Protokoll:
7182

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 182

  • date_rangeDatum: 20. Juni 1975

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:30 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 182. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Inhalt: Eintritt des Abg. Grimming in den Deutschen Bundestag 12733 A Eintritt des Abg. Männing in den Deutschen Bundestag 12733 A Erweiterung der Tagesordnung 12733 A Ersetzung des Abg. Wehner durch Abg. Dr Weber (Köln) im Wahlmännerausschuß . 12733 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 12733 B Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung des Gerichtskostengesetzes, des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Vorschriften — Drucksache 7/3803 — Kleinert FDP 12733 D Beratung des Berichts und des Antrags des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterrichtung des Bundestages über erhebliche Änderungen der Haushaltsentwicklung — Drucksachen 7/3360, 7/3716 — Leicht CDU/CSU 12734 D Dr. von Bülow SPD 12738 B Kirst FDP 12742 A Dr. Apel, Bundesminister BMF 12744 D Höcherl CDU/CSU 12748 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 12750 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1973 (Jahresrechnung 1973) — Drucksache 7/3585 — 12752 C Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes — Drucksache 7/3730 — Biermann SPD 12752 D Dr. Kraske CDU/CSU 12754 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Dr. Jenninger CDU/CSU (zur Geschäftsordnung) . 12761 D Porzner SPD (zur Geschäftsordnung) 12762 B Hölscher CDU/CSU 12762 C Nächste Sitzung 12768 C Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 12769* A Anlage 2 Erklärung des Abg. Schinzel (SPD) nach § 59 GO zur Abstimmung über die Überweisungsanträge zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes — Drucksache 7/3730 —12769* D Anlage 2 a Lieferung von Rindfleisch aus EG-Beständen an Ostblockländer oder andere Drittländer; Verbraucherpreise für Rindfleisch der verschiedenen Arten in den EG-Staaten in den Jahren 1973 bis 1975 MdlAnfr A50 30.05.75 Drs 07/3706 Kiechle CDU/CSU MdlAnfr A51 30.05.75 Drs 07/3706 Kiechle CDU/CSU ErgSchrAntw BMin Ertl BML . . . . . .12769* D Anlage 3 Besetzung von Planstellen für deutsches Personal bei den US-Dienststellen innerhalb des Bundesgebietes SchrAnfr B15 14.02.75 Drs 07/3227 Leicht CDU/CSU SchrAnfr B16 14.02.75 Drs 07/3227 Leicht CDU/CSU ErgSchrAntw PStSekr Haehser BMF . . .12770* B Anlage 4 Aufstallprämie für Rinder in der Europäischen Gemeinschaft; Aufbringung der Mittel SchrAnfr B32 30.05.75 Drs 07/3706 Eigen CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12780* C Anlage 5 Erstellung prozeßverwertbarer Gutachten über Art, Ausmaß und Folgen ärztlicher Behandlungs- und Kunstfehler durch inländische Ärzte MdlAnfr A2 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Schöfberger SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 12771* A Anlage 6 Äußerung des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit über die Stabilität der Rohölpreise seit Oktober 1973 MdlAnfr A7 12.06.75 Drs 07/3763 Engelsberger CDU/CSU SchrAntw BMin Bahr BMZ 12771* B Anlage 7 Interventionen der amerikanischen Regierung oder anderer westlicher Staaten gegen das geplante deutsch-brasilianische Kernkraftwerksgeschäft, Einschränkung der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Nuklearindustrie durch politische Auflagen der Kernwaffenstaaten und aufgrund des Atomwaffensperrvertrages sowie Genehmigung des deutsch-russischen Kernkraftwerksprojekts durch CoCom MdlAnfr A8 12.06.75 Drs 07/3763 Pfeffermann CDU/CSU MdlAnfr A9 12.06.75 Drs 07/3763 Pfeffermann CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA 12771* B Anlage 8 Appell des Bundeswirtschaftsministers an die Unternehmer auf Verzicht auf volle Ausschöpfung von kurzfristigen Preiserhöhungsspielräumen MdlAnfr A23 12.06.75 Drs 07/3763 Höcherl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi 12772* A Anlage 9 Spielraum für die Lohnpolitik im Jahre 1975 MdlAnfr A32 12.06.75 Drs 07/3763 Russe CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi 12772* B Anlage 10 Dauer der Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht MdlAnfr A35 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Franz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA 12772* C Anlage 9 Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes zur Kürzung von Rechtsansprüchen auf die Förderung der beruflichen Bildung Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 III MdlAnfr A37 12.06.75 Drs 07/3763 Pfeifer CDU/CSU MdlAnfr A38 12.06.75 Drs 07/3763 Pfeifer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 12772* D Anlage 12 Verbesserung der Berufsberatung und der Studienberatungen der Hochschulen auch durch nebenberufliche Kräfte MdlAnfr A39 12.06.75 Drs 07/3763 Möllemann FDP MdlAnfr A40 12.06.75 Drs 07/3763 Möllemann FDP SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . .12773* A Anlage 13 Weigerung österreichischer Ärzte zur Behandlung deutscher Patienten auf Krankenschein MdlAnfr A43 12.06.75 Drs 07/3763 Peiter SPD SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 12773* C Anlage 14 Aufwendungen der Bundesanstalt für Arbeit für den Ersatz der pauschalierten Kosten notwendiger auswärtiger Unterbringungen bei Fortbildungsveranstaltungen MdlAnfr A44 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Franz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . .12774* A Anlage 15 Zahl der Industriebeschäftigten im April 1974 und 1975 sowie Prozentsatz der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl im Mai 1974 und 1975 MdlAnfr A45 12.06.75 Drs 07/3763 Schmitt (Lockweiler) CDU/CSU MdlAnfr A46 12.06.75 Drs 07/3763 Schmitt (Lockweiler) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . .12774* B Anlage 16 Erlaß einer Verordnung für die Anerkennung von Behindertenwerkstätten MdlAnfr A47 12.06.75 Drs 07/3763 Maucher CDU/CSU MdlAnfr A48 12.06.75 Drs 07/3763 Maucher CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . .12774* C Anlage 17 Erlaß wirksamer Sicherheitsvorschriften und Einbau weiterer technischer Sicherungen angesichts des Eisenbahnunglücks von Warngau MdlAnfr A55 12.06.75 Drs 07/3763 Schmidt (München) SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV . . . . .12775* A Anlage 18 Zahl der eingleisigen Bundesbahnstrecken und Investitionen für den zweibahnigen Ausbau und die automatische Streckensicherung eingleisiger Strecken sowie Konsequenzen aus dem Zugunglück von Warngau für die Einführung des Zugbahnfunks, des Streckenblockierungsverfahrens und den Ausbau der induktiven Zugbeeinflussung MdlAnfr A56 12.06.75 Drs 07/3763 Milz CDU/CSU MdlAnfr A57 12.06.75 Drs 07/3763 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 12775* B Anlage 19 Erfahrungen mit dem Punktsystem für den Entzug der Fahrerlaubnis sowie der Eintragung und späteren Löschung der Verkehrssünden im Verkehrszentralregister MdlAnfr A59 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Wagner (Trier) CDU/CSU MdlAnfr A60 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Wagner (Trier) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV ' 12775* D Anlage 20 Gefährdung von Arbeitsplätzen im Bereich Braunschweig bei einer Zusammenlegung der Oberpostdirektionen Braunschweig und Hannover in Hannover MdlAnfr A73 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. von Bismarck CDU/CSU MdlAnfr A74 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. von Bismarck CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP 12776* A Anlage 21 Belastung der Arbeit der Kommission für den Ausbau der technischen Kommunikationssysteme (KtK) durch die Entscheidung für einen ersten Großversuch von lokalem Kabelfernsehen in Kassel MdlAnfr A75 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU MdlAnfr A 76 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP 12776* C IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Anlage 22 Zeitpunkt für die von Bundesfinanzminister Dr. Apel angekündigte Steuererhöhung. Kritische Äußerungen von Bundesfinanzminister Dr. Apel über Maßnahmen der Reformpolitik MdlAnfr A85 12.06.75 Drs 07/3763 Schröder (Luneburg) CDU/CSU MdlAnfr A86 12.06.75 Drs 07/3763 Schröder (Luneburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 12776* D Anlage 23 Anteil der Ausgaben der öffentlichen Hand am Bruttosozialprodukt in den Jahren 1970 bis 1975 MdlAnfr A87 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 12777* B Anlage 24 Zeitpunkt und Umfang einer Erhöhung der Tabaksteuer MdlAnfr A88 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Gölter CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 12777* C Anlage 25 Überprüfung der Steuerschätzungen nach der Konjunkturanalyse vom 6. 6. 1975 MdlAnfr A89 12.06.75 Drs 07/3763 Höcherl CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 12333* D Anlage 26 Durchführung einer Erfolgskontrolle der agrarpolitischen Förderungsmaßnahmen MdlAnfr A93 12.06.75 Drs 07/3763 Ey CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12777* D Anlage 27 Arbeitsrückstände der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft bei der Prüfung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln MdlAnfr A94 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU MdlAnfr A95 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12778* B Anlage 28 Absatzchancen des deutschen Tabakbaues bei rückläufiger Zigarettenproduktion MdlAnfr A96 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Gölter CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12778* D Anlage 29 Ausschöpfung von Möglichkeiten der Energiesubvention im deutschen Gartenbau MdlAnfr A97 12.06.75 Drs 07/3763 Eigen CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML . . . . . . .12778* D Anlage 30 Äußerungen über den Abbau des Währungsausgleichs um weitere 2 %-Punkte in den Agrarpreisvorschlägen für das Wirtschaftsjahr 1976/77 MdlAnfr A98 12.06.75 Drs 07/3763 Eigen CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12779* B Anlage 31 Forderung des Deutschen Bauernverbandes nach einem nationalen Ergänzungsprogramm für die deutsche Landwirtschaft MdlAnfr A99 12.06.75 Drs 07/3763 Niegel CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12779* B Anlage 32 Ergebnis der bisherigen Bemühungen um ein Verbot des Vogelmordes in Italien MdlAnfr A100 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12779* D Anlage 33 Untersuchungsergebnis über die Geschäftspolitik des amerikanischen Rüstungskonzerns Northrop sowie Abschluß von Rüstungsgeschäften zwischen der Bundesregierung und Northrop seit 1956 MdlAnfr A104 12.06.75 Drs 07/3763 Gansel SPD MdlAnfr A105 12.06.75 Drs 07/3763 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Schmidt BMVg 12780* A Anlage 34 Auswirkungen des neuen holländischen Opiumgesetzes auf den Rauschmittel- und Drogenmarkt in der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A106 12.06.75 Drs 07/3763 Rollmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 12780* B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 V Anlage 35 Voraussetzung für die Verwendung der Bezeichnung „naturrein" für Zigaretten nach dem geltenden § 7 der Tabakverordnung MdlAnfr A108 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Schäuble CDU/CSU MdlAnfr A109 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Schäuble CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 127780* D Anlage 36 Klage über die Gefahr der Verwechslung von Reinigungs- und Lebensmitteln auch nach Verabschiedung der Gesamtreform des Lebensmittelrechts MdlAnfr A110 12.06.75 Drs 07/3763 Egert SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 12781* A Anlage 37 Bereitschaft der Werbewirtschaft zur Selbstbeschränkung bei der Werbung für alkoholische Getränke MdlAnfr A111 12.06.75 Drs 07/3763 Egert SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 12781* B Anlage 38 Bereitstellung von Mitteln für das deutschfranzösische Jugendwerk durch die Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A112 12.06.75 Drs 07/3763 Kiechle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 12781* C Anlage 39 Beibehaltung eines Prädikats für tabakfreie und ausschließlich mit Rohtabak gefüllte Zigaretten sowie Folgen der Beseitigung eines gesundheitlich nicht relevanten Gattungsbegriffs für zu Zigaretten verarbeiteten Tabak für die mittelständischen deutschen Tabakpflanzer MdlAnfr A113 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Dollinger CDU/CSU MdlAnfr A114 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Dollinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 12781* D Anlage 40 Einführung eines Röntgenpasses zum Schutz der Bürger vor übermäßiger Strahlenbelastung infolge röntgen-diagnostischer Maßnahmen MdlAnfr A118 12.06.75 Drs 07/3763 Frau Stommel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 12782* A Anlage 41 Ergebnis der Verbraucherumfrage über die Bedeutung der Gattungsbezeichnung „naturrein" bei Zigaretten MdlAnfr A119 12.06.75 Drs 07/3763 Leicht CDU/CSU MdlAnfr A120 12.06.75 Drs 07/3763 Leicht CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 12782* B Anlage 42 Verbot oder Einschränkung von Fluorkohlenwasserstoffen als Treibgas für Sprühdosen und Kältemittel in Kühlanlagen wegen Hautkrebserkrankungsgefahr MdlAnfr A121 12.06.75 Drs 07/3763 Hoffie FDP MdlAnfr A122 12.06.75 Drs 07/3763 Hoffie FDP SchrAntw PStSekr Zander BMJFG . . . . 12782* D Anlage 43 Nichtanrechnung des Einkommens beider Elternteile bei der Förderung von Kindern Geschiedener nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz MdlAnfr A123 12.06.75 Drs 07/3763 Engholm SPD SchrAntw PStSekr Dr. Glotz BMBW . . . 12783* B Anlage 44 Hintergründe des studentischen Sternmarsches in Sachen Bundesausbildungsförderungsgesetz am 11. Juni 1975 nach Dortmund MdlAnfr A124 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Schweitzer SPD SchrAntw PStSekr Dr. Glotz BMBW . . . 12783* D Anlage 45 Überprüfung der Zulassungsrichtlinien für die Vergabe der Pharmaziestudienplätze MdlAnfr A125 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Hauser (Sasbach) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Glotz BMBW . . . 12784* B Anlage 46 Verwirklichung des Beschlusses der Kultusministerkonferenz „Beratung in Schule und Hochschule" in den Ländern MdlAnfr A126 12.06.75 Drs 07/3763 Rollmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Glotz BMBW . . . 12784* D VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Anlage 47 Ratifizierung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich zur Regelung verschiedener Grenzfragen sowie Entschädigung enteigneter Grundbesitzer im Sequesterland SchrAnfr B1 12.06.75 Drs 07/3763 Leicht CDU/CSU SchrAnfr B2 12.06.75 Drs 07/3763 Leicht CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA 12785* A Anlage 48 Schutz des Vermögens deutscher Firmen und Privatpersonen in Portugal SchrAnfr B3 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAntw StMin Moersch AA 12785* B Anlage 49 Stand und Veröffentlichung des Arbeitsprogramms zur Verbesserung des Informationswesens der Bundesregierung SchrAnfr B4 12.06.75 Drs 07/3763 Frau Dr. Walz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 12785* C Anlage 50 Bundeszuschuß für den Bau einer Gemeinschaftskläranlage in den Gemeinden Heimenkirch, Opfenbach und Wohmbrechts im Kreis Lindau SchrAnfr B5 12.06.75 Drs 07/3763 Kiechle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 12386* A Anlage 51 Novellierung des § 7 a des Reichshaftpflichtgesetzes vom 7. Juni 1871 zur Erhöhung oder Beseitigung der Haftungshöchstgrenze SchrAnfr B6 12.06.75 Drs 07/3763 Schmidt (München) SPD SchrAnfr B7 12.06.75 Drs 07/3763 Schmidt (München) SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ 12786* C Anlage 52 Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Errichtung der Stiftung „Hilfe für behinderte Kinder" SchrAnfr B8 12.06.75 Drs 07/3763 Burger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 12386* D Anlage 53 Vergleich der Kosten für die Arbeitslosigkeit und der Steuerausfälle nach zusätzlicher Anregung der Investitionstätigkeit sowie Verbesserung der Abschreibungsbedingungen und steuerliche Schonung des im Betrieb investierten Gewinns SchrAnfr B9 12.06.75 Drs 07/3363 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAnfr B10 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Schwörer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 12387* A Anlage 54 Absage von zwei Auslandsreisen durch Bundesfinanzminister Dr. Apel SchrAnfr B11 12.06.75 Drs 07/3763 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 12787* C Anlage 55 Durchführung der vorgeschriebenen Nutzen-Kosten-Untersuchungen gemäß § 6 Abs. 2 des Haushaltsgrundsätzegesetzes in den Bundesministerien SchrAnfr B12 12.06.75 Drs 07/3763 Frau Dr. Walz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 12788* A Anlage 56 Empfehlung von Agra-Europe zur Einsparung von Agrarausgaben durch Förderung des Produktionsverzichts SchrAnfr B13 12.06.75 Drs 07/3763 Ey CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12388* B Anlage 57 Auswirkungen der Fettmarktordnung der EG auf den Butterkonsum SchrAnfr B14 12.06.75 Drs 07/3763 Eigen CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12788* C Anlage 58 Unterrichtung des EG-Kommissars Lardinois über die Anhebung der Mehrwertsteuer- Vorsteuerpauschale für Agrarprodukte in der Bundesrepublik Deutschland SchrAnfr B15 12.06.75 Drs 07/3763 Eigen CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12789* A Anlage 59 Rechtfertigung einer Kürzung der Frachtvergütung und einer Heraufsetzung der Mindestfrachtsätze für Getreide angesichts Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 VII der wirtschaftlichen Entwicklung im Zonenrandgebiet SchrAnfr B16 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 12789* B Anlage 60 Kostenträger für die Fahrkosten und die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung für Lohnempfänger in Behindertenwerkstätten nach Verabschiedung des Schwerbehindertengesetzes und des Gesetzes über die Sozialversicherung für Behinderte SchrAnfr B17 12.06.75 Drs 07/3763 Braun CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA 12789* C Anlage 61 Konjunkturpolitische Vereinbarkeit einer Äußerung des Bundeswirtschaftsministers zum Verzicht auf ein neues Konjunkturprogramm mit der Ankündigung des Bundesarbeitsministers zur Freigabe von 250 Millionen DM für die Finanzierung gemeindlicher Sozialeinrichtungen SchrAnfr B18 12.06.75 Drs 07/3763 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAnfr B19 12.06.75 Drs 07/3763 Böhm (Melsungen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA 12790* A Anlage 62 Entwicklung der Zuwendungen an die freien und politischen Jugendverbände allgemein und für den internationalen Jugendaustausch seit 1969 SchrAnfr B20 12.06.75 Drs 07/3763 Rollmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 12790* B Anlage 63 Novellierung des Blei-Zink-Gesetzes zur Senkung des Bleianteils zum Schutz der menschlichen Gesundheit SchrAnfr B21 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Riedl (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 12791* A Anlage 64 Beteiligung des Bundes an den Kosten der Otto-Benecke-Stiftung für die Errichtung von Freizeiteinrichtungen in der internationalen „Jugendstätte in Baasem zur Ermöglichung von Sprachkursen für junge spätausgesiedelte oder geflüchtete Studienbewerber SchrAnfr B22 12.06.75 Drs 07/3763 Milz CDU/CSU SchrAnfr B23 12.06.75 Drs 07/3763 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 12791* B Anlage 65 Verbot des gesundheitsgefährdenden Insektengifts „Vapona" SchrAnfr B24 12.06.75 Drs 07/3763 Ey CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 12791* C Anlage 66 Verbot von Haarfärbemitteln mit krebserzeugenden Konsistenzen SchrAnfr B25 12.06.75 Drs 07/3763 Zebisch SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 12791* D Anlage 67 Vermeidung schädlicher Auswirkungen der beabsichtigten Verbreiterung der Bundesautobahn A 67/A 6 auf das benachbarte Wohngebiet der Stadt Viernheim und ein geplantes Erholungsgebiet SchrAnfr B26 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 12792* A Anlage 68 Dringlichkeit des Autobahnabschnitts Singen—Überlingen und Verkehrsentlastung der Ortsdurchfahrten und des Bodenseeufers im Bereich zwischen Singen—Stockach- Überlingen SchrAnfr B27 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAnfr B28 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Häfele CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 12792* B Anlage 69 Aufrechterhaltung der Bundesbahnstrecke Moerlenbach—Wahlen SchrAnfr B29 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 12792* C Anlage 70 Übernahme der Kosten des Autobahntunnels im Zuge des Frankfurter Alleenrings (A 66) sowie Bezuschussung alternativer Trassenführungen durch den Bund SchrAnfr B30 12.06.75 Drs 07/3763 Link CDU/CSU SchrAnfr B31 12.06.75 Drs 07/3763 Link CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 12792* C VIII Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Anlage 71 Verkehrsbelastung und kreuzungsfreier Ausbau der B 27 in Tübingen—Lustnau SchrAnfr B32 12.06.75 Drs 07/3763 Pfeifer CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 12792* D Anlage 72 Reparaturkosten für Spikesschäden auf Bundesfernstraßen SchrAnfr B33 12.06.75 Drs 07/3763 Lemmrich CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMV 12793* B Anlage 73 Berücksichtigung des strukturschwachen Raumes Nahstätten bei der Trassenführung einer neuen Bundesbahnstrecke von Koblenz nach Wiesbaden SchrAnfr B34 12.06.75 Drs 07/3763 Peiter SPD SchrAnfr B35 12.06.75 Drs 07/3763 Peiter SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV 12793* C Anlage 74 Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für den Bau der B 44 im Bereich Dornheim—Stockstadt SchrAnfr B36 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Schmitt-Vockenhausen SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV 12793* D Anlage 75 Verstärkung der fahrplanmäßigen Züge in Spitzenzeiten des Berufsverkehrs, insbesondere zwischen Andernach und Bonn, durch zusätzliche Wagen sowie Verbesserung des Verbundsystems Bahn-Omnibusverkehr bei der Stillegung von Bundesbahnstrecken SchrAnfr B37 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Schweitzer SPD SchrAnfr B38 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Schweitzer SPD SchrAntw PStSekr Jung BMV 12794* A Anlage 76 Verlust von Arbeitsplätzen und Personalumbesetzungen bei einer Verlagerung von Teilen der Oberpostdirektion Braunschweig nach Hannover SchrAnfr B39 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Jahn (Braunschweig) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP 12794* B Anlage 77 Beibehaltung des Verwaltungspostamts Helmstedt und Organisation des Postdienstes im Bereich der Gemeinden Velpke, Königslutter und Schöningen SchrAnfr B40 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU SchrAnfr B41 12.06.75 Drs 07/3763 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Jung BMP 12795* A Anlage 78 Einführung einer steuerfreien Rücklage aus Mieteinnahmen für die Reparatur und Modernisierung von Altbaubesitz SchrAnfr B42 12.06.75 Drs 07/3763 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Offergeld BMF 12795* B Anlage 79 Benachteiligung der Arbeitnehmer durch die Einkommensermittlung bei Landwirten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz SchrAnfr B43 12.06.75 Drs 07/3763 Simpfendörfer SPD SchrAnfr B44 12.06.75 Drs 07/3763 Simpfendörfer SPD SchrAntw PStSekr Dr. Glotz BMBW 12795* C Anlage 80 Hilfen der Bundesrepublik Deutschland bei Dürrekatastrophen, insbesondere bei der Trinkwasserversorgung, im Rahmen der Entwicklungshilfe SchrAnfr B45 12.06.75 Drs 07/3763 Engholm SPD SchrAntw BMin Bahr BMZ 12796* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12733 182. Sitzung Bonn, den 20. Juni 1975 Beginn: 9.01 Uhr
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    *) Siehe Anlage 2 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 20. 6. Dr. Achenbach * 20. 6. Adams * 20. 6. Dr. Aigner * 20. 6. Dr. Artzinger * 20. 6. Baier 20. 6. Dr. Bangemann * 20. 6. Dr. Bayerl * 20. 6. Dr. Becher (Pullach) 20. 6. Behrendt * 20. 6. Berger 20. 6. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 20. 6. Dr. Blüm 20. 6. Blumenfeld * 20. 6. Dr. Böger 20. 6. Brandt 20. 6. Dr. Burgbacher * 20. 6. Burger 20. 6. Christ 20. 6. Dr. Corterier * 20. 6. van Delden 20. 6. Dreyer 20. 6. Eckerland 20. 6. Dr. Ehmke 20. 6. Engholm 20. 6. Dr. Evers 20. 6. Fellermaier * 20. 6. Flämig * 20. 6. Frehsee * 20. 6. Dr. Früh * 20. 6. Gerlach (Emsland) * 20. 6. Härzschel * 20. 6. Hansen 20. 6. Hussing 20. 6. Dr. Jaeger 20. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 20. 6. Kaffka 20. 6. Kater 20. 6. Dr. Klepsch * 20. 6. Krall * 20. 6. Dr.-Ing. Laermann 20. 6. Lange * 20. 6. Lautenschlager * 20. 6. Lücker * 20. 6. Frau Lüdemann 20. 6. Lutz 20. 6. Dr. Meinecke (Hamburg) 20. 6. Memmel * 20. 6. Dr. Mikat 20. 6. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 20. 6. Müller (Mülheim) * 20. 6. Mursch (Soltau-Harburg) * 20. 6. 011esch 20. 6. Opitz 20. 6. Frau Dr. Orth * 20. 6. Picard 20. 6. Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Pieroth 20. 6. Dr. Ritgen 20. 6. Scheu 20. 6. Frau Schimschok 20. 6. Frau Schleicher 20. 6. Schmidt (Kempten) 20. 6. Schmidt (München) * 20. 6. Dr. Schneider 20. 6. Frau Schroeder (Detmold) 20. 6. Dr. Schulz (Berlin) * 20. 6. Schwabe * 20. 6. Dr. Schwörer * 20. 6. Seefeld * 20. 6. Spranger 20. 6. Springorum * 20. 6. Dr. Starke (Franken) * 20. 6. Stücklen 20. 6. Suck * 20. 6. Dr. Unland 20. 6. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 20. 6. Walkhoff * 20. 6. Dr. Wallmann 20. 6. Walther 20. 6. Frau Dr. Walz * 20. 6. Dr. Warnke 20. 6. Westphal 20. 6. Frau Dr. Wex 20. 6. Wurbs 20. 6. Dr. Zimmermann 20. 6. Anlage 2 Erklärung des Abg. Schinzel (SPD) nach § 59 GO zur Abstimmung über die Überweisungsanträge zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes - Drucksache 7/3730 - Herr Kollege Dr. Kraske hat behauptet, ich hätte die Möglichkeit der Wiedereinführung des Prüfungsverfahrens als verfassungswidrig bezeichnet. Dies trifft nicht zu. Ich habe lediglich eine Anwendung des Prüfungsverfahrens nur mit dem Ziel der Steuerung der Zahl der Wehrdienstleistenden als nicht in Übereinstimmung mit dem Verfassungsanspruch stehend bezeichnet. Anlage 2 a Ergänzende Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 7/3706 Fragen A 50 und 51, Nachtrag zum Stenogr. Bericht der 176. Sitzung, Anlage 17) : 12770 * Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Zu Ihrer Frage betreffend die Preise und Mengen an Rindfleisch, das 1973-1975 aus EG-Beständen in Ostblockstaaten oder in andere Drittländer geliefert worden ist, kann ich Ihnen nunmehr ergänzend zu meiner mündlichen Antwort vom 5. Mai 1975 folgende Informationen geben: Nach Angaben der Dienststellen der EG-Kommission sind 1974 rd. 76 650 t gefrorenes Rindfleisch aus in Frankreich und den Niederlanden lagernden staatlichen Interventionsbeständen in Ostblockstaaten geliefert worden. Davon entfallen knapp 65 100 t Rinderhälften zum Preis von 2,75 DM/kg auf französische Lieferungen in die UdSSR und rd. 9 560 t zum Preis von 2,54 DM/kg auf französische Lieferungen nach Bulgarien. Die restliche Menge setzt sich aus niederländischem Rindfleisch a) 942 t Vordervierteln zum Preis von 2,46 DM/kg und b) 1 051 t Hintervierteln zum Preise von 2,99 DM/kg, jeweils Lieferungen in die UdSSR, zusammen. Die genannten Preise schließen die Exporterstattungen ein. Exportziffern und -preise für Ausfuhren in übrige Drittländer liegen mir nicht vor. 1973 ist nach Feststellung der EG-Kommission kein interveniertes Rindfleisch aus der EG exportiert worden und für 1975 sind bisher keine Zahlen bekannt. Etwaige Ausfuhren aus Beständen der privaten Lagerhaltung Rindfleisch sind in den genannten Zahlen nicht enthalten und lassen sich angesichts der Freizügigkeit des Handels auch im Detail kaum erfassen. Die Abgabepreise für interveniertes Rindfleisch zu Exportzwecken sind zu Beginn dieses Jahres durch die VO Nr. 300/75/EWG (s. AB der EG Nr. 34 vom 7. 2. 1975) für die einzelnen EG-Länder neu festgesetzt worden. Sie betragen z. B. für EVSt-Waren z. Z. 3,72 DM/kg für Ochsenvorderviertel und 3,79 DM/kg für Bullenvorderviertel. Ein vergleichbarer Preis zu den vorgenannten Preisen des Jahres 1974 ergibt sich durch den Abzug der Exporterstattung, die gegenwärtig für Vorderviertel 1,80 DM/kg beträgt. Anlage 3 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache 7/3227 Fragen B 15 und 16, 150. Sitzung, Anlage 26) : Das amerikanische Hauptquartier hat mitgeteilt, daß nach dem Stand von Ende Dezember 1974 bei den US-Dienststellen innerhalb des Bundesgebietes 60 771 deutsche bzw. nicht-amerikanische Staatsangehörige, 8 095 amerikanische Angehörige von Mitgliedern (I der Truppe oder des zivilen Gefolges und 4 175 andere zivile US-Staatsbürger beschäftigt sind. Anlage 4 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/3706 Frage B 32) : Welche sogenannten Aufstallprämien für Rinder werden in den neun Ländern der Europäischen Gemeinschaft gezahlt, und wer bringt jeweils die Mittel auf? Mit Ausnahme Frankreichs und Italiens gewähren alle EG-Länder die sogenannte Erzeugerprämie Schlachtrinder. Diese Prämie wird bei der Schlachtung von Bullen, Ochsen und Färsen unter bestimmten Voraussetzungen (insbesondere Erfüllung von Mindestgewichten) gezahlt, sofern diese Rinder nicht zur Intervention angeboten werden. Ab 1. Mai 1975 wird ein einheitlicher Prämien-Grundbetrag von 28 RE/Tier = 100,20 DM/Tier aus dem EAGFL gewährt. Von der Möglichkeit, nationale Ergänzungsprämien bis zu einem Höchstbetrag von 52 RE/Tier zu zahlen, machen gegenwärtig nur die Niederlande und Luxemburg Gebrauch. In den Niederlanden wird der Prämienbetrag bis August 1975 schrittweise auf den EAGFL-Grundbetrag von 100,20 DM/Tier abgebaut, dabei wird im Juni 1975 ein Betrag von 143,15 DM/Tier gewährt. Nachteile für die deutschen Rindermäster werden nicht gesehen, da die Schlachtrinderpreise in der Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig um mehr als 15 % über Vorjahresstand und auch über dem bisherigen Rekordniveau vom Frühjahr 1973 liegen. In Frankreich wird gemäß VO (EWG) Nr. 848/75 vom 1. April 1975 als Alternative zur Schlachtprämie eine Prämie für die Erhaltung der Kühe gewährt, für die der EAGFL-Grundbetrag 9,941 RE/Kuh = 35,58 DM/Kuh beträgt. Aus nationalen französischen Mitteln wird dieser Betrag in Einklang mit den EG-Bestimmungen um 18,462 RE/Kuh aufgestockt, so daß der Gesamtbetrag etwa dem Betrag der Schlachtprämie in der Bundesrepublik Deutschland entspricht. Voraussetzung für die Prämiengewährung in Frankreich ist die Aufrechterhaltung des am 4. März 1975 im Betrieb des Begünstigten vorhandenen Kuhbestandes bis zum 15. November 1975, wobei Prämien nur bis zu einer Höchstzahl von 15 Kühen je Betrieb gezahlt werden. In Italien wird gemäß Artikel 10 der VO Nr. 848/ 75/EWG alternativ zur Schlachtprämie eine Kälberaufzuchtprämie gewährt. Danach erhalten Landwirte, in deren Betrieb nach dem 3. März 1975 Kälber geboren wurden, spätestens 60 Tage nach der Geburt 28 RE/Tier = 100,20 DM/Tier und nach zwölfmonatiger Lebenszeit des Kalbes noch einmal den gleichen Betrag. Dieser Gesamtbetrag von 56 RE/Tier = 200,40 DM/Tier wird aus Mitteln des EAGFL gezahlt. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12771* Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage A 2) : Wie will die Bundesregierung der Tatsache begegnen, daß medizinisch Geschädigte in der Mehrzahl der Fälle keinen inländischen Arzt finden der prozeßverwertbare Gutachten über Art, Ausmaß und Folgen von Behandlungs- und Kunstfehlern eines Berufskollegen erstellt? Die Bundesregierung hat keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit auf die Ärzteschaft. Die Aufsicht über die Landesärztekammern, in denen Ärzte zusammengeschlossen sind, obliegt den zuständigen Landesgesundheitsbehörden. Es scheint aber bei der Ärzteschaft die Bereitschaft zu wachsen, Vorwürfe über Kunst- und Behandlungsfehler rasch und auf außergerichtlichem Wege aufzuklären. Im April 1975 ist bei der Landesärztekammer Bayern erstmals und versuchsweise eine Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Erledigung von Haftpflichtstreitigkeiten zwischen Ärzten und Patienten eingerichtet worden. Diese hat das Recht, Gutachten einzuholen. Sollten weitere Schlichtungsstellen im Bereich der übrigen Landesärztekammern eingerichtet werden, so wäre damit zu rechnen, daß dann in vielen Fällen Prozesse vermieden werden könnten. Ob sich die genannten Einrichtungen im Interesse der Patienten bewähren, bleibt abzuwarten. Insofern kann über evtl. erforderliche weitere Schritte oder Maßnahmen nichts gesagt werden. Anlage 6 Antwort des Bundesministers Bahr auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 7) : Wem oder welchen Interessen ist die Äußerung des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit dienlich, die Preise für Rohöl gehörten zu den wenigen Preisen am Weltmarkt, die seit Oktober 1973 stabil geblieben seien? Ich habe ein Faktum ausgesprochen, indem ich sagte, die Preise für Rohöl seien seit Ende 1973 stabil geblieben. Es war nicht beabsichtigt, damit irgendwelchen Interessen zu dienen. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 8 und 9) : Trifft es zu, daß von seiten der amerikanischen Regierung oder von anderen westlichen Regierungen auf die Bundesregierung eingewirkt worden ist, das geplante deutsch-brasilianische Kernkraftwerksgeschäft fallenzulassen oder umzugestalten, und wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Einschränkung der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Nuklearindustrie durch politische Auflagen seitens der Kernwaffenstaaten? Ist die Bundesregierung immer Joch der Ansicht, daß der Atomwaffensperrvertrag nicht zur wirtschaftlichen Diskriminierung, insbesondere der deutschen Nuklearindustrie, verwendet wird, und .wie beurteilt sie in diesem Zusammenhang das geplante deutsch-brasilianische Kernkraftwerksprojekt und die immer noch nicht erfolgte Genehmigung des deutsch-russischen Kernkraftwerksprojekts seitens CoCom? Zu Frage A 8: Es trifft nicht zu, daß die amerikanische Regierung auf die Bundesregierung eingewirkt hat, das deutsch-brasilianische Kernkraftwerksgeschäft fallenzulassen oder umzugestalten. Andere westliche Länder haben ebenfalls keine in diese Richtung gehenden Versuche unternommen. Die Bundesregierung hat die amerikanische Regierung rechtzeitig und ausführlich über ihre Absicht konsultiert, mit Brasilien ein Abkommen über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie abzuschließen. Diese Konsultationen wurden von der amerikanischen Regierung als offen und nützlich bezeichnet. Die Bundesregierung hat sich ebenfalls mit einigen anderen befreundeten Regierungen konsultiert. Anders lautende Meldungen treffen nicht zu. Was die Frage der Einschränkung der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Nuklearindustrie durch politische Auflagen seitens der Kernwaffenstaaten angeht, so kann nur festgestellt werden, daß kein Versuch unternommen worden ist, der Bundesregierung politische Auflagen aufzubürden, auch nicht im Zusammenhang mit dem geplanten Brasilienabkommen. Von einer Einschränkung der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Nuklearindustrie für friedliche Zwecke kann daher nicht gesprochen werden. Zu Frage A 9: Aus der Beantwortung der Frage 8 folgt, daß der Atomwaffensperrvertrag nicht als ein Instrument zur wirtschaftlichen Diskriminierung der deutschen Nuklearindustrie verwandt worden ist. Das globale Abkommen mit Brasilien über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie ist vielmehr ein Beispiel dafür, daß der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen kein Hemmnis für die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der friedlichen Verwendung der Kernenergie darstellt. Was die immer noch nicht erfolgte Genehmigung des deutsch-russischen Kernkraftwerkprojektes seitens COCOM angeht, ist folgendes zu sagen: Dem deutschen Antrag hinsichtlich des deutschsowjetischen Kernkraftwerkprojektes haben bis auf Großbritannien und die USA alle anderen Mitglieder des COCOM seit geraumer Zeit zugestimmt. Die Delegationen Großbritanniens und der USA haben im Rahmen des COCOM noch um Klärung einiger technischer Einzelfragen gebeten. 12772* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 23) : Warum ruft der Bundeswirtschaftsminister nur die Unternehmer auf, im kommenden wirtschaftlichen Aufschwung „nicht auf das volle Ausschöpfen von kurzfristigen Preiserhöhungsspielräumen zu setzen"? Ziel der Bundesregierung ist der Aufschwung in Stabilität. Dies erfordert eine gesamtwirtschaftliche Solidarität sowohl auf seiten der Unternehmer als auch der Gewerkschaften. Die Gewerkschaften haben in der diesjährigen Lohnrunde einen solchen Stabilitätsbeitrag erbracht. Bei der Wiederbelebung der Konjunktur besteht der Solidaritätsbeitrag der Unternehmer darin, auf die volle Ausschöpfung kurzfristiger Preiserhöhungsspielräume zu verzichten. Eine an kurzfristige Chancen ausgerichtete Preispolitik würde von der Kostenseite her auf die Gewinne zurückschlagen. Die notwendige nachhaltige Konsolidierung der Gewinne muß in erster Linie über konjunkturell steigende Absatzmengen stattfinden. Wegen des langsameren Anstiegs der Lohnkosten, der Preisberuhigung auf dem Rohstoffsektor, sinkender Kapitalkosten und der zu erwartenden Kostendegression beim Hineinwachsen in bessere Kapazitätsauslastung gibt es Chancen, befriedigendere Gewinne über sinkende Stückkosten zu erzielen. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Russe (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 32) : Wie beurteilt der Bundeskanzler die Äußerung seines Regierungssprechers Grünewald, daß auch ohne Wachstum für 1975 ein „Spielraum für die Lohnpolitik bestehe" und wenn ja, wie groß schätzt der Bundeskanzler diesen Spielraum nach dem heutigen Erkenntnisstand für das Jahr 1975 ein? In den meisten Tarifbereichen sind die Lohnverhandlungen für das Jahr 1975 bereits abgeschlossen. Die Äußerung von Regierungssprecher Dr. Grünewald bezog sich auf die für die zweite Jahreshälfte 1975 erwartete positive Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts und den dann in den Tarifverhandlungen für das nächste Jahr gegebenen Spielraum für die Lohnpolitik. Wie hoch dieser Spielraum sein wird, kann heute noch nicht abgeschätzt werden. Die Bundesregierung wird sich jedoch rechtzeitig zu den Wachstumsaussichten und den unvermeidlichen Preissteigerungen im Jahre 1976 äußern. Von diesen Aussichten werden auch die lohnpolitischen Möglichkeiten im nächsten Jahr bestimmt. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 35) : In welchem Umfang ist die Dauer der Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht angestiegen, und zu welchen gesetzgeberischen Initiativen gibt die Entwicklung Anlaß? Die Dauer der Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht ist in den letzten Jahren ständig gestiegen. Während 1972 noch 42,5 % der Urteilsverfahren innerhalb von 6 Monaten erledigt wurden, waren es 1974 lediglich 9,5 %. Innerhalb eines Jahres wurden 1972 98,8 % der Urteilsverfahren erledigt, 1974 dagegen 82,7 %. Diese Entwicklung, die bei den Beschlußverfahren ähnlich verlaufen ist, gibt im Interesse des Rechtsschutzes der Arbeitnehmer zu Sorgen Anlaß. Die Bundesregierung hat daher bereits am 3. April 1973 dem Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechts der Revision in Zivilsachen und Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit zugeleitet. Durch die dort vorgesehene Beseitigung der Streitwertrevision erwartete die Bundesregierung eine Entlastung des Bundesarbeitsgerichts. Der Bundestag hat bisher unter Zustimmung aller Fraktionen lediglich die Revisionsverfahren beim Bundesgerichtshof und Bundesfinanzhof geregelt und die Änderung der Revisionsverfahren in den übrigen Gerichtsbarkeiten zurückgestellt. Gleichwohl prüft die Bundesregierung zur Zeit, ob eine weitere Vereinfachung und Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens insgesamt möglich ist, um auf diese Weise künftig zu einer Entlastung u. a. auch des Bundesarbeitsgerichts zu kommen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 37 und 38) : Stellt die Bundesregierung derzeit Überlegungen an, die für die Förderung der beruflichen Bildung im Arbeitsförderungsgesetz enthaltenen Bestimmungen mit dem Ziel zu ändern, bestehende Rechtsansprüche auf Förderung ganz oder teilweise in Wegfall kommen zu lassen? In welchem Umfang und von welchem Zeitpunkt ab sind gegebenenfalls derartige Kürzungen vorgesehen? Die Bundesregierung hat bereits im Arbeitsförderungsbericht (Bundestagsdrucks. 7/403) auf die Probleme hingewiesen, die sich bei verschiedenen Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes über die Förderung der beruflichen Bildung stellen. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen wird zur Zeit geprüft, welche Änderungen der Förderungsvorschriften angezeigt sind, um die Förderung noch stärker als bisher auf arbeitsmarktpolitisch notwendige und zweckmäßige Maßnahmen zu konzentrieren. Dabei kann sich möglicherweise für einzelne Fallgestaltungen eine Einschränkung der Förderung als notwendig erweisen. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12773* Ihre zweite Frage läßt sich im Augenblick noch nicht beantworten. Die Vorstellungen der Bundesregierung über die notwendigen Gesetzesänderungen sind noch nicht soweit konkretisiert, daß sich schon die finanziellen Auswirkungen angeben ließen. Auch über den Zeitpunkt, zu dem die Änderungen wirksam werden sollen, hat die Bundesregierung noch keine abschließende Meinung gebildet. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Möllemann (FDP) (Drucksache 7/3763 Fragen A 39 und 40) : Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die Berufsberatung dadurch zu verbessern und zu aktualisieren, daß nebenamtliche Kräfte, die im Berufsleben stehen, verstärkt in das Beratungsinstrumentarium eingegliedert und zusammen mit den hauptamtlichen Berufsberatern in den Beratungen eingesetzt werden? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung die Zusammenarbeit der Berufsberatungsstellen der Bundesanstalt für Arbeit mit den übrigen Beratungseinrichtungen und den Studienberatungen der Hochschulen entsprechend dem Beschluß der Kultusministerkonferenz „Beratung in Schule und Hochschule" vom 14. September 1973 zu verbessern und effizienter zu gestalten? Die Bundesregierung sieht gegenwärtig keine Möglichkeit, nebenamtliche Kräfte in der Berufsberatung einzusetzen. Das für eine sachgerechte und wirkungsvolle Beratung notwendige Fachwissen ist so umfangreich und der sich daraus ergebende Zeitaufwand für die Aus- und Weiterbildung der Beratungsfachkräfte so groß, daß in der Regel nur hauptamtlich tätige Berufsberater den Anforderungen in der Beratung gewachsen sein dürften. Im übrigen würden dem Einsatz von nebenamtlichen Kräften auch haushaltsmäßige Gründe entgegenstehen, da nach Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit spätestens im Jahr 1976 alle zur Zeit zur Verfügung stehenden über 2 100 Planstellen der allgemeinen Berufsberatung und 419 Planstellen der Berufsberatung für Abiturienten und Hochschüler mit hauptamtlichen Fachkräften besetzt sein werden. Unabhängig davon ist die Bundesanstalt für Arbeit bemüht, das Fachwissen von Vertretern der einzelnen Berufe in den Beratungsablauf einzubeziehen. Sie veranstaltet u. a. berufskundliche Ausstellungen, berufskundliche Vortragsreihen und Wochenendseminare, in denen vorrangig Berufsvertreter mitwirken. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich bemerken, daß die Bundesanstalt für Arbeit sich bemüht, die Zusammenarbeit der Berufsberatung mit anderen Beratungseinrichtungen durch entsprechende Kooperationsvereinbarungen zu verbessern. Auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit von Schule und Berufsberatung zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und der Kultusministerkonferenz vom Februar 1971 sind mit allen Ländern Einzelvereinbarungen abgeschlossen worden. In diesen wird die Zusammenarbeit der Berufsberatung mit den schulischen Beratungseinrichtungen auf den Gebieten Einzelberatung, Informationsaustausch und berufswahlvorbereitende Maßnahmen geregelt. Die Bemühungen um Zusammenarbeit mit den Studienberatungseinrichtungen der Hochschulen haben dazu geführt, daß bisher mit 8 Hochschulen entsprechende Einzelvereinbarungen und mit zwei Ländern Rahmenvereinbarungen abgeschlossen worden sind. Die Zusammenarbeit mit den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern ist durch die im November 1973 abgeschlossene Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und dem Deutschen Industrie- und Handelstag sowie dem Deutschen Handwerkskammertag auf dem Gebiet der Berufsberatung geregelt. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage A 43) : Trifft es zu, daß in einigen Bundesländern Osterreichs eine Reihe von Ärzten sich weigert, deutsche Patienten auf Krankenschein zu behandeln und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, dem entgegenzuwirken? Es ist zutreffend, daß ein Teil der österreichischen Ärzte deutsche Patienten — meistens deutsche Urlauber — nicht auf Krankenschein behandeln. Nach dem geltenden deutsch-österreichischen Abkommen über Soziale Sicherheit sind die österreichischen Ärzte verpflichtet, die Mitglieder der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung und ihre Familienangehörigen bei Erkrankung in Österreich in demselben Umfang auf Krankenschein zu behandeln wie österreichische Versicherte und ihre Familienangehörigen. Die frei praktizierenden Ärzte, hauptsächlich in den Bundesländern Salzburg, Steiermark und Tirol behandeln teilweise deutsche Urlauber als Privatpatienten. Die Ärztekammern dieser Länder haben sich bisher entweder geweigert, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtung gebotenen Sondervereinbarungen mit den österreichischen Krankenkassen zu schließen, oder haben — wie im Falle des Bundeslandes Tirol — die zunächst für die deutschen Versicherten geschlossenen Sondervereinbarungen später wieder gekündigt. Grundsätzlich werden jedoch alle Fälle, die stationäre Behandlung erfordern, abkommensgemäß abgewickelt. Bezieher von deutschen Renten werden in Osterreich auch ambulant auf Krankenschein ärztlich betreut. Auch die österreichische Seite teilt die Auffassung, daß das Verhalten der nicht betreuungswilligen Ärzte bzw. der für sie zuständigen Ärztekammern mit dem Abkommen nicht vereinbar ist und daß dieses Problem zu bereinigen ist. Dies wurde übereinstimmend von den Herren Sozialministern beider Vertragsstaaten unterstrichen. Die österreichische Seite ist entsprechend ihren Zusicherungen bemüht, weiterhin in diesem Sinne auf die österreichischen Ärzte einzuwirken. 12774* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 So hat sich, wie mir mitgeteilt wird, der österreichische Bundesminister für soziale Verwaltung in dieser Angelegenheit erneut schriftlich an den Präsidenten der österreichischen Bundesärztekammer gewandt und hierauf mit einer Ausnahme zustimmende Äußerungen der Präsidenten der Ärztekammern der Bundesländer erhalten. Nach den Angaben der österreichischen Seite erfüllen über 84 % der Ärzte im gesamten österreichischen Gebiet die vertragliche Verpflichtung. Die Tendenz ist deutlich steigend. Die insgesamt positive Entwicklung ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß die deutschen Krankenkassen den nach Osterreich Reisenden in einem Merkblatt über die Rechts- und Sachlage aufklären und eine Liste der in den genannten drei Bundesländern betreuungswilligen Ärzte beifügen. Die deutsche Seite benützt jede Gelegenheit, um den österreichischen Vertragspartner zu bitten, in seinem Bemühen um eine abkommensgemäße Betreuung in allen Fällen fortzufahren. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 44) : Welche Kosten entstehen bei der Bundesanstalt für Arbeit seit der Anwendung der Anordnung über die Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 19. Dezember 1973 insofern, als in jedem Fall die pauschalierten Kosten notwendiger auswärtiger Unterbringung bei Fortbildungsveranstaltungen zu ersetzen sind? Genauere Angaben lassen sich zu der von Ihnen gestellten Frage nicht machen, da die Bundesanstalt für Arbeit die einzelnen in § 45 Arbeitsförderungsgesetz zusammengefaßten Leistungsarten statistisch nicht gesondert erfaßt. Allgemein läßt sich aber soviel sagen, daß die von Ihnen erwähnte Änderung der Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung nicht nur Mehrausgaben, sondern auch Einsparungen zur Folge hatte. Nach früherem Recht wurden Ledigen die Kosten sowohl der Unterbringung als auch der Verpflegung erstattet, wenn ihnen der Umzug vom Wohnort zum Lehrgangsort nicht zuzumuten war; in vielen Fällen mußten deshalb beide Kostenarten erstattet werden. Nach der Änderung der Anordnung erhalten Ledige zwar in jedem Fall Leistungen; ihnen werden jedoch nur die Kosten der Unterbringung erstattet. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schmidt (Lockweiler) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 45 und 46) : Wie hoch war die Zahl der Industriebeschäftigten am 30. April 1974, und wie hoch lag diese am 30. April 1975? Wieviel Prozent betrug die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl zum 31. Mai 1974, und wie hoch war diese am 31. Mai 1975? Am 30. April 1974 waren 8 210 426 Arbeitnehmer in der Industrie beschäftigt; die entsprechende Zahl für April 1975 wird vom Statistischen Bundesamt erst im Juli 1975 bekanntgegeben. Zur Verfügung steht bisher nur die Zahl für März 1975; sie lautet 7 721 632. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken. Am 31. Mai 1974 belief sich die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl auf 2,3 %; Ende Mai 1975 lautet diese Zahl 5,1 %. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Maucher (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 47 und 48) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Behindertenwerkstätten erst dann anerkannt werden bzw. Aufträge erhalten, wenn die Verordnung nach § 55 Abs. 3 erlassen ist? Wann kann mit dem Erlaß der Verordnung gerechnet werden? Die Annahme, Werkstätten für Behinderte würden erst dann anerkannt und könnten infolgedessen die im Schwerbehindertengesetz vorgesehenen Vergünstigungen bei der Auftragsbeschaffung erst dann in Anspruch nehmen, wenn die Rechtsverordnung nach § 55 Abs. 3 des Schwerbehindertengesetzes erlassen ist, ist nicht zutreffend. Vielmehr hat die Bundesanstalt für Arbeit, dem gesetzlichen Auftrag des § 55 Abs. 1 des Schwerbehindertengesetzes entsprechend, schon zu Beginn des Jahres damit begonnen, Anerkennungen auszusprechen. Über gestellte Anträge auf Anerkennung wird auf der Grundlage des § 52 des Schwerbehindertengesetzes unter Beachtung der „Grundsätze zur Konzeption der Werkstatt für Behinderte" entschieden. Die Entscheidung ist nicht davon abhängig, daß vorweg die von Ihnen genannte Rechtsverordnung über Einzelheiten der fachlichen Anforderungen der Werkstatt für Behinderte und des Verfahrens zur Anerkennung ergeht. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich bemerken, daß diese Rechtsverordnung erst erlassen werden kann, wenn mit den Beteiligten — den Ländern, den betroffenen Sozialleistungsträgern und der Werkstattpraxis — Einvernehmen über die wesentlichen Fragen der künftigen Konzeption der Werkstatt für Behinderte erzielt worden ist. In einer Bund/Länderbesprechung ist schon im Dezember vergangenen Jahres Einvernehmen über die Grundsätze der Konzeption erzielt worden. Die notwendige Klärung einer Reihe von Einzelfragen, insbesondere Fragen der Ausgestaltung des Rechts der individuellen Leistungen für die in den Werkstätten tätigen Behinderten steht jedoch noch aus. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12775* hat die Länder schon im Dezember um Stellungnahme zu einer Reihe grundlegender Punkte gebeten. Die Länder sind der Bitte erst teilweise nachgekommen. Ohne den weiteren Gesprächen mit den Ländern vorgreifen zu wollen, ist deshalb damit begonnen worden, den Fragenkomplex schon vorweg im Rahmen einer Arbeitsgruppe mit Sachverständigen zu erörtern. Sobald die Stellungnahmen der Länder vorliegen, kann die Bund/Länderbesprechung über die künftige Konzeption der Werkstatt für Behinderte fortgesetzt werden. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wird dann unmittelbar nach Abschluß der Besprechungen den Entwurf der Rechtsverordnung vorlegen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schmidt (München) (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage A 55) : Ist die Bundesregierung angesichts des Eisenbahnunglücks von Warngau bereit, die Deutsche Bundesbahn zum Erlassen wirksamerer Sicherheitsvorschriften und zum beschleunigten Einbau weiterer technischer Sicherungen zu veranlassen? Die Untersuchung des Eisenbahnunglücks bei Warngau liegt in Händen der zuständigen Staatsanwaltschaft. Die der Deutschen Bundesbahn und dem Bundesminister für Verkehr vorliegenden Informationen über den Ablauf des Betriebsgeschehens bis zum Eintritt des Zugunglücks haben bisher keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß der Sicherheit dienende Betriebsvorschriften etwa auf Grund neuer Erkenntnisse geändert werden müßten. Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat den Vorrang bestätigt, den der Einbau weiterer technischer Sicherungen im Rahmen des allgemeinen Ausrüstungsprogramms hat. Anlage 18 Antwort des Pari. Staatssekretärs Jung auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 56 und 57) : Wieviel Strecken der Deutschen Bundesbahn werden heute noch eingleisig befahren, und in welcher Höhe belaufen sich die Investitionen der Deutschen Bundesbahn, eingleisige Strecken zweigleisig auszubauen oder mit einer automatischen Streckensicherung, einem sogenannten Streckenblock, zu versehen? Wird die Bundesregierung aus dem Zugunglück von Warngau in der Weise Konsequenzen ziehen, indem für die beschleunigte Einführung des Zugbahnfunks, des Streckenblockungsverfahrens auf allen Schienenwegen und für den Ausbau der induktiven Zugbeeinflussung durch Einführung der vierten Frequenz Sorge getragen wird? Zu Frage A 56: Im Netz der Deutschen Bundesbahn sind von etwa 18 500 km Hauptbahnen 34 % eingleisig und 66 % zwei- und mehrgleisig. Die rd. 10 300 km Nebenbahnen sind fast alle eingleisig. Die Umwandlung einer eingleisigen in eine zweigleisige Strecke ist nur dann vorgesehen, wenn die Leistungsfähigkeit auf Grund hoher Zugzahlen verbessert werden muß. Die Frage des Nachbaus eines 2. Gleises als primäres Mittel zur Vermeidung von Zugunglücken stellt sich nicht, weil diese durch den Nachbau von Streckenblocks wirksamer verhindert werden können. Im Netz der Deutschen Bundesbahn sind rd. 19 000 km Strecke mit Streckenblocks ausgerüstet, weitere 4 400 km Strecke sollen noch ausgerüstet werden. Die Deutsche Bundesbahn hat bis Ende Mai 1975 etwa 30 % der Nachrüstungen durchgeführt und weitere rd. 60 % in Angriff genommen. Die restlichen 10 %, die überwiegend in den Bezirken der Bundesbahndirektion München und Stuttgart liegen, können erst begonnen werden, wenn Stellwerke älterer Bauart, bei denen ein Nachbau des Streckenblocks nicht möglich ist, durch Stellwerksneubauten ersetzt sind. Für die Nachrüstung der Strecken mit Streckenblock wurden bisher 43 Millionen DM von der DB aufgewendet. Für dieses Jahr sind weitere Investitionen in Höhe von rd. 25 Millionen DM vorgesehen. Zu Frage A 57: Auf Grund der Empfehlungen der im Jahre 1971 vom Bundesminister für Verkehr eingesetzten Kornmission „Sicherheit im Eisenbahnbetrieb" sind für die Einführung des Zugbahnfunks und die Nachrüstung von Strecken mit Streckenblock von der Deutschen Bundesbahn Terminziele festgelegt worden, bis zu denen die Durchführung angestrebt werden soll. Danach soll die Ausrüstung mit Zugbahnfunk bis etwa 1978, die Nachrüstung von Streckenblocks bis Ende 1977 abgeschlossen sein. Auf die besondere Situation in den Direktionsbezirken München und Stuttgart habe ich in der Antwort auf Ihre vorhergehende Frage bereits hingewiesen. Die Frage der Einführung einer 4. Frequenz zur Weiterentwicklung des induktiven Zugsicherungssystems (Indusi) steht in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Zugunglück bei Warngau. Die hierzu bei der Deutschen Bundesbahn angelaufenen Versuche sind im Rahmen der technischen Fortentwicklung dieser Einrichtung zu sehen, die im Zusammenhang mit Neubau- und Ausbaustrecken für Geschwindigkeiten über 160 km/h stehen. Zur Zeit sind bei der Deutschen Bundesbahn keine Geschwindigkeiten von mehr als 160 km/h für Züge des öffentlichen Verkehrs zugelassen. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 59 und 60) : Hält die Bundesregierung nach den ersten Erfahrungen mit dem Punktsystem für Verkehrssünder daran fest, daß die Einführung dieses Systems sinnvoll und geboten war, und welche Änderungen scheinen der Bundesregierung im Licht der bisher gewonnenen Erfahrungen als angezeigt? 12776* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Ist der Bundesregierung bekannt, daß sehr viele Betroffene besonders darüber aufgebracht sind, daß sie nicht einmal über Eintragungen und gegebenenfalls später über Löschungen im Verkehrszentralregister unterrichtet werden und daß jede neue Eintragung die Löschung früherer Eintragungen hemmt, so daß Eintragungen im extremsten Fall bis zu 34 Jahren im Register verbleiben können? Zur Änderung des Punktsystem besteht z. Z. kein Anlaß. Eine automatische Unterrichtung des Betroffenen, der ja seinen Bußgeldbescheid zugestellt bekommt, ist nicht notwendig. Jederzeit wird Auskunft aus dem Verkehrszentralregister erteilt. Richtig ist, daß die Löschung unterbleibt, wenn vor Ablauf der zweijährigen Tilgungsfrist eine neue Verkehrsordnungswidrigkeit eingetragen wird. Dies führt jedoch nicht ohne weiteres zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Eine einfache Ordnungswidrigkeit bringt einen Punkt, höchstens aber 4 Punkte. Bei 18 Punkten wird zwar die Fahrerlaubnis entzogen, jedoch nur dann, wenn sie innerhalb der kurzen Zeit von zwei Jahren angesammelt worden sind. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. von Bismarck (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 73 und 74) : Hat die Bundesregierung bei der Prüfung der vorgelegten Pläne der Zusammenlegung der Oberpostdirektionen Braunschweig und Hannover in Hannover berücksichtigt, daß die vorgelegten Zahlen kurzfristig keinerlei nennenswerte Ersparnisse bringen, jedoch psychologisch dazu geeignet sind, den Bemühungen, neue Arbeitsplätze durch Anziehung investitionswilliger Unternehmen zu schaffen, entgegenzuwirken? Hat die Bundesregierung dabei ferner berücksichtigt, daß im Bereich Braunschweig nach Mitteilung des Verwaltungspräsidenten bereits 40 000 Arbeitsplätze gesichert werden müssen, und daß mit Verlegung der Funktion der Oberpostdirektion nach Hannover auch die Auftragsvergabe in das schon strukturell geschwächte Gebiet verkürzt würde? Zu Frage A 73: Die von der Deutschen Bundespost erstellte Vorschau-Wirtschaftlichkeitsrechnung hat aufgezeigt, daß schon bei kurzfristiger Betrachtungsweise bereits 1,716 Millionen DM jährlich an Einsparungen zu erwarten sind, und sich die Umstellungsausgaben bereits nach rd. 1 Jahr amortisieren. Schon diese Ersparnisse dürften als nennenswert zu bezeichnen sein. Bei mittel- und langfristiger Betrachtung erhöhen sich die erzielten Ersparnisse wesentlich. Eine Standortentscheidung investitionswilliger Unternehmen wird nicht durch das Vorhandensein einer Dienststelle Oberpostdirektion, sondern durch das Vorhandensein des benötigten Dienstleistungsangebots bestimmt. Dieses Dienstleistungsangebot wird von den Ämtern des Post- und Fernmeldewesens erbracht, die von der hier erläuterten Maßnahme nicht berührt sind. Das Dienstleistungsangebot wird nicht geschmälert. Die Bemühungen, neue Arbeitsplätze durch Anziehung investitionswilliger Unternehmen zu schaffen, werden daher nicht beeinträchtigt. Die von der Deutschen Bundespost beabsichtigte Rationalisierungsmaßnahme ist wirtschaftlich und sozial tragbar. Sie wird den Belangen des Wirtschaftsraumes Braunschweig auch dadurch gerecht, daß in Braunschweig Organisationseinheiten der künftig vereinigten Oberpostdirektion mit erweiterter Zuständigkeit eingerichtet werden. Zu Frage A 74: Eine Verkürzung der Aufträge der Deutschen Bundespost in dem hier in Rede stehenden Bereich ist nicht zu befürchten. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind alle Dienststellen der Deutschen Bundespost im gesamten Bundesgebiet gehalten, Bewerber des Zonenrandgebiets bevorzugt zu berücksichtigen. Die Vereinigung der Oberpostdirektionen Hannover und Braunschweig ändert hieran nichts. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 75 und 76) : Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Umstände, unter denen — laut Pressemeldungen — die Entscheidung für einen ersten Großversuch von lokalem Kabelfernsehen in Kassel gefallen sind, und die Art und Weise, wie die Offentlichkeit von diesem Projekt erfahren hat, geeignet sind, die Arbeit der „Kommission für den Ausbau der technischen Kommunikationssysteme (KtK)" zu belasten und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Sachverständigen und der Bundesregierung zu erschweren? Ist die Bundesregierung bereit, unter diesen Umständen ihre Pläne, Standorte und bereits getroffene Absprachen für weitere Experimente dieser Art mitzuteilen, oder muß die Offentlichkeit mit weiteren Überraschungen rechnen? 1. Die KtK wurde bereits am 29. November 1974 von der Bundesregierung über die Absicht informiert, die Planungen für ein Zweiweg-Kabelfernseh- Versuchsprojekt aufzunehmen. Eine Entscheidung über die Realisierung des Projektes in Kassel ist bisher nicht getroffen worden. Dies ist erst möglich, wenn der notwendige Abstimmungsprozeß zwischen den Betroffenen abgeschlossen ist. Die Bundesregierung hat keinerlei Veranlassung, an der Fortsetzung der bislang so vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der KtK zu zweifeln. 2. Derzeit hat die Bundesregierung keine Pläne zur Realisierung weiterer Zweiweg-Kabelfernseh- Versuchsprojekte. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (Drucksache 7/3763 Fragen A 85 und 86) : Von welcher wirtschaftlichen Situation geht Bundesfinanzminister Dr. Apel aus, wenn er in seinem „Stern"-Interview vom 5. Juni 1975 davon spricht, daß „wenn es uns wieder bessergeht, werde ich im Kabinett Steuererhöhung beantragen", und wann hält die Bundesregierung aus heutiger Kenntnissicht diesen Zeitpunkt für gekommen? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12777* Bei welchen Maßnahmen der „Reform-Politik" ist nach Meinung der Bundesregierung „nicht intelligent genug vorgegangen", und wo ist mit „finanzieller Gießkanne gearbeitet" worden, wie es Bundesfinanzminister Dr. Apel in seinem „Stern"-Interview vom 5. Juni 1975 zum Ausdruck gebracht hat? Zu Frage A 85: Ich möchte zunächst noch einmal wiederholen, was der Bundesfinanzminister in der Aktuellen Stunde der vergangenen Woche gesagt hat, nämlich daß der Zeitpunkt, über Steuererhöhungen zu entscheiden, keineswegs gekommen ist. Hierüber wird erst zu reden sein, wenn. die Rezession überwunden ist. Welche Voraussetzungen im einzelnen vorliegen müssen, um von der Überwindung der Rezession sprechen zu können, wird zu gegebener Zeit anhand der vorliegenden Indikatoren im Benehmen mit den wirtschafts- und finanzpolitisch kompetenten Stellen und Sachverständigen zu ermitteln sein. Ein Zeitpunkt hierfür läßt sich schon deshalb nicht abschätzen, weil unsere Konjunktur auch von der wirtschaftlichen Entwicklung in den Ländern abhängt, die unsere wichtigsten Handelspartner sind. Zu Frage A 86: Die von Ihnen angesprochene Äußerung bezieht sich auf eine Reihe von Maßnahmen, insbesondere bei Leistungsgesetzen. Wir haben dort feststellen müssen, daß Leistungen des Staates auch von Personen in Anspruch genommen werden können, die nach der eigentlichen Intention der Maßnahmen davon nicht begünstigt werden sollten. Es kommt daher bei allen zukünftigen Gesetzesvorhaben darauf an, die Maßnahmen sehr genau daraufhin zu überprüfen, ob sie in ausreichendem Maße den wirklich Bedürftigen zugute kommen und nicht zu Mißbräuchen veranlassen. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 87): Wieviel Prozent des Bruttosozialprodukts beträgt in den Jahren 1970 bis 1975 bei uns der sogenannte Staatsanteil, d. h. die Ausgaben der öffentlichen Hand insgesamt? Der Staatsanteil in der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, d. h. die Ausgaben von Bund, Ländern, Gemeinden, Lastenausgleichsfonds, ERP-Sondervermögen, sowie der Sozialversicherung, in v. H. des Bruttosozialprodukts hat sich seit 1970 wie folgt entwickelt: 1970 37,3 1971 38,5 1972 39,2 1973 39,8 1974 42,8 1975 45,4, und zwar bereinigt um die rein buchmäßigen Auswirkungen der Kindergeldreform, d. h. Ersetzung der Kinderfreibeträge durch Kindergeldzahlungen. Bis 1974 beruhen diese Angaben auf den Daten des Statistischen Bundesamtes; für 1975 handelt es sich um Schätzungen des Bundesfinanzministeriums. Die Zahlen zeigen, daß der Staatsanteil in den durch einen Konjunktureinbruch betroffenen Jahren 1974 und 1975 stark zugenommen hat. Hier wird deutlich, daß die öffentlichen Gebietskörperschaften und hier insbesondere der Bund — in großem Umfang zur Nachfragestützung im Sinne einer antizyklischen Finanzpolitik beigetragen haben. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 88) : Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über Zeitpunkt und Umfang einer Erhöhung der Tabaksteuer? Die Bundesregierung hat zur Zeit keine Vorstellungen über die Erhöhung irgendwelcher Steuern, also auch nicht über die Erhöhung der Tabaksteuer. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 89) : Wäre es nach der deprimierenden Konjunkturanalyse vom 6. Juni 1975 nicht an der Zeit, die neuen Steuerschätzungen vorzunehmen? Herr Kollege Höcherl, Sie haben inzwischen die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage erhalten, die Sie mit der Fraktion der CDU/ CSU zum Haushalt 1975 gestellt hatten. Ich kann nur noch einmal wiederholen, was in dieser Antwort zur Frage der Steuerschätzung gesagt worden ist: Eine fundierte Schätzung der Steuereinnahmen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Die für die Steuerschätzung notwendigen gesamtwirtschaftlichen Daten sind in der konjunkturellen Umbruchsituation, in der sich die Bundesrepublik Deutschland zur Zeit befindet, mit großen Unsicherheiten behaftet. Eine Steuerschätzung hätte deshalb für finanz- und steuerpolitische Zwecke nur einen geringen Aussagewert. Anlage 26 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 93) : 12778* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Ist die Bundesregierung bereit, eine Erfolgskontrolle der agrarpolitischen Förderungsmaßnahmen durchzuführen, und wenn ja, wann ist mit der Vorlage eines Ergebnisses zu rechnen? Die Bundesregierung führt seit langem bei agrarpolitischen Förderungsmaßnahmen Erfolgskontrollen durch, um sicherzustellen, daß die eingesetzten Mittel den angestrebten Zweck mit der bestmöglichen Effizienz erreichen. Die Form der Erfolgskontrolle variiert naturgemäß je nach Ausprägung und Zielsetzung der Förderungsmaßnahme; sie muß dabei einerseits die Verflechtung der Agrarpolitik im EG-Rahmen berücksichtigen. Andererseits hat die Bundesregierung in der Erfolgskontrolle bei einer Reihe von Förderungsmaßnahmen insbesondere im Bereich der Agrarstrukturpolitik besonders eng mit den Bundesländern zusammenzuarbeiten, die die Maßnahmen durchführen. Ein wirkungsvolles Instrument für die Erfolgskontrolle steht seit einigen Jahren mit der Entwicklung der Nutzen-Kosten-Untersuchungen zur Verfügung, die die Bundesregierung auch in der Agrarpolitik anwendet. Bisher sind 8 derartige Untersuchungen durchgeführt worden. Sie geben einen umfassenden Überblick über die Auswirkung einer Förderungsmaßnahme und die zu beachtenden Interdependenzen. 12 weitere Untersuchungen laufen zur Zeit. Ich bin gern bereit, Ihnen eine umfassende Liste zur Verfügung zu stellen und die eine oder andere Nutzen-Kosten-Untersuchung im einzelnen zu erläutern. Anlage 27 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 94 und 95) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft nicht in der Lage ist, ihrer gesetzlichen Aufgabe, die Pflanzenschutzmittel zuzulassen, termingerecht nachzukommen und sich diese Situation nach der Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes noch weiter verschärfen wird, so daß der Wirtschaft dadurch schwere Schäden erwachsen? Da sich die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft bei der Prüfung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln schon jetzt in einem Arbeitsrückstand von mehreren Jahren befindet (1 100 unerledigte Anträge), frage ich die Bundesregierung, aus welchen Instituten soll die Biologische Bundesanstalt Arbeitskräfte abziehen, und welche Forschungsarbeiten können abgebrochen werden, um die vermehrten Prüfungsarbeiten durchführen zu können? Die unzulängliche Personalausstattung der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft ist von Ihnen, Herr Abgeordneter, in der Fragestunde wiederholt angeschnitten worden. Am 31. Januar 1973 und am 14. November 1974 wurde Ihnen geantwortet, daß die ursprünglich für die Prüfungsaufgaben der Anstalt als erforderlich angesehenen Stellen bewilligt worden sind, daß der Deutsche Bundestag den später aufgetretenen Personalbedarf wegen der bekannten Haushaltsrestriktionen aber nur teilweise durch entsprechende Stellenbewilligungen befriedigen konnte. Daß dadurch Arbeitsrückstände entstanden sind, ist der Bundesregierung bekannt. Da die meisten der zur Zulassung angemeldeten Pflanzenschutzmittel bis 1976, z. 'T. sogar bis 1977 und 1978 vorläufig zugelassen sind, kann jedoch keine Rede davon sein, daß der Wirtschaft „schwere Schäden" erwachsen. Im Rahmen seiner Organisationsvollmachten hat in erster Linie der Präsident der Biologischen Bundesanstalt zu regeln, wie die der Anstalt übertragenen Aufgaben wahrzunehmen und wie die Mitarbeiter dabei einzusetzen sind. Dabei wird er den gesetzlich übertragenen Aufgaben — zu denen die Prüfung von Pflanzenschutzmitteln gehört — Vorrang geben müssen. Ich halte es nicht für zweckmäßig, hier durch aufsichtsbehördliche Anordnungen einzugreifen. Der Entwurf der Bundesregierung für das Zweite Gesetz zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes hat im übrigen eine Verstärkung des Personals der Biologischen Bundesanstalt vorgesehen. Dieser Vorschlag hat in den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages jedoch keine Zustimmung gefunden, wie ich dem Kurzprotokoll der 61. Sitzung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 11. April 1975 zu entnehmen bitte. Anlage 28 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 96) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Absatzchancen des deutschen Tabakbaues bei rückläufiger Zigarettenproduktion? Der deutsche Tabakbau mit einer Fläche von knapp 4 000 ha und einer Jahresernte von rund 10 000 t ist am Rohtabakbedarf der inländischen Verarbeitungsbetriebe mit etwa 5 % beteiligt. Inwieweit die Tabakpflanzer diesen zwar geringen Marktanteil halten können, ist wohl in erster Linie eine Frage des Preises. Dabei ist zu bedenken, daß im Rahmen der EG-Marktordnung erhebliche Mittel aufgewendet werden, um den Gemeinschaftstabaken durch Prämien einen Preisvorsprung gegenüber Drittlandstabaken einzuräumen. Nach Ansicht der Bundesregierung dürften demnach die zwar begrenzten Absatzchancen für inländischen Rohtabak nicht entscheidend durch evtl. geringfügige Änderungen bei der Zigarettenproduktion beeinflußt werden. Anlage 29 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 97): Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12779* Ist der Bundesregierung bekannt, daß Agrarkommissar Lardinois in einem Interview im Agra Europe festgestellt hat, daß die Tatsache, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, alle Möglichkeiten der Energiesubvention im deutschen Gartenbau, die ihr die EG-Kommission gegeben hat, auszuschöpfen, eine große Gefahr für die Europäische Gemeinschaft ist, und ist die Bundesregierung bereit, diese Aussage bei ihrer künftigen Politik zu berücksichtigen? Die Bundesregierung hat von dem in „Agra-Europe" abgedruckten Interview mit EG-Kommissar Lardinois Kenntnis. Im Gegensatz zu Kommissar Lardinois ist sie der Ansicht, daß man die energiebedingten Wettbewerbsunterschiede im Gartenbau innerhalb der EG nicht mit kurzfristigen Subventionen lösen kann. Deshalb hat die Bundesregierung im Rat der Agrarminister gemeinsam mit weit der überwiegenden Mehrzahl der übrigen EG-Mitgliedstaaten erhebliche Bedenken gegen die von der EG-Kommission vorgelegte Verlängerung der Leitlinie für die Gewährung einzelstaatlicher Beihilfen auf dem Energiesektor geltend gemacht. Die Bundesregierung ist unverändert der Ansicht, daß eine Anpassung im Energiekostenbereich bereits jetzt eingeleitet werden muß. Dazu ist insbesondere eine Aufhebung der gespaltenen Erdgaspreise in der Gemeinschaft erforderlich. Nationale Beihilfen können allenfalls als kurzfristige Hilfen angesehen werden und bieten keine Gewähr für eine langfristige ausreichende Angleichung der Energiekosten im Gartenbau innerhalb der Gemeinschaft. Anlage 30 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 98) : Sind der Bundesregierung Äußerungen der Kommission in Brüssel bekannt, daß die Agrarpreisvorschläge für das Wirtschaftsjahr 1976/1977 noch vor der Sommerpause dem Ministerrat zugeleitet werden sollen und daß die Kommission einen Abbau des Währungsausgleichs um wiederum 2 %-Punkte vorschlagen wird, und welche Haltung wird die Bundesregierung gegenüber solchen Vorschlägen einnehmen? Der Bundesregierung sind offizielle Äußerungen der EG-Kommission, daß sie die Agrarpreisvorschläge für das Wirtschaftsjahr 1976/77 noch vor der Sommerpause dem Ministerrat zuleiten und dabei einen Abbau des Währungsausgleichs um wiederum 2 %-Punkte vorschlagen will, nicht bekannt. Die Bundesregierung geht vielmehr davon aus, daß die Preisvorschläge erst nach einer umfassenden Erörterung der Bestandsaufnahme der gemeinsamen Agrarpolitik mit der im Frühherbst gerechnet werden kann, vorgelegt werden. Anlage 31 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 99) : Wir beurteilt die Bundesregierung die Forderung des Präsidiums des Bayerischen Bauernverbands auf ein nationales Ergänzungsprogramm für die deutsche Landwirtschaft, wie es vom BBV-Schnelldienst am 5. Mai 1975 veröffentlicht wurde? Die Vorschläge im Schnelldienst des Bayerischen Bauernverbandes vom 5. Mai 1975 enthalten eine Vielzahl finanzwirksamer Maßnahmen, die die Einkommenssituation der Landwirtschaft durch zusätzliche nationale Hilfsmaßnahmen verbessern sollen. Nach den bisher vorliegenden Schätzungen wird jedoch der Einkommensanstieg der deutschen Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1974/75 im oberen Bereich der Spanne von 30/e bis 80/0 liegen. Eine Untersuchung vom Bauer Institut für Agrarpolitik der Universität Bonn (Agra-Europe Nr. 22/75) kommt zu dem Schluß, daß das Reineinkommen je Familien-AK gegenüber dem Vorjahr um 8,8 % zunehmen wird. Dies bedeutet, daß sich die Einkommensentwicklung der deutschen Landwirtschaft etwa in der gleichen Größenordnung wie im außerlandwirtschaftlichen Bereich bewegen dürfte. Ein nationales Ergänzungsprogramm zu den EG-Agrarpreisbeschlüssen für 1975/76 kann angesichts dieser Entwicklung nicht begründet werden. Die Bundesregierung sieht daher z. Z. keinen Anlaß für zusätzliche nationale Maßnahmen. Hinzu kommt, daß die außerordentlich weitreichenden Forderungen des Bayerischen Bauernverbandes zu Mehrausgaben bzw. Steuerausfällen von insgesamt mehreren Milliarden DM führen würden. Dies ist bei der augenblicklichen Haushaltssituation und der allgemeinen Wirtschaftslage nicht zu vertreten. Anlage 32 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 100) : Welchen Erfolg haben die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung bei der italienischen Regierung und der EWG im Hinblick auf ein Verbot des Vogelmordes in Italien gebracht, und wann ist damit zu rechnen, daß in Italien Singvögel nicht mehr getötet werden? Der italienische Senat hat im Frühjahr 1975 der Abgeordnetenkammer einen Gesetzentwurf zustimmend weitergeleitet, der eine Einschränkung von Vogeljagd und Vogelfang vorsah. Nach früheren Kontakten habe ich letztmalig am 26. Mai 1975 mit meinem jetzigen italienischen Amtskollegen, Minister Marcora, über das Problem gesprochen und ihm ein Schreiben in dieser Frage überreicht. In der Sorge um die Erhaltung der Vogelwelt Europas stimmen wir beide überein. Herr Marcora will sich dafür einsetzen, daß der Entwurf Gesetzeskraft erhält. Er hat sich in der Abgeordnetenkammer mit Erfolg der Absicht widersetzt, die Regelung des Vogelfangs und der Vogeljagd den Regionen zu übertragen. Die Angelegenheit wird nun in der Abgeordnetenkammer weiterbehandelt werden. 12780* Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Darüber, ob und wann das italienische Parlament das Gesetz verabschiedet und zu welchem Termin in Kraft setzt, kann ich nichts aussagen. Durch zahlreiche Aktivitäten gegenüber dem Europarat, in der EG, wie auch gegenüber den Fraktionen des Deutschen Bundestages werde ich mich weiterhin darum bemühen, eine baldige Verabschiedung zu erreichen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 7/3763 Fragen A 104 und 105) : Welche Untersuchungen hat die Bundesregierung auf Grund der Erkenntnisse der US-Senatskommission für multinationale Unternehmen über die Geschäftspolitik des amerikanischen Rüstungskonzerns Northrop veranlaßt, und wann werden die ersten Ergebnisse vorliegen? In welcher Höhe sind Geschäfte, insbesondere im Rüstungsbereich, seit 1956 zwischen der Bundesregierung und dein Northrop-Konzern abgeschlossen worden oder Gegenstand von Verhandlungen gewesen? Nachdem sich Presseberichte im Zusammenhang mit den Untersuchungen der amerikanischen Senatskommission auch mit Rüstungskäufen der Bundesrepublik befaßten, habe ich unverzüglich den offiziellen Untersuchungsbericht angefordert. Dieser Bericht liegt mir jedoch noch nicht vor. Daher konnten auch noch keine konkreten Untersuchungen eingeleitet werden. Aufgrund von Regierungsverträgen hat die Bundeswehr im Jahre 1965 46 von der Firma Northrop hergestellte Flugzeuge im Wert von rund 119 Millionen DM erworben. Darüber hinaus wurden der Firma Northrop von 1966 bis 1971 fünf Aufträge im Gesamtwert von rund 2,17 Millionen DM unmittelbar erteilt. Weitere Aufträge waren nicht Gegenstand von Verhandlungen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 106) : Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung von dem in der Beratung befindlichen neuen holländischen Opiumgesetz für den Rauschmittel- und Drogenmarkt in der Bundesrepublik Deutschland? Von besonderem Interesse für die Bundesrepublik Deutschland sind die vorgesehenen erheblichen Strafverschärfungen beim Handel mit „harten Drogen" — dazu gehört auch Haschisch-Öl —, weil der grenzüberschreitende Handel mit harten Drogen — insbesondere der Heroinschmuggel — bisher zu erheblichen Befürchtungen Anlaß gab. Die Bundesregierung erhofft insoweit in Verbindung mit der deutsch-niederländischen Zusammenarbeit der Polizei-, Zoll- und Grenzschutzorgane eine Beruhigung des Drogenmarktes für harte Drogen in der Bundesrepublik Deutschland. Andererseits enthält der Gesetzentwurf mildere Strafandrohungen für den Besitz und Gebrauch sogenannter „weicher Drogen". Wenn auch die Auswirkungen dieser Erleichterungen vorwiegend die innerstaatliche Drogenszene in den Niederlanden betreffen, so beobachtet die Bundesregierung derartige Liberalisierungstendenzen auf dem Gebiete der weichen Drogen, die auch in Kanada und einigen US-Bundesstaaten bestehen, doch mit Sorge. Auf Veranlassung der Bundesregierung haben deshalb die Suchtstoffkommission und der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen im Frühjahr 1975 eine Resolution verabschiedet, die derartigen Bestrebungen entgegenwirken soll. Im übrigen wird die Bundesregierung ggf. ihre Maßnahmen auf dem Gebiete der Polizei-, Zoll- und Grenzschutzorgane überprüfen müssen, wenn die niederländischen Gesetzesänderung zu einer leichteren Verfügbarkeit der weichen Drogen auf dem Drogenmarkt der Bundesrepublik Deutschland führen sollte. Die Bundesregierung wird jedenfalls in ihren Bemühungen zur Abwehr von Drogenlieferungen, sowie im Bereich der Information und Aufklärung über Drogen nicht nachlassen. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schäuble (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 108 und 109) : Trifft die Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs Zander in der Fragestunde vom 23. April 1975 zu, daß auf Grund des § 7 der Tabakverordnung Zigaretten weiterhin als „naturrein" bezeichnet werden dürften, oder ist es nicht vielmehr so, daß durch die dritte Änderungsverordnung zur Tabakverordnung vom 20. August 1971 die Bezeichnung „naturrein" für Zigaretten verboten wurde, da ja im Papier, Filter oder Mundstück, in den Klebemitteln oder Aufdruckfarben bestimmte fremde Stoffe enthalten sind, daß aber nach dem geltenden § 7 der Tabakverordnung Zigaretten als „naturrein im Tabak" bezeichnet werden dürfen, wenn ihnen bei der Herstellung keine fremden Stoffe zugesetzt wurden? Ist der Bundesregierung bekannt, daß traditionell der Begriff „naturrein" bzw. „naturrein im Tabak" fast ausschließlich für Zigaretten verwendet wird, die mit deutschem Tabak hergestellt werden? Zu Frage A 108: Meine in der Fragestunde am 23. April 1975 gegebene Antwort ist zutreffend. § 7 der Tabakverordnung enthält kein Bezeichnungsverbot. Vielmehr ist in ihm die Erlaubnis enthalten, bei Zigaretten trotz des Gehaltes an bestimmten fremden Stoffen im Zigarettenpapier, Filter usw. auf die Naturreinheit des verwendeten Tabaks hinzuweisen. Diese Regelung besteht auch nicht erst seit 1971, sondern bereits seit Erlaß der Tabakverordnung im Jahre 1959. Zu Frage A 109: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Bezeichnung „naturrein" im wesentlichen bei be- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12781* stimmten deutschen Zigarettensorten verwendet wird, bei deren Herstellung zu einem erheblichen Anteil deutsche Tabake Verwendung finden. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Egert (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage A 110) : Sind der Bundesregierung nach Verabschiedung der Gesamtreform des Lebensmittelrechts durch den Bundestag Pressemitteilungen bekanntgeworden, die weiterhin Klage über die Verwechselungsgefahr von Reinigungsmitteln mit Lebensmitteln führen, und welche Konsequenzen gedenkt sie gegebenenfalls daraus zu ziehen? Der Bundesregierung ist eine im April veröffentlichte Meldung der deutschen Presseagentur bekannt, in der der Werbung mit Zitronenabbildungen auf Spülmitteln eine Mitschuld an Vergiftungsunfällen von Kindern durch Reinigungs- und Pflegemittel gegeben wird. Die Möglichkeit solcher Verwechslungen ist in letzter Zeit erheblich geringer geworden, nachdem dem Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit im Dezember 1973 die Selbstverpflichtung des zuständigen Industrieverbandes Körperpflege und Waschmittel e. V. erreicht hatte, nach der seine Mitglieder in Zukunft ihre Erzeugnisse nicht derart aufmachen, daß sie mit Lebensmitteln verwechselt werden können. Diese Verpflichtung hat absprachegemäß zu einer stärkeren Stilisierung der Zitronenabbildungen geführt und wird nach wie vor beachtet. Im übrigen ist es nunmehr nach § 30 Nr. 4 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes ausdrücklich verboten, Reinigungs- und Pflegemittel sowie Spielwaren derart in den Verkehr zu bringen, daß sie mit Lebensmitteln verwechselt werden können. Mit Hilfe des gesetzlichen Verbotes wird der beanstandete Werbemißbrauch mit Zitronenabbildungen künftig endgültig unterbunden werden können, soweit die vorerwähnte Selbstverpflichtung der Industrie nicht bereits zu einer befriedigenden Beseitigung aller Verwechslungsgefahren führen sollte. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Egert (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage A 111) : Treffen Pressemitteilungen zu, wonach der Bundesregierung die Bereitschaft der Werbewirtschaft zu selbstbeschränkenden Werbemaßnahmen für alkoholische Getränke erklärt worden ist, und wann ist gegebenenfalls mit einer Umsetzung dieser erklärten Bereitschaft in Taten zu rechnen? Die von Ihnen erwähnten Pressemitteilungen treffen zu. In einem Gespräch im Januar 1975, das Frau Bundesminister Dr. Focke mit Vertretern der Deutschen Alkoholwirtschaft und des Zentralausschusses der Werbewirtschaft geführt hatte, haben sich diese grundsätzlich bereit erklärt, durch selbstdisziplinäre Maßnahmen Werbeaussagen zu vermeiden, die dem Mißbrauch von Alkohol insbesondere durch Jugendliche Vorschub leisten. Der Rohentwurf für Verhaltensregeln in der Werbung für alkoholische Getränke soll nach Aussagen der betroffenen Wirtschaft Ende Juni vorliegen, so daß mit einem Zustandekommen der freiwilligen Vereinbarung noch im Laufe des Sommers gerechnet werden kann. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 112) : Wie hoch waren bzw. sind die von der Bundesrepublik Deutschland für das deutsch-französische Jugendwerk bereitgestellten Mittel seit Beginn des Abkommens, aufgeschlüsselt pro Jahr, die ausgegeben wurden bzw. werden, und in welcher Höhe sind die Vorplanungen für die nächsten Jahre? Die Höhe der von der Bundesrepublik Deutschland für das Deutsch-Französische Jugendwerk bereitgestellten Mittel seit Beginn des Abkommens ist in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abg. Rollmann und andere sowie der CDU/CSU-Fraktion ausführlich dargelegt. Wegen des Umfanges des Zahlenmaterials erlaube ich mir, auf die Bundestagsdrucksache Nr. 7/2119 vom 17. Mai 1974 zu verweisen. Im Jahre 1975 wird die Bundesrepublik Deutschland 13 220 884,— DM bereitstellen; von französischer Seite ist ein Betrag von 23 612 500 französ. Francs vorgesehen. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Dollinger (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen A 113 und 114) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Notwendigkeit oder die Zweckmäßigkeit, daß für Zigaretten, die ohne Tabakfolie tabakfreies Material und ohne Zusatzstoffe ausschließlich mit Rohtabak gefüllt sind, auch in Zukunft ein Prädikat zugelassen wird, und an welches Prädikat denkt die Bundesregierung gegebenenfalls? Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahr, daß die Beseitigung eines eingebürgerten, gesundheitlich nicht relevanten Gattungsbegriffs für einen zu Zigaretten verarbeiteten Tabak meist deutscher Herkunft die Existenz von 6 300 mittelständischen Tabakpflanzern berührt, die 11 Millionen Kilogramm Tabak mit einem Wert von über 80 Millionen DM produzieren? Zu Frage A 113: Die Frage, ob für Zigaretten bestimmter Beschaffenheit und für andere Tabakerzeugnisse privilegie- 12782* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 rende Bezeichnungen zugelassen werden sollen, wird von der Bundesregierung geprüft. Die Überlegungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen. Die etwaige Zulassung privilegierender Bezeichnungen für Tabakerzeugnisse, die keinerlei Zusatzstoffe enthalten oder bei denen der Gehalt an Schadstoffen, darunter auch Pflanzenschutzmitteln, bestimmte Werte unterschreitet, könnte sich nicht auf Zigaretten beschränken, sondern müßte auch für Tabak, Zigarren usw. geregelt werden. Zu Frage A 114: Die Abschaffung der Bezeichnung „naturrein" bei Zigaretten wird nach Auffassung der Bundesregierung keine Nachteile für die deutschen Tabakpflanzer mit sich bringen. Die Eigenart derjenigen Erzeugnisse, die zu einem wesentlichen Anteil aus deutschen Tabaken bestehen und herkömmlicherweise als „naturrein" bezeichnet wurden, der sogenannten „schwarzen Zigaretten", wird auch künftig für jeden Verbraucher zu erkennen sein, ohne-daß es hierzu der Verwendung der Bezeichnung „naturrein" bedarf. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Stommel (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 118) : Ist die Bundesregierung bereit, in diesem Zusammenhang die Frage des Gesundheitspasses aufzugreifen, oder ist sie der Meinug, daß es dem einzelnen Menschen überlassen werden soll, sich selber um eine Unterlage zu bemühen, aus der u. a. Blutgruppe, Impfungen, Röntgenuntersuchungen und -behandlungen sowie sonstige lebenswichtige Hinweise hervorgehen? Eine für alle Bundesbürger obligate Einführung eines Gesundheitspasses ist von der Bundesregierung nicht geplant. Seine verbindliche Einführung stößt auf erhebliche rechtliche Bedenken, weil der Verschwiegenheitsanspruch des Patienten nicht ausreichend gewährleistet werden kann. 1974 wurde vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit gemeinsam mit den Bundesländern der bundeseinheitliche Notfallausweis entwickelt und von diesen vorwiegend an Risikopatienten ausgegeben. Derzeit wird auf Wunsch dei Länder geprüft, ob der Notfallausweis über den Handel der gesamten Bevölkerung zugänglich gemacht werden kann. Ich darf mich insoweit auf die ausführlichen Darlegungen beziehen, die ich dem Abgeordneten Josten für die Fragestunde am 15. Mai 1975 gegeben habe. Sie ist im Protokoll dei 170. Sitzung als Anlage 18 abgedruckt. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Druck sache 7/3763 Fragen A 119 und 120) : Ist der Bundesregierung die vom Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführte Verbraucherumfrage bekannt, nach der die Verbraucher anders als bei Lebensmitteln die Bezeichnung „naturrein" bei Zigaretten als Gattungsbegriff zur Kennzeichnung einer bestimmten Geschmacksrichtung auffassen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß eine Repräsentativumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zu dem Ergebnis gekommen ist, daß für die Vermutung, der Begriff „naturrein" in Verbindung mit Zigaretten könne Vorstellungen von ,gesund" hervorrufen und die Idee erwecken, naturreine Zigaretten seien weniger schädlich als andere Zigaretten, keine Anhaltspunkte gefunden wurden? Zu Frage A 119: Ich nehme an, daß sich Ihre Frage auf ein Gutachten des Institutes vom 25. Januar 1969 zum Thema „Naturreine Zigaretten" bezieht. Etwas mehr als die Hälfte der befragten Zigarettenraucher — 53 % bzw. 58 % — war der Auffassung, daß der Hinweis „naturrein" einen besonderen, d. h. kräftigeren Geschmack kennzeichne. Ebenso hoch —52 % — war der Anteil der Zigarettenraucher, nach deren Meinung die als naturrein bezeichneten Zigaretten ausschließlich reine Tabake enthalten, die nicht besonders behandelt sind und keine tabakfremden Stoffe enthalten. Aus dem Umfrageergebnis kann daher nicht herausgelesen werden, daß der Verbraucher der Bezeichnung „naturrein" bei Tabakerzeugnissen eine völlig andere Bedeutung als bei Lebensmitteln beimesse. Zu Frage A 120: Bei der dem Allensbacher Gutachten zugrunde liegenden Umfrage wurden keine Fragen über die Gesundheitsschädlichkeit „naturreiner" Zigaretten gestellt. Das Umfrageergebnis kann deshalb auch keinen Aufschluß darüber geben, ob und inwieweit das Rauchen derartiger Zigaretten von den Befragten als weniger gesundheitsschädlich beurteilt wird. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 7/3763 Fragen A 121 und 122) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahr von Hautkrebskrankheiten durch den Verbrauch von Fluorkohlenwasserstoffen als Treibgas für Sprühdosen und Kältemittel in Kühlanlagen? Ist an ein Verbot oder eine Einschränkung der Verwendung von Fluorkohlenwasserstoffen gedacht? Zu Frage A 121: Eine karzinogene Wirkung von Fluor-Kohlenwasserstoffen, genauer Fluorchlor-Kohlenwasserstoffen, bei direktem Kontakt mit dem menschlichen Organismus ist nicht bekannt. Eine Beurteilung der Frage der indirekten Gefahr von Hautkrebs durch den Verbrauch von Fluorchlor-Kohlenwasserstoffen und deren Vorkommen in der Atmosphäre kann erst dann abgegeben werden, wenn sichere Erkenntnisse über die Wirkungen der Fluorchlor-Kohlenwasserstoffe auf die stratosphärische Ozonschicht und damit auf einen u. U. verstärkten Einfall von kurzwelliger UV-Strahlung Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12783* auf die Erdoberfläche vorliegen. Zum Kenntnisstand über eine mögliche Beeinflussung der stratosphärischen Ozonschicht hat die Bundesregierung bereits in ihrer Antwort auf die Frage des Abgeordneten Krockert — abgedruckt im Protokoll über die 123. Sitzung, Seite 8280 — ausgeführt, daß sie sich gegenwärtig nicht der Auffassung anschließen kann, daß die weitere Verwendung dieser Stoffe in der Zukunft zu einer teilweisen Zerstörung der stratosphärischen Ozonschicht führen muß. Die Bundesregierung hat dabei darauf hingewiesen, daß die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse noch erheblich erweitert werden müssen. Zur Klärung der offenen Fragen hat die Bundesregierung Forschungsarbeiten über die Forschungsgruppe „Organohalogenverbindungen" der interministeriellen Projektgruppe „Umweltchemikalien" eingeleitet. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Die bisherigen Pressemitteilungen in dieser Sache beruhen auf Publikationen US-amerikanischer Wissenschaftler, die selbst ausdrücklich auf den hypothetischen Charakter ihrer Berechnungen hingewiesen haben, denen im übrigen wissenschaftliche Aussagen entgegengesetzter Tendenz gegenüberstehen. Zu Frage A 122: Da die hypothetischen Vorstellungen über die Wirkung der Fluor-Kohlenwasserstoffe auf die stratosphärische Ozonschicht bisher nicht durch exakte Meßergebnisse gesichert sind, sieht die Bundesregierung zur Zeit keine Notwendigkeit, ein Verbot oder eine Einschränkung der Verwendung von Fluor-Kohlenwasserstoffen herbeizuführen. Dabei ist nicht nur von Bedeutung, daß die Fluor-Kohlenwasserstoffe auf Grund ihrer günstigen chemischen und physikalischen Eigenschaften als Treibgas und Kältemittel noch nicht zu ersetzen sind. Viel wichtiger ist die Tatsache, daß die Auswirkungen dieser Stoffe — wenn sie überhaupt zutreffen — von weltweitem Ausmaß wären und nationale Maßnahmen nur geringe Effekte hätte. In Anbetracht dieser Situation hat sich bereits die OECD- Sektorgruppe „Unbeabsichtigtes Vorkommen von Chemikalien in der Umwelt" unter Beteiligung von Sachverständigen unseres Landes mit der Problematik der Fluor-Kohlenwasserstoffe beschäftigt, ohne allerdings bisher zu konkreten Schlußfolgerungen und Empfehlungen gekommen zu sein. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engholm (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage A 123) : Ist die Bundesregierung nicht auch der Ansicht, daß im Bundesausbildungsförderungsgesetz eine Regelung für Kinder von geschiedenen Eltern getroffen werden müßte, und in diesen Fällen nicht von der Höhe des Einkommens beider Elternteile ausgegangen werden kann, zumal wenn ein Elternteil in der Zwischenzeit schon wieder eine neue Familie gegründet hat (siehe Meldung in der "Frankfurter Rundschau" vom 27. Mai 1975)? Nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wird Ausbildungsförderung familienabhängig geleistet, d. h. auf den im Gesetz festgelegten, nach Art der Ausbildung und Unterbringung gestaffelten Bedarf sind Einkommen und Vermögen des Auszubildenden, seines Ehegatten und seiner Eltern, soweit sie die nach dem Familienstand und der Zahl dei Familienangehörigen differenzierten Freibeträge übersteigen, anzurechnen. Dabei ist Einkommen und Vermögen beider Elternteile in gleicher Weise heranzuziehen. Nicht zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, ob die Ehe der Eltern des Auszubildenden geschieden ist; denn die Scheidung ist ohne Einfluß auf den Unterhaltsanspruch der gemeinsamen ehelichen Kinder. Mit dieser Regelung trägt das Bundesausbildungsförderungsgesetz der Tatsache Rechnung, daß die Eltern nach dem bürgerlichen Unterhaltsrecht verpflichtet sind, entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungskraft die Kosten der Ausbildung ihrer Kinder ganz oder teilweise zu tragen. Der besonderen Lage geschiedener Elternteile wird bei der Bemessung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch besondere Freibeträge für jeden Elternteil und die von ihm zu unterhaltenden Familienangehörigen, auch die unterhaltsberechtigten Angehörigen der neu begründeten Familie, Rechnung getragen. Die Freibeträge für die beiden geschiedenen Elternteile sind mit 1 280 DM zusammen höher als der Freibetrag für ein in ehelicher Gemeinschaft zusammenlebendes Elternpaar mit 960 DM bzw. 1 120 DM, wenn beide Eltern Einkommen haben. Außerdem wird bei beiden geschiedenen Elternteilen der Freibetrag von 60 DM für den Auszubildenden berücksichtigt, während dieser Betrag bei zusammenlebenden Eltern nur einmal anrechnungsfrei gestellt wird. Damit ergibt sich für die geschiedenen Eltern einschließlich des Auszubildenden ein Grundfreibetrag von 1 400 DM gegenüber 1 180 DM für zusammenlebende Eltern. Auf diese Zusammenhänge hat die Bundesregierung auch in Teil C ihres Berichts gemäß der Entschließung des Deutschen Bundestags vom 21. Juni 1974 (Drucksache 7/3438) hingewiesen. Sie ist der Ansicht, daß die derzeitige gesetzliche Regelung auch der besonderen Situation von Auszubildenden aus geschiedenen Ehen Rechnung trägt und keiner Änderung bedarf. Das Einkommen des Elternteils, bei dem das Kind nach der Scheidung nicht lebt, von der Anrechnung gänzlich freizustellen, würde im Ergebnis bedeuten, daß dieser Elternteil von seiner bürgerlich-rechtlich begründeten Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinen Kindern aus der geschiedenen Ehe zu Lasten der öffentlichen Hand entbunden würde. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schweitzer (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage A 124) : 12784* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Wie beurteilt die Bundesregierung die Hintergründe des bundesweiten studentischen Sternmarsches nach Dortmund am 11. Juni 1975 in Sachen „Bundesausbildungsförderungsgesetz" und welche Konsequenzen beabsichtigt sie daraus gegebenenfalls zu ziehen? Der Sternmarsch am 11. Juni 1975 nach Dortmund, an dem nach Presseberichten 20 000 Personen teilgenommen haben, ist von einem „Sternmarsch-Komitee" veranstaltet worden. Dieses Komitee wird vom MSB Spartakus und dem Sozialistischen Hochschulbund (SHB) getragen. Die vor kurzem als Dachverband der Studentenschaften gegründeten „Vereinigten Deutschen Studentenschaften" hatten es abgelehnt, sich an dem Sternmarsch zu beteiligen. Die weiteren Maßnahmen der Bundesregierung auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung werden durch ihre gesetzlich begründeten Pflichten bestimmt. Nach § 35 Bundesausbildungsförderungsgesetz hat die Bundesregierung noch in diesem Jahr die Bedarfssätze und Freibeträge im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten und der Einkommensentwicklung zu überprüfen und darüber dem Deutschen Bundestag zu berichten. Gegebenenfalls ist durch Gesetz eine Anpassung vorzunehmen, und zwar entsprechend dem im Gesetz vorgesehenen Zweijahresrhythmus. Dabei wird es vor allem darauf ankommen, den eigentlichen bildungspolitischen und sozialen Kerngehalt der Ausbildungsförderung auf Dauer zu sichern. Es ist aber auch selbstverständlich, daß die Bundesregierung bei ihrem Bericht und ihren Vorschlägen prüfen wird, wie sich die Leistungen des Gesetzes im Verhältnis zu dem enger werdenden Finanzrahmen für die öffentliche Hand entwickeln können und müssen. In diesem Sinne hat sich die Bundesregierung schon auf die Anfrage des Abgeordneten Pfeifer am 5. Juni 1975 geäußert. Sie hat keinen Anlaß, ihre Auffassung im Hinblick auf die in der Frage angesprochene Veranstaltung zu ändern. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 125) : Sieht sich die Bundesregierung nicht veranlaßt, entsprechend ihrer Zusage in der Fragestunde vom 25. Februar 1972 bei den Bundesländern anzuregen, die Zulassungsrichtlinien, soweit sie die Vergabe der Studienplätze für Pharmazie betreffen, zu überprüfen, nachdem die Studienbewerber, die noch die pharmazeutische Vorprüfung abzulegen hatten, nicht mehr die Note aus dieser Vorprüfung „dreifach gewichtet" angerechnet erhalten, sondern nur noch mit einem ganz allgemeinen Abzug von 1,0 berücksichtigt werden und damit gegenüber früher schlechter gestellt sind? Die Bundesregierung hatte in der Fragestunde am 25. Februar 1972 (damaliger Parlamentarischer Staatssekretär Dr. v. Dohnanyi) mitgeteilt, daß sie bei den hierfür zuständigen Ländern eine Überprüfung der Zulassungsregelungen anregen werde, wenn sich die Situation der Bewerber für den Studiengang Pharmazie mit bestandener pharmazeutischer Vorprüfung — aufgrund der Prüfungsordnung für Apotheker vom 8. Dezember 1934 — über das damalige Maß hinaus verschlechtern sollte. Im Oktober 1972 wurde die Zulassung zum Hochschulstudium generell durch den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen und den zu seiner Durchführung erlassenen Bestimmungen neu geregelt. Damit erfolgte auch die Zulassung zum Studium der Pharmazie auf einer neuen Rechtsgrundlage. Die zur Durchführung erlassenen Vergabeverordnungen sehen vor, daß von der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung der vorexaminierten Studienbewerber 1,0 abgezogen werden. Ob sich in den letzten Semestern die Situation der vorexaminierten Studienbewerber für Pharmazie verändert hat, kann nur aufgrund der entsprechenden Zulassungsunterlagen beurteilt werden. Über diese Unterlagen verfügt ausschließlich die Zentralstelle der Länder für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in Dortmund, die das bundesweite Zulassungsverfahren - in Pharmazie durchführt. Die Bundesregierung wird die ZVS um eine entsprechende Auswertung bitten. Es ist davon auszugehen, daß die ZVS hierfür eine Sonderauswertung durchführen muß. Ferner setzt dies voraus, daß die Gremien der ZVS, in denen der Bund nur beratend mitwirken kann, die Herausgabe der Daten genehmigen. Nach Vorlage des Zahlenmaterials durch die ZVS werde ich Ihnen eine Antwort zukommen lassen. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage A 126) : In welchen Bundesländern ist der Beschluß der Kultusministerkonferenz „Beratung in Schule und Hochschule" vom 14. September 1973 bereits in Landesrecht umgesetzt worden? Bei dem Beschluß der Kultusministerkonferenz handelt es sich um eine ausdrücklich als solche gekennzeichnete Empfehlung. Derartige Empfehlungen werden häufig nicht durch unmittelbar auf sie bezogene Gesetze, Verordnungen oder Erlasse der Länderverwaltungen verwirklicht, sondern schrittweise durch Einzelmaßnahmen der Länder (z. B. zur Ausbildung von Beratungslehrern). Die Bundesregierung ist darüber informiert, daß dem Schulausschuß der Kultusministerkonferenz ein Bericht zur Umsetzung der Empfehlung vorliegt, der voraussichtlich in der 185. Sitzung am 27./28. August 1975 beraten wird. Über Ergebnisse aus diesem Bericht ist der Bundesregierung nichts bekannt. Die Bundesregierung ist jedoch gern bereit, die Kultusministerkonferenz zu gegebener Zeit durch eine schriftliche Anfrage um Mitteilung über das Beratungsergebnis zu bitten. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12785* Anlage 47 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen B 1 und 2) : Ist die Bundesregierung, nachdem die Landesregierung von Rheinland-Pfalz keine Einwendungen gegen eine Ratifizierung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der französischen Republik zur Regelung verschiedener Grenzfragen vom 31. Juli 1962 erhebt, gewillt, nunmehr erneut ein Ratifizierungsverfahren einzuleiten? Ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß dafür Sorge zu tragen ist, daß denjenigen Bürgern, deren Grundbesitz im Sequesterland seit der Paraphierung dieses Abkommens von der französischen Regierung enteignet worden ist, eine angemessene Entschädigung gezahlt werden muß? Auf Ihre Frage, ob die Bundesregierung gewillt ist, nunmehr erneut das Verfahren zur Ratifizierung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung verschiedener Grenzfragen vom 31. Juli 1962 einzuleiten, möchte ich Ihnen mitteilen, daß die Bundesregierung vor wenigen Wochen im Zusammenhang mit dem Besuch des Herrn Bundespräsidenten in Frankreich noch einmal eine Sondierung bei der französischen Regierung unternommen hat, um festzustellen, ob diese nicht doch noch für eine Änderung des Vertrages im Sinne der Ihnen bekannten deutschen Vorschläge zu gewinnen wäre. Bis zur endgültigen Antwort auf diese unsere letzte Demarche möchte ich mich nicht weiter äußern. Was Ihre zweite Frage hinsichtlich der Entschädigung derjenigen Bürger anbetrifft, deren Grundbesitz im Sequesterland seit der Paraphierung dieses Abkommens von der französischen Regierung enteignet worden ist, kann ich Ihnen versichern, daß die Bundesregierung sich für die Interessen dieser Bürger einsetzen wird. Durch die Fixierung des Eigentumübergangs im Vertrag auf den 31. Juli 1962 wird sichergestellt, daß der deutsche Berechtigte in gleicher Weise wie ein französischer Staatsangehöriger, dessen Grund und Boden aus Gründen öffentlichen Interesses enteignet wird, die nach den französischen Gesetzen vorgesehene Entschädigung erhält. Anlage 48 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 3) : Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um das Vermögen deutscher Firmen und Privatpersonen in Portugal zu sichern? Die portugiesische Regierung hat bisher ausländische Unternehmen von allen Verstaatlichungen und Beschlagnahmen ausgenommen und nach Kenntnis der Bundesregierung keine Maßnahmen getroffen, die die Sicherheit des Vermögens deutscher Firmen und Privatpersonen in Portugal beeinträchtigen. Die Bundesregierung hat daher keine Veranlassung gehabt, Maßnahmen zur Sicherung deutscher Vermögenswerte in Portugal zu ergreifen. Soweit sich im Verlauf von sozialen Auseinandersetzungen und Arbeitskämpfen innerhalb einzelner Betriebe deutscher Unternehmer in Portugal Unzuträglichkeiten ergeben haben, ist die portugiesische Regierung durch das Auswärtige Amt und die Botschaft in Lissabon auf die Besorgnis der Bundesregierung über derartige Vorkommnisse hingewiesen worden. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 4) : Wie weit ist das in der Antwort der Bundesregierung — Drucksache 7/2887 — auf die Kleinen Anfragen betr. Straffung und Verbesserung der Organisationsstruktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung angekündigte und genannte Arbeitsprogramm zur Verbesserung des Informationswesens der Bundesregierung gediehen, und wann ist mit seiner Veröffentlichung zu rechnen? Das „Arbeitsprogramm zur Verbesserung des Informationswesens der Bundesverwaltung" ist inzwischen zum Referatsentwurf gediehen; ihm liegen die Ergebnisse zweier Befragungen zum Informationswesen der obersten Bundesbehörden zugrunde. Die weitere Zeitplanung ist wie folgt: — Abstimmung mit den Bundesressorts: Herbst 1975 — Kabinettvorlage: Frühjahr 1976 Das Arbeitsprogramm wird zwei Hauptzielen dienen: — Es soll im Zuge der allgemeinen Verwaltungsreform durch untereinander abgestimmte Maßnahmen zu der in allen Bereichen des Informationswesens der Bundesverwaltung erforderlichen Rationalisierung beitragen. — Es soll ein späteres kooperatives Informations. Verbund-System („Bundesinformationssystem") vorbereiten. Dabei wird insbesondere von zwei Grundsätzen ausgegangen: — Es sollen zwar fach- und bereichsübergreifend Voraussetzungen für eine Informationsstruktur geschaffen werden, die einen Datenaustausch im erforderlichen Umfang erlauben; die auf die jeweiligen praktischen Bedürfnisse ausgerichtete Gestaltungsfreiheit der Einzelsysteme und Funktionsbereiche darf jedoch nicht unangemessen eingeschränkt werden. — Der Struktur eines späteren „Bundesinformationssystems" darf nicht vorgegriffen werden. Entsprechend den organisatorischen und methodischen Erfordernissen werden als Funktionsbereiche der numerische Bereich, der Textdatenbereich, der Schriftgutbereich und der Literaturbereich unterschieden. 12786* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Die in dem Arbeitsprogramm vorgesehenen Maßnahmen und Projekte beziehen sich vorwiegend auf Verbesserungen nichttechnischer Art, ohne die — insbesondere im Textdatenbereich — auch ein wirtschaftlicher DV-Einsatz nicht möglich ist. Das Arbeitsprogramm wie eine daraus hervorgehende Konzeption für ein späteres „Bundesinformationssystem" finden ihre Ergänzung in einer entsprechenden Organisation der Datenverarbeitung in der Bundesverwaltung. Mit einer Veröffentlichung des Arbeitsprogramms kann nach Entscheidung der Bundesregierung über die Kabinettvorlage gerechnet werden. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 5) : Können die Gemeinden Heimenkirch, Opfenbach und Wohmbrechts, Kreis Lindau, mit Bundeszuschüssen rechnen, wenn sie eine Gemeinschaftskläranlage errichten, und gegebenenfalls in welcher Höhe? Die Bundesregierung fördert seit Jahren den Bau kommunaler Kläranlagen aus Mitteln des ERP-Sondervermögens und des Bundesprogramms zur Sanierung von Rhein und Bodensee. Sie widmet dabei besonderes Augenmerk der finanziellen Förderung solcher Maßnahmen, die der Erhaltung der Gewässergüte des Bodensees dienen. Gerade in den vergangenen Jahren sind im bayerischen Bodenseeraum Vorhaben der Stadt Lindau und des Abwasserverbandes Bayerischer Bodenseegemeinden mit namhaften Beträgen unterstützt worden. Durch das Bayerische Staatsministerium des Innern bin ich unterrichtet, daß die von Ihnen genannten Gemeinden Heimenkirch, Opfenbach und Wohmbrechts, die ebenfalls im Einzugsgebiet des Bodensees liegen, sich zu einem Abwasserverband zusammengeschlossen und den Planungsauftrag für eine Gemeinschaftskläranlage vergeben haben. Eine baufachlich geprüfte baureife Planung sowie Angaben über die erforderlichen Investitionen liegen allerdings bisher noch nicht vor. Mit Rücksicht auf diesen Planungsstand sind bisher Anträge auf die Gewährung eines Zuschusses des Bundes aus dem Rhein-Bodensee-Sanierungsprogramm oder eines ERP-Kredites nicht gestellt worden. Eine Aussage darüber, ob und in welcher Höhe die Gewährung eines Zuschusses oder Kredits in Betracht kommt, kann daher derzeit leider nicht gemacht werden. Ich bin jedoch gerne bereit, nach Eingang eines Antrages des Abwasserverbandes die Frage der Mitfinanzierung durch ein ERP-Darlehen ebenso zu prüfen wie die Einbeziehung der Baumaßnahme in das Bundessanierungsprogramm Rhein-Bodensee. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (München) (SPD) (Drucksache 7/3763 Fragen B 6 und 7) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die in § 7 a des Reichshaftpflichtgesetzes vom 7. Juni 1871, zuletzt geändert am 15. August 1943, festgesetzte Haftungshöchstgrenze von 15 000 DM im Jahr den derzeitigen Einkommens- und Lebensverhältnissen nicht mehr entspricht und aus diesen Gründen entweder beseitigt oder angepaßt werden müßte, um eine Benachteiligung gegenüber Beziehern dynamisierter gesetzlicher Unfallrenten zu beseitigen? Ist die Bundesregierung bereit, dem Deutschen Bundestag den Entwurf zur Novellierung dieses Gesetzes vorzulegen, und bis zu welchem Zeitpunkt könnte dies geschehen? Nach § 7 a RHG beläuft sich die Haftungshöchstgrenze bei Personenschäden derzeit auf 15 000 DM Jahresrente. Dieser Betrag ist im Hinblick auf die Entwicklung der Arbeitsverdienste und den steigenden Preisindex für die Lebenshaltung nicht mehr als ausreichend anzusehen. Im Bundesministerium der Justiz ist deshalb ein Entwurf zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften erarbeitet worden, der u. a. eine Verdoppelung des genannten Haftungshöchstbetrages vorsieht (Art. 1 Nr. 7 des Entwurfs). Dieser Entwurf ist im Mai 1975 den beteiligten Kreisen zur Stellungnahme übersandt worden. Es ist beabsichtigt, ihn nach weiteren Erörterungen noch in diesem Jahr dem Kabinett zur Beschlußfassung zuzuleiten. Einen Abdruck des Entwurfs füge ich zu Ihrer Kenntnisnahme bei. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Burger (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 8) : Wie beurteilt die Bundesregierung Pressemeldungen, wonach der 9. Zivilsenat des Kölner Oberlandesgerichts prüfen lassen will, ob das Gesetz zur Errichtung der Stiftung „Hilfe für behinderte Kinder" verfassungsgemäß ist, und sieht die Bundesregierung in dieser erneuten Zuspitzung eines alten Streits eine Gefährdung des weiteren Vollzugs des Gesetzes? Im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz beantworte ich die Frage wie folgt: Es ist richtig, daß das Oberlandesgericht Köln durch zwei Beschlüsse vom 30. Mai 1975 den § 29 des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder", der den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes betrifft, dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt hat. Die Bundesregierung sieht hierin keine Gefährdung des weiteren Vollzugs des Gesetzes. Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Köln haben keinerlei Einfluß auf die in dem Gesetz geregelten Leistungen an die contergangeschädigten Kinder. Es werden weder die erbrachten Zahlungen noch insbesondere die Weiterzahlung der Renten an die Kinder hiervon betroffen. Im übrigen geht die Bundesregierung davon aus, daß die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12787* einer im Interesse der contergangeschädigten Kinder dringend erforderlichen endgültigen Klärung der Angelegenheit führen wird. Die Regelung des § 29 des Gesetzes ist im Gesetzgebungsverfahren eingehend geprüft und von den gesetzgebenden Körperschaften einstimmig beschlossen worden. Ihre Verfassungsmäßigkeit hat inzwischen auch der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 13. Februar 1975 — VI ZR 44/74 — bestätigt. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schrift- lichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen B 9 und 10) : Da in der letzten Antwort der Bundesregierung auf meine Anfrage — Drucksache 7/3602 Nr. 24 Teil B — (meine konjunkturbelebenden Maßnahmen aus finanziellen Gründen abgelehnt wurden) frage ich die Bundesregierung, ob nicht damit zu rechnen ist, daß die Kosten für die Arbeitslosigkeit höher sind als die durch zusätzliche Anregung der Investitionstätigkeit entstehenden Steuerausfälle? Ist die Bundesregierung bereit, Maßnahmen anderer europäischer Länder, wie z. B. Frankreich, zu erwägen, die auf eine Verbesserung der Abschreibungsbedingungen und die steuerliche Schonung des im Betrieb investierten Gewinns hinauslaufen? Zu Frage B 9: Die in Ihrer Anfrage aus Bundestags-Drucksache 7/3602 Nr. B 24 im einzelnen aufgeführten steuerpolitischen Vorschläge beziehen sich auf wesentliche Strukturelemente des Steuersystems. Ihre Realisierung wäre mit erheblichen Steuerausfällen verbunden, die die öffentlichen Finanzen auf Dauer belasten würden. Das Problem der Arbeitslosigkeit ist hingegen vorübergehender Natur. Demgemäß fallen die zusätzlichen Kosten hierfür auch nur solange an, bis die Konjunkturschwäche überwunden ist. Man kann daher mit Sicherheit davon ausgehen, daß die von Ihnen genannten steuersystematischen Erleichterungen die öffentlichen Haushalte insgesamt erheblich stärker belasten würden als die Kosten für die konjunkturell bedingte Arbeitslosigkeit. Abgesehen davon ist — wie ich in meiner Antwort auf Ihre vorgenannte Anfrage ausgeführt hatte — zweifelhaft, ob diese Maßnahmen überhaupt geeignet sind, schnell wirksame Konjunkturanstöße zu vermitteln, die einen Rückgang der Arbeitslosigkeit zur Folge hätten. Zu Frage B 10: Die Bundesregierung ist immer für internationale Koordinierung der Wirtschaftspolitik, insbesondere im Rahmen der EG, eingetreten. Sie hält an dieser Auffassung fest. Dies zwingt nicht dazu, in den einzelnen Ländern zur Verfolgung bestimmter gemeinsamer wirtschaftspolitischer Grundziele identische Instrumente einzusetzen. Angesichts des derzeitigen Integrationsstandes zwischen den Volkswirtschaften der EG-Länder ist es zweckdienlich, wenn in den einzelnen Ländern von Fall zu Fall jeweils die Maßnahmen ergriffen werden, die aufgrund der Besonderheiten der jeweiligen Situation am besten geeignet sind, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Die Bundesregierung hat mit ihrem Konjunkturprogramm vom vergangenen Dezember, mit der Steuer- und Kindergeldreform und mit der Ausgestaltung des Bundeshaushaltes ihren auf einen stabilitätsgerechten Aufschwung gerichteten konjunkturpolitischen Kurs festgelegt. Die Bundesbank wirkt durch ihre Geld- und Kreditpolitik in die gleiche Richtung. In Übereinstimmung mit dem Ergebnis der Konzertierten Aktion vom 6. Juni 1975 ist die Bundesregierung daher der Meinung, daß derzeit keine weiteren konjunkturpolitischen Maßnahmen angezeigt sind. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 11) : Ist die Absage von Bundesfinanzminister Dr. Apel an zwei Botschafter, deren Länder zu besuchen, ein Eingeständnis der Kritik an der Gestaltung seiner kürzlichen Japanreise, und welche sonstigen Gründe haben den Bundesfinanzminister in seinem „Stern"-Interview vom 5. Juni zu seiner entsprechenden Aussage bewogen? Am 6. Juni schreibt der japanische Finanzminister an den Bundesminister der Finanzen folgendes: „Lieber Kollege! Es war für mich ein sehr großes Vergnügen und eine Ehre, daß Sie Anfang Mai unser Land besucht haben und damit so freundlich waren, meiner Einladung zu entsprechen. Mir ist heute noch bewußt, welche Mühen Sie wegen der langen Reise auf sich genommen haben, und ich schätze es ganz besonders, daß Sie diese Anstrengungen übernommen haben, obwohl Sie sicherlich einer der beschäftigtsten Menschen in der Welt sind. Ich bin davon überzeugt, daß der offene Meinungsaustausch, den wir miteinander hatten, und die Möglichkeiten, die Sie hatten, Land und Leute in Japan kennenzulernen, für unsere beiden Länder von großer Bedeutung waren." Der japanische Finanzminister spricht dann über aktuelle Währungsfragen in diesem Schreiben und führt fort: „Wie ich höre, haben Mitglieder der Opposition versucht, Ihnen wegen Ihrer Japan-Reise Schwierigkeiten zu machen. Ich bin betrübt darüber, daß für Sie aus meiner Einladung Probleme entstanden sind und Sie Ungelegenheiten haben." Der japanische Finanzminister unterstreicht dann, wie sehr es dennoch wichtig ist, weiterhin in persönlichem Kontakt zu bleiben. Wenn der Bundesfinanzminister im „Stern"-Interview erklärt hat, er wolle in der nächsten Zeit keine Einladungen ausländischer Kollegen mehr annehmen, dann deshalb, um seinen Kollegen den Ärger zu ersparen, den auch sie empfinden müssen, wenn deutsche Politiker Einladungen in befreundete Länder annehmen und dann ein solcher Wirbel entfacht wird, der im übrigen durch nichts gerechtfertigt ist. 12788* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 12) : In welchen Bundesministerien werden die für alle Ministerien haushaltsrechtlich vorgeschriebenen „Nutzen-Kosten-Untersuchungen" (§ 6 Abs. 2 des Haushaltsgrundsätzegesetzes) für Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung tatsächlich durchgeführt und in welchen noch nicht? Nach § 7 Abs. 2 BHO sind für geeignete Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung Nutzen- Kosten-Untersuchungen anzustellen. Zu dieser Vorschrift sind Vorläufige Verwaltungsvorschriften ergangen, die das Instrument definieren, eine Methode zur Erstellung von Nutzen-Kosten-Untersuchungen festlegen und erforderliche organisatorische Maßnahmen treffen. Nutzen-Kosten-Untersuchungen werden von den Bundesministerien in steigendem Maße vorgenommen. So werden im laufenden Haushaltsjahr 82 neue Untersuchungen mit einem geschätzten Maßnahmenvolumen von 25 Mrd. DM durchgeführt, Im Bereich des BMP werden zwar keine Nutzen- Kosten-Untersuchungen, aber betriebswirtschaftlich ausgerichtete Wirtschaftlichkeitsrechnungen angestellt. Die Aufgabenstruktur im Geschäftsbereich des BMF führt zu einer verstärkten Anwendung finanzwirtschaftlicher Berechnungen. In den Geschäftsbereichen des AA, des BMJ und des BMB gibt es z. Z. keine geeigneten Maßnahmen im Sinne des § 7 Abs. 2 BHO. Im Bereich des BMA, des BMSt und des BMBW sind die Arbeiten noch nicht so weit fortgeschritten, daß Nutzen-Kosten-Untersuchungen als Entscheidungshilfen vorliegen. Anlage 56 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 13) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlung eines namhaften Agrar-Informationsblatts (AGRA-EUROPE vom 3. Juni 1975), wonach sich „große Einsparungen an den bisherigen Agrarausgaben erzielen ließen durch Förderung des Produktionsverzichts"? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß Maßnahmen, die zu einer Produktionseinschränkung führen, grundsätzlich als geeignete und u. U. langfristig auch sparsamere Instrumente zur Beseitigung struktureller Marktungleichgewichte anzusehen sind. Daher hat sich die Bundesregierung in den vergangenen Jahren aus der jeweiligen Marktlage heraus und mit dem Ziel längerfristiger struktureller Verbesserung an verschiedenen Maßnahmen beteiligt, z. B. der Abschlachtaktion für Milchkühe, — der Nichtvermarktungsanreize für Milch, — der Umstellungsaktion von der Milch- auf die Rindfleischerzeugung, — der Rodeaktion für Obstbäume ebenso wie — der Aufforstungsbeihilfenregelung und — der Gewährung von Landabgaberente. Gegen großräumige Flächenstillegungsprämien bestehen jedoch — nicht zuletzt im Hinblick auf die Erfahrungen in den USA — erhebliche Bedenken. Dies gilt vor allem, wenn die Stillegungsprämien einen echten Ausgleich für das entgangene Einkommen bieten sollen. Die Bundesregierung ist — wie der von Ihnen zitierte Informationsdienst— der Auffassung, daß eine wesentliche Voraussetzung für die Beseitigung struktureller Agrarüberschüsse eine wirkungsvolle Regionalpolitik in allen EG-Ländern ist, die ausreichende Einkommensalternativen bietet, und damit Möglichkeiten eines strukturellen Wandels ohne große soziale Härten eröffnet. Anlage 57 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 14) : Hält die Bundesregierung eine Fettmarktordnung für die Europäische Gemeinschaft, in die pflanzliche und tierische Fette einbezogen sind, für eine geeignete Maßnahme, den Butterkonsum zu fördern dadurch, daß die Vorzüglichkeit der Butter gegenüber anderen Fetten verbessert wird? Die Einbeziehung der tierischen Fette einschließlich Butter in eine Fettmarktordnung, wie sie derzeit für pflanzliche Ole und Fette angewandt wird, würde infolge einer Herabschleusung des Butterpreises den Butterabsatz voraussichtlich erhöhen, dafür aber einen sehr hohen Mittelaufwand erfordern. Andererseits könnte die Einbeziehung der Butter in die Fettmarktordnung auch in der Weise erfolgen, daß die Preise der Fettrohstoffe bei der Einfuhr heraufgeschleust werde, was zu einer Verteuerung der Margarine, aber auch der Kraftfuttermittel für die gesamte Veredelungswirtschaft führen würde. Die Bundesregierung sieht in der Einbeziehung der tierischen Fette in die Fettmarktordnung daher keine besonderen Vorteile. Sie ist nach wie vor der Meinung, daß das beste Mittel zur Lösung des Butterproblems eine gezielte Absatzpolitik ist. Des weiteren hält es die Bundesregierung für erforderlich, die in der Gemeinschaft auf den Sektoren pflanzliche und tierische Fette jeweils zu verfolgende Politik sehr sorgfältig aufeinander abzustimmen, um neben dem Aspekt der sicherzustellenden Fettversorgung auch nachteilige Auswirkungen auf das Wettbewerbsverhältnis der Fette untereinander ausgleichend berücksichtigen zu können. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12789* Anlage 58 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 15) : Ist die Bundesregierung bereit, den Agrarkommissar Lardinois, dem offensichtlich nicht die Fakten bekannt sind, weshalb die Mehrwertsteuer-Vorsteuerpauschale für Agrarprodukte in der Bundesrepublik Deutschland zum 1. Januar 1975 um 1 % angehoben worden ist, darüber zu unterrichten? Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Mitglieder der EG-Kommission in ausreichendem Umfange über die Gründe, die zur Anhebung der Vorsteuerpauschale zum 1. Januar 1975 geführt haben, informiert sind. Die Bundesregierung hat mit Schreiben vom 23. Dezember 1974 in eingehender Form die EG-Kommission über die Gründe, die zur Anhebung der Vorsteuerpauschale und des Steuersatzes in § 24 Umsatzsteuergesetz geführt haben, unterrichtet. Sie hat in diesem Schreiben insbesondere darauf hingewiesen, daß in dieser Maßnahme eine Beihilfe nicht zu sehen sei, da die Anhebung durch das Steigen der Vorsteuerbelastung der Land- und Forstwirtschaft notwendig geworden sei. Der Gesetzestext ist mit Schreiben vom 20. Januar 1975 der EG-Kommission übersandt worden. Nachdem nunmehr auch die erforderlichen Zahlenunterlagen zur Verfügung stehen, bereitet die Bundesregierung eine Zusammenstellung vor, die die Angaben im Schreiben vom 23. Dezember 1974 untermauern. Diese Unterlagen werden der EG-Kommission in Kürze zugeleitet. Die Bundesregierung hat daher alles getan, um die EG-Kommission über die Gründe der Anhebung der Umsatzsteuer zum 1. Januar 1975 zu unterrichten. Anlage 59 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 16) : Rechtfertigt die wirtschaftliche Entwicklung im Zonenrandgebiet die Kürzung der Vergütung bei Getreidefrachten von 25 % auf 15 % und die Heraufsetzung der Mindestfrachtsätze von bisher 48 DM auf 60 DM? Die Frachthilfe für Getreide ist ab 1. Juni 1975 unter anderem dahin gehend geändert worden, daß der Beihilfesatz künftig nicht mehr 25 v. H., sondern nur noch 15 v. H. der rechtsverbindlichen Frachten beträgt. Die Ermäßigung der Subvention war aus finanzpolitischen Gründen unabdingbar. Der Haushaltsansatz für die Frachthilfe hat sich seit ihrer Einführung im Jahre 1962 bis heute fast verdoppelt. Um die für 1975 und voraussichtlich auch für 1976 bereitgestellten Mittel in Höhe von 40 Millionen DM nicht zu überschreiten, war die Anpassung erforderlich. Die Erhöhung des frachthilfefähigen Frachtbetrages von 48,— DM auf 60,— DM war notwendig, um die Beihilfezahlungen für Beförderungen mit geringen Frachtkosten in einem vertretbaren Verhältnis zu dem zwangsläufig eintretenden Verwaltungsaufwand zu halten. Die Frachthilfe verfolgt keine unmittelbaren regionalpolitischen Ziele. Sie wird auf alle Getreidebeförderungen gewährt, die innerhalb des Bundesgebietes beginnen und enden. Dabei spielt es auch keine Rolle, wo der Frachtzahler seinen Sitz hat; er kann gegebenenfalls auch Ausländer sein. Die Frachtzahler sind also gleichmäßig betroffen. Die Getreideerzeuger — auch die im Zonenrandgebiet — sind durch die Interventionspreisregelung für Getreide abgesichert. Auf die Höhe der durch die EWG-Getreidemarktordnung festgelegten Interventionspreise im Zonenrandgebiet hat die Frachthilfe keinen Einfluß. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Braun (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 17) : Wer ist nach Auffassung der Bundesregierung nach Verabschiedung des Schwerbehindertengesetzes vom 29. April 1974 und nach dem Gesetz „Sozialversicherung für Behinderte" Kostenträger für die anfallenden Fahrkosten und die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung für Behinderte, die als Lohnempfänger in einer Werkstatt für Behinderte tätig sind? Nach § 3 Abs. 4 des Gesetzes über die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen vom 7. Mai 1975 sind die Beiträge zur Sozialversicherung, die die Träger der Werkstätten für Behinderte als Arbeitgeber entrichten müssen, von den Kostenträgern der Behinderten zu erstatten. Diese Regelung bezieht sich auf den Teil der Arbeitgeberanteile, die vom tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt der Behinderten abzuführen sind. Beiträge zur Rentenversicherung für den Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlichen und dem fiktiven Arbeitsentgelt nach § 9 des genannten Gesetzes sind zwar auch von den Trägern der Werkstätten als Arbeitgeber zu entrichten; diese Aufwendungen werden aber vom Bund und den Ländern je zur Hälfte getragen und den Werkstattträgern erstattet. Die Beteiligung des Bundes und der Länder gilt auch für die in Werkstätten für Behinderte beschäftigten Lohnempfänger. Die Finanzierung der Arbeitgeberanteile, die vom tatsächlichen Arbeitsentgelt der Behinderten zu entrichten sind, macht in den Fällen, in denen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe oder die Bundesanstalt für Arbeit Kostenträger sind, keine Schwierigkeiten. Dagegen ist sie noch ungeklärt bei den Behinderten, die wie die meisten Lohnempfänger keinen Kostenträger haben. Die Frage, ob und ggf. welcher Kostenträger für die in Werkstätten für Behinderte arbeitenden Lohnempfänger herangezogen werden kann, gehört zu den Problemen des individuellen Leistungsrechts im Werkstattbereich und hängt eng mit der zu entwickelnden Konzeption der Werkstatt für Behinderte zusammen. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung prüft zur Zeit in Zusammenarbeit mit den Ländern und mit 12790* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 einer Arbeitsgruppe von Sachverständigen, welche Lösungen möglich sind. Ihre Frage läßt sich deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beantworten. Die Übernahme der Fahrtkosten gehört ebenfalls zu den noch offenen Problemen des individuellen Leistungsrechts und steht bei den genannten Beratungen mit zur Diskussion. Für die Behinderten, die einen Kostenträger haben, werden auch die Fahrtkosten von den jeweiligen Kostenträgern aufgebracht. Die Frage, ob Fahrtkosten auch für Lohnempfänger übernommen werden sollen, wird nach ähnlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sein wie die Frage der Finanzierung der Arbeitgeberbeiträge. Die innerhalb der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Hauptfürsorgestellen zu führende Diskussion, ob im Rahmen der nachgehenden Hilfe im Arbeitsleben nach § 28 des Schwerbehindertengesetzes solche Fahrtkosten getragen werden können, ist noch nicht abgeschlossen. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen B 18 und 19) : Hält die Bundesregierung die Äußerung des Bundeswirtschaftsministers in der "Wirtschaftswoche" vom 6. Juni 1975, wonach ein neues Konjunkturprogramm nicht in Betracht käme, vereinbar mit der gleichzeitigen Ankündigung des Bundesarbeitsministers zur Freigabe von 250 Millionen DM zur Finanzierung gemeindlicher Sozialeinrichtungen unter konjunkturpolitischer Zielsetzung? Auf Grund welcher Berechnungen ist die Bundesregierung zu der Auffassung gelangt, daß sich mit dem Betrag von 250 Millionen DM, die aus dem letzten Konjunkturprogramm 1974 nicht in Anspruch genommen worden sind und die jetzt zur Finanzierung kommunaler Sozialeinrichtungen ausgegeben werden sollen, 15 000 bis 20 000 Arbeitslose eine neue Beschäftigung finden? Bei der vom Kabinett beschlossenen Freigabe von Mitteln zur Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch die Bundesanstalt für Arbeit handelt es sich nicht um ein neues Konjunkturprogramm. Hierbei geht es vielmehr um die Verwendung der Restmittel aus den arbeitsmarktpolitischen Beschäftigungshilfen, die als Teil des Konjunkturprogramms vom Dezember 1974 beschlossen wurden. Diese Verwendung liegt in der Zielsetzung und im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten des Konjunkturprogramms vom vergangenen Dezember. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich bemerken: Die Anträge auf Zuschüsse liegen der Bundesanstalt für Arbeit bereits vor. Zum Teil sind sie schon bewilligt. Aus diesen Anträgen läßt sich schließen, daß Arbeitskräfte in der von Ihnen genannten Größenordnung gefördert werden. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 20) : Wie haben sich die Zuwendungen an die freien und politischen Jugendverbände allgemein und für ihren internationalen Jugendaustausch seit Amtsantritt der sozialliberalen Bundesregierung im Jahr 1969 entwickelt? Im Rahmen des Bundesjugendplanes hat die Bundesregierung nachstehende Beträge für die Förderung zentraler Aufgaben der Jugendverbände (Deutscher Bundesjugendring und seine Mitgliedsverbände, Deutsche Sportjugend und ihre Mitgliedsverbände, Ring Politischer Jugend und seine Mitgliedsverbände, sonstige zentrale Jugendverbände) bereitgestellt: Jahr Deutscher Deutsche Sportjugend und ihre Mitgliedsverbände Ring Politischer Jugend und seine Mitgliedsverbände Sonstige zentrale Jugendverbände Bundesjugendring und seine DM DM DM Mitgliedsverbände DM 1969 7 100 000 *) 550 000 495 000 1970 7 080 000 1 705 000 665 000 590 000 1971 7 560 000 2 145 000 715 000 640 000 1972 7 560 000 2 145 000 715 000 640 000 1973 8 710 000 2 360 000 785 000 770 000 1974 9 295 000 2 515 000 830 000 825 000 1975 9 777 300 2 637 800 857 400 864 900 Für die internationale Jugendarbeit wurden im gleichen Zeitraum folgende Mittel zur Verfügung gestellt: Jahr Deutscher Deutsche Sonstige Bundesjugendring und seine Sportjugend und zentrale Jugendverbände Mitgliedsverbände ihre Mitgliedsverbände DM DM DM 1969 3 038 805 *) 384 092 1970 3 540 760 *) 530 297 1971 2 670 242 1 496 830 410 350 1972 2 952 263 1 650 000 600 553 1973 3 133 006 1 711 250 701 083 1974 3 392 979 1 729 300 742 030 1975 (Planung) 3 100 000 1 700 000 740 000 Die mit *) bezeichneten Positionen wurden in den genannten Jahren für die beiden Trägerbereiche gemeinsam bewirtschaftet. Bei den Zahlenangaben über die internationale Jugendarbeit für die sonstigen zentralen Jugendverbände enthalten den Gesamtansatz sowohl für den Ring Politischer Jugend und seine Mitgliedsverbände als auch für den Bereich der anderen zentralen Jugendverbände und der sonstigen zentralen Organisationen der Jugendarbeit. Über die genannten Beträge hinaus partizipierten Jugendorganisationen — je nach ihrer Aufgabenstellung und ihren Arbeitsschwerpunkten — auch an den Förderungsmitteln in anderen Programmen des Bundesjugendplanes (z. B. Sonderprogramm der politischen Bildung, Freiwilliger sozialer Dienst, Erprobung neuer Konzeptionen und Methoden in der Jugendhilfe, Sportliche Jugendbildung). Diese Beträge sind hier nicht berücksichtigt worden, weil nicht alle Jugendverbände gleichartig und gleich- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12791* mäßig in diesen verschiedenen Aufgabenbereichen engagiert sind. Sie können deshalb zu Vergleichszwecken nicht herangezogen werden. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 21): Wann wird die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Blei-Zink-Gesetzes einbringen mit dem Ziel, den gesetzlich zugelassenen Bleianteil auf einen mit dem Gesundheitsschutz zu vereinbarenden vom Hundertsatz zu senken? Artikel 4 des Gesetzes zur Gesamtreform des Lebensmittelrechts sieht die Möglichkeit zur Ablösung des Blei-Zink-Gesetzes durch lebensmittelrechtliche Verordnungen bereits vor. Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hält den Erlaß entsprechender Rechtsvorschriften für dringend erforderlich. Eine groß angelegte Fragebogenaktion bei den obersten Landesgesundheits- und -veterinärbehörden sowie bei allen in Betracht kommenden Bundesanstalten, die der Vorbereitung dieser Rechtsvorschriften diente, konnte inzwischen abgeschlossen und ausgewertet werden. Die Auswertung der Fragebogen hat aber gezeigt, daß für den Erlaß von Rechtsvorschriften noch materielle Unterlagen fehlen. Für die Festsetzung von Lässigkeitsgrenzen für Blei und andere Schwermetalle oder für eine prozentuale Beschränkung dieser Stoffe in Bedarfsgegenständen sind deshalb noch weitere umfangreiche Recherchen und Sachverständigenbefragungen sowie Erörterungen mit den betroffenen Wirtschaftskreisen unumgänglich. Für diese Sachfrage ist auch ein Forschungsauftrag vergeben worden, Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit wird im Hinblick auf die Bedeutung von Regelungen über die Schwermetall-Lässigkeit von Bedarfsgegenständen bemüht sein, möglichst kurzfristig zu den im Interesse des Gesundheitsschutzes notwendigen und wirtschaftlich vertretbaren Lösungen zu kommen. Mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Materie ist es jedoch zur Zeit nicht möglich, einen Termin für den Erlaß der Rechtsverordnung zu nennen. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen B 22 und 23) : Ist die Bundesregierung bereit, um die Übernahme der internationalen Jugendstätte in Baasem durch die Otto-Benecke-Stiftung zur Durchführung von Sprachkursen für junge spätausgesiedelte oder geflüchtete Studienbewerber zu ermöglichen, sich an den Kosten zur Errichtung von Freizeiteinrichtungen im notwendigen Umfang zu beteiligen, um den jungen Menschen während ihrer mehrwöchigen Kurse einen Ausgleich zu bieten? Wie hoch würde der tatsächliche oder prozentuale Anteil der Bundesregierung unter diesen Voraussetzungen sein? Zu Frage B 22: Die Bundesregierung ist im Falle der Übernahme der Internationalen Jugendstätte Baasem durch die Otto-Benecke-Stiftung grundsätzlich bereit, sich an den Kosten notwendiger Freizeiteinrichtungen im Rahmen des Möglichen zu beteiligen. Zu Frage B 23: Über eine mögliche Kostenbeteiligung bedarf es noch Verhandlungen mit dem Land Nordrhein-Westfalen. Diese können jedoch erst geführt werden, wenn die Frage der Übernahme durch die Otto- Benecke-Stiftung abschließend geklärt ist und der Mittelbedarf für die zu schaffenden Freizeiteinrichtungen feststeht. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 24) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Insektengift „Vapona" mit großer Wahrscheinlichkeit für den Menschen ebenfalls schädlich ist und darum in einigen Ländern bereits verboten wurde, und erwägt die Bundesregierung ähnliche Maßnahmen? Der Bundesregierung ist kein Land bekannt, in dem der in Handelsprodukten enthaltene Wirkstoff Dichlorvos — auch Vapona genannt — verboten ist. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch und bei Einhaltung der vom Bundesgesundheitsamt aufgestellten Hinweise, mit denen Hersteller dichlorvoshaltige Zubereitungen kennzeichnen müssen, sieht die Bundesregierung nach den heutigen wissenschaftlichen Kenntnissen keine Gefahr für den Menschen und daher keine Veranlassung, das Insektizid Dichlorvos sowie dichlorphoshaltige Zubereitungen zu verbieten. Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage B 25) : Treffen Pressemitteilungen („Tagesspiegel" vom 14. Mai 1975) zu, denenzufolge eine Reihe von Haarfärbemitteln mit großer Wahrscheinlichkeit krebserzeugende Konsistenzen enthalten, und welche sofortigen und weiteren Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung angesichts dieses Sachverhalts gegen die entsprechenden auf dem Markt befindlichen Produkte zu ergreifen? Die der Bundesregierung bekanntgewordenen Pressemitteilungen gehen auf die in den USA durchgeführten Vorversuche zurück, mit denen ermittelt werden soll, ob einige Stoffe, die in Haarfärbemitteln Verwendung finden, eine krebserregende Wirkung aufweisen. Die bisher durchgeführten Untersuchungen geben noch keine Auskunft darüber, ob diese Stoffe krebserregend sind. Ergebnisse sind voraussichtlich erst in einem halben Jahr zu erwarten. 12792* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Nach § 24 Nummer 2 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes vom 15. August 1974 ist es verboten, Stoffe, die bei bestimmungsgemäßem oder vorauszusehendem Gebrauch geeignet sind, die Gesundheit zu schädigen, als kosmetische Mittel in den Verkehr zu bringen. Sofern sich also herausstellt, daß in Haarfärbemitteln enthaltene Stoffe die menschliche Gesundheit schädigen, dürfen sie nicht in den Verkehr gebracht werden. Die Bundesregierung wird bei Vorliegen ungünstiger Untersuchungsergebnisse die für den Vollzug des Gesetzes zuständigen obersten Landesbehörden und die betroffene Wirtschaft unverzüglich hiervon unterrichten. Im übrigen erarbeitet die Kosmetik-Kommission beim Bundesgesundheitsamt, die sich laufend mit den aktuellen toxikologischen Problemen auch der Haarfärbemittel befaßt, zur Zeit eine Liste derjenigen Stoffe, die in Haarfärbemitteln wegen ihrer gesundheitlichen Unbedenklichkeit ausschließlich verwendet werden sollten. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 26) : Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um zu vermeiden, daß von der beabsichtigten Verbreiterung der Bundesautobahn A 67/A 6 (A 10 alt) auf sechs Spuren im Bereich der Stadt Viernheim schädliche Wirkungen auf das benachbarte Wohngebiet östlich und das geplante Erholungsgebiet westlich der Bundesautobahn ausgehen, und ist die Bundesregierung insbesondere bereit, den von der Stadt Viernheim vorgebrachten Einwendungen stattzugeben? Für die vorgesehene Verbreiterung der Autobahn A 67 auf 6 Spuren läuft zur Zeit das Planfeststellungsverfahren. Planfestellungsbehörde ist in Hessen der Hessische Minister für Wirtschaft und Technik. Er hat auch über alle im Rahmen des Verfahrens vorgebrachten Einwendungen in dem von ihm zu erlassenden Planfeststellungbeschluß zu entscheiden. Der Bundesminister für Verkehr kann in das laufende Verfahren nicht eingreifen. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen B 27 und 28) : Treffen Meldungen zu, wonach der Autobahnabschnitt Singen- Überlingen nur zum Teil in die 1. Dringlichkeit des Fünfjahresplans 1976 bis 1980 kommen soll, obwohl dieser Abschnitt schon im Fünfjahresplan 1971 bis 1975 in der 1. Dringlichkeit war? Ist der Bundesregierung klar, daß die Ortsdurchfahrten und der Bodenseeuferbereich zwischen Singen—Stockach—Überlingen nicht mehr länger auf die überfällige Verkehrsentlastung warten können? Die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung des Bedarfsplanes ist noch nicht abgeschlossen. Aus diesem Grunde lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Aussagen über die künftige Dringlichkeitseinstufung des BAB-Abschnitts Singen—Überlingen machen. Die schwierigen Verkehrsverhältnisse in den genannten Ortsdurchfahrten sind bekannt, und eine baldmöglichste Besserung dieser Zustände wird nach wie vor angestrebt. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 29) : Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Einstellung der Bundesbahnstrecke Moerlenbach—Wahlen zu verhindern? Die Deutsche Bundesbahn hat ein Stillegungsverfahren für diese Strecke noch nicht eingeleitet. Erst nach Vorlage eines Stillegungs-Antrages mit entsprechenden Unterlagen kann die Frage einer Beibehaltung dieser Strecke geprüft werden. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Link (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen B 30 und 31) : Treffen die Aussagen des hessischen Ministers für Wirtschaft und Verkehr zu, wonach die Bundesregierung bereit ist, die Kosten für die Führung der Bundesautobahn A 66 (früher A 80) als Tunnel (auf der Trasse Miquel—Adickes—Allee) im Frankfurter Alleenring zu übernehmen? Ist die Bundesregierung bereit, mögliche alternative Trassenführungen in gleichem Umfang zu bezuschussen, und welche Planungen gibt es gegebenenfalls dafür? Der Bundesminister für Verkehr hält eine als Autobahn stadtnah geführte Straßenverbindung zwischen der Miquelallee und der A 49 (früher A 91) zur wirksamen Entlastung des städtischen Straßennetzes für notwendig. Da eine nördliche Umfahrung der Stadt dieser Funktion nicht gerecht werden würde, könnte diese nicht zu Lasten des Bundes gebaut werden. Die Tunnellösung ist eine der in technischer Hinsicht möglichen Lösungen für eine stadtnahe Verbindung. Im Auftrage des Bundesministers für Verkehr prüft der Hessische Minister für Wirtschaft und Technik in einer ökonomischen Untersuchung (Kosten-Nutzen-Rechnung) unter besonderer Berücksichtigung der Umweltprobleme die Vor- und Nachteile der einzelnen Lösungen. Der Bundesminister für Verkehr hofft, daß das Einvernehmen mit der Stadt zur stadtnahen Führung der Autobahn, zur Kostenteilung und Bauträgerschaft hergestellt werden wird. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 32) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich in Hauptverkehrszeiten auf der B 27 vor den Verkehrsampeln an der sogenannten Adler-Kreuzung in Tübingen-Lustnau regelmäßig ein Verkehrsstau von mehreren Kilometern Länge bildet, und ist die Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12793* Bundesregierung bereit, den kreuzungsfreien Ausbau der B 27 an dieser Stelle entsprechend den Vorstellungen des Regierungspräsidiums in Tübingen in den 1976 beginnenden Fünfjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen aufzunehmen? Die Verkehrsprobleme, die sich im Einmündungsbereich B 27/B 297 („Adlerkreuzung") in Tübingen aus der begrenzten Leistungsfähigkeit der bestehenden Anlage ergeben, sind bekannt. Die Maßnahme zum höhenfreien Ausbau dieses Bereichs der B 27 wird entsprechend auch in die Überlegungen bei Aufstellung des künftigen Bauprogramms einbezogen. Die Einplanung macht bei der vorliegenden Größenordnung (über 20 Millionen DM) naturgemäß besondere Schwierigkeiten. Die Vielzahl anstehender und vordringlicher Maßnahmen und die sich verschärfenden Finanzierungsmöglichkeiten lassen eine kurzfristige Verwirklichung dieser Maßnahme aus heutiger Sicht nicht zu. Festlegungen für die Jahre nach 1976 sind jedoch noch nicht getroffen. Für eine endgültige Aussage muß die derzeitig stattfindende Überprüfung des Bedarfsplans und Aufstellung des 2. Fünfjahresplans abgewartet werden. Zur Verbesserung der bestehenden Verhältnisse ist eine Zwischenlösung (Anlage einer Rechtsabbiegerspur) vorgesehen. Eine solche kleinere Maßnahme ist sowohl vom baulichen als insbesondere auch vom finanziellen Aufwand her kurzfristig zu verwirklichen. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lemmrich (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 33) : Welche Reparaturkosten auf Bundesfernstraßen haben Spikesreifen seit ihrer Einführung verursacht? Bereits 1971 hat ein Bund-Länder-Ausschuß aufgrund von Meßergebnissen aus fünf Bundesländern die durch Spikes verursachten Unterhaltungskosten für das gesamte überörtliche Netz von seinerzeit 165 000 km Länge ermittelt. Die Hochrechnung, die wie bei vielen Ermittlungen im Verkehrsbereich auf einigen Annahmen (z. B. Spikesanteil in den einzelnen Verkehrsklassen, Gesamtzahl der Spikesüberrollungen innerhalb eines Jahres) aufbauen mußte, führte zu dem Ergebnis, daß jährlich etwa 4 353 km zweispurige Straßen des betrachteten Netzes, in erster Linie Straßen für starken und sehr starken Verkehr, erneuert werden müssen. Bei einem Erneuerungssatz von etwa 100 000 DM/km für diese Straßenklassen, welcher auch die Kosten für Baustelleneinrichtung, -räumung, -absperrung und -beschilderung enthält, fielen allein für die 165 000 km jährliche Kosten von 435 Millionen DM an. Nicht berücksichtigt sind bei dieser Kostenschätzung die Straßen mit einer Verkehrsbelastung unter 4 000 Kfz/Tag und das Netz der Gemeindestraßen, das ebenfalls erhebliche Spikesschäden aufweist. Außerdem liegen die Kosten für die Erneuerung auf Autobahnen um 50-100 % höher als mit 100 000 DM/km angenommen. Bei der Wertung der Kostenschätzung ist zu beachten, daß sich seit 1972 die Zahl der Spikesbenutzer und damit der Umfang der Spikesschäden von Jahr zu Jahr verringert hat. Anfang dieses Jahres wurden die Bundesländer erneut gebeten, den Umfang und die geschätzten Instandsetzungskosten der Spikesschäden zu melden. Dabei sollte auch die Zeitdauer bis zum Abschluß der Instandsetzungsmaßnahmen unter Beachtung der technischen und haushaltsmäßigen Möglichkeiten unter der Voraussetzung angegeben werden, daß das Verbot der Spikesreifenbenutzung ab 1. Mai 1975 endgültig ist und keine weiteren Spikesschäden mehr zu erwarten sind. Die Stellungnahmen der Länder stehen teilweise noch aus. Bisher vorliegende Angaben lassen erkennen, daß in den nächsten 5-6 Jahren insgesamt Kosten von mehreren 100 Millionen DM für die Wiederherstellung der Verkehrssicherheit durch Beseitigung der von den Spikesreifen hervorgerufenen Schäden entstehen werden. Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 7/3763 Fragen B 34 und 35) : Bestehen bei der Deutschen Bundesbahn Pläne, daß eine neue Bundesbahnstrecke von Koblenz nach Wiesbaden geführt werden soll? Falls dies zutrifft, wird die Deutsche Bundesbahn dann bei der Trassenführung den strukturschwachen Raum Nastätten in ihre Planungen einbeziehen? In den unternehmenspolitischen Zielvorgaben für den Vorstand der Deutschen Bundesbahn (DB) hat der Bundesminister für Verkehr die DB aufgefordert, anstelle der geplanten Strecke Köln—Groß Gerau (Westerwaldtrasse) einen anderen Lösungsvorschlag zur Verbesserung der Verbindung Köln—Frankfurt zu entwickeln. Im Rahmen der Untersuchungen für alternative Möglichkeiten wird auch eine Verbindung von Koblenz nach Wiesbaden in die Überlegungen einbezogen. Die Planungen hierfür sind noch nicht abgeschlossen, so daß keine abschließende Aussage über die Trassenführung und somit auch nicht über einen Anschluß der Stadt Nastätten gemacht werden kann. Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage B 36) : Ist sichergestellt, daß die rechtlichen Voraussetzungen für den Bau der B 44 im Bereich Dornheim—Stodckstadt noch in diesem Jahr durch Einleitung des Planfeststellungsverfahrens geschaffen werden? Es ist vorgesehen, nach abschließender Fertigstellung der zur Zeit noch in Arbeit befindlichen Planfeststellungsunterlagen noch im Sommer dieses 12794* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Jahres das Planfeststellungsverfahren für den Bau der B 44 zwischen Dornheim und Stockstadt einzuleiten. Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schweitzer (SPD) (Drucksache 7/3763 Fragen B 37 und 38) : Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, auf Nahverkehrsstrecken mit einem nachweislich besonders hohen Verkehrsaufkommen — wie z. B. zwischen Andernach und Bonn — in Spitzenzeiten des Berufsverkehrs zusätzliche Wagen für die fahrplanmäßigen Züge bereitzustellen? Welche organisatorischen Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen oder wird sie noch ergreifen, um sicherzustellen, daß besonders im Hinblick auf die Stillegung von Bundesbahnstreckenabschnitten künftig ein Verbundsystem Bahn—Omnibusverkehr noch besser funktioniert? Zu Frage B 37: Die Gestaltung des Reisezugfahrplans der Deutschen Bundesbahn (DB) und die damit zusammenhängende Bemessung des Platzangebots der Züge liegt nach den Bestimmungen des Bundesbahngesetzes in der Zuständigkeit der DB. Zu Ihrer Frage hat die DB mitgeteilt, daß sie in den Spitzenzeiten des Berufsverkehrs im allgemeinen die Nahverkehrs- und Eilzüge nicht durch zusätzliche Wagen verstärken kann. Während dieser Zeiten sind ohnehin alle verfügbaren Fahrzeuge im Einsatz. Die jeweilige Wagenzahl der Züge wird auf Grund von regelmäßigen Reisendenzählungen festgelegt. Dabei sind jedoch neben der Verfügbarkeit der Wagen auch betriebliche Gegebenheiten zu beachten, wie z. B. die Bahnsteiglängen der Haltebahnhöfe oder die zulässige Zuglast. Auf der Strecke Andernach–Bonn hat z. B. der Eilzug 3005, der um 6.42 Uhr in Koblenz nach Dortmund abfährt, die betrieblich mögliche maximale Zuglänge. Kurzzeitige starke Besetzungen dieses Zuges — vor allem zwischen Remagen und Bonn — sind daher nach Auskunft der DB leider nicht zu vermeiden. Zu Frage B 38: Bei der Stillegung von Bundesbahnstrecken bietet die DB stets einen Busverkehr an, der die bisherige Schienenbedienung ersetzt und häufig noch verbessert. Hierbei ist die Anbindung an das bestehende Schienennetz stets Voraussetzung. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 39) : Da das Fusionskonzept der Verwaltung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen ergibt, daß Braunschweig Filialbetrieb der OPD Hannover werden soll, frage ich die Bundesregierung, welche Abteilungen aus Braunschweig abgezogen werden, wieviel Arbeitsplätze dadurch auf die Dauer verlorengehen und wieviel Personalumbesetzungen aus Braunschweig nach Hannover erfolgen sollen? Die Planung für die Vereinigung der Oberpostdirektionen Hannover und Braunschweig sieht vor, daß die Produktionsbereiche und Querschnittsaufgaben der heutigen Oberpostdirektionen weitgehend zusammengefaßt werden und für den künftig vereinigten Gesamtbezirk zuständig sind. Eine Prüfung der Standortfragen und Aufgaben für diese Bereiche hat folgendes ergeben: Am Standort Hannover werden die Produktionsbereiche Post- und Fernmeldewesen geschlossen zusammengefaßt, Teile der Abteilung für Personalangelegenheiten sowie der Abteilung für Bauangelegenheiten eingerichtet, aus der Abteilung Haushalts- und Rechnungsangelegenheiten lediglich ein Referat. Die am Standort Braunschweig vorgesehenen Organisationseinheiten mit künftig erweiterter Zuständigkeit für den Gesamtbezirk sind nahezu die gesamte Abteilung Haushalts- und Rechnungsangelegenheiten mit den Referaten für Kassen- und Rechnungswesen, für Beschaffung, für Liegenschaften und Wohnungsbau, aus der Abteilung Personalangelegenheiten die Referate für Ausbildung und Versorgung, ein Referat für Revision im Fernmeldewesen und die zentrale Bearbeitung der Kraftfahrzeug-Unfälle unter zusätzlicher Einbeziehung des heutigen Oberpostdirektions-Bezirks Bremen. An Einrichtungen mit regionaler Zuständigkeit für den bisherigen Bezirk werden in Braunschweig verbleiben zwei Hochbaureferate, ein Referat für Haustechnik und die Post- und Fernmeldeschule. Daneben bleiben Bestandskonten verwaltende Einrichtungen wie die Besoldungskasse am Standort Braunschweig bestehen. Durch diese Maßnahmen wird erreicht, daß die von der Deutschen Bundespost errechneten Personaleinsparungen nicht allein zu Lasten des Standortes und damit der heutigen Oberpostdirektion Braunschweig gehen, sondern auch von Hannover mitgetragen werden müssen. Im einzelnen wurden errechnet: die Einsparungen in Hannover mit 29,8 Arbeitsposten, die Einsparungen in Braunschweig mit 43,5 Arbeitsposten (dazu ein Präsident und drei Abteilungsleiter), die räumlichen Personalumsetzungen ohne Berücksichtigung der natürlichen Fluktuation durch Zurruhesetzung u. ä. für Hannover und Braunschweig gemeinsam mit 54 Kräften. Beim gegenwärtigen Stand der Planungen kann die Zahl der Personalumsetzungen aus Braunschweig nach Hannover noch nicht angegeben werden. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 12795* Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Köhler (Wolfsburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Fragen B 40 und 41): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß der Fortbestand des mit erheblichen Investitionen neu ausgebauten Verwaltungspostamts Helmstedt als wichtige Behörde im engeren Zonenrandgrenzgebiet garantiert werden muß, und welche Maßnahmen gedenkt sie zu ergreifen, um dia damit in Zusammenhang stehenden Arbeitsplätze am Ort zu erhalten und dauerhaft zu sichern? Welche Konzeption verfolgt die Bundesregierung im Hinblick auf Zuordnungsüberlegungen für die postalische Ablauforganisation im Bereich der Gemeinden Velpke, Königslutter und Schöningen? Zu Frage B 40: Die Organisationsform des Postamts Helmstedt soll im Zusammenhang mit den z. Z. laufenden Planungen zur Rationalisierung des Verwaltungsdienstes bei den Postämtern nicht geändert werden. Es ist vorgesehen, die Verwaltungsaufgaben der Postämter Helmstedt und Schöningen in Helmstedt zusammenzufassen. Zu Frage B 41: Grundsätzliche Änderungen der postalischen Ablauforganisation in den Gemeinden Velpke, Königslutter und Schöningen sind nicht beabsichtigt. Die Gemeinde Velpke liegt im Bezirk des Postamts Vorsfelde. Nachdem die Stadt Vorsfelde in die Stadt Wolfsburg eingemeindet wurde, sollen nunmehr auch das Postamt Vorsfelde und alle in seinem Bezirk liegenden Postanstalten, also auch das Postamt Velpke, dem Postamt Wolfsburg unterstellt werden. Die Gemeinde Velpke wird damit in die postalische Leiteinheit Wolfsburg eingegliedert werden. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/3763 Frage B 42) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Einführung einer steuerfreien Rücklagenbildung für Reparatur- bzw. Modernisierungs-betrage von den Mieteinnahmen beim Althausbesitz zur Anregung der Privatinitiativen für Reparatur- und Modernisierungsmaßnahmen beim Althausbesitz? Bereits nach geltendem Steuerrecht bestehen auf dem von Ihnen angesprochenen Gebiet gewisse Vergüstigungen, die sich als erhebliche Finanzierungshilfen für die betroffenen Steuerpflichtigen auswirken. Größerer Erhaltungsaufwand für Wohngebäude, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen, kann nach § 82 b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung — EStDV — gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilt werden. Modernisierungsaufwand - soweit er für in der Anlage 7 zu § 82 a EStDV aufgezählte Anlagen und Einrichtungen getätigt wird - kann bei Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1957 fertiggestellt worden sind, im Jahr des Einbaus der Anlagen und Einrichtungen und in den folgenden neun Jahren mit jeweils bis zu 10 v. H. der Kosten erhöht abgesetzt werden. Zusätzlich zu diesen vorhandenen Steuerbegünstigungen kann die Einführung einer steuerfreien Rücklage nicht in Betracht kommen. Die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten läßt steuersystematisch die Bildung der von Ihnen genannten Rücklage nicht zu. Sie kann unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit der Besteuerung (Art. 3 GG) nicht befürwortet werden. Auch in anderen Bereichen steht eine derartige Steuerbegünstigung nicht zur Verfügung. Künftiger Reparatur- und Modernisierungsaufwand muß aus den Einnahmen der Vergangenheit finanziert werden. Der Steuerausfall einer allgemein zugelassenen steuerfreien Rücklage könnte haushaltspolitisch nicht verantwortet werden. Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Simpfendörfer (SPD) (Drucksache 7/3763 Fragen B 43 und 44) : Trifft es zu, daß die weit überwiegende Zahl der Landwirte bei der Einkommensermittlung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz Arbeitnehmern gegenüber deshalb begünstigt ist, weil in Ermangelung einer Einkommensteuererklärung ihr Einkommen mit Null angesetzt wird? Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, die unruhestiftende Regelung zu überprüfen und möglicherweise eine Veranlagungsmethode einzuführen, wie sie für die Beiträge zur landwirtschaftlichen Krankenkasse praktiziert wird? Einkommen i. S. des BAföG ist nach § 21 Abs. 1 — von Ausnahmen abgesehen — der Gesamtbetrag der Einkünfte i. S. des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Abzug der Steuern und Aufwendungen zur sozialen Sicherung. Bei der steuerlichen Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wird, soweit eine gesetzliche Verpflichtung, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, nicht besteht, nach § 13 a Abs. 2 bis 6 EStG verfahren. Bei dieser Gewinnermittlung kommt durchschnittlich knapp die Hälfte der tatsächlichen Gewinne zum Ansatz. Bei einem Teil der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe führt diese steuerliche Begünstigung zu Einkünften in einer Höhe, daß eine Steuerpflicht nicht besteht und darum eine Veranlagung nicht durchgeführt wird. Die Anbindung des förderungsrechtlichen Einkommensbegriffs an den steuerlichen Begriff des Gesamtbetrages der Einkünfte bewirkt, daß die vorbezeichnete steuerliche Begünstigung bei der Gewinnermittlung der nichtbuchführenden Landwirte sich auch bei der Berechnung der Förderungsleistung nach dem BAföG begünstigend auswirkt. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß die vorbezeichnete steuerliche Begünstigung und ihre 12796* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975 Auswirkungen bei der Leistung von Ausbildungsförderung Unruhe gestiftet haben. Die Bemessung der Beiträge zur landwirtschaftlichen Krankenkasse geht nicht von dem tatsächlichen Einkommen aus, sondern von einem theoretischen Ertragswert des Betriebes. Die Veranlagungsmethode bei diesem Umlageverfahren ist daher zur Einkommensermittlung im Rahmen der Ausbildungsförderung nicht geeignet. Die Bundesregierung wird erneut prüfen, ob und ggf. inwieweit eine Änderung des geltenden Ausbildungsförderungsrechts notwendig ist. Anlage 80 Antwort des Bundesministers Bahr auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engholm (SPD) (Drucksache 7/3763 Frage B 45) : Welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, bei Dürrekatastrophen — insbesondere bei der lebensnotwendigen Versorgung mit Trinkwasser — im Rahmen der Entwicklungspolitik zu helfen, wie hat sie dies bisher getan, und was ist für künftige Fälle dieser Art geplant? Dürrekatastrophen treten meist dort auf, wo die Wasserversorgung ohnehin nicht hinreichend gesichert ist. Dementsprechend wird z. B. in den Sahel-Ländern Mali, Obervolta, Senegal, Tschad und Niger dieser Sektor — oft in Verbindung mit Landwirtschaft — schon seit mehreren Jahren als Schwerpunkt der finanziellen und technischen Zusammenarbeit betrachtet. Dürrekatastrophen wirken sich derart aus, daß die vorhandenen Flüsse, Brunnen, Quellen usw. weniger Wasser führen oder ganz versiegen, so daß nacheinander die Versorgung von Pflanzen, Tieren und Menschen kritisch wird; dezimierte Viehbestände und Menschen konzentrieren sich auf die restlichen verbliebenen Wasserquellen oder fliehen in größere Orte oder Auffanglager für die nomadische Landbevölkerung. Dort kann im Rahmen von Sofortmaßnahmen auf nationaler oder internationaler Ebene unter großen Schwierigkeiten und zu hohen Kosten das Trinkwasserangebot etwa durch Einsatz von Tankwagen sowie Aufbereitung von sonst ungenießbarem Wasser gesteigert werden. Die Bundesregierung hat die begrenzten Möglichkeiten von Entwicklungsländern für derartige Vorhaben z. B. durch Lieferung bzw. Finanzierung von Geräten und Spezialfahrzeugen — z. B. 1973 ca. 1,5 Millionen DM Soforthilfekredit für Tankfahrzeuge in Mali — unterstützt. Der anhaltenden Unterversorgung mit Wasser ist jedoch nur im Rahmen der bestehenden, zum Teil aufgrund der Dürrekatastrophen erweiterten oder neuen, mit höherer Priorität versehenen mehrjährigen Projekten entgegenzuwirken, welche zusätzliche, weniger niederschlagsabhängige Quellen (z. B. durch tiefere Brunnen oder Zuleitung aus entfernteren, ganzjährig wasserführenden Flüssen) erschließen und nutzen. So werden z. B. im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit mit Niger Versuchs- und Nutzbohrungen niedergebracht, vorhandene Brunnen in Tahoua umgerüstet und die Oasen Timia und Iferouane rehabilitiert. In Obervolta wurden 1,7 Millionen DM Kapitalhilfe für den Ausbau der Wasserversorgung von 9 Provinzstädten und 22 für die Wasserversorgung von Koudougou und Ouagadougou aus dem Schwarzen Volta-Fluß bereitgestellt. Trotz derartiger staatlicher Projekte und wachsender Zuschüsse zu nichtstaatlichen Aktivitäten (besonders Brunnenbau in ländlichen Zonen durch kirchliche Trägerorganisationen), sowie hoher Investitionen des Europäischen Entwicklungsfonds, der Weltbank, Frankreichs und anderer Geber werden, insbesondere aufgrund der begrenzten Finanzkraft der Sahel-Länder, auch künftig Versorgungsengpässe nicht auszuschließen sein.
Gesamtes Protokol
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718200000
Die Sitzung ist eröffnet.
Als Nachfolger für den Abgeordneten Wurche ist mit Wirkung vom 18. Juni 1975 der Abgeordnete Grimming in den Bundestag eingetreten, und als Nachfolger für den verstorbenen Abgeordneten Heyen ist mit Wirkung vom 19. Juni 1975 der Abgeordnete Männing in den Bundestag eingetreten. Ich begrüße die Kollegen und wünsche ihnen eine erfolgreiche Arbeit im Deutschen Bundestag.

(Beifall)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um die in der vorliegenden Liste aufgeführte Vorlage ergänzt werden:
Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung des Gerichtskostengesetzes, des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Vorschriften
— Drucksache 7/3803 —Berichterstatter: Abgeordneter Kleinert
Das Haus ist damit einverstanden; es ist so beschlossen. Interfraktionell ist vereinbart worden, daß dieser Punkt heute als erster aufgerufen wird.
Gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht rückt der Abgeordnete Dr. Weber (Köln) für den Abgeordneten Wehner, der sein Mandat im Wahlmännerausschuß niedergelegt hat, aus der Reihe der nicht mehr Gewählten als Mitglied im Wahlmännerausschuß nach, nachdem der Abgeordnete Dr. Schmude auf seine Mitgliedschaft im Wahlmännerausschuß verzichtet hat.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 12. Juni 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Schulte (Schwäbisch Gmünd), Dr. Müller-Hermann, Lemmrich, Sick, Tillmann, Dr. Stavenhagen, Vehar, Dr. Waffenschmidt und der Fraktion der CDU/CSU betr. Eurocontrol und Flugsicherung — Drucksache 7/3684 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/3799 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 18. Juni 1975 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:
Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Griechenland infolge des Beitritts neuer Mitgliedstaaten zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
Beschluß des Rates betreffend die Einleitung von Verhandlungen mit Griechenland über ein Interimsabkommen infolge des Beitritts neuer Mitgliedstaaten zu der Gemeinschaft
— Drucksache 7/3457 —Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über die Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und dem Staat Israel im Hinblick auf den Abschluß eines Abkommens im Rahmen des Gesamtkonzepts für den Mittelmeerraum
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über die Verhandlungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Staat Israel im Hinblick auf den Abschluß eines Abkommens im Rahmen der Gesamtlösung für den Mittelmeerraum
Empfehlung einer Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Staat Israel
— Drucksache 7/3533 —
Ich rufe nun den eben genannten Zusatzpunkt auf:
Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Änderung des Gerichtskostengesetzes, des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Vorschriften
— Drucksache 7/3803 —
Berichterstatter: Abgeordneter Kleinert Das Wort hat der Herr Berichterstatter.

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0718200100
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Das vom Bundestag in seiner 152. Sitzung am 27. Februar 1975 beschlossene Gesetz hat dem Bundesrat Veranlassung gegeben, den Vermittlungsausschuß anzurufen. Es handelt sich um die Regelung umfangreicher Gebiete aus den eben genannten verschiedenen Gesetzen. Es hat deshalb im Vermittlungsausschuß und auch in einem eigens dafür eingesetzten Gesprächskreis von Mitgliedern beider Seiten des Vermittlungsausschusses ausführliche Beratungen gegeben, die erhebliche Zeit und Anstrengung in Anspruch genommen haben. Es ist dann der Ihnen vorliegende Vorschlag erarbeitet worden, der versucht, den verschiedenen, einander völlig widerstreitenden Interessen in diesem Bereich wenigstens einigermaßen gerecht zu werden.
Es handelt sich darum, daß der Fiskus durch die ständig steigenden Aufwendungen im Bereich der



Kleinert
Justizhaushalte belastet ist und eine Entlastung, mindestens aber keine größere Belastung wünscht, daß im Bereich der Rechtsanwaltschaft, besonders bei kleinen und mittleren Praxen, inzwischen, vom Vergleich der Umsatzzahlen mit den rasant gestiegenen Kosten her gesehen, Zustände eingetreten sind, die den Zugang zumindest zu diesen Bereichen der Rechtsanwaltschaft für junge Assessoren nicht mehr wünschenswert erscheinen lassen, und schließlich — nicht zuletzt, sondern insbesondere — muß versucht werden, den Rechtsuchenden in allen Streitwertbereichen den Zugang zu den Gerichten zu erhalten und nicht etwa durch die Berücksichtigung der Bedürfnisse der beiden erstgenannten Gruppen hier zu einer sogenannten Rechtswegsperre zu kommen.
Das ist versucht worden — um nur die wesentlichsten Punkte herauszugreifen —, indem die vom Bundestag beschlossene Tabelle in der Anlage zum Gerichtskostengesetz im Interesse der Länder noch um ein gewisses, unserer Ansicht nach vertretbar erscheinendes Maß angehoben worden ist.
Die Gebührentabelle in der Anlage zur Rechtsanwaltsgebührenordnung ist gegenüber dem Beschluß des Bundestages nach langen Erörterungen unverändert geblieben, weil man nicht sehen konnte, wie ein Mehraufkommen hätte erreicht werden können, ohne im mittleren gehobenen Bereich sehr erhebliche Verbesserungen vorzunehmen, nachdem man andererseits im Interesse der Rechtsuchenden in dem unteren Bereich praktisch keinerlei Veränderungen vorgenommen hat, um den Rechtsweg nicht zu sehr zu erschweren.
Eine für die Praxis wesentliche Bestimmung ist anders gefaßt worden. Sie betrifft die Festsetzung des Streitwerts in sogenannten immateriellen Streitigkeiten, zu denen in erster Linie die Ehestreitigkeiten zählen. Hier ist von der starren Fixierung auf einen Regelwert, über den im übrigen Unstimmigkeit zwischen den beiden Seiten herrschte, abgegangen worden. In stärkerem Maße, als bisher üblich war, hat man auf das Nettoeinkommen der beiden Ehepartner Bezug genommen, um die notwendigen Verbesserungen durch Belastung derjenigen zu erreichen, die diese am besten tragen können. Die Belastung wird nun im Verhältnis zu dem Einkommen getragen. Der Begriff des Nettoeinkommens erschien uns sozial angemessener als die bisherige Regelung. Er bezeichnet nach ganz allgemeinem Verständnis das Einkommen nach Steuern und Sozialabgaben, also das, was den Parteien für alle Zwecke tatsächlich zur Verfügung steht. Wir glauben nicht, daß es bei dieser Sachlage zu Auslegungsschwierigkeiten kommen kann.
In einer Reihe anderer Punkte werden Interessierte feststellen können, daß gewisse mittlere Zahlen aus den beiderseitigen Vorstellungen entstanden sind, die den Gesamtausgleich nicht so wesentlich berühren.
Ein weiteres Ziel der Bemühungen um einen Kompromiß im Vermittlungsausschuß war, zu erreichen, daß in Zukunft die gesetzlich zulässige Vereinbarung von Gebühren zwischen Rechtsanwälten und ihren Mandanten möglichst stark zurückgeht und wieder die seltene Ausnahme wird, die sie früher einmal war. Das hoffen wir mit der jetzigen Regelung erreicht zu haben. Daraus dürfte sich auch ergeben, daß sich die für die Gesamterhöhung der hier entstehenden Aufwendungen genannten Zahlen relativieren, weil nämlich die Zahl der jetzt schon auf höherer Ebene getroffenen Vereinbarungen erheblich zurückgehen dürfte. Im übrigen entsteht dann wieder das Bild, das unserer Rechtsordnung eigentümlich ist, daß nämlich eine ausgesprochen soziale Handhabung stattfindet, bei der ohne wesentliche Rücksichtnahme auf die Leistung im Einzelfall die großen Sachen die kleinen Sachen mittragen müssen. Dadurch wird dazu beigetragen, daß unsere Rechtsprechung für jedermann, auch für den Schwächeren, im wesentlichen zugänglich bleibt.

(Beifall)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718200200
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. — Das Wort zur Aussprache wird nicht gewünscht.
Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Ich rufe nun Punkt 31 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterrichtung des Bundestages über erhebliche Änderungen der Haushaltsentwicklung
— Drucksachen 7/3360, 7/3716 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. von Bülow
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Dann gebe ich das Wort in der Aussprache Herrn Abgeordneten Leicht.

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0718200300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der Bundesfinanzminister sprach noch während der Haushaltsdebatte im März von einer hervorragenden Finanzlage des Bundes.

(Dr. Barzel [CDU/CSU] : Da hatte ihn noch nicht der Elefant getreten!)

Inzwischen wird Tag für Tag deutlicher, wie sehr er damit unrecht hatte. Die Finanzlage ist für das Jahr 1975 kritisch, für das Jahr 1976 und folgende muß befürchtet werden, daß sie dramatisch wird. Es bestehen ernste Zweifel, ob die Regierung angesichts dieser Situation genügend tut, um der Lage Herr zu werden. Dem Parlament und dem Bürger muß ungeschminkte Aufklärung gegeben werden, die es ihm ermöglicht, die harten Maßnahmen zu begreifen, die unausweichlich näherrücken. Bevor das Parlament in die Sommerpause geht, muß der Offentlichkeit deutlich gemacht werden, welche Probleme in den kommenden Monaten die innenpolitische Szene beherrschen werden.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)




Leicht
Dazu ist die Bundesregierung nach dem Gesetz verpflichtet, das bestimmt:
Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag und den Bundesrat über erhebliche Änderungen der Haushaltsentwicklung und deren Auswirkungen auf die Finanzplanung.
Welche Gesichtspunkte sind es, die eine Unterrichtung des Bundestages notwendig erscheinen lassen? Schon die jetzigen Planzahlen des im März verabschiedeten Haushalts 1975 sind nur noch halbe Wahrheit.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Das Defizit soll in Höhe von 22,8 Milliarden DM durch neue Schulden gedeckt werden; der Finanzminister mußte aber schon zugeben — allerdings nicht hier in diesem Parlament, sondern gegenüber dem „Stern" —, daß die Annahme einer Neuverschuldung 1975 von 30 Milliarden DM nicht unrealistisch ist. Man kann sich unter diesen Zahlen schon nichts mehr vorstellen, aber 30 Milliarden DM Schulden machen bedeutet, daß der Bund pro Tag von den Banken 120 Millionen DM bekommen muß, und zwar Tag für Tag das Jahr über, wenn er seine Verpflichtungen erfüllen will.

(Wohlrabe [CDU/CSU]: Alles vom Sparergeld!)

Die zusätzlichen Mehrbelastungen 1975 — ich kann nur Stichworte nehmen: Arbeitslosenversicherung, Steuerausfälle, Ausfälle bei den Verhandlungen über die Umsatzsteueranteile usw. — führen
zwangsläufig auch zu gewaltigen Mehrbelastungen ab 1976. Die Opposition kann wegen der Geheimnistuerei der Regierung natürlich keine Rechnung vorlegen, sondern nur überschlägige Größenordnungen angeben. Das Defizit 1976 erhöht sich schon bei Berücksichtigung von nur bezifferbaren Mehrbelastungen, wie Auswirkungen der Steuerschätzung, Belastung durch die Investitionszulage, weitere Zuschüsse für die Bundesanstalt für Arbeit, auf etwa 23 Milliarden DM. Darin sind noch nicht einmal die heute schon zu erkennenden nichtbezifferbaren Mehrbelastungen enthalten wie zusätzliche Steuerausfälle, eventuell Mehrbedarf der Bundesbahn, höhere Ausgaben für den Schuldendienst, der im nächsten Jahr allein für Zinsen 10 Milliarden DM betragen wird, und noch einiges mehr.
Ich gehöre nicht zu denen, die das Wort vom „Gerede der zu hohen öffentlichen Verschuldung" gebrauchen. Ich sehe aber in einer zu hohen — und ich betone die Worte „zu hohen" — öffentlichen Verschuldung eine große Gefahr.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gewiß, die Bürger sparen wie noch nie. Aber warum? Doch aus Angst um ihre Zukunft!

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Deshalb und nur deshalb können die riesigen Kredite, die die öffentlichen Hände brauchen, im Moment ohne allzu große Schwierigkeiten am Kreditmarkt noch beschafft werden. Auf der anderen Seite muß man aber auch betonen, daß nicht bei den Ausgaben gekürzt werden darf und kann, die öffentliche
und private Investitionen beleben, denn ein angemessenes Wachstum ist Voraussetzung für sichere Arbeitsplätze, d. h. im Augenblick Abbau der Arbeitslosigkeit, das heißt aber auch, daß die Finanzierung der sozialen Leistungen insgesamt, das alles, was wir als „die Qualität des Lebens" bezeichnen, gesichert bleibt. Zur Wiedergewinnung eines höheren Beschäftigungsstandes aber ist, wie wir alle wissen, ein mittelfristiges reales Wirtschaftswachstum von 3 bis 4 % erforderlich.
Aus gutem Grund setzt das Grundgesetz eine Obergrenze für die zulässige Verschuldung des Bundes, nämlich die Summe der Investitionen im jeweiligen Haushaltsjahr. Nur während einer Rezession kann diese Obergrenze zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, wie das Gesetz sagt, überschritten werden.

(Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Wir sind doch im Aufschwung!)

Kommt es zu einem Wiederaufschwung, den wir ja alle erhoffen — nur kommt er noch nicht —, dann ist dies Obergrenze unabdingbar. Dann also ist es dem Bund durch die Verfassung verboten, sich höher zu verschulden.
Für 1976 sollen sich die Investitionen des Bundes nach dem Finanzplan auf 23,3 Milliarden DM belaufen. Das Defizit auf Grund nur der bezifferbaren Mehrbelastungen übersteigt diese Obergrenze im nächsten Jahr um etwa 10 Milliarden DM oder, anders ausgedrückt, um den Gegenwert einer Mehrwertsteuererhöhung um etwa zwei Prozentpunkte.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Was tut die Regierung eigentlich, um dieser Lage Herr zu werden? Wie lange noch will sie dem Bürger ein verschleiertes Bild von der Finanzsituation geben? Wie lange noch will sie die Offenbarung der Wahrheit und alle unangenehmen Beschlüsse, die notwendig sein werden, vor sich herschieben? Diese Fragen bedürfen der Antwort. Nur umfassende Aufklärung ermöglicht es dem Bürger, die Maßnahmen zu begreifen, die als Folge jahrelanger Fehlentscheidungen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik unausweichlich näherrücken.
Das ist der Grund, weshalb wir es für erforderlich halten, daß die Regierung dem Parlament, bevor es in die Sommerpause geht, ein ungeschminktes Bild der Finanzlage gibt, gewissermaßen Kassensturz macht und die Karten auf den Tisch legt.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Der Öffentlichkeit muß endlich deutlich gemacht werden, welche Probleme in den kommenden Monaten vor uns stehen.
Was ist eigentlich der wirkliche Grund für die Weigerung, Auskunft zu erteilen? Was ist der Grund für die permanente Verletzung des Gesetzes, das der Regierung diese Auskunft als Pflicht auferlegt? Die SPD/FDP übernahm die Regierungsgeschäfte mit dem Versprechen, mehr Transparenz zu schaffen, mehr Information zu geben und mehr Demokratie zu wagen. In der Wirklichkeit hat die Regierung genau das Gegenteil getan. Die Zahlen des Haushalts und ihre Absichten behandelt sie als



Leicht
Staatsgeheimnis, Fragen der Opposition faßt sie als störende Belästigung auf.

(Seiters [CDU/CSU]: So ist es!)

Auf einen sachlich gefaßten Fragenkatalog der Opposition zur Haushaltsentwicklung 1976, die auch das eigentliche Thema des heutigen Antrags ist, erklärte sie vorige Woche, sie habe nicht die Absicht, sich vor ihrer Beschlußfassung über den Haushalt 1976 auf eine Diskussion einzelner Fragen einzulassen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Diese Antwort, meine Damen und Herren, ist eine Zumutung. Sie offenbart Mangel an Demokratieverständnis.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Recht hat Herr Wilhelm Papenhoff im sicherlich nicht der Opposition nahestehenden Westdeutschen Rundfunk gestern diese Antwort als Affront nicht nur gegen die Opposition, sondern gegen den gesamten Bundestag als Institution bezeichnet. Er hat recht.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

Der wirkliche Grund für die Geheimniskrämerei war vor dem 4. Mai das Streben der Regierung, aus Angst vor dem Urteil der Wähler über die verheerenden Auswirkungen von mehr als fünfjähriger SPD/FDP-Finanzpolitik in Bonn alles rosarot zu malen. Mit falschen Aufschwungparolen, mit zurückhaltenden sowie mit unvollständigen und daher falschen Zahlen über Arbeitsmarkt und Konjunktur sollte der Bevölkerung vorgemacht werden, der Aufschwung sei schon da oder er stehe unmittelbar bevor.

(Schröder [Wilhelminenhof] [CDU/CSU] : Den sehen Sie nur nicht!)

Der Bundeskanzler selbst sagte in der „Neuen Ruhr-Zeitung" noch am 3. Mai 1975 wörtlich — ich darf zitieren, Frau Präsidentin —:
Gar kein Zweifel: Die größten Sorgen liegen hinter uns. Es geht jetzt nicht mehr bergab. Es geht jetzt ganz eindeutig aufwärts. Die aufwärtsgerichteten Zeichen mehren sich. Ich bleibe bei meiner Frühsommer-Prognose.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Zu diesem Bild hätte natürlich die Wahrheit über die trostlose Lage der Staatsfinanzen wie die Faust aufs Auge gepaßt.
Der Kollege Haehser hat vor einer Woche in der Fragestunde des Bundestages zwar eine Äußerung des Bundeskanzlers im Fernsehen zitiert, aus der er herauslesen will, auch der Bundeskanzler habe vor den Landtagswahlen am 4. Mai 1975 Steuererhöhungen für den Fall angekündigt, daß es uns wieder besser geht. Aber diese Äußerung ist sehr vage und vieldeutig formuliert. Ihr stehen eine ganze Reihe von Äußerungen verantwortlicher Politiker der SPD und auch der FDP gegenüber, in denen die Absicht einer Mehrwertsteuererhöhung oder anderer Steuererhöhungen für die überschaubare Zukunft eindeutig dementiert wurde, so z. B. von dem für Haushaltsfragen zuständigen Parlamentarischen Staatssekretär am 27. Januar, der sagte — ich darf zitieren —:
Wir denken nicht an Steuererhöhungen, auch nicht an die Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Oder eine Äußerung des früheren Finanzstaatssekretärs und jetzigen Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Fraktion am 12. Februar 1975:
Es ist weder von der Regierung noch von der sozialdemokratischen Fraktion eine Erhöhung der Steuern geplant. Das gilt für die Jahre, die man überblicken kann.
Oder wieder eine Äußerung des Kollegen Haehser am 23. Februar 1975:
Auch 1976 werden wir ohne Steuererhöhungen über die Runden kommen.
Der Bundesfinanzminister selbst erklärte noch am 15. April 1975, daß alle Behauptungen über Steuererhöhungspläne, wie er sagte, jeder konkreten Grundlage entbehrten, reine Spekulation seien, die völlig fehl am Platze und sinnlos sei.
Das ist derselbe Finanzminister, meine Damen und Herren, der genau einen Monat nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und im Saarland erklärt — ich zitiere wörtlich —:
Wenn es uns wieder besser geht, dann werde ich im Kabinett höhere Steuern beantragen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist die Strafe für Wohlstand!)

Er selbst gibt damit zu, daß SPD und FDP in den Wochen vor der Wahl den Wählern über ihre Steuerpläne nicht die Wahrheit gesagt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wohlrabe [CDU/CSU] : Wie so oft: gelogen!)

Das ist auch das, meine Damen und Herren, was wir als Wahlbetrug bezeichnet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wohlrabe [CDU/CSU] : Es gibt überhaupt soviel Betrügerei!)

Ein Kollege von uns hat in der letzten Woche einen Ordnungsruf erhalten, weil er in diesem Hohen Hause die Regierungsvertreter der Lüge bezichtigt hat. Ich beschränke mich darauf, einige Zitate zu diesem Thema aus der Presse zu bringen, die SPD und FDP vorgeworfen hat, „die Bürger an der Nase herumzuführen" — FAZ — und „arglistig getäuscht" — Handelsblatt —,

(Seiters [CDU/CSU]: Noch schlimmer als Lüge!)

den Staatsbürger „verschaukelt" zu haben und usw.

(Seiters [CDU/CSU]: Also alles Lüge!)

Selbst SPD-Mitglied Jens Feddersen erhebt in der SPD-nahen „Neuen Rhein-Zeitung" vom 13. Juni 1975 den Vorwurf der Unredlichkeit.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Wenn es eine rationale Erklärung für die noch immer bestehende Weigerung der Regierung zur Of-



Leicht
fenbarung der ganzen Wahrheit in der Finanzpolitik gibt, dann kann diese nur in der Unentschlossenheit und Ratlosigkeit derjenigen liegen, die sich sonst so gern als Macher feiern lassen. Nur aus der Presse erfahren wir — das ist zu bedauern—, worüber man in der Regierung nachdenkt.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Vor lauter Handeln denkt man nicht mehr nach!)

Da ist die Rede von einer Liste mit 19 Gesetzen, die der Bundeskanzler den Ministerpräsidenten der Länder übergeben hat. Ich frage: welche Absichten verbergen sich dahinter, wenn der Kanzler mit dieser Liste bisher als so wichtig angesehene, fast sämtlich zu Reformen hochstilisierte Gesetzesvorhaben zur Disposition stellt wie z. B. das Strafvollzugsgesetz, die Ehescheidungsreform, das Ergänzungsgesetz zu § 218, die sogenannte Arzneimittelreform, die sogenannte Bodenrechtsreform und auch eine ganze Reihe von Sozialmaßnahmen wie z. B. die Krankenversicherung der Studenten und die unentgeltliche Beförderung Behinderter?

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD]: Das ist ja gar nicht wahr! — Gegenrufe von der CDU/ CSU)

— Ich zeige Ihnen die Liste.
Es muß auch Besorgnis bei den Betroffenen erwecken, wenn die Regierung auf die von der CDU/ CSU gestellte Frage, ob für 1976 Beitragserhöhungen bei der Arbeitslosenversicherung in Erwägung gezogen werden, die Antwort verweigert.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718200400
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Arndt?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0718200500
Selbstverständlich.

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0718200600
Herr Kollege Leicht, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß der Bundeskanzler in loyaler Auslegung des Prinzips der Bundestreue den Herren Ministerpräsidenten der Länder eine Liste aller Gesetze übermittelt hat, die gegenwärtig in der Beratung sind, also nur Fakten festgestellt hat, die gegenwärtig hier in diesem Hause zur Beratung stehen?

(Lachen bei der CDU/CSU — Wohlrabe [CDU/CSU] : Märchenstunde!)


Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0718200700
Wissen Sie auch die Absicht, Herr Kollege Arndt, warum er dies getan hat? Dann fragen Sie bitte mal die Ministerpräsidenten der Länder.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718200800
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogel?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0718200900
Bitte schön!

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0718201000
Herr Kollege Leicht, können Sie bestätigen, daß in dieser Liste auch Gesetze enthalten sind, die bereits verabschiedet sind?

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0718201100
Auch das kann ich bestätigen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Wohlrabe [CDU/CSU] : Das ist soziale Demontage! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

Ich wiederhole die für Arbeitnehmer und Wirtschaft bedeutsame Frage auch an dieser Stelle: gilt die Erklärung des Regierungssprechers vom 25. Mai 1975, daß eine Erhöhung des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung nicht in Betracht komme, auch für das Jahr 1976?
Ebenfalls nur aus der Presse haben wir von Erwägungen der Bundesregierung gehört, das Arbeitsförderungsgesetz, das Bundesausbildungsförderungsgesetz für Schüler und Studenten sowie die Graduiertenförderung für den akademischen Nachwuchs zu kürzen. Wie steht es damit, und welche Einsparungen lassen sich daraus erzielen? Das ist eine Frage, die wir auch als Opposition stellen können und die uns interessiert.
Ich frage weiter, inwieweit Pressemeldungen richtig sind, wonach die Bundesregierung sich durch Einschränkungen auf dem Gebiet der Renten und der Krankenversorgung Einsparungen erhofft.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Ich fürchte, daß selbst diese Einsparungen, die jetzt, aus der Presse zu entnehmen, in den Überlegungen sind, bei weitem nicht ausreichen, die ab 1976 zu erwartende Defizite auf ein einigermaßen vertretbares Maß herabzusetzen.
Das böse Wort von der sozialen Demontage

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wer demontiert hier? — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] [zur Regierungsbank] : Da sitzen die sozialen Demonteure!)

ist nicht von der CDU/CSU in die Diskussion eingeführt worden, sondern vom SPD-Parteivorsitzenden und seinen Helfershelfern, die hier ganz offenbar nach der Methode „Haltet den Dieb!" handeln.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die wahren sozialen Demonteure sind diejenigen, die für die Inflation und für die Arbeitslosigkeit und für die gefährlichen Wachstumsverluste, die doch unser ganzes Sozialsystem gefährden, verantwortlich sind.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

In diesem Jahr werden wir überhaupt kein Wachstum, sondern das Gegenteil, eine schrumpfende Wirtschaft haben. Das ist nämlich dieses „Minus-Wachstum": eine schrumpfende Wirtschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie der Wirtschaftsminister kürzlich bestätigt hat, ist aber zur Überwindung der Arbeitslosigkeit und zur Sicherung der gegenwärtigen sozialen Leistungen mittel- und langfristig — wir geben ihm darin



Leicht
recht — ein reales Wirtschaftswachstum von etwa 3 bis 4 % im Durchschnitt der Jahre erforderlich.
Ich glaube nicht, meine Damen und Herren — und das nehmen Sie jetzt auch als ernste Aussage von uns —, daß ohne Korrektur an der Grenze zwischen dem öffentlichen und dem privaten Bereich eine längerfristige Sicherung der Arbeitsplätze möglich ist. Mit anderen Worten: Auch wir meinen — das haben wir als Opposition schon oft gesagt, nur sind wir dann als Panikmacher usw. hingestellt worden —, daß ohne Abstriche von den staatlichen Leistungen das beschäftigungspolitische Gleichgewicht nicht herzustellen ist. Um Einsparungen finanzieller Art kommt der Staat nicht herum, und es ist Aufgabe der Regierung, konkrete Maßnahmen und Gesetzesvorhaben vorzulegen. Dann reden wir darüber.
Man hat auf seiten der Koalition — ich habe es schon gesagt — in den letzten Wochen immer wieder versucht, den Spieß umzudrehen und uns ob dieser Einstellung soziale Demontage vorzuwerfen. Dieser Vorwurf ist lächerlich und töricht. Soziale Demontage betreibt — ich konkretisiere es noch einmal —, wer in Kenntnis ökonomischer Zusammenhänge Fehlentwicklungen zuläßt,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wer über seine Verhältnisse lebt!)

wer ideologisch motivierte Prioriäten — mögen sie noch so edel sein — über die wirtschaftspolitische Vernunft setzt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies aber ist in den letzten Jahren zur Genüge geschehen. Ich fürchte, daß sich die soziale Demontage, die jetzt erst allmählich in Teilbereichen unseres Systems der sozialen Sicherung spürbar wird, im vollen Ausmaß erst noch zeigen wird, sei es bei den Leistungen oder Kosten der Renten- oder Krankenversicherung, sei es im Bereich der individuellen Altersvorsorge.
Die Verantwortung dafür kann der Bundesregierung niemand abnehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie allein trägt auch die Verantwortung für die dringend notwendigen Maßnahmen zur Sanierung der Staatsfinanzen, die eingeleitet werden müssen. Die Debatte heute morgen soll der Regierung Gelegenheit bieten, uns erstmals Aufklärung zu geben, damit wir nicht immer nur auf Zeitungsberichte angewiesen sind.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Die kneifen ja!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718201200
Das Wort hat der Abgeordnete von Bülow.

(Dr. Barzel [CDU/CSU] Fragt doch mal den Apel, wohin ihn das Pferd getreten hat!)


Dr. Andreas von Bülow (SPD):
Rede ID: ID0718201300
Da gibt es viele Möglichkeiten.

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Das ist wahr!)


( Herren! Die CDU/CSU-Fraktion hat in der dritten Lesung des Bundeshaushalts 1975 am 13. März dieses Jahres den Antrag auf Unterrichtung des Bundestages und des Bundesrates über die Auswirkungen der zwischenzeitlich sichtbar gewordenen Änderungen der Haushaltsentwicklung auf die Finanzplanung für die Jahre ab 1976 gestellt. Der Haushaltausschuß hat diesen Antrag mit 14 : 7 Stimmen, also mit Zweidrittelmehrheit, abgelehnt, weil derzeit noch keine abschließenden neueren Erkenntnisse vorliegen, die die Bundesregierung veranlassen müßten, zur Zeit eine derartige Information zu geben. Es besteht kein Zweifel daran, meine Damen und Herren, daß die Entwicklung des Haushalts 1975 in gewissem Umfang von dem abweichen wird, was wir vor wenigen Monaten beschlossen haben. (Zuruf von der CDU/CSU: Eine charmante Umschreibung! — Windelen [CDU/CSU] : „In gewissem Umfange"! — Lachen bei der CDU/CSU)


(Lachen bei der CDU/CSU)

Die Annahmen hinsichtlich der Steuereingänge dürften sich trotz mehrfacher Korrektur nach unten als zu hoch erweisen,

(Lachen bei der CDU/CSU)

die Ausgaben für die Bundesanstalt für Arbeit dürften sich um einen erheblichen Betrag erhöhen. Dies ist zwischen den Haushaltsexperten aller Fraktionen völlig unbestritten. Die Unterrichtung über diese Abweichung wird Ihnen in Form eines Nachtragshaushalts — wahrscheinlich unmittelbar nach der Sommerpause — gegeben werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718201400
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Andreas von Bülow (SPD):
Rede ID: ID0718201500
Ja, gern, Herr Althammer.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0718201600
Herr Kollege von Bülow, wären Sie wenigstens bereit, diesem Hohen Hause das mitzuteilen, was heute in den Zeitungen zu lesen ist, nämlich daß der Herr Bundesfinanzminister gestern vor einem anderen Gremium in München erklärt hat, daß wir mit etwa 10 Milliarden DM weniger Steuereinnahmen zu rechnen haben?

Dr. Andreas von Bülow (SPD):
Rede ID: ID0718201700
Das sind Schätzungsgrößen; ich komme gleich darauf zurück.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das ist wieder eine Schätzungsgröße! — Wohlrabe [CDU/CSU] : Jetzt sagen Sie doch mal die Wahrheit! — Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Jetzt sagen Sie nichts mehr! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Warten Sie doch noch einen Moment ab!
Eine Unterrichtung zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch über die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die mittelfristige Finanzplanung könnte nur ungewisse und damit unsolide Prognosen und Darstellungen zum Gegenstand haben. Wir glauben, daß der



Dr. von Bülow
Weg des Nachtragshaushalts — von Ihnen in vielen Debattenbeiträgen mit Inbrunst gefordert

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Mit Verantwortung, nicht mit Inbrunst!)

und von uns mit unterstützt — der richtige sein wird. Mit dem Nachtragshaushalt muß gewartet werden, bis die Bundesanstalt für Arbeit ihrerseits den von ihr in Aussicht genommenen Nachtragshaushalt verabschiedet hat. Welche Daten wollen Sie denn einsetzen? Sie müssen doch die Daten, die von der Bundesanstalt für Arbeit in dem von ihr im Juli vorzulegenden Nachtragshaushalt festgelegt werden, in diesen Nachtragshaushalt übernehmen. Dann haben Sie solide und klare Daten dazu.

(Windelen [CDU/CSU] : „Solide und klare Daten" !)

Die Veränderungen in den Steuereinnahmen müssen jedenfalls zeitnah und wirklichkeitsbezogen geschätzt werden.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Wenn man die Schwierigkeiten sieht, mit denen die Prognosen über die wirtschaftliche Entwicklung — insbesondere auf den Weltmärkten — verbunden sind, kann man ermessen, wie schwer es zur Zeit ist, eine solche exakte Prognose über die von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängigen Steuereinnahmen zu erstellen.
Der Antrag der CDU/CSU war weder damals in der dritten Lesung des Haushalts zweckdienlich, noch ist er es heute.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Er wurde gestellt, um Angst über die Entwicklung der Staatsfinanzen bei der Bevölkerung zu schüren. Er mußte deshalb abgelehnt werden.

(Sehr wahr! bei der SPD — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Leierkastenmann!)

Im übrigen, meine Damen und Herren von der Opposition, haben wir natürlich ebenso wie Sie das größte Interesse daran

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist geradezu lachhaft!)

— Herr Oberbürgermeister, würden Sie dann bitte Zwischenfragen stellen —, daß dieses Parlament laufend über die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Entwicklungen dieses Landes unterrichtet wird.
Daran hat es in den letzten Wochen und Monaten nicht gefehlt. Der Haushalt 1975 ist noch in zweiter und dritter Lesung im März an die letzten Entwicklungen der Einnahmen- und Ausgabenseite angepaßt worden. Ein Betrag von 3 Milliarden DM als Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit ist noch nachträglich eingesetzt worden. Das ganze Parlament erhält monatlich einen Bericht des Bundesfinanzministeriums über die Entwicklung der Steuereingänge. Am 28. Mai, also vor etwa drei Wochen, erhielten Sie den letzten monatlichen Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltsplans, der die Zeit von Januar bis April 1975 umfaßte.
Sie erhalten über den Haushaltsausschuß Kenntnis von Haushaltsüberschreitungen in Form von über- und außerplanmäßigen Ausgaben. Eine der letzten betraf die zusätzlichen Ausgaben für die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg in Höhe von zusätzlich 887 Millionen DM. Die Vorlage stammt vom 10. Juni dieses Jahres. Sie sind unterrichtet worden über den Jahreswirtschaftsbericht und über die daran anschließende Entwicklung, ebenso wie über die Situation der Bundesbahn und der Bundespost. Hinzu kommen Informationen im kleinsten Kreis, wo Ihnen genau dargelegt worden ist, was in etwa für den Nachtragshaushalt in Aussicht genommen wird.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Warum sagen Sie nicht offen, was los ist?)

Über die Haushaltsentwicklung des Bundes im Jahre 1975 wurden Sie auf Grund der Anfrage unterrichtet.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Sind das eigentlich Staatsgeheimnisse?)

— Das ist kein Staatsgeheimnis; das wird ja offen gehandelt. Dies ist doch alles nur for show, was Sie hier machen, und dient nicht der Sachaufklärung.

(Beifall bei der SPD — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Wer macht hier denn Show? Sie führen einen Verschleierungstanz auf und sagen, es sei Show! — Zuruf von der CDU/CSU: Unerhört!)

Der Vorwurf also, diese Regierung genüge ihrer Informationspflicht nicht, kann wahrlich nicht erhoben werden.
Mit dem Nachtragshaushalt im Herbst werden wir eine genaue, auf einigermaßen verläßliche Prognosen aufgebaute Abschätzung der Gesamtentwicklung in Einnahmen und Ausgaben haben. Dann kann auch die Frage nach der Auswirkung dieser Entwicklung auf die mittelfristige Finanzplanung gestellt werden. Die Neufassung der mittelfristigen Finanzplanung wird mit dem Haushalt 1976 ebenfalls um diese Zeit herum im Parlament eingebracht werden.
Schließlich kann man auch davon ausgehen, daß der noch aus der Steuerreform bestehende Streit zwischen Bund und Ländern um die Aufteilung der Kosten dieser Steuerreform entschieden sein wird. Der Ausgang dieser Revisionsverhandlungen, bei denen für den Bund etwas über 5 Milliarden DM auf dem Spiel stehen, dürfte eine wichtige Voraussetzung für die Vorlage des Haushalts 1976 sein.
Meine Damen und Herren, was die 19 Gesetzesvorhaben anbelangt,

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Was ist damit?)

so ist es folgendermaßen, daß die Vertreter der Länder in der gemeinsamen Verhandlungskommission, die sich mit der Steuerneuverteilung befaßt, den Wunsch geäußert haben, zu erfahren, welche Gesetzgebungsvorhaben des Bundes mit Auswirkungen auf Länder- oder Gemeindefinanzen zur Zeit im Gesetzgebungsgang sind. Der Bundesfinanzminister



Dr. von Bülow
hat eine entsprechende Liste zusammengestellt und den Ländervertretern zur Verfügung gestellt. Sie enthält weder politische Schlußfolgerungen noch eine politische Bewertung der in der Übersicht enthaltenen Vorhaben. Sie zeigt lediglich, welche zahlenmäßigen Auswirkungen sich für die Länder- und Gemeindehaushalte errechnen. Eine politische Wertung der Vorhaben in der Liste ist in den Gesprächen über die Steuerneuverteilung bisher weder vom Bund noch von den Ländern vorgenommen worden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige Anmerkungen zur aktuellen finanzpolitischen Lage machen. Der Bund befindet sich genau wie die Länder und Gemeinden in einer schwierigen finanzpolitischen Situation. Darüber besteht Einigkeit. Eine schwache Konjunktur mit hoher Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, nicht ausgelasteten Kapazitäten, unzureichender Nachfrage, Erschütterung der Weltwirtschaft in Verbindung mit der Ölkrise und den daraus resultierenden Preiserhöhungen bewirken zwangsläufig geringere Steuereinnahmen. Gegenüber der ersten Steuerschätzung für 1975, die im Sommer 1974 vorgenommen wurde, mußten die Steuererwartungen inzwischen für Bund, Länder und Gemeinden um 18,5 Milliarden DM zurückgenommen werden. Weitere 3 bis 4 Milliarden DM Ausfall dürften sich aus den letzten Konjunkturprognosen ergeben. Der Bund hat allein hiervon 7,5 bzw. 10 Milliarden DM, wenn man den letzten Trend noch mit einrechnet, zu verkraften. Hinzu kommen die 14 Milliarden DM aus der Steuer- und Kindergeldreform. Dazu müssen auf der Ausgabenseite die Zuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit gerechnet werden. Sie betragen 7 Milliarden DM mehr als vorgesehen.

(Zuruf des Abg. Leicht [CDU/CSU])

Auch dies ist eine direkte Folge der Konjunkturentwicklung.

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Was der alles schon weiß!)

— Ich nehme an, daß Sie das auch wissen, Herr Oberbürgermeister.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Das ist tiefenpsychologisch sehr interessant! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Wie kann nun der Bund, wie kann die öffentliche Hand insgesamt dieses aufgerissene Einnahmeloch stopfen? Da gibt es eine Empfehlung, die lautet: „Radikale Ausgabenkürzung", z. B. von Herrn Althammer vorgetragen. „Vor allem Überprüfung des sozialen Bereichs", lautet die Empfehlung. Dieser Empfehlung zu folgen wäre nach Auffassung der SPD-Bundestagsfraktion falsch. In der konjunkturellen Situation, in der wir uns befinden, ist es eine entscheidende Aufgabe des Staates, mit seinen Haushaltsmitteln die ungenügende private Nachfrage zu stützen und anzuregen oder sie gar zu ersetzen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718201800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Althammer?

Dr. Andreas von Bülow (SPD):
Rede ID: ID0718201900
Gerne.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0718202000
Herr Kollege von Bülow, wollen Sie hier im Ernst behaupten, daß ich irgendwann und irgendwo gefordert hätte, den sozialen Bereich mit dem Ziel von Kürzungen zu überprüfen?

Dr. Andreas von Bülow (SPD):
Rede ID: ID0718202100
Ich habe in bezug auf Ihre Person gesagt: „Radikale Ausgabenkürzungen." Wenn Sie sich das Spektrum der Ausgaben des Bundes anschauen, kommen Sie zu weiteren Schlußfolgerungen, wenn Sie das ernsthaft verfolgen wollen.

(Aha-Rufe bei der CDU/CSU — Dr. Ehrenberg [SPD] : Die wollen immer kürzen und sagen nicht wo! — Zurufe der Abg. Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] und Seiters [CDU/ CSU] sowie weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Eine Sparpolitik à la Brüning wie in den 30er Jahren wäre ein verhängnisvoll falsches Konzept. Das Umgekehrte, nämlich antizyklische Finanzpolitik, ist zur Zeit notwendig, d. h., wir müssen im Jahre 1975 wie schon im Vorjahre dafür eintreten, die geplanten staatlichen Ausgaben voll zu verwirklichen und die fehlenden Steuermittel durch Kreditaufnahme zu ersetzen.
Ich war vor wenigen Wochen in den Vereinigten Staaten. Beim Studium der dort wesentlich größeren wirtschaftlichen und sozialen Probleme im Vergleich zu unserem Lande wurde einem deutlich vor Augen geführt, wie unverzichtbar die soziale Absicherung für die arbeitende Bevölkerung in der Bundesrepublik ist. Anders etwa mit einem, wie manche Beobachter meinen, dramatischen Umbau der wirtschaftlichen Strukturen, wäre in schwierigen wirtschaftlichen Phasen in unserem Lande der soziale Frieden, aber auch der Fortschritt in die Zukunft nicht zu halten.

(Seiters [CDU/CSU] : Alles Phrasen!)

Die Abwehr wirtschaftlicher Rückschläge kann und darf nicht auf dem Rücken der wirtschaftlich Schwachen, seien es die Rentner, die Arbeitslosen, die Kurzarbeitenden, die kinderreichen Familien, ausgetragen werden.

(Seiters [CDU/CSU] : Das macht ihr doch alles! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Die politischen Konsequenzen wären sonst nicht zu übersehen. — Meine Damen und Herren, lesen Sie doch den letzten Bundesbankbericht. Daraus können Sie entnehmen, daß es keine Demontage gegeben hat, sondern daß eine erhebliche Zunahme der Einkommen gerade in den Arbeitnehmerhaushalten und in kinderreichen Familien dank der Kindergeldreform eingetreten ist.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Wohlrabe [CDU/CSU] sowie weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Dann bedienen Sie sich doch dieser Daten. Auch
die Aussagen über die Steuerreform widerlegen



Dr. von Billow
glatt all das, was Sie hier behauptet haben, daß eine Entlastung überhaupt nicht eingetreten sei.

(Zuruf des Abg. Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU])

Aus dem bisher Gesagten ergibt sich folgerichtig die größere Bedeutung einer Finanzierung des öffentlichen Haushalts durch Kreditaufnahme. Seit dem Vorjahr ist die Neuverschuldung des Bundes stark angewachsen. Aber diese Tatsache spricht nicht für eine fehlgeschlagene Finanzpolitik des Bundes, sie ist vielmehr Ziel und gewollter Bestandteil der antizyklischen Haushaltspolitik.

(Zuruf von der CDU/CSU: Gewollt!)

So hat der Bund 1974 und 1975 - wie schon in vorausgegangenen Jahren, z. B. 1967 und 1968 — dazu beigetragen, durch höhere Kreditaufnahme die fehlende private Nachfrage auszugleichen. Umgekehrt wurde in Zeiten wirtschaftlicher Überhitzung, so z. B. 1973, die staatliche Verschuldung stark gedrosselt und wurden zusätzlich sogar Steuereinnahmen bei der Bundesbank — Konjunkturbremsen — stillgelegt, immerhin ein Betrag von 8 Milliarden DM.
Der Schuldenstand der Bundesrepublik ist derzeit keineswegs besorgniserregend. Er betrug Ende 1974 insgesamt 70 Milliarden DM; er wird bis Ende 1975 auf etwas mehr als 90 Milliarden DM anwachsen.

(Leicht [CDU/CSU] : 100 Milliarden DM!)

Diese sehr hoch erscheinenden Summen sind jedoch an Vergleichsgrößen zu messen. Mißt man z. B. die Bundesschulden am Bruttosozialprodukt, so zeigt sich, daß sich ihr Anteil seit 1962 mit geringfügigen Schwankungen auf der gleichen Höhe von etwa 7 % bis 8 % bewegt. Bei einem weiteren Größenvergleich ergibt sich eine ähnliche Entwicklung. Die Bundesschulden, gemessen an den Jahresausgaben des Bundes, ergeben eine Quote, die um 50 % pendelt, 50 % eines Jahreshaushalts. In den Rezessionsjahren 1967/ 1968 stieg sie auf 56 % bis 60 % an, wurde 1972/1973 auf unter 50 % zurückgeführt und wird nunmehr für 1974/1975 wieder auf 52 % bis 57 % angehoben, weil wir den Einsatz der Neuverschuldung als wirtschaftspolitisches Steuerungsinstrument für richtig und für notwendig halten.
Die Verschuldungspolitik des Bundes verläuft also in durchaus normalen Schwankungsbreiten. Auch bei Betrachtung der gesamten Staatsverschuldung der Bundesrepublik, also Bund, Länder und Gemeinden zusammengenommen, ergeben sich ähnliche Entwicklungen. Im internationalen Vergleich mit anderen wichtigen Industrienationen ist unsere Pro-Kopf-
Verschuldung niedrig und gibt keinen Anlaß zu Besorgnissen.
Es bleibt, meine Damen und Herren, ein Ausblick auf das Jahr 1976 und die mittelfristige Finanzplanung. Die Bundesregierung wird den Haushalt 1976 mit gutem Grund etwas später als in den Normaljahren üblich einbringen. Sie muß sich zusammen mit den daran beteiligten Sachverständigen auf dem Boden einer einigermaßen verläßlichen Konjunkturprognose bewegen können. Von dieser Konjunkturprognose aus kann sie einigermaßen zuverlässig das Ausmaß der Steuereinnahmen abschätzen. Das Grundproblem bei den Einnahmeerwartungen dürfte sein, daß uns auf Grund der sehr stark international bedingten Abschwächung der Wirtschaftskonjunktur der wirtschaftliche und damit finanzielle Zuwachs, der für 1975 vorgesehen war, fehlen wird. Da sind wir uns völlig einig in der Analyse. Dieses fehlende Wachstum wird mittelfristig möglicherweise ausgeglichen werden können, kurzfristig, d. h. bezogen auf das Jahr 1976, wird dies mit Sicherheit nicht möglich sein. Dies dürfte eine Problematik sein, die auch den Art. 115 Abs. 2 des Grundgesetzes berührt, der ja für Normaljahre die Höhe der Kreditaufnahme an die Summe aller Investitionsleistungen aus dem Bundeshaushalt knüpft, jedoch in Jahren des wirtschaftlichen Ungleichgewichts Ausnahmen von dieser Regel zuläßt.
Da sich konjunkturelle Schwankungen des Wirtschaftsablaufs und damit auch die hiervon beeinflußten Steuereinnahmen nicht an die jährlichen Haushalte des Bundes in ihrer zeitlichen Folge festbinden lassen, entsteht die Frage, wie denn ein auf die moderne Konjunkturpolitik zugeschnittener Artikel 115 des Grundgesetzes im Rahmen einer mittelfristigen Abwehr von Wirtschaftsungleichgewichten auszulegen sein wird. Ich will das Thema hier nur anschneiden, ohne Lösungsvorschläge zu geben.
Ein weiteres Problem ist der Steuerausfall in Höhe von 14 Milliarden DM auf Grund der Steuerreform, der 1976 für alle Gebietskörperschaften zu verkraften sein wird. Es war die Auffassung aller Steuerexperten des Bundestages — sei es in der Regierung oder in der Opposition —, die eine derartige Steuerentlastung und damit gleichzeitig Belastung des öffentlichen Haushalts durch Kreditaufnahmen für tragbar erklärt haben. Auch hiermit muß die Bundesregierung fertigwerden, wenn sie den Haushalt 1976 vorlegt. Damit verbunden ist, wie schon erwähnt, die Revisionsklausel, die Frage nach der Steuerneuverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden — ebenfalls eine Folge der Steuerreform.
Es ist also noch eine Fülle von schwierigen Fragen Schritt für Schritt, ohne Hektik, ohne Panik zu erledigen, bevor der Haushalt 1976 von der Regierung und später dann von diesem Parlament verabschiedet werden kann. Oberstes Gebot der nächsten Jahre wird es sein, in allen öffentlichen Haushalten äußerste Sparsamkeit walten zu lassen. Gleichzeitig muß jedoch unbedingt den konjunkturpolitischen Notwendigkeiten Rechnung getragen werden. Ob darüber hinaus Maßnahmen zur Einnahmeverbesserung der öffentlichen Haushalte notwendig sein werden, muß dann zur rechten Zeit mit aller Nüchternheit entschieden werden.
Meine Damen und Herren, zur Panik besteht keinerlei Anlaß. Wir beantragen, den Antrag der Opposition abzulehnen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718202200
Das Wort hat der Abgeordnete Kirst.




Victor Kirst (FDP):
Rede ID: ID0718202300
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann natürlich fragen, welchen Wert eine solche Debatte heute morgen bei dieser Besetzung hat, durch die die Finanzlage des Bundes sicher nicht um eine Mark verbessert wird.

(Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Aber vielleicht klarer wird!)

— Aber, Herr Gerster, lassen Sie mich sagen: Wenn wir die Debatte so führen, wie sie mit Ausnahme weniger Passagen — ich sage: weniger Passagen — vom Kollegen Leicht auch mit geführt worden ist — auf diese wenigen Passagen muß ich nachher natürlich eingehen —, dann kann diese Debatte doch einen guten Zweck haben. Sie müßte nämlich so angelegt sein, daß das Bewußtsein für die Haushaltslage bis hin in die letzte Amtsstube unserer Verwaltungen, in das letzte Verbandssekretariat — auch da wird immer über Wünsche an die öffentlichen Hände gebrütet — und — ich sage das bewußt, wenn ich so an manche Kollegen aller Fraktionen denke — auch bis in das letzte Abgeordnetenbüro — wenn sie schon nicht hier sind — dringt.

(Beifall des Abg. Dr. Arndt [Hamburg] [SPD])

Wenn dies der Sinn dieser Debatte ist, dann hat sie wirklich einen Zweck erfüllt.
Meine Damen und Herren, wir haben im Gegensatz zu dem, was hier wohl teilweise unterstellt wurde, bei der zweiten und dritten Lesung des Haushalts 1975 überhaupt keinen Zweifel daran gelassen, daß zwar von Finanzkrise und Finanzchaos keine Rede sein kann, daß aber die Finanzlage schwierig ist und sicher im Jahre 1976 nicht leichter wird. Das ist hier offen von uns allen ausgesprochen worden. Ich darf dabei in aller Bescheidenheit auch an meine eigenen Ausführungen in der zweiten und dritten Lesung, die wirklich deutlich gewesen sind, erinnern.
Man kann wohl sagen, daß nach den Jahren, in denen die Steuerquellen immer munterer sprudelten, als wir es selbst zunächst annehmen konnten, Haushaltspolitik wieder auf das zurückgeführt wird, was im wahrsten Sinne des Wortes darin steckt, nämlich Haushalten, haushälterisch mit dem Geld umgehen, das uns die Bürger treuhänderisch durch die Abgaben zur Verfügung gestellt haben.
Ich sage ganz offen: 1975 markiert einen fundamentalen Wandel der finanzpolitischen Situation. Ich glaube, das können wir alle ganz gemeinsam feststellen. Nun kommen wir aber zu den Gründen. Ich sagte vorhin, Herr Leicht, über große Strecken haben Sie hier eine realistische Schilderung der Situation gegeben. Aber ganz am Schluß — und an einigen anderen Punkten auch —, da mußte natürlich der nötige Schuß Polemik sein. Sie haben wieder behauptet — und doch wider besseres Wissen behauptet —, daß die Schuld für diese finanzielle Situation diese Regierung und die sie tragenden Parteien träfe.

(Beifall bei der CDU/CSU) Herr Leicht, Sie wissen genau, wie falsch das ist.


(Beifall bei der FDP und der SPD — Leicht [CDU/CSU]: Ist nicht falsch! Wer regiert denn hier?)

— Dann müssen wir eben noch einmal ein paar Minuten auf die Klärung der Ursache dieser — wie ich sagte — fundamentalen Veränderung der finanzpolitischen Situation verwenden. Herr Bülow hat es schon gesagt.

(Gerster [Mainz] [CDU/CSU] : Die Hochstapelei der Regierung!)

— Herr Gerster, Sie verstehen mehr von anderen Dingen.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Manchmal jedenfalls! Auch nicht immer!)

— Manchmal jedenfalls gut, Herr Arndt!
Da ist zunächst einmal die Steuerreform. Da muß man es Ihnen eben zum hundertstenmal sagen. Sie können sich aus der Verantwortung für diesen Einnahmeausfall von 14 Milliarden nicht herausmogeln. Im Gegenteil: Sie haben ja über den Bundesrat noch kräftig dazu beigetragen, daß die Steuerreform noch einmal ein bis zwei Milliarden DM teurer wurde, als ohnehin geplant war.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Wohlrabe [CDU/CSU] : Wir sind schuld, die anderen sind Klasse! Das ist eine Methode, Herr Kirst!)

— Ich gebe Ihnen ja nicht die Alleinschuld. Aber Ihre Mitverantwortung in diesem Hause und im Bundesrat an diesem Steuerausfall ist ja nun einmal historisch nachweisbar.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sprechen Sie doch erst einmal von Ihrer Verantwortung!)

Ich gehe jetzt allerdings noch einen Schritt weiter: Sie haben mit Ihren Anträgen von 1973, die nebenbei bemerkt konjunkturpolitisch blödsinnig waren,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : „Blödsinnig"?!)

die finanzpolitischen Preise für die Steuerreform verdorben; denn wir sind einmal von einer aufkommenneutralen Steuerreform ausgegangen.

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Daß Sie das gemacht haben, tut Ihnen jetzt noch leid?!)

— Ich stelle ja nur fest: Wir haben das gemeinsam gemacht.

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Wollen Sie das nicht mehr gewesen sein, oder wie ist es, Herr Kirst?)

— Wir drücken uns nicht vor der Verantwortung. Wir wollen nur vermeiden, daß Sie sich aus Ihrer Mitverantwortung geschickt herausstehlen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Wohlrabe [CDU/CSU] : Wer regiert denn in diesem Lande — Sie oder wer? — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Ab in die Büsche!)




Kirst
Sie wissen ja genau, daß diese Gesetze ohne den Bundesrat nicht zustande kommen konnten, Herr Wohlrabe. Und Sie wissen, wie dort — leider noch immer — die Mehrheitsverhältnisse sind.

(Wohlrabe CDU/CSU] : „Leider" !?)

Ich meine nur, Herr Leicht: Wir, die wir gemeinsam im Haushaltsausschuß sitzen, sind sicherlich in der Lage, über die Dinge sehr nüchtern und sehr ruhig zu sprechen und sie auch darzustellen. Dann sollte man doch auf solche Dinge verzichten und nicht wieder davon sprechen, das sei ja alles die Folge der Inflation, diese Inflation sei das Ergebnis der Politik dieser Regierung und diese Inflation sei von dieser Regierung auch gewollt.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU/CSU — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das stimmt ja auch!)

— Herr Vogel, Sie sind wieder einmal zu schnell gewesen

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Nein!)

mit dem Beifall, der Ironie sein sollte und nur von Unkenntnis zeugte.
Meine Damen und Herren, der konjunkturelle Rückgang, der der zweite entscheidende Grund für die schwierige Finanzsituation ist, ist ja nicht von ungefähr gekommen. Dieser konjunkturelle Rückgang — das ist hier häufig genug dargestellt worden, und bis zu einem gewissen Grade ist diese Debatte ja auch die Fortsetzung der Aktuellen Stunde vom 11. Juni 1975 mit anderen Mitteln — und sein Anhalten sind zum Teil Folge außenwirtschaftlicher Einflüsse. Aber er ist auch — das sollten wir offen sagen — die Folge einer gewollten Politik der Stabilisierung. Auch da hat es niemanden in diesem Land gegeben, der diese Stabilisierung nicht wollte. Im Gegenteil: Sie haben uns, als wir das aus Gründen, die wir nicht zu vertreten hatten, noch nicht so erfolgreich tun konnten, ja immer dafür geprügelt, daß wir genau das nicht getan haben, was wir dann taten, was aber wiederum zu diesen Folgen geführt hat. Auch hier ist dann doch wohl von einer allgemeinen Mitverantwortung zu sprechen.
Man kann eben nicht alles gleichzeitig haben. Man kann nicht Preisstabilisierung und überfließende Finanzquellen der öffentlichen Hände haben. Das muß man einmal erkennen. Wir haben diese Zusammenhänge nie geleugnet und sind insofern auch nicht überrascht.
Nun, es ist bemängelt worden, daß der Nachtragshaushalt erst nach der Sommerpause vorgelegt wird. Das ist schon wiederholt kritisiert worden. Man kann daran zweifeln, ob diese Debatte erforderlich ist; denn die Motive der Bundesregierung, warum eben erst nach der Sommerpause ein Nachtragshaushalt vorgelegt werden kann, sind, z. B. in den Fragestunden, deutlich geworden. Daß die Regierung den Nachtragshaushalt jetzt noch nicht vorlegt, geschieht ja nicht aus Faulheit, sondern aus der nach unserer Auffassung richtigen Einsicht, daß der Zeitpunkt dafür eben erst nach der Sommerpause kommen wird.
Da spielen verschiedene Dinge eine Rolle: die noch immer andauernden Verhandlungen mit den Ländern. Wir wünschen der Bundesregierung bei diesen Verhandlungen weiterhin vollen Erfolg. Wir haben den Eindruck, daß die Chancen inzwischen ein bißchen besser stehen, auch was die Einsicht der Länder anlangt. Ich will dazu deshalb nichts weiter sagen, um diesen Prozeß nicht zu gefährden.
Dann spielt eben auch die Entwicklung der Konjunktur eine entscheidende Rolle, von der, wie wir wissen, die Entwicklung der Steuern wiederum entscheidend abhängt. Man muß eben feststellen — ich will mich jetzt nicht unter die Konjunkturpropheten begeben; das ist auch nicht so sehr meines Amtes —, daß bessere Übersichten, bessere Erkenntnisse erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein werden. Dies alles — und nicht die böse Absicht, irgend etwas zu verschleiern, was doch ohnehin jeder weiß, Herr Leicht — und die Absicht, so fundiert, wie es eben möglich ist, einen Nachtragshaushalt vorzulegen, führen dazu, daß dies erst im September, nach Ende der Sommerpause, möglich sein wird. Und dies begründet eben auch, warum wir Ihren Antrag hier ablehnen werden.
Wir hoffen, daß wir dann zuverlässigere Steuerschätzungen haben werden. Es ist j a dann auch nötig, eine neue Finanzplanung — auf die Ihr Antrag abzielt — aufzustellen. Machen wir uns aber — ich sage das ganz freimütig, denn ich war gegenüber Finanzplanungen schon immer skeptisch, weil ich sie nur als Momentaufnahmen angesehen habe — nichts vor: Auch die Finanzplanung, die mit dem Haushalt 1976 vorgelegt wird, wird in ihrer Aussagekraft nicht lange halten. Das liegt aber nicht an der Regierung; das wäre bei jeder anderen Regierung auch so, es sei denn, wir hätten eine absolute statische Situation. Denn nur wenn sich die dieser Planung zugrunde liegenden Daten nicht verändern, kann diese Planung für den Zeitraum Gültigkeit besitzen, für den sie aufgestellt worden ist. Das heißt: wir müssen auch einer fortgeschriebenen mittelfristigen Finanzplanung, was ihren Aussagewert anlangt, mit Skepsis gegenüberstehen oder, was die Möglichkeit ihrer Veränderung anlangt, vielleicht mit mehr Zuversicht als Skepsis; das hängt eben von der wirtschaftlichen Entwicklung ab.
Eines aber, meine Damen und Herren, steht auf jeden Fall fest, wie immer sich vor oder hinter dem Komma die Zahlen des Haushalts 1976 und die Zahlen des Nachtrags 1975 gestalten werden: Die Finanzdecke bleibt — und das nicht nur 1976 — knapp, sehr, sehr knapp; darüber müssen wir alle uns im klaren sein. Manchmal tauft man ja Haushalte, gibt ihnen einen Namen. Ich würde sagen, schon bevor er geboren ist, verdient der Haushalt 1976 sicher den Namen „Haushalt der Ernüchterung" ; das ist eine völlig wertfreie Feststellung.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang — Herr Leicht hat davon gesprochen — auch noch ein Wort zur Steuererhöhungsdebatte sagen. Er hat hier versucht, einen Widerspruch aufzuzeigen a) zwischen Äußerungen innerhalb der Regierung und b) zwischen Äußerungen vor und nach dem 4. Mai. Ich



Kirst
kann nur sagen, ich habe vor dem 4. Mai und nach dem 4. Mai dasselbe gesagt,

(Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie sind ja nicht die Regierung!)

und das trifft für andere auch zu. Und dies, was wir dazu gesagt haben, ist im Kern unverändert auch heute richtig: daß man ja nur von den derzeitigen Erkenntnissen ausgehen kann, und dies nur für eine derzeit überschaubare Zeit. Ich wiederhole: die uns derzeit vorliegenden Erkenntnisse führen für eine überschaubare Zeit zu der Auffassung, daß es nicht erforderlich ist, zu Steuererhöhungen zu kommen. Dabei habe ich in der Aktuellen Stunde mit Interesse vernommen, daß der Bundesfinanzminister bewußt oder unbewußt nicht von Steuererhöhungen, sondern von Einnahmeverbesserungen gesprochen hat. Denn darin liegt — ich sage das zunächst einmal für mich persönlich — z. B. die Möglichkeit der Überlegung — so deute ich das —, daß es ja auch andere Einnahmeverbesserungen als Steuererhöhungen gibt, vielleicht stärker zweckgebundene Einnahmeerhöhungen.
Man muß sich darüber im klaren sein, daß Steuererhöhungen zwar die positive Seite haben, daß sie die Kassen füllen, aber möglicherweise die negative Seite haben, daß sie das Preisniveau beeinflussen, daß sie die gerade anlaufende konjunkturelle Entwicklung vielleicht wieder gefährden, und sie bringen vor allen Dingen, wenn man über sie redet, zunächst einmal die Gefahr, daß das Bewußtsein für die Schwierigkeit der Haushaltslage bei den anderen Ressorts nicht so geschärft wird, wie es nötig ist. Ich glaube, daß dies möglicherweise zunächst einmal das Entscheidende ist: bei allen, die Verantwortung tragen, das Bewußtsein für die Schwierigkeiten der Haushaltslage zu schärfen.
Ich meine, für 1975 ist die Kreditfinanzierung — auch ihre Ausweitung durch den Nachtragshaushalt — absolut vertretbar. Es wird ja allgemein anerkannt, auch von Fachleuten außerhalb der Regierung, außerhalb des Koalitionslagers, von der Bundesbank, daß dies möglich ist.
Dann stellt sich die Frage, ob es nicht 1976, wenn sich die wirtschaftliche Tätigkeit belebt, möglich ist, vorgesehene Kredite gegen Steuereinnahmen, die dann mehr fließen, sozusagen auszutauschen. Denn wir wissen alle: 1 % Bruttosozialprodukt entspricht 2,5 Milliarden DM Steuern, wovon etwa die Hälfte auf den Bund entfällt. Dies alles ist noch zu untersuchen und wird im einzelnen Gegenstand der Haushaltsberatungen sein.
Nun zu dem Wort „soziale Demontage". Sicherlich beabsichtigt niemand soziale Demontage. Nur möchte ich hier jedenfalls einmal sehr deutlich sagen, daß dieses neue Schlagwort auch nicht zur Schutzbehauptung für diejenigen werden sollte, die so denkfaul sind, daß sie nicht bereit sind, über mögliche Einsparungen nachzusinnen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Vorsichtig! — Wer hat denn das aufgebracht?)

Hier gibt es quer durch alle Fraktionen Meinungsverschiedenheiten, lieber Kollege Althammer. Das
wollen wir einmal ganz offen sehen. Aber wenigstens sollten wir, die wir mit dem Haushalt tagtäglich zu tun haben, uns einig sein.

(Dr. Althammer [CDU/CSU] : Wer dieses Schlagwort erfunden hat, steht fest!)

— Das Wort ist schon zehn Jahre alt. Es ist alles nicht so neu, wie es manchmal wirkt. Mindestens vor zehn Jahren hat es das Wort auch schon einmal gegeben.
Ich meine, wir sind zufrieden. — Was heißt zufrieden?

(Lachen bei der CDU/CSU)

— Es lacht sich immer am besten über Dinge, von denen man nichts versteht.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Ein bißchen weniger Arroganz!)

Wir sind schon sehr weit, wenn es uns erst einmal gelingt, wirklich hart und streng dafür zu sorgen — und das ist, glaube ich, über die Fraktionsgrenzen hinaus eine Aufgabe derer, die in diesem Hause Haushaltspolitik machen —, daß keine neuen Ausgaben beschlossen und laufende Ausgaben nicht erhöht werden. § 96 der Geschäftsordnung muß für uns in zunehmendem Maße nicht nur Formsache, sondern eine ganz ernste Verpflichtung sein. Der Haushaltsausschuß sollte notfalls schon sehr bald Ernst machen und sagen: Über § 96 ist das nicht möglich. Ich glaube, damit werden wir einiges zur Stabilisierung der finanzpolitischen Situation tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Politik ist und bleibt die Kunst des Möglichen. Das heißt heute eben — gerichtet an die Adresse all derer, die es angeht, an die Fraktionen und an wen auch immer —: Wer, wo auch immer, seine politische Aufgabe heuzutage noch im Erfinden von Geldausgeben sieht, hat das Gebot der Stunde nicht erfaßt. Dies sollte unser gemeinsames Anliegen sein. Ich werde jedenfalls nicht müde werden, das in den nächsten Wochen und Monaten, solange es nötig ist, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zu sagen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718202400
Das Wort hat Herr Bundesminister Apel.

Dr. Hans Apel (SPD):
Rede ID: ID0718202500
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einem Punkt beginnen, der mit der jetzigen Debatte direkt nichts zu tun hat. Es handelt sich um die famose Liste, Herr Kollege Leicht, die Sie hier erneut in die Debatte eingeführt haben. Nach meiner Meinung können wir so im Parlament wirklich nicht miteinander umgehen.
Am 18. Juni hat der Sprecher der Bundesregierung, Herr Staatssekretär Bölling, den Tatbestand erneut deutlich gemacht. Das hat gestern in allen Zeitungen gestanden. Aber Sie führen heute den Tatbestand erneut so ein und benutzen ihn als Verdächtigung, obwohl Sie inzwischen genau wissen, wie es wirklich war.

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)




Bundesminister Dr. Apel
Wie es wirklich war, will ich Ihnen erzählen, damit Legendenbildungen in dieser Frage nun endgültig aufhören.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Ministerpräsidenten, insbesondere die der CDU-regierten Länder, haben uns in der Sechserkommission, in der wir über den Ausgleich der Konsequenzen der Steuerreform reden, gesagt: Da kommen doch noch schlimme Belastungen auf Grund von Gesetzgebungsvorhaben auf uns zu, die noch nicht beschlossen, aber im Gesetzgebungsgang sind. Wir haben gesagt: Das ist gar nicht so schlimm, aber wir sind durchaus bereit, alles aufzulisten. Es handelt sich um insgesamt 19 Gesetze, die wir darstellen können. Wir können eine Rechnung darüber aufmachen, was sie in den Haushaltsjahren 1975 bis 1978 den Bund, die Länder und die Gemeinden kosten.
So hört z. B. diese Liste auf — wie Sie sicherlich wissen, da Sie, wie Sie sagen, die Liste haben — mit Punkt 19: Reform der Körperschaftsteuer, ein Gesetzgebungsvorhaben, das in jedem Falle in dieser Legislaturperiode nicht mehr in Kraft treten wird. Wir haben über dieses Vorhaben — das hat Herr von Bülow bereits dargestellt — in dieser Gruppe nicht debattiert. Es gibt inzwischen allerdings Fernschreiben einzelner Bundesländer, die zu einzelnen Positionen ihre Meinung sagen. Dieses ist der Stand der Dinge.
Nun möchte ich wirklich dieses Parlament bitten, insbesondere die Opposition, mit dieser Liste nicht Verdächtigungen zu betreiben. Diese ist ein nüchterner Tatbestand, weiter nichts, und nun muß damit Schluß sein, draußen so zu tun, als würden hier böse Dinge gemacht. Wir werden immer und jederzeit derartige Listen mit derartigen Kostenvorausschätzungen machen müssen, weil dies die Pflicht des Finanzministers ist. In dieser Liste stehen die merkwürdigsten und buntesten Gesetze hintereinander, z. B. die Körperschaftsteuerreform, die erst frühestens ab 1977 in Kraft tritt. Ich glaube, jetzt sollten wir Schluß machen. Auch Sie, Herr Leicht, haben jetzt hoffentlich offiziell zur Kenntnis genommen, wie der Tatbestand ist.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Da kann man nun sagen „Jawohl, Herr Apel"!)

Nun zur Sache selbst. Sie haben hier Fragen gestellt, und ich will Ihnen die Fragen so beanworten, wie sie sich aus heutiger Sicht darstellen. Wir geben Ihnen die Informationen, die wir haben, und es ist falsch, Herr Kollege Leicht, wenn Sie sagen, wir weigerten uns, Informationen zu geben. Sie erhalten diese Informationen jetzt von mir, obwohl, wie Herr Kirst zu Recht gesagt hat, Sie diese Informationen auf vielfältige Weise — auch hier im Deutschen Bundestag — wiederholt bekommen haben.
Punkt 1. Wir wissen heute und jetzt, daß wir am Ende dieses Jahres ca. 300 Millionen DM für das Kindergeld mehr ausgegeben haben werden. Dies liegt im wesentlichen daran, daß wir davon ausgegangen sind, daß das Kindergeld nur zu 95 % in Anspruch genommen werden wird. Es wird — ich füge hinzu: Gott sei Dank — zu einem höheren Prozentsatz in Anspruch genommen. Hier folgt jetzt eine Nachforderung an den Bundeshaushalt. Diese werden wir bei Ihnen einzubringen und um Genehmigung nachzusuchen haben.
Punkt 2. Wir verhandeln mit den Bundesländern über den Ausgleich der Konsequenzen der Steuerreform. Wir werden uns am 11. Juli wieder treffen. Ich hoffe sehr, daß wir am 11. Juli einig werden, denn alle Beteiligten können eigentlich kein Interesse daran haben, daß sich diese Frage nun immer weiter ins Jahr verlängert; wir müssen ja irgendwann einmal zum Schwur kommen. Hier liegt ein Haushaltsrisiko für den Bund. Ich hoffe, daß das Haushaltsrisiko so klein wie möglich ist. In jedem Falle kann ich Ihnen heute — dafür werden sie hoffentlich Verständnis haben— keine Zahlen nennen. Aber hier liegt ein Risiko, das gegebenenfalls in einem Nachtragshaushalt berücksichtigt werden muß.
Punkt 3. Die Bundesanstalt für Arbeit wird im Juli einen Nachtragshaushalt beschließen. Dieser Nachtragshaushalt hat direkt Konsequenzen für den Bundeshaushalt, und wir werden Ihnen dann die Summen, die hier zusätzlich von uns gefordert werden, um das Netz sozialer Sicherheit bis zum Jahresende finanzierbar zu erhalten, in Form eines Nachtragshaushaltes mit der Summe X — die genaue Summe ist mir nicht bekannt, aber es werden mehrere Milliarden DM sein, wie wir alle wissen — präsentieren.
Schließlich werden wir — das hat Herr Kollege von Bülow bereits angesprochen — davon ausgehen müssen, daß die nächste Steuerschätzung dazu führen wird, daß Bund, Länder und Gemeinden 1975 erneut mit weniger Steuereinnahmen rechnen müssen. Dies wird ebenfalls, wenn Sie so wollen, als vierte Position in den Nachtragshaushalt eingebracht werden. Hier kann man mir die Frage stellen: Warum hat das Finanzministerium nicht, wie ursprünglich geplant, Mitte Juni eine Steuerschätzung gemacht? Nur, Herr Leicht: wir sind uns, glaube ich, darüber einig, daß wir Steuerschätzungen nicht im luftleeren Raum machen. Steuerschätzungen machen wir mit einem Ziel. Das Ziel, das wir mit diesem Datum hatten, war, einen Finanzplanungsrat von Bund und Ländern Mitte/Ende Juni vorzubereiten, um uns alle Daten zu geben. Dieser Finanzplanungsrat wiederum hatte aber nur einen Sinn und einen Zweck, wenn wir uns vorher über die Revisionsverhandlungen, über den Ausgleich der Konsequenzen der Steuerreform einig geworden waren, weil das das zentrale Datum ist, das zwischen Bund und Ländern strittig ist. Aus diesem Grunde haben wir die Steuerschätzung verschoben.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Was hat denn das mit der Steuerschätzung zu tun?)

— Aber natürlich hat es damit zu tun! Die Steuerschätzung kommt dann, wenn der Finanzplanungsrat das nächste Mal tagt. Dem muß die Sitzung des Finanzplanungsrates — Herr Kollege Vogel, Sie sind kein Fachmann auf diesem Gebiet; insofern verstehe ich Ihr ungläubiges Kopfschütteln — so dicht wie möglich folgen, damit niemand sagen



Bundesminister Dr. Apel
kann: Inzwischen sind die Zahlen erneut obsolet geworden. So rollt das Ganze ab.
Ich darf noch einmal zusammenfassen: Die Bundesanstalt für Arbeit legt ihren Nachtragshaushalt vor — dann haben wir die Zahlen —, die Revisionsverhandlungen sind abgeschlossen — dann haben wir hoffentlich unsere Zahlen —, wir machen eine neue Steuerschätzung kurz vor der nächsten Sitzung des Finanzplanungsrates, kurz vor der Aufstellung des Nachtragshaushalts — dann kriegen wir unsere Zahlen; 300 Millionen DM Kindergeld, das wissen wir in etwa schon —, und dann bekommen Sie einen Nachtragshaushalt vorgelegt, bei dem Sie, meine Damen und Herren im Deutschen Bundestag, alle Gestaltungsmöglichkeiten haben. S i e beschließen doch diesen Nachtragshaushalt, nicht die Bundesregierung. Insofern bin ich auch nicht der Meinung, daß Sie um irgendeines Ihrer Rechte gebracht seien. Im Gegenteil, Sie werden dann die Möglichkeit haben zu entscheiden.
Ich will Ihnen allerdings heute bereits meine Meinung sagen. Ich werde Sie aus der Verantwortung, die ich als Bundesfinanzminister habe, bitten, den Nachtragshaushalt voll über eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme des Bundes zu finanzieren. Ich werde Ihnen also keinerlei Vorschläge machen, die darauf hinauslaufen könnten, z. B. die obligatorische Konjunkturrücklage dafür einzusetzen, z. B. bei den Ausgaben etwas zu kürzen, geschweige denn, etwas bei den Einnahmen zu machen, sondern ich werde Ihnen einen Nachtragshaushalt vorlegen und Sie bitten, die Nettokreditaufnahme erneut anzuheben, weil die Nettokreditaufnahme — dies haben beide Sprecher der Koalitionsfraktionen deutlich gemacht — in die konjunkturpolitische Landschaft dieses Jahres hineingehört. Wenn wir einmal einen Blick über die Grenzen unseres Vaterlandes werfen, dann werden wir feststellen, daß die Nettokreditaufnahme — —

(Abg. Leicht [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Wollen Sie eine Zusatzfrage stellen, Herr Kollege Leicht? — Ja, bitte schön!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718202600
Bitte schön, Zwischenfrage!

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: ,,Zusatzfrage" ? — Das ist eine Zwischenfrage!)


Dr. Hans Apel (SPD):
Rede ID: ID0718202700
Ja, entschuldigen Sie!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718202800
Ich konnte den Fragesteller leider nicht sehen.

Dr. Hans Apel (SPD):
Rede ID: ID0718202900
Das weiß nun Herr Vogel wieder besser. Sehen Sie, so lernen wir voneinander.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : So gleicht sich das aus, Herr Apel!)

— So ist es. — Bitte, Herr Kollege Leicht!

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0718203000
Herr Kollege Apel, eine objektive Frage. Sie haben gesagt, Sie würden nicht vorschlagen, die Konjunkturausgleichsrücklage anzugreifen. Diese Konjunkturausgleichsrücklage kann ja nur unter ganz bestimmten Verhältnissen freigegeben werden. Ich stelle mir nun die Frage: Muß man sich nicht überlegen, ob der Zeitpunkt, der zur Freigabe zwingt, nicht — ich will mich jetzt nicht festlegen — in absehbarer Zeit gekommen ist, und daß der Betrag, der für Bund und Länder immerhin, wenn ich mich recht entsinne, bei rund 4 Milliarden DM liegt, bei seinem Einsatz für die Konjunkturentwicklung eine entscheidende Rolle spielen könnte?

Dr. Hans Apel (SPD):
Rede ID: ID0718203100
Herr Kollege Leicht, diese Frage habe ich mir auch gestellt, und Sie werden verstehen, wenn ich sage, daß Sie als Ausschußvorsitzender und ich als Finanzminister zu gegebener Zeit darüber zu sprechen haben werden, wenn auch sicherlich nicht heute und jetzt im Deutschen Bundestag. Aber die Frage ist in ihrer Stoßrichtung genau richtig und voll berechtigt.
Ich möchte also, wie gesagt, die Nettokreditaufnahme des Bundes entsprechend erhöhen, weil ich das konjunkturpolitisch für notwendig halte. Die Herren Redner der Koalitionsfraktionen haben deutlich gemacht, daß das durchaus finanzierbar ist und durchaus auch in die konjunkturpolitische Landschaft paßt.
Aber, Herr Kollege Leicht, jetzt wende ich mich an Sie. Was mich eigentlich an Ihrer Intervention gestört hat, war, daß ich als Finanzminister wieder nicht erkenne, was nun die Position der Opposition ist. Sie beklagen die hohen Defizite des Bundes. Sie geben aber keine Antwort auf die Frage, was Sie denn eigentlich an die Stelle dieser hohen Defizite setzen wollen. Sie können, Herr Kollege Leicht, in dieser Situation, in dieser rezessiven Situation, doch nicht ernsthaft meinen, es wäre an der Zeit, etwas auf der Ausgabenseite des Bundes zu tun. Wenn Sie nun mit dem Argument kommen, die Defizite heute und jetzt seien die Konsequenz vergangener Politik, so wissen Sie genau, daß dies Demagogie und daß dies falsch ist.

(Lachen und Widerspruch bei der CDU/CSU)

Insofern hat es doch keinen Zweck — darauf komme ich in der Debatte noch zu sprechen —, so zu reden. Aber, Herr Kollege Leicht, eines sollten wir dann wenigstens gemeinsam tun. Wenn Sie schon die hohen Defizite beklagen, dann sollten Sie Mitgliedern Ihrer Fraktion sagen, daß sie dann bitte aufhören möchten, draußen immer bei verschiedenen Verbandstagungen und anderen Gelegenheiten auch noch Steuersenkungen in dieser Lage zu verlangen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das ist doch dann wirklich der Höhepunkt an Unlogik. Dann bitte Schluß mit dieser Debatte, weil sie Sie, Herr Leicht, in der Tat noch in größere Schwierigkeiten mit Ihrer eigenen Argumentation bringen würde.



Bundesminister Dr. Apel
Ich stelle fest: Die Rezession hält an. Wir tun alles, um diese Rezession zu überwinden. Dazu gehört auch die hohe Neuverschuldung, die wir beim Nachtragshaushalt erneut anheben werden. Der Artikel 115 läßt das durchaus zu, weil wir in der Rezession sind.
Herr Kollege von Bülow hat darauf hingewiesen, daß wir unserem Bürger ehrlich und offen sagen können: Bei uns sind die Finanzen trotz der hohen Nettokreditaufnahme in Ordnung.

(Lachen bei der CDU/CSU)

— Ja, Herr Schröder, darüber können Sie gern lachen. Das ist so. Wir haben über viele Jahre, von 1970 bis zum Eintreten der Rezession, den Bundeshaushalt zu fast 100 % aus Steuereinnahmen finanziert. Jetzt machen wir in der Rezession antizyklische Politik. Auf Grund dieser Tatsache ist eben die Schuldenlast des Bundes so gering wie nirgends im internationalen Bereich. Hören wir doch einmal damit auf, mit dem Finanzchaos Angst zu machen, es sei denn, Sie wollten eine irrationale Debatte führen. Das will ich nicht.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Wohlrabe [CDU/CSU] : Die Fragen haben wir doch nun mehrfach hier erörtert! Sie müssen uns endlich einmal sagen, wann die Schulden bezahlt werden sollen!)

Es bleibt also von dem Antrag und dem Debattenbeitrag der Opposition ein Argument nach — alle anderen Argumente sind nicht zutreffend —, nämlich das Argument, wir hätten mit einer Zahlung von 900 Millionen DM an die Bundesanstalt für Arbeit im Mai das Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments tangiert. Ich akzeptiere diese Argumentation nicht. Wir haben das übliche Verfahren im Haushaltsausschuß eingehalten. Die Zahlungen waren unabweisbar; die Bundesanstalt für Arbeit brauchte das Geld. Die Resistenz der Arbeitslosigkeit war bei der Haushaltsverabschiedung nicht vorhersehbar. Deswegen waren diese Zahlungen notwendig.
Einige letzte Bemerkungen zum Haushaltsentwurf 1976. Hier gibt es zwei offene Fragen. Erste offene Frage: Wie werden die Revisionsverhandlungen ausgehen? Das ist eine ganz wichtige Frage. Immerhin geht es hier um Milliarden. Die Größenordnungen der Milliardenbeträge muß ich kennen, ehe ich mit meinen Kollegen über den Haushalt 1976 reden kann.
Zweitens. Die Konjunkturentwicklung und der damit bereits in Verbindung gebrachte Art. 115. Herr Kollege Leicht, ich glaube nicht, daß Sie hier der Bundesregierung Vorwürfe machen können, daß wir Ihnen heute oder — genauer gesagt — auf Ihre Kleine Anfrage keine detaillierten Auskünfte über den Haushalt 1976 geben. Es gibt eine verfassungsmäßig genau definierte Reihenfolge der politischen Verantwortung. Das steht in der Verfassung folgendermaßen: Der Bundesfinanzminister fängt mit seinen Arbeiten an. Er geht dann in das Bundeskabinett und läßt dort — das wird in diesem Jahre, so denke ich, mit viel Mühen verbunden sein — einen Haushaltsentwurf 1976 beschließen. Schließlich geht dieser Haushaltsentwurf an dieses Parlament, und Sie haben alle Rechte und alle Möglichkeiten, dazu Stellung zu nehmen und unseren Entwurf zu ändern. Sie können aber doch nicht allen Ernstes verlangen, daß wir hier vorab einzelne Elemente debattieren und darstellen. Wo kommen wir denn da hin.

(Leicht [CDU/CSU] : Das bezog sich auf die Finanzplanung!)

- Ich komme gleich darauf zurück. Herr Kollege Leicht, darüber sind wir uns doch wohl einig — auch Herr Kirst hat darüber gesprochen —, daß Einnahmen und Ausgaben im Bundesetat eine Sache sind.
Nun haben Sie erneut gesagt, der Finanzminister hätte vor den Wahlen anders geredet als jetzt. Ich zitiere meine Erklärung vom Donnerstag letzter Woche aus der Aktuellen Stunde. Da habe ich folgendes erklärt:
Deswegen werden wir nach der Rezession nicht umhinkönnen, auch über Einnahmeverbesserungen der öffentlichen Hände offen zu sprechen. Allein der Art. 115 des Grundgesetzes kann uns dazu zwingen.

(Schröder [Wilhelminenhof] [CDU/CSU] : Zitieren Sie doch mal, was Sie im „Stern" gesagt haben!)

Ich habe in meinen Äußerungen der letzten Monate immer wieder auf diesen Tatbestand hingewiesen. Ich verweise insbesondere auf Erklärungen auf einer Pressekonferenz in Hamburg am 14. April 1975. Deswegen ist der Vorwurf der Verschleierung vor den Wahlen unrichtig.

(Schröder [Wilhelminenhof] [CDU/CSU] : Zitieren Sie doch mal, was Sie im „Stern" gesagt haben!)

— Ja, dies ist genau das, was im Endeffekt auch im „Stern" gesagt worden ist.

(Schröder [Wilhelminenhof] [CDU/CSU] : Nein, da haben Sie etwas anderes gesagt!)

— Ich bitte Sie, da habe ich auch gesagt: Einnahmeverbesserungen werden dann notwendig.

(Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : „Einnahmeverbesserungen" ist ein schönes Wort für Steuererhöhungen!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich folgendes zum Abschluß sagen. In dieser Debatte, Herr Kollege Leicht — ich sage das ohne Vorwurf —, habe ich festgestellt, daß Sie manche alte Vokabel wieder ausgegraben und aufgegriffen haben, alte Platten aufgelegt haben: von der falschen Wirtschaftspolitik, von der falschen Finanzpolitik. Sie wissen, daß das Gegenteil richtig ist. Wenn Sie sich die Haushaltsrechnung 1973 angucken — das ist der nächste Tagesordnungspunkt, 73! —, dann werden Sie feststellen, daß wir in diesem Jahr eine Nettokreditaufnahme von gut einer Milliarde hatten, gleichzeitig aber Steuermittel stillgelegt haben. Sie sehen also, daß dieser letzte Haushalt vor Beginn der Rezession ein typischer Haushalt finanzpolitischer Solidität gewesen ist. Was sollen also diese



Bundesminister Dr. Apel
Sprüche, die Sie immer machen? Was sollen also diese Sprüche? Lassen Sie doch diese Sprüche!

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Tatsache ist, daß wir hier in einer weltweiten tiefen Rezession sind, daß diese Rezession nicht von irgendeiner Regierung verursacht, sondern die Konsequenz Ihnen bekannter Tatbestände ist. Wenn es ein Land gibt — das wissen Sie doch genausogut; deswegen schauen doch die Nachbarn auf uns —, das in einer besonders günstigen Situation ist, das am ehesten die Chance hat, schnell aus der Rezession herauszukommen, dann sind wir das. Was sollen den immer diese pauschalen Vorwürfe, die durch nichts zu belegen sind?

(Beifall bei der SPD — Leicht [CDU/CSU] : Das stimmt auch nicht, was Sie da sagen!)

Ich schließe ab. Wir werden die Haushaltspolitik 1975 wie die Haushaltsaufstellung 1976 unter die Überschrift stellen: Es kommt darauf an, die Rezession zu überwinden und die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Die Haushaltspolitik der Defizite wird mit diesem Ziel betrieben. Ein ausgeglichener Haushalt ist kein Ziel an sich, sondern Teil des wirtschaftspolitischen Zieles, und das heißt: Überwindung der Rezession.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718203200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Höcherl.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0718203300
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Heren! Ich kann ja verstehen, Herr von Bülow und Herr Kirst und auch Herr Bundesfinanzminister, daß Ihnen solche Aussprachen peinlich sind. Es geht nämlich um sehr, sehr peinliche wirtschafts- und finanzpolitische Tatbestände.

(Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

Zum erstenmal habe ich aus dem Regierungslager gehört, daß wir in einer Rezession leben. Das mußte Ihnen die Bundesbank vor wenigen Tagen sagen. Bis vor kurzem waren wir noch im Aufschwung mittendrin. „Im Frühsommer", hieß es. Wir stehen unmittelbar davor; wir müssen wahrscheinlich den Frühsommer etwas verlängern, weil wir nicht ganz zurechtkommen mit den beiden Daten.
Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Bundesfinanzminister, wenn Sie sagen: endlich einmal einen kleinen Ansatz zu versuchen! Ja, wir sind leider in einer Rezession. Auch alle Propheten, die Sie aufgeboten haben, sagen es. Selbst die Bundesbank hat sich — das kann man nur mit Bedauern feststellen — an solchen Prognosen beteiligt, die schon innerhalb weniger Monate von Bericht zu Bericht revidiert werden mußten, und gestern oder vorgestern war aus dem jüngsten Bericht zu hören, daß wir nach wie vor nicht nur in einer Rezession sind, sondern daß wir uns nach wie vor in einem fortgesetzten Schrumpfungsvorgang unserer wirtschaftlichen Entwicklung mit all den finanz- und haushaltspolitischen Auswirkungen befinden.
Merkwürdig ist für meine Vorstellung der Vorschlag, Binnennachfrage und Exportnachfrage so ohne weiteres auszutauschen. Das scheint mir nicht ganz möglich zu sein. Man kann sie schon wegen der Qualitätsunterschiede nicht wie ein Hemd wechseln.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718203400
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ehrenberg?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0718203500
Aber selbstverständlich.

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0718203600
Verehrter Herr Kollege Höcherl, dürfte ich Sie, wenn Sie schon Konjunkturforschungsberichte und Äußerungen der Bundesbank zitieren, bitten, auch auf den Bericht des Weltwirtschaftsinstituts in Kiel, geleitet von dem renommierten Professor Giersch, hinzuweisen, in dem etwas ganz anderes steht.

(Lachen bei der CDU/CSU)


Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0718203700
Ich muß Ihnen ganz offen sagen: Es ist keine Entschuldigung für die Regierung und ihre Anhänger, wenn sich auch andere irren. Sie haben sich auf jeden Fall geirrt, und es erhebt sich die Frage, ob nicht grobe Fahrlässigkeit oder gar eine gewisse Art von Vorsatz bei Ihren Irrtümern eine Rolle gespielt hat.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU) Das scheint mir das Problem zu sein.


(Zurufe von der SPD)

— Ja, nachdem Sie die Stimmen der irregeleiteten Wähler eingesammelt haben, sind Sie jetzt, weil es bis zur nächsten Wahl noch 15 Monate sind, bereit, ganz kleine Zugeständnisse zu machen. Das reicht aber noch nicht aus. Sie, Herr Bundesfinanzminister, hätten einen Rat Ihres Fraktionskollegen, Herrn Möller, befolgen und hier im Büßergewand der Bescheidenheit erscheinen sollen;

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

das wäre der angemessene Abschluß für diesen Sitzungsabschnitt gewesen.
Alles das, was heute finanz- und haushaltspolitisch vorgetragen wurde, ist ja nichts anderes als ein Spiegelbild der wirtschaftspolitischen Entwicklung. Sie können sich nicht hinstellen und sagen, andere Faktoren seien schuld. Sie haben das ja sehr reichlich gemacht. Einmal war es die Ölkrise, ein anderes Mal die OECD. Dabei muß man wissen, wie OECD-Gutachten zustande kommen: Unter starkem deutschen Druck wurden dort die Zahlen manipuliert. Heute wird die OECD für schuldig erklärt. Und neuerdings ist es der Sparer. Der Sparer war früher eine sehr angesehene Persönlichkeit. Sie haben ihn sehr dringend nötig, weil Sie in diesem Jahr 60 bis 70 Milliarden DM und im nächsten Jahr vielleicht 80 bis 90 Milliarden DM brauchen, die Ihnen nur der Sparer zur Verfügung stellen kann. Den Höhepunkt aber hat sich einmal der Bundeskanzler — das ist dem Hause fast entgangen — hier geleistet, als er sagte, wir seien deshalb schuld an der wirt-



Höcherl
schaftlichen Entwicklung, weil wir den Vertrag von Bretton Woods unterschrieben hätten, der 1973 dann dazu geführt habe, daß 30 Milliarden DM über unsere Grenzen geflossen und in unser Land gekommen seien.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Herr Höcherl, das stimmt doch!)

Ein Sündenbock nach dem anderen wurde vorgeführt und geschlachtet — immer wieder ein neuer!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben immer wieder einen neuen gefunden. Aber ich habe noch niemals gehört, daß die Bundesregierung oder die sie tragenden Fraktionen auch nur den geringsten Anteil an dieser verhängnisvollen und peinlichen Entwicklung haben. Das geht Ihnen einfach nicht über die Lippen, weil Sie ja der Öffentlichkeit vorgemacht haben: für Sie gibt es doch keine Probleme, für Sie ist alles machbar.

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Man muß nur wollen, dann kann man alles!)

Ich bin überzeugt, Sie haben das Wesen dieser
Krise, die ja weiter reicht als nur in unsere Binnenverhältnisse hier, bis heute noch nicht erkannt.
Sie haben doch schon das dritte Konjunkturprogramm vorgelegt. Mit jedem Programm haben Sie sich den Anschein gegeben: Jetzt haben wir das richtige Mittel, das richtige Instrument, wir werden die Sache in Ordnung bringen. — Es war nichts damit. Dann kam das zweite Programm. Ich weiß noch, wie sich Herr Friderichs hier hingestellt und gesagt hat: Das ist nun die wirkliche Lösung.

(Zuruf von der SPD: Herr Höcherl, Werbefernsehen!)

Dann kam im Dezember das dritte. In wenigen Tagen läuft die Frist ab, und schon nach sechs Monaten stellt sich heraus, daß dieses sehr kostspielige hier durchgepeitschte Programm die Erwartungen leider nicht erfüllt hat. Das können Sie doch gar nicht leugnen. Warum haben Sie denn nicht den Mut, einmal zuzugeben, daß Sie Mißgriffe tun und dieses Geschäft nicht verstehen; wir haben es 20 Jahre hindurch verstanden!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist auch interessant, welche Doppelstrategie Sie führen, eine Doppelstrategie, die wir nicht nur bei jedem Wahlkampf im eigenen Haus erleben, sondern auch draußen, wenn Ihre ersten Vertreter draußen sind. Der Herr Bundeskanzler hat bei der letzten NATO-Tagung die weltwirtschaftliche Situation — wie ich meine: zu Recht — mit zur entscheidenden Frage gemacht. Zu Hause ist alles in Ordnung, aber draußen stellt man sich ganz anders dar. Wir möchten eine einheitliche, wahrheitsgemäße, offene Sprache.
Wenn Sie bereit wären, einmal etwas zuzugeben, könnte man, meine ich, da oder dort gemeinsam etwas unternehmen. Aber Sie sind dazu nicht bereit; nein, das verletzt Ihren Stolz. Die meisten haben es jetzt schon gemerkt, und es werden noch mehrere merken: Sie beherrschen die Geschäftsführung einer solchen Volkswirtschaft nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD]: Sie beherrschen die Geschwätzführung! — Heiterkeit bei der SPD)

— Herr Wehner, Sie haben ja einen großen Anteil daran, daß solche Kombinationen und solche Koalitionen zustande gekommen sind, wie wir sie jetzt sechs Jahre lang nicht zu unserem Vorteil erleben müssen.

(Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

Ich weiß nicht, ob Sie mit diesem Ergebnis zufrieden sind. Wenn Sie zufrieden sein sollten, hätte Ihre Bescheidenheit den Nullpunkt erreicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hier ist schon einige Male ein neuer Begriff benutzt worden. Ich möchte Sie warnen, jetzt schon das große Thema, das Sie für 1976 vorhaben, nämlich das der „sozialen Demontage", als Popanz aufzubauen

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Fragen Sie dazu mal Herrn Weizsäcker! — Gegenruf des Abg. Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU]: Verleumdung! Es ist eine Gemeinheit, so etwas zu sagen, Sie Ehrenmann!)

und unter vollständiger Verkehrung aller Zusammenhänge zu sagen: Das soll Ihr nächstes Thema sein. — Sie haben mit dem Thema schon begonnen mit der schlechten Wirtschaftspolitik, mit Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit, an der Sie einen erheblichen Anteil von Schuld haben. So stehen die Dinge.
Das mit der Liste von 19 Gesetzen, Herr Bundesfinanzminister, war eine Nuance anders. Sie haben die Länder, die auf Grund dieser wirtschaftlichen Entwicklung noch größere Haushaltssorgen haben — die Gemeinden haben wahrscheinlich noch größere —, etwas unter Druck setzen wollen: Hier sind 19 Gesetze, wir müssen eingreifen, wenn das Ergebnis der Auseinandersetzungen nicht so oder so aussieht. Dasselbe haben Sie mit den Gemeinschaftsaufgaben versucht, die ja auch einen sozialen und strukturellen Charakter haben.
Das ist die Wahrheit, die reine Wahrheit; Sie haben hier nur die einfache Wahrheit zitiert. Das ist die reine.

(Lachen bei der SPD und der FDP — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Bei Ihnen gibt es also mehrere Wahrheiten! — Dr. Ehrenberg [SPD] : Die einfache und die bayerische Wahrheit! — Heiterkeit und weitere Zurufe von der SPD)

— Es kommt darauf an, welche man gebraucht. Wir
nehmen die lautere und Sie die einfache, schlichte.

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sie nehmen die bayerische Wahrheit! — Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn Sie sich Ihre Zielsetzung, meine Damen und Herren von der Koalition, noch einmal vor Augen führen und in Erinnerung zurückrufen, müssen Sie folgendes feststellen. Sie haben erklärt:
12750 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode 182. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Juni 1975
Höcherl
Wiederherstellung der Stabilität; eingetreten ist eine fortgesetzte Inflation. Sie haben des weiteren vom Ausbau des sozialen Sicherheitssystems gesprochen. Sie alle wissen doch genauso wie wir — wir wissen es gemeinsam —, daß unser soziales Sicherungsnetz auf Grund seiner inneren Struktur ein vernünftiges Wachstum und eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung voraussetzt.
Ich gebe durchaus zu, daß in die aufgetretenen Schwierigkeiten katalytisch weltwirtschaftliche Umstände mit hineinspielen

(Zurufe von der SPD und der FDP)

— mit hineinspielen! —, aber Sie sollten einmal Ihren eigenen Schuldanteil zugeben, so meine ich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Vorhersage eines Aufschwungs — ich habe es schon gesagt — auf Grund des letzten Konjunkturprogramms war eine Fehlleistung. Wir haben Sie gewarnt. Sie haben nicht gesehen und wollen es auch heute noch nicht sehen: Wir brauchen zur Sicherung der Arbeitsplätze und zum Abbau der Kurzarbeit Investitionsbereitschaft innerhalb der Wirtschaft. Diese leitet sich ab aus einer vernünftigen Ertragskraft und aus vernünftigen Aussichten. Sie haben diesen entscheidenden Punkt — andere Länder praktizieren es doch auch — nicht gesehen. Sie sind mit der Gießkanne durch das Land gezogen und haben gedacht: Jetzt auf einmal sprießen die Investitionen. Damit wurden 8 bis 10 Milliarden DM vertan, die Sie 1976 zusätzlich zu Ihren bisher schon bestehenden Verpflichtungen aufbringen müssen. So ist doch die Lage.
Der frühere Bundeskanzler sprach von soliden Finanzen. Sie haben aber die größten Haushaltsdefizite. Sie sagen im Schuldenmachen seien Sie ganz bescheiden, man solle doch einmal mit anderen Ländern vergleichen. Darauf muß man erwidern: die haben nicht zweimal eine totale Inflation gehabt. Sie können mit einem Dollar aus dem Jahre 1910 heute noch bezahlen, wenn man von der Kaufkraft jetzt einmal absieht. Nehmen wir einmal die absolute und die relative Schuldenentwicklung. Für Haushaltszwecke wurden in 20 Jahren beim Bund 15 Milliarden DM Schulden aufgenommen. Sie haben allein in einem Jahr 30 Milliarden DM für Haushaltszwecke aufgenommen,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Das reicht nicht! — Zuruf von der SPD)

und beim nächsten Mal sind es vielleicht 40 Milliarden DM und noch mehr.

(Zuruf von der SPD: Horrorzahlen!)

Dies sind kurzfristige Schulden mit relativ hohen Zinsen. Ich bestreite nicht, daß sich die Zinspolitik etwas günstiger entwickelt hat. Aber die achtjährige Laufzeit bringt doch Verpflichtungen und Haushaltslasten

(Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

und schafft einen ganz neuen und entscheidenden Tatbestand. Sie sagen immer, dies sei die einzige Möglichkeit, antizyklisch zu handeln. Ja, wenn Sie es nur täten und mit diesem Geld Investitionen
finanzierten! Dann wäre es ja in Ordnung. Sie sind nicht freiwillig in diese Lage gekommen, sondern Sie sind hineingeschlittert, hineingeschlittert durch die Unfähigkeit, die uns allen soviel Sorge macht.
Herr Bundesfinanzminister, Ihr löblicher Vorsatz, Rezession und Arbeitslosigkeit zu beseitigen, findet unsere Zustimmung. Fangen Sie endlich an! Wir warten seit Jahr und Tag darauf.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718203800
Das Wort hat der Abgeordnete Graf Lambsdorff.

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0718203900
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kollege Höcherl, es ist ja nicht das erstemal, daß wir zum Abschluß einer Debatte am mittleren Freitagvormittag das Vergnügen haben, Ihre erheiternden Darlegungen anhören zu können. Ich frage mich nur, ob das, was Sie hier als die einfache Wahrheit oder auch als die schlichte Wahrheit bezeichnet haben, nicht auch an die etwas schlichten Gemüter unter Ihren Zuhörern gerichtet war. Ob es davon so viele gibt, weiß ich nicht.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Jedenfalls, Herr Höcherl, Sie haben mit Ihrer bildhaften Sprache, die auch außerhalb Ihres Heimatlandes gut verstanden wird, schon immer dafür gesorgt, daß in der Unterhaltung an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrigblieb.
Sie meinen, daß die „Geschäftsführung der Volkswirtschaft" — auch dies ist ein köstlicher Ausdruck
— von der Regierung nicht beherrscht werde. Sie haben ein Sammelsurium von alten Vorwürfen und Kritiken zusammengefaßt aufgetischt, über die wir in den vergangenen Jahren so häufig gestritten haben. Ich kann Ihnen allerdings nicht den Vorwurf ersparen, Herr Kollege Höcherl, daß wir noch vor wenigen Tagen in der Aktuellen Stunde genau alles das abgehandelt haben, was Sie heute aufgewärmt haben, und daß Sie offensichtlich nicht dabei waren oder nicht zugehört haben.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Man kann es nicht oft genug sagen!)

— Natürlich, Herr Kollege Vogel.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Wahrheiten muß man immer wieder sagen!)

— Man kann fehlerhafte Behauptungen nicht oft genug sagen in der Hoffnung, daß sie dann vielleicht doch einmal geglaubt werden. Das ist eine altbekannte propagandistische Methode.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Reden Sie vom letzten Wahlkampf?)

— Meinen Sie jetzt Höcherls Wahlkampf in Bayern, oder welchen meinen Sie?

(Heiterkeit bei der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben uns in der Aktuellen Stunde über die konjunkturelle Situation und deren Entstehung unterhalten. Jetzt hören wir von Herrn Höcherl — und insofern schließt sich dies



Dr. Graf Lambsdorff
dem an, was Herr Müller-Hermann in der vorigen Woche gesagt hat —, daß weltwirtschaftliche Umstände denn doch hineinspielen.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Das haben Sie bis vor kurzem mit Nachdruck bestritten und haben es niemals glauben wollen. Inzwischen wird endlich zugegeben, daß wir nicht alleine auf der Insel der Seligen leben, weder in Bayern noch in der Bundesrepublik.
Sie fordern uns auf, die eigene Schuld und die eigenen Versäumnisse zuzugeben. Wir haben niemals bestritten, daß ein Anteil hausgemachter Inflation durch viele Jahre in der Bundesrepublik — —

(Aha-Rufe bei der CDU/CSU)

— Da gibt es gar keinen Grund, „aha" zu schreien. Wenn Sie nicht hier gewesen sind, dann sehen Sie sich die alten Protokolle des Bundestages an. Ich wiederhole: Wir haben niemals bestritten,

(Zuruf des Abg. Rawe [CDU/CSU])

daß es einen Anteil hausgemachter Inflation gegeben hat, die teilweise eine Inflation von uns allen
mitproduzierter und mitgeweckter Ansprüche war,

(Rawe [CDU/CSU] : Von Ihrer Koalition geschürt!)

die das Bruttosozialprodukt überforderten.
Nur, Herr Kollege Höcherl, da Sie meinen, sich hier hinstellen und uns mitteilen zu sollen, mit gemeinsamer Anstrengung könne man der Probleme Herr werden, wäre ich doch sehr dankbar, wenn Sie das auch draußen verkünden und nicht an anderer Stelle erklären würden, an all dem sei diese Regierung schuld, die solle nun den Laden auch alleine in Ordnung bringen; irgendeine Hilfe dazu werde ihr nicht geleistet. Zusammenarbeitsangebote — gerade auf dem Gebiete der Konjunkturpolitik — haben nur dann Sinn, wenn sie nachhaltig durchgehalten werden. Dies ist aber nicht der Fall: Von Zeit zu Zeit treten sie in dieser Rolle auf, beim nächsten Mal treten Sie wieder in der Rolle des Anklägers auf, der mit dem Finger auf die Regierung zeigt und sagt: Das müßt ihr alles selber und alleine in Ordnung bringen.
Das tun Sie dann ja auch — wiederum in Ihrer erheiternden Sprache — in einem Ihrer letzten Interviews, aus dem ich mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren darf. Sie äußern sich da über den Bundeswirtschaftsminister:
Aber Friderichs tritt gut auf, kann gut reden und die Leute mit seinen treubraunen Rehaugen überzeugen. Ich habe ihn schon ein paarmal ,abgebürstet', weil er uns gegenüber sehr arrogant ist. Trotzdem, der Friderichs ist nicht ungefährlich.

(Heiterkeit bei der FDP und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dieses Interview ist überhaupt lesenswert. Herr Kollege Wehner, Sie kommen darin auch vor. Frage: „Wie ist Ihr Verhältnis zu Herbert Wehner?" Antwort: „Also, Weihnachten schreiben wir uns." — Das Ganze im „Playboy",
meine Damen und Herren. In dem Stile hat er es hier auch heute betrieben.

(Große Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden uns, wie ich meine, in der konjunkturpolitischen Diskussion denn doch etwas ernsthafter miteinander unterhalten müssen, und wir werden das auch versuchen.

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU] : Herr Lambsdorff, Sie sind nur böse, daß er von Ihnen kein Wort gesagt hat!)

— Verehrter Herr Franke, er hat!

(Franke [Osnabrück] [CDU/CSU]: Ist ja schrecklich!)

Er hat sogar ein freundliches Wort gesagt, aber ich zitiere diese freundlichen Worte über mich nicht gerne hier vom Rednerpult; Herr Höcherl weiß, was er gesagt hat.

(Rawe [CDU/CSU]: Dann hat er Sie ja besser behandelt als den Bundeskanzler! Das ist ja erstaunlich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, er hat gesagt: Der Lambsdorff ist mir lieber als der Friderichs. Säße ich da und Herr Friderichs dort, hätte er es selbstverständlich umgekehrt gesagt; daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Höcherl, nun möchte ich noch einmal auf den einen Hinweis eingehen: 8 bis 10 Milliarden DM mit der Gießkanne über das Land verteilt. Darüber haben wir häufig gesprochen. Wir haben auch häufig darüber diskutiert, warum wir im vorigen Jahr zu dieser Form der Investitionszulage gegriffen haben — der Sie letztlich dann ja auch zugestimmt haben — und warum wir uns auf alle die Vorschläge, die Sie dagegensetzen wollten, nicht einlassen konnten. Wir konnten uns nicht auf den Vorschlag einlassen, höhere Abschreibungen zuzulassen. Wir konnten uns nicht auf den Vorschlag einlassen, andere wesentliche Steuererleichterungen vorzuschlagen, weil das ja doch die Haushaltslage, Herr Kollege Leicht, die Sie beklagt haben, noch weiter verschärft hätte.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Und das auf Dauer!) — Ja, auf Dauer.


(Leicht [CDU/CSU] : Nicht mehr als die 8 Milliarden DM!)

— Aber selbstverständlich! Allein nach der Rechnung in dem berühmten „Handelsblatt"-Artikel — geschrieben von Herrn Vogel, gezeichnet von Herrn Strauß — wären Sie auf eine Gesamtsumme von 14 Milliarden DM gekommen, noch dazu, wie Herr Ehrenberg mit vollem Recht gesagt hat, auf eine dauerhafte Belastung.
Vor allem aber — dies war doch der Ausgangspunkt der Situation; Herr Höcherl, Sie haben ja soeben noch einmal gesagt: „eine verbesserte Ertragslage gibt Anlaß zu Investitionen" — kann man doch Abschreibungen erst dann benutzen, wenn man vor-



Dr. Graf Lambsdorff
her Gewinne erzielt hat. Gerade diese nicht vorhandene Gewinnsituation haben wir mit der Investitionszulage zu verbessern versucht.
Nun, meine Damen und Herren, halte ich es für einen unzulässigen Hinweis, Herr Höcherl, wenn von Ihnen — natürlich auch von anderen Mitgliedern der Opposition — erklärt wird: Das hättet ihr euch alles sparen können; das hat ja nicht den schnellen und wirksamen Erfolg gehabt, den ihr erstrebt hattet. Meine Damen und Herren, bitte stellen Sie sich doch einmal die Frage, was geschehen wäre, wenn wir diese Investitionszulage nicht angeboten hätten, wenn wir diese zusätzliche Hilfe nicht zur Verfügung gestellt hätten, wo wir denn dann mit der Binnennachfrage wären. Denn in der Tat ist es doch so, daß die Konjunkturpolitik in der Binnennachfrage eine durchaus sich langsam zufriedenstellend — ich will nicht sagen: erfreulich-zeigende Entwicklung bewirkt hat. Was uns im Augenblick fehlt, ist die Außennachfrage, und die können Sie mit den konjunkturpolitischen Mitteln, die uns binnenwirtschaftlich zur Verfügung stehen, nicht so ankurbeln, daß der Außennachfrageausfall ersetzt würde. Hier ist die Abhängigkeit, die weltwirtschaftliche Abhängigkeit, die Sie vorhin so global und pauschal zitiert haben, wirklich gegeben.
Meine Damen und Herren, wir wollen heute die konjunkturpolitische Debatte nicht uferlos fortsetzen. Aber es wird uns gar nichts anderes übrigbleiben, als nach wie vor eine Konjunkturpolitik der ruhigen Hand durchzuführen. Es wird uns gar nichts anderes übrigbleiben, als mit Geduld eine Entwicklung abzuwarten, die ich hier in der Aktuellen Stunde — ich glaube, mit der weitgehenden Zustimmung der Zuhörer — so formuliert habe:
In der zweiten Hälfte dieses Jahres werden wir die ersten für uns alle spürbaren und sichtbaren Erholungszeichen aus der Rezession sehen, die in einen Aufschwung im Jahre 1976 überleiten werden.
Dies scheint mir vor dem weltwirtschaftlichen Hintergrund, auch vor dem Hintergrund der sehr interessanten und von Herrn Ehrenberg vorhin in einer Zwischenfrage erwähnten Analyse des Weltwirtschaftsinstituts in Kiel und neuer amerikanischer Untersuchungen, eine realistische und vernünftige Beurteilung der Lage zu sein.
In diesem Zusammenhang ist die Haushaltspolitik, nämlich die Verschuldung im Jahre 1975, nicht nur vertretbar, sondern konjunkturpolitisch zu begrüßen. Das ist auch im Hinblick auf den sich vermutlich langsam entwickelnden Aufschwung im Jahre 1976, von dem wir heute schon sagen müssen, daß er die Kraft vergleichbarer Aufschwünge früherer Jahre — etwa 1968 — nicht erreichen kann, der Fall. Es wird vermutlich auch 1976 konjunkturpolitisch keine ernsthaften Bedenken gegen eine nochmalige hohe Kreditaufnahme der öffentlichen Hand geben, Herr Leicht. Konjunkturpolitisch gesehen, wohlgemerkt!
Aber ganz so einfach, Herr Kollege Höcherl, wie Sie sich die konjunkturpolitische Beurteilung gemacht haben, ist es eben nicht. Es geht nicht so, wie es einmal ein italienischer Dichter gesagt hat: Manche Politiker gleichen den Meteorologen, die sagen: Die Wettervorhersage ist richtig, aber das Wetter ist falsch. Wir werden auf die Wettervorhersage bauen können und hoffen, daß sich die Wetterlage zufriedenstellend entwickelt. Ich glaube, daß wir mit dieser Zuversicht, aber auch mit der Kraft, diese Geduld aufzubringen, in die Sommerpause gehen sollten.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf von der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0718204000
Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Haushaltsausschusses, den vorliegenden Antrag abzulehnen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Erste war die Mehrheit. Der Antrag des Haushaltsausschusses ist angenommen.
Wir kommen nunmehr zu Punkt 32 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1973 (Jahresrechnung 1973)

— Drucksache 7/3585 —Überweisungsvorsdilag des Ältestenrates: Haushaltsausschuß
Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung an den Haushaltsausschuß. — Ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr Punkt 33 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes
— Drucksache 7/3730 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend) Verteidigungsausschuß
Innenausschuß
Haushaltsausschuß
Das Wort hat der Abgeordnete Biermann.

Günter Biermann (SPD):
Rede ID: ID0718204100
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen legen Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes vor, mit dem die erheblichen Mängel des derzeitigen Anerkennungsverfahrens für Kriegsdienstverweigerer beseitigt werden sollen.
Dieses derzeitige Anerkennungsverfahren hat meines Erachtens deutlich die Schwierigkeiten der praktischen Gewissensprüfung aufgezeigt. Die Gewissensentscheidung ist letztlich ein innerer, ein interner Vorgang. Er entzieht sich meines Erachtens damit naturgemäß der unmittelbaren Kontrolle durch andere. Die Prüfungsgremien waren auf nach außen



Biermann
wirkende Indizien angewiesen. Gute Ausdrucksformen begünstigten einen Antragsteller. Fehlentscheidungen mit uns allen bekannten tragischen Folgen waren bei diesem Verfahren leider unvermeidbar.
Diese bisherige Verfahrensregelung, die allein vom Antragsteller den Nachweis für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung forderte, legte die Entscheidung praktisch in das freie Ermessen der Prüfungsgremien. Die Ausübung dieses Ermessens hing dabei weitgehend von der Zusammensetzung des jeweiligen Prüfungsgremiums ab, und das Verfahren war deshalb nach Tag und Ort sehr unterschiedlich im Ausgang. Auch Stimmungen, festgelegte Ausgangspositionen, Vorurteile, unsichere Verfahrensweisen, unklare Fragestellungen ließen zunehmend den Eindruck willkürlicher Entscheidungen entstehen. Es wurde aber auch deutlich, daß alle an solchen Verfahren Beteiligten oftmals überfordert waren.
Diese Eindrücke sind meines Erachtens der Gewissensfreiheit und damit Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes abträglich. Hiermit konnte, so meine ich, eine positive Einstellung der jungen Generation zur Landesverteidigung ganz sicher nicht gefördert werden.
Der Ihnen heute in erster Lesung vorliegende Koalitionsentwurf geht davon aus, daß es angezeigt ist, die Prüfungsverfahren überall dort nicht mehr durchzuführen, wo es nicht unabdingbar notwendig ist. Im übrigen soll das Verfahren so reformiert werden, daß die Entscheidungen in Zweifelsfällen nicht grundsätzlich zu Lasten des Antragstellers gehen müssen. Unter dem Gesichtspunkt des Verteidigungsauftrages, der Präsenz, der Kampfkraft und der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr erscheint jedoch die grundsätzliche Beibehaltung des Prüfungsverfahrens bei den Soldaten und Reservisten sowie auch dann erforderlich, wenn die Zahl der Wehrpflichtigen auf andere Weise nicht ausreicht, die Erfüllung des Verteidigungsauftrages sicherzustellen.
In allen anderen Fällen wird das Prüfungsverfahren nach diesem Entwurf durch die Erklärung des Wehrpflichtigen ersetzt, daß er sich der Beteiligung an jeder Waffenanwendung zwischen Staaten aus Gewissensgründen widersetzt und deshalb den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert. Er hat dann allerdings den Zivildienst zu leisten. Um die Zahl der verfügbaren Zivildienstplätze zu erhöhen, werden die Zivildienstausnahmen nach diesem Entwurf durch Ableistung anderer Dienste sowie durch freiwillige Arbeitsverhältnisse erweitert.
Lassen Sie mich nun auf den wesentlichsten Inhalt des Gesetzentwurfes zu sprechen kommen. Erstens. Für ungediente Wehrpflichtige, die noch nicht zur Bundeswehr einberufen sind und sich auf das Grundrecht des Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes berufen, wird das Prüfungsverfahren ausgesetzt. Sie werden dann als Kriegsdienstverweigerer anerkannt, wenn sie a) den Zivildienst leisten oder b) seit ihrer Antragstellung, die frühestens mit Vollendung des 18. Lebensjahres erfolgen kann, zwei Jahre vergangen sind.
Zweitens. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ,das Prüfungsverfahren für ungediente Wehrpflichtige, deren Recht auf Kriegsdienstverweigerung noch nicht als festgestellt gilt, wieder einzuführen, wenn die Sicherstellung der Verteidigungsbereitschaft das erfordert. Der Bundestag kann die Aufhebung dieser Rechtsverordnung allerdings binnen sechs Wochen nach ihrer Verkündung verlangen.
Drittens. Für Wehrpflichtige, die bereits zum Wehrdienst einberufen sind, für Soldaten und für Reservisten wird das Prüfungsverfahren in modifizierter Form grundsätzlich beibehalten. Die Bundesregierung wird jedoch ermächtigt, auch für diesen Personenkreis das Prüfungsverfahren zu suspendieren, wenn dadurch der Verteidigungsauftrag nicht gefährdet ist.
Das Wehrdienstverhältnis eines den Kriegsdienst verweigernden Soldaten kann nach diesem Entwurf auch ohne Verfahren in ein Zivildienstverhältnis umgewandelt werden, wenn der Dienst mit der Waffe für den Soldaten eine unzumutbare oder auf andere Weise nicht behebbare Härte bedeuten würde oder das Verfahren des antragstellenden Soldaten nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten abgeschlossen ist. Die Dienstzeit bei der Bundeswehr wird hier auf die Zivildienstzeit angerechnet.

(Vorsitz : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

Viertens. In den Fällen, in denen ein Verfahren zur Prüfung der Berechtigung, den Kriegsdienst zu verweigern, stattfindet, tritt an die Stelle des bisherigen Anerkennungsverfahrens nach dem Wehrpflichtgesetz ein Feststellungsverfahren nach dem Zivildienstgesetz. Die Entscheidungen treffen Ausschüsse, deren Vorsitzende nicht mehr vom Bundesminister der Verteidigung, sondern vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung bestellt werden. Eine Beschleunigung des Verfahrens soll dadurch erreicht werden, daß die bisherige Prüfungskammer als zweite Instanz entfällt; der Antragsteller kann gegen die Entscheidung des Ausschusses unmittelbar das Verwaltungsgericht anrufen.
Fünftens. Bei der Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Grundrechts vorliegen, steht die Prüfung der Ernsthaftigkeit und damit der Glaubhaftigkeit der Behauptung des Antragstellers, in einer Kriegshandlung nicht entgegen seiner Gewissenüberzeugung einen anderen töten zu können, im Vordergrund. Der Antragsteller hat das dazu Erforderliche dem Ausschuß darzulegen. Dabei kommt es nicht auf seine Ausdrucksfähigkeit an; etwaige Mängel der Ausdrucksfähigkeit werden durch die besondere Aussprache, die an die Stelle der bisherigen Anhörung tritt, ausgeglichen. Ist die Berufung auf die Gewissensentscheidung nach dem Gesamtverhalten des Antragstellers nicht glaubhaft, kommt eine Feststellung seiner Berechtigung zur Kriegsdienstverweigerung auch nicht in Betracht. Eine ablehnende Entscheidung ist allerdings zu begründen, und die Entscheidungstatsachen müssen gerichtlich nachprüfbar sein.



Biermann
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren von der Opposition, von einer „Umkehr der Beweislast" zu sprechen, ist meines Erachtens schlichtweg unsinnig und, meine ich, auch juristisch nicht haltbar. Es ist jedoch — das sage ich hier — von uns gewollt, daß Anträge auf Kriegsdienstverweigerung von den Prüfungsausschüssen künftig nicht mehr wie bisher auf Grund von unpräzisen Beurteilungen, die lediglich auf einem negativen Eindruck fußen, zurückgewiesen, d. h. abgelehnt werden können.
Sechstens. Die Dauer des Zivildienstes beträgt 18 Monate.
Meine Damen und Herren, dieser hier von mir in seinen wesentlichen Inhalten skizzierte Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, der sowohl der Gewissensentscheidung junger Staatsbürger als auch dem Sicherheitsinteresse unseres Staates und seiner Bürger Rechnung trägt wie auch die strikte Einhaltung unserer Bündnisverpflichtungen unbeeinträchtigt läßt, wurde, wie es ja seit langem nicht anders zu erwarten ist, bereits einen Tag, nachdem er in meiner Fraktion beschlossen war, von Sprechern der Opposition in einer Weise bewertet, die ich als ebenso leichtfertig wie verantwortungslos bezeichnen möchte.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Wie der Entwurf!)

Die Pflichten, die dem Bürger unseres Landes obliegen, werden durch Gesetze geregelt. Das Wehrpflichtgesetz steht, und aus ihm folgen die für die Verteidigungsfähigkeit und -bereitschaft der Bundesrepublik notwendigen grundsätzlichen Entscheidungen.
Wir Sozialdemokraten brauchen uns von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, nicht darüber belehren zu lassen, daß der eigene Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Verteidigungsfähigkeit und -bereitschaft ein wesentlicher Bestandteil des westlichen Bündnisses ist und wir daran festhalten werden. Daran wird auch durch dieses Gesetz — um es ganz deutlich zu sagen — nichts geändert.
Es ist daher, wie ich schon sagte, meines Erachtens leichtfertig und verantwortungslos, wenn der verteidigungspolitische Sprecher der Union u. a. vom „Abschied von der allgemeinen Wehrpflicht" spricht — ich frage mich, wo das in diesem Entwurf steht —, wenn er von „Aufweichung der Verteidigungsbereitschaft" spricht, wenn er davon spricht, daß die Bundesregierung der NATO in den Rücken fällt. Ich habe das Gefühl, hier ging es nicht um die Sache, hier ging es um Schlagzeilen, und das gleiche trifft zu, wenn es heißt, daß die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr auch zahlenmäßig nicht sichergestellt werden könnte. Ich nehme an, meine Damen und Herren, Sie haben die Zahlen des Verteidigungsministeriums auf Grund einer Anfrage der Opposition zur Verfügung, die hier einiges deutlicher und anders ausdrückt.
Ich frage mich auch, womit Sie das, was man in dem deutschen Blätterwald so erfahren konnte, belegen wollen. Darüber hinaus frage ich, wieviel
Mißtrauen man gegenüber unserer jungen Generation haben muß, wenn man in dieser Weise in der Öffentlichkeit verfährt.
Herr Dr. Wörner, es ist Ihr Irrtum, daß Herr Minister Leber angeblich unter Druck habe nachgeben müssen. Es mag in der Union so sein, daß man sich gegenseitig unter Druck setzt. Ich glaube, auch heute bringen Schlagzeilen dies wieder sehr deutlich zum Ausdruck. Ich kann Ihnen hier nur versichern, daß Minister Leber in seiner Verantwortung als Verteidigungsminister diesen Gesetzentwurf unterstützt.
Ein anderes, Herr Dr. Wörner. Sie haben gesagt, daß die Zivildienstplätze bereits heute nicht ausreichen. Sie wissen sehr wohl, daß wir mit Inkrafttreten dieses Gesetzes ganz sicher über 40 000 Plätze verfügen. Aber wenn Sie bereits heute davon sprechen, muß ich Sie fragen, ob Sie das mit den zur Zeit 8 000 unbesetzten Dienstplätzen begründen wollen oder womit sonst.
Herr Dr. Wörner, was heißt es eigentlich, wenn in Ihrem Pressedienst vom 5. Juni folgendes zu lesen ist? Ich darf hier zitieren:
Die Notwendigkeit, sich einem Examen zu unterziehen, bewog zudem alle, die ihre Anerkennung als Pazifisten begehrten, dieses Examen zunächst vor sich selbst abzulegen.
Wollen Sie das derzeitige Lotteriespiel bei den Anerkennungsverfahren tatsächlich als „Examen" bezeichnen? Diejenigen, die es betrifft, können dies — ich sage es hier hart — nur mit Hohn quittieren.
Es ist auch kein Wahlgeschenk, was hier gemacht wird, Herr Dr. Wörner. Hier geht es darum, daß ein Parteitagsbeschluß, den meine Partei in Hannover schon vor zwei Jahren gefaßt hat, in die Praxis umgesetzt wird.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Dies geschieht, ohne die Sicherheit unseres Staates anzutasten.
Ich bedauere sehr, Herr Dr. Wörner, daß Sie mit Ihren Auslassungen die politische Diskussion in diesem Bereich erheblich erschwert haben. Noch mehr bedauere ich allerdings, daß Ihnen als dem verteidigungspolitischen Sprecher der Union zu diesen wesentlichen Verbesserungen des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung nicht e i n m a l das Wort von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eingefallen ist.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion stimmt dem Vorschlag des Ältestenrats betreffend Überweisungen zu.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718204200
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kraske.

Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718204300
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Rede des Kollegen Biermann könnte man annehmen — und das ist doch wohl auch seine Überzeugung —, heute gehe es ausschließlich um die Änderung des



Dr. Kraske
Verfahrens für die Anerkennung von Kriegsdienstverweigerern. Nach unserer Überzeugung geht es hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkungen dieses Gesetzes um die einschneidendste Änderung in unserer Wehrstruktur in den letzten 20 Jahren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen, meine Damen und Herren, habe ich trotz der hinter ihm liegenden anstrengenden Reise überhaupt kein Verständnis dafür, daß der Herr Bundesverteidigungsminister an dieser Debatte nicht teilnimmt.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn ich richtig unterrichtet bin, hat die CDU/ CSU-Fraktion ihre Zustimmung dazu, daß dieses Problem am heutigen Freitag noch behandelt wird, nur gegeben, weil der Verteidigungsminister heute — und nur heute — dabei sein könne.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das haben sie zugesagt!)

Ich erkläre ausdrücklich, daß ich mich in dieser Frage getäuscht fühle. Ich kann nur sagen: Bei der Rolle, die der Herr Bundesverteidigungsminister in diesem Zusammenhang gespielt hat, kann ich ihn trotz seiner Abwesenheit aus den Auseinandersetzungen, die wir hier zu führen haben, nicht ausnehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, entgegen den Ausführungen des Kollegen Biermann geht es in dieser Debatte um nichts Geringeres als um die Einschränkung, ja, um die faktische Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht.

(Wehner [SPD]: Das ist ja Quatsch!)

Auch wenn der Herr Bundesverteidigungsminister wie eben Herr Biermann dieser Behauptung mit aller Entschiedenheit entgegentritt und auch wenn das seine feste Überzeugung sein mag, so stammt der Gesetzentwurf, den wir heute hier verhandeln, eben nicht von der Bundesregierung und dem Bundesverteidigungsminister, sondern er stammt von den Koalitionsfraktionen, und ihre Beurteilung dieses Entwurfs, wie wir sie seit Monaten hören, ist für die Auslegung seiner Folgen entscheidend.

(Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, Minister Leber hat sich mit großer Leidenschaft dagegen verwahrt, mit ,dieser geplanten Neuregelung solle die Wahlfreiheit zwischen Wehrdienst und Zivildienst eingeführt werden. Er hat im Verteidigungsausschuß — die Kollegen werden sich daran erinnern — daraus geradezu einen Point d'honneur für seine Person gemacht. Ich verstehe das, meine Damen und Herren. Denn wenn Worte noch einen Sinn haben sollen, dann verträgt sich doch wohl die allgemeine Wehrpflicht nicht mit der Freiheit, zu wählen zwischen dem einen oder dem anderen Dienst.

(Wehner [SPD] : Wollen Sie Art. 4 des Grundgesetzes abschaffen? Das wollen Sie doch auch nicht!)

— Herr Kollege Wehner, ich werde darauf schon noch zurückkommen, keine Sorge!
Aber, meine Damen und Herren, Minister Leber steht mit dieser Interpretation wie mit manchen anderen ganz allein. Sein eigener Parlamentarischer Staatssekretär hat ausdrücklich von dieser Wahlfreiheit gesprochen und sie begrüßt, und der Zivildienstbeauftragte, Herr Iven, erklärt uns seit Wochen und Monaten, in Zukunft solle der Wehrpflichtige frei optieren können; er müsse sich nicht mehr gegen die Ableistung von Waffendienst aussprechen, er könne sich für die Ableistung von Zivildienst aussprechen. Meine Damen und Herren, wer dabei noch behaupten will, dies sei allgemeine Wehrpflicht, mit dem ist, wie ich meine, über Begriffe nicht mehr zu streiten.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Aber diese Begriffsverbiegung gehört ja zur Politik dieser Regierung!)

Die wohlwollendste Auslegung des uns heute vorgelegten Gesetzentwurfs läuft auf die Umwandlung der allgemeinen Wehrpflicht in eine allgemeine Dienstpflicht hinaus. Aber eine solche allgemeine Dienstpflicht — darin stimmen wir sicher überein — steht und fällt damit, daß genügend Dienstposten zur Verfügung stehen. Herr Iven will nach dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf die Zahl der Zivildienstplätze auf 30 000 erhöhen. Aber, meine Damen und Herren, bei allem Respekt vor der bisherigen Arbeit von Herrn Iven halte ich das für völlig ausgeschlossen; denn es würde die Verdoppelung der Zahl der heute faktisch bestehenden Plätze innerhalb eines einzigen Jahres bedeuten, und dafür fehlen bis heute alle finanziellen, fast alle organisatorischen und wohl auch etliche sachliche Voraussetzungen.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718204400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Bitte schön, Herr Kollege!

Günter Biermann (SPD):
Rede ID: ID0718204500
Herr Kollege Kraske, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, daß wir zur Zeit über 23 000 Zivildienstplätze verfügen, daß allerdings nur 15 000 besetzt sind — —

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Warum? Weil Einstellungsstopp besteht!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718204600
Herr Kollege, fragen Sie bitte!

Günter Biermann (SPD):
Rede ID: ID0718204700
Es gibt keinen Einstellungsstopp in diesem Bereich; das kann ich Ihnen sagen, Herr Dr. Wörner.

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Aber sicher! Natürlich!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718204800
Fragen Sie bitte!

(Zurufe von der CDU/CSU: Frage!)





Günter Biermann (SPD):
Rede ID: ID0718204900
— — und daß darüber hinaus wir als Ziel nicht 30 000, sondern 40 000 Zivildienstplätze anstreben?

Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718205000
Herr Kollege Biermann, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, daß ich mich vor wenigen Wochen bei Herrn Iven, der mich sehr freundlich und aufgeschlossen empfangen und informiert hat, darüber unterrichtet habe, daß es netto zur Zeit eben nur 16 000 Plätze gibt und daß Ihre Ankündigung, die auch Herr Iven gemacht hat, diese Zahl nun gar auf 40 000 zu erhöhen, noch unwahrscheinlicher ist als die Erhöhung auf 30 000?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718205100
Herr
Abgeordneter Dr. Kraske, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wörner?

Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718205200
Bitte sehr!

Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0718205300
Herr Kraske, sind Sie bereit, mir zu bestätigen, daß wir bereits bei der Beratung des Haushaltsplanes 1974 auf Ersuchen von Herrn Iven von der CDU/CSU aus die Bitte geäußert und den Antrag gestellt haben, die personellen und die finanziellen Aufwendungen für die Schaffung zusätzlicher Plätze im Zivildienst zu erhöhen, und daß dies von der Koalition abgelehnt wurde?

Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718205400
Ich kann das nur bestätigen. Ich füge hinzu, daß jeder, der die vorangegangene Debatte verfolgt hat, die größten Zweifel haben wird, ob es im nächsten Haushalt eher möglich sein wird, solche Plätze auszuweisen.
Aber, meine Damen und Herren, unterstellen wir einmal, daß die Zahl tatsächlich erreicht werden könnte. Wer sagt uns eigentlich, daß es nach Einführung der unbeschränkten Wahlfreiheit bei der bisherigen Zahl von 35 000 Antragstellern bleiben würde? Alle vorliegenden Umfrageergebnisse deuten keineswegs darauf hin, und daran wird nicht einmal die von Ihnen geforderte Verlängerung des Zivildienstes auf 18 Monate etwas ändern. Ich bitte Sie, an das dänische Beispiel zu denken, wo sich trotz eines drei Monate längeren Zivildienstes die Zahl der Kriegsdienstverweigerer nach Einführung der Wahlfreiheit vervierfacht hat.

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Daß hier Herr Wehner nicht „Hört! Hört!" ruft!)

Was geschieht dann eigentlich? Dann entsteht aus der Wahl zwischen zwei Diensten die Wahl zwischen der relativen Gewißheit, dienen zu müssen, nämlich als Wehrpflichtiger, und der beachtlichen Chance, frei auszugehen, nämlich als Kriegsdienstverweigerer. Sobald sich das aber einmal herumgesprochen hat, wird eine Kettenreaktion eintreten, die das Mißverhältnis zwischen der Zahl der Bewerber und den Unterbringungsmöglichkeiten immer noch krasser werden läßt.
Hier hat es, Herr Kollege Biermann, wenig Sinn, von Vertrauen in die junge Generation zu sprechen. Das haben Sie, und das haben wir auch. Aber Sie überfordern jeden, ob jung oder alt, ob aus unserer' Generation oder aus einer neuen Generation, wenn Sie ihn vor die freie Wahl zwischen einer Pflicht und einem Vorteil stellen. Sie überfordern ihn nicht nur; Sie korrumpieren ihn.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, nun sieht Ihr Gesetzentwurf die Möglichkeit einer Wiedereinführung des Prüfungsverfahrens auch für ungediente Wehrpflichtige vor. Ich will nicht verschweigen, daß das für Minister Leber geradezu eine Conditio sine qua non gewesen ist. Aber was hat es eigentlich mit dieser Bestimmung auf sich? Sie greift erst, wenn — ich zitiere — „die Zahl der verfügbaren Wehrpflichtigen aus den aufgerufenen Jahrgängen nicht ausreicht, die Erfüllung des Verteidigungsauftrages der Streitkräfte sicherzustellen". Gegen erkennbaren Mißbrauch sind Sie also mindestens so lange wehrlos, wie nicht der Auftrag der Streitkräfte buchstäblich gefährdet ist. Aber selbst dann — und das scheint mir wichtig zu sein — wird ausschließlich von Zahlen gesprochen. Daß es bei der Bundeswehr nicht nur um quantitative, sondern auch um qualitative Probleme geht, daß die Bundeswehr je nach Tauglichkeit, Eignung und Vorbildung auf manche Gruppen mehr, auf andere weniger angewiesen ist, daß also die Erfüllung des Verteidigungsauftrages längst ernsthaft gefährdet sein kann, ehe Zahlenprobleme auftreten, das hat für die Verfasser dieses Entwurfs offenbar überhaupt keine Rolle gespielt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber, meine Damen und Herren, lassen wir auch das einmal beiseite. Glauben Sie wirklich, daß in dieser Lage und in der politischen Situation dieser Koaliton das Prüfungsverfahren sich je wieder einführen ließe, wenn es einmal aufgegeben ist?

(Dr. Wörner [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Was man in dieser Koalition von der Wiedereinführungsklausel in Wirklichkeit hält, will ich Ihnen an zwei Beispielen deutlich machen. Herr Kollege Schinzel, der ja wohl zu den Initiatoren dieses Entwurfs gehört, hat neulich in einer Rundfunkdiskussion die Wiedereinführungsklausel schlichtweg als eine „an sich verfassungsfeindliche und -widrige Forderung, die dort eingebaut worden" sei, bezeichnet.

(Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Sogar Herr Iven sieht in dieser Klausel offenbar nicht viel mehr als Augenwischerei. In derselben Diskussion hat er nämlich wörtlich gesagt:
Der Entwurf ist zustande gekommen vor einem bestimmten Datum, nämlich vor dem 4. Mai.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Wir mußten ein Konzept entwickeln, welches unterhalb der Bundesratszustimmungsbedürftigkeit blieb. Ob die Landschaft insofern jetzt verändert ist, vermag ich jetzt und hier nicht zu beurteilen. Ob man jetzt etwas anderes hineinschreiben kann, kann man darüber diskutieren, wird man auch sicher darüber diskutieren.



Dr. Kraske
Meine Damen und Herren, was soll man nun eigentlich von einer für die politische Gesamtbeurteilung dieses Entwurfs und seiner Intentionen so entscheidenden Bestimmung halten, wenn der eine sie schlankweg für verfassungswidrig hält, der andere sie als einen Trick bezeichnet, zu dem man vor einer wichtigen Landtagswahl Zuflucht genommen habe, und wenn dazu noch eine der beiden Koalitionsfraktionen, die leider nicht mehr vertreten ist,

(Hölscher [FDP] : Doch! Doch!)

hier erklärtermaßen und entschlossen gegen eine solche Wiedereinführungsklausel gewesen ist?

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718205500
Herr
Kollege Kraske, der Herr Kollege Hölscher möchte Sie darauf aufmerksam machen, so nehme ich an, daß er anwesend ist.

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0718205600
Herr Kollege, wären Sie so liebenswürdig, festzustellen, daß ich nicht der CDU/ CSU-Fraktion angehöre. Das wäre mir etwas peinlich.

(Heiterkeit bei der SPD)


Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718205700
Herr Kollege Hölscher, es liegt mir nichts ferner, als zu glauben, daß Sie zur CDU/CSU gehören.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf nehmen Sie, auch wenn Sie das noch so nachhaltig bestreiten, in der Sache bewußt und gewollt Abschied von der allgemeinen Wehrpflicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie tun das ohne ausreichende Sicherheit für den künftigen Bestand der Bundeswehr,

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Bewußt und gewollt!)

allein auf Ihren guten Glauben hin. Sie gefährden damit — so gern ich Ihnen diesen Glauben unterstelle — unsere Sicherheitsinteressen in einer Weise, die ich für unverantwortlich halte.

(Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

Der Bundesverteidigungsminister hat nun voller Entrüstung erklärt — und er wird das immer wieder erklären —, daß er der erste Verteidigungsminister sei, der die Bundeswehr auf ihre volle Friedensstärke gebracht habe, und daß man ihm deshalb doch wohl vertrauen könne.

(Dr. Ehrenberg [SPD]: Das stimmt ja auch!)

Meine Damen und Herren, ich finde, der Herr Bundesverteidigungsminister sollte bei solchen Behauptungen gelegentlich daran denken, daß er seine Politik streckenweise nur hat machen können, weil er sich auf die loyale und geschlossene Unterstützung der Opposition mehr hat verlassen können als auf seine eigene Fraktion.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

Außerdem sollte er bei solchen sehr selbstbewußten Erklärungen daran denken, daß Personen und erst recht Minister wichtig sind, daß es aber in der Politik um Mehrheiten geht. Wie dieses Gesetz ausgelegt werden wird, bestimmt nicht er, sondern die Mehrheit, von der wir dazu ja schon etliches gehört haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, mit diesem Gesetzentwurf würde im besten Fall die allgemeine Wehrpflicht in eine allgemeine Dienstpflicht umgewandelt. Lassen Sie mich darauf zurückkommen und unterstellen, nach dem Platzangebot sei eine solche Dienstpflicht möglich. Gewiß würden dann manche unserer Bedenken fortfallen, gewiß spräche manches für eine solche Lösung. Sie ist ja vor Jahren auch in unseren Reihen diskutiert worden.
Aber wenn ich an das Klima denke, das heute herrscht, dann frage ich mich: Sind eigentlich überhaupt die Voraussetzungen gegeben, um junge Menschen vor die freie Wahl zwischen dem Dienst in der Bundeswehr und einem Zivildienst zu stellen, ohne dabei eine ganze Generation in eine heillose Polarisierung zu treiben?

(Dr. Wörner [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Ist man wirklich überall bereit, den Dienst in der Bundeswehr wie den Zivildienst gleichermaßen zu respektieren? Das Wort „Friedensdienst" als Kontrapunkt zu dem Wehrdienst mit der Waffe sollten wir, soweit das geht, aus unserem Wortschatz zu entfernen versuchen.

(Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Bundeswehr ist Friedensdienst!)

Ich bin Ihnen, Herr Kollege Wehner, für dieses Wort, das Sie auf Ihrem Parteitag in Hannover gesprochen haben, sehr dankbar. Aber es bestand doch wohl Anlaß, dieses Wort dort zu sprechen. Es ging ja nicht nur um die Diskussion auf Ihrem Parteitag.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718205800
Herr
Abgeordneter Kraske, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wehner?

Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718205900
Aber natürlich!

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0718206000
Herr Kollege, wenn Sie sagen „Es bestand doch wohl Anlaß", so habe ich die Frage an Sie zurück zu stellen: Sie können doch wohl nicht — oder können Sie es? — bestreiten, daß die Mehrheit der Sozialdemokratischen Partei für Verteidigung und Bündnispolitik ist?

Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718206100
Das will ich nach dem Ergebnis dieses Parteitages nicht bestreiten, Herr Kollege. Aber wenn Sie mit warnender Stimme gesagt haben: „Laßt uns hier nicht von Friedensdienst sprechen in dieser falschen Gleichsetzung", dann be-



Dr. Kraske
stand doch wohl Anlaß dazu, das zu sagen. Nur darauf will ich ja hinaus.

(Beifall bei der CDU/CSU Wehner [SPD] : Wenn es notwendig ist, muß man warnen, und das habe ich getan und tue es!)

— Herr Kollege Wehner, man versucht doch überall, den Zivildienst als den eigentlichen Friedensdienst auszugeben. Die Bundeswehr kann doch in vielen Fällen von Glück sagen, wenn sie bei solchen Diskussionen nicht geradezu als die „Killer-Schule der Nation" diffamiert wird. Wie soll es dann erst werden, wenn nicht mehr dem halbwegs Normalen die Ausnahme gegenübersteht, sondern wenn jeder ausdrücklich vor die freie Wahl gestellt wird? Ich zitiere noch einmal Herrn Iven:
In Zukunft
— sagt er —
wird der junge Handwerker oder der ungelernte junge Arbeitnehmer auch den Weg
— er spricht vorher von den höheren Schülern —
des Zivildienstes gehen, nicht nur auf Grund seiner Gewissensbedrängnis, sondern auch — und das gehört auch einmal öffentlich gesagt — wegen eines immer stärker werdenden sozialen Engagements, wegen des Antriebs, irgendwo im sozialen Bereich etwas Sinnvolles zu tun.
Ich frage mich: haben unsere jungen Soldaten eigentlich kein soziales Engagement,

(Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

ganz abgesehen davon, daß von Gewissensbedrängnis hier plötzlich nur noch ziemlich am Rande die Rede ist?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies ist doch nur ein Beispiel dafür, in welche verheerende Frontstellung wir geraten, wenn wir Ihren Vorstellungen folgen.
Bitte, meine Damen und Herren, tun Sie das nicht als Schwarzmalerei ab. Ich weiß, wovon ich rede. Hier geht es nämlich nicht nur um gezielte Aktionen einer ganz bestimmten Seite. Hier geht es um nicht weniger als Einfluß und Verantwortung des Staates selber.
Sehen Sie sich doch einmal den Film „Entscheidung mit 18" an, herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung in Düsseldorf. Da haben Sie alle diese Klischees, sozusagen staatlich verordnet, auf eine Formel gebracht: Dem sozialen Friedensdienst gehört die Zukunft, der Dienst mit der Waffe hat noch immer in den Krieg geführt.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Donnerwetter!)

So etwas wird unter der Verantwortung einer sozialdemokratisch geführten Landesregierung hergestellt. Es läuft, es wirkt, und es zeigt Methode. Wenn Sie sich gar die traurige Mühe machen, nachzulesen, wie das Thema Landesverteidigung in den unrühmlich bekanntgewordenen „Drucksachen" behandelt wird, dann ist demgegenüber „Entscheidung mit 18" geradezu noch „Staatspolitisch wertvoll".

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

Da wollen Sie wirklich die allgemeine Wehrpflicht aufheben und sie durch eine Wahlfreiheit ersetzen? Das kann doch nur zu einer schrecklichen Polarisierung mit lauter schiefen Fronten führen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang das „Flensburger Tageblatt" zitieren, aus dem ich diesen Ausschnitt dem Pressedienst des Bundesverteidigungsministeriums verdanke:
Der zivile Ersatzdienst in Ehren, aber ein potentieller Angreifer wird sich nicht abschrecken lassen, wenn unser soziales Engagement groß, unsere Verteidigungsbereitschaft aber gleich Null ist.

(Dr. Ritz [CDU/CSU]: So ist es!)

Aber ich räume ein, meine Damen und Herren, Sie tun das nicht aus freien Stücken.
Ausgangspunkt Ihrer Überlegungen ist das bisherige Prüfungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer, das Sie aussetzen — die meisten von Ihnen sagen allerdings: abschaffen — wollen. Wir streiten nicht darüber, daß dieses Verfahren erhebliche Mängel hat. Das hindert mich allerdings nicht daran, von dieser Stelle aus für meine Fraktion auch einmal denen unseren aufrichtigen Dank auszusprechen, die sich in den vergangenen Jahren in den Prüfungsausschüssen und -kammern unter höchst schwierigen Umständen redlich bemüht haben, ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht zu werden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Wie gesagt, die bestehenden Mängel lassen sich nicht übersehen. Meine Fraktion hat darauf als erste in diesem Hause in einem förmlichen Antrag hingewiesen. Wir drängen seitdem auf eine Verbesserung und Beschleunigung der Verfahren, und wir haben bei mehreren Gelegenheiten konkrete Vorstellungen dazu entwickelt.
So meinen wir etwa, daß die Prüfungsgremien qualifizierter besetzt und die Mitwirkenden gründlicher auf ihre Arbeiten vorbereitet werden sollen. Wir denken, daß man dann eine Instanz, die bisherigen Kammern, einsparen oder die Verfahren auf andere Weise vereinfachen könnte. Wir glauben, Möglichkeiten zu sehen, in etlichen Fällen auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten und nach der Aktenlage entscheiden zu lassen. Wir wollen die Verfahren — um auch nur den mindesten Verdacht einseitiger Beeinflussung auszuräumen — aus der Zuständigkeit des Bundesministers der Verteidigung herausnehmen, sie dann allerdings nicht wie Sie sozusagen der anderen Partei, dem Zivildienstbeauftragten, sondern der Justizverwaltung zuweisen. Wir halten es nach allen Erfahrungen für dringend geboten, dem Verfahren für ungediente Wehrpflichtige aufschiebende Wirkung bis zur endgültigen Entscheidung zu geben. Wir glauben schließlich, daß sich für antragstellende Soldaten Lösungen finden lassen, die ihrer besonderen Situation und den Bedürfnissen der Truppe eher Rechnung tragen als das gegenwärtige Verfahren.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718206200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718206300
Wenn es auf die Zeit angerechnet wird, Herr Präsident.

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0718206400
Herr Kollege Kraske, wenn das alles so ist, warum schlug dann dem CDU-Abgeordneten Peter Nellen, als er dieses in einer der größten Reden, die in diesem Hause gehalten worden sind, hier dargelegt hat, eine derart eisige Ablehnung entgegen, und warum erfuhr er daraufhin eine Behandlung in seiner Fraktion, die ihn Monate später aus dieser Fraktion vertrieben hat?

(Dr. Marx [CDU/CSU] : Eine Frage für Historiker! Sehr umstritten, diese Frage!)


Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718206500
Herr Kollege Arndt, daß ich diese Debatte sehr sorgfältig nachgelesen habe, werden Sie daran merken, daß ich mir nachher erlauben werde, Ihren von mir immer verehrten Vater in diesem Zusammenhang zu zitieren. Ich kann nur sagen: Als ich diese Debatte jetzt nachlas mit den Äußerungen aus allen Fraktionen, diese Debatte, in der hier tage- und nächtelang um diese Frage gerungen wurde übrigens bei vollbesetztem Hause —, habe ich mir gewünscht, daß dieser Bundestag noch einmal in einer so entscheidenden Frage zu einer solchen Debatte kommen würde und fähig wäre.

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Und im übrigen in Anwesenheit des Ministers!—Beifall bei der CDU/CSU)

— Das würden wir dann erst recht wünschen.
Meine Damen und Herren, wir sind, wie Sie hören, offen für eine kritische Überprüfung aller gemachten Erfahrungen. Und mehr als dies: Wir drängen seit mehr als einem Jahr auf zahlreiche Verbesserungen, die heute schon im Interesse der Antragsteller Wirklichkeit sein könnten, wenn die Beratung unseres Antrages nicht Ihretwegen ein ganzes Jahr hätte zurückgestellt werden müssen. Aber die Modifizierung, die Verbesserung dieses Verfahrens genügt Ihnen nicht, weil Sie letzten Endes jedes Verfahren für unzumutbar halten. — Ich sehe Zustimmung dazu.
In Ihrem Gesetzentwurf sprechen Sie nur von den Schwierigkeiten der Überprüfung einer Gewissensentscheidung. Aber in der öffentlichen Diskussion und auch mit Ihrer Zustimmung eben hier stehen Sie doch an der Seite derer, die von der unzumutbaren und unzulässigen „Inquisition der Gewissen" sprechen. Finden Sie es nicht eigentlich selber einen unerträglichen Widerspruch, daß Sie mit dieser Begründung künftig auf Prüfungsverfahren verzichten wollen, um sie ausgerechnet dann wieder einzuführen, wenn Not am Mann ist?
Ein Zweites: Wenn Sie ein Prüfungsverfahren eigentlich für unzumutbar halten, wie wollen Sie es dann vor den Soldaten rechtfertigen, für die es ja bestehenbleiben soll? Wo liegt denn der prinzipielle Unterschied zwischen den Gewissensbedenken eines 19jährigen Ungedienten und seines eben einberufenen Altersgenossen, daß Sie eine so krasse Ungleichheit der Behandlung für gerechtfertigt halten?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich leugne gar nicht, daß Sie hier vor einem echten Konflikt stehen. Aber ich behaupte, daß Sie sich diesen Konflikt selbst geschaffen haben.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Es gibt eben nur eine Alternative: Entweder Sie erhalten der staatlichen Gemeinschaft das ihr vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zugebilligte Recht, die Inanspruchnahme eines Individualrechts auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen — dann muß es für alle gelten —, oder Sie stellen dieses Recht in Frage; dann müssen Sie es für alle abschaffen.
Wenn Sie ein modifiziertes Verfahren für möglich halten, können Sie es auch auf alle anwenden. Wenn Sie es aber selbst problematisieren und nur als äußersten Notbehelf in Kauf nehmen wollen, dann tun Sie ungewollt das, was Sie zuallerletzt beabsichtigen, nämlich Sie gefährden das verfassungsmäßige Recht auf Kriegsdienstverweigerung, indem Sie denen recht geben, die das Prüfungsverfahren seit eh und je als Einschränkung des Grundgesetzes mißdeutet haben, während es doch in Wirklichkeit dazu dienen soll, den Mißbrauch des Grundgesetzes abzuwehren.
Denselben Fehler begehen Sie auch, wenn Sie zur Begründung Ihres Entwurfs so oft die zunehmenden Jahrgangsstärken anführen. Ganz abgesehen davon, daß man auf qualitative Fragen keine quantitativen Antworten geben kann, rechtfertigen Sie doch auch hier nur den in der Sache ganz unbegründeten Verdacht, das Prüfungsverfahren sei ein Rekrutierungsinstrument, bei dem der Verteidigungsminister die Quoten vorschreibe.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zu der Grundfrage: Was hat es denn mit diesem Prüfungsverfahren auf sich? Das Grundgesetz fordert die Verteidigungsbereitschaft unseres Staates, es schafft die Grundlage für eine allgemeine Wehrpflicht. Aber es gibt auch im einzelnen das unwiderrufliche Recht, aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern.
Das ist ein Widerspruch, zumindest ist es keine Rechnung, die glatt aufgeht. Sie versuchen jetzt, das Problem dadurch zu lösen, daß Sie einseitig Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes in den Vordergrund rücken. Ich halte das für eben so unzulässig, wie wenn Sie einseitig hier Art. 12 a und 87 a in den Vordergrund rücken wollten. Wir haben die Spannung, die da besteht, auszuhalten, d. h. wir haben uns mit unvollkommenen Lösungen abzufinden, wenn sie nur rechtmäßig und in sich schlüssig sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Kriegsdienstverweigerung steht nach dem Grundgesetz unter drei einschränkenden Bedingungen: Kriegsdienst, mit der Waffe und gegen das Gewissen. Wir haben diese liberalste Bestimmung, die es — darüber gibt es



Dr. Kraske
keinen Streit — in einer modernen Staatsverfassung gibt, in zwei von drei Punkten längst ihrer Einschränkung entkleidet: Wir machen keinerlei Unterschied zwischen Kriegsdienst und dem Dienst im Frieden und zur Erhaltung des Friedens, und wir haben nie zwischen einem Dienst mit und ohne Waffe unterschieden.
Wollen Sie nun wirklich auch noch die letzte Einschränkung fallenlassen, mit der das Grundgesetz die Kriegsdienstverweigerung auf Gewissensgründe beschränkt? Mit Ihrer Wahlfreiheit tun Sie es ausdrücklich; denn die vorgedruckte Erklärung, die der junge Mann künftig unterschreiben soll, ist mit ihrer Berufung auf Art. 4 des Grundgesetzes doch nichts als ein bloßes Dekorum.

(Beifall bei der CDU/CSU)

So, wie Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, die Verfassung künftig handhaben wollen, müßte Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes heißen: „Niemand braucht Wehrdienst zu leisten, der dazu keine Lust hat."

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Arndt, wir stehen hier ganz gewiß in einer Front, wenn es darum geht, die echte, im Gewissen begründete Kriegsdienstverweigerung gegen Mißdeutung oder gar gegen Diffamierung zu verteidigen. Echte- Kriegsdienstverweigerer sind keine Drückeberger. Es ist schon heute bei nur 16 Monaten Zivildienst eine offene Frage, wo dem jungen Mann in Friedenszeiten — und darauf beschränkt sich ja wohl ohnehin unsere ganze Diskussion — mehr abverlangt wird, bei der Bundeswehr oder in manchen Einsatzstellen des Zivildienstes.
Meine Damen und Herren, so entschieden ich mich gegen die Diffamierung der Kriegsdienstverweigerung wende, so entschieden wende ich mich allerdings gegen ihre Idealisierung. Wer im Ernst leugnen wollte, daß sich hinter den Anträgen der letzten Jahre auch Willkür, auch Drückebergerei, auch politischer Mißbrauch verborgen hat, der lebt auf einem anderen Stern. Der Rückgang der Anerkennungsquoten von ursprünglich über 80 % auf 66 % hat seine Ursache doch nicht in einer Verschärfung der Verfahren, sondern in der Zunahme des Mißbrauchs.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Darum meinen wir: Wer das Grundgesetz ernst nimmt, wer es sichern und erhalten will, muß es auch künftig vor dem Mißbrauch bewahren. Natürlich ist das nicht leicht. Aber Schlagworte wie das von der Inquisition der Gewissen führen da keinen Schritt weiter.
Es geht ja überhaupt nicht darum, andere zum Richter über ein Gewissen zu machen, sondern es geht allein darum, die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit eines Vorbringens zu beurteilen.

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, ich halte es da als Glied der evangelischen Kirche immer noch mit dem Ratschlag, den uns die Evangelische Kirche in Deutschland 1955 gegeben hat, an dessen Gewicht sich, wie
ich meine, nichts geändert hat, und zu dessen Änderung ich keinerlei Gründe sehe. Es hieß darin:
Das Gewissen ist nicht justitiabel, wohl aber kann dem Verweigerer wegen der Verwechselbarkeit seines Tuns mit Verweigerung aus anderen Motiven zugemutet werden, die Gewissensmäßigkeit seines Handelns glaubhaft zu machen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wenn wir schon an die Debatten von vor fast 20 Jahren zurückdenken, dann lassen Sie mich aber auch ein Wort unseres verstorbenen Kollegen Adolf Arndt zitieren, der damals sagte:
Niemand hier im Hause wird beabsichtigen, etwas zu schützen, was als Gewissen nur ausgegeben wird; denn etwas, was als Gewissen nur ausgegeben wird, ist eben kein Gewissen und erfüllt sicher nicht die Voraussetzungen des Grundgesetzes.
Ich wüßte nicht, was auch diesen Satz nach fast zwei Jahrzehnten weniger wahr gemacht haben sollte.
Meine Damen und Herren, ich komme zu einem letzten Problem, das dem Vernehmen nach in Ihren Reihen eine entscheidende Rolle gespielt hat, nämlich zu der Frage der Beweislast. Wenn ich es richtig sehe, dann ging es den eigentlichen Initiatoren in Ihren Reihen darum, daß bei einem modifizierten Verfahren die Beweislast nicht mehr beim Antragsteller, sondern bei den Prüfungsgremien liegen sollte,

(Dr. Arndt [Hamburg] {SPD]: Es gibt hier überhaupt keine Beweislast!)

während Minister Leber unter allen Umständen an der bisherigen Beweislastverteilung festhalten wollte. Ich bin kein Jurist, Herr Kollege Arndt, und deswegen bescheiden.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Deswegen versage ich mir ein Urteil darüber, wie der zwischen Ihnen ausgehandelte Kompromiß, wenn es überhaupt ein Kompromiß ist, rechtlich zu beurteilen ist. Nur, Herr Kollege Arndt, tatsächlich sind die von Ihnen vorgesehenen Bestimmungen so, daß jedes künftige Verfahren in Gefahr gerät, zu einer Farce zu werden. „Bleiben im Verfahren irgendwelche Zweifel", so sagen Sie z. B., „ist der Antragsteller anzuerkennen." Da kann ich nur mit Herrn Leber fragen — und er hat doch wohl so gefragt —: Wann bleiben keine Zweifel? Sie sagen zwar weiter, diese Zweifel sollten nicht zum Tragen kommen, wenn die Berufung auf die Gewissensentscheidung nach dem Gesamtverhalten des Antragstellers nicht glaubhaft sei. Aber auch das schränken Sie sofort wieder ein, denn die Ablehnung darf nur auf gerichtlich nachprüfbare Tatsachen gestützt werden. Wem können Sie da künftig überhaupt noch die Anerkennung versagen, außer überführten Gewalttätern, für die die Bundeswehr wahrhaftig keinen Bedarf hat?

(Beifall bei der CDU/CSU)




Dr. Kraske
Meine Damen und Herren, wenn das so ist, was hat dann dieses modifizierte Verfahren überhaupt noch für einen Sinn?
Ich fasse zusammen: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf haben Sie versucht, in einer Sache einen Kompromiß zu finden, die nicht kompromißfähig ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Kriegsdienstverweigerung auf Zuruf ist unserer Sicherheitslage so wenig angemessen, wie die von Ihnen vorgesehene Gewissensbefreiung auf Widerruf mit unserer Rechtsauffassung vereinbar ist.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Ihrem Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, schwächen Sie unsere Verteidigungsbereitschaft, die in der öffentlichen Meinung unseres Landes und gerade in der jungen Generation ohnedies weniger fest verankert ist, als es die tatsächliche Lage in der Welt erfordern würde. Sie gefährden die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, Sie setzen wieder einmal — nach innen wie nach außen — zur falschen Zeit das falsche Signal.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Sie werden Verständnis dafür haben, daß wir der Überweisung an den Arbeits- und Sozialausschuß — federführend — unter diesen Umständen nicht zustimmen können. Diese Vorlage gehört federführend in den Verteidigungsausschuß,

(Beifall bei der CDU/CSU)

zumal, meine Damen und Herren, in dem Rubrum Ihres eigenen Antrags an erster Stelle auf die Änderung des Wehrpflichtgesetzes abgehoben wird.
Meine Damen und Herren, in diesen Ausschußberatungen werden Sie dort, wo es um eine Verbesserung des bestehenden Prüfungsverfahrens geht, unsere bereitwillige Mitwirkung finden — das ist ja unser Thema! —,

(Dr. Ritz [CDU/CSU]: So ist es!)

wo es aber um die Abschaffung, um die Einschränkung, ja nur um die Gefährdung des Prinzips der allgemeinen Wehrpflicht geht, werden Sie auf unseren entschiedenen und kompromißlosen Widerstand stoßen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Theodor Heuss hat im Parlamentarischen Rat im Zusammenhang mit dem damals von ihm abgelehnten Art. 4 Abs. 3 vor einem „Massenverschleiß der Gewissen" gewarnt. Der Weg, den Sie demgegenüber heute beschreiten, läuft auf eine Inflation des privaten Ermessens hinaus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Damit, meine Damen und Herren, rückt die Auseinandersetzung, die wir heute mit Ihnen beginnen, in jenen Bereich prinzipieller Kontroversen, der von der Strafrechtsreform über die Reform des Ehescheidungsrechts bis hin zu Grundlagen unseres Staats-, Gesellschafts- und Menschenverständnisses reicht.

(Dr. Ritz [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Sie gehen davon aus, daß die Selbstverwirklichung des Menschen in der Wahrnehmung und Ausübung seiner Rechte liegt. Wir sind davon überzeugt, daß sie nicht zu denken ist ohne die Erfüllung seiner Pflichten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Leitbild auch dieses Gesetzentwurfs, den Sie uns heute vorlegen, liegt ganz dicht bei dem, was die Angelsachsen „permissive society" nennen, das Idealbild einer Gesellschaft, in der alles oder doch fast alles erlaubt ist: der Triumph des totalen Individualismus. Wir erinnern uns alle an die brutale Unterjochung der Freiheit des einzelnen zugunsten eines pervertierten Gemeinschaftsbegriffs;

(Katzer [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

aber hüten wir uns vor dem entgegengesetzten Extrem!

(Dr. Waffenschmidt [CDU/CSU] : Sehr gut!)

Wenn wir nicht mehr den Mut haben, meine Damen und Herren, Pflichten — auch unpopuläre Pflichten — anzuerkennen, einzufordern und im Notfall auch durchzusetzen,

(Katzer [CDU/CSU] : Sehr gut!)

dann werden wir auch unsere Rechte nicht mehr lange bewahren können.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)

Meine verehrten Damen und Herren, wo könnte sich das deutlicher zeigen als gerade bei diesem Thema? Nur die Tatsache, daß eine große Mehrheit seit Jahren ihre Pflicht in der Bundeswehr klaglos erfüllt hat, hat es einer kleinen Minderheit ermöglicht, von ihrem Grundrecht nach Art. 4 des Grundgesetzes freien Gebrauch zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU) Das wird auch für die Zukunft so gelten.

Darum schwächt, wer die allgemeine Wehrpflicht aushöhlen will, letztlich auch Recht, Möglichkeit und Freiheit der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718206600
Das
Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Dr. Jenninger.

Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID0718206700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie schon der Kollege Kraske vorhin angedeutet hat, hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion der Beratung dieses Tagesordnungspunktes im Ältestenrat des Bundestages nur unter der Bedingung zugestimmt, daß der Bundesminister der Verteidigung heute persönlich anwesend ist.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Um auf die Reisetermine des Herrn Ministers Rücksicht zu nehmen, haben wir uns darüber hinaus be-



Dr. Jenninger
reit erklärt, dies am heutigen Tag als letzten Tagesordnungspunkt zu beraten.

(Seiters [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Sowohl der Vertreter der Bundesregierung als auch die Kollegen der SPD-Fraktion im Ältestenrat haben uns ausdrücklich zugesagt, daß der Bundesminister Leber heute anwesend sein wird.

(Seiters [CDU/CSU] : Ein Skandal!)

Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU bedauert zutiefst, daß man sich auf derartige interfraktionelle Vereinbarungen nicht mehr verlassen kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Wir beklagen nicht nur diese Unzuverlässigkeit, sondern fühlen uns auch bewußt getäuscht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht nur aus diesem Grunde, sondern auch, weil wir den Gegenstand, der zur Beratung ansteht, für wichtig genug ansehen, beantrage ich namens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gemäß § 46 der Geschäftsordnung die Herbeirufung des Bundesministers der Verteidigung.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718206800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Porzner.

Konrad Porzner (SPD):
Rede ID: ID0718206900
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, daß wir im Ältestenrat vereinbart hatten, diesen Tagesordnungspunkt aufzusetzen und daß wir davon ausgegangen waren, daß der Bundesminister der Verteidigung anwesend sein würde. Das hatte auch der Vertreter der Bundesregierung, Frau Staatssekretär Schlei, dort erklärt.
Auch ich bin davon ausgegangen. Ich weiß aber — und das habe ich heute erfahren —, daß der Bundesminister der Verteidigung auf ausdrücklichen Wunsch des Bundespräsidenten heute den Bundespräsidenten bei seiner Amerikareise noch begleitet. Das ist seit der Ältestenratssitzung dazwischengekommen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich weise deswegen den Vorwurf, wir hätten Sie getäuscht,

(Wehner [SPD]: Bewußt getäuscht!) ja, bewußt getäuscht, zurück.


(Beifall bei der SPD und der FDP) Ich bitte, den Antrag abzulehnen.


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718207000
Meine Damen und Herren! Es ist für und gegen den Antrag gesprochen worden. Ich gehe davon aus, daß der Antrag gemäß § 6 der Geschäftsordnung entsprechend unterstützt wird.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? — Meine Damen und Herren, der Antrag ist abgelehnt.
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Hölscher.

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0718207100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Kraske, Sie haben sehr viel über Verteidigung geredet, Sie haben sehr viel über Details, über Zahlen gesprochen. Sie haben überhaupt kein Wort über die Not und die Bedrängnis gesagt, in die Menschen hineingeraten müssen, wenn sie einem Verfahren unterworfen werden, das unserer Meinung nach weder rechtsstaatlichen Prinzipien entspricht noch den Kriterien der Menschenwürde gerecht wird.
Ich weiß nicht, ob es richtig ist, daß Herr Kollege Dr. Kraske, wie er glaubt, für die CDU/CSU gesprochen hat; denn es gibt — das darf ich zur Ehrenrettung der CDU/CSU sagen — innerhalb der CDU/ CSU auch andere Stimmen. Die Junge Union — es mag sein, daß Sie das nicht gerne zur Kenntnis nehmen, Herr Kollege Dr. Kraske — fordert z. B. in einem Flugblatt vom Juni 1973 — ich überreiche Ihnen das gerne; ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren — „die Abschaffung des Anerkennungsverfahrens für Wehrdienstverweigerer".
Und der Kollege Rommerskirchen, Mitglied des Verteidigungsausschusses, hat nach einer Mitteilung der Zentralstelle der katholischen Seelsorge für Zivildienstleistende auf dem Katholikentag in Mönchengladbach erklärt — ich zitiere aus dieser Mitteilung —, „er setze sich für eine Änderung des Verfahrens ein, das nur noch eine eidesstattliche Erklärung des Wehrpflichtigen zum Inhalt habe". Ich muß also feststellen — zur Ehrenrettung der CDU/CSU, wie ich hoffe —: Zu einer, wie ich glaube, ganz besonders wichtigen Frage unserer Verfassung nimmt diese Partei, diese Fraktion keine geschlossene Haltung ein.

(Unruhe)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718207200
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich verstehe natürlich, daß nach dieser Abstimmung ein gewisses Gesprächsbedürfnis besteht. Ich bitte aber doch, dem Redner die Möglichkeit zu geben, seine Ausführungen ungestört zu machen.

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0718207300
Vielen Dank, Herr Präsident.
Ich stelle also fest, daß die Geschlossenheit der CDU/CSU, wie sie von Herrn Kraske dargestellt wurde, nicht der Wirklichkeit entspricht. Ich muß sagen: Gott sei Dank entspricht sie nicht der Wirklichkeit; denn wir müßten sonst — ich glaube, mit großem Bedauern — zur Kenntnis nehmen, daß eine große Partei in dieser Gesellschaft es nicht so ganz ernst nimmt, wenn es darum geht, daß Staatsbürger ein ihnen im Grundgesetz zugestandenes und verankertes Recht wahrnehmen und durchsetzen wollen.
Zu den Ausführungen des Kollegen Kraske ist vieles zu sagen. Ich werde in meinen weiteren Ausführungen darauf zurückkommen und nicht jetzt darauf eingehen. Kein anderer Staat der Welt hat



Hölscher
das Recht auf Kriegsdienstverweigerung in seiner Verfassung verankert, aber auch kein anderer Staat der Welt macht die Wahrnehmung dieses Grundrechts vom erfolgreichen Bestehen eines Prüfungsverfahrens abhängig. Bei allen im Bundestag vertretenen Parteien sind die Mängel dieses Prüfungsverfahrens unbestritten.
Nach einer Anfang dieses Jahres durchgeführten Infas-Umfrage fordern ja auch — und das wissen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition —57 % der erwachsenen Bevölkerung die Abschaffung der Gewissensprüfung. In der betroffenen Altersgruppe, bei den 18- bis 24jährigen Männern, sind es sogar 87 %. Ja, nach einer anderen Umfrage steht sogar die Abschaffung und Neuregelung des Prüfungsverfahrens an der Spitze der Reformvorhaben, die noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden sollten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718207400
Herr
Abgeordneter Hölscher, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kraske.

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0718207500
Bitte sehr.

Dr. Konrad Kraske (CDU):
Rede ID: ID0718207600
Herr Kollege, wären Sie auch bereit, für die Einführung der Todesstrafe zu votieren, wenn Meinungsumfragen jeweils ergeben, daß eine Mehrheit dafür ist?

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0718207700
Nein, selbstverständlich nicht, Herr Kollege Kraske:

(Dr. Kraske [CDU/CSU]: Na sehen Sie!)

Nur, während es sich bei der Einführung der Todesstrafe wohl weniger um eine rationale Argumentation handelt,

(Dr. Kraske [CDU/CSU] : Sondern um eine emotionale?!)

die bei Befürwortern einer solchen Regelung ausschlaggebend ist, sind es hier rationale Gründe, warum weite Bevölkerungskreise die Abschaffung des Prüfungsverfahrens verlangen: weil nicht nur die Kriegsdienstverweigerer selbst schlimme Erfahrungen gemacht haben, sondern auch deren Eltern.
Es sind ja auch kirchliche Kreise, die Sie sonst so gern zitieren, und zwar beider Konfessionen; dabei insbesondere die zur Betreuung der Kriegsdienstverweigerer Beauftragten, Pastoren in der Regel. Auch sie fordern seit langem die Beseitigung dieser peinlichen Befragungen. Parteien, Verbände — ich darf es wiederholen —, auch die Junge Union verlangen von uns, mit einem Zustand Schluß zu machen, der, so meinen wir, rechtsstaatlich wirklich nicht länger vertretbar ist.
Meine Damen und Herren, Gewissensentscheidungen sind ein in ihrem Wesensgehalt sehr persönlicher, interner Vorgang, der von außen kaum zugänglich ist und sich daher im allgemeinen einer objektiven Nachprüfung entzieht. Gewissen ist nicht justiziabel, und die jetzigen Verfahren überfordern daher nicht nur die Kriegsdienstverweigerer, sondern selbstverständlich auch die Beisitzer in den
Ausschüssen. Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung hat es nicht vermocht, eine praktikable Lösung für die Überprüfungen zu finden. Es sind ja Versuche unternommen worden, „Gewissen" zu definieren, aber diese Versuche waren in ihrem Ergebnis dann eben widersprüchlich; diese Urteile haben eher zur Verwirrung als zur Klärung beigetragen.
Die Entscheidungen liegen nach wie vor im freien Ermessen der Prüfungsgremien. Der Antragsteller hat hierbei die volle Last der Beweisführung zu tragen. Wehe, wenn er sich da nicht so recht auszudrücken vermag, und wehe, wenn er in eine der oft genug aufgestellten Fallen der bei der Befragung konstruierten Modellsituationen von Notwehr, Nothilfe und Kriegsfall tappt! Ich weiß, weil ich jahrelang Beisitzer in einer Prüfungskammer war, aus eigener Erfahrung, daß diese Befragungen sehr oft inquisitorischen, peinlichen, ja, ich möchte sagen, menschenunwürdigen Charakter haben. Ich mache das nicht den Beisitzern allein zum Vorwurf; das liegt vielmehr in der Anlage dieser Verfahren selbst. Sie haben insbesondere dann immer diesen menschenunwürdigen Charakter, wenn sich der Ausschuß nicht mit der Darlegung der Motive begnügt, die beim Antragsteller zu einem Gewissenskonflikt führen, sondern ihn, ich möchte sagen, in Form eines seelischen Striptease zwingt, Auskunft über sehr persönliche, nicht nur ihn, sondern auch seine Bekannten oder seine Familie — seine Brüder, seine Eltern — betreffende Dinge zu geben. Und linkisches Auftreten — manchmal kehrt das in den Begründungen der Ablehnungen wieder —, ein allgemein negativer Eindruck, etwas in der Formulierung Unfaßbares führen dann zur Ablehnung. Dann ist nicht von den die Ablehnung begründenden Tatsachen die Rede, wie es ja wohl sonst in allen Rechtsbereichen selbstverständlich ist, sondern der Eindruck der Nichternsthaftigkeit — was immer darunter zu verstehen ist — wird eben ausschlaggebend; derartig Unfaßbares zieht sich wie ein roter Faden durch die Ablehnungsbegründungen.
Kein Wunder, meine Damen und Herren, daß es zu Fehlentscheidungen kam, kein Wunder auch, daß nicht nur bei den Betroffenen, sondern auch — ich darf es wiederholen, und das zeigt die Post, die wir bekommen und die Sie wahrscheinlich auch bekommen — bei den Eltern, ja, in weiten Kreisen der Bevölkerung eben der Eindruck entstanden ist, es gebe diese Prüfungsverfahren nur, um Kriegsdienstverweigerer abzuschrecken, um sie bei der Wahrnehmung eines Grundrechts zu behindern.
Besonders erschreckend sind aber die Folgen solcher Fehlentscheidungen. Die Presse hat in den letzten zwei Jahren immer wieder darüber berichtet. Da wurde z. B. ein Kriegsdienstverweigerer vom Prüfungsausschuß nicht anerkannt, wurde zur Bundeswehr einberufen und verweigerte dort den Dienst, weil er es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren konnte, sich für eine Auseinandersetzung mit Waffen ausbilden zu lassen. Diese Befehlsverweigerung mußte zwangsläufig zu Disziplinarmaßnahmen führen, zu Arrest, im Wiederholungsfalle sogar zu Gefängnis, alles natürlich korrekt im Rahmen der geltenden Gesetze.



Hölscher
Aber, meine Damen und Herren, was muß in einem jungen Menschen vorgehen, der konsequent seinem Gewissen folgt, hierfür eingesperrt wird und dann in einer weiteren Instanz bescheinigt bekommt — nämlich durch die Anerkennung, die ja später in vielen Fällen erfolgte —, daß er nach seinem Gewissen gar nicht anders handeln durfte, als er eben gehandelt hat? Hierbei handelt es sich leider nicht um Einzelfälle. Noch heute sind über tausend Soldaten bei der Bundeswehr, gegen die Strafverfahren laufen, die in den Arrestzellen sitzen, weil sie es als konsequente Kriegsdienstverweigerer eben nicht mit ihrem Gewissen verantworten können, eine Waffe in die Hand zu nehmen. Diese Menschen - das müssen wir leider zur Kenntnis nehmen — werden nicht viel von unserem Rechtsstaat halten, der ihnen einerseits ein Grundrecht gibt und sie auf der anderen Seite für die konsequente Wahrnehmung dieses Grundrechts ins Gefängnis schickt.
All dies, meine Damen und Herren, dient auch nicht dem Ansehen der Truppe, sondern stellt eine Belastung für die Truppenführung dar. Wir wissen das von vielen Kommandeuren. Die Truppe muß Befehlsverweigerungen selbstverständlich ahnden. Daß sich so etwas in der Truppe abspielt, schadet nicht nur dem Ansehen der Truppe, sondern schwächt letzten Endes auch die Kampfkraft der Bundeswehr.
Damit wollen wir im Interesse des Schutzes der Gewissensentscheidung des einzelnen einerseits und der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr andererseits Schluß machen.
Wir werden also die alten Prüfungsverfahren abschaffen und für ungediente Wehrpflichtige auf Prüfungen verzichten. Neue Prüfungsverfahren werden mit den alten nicht mehr vergleichbar sein, weil sie die Rechtsstellung der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen wesentlich verbessern und sicherstellen, daß das zweifellos vorhandene Spannungsverhältnis zwischen Auftrag der Bundeswehr und Kriegsdienstverweigerung nicht mehr in der Truppe selbst ausgetragen wird.
Dabei möchte ich nicht verschweigen, daß uns Freien Demokraten die generelle Abschaffung der Prüfungsverfahren am liebsten gewesen wäre. Bekanntlich hat die FDP-Fraktion im Herbst vorigen Jahres einen entsprechenden Grundsatzbeschluß gefaßt.
Der uns jetzt vorliegende Gesetzentwurf ist ein Kompromiß, der sowohl den Schutz der Gewissensentscheidung des einzelnen wie auch die Funktionsfähigkeit der Verteidigung im Rahmen der Bündnisverpflichtungen sicherstellt. Das bedeutet allerdings nicht, daß wir das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung durch den Bedarf der Streitkräfte in Frage stellen. Denn hierbei handelt es sich — das müssen wir zur Kenntnis nehmen, Herr Dr. Kraske, auch wenn das dem einen oder anderen bei Ihnen nicht passen mag — um ein unabdingbares Grundrecht, welches in seiner Substanz nicht eingeschränkt werden darf.

(4 Zahl der Kriegsdienstverweigerer einzuschränken — aber solches habe ich Ihren Ausführungen zum Teil entnehmen müssen —, um den Bedarf der Streitkräfte sicherzustellen. (Dr. Kraske [CDU/CSU] : Das werfe ich Ihnen doch gerade vor! Sie haben nicht zugehört, verehrter Herr Kollege!)

— Ich werde das Protokoll daraufhin nachlesen. — Nur die Verhinderung der mißbräuchlichen Inanspruchnahme des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung darf Aufgabe der Prüfungsinstanzen sein. Nichts anderes läßt unsere Verfassung zu.

(Dr. Kraske [CDU/CSU] : Ja, ganz Ihrer Meinung!)

Ich möchte kurz auf die Kernpunkte des Gesetzentwurfs zurückkommen. Über den Inhalt des Gesetzentwurfs hat ja schon Herr Kollege Biermann sehr ausführlich berichtet.
Erstens. Die Prüfungsverfahren für ungediente Wehrpflichtige werden ausgesetzt. In Zukunft kann also ein noch nicht zur Bundeswehr einberufener Wehrpflichtiger ohne Prüfung zum Zivildienst kommen, wenn er erklärt, daß er Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen ist. Diese Regelung entspricht dem Vorschlag des Verteidigungsministers vom Herbst vorigen Jahres. Wir legten allerdings Wert darauf, daß auch die Frage der formellen Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer angemessen geregelt wird. Denn durch die Abgabe der Erklärung ist die Anerkennung selbst noch nicht vollzogen. Es stimmt einfach nicht, daß es, wie hier immer wieder behauptet wird, genüge, eine Postkarte zu schreiben, um Kriegsdienstverweigerer zu sein. Das sollte hier noch einmal klar gesagt werden. Solange jemand keinen Zivildienstplatz hat und noch nicht eine Zeit von zwei Jahren verstrichen ist, besteht für ihn die Gefahr, daß er bei der Wiedereinführung eines Verfahrens, wenn er es nicht erfolgreich besteht, selbstverständlich zur Bundeswehr eingezogen wird.

(Dr. Kraske [CDU/CSU] : Sie wollen es doch gar nicht wieder einführen! Das ist doch Ihre These! Das haben Sie eben gesagt!)

Zweitens. Für ungediente Wehrpflichtige können modifizierte Prüfungsverfahren durch Rechtsverordnung unter Mitwirkung des Bundestages wieder eingeführt werden, wenn und solange die Zahl der verfügbaren Wehrpflichtigen nicht ausreicht, den Verteidigungsauftrag sicherzustellen .Durch diese neuen Prüfungsverfahren soll verhindert werden, daß Wehrpflichtige den Kriegsdienst verweigern, die hierzu nicht berechtigt sind, und dadurch die Verteidigungsfähigkeit beeinträchtigt wird.
Meine Damen und Herren, im übrigen sollten wir vielleicht während der Beratungen noch einmal prüfen, ob die Mitwirkungsmöglichkeit des Bundestages bei der Neueinführung von Prüfungsverfahren nicht verbessert werden kann.
Drittens. Die noch fürSoldaten und Reservisten beibehaltenen Prüfungsverfahren werden neu geregelt. Das gleiche gilt für die möglicherweise wieder einzuführenden Prüfungsverfahren für Unge-



Hölscher
diente. Hier liegt zweifellos eine ganz entscheidende Verbesserung gegenüber der alten Handhabung vor. Diese neuen Verfahren weisen eben nicht mehr die groben Mängel der alten auf. Mit Recht wird immer wieder darauf hingewiesen, daß es höchst bedenklich ist, einem Antragsteller die volle Beweislast für sein Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen aufzubürden; ich habe auf die Folgen eingangs bereits hingewiesen. In Zukunft kann eine Ablehnung z. B. nicht mehr lapidar damit begründet werden, daß der Antragsteller nicht den Eindruck machte, daß ihm die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen ernst ist. Die Ausschüsse prüfen zwar nach wie vor die Ernsthaftigkeit der Berufung auf das Grundrecht und stellen fest, ob die Voraussetzungen der Inanspruchnahme vorliegen; darüber hinaus wurde jedoch die Rechtsstellung des Kriegsdienstverweigerers erheblich verbessert, indem eine Anerkennung erfolgen kann, wenn er seine Gewissensentscheidung nach seinem persönlichen Ausdrucksvermögen einleuchtend begründet. Diese Regelung allerdings — das muß auch die Opposition einmal zur Kenntnis nehmen — hebt den Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht auf, auch nicht in Zweifelsfällen. Wenn aber Zweifel bleiben, muß der Ausschuß an Hand von Tatsachen prüfen, ob der Kriegsdienstverweigerer nach seinem Gesamtverhalten glaubhaft ist, und eine Ablehnung darf dann konsequenterweise nur auf gerichtlich nachprüfbare Tatsachen gestützt werden.
Meine Damen und Herren, hiermit haben wir doch ein eigentlich selbstverständliches rechtsstaatliches Prinzip konkretisiert, das auf allen Seiten dieses Hauses unbestritten sein sollte. Wir können doch nun wirklich nicht einem Bürger bei der Durchsetzung eines Grundrechts — ausgerechnet bei der Wahrnehmung eines Grundrechts! — die rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze verweigern, die in anderen Rechtsbereichen selbstverständlich sind. Wir würden, wenn wir das täten, nicht nur Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen diskriminieren, wir würden auch einen wichtigen Artikel unserer Verfassung nicht ernst nehmen.
Kein ungedienter Wehrpflichtiger wird in Zukunft mehr dadurch in einen Gewissenskonflikt kommen, daß man von ihm während eines laufenden Anerkennungsverfahrens den Dienst mit der Waffe verlangt. Wehrpflichtige werden bis zur unanfechtbaren Entscheidung über ihren Antrag nicht zum Wehrdienst herangezogen. Diese Regelung verhindert in Zukunft nicht nur, daß Kriegsdienstverweigerer durch Befehlsverweigerung straffällig werden, sondern auch die Truppe wird von Aufgaben entlastet, die weder ihrer Kampfkraft noch ihrem Ansehen dienen.
In diesem Zusammenhang hoffen wir auch, daß der Verteidigungsminister von seinem Recht Gebrauch macht, in Einzelfällen kriegsdienstverweigernde Soldaten ohne Prüfungsverfahren in das Zivildienstverhältnis zu überführen bzw. bis zur Klärung des Falles die Überstellung in den waffenlosen Dienst zu veranlassen.
Viertens. Die Dauer des Zivildienstes wird von 16 auf 18 Monate verlängert. Das stößt, wie wir alle
wissen, über den Kreis der Kriegsdienstverweigerer hinaus auf erhebliche Kritik, denn es ist vielleicht verständlich, wenn hierin die Absicht gesehen wird, durch die gegenüber dem Wehrdienst drei Monate längere Dienstzeit wieder einmal von der Kriegsdienstverweigerung abzuschrecken. Meine Damen und Herren, eine solche Absicht allerdings würde dem Art. 12 a der Verfassung nicht standhalten, der vorschreibt, daß die Dauer des Zivildienstes die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen darf. 18 Monate Zivildienst gegenüber 15 Monaten Grundwehrdienst sind nur zu begründen mit den höheren Belastungen der Wehrpflichtigen bei der Bundeswehr, die der zwölfmonatigen Verfügungsbereitschaft und der Pflicht, Wehrübungen zu leisten, unterliegen. Würden diese Mehrbelastungen der wehrpflichtigen Soldaten praktisch nicht bestehen, wäre eine längere Dauer des Zivildienstes gegenüber dem Grundwehrdienst verfassungsrechtlich wohl nicht haltbar.
Meine Damen und Herren, ich möchte nicht auf weitere Einzelheiten eingehen. Wir sind in der ersten Lesung; wir werden in den Ausschußberatungen noch genügend Gelegenheit haben, hierüber zu sprechen. Ich denke aber, wir haben mit dieser Arbeit bewiesen, daß wir nicht wie die Opposition nur über die Verfassung reden, sondern sie ernst nehmen, indem wir überall dort, wo sie mit der Wirklichkeit nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen ist, für Abhilfe sorgen. Dabei war es für uns von vornherein klar, daß der Schutz der Gewissensentscheidung des einzelnen und die Verteidigungsbereitschaft keine Widersprüche sind.

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Das ist die Verzerrung des Liberalismus in die Libertinage!)

Wer wie die CDU/CSU behauptet, durch die Aussetzung und Neuregelung der Prüfungsverfahren sei die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft, und damit habe sich die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik grundlegend geändert, arbeitet nicht nur mit blinder Polemik, sondern scheint auch eine etwas eigenartige Meinung über unsere junge Generation zu haben. Einmal ganz abgesehen davon, daß nach dem Wehrpflichtgesetz — § 3 — auch durch den Zivildienst die Wehrpflicht erfüllt wird, also von einer Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht auch formal nicht die Rede sein kann, geht diese überzogene Polemik auch an den Realitäten vorbei. Suchen Sie eigentlich noch die sachliche Auseinandersetzung mit uns,

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Das ist eine Ungeheuerlichkeit nach der Rede von Herrn Kraske! — Dr. Kraske [CDU/CSU]: Er hat es vorher aufgeschrieben! Deswegen wollen wir es ihm nicht übelnehmen!)

wenn der verteidigungspolitische Sprecher Dr. Wörner behauptet — Herr Dr. Wörner, das haben Sie in einer Presseerklärung gesagt —, daß in Zukunft praktisch eine Ablehnung als Kriegsdienstverweigerer nur noch für die Baader-Meinhof-Terroristen in Frage komme? Was sollen eigentlich unsere Achtzehnjährigen von der CDU halten, die sie mehr



Hölscher
oder weniger im Gesamtzusammenhang als Drückeberger abstempelt, denen man nur durch die administrative Einschränkung ihrer Rechte begegnen kann?

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Das ist Polemik, was Sie hier betreiben!)

Meine Damen und Herren, wo bleibt im übrigen eigentlich noch Raum für Drückeberger, wo bleiben die Anreize, sich zu drücken, wenn nicht nur nach dem vorliegenden Entwurf, sondern auch nach der voraussehbaren Entwicklung der nächsten Jahre an Hand der Zahl der Wehrpflichtigen feststeht, daß für einen Wehrwilligen die Chance, überhaupt keinen Dienst leisten zu müssen, erheblich größer ist als für einen Kriegsdienstverweigerer, abgesehen einmal von den Belastungen, die im Zivildienst selbst liegen?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718207800
Herr
Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner?

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0718207900
Bitte schön!

Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0718208000
Wenn Sie mich schon zitieren, darf ich Sie angesichts der von Ihnen gefeierten Bestimmung, wonach die Ablehnung zukünftig nur auf dem Gericht bekannte Tatsachen gestützt werden kann, fragen, was Sie außer der vollzogenen oder mit Worten angepriesenen Gewaltanwendung sonst noch als solche Tatsachen ansehen.

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0718208100
Herr Kollege Wörner, ich werde nicht, was Sie sich vielleicht wünschen, jetzt hier wieder in einer Art Modellversuch eine Gerichtsverhandlung mit Ihnen durchexerzieren. Ich bin nur sehr überrascht, daß Sie offensichtlich ein fundamentales Kriterium unseres Rechtsstaates in Zweifel ziehen, nämlich daß Entscheidungen auf der Grundlage von Tatsachen getroffen werden müssen.

(Sehr gut! bei der SPD)

Auf welcher Grundlage eigentlich sonst? Auf der Grundlage von Verdächtigungen, Vermutungen oder Spekulationen?

(Dr. Kraske [CDU/CSU] : Nach dem „Gesamtbild der Persönlichkeit", heißt es!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718208200
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0718208300
Darf ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, einmal § 261 der Strafprozeßordnung nachzulesen, wonach der Richter in der Beweiswürdigung frei ist? Das gilt sogar für das Strafverfahren, also ein Verfahren, das erheblich mehr rechtsstaatliche Einschränkungen voraussetzt.

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0718208400
Da Sie soeben in ein Gespräch vertieft waren, Herr Kollege Wörner, haben Sie nicht zugehört und insofern selbstverständlich auch nicht zur Kenntnis nehmen können, daß ich genau das gesagt habe, nämlich daß auch bei dem neuen Verfahren die freie Beweiswürdigung gegeben ist. Nur, die Begründung einer Ablehnung muß sich letzten Endes an Tatsachen halten, nicht an Vermutungen.

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Was nennen Sie Tatsachen? Das gibt es doch nicht einmal in der Strafprozeßordnung!)

— Herr Kollege Wörner, ich möchte in meinen Ausführungen fortfahren.
Ich darf Ihnen die Frage stellen: Warum verschweigen Sie eigentlich immer wieder, daß von Jahr zu Jahr mit steigenden Zahlen, in den 80er Jahren mit etwa 400 000 Wehrpflichtigen, zu rechnen ist und die Hälfte davon von der Bundeswehr nicht benötigt wird? Der Bedarf an Zivildienstleistenden steigt allerdings von Jahr zu Jahr. Schon heute — das kann der Zivildienstbeauftragte bestätigen — können 8 000 Plätze nicht besetzt werden. Bis Ende dieses Jahres werden wir insgesamt 40 000 Plätze zur Verfügung haben, einschließlich der Plätze, die — indirekt gesehen — nicht zur Verfügung gestellt werden müssen, weil Befreiungsmöglichkeiten durch die Verpflichtung zu Arbeitsverhältnissen im sozialen Bereich und durch den Dienst im Ausland vorgesehen sind.
Weitere Tätigkeitsfelder im sozialen Bereich, z. B. in der offenen Alten- und Behindertenhilfe, aber auch in der Jugendpflege, müssen erschlossen werden. Jedenfalls muß jeder anerkannte Kriegsdienstverweigerer schon heute damit rechnen, zum Zivildienst einberufen zu werden. Das gleiche gilt aber nicht für jeden tauglich gemusterten Wehrpflichtigen. Es wird so viel von Wehrgerechtigkeit gesprochen. Wir haben heute bereits eine Dienstungerechtigkeit zu Lasten der Kriegsdienstverweigerer. Ich glaube kaum, daß sich diese Tendenz in absehbarer Zeit ändern wird.
Meine Damen und Herren, wo sind eigentlich die Drückeberger-Anreize — ich muß es noch einmal fragen —, wenn ein Zivildienstleistender drei Monate länger als ein Soldat dienen muß? Wo sind denn eigentlich die Anreize, wo doch inzwischen bekannt ist, welch harte psychische und auch physische Anforderungen der Zivildienst an einen jungen Menschen stellt? Arbeiten Sie doch einmal acht bis zehn Stunden z. B. in einer Behinderteneinrichtung! Ich halte auch — das muß ich hier in aller Deutlichkeit sagen — die Optik für schief, wenn immer wieder als selbstverständlich angesehen wird, daß jeder Kriegsdienstverweigerer zum Zivildienst kommen muß. Die gleiche Quote, nämlich 100 °/o verlangt man aber nicht für alle wehrwilligen Soldaten.
Es wird so sein, daß auch in Zukunft kein Kriegsdienstverweigerer um den Zivildienst herumkommt, aber manch anderer Wehrpflichtige um den Wehrdienst Ich bin nicht der Meinung, daß es nun ein Naturgesetz sein muß, daß man hier immer wieder mit zweierlei Maß mißt und dabei ganz vergißt, daß seit Bestehen der Bundeswehr viele taugliche Wehrpflichtige nicht zur Bundeswehr einberufen wurden. Die Zahl der Nichteinberufenen wird in den näch-



Hölscher
sten Jahren mit Sicherheit — das haben Sie selbst
in der Antwort auf Ihre Anfrage Anfang dieses Jahres zur Kenntnis nehmen müssen - größer werden.
In einer Beilage der Zeitschrift „Das Parlament" hat Dieter Hartwig auf die paradoxe Konsequenz hingewiesen, daß es für Dienstwillige notwendig werden kann, sich gegen den Wehrdienst zu entscheiden, um über den Zivildienst der Dienstpflicht nachkommen zu können. Ich halte diese These nicht für so abwegig.
Meine Damen und Herren, es mag sein, daß das politisch Machbare des Gesetzentwurfs wesentlich durch die kommenden starken Jahrgänge der Wehrpflichtigen mitbestimmt wurde. Ein entscheidender Beitrag zur Lösung der Wehrgerechtigkeit kann diese Initiative aber nicht sein. Sie war von uns her jedenfalls mehr von der ernst genommenen Aufgabe bestimmt, Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit in Einklang zu bringen. Das Problem der Wehrgerechtigkeit muß, wenn es der Gesetzgeber will, auf andere Weise gelöst werden, zumal von einer freien Wahl zwischen Wehr- und Zivildienst nach wie vor nicht die Rede sein kann, weil zum Zivildienst nur Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen berechtigt sind.
Meine Damen und Herren, wenn trotz der unbestreitbaren Tatsache, daß der Bedarf an Zivildienstleistenden steigt, der Bedarf der Bundeswehr aber abnimmt, also die Chance, zum Zivildienst zu kommen, größer ist als die Chance, zur Bundeswehr einberufen zu werden, wenn trotz der längeren Dauer des Zivildienstes, wenn trotz der starken Belastung, die im Zivildienst selbst liegt — ich wäre Ihnen dankbar, Herr Dr. Wörner, wenn Sie einmal zuhören könnten —, wenn trotz all dieser Belastungen Hunderttausende junger Menschen all diese Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen, nur um nicht zur Bundeswehr zu müssen, dann muß es allerdings um die Verteidigungsbereitschaft unseres Volkes katastrophal bestellt sein. Da diese Vorstellung, daß sich etwa 200 000 trotz all der Belastungen, die dort auf sie zukommen, zum Zivildienst melden, absurd ist und wohl von niemandem ernst vertreten werden kann,

(Dr. Kraske [CDU/CSU] : Wenn sich so viele melden, brauchen sie diese Belastungen nicht auf sich zu nehmen, denn Sie können keine 200 000 Zivildienstplätze schaffen!)

muß eben ein großer Teil ihrer Einwendungen — es tut mir leid; das muß ich sagen — in die Sonthofener Gespensterkiste gepackt werden. Durch diese Haltung machen Sie meines Erachtens aber auch deutlich, daß Sie, wenigstens was den Art. 4 Abs. 3 GG angeht, ein gespanntes Verhältnis zu unserer Verfassung haben, ausgerechnet Sie, die Sie uns sonst immer vorwerfen, wir würden unsere Verfassung nicht ernst genug verteidigen.
Meine Damen und Herren, andererseits glaube ich nicht — ich habe ja mit einigen Zitaten schon darauf hingewiesen —, daß diese rigorose ablehnende Haltung von der gesamten Opposition gebilligt wird; denn ich weiß aus vielen Gesprächen mit Ihren Wählern draußen, daß man unsere Ansicht teilt, endlich mit diesen inquisitorischen Prüfungsverfahren Schluß zu machen, die auch für die Truppe in ihren Folgen alles andere als positiv zu werten sind.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß noch auf ein recht aktuelles Problem hinweisen, das gerade in diesen Tagen draußen heftig diskutiert wird. Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzentwurfs gelten die alten Regelungen, d. h. im Augenblick laufen die unzulänglichen Prüfungsverfahren weiter. Nichtanerkannte Kriegsdienstverweigerer werden zur Bundeswehr einberufen, auch wenn noch keine unanfechtbare Entscheidung getroffen wurde. Es gibt deshalb auch nach wie vor Arreststrafen bei Befehlsverweigerungen und vieles andere mehr. Dies geschieht im Rahmen der geltenden Gesetze; daran zweifelt niemand. Aber manch einer draußen will nur sehr schwer verstehen, warum er noch unter einer Maßnahme leiden muß, die bei ihm nicht durchgeführt werden müßte, wenn er nur ein Jahr später geboren wäre. Ich wäre den verantwortlichen Stellen in den Ministerien, bei den Kreiswehrersatzämtern, auch bei der Bundeswehr sehr dankbar, wenn sie in der Übergangszeit bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes im Rahmen der gegebenen Ermessensspielräume alles täten, um unnötige Härten zu vermeiden, die in Anbetracht der zu erwartenden Neuregelung bei den Betroffenen und auch in der Öffentlichkeit nur schwer verständlich sind.
An unseren Gesetzentwurf wurden hohe Anforderungen gestellt. Sicher haben wir alle diejenigen enttäuscht, die eine umfassende Reform des Zivildienstes selbst mit diesem Gesetz erwartet haben. Hier ist zweifellos noch manches zu tun, um dem Zivildienst die eigenständige Position in unserer Gesellschaft zu verschaffen, die ihm zukommt: nicht nur als Dienst, der die Lücken füllt, die gerade im sozialen Bereich durch den Arbeitsmarkt nicht mehr geschlossen werden können, sondern auch in wohlverstandener Weise als ein Friedensdienst, ,der einen sehr wichtigen Beitrag zur inneren Verteidigung und zum Ausbau einer freiheitlichen Grundordnung zu leisten vermag. Wir werden dies nicht aus den Augen verlieren. Vorrangig war für uns hier und heute die Beseitigung der Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit dem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung, auch wenn wir bereits in diesem Gesetzentwurf in einigen wichtigen Punkten strukturelle Verbesserungen eingebaut haben.
Ich möchte mich zum Schluß bei allen Bürgern und Institutionen herzlich bedanken, die uns immer wieder zur Abschaffung der Prüfungsverfahren aufgefordert haben. Ich meine die Kriegsdienstverweigerer, ich meine beide Kirchen, hierbei die vielen, vielen kirchlichen Beistände, die uns immer wieder auf die Not und auf die Bedrängnis hingewiesen haben. Ich meine die Jugendverbände politischer Art und nicht politischer Art, die Gewerkschaften und viele andere mehr. Ich denke aber auch besonders an die Eltern von Kriegsdienstverweigerern, die auf die Konflikte und die Bedrängnis hingewiesen haben, hierbei eine Menge CDU-Wähler, wie aus den Briefen hervorgeht, weil man aus dem



Hölscher

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Wir machen eben Politik aus Verantwortung und nicht nach Meinungsumfragen!)

— Ich gebe Ihnen gern einige Kopien davon. — Ich meine gerade die Eltern, die uns in vielen Zuschriften die Konflikte und die Bedrängnisse deutlich gemacht haben, in die ihre Söhne, ja die ganze Familie allzuoft hineingerieten. Alle diese, die uns geschrieben haben, die Öffentlichkeitsarbeit geleistet haben, sie haben alle mit dazu beigetragen, daß wir ein Stück Rechtssicherheit mehr in diesem Staat erhalten, daß die Menschenwürde in Zukunft etwas weniger mit Füßen getreten wird.
Ich darf zum guten Schluß sagen: wir Liberalen sind etwas stolz darauf, daß wir ganz entscheidend an dieser Initiative mitgewirkt haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0718208500
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Der Herr Abgeordnete Kraske hat beantragt, entgegen dem Vorschlag des Ältestenrates die Vorlage an den Verteidigungsausschuß als federführenden Ausschuß zu überweisen und die anderen Ausschüsse mitberatend zu beteiligen. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Der Antrag ist gegen die Stimmen der CDU/ CSU abgelehnt.
Ich gehe — nach Ablehnung des Antrags — davon aus, daß das Haus mit den vom Ältestenrat vorgeschlagenen Überweisungen einverstanden ist. Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Der Herr Abgeordnete Schinzel hat gebeten, eine Erklärung zu der Abstimmung über die Überweisungsanträge zu Protokoll geben zu dürfen. Ich habe dies im Hinblick auf seine persönliche Situation genehmigt*).
Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende der letzten Woche vor der parlamentarischen Sommerpause. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein paar erholsame Wochen in dieser Zeit. Wir alle werden die Erholung brauchen, um dann im Herbst mit möglichst frischer Kraft in das letzte Arbeitsjahr vor Beginn des Wahlkampfes für die Bundestagswahl 1976 hineinzugehen. Die Probleme und Arbeitsvorhaben des letzten Jahres werden uns — dessen bin ich sicher — auch in den Parlamentsferien stets gegenwärtig bleiben. Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Die Sitzung ist geschlossen.