnen die Tarifhoheit für alle Tarife innerhalb des Geltungsbereiches des Verbundes auf die Verbundgesellschaft über. Daneben gibt es noch spezielle S-Bahntarife für S-Bahnstrecken der Deutschen Bundesbahn (z. B. Köln, Rhein-Ruhr), die z. T. gegenüber dem allgemein gültigen Personentarif erheblich ermäßigt sind. Auch im Zuge der Automation können nicht alle sonst gültigen Tarifermäßigungen übernommen werden. Es trifft daher zu, daß einige Fahrpreisermäßigungen (z. B. für kinderreiche Familien) auf Bundesbahnstrecken nicht mehr gewährt werden, sobald der S-Bahnbetrieb auf diesen Strecken eröffnet worden ist. An deren Stelle tritt der besondere S-Bahntarif mit anderen Vergünstigungen. Die Ermäßigungen werden jedoch wieder gewährt, sofern der Reisende über den örtlichen Geltungsbereich der S-Bahntarife hinausfährt. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Seefeld (SPD) (Drucksache 7/4038 Frage B 24) : Welche Maßnahmen — und wann — wird die Deutsche Bundesbahn unternehmen, um die Bahnhofsanlagen in der Gemeinde Graben-Neudorf/Landkreis Karlsruhe umzugestalten? Die Gemeinde Graben-Neudorf plant eine Fußgängerüberführung über die gesamten Bahnanlagen mit Abgängen zu den Bahnsteigen. Wegen der ungünstigen werkehrlichen Lage und des schlechten baulichen Zustandes des alten Empfangsgebäudes ist von der Deutschen Bundesbahn der Bau eines neuen Empfangsgebäudes als Flachbau in einfacher Bauweise in unmittelbarer Nähe der Fußgängerüberführung vorgesehen. Voraussichtlicher Baubeginn dieser Baumaßnahme ist nach Angaben der Deutschen Bundesbahn das Jahr 1976. Im Rahmen des „Programms zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen" ist die Instandsetzung der Zufahrtsstraße und der Parkplätze in Höhe von 100 000 DM vorgesehen. Die Lage des neuen Bahnhofs ist bei diesem Vorhaben bereits berücksichtigt. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr.-Ing. Laermann (FDP) (Drucksache 7/4038 Frage B 25) : Wird in der Bundesrepublik Deutschland, und in welchen Transportbehältern, Plutonium auf dem Luftwege transportiert, und denkt die Bundesregierung an ein Verbot der Lufttransporte von Plutonium? In der Bundesrepublik Deutschland wird Plutonium selten mit Flugzeugen transportiert. Für den Transport sind spezielle Behälter (sog. Typ B) vorgeschrieben, die besonderen Spezifikationen zur Gewährleistung des sicheren Einschlusses und der radiologischen Abschirmung genügen und von der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) offiziell genehmigt sein müssen. Nach bisher vorliegenden Erfahrungen sieht die Bundesregierung im nationalen Rahmen allerdings keine Notwendigkeit, den Lufttransport von Plutonium überhaupt zu verbieten. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hussing (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 26 und 27) : Trifft eine Mitteilung der Tageszeitung „Die Welt" vom 8. September 1975 zu, nach der Experten des Bundesverkehrsministeriums Fluggesellschaften, die ausländische Arbeitnehmer von Berlin in die Türkei fliegen, empfohlen haben, die von Bulgarien verlangte Zwischenlandung im Bundesgebiet nicht mehr tatsächlich durchzuführen, sondern zu simulieren, und falls ja, wie vereinbart die Bundesregierung diese Empfehlung mit dem Völkerrecht? Ist die Bundesregierung, bei andauernder Verweigerung von Überflugrechten für Flüge aus West-Berlin ohne Zwischenlandung im Bundesgebiet, zu Gegenmaßnahmen bereit, wie z. B. die Verweigerung von Landungsrechten für bulgarische Maschinen in der Bundesrepublik Deutschland? 18192* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 Zu Frage B 26: Das Bundesverkehrsministerium hat Erwägungen darüber angestellt, die nächtlichen Lärmbelästigungen auf dem Flughafen Nürnberg zu vermeiden. Die mit der ergangenen Empfehlung verbundene flugsicherungsmäßige Maßnahme verstößt nicht gegen völkerrechtliche Abmachungen, insbesondere nicht gegen das Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt. Zu Frage B 27: Die Bundesregierung ist vor allem um eine Wiedereröffnung der Luftstraße G 12 zwischen Griechenland und der Türkei bemüht, deren Schließung seit der Zypernkrise die Benutzung bulgarischen Luftraums für Flüge zwischen Berlin (West) und Istanbul notwendig machte. Der Luftverkehr von und nach Berlin (West) fällt bekanntlich in die ausschließliche Zuständigkeit der Drei Mächte, die sich laufend darum bemühen, diesen Flugverkehr so reibungslos wie möglich zu gestalten. Die Schutzmächte stehen in diesen Fragen in ständigem engen Kontakt mit der Bundesregierung. Diese unterstützt ihrerseits die Bemühungen der Drei Mächte im Rahmen ihrer Möglichkeiten und mit den Mitteln, die ihr und den Schutzmächten notwendig und angemessen erscheinen. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 28 und 29) : Wann beabsichtigt die Deutsche Bundesbahn den Neubau des dringend erforderlichen Stellwerks in Lüneburg, und teilt die Deutsche Bundesbahn und das Bundesverkehrsministerium die Auffassung, daß damit ca. 45 Personalstellen eingespart werden können? Wann beabsichtigt die Deutsche Bundesbahn die Einführung einer ferngesteuerten Bedienung der ca. 15 handbedienten Bahnübergänge zwischen Harburg und Uelzen, und teilt die Deutsche Bundesbahn und das Bundesverkehrsministerium die Auffassung, daß damit ebenfalls ca. 40 Personalstellen eingespart werden können? Zu Frage B 28: Wegen der erforderlichen planerischen Vorbereitung des Vorhabens kann mit den Bauarbeiten für das neue Stellwerk im Bahnhof Luneburg frühestens Anfang 1977 begonnen werden. Bei der Zusammenfassung der bisherigen 12 mechanischen Stellwerke zu einem Zentralstellwerk werden nach Angaben der Deutschen Bundesbahn einschließlich der Modernisierung der Bahnübergangssicherung etwa 38 Personen für anderen Einsatz freigestellt. Zu Frage B 29: Die Deutsche Bundesbahn hat die Einführung einer ferngesteuerten Sicherung der zwischen Harburg und Uelzen vorhandenen Bahnübergänge bisher nicht untersucht. Schlußfolgerungen hinsichtlich etwaiger Personaleinsparungen sind daher z. Z. nicht möglich. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage B 30 und 31): Bis zu welchem Zeitpunkt werden die Schiffahrtsvorschriften nach Artikel 5 des Übereinkommens über die Schiffahrt auf dem Bodensee und nach Artikel 6 des Vertrags der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Schiffahrt auf dem Bodensee und dem Rhein zwischen Konstanz und Schaffhausen (vgl. Drucksache 7/3439) erlassen, und hat die Bundesregierung allenfalls die Möglichkeit, dafür einzutreten, daß diese Schiffahrtsvorschriften baldigst erlassen werden? Bis zu welchem Zeitpunkt wird die nach Artikel 19 des Übereinkommens über die Schiffahrt auf dem Bodensee vorgesehene Internationale Schiffahrtskommission für den Bodensee gebildet? Zu Frage B 30: Aufgrund der Vorbereitungen für den Erlaß der Verordnung über die Schiffahrt auf dem Bodensee (Bodenseeschiffahrtsordnung) in Osterreich und der Schweiz sowie in den Ländern Baden-Württemberg und Bayern kann damit gerechnet werden, daß die Bodenseeschiffahrtsordnung in allen Anliegerstaaten des Bodensees am 1. März 1976 und damit rechtzeitig vor Beginn der neuen Wassersportsaison in Kraft tritt. Zu Frage B 31: Die Internationale Schiffahrtskommission für den Bodensee (Kommission) wird sich nach Inkrafttreten des Übereinkommens über die Schiffahrt auf dem Bodensee (Übereinkommen) konstituieren. Das Übereinkommen soll am 1. Januar 1976 in Kraft treten. Die Tätigkeit der Kommission wird schon jetzt durch einen internationalen SachverständigenAusschuß vorbereitet, der im Oktober zum dritten Mal in diesem Jahre zusammentritt. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/4038 Frage B 32) : Ist es richtig, daß die Deutsche Bundespost im Hinblick auf das ehemalige Postdienstgebäude in Bad Soden am Taunus, Kronberger Straße 6, der Stadt als Kaufinteressenten immer mitgeteilt hat, daß es „dringend geboten sei, der Stadt das Postgrundstück nur im Tauschwege zu überlassen", daß dieses Grundstück aber am 11. August 1975 an einen Privatinteressenten verkauft worden ist, ohne daß ein Tausch gefordert sein soll? Nach den Plänen der Oberpostdirektion Frankfurt am Main sollte auf dem Grundstück des früheren Postamts in Bad Soden, Kronberger Straße 6, ein Wohngebäude für Postbedienstete' errichtet werden. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 13193* Die Stadt zeigte an dem Grundstück für eine Straßenverbreiterung Interesse. Der Stadt wurde wiederholt mitgeteilt, daß das Gelände aus Gründen der Wohnungsfürsorge nur im Austausch gegen ein anderes für Wohnzwecke geeignetes Grundstück abgegeben werden kann. Die Verhandlungen über den vorgeschlagenen Grundstückstausch scheiterten schließlich, weil die Stadt sich nicht dazu in der Lage sah, ein anderes Grundstück zur Verfügung zu stellen. Einem Privatinteressenten, dem Grundstücksnachbarn, wurden zunächst die gleichen Auflagen gestellt. Er hat der Oberpostdirektion auch mehrere Grundstücke nachgewiesen, die aber alle für den Wohnungsbau für Postbedienstete nicht geeignet erschienen. Im Laufe dieser Verhandlungen ergab sich für die Oberpostdirektion eine neue Situation. Es hatte sich zwischenzeitlich herausgestellt, daß durch den Bau von Wohnungen in Königstein und einer Minderung des Bedarfs die Voraussetzungen für die Errichtung von Wohnungen in Bad Soden weggefallen waren. Die Oberpostdirektion Frankfurt am Main hat sich daraufhin umgehend zu einem Verkauf des Grundstücks entschlossen. Die Stadt hatte wiederholt betont, daß sie den größeren Teil des Grundstücks für die Verbreiterung einer Straße benötigt. Der Käufer ist daher vor Abschluß des Kaufvertrages darauf hingewiesen worden, daß die Stadt einen wesentlichen Teil des zu erwerbenden Grundstücks zum Ausbau einer Straße beansprucht. Nach seinen Angaben in den Verhandlungen ist er mündlich und im Juni 1975 schriftlich an die Stadt herangetreten. Er hat dabei in den Gesprächen mit dem Bürgermeister erfahren, daß die Planungen für die Straßenführung noch nicht abgeschlossen seien und man sich zu gegebener Zeit an ihn wenden werde. Es steht fest, daß die Stadt von dem Erwerb des Grundstücks durch den Käufer wußte und damit einverstanden war. Dies findet auch seine Bestätigung in einem Schreiben der Stadt an das beurkundende Notariat, in dem mitgeteilt wurde, daß für die Stadt im vorliegenden Fall ein Vorkaufsrecht nicht bestehe. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Warnke (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage B 33) : Ist der Bundespostminister bereit, den in der Presse wiederholt auszugsweise zitierten Bericht der Oberpostdirektion Nürnberg vom 12. Juli 1975 betreffend Baumaßnahmen beim Postamt Hof der Offentlichkeit in seinem gesamten Wortlaut zu unterbreiten? Aufgrund einer Stellungnahme der Pressestelle der Oberpostdirektion Nürnberg ist ein Bericht der Oberpostdirektion vom 10. Juli 1975 betr. Baumaßnahmen beim PA Hof am 2. August 1975 in der Frankenpost in seinen wesentlichen Punkten wiedergegeben worden. Das Bundespostministerium beabsichtigt nicht, den Bericht in seinem vollen Wortlaut zu veröffentlichen; es handelt sich um einen verwaltungsinternen Vorgang. Von einem weiteren Bericht der Oberpostdirektion Nürnberg vom 12. September 1975 betreffend Baumaßnahmen beim Postamt Hof ist dem Bundespostministerium nichts bekannt. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretär Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wernitz (SPD) (Drucksache 7/4038 Frage B 34) : Sind die Inhaber von Dauerrechtswohnungen berechtigt, die Förderung nach dem Sonderprogramm „Wohnungsmodernisierung" selbst zu beantragen, oder steht das Antragsrecht der jeweiligen Siedlungs- oder Baugesellschaft zu? Nach dem Wortlaut der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern besteht die Förderung in einem einmaligen Zuschuß an den Eigentümer oder sonst dinglich Verfügungsberechtigten. Damit ist sichergestellt, daß auch der Inhaber eines grundbuchlich eingetragenen Dauerwohnrechts — soweit dies nicht im Hinblick auf die Modernisierung und Instandsetzung vertraglich eingeschränkt ist Zuschüsse im Rahmen des Sonderprogramms zur Förderung der Modernisierung und Instandsetzung von Wohngebäuden beantragen kann. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Frage B 35) : Gehört der Kreis Euskirchen (ehemaliger Kreis Schleiden und ehemaliger Kreis Euskirchen) gemäß dem Bundesraumordnungsprogramm zu den strukturschwachen Gebieten? Die strukturschwachen Räume des Bundesraumordnungsprogramms basieren auf dem Stand der Kreisgrenzen nach der Volks-, Berufs- und Arbeitsstättenzählung 1970. Bund und Länder haben die den strukturschwachen Räumen zugrunde liegenden Gebietseinheiten im wesentlichen in den Jahren 1970/71 abgegrenzt. Aus statistischen und methodischen Gründen konnten anschließende Kreisreformen der Bundesländer in den Analysen, die der Auswahl der Schwerpunkträume zugrunde liegen, nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. Bundesraumordnungsprogramm II, 1 Ziffer 4). Infolgedessen gehört nur derjenige Teil des neuen Kreises Euskirchen, der den ehemaligen Kreis Schleiden umfaßt, gemäß Bundesraumordnungsprogramm zu dem Schwerpunktraum „Eifel—Westerwald." 13194* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975 Bund und Länder gehen jedoch bei allen raumordnungspolit schen Überlegungen und Fortschreibungserfordernissen des Bundesraumordnungsprogramms davon aus, daß jeweils der aktuelle Gebietsstand zu berücksichtigen ist. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Immer (Altenkirchen) (SPD) (Drucksache 7/4038 Fragen B 36 und 37) : Inwieweit beruhen die Bewilligungsbedingungen für das Modernisierungsprogramm 1975 auf gemeinsamen Beschlüssen des Bundes und der Länder, bzw. welche Länder haben Einspruch erhoben oder den Bewilligungsbedingungen nicht zugestimmt? Inwieweit trifft es zu, daß das Modernisierungsprogramm 1975 deshalb nur zögernd und daher nicht konjunkturwirksam habe verwirklicht werden können, „weil die Bewilligungsbedingungen des Bundes viel zu kompliziert sind und eine Förderung ausschließlich nur in vorher festgelegten Modernisierungszonen erfolgen kann"? Zu Frage B 36: Die vom Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau erlassenen Richtlinien für das Modernisierungsprogramm 1974 und 1975 sind in mehreren Besprechungen mit den Länderreferenten erarbeitet worden und auf den Ministerkonferenzen vom 13. Dezember 1973 und 28. November 1974 von allen für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Ministern und Senatoren gebilligt worden. Um Anlaufschwierigkeiten des Programms zu vermindern, wurde zusätzlich vereinbart, daß in der Anlaufphase des Programms stärker von der Ausnahmeregelung, auch außerhalb von Modernisierungszonen zu fördern, Gebrauch gemacht werden könne. Zu Frage B 37: Das gemeinsame Modernisierungsprogramm von Bund und Ländern konzentriert die Förderung erstmalig auf räumliche Schwerpunkte. Die Durchführung des Modernisierungsprogramms war — wie bei einem neuen Programm zu erwarten — mit anfänglichen Schwierigkeiten verbunden. Wie mir aus den Ländern berichtet worden ist, sind diese Schwierigkeiten jedoch inzwischen weitgehend behoben. Anlage 37 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Stavenhagen (CDU/ CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 38 und 39) : Welche Vorstellung hat das Bundesministerium für Forschung und Technologie über die zukünftige Entwicklung und Förderung der Europäischen Computerindustrie, und welche Folgerungen ergeben sich hieraus für direkte Förderungsmaßnahmen? Trifft es zu, daß Vertreter einer amerikanisch-japanischen Großrechnerfirma im Bundesministerium für Forschung und Technologie zu Gesprächen eingeladen waren, und ist dies zurückzuführen auf die Intervention eines deutschen Kleinrechnerherstellers oder eines Politikers der Koalitionsparteien? Zu Frage B 38: Die Bundesregierung hat dem Bundestagsausschuß für Forschung und Technologie in einem ausführlichen Bericht die Situation der Hersteller von Datenverarbeitungsanlagen dargelegt und auch die Folgerungen für Förderungsmaßnahmen aufgezeigt. Der Bericht ist Ihnen als Mitglied dieses Ausschusses bekannt. Zu Frage B 39: Ihre Frage beantworte ich mit ja. Die Computerwoche berichtete am 13. Juni 1975 unter dem Titel „Ein Superstar in Bonn" über den Besuch. Anlage 38 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Link (CDU/CSU) (Drucksache 7/4038 Fragen B 40 und 41) : In welcher Auflage und durch welche Zeitungen wurde die vom Bundesministerium für Forschung und Technologie herausgegebene Schrift „forschung aktuell" verbreitet? Wie hoch waren die Kosten für die Herstellung und Verteilung? Zu Frage B 40: Die Informationsschrift „forschung aktuell" mit den Schwerpunktthemen Modernisierung der Volkswirtschaft und Humanisierung des Arbeitslebens wurde in einer Gesamtauflage von 1,5 Millionen Exemplaren hergestellt. Davon wurden rd. 630 000 Exemplare über Arbeitnehmerorganisationen, bei Informationsveranstaltungen und an Besuchergruppen verteilt. Die Verteilung als Zeitungsbeilage erfolgte in industriellen Ballungsgebieten über die folgenden Organe: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Teilauflage Expl. 563 000 Braunschweiger Zeitung, Teilauflagen Wolfsburg/Salzgitter 49 000 Saarbrücker Zeitung (Stadtauflage) 119 000 Frankfurter Rundschau (Teilauflage) 60 000 Nürnberger Nachrichten (Teilauflage) 75 000 866 000 Zu Frage B 41: Die Kosten für die Herstellung betrugen DM 60 205,48, für die Verteilung DM 97 798,25.
Gesamtes Protokol
Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718700000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, die Fraktion der FDP schlägt für die aus der Beratenden Versammlung des Europarates ausscheidende Abgeordnete Frau Schuchardt den Abgeordneten Dr. Vohrer als Vertreter vor, der bisher stellvertretendes Mitglied war. Als Stellvertreter wird an Stelle des Abgeordneten Vohrer der Abgeordnete Opitz vorgeschlagen. Erhebt sich kein Widerspruch? — Dann ist es so beschlossen.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu dem Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen
— Drucksachen 7/4013, 7/4044 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. von Bülow
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Bülow.

Dr. Andreas von Bülow (SPD):
Rede ID: ID0718700100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat ein Konjunkturprogramm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen gemäß § 6 des Stabilitätsgesetzes vorgelegt. Die Debatte über dieses Programm gehört zu dem großen Themenbereich Wirtschaft und Finanzen, der uns nicht nur in der letzten Woche beschäftigt hat, sondern der uns auch in den nächsten Wochen und Monaten, mindestens bis zur Verabschiedung des Haushalts 1976 beschäftigen wird.
In der letzten Woche hat eine Fülle von verschiedenen Programmpunkten der Regierung im Mittelpunkt der Diskussion gestanden. Im wesentlichen ging es um die Analyse der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzsituation. Es bleibt aus dieser Debatte festzuhalten, daß im Augenblick ein Auftragsvolumen aus dem Ausland in Höhe von 40 Milliarden DM nicht in die Wirtschaft der Bundesrepublik fließt und daß sich diese 40 Milliarden DM Minderaufträge nicht nur in der Beschäftigungssituation, sondern auch in der Finanzsituation der
Bundesanstalt für Arbeit bis hin zu der Situation bei den Steuereingängen niederschlagen müssen. Natürlich ist die schwierige konjunkturelle Situation nicht nur auf das geringere Auftragsvolumen aus dem Ausland zurückzuführen, sondern sie erstreckt sich auch auf den inländischen Bereich, vornehmlich die Bauwirtschaft. Das vorliegende Programm soll gezielt der Bauwirtschaft helfen.
In dieser Woche stehen die Handlungen auf Grund dieser Analyse im Vordergrund. Es hat im westlichen Lager eine weltweite Abstimmung der Konjunkturpolitiken gegeben. Dies ist vorausgelaufen. Es hat mehrere Konjunkturprogramme der Bundesregierung gegeben. Dies ist ein neues, gezieltes Programm für Bauinvestitionen. Ein weiterer Punkt der Handlungen von seiten der Regierung ist der Nachtragshaushalt, der morgen hier im Plenum zur Debatte stehen wird.
Die Opposition hat eine kleine Änderung ihrer Analyse der Situation vorgenommen, indem sie nicht mehr behauptet, alle Schwierigkeiten seien allein hausgemacht, sondern in der letzten Woche hat sie zumindest zugegeben, daß einiges vom Ausland mitverursacht sei. Wer die Haltung und die Ausdrucksweise der Opposition über die Jahre verfolgt hat, wird daraus schließen können, daß dies praktisch ein Einschwenken auf die Analyse des Bundeskanzlers darstellt.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP — Freiherr von Fircks [CDU/CSU] : Dummes Zeug!)

So schön dieses leichte Einschwenken und das Nachholen von Erkenntnissen ist, so bedauerlich ist es, daß die Opposition in dieser Situation offensichtlich nach wie vor handlungsunfähig bleibt. Das gilt nicht nur für die Haushalts- und Spardiskussion, die in den letzten Wochen, ausgehend von dem Programm, das die Bundesregierung vorgelegt hat, in den Reihen der Opposition geführt worden ist. Wir werden morgen ein weiteres Beispiel bekommen, und das wird den Nachtragshaushalt betreffen. Wir werden ein Volumen von 15 Milliarden DM, bedingt durch Steuermindereinnahmen und durch zusätzliche Ausgaben für die Bundesanstalt für Arbeit, nachfinanzieren müssen.

(Sick [CDU/CSU]: Bilanz Ihres Versagens!)




Dr. von Bülow
Die CDU/CSU wird dieses Programm, wenn die Haltung ihrer Gruppe im Haushaltsausschuß für die gesamte Opposition maßgebend werden sollte, ablehnen, weil sie fordert, daß diese 15 Milliarden DM im Haushalt 75 erspart werden sollen. Dies bedeutet für denjenigen, der Konjunktur- und Wirtschaftspolitik zu betreiben hat, eine völlig unmögliche Forderung; denn dies würde prozyklisch einen zusätzlichen Nachfrageausfall auch bei der öffentlichen Hand erzwingen, anstatt diese Nachfrage voll durchzuhalten. Ich kann mir vorstellen, daß im gesamten Lande die Antwort auf diese Forderung nach Einsparung von 15 Milliarden DM noch im Haushalt 1975 nur ein Kopfschütteln sein wird, ganz abgesehen davon — dies wird morgen zu behandeln sein — daß natürlich keinerlei Vorschläge kommen, wo gespart werden soll, weder für 1975 noch für 1976.
Die Veto-Gruppen sind bereits formiert: Es darf bei der Verteidigung nicht eingegriffen werden, es darf bei der Entwicklungshilfe nicht eingegriffen werden, es dürfen keine Investitionen abgebaut werden, es darf bei der Landwirtschaft nicht gekürzt werden, es darf nach Möglichkeit auch bei den Beamten nicht gekürzt werden. Wenn das alles nicht gemacht werden darf, dann müssen nicht nur im Zusammenhang mit den 7 Milliarden DM Vorschläge auf den Tisch, sondern wir erwarten morgen auch, daß Sparvorschläge in Höhe von 15 Milliarden DM, noch auf den Haushalt 1975 bezogen, vorgelegt werden, wenn das Ganze nicht einen Aberwitz einer Haltung einer Opposition darstellen soll.

(Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU)

Die SPD-Fraktion begrüßt und unterstützt das neue Konjunkturprogramm der Bundesregierung. Es ist, wie schon gesagt, gezielt auf die Stärkung der Bauwirtschaft ausgerichtet, um darauf aufbauend generelle positive Beschäftigungsimpulse auszulösen. Das Programm hat sowohl konjunktur- als auch strukturpolitische Bedeutung. Wir erwarten, daß sein konjunkturpolitischer Effekt erheblich über die unmittelbar ausgewiesenen öffentlichen Mittel von 5,8 Milliarden DM hinausgeht. Sachverständige schätzen das Anstoßvolumen, das insgesamt erreicht wird, auf 10 bis 12 Milliarden DM.
Dieses Programm nimmt Rücksicht auf die Finanzsituation der Gemeinden. Gleichzeitig wird die Kooperationsbereitschaft der Gemeinden bedeutsam für das Greifen des Gesamtprogramms sein.
Die Bundesregierung hat beim Beschluß des Konjunkturprogramms und bei seiner Vorlage die Verzahnung der deutschen Wirtschaft mit der Weltwirtschaft und alle daraus erwachsenden Probleme deutlich gemacht. Der Bundestag hat in der letzten Woche diesen Komplex des Zusammenhangs von Binnenwirtschaft und Außenwirtschaft eingehend diskutieren können.
Die Bundestagsdebatte der vorigen Woche hat die Unterschiede zwischen Koalition einerseits und Opposition andererseits deutlich gemacht. Im Gegensatz zu Ihnen von der Opposition sind wir der
Auffassung, daß die Bundesregierung im Konjunkturverlauf zeitlich und sachlich richtig gehandelt hat. Ich erinnere nur daran, daß das erste Sonderprogramm vom Frühjahr 1974 Ausgaben in Höhe von 900 Millionen DM für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen vorgesehen hatte. Es folgte noch im September 1974 das Programm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung mit ebenfalls ungefähr 950 Millionen DM, gefolgt von dem dritten Sonderprogramm vom Dezember 1974 mit 1,73 Milliarden DM. Es muß noch das hinzugerechnet werden, was über die Steuer- und Kindergeldreform an Nachfragepotential — leider kommt es im Augenblick bei der gegenwärtigen Sparquote nicht voll zum Tragen — in die Volkswirtschaft hineingegeben wurde.
Hinzu kam — dies ist wiederum ein Beispiel für die geradezu schizophrene Haltung der Opposition —die Forderung aller Parteien dieses Hauses, sämtliche Investitionsmaßnahmen des Bundeshaushalts in die erste Jahreshälfte vorzuziehen. Dies ist geschehen; dann aber entfallen natürlich entsprechende Einsparungsmöglichkeiten in der zweiten Hälfte des Jahres.
Für die Finanzierung der Konjunktursonderprogramme einschließlich des jetzt vorliegenden konnte auf die stillgelegten Mittel des Bundes und der Länder bei der Bundesbank zurückgegriffen werden. Dies ist ein Beispiel sehr vorsorgender Politik und das Gegenteil von dem Finanzchaos, das Sie hier im Plenum und draußen an die Wand malen.
Die SPD hält den Vorwurf der Opposition, dieses Programm komme zu spät, für Effekthascherei; denn noch in der Bundesratssitzung vom 19. Juni haben die Wirtschaftsminister aller Länder, also auch die dort vorhandene Mehrheit der CDU/CSU-Wirtschaftsminister, beschlossen, daß erst nach einer gewissen Beobachtungspause und nach Vorliegen von aussagekräftigem Material zu entscheiden sei, ob neue konjunkturpolitischen Maßnahmen zu ergreifen seien. Dies war also die Aussage der Fachleute innerhalb der Opposition; die Leute, die in den Ländern die Verantwortung tragen und nicht nur reden, waren damals für Abwarten. Insofern kann man nicht heute, wenige Wochen später, schon wieder behaupten, das Konjunkturprogramm komme zu spät.
Ich will kurz auf die Finanzierung eingehen. Die Finanzierungsmittel werden geteilt. Das Gesamtprogramm hat 5,7 Milliarden DM zum Umfang. Davon trägt der Bund mehr als die Hälfte, die Länder tragen 1,35 Milliarden DM und die Gemeinden 750 Millionen DM. Auch der Programmteil, der auf die Länder entfällt, wird — genauso wie der, der auf den Bund entfällt, mit Ausnahme einer Größenordnung von 600 Millionen DM — über die Rücklagen bei der Bundesbank finanziert.
Nun einiges zum Inhalt. Der Inhalt dieses Konjunkturprogramms ist in der hitzigen Debatte der letzten Woche zu kurz gekommen; deshalb heute bei der abschließenden Beratung eine ausführlichere Darstellung.



Dr. von Bülow
Das Programm untergliedert sich in Ausgaben für die kommunale Infrastruktur einschließlich Stadtsanierung in Höhe von 2,45 Milliarden DM, die Mittel für Wohnungsmodernisierung ein Programm, das sehr schnell abzulaufen scheint — in Höhe von 700 Millionen DM, die Zwischenfinanzierung von Bausparverträgen in Höhe von 300 Millionen DM, bundeseigene Investitionen in den verschiedenen Bereichen in Höhe von 1,2 Milliarden DM und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch die Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von 600 Millionen DM. Das macht zusammen 5,25 Milliarden DM. Dazu kommen noch Darlehen zur Erleichterung der Finanzierung kommunaler Investitionen und zur Verstärkung der ERP-Umweltschutzprogramme von zusammen 1 Milliarde DM, wovon 500 Millionen DM zur Finanzierung des kommunalen Eigenanteils verwendet werden. Das Gesamtprogramm kommt mit diesen 500 Millionen DM auf 5,75 Milliarden DM. Sie sehen, daß der Schwerpunkt dieses Konjunkturprogramms bei den Kommunen liegt, daß der Finanzsituation der Kommunen Rechnung getragen wird, indem der Anteil, den die Gemeinden aufzubringen haben, gering ist; er beträgt 10 bis 20 %.
Nun zu den Programmteilen im einzelnen.
Programmteil kommunale Infrastruktur: Von diesem Programmteil werden in besonders starkem Maße neben den konjunkturellen auch zahlreiche strukturpolitische Effekte im Sinne des Regierungsprogramms ausgehen. Für die Kommunen im ganzen Bundesgebiet einschließlich Berlin stehen Zuschüsse in Höhe von 1,2 Milliarden DM zur Verfügung, die bis zu 80 % — im Zonenrandgebiet erreicht dieser Prozentsatz 90 % — der Investitionskosten durch die Finanzierung Bund-Länder bereitgestellt werden. Zu dem Programm gehören Zuschüsse für Abwasserbeseitigung, Abwasserreinigung, Luftreinhaltungsanlagen, Müllverbrennungsanlagen, Müllverwertungsanlagen, die Erschließung von Industriegelände, die Erschließung von Einrichtungen des Fremdenverkehrs, Errichtung und Ausbau von berufsbildenden Schulen, Errichtung von Aus- und Fortbildungsstätten, kommunale Mineralölbevorratungsanlagen, Parkhäuser, Fußgängerzonen, Omnibusbahnhöfe, Straßenbau im kommunalen Bereich, Altersheime, Altenpflegeheime, Altentagesstätten, Kinderhorte. Ich will nicht die volle Palette dessen, was hier in Aussicht genommen ist, zitieren; die Aufzählung soll nur klarmachen, wie breit dieses Programm angelegt ist und wie schnell dadurch die Möglichkeit gegeben ist, dieses Geld tatsächlich in Umsätze und Aufträge für die Bauwirtschaft umzugießen. Es können Baumaßnahmen zugunsten alter Menschen, Kinder und Jugendlicher gefördert werden, wenn Träger der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege angehören oder Kirchen oder sonstige Religionsgesellschaften sind.
Es folgt ein Programm zur Stadtsanierung mit Mitteln in Höhe von 500 Millionen DM, das je zur Hälfte von Bund und Ländern finanziert wird und bei dem die Gemeinden einen Eigenanteil von 10 % im Zonenrandgebiet und von 20 °/o im übrigen Bundesgebiet zu erbringen haben.
Schlagzeilen hat das Sonderprogramm Wohnungsmodernisierung gemacht. Im Gegensatz zu dem letzten Konjunkturprogramm ist man diesmal davon abgegangen, die Mittel von der Bürokratie verwalten zu lassen. Die Durchführung dieses Programms wird statt dessen über das Bankenwesen organisiert. Das hat zur Folge gehabt, daß schon heute mehr als die Hälfte der Länder signalisiert haben, daß dieses Programm überbelegt ist.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Mit insgesamt 700 Millionen DM wird die Instandsetzung und Modernisierung von rund 250 000 bis 300 000 Wohnungen gefördert. Begünstigt sind alle Wohnungen einschließlich Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser, die bis zum 31. Dezember 1960 bezugsfertig waren. Der einmalige Zuschuß wird z. B. für Modernisierungsmaßnahmen im Bereich der sanitären Einrichtung, der Beleuchtung, der Beheizung und des Wärme- und Schallschutzes gewährt. Der Zuschuß beträgt zwischen 15 und 30 °/o der Investitionskosten.
Ein interessanter Hinweis für Sie von der Opposition: Dieses Programm widerlegt einmal mehr,
daß es der SPD darum gehe, etwa Eigenheimbesitzer von ihrem Eigenheim zu trennen. Dieses Programm ist ganz im Gegenteil darauf angelegt, Eigenheime zu modernisieren, gezielte Hilfen in diesem Bereich zu geben. So wird das wohl auch von der Öffentlichkeit verstanden werden.
Ein weiteres Programm soll Bauaufträge vorziehen, indem Zwischenfinanzierungsmöglichkeiten bei Bausparverträgen eingeräumt werden.

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Ich würde gern auf Zwischenrufe eingehen, aber sie müßten ein bißchen lauter sein. — Mit diesem Sonderprogramm in Höhe von 300 Millionen DM werden Zwischenfinanzierungshilfen für den Bau von steuerbegünstigten Ein- und Zweifamilienhäusern sowie für Eigentumswohnungen gegeben. Wir erreichen damit, daß kurzfristig realisierbare Baunachfrage vorgezogen werden kann. Die Zinsverbilligung beträgt 2,5 % und wird für die Zwischenfinanzierung von Bausparverträgen mit eingezahlter Mindestansparsumme bis zur Zuteilung, längstens für die Dauer von drei Jahren, gewährt.
Nun kommt ein weiteres Programm: bundeseigene Investitionen. Das Bundesprogramm in Höhe von 1,2 Milliarden DM für bundeseigene Investitionen umfaßt zu zwei Dritteln Hochbaumaßnahmen; hier liegt der Schwerpunkt der Schwierigkeiten im Bereich der Bauwirtschaft. Der Rest geht in den Tiefbau. Es sind Baumaßnahmen beim Bundesgrenzschutz, in der zivilen Verteidigung, beim Gewässerschutz, beim Bundesprogramm zur Sanierung von Rhein und Bodensee vorgesehen. Es kommen Projekte einiger Bundesanstalten aus dem Bereich verschiedener Ministerien hinzu. Die Deutsche Bundesbahn wird einen Investitionszuschuß in Höhe von 365 Millionen DM erhalten. Weitere 195 Millionen DM fließen in den Wasserstraßenbau und in den Bundesfernstraßenbau. Im Verteidigungsbereich sind zusätzliche Aufträge in Höhe von 350 Mil-



Dr. von Bülow
lionen DM vorgesehen. Der Bereich Forschung und Technologie erhält 61 Millionen DM.

(Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Herr Kollege, gehen Sie eigentlich davon aus, daß das keiner gelesen hat, was Sie da verlesen?)

— Ich bin der Meinung, daß das in der Offentlichkeit viel zu stark untergegangen ist und daß es deshalb in Breite dargestellt werden muß

(Beifall bei der SPD und der FDP)

und daß es natürlich das Anliegen der Opposition sein muß, nach Möglichkeit nur in die Polemik auszuweichen, ohne irgendwelche Alternativvorschläge zu machen.

(Nordlohne [CDU/CSU] : Das hat mit Polemik nichts zu tun!)

Hier liegt ein konkretes Programm vor, das in der Öffentlichkeit dargestellt werden muß. Das soll hier nachgeholt werden, nachdem es in der letzten Woche zu kurz gekommen ist.

(Beifall bei der SPD — Nordlohne [CDU/ CSU] : Die Drucksache hat anscheinend niemand gelesen!)

Es kommt darauf an, daß die Auftragsvergabe, die auf Grund der Bereitstellung dieser Mittel möglich geworden ist, schnell erfolgt. Es ist vorgesehen, daß die Auftragsvergabe bis zum 31. Dezember 1975 durchgeführt werden muß und daß die Durchführung bei der Mehrzahl der Maßnahmen bis Ende 1976 abgeschlossen sein soll.
Ich erwähne noch Mittel in Höhe von 600 Millionen DM für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die die Bundesanstalt für Arbeit bekommt, um in Zusammenarbeit mit den Kommunen und anderen Trägern Aufträge zur Erhaltung der Beschäftigung vergeben zu können. Diese Aufträge fließen ebenfalls weitgehend in die Bauwirtschaft.
Die Bauwirtschaft ist einer der Kernbereiche der inländischen Nachfrageschwäche. Zur Jahresmitte 1975 hat sich die Nachfrage nach Bauten auf dem stark abgesunkenen Niveau zwar etwas stabilisiert, aber die weitere Entwicklung bleibt mit erheblichen Unsicherheiten belastet, und es besteht die Gefahr, daß es infolge des Fehlens von Anschlußaufträgen zu einem zu starken Kapazitätsabbau kommt, nachdem wir in den letzten Jahren einen ungeheuren Boom in der Bauwirtschaft hatten, der zu vielfältigen Fehlerscheinungen geführt hat.
Das vorliegende Programm, das in der Bauwirtschaft kurzfristige Beschäftigungsrisiken vermindern soll, wird Impulse auch über den Baubereich hinaus auf andere Wirtschaftszweige geben. Es muß jetzt schnell in die Tat umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, das Parlament hat dieses Programm in außergewöhnlicher Schnelle beraten und durch die Ausschüsse gebracht. Es wird jetzt an den Genehmigungsbehörden gerade im kommunalen Bereich liegen, daß die entsprechenden Baugenehmigungen so schnell wie möglich und unbürokratisch erteilt werden, damit die Aufträge noch vor Beginn der Winterphase zur Ausführung kommen können.
Lassen Sie mich zum Schluß noch eine Bemerkung über die Mitwirkung des Parlaments machen. Wir sind uns, glaube ich, in allen Ausschüssen darüber einig, daß das Stabilitäts-und-Wachstums-Gesetz insofern geändert werden sollte, als die Beteiligungsmöglichkeit des Parlaments auszubauen ist. Es genügt völlig, wenn angesichts der Notwendigkeit, ein solches Konjunktur-Programm schnell durchzuziehen, eine Frist gesetzt wird, binnen deren sich das Parlament einschalten kann. Es ist aber nicht notwendig, daß in diesem Gesetz, wie damals, im Jahre 1967, geschehen, bestimmt wird, daß dieses Parlament nur ja oder nein sagen oder Kürzungen, aber keine Änderungen anbringen kann. Ich glaube also, es würde ausreichen, wenn man in Zukunft das Stabilitäts-und-Wachstums-Gesetz so fassen würde, daß ein Fristablauf eine schnelle Verabschiedung in diesem Hause erzwingt. Aber es ist keineswegs notwendig, die Mitwirkung des Parlaments so zu beschneiden, wie es dort geschehen ist.
Die Bundestagsfraktion der SPD stimmt dem Konjunkturprogramm, so wie es vorgelegt ist, in vollem Umfang zu. Ich bitte das Haus, dem zu folgen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718700200
Das Wort hat Herr Abgeordnete Dr. Zeitel.

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0718700300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Das Regierungsprogramm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen — in der öffentlichen Diskussion mit dem Kurznamen „Überwinterungsprogramm" bezeichnet — stellt das zweite Hauptelement der wirtschafts- und finanzpolitischen Operationen dar, um eine Wiederbelebung der wirtschaftlichen Aktivität herbeizuführen. Die Zweckmäßigkeit und die Erfolgschance der vorgesehenen Maßnahmen sind nur im Hinblick auf die gegebene Lage, ihre Ursachen und die angestrebten Ziele zu beurteilen.
Dies gibt Anlaß — und ich will gerade auch nach den Ausführungen von Herrn Kollegen von Bülow noch einmal diesen Versuch unternehmen —, Trennendes und Gemeinsames in den Auffassungen der Regierungsvertreter und der Opposition zu verdeutlichen. Dazu fordern nicht zuletzt die wohltemperierten und wohlgezielten Ökonomieübungen des Herrn Wirtschaftsministers heraus.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Dabei ist nicht nur von Interesse, was der Herr Wirtschaftsminister gesagt hat, sondern auch wie er es gesagt hat — vielleicht wäre etwas weniger Oberlehrerpose sachgerechter gewesen —

(Beifall bei der CDU/CSU)

und ebenso, was er nicht gesagt hat.
Zunächst wenige Bemerkungen zu den Ursachen.
Erstens. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß die gegenwärtigen Schwierigkeiten nicht, wie der Herr Bundeskanzler vorgetragen hat, allein



Dr. Zeitel
und nicht primär weltwirtschaftlich bedingt sind, so
kann dieses vorgelegte Programm als Beleg dienen.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

Es zielt auf die Überwindung der schwierigen Lage in der Bauwirtschaft, insbesondere in der Wohnungswirtschaft, die spezifische, und zwar binnenwirtschaftliche und nicht weltwirtschaftliche, Ursachen hat.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU)

Da der Herr Wirtschaftsminister die Bedeutung der binnenwirtschaftlichen Einflußfaktoren prinzipiell anerkannt hat — nunmehr hat das auch Herr von Bülow getan —, möchte ich noch ein Wort zur Frage der Gewichtsverteilung zwischen binnen- und außenwirtschaftlichen Einflußfaktoren sagen. Die so viel zitierte und überall zu hörende Zahl von 40 Milliarden DM Nachfrageausfall beim Export dürfte nach allen Unterlagen, die uns bislang zur Verfügung stehen, schlicht und einfach nicht realistisch sein. Ein gewisser Rückgang der Auslandslieferungen indessen war — das hat doch der Herr Wirtschaftsminister immer gesagt — nach der extrem positiven Entwicklung 1974 zu erwarten. Es wäre daher gut wenn die Bevölkerung in unserem Lande
nicht immer weiter über die Ursachen der Fehlentwicklung getäuscht würde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens. Im Unterschied zur Regierungsmeinung ist die CDU/CSU-Fraktion der Auffassung, daß binnenwirtschaftlich eine Hauptquelle der Fehlentwicklung in der zu expansiven Haushaltsgestaltung bestand. Die inflationäre Entwicklung hat bei den öffentlichen Haushalten — wie im übrigen auch in anderen Bereichen — zu Scheinausweisen der finanziellen Leistungskraft geführt, die der realen Entwicklung nicht entsprechen. Ich möchte in diesem Zusammenhang vor allem auf die inflationsbedingten Steuermehreinnahmen in den zurückliegenden Jahren verweisen, die im Volumen — es gibt ja Zahlen dazu — über das hinausgingen, was Sie jetzt als Steuermindereinnahmen beklagen. Wenn eine anhaltende Inflationstendenz vermieden werden soll, darf man eben in der Finanzplanung nicht mit den nominellen Steigerungsraten rechnen, mit denen man bislang gerechnet hat. Man darf vor allem nicht die inflationsbedingten Steuermehreinnahmen noch überwiegend verausgaben. Dieser Sachverhalt wird in der öffentlichen Diskussion leider immer verschwiegen.
Drittens. Wir haben in den wirtschaftspolitischen Debatten immer wieder darauf hingewiesen, daß die gegenwärtige Entwicklung nicht nur konjunkturpolitisch begriffen werden kann. Abgesehen von den von uns nie geleugneten weltwirtschaftlichen Einflüssen sind auch tiefgreifende binnenwirtschaftliche Strukturänderungen bedeutsam. Die Ertragsrückgänge und Verluste, die bedrückende Zahl von Konkursen und Geschäftsaufgaben sind eben nicht nur die Folge eines Normalisierungsprozesses, wie Sie, Herr Minister, zumindest in früheren Debatten in diesem Hause gemeint haben. Nun sprechen auch Sie von spezifischen Struktureinflüssen, aber in Ihren langen Ausführungen findet sich kein entscheidender Ansatz, der geeignet wäre, etwa den berechtigten Sorgen der mittelständischen Wirtschaft gerecht zu werden. Das kann durch noch so gelehrt klingende Globalbetrachtungen nicht verdeckt werden. Die Zahl der Konkurse und die Zahl der freiwilligen Geschäftsaufgaben, die weniger bekannt ist, haben eine Rekordhöhe erreicht, wie wir sie niemals in der Nachkriegszeit kannten, und nehmen immer noch zu.
Alle marktwirtschaftlichen Deklamationen von Ihrer Seite ändern doch nichts an der Tatsache, daß wir gegenwärtig den stärksten Konzentrations- und marktwirtschaftlichen Erosionsprozeß der Nachkriegszeit haben.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Leider wahr!)

Dies ist die Tatsache. Die Marktwirtschaft beruht nun einmal auf einer breiten Basis mittlerer und kleinerer Unternehmungen.
Die gegenwärtige Entwicklung ist nicht zufällig. Sie ist die Folge der von Ihnen betriebenen Politik, die zu einseitigen Mehrlasten bei kleineren und mittleren Betrieben führte.

(Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Gerade im Bereich der Wohnungswirtschaft, den wir hier diskutieren, und in der Verkehrswirtschaft vollziehen sich Strukturänderungen, denen die von Ihnen betriebene Politik nicht gerecht wird; Ihre Politik weist sogar in die falsche Richtung — und hierüber haben wir in diesem Hause eine lange Debatte gehabt —, wie steigende Subventionen beweisen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718700400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schachtschabel?

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0718700500
Herr Kollege Zeitel, stimmen Sie mir zu, daß Sie bei Ihren Betrachtungen sehr global vorgehen, und würden Sie einräumen, daß bei dem Rückgang der Betriebe und der Beschäftigtenzahlen im Baugewerbe in erster Linie die großen Betriebe betroffen worden sind, während sich die kleinen und mittleren Betriebe sehr gut und sehr flexibel dem Leistungsangebot der veränderten Marktlage anpassen konnten?

(Nordlohne [CDU/CSU] : Der hat gar nicht zugehört!)


Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0718700600
Herr Kollege Schachtschabel, ich bin gerade dabei, Ihnen zu erklären, daß es eben nicht um die globale Betrachtung geht, sondern daß wir in bezug auf strukturelle Änderungsprozesse in wesentlichen Bereichen etwas schärfer zusehen müssen. Sie haben in der Tat recht, daß sich die kleinen und mittleren Unternehmungen — im Unterschied zu den großen — eben länger über die Runden plagen — unter Hinnahme von Verlusten, die andere in der gleichen Weise nicht tragen können, die aber nicht so rechenhaft sind. Die Situation in der mittelständischen Wirtschaft, auch in der
13128 Deutscher Bundestag — 7, Wahlperiode — 187. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. September 1975
Dr. Zeitel
Bauwirtschaft, sollte Ihnen so hinlänglich bekannt sein, daß Sie nicht den Eindruck erwecken sollten, als ob es in den mittelständischen und kleineren Unternehmen besonders rosig zuginge.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich meine, Herr Wirtschaftsminister, der Verantwortung bei den Strukturfragen können Sie sich nicht entziehen.
Viertens. Der so viel beklagte Rückgang der Investitionen kommt nicht zufällig. Er ist auch nicht allein, wie das in den Debatten des Hauses der letzten Tage immer wieder dargestellt wurde, das Ergebnis der fehlenden Nachfrage. Bei den öffentlichen Investitionen ist als Ursache des Rückgangs Ihre konsumtiv orientierte Finanzpolitik eindeutig nachweisbar. Im Bereich der privaten Investitionen ist er entscheidend mitbegründet durch die übermäßige Einengung der Ertragsspannen der Unternehmungen, deren Kehrseite die von Ihnen beklagte hohe Lohnquote ist. Herr Wirtschaftsminister, bei der Investitionsentscheidung ist doch nicht nur die Nachfrage, sondern immer auch die Rendite maßgeblich. Sie reden von der Nachfrage und vernachlässigen die Rendite — noch in der Debatte der letzten Woche. Die Erhöhung der Lohnquote wurde als großer Erfolg der Verteilungsgerechtigkeit gefeiert. Sie haben, was die CDU/CSU-Fraktion als einseitig bezeichnet hat, eine Investitionssteuer eingeführt, als die Investitionsneigung zunahm. Als die letzten Abgaben dieser Art noch gezahlt wurden, gewährten Sie die Investitionsprämie, die 8 Milliarden DM gekostet und 5 Milliarden DM Mehrinvestitionen initiiert hat. Eine kräftige Wiederbelebung der Investitionen setzt unseres Erachtens nicht nur eine Mehrnachfrage, sondern ebenso eine verbesserte Ertragssituation der Unternehmungen voraus. Eine hohe Investitionsneigung bedingt überdies — lassen Sie mich das mit Deutlichkeit sagen — eine Kontinuität in der Wirtschaftspolitik und sichere Dispositionsgrundlagen.

(Dr. Graf Lambsdorff [FDP] : Sagen Sie das der OPEC!)

Fünftens. Die unsichere Dispositionsgrundlagen sind gegenwärtig nicht nur durch die veränderte internationale Datenkonstellation bedingt, sondern durch anhaltende ordnungspolitische Diskussionen, die wir in den letzten Tagen in den Reihen der SPD erneut und verschärft erlebt haben. Außerdem haben wir Regierungsvorlagen, die mit den Stimmen der Freien Demokraten beschlossen worden sind, die Unruhe an der ordnungspolitischen Front ausgelöst haben. Der Bundeswirtschaftsminister, assistiert von Graf Lambsdorff, verkündet in der Öffentlichkeit die Notwendigkeit von Steuersenkungen, beschlossen werden aber Steuererhöhungen. Sie lamentieren über funktionsgerechte Mitbestimmung, stimmen aber einer nicht funktionsgerechten Vorlage zu. Und Sie unterstützen Vorlagen zur beruflichen Bildung und zum Baugesetz, die erneut erhebliche Abgabenlasten zur Folge haben. Gestern wurde im Hearing festgestellt, daß das Berufsausbildungsgesetz möglicherweise Mehrkosten von 2 Milliarden DM verursacht. Dann darf man sich über manche Konsequenzen nicht wundern.
Lassen Sie mich auch dies hinzufügen: Nicht einzelne Maßnahmen, wohl aber das Zusammenwirken der zahllosen Maßnahmen führt zu mehr Staat, zu mehr Dirigismus und damit in eine Richtung, die die CDU/CSU-Fraktion für verhängnisvoll hält.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die ordnungspolitische Verunsicherung ist unseres Erachtens jedenfalls ein entscheidendes Element des Ursachengeflechts, das die gegenwärtige Misere bestimmt.
Auf der Grundlage — das wollten Sie ja hören, Herr Wirtschaftsminister — einer anderen Wertung der Verursachungsfaktoren der gegenwärtigen Entwicklung haben wir darüber hinaus — lassen Sie mich versuchen, auch das deutlich zu machen, weil Sie ja Fakten hören wollen — eine andere Einschätzung bestimmter Entwicklungstendenzen. Ich will die wesentlichen nennen.
Erstens. Der Einfluß einer Nachfragebelebung beim Export sollte unseres Erachtens nicht überschätzt werden, weil die im Augenblick exportgünstige Wechselkursgestaltung möglicherweise nicht dauerhaft ist und weil — auch darauf haben Sie hingewiesen; nur müssen dann Konsequenzen gezogen werden — wir es eben auch mit längerfristig wirksamen Wettbewerbs- und Standortverschiebungen zu tun haben.
Zweitens. Der zu erwartenden privaten Verbrauchsmehrung und den vermehrten Vorratsinvestitionen wirkt unseres Erachtens die zu erwartende Kapitalmarktentwicklung entgegen. Über die Situation am Kapitalmarkt haben Sie, Herr Wirtschaftsminister, kein einziges Wort verloren. Wenn Sie sich diese Lage ansehen, müssen Sie zugeben, daß sie nicht anders als trist bezeichnet werden kann.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718700700
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Graf Lambsdorff?

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0718700800
Herr Kollege Zeitel, darf ich Sie fragen, woher diese schnelle Urteilsveränderung kommt, nachdem wir vom Kollegen Müller-Hermann in der vorigen Woche noch gehört haben, daß zur Zeit günstige Bedingungen am Kapitalmarkt herrschen.

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0718700900
Ich wüßte nicht, daß Herr Kollege Müller-Hermann, dem die Lage am Kapitalmarkt bekannt ist, diese Situation als günstig bezeichnet hat.

(Dr. Graf Lambsdorff [FDP] : Dann lesen Sie es mal nach! — Dr. Ehrenberg [SPD] : Er hat es aber getan!)

— Graf Lambsdorff, Sie sind ein großer Polemiker und ein Erfolgsmelder. Halten wir uns doch einfach an die Tatsachen! Die Tatsachen aber — das werden Sie doch nicht bestreiten — sehen so aus — —

(Zuruf des Abg. Dr. Graf Lambsdorff [FDP])




Dr. Zeitel
— Dann ist es doch gut! Was soll dann die Polemik, Graf Lambsdorff!
Daß Sie gut polemisieren können, wird doch gar nicht bestritten. Aber wir wollen uns hier doch sachlich auseinandersetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Situation am Kapitalmarkt ist jedenfalls trist. Wenn der Kapitalmarkt nicht durch anhaltende Notenbankkäufe gestützt wird, ist eine Umkehr auf dem Wege der Zinsentwicklung — das muß man doch heute sehen, damit Sie hinterher nicht wieder sagen: wir haben uns geirrt — gar nicht zu vermeiden. Es muß auch gegenwärtig schon gefragt werden — lassen Sie mich auch das in allem Ernst sagen —, ob die Operationen der Zentralbank gegen den Markt nicht schon eine Zinsdifferenzierung gegenüber dem Ausland und im Innern eine Spaltung des Kapitalmarktes herbeigeführt haben, die man als fragwürdig bezeichnen muß.
Es muß auch gefragt werden, ob nicht gegenwärtig in der Bankenliquidität ein Inflationspotential aufgebaut wird. Spätestens mit der von Ihnen unterstellten Wirtschaftsbelebung ist möglicherweise eine schnelle Umkehr in der Zinsentwicklung wahrscheinlich. Mit der proklamierten kurzfristigen Staatsverschuldung ist diese Entwicklung nicht zu vermeiden. Vielmehr ergeben sich andere finanz-
und kapitalmarktpolitische Probleme in der Folgezeit.
Lassen Sie mich auch dies im Blick auf Ausführungen, die namentlich von Herrn Kollegen Möller gemacht worden sind, deutlich machen. Unsere Bedenken gegen eine hohe Staatsverschuldung resultieren nicht aus konjunkturpolitischen Erwägungen. Sie resultieren vor allen Dingen aus den finanzpolitischen Konsequenzen, von denen wir glauben, daß sie in der Finanzplanung nicht genügend berücksichtigt sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dritte Anmerkung zu den Entwicklungstendenzen. Wenn die Entwicklung so verlaufen soll, wie es aus den von Ihnen vorgelegten Daten ersichtlich ist, müßten die privaten Investitionen 1976 in einem Maße steigen, das wir für unwahrscheinlich halten. Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben doch zu Recht ausgeführt, daß eine erhebliche Produktionsausweitung in der nächsten Zeit möglich ist, ohne daß ein spezieller Anlaß zu hohen Nettoinvestitionen besteht. Die kräftige Wiederbelebung der privaten Investitionen ist indessen das Schlüsselproblem für die weitere Entwicklung in unserem Lande schlechthin, insbesondere für die Sicherung der Arbeitsplätze sowie die Sicherung der sozialen Sicherheit. Um eine hohe Investitionsneigung zu bewirken, genügt unseres Erachtens das vorliegende Bauprogramm nicht. Es kann nur dazu beitragen, einen weiteren Kapazitätsabbau in der Bauwirtschaft aufzufangen, aber es ist nicht ausreichend, um eine kräftige und von uns als notwendig erachtete Investitionsbelebung herbeizuführen.

(Zurufe von der SPD)

Das gilt um so mehr, als gefragt werden muß, inwieweit hierdurch nicht nur Umdispositionen in den öffentlichen Haushalten bewirkt werden. Das werden wir abzuwarten haben. Darüber hinaus lösen die anderen Elemente Ihres Sanierungsprogramms, insbesondere die Abgaben- und Steuererhöhungen, gegenläufige Einflüsse zu diesem Programm aus.
Viertens. Werden die vorgesehenen Abgabenlasten, Herr Wirtschaftsminister, wie Sie das unterstellen, voll auf den Verbraucher überwälzt, programmieren Sie den nächsten Preisschub vor. Die Gefahr eines nächsten Inflationsschubes ist ohnehin groß. Dies würde uns weiter von der angestrebten Preisstabilität wegführen. Eine erneute Verfestigung der Inflationstendenzen verschärft aber alle Probleme, die wir gegenwärtig beklagen, insbesondere im Beschäftigungs- und sozialen Sicherheitsgefüge.
Wir halten also die von Ihnen speziell dem hörenden und dem lesenden Arbeitnehmer vorgeführte Ursachenanalyse für irreführend und die beabsichtigte wirtschaftspolitische Zangenoperation für unzulänglich bzw. einzelne Teilelemente für widersprüchlich und strukturell verfehlt.
Auf weitere Widersprüche des Konjunkturprogramms werden meine Kollegen noch näher eingehen. Nur auf ein Element möchte ich hinweisen. Die Bauwirtschaft und damit auch die Konjunktur wird gegenwärtig nur noch durch den privaten Eigenheimbau gestützt.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Was sollen eigentlich die Eigenheimbauer denken, wenn ihnen kurzfristig, noch dazu im Windhundverfahren, Zinszuschüsse angeboten und im gleichen Augenblick erneut verminderte Bausparprämien in Aussicht gestellt werden?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich abschließend in der gebotenen Kürze einige konzeptionelle Folgerungen ziehen.

(Zurufe von der SPD: Jetzt kommen die Gegenvorschläge!)

Die CDU/CSU-Fraktion hält das Konjunkturprogramm für geeignet, Schlimmeres zu verhüten.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört! — Weitere Zurufe von der SPD)

Als Teilelement der Gesamtmaßnahmen zur Wiederbelebung unserer Wirtschaft bleibt es unzulänglich und ergibt überhaupt kein abgestimmtes Konzept.

(Zuruf von der SPD: Natürlich!)

Dieses müßte erst noch von der Regierung entwikkelt und vorgelegt werden.

(Zurufe von der SPD) Dazu gehört nach unserer Auffassung:

Erstens: Die Verunsicherung im Bereich der Ordnungspolitik, die mit einer Reihe bedeutsamer Gesetzesvorlagen noch immer verschärft wird, muß abgebaut werden. Konjunktur- und Ordnungspolitik stellen verbundene Elemente der Wirtschafts-



Dr. Zeitel
politik dar. Ohne eine Beruhigung an der Ideologiefront und mehr Kontinuität in der laufenden Gestaltung fehlen unseres Erachtens wesentliche Voraussetzungen der dringend gebotenen Investitionsbelebung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens. Wir halten zur kräftigen Belebung der privaten Investitionstätigkeit, durch die allein die Arbeitsplätze wieder dauerhaft gesichert werden können, nicht nur eine Nachfragebelebung, sondern ebenso eine gezielte Ertragsverbesserung der Unternehmungen für zweckmäßig. Daher hält die CDU/ CSU-Fraktion im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht Steuererhöhungen, sondern Steuersenkungen als Mittel der Initialzündung für notwendig und angebracht. Das ist nach unserer Meinung keine Sache des mittelfristigen Programms, sondern eine Frage kurzfristig herbeizuführender Anreize.

(Zuruf von der SPD: Ihre Anträge bitte!) — Sie müssen ein bißchen klarer reden.

Drittens. Durch die Maßnahmen der Regierung wird ein weiterer Preisschub vorprogrammiert,

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Wie bitte?)

der die Inflationstendenzen gefährlich verschärfen kann.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Sie wollen doch noch mehr! Wie funktioniert das denn, Herr Zeitel?)

Eine später in Erwägung gezogene Steuersenkung wäre, Herr Wirtschaftsminister, unseres Erachtens konjunktur- und preispolitisch falsch, weil sie in eine Aufschwungsphase hineinfällt mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben.
Viertens. Bei den unvermeidlich größeren Sparmaßnahmen in den öffentlichen Haushalten geht es unseres Erachtens nicht primär um eine etatistischfiskalistisch orientierte Streichaktion, sondern um strukturelle Änderungen der öffentlichen Leistungsdarbietung, wie sich am Beispiel der Wohnungswirtschaft, der Bauwirtschaft, der Verkehrswirtschaft, des Krankenhauswesens zeigen läßt. Gucken Sie sich doch nur Ihre Politik im Bereich der Verkehrswirtschaft an!

(Dr. Ritz [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

Erst ging es gegen das Automobil, dann merkten Sie das Unheil, dann zurück zur Bundesbahn mit zunehmenden Milliardeninvestitionen und -subventionen. Bis heute haben Sie in der Verkehrspolitik kein Programm zustande gebracht. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehrenberg [SPD] : Haben Sie etwas gegen Investitionen? Warum sagen Sie das dann?)

— Herr Ehrenberg, Sie sind doch ein ehrenwerter Mann. Sprechen Sie sich doch bitte klarer aus.
Wir sind der Auffassung, daß wir mit dem von uns vorgezeichneten Ansatz ein Abbau der Arbeitslosigkeit und nicht zuletzt ein Mehr an Steuereingängen — das doch nur aus einer schnellen Wiederbelebung kommen kann — eher zu erreichen ist als mit den punktuell und zum Teil widersprüchlich angelegten Teilprogrammen, die Sie uns vorlegen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Schäfer [Tübnigen] [SPD] : Ja oder nein? „Jein" !)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718701000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0718701100
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute steht ein Programm für die Bauwirtschaft zur Diskussion. Ich habe aber den Eindruck gewonnen, daß bei der Opposition ein gewisser Nachholbedarf für diejenigen Debattenredner besteht, die in der letzten Woche nicht zum Zuge gekommen sind.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Nordlohne [CDU/CSU] : Er scheint das Ganze immer noch nicht begriffen zu haben! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Herr Kollege Zeitel, ich will keine Zensuren verteilen.

(Zuruf von der SPD: Fünf!)

Aber wenn Sie dem Bundeswirtschaftsminister schulmeisterliches Verhalten vorwerfen, dann müssen Sie gegen sich gelten lassen, einen professoralen Ton angewandt zu haben;

(Maucher [CDU/CSU]: O je, O je!)

denn Herrn Kollegen Ehrenberg mit dem Prädikat ehrenwert zu belegen, liegt doch wohl außerhalb Ihrer Kompetenz.

(Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Wie bitte?)

— Herr Kollege Zeitel, Sie wissen doch, wie ich das gemeint habe. Zensuren zu verteilen, ob ein Kollege ehrenwert ist oder nicht — ich meine, das ist hier doch durchaus deplaciert. Sie haben sich da im Ton vergriffen.
Ein Kollege meiner Fraktion wird auf die einzelnen Punkte, die Sie hier dargelegt haben, noch eingehen. Aber ich möchte doch Ihrer Behauptung widersprechen, daß allein die Inflation für die Gesamtsituation in der Bauwirtschaft verantwortlich sei. Ich will hier auch nicht darüber streiten, ob man von einer hausgemachten oder einer importierten Inflation sprechen kann. Unbestritten ist doch wohl, daß in der Bauwirtschaft strukturelle Probleme hinzukommen und wesentlich zu der gegenwärtigen Situation in der Bauwirtschaft geführt haben. Daß selbstverständlich Einbrüche im Export die Expansion in der Bauwirtschaft verlangsamt und gestoppt haben, ist nicht zu bestreiten.
Eine weitere Bemerkung. Es wurde hier kritisiert, daß das Programm nicht den Interessen des Mittelstandes entgegenkomme. Wir sind der Auffassung, daß gerade der mittelständische Bereich durch dieses Programm gefördert wird.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Und wenn Sie, Herr Kollege Zeitel, sagten, daß die
Bundesregierung zu wenig für die Ertragsverbesserung in der Wirtschaft getan habe und dies im



Wurbs
Zusammenhang mit der Investitionszulage gesagt haben, so muß ich Ihnen entgegenhalten, daß diese 8 Milliarden DM, wenn nicht unmittelbar, so doch mittelbar zur Verbesserung der Ertragssituation der Wirtschaft beigetragen haben.

(Dr. Zeitel [CDU/CSU]: Nur nicht sehr effektiv, Herr Kollege Wurbs, das ist doch das Problem!)

Daß Sie an dem Programm der Regierung Kritik üben würden, habe ich erwartet. Nur die Konsequenz, die Sie aus Ihrer Kritik gezogen haben, scheint mir nicht schlüssig zu sein. Denn letztlich haben Sie dem Programm ja zugestimmt, ohne Alternativen aufgezeigt zu haben.
Nun möchte ich mich dem Programm selbst zuwenden. Wenn ich heute für die Freien Demokraten zu dem Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen Stellung nehme, so tue ich das mit einem gewissen Bedauern, zugleich aber auch mit Genugtuung; mit Bedauern deshalb, weil die Notwendigkeit, ein solches Programm aufzulegen, zeigt, wie sehr ein Bereich unserer Wirtschaft, der Bausektor, mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat. So war die Entwicklung in der Bauwirtschaft von Anfang des Jahres bis jetzt maßgeblich durch eine minimale Marktnachfrage und eine schrumpfende Produktion gekennzeichnet. Lediglich im Auftragseingang des Hoch- und Tiefbaues war für den gleichen Zeitraum eine gewisse Stabilisierung gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Was ich bereits in der Debatte auf die Große Anfrage der Opposition im Sommer zur Lage der Bauwirtschaft gesagt habe, hat sich weiter bestätigt. Der grundsätzlich notwendige, volkswirtschaftlich vertretbare Schrumpfungsprozeß konnte noch nicht aufgefangen werden, was nötig wäre, um wieder zu einer mittelfristigen Wachstumsrate zu kommen. Grund dafür, darüber sind wir uns alle einig, waren nicht nur konjunkturelle, sondern vor allem strukturelle Anpassungsprobleme. Nachdem die Bauwirtschaft Anfang der siebziger Jahre einen nie erlebten Boom zu verzeichnen hatte und auf Halde produzierte, steht sie nun vor der Schwierigkeit und Notwendigkeit, sich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Der Markt, vor allem im Mietwohnungsbau, ist weitgehend gesättigt. Das Wirtschaftswachstum hat sich verringert, die öffentlichen Finanzen wurden knapper, und der Kunde — der König ist — wird als Konkurrent im eigenen Lager immer stärker. Dies tritt — das ist wohl nicht zu bestreiten — im mittelständischen Bereich besonders stark in Erscheinung.
So notwendig dieser Anpassungsprozeß auch sein mag, wir Freien Demokraten haben nie ein Hehl daraus gemacht, daß wir eine über das notwendige Maß hinausgehende strukturelle Veränderung der Bauindustrie hin zu einer volkswirtschaftlich nicht zu verantwortenden Situation nicht hinnehmen werden. Dies ist keine Erkenntnis, die uns erst dann einfällt, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern ein allgemeines Prinzip, das ich bereits in der Bundestagsdebatte am 25. Oktober 1967 angesprochen und in der Debatte über die Große Anfrage der Opposition vertieft habe.
Mit Genugtuung stelle ich nunmehr fest, daß die Bundesregierung alles daransetzt, den Abbau weiterer Kapazitäten, die für die mittelfristige Entwicklung unserer Wirtschaft dringend notwendig sind, zu verhindern. In diesem Rahmen ist das von der Bundesregierung vorgelegte zusätzliche Investitionsprogramm zu sehen. Ziel dieses Programmes ist es, kurzfristig realisierbare Nachfrage nach Leistungen des Baugewerbes hervorzurufen. Dementsprechend hat die Bundesregierung alles getan, eine möglichst schnelle und reibungslose Durchführung des Sonderprogramms z. B. für die Wohnungsmodernisierung zu garantieren.
Dieses Ziel war nur im Wege des sogenannten Windhundverfahrens zu erreichen und ist auch erreicht worden. Die mir vorliegenden Zahlen vom 23. September dieses Jahres über bereits abgerufene Mittel sprechen eine deutliche Sprache. All den Weisen, die hinterher immer schlauer sind als vorher und die heute monieren, daß 50 % aller Mittel über eine deutsche Großbank abgerufen wurden oder werden, muß bei dieser Gelegenheit wohl ein deutliches Wort gesagt werden. Bisher hat sich gezeigt, daß immer dann, wenn ein solches Verfahren über die Bürokratie abgewickelt wurde, Pannen auftraten und der beabsichtigte Effekt, schnell zu helfen, nur bedingt erreicht wurde.

(Sehr wahr! bei der SPD)

Nun macht man sich diese Erkenntnis zu eigen und läßt den Markt sich seiner eigenen Mechanismen bedienen. Da aber schimpft man wieder und will den bestraft wissen, der ohne jede Startvorgabe — das will ich noch einmal deutlich sagen; Ihnen dürfte bekannt sein, meine Damen und Herren, daß die Information der Kreditwirtschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgte, so daß hier niemand einen Startvorteil besaß — am schnellsten reagiert hat.
Meine Damen und Herren von der Opposition, man kann nicht auf der einen Seite den Gedanken der Investitionslenkung weit von sich weisen, aber auf der anderen Seite dann, wenn der Markt funktioniert und sich erfolgreich seiner eigenen Mechanismen bedient, von Ungerechtigkeit und falscher Abwicklung sprechen.

(Orgaß [CDU/CSU] : Das ist doch kein Nachweis für das Funktionieren eines Marktes, Herr Wurbs!)

— Bitte melden Sie sich doch; ich kann hier nicht jeden Zwischenruf auffassen.
Mit dieser Haltung also macht man sich nur unglaubwürdig. Vielmehr kann die Bundesregierung für sich Anspruch mit diesem Programm
Bedingungen geschaffen zu haben, die es — im Gegensatz zu den bisherigen Programmen — ermöglichen, daß die Mittel voll ausgeschöpft werden bzw. schon sind. Diese Tatsache spricht doch für sich, und das wird auch allgemein anerkannt und bestätigt.
Lassen Sie mich einige Pressestimmen zitieren. Herr Hans-Günther Sohl führte am 25. August aus: „Ein Programm, das die Bauwirtschaft stützt, ohne Zweifel situationsgerecht." Der Zentralverband der deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigen-



Wurbs
Ulmer begrüßte es am 29. August als besonders vorteilhaftes, unbürokratisches Verfahren.
Natürlich, meine Damen und Herren, will ich nicht verhehlen, daß hier und da Härtefälle aufgetreten sind, daß mancher zu spät kam. Deshalb ist zu überlegen, ob nicht möglicherweise, soweit die finanziellen Mittel dazu vorhanden sind, eine neues Programm oder das bereits vor diesem Sofortprogramm initiierte Programm zur Modernisierung mit den gleichen Konditionen ausgestattet werden könnte, um hier zusätzliche Impulse zu geben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die einzelnen Programmteile sind wie folgt aufgelegt — ich kann mich hierbei kurz fassen, weil ja Herr Kollege von Bülow die Details schon im einzelnen dargelegt hat —: Die bundeseigenen Investitionen in einer Größenordnung von 1,2 Milliarden DM, kommunale Infrastruktur- und Sanierungsmaßnahmen in der Größenordnung von 2,45 Milliarden DM, werden also ergänzt durch komplementäre Maßnahmen, so z. B. durch 700 Millionen DM für die Modernisierung und durch jeweils 300 Millionen DM für die Zwischenfinanzierung. Es geht also nicht nur um Beträge in der Größenordnung von insgesamt 5,75 Milliarden DM, sondern hierzu kommen noch Komplementärmittel, vor allen Dingen aus dem privaten Sektor, so daß sich alles in allem wohl ein Mobilisierungseffekt in der Größenordnung von etwa 10 bis 12 Milliarden DM ergeben wird.
Die bundeseigenen Investitionen im Umfang von 1,2 Milliarden DM umfassen zu rund zwei Dritteln Hochbaumaßnahmen. Der Rest fließt vornehmlich in den Tiefbaubereich. Hier ist die unterschiedliche Entwicklung von Hoch- und Tiefbau entsprechend berücksichtigt.
Ich darf hier vielleicht einen Einschub machen. Der Tiefbau, der nicht so lohnintensiv und sehr stark mechanisiert ist, wird, wenn hier Impulse gegeben werden, den Arbeitsmarkt nicht so sehr entlasten, wie es beim Hochbau — vorn Wohnungsbau zum Teil einmal abgesehen — der Fall sein mag.
Darüber hinaus wird man auch den unterschiedlichen Bedürfnissen im Hochbaubereich gerecht. Bei der vorgenommenen Differenzierung wird nämlich vermieden, daß bei mittelfristig begrenzter Nachfrage nach Wohnraum durch konjunkturelle Stützungsmaßnahmen die bereits bestehenden Ungleichgewichte am Markt weiter verstärkt werden.
Für die Auswahl der Projekte waren bestimmte Kriterien maßgebend. Es sind Fristen für die Auftragsvergabe vorgesehen. Die Einzelpunkte der Gesamtfinanzierung will ich hier nicht weiter darlegen.
Das Hauptgewicht des Gesamtprogramms ist in einem Kommunalprogramm zu sehen, das die Förderung der kommunalen Infrastruktur und der Stadtsanierung zum Ziel hat. Hierfür werden insgesamt 1,7 Milliarden DM anteilig von Bund und Ländern bereitgestellt. Das Sonderprogramm zur Förderung der kommunalen Infrastruktur für Kommunen sieht Zuschüsse in der Größenordnung von insgesamt 1,2 Milliarden DM vor. Diese können im Einzelfall sogar 80 v. H., im Zonenrandgebiet 90 v. H. der Investitionskosten erreichen.
In dem Sonderprogramm für Stadtsanierung werden weitere 500 Millionen DM von Bund und Ländern zur Verfügung gestellt. Die Höhe der Zuschüsse entspricht der Höhe der Zuschüsse des Sonderprogramms zur Förderung der kommunalen Infrastruktur. In diesen Maßnahmen muß über den unmittelbaren Nutzeffekt der Sanierung hinaus die Möglichkeit gesehen werden, der Entvölkerung der City-Bereiche entgegenzuwirken und berechtigten Belangen der Denkmalspflege und des Umweltschutzes im weitesten Sinne Rechnung zu tragen.
Mit dem Sonderprogramm Wohnungsmodernisierung in Höhe von 700 Millionen DM werden die Instandsetzung und die Modernisierung von ca. 250 000 bis 300 000 Wohnungen gefördert. Hier wird eine kurzfristige realisierbare Nachfrage nach Leistungen des Bau- und Ausbaugewerbes vor allem im mittelständischen Bereich angeregt. Ich möchte hier noch einmal ausdrücklich betonen, daß diese Leistungen im wesentlichen dem Mittelstand zugute kommen. Das Programm — dies trifft sicherlich zu — wäre in der Absicht verfehlt gewesen, wenn wir diese Zielsetzung nicht verfolgt hätten, da die Auslastung der Unternehmen im mittelständischen Bereich nicht in jedem Fall gesichert ist, da der mittelständische Bereich nicht auf Auslandsmärkte ausweichen kann, wie es der Großindustrie möglich ist. Das auch tatsächlich mittelständische Unternehmen beschäftigt werden und das Geld nicht für Schwarzarbeit ausgegeben wird, ist durch die Rechnungslegungspflicht gesichert. Insgesamt fallen unter dieses Programm Wohnungen, die bis Ende 1960 bezugsfertig geworden sind.
Das Sonderprogramm „Zwischenfinanzierung von Bausparverträgen" hilft bei der Zwischenfinanzierung für den Bau von steuerbegünstigten Ein- oder Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen. Auch hier wird kurzfristig realisierbare Nachfrage vorgezogen.
Lassen Sie mich hierzu aber noch eine Bemerkung machen. Dieses Programm stimmt in seiner Ausgestaltung im Kern mit den Empfehlungen überein, die der Sachverständigenrat in seinem jüngsten Gutachten gibt. Ich zitiere:
Der Förderung des sozialen Wohnungsbaus steht entgegen, daß es in der Bundesrepublik zur Zeit mindestens 200 000 Wohnungen gibt. Angesichts dieses Angebotsüberschusses auch im sozialen Wohnungsbau ist eine generelle Unterstützung des Neubaus von Wohnungen nicht in jedem Fall gerechtfertigt.
Das deckt sich mit dem, was sich als Schlußfolgerung aus dem Bekenntnis zur Marktwirtschaft ergibt.
In diesem Zusammenhang möchte ich aber der Opposition noch etwas sagen. Noch im Dezember 1974 haben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, der Bundesregierung eine bewußte Vernachlässigung des Baus von Ein- und Zweifamilienheimen unterstellt.

(Nordlohne [CDU/CSU] : Nicht unterstellt; das steht doch fest! Betrachten Sie das letzte Konjunkturprogramm! Das können Sie doch nicht leugnen!)




Wurbs
— Lassen Sie mich doch den Satz beenden, dann werden Sie verstehen, was ich hier mit dieser Berner-kung sagen möchte.

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Sie wollen nur nicht gestört werden!)

— Sie stören mich doch nicht; durch Zeitungslesen können Sie mich nicht stören! Mit so einem lapidaren Zwischenruf bringen Sie mich nicht aus der Fassung.

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Wir schonen Sie ganz bewußt!)

— Danke vielmals! Ihre große Güte ist ja nicht zu übertreffen.
Es hat sich gerade während der letzten Monate gezeigt, daß diese Eigentumsmaßnahmen ein stabilisierender Faktor für die Bauwirtschaft waren. Um so unverständlicher ist es, daß Sie dem Wohnungseigentumsgesetz nicht Ihre Zustimmung gegeben haben; denn diese Stabilisierung hätte noch verstärkt werden können, wenn das Gesetz zur Eigentumsbildung im sozialen Wohnungsbau bereits in Kraft wäre. Gerade die Eigentumsmaßnahmen sollten mehr als zur Hälfte gefördert werden was bisher nur in einer Größenordnung von 30 % erfolgte. Hier hat der Bundesrat ganze Arbeit geleistet und das Gesetz scheitern lassen. Dabei hätte dieses Gesetz keinen Pfennig mehr gekostet, da die Mittel lediglich umgeschichtet werden sollten.
Ein letzter Punkt: Der Bundesanstalt für Arbeit werden weitere 600 Millionen DM für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Auch diese Mittel kommen überwiegend der Bauwirtschaft zugute.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir Freien Demokraten sind der Auffassung, daß das vorgelegte Programm ausgewogen ist und mit Sicherheit schnell eine fühlbare Hilfe für die Bauwirtschaft bringt. Wir stimmen dem Gesetz zu.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718701200
Das Wort hat der Abgeordnete Junghans.

Hans-Jürgen Junghans (SPD):
Rede ID: ID0718701300
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich, Herr Dr. Zeitel, auf den Tagesordnungspunkt zurückkommen, der hier ausgedruckt ist: „Beratung des Berichts und des Antrags des Haushaltsausschusses ... zu dem Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen".

(Nordlohne [CDU/CSU]: Es hindert Sie ja niemand daran, darüber zu reden!)

— Das hindert mich auch nicht daran, zu Herrn Dr. Zeitel einige Bemerkungen zu machen.

(Orgaß [CDU/CSU] : Das hat wohl weh getan!)

- Nein, es hat gar nichts weh getan; ich sage es Ihnen gleich.
Herr Dr. Zeitel, Sie müssen begreifen, daß es sich bei dieser Rezession um eine Nachfragekrise handelt, die durch die Weltrezession verschärft worden ist. Wir haben also keine Angebotskrise. Ich will Ihnen folgendes sagen: Mit Steuersenkungen, gleichgültig, auf welchem Gebiet — ertragsunabhängige Steuern usw. —, verkaufen Sie nicht eine Tonne Stahl mehr in den Vereinigten Staaten oder generell auf den Auslandsmärkten. Das müssen Sie einmal begreifen.
Das andere, was ich Ihnen auch noch einmal sagen wollte, ist: Sie sagen hier in der ordnungspolitischen Diskussion, wir hätten mehr Dirigismus gemacht. Ich muß schon sagen: Wir haben die Kartellrechtsnovelle in dieser Legislaturperiode gegen Ihren Widerstand in vielen Fällen durchgesetzt, wir haben die Fusionskontrolle hier durchgesetzt, und dann sagen Sie: „Mehr Dirigismus". Dann kann ich Sie nur so verstehen, daß Sie unter „mehr Dirigismus" die Bemühungen der Koalitionsparteien um mehr Wettbewerb verstehen. Sie verstehen also unter mehr Wettbewerb mehr Dirigismus, Herr Dr. Zeitel.
Herr Dr. Zeitel, ich will mich nicht sehr lange damit befassen das lohnt sich gar nicht , aber in einer Sache muß man sich doch mit Ihnen noch auseinandersetzen. Mit einer so gravierenden Fehleinschätzung, wie Sie sie gegeben haben, und mit so viel unbewiesenen Behauptungen haben Sie keinen Beitrag zur Beruhigung der Wirtschaft, sondern wiederum wie immer aus Ihren Reihen ein Beitrag zur weiteren Verunsicherung der Wirtschaft hier geleistet.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Nordlohne [CDU/CSU] : Sie haben die Zeitungen in den letzten zwei Tagen noch nicht gelesen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Meine Damen und Herren, ich habe aufmerksam zugehört. Wenn Sie das auch tun würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Aber dazu sind Sie ja nicht in der Lage, wenn es hier um Sachdiskussionen geht; Sie sind nur in der Lage zu applaudieren, wenn es um polemische Auseinandersetzungen geht. Bei Sachdiskussionen sind Sie nicht bereit, hier zuzuhören.

(Zurufe des Abg. Orgaß [CDU/CSU] und des Abg. Nordlohne [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, ich halte es deshalb für notwendig, auf die beachtliche ökonomische Bedeutung dieses zu verabschiedenden Konjunkturprogramms erneut hinzuweisen. Die Bedeutung liegt zunächst auf konjunkturpolitischem Gebiet; darauf wurde schon hingewiesen. Das Programm hilft dabei, Arbeitsplätze zu sichern. Darüber hinaus liegt seine Bedeutung auch auf dem Gebiet der Strukturpolitik. Hier werden viele anstehende strukturelle Probleme bereinigt und eine Reihe von Maßnahmen ergriffen und gefördert, die dem Bürger unmittelbar Nutzen bringen.

(Sick [CDU/CSU] : Da hätte man vorher aufpassen sollen!)

Meine Damen und Herren, Herr Dr. Zeitel hat hier wiederum über das Volumen des Konjunkturprogramms gesprochen. Ich meine, die Auswirkun-



Junghans
gen des Konjunkturprogramms sollen nicht überschätzt, aber vor allen Dingen auch nicht unterschätzt werden. Wenn erklärt wird, das Programm reiche in keiner Weise aus, so muß auch gesagt werden, wie ein noch größeres Programm finanziert werden sollte. Dazu müssen Sie dann Stellung nehmen.

(Sick [CDU/CSU]: Nur Almosen!)

Aber auf jeden Fall, meine Damen und Herren von der Opposition, paßt eine solche Erklärung schlecht zu der Aufforderung, der Bund müsse weitere Einsparungen vornehmen, die weit über das hinausgehen, was in diesen Wochen an mittelfristigen Sparmaßnahmen beschlossen wird. Die Opposition muß sich endlich aus ihren Widersprüchen lösen und sagen, welche Politik sie verfolgen will: ob sie Brüningsche Deflationspolitik will oder ob und mit welchem Mittel sie wirklich den Arbeitslosen helfen will.

(Sick [CDU/CSU] : Machen Sie sich mal Sorgen um ihre eigene Misere und nicht über unsere! — Nordlohne [CDU/CSU]: Reden Sie mal über die SPD und nicht über die Unionsfraktion, Herr Direktor! Maucher [CDU/CSU] : Ist das alles?)

Ich will nicht das alles wiederholen, was hier in der vergangenen Woche debattiert worden ist. Ich möchte nur noch betonen und auch voll unterstreichen, daß die Anstoßwirkungen, die von den 5,75 Milliarden DM ausgehen, etwa 10 bis 12 Milliarden DM betragen werden.
Meine Damen und Herren, dieses Programm ist nicht isoliert zu sehen, sondern im Zusammenhang mit den Programmen, die seit Dezember vorigen Jahres begonnen worden sind. Nun entschuldigen Sie einmal: Im Dezember haben Sie gesagt: „Zu früh, zu viel", im Februar haben Sie gesagt: „Zu spät, zu wenig". Sie können sich jeweils aussuchen

(Nordlohne [CDU /CCSU] : Reden Sie doch nicht so einen Unsinn hier heute morgen! -Sick [CDU/CSU] : Schauen Sie mal, wo die Ursache liegt! Bei Ihrem Versagen!)

-- Sicher, das haben Sie alles gesagt! Ich will hier keine Zitate bringen — das machen Sie ja alles; Sie haben die Zitatenbücher —, aber das haben Sie gesagt.

(Maucher [CDU/CSU] : Wie oft habt Ihr schon Falsches gesagt!)

Meine Damen und Herren, „nicht überschätzen" heißt in diesem Zusammenhang, daß wir sehen müssen — das können Sie nicht leugnen —, daß die Bundesrepublik Deutschland in einem Maße von der Weltwirtschaft abhängig ist wie kein anderes Land der Welt. Ich habe hier von Professor Arndt eine Zusammenstellung über Exportwirtschaft. Er kommt sogar zu dem Schluß, daß im Jahre 1974 die Bundesrepublik Deutschland die größte Handelsnation der Welt sei. Meine Damen und Herren, Sie müssen auch sehen: Wir haben nicht die Ressourcen wie andere Länder, wie z. B. die Vereinigten Staaten, wir sind in viel größerem Maße von unserer Außenwirtschaft abhängig.

(Sick [CDU/CSU]: Das hättet Ihr früher merken sollen! Da habt Ihr das nicht eingesehen und das vorsätzlich kaputtgemacht!)

— Entschuldigung, nun seien Sie mal ganz vorsichtig: Wollen Sie der Bundesregierung vielleicht anlasten, was in Amerika, was in der UdSSR und was bei den Ölscheichs passiert? Sie stellen sich immer hin und tun so, als ob Sie die Verteidiger der Marktwirtschaft wären.

(Nordlohne [CDU/CSU] : Sie haben Herrn Zeitel gar nicht zugehört! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Nun lassen Sie mich doch einmal ausreden! Ich kann nicht gegen fünf Zwischenrufer auf einmal ansprechen.

(Maucher [CDU/CSU] : Stimmt die Rechnung vom Bundeskanzler? — Nordlohne [CDU/CSU] : Dann soll er nicht so einen Unsinn erzählen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Das ist sehr schön. Sie stellen sich hier immer als die Gralshüter der Marktwirtschaft hin. Wenn es in der Marktwirtschaft zyklisch zugeht, dann tun Sie so, als ob der Herr Bundeskanzler Befehlsgewalt über den Präsidenten der Vereinigten Staaten und über die amerikanische Wirtschaft hätte, als ob er Befehlsgewalt über die Ölscheichs,

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

über Herrn Wilson, über Herrn Breschnew und wer immer da sei, hätte.

(Sick [CDU/CSU] : Kommen Sie doch mal zur Sache!)

Das tun Sie so. Davon müssen Sie abkommen.

(Beifall bei der SPD -Zuruf des Abg. Maucher [CDU/CSU])

50 °/o der deutschen Industrie sind exportorientiert, damit Sie das mal wissen.

(Sick [CDU/CSU] : Das ist doch das kleine Einmaleins!)

Meine Damen und Herren, im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß die wichtigsten Teile dieses Programms auch mit unseren Partnerländern abgestimmt worden sind. Es gebührt insbesondere dem Bundeskanzler Helmut Schmidt Dank dafür,

(Sick [CDU/CSU] : Endlich!)

daß diese Programme nicht isoliert in der Bundesrepublik Deutschland gefahren werden, sondern gleichzeitig und gleichgewichtig in Frankreich, in den Vereinigten Staaten, in den Niederlanden und in Italien.

(Sick [CDU/CSU]: Nun sind Sie es endlich los! — Zuruf des Abg. Maucher [CDU/CSU] — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)




Junghans
— Herr Maucher, Sie verstehen ja sowieso nichts davon.

(Widerspruch bei der CDU/CSU — Nordlohne [CDU/CSU] : Herr Direktor!)

„Nicht unterschätzen" heißt, das Programm zur Stärkung von Bau und anderen Investitionen soll in erster Linie der Bauwirtschaft helfen. Dieser Bereich wurde von der Konjunkturschwäche besonders stark getroffen. Nur eine Anmerkung, Herr Dr. Zeitel: Natürlich ist auch die Bauwirtschaft durch die Weltrezession betroffen. Wenn die exportierende Industrie keine Bauinvestitionen mehr vornimmt, entstehen doch Nachfragelücken auf dem Binnenmarkt, die hier durch Nachfrage des Staates ersetzt werden. Das müssen Sie begreifen.

(Sick [CDU/CSU] : Sie haben das nur zu spät erkannt!)

Die Entwicklung auf dem Baumarkt — Herr Wurbs hat darauf hingewiesen — hat sich derzeit auf einem relativ niedrigen Niveau stabilisiert, ist aber für die Wintermonate und das Frühjahr noch mit weiteren Unsicherheiten behaftet. Das Problem ist hier, einerseits nicht zuzulassen, daß mittelfristig notwendige Kapazitäten vernichtet werden, und andererseits keine überschüssigen Kapazitäten künstlich aufrechtzuerhalten oder aufzubauen. Über die konkrete Ausgestaltung der Förderungsmaßnahmen in der Bauwirtschaft wird noch zu sprechen sein.
Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen: Über die konjunkturellen Effekte hinaus verfolgt das Programm zahlreiche strukturpolitische Zielsetzungen der sozialliberalen Koalition. Denn einmal liegt der Schwerpunkt des Programms bei einem Kommunalprogramm zur Förderung der kommunalen Infrastruktur und der Stadtsanierung. Mit Hilfe der den Gemeinden zur Verfügung gestellten Zuschüsse in Höhe von 1,7 Milliarden DM werden viele gemeindliche Vorhaben ermöglicht, die dem Bürger unmittelbaren Nutzen bringen. Auch diesen Aspekt muß man einmal sehen.

(Sick [CDU/CSU]: Das ist doch nicht richtig!)

— Es ist nicht wichtig, ob Schulen, ob Straßen und ähnliches gebaut werden? Was Sie da wieder reden: „ist nicht wichtig!"

(Sick [CDU/CSU] : „Richtig" ! Das haben Sie falsch verstanden! — Weitere Zurufe von CDU/CSU: „Richtig" !)

— Ist es nicht wichtig, daß Kläranlagen gebaut werden, ist es nicht wichtig,

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU: „Nicht richtig" !)

daß Umweltschutz gefördert wird, ist es nicht wichtig, daß Ortsumgehungen gebaut werden?

(Abg. Sick [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Entschuldigen Sie, dann müssen Sie hierher kommen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Dann hören Sie doch zu!)

Ich will mit Ihnen darüber nicht so sprechen.

(Beifall bei der SPD — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718701400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Sick?

Hans-Jürgen Junghans (SPD):
Rede ID: ID0718701500
Nein, in diesem Ton nicht. Präsident Frau Renger: Keine Zwischenfrage, gut!

Hans-Jürgen Junghans (SPD):
Rede ID: ID0718701600
Bei solchen undisziplinierten Zwischenrufern habe ich keinen Spaß daran.

(Nordlohne [CDU/CSU] : Herr Junghans, nehmen Sie zur Kenntnis, daß er das Wort „richtig" gesagt hat! Das ist völlig anders!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718701700
Fahren Sie fort, Herr Abgeordneter!

Hans-Jürgen Junghans (SPD):
Rede ID: ID0718701800
Wenn es so ist, stehe ich nicht an, mich bei Ihnen zu entschuldigen, damit Sie das genau wissen. Aber wissen Sie, Sie dürfen nicht zu Fünft durcheinandersprechen. Wenn immer nur einer spricht, kann man Zwischenrufe nicht mißverstehen.

(Nordlohne [CDU/CSU] : Aber „richtig" hat er gesagt! — Maucher [CDU/CSU] : Also ist es „richtig", sich zu entschuldigen!)

Meine Damen und Herren, es geht bei Umweltschutzinvestitionen zur Reinhaltung von Luft und Wasser und zur Müllbeseitigung, immerhin zum Beispiel auch um einen kleinen Posten von 30 Millionen DM zur Verbesserung der Wasserqualität von Bodensee und Rhein. Es geht um Anlagen zur Energieversorgung, zur Wasserversorgung, um berufsbildende Schulen, Altersheime, Kindergärten, Sportanlagen und den kommunalen Straßenbau. Auch die Mittel von rund 1,5 Milliarden DM für städtische Sanierungsmaßnahmen, nämlich für die Modernisierung von Wohnungen und die Zwischenfinanzierung, kommen dem Bürger unmittelbar zugute.
Auch der Bund führt eine Reihe von Maßnahmen durch, die der strukturellen Verbesserung dienen. Ich denke hier an die Bundesbahn, aber z. B. — da bitte ich die Kollegen, sich diese Positionen einmal genau durchzusehen; es sind über 55 Positionen — auch an die Ortsumgehungen und Verlegungen. Ich erinnere mich noch an viele Besuche mit Delegationen an die besonderen regionalen Probleme bei Bundesstraßen. Das geht von der B 462 — Ortsumgehung Gausbach — bis zur B 199 — Verlegung bei Flensburg–Handewitt. Wir, die wir häufig mit Delegationen draußen im Lande waren, finden hier viele alte Bekannte wieder. Hier werden nun auch solche regionale Probleme gelöst.
Im letzten Teil des Programms wird dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nochmals die Möglichkeit gegeben, mit dem Betrag von 600 Millionen DM Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahmen durchzuführen.



Junghans
Meine Damen und Herren, die bundeseigenen Investitionen wurden so ausgewählt, daß sie kurzfristig konjunkturell wirksam werden können und andererseits nicht mittelfristig den ohnehin angespannten Haushalt belasten. Die Aufträge sollen demnach bis Ende 1975 vergeben und die Vorhaben bis Ende 1976 durchgeführt sein. Folgekosten — auch das ist eine wichtige Sache — werden weitgehend vermieden.
Bei den kommunalen Vorhaben ist der Bund auf die Mitwirkung der Gebietskörperschaften angewiesen. Nun liegt es an den Ländern und Gemeinden, durch eine beschleunigte Vergabe der öffentlichen Bauaufträge und eine möglichst schnelle Erteilung von Baugenehmigungen zu einem raschen Wirksamwerden der Maßnahmen beizutragen. Hierzu kommt es darauf an, daß in enger und unbürokratischer Kooperation für eine schnelle Umsetzung im Interesse der Bürger gesorgt wird.
Um die Zustimmung der Koalitionsfraktionen zu diesem Konjunkturprogramm zu verdeutlichen, haben wir dem Hohen Hause den Entschließungsantrag Drucksache 7/4058 vorgelegt. In dem Entschließungsantrag wird eine angemessene Einschätzung der Auswirkungen des Programms zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen, in erster Linie auf die Baukonjunktur, vorgenommen. Weiter wird auf den unmittelbaren Nutzen zahlreicher Maßnahmen für den Bürger hingewiesen und an die Gemeinden appelliert, ihre Chancen zu nutzen und damit gleichzeitig zur Sicherung der Arbeitsplätze beizutragen.
Ich bitte daher das Hohe Haus, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen und -damit seiner Entschlossenheit Ausdruck zu verleihen, die Bundesregierung bei der Ausübung dieser schwierigen Operation zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718701900
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schneider.

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718702000
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum zweitenmal innerhalb von vier Monaten stehen wir im Deutschen Bundestag vor einer wohnungs- und bauwirtschaftlichen Diskussion. Dies ist sicherlich ein Novum. Denn mit den Problemen der Bau- und Wohnungswirtschaft befaßt sich der Bundestag nur äußerst spärlich. Das kann auch nicht verwundern, weil die Bau- und Wohnungswirtschaft keineswegs in den vorderen Reihen der Prioritätenskala dieser Bundesregierung rangiert. Der Bundeskanzler hat auch bei seiner Regierungserklärung vom 17. September 1975 diesen Problemkreis der Finanz- und Wirtschaftspolitik nur mit einer abstrakten Unverbindlichkeit berührt — ganz am Rande. Er ist nach meiner Auffassung der zentralen Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges keineswegs gerecht geworden. Die heutige Themenstellung entspricht auch nicht der bauwirtschaftlichen Neigung der Bundesregierung, sondern dem Gesetz der Not, dem Zwang und dem Druck der Gewerkschaften und der Verbände. Denn jetzt haben es alle begriffen, auch die Verantwortlichen der Bundesregierung, daß ein längeres tatenloses, hilfloses Zuwarten die Verhältnisse nur verschlimmert und ihre Heilung erheblich und nachhaltig erschwert.
Der zuständige Ressortminister, Bundesminister Ravens, hat im Zusammenhang mit der Aussprache über unsere Große Anfrage zur Lage der Wohnungspolitik noch am 15. Mai geglaubt erklären zu können, es bestehe kein Anlaß zu größeren Besorgnissen. Als ich ihm damals vorhielt, daß ich den Eindruck gewonnen hätte, er sei mit seinen politischen und regierungsamtlichen Bemühungen innerhalb des Kabinetts isoliert, hat er dies lebhaft bestritten und wörtlich erklärt — ich darf zitieren :
Ich denke, auch wir sollten jetzt den nötigen Atem haben, um das Auslaufen der Konsolidierungsphase und ihr Einmünden in einen neuen Aufschwung abzuwarten. Die Bundesregierung hat durch die Kombination von konjunkturpolitischen Maßnahmen auf der Ausgaben- und Einnahmenseite deutliche Zeichen gesetzt.
Der Minister hielt damals die Rahmenbedingungen im Gesamtbereich des sozialen Wohnungsbaus für günstig.

(Orgaß [CDU/CSU] : Da war er „Vogelhändler" und verkaufte Schwalben für den politischen Frühling!)

Damals befaßte sich der Deutsche Bundestag auf Grund des Anstoßes, der von der Großen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion ausging, mit diesen zentralen Problemen der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik.
Aber das war ja nicht zum erstenmal, daß die Opposition die Bundesregierung aufgefordert hat, bekanntzugeben, von welchem Leitbild sie ausgeht, von welchen Grundsätzen sie sich leiten läßt und welche Zielprojektionen sie mittel- und langfristig auf diesem Felde entwickelt. Bereits am 7. Januar 1974, als sich die Krise abgezeichnet hat, brachten wir eine Kleine Anfrage betr. die Krise im sozialen Wohnungsbau ein. Die Antworten darauf waren in jeder Hinsicht beschönigend, beruhigend, aber im Ergebnis falsch. Am 4. Juli brachten wir erneut eine Kleine Anfrage ein betr. die Lage auf dem Bau- und Wohnungsmarkt. Die Bundesregierung glaubte damals, ihre Maßnahmen reichten aus, die Bauwirtschaft zu stabilisieren, und sie erklärte dann, sollte dies wiederum nicht der Fall sein, werde sie rechtzeitig eingreifen.
Nun, dies geschah am 12. Dezember 1974. Die damals getroffene Konjunkturmaßnahme hat ihre Wirkung weitgehend verfehlt. Die Bundesregierung ist uns bis heute eine Erfolgskontrolle dazu schuldig geblieben. Sie bleibt aufgefordert, zu erklären, ob die Erwartungen, die sie damals an diese Maßnahme geknüpft hat, erfüllt worden sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen, daß sich auf dem Gebiete der Bauwirtschaft nichts geändert hat, daß die Arbeitslosenzahlen weiter zunehmen und daß die Zahl der Konkurse ebenfalls in einem beängstigenden Maße weiter steigt.



Dr. Schneider
Damals wollten wir im Fachausschuß erreichen, daß auch Eigentumsmaßnahmen in dieses Konjunkturprogramm aufgenommen werden.

(Nordlohne [CDU/CSU]: Genauso ist es!)

Gegen unsere Stimmen hat es die Bundesregierung damals abgelehnt, Eigentumsmaßnahmen einzubeziehen. Nunmehr liegt uns ein neues Programm vor, das „Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen" vom 5. September 1975. Meine Damen und Herren, um es ganz schlicht zu sagen: Dieses Programm kommt zu spät, es ist zu knapp bemessen, in weiten Teilen in sich widersprüchlich und verfahrenstechnisch dilettantisch ausgerichtet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie werden mit diesem Programm konjunkturpolitisch vielleicht ganz leichte Erfolge — und die nur kurzfristig — erreichen, aber keineswegs ist dies ein Programm, das den Namen verdient, den Sie diesem Programm gegeben haben, nämlich „Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen". Nein, hier werden allenfalls steckengebliebene Investitionen nachgeholt. Im einzelnen bietet das Programm keineswegs das, was es eigentlich bringen soll.
Sie, verehrter Herr Kollege Wurbs — ich darf auf Sie eingehen —, haben die so kühne Meinung vertreten, daß wir sogar eine stimulierende Konjunkturwirkung ausgelöst hätten, wenn wir bereit gewesen wären, dem Wohnbesitzbrief unsere Zustimmung zu geben.

(Nordlohne [CDU/CSU] : Glaubt der doch selbst nicht!)

Ich gehe mit Ihnen jede Wette ein — und zwar einseitig: Nur ich bezahle, Sie brauchen mir nichts zu geben —: Sie werden im ganzen Deutschen Reich, sogar in den alten Grenzen, keinen einzigen finden, der Ihnen mit dieser Auffassung recht gibt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718702100
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wurbs?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718702200
Ja, bitte sehr!

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0718702300
Herr Kollege Schneider, stimmen Sie mir zu, daß das Gesetz, daß Sie soeben haben, aus zwei Teilen besteht und daß es nicht ganz richtig ist, wenn Sie immer nur auf den Wohnbesitzbrief abheben? Das Gesetz besteht, wie gesagt, aus zwei Teilen. Ich glaube, das ist Ihnen bekannt. Das sollte man der Fairneß halber hier auch einmal sagen.

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718702400
Ich werde darauf gern eingehen. — Lassen Sie mich nunmehr zum Sonderprogramm Wohnungsmodernisierung kommen. Bei diesem Programm handelt es sich in der Sache selbst um Prämien zur Verbesserung der Modernisierungskredite in Höhe von 700 Millionen DM.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718702500
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Henke?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718702600
Bitte sehr!

Erich Henke (SPD):
Rede ID: ID0718702700
Herr Dr. Schneider, stimmen Sie mir zu, daß der von Ihnen soeben kritisierte Wohnbesitzbrief gar nicht so schlecht sein kann, weil er auch ohne unser Gesetz am Markt vorhanden war und sich schon durchgesetzt hat?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718702800
Ich kann Ihnen leider nicht zustimmen, Herr Kollege Henke. Denn wenn es diesen Brief schon gibt und er sich auf dem Markt bereits durchgesetzt hat, dann frage ich die Bundesregierung, warum sie dann überhaupt ein völlig unnötiges Gesetz eingebracht hat.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718702900
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718703000
Ja, bitte!

Erich Henke (SPD):
Rede ID: ID0718703100
Herr Dr. Schneider, stimmen Sie mir zu, daß trotz dieses faktischen Vorhandenseins des Wohnbesitzbriefs eine Reihe von rechtlichen Unsicherheiten es notwendig machen, die Position des Wohnbesitzbrieferwerbers abzusichern, und daß dies u. a. ein wesentliches Anliegen des Gesetzes ist?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718703200
Herr Kollege Henke, ich bin der Meinung, daß es heute weniger darauf ankommt, rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen, sondern vielmehr darauf, den Wohnungsbau dort zu aktivieren, wo er aktiviert werden kann, nämlich dort, wo echtes Eigentum gebildet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, eine Reihe anstehender Modernisierungswünsche können mit diesem Programm erfüllt werden. Da und dort wird es auch möglich sein, eine denkmalspflegerische Maßnahme zusätzlich zu fördern. Freilich, meine Damen und Herren: Dieses Programm stellt den Bundesgesetzgeber keineswegs von seiner Verpflichtung frei, denkmalspflegerische Aufwendungen der privaten Haus- und Grundeigentümer wesentlich stärker als bisher steuerlich zu fördern.

(Conradi [SPD] : Das finanzieren Sie wohl über Ihr Sparprogramm!)

Auf keinen Fall darf diese mehr zufällige und beiläufige Hilfe für den Denkmalschutz als deutscher Beitrag zum Europäischen Denkmalsschutzjahr gewertet werden.

(Erneuter Zuruf des Abg. Conradi [SPD])

— Ich bleibe durchaus im Rahmen der haushaltspolitischen Möglichkeiten. Nur darf, wie gesagt, dieses Programm nicht gleichzeitig als ein wirkungsvoller Beitrag zum Denkmalsschutzjahr 1975 angesehen werden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718703300
Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schwencke?




Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718703400
Auch das gestatte ich gerne.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718703500
Bitte, Herr Abgeordneter!

Dr. Olaf Schwencke (SPD):
Rede ID: ID0718703600
Herr Kollege Schneider, darf ich Sie fragen, ob Sie zur Kenntnis genommen haben, daß das Programm nicht nur im Hinblick auf Wohnungsmodernisierung, sondern auch im Hinblick auf Infrastrukturmaßnahmen und das „Sonderprogramm Stadtsanierung" ausdrücklich Denkmalschutzmaßnahmen einschließt, daß außerdem beim Bundesinnenminister eine Extrasumme für nationale kulturelle Denkmäler zur Verfügung steht und daß darüber hinaus auch für diesen Bereich ERP-Mittel günstig zu haben sind?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718703700
Herr Kollege Dr. Schwencke, auch das weiß ich natürlich. Ich weiß, daß alle drei Programme denkmalschützende Maßnahmen im konkreten Fall möglich machen. Wenn Sie aber den Etatposten in Höhe von 3,3 Millionen DM beim Bundesinnenminister nennen, muß ich sagen: Dieser Ansatz von 3,3 Millionen DM ist direkt proportional zum Denkmalschutzwillen dieser Bundesregierung — und dies noch im europäischen Denkmalschutzjahr. 3,3 Millionen DM würde ich also gar nicht erst erwähnen. Dieser Ansatz ist sozusagen selbst als Feigenblatt zu klein. Man braucht ein Feigenblattmikroskop, um dies überhaupt haushaltspolitisch darstellen zu können.
Eines an diesem Programm ist erfreulich. Es ist im Gegensatz zu den Richtlinien für das Modernisierungsprogramm 1975 des Bundes auf die Bedürfnisse der Praxis ausgerichtet. Es kennt keine Belegungsbindung, keine Modernisierungszonen, keine degressive Aufwendungssubvention. Der Förderungsgegenstand ist weiter und sachgerechter abgemessen. Daß dabei die soziale Symmetrie zu kurz kommt, hat die Bundesregierung zu vertreten. Dieses Programm ist unter hektischen Bedingungen zustande gekommen. Dann kann bekanntlich nichts Besseres herauskommen. Es ist ein Feuerwehrprogramm; dann werden eben Rotlichte überfahren. Es steht unter dem Motto: Schnelligkeit vor Gerechtigkeit. Aus dem Wettrennen der Windhunde wird nicht der Bedürftigste, sondern der Schnellste als Sieger hervorgehen. Daß dieses Ergebnis unter allgemeinen sozialstaatlichen Grundsätzen bedenklich erscheinen muß, haben uns die kritischen Stimmen der Presse unüberhörbar wissen lassen.
Das Kreditgewerbe hat das gewählte Verfahren massiv kritisiert. Es gibt in jüngerer Zeit kein von der Bundesregierung zu vertretendes Verfahren, das auf einen so einmütigen, einheitlichen und so heftigen, beißenden, ironischen, sarkastischen Widerstand aller gestoßen ist, die mit diesen Dingen zu tun haben und von der Sache selbst etwas verstehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung konnte sich bis heute noch nicht überzeugend des Vorwurfs erwehren, das von ihr gewählte Antragsverfahren sei dilettantisch. Beim Langstreckenlauf um 700 Millionen DM fand
ja nicht nur ein Wettlauf der Antragsteller, sondern auch der Kreditinstitute untereinander statt. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, unabhängig davon, ob vorher Aufträge an das Baugewerbe vergeben worden sind oder nicht. Die Bundesregierung wird sich zu den gegen sie in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfen im einzelnen noch zu äußern haben.
Das Programm betreffend die Zwischenfinanzierung ist als Beitrag zur Baufinanzierung im Prinzip zu begrüßen. Eine konjunkturstimulierende Wirkung wird davon aber sicherlich nicht ausgehen. Viele nach dem Zweiten Wohnungsbauprogramm antragsberechtigte Mitbürger sind nämlich im Besitz eines zuteilungsreifen Bausparbriefes, der keiner Zwischenfinanzierung bedarf, und sehen sich dennoch außerstande, mit dem Bauen zu beginnen oder eine fertige Eigentumswohnung zu kaufen. Den Bewilligungsstellen liegt eine erhebliche Zahl geplanter, auf den Bedarf hin geprüfter — das ist ganz entscheidend und bei ermäßigtem Kapitalmarktzins durchfinanzierter Projekte vor, die wegen des Mangels an öffentlichen Mitteln bisher zurückgestellt werden mußten.
Zudem muß gesagt werden, daß in der wohnungsund bauwirtschaftlichen Lage der Gegenwart das Fehlen langfristiger Kredite ein erheblicher Mangel ist. Zu diesem Thema müßte noch Näheres gesagt werden. Die Bausparzwischenfinanzierung steht in einem krassen Widerspruch zu dem Plan der Bundesregierung, die Regelsätze der Bausparprämien von 23 % auf 18 % herabzusetzen. Eine solche Maßnahme führt zu längeren Wartezeiten und löst einen nicht zu überschauenden negativen psychologischen Effekt aus. Die Bundesregierung setzt mit dieser Entscheidung ihre hektische und in sich widersprüchliche Konjunkturpolitik fort. Durch diese Maßnahme verbreiten sich weiter Unsicherheit bei den Bausparern und eine allgemeine Unruhe im Kreise der Bauanwärter. Dabei muß bedacht werden, daß 55 % aller Bausparmittel in den Neubau fließen. Von dieser Kürzungsmaßnahme würde am meisten der kleine Regelsparer betroffen, nicht der potente Anleger, dem jetzt die Zwischenfinanzierung einen sozial nicht weiter motivierten Vermögensvorteil bringt.
Schon die Steuerreform 1974 hat auf diesem Gebiet erhebliche Einschnitte gebracht. Die Zusatzprämie wurde ersatzlos gestrichen, das prämienbegünstigte Höchstsparvolumen für Alleinstehende von 1 600 auf 800 DM herabgesetzt, die Einkommensgrenze für Ledige auf 24 000, für Verheiratete auf 48 000 DM festgesetzt, die Grundprämie bei gleichzeitiger Einführung von Kinderzuschlägen um zwei Punkte ermäßigt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718703800
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Grafen Lambsdorff?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718703900
Bitte!

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0718704000
Herr Kollege, hätten Sie es für richtig gehalten, daß der Abstand der Begünstigung zwischen den Kontensparern und den



Dr. Graf Lambsdorff
Bausparern so wesentlich vergrößert worden wäre, wie das der Fall wäre, wenn man bei Ihren Darlegungen bliebe? Sehen Sie die Gefahr, daß dann vom Kontensparen auf Bausparen umgebucht wird, und sehen Sie die Gefahr, die daraus für den Kapitalmarkt und insbesondere für die Baufinanzierung entstehen würde?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718704100
Ich sehe die Probleme durchaus. Sie haben drei Fragen gestellt, ich werde auch auf alle drei Fragen eingehen, möchte aber eine Antwort sofort an dieser Stelle geben: Ohne die Aufrechterhaltung des Bausparens würde es für den kleinen Mann im Bereich des Wohnungsbaus keine Chance mehr geben, zu Eigentum zu kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wer ja sagt zur Vermögensbildung für den kleinen Mann, der muß ja sagen zum Bausparen. Ob auf dem Gebiete des Bausparwesens durch gesetzliche Eingriffe gewisse Fehlentwicklungen, die Sie angedeutet haben, reguliert werden können, darüber ist durchaus zu reden, und wir sind auch durchaus bereit, darüber zu reden Man muß nämlich wissen. Herr Kollege Graf Lambsdorff: im Gegensatz zum Kontensparer bleiben beim Bausparer die Sparbeträge weit über die Steuer- und prämienrechtlichen Sperrfristen hinaus gebunden. Der Zeithorizont der Bausparer ist erheblich weiter gespannt. Bausparen ist die einzige Sparform, bei der nur ein Teil des Sparprogramms gefördert wird. Die Begünstigung beschränkt sich auf den Zeitraum bis zur Zuteilung.
Ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt: Die Bausparförderung zeichnet sich durch einen erheblichen Multiplikatoreffekt aus. Der Multiplikator bewegt sich zwischen 7 und 8, d. h. den Aufwendungen der öffentlichen Hand für die Bausparförderung, z. B. die Wohnungsbauprämien und die Steuerausfälle nach § 10 Einkommensteuergesetz, von beispielsweise einer Milliarde DM stehen Auszahlungen der Bausparkassen für bauwirtschaftliche Maßnahmen in Höhe von 7 bis 8 Milliarden DM gegenüber.
Der Bausparförderung kommt auch eine hohe gesellschaftspolitische Bedeutung zu. Sie ist auf breit gestreute Vermögens- und Eigentumsbildung gerichtet. Keine andere Art der Vermögensbildung seit 1949 vermag die spezifischen Kriterien des Eigentums besser zu erfüllen als der Besitz an Haus und Wohnung. Unsere Vermögensbildungspolitik hat überhaupt nur auf diesem Felde eindeutige, greifbare und vor allen Dingen zeitlich lang wirksame Erfolge gebracht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Keine andere Art als die Sachherrschaft über dingliches Eigentum in der Form der selbst genutzten Familienwohnung verdient so sehr die Sorge und Förderung durch den öffentlichen Gesetzgeber. Der Anteil der Bausparkassen an der Mitfinanzierung von Eigenheimen stieg übrigens vom Jahre 1963 bis heute von 46 auf 90 % an. Wo wären wir denn hingekommen, wenn wir den Bausparbrief nicht gehabt hätten?! Der Bausparer ist trotz gigantischer Kapitalmarktzinsen immer bei seiner eigenen Last
geblieben. Diese Solidargemeinschaft der Bausparer darf nicht zerstört werden.

(Dr. Graf Lambsdorff [FDP] : Das will doch keiner! Wer will das denn?)

Meine Damen und Herren, nun aber allgemein einige Gedanken zur Lage der Bauwirtschaft. Die Grenzen der strukturellen Bereinigung des Baugewerbes und der Bauwirtschaft sind längst überschritten. Diese These kann niemand bestreiten.

(Dr. Graf Lambsdorff [FDP]: Doch!)

Ich muß leider feststellen, daß die Bundesregierung, jedenfalls was ihr Handeln angeht, diese These bisher nicht zur Kenntnis genommen hat. Die Bauproduktion und damit auch die Beschäftigtenzahlen im Bauhauptgewerbe werden in den kommenden Monaten weiter abnehmen, obschon wir heute dieses Programm beschließen werden. Dafür sprechen alle Nachfragedaten. Im Wohnungsbau ist keine Belebung zu erwarten. Dafür bringt dieses Programm überhaupt nichts. Es gibt keinen Wirtschaftszweig, der seit 1973 seinen Personalbestand so stark abgebaut hätte wie das Baugewerbe. Der Abbau beträgt 23,1 %, während in der gleichen Zeit der öffentliche Dienst um 3,9% zugenommen hat.

(Zurufe von der SPD: Was soll das denn?)

Hier zeigt sich die Einengung der Investitionskraft der öffentlichen Haushalte durch an anderer Stelle ausufernde Staatsausgaben. Das ist derzeit das größte Problem der Staatsfinanzen und auch das größte Problem bei der Bewältigung der Schwierigkeiten auf dem wohnungs- und bauwirtschaftlichen Sektor.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ende Juni 1975 war die Beschäftigtenzahl des Bauhauptgewerbes 13,3 °/o niedriger als im Vorjahr. Im ersten Halbjahr 1975 wurden im Bauhauptgewerbe 17,3 % weniger Arbeitsstunden als 1974 geleistet. Bei den Wohngebäuden sind die Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser im ersten Halbjahr 1975 leicht angestiegen, dagegen die für Mehrfamilienhäuser kräftig zurückgegangen. Das ist ja ganz klar: weil kein Mensch im frei finanzierten Wohnungsbau mehr ein Mietshaus bauen kann. Bei Kostenmieten, die bei 15 DM pro Quadratmeter und Monat liegen, kann niemand mehr vermieten. Aber leider haben wir bereits den Zustand erreicht, der so gespenstisch ist, daß wir selbst im sozialen Mietwohnungsbau nicht mehr vorankommen können, weil auch dort die Wohnungen leer bleiben; denn die Finanzierungsart — ich komme darauf noch zurück — ist so angelegt, daß auch hier nach dem KostenmietenPrinzip Mieten verlangt werden müßten, die die finanzielle, wirtschaftliche Leistungskraft der einzelnen Mieter weit überfordern.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718704200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Conradi?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718704300
Bitte schön!

Peter Conradi (SPD):
Rede ID: ID0718704400
Herr Kollege Dr. Schneider, könnte der Rückgang im Wohnungsbau vielleicht



Conradi
auch damit etwas zu tun haben, daß wir in diesem Land zum erstenmal seit 60 Jahren gleich viel Haushaltungen wie Wohnungen haben?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718704500
Dem stimme ich durchaus zu. Ich will Ihnen aber gleich sagen: Es fällt mir auf, daß die Bundesregierung das erst jetzt zur Kenntnis genommen hat.

(Conradi [SPD] : Das steht in der BauEnquete!)

— Das steht in der Bau-Enquete. Aber die Bundesregierung gibt wissenschaftliche Gutachten in Auftrag und ist noch nicht einmal bereit, das Vorwort dieser Gutachten zu lesen. Die Bundesregierung hat im Jahre 1971 die Bau-Enquete in Auftrag gegeben — vier Bände mit 2 000 Seiten — und hat bisher überhaupt nicht zu erkennen gegeben, was sie von dieser Enquete hält. Nur eines ist sicher: An die Erkenntnisse dieser Enquete hat sie sich zu keinem einzigen Zeitpunkt gehalten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und, Herr Kollege Conradi, wenn Sie fragen, ob das auch damit zusammenhängt: Natürlich wissen wir, daß wir bei 22,2 Millionen Haushaltungen etwa 23,6 Millionen Wohnungseinheiten haben, wobei die jeweilige Qualität dieser Wohnungen unterschiedlich ist. Ich weiß, daß welche dabei sind, die den Begriff Wohnung in unserem technischen Sinne — Ausstattung, hygienische Einrichtungen — nicht mehr verdienen.

(Nordlohne [CDU/CSU] : 5 Millionen!)

Aber dann muß ich Ihnen sagen: Im Mai 1972 habe ich mit meinen Freunden eine Kleine Anfrage eingebracht, um einige Auskünfte zu erhalten. Die Bundesregierung hat am 6. Juni 1972 geantwortet und gesagt, daß sie gewährleiste, daß in Zukunft jährlich 200 000 bis 250 000 Sozialwohnungen gebaut würden.

(Nordlohne [CDU/CSU] : Jawohl, das stand auch im „Vorwärts"!)

In den nächsten zehn Jahren sollten fünf Millionen Wohnungen gebaut werden. Es heißt — ich muß das wirklich vorlesen, weil man das heutzutage gar nicht mehr glauben kann; ich lese das auch deshalb vor, weil sich der SPD-Parteitag am 13. Oktober 1972 in Dortmund dann diese Zahlen zu eigen gemacht hat — wörtlich:
Wir wollen auch in den kommenden Jahren mindestens 200 000 bis 250 000 Sozialwohnungen fördern.

(Nordlohne [CDU/CSU]: Ja, ja!)

Heute sind wir froh, daß wir — mit allen Hilfsmaßnahmen — knapp an die 100 000 herankommen. Und wir wissen bereits, daß wir im nächsten Jahr die 70 000-Grenze vielleicht nicht erreichen werden.
Damals allerdings hat die Bundesregierung geantwortet:
Ziel des Langfristigen Wohnungsbauprogramms
ist es, gemeinsam mit Ländern und Gemeinden
jährlich 200 000 bis 250 000 Wohnungen und
Heimplätze im sozialen Wohnungsbau zu schaffen. Die Bundesregierung geht dabei davon aus, daß es mit Hilfe der direkten und indirekten Wohnungsbauförderung möglich sein wird, im Laufe der nächsten zehn Jahre im sozialen Wohnungsbau und im freifinanzierten Wohnungsbau insgesamt rd. 5 Millionen neue Wohnungen zu errichten
— jetzt kommt das Entscheidende, und darin steckt einige Hilflosigkeit und Blindheit Ihrer Wohnungspolitik; denn es heißt —
und damit die Voraussetzungen für eine allmähliche Entspannung auf den Wohnungsmärkten zu schaffen.
Also 1972 hat man gesagt: Wenn wir fünf Millionen Wohnungen zusätzlich gebaut haben, dann beginnt erst die allmähliche Entspannung auf dem Wohnungsmarkt. Da wundern Sie sich, daß Bauunternehmer, auf Sie vertrauend, wie wild losgebaut haben und heute auf ihren Halden sitzengeblieben sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718704600
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Henke?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718704700
Bitte schön.

Erich Henke (SPD):
Rede ID: ID0718704800
Herr Kollege Dr. Schneider, stimmen Sie zu, wenn ich feststelle, daß die von Ihnen genannten Zahlen damals auch von Ihrer Partei und von den Oppositionsparteien insgesamt gefordert wurden und daß ein Umdenken im Sinne der neuen Erkenntnisse quer durch dieses Haus erst Anfang 1974 begonnen hat?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718704900
Herr Kollege Henke, ich stimme Ihnen zu, daß wir die gleichen Expertisen gelesen haben, daß wir vor allen Dingen vielleicht der Bundesregierung mehr vertraut haben, als richtig gewesen ist.

(Heiterkeit)

Nur in einem unterscheiden wir uns: wir haben mit diesen 250 000 Sozialwohnungen pro Jahr damals keinen Wahlkampf geführt und die Wahl nicht gewonnen. Das ist der Unterschied.

(Erneute Heiterkeit)

Das Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen kommt zu spät. Es ist volumenmäßig zu knapp bemessen, es ist widersprüchlich und, wie gesagt, verfahrenstechnisch dilettantisch. Daß dem verehrten Städtebauminister bei seinem Kampf gegen die auf seinem Felde auftretende Not die Ressortkollegen aus Wirtschaft und Finanzen nicht zu Hilfe kommen, ist ganz eklatant. Denn sonst wären einige Entscheidungen überhaupt nicht erklärbar. Wenn es stimmt, was aus Kreisen der Wohnungswirtschaft zu hören war, dann waren Sie, Herr Minister Ravens, zu den entscheidenden bau- und wohnungspolitischen Besprechungen in dem Ferienort Brahmsee überhaupt nicht eingeladen. Da saß



Dr. Schneider
der Kanzler mit seinem Wirtschaftsminister und seinem Finanzminister beisammen, und man hat die Dinge offensichtlich viel, viel zu leicht genommen. Wenn ich mir die Hektik, die Widersprüchlichkeit, die Zerfahrenheit und die innere Zerrissenheit der wohnungs- und baupolitischen Maßnahmen dieser Bundesregierung ansehe, dann muß ich überhaupt feststellen, daß die Bundesregierung auf diesem Gebiet seit langem nicht mehr regiert, sondern nur mehr reagiert, und das zur falschen Zeit, mit den falschen Mitteln und in die falsche Richtung.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718705000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718705100
Ich meine immer noch, regieren käme von regere, lenken, leiten, gestalten, voraussehen. Genau das fehlt in dieser Politik.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718705200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Burger?

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0718705300
Herr Dr. Schneider, es ist mir bekannt, daß es eine Untersuchung der Bundesregierung gibt, wonach die Familien mit mehreren Kindern wohnungsmäßig besonders schlecht untergebracht sind. Bringt nun dieses Programm wenigstens für diesen Teilbereich einige Möglichkeiten der Verbesserung?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718705400
Keineswegs. Dieses Programm fördert keinen einzigen Neubau.

(Henke [SPD] : Warum?)

— Ja, darauf gehe ich ein. Wohnungspolitisch hat das Programm nur einen Bezug zu dem Zwischenfinanzierungskredit.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0718705500
Herr Kollege, können sie verstehen, wieso die Bundesregierung diese Notlage nicht erkannt hat und diesen Familien nicht helfen will?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718705600
Ich darf Ihnen sagen, mir ist das Psychogramm der Bundesregierung nicht ganz geläufig. Ich weiß nur, daß sie sich fortwährend in einem wohnungspolitischen Verzug befindet.
Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu etwas ganz Wesentlichem kommen. Alle Welt in Deutschland, vor allen Dingen die Fachwelt, hat erwartet, daß dieses Konjunkturankurbelungsprogramm auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaues — ich meine den Neubau — eine erhebliche Stärkung bringen wird. Ich bin als sicher davon ausgegangen, diese Bundesregierung wird sagen: Wir werden ein Programm im Umfang von etwa 100 000 Neubauwohnungen auflegen. Das ist nicht geschehen. Die Bundesregierung muß sich in Zukunft bei ihrem Anspruch, mehr Sozialstaatlichkeit zu verwirklichen, mit dem Maßstab dieser Entscheidung messen lassen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

um so mehr, als sie 1972 so große Sprüche gemacht hat. Damals wollte man das moderne Deutschland bauen. Heute müssen wir an den Hochbauruinen, die leer stehen, vorbeifahren und uns sorgen, wie wir mit dieser Problematik eines Tages fertig werden. Bezahlt hat ohnedies schon der Steuerzahler.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0718705700
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Henke?

Erich Henke (SPD):
Rede ID: ID0718705800
Herr Kollege Dr. Schneider, können Sie bestätigen, daß diese Hochbauruinen nicht das Ergebnis der Politik der Bundesregierung sind, sondern das Ergebnis des von Ihnen so viel beklatschten und zitierten freien Marktes?

(Lachen bei der CDU/CSU)


Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718705900
Herr Kollege, wenn jemand eine Stradivari-Geige in die Hand nimmt — ich meine mal, die Marktwirtschaft ist die Stradivari-Geige — und darauf rumkratzt, dann liegt die Schuld nicht an der Geige, sondern an dem, der spielt. Man muß darauf auch spielen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun darf ich sagen, die Bundesregierung ist auch ganz unehrlich, und sie hat die Öffentlichkeit ganz grob getäuscht. Wieso? Wir haben im Juli eine Kleine Anfrage — bezogen auf die Absichten der Bundesregierung auf dem bau- und wohnungspolitischen Felde — eingebracht. Die Bundesregierung hat am 7. August 1975 darauf geantwortet, und da heißt es wörtlich:
Entsprechend der Zielsetzung der Wohnungspolitik der Bundesregierung werden zusätzliche öffentliche Mittel zur Förderung des Wohnungsbaus vorrangig zur Eigentumsbildung privater Haushalte und zur Versorgung kinderreicher Familien eingesetzt.
Am 7. August noch hat die Bundesregierung in einer Antwort auf die Anfrage der Opposition regierungsamtlich erklärt, sie werde neue Wohnungen bauen. Am 5. September kommt das Programm — am 27. August im Kabinett beschlossen — zustande, und nicht ein einziges Projekt steckt darin. Meine Herren der Bundesregierung, das müssen Sie selbst sehen und verantworten.
Dabei muß ich sagen, die Bundesregierung verkennt die Bedeutung der Bauwirtschaft insgesamt im Rahmen des volkswirtschaftlichen Geschehens. Dabei müßte sie doch wissen, daß die Bauwirtschaft zu 8,5 % zum Bruttoinlandsozialprodukt beiträgt, daß die ganze Elektro- und Elektronikwirtschaft nur mit 6,5 % beiträgt, daß die Chemie nur zu 5,9 % beiträgt, daß die Nahrungs- und Genußmittelindustrie nur zu 5,3 % beiträgt, daß die gesamte Stahlwirtschaft mit Maschinenbauindustrie und Kraftfahrzeugbau nur mit knapp über 10 % beiträgt. Wenn



Dr. Schneider
man diese führende Position noch ruiniert, weil man falsche Programme aufstellt und diese konjunkturpolitisch falsch einordnet, dann braucht man sich doch nicht zu wundern, daß die letzte Hoffnung in den Reihen derer, die hier unternehmerisch handeln sollen, dahinschwindet.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU] : Laßt alle Hoffnung fahren!)

Meine Damen und Herren, die Entscheidung der Bundesregierung ist auch noch in anderer Hinsicht widersprüchlich und überhaupt in jeder Hinsicht unverständlich. Warum? Was heute nottut, ist eine echte Konjunkturankurbelung. Hätte die Bundesregierung ein Programm von 100 000 Wohnungen aufgelegt, so hätte sie mit diesem Programm 200 000 Beschäftigten Arbeit und Brot gegeben. Dies hätte ein Bauvolumen im Umfang von 10 Milliarden DM in Gang gesetzt, dies hätte zu einem Plus an Steuereinnahmen von 2 Milliarden DM geführt, dies hätte zu Sozialleistungen und Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von etwa 2 Milliarden DM geführt, dies hätte zu weniger Ausgaben für Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitslosenhilfe in Höhe von etwa 1,1 Milliarden DM geführt. Wir hätten also insgesamt ein Plus von etwa 5 Milliarden DM gehabt.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Ach was!)

— Ach was? Wenn Sie es nicht wissen, gehen Sie in die Klippschule der Volkswirtschaft!

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Warum machen es dann die Bayern nicht?)

— Warum die Bayern das nicht mitmachen? Oder überhaupt die Länder? Auf diese Frage eine Antwort: Das ist doch ganz klar. Man hat den Ländern, nachdem man monatelang gezögert hat, von heute auf morgen mitgeteilt: wollt ihr bei diesem Programm mitmachen?

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Na also!)

Hier fehlte doch jede rechtzeitige Abstimmung, hier fehlte doch jede rechtzeitige Koordination. Was ist denn im Finanzplanungsrat, was ist denn im Konjunkturrat darüber gesprochen worden? Wo hat man denn überhaupt einmal langfristig an ein solches Programm gedacht? Man hat zwar immer von Schubladenprogrammen gesprochen, aber wo sind sie denn geblieben? Den Bundesländern können Sie hier nicht den geringsten Vorwurf machen; der Bund kann sich auf dem Gebiet der Bau- und Wohnungspolitik nicht ständig zu Lasten der Länder exkulpieren. Dies ist einmal unfair, und zum anderen ist es auch total falsch.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Graf Lambsdorff [FDP] : Wie wollen Sie das denn finanzieren, Herr Schneider?)

Meine Damen und Herren, die Prognosen, die die Bundesregierung bisher gegeben hat, haben sich samt und sonders als falsch erwiesen.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU] : Sie gehen in die Hose!)

Ich kenne keine einzige Prognose, die gestimmt hätte. Und nunmehr sagt uns der Herr Bundesstädtebauminister, es sei in Zukunft eine jährliche Neubauquote von 400 000 bis 450 000 Wohneinheiten zu erwarten. — Oh nein, ich kenne keinen einzigen Fachmann aus den Reihen der Wohnungswirtschaft, der Kreditwirtschaft, der einschlägigen Verbände, der diese Annahme bestätigen würde. Ich habe die Bundesregierung schon am 15. Mai gefragt, wie sie denn auf diese Einheiten gekommen sei. Ich weiß, daß es hierzu Gutachten verschiedener Institute gibt. Ich weiß aber auch, daß man von einer Methode mit falschen Ansatzpunkten ausgeht. Wenn man heute wieder 450 000 Wohnungen programmiert, muß ich fragen: Wer soll sie denn bauen, wo sind die Leute, die sie unter den heutigen Konditionen bauen können? Heute gibt es in unserem Lande Zigtausende, die ihr Eigenkapital angespart haben und gerne bauen würden, aber nicht bauen können, weil es an öffentlichen Mitteln fehlt.

(V o r sitz : Vizepräsident von Hassel)

Neuerdings höre ich — auch der Bundesvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hat dies am Abend des 23. September im Deutschen Fernsehen gesagt —, daß dieses Programm mehr oder minder auch ein Investitionslenkungsprogramm sei. Sie wissen ganz genau, daß die öffentliche Förderung des Wohnungsbaus und der kommunalen Bautätigkeit nicht unter die wirtschaftstheoretische Kategorie der Investitionslenkung fällt. Adenauer, Erhard und Schäffer haben als Kanzler bzw. Wirtschafts- und Finanzminister 1949 begonnen, den sozialen Wohnungsbau als Werk des Wiederaufbaus, der Behebung der Wohnungsnot sowie der Eigentums- und Vermögensbildung breiter Bevölkerungsschichten öffentlich zu fördern. Wer möchte diese drei Persönlichkeiten in die geistige und politische Nähe von Befürwortern der Investitionslenkung bringen?
Der soziale Wohnungsbau hat seine Sozialqualität verloren, weil er unter Kosten- und Preisbedingungen finanziert werden muß, die die finanziellen Kräfte des Staates und die soziale Leistungsfähigkeit der davon betroffenen Bürger gleichermaßen überfordern. Wer unter den gegenwärtigen Bedingungen, und das mit steigender Tendenz, von einem Sozialmieter mehr als ein Drittel des Familieneinkommens für Miete verlangt, hat die soziale Qualität des öffentlich geförderten Wohnungsbaus zerstört. Hier warne ich vor einer Täuschung und Verfälschung der Wahrheit in der Offentlichkeit. Es wird gesagt, 15 % sei der Durchschnitt. Nein! Wenn man alles zusammenzählt und den Adenauer-, Erhard- und Schäffer-Bonus hinzunimmt, dann stimmt es. Ich stelle aber auf diejenigen Mieter ab, deren Lage Sie zu verantworten haben, die Wohnungen bezogen haben, die unter der Wohnungs-, Wirtschafts-, Finanz- und Konjunkturpolitik während Ihrer Regierungszeit entstanden sind.

(Conradi [SPD] : Als hätten wir die Bau und Bodenpreise geschaffen!)

Diese Wohnungen sind faul und unsolide finanziert.

(Beifall bei der CDU/CSU)




Dr. Schneider
In diesen Wohnungen steckt ein staatliches Finanzierungsdefizit von etwa 5 Milliarden DM. Man hat sie mit degressiv gestaffelten Zinsaufwendungsbeihilfen mit der Maßgabe finanziert, daß die Zinssubvention alle drei Jahre fällt und dann natürlich die Kostenmiete ansteigt. Das hat zur Folge, daß heute bereits die Fluktuation in diesen neuen Wohnbereichen in einem erschreckenden Maße zunimmt. Wenn die Miethöhe 6,50 oder 7 DM erreicht, ziehen die Mieter aus und suchen sich billigere Wohnungen. Wenn dann das „Konjunkturwasser", das „Defizitwasser" wieder angestiegen ist, steigen sie aus und versuchen, erneut in billigere Wohnungen zu ziehen.

(Zuruf des Abg. Orgaß [CDU/CSU])

Die Krankheit, die Schwäche, die darin steckt, muß bereinigt werden. Sie werden diese fehlfinanzierten Wohnungen eines Tages umfinanzieren müssen, und dazu brauchen Sie mindestens 5 Milliarden DM. Diese Zahl ist niedrig geschätzt.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718706000
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Maucher?

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718706100
Bitte!

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0718706200
Herr Kollege Schneider, ist Ihnen irgendeine Statistik bekannt oder von der Regierung vorgelegt worden, aus der hervorgeht, wie viele auf Grund der Entwicklung der Einkommen vor allem in diesem Jahr in Einzelfällen nicht mehr in der Lage sind, die von ihnen gebaute Eigenheimwohnung zu erhalten? Mir ist z. B. ein Fall bekannt, in dem jemand gebaut hat, der im Jahre 1974 ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 40 000 DM hatte.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718706300
Verehrter Herr Kollege, das ist keine Zwischenfrage mehr; das ist schon eine Stellungnahme.

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0718706400
Kurz und bündig: im Jahre 1975 wird sein Einkommen 16 000 DM weniger betragen. Er kann die Belastung nicht mehr aufbringen.

(Zurufe von der SPD)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718706500
Auch das ist keine Zwischenfrage.

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718706600
Herr Kollege Maucher, mir ist durchaus bekannt, daß die Eigenheimer, die im sozialen Wohnungsbau gebaut haben, in dieselbe finanzielle Zwickmühle geraten wie die Mieter. Der eine kommt in Schwierigkeiten wegen des hohen Mietzinses, der andere wegen der steigenden Kapitallast zur Finanzierung seines Eigenheims oder seiner Eigentumswohnung.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718706700
Werter Herr Kollege, Ihre Redezeit läuft ab. Sie ist schon einmal verlängert worden.

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718706800
Vielleicht ist die heutige Debatte eine Gelegenheit für den Bundesbauminister, zu sagen, wann die Bundesregierung bereit ist, die derzeitige Finanzierungsmethode umzustellen. Dies ist eine ganz entscheidende Frage; denn nur wenn die Methode umgestellt wird, besteht überhaupt eine Chance, auf diesem Felde noch zu einigermaßen sicheren Ufern zu kommen.
Ich komme zum letzten Satz und stelle fest: Die Wohnungsbaupolitik dieser Bundesregierung ist, gemessen an ihren Ansprüchen, auf allen Gebieten gescheitert. Dieses Programm zur Stärkung von Bau und anderen Investitionen wird kein Beitrag zur Investitionsankurbelung sein, wird die Konjunktur auf dem Gebiet der Bauwirtschaft nicht beleben und wird die Krise auf dem Felde der Wohnungs- und Bauwirtschaft nur noch weiter verschärfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718706900
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Herr Bundesminister Ravens.

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718707000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute morgen keine wohnungspolitische Debatte, sondern wir wollen uns mit dem Bau- und Investitionsprogramm der Bundesregierung und den darin liegenden Hilfen für die Bauwirtschaft beschäftigen. Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, hier wird heute eigentlich Stück für Stück Ihre Strategie aufgeblättert. Zunächst einmal geht es nach dem Motto: Liebe Bundesregierung, du sparst in deinem Haushalt viel zu wenig, du mußt zusätzlich 7 Milliarden DM sparen.
Gleichzeitig verlangt der Herr Kollege Zeitel weitere Steuersenkungen für Unternehmen, verlangt der Herr Kollege Schneider Steuersenkungen für die Denkmalspflege, beschwert sich der Herr Kollege Schneider über Sparvorschläge, die im Rahmen der Sparförderung gemacht werden. Dies alles summiert sich zu einem Betrag von 7 Milliarden DM, die man „zusätzlich sparen" soll. Oder wie soll ich das verstehen?

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Und Herr Carstens schweigt! Weitere Zurufe von der SPD)

Hier ist heute die Methode klargeworden, die läuft. Der Herr Kollege Carstens, der Herr Kollege Kohl haben vorige Woche hier gestanden und sagten: „Wir erklären für die Opposition: keine finanzwirksamen Forderungen für die kommende Zeit; wir ziehen auch die finanzwirksamen Gesetzentwürfe zurück, weil wir meinen, daß wir damit einen Beitrag leisten!"
Jeden Tag wird Stück um Stück daraus etwas herausgebrochen, wenn es in die Landschaft paßt, weil man glaubt, daß das, was vorgestern der Vorsitzende gesagt hat, übermorgen vergessen ist. Diese besonderen Wünsche werden vorgetragen in der Hoffnung, niemand merke diesen faulen Köder.

(Beifall bei der SPD und der FDP)




Bundesminister Ravens
Ich finde, daß dies keine seriöse Methode ist. Dies zeigt, daß es innerhalb der Opposition nichts Gemeinsames gibt außer den zwei Sätzen: der Bundesregierung die notwendige Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 1977 zum Ausgleich der Haushalte bei Bund, Ländern und Gemeinden, damit die Bewegungsfähigkeit der staatlichen Haushalte erhalten bleibt, zu verweigern und zu sagen, es muß mehr gespart werden, ohne allerdings zu erklären, wo dies geschehen soll. Auf jedem Einzelfeld wird jeder Einzelsprecher der Opposition seine besonderen Wünsche nach Mehrausgaben oder Steuereinschränkungen weiter ungeniert vortragen — wie gesagt: in der Hoffnung, draußen merke man das nicht.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718707100
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Zeitel?

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718707200
Ja, natürlich.

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0718707300
Herr Bundesminister, ist Ihnen nicht bekannt, daß die Bundesregierung zur Deckung der Investitionsprämien dem Hohen Hause vorgeführt hat, daß die Ausgaben allein aus den initiierten Steuermehreinnahmen zu decken sind? Wenn das so ist, würden Sie dann nicht zustimmen, daß eine Wiederbelebung der Wirtschaft die vordringlichere und auch für die Staatsfinanzen bessere Lösung ist?

(Beifall bei der CDU/CSU)


Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718707400
Herr Kollege Zeitel, für die Wiederbelebung der Wirtschaft hat diese Bundesregierung während der letzten anderthalb Jahre ihre Aufgaben erfüllt.

(Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Eben nicht!)

Sie hat immer wieder aufs neue — und wir reden hier heute über ein Stück praktischer Politik — Aufträge in die Bauwirtschaft hineingebracht. Wollen wir doch einmal überlegen: Was würde innerhalb der Bauwirtschaft geschehen, wenn uns nichts anderes einfallen würde als das, was Ihnen einfällt, nämlich Steuersenkung für den Bauunternehmer?

(Beifall bei der SPD)

Der wird sagen: „Schönen Dank, aber damit kann ich nicht bauen und meine Leute nicht beschäftigen. Ich brauche im Augenblick Aufträge." Wir wollen sie ihm mit diesem Programm an die Hand geben und möglich machen, um von daher an die Dinge heranzukommen.

(Dr. Narjes [CDU/CSU] : Dirigistischer Denkansatz!)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718707500
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schneider?

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718707600
Gerne, Herr Kollege Schneider!

Dr. Oscar Schneider (CSU):
Rede ID: ID0718707700
Herr Bundesminister Ravens, haben Sie mich dann mißverstanden, wenn Sie meinen, ich hätte gefordert, die Bundesregierung müsse jetzt dieses Denkmalschutzgesetz vorlegen oder sie müsse jetzt steuerrechtlich die Leistungen der privaten Hauseigentümer für mehr Denkmalschutz realisieren? Habe ich nicht vielmehr gesagt, daß diese drei Sonderprogramme keineswegs die Bundesregierung von ihrer Verpflichtung befreien, auf diesem Felde gesetzgeberisch etwas zu tun? Das bedeutet nicht heute, sondern das bedeutet überhaupt für den Denkmalschutz. Denkmalschutz ist ja ein langfristiges und kein kurzfristiges Programm.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Das ist doch eine Spiegelfechterei!)


Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718707800
Herr Kollege Schneider, das ist doch — sagen wir — eine jetzt nachgezogene Schutzbehauptung. Wenn Sie das verstanden haben wollen auf das Jahr 1980, dann ist das kein aktueller Beitrag. Was wir im Augenblick zu tun haben, ist, die Instrumente einzusetzen, die wir haben. Wir haben gestern — ich will hier keine Ausschußdebatte nachvollziehen — dem Ausschuß den Bericht über die Möglichkeiten, die es im einzelnen gibt, gezeigt, und ich denke, wir sollten hier auch miteinander nicht verschweigen, daß zum Beispiel im Rahmen der Modernisierungsrichtlinien gemeinsam mit den Ländern oder im Rahmen der Städtebauförderung wesentliche Elemente der Hilfen für diesen Bereich berücksichtigt sind.
Wir sollten vor allen Dingen nicht so tun, als läge der verfassungsmäßige Auftrag hier beim Bund. Ich bekomme jedesmal, wenn ich über dieses Thema rede, Briefe von den in den Ländern Zuständigen, die mir sagen, dies sei aber ihre alleinige Aufgabe; wir könnten ihnen dabei helfen. Dies wollen wir tun, und dafür haben wir eine Reihe von Instrumenten geschaffen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718707900
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine dritte Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Jahn?

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718708000
Wenn mir das nicht auf die Redezeit angerechnet wird und der Bundestag mir deswegen nicht böse ist, gerne!

Dr. Friedrich-Adolf Jahn (CDU):
Rede ID: ID0718708100
Herr Bundesminister, Sie nannten den Denkmalschutz. Ist Ihnen nicht bekannt, daß wir gestern im Ausschuß einstimmig eine Entschließung gefaßt haben, wonach im gegenwärtigen Zeitpunkt für den Denkmalschutz keine besonderen Mittel bereitgestellt werden können?




Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718708200
Nur habe ich hier heute die Forderung gehört, daß diese Mittel erhöht werden müssen. Dies steht dann noch im Widerspruch zu dem, was man gestern sogar beschlossen hat, und ich denke, auf diesen Widerspruch muß man dann hinweisen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Man kann ja nicht in der Vertrautheit des Ausschusses so tun und hier vor dem Mikrofon des Bundestages und der Öffentlichkeit etwas anderes darstellen. Ich halte dies nicht für ganz redlich.
Herr Kollege Burger — wenn ich auch dies noch einmal aufnehmen darf —, Sie haben gefragt, ob die Bundesregierung in diesem Konjunkturprogramm Hilfen für die Familien hat. Ich habe es bedauert — ich habe dies auch gesagt —, daß die Länder sich nicht in der Lage gesehen und bereitgefunden haben, ein zusätzliches Programm für den sozialen Wohnungsbau mit aufzulegen. Wir haben das zu akzeptieren, denn nach unserer Verfassungslage — Art. 104 a — werden Konjunkturprogramme von Bund und Ländern gemeinsam finanziert. ich bedauere es, daß das so ist, aber ich kann es heute nicht ändern. Nur wollte ich hinzufügen: Die Bundesregierung hat in diesem Jahr den Ländern bei dem Einsatz der Darlehensmittel, die die Bundesregierung an die Länder gibt, ausdrücklich ihre Zustimmung gegeben, daß zur Verbesserung der Finanzierung gerade für den Bereich der kinderreichen Familien und für den Bereich der alten Menschen die Einzeldarlehen pro Wohnungseinheit verdoppelt werden können, um eine Sicherung für diesen Bereich zu gewährleisten, d. h., auf diesem Feld ist einiges geschehen.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718708300
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Orgaß?

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718708400
Danke schön, Herr Präsident. Ich möchte jetzt gerne weiterkommen. Es tut mir leid, Herr Kollege, ich möchte gerne, daß wir die Debatte abschließen können.
Meine Damen und Herren, dieses Konjunkturprogramm, dieses Bauinvestitionsprogramm ist zu sehen vor der Entwicklung der Bauwirtschaft, die während der ersten Hälfte des Jahres 1975 durch eine sich langsam auf niedrigem Niveau stabilisierende Nachfrage, aber weiter zurückgehende Produktion gekennzeichnet war.
Diese Stabilisierung geht einher mit einer Stabilisierung des Kostenniveaus in den Unternehmen bei wesentlich niedrigerem Zinsniveau. Sie wurde nicht zuletzt durch die drei Konjunkturprogramme der Bundesregierung vom vergangenen Jahr — und hier vor allem durch die Investitionszulage für den Mietwohnungsbau — ermöglicht.
Nach den Jahren der boomartigen Expansion kam es für die Bauwirtschaft darauf an, sich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Diese Rahmenbedingungen sind: verringertes Wirtschaftswachstum,
Bevölkerungsstagnation und Bedarfssättigungstendenzen vor allen Dingen auch auf Teilmärkten des Mietwohnungsbaus. Erstmals seit 60 Jahren — Herr Kollege Conradi hat vorhin in der Zwischenfrage darauf hingewiesen — haben wir einen zahlenmäßig ausgeglichenen Wohnungsmarkt in der Bundesrepublik. Das führt zu Verschiebungen. Nach den Boomjahren mit bis zu 714 000 Fertigstellungen ist eine Baufertigstellung derartigen Ausmaßes für die Zukunft nicht mehr notwendig. Dies heißt nicht, daß wir nicht in besonderen Bereichen immer noch unseren Bedarf haben werden.
Das heißt auch, daß wir darauf zu achten haben, daß der strukturelle Anpassungsprozeß, der konjunkturell überlagert wurde, nicht dazu führt, daß wir Kapazitäten abbauen, die für die mittelfristige Entwicklung in der Bauwirtschaft dringend benötigt werden. Hier liegt unsere Aufgabe. Dazu hat die Bundesregierung — um dies einmal hinzuzufügen — im Jahre 1975 neben den Konjunkturprogrammen 1974/75 im Haushalt selber ihre Mittel für den Wohnungsbau verstärkt. Wir haben mit den beiden Modernisierungsprogrammen von 1974 und 1975 ebenfalls auf die Nachfragestrukturverschiebung im Bereich des Wohnungsbaus Rücksicht genommen. Wir haben also gehandelt. Dazu kommen die Konjunkturprogramme vom vergangenen Jahr, die uns eine Stabilisierung brachten.
Es kommt darauf an, der Bauwirtschaft die Rahmenbedingungen so zu setzen, daß sie den Übergang von der Stabilisierungsphase zu einem mittelfristigen Wachstumspfad allein schafft. Dem dient das vorgelegte Investitionsprogramm der Bundesregierung. Es kommt nahezu ausschließlich der Bauwirtschaft zugute. Es berücksichtigt darüber hinaus die unterschiedliche konjunkturelle Entwicklung bei Hoch- und Tiefbau; denn während im Tiefbau der Auftragseingang im ersten Halbjahr 1975 den Vorjahresstand bereits wieder um 13,3 % überschritt, erreichte er im Hochbau lediglich das Niveau des Vorjahres.
Meine Damen und Herren, der Schwerpunkt des Programms ist die Förderung von kommunaler Infrastruktur und Stadtsanierung. 1,7 Milliarden DM stehen bereit, die von Bund und Ländern gemeinsam aufgebracht werden. In den Aufgabenbereich meines Hauses fällt das mit 500 Millionen DM ausgestattete Sonderprogramm „Stadtsanierung", mit dem in Sanierungs- und Entwicklungsgebieten bereits durchgeplante Vorhaben der wohnnahen Infrastruktur, wie beispielsweise Kindergärten, Altenstätten, Sportstätten, Parkhäuser, Fußgängerzonen, realisiert werden Darüher hinaus kann — dies sollte ich noch einmal betonen, weil es in der Öffentlichkeit bislang wohl noch gar nicht genügend bekannt geworden ist — auch der Aus- und Umbau erhaltenswerter Gebäude durch Zuschüsse gefördert werden. Das ist eine Hilfe für unsere erhaltungswürdigen Stadtteile und Gebäude in den Städten und damit ein Beitrag zum Denkmalschutz.
Der Bund und die Länder übernehmen hier in der Regel bis zu 80 %, im Zonenrandgebiet sogar bis zu 90 % der Investitionskosten, weil wir gesehen haben, daß die Umsetzung dieses Programms mit sei-



Bundesminister Ravens
ner starken städtebaulichen Komponente sonst möglicherweise durch die uns bekannten Finanzierungsschwierigkeiten in den kommunalen Haushalten beeinträchtigt werden könnte. Nach unseren Informationen ist dieser Programmteil inzwischen gut angelaufen. Die Abwicklung durch die Länder hat keine Probleme aufgeworfen. Wir sind eigentlich sicher, daß der finanzielle Rahmen von 500 Millionen DM schon bald ausgeschöpft sein wird.
Ein zweiter Schwerpunkt des Programms ist die Förderung von Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen und die Bausparzwischenfinanzierung. Beide Maßnahmen sollen dazu beitragen, konjunkturelle und saisonale Risiken in der Beschäftigung in den kommenden Monaten sowohl für das Ausbau- als auch für das Bauhauptgewerbe zu begrenzen.
Wie Sie wissen, hätte die Bundesregierung als dritte Komponente gern noch ein spezielles Programm für den sozialen Wohnungsbau aufgelegt. Wie gesagt, wir sind hier nicht auf die Bereitschaft der Länder gestoßen. Unvorbereitet, Herr Kollege Schneider, hat es die Länder nicht getroffen. Es stimmt eben nicht, daß der Bundesstädtebauminister hier in Isolation zu seinen Kollegen Wirtschafts- und Finanzminister steht. Beide haben ihrerseits im Finanzplanungsrat und im Konjunkturrat der öffentlichen Hand diese Forderung unterstützt. Wir haben im Kabinett bedauert, daß eine Mitwirkung der Länder nicht möglich war; denn hiervon wäre sicherlich ein weiterer Impuls ausgegangen. Auf der anderen Seite müssen wir sehen, daß wir hier auch auf die Mitwirkung der Länder angewiesen sind. Aber sie haben jeweils mit unterschiedlichen Motivationen gesagt, sie sähen sich dazu nicht in der Lage. Das Angebot, der Bund möge es allein finanzieren, verbot sich schon wegen des Art. 104 a unseres Grundgesetzes. Hier wäre es notwendig gewesen, auch bei den Länderfinanz- und -wirtschaftsministern ein Mehr an Interesse und Verständnis zu finden.
Für die Förderung von Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen haben wir insgesamt 700 Millionen DM bereitgestellt. Bauherren können bei Kreditinstituten ihrer Wahl einmalige Zuschüsse zwischen 15 und 30 v. H. der Investitionskosten bis zur Höhe von 20 000 DM beantragen. Mit diesem zusätzlichen Fördervolumen von 700 Millionen DM erhöhen sich die insgesamt für die Altbaumodernisierung in den Jahren 1975 und 1974 bereitgestellten Mittel auf rund 1,5 Milliarden DM. Das neue Programm wird über die laufenden Maßnahmen hinaus noch einmal rund 250 000 bis 300 000 Wohnungen modernisieren bzw. instandsetzen können. Es bewegt damit ein Investitions- bzw. Auftragsvolumen von rund 3,5 Milliarden DM. Ich denke, das ist in der jetzigen Konjunkturlage keine unerhebliche Größe.
Lassen Sie mich einige Bemerkungen zur Abwicklung des Programms machen, weil es hier offenbar immer noch Mißverständnisse gibt. Herr Kollege Schneider, ich muß den Hinweis zurückweisen, dieses Programm sei unsozial, dilettantisch und gehe an der Sache vorbei. Eigenartigerweise hängt Ihre Betrachtungsweise wohl immer davon ab, auf welcher Seite des Tisches Sie gerade sitzen. 1966/1967 ließ die Bundesregierung der Großen Koalition ein Modernisierungsprogramm anlaufen.

(Dr. Zeitel [CDU/CSU]: Da war in der Wohnungswirtschaft eine andere Situation!)

— Dieses Modernisierungsprogramm lief nach den gleichen Konditionen ab wie das jetzige Programm. Es lief auf dem gleichen Weg. Es bediente sich des Wettbewerbs im Bankenapparat und hat mit Zuschüssen in der gleichen Form und im „Windhundverfahren" gearbeitet. Komischerweise war das damals in Ordnung. Heute sitzt man in der Opposition und findet das alles nicht mehr gut, was man früher gemacht hat.
Nein, Herr Kollege, wir haben ganz bewußt für die Abwicklung dieses Programms wie auch des Zwischenfinanzierungsprogramms den Weg über die Kreditinstitute ausgewählt. Wir sind nämlich davon ausgegangen, daß die Umsetzung des Programms über den Wettbewerb zwischen den einzelnen Instituten unter der Prämisse, aus konjunkturellen Gründer schnell handeln zu wollen, am besten gelingt.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718708500
Gestatten Sie, Herr Bundesminister, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Professor Zeitel?

Dr. Gerhard Zeitel (CDU):
Rede ID: ID0718708600
Herr Bundesminister, würden Sie mit uns wenigstens darin übereinstimmen, daß die Situation der Wohnungs- und Bauwirtschaft, namentlich der Wohnungswirtschaft, 1967 fundamental anders war als heute und daß sich aus einer anderen Situation auch die Notwendigkeit zu anderen Maßnahmen ergibt?

(Beifall bei der CDU/CSU)


Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718708700
Herr Kollege Zeitel, es tut mir leid, daß Sie hier zwei Dinge miteinander verwechseln. Wir reden im Augenblick von einem Konjunkturprogramm, das der Modernisierung von Wohnungen dient und sich an viele Einzeleigentümer von Einfamilienhäusern und kleinen Mietbesitz wendet und dann auf das Ausbaugewerbe und die Bauwirtschaft durchgreift. Was das mit der Situation der Wohnungswirtschaft zu tun hat, weiß ich nicht. Wir zielen auf Modernisierung, d. h., wir haben die gleiche Zielsetzung, wie sie 1966/67 gewesen ist. Es tut mir leid, aber ich habe den Eindruck, daß Sie das noch nicht ganz begriffen haben. Aber ich will das gern nach der Plenarsitzung mit Ihnen privat noch einmal besprechen.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718708800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Orgaß?

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718708900
Ich habe dem Kollegen Orgaß vorhin nein gesagt; dafür will ich diesmal ja sagen.




Gerhard Orgaß (CDU):
Rede ID: ID0718709000
Herr Minister, wie beurteilen Sie denn das von Ihnen vorgelegte zusätzliche Modernisierungsprogramm im Hinblick auf Ihr sonstiges Konzept, das ja dem Vermieter bis zu 30 % Hilfe bietet — im konkreten Fall bis zu 20 000 DM — und es erlaubt, die Wertverbesserung in der Miete dem Mieter bis zu 70 DM monatlich aufzubürden, wie beurteilen Sie die Auswirkungen auf das künftige Wohngeld, wenn dieses nicht verbessert wird, und wie beurteilen Sie dieses Konzept auch im Hinblick auf sonstige Konzepte bei der Bodenrechtsreform, zu denen es heißt, daß Aufwendungen, die die öffentliche Hand erbringt, nicht ohne Leistung dem Eigentümer zufallen sollen, sondern wieder abgezogen werden sollen?

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0718709100
Herr Präsident, das waren vier Fragen. Ich will sie Ihnen gern beantworten. Lassen Sie mich aber zunächst zu den Verfahrensregeln noch etwas sagen. Ich meine, man sollte dies einmal hintereinander bringen.
Wir haben durch gleichzeitige Information und gemeinsame Erarbeitung von Verfahrensregelungen mit den Gruppen der Kreditwirtschaft unter Beteiligung autorisierter Ländervertreter gleiche Startbedingungen für alle Kreditinstitute geschaffen. Uns vorliegende Informationen aus den Ländern haben ergeben, daß diese gleichen Startbedingungen — wir haben dies noch einmal nachgeprüft — von den Kreditinstituten auch so gesehen werden. Von diesem Zeitpunkt an setzt dann allerdings der Wettbewerb der Institute untereinander ein. Wer dies nicht will, muß sagen, daß er den Wettbewerb nicht will. Wir haben bisher gemeint, daß Wettbewerb auch eine der Antriebskräfte im wirtschaftlichen Bereich ist. Hier haben wir uns dieses Wettbewerbs bewußt bedient.
Nach uns vorliegenden Informationen aus den Ländern ist die Modernisierungsförderung auf ein unerwartet hohes Interesse gestoßen. Nach ersten Tendenzmeldungen scheinen die bereitgestellten Mittel in einigen Bundesländern bereits mit Anträgen voll belegt zu sein. Da die Leitinstitute laufend den Eingang zusätzlicher Anträge melden, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, daß die Mittel für das Sonderprogramm Wohnungsmodernisierung innerhalb kurzer Zeit ausgeschöpft sein werden.
Hier komme ich zu Ihren Fragen, Herr Kollege Orgaß. Ich möchte aber zuvor eine andere Frage beantworten, weil diese mir auch in der Öffentlichkeit gestellt wird. Könnte es sein — so wird draußen gefragt - daß durch das Windhundverfahren
unter Umständen eine kleine Zahl großer Wohnungsbauträger nunmehr für sich einen großen Batzen vorab reserviert hat? Meine Antwort heißt: Nein, dies kann nicht sein, und es ist auch nicht so. Wenn Sie in den Verwaltungsvereinbarungen, die mit den Ländern abgeschlossen sind, die Eckwerte des Konjunkturprogramms nachlesen, werden Sie sehen, daß wir die zu begünstigenden Investitionen auf 300 000 DM pro Antragsteller begrenzi haben. Ein Antragsteller kann nur einen Antrag stellen und diesen im Höchstfall auf 300 000 DM, d. h.
für 15 Wohnungen. Man sieht, daß wir hier sorgfältig darauf geachtet haben, durch diese Begrenzung eine breite Streuung dieses Programms zu erhalten. Die erste Frage ist also klar mit Nein zu beantworten.
Wir haben um der konjunkturellen Wirkung, also der Sicherung von Arbeitsplätzen willen auf Bindungen verzichtet. Dieses Programm hat eine andere Zielrichtung als unsere Modernisierungsprogramme mit den Ländern gemeinsam. Die Bund-Länder-Pro- gramme haben städtebauliche und sozialpolitische Zielsetzungen im Bereich unserer Wohnungs- und Städtebaupolitik. Hier kam es darauf an, möglichst schnell umzusetzen und möglichst hohe Anreize zu schaffen. Darüber waren sich eigentlich die Beteiligten, als sie dieses Programm konzipierten, klar. Es galt, die Investitionsbereitschaft zu wecken.
Damit verbindet sich natürlich die Frage, wie das nun mit Mietüberwälzungsmöglichkeiten in diesem Bereich ist. Ich sehe das. Lassen Sie mich dazu zweierlei sagen.
Erstens. Wir sehen - und dies war auch gewollt —. daß sehr viele dieser Mittel in den Einfamilienhausbau fließen und einer großen Zahl von Menschen helfen, ihr Einfamilienhaus, dessen Modernisierung eigentlich seit Jahren notwendig gewesen wäre, jetzt zu modernisieren. Hier spielt also die Mietfrage keine Rolle.
Zweitens. Wir stellen fest, daß ein Großteil dieser Mittel in die grundlegende Instandsetzung von Wohngebäuden fließt. Auch hier ist eine Überwälzung auf den Mieter nicht möglich. Bleibt der Teil, in dem wir es Modernisierung im Mietwohnungsbau zu tun haben. Hier haben wir geglaubt, daß wir eine solche Maßnahme so gestalten können wie hier — Nichtanrechnung —, weil wir erstens sehen, daß die Marktsituation eine volle Überwälzung von Modernisierungskosten in der Regel nicht zulassen wird, und weil zweitens nach wie vor der § 541 BGB in Kraft ist. Das heißt: Der Mieter hat eine Modernisierung zu dulden, wenn sie ihm zumutbar ist. Mein Appell geht ebenso wie der vor wenigen Tagen geäußerte Appell des Präsidenten des Haus- und Grundeigentümerverbandes in die Richtung, der Hauseigentümer möge sich vor der Modernisierung über Umfang, Kosten und zukünftige Miete mit seinem Mieter unterhalten. Denn sonst könnte es sein, daß im Widerspuchsverfahren alle Fristen verlorengehen. Hier ist ein vom gesamten Bundestag gewollter Schutzparagraph, der in dieser Richtung wirksam wird.

(Orgaß [CDU/CSU]: Herr Minister, wenn das geschieht, ist der Windhund längst weggelaufen!)

— Nein, der ist dann nicht weggelaufen, weil die Antragsverfahren, Herr Kollege Orgaß, zunächst ohne die Zustimmung eingeleitet sein müssen. Aber bevor der Hauseigentümer mit der Modernisierung beginnt, sollte er sich mit seinem Mieter darüber unterhalten. Ich meine, dies gehört auch zum partnerschaftlichen Verhältnis, das auf diesem Feld so oft beschworen wird.



Bundesminister Ravens
Neben dem Modernisierungsprogramm haben wir mit dem Zwischenfinanzierungsprogramm eine zusätzliche Hilfe. Herr Kollege Schneider, hier werden wir für den Bau von etwa 60 000 bis 80 000 Eigentumswohnungen, Ein- und Zweifamilienhäusern Mittel bereitstellen können in Form einer Zinsverbilligung von 2,5°/o auf einen Bausparvertrag, längstens für die Dauer von drei Jahren.

(Dr. Schneider [CDU/CSU] : Ohne zusätzliche öffentliche Mittel!?)

— Ich gehe davon aus, daß hier ein Teil mobilisiert wird, der ohne öffentliche Mittel baut — wie schon bisher im Bereich des Bausparkassenwesens, auch wenn er innerhalb der Einkommensgrenzen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus lag. Das, was wir im Augenblick von den Kreditinstituten hören, zeigt, daß auch hier ein großes Interesse vorhanden ist.
Nun ist es sicherlich richtig, daß die Anlaufzeiten hier ein wenig länger sind. Denn nicht jeder Bauherr, der hier angesprochen wird, hat einen fertigen Bauantrag in der Schublade liegen.
Meine Damen und Herren, erste Reaktionen bei Kreditinstituten und Bauwirtschaft haben meinen Eindruck verstärkt, daß dieses Investitionsprogramm die erhoffte nachhaltige Stabilisierung bringen wird. Schon jetzt zeichnet sich ab, daß die Bereitschaft, sich für einen Neubau oder für eine Modernisierungsmaßnahme zu verschulden, gestiegen ist. Immerhin setzt ja die Inanspruchnahme der öffentlichen Förderung voraus, daß der Bauherr bereit ist, zwischen 70 % und 85 % der Investitionskosten aus eigenen oder fremden Mitteln zuzuschießen. Diese Risikobereitschaft und das Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität unseres Landes sind also gestiegen. Ich meine, wir sollten nicht gering achten, was hier auf diesem Feld geschieht.
Das Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen wird ein zusätzliches Investitionsvolumen von bis zu 12 Milliarden DM erzeugen können. Es ist damit mehr als ein Winterhilfswerk. Es wird dazu beitragen, Produktion und Beschäftigung in der Gesamtwirtschaft zu sichern, weil gerade eine erhöhte Nachfrage nach Bauleistungen nicht nur in der Bauwirtschaft zu einer Produktionssteigerung führt, sondern in vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen zusätzliche Impulse wirksam werden läßt. Dies gilt im gleichen Maße für die Beschäftigungswirkungen. Denn Berechnungen haben ergeben, daß zwei Beschäftigte im Baugewerbe in vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen wiederum Beschäftigung für eine weitere Arbeitskraft garantieren.
Entscheidend ist jetzt — auch ich möchte darauf noch einmal hinweisen —, daß die Baubehörden bei Ländern und Gemeinden die von ihnen abzuwickelnden Programmteile zügig umsetzen. Ich weiß, daß dies nicht mit der gleichen Geschwindigkeit wie bei den Kreditinstituten möglich ist. Wenn sich aber jeder Verantwortliche darüber im klaren ist, daß er nicht nur über einen Bauantrag entscheidet, sondern „vor Ort" auch Konjunkturpolitik macht und damit über die Beschäftigung seiner Mitbürger entscheidet, dann können wir es schaffen, die vor uns liegenden schwierigen Wintermonate ohne weitere Beschäftigungseinbrüche zu überstehen. Wenn bereits in den Herbstmonaten dieses Jahres deutliche Nachfragewirkungen am Markt spürbar werden, dann können wir nicht nur die schwierigen saisonalen Probleme lösen, sondern auch den strukturellen Anpassungsprozeß der Bauwirtschaft meistern.
Lassen Sie mich hier nach meinem Appell an die Verantwortlichen in den Gemeinden und in den Ländern folgendes hinzufügen. Ich weiß, was von den Mitarbeitern dort jetzt an Arbeitsleistungen verlangt wird. Ich sehe auch mit großer Genugtuung, daß in sehr vielen unserer Städte und Gemeinden große Anstrengungen gemacht werden, um diese Beschleunigung nunmehr zu erzielen. Ich bitte allerdings auch um Verständnis dafür, daß in einigen Fällen — dieses sage ich an die Adresse vieler Mitarbeiter in den kommunalen und Kreisbehörden —, in denen sich Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den Baugenehmigungen ergeben, weil Dispense und andere Dinge eingeholt werden, längere Zeiträume in Anspruch genommen werden. Diese Fälle sollten bei der Kritik nicht als Maßstab genommen werden; sie können nicht Maßstab sein.
Ich fasse zusammen. Das Programm läuft mit hoher Geschwindigkeit ab. Die Nachfrage ist über Erwarten groß. Es gab noch vor vier Wochen skeptische Stimmen, die bezweifelten, ob es denn möglich sei, die Mittel so schnell umzusetzen. Einige Länder haben inzwischen darauf hingewiesen, daß die ihnen für die Modernisierung zur Verfügung stehenden Mittel wahrscheinlich schon belegt sind.
Auch die Zwischenfinanzierung findet starkes Interesse. Auch bei den Gemeinden ist die Bereitschaft, mitzumachen, die Bereitschaft zur Übernahme des Programms sehr gut. Die Aufnahmebereitschaft, die dieses Programm gefunden hat, sichert den Erfolg, zeigt, daß wir auf dem richtigen Weg sind, und signalisiert gleichzeitig wachsendes Vertrauen der Investoren in die wirtschaftliche Zukunft. Man muß wohl darauf verweisen, daß jeder ja noch einmal seinen eigenen Beitrag dazu leisten muß. Meine Damen und Herren, ich denke, daß die Bundesregierung mit diesem Programm einen zusätzlichen Schritt getan hat, um ihrer Verantwortung gegenüber der Bauwirtschaft und gegenüber der Wirtschaft überhaupt gerecht zu werden.
Ich bin dem Deutschen Bundestag, diesem Hohen Hause, dankbar, daß dieses Programm in so zügiger Weise in den Ausschüssen hat beraten werden können, damit es schnell umgesetzt werden kann. Die Bundesregierung hat ihrerseits — daran erinnere ich noch einmal — im Laufe der letzten anderthalb Jahre gerade im Hinblick auf den Bereich der Bauwirtschaft ihre Aufgabe — Abstützung eines strukturellen Anpassungsprozesses in schwieriger konjunktureller Lage ernstgenommen und durch die Zahl der Maßnahmen gezeigt, daß sie im richtigen Moment jeweils die richtigen Schritte getan hat.

(Nordlohne [CDU/CSU]: Na, na!)

— Es wäre ja wohl eine falsche Politik gewesen,
Herr Kollege Nordlohne, noch einmal die Sünden



Bundesminister Ravens
der Landwirtschaftspolitik von 1962 zu begehen, d. h. hier Strukturen aufrechtzuerhalten, die wir für den mittelfristigen Bedarf nicht benötigen.

(Beifall bei der SPD)

Marktwirtschaft heißt auch darauf zu achten, daß Strukturwandlungs- und Strukturanpassungsprozesse im richtigen Moment laufen. Soziale Marktwirtschaft heißt, daß der Staat Mitverantwortung dafür trägt, daß dies nicht auf dem Rücken von Arbeitnehmern, kleinen und mittleren Unternehmern geschieht, sondern daß dies sozial erträglich und volkswirtschaftlich vernünftig abgefedert laufen kann. Der bisherige Anpassungsprozeß in einer so schwierigen konjunkturellen Situation zeigt, daß wir diese Aufgabe weitgehend gemeinsam mit den Unternehmern in der Bauwirtschaft, gemeinsam mit den Arbeitnehmern, gemeinsam mit den Gewerkschaften in der Bauwirtschaft vernünftig haben meistern können.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718709200
Meine Damen und Her ren, bevor wir in der Aussprache fortfahren, möchte ich einiges zur Arbeitslage des Vormittags sagen. Interfraktionell hat man sich dahin verständigt, daß alle Punkte der heutigen Tagesordnung — außer der Fragestunde — noch vor der Mittagspause behandelt werden. Das heißt, daß ich notfalls — unter Verkürzung der Mittagspause — über 13 Uhr hinaus weitertagen lassen muß. Um 14 Uhr beginnt dann die Fragestunde. Ich habe jetzt noch zwei Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vorliegen. Ich gehe davon aus, daß wir dann zur Abstimmung kommen. Nachher ist lediglich noch eine Runde von Sprechern in einer ersten Beratung vorgesehen. Ich wäre dankbar, wenn man sich auf diesen Zeitplan, den wir uns gesetzt haben, in der Rededauer in etwa einstellen könnte.
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Waigel.

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID0718709300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik der Namensgebung der Bundesregierung für ihre bisherigen Konjunkturprogramme folgte, wäre das nunmehr vorliegende Programm unnötig. Das Programm vom September 1974 nannte sich „Programm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung". Kurz danach überschritt die Arbeitslosenzahl die magische Grenze
einer Million. Das im Dezember 1974 verabschiedete Programm nannte sich „Programm stabilitätsgerechter Aufschwung", die wirtschaftliche Entwicklung jedoch widerlegte Namen, Prognosen und Versprechungen. Auch dieses Programm hier ist von Anlage, Konzeption, Finanzierung und im Zusammenhang mit mittelfristig fehlenden Perspektiven nicht geeignet, die Literatur der bisherigen Programme zu ersetzen und dem Reichtum an Wortschöpfungen abzuhelfen, die im umgekehrt proportionalen Verhältnis zur Wirkung auf die Wirtschaft stehen.
Auch wenn die Opposition diesem Programm insgesamt die Zustimmung nicht versagt, muß an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die vorgesehenen Maßnahmen keineswegs ausreichen können, um eine grundlegende Wiederbelebung der Wirtschaftstätigkeit in der Bundesrepublik einzuleiten. Darauf haben meine Vorredner bereits hingewiesen. Auch hier liegt wieder kein mittelfristiges Gesamtkonzept vor. Wir sind sicher, daß nur kurzfristig angelegte Maßnahmen ohne die Einbettung in ein mittelfristig orientiertes Gesamtkonzept insbesondere für eine Wiederherstellung einer ausreichenden betrieblichen Rentabilität sowie für die Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen nicht ausreichen.
Das Programm der Bundesregierung zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen ist im wesentlichen als reines Ausgabeprogramm konzipiert und damit, wie schon die Erfolglosigkeit der drei vorangegangenen Konjunkturprogramme gezeigt hat, nicht geeignet, eine nachhaltige Besserung der derzeitigen Wirtschaftslage herbeizuführen. Hier muß auch gesagt werden, daß unter Berücksichtigung des Multinicht ausreichen, insbesondere im Hinblick darauf, daß in nicht ausreichendem Umfange zusätzliche Nachfrage erzeugt wird. 5 Milliarden DM, sofern sie ganz der Bauwirtschaft zugute kommen, machen nur rund 3 %einer Jahresbauproduktion aus. Es wäre jetzt bereits hohe Zeit und notwendig, über Anschlußaufträge und deren Finanzierung nachzudenken und nicht nach der Devise zu handeln: Sind wir erst einmal über den Winter, wird ohnehin alles besser. Dies ist eine „go and stop"-Politik der Bundesregierung, die bisher erfolglos war und durch die Isoliertheit dieses Programms vom gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang nicht erfolgreich sein kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei dem Bauhilfsprogramm handelt es sich zwar um einen momentan arbeitsmarktpolitisch wichtigen Schritt; aber ein einmaliges und kurzfristiges Programm reicht nicht aus, um eine Konjunkturwende herbeizuführen. Die Förderung des privaten Wohnungsbaus kommt zu kurz, die Verbilligung der Vorfinanzierungskosten von Bausparverträgen weckt keine starken Impulse. Hier geht es darum, daß eine unabdingbare Voraussetzung für die Rückkehr zur Vollbeschäftigung die wesentliche Verbesserung der Ertragserwartungen gewesen wäre. Herr Bundesminister Ravens, die dadurch entstehenden Kosten und Belastungen auch für mittelfristige Programme wären insgesamt sicher niedriger und kämen der Volkswirtschaft besser zugute als nacheinander rasch verpuffende Konjunkturprogramme, die bisher keinen Effekt gezeigt haben, die nur Ausdruck für ein hektisches Denken, für ein Kurieren an Symptomen sind.
Lassen Sie mich einige Bemerkungen zur Struktur des Programms machen. Es ist, wie ich bereits vorher erwähnt habe, im Grunde ein Ausgabe- und Vorziehungsprogramm ohnehin anstehender Maßnahmen. Die Bundesregierung gibt dabei keine Antwort auf die Frage, wie die Kapazitätsauslastung der Bauwirtschaft nach Durchführung dieser Vorhaben verbes-



Dr. Waigel
sert werden kann und wie der Gefahr eines Investitionsloches begegnet werden soll. Wir stehen doch vor der Tatsache, daß ein Teil der Gemeinden und Kreise jetzt nur etwas vorzieht, was ohnehin im Frühling bzw. im Laufe des nächsten Jahres passiert wäre. Damit stellt sich die Frage: Was passiert in einem Jahr wenn die Gemeinden dann nicht mehr die notwendige Finanzdecke haben, um durch die Vergabe von Aufträgen im öffentlichen Bereich tätig werden zu können? Es fehlen auch Kosten- und Leistungskontrollen hinsichtlich der Wirksamkeit der vorhergegangenen Programme. Dies muß sich insbesondere deswegen nachteilig auswirken, weil auch bei einer Wiederbelebung der Konjunktur das Steueraufkommen im Jahre 1976 nicht entsprechend ansteigen wird, da die Investitionszulage aus dem Konjunkturprogramm vom Dezember 1974 in Form des Abzugs von der Steuerschuld gewährt wurde und 1976 das Steueraufkommen belastet.
Die Frage der Finanzierbarkeit weiterer öffentlicher Investitionen im nächsten und übernächsten Jahr stellt sich daher bereits heute, nachdem ein Teil der nunmehr durchzuführenden Maßnahmen ohnehin in den Haushalten 1976 vorgesehen waren.
Noch einige Bemerkungen zur Finanzierung des Programms durch die Gebietskörperschaften. Zunächst zum Bundesanteil: Dieser Bundesanteil wird in Höhe von 2,5 Milliarden DM durch die Inanspruchnahme noch verfügbarer Konjunkturausgleichsrücklagen, in Höhe der restlichen 650 Millionen DM durch zusätzliche Kredite auf Grund der Ermächtigung in § 6 Abs. 3 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes finanziert.
Während beim Bund zusätzlich zu dieser genannten weiteren Verschuldung immerhin 2,5 Milliarden DM zusätzlicher Mittel zur Verfügung stehen, entspricht die Aufteilung des Länderanteils der restlichen Konjunkturausgleichsrücklage nicht den Mitleistungsverpflichtungen. Einige Länder — darüber sollten wir uns keinen Illusionen hingeben — werden gezwungen sein, die Unterdeckung zusätzlich auf dem Kreditmarkt zu finanzieren. Dabei wird sich ohne Zweifel das Problem ergeben, daß die Mittel aus der obligatorischen Konjunkturausgleichsrücklage bereits voll zur Finanzierung der Haushalte 1976 in die Haushaltspläne 1976 eingestellt sind. Die sich zwangsläufig ergebende Erhöhung der Kreditaufnahme im Jahre 1976 zur Finanzierung des Ausgabeprogramms bringt einen Teil der Bundesländer an den Rand des haushaltsmäßig und von der Kreditaufnahme, von der Kreditermächtigung her Vertretbaren.
Die Gefahr ist daher groß, daß nur solche Maßnahmen auf das Jahr 1975 vorgezogen werden, die bereits im Haushalt 1976 vorgesehen waren. Damit kann aber doch die Intention des Programms nicht erfüllt sein, das auf zusätzliche Maßnahmen im Jahre 1975 gerichtet ist. Durch diese Art einer verfassungsrechtlich nicht unproblematischen Mitleistungspflicht der Länder werden diese dazu gezwungen, entweder mit einer entsprechend erhöhten Kreditfinanzierung ihren Komplementäranteil aufzubringen oder darauf zu verzichten, die ihnen angebotenen Mittel voll auszuschöpfen. Der Entscheidungsspielraum der Länder wird dadurch nicht unerheblich eingeschränkt, und die Schelte des Bundeskanzlers gegenüber der Verschuldungspolitik einzelner Länder wird durch eine solche Handlungsweise des Bundes geradezu zur Farce.

(Frau Meermann [SPD] : Wie hätten Sie es denn gerne finanziert, Herr Kollege?)

Während bei den finanzstarken Ländern der Anteil aus der Konjunkturausgleichsrücklage so groß ist, daß sie damit nicht nur ihren Part im Bund-Länder-Programm finanzieren können, sondern teilweise darüber hinaus eigene Konjunkturprogramme finanzieren, reichen die Mittel — —

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Haben Sie auch eine eigene Meinung oder können Sie bloß Schulaufsätze vorlesen?)

— Entschuldigen Sie, Herr Professor Schäfer, ich könnte ja auch einmal aus Ihrer Dissertation vorlesen. Vielleicht wäre das interessanter.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU — Dr. Schäfer Bei den Ländern mit schwacher Finanzausstattung reichen die Mittel aus der Konjunkturausgleichsrücklage jedenfalls nicht einmal dafür aus, den auf sie entfallenden Anteil aus dem gemeinsamen BundLänder-Programm zu finanzieren. Es bleibt fraglich, ob damit genügend zusätzliche Mittel für das Programmvolumen bereitgestellt werden können. Nun noch ein Wort zum Kommunalanteil. Es ist sicher zu begrüßen, daß hier ein zusätzliches Kreditprogramm aufgelegt wird, um den Anteil der Gemeinden in Höhe von durchschnittlich 20 %mitfinanzieren zu können. Viele Kreise und Gemeinden sind aber am Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten und kaum noch in der Lage, weitere Investitionsmaßnahmen durchzuführen, die, auch wenn sie nur einen kleinen Finanzierungsanteil verlangen, jedenfalls hinsichtlich der Folgekosten weitere Belastungen erbringen. Es ist zu begrüßen, daß hier das Sonderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau in der Größenordnung von 500 Millionen DM und ein Verpflichtungsermächtigungsprogramm des ERPirtschaftsplans insgesamt eine Milliarde DM zur Verfügung stellen, allerdings bei einer Laufzeit von zehn Jahren. Bei den tilgungsfreien ersten beiden Jahren bleibt dann eine Annuität von 17 % die die Investitionsmöglichkeit der Kommunen für die nächsten acht Jahre jedenfalls erheblich einschränkt. Das wird die Gemeinden insbesondere dann in eine weitere prekäre finanzielle Lage bringen, wenn sich die Steuerausfälle im nächsten und im übernächsten Jahr voll auswirken. Die Kommunen werden in erster Linie die Folgekosten dieses Programms tragen müssen. In dem Programm ist zu Recht angesprochen worden, daß bei den Investitionen des Bundes darauf geachtet werden soll, möglichst keine Nachfolgekosten, jedenfalls keine personellen Nachfolgekosten entstehen zu lassen. Allerdings werden die Gemeinden und die Landkreise hier nicht in der gleichen Art Dr. Waigel und Weise reagieren können. Denn die im Programm genannten Maßnahmen werden zwangsweise entsprechende Folgekosten nach sich ziehen, die sich wiederum in den nächsten Jahren auf die Finanzsituation der Kommunen auswirken müssen, ohne daß dem entsprechende Einnahmeverbesserungen gegenüberstehen. Ich darf hier nur ganz kurz einige Prozentzahlen nennen. Die jährlichen Folgekosten, bezogen auf die Investitionssumme, betragen z. B. bei einer Kläranlage 19,5 % bei Schulen 31 % bei Kindergärten 31 % bei Turnund Sporthallen 16,5 %und bei Hallenbädern 20,5 % Es ist daher richtig, wenn das Programm hinsichtlich der bundeseigenen Investitionen das Kriterium enthält, daß möglichst keine Folgekosten entstehen. Bei der Auswirkung auf die Kommunen wird diese Maxime jedenfalls kaum herangezogen werden können. Lassen Sie mich noch auf einige Widersprüche und Mängel des Programms hinweisen. Auf der einen Seite wird hier die Erschließung von Industriegelände in Fördergebieten unter den Voraussetzungen des Vierten Rahmenplans der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" gefördert. Hier wird der Versuch unternommen, kurzfristig mit einem Konjunkturprogramm auch regionale Strukturpolitik zu betreiben, während auf der anderen Seite bereits morgen darüber diskutiert werden wird, daß die regionale Wirtschaftspolitik wieder eingeschränkt wird. Das Ausgabebewilligungsverfahren nach § 6 Abs. 2 des Stabilitätsund Wachstumsgesetzes in Verbindung mit § 8 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmt, daß Konjunkturbelebungsmittel nur für einen im Finanzplan vorgesehenen Zweck oder als Finanzierungshilfe für Investitionen der Länder und Gemeinden in Ansatz gebracht werden dürfen. Es stellt sich daher die Frage, ob diese Voraussetzung hinsichtlich der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gemäß Teil C des Programms vorliegt. Meines Erachtens hätten formalrechtlich diese 600 Millionen DM im Nachtragshaushalt veranschlagt werden müssen. Hier stellt sich die Frage, ob diese Mittel nur deswegen Aufnahme in das Konjunkturprogramm gefunden haben, um die Finanzlage der Bundesanstalt für Arbeit optisch in einem etwas günstigeren Licht erscheinen zu lassen. Weiter stellt sich die Frage, ob nach dem Eingangsvermerk der Regierung, wonach Abweichungen lediglich der Einwilligung des Bundesministers der Finanzen und des Bundesministers für Wirtschaft bedürfen, eine solche Ermächtigung hier richtig ist, ob es nicht entschieden zu weit geht, eine Abweichung von einzelnen Projekten des Programms, vielleicht auch ein Auswechseln von Projekten, allein der Zustimmung des Wirtschaftsministers und des Finanzministers zu überlassen. Mir scheint, daß eine so weitgehende Ermächtigung durch das Stabilitätsgesetz nicht gedeckt ist. Es wäre wünschenswert, daß die Bundesregierung im Rahmen der Berichterstattung auch über frühere Programme uns endlich einmal eine Auskunft darüber gibt, welche Abweichungen in den letzten Programmen vorgenommen würden. Davon abgesehen wäre es höchste Zeit, endlich einmal zu erfahren, wie Vergabe, wie Mittelabfluß, wie Planung und ähnliches mehr der letzten Programme erfolgt sind, um einen Überblick darüber zu haben, wie künftige Programme aussehen können. Das Konjunkturprogramm 1967/68 wurde in Form eines Nachtrags zum Bundeshaushalt 1967 vorgelegt und verabschiedet. Die einzelnen Ausgaben wurden auf die Einzelpläne verteilt. Das jetzige Programm enthält, wie schon das Oktoberund Dezember-Programm, keine Aufteilung auf die Einzelpläne; die Sonderprogramme werden also nicht in die Haushaltspläne eingearbeitet. Das ist formalrechtlich möglich, aber damit ergibt sich doch die Problematik eines beziehungslosen Nebeneinanders von Sonderprogrammen, Nachtragshaushalt, Haushalt 1976 und mittelfristiger Finanzplanung; hier kommt doch auch die Problematik des Jährlichkeitsprinzips des Art. 110 des Grundgesetzes zur Sprache, des Jährlichkeitsprinzips, das auch durch das Sonderverfahren nach dem Stabilitätsgesetz nicht aufgehoben wird. Gerade da hier gleichzeitig ein Nachtragshaushalt vorgelegt wird, wäre es doch gut, wäre es übersichtlich, Programm und Nachtragshaushalt in eine gemeinsame Vorlage zu bringen. Insbesondere wäre dann etwas durchzuführen, was ja auch der Kollege von Bülow angesprochen hat, nämlich ein stärkeres Mitbelstimmungsrecht, ein stärkeres Informationsrecht des Parlaments. Auch das Kontrollrecht des Parlaments wäre in sehr viel besserem Maße gewährleistet als durch dieses beziehungslose Nebeneinander von Programmen, Haushalten und mittelfristiger Finanzplanung. Insbesondere wäre es für uns doch von großer Wichtigkeit, zu wissen, wie das Dezember-Programm des vergangenen Jahres abgewickelt wurde, wie sich Vergabe der Aufträge und Abfluß der Mittel entwickelt haben. Nur wenn diese Daten vollständig vorlägen, könnte über Ziel und Wirkung des nunmehr zu beschließenden Programms ausreichende Klarheit bestehen. Statt dessen wird auch diese Vorlage, wird auch dieses Programm den parlamentarischen Gremien im Eiltempo vorgelegt. Trotz dieses Eilverfahrens, meine Damen und Herren, und trotz vieler Mängel sagt die Opposition ja zu diesem Programm, weil hiermit für einen Teilbereich der Wirtschaft ein weiterer Rückgang der Produktion und ein weiteres Anwachsen der Zahl der Arbeitslosen verhindert werden sollen. (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Sehr gut!)


(Tübingen] [SPD] : Haben Sie auch eine Meinung in dieser Diskussion?)





(Zustimmung bei der CDU/CSU)


(Dr. Zeitel [CDU/CSU] : Sehr wahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718709400
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfgramm.

Torsten Wolfgramm (FDP):
Rede ID: ID0718709500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Das Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen schließt als drittes Konjunkturprogramm



Wolfgramm (Göttingen)

an die Programme von September und Dezember 1974 an. Einschließlich der früheren Programme, der Investitionszulage und der Entlastungen durch die Steuer- und Kindergeldreform wird es über 30 Milliarden DM Nachfrage mobilisieren. Die in den Jahren 1970 bis 1973 zu zwei Dritteln vorn Bund und zu einem Drittel von den Ländern und den Kommunen gebildeten Konjunkturrücklagen werden mit diesem Bauinvestitionsprogramm aufgelöst. Zwei Länder, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, werden jeweils ein zusätzliches eigenes Programm in Höhe von rund 150 Millionen DM anschließen.
Im besonderen unterstreichen die Freien Demokraten, Herr Dr. Waigel, daß das Programm ein klares Konzept und eine Einbettung in unsere gesamte konjunkturpolitische, finanzpolitische und strukturpolitische Vorstellung kurz- und mittelfristig beinhaltet. Es ist eingebettet in die Vorstellungen der Sparmaßnahmen für das Jahr 1976 abgestimmt mit dem Haushaltsvoranschlag 1976, dem Nachtragshaushalt, und den Steuererhöhungen 1977.
Wir meinen, daß dieses Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen strukturpolitisch die Kapazitäten in der Bauwirtschaft stützt und die Arbeitsplätze sichert, daß es konjunkturpolitisch über die ausgeworfenen 5,5 Milliarden DM durch die entsprechenden Komplementärmittel einen erheblichen Kumulationseffekt entfalten wird. Wenn Sie, Herr Dr. Waigel, den konjunkturpolitischen Effekt so intensiv bestreiten, müßten Sie sich allerdings fragen, ob Ihre letzte Schlußfolgerung, daß hiermit die Arbeitsplätze gesichert werden können, stimmt. Ich meine, daß Ihr Ansatz hier falsch ist. Sie müßten dann auch konsequent sein, die Konjunkturmittel hierfür nicht einsetzen und das Programm ablehnen.
Wir meinen — drittens —, daß durch schnelles Handeln, wie es das Stabilitäts- und -WachstumsGesetz vorschreibt, eine kurzfristige Auftragsvergabe mit kurzer Durchführungszeit möglich ist.
Die grundsätzlichen Erwägungen im Haushaltsausschuß, auf die der Berichterstatter, Dr, von Bülow, in seiner Vorlage abgehoben hat, möchte ich in bezug auf den Teil des Programms, der sich mit der kommunalen Infrastruktur, der Stadtsanierung und dem Umweltschutz beschäftigt, noch ergänzen.
Es ist etwas problematisch, daß durch die Vorgabe der zu fördernden Investitionsbereiche eine Begrenzung der Entscheidungsmöglichkeiten der kommunalen Parlamente — ich darf diesen Ausdruck zur Verdeutlichung des Problems einmal verwenden — eintritt, da eine Reihenfolge der Investitionsprioritäten, die ein Rat oder ein Kreistag beschlossen hat, in der Regel nicht eingehalten werden kann. Vielleicht sollten wir bei zukünftigen Programmen dieser Art noch flexibler sein und gerade, wenn wir die Kommunen einbeziehen, eine noch breitere Palette anbieten, zumal tatsächlich die Folgekosten nur in der einen oder anderen Weise geringer gehalten werden können.
Die Reichweite der Auftragsbestände im Bauhauptgewerbe beliefen sich im Juni Juli auf zweieinhalb Monatsproduktionen; am Jahresbeginn waren es nur zwei. Wir haben also hier tatsächlich eine echte Anschlußposition erreicht.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf zwei Anmerkungen eingehen, die der Kollege Zeitel hier gemacht hat. Er hat sich zum Problem der Anregung einer Ausweitung des Produktionspotentials kritisch geäußert. Er hat gefordert, daß wir das jetzt und gleich tun sollten. Wir Freien Demokraten meinen, um zu einem intensiveren konjunkturellen Belebungsprozeß zu kommen, ist eine Ausweitung des Produktionspotentials für 1976 nicht erforderlich. Dies hat auch der Bundeswirtschaftsminister in seiner Stellungnahme in der vergangenen Woche sehr deutlich gesagt. Es geht also hier um eine Ausschöpfung der vorhandenen Kapazitäten. Mittelfristig ist natürlich der Sicherung und der Ausweitung des Beschäftigungsstandes eine besondere Priorität einzuräumen. Auch dies tun wir mit diesem Programm.
Lassen Sie mich das Thema Steuererhöhungen, das der Kollege Zeitel hier angeschnitten hat, auch noch einmal klar und deutlich herausarbeiten. Bei den Steuererhöhungen geht es um die Frage des Zeitpunktes. Wir stellen auf den 1. Januar 1977 ab. Das bedeutet, daß zu diesem Zeitpunkt einer Wiederbelebung der Konjunktur eine Überwälzung der Mehrwertsteuer auf den Verbraucher durch die Industrie vorgenommen werden kann und es nicht zu einer Ertragsschmälerung bei der Wirtschaft kommt.
Die neuesten Zahlen über die Annahme des Modernisierungsteils des Programms weisen aus, daß Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bereits voll belegt oder sogar schon überbelegt sind. Bei den anderen Ländern lassen die Zahlen eine Vollbelegung in Kürze erwarten. Auch die gegengezeichneten Verwaltungsvereinbarungen von RheinlandPfalz, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen liegen bereits vor. Deshalb glauben wir, daß dem Programm ein guter Weg beschieden ist.
Wir meinen, daß dieses Programm in keiner Weise eine Benachteiligung der Bausparer bringt. Herr Kollege Schneider, auch langfristig gesehen bedeutet dieses Programm, daß hiermit eine Menge von Überhangswünschen der Bausparer gerade im Modernisierungsbereich erfüllt werden können. Sie wissen, daß die Möglichkeiten des Bauspargesetzes zusätzlich auch auf Modernisierungsmaßnahmen abheben. Die FDP unterstreicht deutlich die Bedeutung des Bausparens und wird sich auch zukünftig dafür einsetzen; aber es muß eine vernünftige Relation zwischen Bau- und Kontensparen gewahrt bleiben.
Im übrigen meine ich, daß die Kommunen nach dem Bauboom der letzten Jahre im Augenblick gar nicht in der Lage sind, genügend Baugelände auszuweisen, so daß es hier primär nicht um die Frage einer Begrenzung der Bausparmittel des einzelnen Bausparers geht. Die entscheidende Frage ist vielmehr, ob Baugelände überhaupt zur Verfügung steht.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Lassen Sie mich noch einige Ausführungen zu den ord-



Wolfgramm (Göttingen)

nungspolitischen Anmerkungen des Kollegen Zeitel machen. Wir meinen, daß wirtschaftliche Aktivitäten nach liberaler Auffassung nur in einzelwirtschaftlichen und dezentralisierten Entscheidungssystemen die notwendige Flexibilität und Elastizität entfalten und damit die Anpassungsfähigkeit garantieren, rasch auf veränderte Konjunktursituationen zu reagieren. Das ist für uns der Kernpunkt der Marktwirtschaft. Ein zentrales Planungsmodell kann eine solche Marktflexibilität nicht bieten. So hat bei einer nicht marktgerechten Investitionsentscheidung eines Einzelunternehmens diese Fehlentscheidung nur begrenzte Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Globale Fehlleistungen einer zentralen Planungsinstanz würden dagegen erhebliche Folgen für die Gesamtwirtschaft zeitigen.
Als Beispiel auch hier ein Hinweis auf die Haltung der Opposition zu dem Problem der dirigistischen Investitionslenkung. Wir haben bei den Beratungen des Haushalts 1975 gehört, daß sowohl der CDU-Mittelstandskreis als auch der Vorsitzende der Opposition im Deutschen Bundestag, Herr Professor Carstens, das System des französischen Orientieungsesetzes „loi Royer”besonders unterstützen, ein dirigistisches System, das festlegt, welche Verkaufsquadratmeterfläche pro Einwohner nicht überschritten werden darf. Wir halten das — darauf hat auch Graf Lambsdorff seinerzeit hingewiesen — für einen „Rückfall in die Zunft des Mittelalters", wie er es formuliert hat.
Meine Damen und Herren, die Höhe des Programms ist ausgewogen. Das Programm reicht aus, um einer Beeinträchtigung der Kapazitäten der Bauwirtschaft und ihrer Zulieferer zu wehren. Die Freien Demokraten werden sich immer für eine aktive, planvolle Strukturpolitik einsetzen. Dem entspricht das zur Beschlußfassung anstehende Programm. Die Freien Demokraten werden diesem Programm und dem Entschließungsantrag zustimmen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718709600
Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist erschöpft. Wir kommen zur Abstimmung.
Wir stimmen zunächst ab über den Antrag des Haushaltsausschusses auf der Ihnen vorliegenden Drucksache 7/4044. Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, gebe bitte das Handzeichen!

(Unruhe)

— Meine Damen und Herren, wir sind in der Abstimmung. Ich darf noch einmal diejenigen uni das Handzeichen bitten, die zuzustimmen wünschen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Wir haben alsdann noch abzustimmen über den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der FDP auf Drucksache 7/4058. Dieser Entschließungsantrag liegt Ihnen vor. Wer diesem Entschließungsantrag auf Drucksache 7/4058 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen! — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war eindeutig die Mehrheit.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz)

— Drucksache 7/3919 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Zur Einbringung hat das Wort der Herr Bundesminister der Justiz, Herr Vogel.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718709700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre reizvoll, wenn in dem Vorblatt jeder Gesetzesvorlage jeweils die Anzahl der Lebensvorgänge beziffert würde, die voraussichtlich von der beabsichtigten Regelung beeinflußt werden. Unter diesem Kriterium bräche der jetzt zu behandelnde Entwurf alle Rekorde; denn die Zahl der Rechtsgeschäfte, die allein innerhalb eines einzigen Jahres nach Maßgabe Allgemeiner Geschäftsbedingungen abgewikkelt werden, dürfte mit einigen Milliarden eher zu niedrig als zu hoch veranschlagt sein. Es gibt wohl niemanden in der Bundesrepublik, der nicht fast täglich mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Berührung kommt, sei es bei der Benutzung einer Straßenbahn, sei es beim Einschalten von Strom, Gas oder Wasser, sei es beim Einfahren in ein Parkhaus, beim Erwerb hochwertiger Wirtschaftsgüter wie Autos, Möbel oder Elektrogeräte, sei es beim Abschluß einer Versicherung, eines Abonnements oder auch beim Erwerb eines Eigenheims, sei es bei Aufnahme eines Kredits und bei zahllosen anderen Gelegenheiten.
In der Praxis sind diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen weitgehend an die Stelle des Gesetzes, insbesondere an die Stelle der schuldrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs getreten. Das heißt, für wesentliche Bereiche des täglichen Lebens gilt nicht die gesetzliche Ordnung, sondern das Regelwerk, das der wirtschaftlich Stärkere seinen Partnern durch seinen Willensentschluß auferlegt hat, einen Willensentschluß, der nicht de jure, aber de facto den Charakter der Normsetzung beansprucht und als eine Art privater Gesetzgebung in eigener Sache bezeichnet werden kann.
Für diese Entwicklung, diese Ersetzung öffentlicher durch private Gesetzgebung, gibt es einleuchtende, durchaus nicht von der Hand zu weisende Gründe. Zunächst die, daß der Gesetzgeber selbst den sich immer rascher wandelnden tatsächlichen Gegebenheiten nicht mit der notwendigen Schnelligkeit zu folgen vermag, daß er nicht flexibel genug ist, um rasch neu auftauchende Probleme und Konflikte zu lösen oder neue Vertragstypen zu entwickeln. Auch gewährleisten die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht das Maß an Gleichartigkeit und Berechenbarkeit der Rechtsfolgen von Lebensvorgängen, das für die rationelle Abwicklung massenhafter Austausch- und Leistungsgeschäfte unerläßlich ist.
Deshalb sind Allgemeine Geschäftsbedingungen für unser Wirtschaftsleben unentbehrlich. Es wäre



Bundesminister Dr. Vogel
töricht, sie in einem Anfall juristischer Maschinenstürmerei etwa insgesamt abschaffen oder auch nur diskriminieren zu wollen.
Dies ist auch nicht die Absicht des Regierungsentwurfs. Sein Ziel ist es vielmehr, dem Mißbrauch dieses Instrumentes zu begegnen und den Schwächeren — das ist in aller Regel der Kunde — vor Nachteilen zu schützen, die er selbst nicht abwenden kann; denn die da und dort vertretene Ansicht, der Kunde könne sich durch ein kritisches Studium der Geschäftsbedingungen und durch die Ablehnung unbilliger Klauseln selber helfen, erweist sich in der Rechtswirklichkeit als reine Illusion. Abgesehen davon, daß der Kunde meist gar nicht die Chance hat, die Bedingungen zu lesen und ihre Tragweite zu erfassen, reduziert sich doch die Vertragsfreiheit des Verbrauchers in aller Regel darauf, sich entweder den Bedingungen zu unterwerfen oder auf den Erwerb wichtiger Güter oder die Inanspruchnahme wichtiger Dienste überhaupt zu verzichten.
Die Rechtsprechung hat diesen Mißstand nicht in ausreichender Weise steuern können. Sie hat in manchen Fällen geholfen und hat in mutiger Weise Grundsätze entwickelt, an denen die Angemessenheit und Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemessen werden kann. Dieser Rechtsprechung ist jedoch die notwendige Breitenwirkung insgesamt versagt geblieben.
Der Entwurf legt deshalb das bisher in Einzelentscheidungen zersplitterte, nur schwer überschaubare Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen umfassend und so konkret wie möglich fest, wobei die bisherige Rechtsprechung fortentwickelt wird. So gehen die Vorschriften über die sogenannte Geltungsvereinbarung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen über die von der Rechtsprechung entwickelten Mindesterfordernisse hinaus und legen zum Schutz der Kunden die Voraussetzungen fest, unter denen Allgemeine Geschäftsbedingungen überhaupt Bestandteil des Einzelvertrages werden können. Es folgen Vorschriften über die inhaltliche Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Diese Vorschriften umfassen einen Katalog unzulässiger Klauseln, die wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden künftig überhaupt nicht mehr verwendet werden dürfen. Als Beispiele hierfür nenne ich den Haftungsausschluß bei grober Fahrlässigkeit, die Rechtlosstellung des Kunden bei Leistungsverzug und die abschließende Beschränkung der Gewährleistungsansprüche des Käufers auf Nachbesserung, gelegentlich sogar unter Überbürdung der Kosten dieser Nachbesserung auf den Kunden. Dem Katalog der unzulässigen Einzelklauseln ist ein allgemeiner Auffangtatbestand zur Seite gestellt, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen immer dann unwirksam sind, wenn sie die Interessen der an dem Vertrag Beteiligten nicht nach den Geboten von Treu und Glauben in angemessener Weise ausgleichen.
Weiter nennt der Entwurf eine Reihe von gefährlichen Klauseln, die nur dann gelten, wenn sie sich im konkreten Einzelfall im Rahmen der Angemessenheit halten und in diesem Einzelfall aus besonderen Gründen gerechtfertigt sind. Hier nenne ich als Beispiel den Vorbehalt, daß sich ein Vertragspartner einseitig von seiner Leistungspflicht lösen kann oder daß er das Recht haben soll, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen. Ferner nenne ich hier die Vereinbarung ausländischen Rechtes für die Geltung eines Rechtsgeschäftes, das im Inland abgewickelt wird, eine Vereinbarung, die stets besonderer Rechtfertigung bedarf.
Der Entwurf beruht auf den Vorarbeiten einer Arbeitsgruppe, in der Richter, Hochschullehrer, Repräsentanten der Wirtschaft und der Verbraucher und Fachleute aus den Justiz- und Wirtschaftsressorts des Bundes und der Länder mitgewirkt haben. Die Arbeitsgruppe hat ihrerseits an die Rechtsprechung, aber auch an die Ergebnisse der wissenschaftlichen Diskussion angeknüpft, die vor 40 Jahren von Ludwig Raiser mit seiner bahnbrechenden Arbeit über das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingeleitet worden ist.
Unter allen Beteiligten besteht Übereinstimmung darüber, daß zur vollen Entfaltung der materiell-rechtlichen Vorschriften die Einführung von Verfahrensvorschriften notwendig ist. Die Bundesregierung teilt selbstverständlich diese Auffassung. Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf enthält allerdings solche verfahrensrechtlichen Vorschriften noch nicht. Diesbezügliche Vorschläge wird die Bundesregierung in einem weiteren Gesetzentwurf unterbreiten, sobald die Empfehlungen der Kommission ausgereift und in sorgfältig geprüfte Gesetzesformulierungen umgesetzt worden sind.
Dabei ist es auch hier unerläßlich, daß die betroffenen Kreise — und namentlich die Landesjustizverwaltungen — Gelegenheit erhalten, sich detailliert zu den komplizierten Einzelfragen eines Kontrollverfahrens zu äußern. Ich darf hier nur — sozusagen als Fußnote — erwähnen, daß mein Haus zu den materiell-rechtlichen Bestimmungen des Entwurfs nicht weniger als 150 Verbände, Gruppen und Institutionen gehört hat. Es würde aber den Interessen der Verbraucher zuwiderlaufen, wenn wir bis dahin auf die materiell-rechtlichen Vorschriften und auf die positiven Wirkungen verzichteten, die schon jetzt von den materiell-rechtlichen Regelungen für die Verbraucher ausgehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Opposition hat ihrerseit einen Entwurf vorgelegt. Er hat das Haus vor einiger Zeit in erster Lesung beschäftigt. Es wäre müßig, angesichts dessen einen für den Bürger recht nutzlosen Streit um das Erstgeburtsrecht auszutragen. Das Erstgeburtsrecht gebührt nämlich unstreitig der Kommission, deren Vorlage unserem Entwurf zugrunde liegt und deren Vorlage sich auch die Opposition inhaltlich, zum Teil sogar im Wortlaut, zu eigen gemacht hat, ein Umstand, den die Bundesregierung keineswegs beklagt, sondern deswegen begrüßt, weil er zu einer nicht mehr alltäglichen Übereinstimmung der Vorlagen geführt hat und die Beratungen gewiß erleichtern wird. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn sich die Opposition entschließen könnte, ihre Verfahrensvorschläge so lange zurückzustellen, bis die Fachleute aus den Bundes- und Landesjustizverwaltungen, aus den Wirtschaftsverwaltungen, aus



Bundesminister Dr. Vogel
der richterlichen Praxis sowie vor allem auch aus den betroffenen Kreisen der Verbraucher und der Wirtschaft ausreichend Möglichkeit zur Prüfung, zur Stellungnahme und zur Diskussion gehabt haben.
Namens der Bundesregierung gebe ich abschließend der Hoffnung Ausdruck, daß der heutigen ersten Lesung noch in dieser Legislaturperiode die zweite und dritte Lesung folgen werden. Der Bundestag würde damit den sozialen Auftrag des Grundgesetzes in einem weiteren für die breiten Schichten unseres Volkes bedeutsamen Punkte konkretisieren.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718709800
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache in der ersten Beratung.
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Däubler-Gmelin.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID0718709900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat die Gemüter schon vor 100 Jahren bewegt. Schon 1879 mußte das Reichsgericht über die Gültigkeit der allgemeinen bzw. der bremischen Seerechtsversicherungsbedingungen aus den Jahren 1867 oder 1875, über die Anwendbarkeit von allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen und auch des Reichsbahnbetriebsreglements aus den Jahren 1874 bzw. 1876 entscheiden. Schon damals überlagerte also das Kleingedruckte, dieses Recht des wirtschaftlich Stärkeren, die gesetzlichen Regelungen, damals typischerweise im Verkehrs-, Beförderungs- und Versicherungssektor.
In den folgenden Jahrzehnten griff es mit Blitzgeschwindigkeit auf alle Bereiche von Wirtschaft und Handel über, in denen Massengeschäfte getätigt wurden. In welchem Ausmaß das geschah und wie rigide dieses um 1930 ohne jeden Anstoß so bezeichnete „selbstgeschaffene Recht der Wirtschaft" zu Lasten des Verbrauchers zeitweise auch von höchsten deutschen Gerichten als „fertig bereitliegende Rechtsordnung, der sich der Vertragspartner eben unterwerfe", qualifiziert wurde, mag derjenige, der sich speziell für dieses Problem interessiert, in den einschlägigen Werken der juristischen Literatur nachlesen. Mir kam es hier lediglich darauf an, das eindrucksvolle Bild der ungeheuer vielen betroffenen Lebensvorgänge, der Vielfalt der Anwendungsbereiche und auch der Farbigkeit der Beispiele, das uns soeben Bundesminister Vogel gezeichnet hat, um die historische Dimension zu ergänzen und Ihnen zugleich aufzuzeigen, daß die erfreulicherweise zu beobachtende Einigkeit über das Vorhaben der gesetzlichen Kontrolle dieses wirtschaftlichen „Nebenrechts" im Grundsatz sicherlich auch aus der hundert Jahre langen Reifezeit dieses Problems herrührt. Selbst ein Savigny könnte ja wohl heute nicht mehr am „Beruf unserer Zeit" zu dieser Gesetzgebung zweifeln.
Nach 100 Jahren Problemreifung auf diesem Gebiet haben wir nun gleich zwei Gesetzentwürfe vorliegen. Einmal ist es der Regierungsentwurf, den uns soeben der Bundesjustizminister ausführlich vorgestellt hat. Er beruht auf der hervorragenden Arbeit der beim Justizministerium eingesetzten Kommission. Für diese Arbeit sei ihr hier von uns ausdrücklich ebenso herzlich gedankt wie dem ehemaligen Bundesjustizminister Jahn, der ja im Jahre 1972 die Initiative dazu ergriffen hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Neben diesem Regierungsentwurf haben wir den
Gesetzentwurf der Abgeordneten Vogel, Thürk und
anderer Kollegen der CDU/CSU-Fraktion vorliegen.
Bevor ich im folgenden eine kurze Bestandsaufnahme beider Entwürfe versuche, lassen Sie mich einen Punkt aus der ersten Lesung dieses Entwurfs im Mai aufgreifen. Sie wissen, sehr geehrter Herr Thürk, daß ich an dieser Lesung nicht teilnehmen konnte. Doch ist mir bei der Lektüre des Sitzungsprotokolls ein Punkt ganz besonders unangenehm aufgefallen. Sie haben im Laufe Ihres Vortrags sinngemäß bemerkt — und das gleich an mehreren Stellen —, es sei doch erstaunlich, daß sich die SPD nur zu Wahlzeiten verbraucherfreundlich zeige. Wenn Sie das im Ernst gemeint und nicht nur im Augenblick der Erregung, vielleicht auch der etwas verzerrenden späten Stunde so dahingesagt haben, dann ist diese Bemerkung, verzeihen Sie, etwas töricht. Denn wer hat denn seit 1969 umfassende Vorhaben auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes in Angriff genommen? Wer hat denn — nur um einiges zu nennen — die Widerrufsmöglichkeit und die günstige haftungsrechtliche Stellung des Ratenkäufers ins Abzahlungsgesetz gebracht? Wer hat denn die Preisauszeichnungsverordnung, die Maklerverordnung, die Änderung des Gewerberechts, den Mieterschutz, ja, die Lebensmittelgesetzgebung und die Arzneimittelrechtsreform durchgesetzt bzw. in Angriff genommen?

(Thürk [CDU/CSU] : Stecken Sie sich nicht falsche Federn an den Hut!)

Das war doch diese sozialliberale Koalition, unterstützt von den durch SPD und FDP regierten Bundesländern.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Beim Ratenzahlungsgesetz stimmt das nicht, Frau Kollegin!)

Das ergibt doch zusammen mit den noch vor uns liegenden Aufgaben der Eindämmung des Kreditwuchers, Herr Stark, der Regelung des Reiseveranstaltervertrags, des Ehevermittlervertrags und des Schutzes des Verbrauchers vor Übervorteilung an der Haustür und auf Kaffeefahrten das dringlich erforderliche Netz verbraucherfreundlicher Bestimmungen, das von Ihnen während der zwei Jahrzehnte Ihrer Regierungsverantwortung eben nicht geknüpft wurde.

(Beifall bei der SPD)

Und wenn Sie jetzt sagen, Sie hätten diese Vorhaben häufig mitgetragen, so gestehe ich Ihnen das gern zu. Ich rechne ja auch mit Ihrer Zustimmung in



Frau Däubler-Gmelin
dem vorliegenden Fall. Sie sind häufig für dasselbe oder beinahe dasselbe eingetreten,

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Wer hat denn den ersten Entwurf eingebracht, wir oder Sie?!)

nachdem unsere Vorhaben eingebracht oder von uns angekündigt worden waren.
Nur das eine bleibt festzuhalten: Die Zahl Ihrer originären Verbraucherschutzinitiativen war weder vor 1969 noch danach so hervorragend, daß sie dieser falschen und hochmütigen Bemerkung aus der ersten Lesung Ihrer Vorlage einen Schein der Berechtigung verleihen könnte.
Doch jetzt, meine Damen und Herren, zu der angekündigten Bestandsaufnahme. Ich wage vorauszusagen, daß das Ergebnis der sorgfältigen Beratungen beider Vorlagen im Rechtsausschuß mehr dem Regierungsentwurf gleichen wird als dem der Opposition, und dies keineswegs nur wegen der Koalitionsmehrheit, obwohl auch diese verpflichtet, wie man am Regierungsentwurf sieht, sondern einfach deshalb, weil der Regierungsentwurf ungeachtet denkbarer Ergänzungsmöglichkeiten im Einzelfall, beispielsweise im Anwendungsbereich, schlicht besser, verbraucherfreundlicher und, um Herrn Kleinerts Worte aus der ersten Lesung zu Ihrem, dem CDU-Entwurf, aufzugreifen, eben ausgewogener ist.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Alles, was Sie machen, ist ausgewogener!)

— Danke schön, Herr Stark; das wollte ich endlich einmal anerkannt haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen dazu einige Punkte aufzeigen.
Für seine hervorragende Durcharbeitung spricht zunächst, daß der Regierungsentwurf den Prüfstand eines Anhörungsverfahrens durchlaufen hat, an dem, wie der Bundesjustizminister ausführte, 150 betroffene Spitzenverbände teilgenommen haben. Sicher, ich weiß, daß auch Sie im Laufe Ihrer Vorarbeit etwas Ähnliches versucht haben, Herr Thürk.

(Thürk [CDU/CSU] : Es ist uns sogar gelungen; das ist der Unterschied!)

Es ist mir auch bekannt, daß das Hearing im letzten April oder Mai im Adenauer-Haus stattgefunden hat. Gestatten Sie mir bloß die Anmerkung: Diese Veranstaltung würde man, gemessen an dem Sachgegenstand, dort, wo ich herkomme, bestenfalls als „Hearingle" bezeichnen.

(Thürk [CDU/CSU]: Sie müssen aber auch Konsequenzen daraus ziehen! Das Hearing allein tut es nicht!)

— Natürlich, das tun wir auch. Wir sind gerade dabei. Daher ja meine Prognose, daß unser Entwurf bestehen wird.
Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung schlägt weiter zu Buche, daß er viel klarer aufgebaut und prägnanter formuliert ist. Das macht ihn erheblich leichter verständlich. Auch dies will ich Ihnen durch ein Beispiel belegen. In § 5 Ihres Entwurfs, also des Entwurfs der CDU/CSU-Opposition, wollen
Sie ja im Grundsatz genau das gleiche wie der Regierungsentwurf, nämlich die Regelungen über die Folgen der Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nur, abgesehen davon, daß Sie nicht zwischen Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit differenzieren, ist auch Ihre anschließende Folgen-Formulierung wenig faßbar. Denn was ist die ersatzweise eintretende — und jetzt zitiere ich — „der geltenden Rechtsauffassung folgende Regelung", wie das bei Ihnen in § 5 steht? Da ist doch der Hinweis auf die gesetzlichen Vertragstypen, die ersatzweise eingreifen, im Regierungsentwurf erheblich klarer.
Der Regierungsentwurf ist auch verbraucherfreundlicher als Ihre Vorlage. Auch dies will ich Ihnen zeigen. Der Regierungsentwurf erklärt klipp und klar, daß zwischen den Vertragspartnern, also beispielsweise zwischen einem Kunden und einem Verkäufer, die individuell ausgehandelten Bedingungen den schriftlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgehen. Sie wollen nun diese Regelung sofort wieder einschränken, wenn Sie dem Aufsteller von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also dem regelmäßig wirtschaftlich Gewandteren, die Möglichkeit einräumen, mündliche Einzelabreden durch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen von vornherein auszuschließen. Was soll denn das, wo wir doch wissen, daß sich hier ein Hauptbereich des Mißbrauchs befindet? Was soll das denn? Ihre Regelung führt doch nur dazu, daß auch der kleine Käufer die mit ihm vereinbarten mündlichen, günstigeren Bedingungen — nur hier wird es ja praktisch — auch dann nicht vor Gericht einklagen kann, wenn er deren Vereinbarung ausnahmsweise einmal beweisen kann. Das halte ich nicht für richtig.
Und noch einen Fall: Der Regierungsentwurf — auch hierauf hat der Bundesjustizminister schon hingewiesen — enthält eine ganze Latte von stets unzulässigen Vertragsklauseln. So soll das gesetzliche Leistungsverweigerungsrecht des Kunden, z. B. sein gesetzliches Zurückbehaltungsrecht, durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden können. Es soll auch unzulässig sein, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die einseitige Erhöhung des Kaufpreises vorzusehen. Ihr Entwurf, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, enthält diese Bestimmung im Grundsatz auch; nur erklären Sie diese Klauseln nicht für stets unzulässig, sondern Sie wollen sie dann doch zulassen, wenn beispielsweise ein Kaufhauskonzern als aufstellende Partei „triftige Gründe" dafür nachweist, die — und jetzt zitiere ich wieder — „nicht lediglich auf ihrem Interesse beruhen". Ich meine, solche Gründe nachzuweisen dürfte nicht sehr schwierig sein. Auch hier haben Sie wieder ein Schlupfloch parat, und im Interesse der Verbraucher kann ich das nicht für richtig halten.
Für die Solidität des Regierungsentwurfs — und dies begründet meine Prognose ebenfalls — spricht schließlich — und manch einen von Ihnen wird es zunächst überraschen, daß ich das jetzt hier anführe —, daß er sich auf die inhaltlichen Regelungen beschränkt. Sie wissen natürlich, daß die Sozialdemokraten wie Sie der Auffassung sind, daß der



Frau Däubler-Gmelin
materielle Teil nur der erste Teil eines durch den Verfahrensteil erst zur vollen Wirksamkeit gebrachten Gesamtkomplexes sein kann. Doch — und ich glaube, Ihr Verfahrensteil bestätigt dies, wenn auch ungewollt - war es durchaus richtig, daß in dem Regierungsentwurf eben nicht so getan wurde, als sei die Diskussion um die Verfahrensbestimmungen schon so weit fortgeschritten, daß eine Festschreibung durch den Gesetzgeber jetzt erfolgen könnte.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sie brauchen immer etwas länger!)

— Wenn etwas Gutes daraus werden soll — fragen Sie einmal den Kollegen Klein —, brauchen wir zu Recht länger. — Man mag bedauern, daß der Diskussionsstand noch nicht so weit gediehen ist; ich tue dies ausdrücklich. Nur, ich kann nicht erkennen, Herr Stark und Herr Thürk, daß Ihr Vorschlag, der Vorschlag einer Art von Unterlassungsanspruch, von Ansätzen einer Verbandsklagemöglichkeit von Verbraucherorganisationen von Ihnen in Kenntnis und vor allen Dingen nach reiflicher Diskussion aller im Gespräch befindlichen Möglichkeiten eingebracht wurde. Solche Möglichkeiten gibt es aber heute in erheblichem Umfang. Sie werden in der Wissenschaft und in der Praxis diskutiert; Sie wissen das ja alles.
Die schon erwähnte Arbeitsgruppe beim Bundesjustizminister hat im März dieses Jahres einen zweiten Teilbericht vorgelegt, der doch ein ganzes Bündel von Vorschlägen enthält. Ich halte es für richtig, diese Vorschläge eines abstrakten Prüfungsverfahrens, eines Musteraufstellungsverfahrens und der Einrichtung von Verbraucherschutzbehörden einer sehr genauen Prüfung zu unterziehen. Ich halte es für dringend erforderlich, auch weitere Möglichkeiten zu durchdenken,

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Werden Sie Präsidentin!)

etwa die einer Vorabkontrolle durch die Einführung einer Genehmigungspflicht für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie werden, Herr Erhard, doch im Zweifel gar nichts dagegen haben werden, daß man hier einmal ein bißchen gründlicher denkt.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Daß Sie Präsidentin davon werden!)

— Ach, wissen Sie, so lange hätten wir im Interesse der Verbraucher keinesfalls Zeit.
Die Möglichkeit einer fakultativen Genehmigung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen muß ebenso bedacht werden wie z. B. die Möglichkeit einer vorbeugenden Grobkontrolle im Rahmen einer Registrierung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder auch die Möglichkeit einer kollektiven Vereinbarung von Branchen-AGB, ähnlich den Erscheinungen, die wir ja heute in vielen Bereichen — ich nenne hier nur den Bereich des Kfz-Reparaturhandwerks — durchaus haben.
Gerade deswegen, weil seriöserweise wohl niemand sagen kann, die Verfahrensüberlegungen seien hier und jetzt durchdacht, verabschiedungsreif, sollten wir uns auf den materiellen Teil beschränken. Wenn wir dies tun, gemeinsam tun, und wenn wir dann von seiten aller Fraktionen unseren Bekenntnissen zur zügigen Behandlung dieser verbraucherpolitischen Dinge auch Taten folgen lassen, dann haben wir eine echte Chance, diesen Schritt hin zu einer stärkeren Stellung des Verbrauchers in unserer Wirtschaft bis zum Ende der Legislaturperiode zu vollziehen. Die Sozialdemokraten in diesem Hause, meine Damen und Herren, werden dies versuchen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718710000
Das Wort hat der Abgeordnete von Schoeler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718710100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns in dem Ziel, das mit dem vorgelegten Entwurf verfolgt wird, in diesem Hause erfreulicherweise weitgehend oder sogar völlig einig. Wir wollen den Verbraucher vor einseitigen, vor unbilligen und vor überraschenden Bestimmungen in dem berühmten „Kleingedruckten" schützen. Wir wissen alle, daß Allgemeine Geschäftsbedingungen heute in einer modernen industriellen Massengesellschaft unentbehrlich sind. Wir wissen, daß sie der Vereinfachung der Vertragsabwicklung und der Rationalisierung des Geschäftsablaufs dienen. Auch ist bei ihnen die Möglichkeit einer raschen Anpassung an veränderte wirtschaftliche und technische Gegebenheiten und Entwicklungen besser als bei gesetzlichen Regelungen. Wir müssen aber leider feststellen, daß es im Zuge der zunehmenden Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichzeitig eingerissen ist, daß in diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine unbillige Überwälzung von Geschäftsrisiken auf den Verbraucher vorgenommen wird. Dem wollen wir alle gemeinsam begegnen.
Die Rechtsprechung hat in den vergangenen Jahren die notwendige Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunehmend verschärft. Dennoch hat dies nicht ausgereicht, um einen wirksamen Verbraucherschutz zu gewährleisten. Deshalb ist eine gesetzliche Regelung auch nach unserer Auffassung unumgänglich. Sie ist nicht nur notwendig, um den Verbraucher als den wirtschaftlich Schwächeren bei der Abwicklung dieser Geschäfte wirksam zu schützen, sondern sie ist auch notwendig, um eine bestehende Rechtsunsicherheit auf diesem Gebiet zu beseitigen. Sie liegt daher nach unserer Auffassung im Interesse aller an der Abwicklung solcher Geschäfte Beteiligten.
Neben diesem Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird es auch in Zukunft notwendig sein, bestimmte, im BGB nicht ausdrücklich geregelte Vertragstypen in Spezialgesetzen zu regeln. Das ist erforderlich, um die auf bestimmten Spezialgebieten erforderliche Detailregelung auch in klarer Form vornehmen zu können.
Wir sind uns auch — trotz der einen oder anderen Alternativformulierung, die wir im Rechtsausschuß überprüfen werden — über die grundsätzliche Systematik des Gesetzentwurfes einig. Wir brauchen erstens Bestimmungen, die stets ungültige Klauseln



von Schoeler
aufführen, und zweitens Bestimmungen, die Klauseln aufführen, die nur unter bestimmten Voraussetzungen ungültig sind. Wir benötigen darüber hinaus eine Generalklausel. Über die Formulierung der einzelnen Bestimmungen des Gesetzes werden wir uns im Ausschuß unterhalten müssen, ebenso über die Formulierung der Generalklausel, bei der wir sicherlich noch die eine oder andere Verbesserung — auch unter Einbeziehung der Diskussionsbeiträge des Deutschen Juristentages — vornehmen können.
Meine Damen und Herren, wir wollen im Bereich der privaten Wirtschaft gegen Mißbräuchliches im Kleingedruckten vorgehen. Wir sind aber, so meine ich, nur dann glaubwürdig, wenn wir gleichzeitig gegen unbillige und einseitige Bestimmungen in entsprechenden Vorschriften aus dem Bereich der öffentlichen Hand vorgehen. Gesetze, Verordnungen, Satzungen, Benutzungsordnungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene bieten sicherlich eine zu weiteren Tätigkeiten anregende Lektüre, und die Verbraucher werden uns für eine solche Tätigkeit dankbar sein.

(Thürk [CDU/CSU] : Das steht aber nicht im Entwurf! — Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU])

— Wir sind alle aufgerufen, dies zu tun, Herr Erhard. Sie werden zu dieser Diskussion hoffentlich auch mit beitragen, auf welcher Ebene dies auch immer sei.

(Thürk [CDU/CSU] : Wir hoffen auf Ihre Stimmen!)

— Wir sind bereit, jeden Vorschlag, der in diese Richtung geht, sorgfältig zu prüfen und Regelungen zu finden, die dem Interesse der Verbraucher — auch im Bereich der öffentlichen Hand — Rechnung tragen.
Meine Damen und Herren, es gibt keinen Zweifel daran, daß die Wirksamkeit der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht allein von den materiellen Bestimmungen abhängig ist, sondern daß dazu verfahrensrechtliche Ergänzungsvorschläge notwendig sind. Auch hierüber besteht Einigkeit. Ich meine, es dient der Debatte wenig, wenn wir uns nun abstrakt darüber unterhalten, ob diese verfahrensrechtlichen Bestimmungen jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt ergänzend hinzugefügt werden können. Wir sollten uns über zwei Dinge einig sein, erstens darüber, daß wir materielle Bestimmungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch in dieser Legislaturperiode parlamentarisch verabschieden wollen, und zweitens darüber, daß wir alles tun werden, um zu prüfen, ob diese materiellen Bestimmungen schon jetzt durch verfahrensrechtliche Bestimmungen ergänzt werden können. Wir sollten im Rechtsausschuß an Hand der bereits vorliegenden Vorschläge prüfen, ob eine solche verfahrensrechtliche Ergänzung möglich ist oder ob die Prüfung dieser Fragen noch nicht mit der gebotenen Ausführlichkeit vorgenommen werden konnte.
Der Bundesjustizminister hat, wie ich meine zu Recht, darauf hingewiesen, daß ein Streit um das Erstgeburtsrecht uns nicht weiterführt. Ich meine, wir sollten nicht darüber streiten, wer das Ei zuerst gelegt hat, sondern uns gemeinsam damit beschäftigen, es möglichst schnell auszubrüten. Dazu werden I wir Freien Demokraten unseren Beitrag leisten.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Aber eine Henne war doch nötig!)

— Von der Henne zu sprechen, habe ich vermieden, um Sie nicht zu beleidigen.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718710200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Thürk.

Kurt Thürk (CDU):
Rede ID: ID0718710300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Endlich ist es der Bundesregierung gelungen, im Plenum des Deutschen Bundestages einen eigenen Gesetzentwurf über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzubringen. Wer aber geglaubt hat, Herr Bundesminister, daß das, was lange währt — wie Frau Däubler-Gmelin ja bereits gesagt hat — nun endlich gut werde, sieht sich bei der Durcharbeitung des Entwurfs leider doch erheblich getäuscht. Selbst der nicht sachkundige Leser merkt bereits bei einer oberflächlichen Durchsicht des Gesetzentwurfes, daß dieser sicher kein Meisterwerk ist, und zwar sowohl formell als auch materiell.
Schon vor fast drei Jahren hatte die Bundesregierung eine Kommission eingesetzt, der sie die Aufgabe gestellt hatte, das sogenannte „Kleingedruckte" in Verträgen und Formularen einer gesetzgeberischen Überarbeitung zu unterwerfen. Aber noch nicht einmal diese Idee — Frau Däubler-Gmelin, insoweit sind Sie offensichtlich historisch nicht ganz genau informiert; aber das macht nichts, nach dem geschichtlichen Exkurs, den sich der Herr Bundeskanzler neulich hier geleistet hat, als er von einem Fettnäpfchen ins andere sprang, können Sie sich das durchaus leisten —

(Beifall bei der CDU/CSU)

ist auf Ihrem Mist gewachsen. Denn die Idee kam von dem bayerischen Justizminister Dr. Held. Er mußte nämlich — das sollten Sie wenigstens anerkennen — den früheren Bundesjustizminister Jahn mehr oder weniger dazu zwingen, selbst initiativ zu werden und diese Kommission einzusetzen.

(Zurufe von der SPD)

Daran kommen Sie nun einmal nicht vorbei, lieber Herr Sieglerschmidt.

(Zuruf von der SPD: Ja, Geschichten!)

— Nein, die Geschichten macht Ihr Bundeskanzler. Das ist keine Geschichte, da ist noch ein „n" hinten dran.
Wie es so üblich ist, wurde dann eine Kommission eingesetzt, die den heute vorliegenden Entwurf erarbeitet hat. Parallel dazu hat allerdings auch eine Kommission der CDU/CSU gearbeitet, nur mit dem Unterschied, daß diese bereits Ende 1974 ihren Entwurf vorgelegt hat, und zwar einen abgerundeten Entwurf, der sowohl materielle wie formelle Bestimmungen enthielt.
Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen haben nun alle geschäftsordnungsmäßigen Tricks



Thürk
ausgespielt, um zu verhindern, daß dieser Entwurf ins Plenum kommt. Ich habe mit Interesse gehört, daß heute überall, vom Minister bis zu den Abgeordneten, dargelegt wird, man solle sich doch nicht darüber streiten, wer das erste Ei gelegt hat. Dann frage ich die Koalitionsfraktionen, warum sie denn so verzweifelt versucht haben zu verhindern, daß der fix und fertige Entwurf der Opposition hier beraten wurde, wie es hinterher tatsächlich geschehen ist. Allerdings konnten wir erst am 25. April unter Androhung einer Geschäftsordnungsdebatte erreichen, daß der Entwurf hier ins Haus kam und in erster Lesung behandelt wurde,

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

sonst hätten wir ihn heute noch nicht. Dann hat man sich eines weiteren Tricks bedient und hat dasselbe Schicksal, allerdings unvorhergesehenermaßen, dem Regierungsentwurf bereitet. Er wurde damals in letzter Minute am Freitagnachmittag, als alle Abgeordneten bereits auf der Reise in ihre Wahlkreise waren, zur Diskussion gestellt, um nach Möglichkeit kein Publikum mehr zu haben. Auch damals war die Pressebank leider leer.
Trotzdem konnte die Bundesregierung nicht verhindern, daß der Gesetzentwurf der Opposition in der Öffentlichkeit besprochen und auch die Frage gestellt wurde, wo denn nun eigentlich das — ich darf das ohne Anspielung sagen — Ei des Bundesjustizministers geblieben ist. Diese Frage stellte man sich natürlich auch im Bereich der Opposition, da wir nicht ohne weiteres annehmen konnten, daß die Sachverständigen — Frau Däubler-Gmelin, darin stimmen wir überein —, die das Bundesjustizministerium aus allen Kreisen von Wissenschaft, Rechtsprechung, aus der Praxis usw. berufen hat, nun wesentlich schlechter oder überhaupt schlechter sein sollten als unsere Sachverständigen, die wir hinzugezogen haben. Allerdings muß ich eines sagen — Sie haben bestätigt, daß Sie das Protokoll der Plenarsitzung vom 25. April studiert haben —, daß sich hier einiges abgespielt hat, was doch irgendwie als jämmerlich bezeichnet werden muß. Herr Jahn hatte offensichtlich überhaupt kein Interesse an dem Gesetzentwurf, und das kam in seiner Erwiderung ganz deutlich zum Ausdruck.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Er hat nach unserer Auffassung diesen Gesetzentwurf in seinem Hause in keiner Weise gefördert. Dies geschah erst — das muß man dem heutigen Bundesjustizminister zugutehalten — mit dem Amtsantritt des heutigen Bundesjustizministers. Aber dadurch kamen zeitliche Verzögerungen hinein, die wir in der Zwischenzeit beklagt haben.

(Zuruf von der SPD: Kommen Sie eigentlich auch einmal zur Sache?)

Bedauerlich ist nur, daß das ein Fragment geworden ist und daß wir noch keine Verfahrensvorschriften haben. Die besten materiellen Bestimmungen nützen nämlich nichts, wenn nicht klar ist, wie sie hinterher in der Wirklichkeit gehandhabt werden sollen. Das bedeutet, daß wir unbedingt Verfahrensvorschriften benötigen, die die Stellung des
Verbrauchers allgemein, die Stellung der Verbraucherverbände beschreiben, die zeigen, welche Möglichkeiten sie vor Gericht haben und was sie aus diesem Gesetzentwurf tatsächlich machen können. Dies alles fehlt. Statt dessen haben wir vom Bundesjustizministerium in den letzten Tagen eine Broschüre über Vorschläge zur Verbesserung des Schutzes der Verbraucher gegenüber den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erhalten, die allerdings komischerweise auf den März 1975 vordatiert worden ist. Ich wüßte nicht, wo sie so lange gelegen haben soll, bis sie herausgegeben wurde.

(Frau Däubler-Gmelin [SPD] : Die haben wir doch schon lange!)

Dagegen wäre an und für sich nichts zu sagen, wenn diese Überlegungen und Thesen der Kommission früher herausgekommen wären und heute bereits in Gesetzesform zur Beratung vorlägen. So aber ist dieses Vorgehen, nämlich ein Verfahrensrecht nicht präsentieren zu können, dafür aber die Kommissionsthesen vorzulegen, eigentlich ein Armutszeugnis Ihres Hauses, Herr Minister.
Zusammenfassend stelle ich fest, daß die Kornmission zur Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Bundesjustizministerium wesentlich früher eingesetzt wurde --- und das ist die einzige Feder, die Sie sich an den Hut stecken können — als bei der CDU/CSU-Fraktion. Gleichwohl hat die Kommission der Opposition bereits Ende 1974 ihren Entwurf vorgelegt, Sie dagegen den Ihren beinahe erst zum Jahresende 1975. Außerdem ist der Entwurf der Opposition wesentlich abgerundeter und enthält alles, was wir für ein Verfahren brauchen.

(Zuruf von der SPD)

— Es ist kein Fragment, es ist ein vollständiger, in sich abgerundeter Entwurf. Das muß bei Ihrem Entwurf überhaupt erst einmal zustande gebracht werden.
Es ist bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, daß bei den materiellen Vorschriften eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung der beiden Gesetzentwürfe festzustellen ist. Herr Jahn meinte damals in der Debatte vorn 25. April 1975, wir hätten seinen Gesetzentwurf abgeschrieben. Das ist ja nun wirklich das Letzte an Lächerlichkeit, was man bieten kann. Derjenige, der mit seinem Gesetzentwurf ein Jahr früher vor die Öffentlichkeit getreten ist, derjenige, der einen kompletten Entwurf statt eines Fragmentes vorgelegt hat, soll hei dem abgeschrieben haben, der hinterherkleckert und außerdem noch kümmerliche Ergebnisse vorlegt. Das ist nun wirklich das Allerletzte, was man uns bieten kann.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718710400
Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Däubler-Gmelin?

Kurt Thürk (CDU):
Rede ID: ID0718710500
Bitte schön.




Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID0718710600
Herr Thürk, sind Sie wirklich der Meinung, daß wir die Vorstufe dessen, was sich bei Ihnen in der Entwurfsherstellung abgespielt hat, nicht kennen, oder warum verbreiten Sie sich in vollkommen unzutreffender Weise über die Vorgeschichte?

Kurt Thürk (CDU):
Rede ID: ID0718710700
Ich habe keine unzutreffenden Dinge von der Vorgeschichte erzählt, sondern genau das, was wahr ist. Aber das paßt Ihnen natürlich nicht in den Kram.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das, was Sie vorgelegt haben — das soll hier einmal gesagt werden —, ist eine kümmerliche Arbeit.
Und, Frau Däubler-Gmelin, wenn Sie mich jetzt schon so ansprechen, muß ich Ihnen noch etwas anderes sagen. Sie selbst sind ja bei mir gewesen und haben mich gebeten — weil das Bundesjustizministerium auch zu Ihrem Kummer nicht vorangemacht hat —, dafür Sorge zu tragen, daß unser Entwurf in die Diskussion kommt. So ist es doch!

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Ich hätte das nicht gesagt, wenn Sie mir jetzt nicht diese Vorhaltungen gemacht hätten.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718710800
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Däubler-Gmelin?

Kurt Thürk (CDU):
Rede ID: ID0718710900
Bitte schön.

Dr. Herta Däubler-Gmelin (SPD):
Rede ID: ID0718711000
Lieber Herr Thürk, ich bin Ihnen für diese — wenn auch unzutreffende — Aussage sehr dankbar; denn ist es nicht so — das hatte ich bis vor zwei Minuten angenommen , daß eigentlich Sie derjenige gewesen sein wollen, der von sich aus das Gesetzgebungsverfahren vorantreiben wollte?

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Wir sind von Ihnen nur bestärkt worden! — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Das war eine schwache Herta!)


Kurt Thürk (CDU):
Rede ID: ID0718711100
Frau Däubler-Gmelin, ich muß Ihnen allerdings zugestehen, daß Sie damals nicht hier waren und die näheren Umstände der Lesung nicht kannten. Unsere Fraktionsgeschäftsführer haben ab Januar 1975 versucht, unseren Entwurf auf die Tagesordnung zu bringen. Ihr heute zu meinem großen Bedauern nicht anwesender Fraktionsvorsitzender Wehner hat das mit allen Tricks verhindert.

(Conradi [SPD] : Herr Carstens ist auch nicht da!)

Ich habe ja vorhin ausdrücklich gesagt — da haben Sie wahrscheinlich nicht zugehört —, daß wir die erste Lesung überhaupt erst unter Androhung einer Geschäftsordnungsdebatte erzwingen konnten.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Interessant!)

Was nun den Inhalt selbst angeht, so muß man zunächst feststellen, daß der Gesetzentwurf der Bundesregierung — im Gegensatz zu dem, was die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen gesagt haben — nach unserer Auffassung unübersichtlich ist. In den §§ 8 und 9 werden die gefährlichen Klauseln abgehandelt, wobei § 8 die relativ unwirksamen Klauseln enthält, die jeweils im Einzelfall zu überprüfen sind, und § 9 die absolut unzulässigen Klauseln, deren Gefährlichkeit der Gesetzgeber in jedem Fall unterstellt. Aber dieser § 9 ist in 17 Einzelziffern unterteilt, die zum Teil noch einmal in Buchstaben untergliedert sind. Dagegen hat der Gesetzentwurf der Opposition die fraglichen Punkte zusammengefaßt und jeweils in einem Paragraph mit einer Überschrift abgehandelt.
Die Bundesregierung sollte allmählich gelernt haben, daß ihre Gesetze nicht nur für sachkundige Juristen verständlich sein müssen, sondern für die breite Öffentlichkeit. Gerade dieses Gesetz ist für den Endverbraucher geschaffen worden und sollte sich deshalb auch an seinem juristischen Verständnis orientieren.
In diesem Zusammenhang ist öfter darauf hingewiesen worden, daß eine große Übereinstimmung der beiden Entwürfe besteht. Das kann zumindest den verfahrensrechtlichen Teil überhaupt nicht betreffen, da wir bis heute nicht wissen, was die Bundesregierung in dieser Hinsicht endgültig vorlegen wird. Beim materiellen Teil aber ist das kein Wunder; denn beide Kommissionen haben sich — das hat der Bundesjustizminister richtig ausgeführt — an der bisherigen Rechtsprechung der obersten Gerichte orientiert und von daher die gesetzliche Regelung formuliert. Aber in der Einzelausgestaltung ergeben sich doch erhebliche Unterschiede.
Bisweilen hat man den Eindruck, daß die Bundesregierung ihren Vorschriften andere Überschriften gegeben hat, um nicht in den Verdacht zu kommen, nun ihrerseits von der Opposition abgeschrieben zu haben, was ja viel näher liegt. § 1 überschreibt sie mit „Anwendungsbereich", doch gibt sie in Wirklichkeit, genauso wie die Opposition, eine Definition der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die ist an sich ja auch richtig und notwendig, weil der Begriff der AGB bisher nur in der Rechtsprechung, aber nicht in der Gesetzgebung fixiert ist.
Auch andere Überschriften dienen nicht der Klarheit und dem Verständnis. Statt in § 7 beispielsweise eine einfache und einleuchtende Überschrift, nämlich „Generalklausel" zu verwenden, bringt der Entwurf die in meinen Augen und für den Laien nichtssagende Überschrift: „Grundsatz des angemessenen Interessenausgleichs". Das ist für Juristen, aber doch nicht für Verbraucher und für die Verbraucherverbände verständlich, die nicht alle einen Juristenstab zur Verfügung haben. Gleichwohl spricht die Bundesregierung in ihrer eigenen Begründung von einer Generalklausel. Dort bringt sie den Begriff wieder. Man muß sich fragen, warum dieses nicht auch im Gesetzestext geschehen ist. Tatsächlich hat man immer wieder den Eindruck krampfhaften Bemühens, sich wenigstens in den Überschriften, in Definitionen von der Opposition



Thürk
zu unterscheiden. Wenn die Bundesregierung derart unsicher ist, müssen wir dies bedauern.
Was wir im Entwurf beispielsweise vermissen, ist eine Unklarheitsregelung dahin, daß Zweifel bei der Auslegung von AGB zu Lasten des Verwenders gehen. Auch suchen wir im Gesetzentwurf vergeblich eine Kollisionsklausel bei Zusammentreffen mehrerer allgemeiner Geschäftsbedingungen. In diesen Bereich gehört auch das Umgehungsverbot, das verhindern soll, daß durch die vielgestaltigen Vertragsmöglichkeiten in der Wirtschaft der gesetzgeberische Zweck umgangen wird, indem eine andere Vertragsgestaltung gewählt wird.
Bedenklich stimmen auch die Ausnahmen in § 11. Dort sind einige Verträge angeführt — das muß man Herrn von Schoeler sagen —, z. B. die Verträge der Energie- und Versorgungsunternehmen, Versicherungsverträge und ähnliche. Wenn diese Ausnahmen bestehenbleiben, wilde der Schutzzweck der AGB in weiten Bereichen illusorisch werden. Der Schutz würde eliminiert.
Problematisch ist auch der persönliche Ausnahmebereich des § 12. So sollen beispielsweise die Bestimmungen über die unzulässigen Klauseln auf Verträge gegenüber einem Kaufmann, soweit jene zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören, nicht angewandt werden. Diese Vorschriften haben auch der Opposition Sorge bereitet; das sei ohne weiteres zugegeben. Auf der einen Seite steht der Grundsatz, daß derjenige, der ein Handelsgeschäft führt, natürlich mit den Schwierigkeiten des Erwerbslebens vertraut sein muß. Deswegen nimmt ihn ja auch das Handelsgesetzbuch von einigen Schutzvorschriften ausdrücklich aus. Andererseits wird dem Einzelhandelskaufmann die Schwierigkeit aufgeladen, im Verhältnis zum Endverbraucher den AGB unterworfen zu sein, aber im Verhältnis zu seinem Lieferanten nicht. Der Einzelhandelskaufmann, der mit Sicherheit nicht der stärkste und potenteste Partner im Wirtschaftsleben ist, würde somit zu einem Puffer zwischen Industrie und Endverbraucher werden, eine Funktion, der er auf die Dauer sicher nicht gerecht werden kann. Es ist deshalb auch keine Lösung, daß wenigstens die Generalklausel auf Kaufleute Anwendung findet. Hier werden die Ausschußberatungen zeigen müssen, welche Wege man gemeinsam in vernünftiger Weise gehen kann.
Wenn Sie, Frau Kollegin Däubler-Gmelin, dann noch angeführt haben, daß der Ausschluß der mündlichen Nebenabrede bei uns anders geregelt ist, so würde ich Sie bitten, auch einmal darüber nachzudenken, daß der schriftlich fixierte Vertrag zugunsten des Verbrauchers da ist, daß aber die mündliche Nebenabrede, die von einem versierten und gerissenen Vertreter dem anderen Vertragspartner untergeschoben und hinterher bewiesen wird, indem er vor Gericht dafür einsteht, den Verbraucher in große Kalamitäten bringt. Diesen Überlegungen sollten Sie sich nicht verschließen und sollten daran denken, wenn wir die Beratungen im Ausschuß führen. Das, was Sie hier nämlich zum Schutz des Verbrauchers zu tun glauben, schlägt per Saldo in das Gegenteil um.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Insgesamt darf man feststellen, daß über den Regierungsentwurf in den Ausschußberatungen durchaus noch verhandelt werden kann. Er bringt allerdings gegenüber der bisherigen Rechtsprechung und gegenüber dem Entwurf der Opposition nichts wesentlich Neues. Der Bundesregierung wäre wahrlich kein Stein aus der Krone gefallen, wenn sie ihren eigenen Gesetzentwurf zurückgehalten und sich zur Beratung ausschließlich des Entwurfs der Opposition bereit gefunden hätte. So hat sie sich jedoch dem Vorwurf kleinlicher Rechthaberei mit unvollkommenen Mitteln ausgesetzt.

(Zuruf von der SPD: Sie gar nicht?) — Nein, ich sicher nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0718711200
Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist erschöpft.
Wir kommen zur Abstimmung in erster Beratung. Gemäß Beschluß des Ältestenrates ist vorgeschlagen, wie folgt zu überweisen: Rechtsausschuß federführend, außerdem Ausschuß für Wirtschaft. — Ich sehe keinen Widerspruch; dann ist es so beschlossen.
Ich darf Sie bitten, noch einen Moment zu verweilen, weil ich sämtliche Tagesordnungspunkte jetzt noch vor 1 Uhr erledige.
Punkt 4 ist von der Tagesordnung abgesetzt.
Ich rufe auf die Punkte 5, 6 und 7 der Tagesordnung:
5. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch
— Drucksache 7/4017 --
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Sonderausschuß für die Strafrechtsreform
6. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen
— Drucksache 7/4021 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend)

Haushaltsausschuß
7. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Wehrdisziplinarordnung
— Drucksache 7/4027 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Verteidigungsausschuß (federführend) Innenausschuß
Rechtsausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Ich sehe, daß das Wort zur Aussprache in erster Beratung nicht gewünscht wird. Die Überweisungsvorschläge ersehen Sie aus Ihrer Tagesordnung. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; dann ist es so beschlossen.
Die Punkte 8, 9 und 10 sind von der Tagesordnung abgesetzt,



Vizepräsident von Hassel
Ich rufe die Punkte 11 bis 13 der Tagesordnung auf:
11. Beratung des Antrags des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität der Abgeordneten
— Drucksache 7/4035 — Berichterstatter: Abgeordneter Dürr
12. Beratung des Antrags des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität der Abgeordneten
— Drucksache 7/4036 —
Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Timm
13. Beratung des Antrags des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität der Abgeordneten
— Drucksache 7/4037 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Mertes (Stuttgart)

Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Auch das Wort zur Aussprache wird nicht begehrt. Dann kann ich wohl davon ausgehen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß wir gemeinsam abstimmen. — Ich sehe keinen Widerspruch.
Wer den Anträgen zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. -- Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe den Zusatzpunkt zur Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes (Achtes Änderungsgesetz)

— Drucksache 7/3721 —
Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen (14. Ausschuß)

— Drucksache 7/4056 —
Berichterstatter:
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Ich danke dem Berichterstatter. Wünscht dieser das Wort? -- Das ist nicht der Fall.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die zweite Beratung und komme zur Abstimmung. Wer dem Entwurf in der in Drucksache 7/3721 enthaltenen Formulierung — Art. 1, 2 und 3, Einleitung und Überschrift — zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die dritte Beratung.
Wer dem Gesetz in der beschlossenen Fassung seine Zustimmung gibt, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich unterbreche die Sitzung bis zur Fragestunde um 14 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung von 12.57 Uhr bis 14.00 Uhr)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718711300
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Fragestunde
— Drucksache 7/4038 —Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Parlamentarischer Staatssekretär Schlei zur Verfügung. Ich rufe die Frage 75 des Herrn Abgeordneten Hösl auf:
Wann hat das Gespräch bzw. haben die Gespräche zwischen Ministerialdirektor Sanne mit dem Staatssekretär im Ostberliner Außenhandelsministerium stattgefunden, und wann sind der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen, der Leiter der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin und der Regierende Bürgermeister von Berlin jeweils von der Tatsache des einzelnen Gesprächs und von dessen Inhalt unterrichtet worden,?
Bitte schön, Frau Staatssekretär!

Marie Schlei (SPD):
Rede ID: ID0718711400
Herr Kollege Hösl, zur Vorbereitung der Gespräche des Bundeskanzlers mit Herrn Honecker in Helsinki haben sich die von Ihnen genannten Herren vor der Konferenz getroffen. Bei dem Gespräch in Helsinki blieben einzelne Fragen offen, deren Klärung vor Wiederaufnahme der Verhandlungen durch Staatssekretär Gaus nützlich erschien. Deshalb haben diese beiden Mitarbeiter nach den Gesprächen von Helsinki erneut Gespräche geführt.
Nachdem nun diese Fragen inzwischen geklärt worden sind, werden die Verhandlungen durch Staatssekretär Gaus in der nächsten Woche wieder aufgenommen. Heute hat Herr Staatssekretär Gaus die Vorbereitungsgespräche für die Wiederaufnahme der Verhandlungen geführt und den 29. und 30. September als Verhandlungstermine erreicht.
Nun zum zweiten Teil Ihrer Frage, die sich auf die Unterrichtung über die Gespräche bezieht. Der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen und der Leiter der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin sind von Anfang an über diese Gespräche unterrichtet worden. Staatssekretär Gaus ist ferner als zentraler Verhandlungsführer an der Auswertung der seine Verhandlungen betreffenden Fragen beteiligt worden.
Für eine Unterrichtung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin vor der Konferenz in Helsinki bestand keine sachliche Notwendigkeit, weil es in dieser Phase hauptsächlich um protokollarische Fragen ging und die Sachpositionen zwischen der Bundesregierung und dem Senat von Berlin in den vor-



Parl. Staatssekretär Frau Schlei
angegangenen Monaten laufend sorgfältig abgestimmt waren. In der Phase nach Helsinki wurde der Regierende Bürgermeister von Berlin durch den Senator für Bundesangelegenheiten, Herrn Stobbe, bezüglich der Berlin betreffenden Fragen unterrichtet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718711500
Eine Zusatzfrage.

Alex Hösl (CSU):
Rede ID: ID0718711600
Frau Staatssekretär, darf ich also davon ausgehen, daß die von mir genannten Stellen immer im jeweilig gebotenen Zeitraum über die Gespräche informiert wurden und auch vom Inhalt Kenntnis erlangten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718711700
So ist es, Herr Kollege.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718711800
Eine weitere Zusatzfrage.

Alex Hösl (CSU):
Rede ID: ID0718711900
Frau Staatssekretär, können Sie es sich erklären, wie es zu Pressemeldungen gekommen ist, wonach diese Stellen eben nicht zeitgerecht informiert worden seien?

Marie Schlei (SPD):
Rede ID: ID0718712000
Dies hängt sicherlich mit der vereinbarten Vertraulichkeit zwischen beiden Seiten zusammen. Es ist auf beiden Seiten, d. h. auf unserer Seite und auf der DDR-Seite, vereinbart worden, über einzelne Daten, zum Treffpunkt, was den Ort angeht, nichts verlauten zu lassen. Dann ergeben sich eben Spekulationen, Herr Kollege.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718712100
Keine Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Frau Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718712200

Treffen Meldungen zu, der Chef des Bundespresseamts habe vertrauliche Kontakte des zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskanzleramts mit dem Staatssekretär im Ostberliner Außenhandelsministerium mit Treffen zwischen Beauftragten miteinander verbündeter Regierungen verglichen, und wie wirkt
bejahendenfalls — die Bundesregierung dem Eindruck entgegen, die Beziehungen zu Ost-Berlin wären von der gleichen Qualität wie die zu den Partnern im Nordatlantischen Bündnis?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718712300
Herr Abgeordneter Hösl, meine Antwort ist jetzt nur noch eine Ergänzung dessen, was Frau Staatssekretär Schlei soeben gesagt hat. Ihre Frage bezieht sich auf ein Interview, das ich am 14. September der Berliner Morgenpost" gegeben habe Ich habe dabei auf die Frage des Journalisten nach den „Geheimkontakten" zwischen Ministerialdirektor Sanne und einem Gesprächspartner aus Ost-Berlin gesagt, das Wort „Geheimkontakte" sei fehl am Platze, und habe weiter formuliert: „Wir sollten uns daran gewöhnen, daß Begegnungen zwischen hohen Beamten dieser beiden Regierungen so wenig sensationell sind wie die Treffen zwischen Beauftragten miteinander verbündeter Regierungen, die ja nicht jedesmal unter Angabe von Zeit und Ort anderntags mitgeteilt werden". Diese Antwort, Herr Abgeordneter,
bezog sich unmißverständlich allein auf den informationstechnischen Vorgang, nämlich daß Gespräche zwischen hohen Regierungsbeamten, auch wenn sie zwischen Verbündeten stattfinden, nicht in jedem Fall am anderen Tag unter Angabe von Ort und Zeit mitgeteilt werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718712400
Zusatzfrage.

Alex Hösl (CSU):
Rede ID: ID0718712500
Herr Staatssekretär, würden Sie meine Sorge teilen, daß eine solche Aussage von Ihnen die Bestätigung der These der DDR beinhalten könnte, welche unsere Bundesregierung immer wieder mit dem Hinweis ablehnt, daß zwischen beiden deutschen Staaten ein besonderes Verhältnis besteht?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718712600
Nein. Ich glaube, Herr Abgeordneter Hösl, diese Sorge ist völlig unbegründet; denn hier ging es mir allein darum, darzutun, daß der informationstechnische Vorgang überhaupt nicht anomal sei, sondern genau den Usancen entspricht, die auch in den diplomatischen oder politischen Kontakten zwischen Regierungen, die miteinander befreundet sind, beachtet werden, bei denen die Qualität der Beziehungen sicherlich eine andere ist als die der Beziehungen zwischen der DDR und der Bundesregierung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718712700
Eine weitere Zusatzfrage.

Alex Hösl (CSU):
Rede ID: ID0718712800
Herr Staatssekretär, dann darf ich davon ausgehen, daß diese Presseverlautbarung, auf die sich meine Frage stützt, nicht dem wirklichen Ablauf entspricht, wie Sie ihn jetzt wiedergeben?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718712900
Doch. Was ich in diesem Interview gesagt habe, um das Äußere des Vorgangs zu charakterisieren, entspricht dem tatsächlichen Hergang. Daran ist kein Zweifel.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718713000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718713100
Herr Staatssekretär, zeigt nicht der Abdruck dieses Interviews im „Neuen Deutschland", und zwar unter Aufnahme dieser Passage, die Sie soeben erwähnt haben, daß hier für die Ostberliner Regierung eine höchst willkommene Gelegenheit war, die sehr mißverständliche Wortwahl, die Sie darin gebraucht haben, zugunsten ihrer Propagandazwecke auszuschlachten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718713200
Ich glaube nicht, Herr Abgeordneter Jäger, daß es richtig ist, wenn Sie meine Formulierung als „mißverständlich" qualifizieren. Sie ist auch nirgendwo sonst als mißverständlich empfunden worden. Aus der Tatsache, daß dieses Interview in einigen Zeitungen der DDR



Staatssekretär Bölling
abgedruckt worden ist, den Schluß zu ziehen, diese Formulierung sei dort als Bestätigung eigener Auffassungen aufgefaßt worden, dafür gibt es, glaube ich, keinen Anlaß. Es wird Ihnen, der Sie Fachmann auf dem Felde der innerdeutschen Beziehungen sind, nicht entgangen sein, daß dort nicht redigiert worden ist, sondern daß unsere Auffassungen, sofern sie sich in bestimmten Formulierungen ausdrücken, genauso abgedruckt worden sind. Im übrigen ist es auch nicht meine Sache, darüber zu spekulieren, welche Gründe man dort hatte, dieses Interview abzudrucken.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718713300
Keine Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Bölling.
Wir kommen zum Geschäftsbreich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister Moersch zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 77 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
Welche Gründe haben die Bundesregierung veranlaßt, im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft mitzubeschließen, daß sie, die Gemeinschaft, zur Hilfe an Portugal bereit sei, da eine demokratische Entwicklung als möglich erscheine, und hält es die Bundesregierung für demokratisch nach der Wertordnung des Grundgesetzes, daß Parteien der Mitte nach wie vor diskriminiert werden, totalitäre Parteien in die Regierungsarbeit mit einbezogen werden sollen und die freie persönliche Initiative in Wirtschaft und Gesellschaft angesichts der bisherigen Entwicklung großen Einschränkungen unterliegt?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718713400
Herr Abgeordneter, der Europäische Rat hat am
17. Juli 1975 die Bereitschaft der Europäischen Gemeinschaft zu Gesprächen über engere politische, wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit mit Portugal bestätigt. Er hat dabei aber gleichzeitig darauf hingewiesen, daß die Europäische Gemeinschaft in Übereinstimmung mit ihrer bisherigen europäischen Politik und Geschichte nur eine pluralistische Demokratie unterstützen kann.
Bei ihrem Treffen in Venedig am 11./12. September dieses Jahres haben die Außenminister der Neun die jüngsten Erfolge der demokratischen Kräfte in Portugal geprüft und ihrer Hoffnung Ausdruck gegeben, daß es die künftige Entwicklung der Gemeinschaft ermöglichen wird, den Beschluß des Europäischen Rates zu verwirklichen. Dies ist der aktuelle Stand der Überlegungen in der Gemeinschaft über die Beziehungen zu Portugal.
Die Bundesregierung trägt diese Beschlüsse, Überlegungen und Hoffnungen voll und ganz mit. Sie sieht keinen Grund, warum sie sich anders verhalten sollte, da sie die Entwicklung in Portugal für ermutigend hält.
Die Bundesregierung befindet sich damit, Herr Abgeordneter in Übereinstimmung mit der Europäischen Union Christlicher Demokraten, die zum Abschluß einer dreitägigen Konferenz am letzten Wochenende in Zürich die Europäische Gemeinschaft aufgefordert hat, Portugal wesentliche finanzielle, wirtschaftliche und technische Hilfe zu gewähren.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718713500
Eine Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0718713600
Herr Staatsminister, wird die Bundesregierung bei den künftigen Beratungen -sicherlich vertreten durch den Außenminister -davon ausgehen, daß zu einer pluralistischen Demokratie auch Parteien der Mitte — wie z. B. die Christlich-Demokratische Partei und konservative Parteien gehören und diese nicht verboten werden dürfen?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718713700
Herr Abgeordneter, ich kann mir nicht vorstellen, daß die Konferenz der Europäischen Union christlicher Demokraten eine Erklärung abgegeben hätte, die etwa im Widerspruch zu den Interessen der Christlich-Demokratischen Partei in Portugal stünde. Mir ist auch bekannt, daß in Portugal die dort jetzt nicht durch Personen in der Regierung vertretenen Parteien — Sie wissen, daß das eine Personenregierung, keine Koalitionsregierung im eigentlichen Sinne ist, weil es noch kein Parlament gibt, das Vertreter entsenden könnte ausdrücklich erklärt haben, daß sie diese Regierung unterstützen wollen. Ich glaube, damit ist die Frage beantwortet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718713800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Friedrich.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0718713900
Herr Staatsminister, würden Sie als Ausdruck der Besorgnis um die Parteien der Mitte auf der iberischen Halbinsel auch die Einladung an den Generalsekretär der Falange, Solis, durch die CSU werten?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718714000
Herr Abgeordneter, mir ist gestern bekanntgeworden, daß Herr Solis Ruiz dieser Einladung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht folgen kann.

(Freiherr von Fircks [CDU/CSU] : Wo ist der Zusammenhang, Frau Präsidentin? — Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU] : Toller Zusammenhang!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718714100
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 78 und 79 sollen auf Bitte der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 80 des Herrn Abgeordneten Schröder (Lüneburg) auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Spranger auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Jäger auf:
In welchem Umfang treffen in- und ausländische Pressemeldungen zu, die Außenminister der USA, Frankreichs, Großbritanniens und der Bundesrepublik Deutschland seien bei einem informellen Gespräch am 5. September 1975 in New York zu der Ansicht gelangt, die Sowjetunion beabsichtige allen Entspannungsbeteuerungen bei der Helsinkier KSZE-Konferenz zum Trotz, den kalten Krieg wieder zu intensivieren und an verschiedenen europäischen Krisenherden die Spannung zu gegebe-



Vizepräsident Frau Funcke
ner Zeit wieder anzuheizen, und welches ist die Konzeption der Bundesregierung, einer solchen sowjetischen Politik gegebenenfalls zu begegnen?
Bitte schön, Herr Staatsminister)

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718714200
Herr Abgeordneter, Außenminister Kissinger hat am 5. September in New York für seine Kollegen aus Frankreich, Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland ein Abendessen gegeben, bei dem wie üblich in einer Tour d'horizon zahlreiche Themen erörtert worden sind. Daß die Außenminister zu der Meinung gelangt seien, die Sowjetunion wolle den kalten Krieg erneut aufnehmen, ist eine Mutmaßung des diplomatischen Korrespondenten des „Guardian", der im 17.9. über das Dinner in höchst spekulativer Weise berichtet hat.
Alle dem Auswärtigen Amt vorliegenden Artikel der deutschen Presse beziehen sich auf den „Guardian"-Aufsatz als Quelle. Bereits am 17.9. hat der Sprecher des Auswärtigen Amts offiziell erklärt, daß die Presseäußerung im „Guardian" den Gang der Unterhaltung nicht wiedergibt. Auch die britische Seite hat sich von dem „Guardian"-Bericht distanziert.
Im übrigen ist die Bundesregierung nach wie vor der Überzeugung, daß die in der Schlußakte der KSZE von Helsinki niedergelegten Absichtserklärungen von allen Unterzeichnerstaaten — und damit auch von der Sowjetunion — für die Gestaltung ihrer Beziehungen untereinander maßgebend sind und in die Tat umgesetzt werden. Dies schließt künftige Interessenkonflikte nicht aus. Die Bundesregierung wird hierbei im engen Einvernehmen mit ihren Verbündeten und unter Wahrung der gemeinsamen Interessen ihre auf Entspannung und Zusammenarbeit in Europa ausgerichtete Politik fortsetzen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718714300
Eine Zusatzfrage.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718714400
Herr Staatsminister, kann ich aus der Tatsache, daß Sie den Kern der hier enthaltenen Behauptungen in der Sache nicht dementieren, sondern nur davon sprechen, daß der Verlauf des Gesprächs nicht zutreffend wiedergegeben sei, schließen, daß man sich in der Tat unter den vier westlichen Außenministern darüber im klaren ist, daß die Sowjetunion demnächst den kalten Krieg wieder anheizen wird?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718714500
Herr Abgeordneter, wenn ich sage, daß der Bericht den Verlauf des Gespräches nicht wiedergibt, dann können Sie bei logischer Anwendung der deutschen Sprache daraus schließen, daß dieser Bericht den Verlauf der Diskussion nicht wiedergibt und deswegen auch den Kern nicht richtig wiedergibt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718714600
Eine weitere Zusatzfrage.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718714700
Darf ich noch etwas konkreter werden und Sie fragen, Herr Staatsminister, ob sich die Außenminister bei dieser Unterredung insbesondere mit dem Fall Jugoslawien befaßt haben und ob dabei Befürchtungen geäußert worden sind, die Sowjetunion könne im Falle eines Ablebens des gegenwärtigen Staatspräsidenten militärisch intervenieren, um ein ihr gefügiges Regime dort zu installieren?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718714800
Herr Abgeordneter, das können Sie deswegen nicht, weil erstens dafür kein Anhaltspunkt gegeben ist, wie ich gesagt habe. Zweitens würde jede Antwort, die ich hier in der Sache gebe, dem vertraulichen Charakter eines solchen Gespräches nicht gerecht werden. Dafür gibt es vertrauliche Ausschußberatungen. Ich kann Ihnen nur sagen, daß es sich um einen spekulativen Bericht handelt. Es ist genauso die Freiheit der Presse zu spekulieren wie die Freiheit von Abgeordneten.

(Heiterkeit)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718714900
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Frage 83 des Herrn Abgeordneten Coppik soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Fragen 84 und 85 des Herrn Abgeordneten Werner auf:
Wie beurteilt der Bundesminister des Auswärtigen die von Bundesminister Bahr gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Time" gemachten Ausführungen über die Gewohnheiten, politischen Einstellungen und Interessen der amerikanischen Bevölkerung?
Sieht die Bundesregierung in der Behauptung von Bundesminister Bahr im „Time-Magazine", der US-Normalverbraucher sei „schrecklich dumm", einen zum weiteren Ausbau der deutschamerikanischen Beziehungen hilfreichen Beitrag?
Bitte schön!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718715000
Herr Abgeordneter, die Art, in der das Magazin „Time" die Ausführungen von Bundesminister Bahr wiedergegeben hat, deutet auf eine positive Bewertung seiner Reise hin. Der Bundesminister des Auswärtigen kann naturgemäß die persönlichen Eindrücke, die übrigens bei einer Urlaubsreise gewonnen wurden — wie Sie sicher selbst gelesen haben, falls Ihnen das Original zur Verfügung stand , die der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf seiner Reise gewonnen hat, nur begrenzt selber beurteilen.
Sie stützen sich mit Ihrer Frage offensichtlich auf eine falsche Übersetzung in der „Welt". Die entsprechende Stelle ist anderswo, nämlich in der „Wirtschaftswoche", so übersetzt worden:
Zwei Wochen lang war es mir überhaupt nicht möglich, zu erfahren, was in der Welt passiert. Zeitungen, Radio- und Fernsehstationen vermittelten den Eindruck, als ob Amerika auf einer Insel liege. Die Menschen dort sind sehr unwissend.
Bundesminister Bahr hat die „Welt" um die Richtigstellung der sinnentstellenden Übersetzung gebeten, damit kein falscher Eindruck entsteht. Ich nehme an, Herr Abgeordneter, daß Sie — Sie sind Philologe, wenn ich recht informiert bin — zugeben



Staatsminister Moersch
werden, daß es sich bei der Wiedergabe in der „Welt" um eine höchst freizügige Art der Übersetzung handelt, die insofern singulär ist, als alle einschlägigen Lexika nie das Wort „ignorant" mit „dumm" übersetzt haben — mit der Ausnahme eines deutschen Lexikons —. Alle anderen deutschen und englischsprachigen Lexika, die einem Anglisten sicher vertraut sind, übersetzen das mit „unwissend" oder „uninformed".

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718715100
Eine Zusatzfrage.

Herbert Werner (CDU):
Rede ID: ID0718715200
Vielen Dank, Herr Staatsminister, vor allen Dingen auch für Ihre Aufklärungen bezüglich Philologismen! Darf ich die Frage an Sie stellen, ob Sie nicht der Auffassung sind, daß die Gesamtheit der Aussagen, so wie ich sie dem Original entnehme, eine Art läppischer Schulmeisterei gegenüber dem US-Bürger darstellt, die, wie ich meine, gerade von einem deutschen Minister vermieden werden sollte?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718715300
Herr Abgeordneter, das sind Bewertungsfragen. Ich habe bei der Lektüre einen ganz anderen Eindruck gewonnen. Offensichtlich hat auch ein Redakteur in Ulm nach der Lektüre des Originals bei Ihrer Anfrage einen anderen Eindruck gewonnen; denn er schrieb:
Obwohl von Kennern der englischen Sprache „ignorant" im allgemeinen mit „unwissend" übersetzt wird, verdeutlicht Werner die Worte Bahrs dergestalt, der Bundesminister habe den US-Normalverbraucher „schrecklich dumm" genannt. Der Ulmer Oberstudienrat muß es wissen, denn er hat Englisch studiert.
Sie sehen also: Man kann höchst unterschiedliche Eindrücke selbst von einer Frage gewinnen, viel mehr noch von einem Reisebericht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718715400
Eine Zusatzfrage.

Herbert Werner (CDU):
Rede ID: ID0718715500
Herr Staatsminister, da Sie die Frage in Ihrem Kern, worauf ich abzielte, nicht beantwortet haben, möchte ich Sie anders fragen: Sind Sie mit der „Frankfurter Rundschau" der Auffassung, daß Bundesminister Bahr die Pfade der Politikersprache in diesem Interview mehrmals verlassen hat?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718715600
Bundesminister Bahr ist von Beruf Journalist, und der amerikanische Reporter hatte sicher die Absicht, nicht einen amtlich geprüften Reisebericht zu veröffentlichen, sondern einen journalistisch lebhaften. Das ist ihm voll gelungen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das merkt man manchmal, daß der Journalist ist!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718715700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Lagershausen.

Karl-Hans Lagershausen (CDU):
Rede ID: ID0718715800
Herr Staatsminister, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie eventuell auf eine entsprechende Frage hin Ihrem Minister empfehlen würden, sich ähnlich zu artikulieren, wie Herr Bahr es getan hat?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718715900
Ich gebe Ministern niemals Empfehlungen, Herr Abgeordneter. Das können Sie von der Abgeordnetenbank aus tun. Für Parlamentarische Staatssekretäre wäre das, wie Sie wissen, nicht dem Dienstrang entsprechend.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718716000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Friedrich.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0718716100
Herr Staatsminister, würden Sie die Wertung der Kritik des Herrn Kollegen Werner in einer baden-württembergischen Zeitung für angemessen erachten, die mit der Überschrift erschien: „Der Staatsmann und das Würstchen"?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718716200
Herr Abgeordneter, dieses Zitat erweckt einen falschen Eindruck, wenn es ohne Zusammenhang genannt wird, wie das so oft bei Zitaten der Fall ist. Es handelt sich darum, daß Minister Bahr gesagt hat, wenn man die ganze Woche Hamburger gegessen habe — dort, wo die Zeitung erscheint, heißt es „Fleischküchle" —, habe man Sehnsucht nach Abwechslung. Dann gebe es im Zweifel zur Abwechslung nur heiße Würstchen, und das sei auf die Dauer nicht so gut wie das, was man zu Hause esse. Das ist eine Wertung, die Kenner der amerikanischen Szenerie durchaus teilen können, vor allen Dingen, wenn man längere Zeit das Vergnügen hatte, nach einer solchen Speisekarte leben zu müssen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718716300
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Stahl, aber bitte nicht eine aus der Gastronomie.

(Heiterkeit)


Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID0718716400
Herr Staatssekretär, Sie zitierten eben aus dem Artikel der „Südwestpresse". Kann ich daraus entnehmen, daß Sie die Meinung des Journalisten teilen?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718716500
Das können Sie nicht tun; denn ich kenne die Szenerie in Ulm nicht so gut wie der dort ansässige Journalist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718716600
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Werner.

Herbert Werner (CDU):
Rede ID: ID0718716700
Herr Staatsminister, glauben Sie, daß die Amerikaner davon erbaut sind, in diesem Interview zu erfahren, daß sie von Bundesminister Bahr in die Reihe unwissender, von Lethargie gekennzeichneter Leute eingeordnet werden?




Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718716800
Herr Abgeordneter, die Antwort habe ich bereits gegeben. Das vermag ich in der Tat nicht zu beurteilen. Ich weiß auch nicht, wie stark das Erbauungsvermögen in Amerika in dieser Gegend entwickelt ist, die Herr Bahr besucht hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718716900
Noch eine Zusatzfrage.

Herbert Werner (CDU):
Rede ID: ID0718717000
Nachdem Sie nunmehr versuchen, hier das Ganze so darzustellen, daß es den Charakter des etwas Komischen erlangt, frage ich Sie: Sind Sie mit mir der Auffassung, daß weniger die Frage nach Sachverhalt und Einschätzung des Interviews als die Art, in der sich Bundesminister Bahr geäußert hat, indem er sich nämlich in lauter Oberflächlichkeiten erging, etwas komisch zu bewerten ist?

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718717100
Entschuldigung! Wie Sie wissen, dürfen nach den Grundsätzen der Fragestunde die Fragen und auch die erbetenen Antworten keine Wertungen enthalten. Ihre Frage verlangt aber eine Wertung. Ich kann sie daher nicht zulassen.

(Werner [CDU/CSU] : Von der anderen Seite wurden aber dauernd persönliche Wertungen vorgetragen!)

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718717200
Herr Staatsminister, erweckt das angesprochene Interview nicht den Eindruck, daß derjenige, der es gegeben hat, hier im Grunde nur seine Vorurteile über das so offenbar isolationistische Amerika bestätigt sehen wollte?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0718717300
Herr Abgeordneter, das Interview kann diesen Eindruck schon deswegen nicht erwecken, weil in ihm bezüglich Amerika durchaus auch Gegenteiliges enthalten ist, nämlich auch politisch sehr Positives. Aber im übrigen, Herr Abgeordneter, ist es weder meine Aufgabe, Eindrücke, die man beim Lesen von Interviews gewinnt, zu werten, noch, Eindrücke beim Lesen von Fragen zu werten.
Ich hatte zunächst vermutet, die Frage des Abgeordneten Werner beruhe darauf, daß in einer Zeitung eine nicht zutreffende Übersetzung erschienen ist. Nun sehe ich in der Zeitung, daß sie „terrible ignorant" ausdrücklich mit „schrecklich dumm" übersetzt hat, was den Anglisten Werner sicher gleich auf den Gedanken gebracht haben könnte, daß es sich hier um eine singuläre, d. h. exklusive Übersetzung handelt, die sonst nirgends zu finden ist und deswegen auch exklusiv dementiert werden kann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718717400
Keine Zusatzfrage mehr. Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich, Herr Staatsminister, beantwortet. Ich danke Ihnen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für
das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Jung zur Verfügung.
Die Fragen 53 und 54 des Abgeordneten Wolfram (Recklinghausen) sowie die Frage 55 des Abgeordneten Flämig werden auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 56 des Abgeordneten Reiser auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß neue, künftige Mediensysteme (wie beispielsweise das Kabelfernsehen) öffentlich-rechtlich oder anders organisiert werden sollten, nachdem in letzter Zeit dazu Stellungnahmen von Regierungsmitgliedern abgegeben wurden?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718717500
Herr Kollege, die Länder haben die Kompetenz, die Organisationsformen für die Veranstaltung von Rundfunk zu regeln. Nach zur Zeit überwiegender Rechtsauffassung ist kabelgebundener Rundfunk dem drahtlosen gleichzusetzen. Die Bundesregierung hat bereits darauf hingewiesen, daß mit der Einführung des Kabelfernsehens möglicherweise die Frage zu überprüfen Ist, ob in Ergänzung zu den gesetzlichen Regelungen für den eigentlichen Ätherrundfunk unter Umständen eine für die Veranstaltung und Verbreitung von Kabelrundfunk spezifische Gesetzesregelung zweckdienlich erscheint.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718717600
Eine Zusatzfrage.

Hermann P. Reiser (SPD):
Rede ID: ID0718717700
Gehen Sie denn davon aus, daß künftige Systeme technisch von der Post unterhalten und betrieben werden?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718717800
Davon gehe ich aus. Das ist Aufgabe der Deutschen Bundespost.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718717900
Eine weitere Zusatzfrage.

Hermann P. Reiser (SPD):
Rede ID: ID0718718000
Würden Sie gegebenfalls den Gedanken unterstützen, daß man in Verbindung mit der Störung von Fernsehempfang durch Hochhäuser zu Kabelwegen finden und deshalb ein bestimmtes Kabelsystem entwickeln muß?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718718100
Dies ist bereits in mehreren Städten im Gange. Insbesondere ist das aber Aufgabe der Betroffenen, dafür zu sorgen, daß der Empfang, der durch Hochhäuser gestört wird, durch Verkabelung ermöglicht wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718718200
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Sieglerschmidt, bitte!

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0718718300
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung die Regelung der Fragen, die sich aus der Verkabelung wegen Abschattung er-



Sieglerschmidt
geben, für allein über das Länderrecht lösbar, oder hat sich die Bundesregierung hierüber noch keine abschließende Meinung gebildet?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718718400
Wir gehen bisher davon aus, daß die Länder eine Regelung finden und die Deutsche Bundespost nur die technischen Voraussetzungen zu schaffen haben wird, wenn eine solche Regelung gefunden ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718718500
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Ey auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Böhm auf:
Trifft es zu, daß der Staatssicherheitsdienst der DDR Fahrzeuge westdeutscher Herkunft einsetzt und mißbräuchlich mit polizeilichen Kennzeichen aus der Bundesrepublik Deutschland ausstattet, um Berlin-Reisende auf den Transitstrecken zu überwachen, festzuhalten und zu verhören?
Bitte schön!

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718718600
Herr Kollege Böhm, die Bundesregierung hat zu dieser Frage bereits mehrfach Stellung genommen. Ich erinnere an die Beantwortung der Frage des Kollegen Josten im Dezember des vergangenen Jahres. Sie kann auch heute Meldungen, nach denen Angehörige des Staatssicherheitsdienstes der DDR auf den Transitstrecken von und nach Berlin Fahrzeuge mit Kennzeichen aus der Bundesrepublik Deutschland verwenden, nicht bestätigen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718718700
Eine Zusatzfrage.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0718718800
Ist der Bundesregierung tatsächlich nicht bekannt, daß das BMW- Fahrzeug mit dem Kennzeichen B — RN 448 ein Fahrzeug des Staatssicherheitsdienstes ist und daß in dieser Weise eine mißbräuchliche Benutzung westdeutscher Kennzeichen auf den Transitwegen erfolgt?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718718900
Herr Kollege Böhm, der Bundesregierung ist bekannt, daß das Fahrzeug mit dem Kennzeichen B — RN 448 am 31. Mai 1974 völlig legal, und zwar infolge eines Erbfalles in die DDR überführt wurde. Weiter kann der von Ihnen behauptete Tatbestand von der Bundesregierung nicht bestätigt werden, zumal Sie sich auf eine Pressemitteilung der „Berliner Morgenpost" berufen, die ohne nähere Angaben ist, so daß der von Ihnen behauptete Tatbestand nicht überprüft werden konnte. Ich darf aber darauf verweisen, daß auf Grund früherer Meldungen diese Angelegenheit auch in der Kommission nach Art. 19 des Transitabkommens angesprochen wurde und daß die DDR-Delegation ein solches
Vorgehen des Staatssicherheitsdienstes in Abrede gestellt hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718719000
Eine weitere Zusatzfrage.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0718719100
Ist die Bundesregierung bereit, diesen konkreten Einzelfall erneut aufzugreifen und sich mit denjenigen in Verbindung zu setzen, die ich Ihnen nennen werde — allerdings nicht hier, wie Sie verstehen werden —, um diese Angelegenheit restlos aufzuklären und auf alle Fälle dafür zu sorgen, daß auf den Transitstrecken ein mißbräuchlicher Einsatz westdeutscher Kennzeichen unterbleibt?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718719200
Herr Kollege Böhm, die Bundesregierung hat ihre Bereitschaft, solche konkreten Fälle in der Kornmission vorzutragen, immer wieder bekundet. Ich muß hier nun allerdings auch meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß Sie offenbar Informationen haben, die Sie hier nicht weiter bekanntgeben wollen, die uns aber wichtig wären, um bei diesen Verhandlungen dann wirklich auch konkret auf den Fall verweisen zu können. Ich bitte Sie deshalb sehr, uns diese Information zu übergeben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718719300
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718719400
Herr Staatssekretär, wäre nicht die Tatsache, daß hier ein Abgeordneter derartige Fragen einreicht, die ja offensichtlich auf wohlbegründeten Tatsachenerkenntnissen beruhen, für die Bundesregierung Anlaß, sich mit diesem Abgeordneten in Verbindung zu setzen und dann von sich aus das Notwendige zu veranlassen?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718719500
Ich fürchte, Herr Kollege Jäger, daß der Abgeordnete mit dieser Frage ganz gewisse Absichten verbunden hat. Ich hielte es für besser — ich bin ja selber Abgeordneter —, daß ein Abgeordneter, wenn ihm solche Dinge bekannt werden, der Bundesregierung — gleichgültig, ob er in der Opposition oder in der Koalition steht — diese Information übergibt, damit die Bundesregierung so, wie er es offenbar wünscht, auch tätig werden kann.

(Arndt [Hamburg] [SPD] : Sehr wahr!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718719600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Stahl.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID0718719700
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich feststelle, daß in letzter Zeit von seiten der Opposition viele derartige Fragen gestellt werden und daß es, wie Sie dargestellt haben, zweckmäßiger wäre — wohl auch aus der Verantwortung dieses Parlaments —, derartige Fragen mit Ihnen persönlich zu besprechen?




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718719800
Diese Frage kann ich
nicht zulassen. Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hösl.

Alex Hösl (CSU):
Rede ID: ID0718719900
Herr Staatssekretär, da Sie erklärten, das betreffende Auto sei im Erbwege in die DDR überführt worden, darf ich fragen: Sehen Sie in der Weiterbenutzung des bundesdeutschen Kennzeichens — von wem auch immer — nicht eine Rechtswidrigkeit?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718720000
Herr Kollege Hösl, dies ist natürlich der Fall. Aber in dieser Pressemitteilung sind keine näheren Angaben gemacht. Weder Zeitpunkt noch Ort sind in ihr exakt dargelegt. Daher kann sich die Bundesregierung darauf nicht stützen. Wenn der Kollege, wie er sagt, genauere Angaben darüber hat, so bin ich froh, wenn ich diese von ihm bekomme.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718720100
Keine Zusatzfragen?
Dann rufe ich die Frage 66 des Hern Abgeordneten Böhm auf:
Sieht die Bundesregierung in den Vorfällen vom 16. und 29. August 1975 am Kontrollpunkt Hirschberg auf der Transitstrecke nach Berlin, bei denen Bürger der Bundesrepublik Deutschland aus unbekannten Gründen in einem Fall 45 Minuten und in einem anderen Fall mehr als 1 1/2 Stunden von bewaffneten DDR-Organen festgehalten wurden, Anlaß, über die routinemäßigen Erörterungen in der Transitkommission hinaus energische Proteste bei der DDR vorzunehmen?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718720200
In dem Fall, der sich am 16. August 1975 abgespielt hat, handelt es sich um eine Durchsuchung eines Reisenden, seiner Gepäckstücke und seines Transportmittels. In dem anderen Fall, dem vom 29. August 1975, ist der Reisende offenbar zur Prüfung der Frage, ob eine Durchsuchung angezeigt sei, 45 Minuten lang zurückgehalten worden, ohne dann allerdings durchsucht worden zu sein.
Nach Art. 16 Ziffer 2 des Transitabkommens, der in Übereinstimmung mit Abschnitt 2.d) der Anlage I zu dem Viermächteabkommen über Berlin steht, kann eine solche Durchsuchung vorgenommen werden,
wenn im gegebenen Falle aufgrund bestimmter Tatsachen oder konkreter Anhaltspunkte eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, daß ein Mißbrauch der Transitwege beabsichtigt ist, begangen wird oder begangen worden ist.
Die Bundesregierung hält es für sachgemäß, wenn derartige Fälle, in denen das Vorliegen eines solchen Verdachtes streitig sein kann, auf dem in dem Transitabkommen vorgesehenen Wege, nämlich in der Transitkommission, erörtert werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718720300
Eine Zusatzfrage.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0718720400
Herr Staatssekretär, halten Sie nicht das Vorgehen der bewaffneten Grenzorgane der DDR in diesem Fall für so gravierend, daß über die rein routinemäßige Behandlung dieser Frage in der Transitkommission hinaus ein energischer Protest bei der Regierung der DDR vorgenommen werden müßte?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718720500
Herr Kollege, die Bundesregierung hat durch ihren Vertreter in dieser Kommission diese Fälle zur Sprache gebracht. Es ist dort aber darauf hingewiesen worden, daß — entsprechend dem soeben zitierten Wortlaut des Art. 16 Ziffer 2 des Transitabkommens — in beiden Fällen Momente vorgelegen hätten, die hier angesprochen sind und die dazu führten, daß in einem Falle eine Durchsuchung vorgenommen, in dem andern Fall davon Abstand genommen worden ist.
Sie können also davon ausgehen, daß die Bundesregierung zunächst einmal diesen Sachverhalt in dieser Kommission abgeklärt und entsprechend interveniert hat, daß — entsprechend dem Abkommen — nur dort Durchsuchungen durchgeführt werden können, wo es tatsächlich abkommensgemäß ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718720600
Eine weitere Zusatzfrage.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0718720700
Herr Staatssekretär, wie viele vergleichbare Fälle meiner Meinung nach rechtswidriger Durchsuchungen und rechtswidrigen Festhaltens von Bürgern, die die Transitwege benutzen, kommen vor, und sind Sie bereit, darüber die Öffentlichkeit zu informieren?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718720800
Herr Kollege Böhm, wenn Fälle vorkommen, die dem Transitabkommen nicht entsprechen, bin ich selbstverständlich bereit, die Öffentlichkeit und den Deutschen Bundestag darüber zu informieren. Sie werden aber dafür Verständnis haben, daß ich im Augenblick eine Zahl nicht parat habe. Bislang sind die Fälle, die bekanntgeworden sind oder die nach Ihrer Meinung eben nicht dem Abkommen gemäß sind, hier im Deutschen Bundestag immer wieder behandelt worden.

(Böhm [Melsungen] [CDU/CSU] : Nur gut, daß wir das hier immer vorbringen!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718720900
Eine Zusatzfrage hat der Herr Abgeordnete Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718721000
Herr Staatssekretär, da Sie selber vorhin zutreffend gesagt haben, daß nach dem Transitabkommen nur bei Vorliegen eines konkreten Mißbrauchsverdachts sowohl die Durchsuchung als auch das Zurückhalten zulässig ist, möchte ich Sie fragen: Hat die DDR-Regierung bei der Beratung in der Transitkommission in diesen beiden konkreten Fällen einen konkreten Mißbrauchsverdacht vorgetragen, und ist die Bundesregierung — nach dem Vorbringen der DDR zu der Auffassung gelangt, daß das Verhalten der Grenzbehörden in diesen beiden Fällen rechtswidrig bzw. rechtmäßig war?




Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718721100
Herr Kollege Jäger, in der Sitzung vom 18. September sind diese beiden Fälle angesprochen worden. Ich betone noch einmal: Die Durchsuchung ist nur in einem Fall geschehen, im anderen Falle nicht. Die Delegation der DDR hat zu beiden Fällen mitgeteilt, daß auf Grund konkreter Anhaltspunkte in dem einen Fall die Untersuchung erfolgt ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718721200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lagershausen.

Karl-Hans Lagershausen (CDU):
Rede ID: ID0718721300
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, welche konkreten Anhaltspunkte die DDR für einen Mißbrauchsverdacht und damit die Untersuchung angegeben hat?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718721400
Nein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718721500
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Gradl.

Dr. Johann Baptist Gradl (CDU):
Rede ID: ID0718721600
Herr Staatssekretär, ist die Übung so, daß es in der Kommission genügt, wenn die DDR erklärt, es habe konkrete Anhaltspunkte gegeben, oder ist es Übung, daß dann auch präzisere Angaben über diese Anhaltspunkte gemacht werden?

Kurt Jung (FDP):
Rede ID: ID0718721700
Herr Kollege Gradl, ich selbst war noch nie in dieser Kommission. Ich bin also persönlich mit der Praxis nicht so vertraut. Aber natürlich ist die Bundesregierung frei, auch hier präziser nachzufragen — und das tut sie auch.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718721800
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit sind die Fragen aus diesem Geschäftsbereich beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Jung!
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Haack zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Dr. Waigel auf:
Sind der Bundesregierung noch andere Mängel beim Antragsverfahren für die Gewährung von Zuschüssen nach dem Programm der Bundesregierung zur Bausparzwischenfinanzierung und Wohnungsmodernisierung („Selektierung'' der Anträge durch einzelne Kreditinstitute) bekanntgeworden?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0718721900
Herr Kollege Waigel, der Bundesregierung sind Mängel des Antragsverfahrens als solchem nicht bekannt. Die zwischen Bund und Ländern abgeschlossene Verwaltungsvereinbarung verpflichtet die sich an der Durchführung des Sonderprogramms beteiligenden Kreditinstitute, die eingereichten Anträge
unverzüglich mit der banküblichen Sorgfalt zu prüfen und an die vom Land bestimmte zentrale Stelle weiterzuleiten. Daß Kreditinstitute unzulässigerweise Anträge nach sachlich nicht zu rechtfertigenden Gesichtspunkten selektiert haben, ist der Bundesregierung nicht bekanntgeworden.
Ich möchte der Vollständigkeit halber aber noch auf folgendes hinweisen. Es trifft zu, daß die Antragsformulare für Zuschüsse aus dem Sonderprogramm zur Wohnungsmodernisierung und Bausparzwischenfinanzierung nicht zum gleichen Zeitpunkt bei allen Kreditinstituten verfügbar waren. Dies ist jedoch nicht auf das Verfahren selbst zurückzuführen. Auf der Länderreferentenbesprechung am 3. September wurde Übereinstimmung darüber erzielt, einweitliche Antragsformulare von einer Kornmission der Kreditwirtschaft unter Beteiligung eines Landesvertreters erarbeiten zu lassen. In einer Besprechung am 5. September einigte sich diese Kornmission, an der alle Spitzenverbände der Kreditwirtschaft beteiligt waren, über Text und Aufbau der Formulare. Anschließend wurde das Formular von unserem Ministerium zur Drucklegung freigegeben. Dieses Verfahren wurde gewählt, um sich im Interesse einer schnellen Abwicklung der Sonderprogramme des Wettbewerbs der Kreditinstitute untereinander zu bedienen. Durch die stets gleichzeitige Information und die gemeinsame Erarbeitung der Antragsformulare waren für alle Institutsgruppen und deren Kunden gleiche Startchancen gewährleistet.
Die in Zeitungsberichten beschriebenen Schwierigkeiten sind darauf zurückzuführen, daß Kreditinstitute listenmäßige Zuschußmeldungen an die vorgesehenen Leitinstitute der Länder eingesandt haben, die nicht auf formgerechten Anträgen mit den erforderlichen Unterlagen beruhten. Eine mit Zustimmung eines Landes durchgeführte Stichprobe hat dies bestätigt. Einzelne Länder haben inzwischen — einem Fernschreiben unseres Ministeriums entsprechend — veranlaßt, daß solche eingesandten Listen an die Kreditinstitute zurückgegeben werden. In anderen Ländern werden die Kreditinstitute vom Leitinstitut aufgefordert, innerhalb einer Ausschlußfrist von einer Woche nachträglich eine verbindliche Erklärung darüber abzugeben, welche in den Listen aufgeführten Zuschußanträge allen Anforderungen entsprechen und vom Kreditinstitut ordnungsgemäß geprüft worden sind. Es geht also nicht um das Verfahren, sondern höchstens um die Umstände im Rahmen des Verfahrens, die aber nicht von einer staatlichen Stelle zu vertreten sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718722000
Eine Zusatzfrage.

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID0718722100
Herr Staatssekretär, treffen dann Meldungen zu, daß eine unterschiedliche Weitergabe von Anträgen innerhalb der Banken erfolgt ist und daß eine Bevorzugung von gewissen Kunden zu verzeichnen war?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0718722200
Das ist genau das, was ich hier meinte. Das ist tatsächlich einge-



Parl. Staatssekretär Dr. Haack
treten. Das hängt aber nicht an dem Verfahren, sondern hängt damit zusammen, daß eine große Bank in der Lage war, diese Antragsformulare schneller an ihre Kunden weiterzugeben. Der Wettbewerb in der freien Marktwirtschaft hat sich hier dargestellt — auch mit nachteiligen Wirkungen. Wir haben die Abwicklung des Programms aber gerade an die Kreditinstitute übertragen und nicht an staatliche Stellen, um einen schnellen Mittelabfluß zu gewährleisten. Wenn manche Kunden zu spät gekommen sind, ist es Schuld der Kreditinstitute dieser Kunden, daß sie nicht so schnell gewesen sind wie andere Banken.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718722300
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Theodor Waigel (CSU):
Rede ID: ID0718722400
Gedenkt die Bundesregierung etwas zu tun, um denen, die zu spät gekommen sind, was sie nicht zu vertreten haben, gerecht zu werden und ihnen zu helfen?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0718722500
Das geht selbstverständlich nicht, aber es ist auch nicht zu dramatisieren, weil sich nach einer Umfrage, die wir gestern noch gehalten haben, herausgestellt hat, daß erst etwa bei der Hälfte der Bundesländer die Programme voll besetzt sind. Ich glaube also, daß nicht allzu große Schäden eingetreten sind. Sollte sich aber einer benachteiligt fühlen, soll er sich an sein Kreditinstitut wenden und es dafür verantwortlich machen, daß es im Konkurrenzkampf an der zweiten oder dritten Stelle gelandet ist. Für uns ging es darum, ein Konjunkturprogramm zu machen, bei dem die Mittel schnell abfließen. Darum haben wir uns nicht der staatlichen Bewilligungsstellen bedient, sondern der Kreditinstitute, und bei diesen liegt die Verantwortung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718722600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hösl.

Alex Hösl (CSU):
Rede ID: ID0718722700
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß dieses Verfahren an Kompliziertheit sicherlich nichts mehr zu wünschen übrig läßt, und sind Sie nicht ebenso mit mir der Meinung, daß die regionalpolitisch und sachlich angestrebten Ziele in der Wohnungsmodernisierung mit dem Zugriffverfahren nicht erreicht werden?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0718722800
Sie müssen sehen, Herr Kollege Hösl, daß es sich hier um ein Konjunkturprogramm handelt und daß es darauf ankommt, die Mittel schnell zum Fließen zu bringen. Es war von seiten der Bundesregierung nicht vorhersehbar, daß verschiedene Kreditinstitute nicht in der Lage sein würden, ebenso schnell zu arbeiten wie andere. Wir hatten gedacht, daß die Chancengleichheit hier gewährleistet ist. Insofern meine ich, manche Kreditinstitute müßten einmal über ihre Leistungsfähigkeit nachdenken.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718722900
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider auf. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal; seine Frage wird schriftlich beantwortet. Dies gilt auch für seine Frage 60. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Fragen 61 und 62 sollen auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden ebenfalls als Anlagen abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Haack, beantwortet. Ich danke Ihnen.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Herold zur Verfügung. Die Frage 63 stellt der Herr Abgeordnete Lagershausen:
Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung dagegen, daß von DDR-Grenzorganen Rentnern, die noch nicht 65 Jahre alt sind, trotz Vorlage des Rentenbescheids bei der Einreise in die DDR der Zwangsumtausch von 13 DM je Tag abverlangt wird?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718723000
Frau Präsidentin!
Herr Kollege Lagershausen, ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:
Nach der Anordnung Nr. 2 der DDR über die Durchführung eines verbindlichen Mindestumtausches von Zahlungsmitteln vom 10. Dezember 1974 sind vom verbindlichen Mindestumtausch Altersrentner, d. h. Männer über 65 und Frauen über 60 Jahre, befreit. Den Altersrentnern gleichgestellt werden lediglich Invaliden und Unfallrentner. Diesen 1 rentenrechtlichen Begriffen der DDR entsprechen in der Bundesrepublik im wesentlichen Berufsunfähigkeitsrentner, Erwerbsunfähigkeitsrentner und Unfallrentner. Andere Rentner, insbesondere solche, welche die Möglichkeit der flexiblen Altersgrenze ausnutzen und frühzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden, werden durch die erwähnte Anordnung Nr. 2 nicht vom Mindestumtausch befreit. Nicht jeder Rentenbescheid berechtigt somit zur Befreiung vom Mindestumtausch. Die Bundesregierung ist jedoch um eine Erweiterung des Kreises der vom Mindestumtausch befreiten Rentner bemüht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718723100
Eine Zusatzfrage.

Karl-Hans Lagershausen (CDU):
Rede ID: ID0718723200
Schönen Dank, Herr Staatssekretär, für die umfangreiche Antwort. Hat die Bundesregierung darüber hinaus Schritte unternommen, um die vollständige Zurücknahme des Zwangsumtausches zu erreichen?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718723300
Herr Kollege Lagershausen, ich habe meine Antwort zunächst in Richtung auf eine Erweiterung des begünstigten Personenkreises bezogen. Selbstverständlich — das ist von mir im Auftrage der Bundesregierung mehrfach erklärt worden — wird auch in Richtung auf eine Rücknahme des gesamten Zwangsumtausches etwas unternommen.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718723400
Eine weitere Zusatzfrage.

Karl-Hans Lagershausen (CDU):
Rede ID: ID0718723500
Herr Staatssekretär, darf ich darüber hinaus noch fragen, ob die Bundesregierung außerdem Schritte unternommen hat, um zu erreichen, daß jüngere DDR-Bürger nach Westdeutschland reisen können, bevor sie das Alter erreicht haben, in dem sie dort normalerweise durch den SED-Staat ausgebeutet werden?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718723600
Sie wissen, daß wir in den jetzt bestehenden Möglichkeiten den Anfang für weitere Begegnungsmöglichkeiten sehen. Wir haben ja Gott sei Dank für den Personenkreis der Nichtrentner die Möglichkeit der Besuche in dringenden Familienangelegenheiten. Darüber hinaus besteht, leider beinahe nur in einer Richtung, die Möglichkeit des Jugend- und Sportaustausches. Aber wir werden bei den Gesprächen mit der DDR immer wieder auf eine Ausweitung drängen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718723700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718723800
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung die einengende Praxis der DDR beim Rentnerbegriff für im Einklang mit den getroffenen Abmachungen stehend angesichts der Tatsache, daß doch die Befreiung der Rentner vom Zwangsumtausch nicht in erster Linie mit dem Alter dieser Personen etwas zu tun hat, sondern eben mit der eingeschränkten Einkommenssituation der nicht mehr im aktiven Erwerbsleben Stehenden?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718723900
Das ist der Punkt, den wir zum Anlaß nehmen, unsere Wünsche zu begründen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718724000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Böhm.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0718724100
Herr Staatssekretär, da bisher immer nur von einer Freistellung der Rentner vom Zwangsumtausch gesprochen worden ist, frage ich Sie: Warum hat die Bundesregierung diese von der flexiblen Altersgrenze Gebrauch machenden Rentner bisher nicht darauf hingewiesen, daß die DDR von ihnen den Zwangsumtausch erhebt?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718724200
Sie täuschen sich, Herr Kollege Böhm. Natürlich haben wir darauf hingewiesen, daß die DDR bei Rentnern in der flexiblen Altersgrenze im Moment noch nicht bereit ist, diesen Personenkreis auch zu begünstigen.
Ich mache darauf aufmerksam — nur um Ihnen das in Erinnerung zu rufen —: Es geht nicht nur um den Zwangsumtausch der eben genannten Rentner,
sondern es sind ja auch Jugendliche bis zum 16. Lebensjahr vom Zwangsumtausch befreit. Auch daran sollte erinnert werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718724300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller.

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0718724400
Herr Staatssekretär, Sie haben bei der Beantwortung der eingebrachten Frage zweimal gesagt, daß Sie sich immer wieder um die Angelegenheit bemühen. Mit welchem Erfolg haben Sie sich bisher bemüht?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718724500
Erwarten Sie, sehr verehrter Kollege, darauf eine Antwort? Mir wäre es lieber, ich könnte Ihnen sagen: Wir haben schon Erfolg gehabt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718724600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0718724700
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung das, was etwa seit dem Jahre 1969 — im Vergleich zu der Entwicklung seit 1960 — in dieser Frage erreicht worden ist, nicht für einen erheblichen Erfolg — ich denke insbesondere auch an den Status, den Rentner und Grenzgänger in Berlin vorher gehabt haben —, und ist sie mit mir der Meinung, daß auch weitere Erfolge nur auf diesem mühsamen Weg erreicht werden können?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718724800
Herr Kollege Sieglerschmidt, ich kann das nur bestätigen. Ich wundere mich nur, wie man an solchen Zahlen einfach vorbeigehen kann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718724900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Abelein.

Dr. Manfred Abelein (CDU):
Rede ID: ID0718725000
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung die weitere Perfektionierung der Grenzeinrichtungen auch für einen solchen Erfolg?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718725100
Herr Kollege Abelein, ich habe ja die Freude, Ihnen nachher noch auf diese Frage Antwort geben zu müssen. Ich glaube, ich kann jetzt darauf verzichten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718725200
Bevor ich die Frage des Herrn Kollegen Dr. Abelein aufrufe, müssen noch einige andere Fragen beanwortet werden.
Ich rufe die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Lagershausen auf:
Welche Schritte hat die Bundesregierung dagegen unternommen, daß am 16 August 1975 ein westdeutsches Ehepaar bei der Einreise in die DDR aus unbekannten Gründen am Grenzkontrollpunkt Drewitz festgehalten, in getrennte Vernehmungszimmer gebracht und erst 11/4 Stunde später ohne Angaben von Gründen ihre Fahrt zu Verwandten in die DDR fortsetzen konnte?




Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718725300
Frau Präsident! Herr Kollege Lagershausen! Der Vorfall, den Sie ansprechen, ist der Regierung selbstverständlich bekannt. Ich möchte mich im großen und ganzen den Ausführungen anschließen, die mein Kollege Staatssekretär Jung soeben zu einem anderen Fall gemacht hat.
Ich darf nur noch einmal anmerken, daß es sich hier tatsächlich um Einzelfälle handelt. Herr Kollege Lagershausen, Sie kennen so wie ich die Zahlen: Von Januar bis August dieses Jahres haben über 10 Millionen Menschen die Transitstrecken benutzt. Wenn ich im Vergleich dazu das Jahr 1974 nehme, sind das über eine Million Personen mehr. Ich bin leider nicht in der Lage, Ihnen die genauen Zahlen mitzuteilen. Ich bin aber gerne bereit, das sofort nachzuholen, wenn diese Fälle in der Transit-Kommission und den anderen Gesprächsebenen vorgelegen haben. Dann werden Sie sehen: Es ist wirklich ein ganz minimaler Prozentsatz, wenn hiervon überhaupt die Rede sein kann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718725400
Eine Zusatzfrage.

Karl-Hans Lagershausen (CDU):
Rede ID: ID0718725500
Herr Staatssekretär, da Sie auf die Antworten des Kollegen Jung verwiesen haben und ich dabei den Eindruck hatte, daß darin eine gewisse Hilflosigkeit der Bundesregierun gegenüber den Problemen zum Ausdruck kam, darf ich Sie jetzt konkreter fragen: Hat die Bundesregierung bei Bekanntwerden dieses Falles energisch protestiert? Hat sie bei diesem energischen Protest, falls ein solcher erfolgt ist, darauf hingewiesen, daß das in keinem Fall in Übereinstimmung steht mit gutnachbarlichen Beziehungen, wie sie im Grundvertrag ja zum Ausdruck gekommen sind?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718725600
Herr Kollege Lagershausen, natürlich hat die Bundesregierung protestiert. Ich kann Ihnen außerdem sagen: In dem Fall, den Sie angesprochen haben, hat sich der zuständige Offizier der Volkspolizei anschließend entschuldigt. Das sollten Sie vielleicht auch wissen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718725700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hösl.

Alex Hösl (CSU):
Rede ID: ID0718725800
Herr Staatssekretär, um keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen, darf ich Sie fragen, ob Sie mit mir der Meinung sind, daß es nicht auf die Zahl der rechtswidrigen Vorkommnisse ankommt, sondern darauf, daß die Bundesregierung jedes rechtswidrige Vorkommnis verurteilt und auch dagegen protestiert.

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718725900
Das hat die Bundesregierung bei jeder Gelegenheit getan. Aber man muß doch auch einmal die entsprechenden Zahlen gegenüberstellen; sie sind doch wirklich eindrucksvoll. Selbstverständlich duldet die Regierung offenkundige Verstöße nicht. Sie hat von dieser Stelle
aus — auch durch andere Persönlichkeiten — ihre Meinung dazu eindeutig gesagt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718726000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Böhm.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0718726100
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß für die gesamte Dauer des Aufenthalts des festgehaltenen Ehepaars der männliche Ehepartner an beiden Händen gefesselt war, und hat sich die Volkspolizei auch dafür entschuldigt?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718726200
Jawohl.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718726300
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718726400
Herr Staatssekretär, daran schließt meine Zusatzfrage an. Da es sich hier nicht um einen Fall der Transit-Reisenden handelte, sondern um den Fall einer Einreise in die DDR, möchte ich fragen: Hat die Bundesregierung die Absicht, in absehbarer Zeit mit der DDR in Gespräche darüber einzutreten, daß auch für Reisende, die nicht den Transitweg nach Berlin benutzen wollen, sondern die auf Grund anderer Abmachungen in die DDR einreisen, ähnliche Schutzbestimmungen vorgesehen werden, wie sie im Transit-Abkommen für die Benutzung der Transitwege und die dort vorgesehenen Kontrollen vorhanden sind?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718726500
Herr Kollege Jäger, ich kann nur wiederholen, was ich schon seit Monaten von dieser Stelle immer wieder sage: Wir bemühen uns weiterhin um einen besseren Schutz, um mehr Menschlichkeit in all diesen Bereichen. Ich könnte Ihnen hier an praktischen Beispielen, die mir bekanntgeworden sind, sagen, was wir unternommen haben und wie die Reaktion war. Das sollte doch auch Sie davon überzeugen, daß die Bundesregierung alles in ihren Kräften Stehende tut.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718726600
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Maucher.

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0718726700
Herr Staatssekretär, wir wollen Ihnen gerne zugestehen, daß Sie sich große Mühe geben und Anstrengungen unternehmen. Was würde an sich praktisch erspart werden, wenn diese Mühen nicht notwendig wären! Es sind nämlich Bemühungen, Verstöße gegen die Menschlichkeit abzuwehren. Wäre es nicht besser, wenn die Sozialisten ein besseres Vorbild gäben?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718726800
Herr Kollege Maucher, ich kann hier nur sagen: Dank für den ersten Teil Ihrer Frage!
Zweitens, selbstverständlich sollten sie bessere Beispiele geben. Nur frage ich mich: Was würden



Parl. Staatsskretär Herold
dann einige Kollegen mit der Fragestunde machen, wenn das so wäre?

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718726900
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Sauer.

Helmut Sauer (CDU):
Rede ID: ID0718727000
Herr Staatssekretär, darf ich Ihren Antworten und auch denen des Kollegen Jung entnehmen, daß die Bundesregierung alle Verstöße gegen den Grundlagenvertrag und gegen das Transit-Abkommen in einer Dokumentation festhält, die gegebenenfalls jedes Jahr dem Ausschuß vorgelegt werden wird?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718727100
Wir brauchen nicht von einer Dokumentation zu reden. Die Einzelfälle sind bekannt. Wenn der Innerdeutsche Ausschuß es wünschte, hat er bisher immer von uns entsprechende Informationen bekommen. Darüber besteht überhaupt kein Zweifel.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718727200
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Westphal.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0718727300
Herr Staatssekretär, würden Sie bei solchen Zusammenfassungen oder Dokumentationen vielleicht auch festhalten, wann Sie bei Ihren Bemühungen erfolgreicher gewesen sind: wenn Sie durch Verhandlungen und Gespräche etwas durchsetzen wollten oder wenn Sie Proteste vorgetragen haben?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718727400
Ich danke Ihnen, Herr Kollege Westphal, für diese Zusatzfrage. Ich muß sagen, in diesem Bereich wäre es viel besser, man würde manches von Kollege zu Kollege besprechen und dann unsere Möglichkeiten nutzen, um gewisse Dinge aus der Welt zu schaffen, wie wir es bis zur Stunde versucht und erfolgreich praktiziert haben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718727500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lampersbach.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0718727600
Herr Staatssekretär, in welcher Form ist die Entschuldigung seitens der DDR durchgeführt worden: gegenüber den betroffenen Personen oder auch gegenüber der Bundesregierung?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718727700
Soweit ich informiert worden bin, ist das gegenüber den betreffenden Personen geschehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718727800
Keine Zusatzfragen mehr? — Dann rufe ich die Frage 67 des Herrn Abgeordneten Jäger (Wangen) auf:
Welche Schritte hat die Bundesregierung bereits unternommen oder wird sie unternehmen, um künftig zu verhindern, daß in Einzelfällen von DDR-Kontrolleuren an den Grenzkontrollstellen zur Bundesrepublik Deutschland in der sogenannten Zählkarte die Eintragung der Staatsangehörigkeit ''deutsch" beanstandet und durch die Eintragung „BRD" ersetzt wird?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718727900
Frau Präsidentin! Herr Kollege Jäger, Ihre Frage beantworte ich wie folgt. Die Bezeichnung der Staatsangehörigkeit unserer Bürger richtet sich allein nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Die korrekte Angabe der Staatsangehörigkeit in Zählkarten und in anderen amtlichen Formularen der DDR, die Deutsche bei ihren Reisen in die DDR ausfüllen müssen, ist daher „deutsch". Der Regierung der DDR ist dieser Standpunkt eindeutig bekannt. Die Bundesregierung hat davon Kenntnis, daß die Angabe „deutsch" von DDR-Kontrollorganen in Einzelfällen ergänzt oder abgeändert worden ist. Dabei handelt es sich nach meiner Einschätzung um fehlerhafte Entscheidungen von einzelnen Grenzorganen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718728000
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege!

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718728100
Herr Staatssekretär, nachdem der Bundesregierung solche Verstöße in Einzelfällen bekannt sind, möchte ich Sie fragen, ob Schritte bei der DDR-Regierung mit dem Ziel unternommen worden sind, daß diese ihre nachgeordneten Grenzbehörden anweist, derartige Verstöße künftig zu unterlassen?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718728200
Das ist geschehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718728300
Eine weitere Zusatzfrage.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718728400
Herr Staatssekretär, ist die DDR auch darauf hingewiesen worden, daß solche Eingriffe in die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach neuestem Stand, nämlich vom 1. August dieses Jahres, gleichzeitig auch einen Verstoß gegen die Prinzipien der KSZE-
Schlußakte von Helsinki darstellen, nach denen die Nichteinmischung von allen beteiligten und unterschreibenden Staaten ausdrücklich als Verpflichtung übernommen worden ist?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718728500
Herr Kollege Jäger, ich weiß nicht, von welchem Fall Sie jetzt sprechen. Ich habe im Hinblick auf einen Fall geantwortet, der sich vor langer Zeit zugetragen hat.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Darf ich korrigieren! Das war nach dem 1. August!)

Wir haben in diesem Zusammenhang über 350 Personen befragt, die in der Zeit nach diesem Fall den Grenzorganen berichtet haben. Eine Wiederholung dieses Falles ist nicht mehr bestätigt worden. Auch die Länder wurden benachrichtigt und gebeten zu sagen, ob ihnen Fälle bekanntgeworden sind. Auch dies ist verneint worden. Sollten wir denn auf diesem Gebiet über das, was wir bereits gemacht haben, noch hinausgehen und diese Dinge vielleicht mit einem Gewicht versehen, das ihnen nicht zukommt?




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718728600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Böhm.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0718728700
Herr Staatssekretär, ist Ihnen nicht bekannt, daß es eine seit Jahrzehnten praktizierte kommunistische Taktik ist, mit immer wieder neuen Einzelfällen schließlich dahin zu kommen, daß aus einem Einzelfall eine generell praktizierte Anwendung wird?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718728800
Wenn ich mir den gesamten von Ihnen angesprochenen Bereich ansehe, muß ich sagen: Bis zur Stunde ist das, was Sie befürchten, nicht eingetreten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718728900
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Dr. Abelein auf:
Hält die Bundesregierung die zunehmend brutale Praxis der DDR bei angeblichen Grenzverletzungen durch Einwohner der Bundesrepublik Deutschland für vereinbar mit den durch den Grundvertrag vereinbarten gutnachbarlichen Beziehungen?
H
Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718729000
Frau Präsidentin! Herr Professor Abelein, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten: Die Bundesregierung hat stets sowohl gegenüber der Offentlichkeit als auch gegenüber der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik in angemessener Weise und zweifelsfrei zu erkennen gegeben, welchen Standpunkt sie zu den von der DDR an ihrer Grenze getroffenen Maßnahmen einnimmt. Die Bundesregierung wird wie in der Vergangenheit, so auch in Gegenwart und Zukunft die Bestimmungen des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik mit dem Ziel einsetzen, an der Grenze Zustände herbeizuführen, die mit diesem Standpunkt übereinstimmen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718729100
Eine Zusatzfrage?

Dr. Manfred Abelein (CDU):
Rede ID: ID0718729200
Hat die Bundesregierung, Herr Staatssekretär, Anhaltspunkte dafür, daß die Behörden der DDR bei ganz offensichtlich unbeabsichtigten und geringfügigen sogenannten Grenzverletzungen aus der Sicht der DDR eine zunehmende Härte und brutalere Methoden an den Tag legen?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718729300
Ich kann Ihnen nur sagen, daß in all diesen Fragen eine enorme Perfektion eingetreten ist. Alles andere kann ich nur dann beurteilen, wenn Sie entsprechende Einzelfälle an mich herantragen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718729400
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Manfred Abelein (CDU):
Rede ID: ID0718729500
Herr Staatssekretär, haben Sie den Bericht des Bundesgrenzschutzes über die Situation entlang der innerdeutschen Grenzlinie in der zweiten Quartalsphase des Jahres 1975 gerade zu diesem Punkt gelesen, und, unterstellt, Sie haben ihn gelesen, wieso machen Sie dann dazu keine präziseren Angaben?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718729600
Sie haben in Ihrer Frage

(Dr. Abelein [CDU/CSU] : Jetzt in meiner Zusatzfrage frage ich dies!)

— nein, nein —, auf deren Beantwortung ich mich, wie Sie mich kennen, sehr sorgfältig vorbereitet habe, nicht auf diesen Bericht Bezug genommen. Davon ist erst in der nächsten Frage die Rede. In der Antwort darauf werde ich Ihnen vielleicht im Detail mit dem dienen können, was Sie hören wollen.

(Dr. Abelein [CDU/CSU] : Vielleicht!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718729700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718729800
Herr Staatssekretär, sind wir uns darüber einig, daß die Praxis, die soeben Gegenstand des Frage- und Antwortspiels zwischen dem Kollegen Abelein und Ihnen war, im Gegensatz zu der im Grundvertrag niedergelegten Pflicht der DDR zu einem gutnachbarlichen Verhalten steht?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718729900
Von einem „Spiel" zwischen Herrn Professor Abelein und mir möchte ich nicht reden, sondern ich möchte sagen, daß die Bundesregierung, zuletzt, wenn Sie so wollen, erst gestern und vorgestern wieder in der Vollversammlung der Vereinten Nationen, was die Menschlichkeit anbetrifft, klare Aussagen gemacht hat.

(Zurufe von der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718730000
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Dr. Abelein auf:
Sieht die Bundesregierung in den Methoden und den Einrichtungen der DDR zur Menschenjagd entlang der Grenze, wie sie in dem letzten Bericht des Bundesgrenzschutzes über das 2. Quartal des Jahres 1975 dargestellt sind, eine Verwirklichung der Grundsätze der KSZE über die menschlichen Erleichterungen des Korbs III?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718730100
Frau Präsidentin! Herr Professor Abelein, ich sehe den Zusammenhang der von Ihnen bemängelten Zustände nicht nur hinsichtlich des Korbes III (über die Zusammenarbeit in humanitären und anderen Bereichen), sondern auch hinsichtlich des Korbes I (zu Fragen der Sicherheit in Europa) der Beschlüsse von Helsinki. Allerdings meine ich, daß aus dem Zusammenhang des Korbes I deutlicher wird, daß wir es erst mit einem beginnenden Prozeß der Entspannung in Europa zu tun haben. Entspannungspolitik heißt — und das hat die Bundesregierung immer deutlich gemacht — Politik mit dem Ziel der Entspannung. Wenn wir be-



Parl. Staatsskretär Herold
reits geregelte Verhältnisse in Europa hätten, wäre Helsinki wohl nicht notwendig gewesen.
Erst darauf ergibt sich der Zusammenhang mit den menschlichen Erleichterungen, die ein primäres Ziel der Politik der Bundesregierung sind und um deretwegen sie die mit dem Grundlagenvertrag begründeten Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik aufgenommen hat. Im übrigen, sehr geehrter Herr Kollege, haben wir doch wohl alle nicht angenommen, daß sich die Verhältnisse im Grenzbereich der DDR sofort und unmittelbar nach Abschluß der KSZE entsprechend unseren Vorstellungen ändern werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718730200
Eine Zusatzfrage.

Dr. Manfred Abelein (CDU):
Rede ID: ID0718730300
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung in der zunehmend weiteren Einrichtung automatischer Selbstschußanlagen des Typs SM 70 entlang der innerdeutschen Grenzlinie durch die DDR eine Verletzung des Grundlagenvertrags, der von gutnachbarschaftlichen Beziehungen spricht, und sieht sie darin auch eine Verletzung der Prinzipien des Dokuments über die KSZE, in dem u. a. zum Ausdruck kommt, daß sich die Partner zum Ziel setzen, die freiere Bewegung und Kontakte zwischen Menschen zu erleichtern? Für den Fall, daß sie darin eine Verletzung sieht: Was unternimmt die Bundesregierung ganz konkret, um dieser weiteren Entwicklung Einhalt zu gebieten?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718730400
Als erstes darf ich Ihnen antworten: Bitte, stellen Sie es nicht so dar, Herr Professor Abelein, als hätten diese Sperrmaßnahmen erst nach dem Abschluß der KSZE ihren Anfang genommen. Seit über 30 Jahren gibt es diese Sperrmaßnahmen in unserem Lande.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Auch die von Ihnen angesprochene SM 70 ist vor dem Abschluß des KSZE-Gipfels montiert worden. Ich habe dazu im Auftrage der Bundesregierung eindeutige Erklärungen dahin gehend abgegeben, daß wir diese Schußapparate wie die gesamten Sperranlagen als unmenschlich bezeichnen.

Dr. Manfred Abelein (CDU):
Rede ID: ID0718730500
Ich meine: hier im Parlament. Aber ich habe noch eine zweite Zusatzfrage.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718730600
Bitte schön!

Dr. Manfred Abelein (CDU):
Rede ID: ID0718730700
Herr Staatssekretär, wieso hat die Bundesregierung das Parlament gleichgültig, auf welcher Ebene; z. B. im innerdeutschen Ausschuß — nicht über den Inhalt dieses Berichts des Bundesgrenzschutzes über diese rechtswidrigen Entwicklungen entlang der innerdeutschen Grenze unterrichtet? War das Motiv dafür etwa, daß die Bundesregierung das als störend für ihre Erfolgsbilanz in der Deutschlandpolitik ansieht?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718730800
Das letzte möchte
ich auf das entschiedenste zurückweisen. Herr Professor Abelein, diese Bundesregierung — ich konnte es nicht zu weit verfolgen — hat schon früher im Innenausschuß, auch im innerdeutschen Ausschuß, auf Verlangen über diese Berichte des Bundesgrenzschutzkommandos Bericht erstattet. Wenn es gewünscht wird, wird dies auch in Zukunft geschehen.
Diese Berichte werden nicht erst seit dem 1. Januar 1975 gegeben, sondern schon seit der Zeit, da ich Parlamentarischer Staatssekretär bin. In der Zeit vorher wird das bestimmt auch schon der Fall gewesen sein. Diese Berichte haben noch nie eine andere größere Rolle gespielt. Sie dienen der Information, sie sind wichtig, und sie werden von uns entsprechend ausgewertet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718730900
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Müller.

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0718731000
Herr Staatssekretär, können Sie konkrete Anhaltspunkte nennen, an denen abzulesen ist, wann der von Ihnen genannte langsame Prozeß der Entspannung begonnen hat?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718731100
Herr Kollege Müller, Sie sind mir nicht böse: ich bin ein normaler Mensch und habe keine prophetische Begabung. Deswegen werde ich hier in diesem Hause nie einen Zeitpunkt nennen.

(Müller [Berlin] [CDU/CSU] : Das war nicht die Frage!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718731200
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Arndt.

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0718731300
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Bundesregierung im Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen eingehend über die genannten Berichte unterrichtet hat und daß allerdings in einer Sitzung, an der Herr Abelein, wie häufig, nicht teilgenommen hat — hierbei den Abgeordneten sogar Fotodokumentationen mit genauen Abbildungen, mit Fotografien dieser Instrumente ausgehändigt worden sind?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718731400
Herr Kollege Arndt, natürlich haben wir berichtet, nur nicht über den Bericht 2/75, um es genau zu sagen. Aber der vorherige Bericht ist besprochen worden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718731500
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0718731600
Herr Staatssekretär, Ihnen ist ja sicher bekannt, daß die Schlußakte von Helsinki kein ratifikationsbedürftiger Vertrag ist, sondern eine Bleichlautende Reihe von Selbstverpflichtungserklärungen darstellt, die mit dem Tag der Unterzeichnung für alle beteiligten Staaten in Wirksamkeit traten. Ich frage Sie deshalb: Wann sehen Sie, da Sie davon ausgehen, daß die DDR



Jäger (Wangen)

nicht über Nacht und nicht sofort bereit und in der Lage ist, sich an diese dort getroffenen Abmachungen zu halten, den Zeitpunkt gekommen, zu dem die Bundesregierung die DDR an die Einhaltung dieser ihrer Selbstverpflichtung von Helsinki erinnern wird?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718731700
Wir haben das bisher schon getan und werden das in zukünftigen Gesprächen immer wieder tun, sogar bei jedem Einzelfall, wenn uns solche Verstöße bekannt werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718731800
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Kreutzmann

Dr. Heinz Kreutzmann (SPD):
Rede ID: ID0718731900
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß dieser Bericht 2/75 von einer Zeitung bereits veröffentlicht worden ist, ehe er den Spitzen der Ministerien vorgelegen hat?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718732000
Ich möchte dazu, Herr Kollege Kreutzmann, nichts sagen, weil ich diese Frage im Augenblick nicht sachgerecht beantworten kann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718732100
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Seiters.

Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID0718732200
Herr Staatssekretär, da Sie von einer Beratung dieses Berichts auch im Innenausschuß gesprochen haben, darf ich Sie fragen, wann diese Sitzung des Innenausschusses gewesen ist.

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718732300
Ich darf Ihnen nur sagen, daß diese Berichte auf Anfragen immer auch im Innenausschuß zur Diskussion stehen. So wollte ich das verstanden wissen.

(Seiters [CDU/CSU] : Das ist aber doch etwas ganz anderes!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718732400
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Gradl.

Dr. Johann Baptist Gradl (CDU):
Rede ID: ID0718732500
Herr Staatssekretär, da Sie sich von dem Kollegen Arndt eben zu einer falschen Antwort haben verleiten lassen, die den Eindruck erwecken könnte, daß wir im Ausschuß geschlafen hätten, als dies erörtert wurde, darf ich darauf aufmerksam machen, daß der Bericht, um den es hier geht, der Bericht für das zweite Quartal dieses Jahres ist. Dies ist vor Beginn der Sommerpause noch gelaufen, und ich erinnere mich nicht, daß wir in der gestrigen Sitzung darüber diskutiert haben.

(Dr. Abelein [CDU/CSU] : Wann ist es denn behandelt warden, wann kam es denn dran?)


Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718732600
Herr Kollege Dr. Gradl, das habe ich nicht gesagt.

(Dr. Gradl [CDU/CSU] : Doch, das haben Sie gesagt!)

Ich bin nur auf die Frage von Herrn Kollegen Dr. Arndt nach diesen Berichten eingegangen. Er sprach nicht von diesem. Ich habe ja richtiggestellt, daß es sich nicht um den Bericht 2/75 handeln kann. Aber wir haben Berichte des Bundesgrenzschutzes, vor allen Dingen, als es speziell um die SM 70 ging, im Ausschuß behandelt und hatten sogar das ganze Material — Fotografien, genaue Beschreibungen usw. — da. Davon wollte ich hier sprechen.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Genau das war es!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718732700
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Böhm.

Wilfried Böhm (CDU):
Rede ID: ID0718732800
Herr Staatssekretär, in der Hoffnung, daß die Information der zuständigen Ausschüsse auf Grund der heutigen Intervention im Parlament nun in Zukunft wenigstens noch erfolgen wird, möchte ich Sie fragen, ob Sie darüber hinaus auch bereit sind, das, was in diesen Berichten des Bundesgrenzschutzes steht, einer breiten Öffentlichkeit als Dokumentation darüber zuzuleiten, daß noch immer Unmenschlichkeit in Deutschland praktiziert wird.

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0718732900
Ich darf dazu sagen: Wenn der Innenausschuß das wünscht — er ist der zuständige Ausschuß —, dann wird der Antrag gestellt, und der Innenminister wird meines Erachtens dazu entsprechende Ausführungen machen. Sollten die Kollegen des innerdeutschen Ausschusses auch diesen Wunsch haben, dann wird der Ausschußvorsitzende bestimmt in der Lage sein, diesen Vortrag auch im Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen auf die Tagesordnung zu bringen.
Ob der Bericht veröffentlicht werden soll oder nicht, liegt nicht in meiner Entscheidungsbefugnis. Das kann geklärt werden in den Diskussionen mit dem zuständigen Ressortminister, in diesem Fall dem Herrn Innenminister.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718733000
Keine weiteren Zusatzfragen.
Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet. Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Herold.
Ich rufe nunmehr als letzten Geschäftsbereich den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf.
Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Hauff zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Dr. Laermann auf:



Vizepräsident Frau Funcke
Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß die mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungseinrichtungen, wie z. B. die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V. (DFVLR), auch eine Funktion als sachverständiger Berater des Deutschen Bundestages wahrnehmen sollten?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718733100
Herr Kollege Laermann, die Antwort ist ja. Es ist eine der satzungsgemäßen Aufgaben der DFVLR, auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt die zuständigen Stellen der Bundesrepublik Deutschland zu beraten und zu unterstützen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718733200
Zusatzfrage.

Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (FDP):
Rede ID: ID0718733300
Darf ich dann davon ausgehen, daß es in Zukunft möglich ist, Gutachten und Studien, die in den Großforschungseinrichtungen erstellt worden sind, dem Parlament oder Mitgliedern des Parlaments zugängig zu machen, bevor sie durch das Filter der Bundesregierung gegangen sind?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718733400
Herr Kollege Laermann, es ist Aufgabe der Bundesregierung, das Parlament auf seinen Wunsch hin zu unterrichten. Es ist geübte Praxis, daß die Bundesregierung dabei auch zu den Ausarbeitungen, die in den Großforschungseinrichtungen erarbeitet wurden, Stellung nimmt. Insofern ist eine Vorlage nur über die Bundesregierung möglich.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718733500
Eine weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (FDP):
Rede ID: ID0718733600
Besteht in Zukunft auch die Möglichkeit, daß vom Parlament aus Anträge für Studien oder Gutachten an die Großforschungseinrichtungen gegeben werden?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718733700
Herr Kollege Laermann, es kann nicht Aufgabe der Bundesregierung sein, darüber zu urteilen, welche Möglichkeiten sich das Parlament selbst schafft.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718733800
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Dr. Laermann auf:
Sind der Bundesregierung Gründe dafür bekannt, warum der Vorstand der DFVLR keine ausführliche und informative Beantwortung des Fragenkatalogs für eine Anhörung zum Basisprogramm für die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie durch drei Ausschüsse des Deutschen Bundestages übersenden konnte?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718733900
Der Vorstand der DFVLR hat sich in seiner Stellungnahme vom 27. Juni 1975 lediglich aus der Sicht der Forschungsanstalt geäußert und keine Antworten zu wirtschaftlichen bzw. industriebezogenen Fragen geben wollen. Ihrer Aufgabe als sachverständiger Berater ist die DFVLR jedoch inzwischen dadurch gerecht geworden, daß sie vor zwei Wochen eine ausführliche
Materialsammlung zur Beantwortung des Fragenkatalogs und einen Vorschlag zur Durchführung
einer Studie an den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages, den Kollegen Dr. Narjes, übersandt hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718734000
Zusatzfrage.

Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (FDP):
Rede ID: ID0718734100
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß diese zusätzliche Stellungnahme nicht die Unterschrift der Leitungsgremien der DFVLR trägt, sondern daß sie mit dem Anschreiben übersandt worden ist, daß es sich dabei um Überlegungen der Mitarbeiter handele?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718734200
Herr Kollege Dr. Laermann, ich glaube, gerade dann, wenn man an der Mobilisierung von Sachverstand interessiert ist, geht es weniger um die Unterschriften, die ein solches Dokument, das doch aus fachlicher Sicht Stellung nehmen soll, trägt, sondern mehr um die inhaltliche Gewichtung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718734300
Zusatzfrage.

Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (FDP):
Rede ID: ID0718734400
Ja, ich habe noch eine Zusatzfrage.
Sie haben ausgeführt, daß es nicht Aufgabe der DFVLR gewesen sei, zu wirtschaftlichen Fragen Stellung zu nehmen. Wenn aber die DFVLR als eine staatliche Großforschungseinrichtung u. a. auch die GfW integriert hat, so ist das doch mit der Maßgabe geschehen, daß sie selbstverständlich auch Studien bezüglich der Wirtschaftlichkeit anzustellen hat. Ich könnte mir vorstellen, daß es zumindest für die Zukunft — —

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718734500
Herr Kollege, das Vorstellen hat keinen Zweck. Sie müssen fragen.

Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann (FDP):
Rede ID: ID0718734600
Könnten Sie sich vorstellen, daß es dann zu den zukünftigen Aufgaben der DFVLR gehören könnte, auch Aussagen bezüglich der Wirtschaftlichkeit zu machen, wie sie es in anderen Fällen gemacht hat?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718734700
Ja.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718734800
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich zum Schluß die Frage 72 des Abgeordneten Niegel auf:
Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um den steigenden Uranbedarf zu decken, insbesondere warum hat sie die Möglichkeiten der Erschließung der RoessingUranmine bei Swakopmund in Südwestafrika nicht genutzt, wie zum Beispiel Großbritannien, Frankreich und Japan?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718734900
Herr Kollege Niegel, die Bundesregierung hat sich intensiv und erfolgreich um die langfristige Deckung des Bedarfs an Kernbrennstoffen bemüht. Sie hat in den vergangenen Jahren in verstärktem Maße Mittel eingesetzt, um die langfristige Versorgung deutscher



Parl. Staatssekretär Dr. Hauff
Kernkraftwerke mit Natururan zu sichern. Allein in dieser Legislaturperiode wurden und werden für die Suche nach neuen Uranlagerstätten und die Beteiligung an Uranbergwerken rund 140 Millionen DM ausgegeben, um die Prospektion von Uran zügig einzuleiten. Das ist erheblich mehr als in allen früheren Legislaturperioden zusammengenommen; denn von 1956 bis 1972 sind nur etwa 94 Millionen DM für die Sicherung der Uranversorgung bereitgestellt worden. Darüber hinaus strebt die Bundesregierung eine Beteiligung der Elektrizitätsversorgungsunternehmen an den Prospektionsausgaben an, um damit die Gesamtaktivitäten noch weiter auszubauen und sicherzustellen, daß die Stromgestehungskosten der Kernreaktoren nicht durch staatliche Subventionen verzerrt werden.
In diesem Jahr werden in neun Ländern 38 Hauptprospektionsprojekte durchgeführt. Hinzu kommt noch eine Reihe von Vorerkundigungen, die bei günstigen Ergebnissen im kommenden Jahr den Beginn der Hauptprospektion rechtfertigen.
Die Bundesregierung hält es mit Rücksicht auf den umstrittenen Status des Territoriums, auf dem die Roessing-Uranmine liegt, nicht für angebracht, die Ausbeutung dieser Mine mit öffentlichen Mitteln zu fördern.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718735000
Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0718735100
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß sich die Deutsche Urangesellschaft auf Druck der Bundesregierung im Jahre 1971 aus dem bereits geschlossenen Vertrag zurückziehen mußte?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718735200
Herr Kollege Niegel, ich halte die Darstellung, die Sie hier geben, für unzutreffend.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718735300
Eine weitere Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0718735400
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie es, daß sich z. B. Großbritannien, Frankreich und Japan an der Ausbeutung und der Erschließung der Roessing-Uranmine in Südwestafrika beteiligen, wobei es sich um demokratisch regierte Länder handelt, während die Bundesregierung das ablehnt? Hängt das vielleicht damit zusammen, daß die Bundesregierung dort jetzt eventuell das Konsulat schließen muß?

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718735500
Herr Kollege Niegel, es kann nicht Aufgabe der Bundesregierung sein, sich in den Meinungsbildungsprozeß anderer Staaten einzumischen. Aber wir haben stets mit Nachdruck betont, daß wir die Uranversorgung auf Grund von Prospektionsmaßnahmen in anderen, politisch nicht umstrittenen Gegenden sicherstellen zu können glauben. Auf der Grundlage dieser Einschätzungen sind die Entscheidungen getroffen worden, die die Bundesregierung in diesem Zusammenhang gefällt hat. Von einer Schließung des Konsulats kann, wie Sie auf Grund der Verhandlungen im Auswärtigen Ausschuß selber wissen, nicht die Rede sein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718735600
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Spies.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0718735700
Herr Staatssekretär, Sie haben bei der Beantwortung der Frage sehr deutlich auf die Bemühungen zur Sicherung der langfristigen Versorgung abgehoben. Ich darf Sie fragen, wie Sie die Versorgungslage mittelfristig, also bezogen auf einen Zeitraum von etwa drei bis acht Jahren, beurteilen.

Dr. Volker Hauff (SPD):
Rede ID: ID0718735800
Herr Kollege Spies von Büllesheim, als Mitglied des Ausschusses für Forschung und Technologie sollten Sie bezüglich dieser Frage auf das Dokument zurückgreifen, das die Bundesregierung diesem Ausschuß vor wenigen Wochen zugänglich gemacht hat, in dem ausführlich und im einzelnen die Versorgungsanlage bei der Natururanversorgung wie bei der Wiederaufarbeitung quantitativ dargelegt ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718735900
Die Fragen 73 und 74 des Abgeordneten Konrad werden auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde und auch am Ende unserer heutigen Sitzung.
Ich berufe das Haus auf morgen, Freitag, den 26. September 1975, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.