Protokoll:
7161

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 161

  • date_rangeDatum: 9. April 1975

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:05 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 161. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung betr. Erklärung der Bundesregierung über die humanitären Anstrengungen der Bundesrepublik Deutschland für Vietnam . . . . 11289 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Gradl, Blumenfeld, Dr. Schulz (Berlin), Dr. h. c. Kiesinger, Dr. Schäfer (Tübingen) und zum Geburtstag des Wehrbeauftragten des Bundestages, Berkhan . . . . 11310 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 11289 A Erklärung der Bundesregierung betr. humanitäre Anstrengungen der Bundesrepublik Deutschland für Vietnam Genscher, Bundesminister (AA) . . 11310 D Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) . 11313 B Friedrich (SPD) . . . . . . 11317 C Hoppe (FDP) . . . . . . . . 11322 D Schmidt, Bundeskanzler . . . . . 11324 C Fragestunde — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — Frage A 6 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Sieglerschmidt (SPD) : Zulassung von Bundesbeamten des mittleren Dienstes zur Laufbahn des gehobenen Dienstes; Notwendigkeit einer Neuregelung des Laufbahnrechts in bezug auf die durch den Fachhochschulabschluß erlangte Qualifikation Dr. Schmude, PStSekr (BMI) .11290 A, C, D Sieglerschmidt (SPD) 11290 B, C Fragen A 8 und 9 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) : Wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen zugunsten der Presse; Stand der diesbezüglichen Planungen der Bundesregierung; finanzielles Volumen der vorgesehenen Maßnahmen Dr. Schmude, PStSekr (BMI) . . . 11290 D, 11291 A, B, C, D, 11292 A Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) . 11291 B, C Sieglerschmidt (SPD) 11291 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 11292 A Fragen A 10 und 11 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Windelen (CDU/ CSU) : Beschäftigung von Personen beim WDR, die als mutmaßliche Mitglieder oder Helfershelfer terroristischer krimineller Vereinigungen gesucht werden oder in Haft II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 befindlich sind; Richtigkeit der Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Schmude über das Ergebnis der gegen 32 Mitarbeiter des WDR geführten Vorermittlungen Dr. Schmude, PStSekr (BMI) . . 11292 B, D, 11293 A, B, C, D, 11294 A, B Windelen (CDU/CSU) . 11292 C, 11293 A, B Dr. Dübber (SPD) . . . . . . 11293 C Sieglerschmidt (SPD) 11293 C Breidbach (CDU/CSU) 11293 D Dr. Miltner (CDU/CSU) . . . . 11294 A Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident . . . . . . . 11294 B Hansen (SPD) 11294 B Fragen A 12 und 13 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Breidbach (CDU/ CSU) : Zahl der gegen Mitarbeiter des WDR im Zusammenhang mit linksextremistischen Gruppierungen eingeleiteten, inzwischen eingestellten Vorermittlungsverfahren; Unterrichtung der zuständigen Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen durch das Bundeskriminalamt bzw. Anforderung entsprechender Auskünfte Dr. Schmude, PStSekr (BMI) . . 11294 C, D, 11295 A, B, C, D Breidbach (CDU/CSU) . . 11294 D, 11295 A Windelen (CDU/CSU) 11295 B Sieglerschmidt (SPD) 11295 C Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 11295 D Fragen A 14 und 15 Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Wernitz (SPD) : Fragebogen des Freistaates Bayern für Einbürgerungsbewerber; darin enthaltene Fragen betreffend z. B. bayerische Landesspezifika; Notwendigkeit einer Überarbeitung derartiger Fragebögen Dr. Schmude, PStSekr (BMI) 11296 A, B, C, D, 11297 A, B, C Dr. Wernitz (SPD) . . 11296 B, C, 11297 B Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 11296 D, 11297 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . . 11297 C Dr. Sperling (SPD) 11297 D Frage A 16 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Hansen (SPD) : Werbeschreiben der Firma J. P. Sauer und Sohn, Eckernförde, an alle Bundes- tagsabgeordneten betreffend angebliche Befürwortung einer „allgemeinen Bewaffnungsaktion" durch das Bundesministerium des Innern Dr. Schmude, PStSekr (BMI) 11297 D, 11298 A Hansen (SPD) . . . . . . . . . 11298 A Fragen A 18 und 19 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Miltner (CDU/ CSU) : Meldungen über die Freilassung der wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeit verhafteten „Computer-Spione" auf Grund von Beweisschwierigkeiten; Maßnahmen für eine verbesserte Bekämpfung dieser Art von Wirtschaftsspionage Dr. de With, PStSekr (BMJ) . . .11298 B, D Dr. Miltner (CDU/CSU) . . . . . 11298 C Frage A 20 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Sieglerschmidt (SPD) : Vorbereitung einer EG-Richtlinie auf dem Gebiet der Produzentenhaftung; Koordinierung dieser Arbeiten mit dem im Rahmen des Europarats erstellten Übereinkommensentwurf zu dem gleichen Fachgebiet Dr. de With, PStSekr (BMJ) . . . 11299 B, C Sieglerschmidt (SPD) 11299 C Frage A 22 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4 75 — des Abg. Reiser (SPD) : Import von Spielzeugbaukästen mit Bauteilen für Hitlers Mercedes-Benz-Dienstwagen Dr. de With, PStSekr (BMJ) 11299 D, 11300 A Reiser (SPD) . . . . . . . . . 11300 A Fragen A 29 und 30 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Sperling (SPD) : Erleichterung der Anschaffung von Privatyachten durch Steuervorteile Offergeld, PStSekr (BMF) 11300 C, D, 11301 A Dr. Sperling (SPD) . . . . . . . 11300 D Frage A 86 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Sauter (Epfendorf) (CDU/ CSU) : Gleichzeitige Information der Mitglieder des Deutschen Bundestages über Zuschüsse, Investitionen und Baumaßnahmen in den jeweiligen Wahlkreisen Offergeld, PStSekr (BMF) . 11301 B, C, D Sauter (Epfendorf) (CDU/CSU) . 11301 C, D Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 III Frage A 34 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Schweitzer (SPD) : Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen Grüner, PStSekr (BMWi) . 11302 A, B, C, D, 11303 A Dr. Schweitzer (SPD) 11302 B Dr. Hupka (CDU/CSU) 11302 C Dr. Schachtschabel (SPD) . . . . 11302 D Dr. Czaja (CDU/CSU) 11303 A Frage A 37 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Schäuble (CDU/CSU) : Maßnahmen zur Schaffung der Voraussetzungen für den Erfolg einer institutionalisierten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von gewählten Vertretern der Oberrheinregion außerhalb der zu gründenden „Commission Tripartite" Grüner, PStSekr (BMWi) . . . . 11303 B, C Dr. Schäuble (CDU/CSU) 11303 B Sieglerschmidt (SPD) 11303 C Fragen A 38 und 39 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Gruhl (CDU/ CSU) : Wissenschaftliche Grundlagen des Energieprogramms der Bundesregierung und seiner Fortschreibung; Notwendigkeit der Berichtigung der Prognosen der Fortschreibung bei Berücksichtigung des tatsächlichen Verbrauchs im Jahre 1974 Grüner, PStSekr (BMWi) 11303 D, 11304 A, B, C, D, 11305 A, B Dr. Gruhl (CDU/CSU) 11304 A, B, D, 11305 A Stahl (Kempen) (SPD) 11305 B Frage A 85 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) : Verringerung der Zahl der Arbeitsplätze bei Bundesdienststellen im Zonenrandgebiet der nördlichen Oberpfalz infolge Rationalisierung bei Bundesbahn und Bundespost; Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen eines Struktur- und arbeitsmarktpolitischen Gesamtkonzepts Grüner, PStSekr (BMWi) 11305 C, D, 11306 A Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) . . . 11305 D, 11306 A Fragen A 41 und 42 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Müller (Berlin) (CDU/CSU) : Pressemeldung über eine Äußerung des Staatssekretärs Eicher betreffend weitere Herabsetzung des Rentenalters; Möglichkeiten der Verwirklichung dieses Zieles Buschfort, PStSekr (BMA) . .11306 B, C, D, 11307 A Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . 11306 C, D, 11307 A Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 11307 B Frage A 46 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Enders (SPD) : Abzug des den Umschülern vom Arbeitgeber gezahlten Weihnachtsgeldes durch die Arbeitsbehörde Buschfort, PStSekr (BMA) . . . 11307 B, D Dr. Enders (SPD) 11307 C, D Frage A 53 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Sauter (Epfendorf) (CDU/ CSU) : Anteil von Bundeswehrangehörigen an der Zahl der Verkehrstoten an Wochenenden Schmidt, PStSekr (BMVg) . . 11308 A, C, D Sauter (Epfendorf) (CDU/CSU) . . 11308 C, D Frage A 56 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Reiser (SPD) : Anmerkungen der „Information für die Truppe" zum staatsbürgerlichen Unterricht in der Bundeswehr Schmidt, PStSekr (BMVg) . . . . 11308 D, 11309 C, D Reiser (SPD) . . . . . . . . 11309 B, C Frage A 57 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Sicherung des Anspruchs von Zeitsoldaten auf Rückkehr an ihren vormaligen Arbeitsplatz Schmidt, PStSekr (BMVg) 11309 D, 11310 B Ey (CDU/CSU) . . . . . . . 11310 A, B Nächste Sitzung 11324 D Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 11325*A Anlage 2 Antwort des StSekr Eicher (BMA) auf die Zusatzfrage zu Frage A 41 — Drucksache 7/3258 vom 21. 2. 75 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) (151. Sitzung, Seite 10462 B): Pressemeldung betreffend Ablehnung eines Vorschlages der Arbeitsverwaltung, dem bei ihr durch die zunehmende Arbeitslosigkeit zu erwartenden Mehranfall an Arbeit durch Personalverstärkung Rechnung zu tragen 11325* C Anlage 3 Antwort des StSekr Dr. Erkel (BMJ) auf die Zusatzfrage zu Frage A 1 - Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 - des Abg. Horstmeier (CDU/CSU) (154. Sitzung, Seite 10694 C) : Grundbuchlich gesicherte Unpfändbarkeit von Altenteilsrechten . . . . . . . 11326* A Anlage 4 Zusätzliche Antwort des PStSekr Dr. Schmude auf die Frage B 17 - Drucksache 7/3335 vom 7. 3. 75 - des Abg. Gansel (SPD) (156. Sitzung, Seite 10912* D): Möglichkeit der Politiker, Dienststellen des Bundes sechs Wochen vor Wahlen zu besuchen 11326* D Anlage 5 Antwort des StSekr Dr. Erkel (BMJ) auf die Frage A 58 - Drucksache 7/3365 vom 14. 3. 75 - des Abg. Sauer (Salzgitter) (CDU/ CSU) (157. Sitzung, Seite 10953) : Einziehung des Vermögens der aus den Oder-Neiße-Gebieten vertriebenen Deutschen nach Art. 3 des Oberleitungsvertrags 11327* A Anlage 6 Antwort des PStSekr Dr. Glotz (BMBW) auf die Frage A 3 - Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 - des Abg. Rollmann (CDU/CSU) : Anzahl der jugendlichen Ausländer ohne Hauptschulabschluß 11323* B Anlage 7 Antwort des PStSekr Dr. Schmude (BMI) auf die Frage A 17 - Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 - des Abg. Walkhoff (SPD) : Werbung einer Waffenfirma mit dem Hinweis, daß das Bundesinnenministerium zur Zeit eine allgemeine Bewaffnungsaktion befürworte 11323* C Anlage 8 Antwort des PStSekr Dr, de With (BMJ) auf die Frage A 21 - Drucksache 3/3447' vom 4. 4. 75 - des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Reform des Konkurs- und Vergleichsrechts mit Schwerpunkt auf der Befriedigung der Gläubiger 11327* D Anlage 9 Antwort des PStSekr Dr. de With (BMJ) auf die Frage A 23 - Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 - des Abg. Engelsberger (CDU/ CSU) : Gerichtliche Verfügung gegen den SPD-Vorsitzenden Willy Brandt, wonach ihm die Wiederholung der Behauptung, der CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß habe die Bundesrepublik Deutschland einen „Saustall" genannt, untersagt ist; Mißachtung dieser Verfügung durch Bundeskanzler Schmidt 11328* B Anlage 10 Antwort des PStSekr Offergeld (BMF) auf die Fragen A 24 und 25 - Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 - des Abg. Möller (Lübeck) (CDU/CSU): Beweggründe für den Ausschluß der gemeinnützigen Sportvereine von der Gewährung von Investitionszulagen für Investitionen wie z. B. Sporthallen . . . 11328*D Anlage 11 Antwort des PStSekr Offergeld (BMF) auf die Frage A 26 - Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 - des Abg. Milz (CDU/CSU) : Darstellung des Zusammenhangs zwischen der Senkung der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer in den Zeitungsanzeigen der Bundesregierung vom 20. März 1975 11329*A Anlage 12 Antwort des PStSekr Offergeld (BMF) auf die Frage A 27 - Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 - des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Pressemeldung über zu hohe Einzahlungen der Bundesrepublik Deutschland in den Haushalt der Europäischen Gemeinschaften; Vorschläge für eine gerechtere Verteilung der Haushaltszuwendungen . 11329* B Anlage 13 Antwort des PStSekr Offergeld (BMF) auf die Frage A 28 - Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 - des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Negative Auswirkung des für Landwirte am 30. Juni 1975 auslaufenden Wirtschaftsjahres auf den Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Investitionszulage gestellt werden kann; Ermöglichung einer früheren Antragstellung 11330* A Anlage 14 Antwort des PStSekr Offergeld (BMF) auf die Frage A 31 - Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 - des Abg. Baier (CDU/CSU) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 V Anhebung der Höchstgrenze für die Abschreibung nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes wegen des gestiegenen Preisindex für Wohngebäude konventioneller Bauart 11330* B Anlage 15 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage A 43 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Franz (CDU/CSU) : Zusage erneuter Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsgenehmigung an freiwillig in ihre Heimat zurückkehrende ausländische Arbeitnehmer für den Fall einer günstigeren Konjunkturlage . . . . . . . . 11330* D Anlage 16 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 44 und 45 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Ziegler (CDU/CSU) : Widersprüchliche Äußerungen in der Presse und seitens des Präsidenten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hinsichtlich einer Erhöhung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung gegen Ende dieses Jahrzehnts; Konsequenzen aus dem hohen Defizit der Landesversicherungsanstalten für den Abschluß der ausgleichspflichtigen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte 11331 * A Anlage 17 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 47 und 48 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Peter (SPD) : Gesamtzahl und Zahl der davon im Saarland wohnenden Rentenbezieher der Bundesknappschaft am 31. Dezember 1968 und am 31. Dezember 1974; jährliches Beitragsaufkommen der Bundesknappschaft und Höhe der von der Bundesregierung jährlich gezahlten Zuschüsse an die Bundesknappschaft seit 1969 11331* C Anlage 18 Antwort des PStSekr Schmidt (BMVg) auf die Frage A 54 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Dr. Zeitel (CDU/CSU) : Verbringung von gegen die Bundeswehr und die Aufrechterhaltung der Verteidigungsbereitschaft gerichteten Zeitungen auf Kasernengelände . . . . . . . . 11332* A Anlage 19 Antwort des PStSekr Schmidt (BMVg) auf die Frage A 55 — Drucksache 7/3447 vom 4. 4. 75 — des Abg. Hansen (SPD) : Wirkungsanalyse über die politische Bildung in den Streitkräften 11332* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 11289 161. Sitzung Bonn, den 9. April 1975 Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 12. 4. Dr. Ahrens ** 11. 4. Dr. Aigner * 12. 4. Alber *' 11. 4. Dr. Artzinger * 12. 4. Dr. Bangemann * 12. 4. Dr. Barzel 9. 4. Dr. Bayerl * 12. 4. Behrendt * 12. 4. Berger 16. 4. Blumenfeld * 12. 4. Dr. Burgbacher * 12. 4. Dr. Corterier * 12. 4. Dr. Erhard 25. 4. Fellermaier * 12. 4. Flämig * 12. 4. Frehsee * 12. 4. Dr. Früh * 12. 4. Gerlach (Emsland) * 12. 4. Dr. Geßner ** 11. 4. Härzschel ' 12. 4. Dr. Hammans 10. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 12. 4. Kater 31. 5. Dr. Kempfler ** 10. 4. Dr. h. c. Kiesinger 11: 4. Dr. Klepsch * 12. 4. Krall * 12. 4. Krampe 12. 4. Lagershausen ** 10. 4. Lange ' 12. 4. Lautenschlager * 12. 4. Leicht 11. 4. Lemmrich ** 11. 4. Lenzer ** 9. 4. Dr. Lohmar 12. 4. Lücker * 12. 4. Marquardt ** 10. 4. Dr. Marx 10. 4. Memmel * 12. 4. Dr. Mende ** 11. 4. Dr. Mertes (Gerolstein) 11. 4. Mick 11. 4. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 11. 4. Müller (Mülheim) * 12. 4. Dr. Müller (München) ** 11. 4. Müller (Remscheid) 11. 4. Mursch (Soltau-Harburg) * 12. 4. Frau Dr. Orth 11. 4. Richter ** 10. 4. Ronneburger 11. 4. Scheu 11. 4. Schmidhuber 11. 4. Schmidt (München) * 12. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schröder (Lüneburg) 11. 4. Dr. Schulz (Berlin) * 12. 4. Schwabe * 12. 4. Dr. Schwörer * 12. 4. Seefeld ' 12. 4. Springorum * 12. 4. Dr. Starke (Franken) * 12. 4. Suck * 12. 4. Walkhoff * 12. 4. Frau Dr. Walz 12. 4. Weber (Heidelberg) 11. 4. Anlage 2 Antwort des Staatssekretärs Eicher auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache 7/3258 Frage A 41 des Abgeordneten Dr. Jobst, 151. Sitzung Seite 10462 B) : Unter Bezugnahme auf Ihre Zusatzfrage in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 26. Februar 1975 teile ich Ihnen folgendes mit: Alle bisherigen statistischen Erhebungen der Bundesanstalt für Arbeit und anderer Stellen zeigen eindeutig: Je höher der Grad beruflicher Qualifikationen, um so geringer ist das Risiko der Arbeitslosigkeit. Nach der Sonderuntersuchung der Bundesanstalt vom September 1974 waren 54,3 v. H. der erfaßten arbeitslosen Arbeitnehmer ohne abgeschlossene Berufsausbildung, während der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtzahl der Arbeitnehmer nur rd. 30 v. H. beträgt. Bildungsförderung vermag zwar keine Arbeitsplätze zu schaffen oder gefährdete Arbeitsplätze zu sichern. Ein besonders qualifizierter Arbeitnehmer wird erfahrungsgemäß meist aber auch dann noch nicht entlassen, wenn rein wirtschaftliche Gründe für einen Wegfall seines Arbeitsplatzes sprechen würden. Auf Grund dieses Sachverhalts kann deshalb angenommen werden, daß die Bildungsförderung nach dem Arbeitsförderungsgesetz in einer Vielzahl von Fällen das Beschäftigungsrisiko entscheidend verringert hat. Statistische Erhebungen liegen ebenfalls zu der Frage vor, wie hoch der Anteil der nach dem Arbeitsförderungsgesetz geförderten Arbeitnehmer ist, die vor Beginn der beruflichen Bildungsmaßnahmen arbeitslos waren. Die Zahl dieser Personen hat sich seit 1973 stark erhöht. Dies ist vor allem auf das „Aktionsprogramm Berufliche Bildung" der Bundesanstalt für Arbeit vom März 1974 zurückzuführen, wonach für jeden Arbeitslosen die Möglichkeiten und Chancen einer Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Bildung zu prüfen sind. So befanden sich 1973 unter den Geförderten 5,8 % und 1974 16,3 % Arbeitslose. Im Januar 1975 stieg der Anteil 11326* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 der Arbeitslosen an der Zahl der geförderten Personen weiter stark an. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 27,1 % vorher arbeitslos gewesene Arbeitnehmer gefördert. Dabei betrug der Anteil bei der Fortbildung 22,7 % (im Jahre 1974 12 %) und bei der Umschulung 50,5 % (im Jahre 1974 33,2 %). Als Anlage übersende ich Ihnen eine Gesamtübersicht aus der Sonderuntersuchung der Bundesanstalt vom September 1974 sowie 3 Übersichten über den Anteil der Arbeitslosen an der Zahl der geförderten Personen *) . Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Dr. Erkel auf die Zusatzfragen des Abgeordneten Horstmeier (CDU/CSU) (Drucksache 7/3335 Frage A 1, 154. Sitzung Seite 10694 C) : Die Fragen lauten: 1. Sind Sie mit mir der Meinung, daß Altenteilsrechte, die rangschlechter eingetragen sind, bei Zwangsversteigerungen nicht gelöscht werden dürfen? 2. Glauben Sie, daß die Möglichkeit der Willensäußerung des Erblassers bei der Eintragung genügt, die Wirksamkeit der Altenteilsrechte über alle, nicht immer vorausschaubaren Wechselfälle hinaus zu erhalten? Nach § 9 Abs. 1 EGZVG bleibt eine Dienstbarkeit oder eine Reallast, die als Leibgedinge, Leibzucht, Altenteil oder Auszug eingetragen ist, nach Maßgabe des Landesgesetzes von der Zwangsversteigerung unberührt, auch wenn das Recht bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt ist. Entsprechende landesrechtliche Regelungen gelten in weiten Teilen der Bundesrepublik Deutschland. Hiernach bleibt also die Dienstbarkeit oder die Reallast, die zu einem Altenteil gehört, auch dann bestehen, wenn die Zwangsversteigerung aus einem dinglichen Recht — etwa aus einer Hypothek — betrieben wird, die einen besseren Rang hat als das Altenteil. Allerdings ist in § 9 Abs. 2 EGZVG eine Regelung getroffen, die dem Schutz vorhergehender Berechtigter dient. Nach dieser Vorschrift kann nämlich ein Beteiligter verlangen, daß als Versteigerungsbedingung das Erlöschen des Altenteils bestimmt wird, wenn durch das Fortbestehen des Altenteils ein diesem vorgehendes oder gleichstehendes Recht des Beteiligten beeinträchtigt werden würde. Da dieser Umstand nicht ohne weiteres erkennbar ist, wird auf Antrag des Beteiligten ein Doppelausgebot des Grundstücks stattfinden müssen, also das Grundstück sowohl mit der Versteigerungsbedingung auszubieten sein, daß das Altenteil bestehen bleibt, als auch mit der Versteigerungsbedingung, daß es erlischt. Auf Grund dieses Doppelausgebots kann es vorkommen, daß das Altenteil durch den *) Werden nicht abgedruckt Zuschlag nach § 91 Abs. 1 ZVG erlischt. Der Altenteiler hat dann einen Anspruch auf Zahlung aus dem Versteigerungserlös, soweit dieser dafür ausreicht. Hiernach ist nicht auszuschließen, daß Altenteile unter Umständen nicht völlig gesichert sind. Demgegenüber ist jedoch zu bedenken, daß eine Gefährdung von Altenteilsrechten durch andere im Grundbuch eingetragene Rechte nur in den Fällen möglich ist, in denen der Berechtigte bei gewissenhafter Prüfung die bestehenden Risiken hätte erkennen können. Eine sich in der Zwangsversteigerung nachteilig auswirkende nachgehende Rangstelle des Altenteils beruht nämlich entweder darauf, daß das Altenteil von vorneherein erst nach anderen dinglichen Rechten im Grundbuch eingetragen wurde, oder aber auf den Umstand, daß nachträglich rechtsgeschäftlich ein Rangrücktritt vereinbart wurde. In beiden Fällen hatte es der Altenteilsberechtigte in der Hand, sich über mögliche Folgen des Vorhandenseins vorrangiger Rechte zu unterrichten. Eine Bestimmung etwa des Inhalts, daß einem Altenteil kraft Gesetzes stets eine bestimmte unverrückbare Rangstelle zukommt, erscheint nicht unbedenklich, weil sie generell die Kreditaufnahme der Eigentümer von Grundstücken, bei denen eine Belastung mit Altenteilen in Betracht kommt, zumindest erheblich erschweren würde. Dies könnte je nach Sachlage durchaus dem Interesse aller Beteiligter widersprechen, etwa wenn notwendige Investitionen, die auch dem Altenteilsberechtigten zugute kommen können, verhindert werden. Ihre zweite Frage möchte ich dahin verstehen, daß Sie von der Bestellung eines Altenteils durch Rechtsgeschäft unter Lebenden ausgehen. Hier wird es nach den obigen Ausführungen den Beteiligten im Interesse des Altenteilers obliegen, dafür zu sorgen, daß das Altenteil den besten Rang im Grundbuch erhält. Der Grundstückseigentümer wird also etwaige bereits bestehende dingliche Rechte am Grundstück ablösen oder aber mit den Inhabern dieser Rechte einen Rangrücktritt zu vereinbaren haben. Allerdings ist es auch in dem Falle, daß das Altenteil im Grundbuch erstrangig eingetragen ist, möglich, daß Lidlohnforderungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) oder öffentliche Lasten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) auflaufen, die dem erstrangigen Altenteil vorgehen. Daß die Zwangsversteigerung nur wegen Lidlohnforderungen oder öffentlicher Lasten betrieben wird, dürfte in der Praxis jedoch kaum vorkommen. Anlage 4 Zusätzliche Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 7/3335 Frage B 17, 156. Sitzung Seite 10912* D) Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 11327 Unter Bezugnahme auf Ihr o. g. Schreiben und die Zwischenantwort vom 12. März 1975 beantworte ich in Vertretung von Herrn Kollegen Baum Ihre Schriftliche Frage wie folgt: Die bei den Bundesressorts durchgeführte Umfrage hat ergeben, daß außer im Truppenbereich des BMVg eine generelle Regelung mit dem von Ihnen angesprochenen Inhalt nicht besteht. Die Regelung des BMVg sieht unter Bezugnahme auf eine in den vergangenen Jahren zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und den Vorsitzenden der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien getroffene Vereinbarung vor, daß derartige Besuche bei der Truppe für einen Zeitraum von zwei Monaten vor einem Wahltermin nicht mehr durchgeführt werden. (Fernschreiben des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 7. Februar 1975). Eine Ablehnung von Besucherwünschen ist nach meinen Feststellungen bisher nicht ausgesprochen worden. Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Dr. Erkel auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Sauer (Salzgitter) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3365 Frage A 58, 157. Sitzung Seite 10953) : In der o. a. Fragestunde hatten Sie folgende Frage gestellt: Welche Unterlagen bieten die vorliegenden Protokolle über die Verhandlungen betreffend den Überleitungsvertrag dafür, daß Artikel 3 Abs. 3 des Sechsten Teils sich auch auf die polnischen Maßnahmen gegen deutsches Vermögen ab Juni 1945 in den Oder-Neiße-Gebieten erstrecken sollte? Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. de With hatte Ihnen zugesagt, diese Frage schriftlich zu beantworten. Die Antwort lautet: Aus den hier vorhandenen Unterlagen und Protokollen über die Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den drei Mächten zum Sechsten Teil des Überleitungsvertrages ergibt sich nichts, was auf eine Beschränkung des Geltungsbereichs von Artikel 3 Abs. 3 des VI. Teils auf westliche Gebiete und für eine Ausnahme der sog. Oder-Neiße-Gebiete aus seinem Anwendungsbereich sprechen könnte. Die vorhandenen Protokolle stehen Ihnen jederzeit zur Einsicht zur Verfügung. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/3447 Frage A 3) : Wie viele jugendliche Ausländer haben jeweils in den vergangenen Jahren das deutsche Schulsystem ohne Hauptschulabschluß verlassen und deswegen kein Ausbildungsverhältnis eingehen können? Ihre Frage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wie folgt: Zur Zeit liegen der Bundesregierung keine aktuellen Zahlen zur Problematik jugendlicher Ausländer ohne deutschen Hauptschulabschluß vor. Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder, der augenblicklich ebenfalls keine Zahlen vorliegen, ist um Zahlenangaben gebeten worden. Sobald mir Ergebnisse vorliegen, werde ich Sie darüber unterrichten. Ich weise jedoch schon jetzt darauf hin, daß es wohl kaum Zahlen geben wird, die gerade den von Ihnen vermuteten schwierigen Zusammenhang zwischen Schulabschluß und Berufseintritt selbst erhellen können. Das zeigt schon die Datenlage bei entsprechenden deutschen Schulabgängern. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Walkhoff (SPD) (Drucksache 7/3447 Frage A 17): Wie beurteilt die Bundesregierung die Behauptung, das Bundesinnenministerium befürworte zur Zeit eine allgemeine Bewaffnungsaktion, mit der eine Waffenfirma unter Hinweis auf entsprechende Presseverlautbarungen für die Anschaffung von Faustfeuerwaffen wirbt? Die in einem an Bundestagsabgeordnete gerichteten Werbeschreiben enthaltene Behauptung, das Bundesministerium des Innern befürworte eine allgemeine Bewaffnungsaktion, trifft nicht zu. Die Bundesregierung sieht auch keine Veranlassung zu einer Befürwortung einer allgemeinen Bewaffnung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Sie ist vielmehr der Auffassung, daß Bundestagsabgeordnete nur dann eine Erlaubnis zum Erwerb und zum Führen einer Schußwaffe erhalten sollen, wenn sie persönlich erheblich gefährdet sind. Insoweit werden bei ihnen die gleichen Maßstäbe angelegt wie bei jedem anderen Staatsbürger. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/3447 Frage A 21): Denkt die Bundesregierung an eine an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientierte Reform des Konkurs- und Vergleichsrechts, da unter dem geltenden Recht, wie sich gerade in der jüngsten Zeit gezeigt hat, eine vernünftige Befriedigung der Gläubiger gegenüber der Bestrafung des gescheiterten Unternehmens in den Hintergrund tritt? 11328* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 Im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft wird seit längerer Zeit ein Übereinkommen über den Konkurs, Vergleiche und ähnliche Verfahren vorbereitet, durch das auch wesentliche Teile des innerstaatlichen Konkursrechts der Mitgliedstaaten vereinheitlicht werden sollen. Schon mit Rücksicht auf diese europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Konkursrechts, die nach einer Erklärung der Regierungsvertreter der Mitgliedstaaten vom 17. Dezember 1973 möglichst bald zu einem Abschluß kommen soll (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 117/15), hat die Bundesregierung eine nationale Reform des Konkurs- und Vergleichsrechts bisher noch nicht in Angriff genommen. Gleichwohl verfolgt die Bundesregierung die Auswirkungen der geltenden Konkursordnung und der Vergleichsordnung unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnissen mit besonderer Aufmerksamkeit. Einige vordringliche Änderungen des Insolvenzrechts sind in letzter Zeit von der Bundesregierung eingebracht worden. Ich beziehe mich hierzu auf das Gesetz über Konkursausfallgeld (Drittes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes) vom 17. Juli 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 1481) und auf Artikel 5 des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (1. WiKG) Bundesrats-Drucksache 5/75. Darüber hinaus ist eine Rechtstatsachenforschung auf dem Gebiete des Konkurs- und Vergleichsrechts geplant, soweit die beschränkten finanziellen Mittel für derartige Aufgaben es zulassen. Die Untersuchung soll Aufschluß darüber geben, inwieweit das geltende Insolvenzrecht den gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen noch gerecht wird und wie gegebenenfalls Abhilfe geschaffen werden kann. Hervorzuheben ist, daß es oftmals nicht in erster Linie auf die konkursrechtlichen Regelungen selbst zurückgeht, wenn Konkursgläubiger entweder keine oder keine befriedigende Deckung für ihre Forderungen erlangen. Gewichtige Ursachen für diese Entwicklung liegen auch im materiellen Recht der Kreditsicherung der Lieferanten und der Geldinstitute sowie im Abgaben- und im Sozialrecht. Dabei handelt es sich um vielschichtige und schwierige Probleme, die sowohl die Kreditversorgung der Wirtschaft als auch die soziale Sicherheit berühren und nicht allein mit Mitteln des Konkursrechts zu lösen sind. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/ CSU) (Drucksache 7/3447 Frage A 23) : Kommt der einstweiligen Verfügung des Bonner Landgerichts, in der dem SPD-Vorsitzenden Willy Brandt die Wiederholung der Behauptung untersagt worden ist, CSU-Landesvorsitzender Franz Josef Strauß habe die Bundesrepublik Deutschland einen „Saustall" genannt, nicht eine allgemeine Verbindlichkeit zu, und muß die Aussage des Bundeskanzlers in Kiel, „weil Willy Brandt es nicht mehr sagen darf, sage ich es!", nicht als Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien im allgemeinen und eine Verächtlichmachung des betreffenden Gerichts im besonderen angesehen werden? Die Frage ist zu verneinen. Das Landgericht Bonn hatte auf Antrag des Herrn Franz Josef Strauß nur 'darüber zu entscheiden, ob Herrn Willy Brandt die Wiederholung einer Erklärung zu untersagen ist. Das Landgericht Bonn hat bisher nur auf Grund eines summarischen Verfahrens durch einstweilige Verfügung entschieden. Die Entscheidung ist daher nicht endgültig. Herr Willy Brandt hat gegen ,die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt und außerdem Herrn Strauß durch das Gericht auffordern lassen, binnen einer bestimmten Frist durch Klage eine endgültige Klärung in einem ordentlichen Verfahren herbeizuführen. Die endgültige Entscheidung zwischen Herrn Strauß und Herrn Brandt steht noch aus. Unabhängig davon ist aber wesentlich, daß eine einstweilige Verfügung ebenso wie ein Urteil grundsätzlich nur unter den Personen wirkt, die an dem gerichtlichen Verfahren beteiligt waren. Es entspricht rechtsstaatlichen Prinzipien, daß eine gerichtliche Entscheidung grundsätzlich nicht gegen den wirkt, der an idem Verfahren nicht teilgenommen hat und daher auf die gerichtliche Entscheidung keinen Einfluß nehmen konnte. Da Herr Bundeskanzler Schmidt an dem Rechtsstreit zwischen Herrn Strauß und Herrn Brandt nicht beteiligt ist, kann in seiner Erklärung keine Verächtlichmachung des Gerichts gesehen werden. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Möller (Lübeck) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3447 Fragen A 24 und 25) : Welche Beweggründe führen die Bundesregierung dazu, die gemeinnützigen Sportvereine bei der Gewährung der Investitionszulage für Investitionen wie Sporthallen, Umkleideräume usw. auszuschließen? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß gerade auch solche Maßnahmen im Rahmen der Investitionszulage gefördert werden sollten? 1. Für Investitionen von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die auf Grund des § 4 Abs. 1 Ziff. 1 bis 10 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit sind, ist die Gewährung einer Investitionszulage zur Konjunkturbelebung gesetzlich ausgeschlossen. Sportvereine, die nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen, sind nach § 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG von der Körperschaftsteuer befreit und können daher die Investitionszulage nicht erhalten. Die Begünstigung wurde auf betriebliche Investitionen solcher Körperschaften beschränkt, die der Körperschaftsteuer unterliegen, um die entstehenden haushaltsmäßigen Belastungen in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Außerdem sollte eine zweifache Gewährung von Vergünstigungen — der Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Ziff. 1 bis 10 KStG Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 11329* und der Investitionszulage nach § 4 b InvZulG — vermieden werden. Unterhalten Sportvereine einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht, so sind sie insoweit steuerpflichtig; für Investitionen eines solchen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs kommt daher die Gewährung einer Investitionszulage in Betracht. 2. Obwohl die Bundesregierung für das Anliegen Verständnis hat, den Bau von Sporthallen usw. zu fördern, kann sie eine Ausweitung des Investitionszulagengesetzes auf steuerbefreite Sportvereine nicht befürworten. Im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz müßten dann auch die Investitionen der übrigen steuerbefreiten Körperschaften, z. B. der Bundesbahn, der Bundespost, der Kirchen usw., begünstigt werden. Die eintretenden Haushaltsbelastungen wären für Bund und Länder nicht tragbar. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3447 Frage A 26) : Inwiefern besteht in den Anzeigen der Bundesregierung zur Steuerreform, die am 20. März 1975 in den Tageszeitungen veröffentlicht wurden, ein sachlicher Zusammenhang zwischen der zum Ausdruck gebrachten Senkung der Einkommensteuer und der erwähnten Gewerbesteuer? Die Änderungen der Gewerbesteuer sind im Gesetz zur Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer vom 17. April 1974 enthalten. Zusammen mit der Reform der Abgabenordnung, der Reform der Körperschaftsteuer und dem Gesetz zur Reform der Einkommensteuer, des Familienlastenausgleichs und der Sparförderung vom 5. August 1974 gehören sie zum Steuerreformprogramm der Bundesregierung. Die Entlastungen bei der Gewerbeertragsteuer ergänzen die mit der Einkommensteuerreform verbundene Entlastung für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen für den gewerblichen Mittelstand und stärken dessen Position im Wettbewerb mit Großunternehmen. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/3447 Frage A 27): Trifft die Meldung einer Bonner Tageszeitung vom 17. März 1975 zu, derzufolge die Bundesrepublik Deutschland seit Jahren rund 800 Millionen DM jährlich zuviel in den Haushalt der Europäischen Gemeinschaft einzahlt, und wenn ja, seit wann ist die Bundesregierung mit welchen Vorschlägen in Brüssel vorstellig geworden, um eine gerechtere Verteilung der Haushaltszuwendungen zu bewirken? Die Meldung, daß die Bundesrepublik jährlich 800 Millionen DM zuviel an den Haushalt der Europäischen Gemeinschaften zahle, trifft nicht zu. Die Bundesrepublik führt vielmehr genau denjenigen Betrag an die Gemeinschaft ab, den sie nach den vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen verpflichtet ist. Nach Auffassung der Bundesregierung müssen diese rechtlichen Bestimmungen allerdings möglichst bald an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse angepaßt werden. Die in der Haushaltsordnung der Gemeinschaften definierte Rechnungseinheit ist noch in Gold bestimmt. Sie gründet sich auf die Verhältnisse zur Zeit fester Wechselkurse, wie sie vor der Einführung des Floatens bestanden haben und wie sie de jure aufgrund der beim Internationalen Währungsfonds gemeldeten offiziellen Paritäten auch heute noch bestehen. Danach hat eine Rechnungseinheit den Gegenwert von 3,66 DM. Inzwischen hat die DM an den Devisenmärkten eine erhebliche de facto-Aufwertung erfahren. Ihr relativer Wert gegenüber den anderen Währungen ist Schritt für Schritt so weit angestiegen, daß heute bei wirtschaftlicher Betrachtung 1 RE bereits mit etwa 3 DM gleichgesetzt werden müßte. Auch hierin dokumentiert sich übrigens auf eindrucksvolle Weise der Erfolg der deutschen Stabilitätspolitik. Kaum eine andere europäische Währung genießt ein solches Vertrauen in ihrem Wert wie die DM. Würde der heutige wirtschaftliche Wert der DM den deutschen Zahlungen an den EG-Haushalt zugrunde gelegt, so könnte — bei unverändertem Haushaltsvolumen der EG — unser finanzieller Beitrag sich in der Tat in einer Größenordnung vermindern, die der in der Anfrage genannten Zahl von 800 Millionen DM für 1975 nahe käme. Die Bundesregierung hat dieses Problem von Anfang an sehr sorgfältig geprüft, dabei war zu berücksichtigen: — Bis März dieses Jahres galt für die Höhe der Agrargarantiepreise in der Bundesrepublik die gleiche Definition der Rechnungseinheit wie für den Haushalt. Die gleichzeitige Berücksichtigung der faktischen DM-Aufwertung in beiden Bereichen würde zwar Einsparungen beim Haushaltsbeitrag, zugleich aber auch Ausgleichsforderungen der deutschen Landwirtschaft aus dem Bundeshaushalt in Milliardenhöhe bedeutet haben. — Die Einführung einer realistischen europäischen Haushalts-RE würde nicht nur zu einer Verminderung des deutschen Haushaltsbeitrages führen, sondern zugleich auch beachtlich höhere Zahlungen anderer EG-Mitgliedstaaten zur Folge haben, deren Währungen einen erheblichen Wertverlust erlitten haben. Die Definition der Haushalts-RE kann nur auf Vorschlag der Kommission durch einstimmigen Beschluß des Rates im Wege der Änderung der EG-Haushaltsordnung modifiziert werden. 11330* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 Am 18. März 1975 hat sich der Rat mit der Frage einer Neudefinition der Rechnungseinheit befaßt. Die Kommission soll eine Neudefinition der Rechnungseinheiten für die verschiedenen Bereiche der EG in Zusammenarbeit mit dem Währungsausschuß prüfen und dem Rat hierzu Vorschläge unterbreiten. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/3447 Frage A 28) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß Landwirte, die bereits in der Zeit vom 1. Dezember bis 31. Dezember 1974 nach dem Gesetz zur Förderung von Investitionen und Beschäftigungen eine Investition vornahmen, wegen des für die Landwirte am 30. Juni 1975 auslaufenden Wirtschaftsjahrs erst in den ersten drei Monaten des Kalenderjahrs 1976 Antrag auf Investitionszulage stellen können, und beabsichtigt die Bundesregierung, zur Vermeidung einer verspäteten Auszahlung, Wege und Möglichkeiten zu suchen, daß schon früher, also noch in diesem Jahr, eine Antragstellung, etwa nach Ablauf eines Wirtschaftsjahrs 1974/1975, möglich ist? Der Antrag auf die Gewährung der Investitionszulage zur Konjunkturbelebung kann erst innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs gestellt werden, in dem das Wirtschaftsjahr der Durchführung begünstigter Investitionen endet. Der Bundesregierung ist bekannt, daß diese Regelung bei Steuerpflichtigen mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr dazu führen kann, daß der Zeitraum zwischen begünstigter Investition und Auszahlung der Investitionszulage länger ist als bei Steuerpflichtigen, deren Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt. Von dieser Regelung sind nicht nur Land- und Forstwirte, sondern alle Steuerpflichtigen betroffen, deren Wirtschaftsjahr nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmt. Eine Gesetzesänderung in dem Sinne, daß die Investitionszulage bereits nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahrs beantragt und ausgezahlt werden kann, vermag die Bundesregierung wegen der damit verbundenen Erschwerung der Verwaltungsarbeit jedoch nicht zu befürworten. Die ohnehin schon überlasteten Finanzämter müßten sonst wegen unterschiedlich abweichender Wirtschaftsjahre das ganze Jahr hindurch Anträge auf Investitionszulage bearbeiten. Dies würde die Erledigung ihrer eigentlichen Aufgabe, die Festsetzung und Einziehung der Steuern, in unvertretbarer Weise beeinträchtigen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Offergeld auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Baier (CDU/CSU) (Drucksache 7/3447 Frage A 31): Ist die Bundesregierung bereit, die Höchstgrenze für die erhöhte Abschreibung nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes, die seit über zehn Jahren nicht mehr angehoben wurde, entsprechend zu erhöhen, um damit der Steigerung des Preisindexes für Wohngebäude konventioneller Bauart von 110,0 auf 200,80 Punkte Rechnung zu tragen? Nach der Baugenehmigungsstatistik für Juni 1974 betragen die reinen Baukosten im Durchschnitt bei Einfamilienhäusern bei einer durchschnittlichen Bruttowohnfläche von 126,8 qm 152 215 DM und bei Zweifamilienhäusern bei einer durchschnittlichen Bruttowohnfläche von 191,7 qm 204 370 DM. Wird die überwiegend eigentumspolitische Zielsetzung des § 7 b Einkommensteuergesetz berücksichtigt, nach der den Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen durch erhöhte Abschreibungen der Erwerb von Wohnungseigentum erleichtert werden soll, dann reichen die geltenden Grenzen für die begünstigten Herstellungskosten in den meisten Fällen aus. Eine Anhebung der Höchstgrenzen für die abschreibungsfähigen Herstellungskosten würde insbesondere aufwendigere Objekte zusätzlich fördern. Dies würde der Zielsetzung der Vorschrift nicht entsprechen und vorrangig den Beziehern hoher Einkommen zugute kommen. Die Bundesregierung sieht deshalb eine Anhebung der Höchstgrenzen der begünstigten Herstellungskosten nicht als erforderlich an. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/3447 Frage A 43) : Wie nimmt die Bundesregierung zu dem in der Öffentlichkeit gemachten Vorschlag Stellung, ausländischen Arbeitnehmern, die jetzt freiwillig in ihre Heimatländer zurückkehren, zuzusagen, daß sie Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsgenehmigung erneut erhalten würden, wenn die konjunkturelle Lage günstiger geworden ist? Die Bundesregierung hat entsprechende Überlegungen bereits vor längerer Zeit im Zusammenhang mit der Fortentwicklung der Ausländerpolitik angestellt, da sie die freiwillige Rückkehr ausländischer Arbeitnehmer in ihre Heimatländer positiv beurteilt. Die Zusage einer bevorzugten Rückvermittlung setzt aber voraus, daß der von der Bundesregierung verhängte Anwerbestopp wieder aufgehoben wird. Hiermit ist auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. Die Bundesregierung hat bei dieser Sachlage bewußt davon abgesehen, zu dieser Frage in der Öffentlichkeit Stellung zu nehmen, um bei den ausländischen Arbeitnehmern keine Hoffnungen zu erwecken, die auf absehbare Zeit nicht erfüllt werden können. Auch sollte kein Zeichen gesetzt werden, das die Presse der Heimatländer veranlassen könnte, irrigerweise auf eine baldige Aufhebung des Anwerbestopps zu schließen. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 11331* Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Fragen des Abgeordneten Ziegler (CDU/CSU) (Drucksache 7/3447 Fragen A 44 und 45) : Trifft die Meldung der „Welt" vom 19. März 1975 zu, der Präsident der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte halte es für möglich, daß der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung gegen Ende dieses Jahrzehnts erhöht werden müsse, und wie vereinbart die Bundesregierung — bejahendenfalls — dies mit ihrer Antwort in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 18. März 1975, bis 1988 seien keine Erhöhungen des derzeitigen Beitragssatzes vorgesehen? Treffen Meldungen zu, die Landesversicherungsanstalten müßten mit einem gegenüber den Vorausschätzungen zweieinhalbmal so hohen Defizit von 9 Milliarden DM rechnen, was bei der ausgleichspflichtigen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu einem Abschluß mit roten Zahlen führen könne, und welche Schlußfolgerungen zieht — bejahendenfalls — die Bundesregierung hieraus? Auf Wunsch des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages hat die Bundesregierung die Vorausberechnung des Rentenanpassungsberichts 1975 aktualisiert. Die neue Vorausberechnung berücksichtigt die tatsächliche Entwicklung der Einnahmen, der Ausgaben und des Vermögens der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten im Jahre 1974. Festzuhalten ist, daß der 1974 tatsächlich erzielte Überschuß um 1,4 Milliarden DM höher ist als von der Bundesregierung im Rentenanpassungsbericht 1975 unter äußerst vorsichtigen Annahmen vorausgeschätzt wurde. Weiterhin berücksichtigt die neue Vorausberechnung die von der Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht gesetzten Daten: — Zuwachs der Entgelte 1975 rund 9 v. H. (statt 10,1 v. H. im Rentenanpassungsbericht 1975) — Arbeitslosenquote 1975 rund 3 v. H. (statt 1,5 v. H. im Rentenanpassungsbericht 1975). Nach der neuen Rechnung wird am Ende des Vorausschätzungszeitraums im Jahre 1988 die Rücklage 3,3 Monatsausgaben, also 0,1 Monatsausgaben mehr als nach dem Rentenanpassungsbericht 1975, betragen. Zusammenfassend stelle ich folgendes fest: Die Rentenfinanzen sind solide. Eine Beitragssatzerhöhung ist nicht erforderlich. Auch in den vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger herausgegebenen VDR-Informationen (Nr. 175 vom März dieses Jahres) wird ausdrücklich festgestellt, daß die Finanzlage der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten bis in die 80er Jahre gesichert ist. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken: Die Arbeiterrentenversicherung wird in diesem Jahr kein Defizit in der von Ihnen genannten Größenordnung haben, sondern einen Überschuß von 600 Millionen DM erzielen. Bei den in verschiedenen Pressemeldungen fälschlicherweise genannten 9 Milliarden DM handelt es sich nicht um ein Defizit der Arbeiterrentenversicherung, sondern um die schon 1969 gesetzlich festgelegten Zahlungen eines Finanzausgleichs zwischen den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten, der zur Aufrechterhaltung einer anteilig gleichen Vermögensrücklage erforderlich ist. Nach den neuesten Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung wird der Finanzausgleich 1975 nur rund 5 Milliarden DM betragen. Der Angestelltenversicherung wird auch nach Zahlung dieses Finanzausgleichs ein Überschuß von 3 Milliarden DM verbleiben. Von „roten Zahlen" oder gar „Milliarden-Defiziten" kann also keine Rede sein. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Peter (SPD) (Drucksache 7/3447 Fragen A 47 und 48) : Wie viele Rentenbezieher hatte die Bundesknappschaft am 31. Dezember 1968 und am 31. Dezember 1974, und wie viele davon wohnten zum jeweiligen Zeitpunkt im Saarland? Wie hoch war das Beitragsaufkommen der Bundesknappschaft auf die einzelnen Jahre seit 1969 aufgeteilt, bzw. wie hoch sind die von der Bundesregierung seit diesem Zeitpunkt gezahlten jährlichen Zuschüsse an die Bundesknappschaft? Die Anzahl den Rentenempfänger — einschließlich der Empfänger von Knappschaftsausgleichsleistung — der Bundesknappschaft betrug am 31. Dezember 1968 insgesamt rd. 743 000 und am 31. Dezember 1974 insgesamt 746 000. Im Saarland gab es am 31. Dezember 1968 insgesamt rd. 77 400 und am 31. Dezember 1974 insgesamt rd. 75 400 Rentenempfänger. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich zunächst darauf hinweisen, daß die Beiträge und die Bundeszuschüsse zur knappschaftlichen Rentenversicherung im Rentenanpassungsbericht 1975 — das ist die Drucksache 7/2721 — in der Übersicht 36 dargestellt sind. Die Beitragseinnahmen betrugen 1969 1,030 Mrd. DM 1970 1,230 Mrd. DM 1971 1,353 Mrd. DM 1972 1,350 Mrd. DM 1973 1,420 Mrd. DM Die Bundeszuschüsse gem. § 128 RKG betrugen 1969 3,294 Mrd. DM 1970 3,406 Mrd. DM 1971 3,642 Mrd. DM 1972 4,119 Mrd. DM 1973 4,377 Mrd. DM Nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen der Bundesknappschaft betrugen im Jahre 1974 die Beitragseinnahmen 1,030 Mrd. DM, der Bundeszuschuß 4,854 Mrd. DM. 11332* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. April 1975 Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/CSU) (Drucksache 7/3447 Frage A 54) : Hält die Bundesregierung es für richtig, daß Zeitungen, die eindeutig gegen die Bundeswehr und die Aufrechterhaltung der Verteidigungsbereitschaft gerichtet sind, auf das Kasernengelände verbracht werden dürfen? Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß ich Ihre allgemein gehaltene Frage nur allgemein zu beantworten vermag. Die Verbreitung von allgemein zugänglichen Zeitungen wird auch im Bereich der Bundeswehr durch Art. 5 GG grundsätzlich gewährleistet. Geschützt sind auch Zeitungen, die kritische oder ablehnende Äußerungen enthalten. Selbstverständlich bergen Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit die Möglichkeit in sich, mit anderen vom Grundgesetz geschützten Werten in Konflikt zu geraten; derartige Konflikte sind aber an der allgemeinen Rechtsordnung zu messen. Die Verbreitung von Presseerzeugnissen jedoch, deren Inhalt eindeutig gegen bestehende Strafvorschriften verstoßen oder nach Inhalt und Form mit dem verfassungsrechtlichen Auftrag der Bundeswehr unvereinbar sind, könnte in Kasernen unterbunden werden. Voraussetzung wäre jedoch ein eingehende Prüfung im Einzelfall. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Schmidt auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 3447 Frage A 55) : Wann ist mit der Fertigstellung der Wirkungsanalyse über die politische Bildung in den Streitkräften zu rechnen, die der Beirat für Fragen der inneren Führung zusammen mit dem Bundesverteidigungsministerium durchführt? Die Wirkungsanalyse über die politische Bildung ist vom Beirat für Fragen der Inneren Führung angeregt und vom Bundesministerium der Verteidigung am 29. Oktober 1974 angeordnet worden. Mit der Durchführung wurde die Wehrpsychologische Arbeitsgruppe im Streitkräfteamt, dem früheren Bundeswehramt, beauftragt. Das Endergebnis der Untersuchung wird zwischen Juli und November 1977 vorliegen. Die Dauer der Untersuchung ist u. a. dadurch bedingt, daß wehrpflichtige Soldaten zu Beginn und am Ende der Dienstzeit, also in mehr als einem Jahr Abstand, befragt werden müssen. Ein Zwischenbericht über eine Befragung von Einheitsführern wird zwischen Mai und Oktober 1976 vorliegen.
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716100000
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um die Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung über die humanitären Anstrengungen der Bundesrepublik Deutschland für Vietnam erweitert werden. — Das Haus ist damit einverstanden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Die Regierungserklärung wird im Anschluß an die Fragestunde aufgerufen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Präsident der Monopolverwaltung für Branntwein Berlin hat am 13. März 1975 gemäß den §§ 6 und 9 des Gesetzes über das Branntweinmonopol den
Geschäftsbericht der Monopolverwaltung für Branntwein Berlin und die Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für das Geschäftsjahr 1973/74 (1. Oktober 1973 bis 30. September 1974)

übersandt. Der Bericht wird als Drucksache 7/3418 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 19. März 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Büchner (Speyer), Collet, Metzger, Dr. Müller-Emmert, Dr. Penner, Scheffler, Wende, Wrede, Dr. Schmitt-Vockenhausen, Schirmer, Mischnick, Schmidt (Kempten) und der Fraktionen der SPD, FDP betr. sportmedizinische Betreuung der Spitzensportler — Drucksache 7/2984 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3412 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 25. März 1975 im Einvernehmen mit derer Auswärtigen Amt sowie den Bundesministern für Wirtschaft, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung, für Jugend, Familie und Gesundheit und für Bildung und Wissenschaft die Kleine Anfrage der Abgeordneten Freiherr von Fircks, Dr. Czaja, Dr. Wittmann (München), Dr. Hupka, Sauer (Salzgitter), Becher (Pullach), Dr. Hauser (Sasbach), Josten und der Fraktion der CDU/CSU betr. Eingliederung der Aussiedler — Drucksache 7/2920 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3420 verteilt.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 25. März 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pfeifer, Dr. Hornhues, Dr. Waigel, Dr. Gölter, Dr. Probst, Dr. Schäuble, Frau Benedix, Dr.-Ing. Oldenstädt, Dr. Fuchs, Hussing, Schmidt (Wuppertal), Dr. Klein (Göttingen), Franke (Osnabrück), Nordlohne und der Fraktion der CDU/CSU betr. Hochschulpolitik unter einseitigem Vorzeichen — Drucksache 7/3260 — beantwortet, Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3422 verteilt.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 24. März 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Pfeffermann, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Dr. Gölter, Roser, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Weber (Heidelberg) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Forschungsvorhaben, Studien und Gutachten im Bereich Bildungsplanung und Hochschulen — Drucksache 7/3326 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3423 verteilt.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 26. März 1975 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pfeifer, Dr. Gölter, Frau Benedix, Köster, Dr. Klein (Stolberg), Dr. Fuchs, Dr. Schäuble, Dr.-Ing. Oldenstädt, Hauser (Krefeld), Dr. hornhues, Hussing, Schmidt (Wuppertal) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Abstimmung von Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrplänen für den Berufsschulunterricht — Drucksache 7/3369 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3424 verteilt.
Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 26. März 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Pfeffermann, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Roser, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Weber (Heidelberg) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung — Drucksache 7/3325 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3443 verteilt.
Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 2. April 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen), Frau Dr. Walz, Benz, Dr. Hupka, Dr. Zimmermann, Wohlrabe und der Fraktion der CDU/CSU betr. Kabelfernsehen — Drucksache 7/3329 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3446 verteilt.
Der Bundesminister der Verteidigung hat mit Schreiben vom 3. April 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Wörner, Ernesti, Handlos, de Terra, Biehle, Eilers (Wilhelmshaven), Graf Stauffenberg, Kiechle, Dr. Kraske, Stahlberg, Damm, Gierenstein, Löher, Dr. Waffenschmidt, Dr. Marx, Frau Tübler, Rommerskirchen und Genossen betr. Erstverpflichtungsstopp bei Wehrpflichtigen -- Drucksache 7/3401 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3449 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 21. März 1975 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Dollinger, Schröder (Lüneburg), Schmidhuber, Dr. von Bismarck, Spilker und der Fraktion der CDU/CSU betr. Verteilung von Aufsichtsratsmandaten beim industriellen Bundesvermögen — Drucksache 7/3361 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/3451 verteilt.
Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 24. März 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Pfeffermann, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Roser, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Weber (Heidelberg) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Prüfung von Forschungszuwendungen im Bereich technologischer Forschung und Entwicklung des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 7/3327 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3444 verteilt.
Wir können damit in die Tagesordnung eintreten. Ich rufe Punkt 1 auf:
Fragestunde
— Drucksache 7/3447 —
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, daß wir auch in dieser Woche zwei Fragestunden, abweichend von den Richtlinien für die Fragestunde mit einer jeweiligen Dauer von 90 Minuten, durchführen. Gemäß § 127 unserer Geschäftsordnung muß diese Abweichung von der Geschäftsordnung beschlossen werden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen, und wir können in die Fragestunde eintreten.
Der Herr Abgeordnete Eigen hat die von ihm zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eingereichten Fragen 1 und 2 zurückgezogen.
Zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft hatte Herr Abgeordneter



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Rollmann eine Frage — Nr. 3 — eingebracht. Der
Herr Fragesteller hat um schriftliche Beantwortung
gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Holtz hat ebenfalls um schriftliche Beantwortung der von ihm zum Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit eingereichten Fragen 4 und 5 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Schmude zur Verfügung. Die erste Frage — Frage 6 — ist von dem Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt eingebracht worden:
Besteht für einen Bundesbeamten des mittleren Dienstes nach geltendem Recht unter Verzicht auf das in § 26 der Bundeslaufbahnverordnung vorgesehene Verfahren eine Möglichkeit, zur Laufbahn des gehobenen Dienstes zugelassen zu werden, und hält die Bundesregierung andernfalls eine Neuregelung des Laufbahnrechts für erforderlich, die den Fachhochschulabschluß eines Beamten des mittleren Dienstes als ausreichende Voraussetzung für den Aufstieg in den gehobenen Dienst festlegt, sofern das Studium in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der dienstlich ausgeübten Tätigkeit steht?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716100100
Herr Kollege Sieglerschmidt, Neuregelungen des Aufstiegs im Zusammenhang mit der Einführung der Fachhochschulausbildung für den gehobenen Dienst werden zur Zeit in Bund und Ländern erörtert. Der künftige regelmäßige Aufstieg wird über die Ausbildung im Studiengang einer Fachhochschule mit dem Fachhochschulabschluß zugleich die Laufbahnbefähigung vermitteln. Daneben soll aber auch künftig ein besonderer Aufstieg möglich sein, bei dem die Befähigung auf Grund einer Einführung in die Aufgaben der neuen Laufbahn durch den Bundespersonalausschuß festgestellt wird. Ein Fachhochschulabschluß, der nicht schon der Laufbahnbefähigung entspricht, wird bei der Aufstiegsausbildung durch Anrechnung und beim besonderen Aufstieg in vergleichbarer Weise berücksichtigt werden können.
Wie bisher sollen beide Aufstiegsverfahren eine Bewerberauslese zur Voraussetzung haben. Bewerber zu den Laufbahnen können nur im Rahmen der verfügbaren Planstellen zugelassen werden. Aufstiegs- und Einstiegsbewerber müssen im Leistungswettbewerb miteinander konkurrieren. Auch wer außerhalb der laufbahnrechtlichen Regelungen einen Fachhochschulabschluß erworben hat, kann für den Aufstieg nicht von dem Auswahlverfahren ausgenommen werden, denn für den Aufstieg kommt es maßgeblich auf die dienstliche Eignung, Leistung und Bewährung an.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716100200
Zusatzfrage, Herr Kollege.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0716100300
Herr Staatssekretär, kann ich davon ausgehen, daß die Bundesregierung bzw. der Bundesminister des Innern bei den Beratungen, von denen Sie gesprochen haben, eine Lösung anvisieren, die nicht nur, aber auch im Sinne der von mir angeschnittenen Frage liegt, d. h., daß nicht nur bei dem im Rahmen der normalen Laufbahn liegenden Fachhochschulabschluß, sondern auch bei einem auf sonstige Weise erworbenen Fachhochschulabschluß im Gegensatz zur jetzigen Regelung eine reelle Möglichkeit besteht, in die gehobene Laufbahn aufzusteigen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716100400
Die reelle Möglichkeit zum Aufstieg in die Laufbahn des gehobenen Dienstes besteht schon jetzt, Herr Kollege Sieglerschmidt. Ein Fachhochschulabschluß, der nicht unmittelbar laufbahnbezogen ist, aber, wie es in Ihrer Frage heißt, „in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit der dienstlich ausgeübten Tätigkeit steht", wird sich bei der Feststellung durch den Bundespersonalausschuß als sehr positiv auswirken. Freilich kann er den regulär vorgesehenen Fachhochschulabschluß nicht unmittelbar ersetzen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716100500
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
'Sieglerschmidt (SPD) : Herr Staatssekretär, bei der jetzigen Regelung ist es doch so, daß zusätzlich zu der Fachhochschulausbildung, der sich in dem Fall, den ich im Auge habe, ein Beamter neben seinem Beruf am Abend verdienstvollerweise noch unterzieht, der Vorbereitungsdienst gefordert wird. Würden Sie sagen, daß das in Zukunft so bleiben muß?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716100600
Herr Kollege Sieglerschmidt, ich habe versucht, deutlich zu machen, daß für die Zukunft der Studiengang einer Fachhochschule als normaler Weg für den Einstieg in den gehobenen Dienst vorgesehen wird. Wer diesen Weg nicht geht, wird auch in Zukunft weitere Voraussetzungen erbringen müssen, etwa dienstliche Eignung, Leistung und Bewährung bzw. die Einführung. Im Rahmen der Prüfung dieser Merkmale kann und wird ein sonstiger Fachhochschulabschluß durchaus positiv berücksichtigt werden. Er kann aber den regulär vorgeschriebenen Abschluß nicht ersetzen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716100700
Die Frage 7 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen) auf:
Wann gedenkt die Bundesregierung ihre vielfachen Ankündigungen wahrzumachen und wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen zugunsten der Presse zu ergreifen, nachdem die von der Presse verlangten Daten nunmehr seit mehr als einem Monat vorliegen?
Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716100800
Herr Präsident, Herr Kollege, ich wäre dankbar, wenn ich die Fragen 8 und 9 gemeinsam beantworten könnte.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716100900
Ich habe das gerade auch schon überlegt. Der Herr Fragesteller, Herr Staatssekretär, ist einverstanden. Ich rufe daher auch die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen) auf:
In welchem Stadium befinden sich die diesbezüglichen Planungen der Bundesregierung, wie sehen sie aus, und welches finanzielle Volumen ist für die vorgesehenen Maßnahmen in Aussicht genommen?
Bitte!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716101000
Herr Kollege Klein, die Bundesregierung hat bereits am 30. April 1974 auf Vorschlag des von ihr eingesetzten Staatssekretärausschusses das Mittelstandsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Höhe von bis zu 100 Millionen DM zugunsten der Presse geöffnet und das ERP-Hilfsprogramm für die Presse finanziell und sachlich erheblich erweitert.
Darüber hinausgehende Hilfsmaßnahmen hat die Bundesregierung vom Ergebnis aussagefähigen und zuverlässig geprüften Zahlenmaterials der Verleger abhängig gemacht. Dieses Zahlenmaterial ist der Bundesregierung mit vierwöchiger Verspätung am 28. Februar dieses Jahres übergeben worden. Den Bericht des Wirtschaftsprüfers hat die Bundesregierung am 7. April dieses Jahres, also vorgestern, erhalten.
Somit sind erst jetzt die von der Bundesregierung geforderten Voraussetzungen zur abschließenden Beurteilung des Materials gegeben. Die jetzt vorliegenden umfangreichen statistischen Angaben werden so schnell wie irgend möglich ausgewertet. Der vom Bundeskabinett eingesetzte Staatssekretärausschuß zur Untersuchung der wirtschaftlichen Situation der Zeitungsverlage wird dem Kabinett nach Vorliegen der Auswertung des umfangreichen Zahlenmaterials einen Vorschlag unterbreiten.
Eine konkrete Aussage darüber, welche Maßnahmen im einzelnen zu treffen wären und wie hoch das finanzielle Volumen angesetzt werden müßte, kann vernünftigerweise erst nach Auswertung der vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger übergebenen Daten erfolgen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716101100
Zusatzfrage, Herr Kollege.

Prof. Dr. Hans Hugo Klein (CDU):
Rede ID: ID0716101200
Herr Staatssekretär, wie steht die Bundesregierung zu der Äußerung des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Glotz, die, wenn ich mich recht erinnere, im „Funk-Report" erschienen ist, in der er sinngemäß sagt, für eine Subventionierung von Zeitungen sei zur Zeit kein Geld da?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716101300
Herr Kollege, diese Aussage ist mir nicht bekannt. Die Folgerungen, die Sie in Frageform daraus ziehen, vermag ich für die Bundesregierung nicht zu übernehmen. Das ergibt sich aus der Antwort, die ich Ihnen auf Ihre Fragen erteilt habe.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716101400
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage. Bitte!

Prof. Dr. Hans Hugo Klein (CDU):
Rede ID: ID0716101500
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die von der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen jetzt neuerdings angekündigte Initiative im Bundesrat, die unter anderem auch zum Ziel hat, der Presse steuerliche Erleichterungen zu verschaffen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716101600
Herr Kollege Klein, dies wird geprüft werden, sobald eine Veranlassung durch den Verfahrensstand im Bundesrat dafür gegeben ist. Ich nehme an, daß etwa gleichzeitig auch bei der Bundesregierung konkretere Vorstellungen bestehen werden, die dann mit in diesen Prüfungsprozeß eingebracht werden können.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716101700
Eine weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr. Hans Hugo Klein (CDU):
Rede ID: ID0716101800
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Meinung des Wirtschaftsministers des Landes Nordrhein-Westfalen, der vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger vorgeschlagene Solidaritätsfonds sei „ein gutes Zeichen dafür, daß das Selbsthilfepotential der deutschen Zeitungen beachtlich" und daß dieser Fonds „ein wichtiges Element bei der Konstruktion von Hilfsmaßnahmen" sei?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716101900
Herr Kollege, diese Frage liegt am Rande des geforderten unmittelbaren Zusammenhangs.
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716102000
Natürlich, Herr Kollege, wird die Bundesregierung jegliche Selbsthilfemaßnahmen, die im Bereich der Zeitungsverlage ergriffen werden, als wertvolle Unterstützung ihrer eigenen Vorstellungen empfinden. Ich bin aber, wie ich schon in meiner ersten Antwort deutlich gemacht habe, nicht in der Lage, hier jetzt schon konkret zu sagen, wie bestimmte Einzelvorhaben gewürdigt werden und ob sie etwa mit den Absichten der Bundesregierung übereinstimmen oder nicht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716102100
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Sieglerschmidt.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0716102200
Herr Staatssekretär, Sie sprachen davon, daß sich die Übergabe der Daten um vier Wochen verzögert habe. Trifft es nicht zu, daß dieser Übergabe der Daten Verhandlungen mit dem Zeitungsverlegerverband von etwa einem Jahr vorangegangen sind, in denen sehr mühselig darüber verhandelt werden mußte, daß diese Daten schließlich geliefert wurden, und kann man daraus nicht die Schlußfolgerung ziehen, daß das vom Bundestag verabschiedete Pressestatistikgesetz in der Tat sehr notwendig gewesen ist?




Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716102300
Herr Kollege Sieglerschmidt, über die Notwendigkeit des Pressestatistikgesetzes ist in der Debatte hierzu von meinem Kollegen Baum einiges sehr nachdrücklich dargelegt worden. Im übrigen habe ich mich in der Tat darauf beschränkt, die vierwöchige Verzögerung zu nennen, die über den vorgesehenen Januar-Termin für die Vorlage dieser Daten hinaus eingetreten ist. Die ganze Vorgeschichte, auf die Sie mit Recht verweisen, habe ich dabei nicht angesprochen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716102400
Noch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0716102500
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht auch meine Sorge, daß sich die nun seit Jahren angekündigten Hilfsmaßnahmen für die Presseverleger weiterhin so weit verzögern werden, daß Hilfe in vielen Fällen, in denen geholfen werden müßte, zu spät kommen würde?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716102600
Herr Kollege Müller-Hermann, die Bundesregierung hat wiederholt deutlich gemacht, daß sie die Entwicklung ebenfalls mit Sorge betrachtet und daß sie es für geboten hält, mit großer Beschleunigung an die Vorbereitung von Hilfsmaßnahmen zu gehen. Unter anderem deshalb habe ich vorhin erklärt, daß diese Daten, die uns mit dem Wirtschaftsprüfertestat je erst seit vorgestern vorliegen, nun schnellstmöglich ausgewertet werden, um dann Grundlage eines Konzepts zu sein.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716102700
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Windelen auf
Hat der WDR freie oder fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt, die z. Z. als mutmaßliche Mitglieder oder Helfershelfer terroristischer krimineller Vereinigungen gesucht werden oder in Haft befindlich sind?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716102800
Auch hier, Herr Präsident, Herr Kollege, wäre ich dankbar, wenn ich die Fragen bei der Beantwortung zusammenfassen dürfte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716102900
Herr Staatssekretär, der Herr Fragesteller ist offensichtlich einverstanden. Ich rufe also noch die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Windelen auf:
Trifft die Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Schmude in der Fragestunde vom 18. März 1975 zu, daß die nach Pressemeldungen gegen 32 Mitarbeiter des WDR geführten Vorermittlungen — abgesehen von den sieben Fällen, die zu ordentlichen Ermittlungsverfahren geführt haben — „schon im Vorermittlungsstadium geklärt sind"?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716103000
Herr Kollege Windelen, nach den beim Bundesminister des Innern vorliegenden Erkenntnissen gehören zu denjenigen Personen, die als mutmaßliche Mitglieder oder Helfershelfer terroristisch-krimineller Vereinigungen gesucht werden oder sich in Haft befinden, keine freien oder fest angestellten Mitarbeiter des WDR.
Ich benutze die Gelegenheit Ihrer zweiten Frage, um meine Aussage in der Fragestunde am 18. März 1975 durch die Mitteilung zu ergänzen, daß neben den erwähnten Ermittlungsverfahren gegen sieben Personen ein Strafverfahren gegen eine achte Person — aus der Zusammenstellung dieser Personen — anhängig gewesen ist und bereits Ende 1973 zu einer Verurteilung zu Freiheitsstrafe geführt hat. Bei einer erneuten eingehenden Überprüfung des Vorgangs habe ich das jetzt festgestellt. Die Zahl der übrigen in der Zusammenstellung genannten Personen habe ich nicht genannt und bin aus den in der vorigen Fragestunde dargelegten Gründen auch jetzt dazu nicht bereit. Jedenfalls trifft es zu, daß es in allen diesen Fällen mangels irgendwelcher Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten zu Ermittlungsverfahren gar nicht gekommen ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716103100
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0716103200
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen: Wie bewerten Sie die Beschäftigung derartiger krimineller oder verfassungsfeindlicher Kräfte in einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716103300
Herr Kollege Windelen, Sie nehmen mit Ihrer Zusatzfrage eine Beurteilung vor, die von vornherein allenfalls für die acht Fälle in Betracht gekommen ist — also jene sieben Ermittlungsverfahren und dieses eine Strafverfahren —, bei denen an strafrechtliches Verhalten und an Strafverfolgung zu denken war. Die übrigen Fälle — das sagte ich schon — weisen Bezugspunkte so loser Art auf, daß der Verdacht einer Strafbarkeit von vornherein nicht gegeben war.
Zu den sieben Ermittlungsverfahren kann ich Ihnen im übrigen sagen, daß von diesen drei eingestellt sind, drei noch anhängig sind und eines mit einer Geldstrafe geendet hat. Insgesamt gibt es also drei noch anhängige Ermittlungsverfahren und zwei Fälle, in denen eine Bestrafung erfolgt ist. Dabei sollten Sie berücksichtigen, daß in dieser Zusammenstellung, von der wir hier reden, nicht nur feste Mitarbeiter des WDR — der WDR hat zur Zeit etwa 3 300 davon: sie sind durch Ermittlungsverfahren überhaupt nicht betroffen — verzeichnet sind, sondern auch freie Mitarbeiter, und zwar nicht nur regelmäßig tätige freie Mitarbeiter — dies sind, wie ich mir habe sagen lassen, zur Zeit 500 , sondern auch Gelegenheitsmitarbeiter. Die Zahl dieser Gelegenheitsmitarbeiter beträgt weit über 10 000 in einem Jahr. Außerdem sind auch noch Familienangehörige solcher Personen hier mit tangiert.
Sie haben es also, wenn man alle zusammenfaßt, mit einem Kreis von mehreren zigtausend Personen zu tun, die hier in Betracht kommen. Diesem Kreis stehen zwei Verurteilungen und drei noch anhängige Ermittlungsverfahren gegenüber. Ich glaube, daß



Parl. Staatssekretär Dr. Schmude
dieser Vorgang keinerlei negative Bewertung im Hinblick auf den WDR zuläßt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716103400
Eine weitere Zusatzfrage.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0716103500
Herr Staatssekretär, ich möchte die Frage noch einmal wiederholen und sie ausdrücklich auf jene Fälle beschränken, in denen Ermittlungsverfahren laufen bzw. abgeschlossen sind. Ich habe Sie nach Ihrer Bewertung der Beschäftigung derartiger Mitarbeiter — seien es nun freie oder feste Mitarbeiter — in einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt gefragt.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716103600
Herr Kollege Windelen, Sie müßten dabei weiterhin berücksichtigen, daß die Beschäftigung als gelegentliche freie Mitarbeiter zu einer Zeit erfolgt ist, in der die Tatsache der Verurteilung oder des Ermittlungsverfahrens noch gar nicht bekannt war, so daß also auch insoweit eine Bewertung nicht möglich ist. Auf Grund dieser Vorgänge können Sie die Personalpolitik oder die Beschäftigungspolitik des WDR nicht negativ beurteilen.
Im übrigen hielte ich es in der Tat für rechtsstaatlich bedenklich, wenn aus der Tatsache eines anhängigen Ermittlungsverfahrens bereits die Folgerung gezogen würde, jemandem die Chance einer Beschäftigung zu versagen. Es hat sich gezeigt, daß die Ermittlungsverfahren in einer Reihe von Fällen eingestellt worden sind, den Betroffenen also kein strafrechtlicher Vorwurf zu machen ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716103700
Eine weitere Zusatzfrage.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0716103800
In der von mir eingebrachten Frage 11 geht es darum, ob Ihre Aussage vom 18. März zutrifft. Anknüpfend an Ihre Antwort, die Sie heute gegeben haben, möchte ich Sie fragen, Herr Staatssekretär: Heißt das, es besteht zwar in weiteren Fällen noch Verdacht auf strafbare Handlungen, die Beweise reichen jedoch zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht aus?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716103900
Nein. Ich bin dankbar für diese Frage, weil sie mir Gelegenheit gibt, das noch einmal klarzustellen. Das heißt, daß in den weiteren Fällen nicht einmal der Verdacht eines strafbaren Verhaltens besteht, weil die Betreffenden nach Art der Bezugspunkte von vornherein nicht für einen strafrechtlichen Verdacht in Betracht kamen. Insofern war es auch keine Entscheidung — wie man so schön sagt — mangels Beweises, daß Ermittlungsverfahren nicht eingeleitet wurden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716104000
Herr Kollege Windelen, Sie wünschen keine weitere Zusatzfrage zu stellen.
Zu einer Zusatzfrage gebe ich jetzt zunächst einmal dem Herrn Abgeordneten Dr. Dübber das Wort.

Dr. Ulrich Dübber (SPD):
Rede ID: ID0716104100
Herr Staatssekretär, halten Sie es in Anbetracht der Tatsache, daß die Erörterung von Staatsschutzangelegenheiten dann, wenn sie öffentlich geschieht, dem Staat nicht nützt, sondern ihm schadet, nicht für seltsam, daß Herr Windelen seine Fragen im Bundestag anstatt im Verwaltungsrat des Westdeutschen Rundfunks, dem er angehört, stellt?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716104200
Herr Kollege Dübber, auf die Möglichkeit, im Verwaltungsrat des Westdeutschen Rundfunks nähere Erkundigungen einzuziehen, hat in der letzten Fragestunde schon der Herr Kollege Dr. Mende hingewiesen. Ich möchte mich in dieser Hinsicht jeder Bewertung enthalten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716104300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0716104400
Herr Staatssekretär, halten Sie es für gerechtfertigt, daß hier auf Grund weniger Einzelfälle doch sehr pauschale Verdächtigungen gegen Mitarbeiter des WDR erhoben werden? Halten Sie dies für gerechtfertigter, als z. B. pauschale Verdächtigungen gegen den ganzen Deutschen Bundestag zu erheben, weil es hier auf allen Seiten des Hauses gelegentlich auch einmal Spionagefälle gegeben hat?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716104500
Herr Kollege, ich bitte Sie, keine bewertenden Zusatzfragen zu stellen.
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716104600
Herr Kollege Sieglerschmidt, ich möchte mich einer allgemeinen Bewertung der Erörterung dieser Fragen hier enthalten. Was aber die Einzelheiten anbelangt, so habe ich vorhin in der Tat deutlich gemacht, daß die Fälle, in denen ein strafbares Verhalten nachgewiesen worden ist oder in denen ein entsprechender Verdacht noch nicht geklärt ist, keine Möglichkeit bieten, allgemeine negative Bewertungen in bezug auf den WDR herzuleiten. Ich teile in der Tat Ihre Besorgnis, daß, wenn man aus solchen Fällen schon derartige Bewertungen herleiten würde, auch andere Institutionen sehr leicht in die Gefahr geraten könnten, Schaden zu nehmen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716104700
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Breidbach.

Ferdinand Breidbach (CDU):
Rede ID: ID0716104800
Herr Staatssekretär, würden Sie diese Ihre zuletzt gemachte Aussage aufrechterhalten, daß bei zwei schon Verurteilten, bei drei laufenden und bei drei abgeschlossenen Ermittlungsverfahren eine Bewertung noch nicht möglich sei, wenn ich Sie frage, von welcher ungefähren Zahl an man nach Ihrer Meinung bewerten könne, wenn solche Fälle in Staatsschutzangelegenheiten bei einer öffentlich-rechtlichen Anstalt vorkommen?




Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716104900
Ich habe, Herr Kollege Breidbach — daran darf ich erinnern —, zweierlei deutlich gemacht: einmal, daß die Beschäftigungsverhältnisse der hier betroffenen Personen zum Teil lange zurückliegen, zum Teil vor einem Verdacht, der gegen sie erhoben worden ist, liegen, zum anderen, daß der Personenkreis, der insgesamt in dieser Art Beziehungen zum WDR steht — nämlich einschließlich Familienangehöriger und Gelegenheitsmitarbeiter —, mehrere zigtausend umfaßt. Angesichts dieser Dimension bin ich in der Tat der Meinung, daß aus den vorliegenden Fällen keinerlei negative Bewertungsfolge zu ziehen ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716105000
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Miltner.

Dr. Karl Miltner (CDU):
Rede ID: ID0716105100
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit und in der Lage, eine kurze Sachverhaltsangabe — ohne Namensnennung — zu den Ermittlungsverfahren zu machen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716105200
Eine Sachverhaltsangabe?

Dr. Karl Miltner (CDU):
Rede ID: ID0716105300
Welcher Sachverhalt diesen Ermittlungsverfahren zugrunde liegt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716105400
Herr Kollege, ich fürchte, daß ich diese Zusatzfrage im Hinblick auf die gestellten Fragen nicht zulassen kann.
Ich lasse eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen zu.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0716105500
Herr Staatssekretär, können Sie den bei mir aufgetauchten Eindruck verstehen, daß die hier gestellten Fragen nur dazu dienen, die Ungeheuerlichkeit zu vertuschen, daß man auf Grund der von Ihnen als unzureichend gekennzeichneten Tatsachen eine ganze öffentliche Rundfunkanstalt als „Rotfunk" diffamiert?

(Dr. Czaja [CDU/CSU] : Das war keine Zusatzfrage!)


Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716105600
Sie werden mir erlauben, Herr Kollege Hansen, daß ich Ihnen bestätige, daß ich Sie verstehe, ohne hier gleichzeitig irgendein Werturteil auszusprechen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716105700
Ich rufe jetzt die nächste Zusatzfrage auf. Dann besteht die Möglichkeit, noch einige Zusatzfragen zu diesem Komplex zuzulassen.
Ich rufe die Frage 12 des Abgeordneten Breidbach auf:
Wie viele Verfahren gegen Mitarbeiter des WDR im Zusammenhang mit linksextremistischen Gruppierungen sind insgesamt im Vorermittlungsstadium eingestellt worden?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716105800
Ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen des Abgeordneten Breidbach zusammen beantworten könnte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716105900
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also auch die Frage 13 des Abgeordneten Breidbach auf:
Sind den zuständigen Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen, bei denen sich der Intendant des WDR laut Presseerklärung vom 4. März 1975 Gewißheit verschafft hat, daß Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des WDR in dem von „Welt" und „Bild" genannten Zusammenhang nicht eingeleitet worden seien, entsprechende Erkenntnisse des Bundeskriminalamts bekannt gewesen oder sind diese vor Auskunftserteilung angefordert worden?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716106000
In der Fragestunde am 18. März 1975 habe ich in der Antwort auf eine Frage des Kollegen Windelen ausgeführt, daß es eine zwei Jahre alte Zusammenstellung von Bezugspunkten jeglicher Art zwischen Beschäftigten und freien Mitarbeitern des WDR und anarchistischen Gruppierungen gibt. Ergänzend bemerke ich, daß es sich zum Teil um Familienangehörige handelt, die selbst keine Beziehungen zum WDR haben oder hatten.
Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß in der Zusammenstellung als Bezugspunkte auch rein zufällige Vorgänge und solche Sachverhalte dargestellt sind, die offensichtlich keinen Anlaß für die Annahme eines strafbaren Verhaltens der betreffenden Personen geben. Angesichts dieser Qualität der Bezugspunkte gilt nach wie vor, daß die Mitteilung der Anzahl dieser dem Bundesminister des Innern seit zwei Jahren als strafrechtlich unerheblich bekannten Fälle Mißdeutungen Vorschub leisten würde und deshalb nicht zu vertreten ist.
Die zuständigen Sicherheitsbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen kennen den Inhalt der erwähnten Zusammenstellung. Mir ist allerdings nicht bekannt, bei welchen Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen der Intendant des WDR Auskünfte dazu eingeholt hat.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716106100
Zusatzfrage.

Ferdinand Breidbach (CDU):
Rede ID: ID0716106200
Könnten Sie denn in Erfahrung bringen, Herr Staatssekretär, ob der Intendant des WDR seine Auskünfte beim Bundeskriminalamt eingeholt hat? Oder hat er sie nur beim Bundesverfassungsschutzamt eingeholt?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716106300
Ich kann dies in Erfahrung bringen, Herr Kollege Breidbach. Meines Wissens hat ein Kontakt mit dem Bundeskriminalamt bestanden. Allerdings bin ich jetzt nicht in der Lage, hier im einzelnen den Inhalt wiederzugeben. Aber Ihre Frage richtete sich auf die Erkundigungen, die im Land Nordrhein-Westfalen eingeholt worden sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716106400
Noch eine Zusatzfrage.




Ferdinand Breidbach (CDU):
Rede ID: ID0716106500
Herr Staatssekretär, nachdem Sie die Zahl der durchgeführten Ermittlungsverfahren bekanntgegeben haben, ist mir immer noch nicht ganz klar, warum es zu Mißverständnissen führen kann, wenn Sie auch die Zahl derjenigen Personen bekanntgeben, gegen die sogenannte Bezugspunkte vorgelegen haben?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716106600
Das verstehe ich wiederum nicht, Herr Kollege Breidbach. Denn angesichts der politischen Absicht, die der Erörterung dieses Sachverhalts zugrunde liegt, müßte es Ihnen doch klar sein, inwiefern ich Mißdeutungen fürchte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716106700
Sie haben noch eine weitere Frage.

Ferdinand Breidbach (CDU):
Rede ID: ID0716106800
Herr Staatssekretär, gibt es unter den von den eingestellten Ermittlungsverfahren betroffenen Personen, also unter dem Personenkreis, in dem Bezugspunkte vorlagen, noch Beschäftigte bzw. Mitarbeiter des WDR, gegen die nach wie vor Verdachtsmomente irgendwelcher Art im Hinblick auf Zusammenarbeit mit staatsgefährdenden Gruppen bestehen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716106900
Dies kann ich — nach Ihrer jetzigen Zusatzfrage — ausschließen, denn die Einstellung der Verfahren besagt, daß dieser Verdacht nicht begründet ist und daß er somit nicht weiter als relevant anzusehen ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716107000
Sie haben keine weitere Zusatzfrage. — Der Herr Kollege Windelen!

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0716107100
Herr Staatssekretär, wie würden Sie die Zusatzfrage, die zum ersten Fragenkomplex gestellt worden ist — ob eine solche Frage von mir nicht zweckmäßigerweise an den WDR, also an den Intendanten, zu richten wäre — bewerten, wenn Sie hören, daß der Intendant in seiner Presseerklärung vom 5. März 1975 folgendes wörtlich erklärt hat:
Erneute Anfragen bei den zuständigen Stellen haben mir die Gewißheit verschafft, daß Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des WDR in dem von „Welt und Bild" genannten Zusammenhang nicht eingeleitet worden sind.
Der Intendant fährt fort:
Nach den mir vorliegenden Informationen gibt es auch keine Tatbestände, die die Einleitung solcher Ermittlungsverfahren erwarten ließen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Verstehen Sie, daß ich unter diesen Umständen genötigt war, diese Frage hier einzubringen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716107200
Herr Kollege Windelen, mir ist die Presseberichterstattung über diese Erklärung des Intendanten bekannt. Aber wenn ich die Kollegen Dr. Mende und Dr. Dübber richtig verstanden habe, bezogen sie sich auf die Erörterung von Informationsmöglichkeiten im Verwaltungsrat des Westdeutschen Rundfunks, dem Sie ja auch angehören.

(Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716107300
Meine Damen und Herren, ich lasse noch zwei Zusatzfragen zu, zunächst des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt und dann des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0716107400
Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß dem Ansehen des WDR ohne sachliche Notwendigkeit dadurch geschadet worden ist, daß die in diesem Zusammenhang von Ihnen genannte Zusammenstellung auch freie Mitarbeiter und Familienangehörige enthält, bei denen die Beziehungen zum WDR unbedeutend sind oder völlig fehlen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716107500
Herr Kollege Sieglerschmidt, solange diese Zusammenstellung innerdienstlichen Zwecken zu dienen bestimmt war und im innerdienstlichen Bereich geblieben ist, konnte aus ihr eine Ansehensschädigung für den WDR in keiner Weise erwachsen. Es muß den mit derartigen Vorgängen befaßten Kriminalpolizeibeamten unbenommen bleiben, Erwägungen, auch wenn sie sich nicht auf einen konkreten Verdacht richten, sondern sich im Feld der Vorermittlungen oder im Feld der Überlegungen, wie man weiterkommen könnte, bewegen, einmal zu Papier zu bringen. Das Mißliche daran und die in der Tat inzwischen, wie ich befürchte, eingetretene Ansehensschädigung liegt in der Weitergabe dieses als „geheim" eingestuften Papiers an dazu nicht befugte Stellen und in der öffentlichen polemischen Benutzung.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716107600
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0716107700
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß Mitarbeiter des WDR, bei denen hinreichende Verdachtsmomente für eine staatsfeindliche Betätigung bzw. die Unterstützung staatsfeindlicher Betätigungen vorliegen, bis zur Klärung des Sachverhalts von ihrer Mitarbeit dispensiert werden sollten?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716107800
Ich sehe bei der Frage nicht den Zusammenhang.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716107900
Herr Kollege Dr. Müller-Hermann, das wird sehr stark auf den Einzelfall ankommen. Wenn der Verdacht nicht sehr erheblich ist und wenn er sich vor allem nicht auf eine besonders gewichtige strafbare Handlung richtet, wenn



Parl. Staatssekretär Dr. Schmude
schließlich die Art der Mitarbeit des Betroffenen beim WDR eine sehr schwache ist, d. h. daß eine sehr lose Form der gelegentlichen Mitarbeit besteht, dann wird eine andere Entscheidung zu treffen sein, als wenn es sich etwa um einen festen Mitarbeiter handelt, der eines erheblichen strafbaren Verhaltens dringend verdächtig wäre.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716108000
Ich rufe jetzt die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß unter Bezugnahme auf die Einbürgerungsrichtlinien des Bundesinnenministeriums von 1971 im Freistaat Bayern bei Einbürgerungen ein 47-Punkte-Fragebogen zu beantworten ist, der neben allgemeiner Kenntnis des Grundgesetzes und der bayerischen Verfassung Landesspezifika, wie z. B. bayerische Minister, gesetzlich geschützte Feiertage des Landes, Name und Sitz bayerischer Mittelbehörden und die bayerische Nationalhymne, enthält, und wie ist die Praxis in anderen Bundesländern?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716108100
Herr Kollege Dr. Wernitz, darf ich auch Sie bitten, die zusammenhängende Beantwortung zu gestatten?

(Dr. Wernitz [SPD] : Ja!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716108200
Dann rufe ich auch die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Hält die Bundesregierung bei Einbürgerungen eine Prüfung über die Kenntnisse unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung für angemessen, in der u. a. danach gefragt wird, woran ein deutscher Volkszugehöriger zu erkennen ist, oder welche deutschen Gebiete bzw. Städte nach dem Zweiten Weltkrieg an Nachbarstaaten fielen und ist die Bundesregierung bereit, in Abstimmung mit den Ländern eine zeitgemäße Überarbeitung derartiger Fragebogen zu veranlassen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716108300
Das für die Einbürgerung vorauszusetzende Vertrautsein mit den deutschen Lebensverhältnissen, vor allem eine angemessene Kenntnis der deutschen Sprache in Wort und Schrift, wird üblicherweise in einer Vorsprache des Einbürgerungsbewerbers bei der zuständigen Landesbehörde festgestellt. Fragebogen werden hierbei nicht verwandt, auch nicht im Freistaat Bayern, wie mir das Bayerische Staatsministerium des Innern auf Anfrage ausdrücklich bestätigt hat. Die Einführung eines Fragebogens ist auch nicht beabsichtigt, vor allein deswegen, weil es sich bei der geforderten Assimilation als Voraussetzung einer Einbürgerung um einen komplexen Tatbestand handelt, der durch einen Fragebogen nicht erfaßt werden kann. Nur eine Prüfung und Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls lassen eine zusammenfassende Bewertung zu, ob jemand die Voraussetzungen der Einbürgerung erfüllt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716108400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wernitz.

Dr. Axel Wernitz (SPD):
Rede ID: ID0716108500
Herr Staatssekretär, die Antwort überrascht mich insofern, als meiner Frage ein konkreter Fall zugrunde liegt. Sind Sie bereit, eventuell noch einmal bei der Bayerischen Staatsregierung oder beim Staatsministerium des Innern nachzufassen, ob eine Mitteilung zutrifft, die unter dem Datum des 5. 3. an die hier Betroffene hinausgegangen ist, wo es wörtlich heißt —ich zitiere —:
Es ist ein Fragebogen mit 47 Fragen zu beantworten ... etc.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716108600
Herr Kollege Wernitz, vor allem, nachdem das Bayerische Staatsministerium des Innern auf Anfrage erklärt hat, daß es einen solchen Fragebogen nicht gibt, bin ich sehr daran interessiert, von Ihnen Einzelheiten des konkreten Falles zu erfahren, um dieser Frage nachzugehen. Ich verspreche Ihnen, daß das geschehen wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716108700
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wernitz.

Dr. Axel Wernitz (SPD):
Rede ID: ID0716108800
Herr Staatssekretär, nachdem ich davon ausgehe, daß dieses Schreiben hier zutrifft, wobei man sich dort auch noch auf eine entsprechende Weisung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 24. 7. 1974 bezieht, darf ich Sie fragen, ob nach Ihrer Meinung von seiten der Bundesregierung aus die Möglichkeit besteht, der Bayerischen Staatsregierung dabei zu helfen, daß bei ihren Einbürgerungsrichtlinien künftighin der weiß-blaue Amtsschimmel nicht derart laut wiehert.

(Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716108900
Der letzte Teil Ihrer Zusatzfrage war folkloristisch interessant; er gehört aber nicht zur Zusatzfrage.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716109000
Ich gedenke nicht, auf den Amtsschimmel zu springen, Herr Präsident.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716109100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0716109200
Herr Staatssekretär, würden Sie es nicht für angemessen halten, daß ein Einbürgerungsbewerber auch Mindestkenntnisse von der Struktur und den politischen Verhältnissen in dem Land haben sollte, in dem die Einbürgerung erfolgt?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716109300
Herr Kollege Wittmann, ich glaube, ich habe diese Notwendigkeit mit meiner ersten Antwort deutlich gemacht. Eine andere Frage ist es, ob hier ein Fragebogen herausgegeben wird, in dem die Bewerber konkrete Fragen, und zwar in stattlicher Zahl, zu beantworten haben.
Aber Herr Präsident, ich glaube, Sie wollten den ersten Teil der Frage des Kollegen Wernitz noch zulassen.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716109400
Das war der Sinn meiner Intervention. Ich bitte Sie dazu noch um eine konkrete Antwort.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716109500
Herr Kollege Wernitz, in Einbürgerungsangelegenheiten führen die Landesbehörden die Gesetze in eigener Zuständigkeit aus. Insofern, aber auch aus anderen Gründen, würde sich jede Bevormundung oder jedes ähnliche Verhalten seitens der Bundesregierung verbieten. Natürlich bestehen enge Kontakte über die Praxis in Einbürgerungssachen. Selbstverständlich bemühen wir uns, hier eine bundeseinheitliche Regelung zu wahren. In diesem Sinne werden wir auch, wenn Sie uns konkretes Material an die Hand geben, der von Ihnen gestellten Frage nachgehen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716109600
Ich rufe die nächste Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Wernitz auf.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716109700
Darf ich darauf aufmerksam machen, Herr Präsident, daß ich mit Zustimmung des Fragestellers schon beide Fragen beantwortet habe.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716109800
Der Herr Kollege kann auch zu dieser Frage noch zwei Zusatzfragen stellen; daher muß ich ihm jetzt diese Möglichkeit geben. Bitte!

Dr. Axel Wernitz (SPD):
Rede ID: ID0716109900
Herr Staatssekretär, unter Bezugnahme auf das, was Sie so eben gesagt haben: Ergibt sich dann nicht, wenn die Praktiken in den einzelnen Bundesländern hinsichtlich der Einbürgerungsrichtlinien allzu unterschiedlich sind, daß im konkreten Fall — wie hier in Bayern — ein Einbürgerungswilliger dadurch benachteiligt ist, daß man eben nicht in erster Linie auf die Einbürgerung in Deutschland abstellt, sondern im Grunde eine Art bayerische Staatsangehörigkeit nachschiebt, die zwar in der bayerischen Verfassung in Artikel 6 steht, aber niemals in ein Gesetz umgegossen wurde?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716110000
Eine sehr lange, nach den Richtlinien etwas zu lange Zusatzfrage! Aber bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716110100
Herr Kollege Wernitz, nehmen Sie es mir nicht übel, daß ich an Hand der mir vorliegenden Informationen zunächst davon ausgehe, daß auch in dem Freistaat Bayern eine Einbürgerungspraxis geübt wird, wie sie in anderen Bundesländern üblich ist. Sollten Sie mir konkrete Anhaltspunkte dafür an die Hand geben, daß dies im Einzelfall anders ist — ich kann mir auch für Bayern nur vorstellen, daß es im Einzelfall nicht so ist —, würden wir das klären,

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716110200
Herr Kollege Schäfer!

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0716110300
Herr Staatssekretär, besteht die Absicht, die Einbürgerungsrichtlinien von 1971 zu verbessern und neu herauszugeben?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716110400
Herr Kollege Schäfer, diese Frage würde ich gerne klären; aber sie hier zu beantworten bin ich nicht vorbereitet.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716110500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0716110600
Herr Staatssekretär, würden Sie bei einer eventuellen weiteren Fragestellung in einer anderen Fragestunde so liebenswürdig sein, den Herrn Kollegen Wernitz darüber zu belehren, daß es verschiedene Verfahren der Einbürgerung gibt und daß es verkürzte Verfahren gibt, in denen Zusatzfragen gestellt werden, um die Beziehungen des Einbürgerungsbewerbers zu Deutschland überhaupt festzustellen?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716110700
Herr Kollege Wittmann, Sie werden es mir nachsehen, daß ich mich nicht dazu bewegen lassen möchte, hier Kollegen dieses Hauses über irgendwelche Einzelheiten zu belehren.

(Beifall bei der SPD — Dr. Wittmann [München] [CDU/CSU] : Ist aber dringend notwendig!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716110800
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0716110900
Herr Staatssekretär, könnten Sie sicherstellen, daß in Bayern einzubürgernde Deutsche nicht die Existenz einer bayerischen Nationalhymne dahin gehend mißverstehen, daß sie, statt Deutsche zu werden, Bayern werden müssen?

(Heiterkeit — Seiters [CDU/CSU] : Das sind Unterstellungen!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716111000
Herr Kollege, ich glaube, auf diese Zusatzfrage erwarten Sie keine Antwort. Ich lasse sie auch nicht zu.
Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Hansen auf:
Trifft es zu, daß das Bundesministerium des Innern eine „allgemeine Bewaffnungsaktion" befürwortet, wie die Firma J. P. Sauer und Sohn, Eckernförde, in einem Werbeschreiben an alle Bundestagsabgeordneten behauptet?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716111100
Herr Kollege Hansen, die in dem genannten Werbeschreiben enthaltene Behauptung, das Bundesministerium des Innern befürworte



Parl. Staatssekretär Dr. Schmude
eine allgemeine Bewaffnungsaktion, trifft nicht zu. Die Bundesregierung sieht auch keine Veranlassung zur Befürwortung einer allgemeinen Bewaffnung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Sie ist vielmehr der Auffassung, daß Bundestagsabgeordnete nur dann eine Erlaubnis zum Erwerb und zum Führen einer Schußwaffe erhalten sollen, wenn sie persönlich erheblich gefährdet sind. Insoweit werden bei ihnen die gleichen Maßstäbe angelegt wie bei jedem anderen Staatsbürger.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716111200
Zusatzfrage.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0716111300
Herr Staatssekretär, halten Sie mit mir solche Sätze in diesem Werbeschreiben wie „Die neuartigen Sicherheitsmerkmale der Pistole werden auch Sie in Begeisterung versetzen" für das Ergebnis einer bestimmten Art und Weise, das Problem der inneren Sicherheit in der Bundesrepublik zu diskutieren?

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0716111400
Herr Kollege Hansen, ich glaube, Sie haben sich die Antwort selbst erteilt. Ich vermag angesichts dieser Formulierung weder Begeisterung zu empfinden noch finde ich, daß dies auf die Mehrzahl oder überhaupt auf die Gesamtzahl der Kollegen unseres Hauses irgendwie attraktiv wirken wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716111500
Keine weiteren Zusatzfragen.
Der Herr Abgeordnete Walkhoff hat um schriftliche Beantwortung der eingereichten Frage gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern beantwortet.
Ich rufe auf den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung. Die erste Frage ist von Herrn Abgeordneten Dr. Miltner eingereicht. Wollen Sie die beiden Fragen zusammenfassen, Herr Staatssekretär?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0716111600
Ich kann durchaus getrennt beantworten!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716111700
Bitte! Ich rufe dann die Frage 18 auf:
Trifft es zu, daß die um die Jahreswende 1974/1975 wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeit zugunsten eines kommunistischen Geheimdienstes verhafteten sogenannten „Computer-Spione" inzwischen wieder freigelassen werden mußten, weil der Nachweis landesverräterischer Beziehungen wegen der Zwischenschaltung eines Unternehmens nicht zu erbringen war?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0716111800
Herr Kollege Miltner, Ihre Anfrage bezieht sich auf ein bisher vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof und nunmehr von der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt geführtes Ermittlungsverfahren. Es trifft zu, daß sämtliche Beschuldigte dieses Verfahrens inzwischen vom Vollzug der Untersuchungshaft verschont wurden, teilweise unter Auflagen. Sie werden verstehen, daß ich wegen der Einstufung des Verfahrens als VS-Vertraulich Ihnen hier und heute näheres zum Sachverhalt nicht bekanntgeben kann.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716111900
Zusatzfrage.

Dr. Karl Miltner (CDU):
Rede ID: ID0716112000
Sind in diesem Zusammenhang auch Zollvorschriften im Hinblick auf bestehende Embargovorschriften verletzt worden?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0716112100
Herr Kollege Miltner, ich bitte sehr um Verständnis, daß ich mich auf meine Antwort zurückziehen muß, die darauf verwiesen hat, daß erstens das Ermittlungsverfahren noch läuft und zweitens das Verfahren als VS-Vertraulich eingestuft ist.

Dr. Karl Miltner (CDU):
Rede ID: ID0716112200
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß durch diese Art von Wirtschaftskriminalität erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden, insbesondere z. B. durch Diebstahl von Know-how, entstehen kann?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0716112300
Ich möchte Ihre Frage nicht in bezug auf dieses Verfahren beantworten, weil der Ausgang dieses Verfahrens noch nicht feststeht. Allgemein kann ich aber sagen, daß die Wirtschaftskriminalität von der Bundesregierung sehr ernst genommen wird und daß deswegen das Bundeskabinett die Vorlage eines Ersten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität im Januar dieses Jahres beschlossen hat, mit der Hoffnung, daß dieses Gesetz noch im Laufe dieser Legislaturperiode im Bundestag die zweite und dritte Lesung erfahren wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716112400
Damit sind wir bereits bei der Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Miltner, Herr Staatssekretär. Wenn ich das richtig sehe, war das schon eine Art Überleitung:
Beabsichtigt die Bundesregierung, Maßnahmen zu ergreifen, um diese Art von Wirtschaftsspionage stärker als bisher zu bekämpfen?
Bitte!

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0716112500
Soweit Sie mit Ihrer Frage 19 die Fälle der Wirtschaftsspionage im Bereich der „Computer-Spionage" mit speziellen nachrichtendienstlichen Aspekten ansprechen, tragen dieser Modalität die Staatsschutzvorschriften des Strafgesetzbuches und einschlägige Vorschriften im Patent- und Gebrauchsmustergesetz zureichend Rechnung.



Parl. Staatssekretär Dr. de With
Allgemein wird die Frage, ob der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen im geltenden Recht ausreicht, von der vom Bundesjustizminister einberufenen Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität — Reform des Wirtschaftsstrafrechts — demnächst geprüft werden. Sie hat auf ihrer 8. Arbeitstagung in Aachen vom 25. bis 29. November 1974 beschlossen, anläßlich einer der nächsten Arbeitstagungen den Gesamtkomplex von Fragen durch Gutachten zur strafrechtlichen und bürgerlichrechtlichen Sicht, zum Werkschutz und speziell zur sogenannten Computer-Kriminalität tatsächlich und rechtlich zu erörtern und auf dieser Grundlage ihre Entschließungen zu fassen. Die Bundesregierung wird zunächst das Ergebnis dieser Beratungen abwarten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716112600
Herr Kollege Miltner, ich habe Ihrer Geste entnommen, daß Sie damit die Sache als erledigt ansehen.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Initiative zur Ausarbeitung einer Richtlinie der Gemeinschaften auf dem Gebiet der Produzentenhaftung ergriffen hat, obwohl mit Unterstützung der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften im Rahmen des Europarats ein Übereinkommensentwurf zu dem gleichen Fachgebiet in Ausarbeitung und fast fertiggestellt ist, und ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß die entsprechenden Arbeiten der Gemeinschaften auf der Grundlage des Übereinkommensentwurfs des Europarats in sinnvoller Weise mit diesem koordiniert werden?
Herr Staatssekretär!

(Sieglerschmidt [SPD] : Ich wollte an sich eine — —!)

— Herr Kollege, Ihre Frage ist schon aufgerufen.

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0716112700
Herr Kollege Sieglerschmidt, die Bundesregierung ist an den Arbeiten zur Vereinheitlichung des materiellen Rechts der Produzentenhaftung, die sowohl von einer Sachverständigengruppe des Europarats als auch von der EG-Kommission durchgeführt werden, beteiligt. Die Straßburger Sachverständigengruppe hat ihre Beratungen im März 1975 vorerst abgeschlossen. Der von ihr erarbeitete Entwurf eines Übereinkommens wird nunmehr den beteiligten Regierungen zur Stellungnahme zugeleitet und gegebenenfalls anschließend noch einmal überarbeitet. Die EG-Kommission hat die Erörterungen, die auf die Schaffung einer Richtlinie abzielen, vor kurzem aufgenommen. Die Notwendigkeit, innerhalb des europäischen Raums für den internationalen Warenverkehr ein möglichst einheitliches Haftungssystem zu schaffen, zwingt dazu, die Straßburger und Brüsseler Arbeiten aufeinander abzustimmen. Darüber sind sich die Beteiligten einig. Dabei kommt dem Straßburger Beratungsergebnis zweifellos eine große Bedeutung zu. Andererseits wird die EG-Kommission dadurch einer eigenen Prüfung der Materie nicht enthoben, zumal sie ein anderes Instrument schaffen will, nämlich eine Richtlinie im Gegensatz zu dem vom Europarat beabsichtigen Übereinkommen. Die Bundesregierung wird sich weiterhin darum bemühen, daß die Arbeiten koordiniert werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716112800
Zusatzfrage.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0716112900
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß die möglichst baldige Inkraftsetzung, sprich Unterzeichnung und Ratifizierung des europäischen Übereinkommens des Europarates auf dem Gebiet der Produzentenhaftung nicht aufgehalten werden sollte durch das, was in der Europäischen Gemeinschaft geschieht, sondern daß dies, da die Sache ja von einer erheblichen Bedeutung für alle Beteiligten ist, möglichst ohne Verzug durchgeführt werden sollte?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0716113000
Herr Kollege Sieglerschmidt, ich möchte hierzu eine differenziertere Antwort geben. Generell vertritt die Bundesregierung die Auffassung, daß hier Verzug von Schaden wäre. Gleichzeitig bitten wir aber sehr um Verständnis, daß es unter den gegebenen Verschiedenheiten erforderlich erscheint, daß ein Auseinanderklaffen vermieden wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716113100
Keine weiteren Zusatzfragen.
Frage 21 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet, und die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 22 des Herrn Abgeordneten Reiser auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Spielzeugläden und Kaufhäusern der Bundesrepublik Deutschland importierte Baukästen mit Bauteilen angeboten werden, aus denen Hitlers Mercedes-Benz-Dienstwagen, mit nazistischen Emblemen versehen, als naturgetreues Miniaturmodell nachgebaut werden kann, und hält sie die rechtlichen Grundlagen, dem zu begegnen, für ausreichend, oder müssen diese z. B. im Strafgesetzbuch verbessert werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0716113200
Herr Kollege Reiser, Maßnahmen der Strafverfolgung im Hinblick auf die Straftatbestände des § 86 a des Strafgesetzbuches fallen in die Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden der Länder. Der Bundesregierung liegen Auskünfte der Länder über den in Frage stehenden Sachverhalt bisher nicht vor, so daß zur Zeit eine strafrechtliche Beurteilung des Sachverhalts nicht möglich ist. Der Bundesminister der Justiz ist jedoch bereit, die zuständigen Landesjustizverwaltungen der Länder um Auskunft darüber zu bitten, ob Staatsanwaltschaften ihres Zuständigkeitsbereichs wegen des Vertriebs von importierten Baukästen mit Bauteilen, aus denen angeblich Hitlers Dienstwagen, mit nazistischen Emblemen versehen, als naturgetreues Miniaturmodell nachgebaut werden kann, Ermittlungsverfahren eingeleitet haben. Über die von den Ländern erteilten Auskünfte würden Sie zu gegebener Zeit selbstverständlich unterrichtet werden.
Straftaten, die durch Versendung von Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen begangen werden, werden gemäß § 86 a StGB verfolgt und gegebenenfalls geahndet. Im Rah-



Parl. Staatssekretär Dr. de With
men des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch, das am 1. Januar 1975 in Kraft getreten ist, wurde auch diese Vorschrift daraufhin überprüft, ob sie den erforderlichen strafrechtlichen Schutz bietet. Es wurde kein Anlaß gefunden, sie zu ändern.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716113300
Eine Zusatzfrage.

Hermann P. Reiser (SPD):
Rede ID: ID0716113400
Herr Staatssekretär, da Sie eben von „angeblich" gesprochen haben: Wären Sie bereit, das Originalfoto bei mir in Augenschein zu nehmen?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0716113500
Aber sicher.

(Reiser [SPD] : Danke!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716113600
Keine weiteren Zusatzfragen.
Frage 23 des Herrn Abgeordneten Engelsberger wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet; die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz erledigt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Offergeld zur Verfügung.
Frage 24 ist von Herrn Abgeordneten Möller (Lübeck) eingebracht. — Ich sehe den Herrn Kollegen nicht im Saal, so daß diese Frage wie auch Frage 25 schriftlich beantwortet und die Antworten als Anlage abgedruckt werden.
Der Herr Abgeordnete Milz hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 26 gebeten. Auch hier wird die Antwort als Anlage abgedruckt.
Frage 27 ist von Herrn Abgeordneten Schröder (Lüneburg) eingebracht worden. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet, und die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 28 des Herrn Abgeordneten Niegel wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet; die Antwort wird wiederum als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nunmehr Frage 29 des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling auf. Ich frage zunächst den Herrn Staatssekretär, ob eine gemeinsame Beantwortung der beiden Fragen des Kollegen Dr. Sperling vorgesehen ist. — Der Fragesteller ist, wie ich sehe, damit einverstanden; dann rufe ich die Fragen 29 und 30 gemeinsam auf:
Auf Grund welcher steuerrechtlichen Vorschriften und Bestimmungen haben Personen mit einem Einkommen, das mit mindestens 30 % versteuert werden muß, die Möglichkeit, sich die Anschaffung von Privatyachten mit Steuervorteilen zu erleichtern?
Wie beurteilt die Bundesregierung die Praktiken von Unternehmen, die mit dem Hinweis auf solche Möglichkeiten den Verkauf von Privatyachten fördern wollen, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0716113700
Herr Kollege, mit Ihrem Einverständnis darf ich die beiden Fragen zusammen beantworten. Aus Ihren Fragen ist nicht zu erkennen, welche zivil- und steuerrechtliche Fallgestaltung Ihre Anfrage ausgelöst hat. Spezifische steuerrechtliche Vorschriften zur Begünstigung der von Ihnen angesprochenen Abschreibungsprojekte bestehen nicht.
Aus der Werbung kenne ich das Modell einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Luxusyachten an ausländische Reedereien vermietet und ihre Verpflichtung zur Tragung von Reparatur-, Havarie- und Klasseerhaltungskosten gegenüber der ausländischen Reederei noch vor Inbetriebnahme der Schiffe für längere Zeit im voraus ablösen will. Dadurch sollen steuerrechtlich bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Verluste durch vorweggenommene Werbungskosten ausgewiesen werden.
Die obersten Finanzbehörden der Länder und des Bundes haben bereits im Frühjahr 1973 die Auffassung vertreten, daß die erwähnten Vorauszahlungen steuerrechtlich jeweils nur für das laufende Kalenderjahr als Werbungskosten anerkannt werden können. Die Bundesregierung sieht allerdings keine rechtliche Möglichkeit, die Werbung mit möglichen steuerrechtlichen Auswirkungen einer Kapitalanlage generell zu unterbinden. Bei den in Werbetexten enthaltenen Ausführungen zu Steuerfragen handelt es sich um die Meinungsäußerungen der Anbieter, die keine Gewähr für die Richtigkeit dieser Aussagen geben.
Die tatsächliche Abwicklung von Abschreibungsgeschäften verläuft nach den bisherigen Erfahrungen der Finanzverwaltung häufig anders als in der Werbung zunächst angegeben. Dadurch ändert sich meistens auch die steuerrechtliche Beurteilung. Ich benutze die Gelegenheit nochmals für den Hinweis, daß die Anleger daher solche Angebote sorgfältig auch auf ihren wirtschaftlichen Gehalt hin prüfen sollten.

(Seiters [CDU/CSU] : Das sollte Sperling einmal Bangemann fragen!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716113800
Eine Zusatzfrage.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0716113900
Herr Staatssekretär, ist dann die Werbung, die eigene Yachten zu Lasten anderer Steuerzahler bestimmten einkommensstarken Personen anbietet, als falsch zu verstehen, weil es sich dann ja um Yachten ausländischer Gesellschaften handelt? Ist das richtig?

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0716114000
Wenn es sich um diese Fallgestaltung handelt, von der ich auf Grund von Anzeigen gesprochen habe, dann wäre diese Angabe falsch.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0716114100
Das heißt, eine Werbung, die sagt, man könne eine Yacht zu eigenem Benutzen



Dr. Sperling
zu Lasten anderer Steuerzahler erwerben, wäre nach unseren Steuerrechten nicht möglich?

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0716114200
Nach dem Steuerrecht wäre das zulässig; nur sehe ich nicht die Konstruktion, die dann zu Abschreibungsvorteilen der von Ihnen geschilderten Art führt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716114300
Der Herr Abgeordneter Baier hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 31 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann auf.

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0716114400
Herr Präsident, ich habe hier den Vermerk, daß auch diese Frage schriftlich beantwortet werden soll.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716114500
Hier liegt irgendein Versehen vor. Ich habe auch eine entsprechende Notiz. Da ich aber den Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann hier gesehen habe, bin ich davon ausgegangen, daß er auf eine mündliche Beantwortung seiner Frage Wert legt. Deswegen habe ich sie aufgerufen. Aber wenn Sie die Unterlagen nicht zur Verfügung haben, müssen wir im beiderseitigen Einvernehmen mit der schriftlichen Beantwortung vorlieb nehmen.

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0716114600
Herr Präsident, ich bitte um Nachsicht, aber vom Präsidium war uns mitgeteilt worden, daß eine schriftliche Beantwortung dieser Frage gewünscht werde.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716114700
Herr Staatssekretär, das ist — auch aus Ihrer Sicht — völlig in Ordnung.

(Dr. Wittmann [München] [CDU/CSU] : Es könnte auch ein Irrtum meines Büros gewesen sein!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716114800
Ich rufe die Frage 86 des Herrn Abgeordneten Sauter (Epfendorf) auf:
Informieren alle Bundesministerien die Mitglieder des Deutschen Bundestages gleichzeitig über Zuschüsse, Investitionen und Baumaßnahmen von Bundesministerien und Behörden in den jeweiligen Wahlkreisen?

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0716114900
Herr Kollege, Sie haben in der Fragestunde am 26. Februar 1975 eine Frage gleichen Inhalts gestellt. Mein Kollege Haehser hat Ihnen seinerzeit geantwortet, daß es im Finanzministerium keine Zusammenstellung darüber gibt, welche Mittel in welchen Wahlkreis fließen, und daß es demgemäß auch keine entsprechenden Mitteilungen an Abgeordnete geben kann.
Mein Kollege hat Ihnen damals auch erklärt, daß die zur Bearbeitung der mündlichen Fragen zur Verfügung stehende Zeit nicht ausreichte, die Informationspraxis aller Bundesministerien zu ermitteln.
Ich bitte um Ihr Verständnis, wenn ich Ihnen heute wiederum die gleiche Antwort geben muß. Ich darf aber hinzufügen, daß ich gerne bereit bin, wenn Sie damit einverstanden sind, Ihnen nach entsprechenden Ermittlungen eine schriftliche Ergänzung nachzureichen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716115000
Herr Kollege, Sie haben eine Zusatzfrage.

Franz Sauter (CDU):
Rede ID: ID0716115100
Herr Staatssekretär, kann ich aus der Tatsache, daß jetzt zum zweiten Mal eine solche Frage vom Wohnungsbauministerium in das Finanzministerium zur Beantwortung verlagert wird, schließen, daß es sich hier um ein solches betroffenes Ministerium handelt, das Abgeordnete der Koalition gegenüber den Abgeordneten der Opposition einseitig und bevorzugt benachrichtigt und informiert?

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0716115200
Ich glaube nicht, daß dieser Schluß gerechtfertigt ist, Herr Kollege Sauter.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716115300
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.

Franz Sauter (CDU):
Rede ID: ID0716115400
Herr Staatssekretär, ich glaube feststellen zu können, daß es Hinweise dafür gibt, daß eine solche einseitige Information in der Tat stattfindet. Halten Sie es für gerechtfertigt, daß seitens der einzelnen Bundesministerien eine unterschiedliche Information der Abgeordneten der Koalition auf der einen und der der Opposition auf der anderen Seite erfolgt?

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0716115500
Herr Kollege, ich kann die Tatsachenfeststellung, die Ihrer Beurteilung zugrunde liegt, nicht teilen, um so weniger natürlich auch Ihre Beurteilung, die in Ihrer Frage zum Ausdruck kommt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716115600
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Die Frage 33 ist von Herrn Abgeordneten Schröder (Lüneburg) eingereicht. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Schweitzer auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen?




Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716115700
Im wirtschaftlichen Bereich sind auf dem Wege der Entwicklung des deutsch-polnischen Verhältnisses bisher die größten Fortschritte gemacht worden. Seit 1970, dem Jahr des Abschlusses des Warschauer Vertrages und des Handelsabkommens, konnte der Warenverkehr um 360 % auf mehr als 5 Milliarden DM im Jahre 1974 gesteigert werden. Diese Entwicklung, die sich nach Überwindung eines gewissen Nachholbedarfs nun etwas verlangsamt, zeigt, daß Polen — heute schon zweitgrößter Ost-Handelspartner der Bundesrepublik — im Begriff ist, ein wichtiger Außenhandelspartner der Bundesrepublik Deutschland zu werden.
In Zukunft wird es besonders darum gehen, die polnischen Lieferungen, die 1974 um 2,2 Milliarden DM hinter den deutschen Lieferungen zurückgeblieben sind, drastisch zu steigern. Dazu soll vor allem der weitere Aufbau von Exportkapazitäten für moderne Industriegüter in Kooperation mit Unternehmen aus der Bundesrepublik Deutschland dienen. Bezugsmöglichkeiten für die Bundesrepublik könnten sich auch aus den reichen polnischen Vorkommen an Kohle, die direkt oder als Strom exportiert werden kann, sowie an weiteren Rohstoffen, vor allem Kupfer, ergeben.
Die deutsch-polnische Wirtschaftskommission hat in Anwesenheit von Bundeswirtschaftsminister Friderichs und führender Vertreter der deutschen Wirtschaft am 17. März dieses Jahres mit einer Prüfung der Kooperationsmöglichkeiten sowie der Vereinbarung von sieben Fachgruppen für einzelne besonders interessante Branchen ihre Arbeiten zur Förderung der Unternehmenskooperation aufgenommen. Die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen ist geeignet, den Prozeß der Entwicklung der Gesamtbeziehungen wirkungsvoll zu unterstützen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716115800
Eine Zusatzfrage.

Prof. Dr. Carl-Christoph Schweitzer (SPD):
Rede ID: ID0716115900
Herr Staatssekretär, einmal ganz global gefragt: Wie beurteilt die Bundesregierung das Interesse und die Möglichkeiten der deutschen Wirtschaft, die von Ihnen geschilderten und ja durchaus als positiv zu bewertenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern noch weiter zu intensivieren, und könnte die Bundesregierung gegebenenfalls — —

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716116000
Herr Kollege, setzen Sie zunächst einmal ein Fragezeichen. Der Herr Staatssekretär kann nicht zwei Zusatzfragen auf einmal beantworten.

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716116100
Das Interesse an der weiteren Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen ist auf beiden Seiten außerordentlich groß.

Prof. Dr. Carl-Christoph Schweitzer (SPD):
Rede ID: ID0716116200
Dann meine zweite Zusatzfrage: Könnte die Bundesregierung gegebenenfalls noch mehr tun, um ein solches Interesse noch stärker zu fördern?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716116300
Es ist sicher, daß etwa die Bereinigung der politischen Fragen, die das Verhältnis der beiden Nationen bestimmen, insgesamt auch zu klimatischen Verbesserungen beitragen kann, was wiederum auch den Wirtschaftsbeziehungen zugute kommen kann. Unsere Bemühungen gehen in diese Richtung.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716116400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0716116500
Herr Staatssekretär, Sie haben sich ja auf die Importmöglichkeiten von Kohle und Kupfer bezogen: Können Sie mir darin zustimmen, daß es sich hier um das Kohlevorkommen in Oberschlesien und um das Kupfervorkommen in Niederschlesien handelt, also um Gebiete, die zu Ostdeutschland jenseits von Oder und Neiße gehören?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716116600
Ich kann im Augenblick nicht konkretisieren, um welche Gebiete es sich da regional handelt. Aber ich kann Ihnen bestätigen, daß derartige Vorkommen jedenfalls die Grundlage für Kooperationsabkommen sein können und daß sich Fachgruppen mit dieser Frage beschäftigen, wobei im Vordergrund der Diskussion auch die Frage steht, ob weitere zusätzliche Erschließungen die Liefermöglichkeiten von Kohle aus diesem Bereich verstärken können.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716116700
Herr Kollege Hupka, ich weise Sie nur darauf hin, daß auch diese Frage nicht in dem geforderten Zusammenhang mit der eingereichten Frage steht.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, bitte!

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0716116800
Herr Staatssekretär, bestehen bei den Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen Zahlungsbilanzschwierigkeiten, und, wenn ja, wie beurteilen Sie diese?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716116900
Diese Schwierigkeiten bestehen angesichts der Tatsache, daß unsere Lieferungen nach Polen weit über das hinausgehen, was als Gegenleistung von Polen in die Bundesrepublik geliefert werden kann. Wir bemühen uns darum durch eine Intensivierung der Kooperation, die insbesondere auch langfristige Geschäfte, etwa Lieferung von Rohstoffen, aus Polen in die Bundesrepublik umfassen kann, dem Engpaß entgegenzuwirken, der durch diese Unterschiedlichkeit in der Lieferfähigkeit im Augenblick sichtbar geworden ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716117000
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja.




Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0716117100
Herr Staatssekretär, da zur Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen unlösbar die Entwicklung der Höhe der Staatsbürgschaften für Warenkredite gehört, frage ich Sie — auch angesichts Ihrer Aussage über das Zurückbleiben der polnischen Exporte um 2,2 Milliarden DM — nach der Entwicklung der Staatsbürgschaften für Warenkredite, das heißt nach deren derzeitiger und ihrer beabsichtigten Höhe.

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716117200
Ich kann Ihnen dazu im Augenblick keine genauen Zahlen nennen. Aber ich kann darauf hinweisen, daß sich alle diese Warenkredite im Rahmen unserer staatlichen Exportfinanzierung bewegen und insofern in keiner Weise etwa Sonderkonditionen gewährt werden. Etwas anderes ist der noch in der Diskussion befindliche Finanzkredit, über den Polen im freien Ermessen verfügen könnte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716117300
Der Abgeordnete Jahn (Braunschweig) ist nicht im Saal; die Fragen 35 und 36 werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 37 des Herrn Abgeordneten Dr. Schäuble auf:
Nachdem der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft, Grüner, sich in der Sitzung vom 20. März 1975 auf meine Frage für eine institutionalisierte grenzüberschreitende Zusammenarbeit von gewählten Vertretern der Oberrheinregion außerhalb der zu gründenden Commission Tripartite" ausgesprochen hat, frage ich, welche Maßnahmen die Bundesregierung zu ergreifen beabsichtigt, um auf Regierungsebene die politischen und rechtlichen Voraussetzungen für den Erfolg einer solchen institutionalisierten Zusammenarbeit mit zu schaffen.

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716117400
Die Bundesregierung begrüßt die Bereitschaft gewählter Vertreter der Oberrheinregion für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Wie ich bereits in der Beantwortung Ihrer Zusatzfrage am 20. März 1975 erklärte, halte ich eine erfolgreiche Arbeit der vorgesehenen Regierungskommission auch für eine künftige Zusammenarbeit auf der Ebene gewählter Vertreter für förderlich. In dieser Regierungskommission wird u. a. auch zu prüfen sein, welche politischen und rechtlichen Voraussetzungen für eine institutionalisierte Zusammenarbeit der gewählten Vertreter geschaffen werden müssen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716117500
Eine Zusatzfrage.

Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID0716117600
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort so interpretieren, daß die Bundesregierung gegebenenfalls bereit ist, durch Verhandlungen mit den Regierungen der Partnerstaaten diese Voraussetzungen für eine solche Zusammenarbeit gewählter Vertreter der Region zu schaffen?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716117700
Das ist ganz sicher der Fall, wobei ich aber mit großem Nachdruck sagen muß, daß konkrete Vorstellungen für eine solche Zusammenarbeit gewählter Vertreter in erster Linie in der Region selbst entwickelt werden müßten. Wir wären jedenfalls mit Sicherheit bereit, alle Anregungen, die in dieser Richtung an uns herangetragen werden, aufzugreifen und selbstverständlich auch in dieser Regierungskommission von uns aus zu prüfen, ob eine flankierende Arbeit gewählter Vertreter im Sinne dieser Zusammenarbeit nicht sehr förderlich sein könnte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716117800
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Sieglerschmidt.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0716117900
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß die Zusammenarbeit von Parlamentariern über die nationalen Grenzen hinaus in erster Linie Sache der betroffenen Parlamente und nicht der Regierungen ist, und ist der Bundesregierung bekannt, daß eine solche Zusammenarbeit gerade in dem konkreten Fall Assemblée Nationale und Bundestag bereits auf dem Wege ist und speziell auch Anstrengungen hinsichtlich der Zusammenarbeit der „grenznahen" Abgeordneten auf beiden Seiten der Grenze unternommen werden?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716118000
Der Bundesregierung sind diese Bemühungen bekannt. Ich habe auch darauf hingewiesen, daß wir Anregungen aus der Region, d. h. aus den Parlamenten selbst, erwarten. Bei der hier angeschnittenen Frage geht es wohl auch um die Zusammenarbeit von gewählten Vertretern unmittelbar vor Ort. Ich habe die Frage so verstanden, daß hierbei etwa auch an Zusammenschlüsse von Kreistagsabgeordneten gedacht sein könnte. Ich kann mir durchaus vorstellen, daß eine solche Regionalisierung auf der Ebene gewählter Vertreter sinnvolle Anregungen ergeben könnte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716118100
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Dr. Gruhl auf:
Welche wissenschaftlichen Untersuchungen über die reale Entwicklung des künftigen Bedarfs und Verbrauchs bei den einzelnen Abnehmergruppen, besonders für Elektrizität, sind dem Energieprogramm der Bundesregierung und dessen Fortschreibung zugrunde gelegt worden?
Herr Staatssekretär!

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716118200
Die Vorausschätzung des Energieverbrauchs im Energieprogramm der Bundesregierung vom September 1973 und in der ersten Fortschreibung dieses Programms vom Oktober 1974 stützt sich im wesentlichen auf Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität Köln und des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen. Derartige Analysen werden von diesen Instituten kontinuierlich für unser Haus, das Bundeswirtschaftsministerium, erstellt.



Parl. Staatssekretär Grüner
Das dem Energieprogramm zugrunde liegende Gemeinschaftsgutachten ist von den Instituten unter dem Titel „Prognose des Energieverbrauchs in der Bundesrepublik Deutschland bis 1985" im Mai 1973 in eigener Verantwortung veröffentlicht worden. Die bedingte Energieprognose der ersten Fortschreibung stützt sich auf vorläufige Ergebnisse eines noch nicht abgeschlossenen Gutachtens. Auch dieses Gutachten werden die Institute zu gegebener Zeit veröffentlichen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716118300
Herr Dr. Gruhl, haben Sie eine Zusatzfrage?

(Dr. Gruhl [CDU/CSU] : Ja!)

— Bitte!

Dr. Herbert Gruhl (CDU):
Rede ID: ID0716118400
Herr Staatssekretär, was Sie geantwortet haben, war mir bekannt. Meine Frage zielt aber darauf: Welche wissenschaftlichen Grundlagen werden für derartige Prognosen verwendet? Wie stellt man z. B. fest, ob in den Haushalten in den nächsten Jahren zusätzliche Geräte eingesetzt werden oder werden können, um sozusagen von unten her erst einmal den Bedarf zu ermitteln? Die von Ihnen genannten Institute nennen pauschal Zahlen, von denen man nie recht weiß, woher sie diese beziehen.

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716118500
Es ist Aufgabe dieser Institute, derartige Fragen in ihre Prognosen mit einzubeziehen. Ich glaube, daß das in meiner Beantwortung Ihrer zweiten Frage noch einmal deutlicher werden wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716118600
Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Dr. Herbert Gruhl (CDU):
Rede ID: ID0716118700
Herr Staatssekretär, Ihre Antwort befriedigt mich leider nicht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716118800
Herr Kollege, Zusatzfrage, nicht Ihre Gefühle!

Dr. Herbert Gruhl (CDU):
Rede ID: ID0716118900
Ja. — Hat die Bundesregierung für die Zukunft die Absicht, wissenschaftliche Gutachten in Auftrag zu geben, die von der realen Basis des Verbrauchs und des Bedarfs und nicht von der voraussichtlichen Entwicklung, die mehr oder weniger mit Wahrsagerei verbunden ist, auszugehen?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716119000
Jeder Blick in die Zukunft, Herr Kollege, ist etwas mit Wahrsagerei verbunden. Weder die Bundesregierung noch die Institute sind in der Lage hellzusehen. Aber Sie können sicher sein, daß die hier herangezogenen Institute die anerkanntesten sind und ihre Fähigkeit, in diesem Bereich Prognosen zu stellen — das gilt auch für die Qualität —, unbezweifelbar ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716119100
Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Dr. Gruhl auf:
Um wieviel Prozent müßten die Prognosen der Fortschreibung bereits berichtigt werden, wenn der tatsächliche Verbrauch des Jahres 1974 berücksichtigt wird?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716119200
Abweichungen von der durchschnittlichen Entwicklung des Energieverbrauchs in einzelnen Jahren sind nichts Ungewöhnliches. Allerdings ist der Rückgang des gesamten Primärenergieverbrauchs im Jahre 1974 ein einmaliger Vorgang, der vor allem durch eine starke Reduzierung des Ölverbrauchs — er beträgt rund 10 % —, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und andere Sonderfaktoren bestimmt ist. Schon wegen dieser Sonderentwicklung im Jahre 1974 wäre es verfrüht, hieraus schon jetzt quantitative Schlüsse auf die künftige Entwicklung des Energieverbrauchs zu ziehen.
Die Bundesregierung setzt ihre Bemühungen fort, die Abhängigkeit der Bundesrepublik von Ölimporten entsprechend ihrer Ankündigung in der Fortschreibung des Energieprogramms zu vermindern. Dies gilt auch für den Energieverbrauch insgesamt, soweit dies ohne Einschränkung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung möglich ist. So werden die von der Bundesregierung bereits ergriffenen und geplanten Maßnahmen zur rationellen und sparsamen Energieverwendung in den Jahren 1976/77 sichtbar werden. Sie konnten in der bedingten Energieprognose der Fortschreibung nur zum Teil berücksichtigt werden.
Die Bundesregierung hat in der Fortschreibung des Energieprogramms ausgeführt, daß auch die bedingte Prognose den ständig sich ändernden Verhältnissen angepaßt werden muß. Angesichts des internationalen Verhandlungsstandes und der Unsicherheiten, die mit jeder Energieprognose und mit einer Vorausschätzung der Energieeinsparung verbunden sind, ist es jedoch verfrüht, schon jetzt neue Daten über die voraussichtliche Entwicklung des Energieverbrauchs der Bundesrepublik bekanntzugeben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716119300
Eine Zusatzfrage.

Dr. Herbert Gruhl (CDU):
Rede ID: ID0716119400
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß durch den Rückgang des Energieverbrauchs im Jahre 1974 und auf Grund der zweifellos nicht mehr eintretenden Steigerung in diesem Jahr die Prognose bereits um 38 Millionen t SKE überholt ist, infolgedessen die Differenz zwischen den realen Verhältnissen und der Fortschreibung schon jetzt größer ist, als sie seinerzeit zwischen dem Energieprogramm und der Fortschreibung war?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716119500
Aus heutiger Sicht können die auf Grund der von der Bundesregierung bereits ergriffenen und geplanten Maßnahmen möglichen Energieeinsparungen für 1980 auf rund 18 bis 22 Millionen t SKE und für 1985 auf rund 35 bis



Parl. Staatssekretär Grüner
40 Millionen t SKE geschätzt werden. Nähere Angaben hierzu und in diesem Zusammenhang auch zu der Beurteilung der Einsparungen in der jüngsten Vergangenheit wird die Bundesregierung im Rahmen ihrer Beantwortung der Großen Anfrage des Abgeordneten Professor Laermann und Genossen zur rationellen und sparsamen Energieverwendung — Bundestagsdrucksache 7/2890 — machen. Ich wäre dankbar, wenn ich der Beantwortung dieser Großen Anfrage nicht vorgreifen müßte, weil die Zahlen noch erarbeitet werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716119600
Eine Zusatzfrage.

Dr. Herbert Gruhl (CDU):
Rede ID: ID0716119700
Wird in der Stellungnahme, die Sie erwähnten, ebenfalls berücksichtigt werden, daß auch eine Fehlinvestition großen Ausmaßes auf diesem Gebiet ein schädlicher Faktor für die zukünftige Entwicklung wäre?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716119800
Es ist ganz sicher, daß alle diese Prognosen den Sinn haben, solche Fehlentwicklungen — soweit es irgend möglich ist — zu vermeiden. Es ist das Ziel, nicht etwa einen Energiebedarf zu prognostizieren und darauf aufbauend Kapazitäten zu schaffen, die dann nicht gebraucht werden. Auf der anderen Seite lautet das Ziel aber auch, nicht in eine Energielücke hineinzulaufen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716119900
Ich lasse noch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl zu.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID0716120000
Herr Staatssekretär, würden Sie mir darin zustimmen, daß in der ersten Fortschreibung des Energieprogramms die soeben auch vom Kollegen Dr. Gruhl dargelegten Fakten berücksichtigt sind und daß dem künftigen Energieverbrauch und der Energieplanung insgesamt Rechnung getragen wurde?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716120100
Es ist richtig, daß in der ersten Fortschreibung die zum Zeitpunkt der Fortschreibung erkennbaren Entwicklungen berücksichtigt worden sind. Von den aus heutiger Sicht für möglich gehaltenen Energieeinsparungen in der schon einmal genannten Größenordnung konnten allerdings nur 40 °/o in die Fortschreibung einbezogen werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716120200
Die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Spranger wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. —Auch seine Ankunft ändert daran nichts, wenn ich das richtig sehe.
Ich rufe dann die Frage 85 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) auf:
Welches Struktur- und arbeitsmarktpolitisches Gesamtkonzept besitzt die Bundesregierung für das Zonenrandgebiet der nördlichen Oberpfalz, dem infolge der Rationalisierung von Bundesbahn und Bundespost eine einschneidende Verringerung von Arbeitsplätzen bei den Bundesdienststellen zugemutet wird, und welche Maßnahmen hat die Bundesregierung vorgesehen bzw. eingeleitet, um diesen Verlust an sicheren Arbeitsplätzen in diesem wirtschaftlich besonders gefährdeten Raum ggf. durch andere Arbeitsplätze des öffentlichen Dienstes auszugleichen?
Herr Staatssekretär!

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716120300
Die struktur- und arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung für die nördliche Oberpfalz sind im Vierten Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" für den Zeitraum 1975 bis 1978 enthalten. Dieser Rahmenplan wurde vom Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe am 20. März dieses Jahres auf der Grundlage der von den Bundesländern eingereichten Anmeldungen und Vorschläge beschlossen.
Im 4. Rahmenplan sind im Regionalen Aktionsprogramm „Ostbayerisches Fördergebiet" die Schaffung von 40 000 neuen Dauerarbeitsplätzen und die Sicherung von 13 300 vorhandenen Arbeitsplätzen im produzierenden Gewerbe im Planungszeitraum vorgesehen. Hiervon entfallen auf das Zonenrandgebiet 29 400 neu zu schaffende Dauerarbeitsplätze und 10 900 zu sichernde Arbeitsplätze. Dadurch kommt zum Ausdruck, daß neben der Neuansiedlung und Erweiterung von Betrieben der Sicherung von Arbeitsplätzen in bestehenden Betrieben eine erhebliche Bedeutung zukommt. Darüber hinaus soll neben dem Ausbau der Infrastruktur mit der Entwicklung und weiteren Verbesserung des Fremdenverkehrs ein zusätzlicher Beitrag zur Stärkung der Wirtschaftskraft in der Oberpfalz geleistet werden.
Diese Förderungsmaßnahmen dienen selbstverständlich auch zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für solche Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsplätze infolge notwendiger Rationalisierungsmaßnahmen von Bundesbahn und Bundespost unter Umständen verlieren.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716120400
Eine Zusatzfrage.

Prof. Dr. Max Kunz (CSU):
Rede ID: ID0716120500
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung geprüft, inwieweit eine Verlagerung zentraler Aufgaben der Bundesbahn, eventuell auch der Bundespost, in diesem Raum möglich wäre, um das arbeitsplatzmäßige Ausbluten — besonders auch auf diesem Sektor — zu verhindern bzw. zu verringern?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716120600
Diese Prüfung erfolgt ja durch den interministeriellen Ausschuß für regionale Wirtschaftspolitik, der auch Koordinierungsinstrument für die Förderung des Zonenrandgebietes ist, immer unter dem Gesichtspunkt der Möglichkeit, etwa eine Verlagerung oder die Neuschaffung von öffentlichen Einrichtungen gerade in diesem Gebiet, soweit das möglich ist, vorzunehmen. Sie wissen, Herr Kollege, daß die Anstrengungen in diesem Bereich bisher allerdings keine besonders großen Erfolge gezeitigt haben.




Prof. Dr. Max Kunz (CSU):
Rede ID: ID0716120700
Ich wollte Sie, Herr Staatssekretär, gerade fragen: Welche Erfolge sind denn auf Grund der Bemühungen, in diesem Sektor Arbeitsplätze zu schaffen, eingetreten?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0716120800
Ich bestätige Ihnen noch einmal, daß wir uns darum bemühen, daß das aber angesichts der Probleme, die mit der Verlagerung und Neuerrichtung von öffentlichen Dienststellen verbunden sind, außerordentlich schwierig ist. Deshalb ja auch unsere Konzentration auf die Förderungsmaßnahmen des Regionalprogramms, das Sie kennen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716120900
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0716121000

Bestätigt die Bundesregierung die Richtigkeit der Meldung in „Metall" Nr. 5 (Zeitung der IG Metall) vom 11. März 1975 auf Seite 4 unter der Zwischenüberschrift „Keine Gefahr für die Rente", wonach Staatssekretär Eicher in einer Podiumsdiskussion auf der 8. Angestelltenkonferenz „betonte, daß die Frage einer weiteren Herabsetzung des Rentenalters auf möglicherweise 60 Jahre auf der Bonner Tagesordnung bliebe"?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0716121100
Herr Präsident, wenn es gestattet wird, würde ich gern die Fragen 41 und 42 gemeinsam beantworten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716121200
Der Herr Fragesteller ist offensichtlich damit einverstanden. Ich rufe also noch die Frage 42 des Abgeordneten Müller (Berlin) auf:
Verfolgt die Bundesregierung gegebenenfalls die Verwirklichung dieses Ziels nur im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten ohne Beitragserhöhung, oder erwägt sie eventuell eine andere Art der Finanzierung der dadurch entstehenden zusätzlichen Rentenleistungen?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0716121300
Herr Kollege Müller, die Bundesregierung hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß sie die im Rentenreformgesetz des Jahres 1972 zur flexiblen Altersgrenze getroffenen Regelungen als einen ersten, allerdings wichtigen Schritt ansieht, dem weitere Schritte folgen sollen. Sie hat dabei gleichzeitig betont, daß die Auswirkungen der geltenden Regelungen unter gesundheitspolitischen, arbeitsmarktpolitischen und nicht zuletzt unter finanziellen Aspekten sorgfältig analysiert werden müssen, bevor ein nächster Schritt zur Weiterentwicklung der flexiblen Altersgrenze getan werden kann. Mit dieser Auffassung der Bundesregierung stehen die Erklärungen, die Herr Staatssekretär Eicher in der von Ihnen angesprochenen Podiumsdiskussion abgegeben hat, im Einklang. Ich möchte annehmen, daß Sie mit mir darin übereinstimmen, daß es einen sozialpolitischen Fortschritt bedeuten würde, wenn sich ein solcher Schritt zur Weiterentwicklung der flexiblen Altersgrenze als möglich erweisen sollte.
Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich nochmals betonen, daß über die Rentenreform von 1972 hinausgehende Schritte zur Weiterentwicklung der flexiblen Altersgrenze nicht zuletzt von der Entwicklung der finanziellen Situation der Rentenversicherung abhängen. Die Bundesregierung hat unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß bei allen Leistungsverbesserungen die Vorteile, die den dadurch Begünstigten zuteil werden, sehr sorgfältig mit den daraus resultierenden zusätzlichen Belastungen für die Beitragszahler abgewogen werden müssen. An eine Beitragserhöhung zur Finanzierung der aus einer eventuellen Weiterentwicklung der flexiblen Altersgrenze resultierenden Mehrbelastungen ist nicht gedacht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716121400
Eine Zusatzfrage.

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0716121500
Herr Staatssekretär, dann sind also die Ausführungen des Herrn Eicher nur als politische Zielvorstellung bzw. als Absichtserklärung zu werten, deren Verwirklichung aus finanziellen Gründen in naher Zukunft wahrscheinlich nicht möglich ist?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0716121600
Herr Kollege Müller, ich habe die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Eicher sehr aufmerksam gelesen, und ich darf noch einmal sagen, daß er genau das betont hat, was ich in meiner ersten Antwort soeben erklärt habe.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716121700
Eine weitere Zusatzfrage.

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0716121800
Darf ich Sie trotzdem noch fragen, ob die Regierung die Absicht hat, die Weiterentwicklung der flexiblen Altersgrenze noch in dieser Legislaturperiode zu betreiben.

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0716121900
Herr Kollege Müller, wenn die finanziellen Voraussetzungen einen solchen Schritt ermöglichten, würden wir ihn gern noch in dieser Legislaturperiode tun. Ich gehe aber davon aus, daß diese Voraussetzungen wahrscheinlich nicht gegeben sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716122000
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller (Berlin).

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0716122100
Herr Staatssekretär, welche zusätzlichen finanziellen Belastungen sind den Versicherungsträgern seit der Einführung der flexiblen Altersgrenze entstanden?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0716122200
Herr Kol-



Parl. Staatssekretär Buschfort
lege Müller, die Herabsetzung um ein weiteres Versicherungsjahr würde für die Rentenversicherung finanzielle Auswirkungen von, wie ich glaube, einer Milliarde DM jährlich haben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716122300
Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0716122400
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie noch einmal fragen, ob Sie unter diesen Umständen glauben, daß den Rentenversicherungsträgern in dieser Legislaturperiode noch so viel Mittel zur Verfügung stehen werden, um dieses Ziel, das Sie sich gesetzt haben, erreichen zu können.

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0716122500
Herr Kollege Müller, das hängt weitgehend auch davon ab, in welchem Umfang Beiträge eingezahlt werden. Das Ergebnis des vergangenen Jahres war recht positiv. Sie wissen, daß die Einnahmen der Rentenversicherungen um 1,4 Milliarden DM günstiger gewesen sind, als wir zunächst einmal angenommen haben. Sollten wir künftig noch günstigere Jahre haben, wäre die Weiterentwicklung der flexiblen Altersgrenze schon eher möglich.

(Abg. Maucher [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zusatzfrage)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716122600
Wir kommen zur Frage 43 des Herrn Abgeordneten Dr. Franz. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.

(Maucher [CDU/CSU] : Ich habe mich gemeldet!)

— Herr Kollege, ich fahre jetzt in der Fragestunde fort.
Die Fragen 44 und 45 sind von dem Herrn Abgeordneten Ziegler eingebracht. — Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.

(Maucher [CDU/CSU] : Das ist ja unerhört! Ich habe mich gemeldet!)

- Herr Abgeordneter, das ist nicht unerhört, sondern ich verfahre nach dem Reglement der Fragestunde.

(Maucher [CDU/CSU] : Das hat es noch nie gegeben, daß keine weitere Frage zugelassen wird!)

— Herr Abgeordneter, ich rüge Ihren Zuruf.
Ich rufe die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Dr. Enders auf:
Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß die Arbeitsbehörde den Umschülern das vom Arbeitgeber gezahlte Weihnachtsgeld von der Unterhaltshilfe abzieht und sich dadurch unter Umständen kein Vorteil für die Umschüler aus dem Gratifikationsbetrag ergibt?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0716122700
Herr Kollege
Dr. Enders, die Bundesregierung hält es angesichts der Höhe des Unterhaltsgeldes und auch im Interesse der Gleichbehandlung aller Umschüler nicht für vertretbar, das Weihnachtsgeld in voller Höhe unberücksichtigt zu lassen.
Umschüler erhalten ein Unterhaltsgeld in Höhe von 90 v. H. des zuletzt verdienten durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts. Damit ist ihr Lebensunterhalt angemessen gesichert.
Das vom Arbeitgeber gezahlte Weihnachtsgeld ist wie jedes Arbeitsentgelt, das der Umschüler während der Umschulung verdient, nach Abzug eines Freibetrages von 50 DM wöchentlich auf das Unterhaltsgeld anzurechnen. Anders als das übliche Arbeitsentgelt rechnen die Arbeitsämter das Weihnachtsgeld jedoch nur in der Woche, in der es dem Umschüler zugeflossen ist, an. Das bedeutet in der Regel, daß der Umschüler zwar in dieser einen Woche kein Unterhaltsgeld bekommt; dafür stehen ihm aber das Arbeitsentgelt dieser Woche und das volle Weihnachtsgeld zur Verfügung.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716122800
Eine Zusatzfrage.

Dr. Wendelin Enders (SPD):
Rede ID: ID0716122900
Herr Staatssekretär, ist es dann nicht so, daß die Arbeitsbehörde der Nutznießer dieser Lösung ist, weil sie sich die Gratifikation einsteckt, die der Arbeitgeber den Umschülern zugedacht hat?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0716123000
Herr Kollege Dr. Enders, das trifft nicht zu. Alle Arbeitseinkommen müssen — bis auf einen Freibetrag — angerechnet werden. Wenn Sie davon ausgehen, daß Weihnachtsgeld ja nicht nur eine mildtätige Gabe, sondern — wie es gelegentlich auch einmal bezeichnet wurde „vorenthaltener Lohn" ist, so werden Sie verstehen, daß wir nicht Beitragsleistungen an Unterhaltsempfänger in vollem Umfang zur Auszahlung bringen und Nebeneinkünfte dabei völlig unberücksichtigt lassen können.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716123100
Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Dr. Wendelin Enders (SPD):
Rede ID: ID0716123200
Herr Staatssekretär, wird die gleiche Lösung auch in den Fällen angewendet, in denen den Umschülern — etwa im Krankenhaus — für Feiertags- und Sonntagsarbeit eine bestimmte zusätzliche Vergütung zugemessen wird?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0716123300
Herr Kollege Enders, es ist so, daß es im Gesamtbereich des AFG — sei es beim Arbeitslosengeld oder sei es beim Unterhaltsgeld — bestimmte Freibeträge gibt; wenn der Arbeitnehmer Einkünfte hat, die darüber hinausgehen, müssen sie auf die jeweiligen Leistungen angerechnet werden.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716123400
Der Herr Abgeordnete Peter hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Fragen 47 und 48 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Fragen 49 und 50 sollen auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Dr. Vohrer, ebenfalls schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Auch der Herr Abgeordnete Peiter erhält schriftliche Antworten auf die von ihm eingereichten Fragen 51 und 52. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung beantwortet. Ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zum erstenmal kann ich hier den Parlamentarischen Staatssekretär Schmidt (Würdendorf) begrüßen.
Die Frage 53 ist von dem Herrn Abgeordneten Sauter (Epfendorf) eingebracht:
Welche Ursachen sieht die Bundesregierung in dem überdurchschnittlich hohen Anteil von Bundeswehrangehörigen unter des Verkehrstoten an Wochenenden, und was kann nach Auffassung der Bundesregierung dagegen getan werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716123500
Herr Kollege Sauter, ich darf zunächst feststellen, daß mir keine Statistik bekannt ist, aus der hervorgeht, daß der Anteil von Bundeswehrangehörigen unter den Verkehrstoten am Wochenende überdurchschnittlich hoch ist. Da jedoch die überwiegende Zahl der Soldaten zu den besonders gefährdeten jungen Kraftfahrern gehört, hat die Bundesregierung diesem Problem seit Jahren ihre besondere Aufmerksamkeit gewidmet und entsprechende Maßnahmen getroffen. Ich nenne hier besonders das 12-Punkte-Programm zur Eindämmung von Kfz-Unfällen in und außer Dienst. Hierdurch werden den Vorgesetzten Anregungen gegeben, um auf dem Gebiet der Verkehrsunfallverhütung tätig werden zu können.
Zur Verringerung der Belastung auf Straße und Schiene während der Verkehrsspitzen und aus Fürsorgegründen kann, soweit es die Erfordernisse des Bereitschaftsdienstes und der Ausbildung zulassen, am Freitag bereits zwischen 14.30 und 17.00 Uhr Dienstschluß befohlen werden.
Ferner erwähne ich die kostenlose Familienheimfahrten mit der Bundesbahn, auf die jeder wehrpflichtige Soldat einmal im Monat Anspruch hat, und die Tatsache, daß für weitere Fahrten mit der Deutschen Bundesbahn nur der halbe Fahrpreis zu entrichten ist.
Daneben wurden Maßnahmen getroffen, die die Soldaten zum verkehrsgerechten Verhalten erziehen sollen.
Im übrigen muß es dem Soldaten selbst überlassen bleiben, ob und wann er sein privates Fahrzeug in seiner Freizeit benutzt. Hier einzugreifen ist weder beabsichtigt noch ohne Gesetzesänderung möglich.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716123600
Herr Kollege, bitte, eine Zusatzfrage!

Franz Sauter (CDU):
Rede ID: ID0716123700
Herr Staatssekretär, indem ich Sie darauf hinweise, daß meine Information aus der Zeitschrift „Bundeswehr aktuell" stammt und in dieser Zeitschrift ständig von schweren Verkehrsunfällen die Rede ist, möchte ich Sie fragen, ob Sie noch einmal überprüfen könnten, ob es sich bei der Bundeswehr nicht doch um überdurchschnittlich viele Unfälle mit tödlichem Ausgang handelt, die über das Wochenende geschehen. Wenn dies der Fall sein sollte, glaube ich, daß es notwendig ist, dieses Problem erneut aufzugreifen und in den Kasernen, den Garnisonen aufklärend zu wirken, um eine Verminderung dieser Unfallzahlen zu erreichen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716123800
Herr Kollege Sauter, die Aufmerksamkeit ist schon aus der Tragik dieser Unfälle heraus ungebrochen. Wir beobachten das und regen auch immer wieder an, Soldaten besonders auf die Notwendigkeit der Unfallverhütung hinzuweisen. Es ist aber eine Tatsache, daß die Unfälle nicht überwiegend zum Wochenende, also auf Wochenendheimfahrten passieren, sondern vor allen Dingen während des Nachturlaubs und der Freizeit im Standort.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716123900
Die nächste Zusatzfrage.

Franz Sauter (CDU):
Rede ID: ID0716124000
Herr Staatssekretär, ich frage noch einmal konkret: Ist es möglich, das in Ihrem Hause zu überprüfen und mir dann eine schriftliche Antwort auf die Fragen zu geben?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716124100
Dazu sind wir gern bereit.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716124200
Die Frage 54 des Abgeordneten Dr. Zeitel wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 55 des Abgeordneten Hansen wird schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 56 des Abgeordneten Reiser auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung kritische Anmerkungen zum staatsbürgerlichen Unterricht in der Bundeswehr, wie sie unter der Überschrift „Schwachstellen der politischen Bildung" (Seite 69 bis 73) in Ausgabe Nr. 1/75 der „Information für die Truppe" gemacht werden, wonach in vielen Einheiten nur Mannschaften am Unterricht teilnehmen, in manchen Dienststellen es überhaupt keinen Unterricht gibt und in anderen Einheiten nur 10 bis 15 Mann daran teilnehmen, während die übrigen „unabkömmlich" seien?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716124300
Herr Kollege Reiser, die Bundesregierung nimmt die kritischen Anmerkungen, die unter der Überschrift „Schwachstellen der politischen Bildung" in Heft 1/1975 der „Information



Parl. Staatssekretär Schmidt
für die Truppe" veröffentlicht worden sind, ernst. Sie sieht in den Hinweisen, daß bisweilen nur Mannschaften an den Unterrichten teilnehmen, in manchen Dienststellen — im Gegensatz zu den Einheiten — überhaupt kein Unterricht stattfindet und in manchen Einheiten nur eine begrenzte Zahl — 10 bis 15 Soldaten sind dabei ein Extremwert — teilnimmt, Mängel, die dringend abgestellt werden müssen.
Die Bundesregierung ist allerdings der Meinung, daß die Erfahrungsbasis des Autors — er stützt sich auf die Aussagen von zirka 230 Unteroffizieren der Bundeswehr — zu schmal ist, um eine Generalisierung vornehmen zu können. Der Autor betont im übrigen, daß nicht alle von ihm aufgezeigten Mängel jeweils zusammen registriert wurden; vielmehr traten sie meist nur einzeln in Erscheinung. Insofern ist das Bild „schwärzer" als die Wirklichkeit.
Eine allgemeine Aussage über die politische Bildung in der Bundeswehr wird erst möglich sein, wenn die Ergebnisse einer vom Bundesministerium der Verteidigung angeordneten Wirkungsanalyse vorliegen. Das wird jedoch erst gegen Ende 1977 der Fall sein, da Wehrpflichtige in mehr als einjährigem Abstand — zu Beginn und am Ende der Dienstzeit — befragt werden müssen.
Inzwischen läuft ein umfangreiches Programm der Verbesserungen politischer Bildung. Die in der „Information für die Truppe", immerhin einem offiziellen Organ des Führungsstabes der Streitkräfte, aufgezeigten „Schwachstellen" sind ebenso Teil dieses Programms wie die Lehrgänge an der Schule der Bundeswehr für Innere Führung, auf denen der Autor seine Erkenntnisse gewonnen hat.
Die Veröffentlichung des Artikels hatte ein doppeltes Ziel: erstens sollte die Wichtigkeit politischer Bildung gerade durch die kritische Betrachtung der Praxis unterstrichen werden, zweitens sollte die Kritik des Autors Widerspruch provozieren, damit die Diskussion beleben und Hinweise auf praktische Erfahrungen der Truppe bringen.
All dies zeigt, daß die Bundesregierung politischer Bildung einen hohen Stellenwert zuerkennt. Ob allerdings die idealen Forderungen der Zentralen Dienstvorschrift 12/1 in der Bundeswehr voll erfüllt werden können, steht dahin.
Es mag — das lassen Sie mich abschließend sagen — allerdings auch gestattet sein, zu fragen, ob die Ziele politischer Bildung in der Arbeit der Schulen, der Parteien, der Gewerkschaften, der Kirchen in dem gewollten Umfang erreicht werden. In diesem Zusammenhang sind die Schlußsätze des hier zur Debatte stehenden Artikels zu sehen: „Wir müssen Schritte in Richtung Idealziel tun. Nichts tun und klagen ist zu wenig!"

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716124400
Eine Zusatzfrage.

Hermann P. Reiser (SPD):
Rede ID: ID0716124500
Herr Staatssekretär, da es sich immerhin um einen Major der Schule der Bundeswehr für Innere Führung handelt, der hier als Autor genannt wird, frage ich, wie Sie denn eine andere kritische Anmerkung von ihm beurteilen: „Politische Bildung hat einen geringen Stellenwert in der Bundeswehr. Ihr wird kaum Bedeutung zugemessen. Wenn der Dienstplan unvorhergesehen geändert wird, ist es meist der staatsbürgerliche Unterricht, der ausfällt." Würden Sie das bestätigen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716124600
Nein, das kann ich aus meiner eigenen Ansicht heraus, die ich auch bei vielen Truppenbesuchen gewonnen habe, nicht bestätigen. Hier ist von zirka 230 Unteroffizieren die Meinung an der Schule für Innere Führung erfragt worden, und es mag sein, daß in vielen Fällen das, was er sagt, stimmt, aber man kann es nicht generalisieren. Der Stellenwert der politischen Auseinandersetzung, also der politischen Bildung, ist durchaus hoch anzusetzen, wobei wir wissen — das sage ich betont —, daß nicht überall schon das erreicht ist, was wir wollen. Aber wir sind auf dem besten Wege, Herr Kollege.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716124700
Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Hermann P. Reiser (SPD):
Rede ID: ID0716124800
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie denn eine Bemerkung, die vor einigen Wochen der Befehlshaber des Territorialkommandos Schleswig-Holstein, Konteradmiral Wolfgang Benzino, gemacht hat: „Abstinenz von politischem Interesse müßte sogar, insbesondere Vorgesetzten, als eine zu kritisierende Unterlassung angerechnet werden"?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716124900
Ich muß folgendes noch einmal wiederholen. Wir sollten weder hier im Hause noch draußen generalisieren und verallgemeinern. Das ist zu breit angesetzt. Es kann natürlich hier und, da so sein, genauso wie wir z. B. in der privaten Wirtschaft oder in der Schule nicht alles über einen Leisten schlagen können. Wir streben das auch von Ihnen gewünschte Ziel an. Auf diesem Wege, glauben wir, tun wir alles, was notwendig ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716125000
Ich rufe die Frage Nr. 57 des Herrn Abgeordneten Ey auf, der schon gewartet hat:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die gegenwärtig herrschende Arbeitslosigkeit die längerdienenden Soldaten der Bundeswehr (Zeitsoldaten auf zwei Jahre) besonders benachteiligt sind, indem diese keinen gesicherten Anspruch auf Rückkehr an ihren vormaligen Arbeitsplatz haben, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen?
Bitte, Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716125100
Herr Kollege Ey, es trifft zu, daß das Arbeitsplatzschutzgesetz nur Wehrpflichtigen, nicht auch Zeitsoldaten den früheren Arbeitsplatz sichert. Die Bundesregierung kann hierin keine besondere Benachteiligung der Zeitsoldaten sehen. Für denjenigen nämlich, der freiwillig den Beruf des Soldaten auf Zeit wählt, gilt das Soldatenversor-



Parl. Staatssekretär Schmidt
gungsgesetz. Dieses bildet die Grundlage für eine Reihe von Maßnahmen, die auch Soldaten mit nur zweijähriger Verpflichtungszeit zugute kommen. Diese Maßnahmen werden noch während des Dienstverhältnisses, wenn auch außerhalb der Dienstzeit angeboten und haben das Ziel, die Eingliederung dieses Personenkreises in das zivile Erwerbsleben zu erleichtern und zu sichern. Hierzu zählen z. B. Arbeitsgemeinschaften, Fachkurse und Fernunterricht während der Dienstzeit, die den Zeitsoldaten auf Kosten des Bundes zur Aktualisierung ihres beruflichen Wissens und unter Umständen auch für eine berufliche Neuorientierung angeboten werden.
Von Bedeutung ist hier auch, daß der Zeitsoldat wegen seines besonderen Status während seiner Dienstzeit Dienstbezüge und nicht, wie der Wehrpflichtige, Wehrsold erhält. Außerdem wird ihm am Ende der Dienstzeit eine finanzielle Übergangsbeihilfe gezahlt, die bei Soldaten mit zweijähriger Verpflichtungszeit das 3fache der Dienstbezüge des letzten Monats beträgt. Schließlich erhält der Arbeitgeber, der einen ehemaligen Soldaten auf Zeit beschäftigt, unter bestimmten Voraussetzungen vom Bund einen Einarbeitungszuschuß.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716125200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ey.

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0716125300
Herr Staatssekretär, wie hoch ist die Zahl der gegenwärtig zur Entlassung anstehenden Zeitsoldaten, und mit wie vielen Arbeitslosenfällen ist zu rechnen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716125400
Verehrter Herr Kollege, das kann ich beim besten Willen aus dem Handgelenk heraus nicht sagen. Hätten Sie es in Ihre Frage eingearbeitet, dann hätten wir das natürlich feststellen lassen müssen; denn das müßte erst festgestellt werden. Ich bin kein Wahrsager und kann auch keine Prophezeiung machen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716125500
Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0716125600
Sind für solche Arbeitslosenfälle besondere Übergangshilfen für Zeitsoldaten vorgesehen oder geplant?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716125700
Es sind allgemeine Übergangsbeihilfen, die ich eben angezogen habe, von jedem in Anspruch zu nehmen. Es ist zur Zeit nicht geplant, eine besondere Maßnahme in dieser Richtung durchzuführen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716125800
Meine Damen und Herren, ich danke dem Herrn Staatssekretär. Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
Bevor ich den nächsten Punkt der Tagesordnung aufrufe, möchte ich Gelegenheit nehmen, noch einige Kollegen des Hauses zu ihrem Geburtstag nachträglich zu beglückwünschen.
Am 25. März hat Herr Abgeordneter Dr. Gradl seinen 71. Geburtstag gefeiert. Ich darf ihm im Namen des Hauses alles Gute wünschen.

(Beifall)

Am 27. März hat Herr Abgeordneter Blumenfeld seinen 60. Geburtstag gefeiert, am 2. April Herr Abgeordneter Dr. Schulz (Berlin) seinen 60. Geburtstag, am 6. April Herr Abgeordneter Dr. h. c. Kiesinger seinen 71. Geburtstag und am 6. April 1975 Herr Abgeordneter Dr. Schäfer (Tübingen) seinen 60. Geburtstag. Allen Kollegen gelten die besten Grüße und Wünsche des Hauses.

(Beifall)

Erlauben Sie mir noch eine persönliche Bernerkung: Unser langjähriger Kollege Berkhan, der vor wenigen Tagen von uns zum Wehrbeauftragten gewählt wurde, hat gestern sein 60. Lebensjahr vollendet. Ich schließe ihn in unsere Glückwünsche ein.

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen, daß nach der vorhin interfraktionell beschlossenen Ergänzung der Tagesordnung jetzt die
Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung über die humanitären Anstrengungen der Bundesrepublik Deutschland für Vietnam
erfolgt. Das Wort hat der Herr Bundesaußenminister.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0716125900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit großer Anteilnahme und tiefer innerer Bewegung verfolgen die Menschen in unserem Land die unsagbare Tragödie, die sich vor unseren Augen in Südvietnam abspielt. Eigenes Erleben in der jüngsten Geschichte läßt unser Volk in besonderer Weise Flüchtlingsnot und -elend mitempfinden. An dieser Stelle danke ich nicht nur den karitativen Organisationen und ihren Mitarbeitern, sondern allen Mitbürgern, die mit großer Opferbereitschaft den Aufrufen zur Hilfe Folge leisten.
Für die Bundesregierung ist die Lage in Vietnam Anlaß, dem Deutschen Bundestag über die bisher geleisteten Hilfsmaßnahmen und über die künftigen Absichten zu berichten. Wir sind uns dabei der Tatsache bewußt, daß alle humanitären Maßnahmen vorhandenes Leid nur mildern, aber nicht beseitigen können. Zugleich ist die vietnamesische Tragödie Anlaß für die Bundesregierung, darzustellen, was notwendig ist, um unserem Volk und den Völkern Europas ein gleiches Schicksal zu ersparen.
Die Bundesrepublik Deutschland leistet seit den 60er .Jahren humanitäre Hilfe in Vietnam. Allein in den Jahren 1973/74 wurden bilateral 20,2 Millionen DM aufgewendet. Ein weiterer Betrag in Höhe von 10 Millionen DM wurde im Dezember 1974 an das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF gegeben. Für 1975 hat die Bundesregierung zunächst 1,9 Millionen DM für das deutsch-vietnamesische Krankenhaus in Da Nang und 3 Millionen DM für humanitäre Hilfe in Vietnam, Kambodscha und Laos zur



Bundesminister Genscher
Verfügung gestellt. In seiner Sitzung am 26. März hat das Bundeskabinett eine Aufstockung der Vietnam-Hilfe um 10 Millionen DM gebilligt. Dieser Betrag, der inzwischen weitgehend verplant und zum Teil auch schon ausgegeben worden ist, wurde heute um zunächst weitere 10 Millionen DM erhöht. 3 Millionen DM wurden für die Lieferung hochwertiger Nahrungsmittel, Medikamente und Zelte zur Unterbringung von Flüchtlingen vorgesehen. Die erforderlichen Güter werden auf dem Luftwege nach Saigon gebracht. Die deutsche Botschaft in Saigon hat 2 Millionen DM zur Verfügung, um am Ort vorhandene Hilfsgüter einzukaufen und den Betroffenen zur .Verfügung zu stellen. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes hat zur Linderung der Notlage in Vietnam ein Hilfsprogramm aufgestellt, für das zunächst 5 Millionen Schweizer Franken vorgesehen sind. Dazu trägt die Bundesregierung mit 2 Millionen DM bei. Für ein Hilfsprogramm des UN-Flüchtlingskommissars des Kinderhilfswerks wird die Bundesregierung außerdem einen Beitrag von 1 Million DM leisten. Außerdem ist die Europäische Kommission dabei, die Möglichkeiten einer Nahrungsmittelhilfe aus ihren Beständen zu prüfen.
Insgesamt ist zu bemerken, daß das Hauptproblem bei allen Hilfsmaßnahmen für uns wie auch für die anderen helfenden Länder vor allem darin besteht, unter den gegebenen Umständen die nach Vietnam transportierten oder auch am Ort beschafften Hilfsmittel auch wirklich an die notleidenden Menschen heranzubringen. Hier sind unseren Hilfsmöglichkeiten praktische Grenzen gesetzt. Die Bereitstellung finanzieller Mittel durch die Bundesregierung orientiert sich an diesen Möglichkeiten. Zusätzliche Mittel werden immer dann bereitgestellt, wenn neben der Notwendigkeit der Hilfe auch ihre Effektivität gewährleistet erscheint.
Schon jetzt kann festgestellt werden, daß die Bundesrepublik Deutschland nach den Vereinigten Staaten die größten Hilfsanstrengungen für Vietnam unternimmt.
Ein am 2. April 1975 eingesetzter interministerieller Koordinierungsausschuß hat in seiner ersten Sitzung am selben Tage über die notwendigen humanitären Maßnahmen beraten und die laufenden Maßnahmen koordiniert. Er hat den Auftrag, außerdem Vorstellungen für mittelfristige Hilfsmaßnahmen, die über die Linderung akuter Not hinausgehen, insbesondere für die Frage einer möglichen Hilfe nach einer Waffenruhe zu erarbeiten. Die Bundesregierung hat die Absicht, die laufenden und zukünftigen Maßnahmen in enger Abstimmung mit dem Deutschen Bundestag durchzuführen. Sie wird deshalb den Unterausschuß für humanitäre Hilfe wie bisher auch in Zukunft laufend unterrichten. Sie ist darüber hinaus bereit, auch anderen Ausschüssen zu berichten, wenn es gewünscht wird. Unabhängig von den bisher ergriffenen und vorgesehenen eigenen Hilfeleistungen bemüht sich die Bundesregierung, eine Gemeinschaftshilfe der Staaten der Europäischen Gemeinschaft zustande zu bringen. Sie hat eine solche Gemeinschaftshilfe beim Treffen der Asienexperten im Rahmen der europäischen politischen Zusammenarbeit in Dublin am 4. April 1975 angeregt, dafür aber noch nicht die Zustimmung aller Mitgliedstaaten gewinnen können. Unsere Anregung wird deshalb in der heutigen Sitzung des Politischen Komitees in Dublin weiter verfolgt. Ich habe außerdem den irischen Außenminister darüber unterrichtet, daß ich beabsichtige, diese ebenso wichtige wie dringliche Frage bei dem Treffen der Außenminister der Europäischen Gemeinschaft am kommenden Wochenende zu behandeln. Die Bundesregierung ist auch bemüht, ein Sonderprogramm der Nahrungsmittelhilfe der Europäischen Gemeinschaft vergleichbar der Sahel-Hilfe zustande zu bringen.
Neben den geschilderten Maßnahmen hält sich die Bundesrepublik Deutschland immer bereit, auch in anderer Weise helfend einzuspringen, wenn es aus der aktuellen Situation heraus notwendig ist. So wurden am Ostersonntag zwei deutsche Frachtschiffe in die Gewässer vor Vietnam umgeleitet in dem Bestreben, bei dem Abtransport von Flüchtlingen aus einzelnen Hafenstädten zu helfen. Die Schiffe sind wegen der sich überstürzenden militärischen Entwicklung nicht mehr zum Einsatz gekommen. Sie haben ihre Weiterreise erst in dem Zeitpunkt angetreten, in dem für die noch vorhandenen Bedürfnisse ausreichend Transportraum zur Verfügung stand.
Die Sorge der Bundesregierung galt und gilt der Sicherheit Deutscher in gefährdeten Gebieten. Den rechtzeitig getroffenen Vorsorgemaßnahmen ist es zu verdanken, daß alle Deutschen einschließlich der Familienangehörigen des Botschaftspersonals aus dem Kriegsgebiet rechtzeitig evakuiert werden konnten sowie allen ausreisewilligen Deutschen die Möglichkeit gegeben werden konnte, den Rückflug mit einer von der Bundesregierung entsandten Sondermaschine anzutreten. Es befinden sich zur Zeit noch einige Deutsche in Saigon, die von den angebotenen Flugmöglichkeiten keinen Gebrauch gemacht haben, jedoch noch in der Lage sind, Saigon jederzeit mit den regulären Linienmaschinen zu verlassen. Außerdem verrichten die Mitarbeiter unserer Botschaft weiter ihren Dienst in Saigon.
Bei den Flügen mit der schon erwähnten Sondermaschine sind auch Angehörige anderer Staaten evakuiert worden. Ich benutze die Gelegenheit dieses Berichts, um dem Eindruck entgegenzutreten, als seien amerikanischen Staatsangehörigen freie Plätze in der Maschine vorenthalten worden. Richtig ist vielmehr, daß die Sondermaschine keine Angehörigen befreundeter Nationen, denen ein Platz in der Maschine zugesagt war, in Saigon zurückgelassen hat. Alle angemeldeten Passagiere, die zum vorgesehenen Zeitpunkt des Starts ihre Ausreiseformalitäten erledigt hatten und somit an Bord gehen konnten, wurden von der Maschine mitgenommen. Die Sondermaschine ist zuerst am 4. April 1975 mit 84 Passagieren bei Einbruch der Dunkelheit aus Sicherheitsgründen nach Bangkok geflogen und hat sodann die übrigen Fluggäste am 5. April 1975 in Saigon abgeholt. Da an diesem Tage vorübergehend die Sicherheitslage auf dem Flughafen zweifelhaft war und insbesondere auch



Bundesminister Genscher
im Hinblick auf die Sperrstunden Nachtflüge aus Saigon nicht möglich sind, mußte vor Sonnenuntergang mit weiteren 52 Passagieren gestartet werden. Ich wiederhole nochmals, alle zu diesem Zeitpunkt reisebereiten und reisewilligen Passagiere befreundeter Nationen waren an Bord. Die Amerikaner haben uns im übrigen ausdrücklich bestätigt, für den Abflug ihrer Staatsangehörigen ausreichende Transportkapazität zur Verfügung zu haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Bundesregierung wird auch in Zukunft alles unternehmen, um durch direkte Hilfeleistung in Vietnam, durch Unterstützung internationaler Organisationen und durch eine Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft ihren Beitrag zur Linderung der Not der Menschen in Vietnam zu leisten.
Die vietnamesische Tragödie verdüstert eine ohnehin schon dunkle weltpolitische Lage noch mehr. Eines müssen wir sehen: Wir leben immer noch in einer Welt, in der Krieg und Bürgerkrieg als Mittel der Konfliktlösung nicht unmöglich sind. Der große globale Konflikt konnte vermieden werden. Das sollten diejenigen bedenken, die jetzt voreilig das außenpolitische Konzept der Vereinigten Staaten für gescheitert erklären. Auf der anderen Seite müssen wir feststellen, daß sich an verschiedenen Stellen Konfliktsituationen gewaltsam entladen. Daß sich dafür der Begriff des begrenzten Konflikts herausgebildet hat, darf uns nicht den klaren Blick für die Brutalität trüben, mit der diese Konflikte ausgetragen werden.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Das heißt, die Zonen der Gewaltanwendung konnten begrenzt werden, in diesen Zonen aber ist das Elend der Menschen so unbegrenzt, wie wir es in Europa zuletzt vor 30 Jahren erlebt haben. Unsere Politik darf sich dabei nicht in den Zynismus flüchten, viele kleine Konflikte seien besser als ein großer, sondern sie muß unbeirrt und mit großer Konsequenz an der Beseitigung der Konfliktursachen auch des sogenannten begrenzten Konflikts mitwirken, wo immer und wie immer das möglich ist. Das gilt in besonderer Weise für unsere Bemühungen, mit denen wir zusammen mit unseren Partnern in der Europäischen Gemeinschaft zu einer Lösung des Nahost-Konflikts beitragen wollen.
Die Bundesregierung sieht sich gerade durch die Ereignisse in Vietnam in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik bestätigt. Grundlage unserer Sicherheit ist und bleibt das Verteidigungsbündnis, dem wir angehören. Der Existenz dieses Bündnisses haben wir es ganz wesentlich zu verdanken, daß auf unserem Kontinent der Frieden seit langem gewahrt werden konnte. An diese friedensichernde Funktion gilt es zu erinnern angesichts der bedrohlichen Entwicklungen in anderen Teilen der Welt, aber auch angesichts immer wieder aufkommender Kritik auch im eigenen Lande an der Existenz und der Aufgabe dieses Bündnisses.

(Beifall)

Die Bundesregierung ist entschlossen, alles zu tun,
um die Handlungsfähigkeit dieses Bündnisses nicht
nur zu erhalten, sondern zu stärken. Ich denke dabei an unsere Bemühungen um einen Abbau der Meinungsverschiedenheiten zwischen unseren griechischen und unseren türkischen Verbündeten ebenso wie an unser Bemühen, Portugal den Weg zur Europäischen Gemeinschaft, zu ihren Zielen und zu ihren Idealen zu ebnen. Die Beschlüsse, die die Bundesregierung zu dieser Frage heute gefaßt hat, haben auch im Blick auf das Verteidigungsbündnis ihr Gewicht.
Von besonderer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Bündnisses ist das enge und vertrauensvolle Verhältnis zu unserem Hauptverbündeten, den Vereinigten Staaten. Mit Entschiedenheit tritt die Bundesregierung antiamerikanischer Agitation und Polemik entgegen,

(Beifall auf allen Seiten)

einer Agitation, die mit neuen Formeln und alten Zielen gegen dieses vertrauensvolle Verhältnis und gegen die Wahrnehmung weltpolitischer Verantwortung durch die Vereinigten Staaten gerichtet ist. Unsere Absage richtet sich aber auch an die Adresse derjenigen, die die Pariser Vereinbarungen vom Jahre 1973 zwar begrüßten, nun aber Vorwürfe aus einer anderen Richtung gegen die Vereinigten Staaten erheben.

(Zustimmung)

Wohl aber sollte die Entwicklung in Vietnam bei manchem den Blick dafür geschärft haben, daß der Wert von Vereinbarungen allein vom Willen aller Beteiligten bestimmt wird, diese Vereinbarungen auch einzuhalten, sie nach Buchstaben und Geist zu erfüllen.

(Beifall auf allen Seiten)

Der amerikanische Außenminister hatte recht, als er bei seinem letzten Besuch in der Bundesrepublik Deutschland feststellte, daß unsere Beziehungen nie besser waren als jetzt. Das Vertrauensverhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten ist unverändert vorhanden, und wir werden niemandem erlauben, dieses Vertrauensverhältnis zu gefährden.
Die Handlungsfähigkeit des Bündnisses setzt auch voraus, daß wir unsere Verteidigungsanstrengungen unverändert fortsetzen. Das gilt für die Verteidigungsfähigkeit ebenso wie für den Verteidigungswillen. Auf diese Konsequenz hat der Bundesminister der Verteidigung in seinem Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zum richtigen Zeitpunkt und zu Recht hingewiesen.

(Beifall auf allen Seiten)

Wenn ich vom Verteidigungswillen spreche, so meine ich damit auch das klare Bekenntnis zur Bundeswehr und zum Dienst in der Bundeswehr.

(Erneuter Beifall auf allen Seiten)

Ich denke, meine Damen und Herren, wir alle sind uns auch bewußt, welche Bedeutung eine freiheitliche Staats- und Gesellschaftsordnung für die Stabilität unseres Landes und für seine Verteidigungsfähigkeit hat.

Bundesminister Genscher
Das zweite Element unserer Politik der Friedenssicherung ist die europäische Einigung, die wir mit allem Nachdruck in allen Bereichen vorantreiben. Diese europäische Einigung ist notwendig, weil wir die Herausforderungen der Zeit nur gemeinsam bestehen können, weil wir nur gemeinsam die Europa zukommende Rolle einnehmen können und weil wir wissen, daß der europäische Einigungsprozeß schon jetzt die Konflikte der Vergangenheit unter den beteiligten Staaten unwiederholbar gemacht hat.
Auf den gesicherten Fundamenten des atlantischen Bündnisses und der Europäischen Gemeinschaft setzt die Bundesregierung konsequent ihre Politik des Ausgleichs und der Entspannung mit den Staaten Osteuropas fort, eine Entspannungspolitik, die über die politischen und gesellschaftlichen Systeme hinweg die Aufgabe hat, Konfliktursachen abzubauen und das Entstehen von Konflikten zu vermeiden, die die Aufgabe hat, Mißtrauen abzubauen und schrittweise Vertrauen zu schaffen als Voraussetzung einer auf Dauer angelegten Kooperation an Stelle von Konfrontation. Die Bundesregierung sieht auch in diesem Zusammenhang die Funktion der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und ihre Mitwirkung an dieser Konferenz. Ich bekräftige noch einmal die Auffassung der Bundesregierung, daß die Interessenlagen und die Rahmenbedingungen für die Entspannungspolitik in Europa unverändert fortbestehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Bundesregierung wird ihre Politik der Friedenssicherung konsequent fortsetzen. Sie ist sich dabei bewußt, daß auf keines der drei Elemente — weder auf unsere Verteidigungsanstrengungen noch auf die europäische Einigung noch auf die Politik des Ausgleichs und der Entspannung gegenüber Osteuropa — verzichtet werden kann.

(Beifall auf allen Seiten)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716126000
Wir treten nunmehr in die Aussprache ein.
Das Wort hat Herr Professor Carstens. Die Fraktion der CDU/CSU hat eine Redezeit von 30 Minuten angemeldet.

Dr. Karl Carstens (CDU):
Rede ID: ID0716126100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Welt ist in den letzten Wochen — der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat das zu Recht ausgeführt — Zeuge einer schrecklichen menschlichen Tragödie geworden. Millionen von Vietnamesen begaben sich auf die Flucht, sie verließen ihre Heimat und wanderten einem ungewissen, schweren Schicksal entgegen. Tausende von ihnen, darunter viele Frauen und Kinder, starben, viele davon unter dem Feuer der kommunistischen Waffen, die auch gegen die Flüchtlingsströme eingesetzt wurden.
Es wird kaum ein Volk auf der Welt geben, welches diese Vorgänge mit einer solchen inneren Anteilnahme verfolgt hat und verfolgt wie das deutsche Volk. Erinnern wir uns doch alle daran, daß vor 30 Jahren Millionen von Deutschen, vertrieben aus ihrer Heimat, auf der Flucht in eine ungewisse Zukunft waren und daß viele von ihnen unter den Waffen des Gegners durch Hunger und Erfrierungen ihr Leben lassen mußten. Deswegen ist der Ruf nach Hilfe für die leidenden Menschen in Vietnam in der Bundesrepublik Deutschland so weithin hörbar, deswegen setzen sich nicht nur die karitativen Organisationen, sondern viele andere mit ihnen für eine schnelle und wirksame Hilfsaktion ein. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich die Junge Union und den RCDS nennen, die durch konkrete Maßnahmen praktische und tatkräftige Hilfe für die Opfer der Vertreibung in Vietnam leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Über die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung hat der Bundesminister des Auswärtigen berichtet. Die CDU/CSU-Fraktion hat davon mit Befriedigung Kenntnis genommen. Das schließt aber nicht aus — das möchte ich ausdrücklich hinzufügen —, daß wir gemeinsam — Bundesregierung und Bundestag — darüber beraten sollten, was auf diesem Gebiet noch mehr und noch schneller geschehen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Leider gibt es aber nun auch ganz andere Stimmen. Die Bundesvorsitzende der Jungsozialisten hielt es für richtig, die Massenflucht in Vietnam zu benutzen, um gegen die südvietnamesische Regierung zu polemisieren und der kommunistischen Seite den möglichst schnellen und vollständigen Sieg zu wünschen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

Ihre Ausführungen stimmen wieder einmal mit Erklärungen der Ostberliner Presse und der SED überein.
Andere, die sich in zurückliegenden Jahren lauthals zu entrüsten pflegten, wenn in den Kämpfen in Vietnam durch die Waffeneinwirkung der Südvietnamesen und der Amerikaner Menschen ums Leben kamen, schwiegen und schweigen angesichts der Tragödie, die wir jetzt erleben. Ein beklagenswerter Verfall moralischer und politischer Grundwertvorstellungen hat dazu geführt, daß Mitleid nur den Opfern des jeweiligen politischen Gegners entgegengebracht wird, während man über die Greueltaten der anderen Seite mit Stillschweigen hinweggeht. Ich meine, daß wir dann, wenn wir für die Menschen, ihre Rechte, ihre körperliche Unversehrtheit eintreten — und wir alle sollen und müssen dies tun —, diesen Grundsatz anwenden müssen, ganz einerlei wo und ganz einerlei durch wen Menschen in ihren elementaren Rechten und an Leben und Gesundheit gewaltsam verletzt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Aber die Ereignisse in Vietnam haben nicht nur eine humanitäre Seite. Sie haben weitreichende politische Folgen, die sich in allen Teilen der Welt bemerkbar machen. Der Angriff der nordvietnamesischen und der Vietcong-Streitkräfte stellt eine klare Verletzung der Pariser Vereinbarungen von 1973 über die Beendigung der Kampfhandlungen in



Dr. Carstens (Fehmarn)

Vietnam dar. Der Zusammenbruch der südvietnamesischen Stellungen bedeutet überdies einen nicht zu übersehenden Rückschlag für die Politik der Vereinigten Staaten von Amerika in diesem Teil der Welt, und er bedeutet andererseits eine Verstärkung des Einflusses der Sowjetunion in Südostasien.
Die Rückwirkungen auf die Vereinigten Staaten von Amerika selbst sind noch nicht zu übersehen. Aber sicher läßt sich schon jetzt erkennen, daß viele Amerikaner — und niemand wird ihnen das verdenken können — bedrückt sind über die Tatsache, daß eine jahrelange große Anstrengung der Vereinigten Staaten, die das Leben von 50 000 amerikanischen Soldaten gefordert hat, in einem so schweren Fehlschlag endet.
Es ist gesagt worden, daß wir, die Bundesrepublik Deutschland, in dieser Lage an der Seite der Vereinigten Staaten stehen müssen. Ich unterstreiche diesen Gedanken. Aber ich wende mich zugleich gegen diejenigen, die auch diese Gelegenheit wieder benutzen, um den Vereinigten Staaten von Amerika etwas am Zeuge zu flicken, Sie der Unzuverlässigkeit zu bezichtigen und den Eindruck zu erwecken suchen, als ob auf die Zusagen der Amerikaner kein Verlaß wäre.

(Reuschenbach [SPD] : Dregger!)

Der Außenminister hat das auch gesagt. Ich nehme an, daß er sich damit an die Adresse eines Teiles seiner eigenen Parteifreunde und eines Teiles der Parteifreunde seines Koalitionspartners gewandt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn diejenigen, die jetzt diese Kritik an den Vereinigten Staaten von Amerika üben, sind zu einem großen Teil dieselben, die vor einigen Jahren pausenlos in massiver Form die Amerikaner angegriffen haben, weil sie in Vietnam intervenierten und weil sie sich im Kampf zwischen Nordvietnam und Südvietnam engagierten.
Über die Folgerungen, die aus der neuen Lage für die Politik der friedlichen Koexistenz und der Entspannung zu ziehen sind, hat sich vor einigen Tagen der Bundesverteidigungsminister, Herr Leber, geäußert. Er spricht davon, daß die sogenannte Koexistenz — so sagt er wörtlich — zwischen Kommunismus und freiheitlicher Lebensart für die expansive Ideologie des Kommunismus nur so lange existiere, wie die Pluralität der Lebensauffassungen nicht überwindbar sei. Wenn die Überwindung der westlichen Lebensart unterhalb der Schwelle von Waffengebrauch möglich sei, werde das überall in der Welt auch künftig ohne Waffen versucht werden. Wenn es ohne Risiko möglich sei und für opportun gehalten werde, werde nicht gezögert und werde auch künftig nicht gezögert werden, der Ausbreitung der Ideologie auch mit Schwert und Feuer den Weg zu bereiten. Soweit das Zitat des Bundesverteidigungsministers.
In ihm ist eine ernste und sicherlich eine bedenkenswerte Warnung enthalten. Aber ich frage mich, an welche Adresse sich diese Warnung eigentlich richtet. Ist es nicht eine klare Absage an diejenigen in der Sozialdemokratischen Partei und in der FDP, die seit Jahren der Auffassung anhängen, man könne durch ihre Art von Entspannungspolitik zu einer dauerhaften Regelung, zu einer dauerhaften Sicherung des Friedens gelangen? Sind nicht die Worte des Verteidigungsministers eine schwere Kritik an der Politik von Brandt und von Bahr und anderen, die das deutsche Volk in die Illusion zu setzen versuchten, durch ihre Politik könnten die Konflikte aus der Welt geschafft und könnte der Frieden auf die Dauer gesichert werden? Es war daher auch nicht verwunderlich, daß sich, kaum daß sich der Verteidigungsminister geäußert hatte, Herr Brandt von ihm distanzierte und daß andere Sprecher der SPD über ihn herfielen und ihn in der massivsten Form angriffen.
Meine Damen und Herren, dies ist nicht die Stunde einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der Politik der SPD. Aber ich muß an dieser Stelle doch darauf hinweisen, daß die Sozialdemokratische Partei Deutschlands in entscheidenden Lebensfragen unseres Volkes tief gespalten, in zwei in einem klaren Gegensatz zueinander stehende Flügel auseinandergerissen ist und daß der Bundeskanzler zu diesen Vorgängen schweigt. So können die Interessen der Bundesrepublik Deutschland in den Fragen der Sicherheits-, der Entspannungs- und der Ostpolitik nicht wirksam vertreten werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Um jeder möglichen Mißdeutung von vornherein die Grundlage zu entziehen, lassen Sie mich noch einmal wiederholen, was ich und andere Sprecher der CDU/CSU-Fraktion von dieser Stelle oft gesagt haben: Die CDU/CSU unterstützt und befürwortet Bemühungen um eine Verbesserung der Beziehungen mit den osteuropäischen Staaten und um politische Entspannung. Aber diese Entspannungspolitik muß einige wichtige Voraussetzungen erfüllen, von denen ich zwei hier nenne. Erstens muß die Entspannungspolitik in sich ausgewogen sein. Leistungen der westlichen Seite müssen entsprechende Gegenleistungen der östlichen Seite gegenüberstehen. Das gilt für den politischen ebenso wie für den militärischen Bereich. Entspannungspolitik darf nicht eine Einbahnstraße sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die zweite Voraussetzung für Entspannungspolitik ist, daß wir ein realistisches Bild von den Absichten unserer östlichen Partner vor Augen haben und daß wir uns der Tatsachen, die dort im Laufe der Jahre geschaffen worden sind, bewußt werden. Tatsache ist, daß die Sowjetunion und die anderen Partnerstaaten des Warschauer Paktes in den letzten Jahren eine verstärkte Aufrüstung betrieben haben und daß sie ein erhebliches militärisches Potential aufgebaut haben. Der Oberbefehlshaber der NATO, General Haig, hat kürzlich Zahlen genannt, die jeden von uns nachdenklich stimmen sollten: 6 200 NATO-Panzern stehen 22 000 Warschauer-Pakt-
Panzer gegenüber, und das Verhältnis der Truppenstärken ist 800 000 auf der Seite der NATO und 1 200 000 auf der Seite des Warschauer Paktes,



Dr. Carstens (Fehmarn)

Aber wir dürfen ebensowenig unsere Augen vor der Tatsache verschließen, daß Entspannungspolitik und Politik der friedlichen Koexistenz aus der Sicht der Sowjetunion mit einer Politik der weiteren Expansion des kommunistischen Einflußbereichs in Europa sehr wohl vereinbar ist,

(Dr. Dregger [CDU/CSU] : So ist es!)

ja, daß auf östlicher Seite der Ausbau der kommunistischen Positionen sogar das offene und erklärte Ziel dieser Entspannungspolitik darstellt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

Niemand hat dies deutlicher zum Ausdruck gebracht als der Generalsekretär der KPdSU, Herr Leonid Breschnew, als er auf der Konferenz der kommunistischen Parteien in Karlsbad im Jahre 1967, vor nunmehr acht Jahren, sagte, unter Verhältnissen internationaler Entspannung wandere der Zeiger des politischen Barometers nach links. Gewisse Veränderungen der Beziehungen zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten in gewissen Ländern, ein merklicher Rückgang antikommunistischer Hysterie und das Anwachsen des Einflusses westeuropäischer kommunistischer Parteien hingen eng mit dem Abbau der Spannungen in Europa zusammen. — Soweit das Zitat von Herrn Breschnew.
Ich meine, es ist ein Gebot realistischer Einschätzung der politischen Lage, wenn wir darauf hinweisen, daß die sowjetische Regierung eine Art selektiver Entspannungspolitik betreibt, bei der sie überall dort, wo eine Möglichkeit für eine Ausweitung ihres Einflusses im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben ist, für die Erhaltung des Status quo eintritt, aber überall dort, wo sich eine Möglichkeit zur Expansion bietet, von dieser Möglichkeit eindeutig Gebrauch macht. Ich glaube, wenn man die sowjetischen Verhandlungspositionen einerseits, die gleichzeitig hei der KSZE vertreten werden, mit der Unterstützung der Kommunistischen Partei Portugals durch die Sowjetunion andererseits vergleicht, dann wird ganz deutlich, was ich hier meine.
Etwa gleichzeitig mit den Rückschlägen, die die Südvietnamesen und die Vereinigten Staaten von Amerika in Vietnam erlitten, scheiterte die letzte Friedensmission des amerikanischen Außenministers Kissinger im Nahen Osten. Es ist noch nicht an der Zeit, darüber zu sprechen, wer die Verantwortung für diesen Rückschlag trägt. Sicherlich sind die Konfliktstoffe zahlreich und die Meinungsverschiedenheiten schwerwiegend, und sicherlich ist es nicht leicht, in diesem Teil der Welt zu einer Lösung zu kommen. Entgegen den Befürchtungen mancher Beobachter ist glücklicherweise unmittelbar im Anschluß an das Scheitern der Friedensbemühungen von Herrn Kissinger keine dramatische Zuspitzung der Lage im Nahen Osten eingetreten. Die angekündigte Freigabe des Suezkanals durch den ägyptischen Staatspräsidenten Sadat mag vielleicht sogar ein hoffnungsvolles Zeichen für die Möglichkeit einer friedlichen Lösung sein. Aber niemand wird dem amerikanischen Außenminister widersprechen können, wenn er sagt, daß infolge des Scheiterns seiner Friedensmission die Gefahr einer erneuten militärischen Konfrontation im Nahen Osten wieder gewachsen sei.
Hinzu kommt ein weiterer Gegenstand großer Sorge, nämlich die Entwicklung in einem mit der Bundesrepublik Deutschland bis jetzt verbündeten Land, und zwar in Portugal. Die anfänglichen Hoffnungen, daß dieses Land auf dem Weg zur Liberalität und Demokratie sei, haben sich bisher nicht erfüllt.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Leider wahr!)

Eine Gewähr dafür, daß die für den 25. April vorgesehenen Wahlen freie Wahlen sein werden, besteht nicht. Man muß im Gegenteil feststellen, daß einer der Parteien, die sich an der Wahl beteiligen wollten, nämlich der Christlich-Demokratischen Partei Portugals, durch ein Dekret des Revolutionsrats die Teilnahme an der Wahl untersagt worden ist.
Die portugiesische Szene ist weiter durch die Tatsache gekennzeichnet, daß sich die Kommunistische Partei Portugals als die bei weitem schlagkräftigste politische Organisation erweist, die bereits große Teile der öffentlichen Einrichtungen des Landes kontrolliert oder mitkontrolliert. Der Ausbau der Machtpositionen der kommunistischen Partei erfolgt so zielstrebig und planmäßig, daß sich viele Beobachter die besorgte Frage stellen, ob hier nicht der Versuch einer Machtübernahme vorbereitet wird, ungeachtet der Tatsache, daß die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Portugals das kommunistische System ablehnt. Aber wer erinnert sich nicht an Vorgänge in anderen Ländern, in denen trotz ähnlicher Mehrheitsverhältnisse ein kommunistischer Putsch unternommen wurde und erfolgreich war?
Es ist auch nicht zu übersehen, daß die Kommunistische Partei Portugals eine massive Unterstützung von außen erhält. Aus amerikanischen Presseberichten geht hervor, daß die finanziellen Zuwendungen an die Kommunistische Partei Portugals von außen zwischen 40 und 100 Millionen Dollar pro Monat betragen.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Als Quelle dieser Geldmittel wird die Sowjetunion genannt.

(Zuruf des Abg. Dr. Hirsch [FDP])

Alle diese Ereignisse, von denen ich gesprochen habe, bedeuten in der weltweiten Auseinandersetzung, in der wir uns befinden, einen Rückschlag für die Position der Vereinigten Staaten von Amerika, einen Rückschlag weitgehend für die freie Welt insgesamt, und sie bedeuten umgekehrt eine Stärkung der Position und der Wirkungsmöglichkeiten der Sowjetunion. Ich sage das nicht im Ton der Resignation oder gar des Fatalismus. Ich glaube, die Vereinigten Staaten zu kennen; niemand sollte sich über die Vitalität dieses Landes täuschen, die trotz aller Rückschläge und trotz aller Schwierigkeiten nach meiner Überzeugung ungebrochen ist.
Ich sage das alles, um deutlich zu machen, welche Folgerungen wir selbst — wir Deutschen, wir Europäer — aus dieser Lage ziehen müßten. Ich möchte die Schlußfolgerungen, die nach meiner Auffassung daraus zu ziehen sind, wie folgt zusammenfassen,



Dr. Carstens (Fehmarn)

Erstens. Wir sollten an die nordvietnamesische Regierung und an die Führung des Vietkong appellieren, der menschlichen Tragödie, die sich in Vietnam abspielt, ein Ende zu bereiten, die Menschenleben der Zivilisten zu schonen und die Menschenrechte, die überall auf der Welt Geltung haben, auch dort zu respektieren.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens. Wir sollten verstärkt, wo immer das möglich ist, für die Menschen in Vietnam praktische Hilfe leisten durch Geldzahlungen, durch Lebensmittelsendungen, durch Medikamente und schließlich auch, soweit dies in unseren Kräften steht, durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus diesem Lande.
Drittens. Wir sollten im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft sofort die Bildung eines Hilfsfonds für Vietnam fordern und die entsprechenden Beratungen mit den anderen Regierungen unverzüglich aufnehmen.
Viertens. Wir sollten an die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, an die Menschen in unserem Lande, appellieren, sich durch private Aktionen an der Hilfe für Vietnam zu beteiligen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte denen, die bereits praktische Hilfe geleistet haben, ausdrücklich herzlich dafür danken. Aber wir sollten an alle unsere Mitbürger appellieren, sich an dieser Hilfsaktion zu beteiligen.
Fünftens. Gegenüber den Staaten im Nahen Osten sollten wir eindringlich zum Ausdruck bringen, daß die Probleme dieses Raumes nur auf friedlichem Wege gelöst werden können und daß die Ansätze zu einer Lösung, die durch die Vermittlungsaktion des amerikanischen Außenministers gefunden worden waren, weiterverfolgt werden sollten.
Sechstens. Gegenüber der portugiesischen Regierung sollten wir uns mit Nachdruck dafür einsetzen, daß die bevorstehenden Wahlen am 25. April dieses Jahres als freie Wahlen im Sinne des freiheitlichen Demokratieverständnisses durchgeführt werden, daß alle Parteien, die sich um die Wählerstimmen bewerben, zugelassen werden und daß keine Partei durch Druck oder Drohung oder gar mit physischer Gewalt an der Wahrnehmung der elementaren Rechte einer politischen Partei im Wahlkampf gehindert wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Siebentens. Wir sollten unsere Besorgnis über die Verhaftungswelle zum Ausdruck bringen, die nach uns vorliegenden Berichten über das Land Portugal hereingebrochen ist. Es heißt, daß die Zahl der politischen Häftlinge heute wesentlich höher sei als zur Zeit des vorangegangenen Systems.

(Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

Hier gilt das, was ich vorhin gesagt habe: Wir sollten uns, wenn es sich um die Wahrung der Menschenrechte handelt, vor diejenigen stellen, deren Rechte verletzt werden, ganz gleich, in welchem Lande, und ganz gleich, durch welche politischen Gruppen dies geschieht.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

Und alle freien demokratischen Parteien in Europa sollten sich solidarisch erklären und solidarisch verhalten mit den demokratischen Parteien in Portugal, um deren schwierige Lage zu erleichtern.
Achtens. Wir sollten uns nach unseren Kräften für die Erhaltung des Atlantischen Bündnisses einsetzen. Wir sollten den Vereinigten Staaten sagen, daß wir bereit sind, unseren Anteil innerhalb des Bündnisses für die gemeinsame Verteidigung zu leisten, und wir sollten ihnen sagen, daß wir das Vertrauen haben, daß die Vereinigten Staaten von Amerika auch in Zukunft zu ihren Bündnisverpflichtungen stehen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das vorgeschlagene NATO-Gipfeltreffen in Brüssel im Mai dieses Jahres wird dann ein Mittel zur Stärkung des Bündnisses sein, wenn auf dieser Konferenz Sachentscheidungen getroffen werden, die dem Ernst der Lage gerecht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Neuntens. Wir sollten die außerordentliche besorgniserregende Lage, in der sich die Welt zur Zeit befindet, dazu benutzen, um einen weiteren Schritt in Richtung auf einen engeren Zusammenschluß der europäischen Staaten zu tun. Niemals ist die Notwendigkeit einer europäischen Einigung deutlicher gewesen als in den großen Krisen der Nachkriegszeit. Ich erinnere an die Jahre 1956, 1958, 1962. Wir würden auch dadurch, daß wir einen deutlichen Beweis des europäischen Willens zur politischen Einigung geben, den stärksten Beitrag zur Festigung des Atlantischen Bündnisses leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zehntens. Wir sollten in dieser Lage insbesondere auch die im deutsch-französischen Freundschaftsvertrag von 1963 liegenden Möglichkeiten ausnutzen, um die deutsche und die französische Position soweit wie möglich zu koordinieren. Dies soll und darf niemals als ein Schritt unternommen werden, der sich gegen andere europäische Partner richtet oder von dem andere europäische Partner ausgeschlossen werden. Aber mir scheint, daß der deutsch-französische Vertrag, den Konrad Adenauer und Charles de Gaulle im Jahre 1963 miteinander abschlossen, gerade in der gegenwärtigen Lage, in der Europa sich befindet, erneut seine große, weittragende Bedeutung zeigt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Lage in Europa ist alles andere als ermutigend. Noch steht nicht fest, ob sich Großbritannien für das Verbleiben in der Europäischen Gemeinschaft entscheiden wird. An der Südflanke Europas stehen wir nicht nur in Portugal einer ungewissen Entwicklung gegenüber, sondern auch der südöstliche Teil unseres Kontinents ist weit davon entfernt, zum Frieden und zu der Konsolidierung zurückgefunden zu haben, die die Voraussetzung für



Dr. Carstens (Fehmarn)

eine gedeihliche Fortentwicklung wäre. Ich spreche vor allem von den fortbestehenden Spannungen zwischen der Türkei und Griechenland. In dieser Lage tragen nach meiner Überzeugung Frankreich und Deutschland eine besondere Verantwortung. Ihr Zusammengehen würde eine positive Entwicklung im europäischen Bereich erleichtern, ja, ermöglichen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Hinblick auf die Genfer Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa muß ernsthaft die Frage gestellt werden, ob die dort formulierten Prinzipien des Gewaltverzichts und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eine tragfähige Grundlage für eine dauerhafte Entspannung in Europa bilden, wenn es richtig sein sollte, daß die Sowjetunion gleichzeitig in der geschilderten Weise in massiver Form in die innenpolitische Auseinandersetzung in Portugal eingreift. Was nützt es, so möchte ich fragen, wenn auf der für diesen Sommer ins Auge gefaßten gesamteuropäischen Gipfelkonferenz die Staats- und Regierungschefs aus Ost und West sich gegenseitig ihres Wohlverhaltens und ihrer wohlmeinenden Absichten versichern, aber gleichzeitig — falls sich das als richtig erweisen sollte die eine Seite dabei ist, an einer wichtigen Stelle die Verhältnisse in drastischer Form zu ihren Gunsten und zum Nachteil der anderen Seite, d. h. zum Nachteil der Prinzipien einer freiheitlichen, sozialen und rechtsstaatlichen Demokratie zu verändern?
Meine Damen und Herren, wir stehen zur Zeit in Wahlkämpfen und in politischen Auseinandersetzungen um grundlegende Fragen der Innenpolitik in unserem Lande. Diese Auseinandersetzungen sind wichtig und ernst. Wir dürfen dabei aber nicht übersehen, daß die Bundesrepublik Deutschland unlöslich mit dem Schicksal des freien Europa und der USA verbunden ist. Wir sollten uns darüber hinaus der Tatsache bewußt sein, daß wir, die Bundesrepublik Deutschland, Verantwortung für die weltpolitische Entwicklung tragen und daß wir in dem Maße, in dem wir dazu einen konstruktiven Beitrag leisten können, auch verpflichtet sind, diesen unseren Beitrag zu leisten.
Ich habe immer davor gewarnt, die Möglichkeiten der deutschen Politik zu überschätzen. Ausdrücke wie der, daß wir eine wirtschaftliche Weltmacht seien, scheinen mir ganz fehl am Platze zu sein. Aber wir sind ein Teil Europas, wir sind ein Teil des Nordatlantischen Bündnisses, und wir können in beiden Bereichen zusammen mit unseren Partnern einen Beitrag zur Erhaltung des Friedens, zu unserer eigenen Sicherheit und zur Linderung der Not der in großen Teilen der Welt leidenden Menschen leisten. Das sollten wir tun, und zwar so schnell wie möglich.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716126200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Friedrich. Die Fraktion der SPD hat ebenfalls eine Redezeit von 30 Minuten angemeldet.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716126300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute in diesem Hause über Vietnam, über Portugal zu sprechen kann wohl nicht ohne Erinnerung daran geschehen, daß vor 30 Jahren in unserem Land ein durch eine Diktatur von rechts begonnener Krieg zu Ende ging, der der Menschheit ein Opfer von 50 Millionen Menschenleben abgefordert hat.

(Beifall bei der SPD)

Für uns Deutsche liegt das Ende des zweiten Weltkriegs 30 Jahre zurück. Wer gestern abend die Befragungen im Fernsehen darüber verfolgte, war überrascht, wie viele unserer Mitbürger daran so gut wie keine Erinnerung mehr haben.
In Vietnam, in Indochina hat der Krieg vor 33 Jahren, im Jahre 1942, begonnen, und er hat dort seit 33 Jahren nicht mehr aufgehört.
Wir kennen einen Dreißigjährigen Krieg aus unserer Geschichte. Er hat sich über drei Jahrhunderte hinweg in der Erinnerung unseres Volkes als eine der größten Katastrophen unserer Geschichte eingebrannt. Er war, ich möchte sagen ähnlich wie in Vietnam, heute ein Bürgerkrieg — damals ein Religionskrieg, heute ist es ein säkularisierter Weltanschauungskrieg — und ein Krieg fremder Mächte zugleich, nur mit dem einen Unterschied: daß es heute durch die Technik des 20. Jahrhunderts möglich ist, in wenigen Stunden Verwüstungen anzurichten, die damals ein ganzer Krieg nicht schaffen konnte.
Keiner sollte deshalb leichtfertig über den mangelnden Widerstandswillen der Vietnamesen reden, weil sie nach 33 Jahren müde geworden sind, sich gegenseitig umzubringen. Ich meine, zuerst braucht dieses vietnamesische Volk — ich meine das ganze Volk, ganz gleich, auf welcher Seite die Vietnamesen leben — die humanitäre Hilfe der ganzen Welt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Diesem Volk sind ungeheure Wunden geschlagen worden.
Hier ist der Jungen Union und dem RCDS gedankt worden. Ich möchte den Deutschen danken, die in den letzten Jahren in Vietnam selbst durch Einsatz ihres Lebens, durch Einsatz ihrer Gesundheit für die Menschen dort gewirkt und sich ihnen geopfert haben. Dies war nicht umsonst.

(Beifall auf allen Seiten)

Wir danken auch der Bundesregierung dafür, und wir danken allen Bürgern, die bereit sind, auch künftig Hilfe zu leisten.
Ist dies in Vietnam eine Niederlage des ganzen Westens, wie es Herr Dregger mit dieser einfachen Schablone formuliert hat: hier Osten — dort Westen, hier Kommunismus — dort Demokratie? Hat es in Vietnam nicht als Kolonialkrieg einer europäischen und 1942 einer asiatischen Kolonialmacht begonnen? Erst als diese europäische Kolonialmacht gescheitert war — da waren schon 15 Jahre vorbei —, kamen die Amerikaner. Aber nach 15 Jahren Krieg reichten ihre gigantischen Mittel nicht aus, weder in den Bedingungen des Dschungels noch in



Friedrich
den vorgefundenen Strukturen der vietnamesischen Gesellschaft, einen Staat zu schaffen, der fähig ist, sich aus eigener Kraft zu behaupten.
Ich meine, daß es für den Westen, wenn man von ihm schon spricht, eine Lehre gibt, gerade auch deshalb, weil es in diesen Tagen Parallelen gegeben hat. Ich werde sie zitieren: hier Saigon — da Berlin. Die Verteidigung des Westens ist mit den Mitteln des Westens und mit einer Chance für den Westen nur dort möglich, wo er geistig, politisch, zivilisatorisch und technisch existiert und auch lebensfähig ist. Dies war in Vietnam nicht der Fall.
Und was ist der Osten, von dem von hier ebenfalls in einer Schablone gesprochen wird? Da schreibt der „Bayernkurier" am 5. April, in der Nummer dieser Woche — ich zitiere, Herr Präsident —:
Der Weltkommunismus ist dabei, in Indochina eine Abrundung seines geographischen Besitzstandes zu vollziehen. Die freie Welt hat in Gestalt ihrer Führungsmacht Amerika eine Niederlage erlitten, deren Auswirkungen auf die weltpolitischen Entwicklungen noch nicht abzusehen sind. Auf Deutschland bezogen:
— dies steht auf der ersten Seite —
wenn der jahrelang gehörte Satz, in Vietnam werde auch die Freiheit Berlin verteidigt, richtig war, dann ...
und dann Punkt, Punkt, Punkt. Was sollen denn diese drei Punkte bedeuten?

(Wehner [SPD] : Sehr wahr! — Unruhe bei der CDU/CSU)

Das soll doch der Fragestellung nach, wenn Logik noch Logik ist, wenn Grammatik und Konsequenz im Denken noch gültig sind, bedeuten, daß dann auch der Satz gültig wäre: weil Vietnam von den Amerikanern nicht gehalten worden ist, könne auch Berlin von den Amerikanern nicht gehalten werden. Dieser in der heutigen Nummer des „Bayernkurier" ausgesprochene Zweifel am Willen, Zweifel an der Fähigkeit der Amerikaner, Berlin zu verteidigen, indem man eine willkürliche Parallele zwischen Vietnam und Berlin zieht — so steht dies dort —, ist eine tiefe Beleidigung der amerikanischen Nation,

(Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

die mit ihrer ganzen Existenz für die Freiheit Berlins eingestanden ist. Wir distanzieren uns in aller Form von diesem Vergleich, Berlins Freiheit sei identisch mit der Freiheit Saigons.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

In der gleichen Nummer entdeckt der „Bayernkurier" den Weltkommunismus. Es ist die gleiche Zeitung, die noch vor wenigen Wochen die völlige Übereinstimmung zwischen Mao Tse-tung und Franz Josef Strauß in der Beurteilung der politischen Weltsituation gefeiert hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP) Da gab es ganze Weihe-Nummern, verfertigt von Hofberichterstattern, die von einer nahtlosen Übereinstimmung zwischen diesen beiden historischen Personen der Weltgeschichte sprachen.


(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

Ist Strauß in Peking entgangen, was jedermann weiß: daß Peking heute in Hanoi mindestens genausoviel, wenn nicht mehr Einfluß hat als Moskau?

(Beifall bei der SPD)

Dies ist doch die Situation in Nord-Vietnam.
Was hat denn der CSU-Vorsitzende Strauß, was haben vor ihm die Peking-Reisenden Kohl und Schröder in Peking für das geschundene Volk von Vietnam getan, Herr Carstens?

(Beifall bei der SPD — Wehner [SPD]: Sehr wahr!)

Nein, mit so einfachen außenpolitischen Schablonen ist die Welt in Wirklichkeit nicht zu beschreiben.

(Zustimmung bei der SPD)

Gestern war Mao der große Partner des Philosophen von Sonthofen, heute ist er wieder das Haupt des Weltkommunismus. Das ist eine Außenpolitik des banalen Denkens.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind sicher von dieser Katastrophe in Vietnam mit betroffen. Wir erleben in diesen Wochen, wie die USA, die Realität einer sich seit langem abzeichnenden weltpolitischen Veränderung. Auch wenn einige in diesem Haus es noch nicht begriffen haben, so werden wir es begreifen müssen, und uns bleibt nicht allzuviel Zeit. Die Staaten der dritten Welt gestalten aus eigener Kraft ihre politische Ordnung. Es liegt nicht in unserer Macht und sollte auch künftig nicht in unserem Willen liegen, hier als Ordnungsmächte einzugreifen. Diese Wochen des Zusammenbruchs in Vietnam sind eine bittere Zeit für Amerika, das große Opfer gebracht hat, die aber nicht ausreichten, um den Staat entstehen zu lassen, der notwendig gewesen wäre.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Dies ist die Bilanz. Wir halten es für falsch, was im „Bayernkurier" in Richtung USA am 29. März geschrieben wurde — in einem Artikel auf der Titelseite —: „Niedergang einer Weltmacht". Da heißt es — ich zitiere, Herr Präsident, wenn ich darf —:
Am derzeitigen Debakel in der US-Außenpolitik in Fernost, das auch die europäischen Verbündeten mißtrauisch
— ich wiederhole: mißtrauisch —
machen muß, trägt das Verhalten eines übersteigert selbstherrlich gewordenen Kongresses, der die vom Präsidenten geforderte Rüstungshilfe für diese Staaten drastisch beschnitt, ein gerütteltes Maß an Schuld.
So das CSU-Wochenblatt. Herr Carstens, Sie sollten,
um Ihre Fraktion wenigstens in dieser Frage auf
eine Linie zu bringen, etwas genauer diese Zeitung,



Friedrich
die geistig mehr in Sonthofen als in Bayern angesiedelt ist, lesen.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Liegt Sonthofen nicht in Bayern? — Lachen und weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Zwei Dinge müssen hier festgehalten werden. Die Schuld wird hier dem Kongreß zugeschoben. Als ob wir in Deutschland den Amerikanern vorzuschreiben hätten, welche finanziellen Opfer sie in Vietnam zu bringen haben und wieviel Amerikaner in Vietnam zu sterben haben! Wir können nicht von diesem Hause aus dem amerikanischen Kongreß vorschreiben, was er in Asien zu tun hat.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0716126400
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716126500
Nein, ich halte es so wie mein Herr Vorredner.

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU) — Aber bitte, wenn Sie meinen!


Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0716126600
Herr Kollege Friedrich, ist Ihnen entgangen, daß dieselbe Kritik, die Sie soeben aus dem „Bayernkurier" zitiert haben, in weiten Passagen nahezu wörtlich mit dem übereinstimmt, was der amerikanische Außenminister Kissinger selbst als ernste Warnung an den amerikanischen Kongreß gerichtet hat für den Fall seiner Weigerung, der amerikanischen Regierung die notwendigen Vollmachten zu geben?

(Zurufe von der SPD)


Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716126700
Herr Kollege Jäger, Sie sind als Neuling

(Lachen bei der CDU/CSU)

ebensolange im Auswärtigen Ausschuß wie ich. Wenn Sie nicht begreifen, was eine Diskussion in Amerika über den Krieg in Vietnam mit seinen Tausenden von Menschenopfern bedeutet und was wir hier ,den Amerikanern sagen können, dann sollten Sie sich für die nächste Periode einen Nachfolger in Ihrem Wahlkreis suchen.

(Beifall bei der SPD — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

Die Bilanz der Union, die eine Bilanz des Mißtrauens ist, sind wir nicht bereit zu unterschreiben. Wir sind nicht bereit, denn 33jährigen Krieg in Vietnam als Prophezeiung für das künftige Schicksal des Bündnisses zwischen Europa und den Vereinigten Staaten in unser Programm aufzunehmen. Selbst wenn man sehr kritisch gegenüber den Vereinigten Staaten ist — und wir wissen, daß der Krieg in Vietnam die Einstellung der Welt zu den Vereinigten Staaten zerrissen hat, wie er selbst das amerikanische Volk zerrissen hat —, so möchte ich hier daran erinnern, was Thomas Mann einmal am Ende des Zweiten Weltkriegs geschrieben hat, als er sagte: Man mag dieses Amerika — ich sage es dem Sinn nach — ein kapitalistisches Land nennen, aber es wird unvergessen bleiben, daß es sich aufgemacht hat, die Demokratie in Europa zu retten, als die faschistische Barbarei die Demokratie in Europa zerstören wollte. Wir sind überzeugt, daß dieses demokratische Amerika heute im Vertrauen zu Europa steht und daß Europa diesem demokratischen Amerika Vertrauen entgegenbringen muß und kein Mißtrauen entgegenbringen darf.

(Beifall bei der SPD — Dr. Warnke [CDU/ CSU] : Wer ist denn „wir"? — Rawe [CDU/ CSU] : Das müssen Sie den Jusos sagen, nicht uns! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

— Es wird Ihnen nicht gelingen, den Verteidigungsminister hier gegen seine eigene Partei auszuspielen;

(Lachen bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das brauchen wir nicht zu tun, das machen Sie schon selber!)

denn wenn die Opposition hier auf diese Positionen ausweichen muß, dann doch deshalb, weil sie weiß, daß die Bundeswehr heute den höchsten Leistungsstand in ihrer Geschichte hat und weil diese Bundeswehr heute auch Vertrauen in der Bundesrepublik und in der Welt für unsere Sicherheit genießt.

(Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Das ist Ihr Verdienst, Herr Friedrich!? — Dr. Jobst [CDU/CSU] : Das haben die Jusos geschafft!)

Hier kann man auch nicht, wie Herr Dregger in seinem Interview es wäre Sache des Fraktionsvorsitzenden gewesen, dazu ein klärendes Wort zu sagen — vor der gegenwärtig zweifellos schwierigen Situation dieses Bündnisses ausweichen, indem man die Zweifel an Amerika dadurch nährt, daß man eine europäische Verteidigungsgemeinschaft und Verfügungsgewalt über strategische nukleare Waffen für einen europäischen Bundesstaat fordert.

(Dr. Dregger [CDU/CSU]: Eine gute Sache!)

Dies war bisher nicht die Meinung der Opposition. Es wäre gut gewesen, wenn der Fraktionsvorsitzende diese Position eines so wichtigen Politikers der Union hier korrigiert hätte.

(Mattick [SPD] : Sehr wahr!)

Wenn wir heute in Europa politische Sorgen haben, dann deshalb, weil es im Süden Regionen gibt, in denen Regierungen mit einem konservativ-demokratischen, einem konservativ-autoritären und einem konservativ-diktatorischen Selbstverständnis es versäumt, ja bewußt verhindert haben, daß soziale Reformen stattfinden, die einfach die Voraussetzung dafür sind, daß sich alle Menschen mit ihrem Staat identifizieren können. Deshalb halten wir es für falsch zu meinen, daß wir in Europa so tun müßten, als sei alles nur eine Aufgabe der Sicherheitspolitik. Sicherheitspolitik unter den heutigen Bedingungen der Weltpolitik ist zuerst auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, der wirtschaftlichen Sicherheit und der Garantie der demokratischen Rechte.



Friedrich
Wenn man heute über Portugal so redet, sollte man nicht vergessen, was diesem Volk in einer fast fünfzigjährigen Diktatur eines Salazar und eines Caetano angetan worden ist.

(Stücklen [CDU/CSU] : Darum haben sie Besseres verdient!)

— Ich will, Herr Stücklen, einen für Sie unverdächtigen Zeugen zitieren. Herr Cycon schreibt am 1. April — wenn ich zitieren darf —:
Nirgends in Europa, selbst nicht in den ärmsten Teilen des italienischen Stiefels, habe ich furchtbarere Steinhöhlen gesehen als die an den Rändern der Lissaboner Altstadt. Nur im Orient ist so erbarmungslos auf meine Sinne die Attacke geprasselt, zu der sich schließlich der Anblick dieser entsetzlichen Vielzahl von Bettlern und Krüppeln, Hinkenden, Buckligen, Einarmigen, Schielenden, Blinden und Kröpfigen auswächst.
Weiter schreibt er über den Süden:
Trüb ist das Wasser, ich möchte mir die Hände darin nicht waschen. Nicht umsonst wird es ja zuerst durchs gräfliche Haus geleitet, und in diesem Wasser schrubbt wieder ... ein Dutzend Frauen seine Wäsche. Mitte 30 mögen die meisten sein, den Gesichtern nach, aber die Figuren sind schon zerlaufen, krumm und gebeugt ... Ich habe jetzt eine Vorstellung davon, warum der Aleutejo heute „rot" ist.
Es stand in der „Welt"!
Dieses arme, geschundene, von einer Rechtsdiktatur mißhandelte Portugal hat heute drei Probleme zu lösen: erstens die Entkolonialisierung, zweitens die Demokratisierung und drittens die Überwindung von Feudalstrukturen, die das Land und die Menschen erbarmungslos ausgebeutet haben,

(Zurufe von der CDU/CSU)

so daß Portugal heute noch Millionen von Analphabeten besitzt mit dem Ergebnis, daß das Minimum einer Voraussetzung für wirksame demokratische Strukturen fehlt. Jenes Land Salazars — manche haben sich sogar Orden umhängen lassen und sind hingefahren — war ein zutiefst antihumanes System.

(Beifall bei der SPD)

Wenn der Herr Kollege von Hassel sich vor einer Woche in Lissabon auf mich berufen hat, dann habe ich nichts dagegen, wenn er Befürchtungen ausspricht. Aber er kann sich nur auf mich berufen, wenn er diese Analyse teilt und wenn er nicht, wie er es getan hat, als Gesprächspartner jene wählt, die schon der vorhergegangenen Diktatur gedient haben.

(Beifall bei der SPD)

Hier gibt es einen ganz entscheidenden Unterschied.
Wir haben jene Demokraten unterstützt, die heute
in Portugal die einzige demokratische Bastion sind.

(Zuruf von der CDU/CSU: Die einzige?)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0716126800
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kiep?

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0716126900
Herr Kollege Friedrich, würden Sie die Freundlichkeit haben, die Gesprächspartner, mit denen Herr von Hassel gesprochen haben soll, zu nennen, die frühere Mitglieder der Diktatur Salazar und Caetano gewesen sind.

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716127000
Ich bin bereit, Ihnen die Namen schriftlich zu nennen.

(Lachen und lebhafte Zurufe von der CDU/ CSU — Rawe [CDU/CSU] : Aber hier behaupten, das ist typisch! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0716127100
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716127200
Ich bin auch bereit, da ein Journalist von uns da war, Ihnen wörtlich zu geben, daß Herr von Hassel sich auf mich berufen hat, als er nach einem Manne gefragt wurde, der wegen des Putsches geflohen ist, Herr Kiep.

(Zurufe von der CDU/CSU: Darum geht es nicht! Nennen Sie den Namen!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0716127300
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kiep?

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716127400
Ja.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0716127500
Herr Kollege Friedrich, ich darf meine Frage wiederholen: Mit wem soll Herr von Hassel, den ich auf dieser Reise begleitet habe, gesprochen haben, der auf Grund Ihrer Aussage, die Sie eben hier gemacht haben, ein Angehöriger der früheren Diktatur Caetano oder Salazar sein soll?

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716127600
Mit einem Manne, der früher mit Caetano zusammengearbeitet hat.

(Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU: Nennen Sie ihn doch! Namen, bitte!)

— Den Namen werden Sie erhalten!

(Erneute Zurufe von der CDU/CSU: Jetzt! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das ist Ihre Art! — Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Das ist Diffamierung! — Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Das ist eine Verleumdung! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Dieses Portugal soll am 25. April — —

(Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

— Herr Kiep, wenn sich Herr von Hassel in Lissabon auf mich beruft,

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wem gegenüber?)




Friedrich
und zwar im Anschluß an eine Frage, die sich auf einen Mann bezogen hat,

(Maucher [CDU/CSU] : Auf wen?) der am Putsch beteiligt war


(Zuruf von der CDU/CSU: An welchem Putsch? —Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Wie heißt er denn?)

— Herr Osorio —, dann stelle ich fest, was mich von bestimmten Leuten in Portugal trennt. Dies muß ich feststellen.

(Beifall bei der SPD)

Mit diesen Leuten habe ich nichts zu tun, denn diese Leute haben der Demokratie und der Entwicklung der Demokratie in Portugal den schlechtesten Dienst erwiesen.

(Dr. Müller [München] [CDU/CSU] : Distanzieren Sie sich auch von Cunhal? — Abg. Kiep [CDU/CSU] meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage)

— Herr Kiep, ich möchte jetzt weitersprechen. Sie erhalten den Namen.

(Rawe [CDU/CSU] : Sie haben gerade so getan, als ob das der Name gewesen sei! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sie haben doch eben gerade Osorio genannt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Nein, ich hatte noch einen anderen Namen genannt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0716127700
Herr Kollege, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sie haben „Osorio" gesagt!)


Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716127800
Nein, ich habe gesagt — — Bitte, lesen Sie morgen das Protokoll nach, wenn Sie nicht genau zugehört haben.

(Rawe [CDU/CSU] : Das ist typisch, hier unwahre Behauptungen aufstellen und dann nicht dazu stehen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0716127900
Herr Kollege, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716128000
Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage mehr zu. Ich habe vier Zwischenfragen zugelassen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

—Bitte, noch eine einzige!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716128100
Eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kiep.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0716128200
Sollte es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, daß der eben von Ihnen genannte Herr Osorio maßgeblich an dem Putsch gegen die Diktatur am 24. April 1974 beteiligt war?

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Das ist ihm entgangen! — Dr. Eyrich [CDU/CSU]: Das weiß er doch nicht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716128300
Herr Kiep, Sie wissen sehr wohl, daß Herr Osorio geflohen ist, weil er am Gegenputsch des 11. März beteiligt war,

(Dr. Müller [München] [CDU/CSU] : Gegen die Kommunisten!)

und ich wiederhole, was alle Welt bisher geschrieben hat, daß jene, die am 11. März geputscht haben, der Demokratie in Portugal einen sehr, sehr schlechten Dienst erwiesen haben.
Vizepräsident 'Frau Funcke: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Warnke?

Bruno Friedrich (SPD):
Rede ID: ID0716128400
Nein.

(Benz [CDU/CSU] : Und der ist Vertreter des rechten Flügels der SPD! — Zurufe der Abg. Maucher [CDU/CSU] und Stücklen [CDU/CSU] sowie weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich kann hier nur davor warnen, über Portugal so zu reden, als ob man sich die Freiheit nimmt, auf die ersten Wahlen, die dort überhaupt nach 50 Jahren stattfinden, Einfluß zu nehmen, und auf der anderen Seite zu fordern, wir müssen Einfluß von außen verhindern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD — Dr. Jobst [CDU/CSU] : Freie Wahlen! Das sind gar keine freien Wahlen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Dieses Portugal hat, als es vor einem Jahr diese Diktatur abschüttelte, ein schweres Erbe übernommen. Ich habe darauf hingewiesen. Ich muß hier daran erinnern, daß der Weg der Bundesrepublik Deutschland

(Zuruf des Abg. Dr. Althammer [CDU/CSU])

nach zwölf Jahren Diktatur vier Jahre gedauert und unter Aufsicht einer Militärregierung stattgefunden hat. Einige haben in diesem Lande offensichtlich vergessen, warum wir unter Aufsicht einer Militärregierung den Weg zur Demokratie zurückfinden mußten.

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

Deshalb bin ich der Meinung, man muß einem Lande wie Portugal, das fast 50 Jahre unter einer Diktatur gelebt hat,

(Zuruf des Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU] sowie weitere Zurufe von der CDU/CSU)

eine Chance geben. Wir dürfen die Demokratie in Portugal nicht abschreiben, ehe sie überhaupt eine Chance des Wirkens bekommen hat.

(Beifall bei der SPD)




Friedrich
Deshalb wissen wir auch, daß bei den sozialen und wirtschaftlichen Problemen dieses Landes unsere Wirtschaftsordnung nicht übernommen werden kann. Was die pluralistische Demokratie angeht, so werden wir kritische Beobachter Portugals sein.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Wir sind der Meinung, daß dort dem Willen des Volkes in Wahlen Ausdruck gegeben werden muß, daß ein Mehrparteiensystem möglich sein muß, daß ein Rechtsstaat möglich sein muß. Und ich habe Vertrauen in den portugiesischen Justizminister Zenha; er hat viele Jahre für die Demokratie im Gefängnis gesessen, weil er als mutiger Rechtsanwalt politische Häftlinge verteidigt hat, und ich zweifle nicht an der rechtlichen Gesinnung dieses Mannes.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

Deshalb begrüßen wir, daß die Bundesregierung bereit ist, Portugal zu helfen, und wir hoffen, daß es Portugal, und ich nenne zugleich Spanien, möglich sein wird, schrittweise — im Rahmen der politischen Bedingungen, die gegeben sein müssen, will man der Gemeinschaft angehören — den Weg nach Europa zu finden. Spanien hatte in den letzten Jahren einen großen wirtschaftlichen Aufschwung zu verzeichnen; wir hoffen auf Spaniens Weg nach Europa. Für uns Sozialdemokraten sind die dort vorhandenen, aber nicht als legal zugelassenen demokratischen Parteistrukturen die legalen politischen Kräfte von morgen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen sie nicht nur sehen, sondern auch als solche behandeln. Im übrigen gibt es selbst auf der Seite der gegenwärtigen spanischen Regierung Kräfte, die vorausschauend die Existenz dieser Strukturen schweigend hinnehmen und die es als notwendig erkennen, daß diese Kräfte schrittweise zur Geltung kommen.
Wir werden in Europa, solange diese sozialen Krisen im Mittelmeerraum andauern, durch eine Phase der politischen Instabilität gehen. Dies kann aber nicht bedeuten, daß Europa die Friedenspolitik abschreibt! Ich glaube, daß diese Entwicklung in der Welt eher die Notwendigkeit aufzeigt, daß Europa schneller zur politischen Einigung zusammenfindet.

(Zustimmung des Abg. Wehner [SPD])

Wer die Entwicklung im Nahen Osten verfolgt, weiß, daß sich in den letzten Monaten auch im Denken Israels eine Wandlung vollzogen hat, daß Israel heute mehr auf Europa schaut. Wir begrüßen, daß der Außenminister von der Bereitschaft Europas gesprochen hat, an einer Garantie für eine dauernde friedliche Regelung im Nahen Osten mitzuwirken. Hier sollten die Staaten der Gemeinschaft zusammen wirken, und wenn der Weg nach Genf zu Friedensverhandlungen für den Nahen Osten gesucht werden sollte, sollten nicht die Staaten des Westens einzeln, sondern sollte die Gemeinschaft als solche in Genf vertreten sein.
In Genf findet auch noch die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa statt. Ich möchte den Unterschied zwischen der Opposition und den Regierungsparteien in einem einzigen Zitat sichtbar machen.

(Dr. Müller [München] [CDU/CSU] : Von den Jungsozialisten!)

Der Landesvorsitzende der hessischen CDU, Herr Dregger,

(Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Jetzt geht's aber los!)

hat in seinem Südwestfunk-Interview erklärt: Genf ist eine schöne Stadt, und unsere Unterhändler sollten spazierengehen. — Dies ist eine Außenpolitik des blanken Zynismus.

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

So kann man nicht einer Konferenz gegenübertreten, bei der 35 Staaten zum erstenmal in diesem Jahrhundert in einer Phase des Friedens — und nicht nach einem Krieg — zusammenkommen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Deshalb wissen wir, daß Sie den Weg von der Obstruktion zur Opposition in der Außenpolitik nicht Befunde haben.

(Dr. Müller [München] [CDU/CSU] : Den haben die Jusos gefunden!)

Wir wissen, daß die Bundesregierung das Prinzip der entschiedenen Friedenspolitik mit einer entschiedenen Sicherheitspolitik verbindet. Wir haben nie die Sicherheitspolitik vernachlässigt, weil wir den Frieden wollen. Deshalb hat diese Bundesregierung bei all dem, was sie in den letzten Wochen getan hat, das volle Vertrauen meiner Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0716128500
Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.

Hans-Günter Hoppe (FDP):
Rede ID: ID0716128600
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Rede des Oppositionsführers zur internationalen Lage schien mir maßvoll, und doch trägt die politische Würdigung der Vorgänge nach meinen Vorstellungen einige unwirkliche Züge. Nicht, daß die Ereignisse in Vietnam und Kambodscha oder in den Krisenherden der NATO einseitig beschrieben worden wären; nein, das ganz gewiß nicht! Aber was die politische Verantwortung der Bundesregierung, ihre Einfluß- und Gestaltungsmöglichkeiten im internationalen Maßstab betrifft, da wird ihr — wie ich meine — trotz der Wortwahl immer wieder eine Rolle zugeschrieben, die sie nach Lage der Dinge tatsächlich nicht hat und die sie sich auch nicht anmaßen sollte. Wir sollten uns hier keine Überzeichnung leisten. Maßlosigkeit im Kompetenzanspruch ist uns ebenfalls verwehrt.
Meine Damen und Herren, wir sollten der Bundesregierung zunächst dafür danken, daß sie, wie sie in ihrer Unterrichtung mitgeteilt hat, aktiv tätig



Hoppe
geworden ist, um das unvorstellbare Maß an Not, Elend und menschlichem Leid lindern zu helfen. Diese Hilfe kann und muß gleichermaßen in nationaler Verantwortung sowie in übergreifender europäischer Solidarität geleistet werden. Die Unterstützung für die notleidende Bevölkerung in ganz Vietnam muß schnell wirksam werden; denn das Flüchtlingselend verträgt keine bürokratischen Hemmnisse. Die Bereitschaft, zu helfen, und die Zustimmung zu den Maßnahmen der Bundesregierung sind deshalb ganz allgemein. Es spiegelt sich hier das tiefe Mitgefühl einer Bevölkerung wider, die sich schmerzlich an schreckliche Abschnitte der eigenen Geschichte erinnert fühlt. Sie würde es daher nicht verstehen, wenn humanitäre Leistungen an politischer Engstirnigkeit oder am Krämergeist scheiterten.
So wie die unmittelbare Hilfe für die unmittelbar Betroffenen selbstverständlich sein muß und Gott sei Dank auch selbstverständlich ist, so verdienen die in Vietnam so engagierten Vereinigten Staaten in der gegenwärtigen Phase der Unsicherheit Bekundungen der Sympathie und des Verständnisses. Unsere Bereitschaft für eine partnerschaftliche Unterstützung bei der Überwindung dieser innen- und außenpolitischen Krise gilt es überzeugend sichtbar zu machen. Wir wollen uns dabei keineswegs aufdrängen, und wir wollen uns schon gar nicht zum Zensor anderer aufspielen. Besserwisserei steht uns nun wirklich nicht gut an.

(Sehr gut! bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die amerikanische Regierung darf einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik auch künftig sicher sein. Wir werden nicht in den Fehler verfallen, in einer grobschlächtigen und sachlich auch nicht vertretbaren Gleichmacherei die Szenerie Südostasiens auf andere Räume zu übertragen. Wir haben nicht die Absicht, mit fehlerhaften Gleichungen fehlerhafte Schlußfolgerungen zu produzieren. Das tragische Geschehen in Vietnam ist auf die Bundesrepublik und ihr Verhältnis zu den Vereinigten Staaten nicht zu übertragen und darf deshalb auch nicht zum Anlaß für politische Glasperlenspiele gemacht werden.
Meine Damen und Herren, an dem 30jährigen Krieg der Neuzeit, der in Vietnam zu Ende zu gehen scheint, hat die Bundesregierung weder unmittelbaren noch mittelbaren Anteil. Das Thema sollte deshalb auch nicht zu einem innenpolitischen Streitpunkt werden, selbst nicht auf dem Umweg über Portugal.
Natürlich kann und muß man Betrachtungen darüber anstellen, welche Auswirkungen die ostasiatischen Reflexionen auf die Stellung Amerikas als Führungsmacht des westlichen Bündnisses und damit auf die Schlagkraft der NATO haben. Selbstverständlich kann man diese Fragestellung in ihrer Brisanz auch noch verschärfen, wenn man die Problembereiche der NATO, Zypern und Portugal, in diese Betrachtungen einbezieht. Es scheint mir hier nur nicht der rechte Ort und der rechte Zeitpunkt zu sein, vorhandene Besorgnisse, die gewiß bestehen und die auch niemand leugnen will, heute hier auszubreiten. Ich gehöre sonst nicht zu jenen, die dem Parlament bei seiner Arbeit Zurückhaltung anraten und die der Exekutive das Feld gern allein überlassen. Im Bereich militärpolitischer Erwägungen und militärischer Konzeptionen allerdings würde ich mir und dem ganzen Haus dies aber gern anraten wollen.
Soweit die gewachsene atlantische Gemeinschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Europa in ihren künftigen politischen Zielvorstellungen zur Diskussion steht, ist dieses Parlament allerdings aufgerufen, Rede und Antwort zu stehen. Unter dem Eindruck der uns bildhaft vermittelten Herrschaft von Krieg, Gewalt und Terror werden Zweifel am Sinn und an der Ernsthaftigkeit der Entspannungspolitik laut. Es sind jetzt — nicht nur vereinzelte — Stimmen zu hören, die vom Scheitern dieser Politik sprechen. Bereits die Kündigung des zwischen den USA und der UdSSR abgeschlossenen Handelsabkommens wurde zum Anlaß genommen, eine neue Phase internationaler Politik vorauszusagen. Und doch hat dieser Vertragskonflikt das Ende der Entspannungspolitik genausowenig signalisiert wie es das Ende des Vietnamkrieges tun könnte. Nein, in Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Es wird jedoch immer wieder deutlich, daß Entspannungspolitik nicht Politik der Stärke mit anderen Mitteln sein kann.
In Ostasien haben die Vereinigten Staaten die Position der Stärke, in die sie, aus welchen Gründen auch immer, hineingeraten waren, mit dem Pariser Abkommen geräumt und sich damit erkennbar zur Entspannungspolitik bekannt. Die gegenwärtigen Exzesse der machtpolitisch rücksichtslos agierenden Kommunisten in Vietnam werden sie von dieser Linie nicht abbringen. Die Weltmächte werden sich nicht in die atomare Konfrontation treiben lassen, die sie seit der Kuba-Krise abzubauen und gänzlich zu beseitigen bemüht sind.
Jede der beiden Supermächte hat ein gerüttelt Maß an innenpolitischen Problemen zu bewältigen und steht vor einem solchen Ausmaß an Forderungen und Ansprüchen von verbündeten, befreundeten und Hilfe bedürftiger Staaten dieser Welt, daß ein Umschalten auf die Politik kriegerischer Auseinandersetzung in letzter Konsequenz doch sehr unwahrscheinlich ist, wenn wir die Weltlage nüchtern analysieren. Alles, was im Augenblick an Erkenntnissen auch und gerade aus dem Lager der kommunistischen Führungsmacht vorliegt, deutet doch darauf hin, daß die Signale weiter auf Entspannung gestellt sind und nicht auf Konfrontation stehen.
Und doch heißt das nicht, daß die militante, ja die militärische Auseinandersetzung völlig ausgeschlossen ist und bereits in den Bereich der Utopie zu verweisen wäre.
In den Anstrengungen, unsere Friedenspolitik militärisch abzusichern und dafür unsere Verteidigungsbereitschaft zu stärken, dürfen wir deshalb nicht nachlassen. Noch sind Entspannungspolitik und Verteidigungsbereitschaft zwei Seiten ein und derselben Medaille. Das mag manchem wider-



Hoppe
spruchsvoll erscheinen, aber doch entspricht es der Wirklichkeit.
Es wäre schön, könnten Mißtrauen und Furcht, könnten Aggression und Krieg aus dieser Welt verbannt werden. Gegenwärtig darf man so etwas nur wünschen und sich mit seiner Politik schrittweise auf diesen Zustand hinzuentwickeln versuchen. Die Annahme, daß dieser Zustand schon erreicht wäre oder auch nur unmittelbar bevorstünde, ist nicht erlaubt. Wer seine Entscheidungen unter eine solche Prämisse stellt, ist wirklich ein Träumer und gefährdet unsere freiheitliche Existenz.
Die Fraktion der FDP unterstützt deshalb noch einmal die eindeutigen Feststellungen, die der Außenminister hier heute über die Ausführungen des Verteidigungsministers getroffen hat.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich bin sicher, daß die Bundesregierung neben ihrer die militärischen Risiken absichernden Bündnispolitik in ihren Verteidigungsanstrengungen nicht nachlassen wird. Sie wird sich mit den Verbündeten bemühen — vornehmlich mit den Vereinigten Staaten —, eine intakte und schlagkräftige NATO zu erhalten. Sie wird sich aber auch — und dessen bin ich gleichfalls gewiß — von einer mit der Angst argumentierenden Opposition nicht ins Bockshorn jagen lassen. Die Priorität liegt auch weiterhin bei einer Politik der friedlichen Entspannung und der konsequenten Fortsetzung aller auf diesem Gebiet unternommenen Anstrengungen. Nur mit einer Politik der Vernunft und des Ausgleichs werden wir die Menschheit vor einer militärischen Katastrophe bewahren.
Diesen Weg beharrlich weiterzugehen, dafür die eigenen Beiträge in den internationalen Beziehungen zu leisten, bleibt die Bundesregierung aufgerufen. Nur auf diesem Wege werden wir für die
Völker dieser Welt — auch für Portugal, meine Damen und Herren — am ehesten demokratische Grundsätze zur Anwendung bringen.
Die Fraktion der FDP wird die Bundesregierung bei ihren Bemühungen um Entspannung auf dem vom Außenminister dargestellten Weg mit Nachdruck unterstützen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0716128700
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0716128800
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe nur noch zwei Sätze hinzuzufügen. Ich bin nicht ganz sicher, ob ich eine Bemerkung des Herrn Oppositionsführers richtig verstanden habe. Er schien mir gerügt zu haben, daß Darlegungen, die der Bundesminister des Auswärtigen heute hier gemacht hat, nicht schon vorher durch den Bundeskanzler vorgetragen worden seien. Ich wollte darauf hinweisen, daß das, was der Bundesminister des Auswärtigen hier heute ausgeführt hat, nicht nur dem Namen, sondern auch dem vollen Inhalt nach die vorher debattierte Auffassung der Bundesregierung — und damit auch meine — darstellt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0716128900
Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.
Damit sind wir am Ende der heutigen Sitzung. Ich berufe das Haus auf morgen, den 10. April, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.