Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom16. Januar 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schäuble, Dr. Marx, Burger, Dr. Evers, Dr. Eyrich, Dr. Gruhl, Härzschel, Dr. Hauser , Dr. Wörner und Genossen betr. strukturpolitische Zusammenarbeit am Oberrhein — Drucksache 7/2956 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7'3086 verteilt.Der Bundesminister fur Verkehr hat mit Schreiben vom17. Januar 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gerlach , Dr. Unland, Dr. Wendig und Genossen betr. deutschniederländisches Grenzgebiet — Drucksache 7/2886 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7,3097 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 15. Januar 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Leicht, Höcherl, Dr. Althammer, Krampe, Dr. Häfele, Dr. Götz, Franke und der Fraktion der CDU/CSU betr. Finanzlage der Bundesanstalt fur Arbeit — Drucksache 7/3045 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3085 verteilt.Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 14. Januar 1975 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:Verordnung des Rates über die Einführung von bei der Ausfuhr bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren anwendbaren durchschnittlichen Ausgleichsbeträgen — Drucksache 7/2715 —Verordnung (EWG) des Ratesbetreffend die Einführung einer Subvention bei der Einfuhr von Weiß- und Rohzuckerüber die Finanzierung der Subvention bei der Einfuhr von Zucker und die Gewährung einer Subvention für die über die Höchstquote hinaus erzeugten ZuckermengenDrucksache 7/2717 —Verordnung des Rates zur Erhebung einer Ausfuhrabgabe für gewisse Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse mit Zusatz von Zucker im Falle von Schwierigkeiten bei der Zuckerversorgung- Drucksache 7/2656 —Verordnung des Rates zur Ergänzung der Verordnung (EWG) Nr. 232/73 des Rates über die Durchführungsbestimmungen zu Artikel 47 der Akte über die Beitrittsbedingungen und die Anpassung der Verträge betreffend die Handelsregelung der Waren, die unter die Verordnung (EWG) Nr. 1059/69 fallen— Drucksache 7/2759 —Verordnung des Rates zur Festsetzung der Orientierungspreise für die in Anhang I Abschnitte A und C der Verordnung (EWG) Nr. 2142/70 aufgeführten Fischereierzeugnisse für das Fischwirtschaftsjahr 1975— Drucksache 7/2911 —Verordnung des Rates zur Festsetzung der Orientierungspreise für die in Anhang II der Verordnung (EWG) Nr. 2142/70 aufgeführten Fischereierzeugnisse für das Fischwirtschaftsjahr 1975— Drucksache 7/2913 —Überweisung von EG-VorlagenDer Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:Verordnung des Rates zur Einführung einer Ausfuhrabgabe für bestimmte Waren, die unter die Verordnung (EWG) Nr. 1059/69 fallenDrucksache 7/3031 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Ratesüber die Einfuhr bestimmter Fischereierzeugnisse mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaftüber die Einfuhr bestimmter Fischereierzeugnisse mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaft— Drucksache 7/3032 --überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft , Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung betreffend die Festsetzung der Preise für einige Agrarerzeugnisse und bestimmte damit zusammenhängende Maßnahmen— Drucksache 7:3033 --überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatEntschließung des Rates betreffend eine überarbeitete Liste der im Rahmen des Aktionsprogramms für den Umweltschutz zu untersuchenden Schadstoffe der zweiten GruppeDrucksache 7/3034 —überwiesen an den Innenausschuß , Ausschuß fürJugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage desBerichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatEntscheidung des Rates zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens für einen Informationsaustausch über die Luftverschmutzung durch Schwefelverbindungen und Schwebstoffe zwischen den Überwachungs- und Kontrollnetzen— Drucksache 7/3035 —überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage desBerichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Festsetzung der Interventionspreise für frische oder gekühlte Sardinen und Sardellen für das Fischwirtschaftsjahr 1975— Drucksache 7/3036 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Festsetzung des gemeinschaftlichen Produktionspreises für Thunfische, die für die Konservenindustrie bestimmt sind, für das Fischwirtschaftsjahr 1975— Drucksache 7/3037 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatRichtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Alkoholmeter und Aräometer für Alkohol sowie über alkoholometrische Tafeln— Drucksache 7/3038 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
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9824 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
Vizepräsident von HasselVerordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif hinsichtlich des bei der Tarifierung bestimmter Käsesorten anzuwendenden Umrechnungskurses— Drucksache 7:3039 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Festsetzung der Auslösungspreise für Tafelwein für den Zeitraum vom 16. Dezember 1974 bis 15. Dezember 1975— Drucksache 7/3040 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatRichtlinie des Rates zur zweiten Änderung der Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für zur Ernährung bestimmte Kakao- und Schokoladeerzeugnisse— Drucksache 7 3041 -überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit , Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung Nr. 2981/74 des Rates vom 26. November 1974 zur Festlegung der Grundregeln für die Destillation von Wein von geringerer Qualität als Tafelwein und mit Herkunft aus bestimmten Katastrophengebietenüberwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werdenÜberweisung von ZollvorlagenDer Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:Aufhebbare verkündete Dreiunddreißigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung— Drucksache 7/3043 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte umVorlage des Berichts rechtzeitig dem Plenum am 16. April 1975Aufhebbare verkündete Achtundvierzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz —Drucksache 7/3044 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte umVorlage des Berichts rechtzeitig dem Plenum am 16. April 1975Aufhebbare verkündete Dreißigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung -- Drucksache 7 3048 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte umVorlage des Berichts rechtzeitig dem Plenum am 16. April 1975Aufhebbare verkündete Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs
— Drucksache 7/3057 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte umVorlage des Berichts rechtzeitig dem Plenum am 23. April 1975Aufhebbare verkündete Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs
- Drucksache 7/3058 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte umVorlage des Berichts rechtzeitig dem Plenum am 23. April 1975Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde— Drucksache 7/3089 —Der Ältestenrat hat vorgeschlagen, daß wir auch in dieser Woche, abweichend von den Richtlinien für die Fragestunde, zwei Fragestunden mit einer jeweiligen Dauer von 90 Minuten durchführen. Nach § 127 unserer Geschäftsordnung muß diese Abweichung von der Geschäftsordnung beschlossen werden. Erhebt sich Widerspruch? — Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.Wir treten nunmehr in die Fragestunde ein.Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz.Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Freiherr Ostman von der Leye auf:Ist der Bundesregierung bekannt, daß japanisches Kriegsspielzeug der Marke Tamiya in der Bundesrepublik Deutschland verkauft wird, das mit Hakenkreuzemblemen sowie SS- und Totenkopfemblemen versehen ist und somit der Straftatbestand des § 86 a StGB — Verbot der Verwendung von Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen -- erfüllt ist, und ist sie bereit, mit den Ländern dahin gehend Verbindung aufzunehmen, daß die Staatsanwaltschaften zu verstärkter Verfolgungsintensität veranlaßt werden?Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. de With!
Maßnahmen der Strafverfolgung im Hinblick auf die Straftatbestände des § 86 a StGB fallen in die Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden der Länder. Der Bundesregierung liegen Auskünfte der Länder über den in der Frage angesprochenen Sachverhalt bisher nicht vor, so daß zur Zeit eine strafrechtliche Beurteilung des Sachverhalts nicht möglich ist. Der Bundesminister der Justiz ist jedoch bereit, die zuständigen Landesjustizverwaltungen um Auskunft darüber zu bitten, ob Staatsanwaltschaften ihres Zuständigkeitsbereichs wegen des Vertriebs von japanischem Kriegsspielzeug Ermittlungsverfahren eingeleitet haben.
Über die mir von den Ländern erteilten Auskünfte werde ich Sie zu gegebener Zeit gern unterrichten.
Eine Zusatzfrage hat der Herr Abgeordnete Ostman von der Leye.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bedanke mich sehr, Herr Staatssekretär. Herr Staatssekretär, wären Sie in der Lage, zu sagen, ob bei bestimmten Straftatbeständen die Justizministerkonferenz in Zukunft — oder vielleicht ist das schon in der Vergangenheit geschehen — über solche Dinge auch berichtet und ob in der Justizministerkonferenz z. B. die Verfolgungsintensität beraten wird?
Davon gehe ich aus. Ich bitte dabei nur zu berücksichtigen, daß die Justizministerkonferenz aus den Justizministern der Länder und dem Bundesminister der Justiz besteht und diese Konferenz selbständig darüber befindet, was auf die Tagesordnung gesetzt wird.
Keine weitere Zusatzfrage.Ich rufe die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann auf:Warum ist nach Auskunft der Bundesregierung in der Fragestunde vom 16. Oktober 1974 bei den von Polen begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit „nach den uns vorliegenden Untersuchungen" Verjährung eingetreten, und wie vereinbart sich dies gegebenenfalls mit dem Beitritt Polens zur UN-Konvention von 1968 über die Nichtanwendung von Verjährungsvorschriften auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, „gleichgültig, wann sie begangen wurden"?Zur Beantwortung bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9825
Zu Ihrer Frage, Herr Kollege Wittmann, darf ich zunächst etwas richtigstellen.
In Beantwortung der Frage des Herrn Kollegen Windelen vom 16. Oktober 1974 habe ich nicht davon gesprochen, daß nach polnischem Recht „Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit" verjährt sind. Ich habe vielmehr gesagt, daß in den „Fällen" oder wegen der „Taten" Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Auf diesen Unterschied hinzuweisen erscheint mir deshalb notwendig, weil nach den bestehenden völkerrechtlichen Grundlagen das Problem, wann eine Straftat als „Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit" anzusehen ist, nicht eindeutig beantwortet werden kann.
Bei meinem Hinweis, daß „nach den uns vorliegenden Untersuchungen" bzw. „Unterlagen" nach polnischem Recht Verfolgungsverjährung anzunehmen ist, bin ich von verschiedenen Grundlagen ausgegangen. Ich möchte die folgenden anführen:
a) den von Geilke in deutscher Übersetzung veröffentlichten polnischen Strafkodex, Berlin 1970;
b) Geilkes Veröffentlichung des polnischen Gesetzes über die Hemmung der Verjährungsfrist gegenüber Taten der während des Zweiten Weltkriegs begangenen schwersten Hitlerverbrechen vom 22. April 1964 in: WGO 1964, Seite 164 ff. — wie Sie wissen, bedeutet WGO: „Die wichtigsten Gesetzgebungsakte in den Ländern Ost-, Südosteuropas und in den ostasiatischen Volksdemokratien", c) eine Stellungnahme der Abteilung für Ostrechtsforschung des Seminars für deutsches und nordisches Recht an der Universität Hamburg vom 15. Februar 1965 u. a. zu der Frage, in welchen Oststaaten die Verjährung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder von NS-Verbrechen durch Bestimmungen des allgemeinen Rechts oder durch besondere Gesetze ausgeschlossen worden ist; d) eine Stellungnahme von Heidelmayer „über die Unverjährbarkeit von Kriegs- und Humanitätsverbrechen" in der Zeitschrift über die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisation, Februar 1969.
Aus diesen Unterlagen ergibt sich, daß nach polnischem Recht die Strafverfolgungsverjährung nur im Hinblick auf bestimmte nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen gehemmt worden ist. Bezüglich aller anderen Verbrechen nach polnischem Recht verblieb es deshalb bei der nach den Art. 105 und 106 des polnischen Strafkodex bestimmten Verjährungszeit von 20 bzw. 25 Jahren.
Daraus ist zu folgern, daß für Verbrechen im Zusammenhang mit der Vertreibung Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist.
Zu Ihrer Frage nach der Vereinbarkeit des polnischen Rechts mit dem Beitritt Polens zur VN-Konvention von 1968 über die Nichtanwendung von Verjährungsvorschriften auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit möchte ich hier nur darauf hinweisen, daß Polen den Anforderungen der Konvention in der Weise Rechnung getragen hat, daß es in Art. 109 seines Strafkodex von 1969 folgende Bestimmung aufgenommen hat: „Auf
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die ti Menschlichkeit finden die Verjährungsvorschriften keine Anwendung".
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Wittmann.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Bestimmung des Art. I der von Ihnen erwähnten und von mir auch angefragten UN-Konvention auch auf die Vertreibungsverbrechen Anwendung findet, weil die Qualifikationsmerkmale in diesem Art. I auf diese zutreffen, und daß die polnische Gesetzgebung mit dem von Ihnen erwähnten Art. 105 des polnischen Strafgesetzbuchs von 1964 offensichtlich gegen diese Konvention verstößt, wenn es in Art. I der Konvention heißt „Für die folgenden Verbrechen, gleichgültig, wann sie begangen wurden, gibt es keine Verjährungsfristen ...", wenn es weiter in Art. IV der UN-Konvention — Polen ist ihr ja beigetreten — heißt „Die Unterzeichnerstaaten dieser Konvention werden gemäß ihrem Verfassungsrecht" — „Verfassungsrecht" hier gleich „Verfahrensrecht" — „alle gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um sicherzustellen, daß die Vorschriften über Verjährungsfristen im Falle von Verbrechen nach Art. I und II dieser Konvention keine Anwendung finden und dort, wo es solche Vorschriften gibt, diese Fristen aufgehoben werden"?
Herr Kollege Wittmann, ich glaube, dies war ein ganzes Bündel von Fragen. Aber dem Tenor nach möchte ich antworten, daß die Bundesregierung um Verständnis dafür bittet, daß sie aus außenpolitischen Gründen von einer Stellungnahme zu diesen Fragen absieht.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es im Sinne einer allseits wirkenden Gerechtigkeit wäre, wenn man seitens der Bundesregierung unsere Partner auf diesen Umstand aufmerksam machte und verlangte, daß, wenn wir Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen bestrafen, dies auch dort geschieht, damit endlich einmal ein Schlußstrich gezogen werden kann?
Daß die Bundesregierung immer bemüht ist, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen, ist offenkundig. Aber ich war davon ausgegangen, daß Sie, Herr Kollege Wittmann, nachdem Sie auch Berichterstatter in Dingen waren, welche die Ostpolitik angehen, wissen, aus welchen außenpolitischen Gründen wir meinen, von einer Erläuterung insoweit absehen zu können und zu müssen.
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9826 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß in Art. 109 des polnischen Strafkodex die Nichtverjährbarkeit von Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Einklang mit der UNO-Konvention aufgenommen ist, daß aber trotzdem gleichartige Verbrechen in Polen nach doppeltem Recht beurteilt werden, je nachdem, ob die Opfer Polen oder Deutsche sind, und daß Sie das aus außenpolitischen Gründen für vertretbar halten?
Sie haben mich nur insoweit richtig verstanden, als ich in Beantwortung der Frage gesagt habe, daß Polen in der Weise darauf Rücksicht genommen hat, daß es den Art. 109, den ich zitiert habe, eingefügt hat. Im übrigen habe ich eine Aussage dazu nicht gemacht.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ostman von der Leye.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, würden Sie es mit mir nicht auch für seltsam halten, wenn in diesem Falle genau diejenigen eine Verjährung ablehnen, die in anderen Fällen dauernd für die Verjährung hierzulande eingetreten sind?
Darüber läßt sich streiten. Ich meine nur, daß der Standpunkt der Bundesregierung zur Verjährung allgemein bekannt und daß es fraglich ist, ob ein weiteres Frage-und-Antwort-Spiel zu dem hier in Rede stehenden Thema weise wäre.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie nach dem, was Sie zu dem Art. 109 des, polnischen Strafgesetzbuchs vorgetragen haben, fragen, ob diese Bestimmung nicht rückwirkend für alle Taten gilt, die damals begangen worden sind.
Herr Kollege, ich glaube, Sie werden verstehen, daß es mir nicht ansteht, für die Bundesregierung zu bewerten, wie andere Staaten welche Bestimmungen anwenden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereiches angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Dr. 1e With.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf und teile mit, daß die Fragen 3 und 4 des Abgeordneten Büchner auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf und teile mit, daß die Fragen 5 und 6 des Abgeordneten Dr. Evers auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf.
Beabsichtigt die Bundesregierung, über eine Weiterverwendung des Prof. Machens, der Präsident der Bundesanstalt für Bodenforschung in Hannover werden sollte, bald zu entscheiden, und wenn ja, welche Tätigkeit ist für Herrn Prof. Machens vorgesehen?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Grüner.
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9828 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9829
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9830 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9831
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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9832 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9833
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9834 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Reiser.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9835
Herr Staatssekretär, kann bei einigen Fragen nicht der Eindruck aufkommen, daß es hier mehr um Spielereien mit Statistiken geht als um die Sache selbst, nämlich Arbeitslosigkeit?
Daß dies ein politisch hochbrisanter Vorgang ist, darüber gibt es keinen Zweifel, und daß man daran natürlich gern etwas drehen möchte, kann ich verstehen; aber wir werden uns da schon zu wehren wissen.
Die Antwort ging haarscharf an einer Wertung vorbei. Wertungen sind weder in der Frage, noch in der Antwort nicht gestattet. Aber ich glaube, daß es haarscharf daran vorbeigegangen ist.
Weitere Zusatzfragen zu diesen drei Fragen liegen nicht vor.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Breidbach auf:
An welcher Stelle innerhalb der OECD-Staaten steht die Bundesrepublik Deutschland mit ihren derzeitigen Arbeitslosenzahlen im Verhältnis zu den Beschäftigtenzahlen?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Breidbach, die Internationale Arbeitsorganisation hat eine vergleichende Ubersicht über die OktoberArbeitslosenquote in 14 Industriestaaten erstellt, die der OECD angehören. Dort liegt die Bundesrepublik Deutschland auf Platz 8 in der Höhe der Quote, nimmt also einen Mittelrang ein. Nach Schätzungen der OECD für die 24 Mitgliedstaaten zur Arbeitslosigkeit im zweiten Halbjahr 1974 ändert sich an dieser mittleren Position wenig. Die Bundesrepublik nimmt danach den zwölften Platz ein. Allerdings lassen sich derartige Aussagen nur mit großen Vorbehalten machen. Internationale Vergleiche von Arbeitslosenzahlen sind durch unterschiedliche Erhebungsmethoden in den einzelnen Ländern in ihrer Aussagekraft stark beeinträchtigt.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Breidbach.
Herr Staatssekretär, haben Sie zufällig Angaben über Vergleichsmöglichkeiten der letzten Jahre zur Hand, und könnten Sie mir sagen, ob die Bundesrepublik Deutschland schon einmal an achter bzw. — vorausschauend — an zwölfter Position unter den 24 OECD-Staaten gelegen hat?
Herr Kollege, ich habe keine vergleichenden Darstellungen da, aber ich bin gern bereit, Ihnen die Ergebnisse aus der Vergangenheit schriftlich mitzuteilen.
Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Breidbach.
Herr Staatssekretär, gibt es interne Berechnungen — ich meine damit keine Angaben des Internationalen Arbeitsamtes — über die Position der Bundesrepublik Deutschland innerhalb der OECD-Staaten zum Ende dieses Jahres?
Mir ist nicht bekannt, ob solche abgeschlossenen Ergebnisse vorliegen. Ich werde aber auch das gern prüfen lassen und Ihnen dann das Ergebnis mitteilen.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Nordlohne.
Herr Staatssekretär, ich habe eine Frage, die auf unser Sozialrechtssystem abzielt, nach dem auch jemand, der nicht durch die entsprechenden 26 Vorwochen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe hat, wenn Sie so wollen, sehr wohl arbeitslos sein und seinen Lebensunterhalt aus der Sozialhilfe bestreiten kann. Ich frage also, ob unser Rechtssystem mit den Rechtssystemen der 24 OECD-Staaten gleichzusetzen ist, um hier überhaupt eine solche Rangliste aufstellen zu können.
Ich sagte bereits, daß es hier sehr schwierig ist, zu vergleichen. Ich darf aber sehr deutlich sagen: ich bin der Auffassung, daß unsere Erhebungen sehr umfassend sind. Bei uns werden Arbeitslosengeldbezieher, Arbeitslosenhilfebezieher und auch Arbeitsuchende in die Arbeitslosenquote einbezogen, die in anderen Ländern zum Teil geschätzt wird, zum Teil auf Stichprobenergebnissen beruht. Ich gehe davon aus, daß unsere Erhebungen sogar außergewöhnlich sorgfältig erstellt sind.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Wagner.
Herr Staatssekretär, können Sie mir das sonderbare Phänomen erklären, das darin besteht, daß die Bundesregierung beim Vergleich von internationalen Preisentwicklungen stets die neuesten Zahlen zur Hand hat und sie eifrig zitiert, während sie offenbar größte Schwierigkeiten hat, die Position der Bundesrepublik bei einem Vergleich der Arbeitslosenzahlen international zuverlässig zu ermitteln und auch zu publizieren?
Herr Kollege, die Preisstatistiken werden national erhoben und werden dadurch schnell bekannt. Hier handelt es sich um eine Frage im OECD-Bereich. Dabei ist natürlich das Ergebnis immer erst mit gewissen Abständen zu erhalten.
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9836 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Freiherr Ostman von der Leye.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, werden Sie mit mir darin übereinstimmen, daß man bei einer solchen Statistik, um vergleichbare Zahlen zu bekommen, auch die Zahl der jeweiligen Gastarbeiter in den anderen Staaten einbeziehen müßte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt viele Faktoren, die man berücksichtigen müßte. Auch ist die Frage nicht nur auf die Gastarbeiter bezogen zu stellen, sondern z. B. auch auf den Bereich der Teilzeitbeschäftigten, die bei uns mit einbezogen werden und die möglicherweise in anderen Ländern überhaupt nicht berücksichtigt werden. Von daher gesehen muß man also solche Vergleiche in der Tat sehr vorsichtig bewerten.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 27 des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 28 des Abgeordneten Ey auf:
In welchem Umfang besuchten Gastarbeiterkinder aus Nicht-EWG-Ländern Schulen in der Bundesrepublik Deutschland, und ist zu erwarten, daß infolge der Kindergeldgewährung mit einer deutlichen Zunahme dieser Schüler gerechnet werden muß?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Nach Mitteilung der Ständigen Konferenz der Kultusminister besuchten im Schuljahr 1972/73 rund 200 000 Kinder aus Nicht-EWG-Staaten allgemeinbildende Schulen in der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundesregierung ist bekannt, daß anläßlich der Einschulung neuer Ausländerkinder Ende vergangenen Jahres in der Öffentlichkeit die von Ihnen angedeutete Erwartung diskutiert wurde.
Zunächst einmal ist hierzu zu bemerken, daß ein Zuzug von Familienangehörigen, hier insbesondere von Kindern im schulpflichtigen Alter aus den unterschiedlichsten, sicherlich nicht immer ökonomischen Motiven erfolgen kann. Es dürfte schwierig sein, hier die für den einzelnen maßgebenden Motivationen zu erfassen und daraus allgemeine Aussagen im Sinne Ihrer Fragestellung zu ermitteln. Auch rein zahlenmäßig ist es zur Zeit nicht möglich, in der Statistik der Wanderung von ausländischen Staatsangehörigen über die Grenzen der Bundesrepublik nach Familienangehörigen ausländischer Arbeitnehmer — und darunter wieder nach Schülern — zu unterscheiden.
Generell dürfte jedoch davon auszugehen sein, daß die neuen Kindergeldsätze die ausländischen Arbeitnehmer nicht in erheblichem Maße zum Familiennachzug veranlassen, da das höhere Kinder-
geld für die in der Bundesrepublik lebenden Kinder durch die höheren Lebenshaltungskosten aufgezehrt würde.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Ey.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß oftmals durch die Kinder der Gastarbeiter, die in den Schulen sind, auch erhebliche sprachliche Schwierigkeiten, Verständigungsschwierigkeiten bestehen und dadurch auch der Lernprozeß der eigenen Kinder erheblich verlangsamt wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, wir wissen, daß es hier beachtliche Schwierigkeiten gibt, sowohl im Kindergartenbereich als auch im Schulbereich. Die Bundesregierung, aber insbesondere auch die Länder sind bemüht, mit wissenschaftlichen Methoden die Sprachbarrieren abzubauen.
Allgemein darf ich noch einmal sagen, daß aus Ihrer Frage nicht abgeleitet werden kann, daß wir nun ausschließlich Klassen für Ausländerkinder einrichten sollten. Denn das würde der Auffassung der Bundesregierung, eine Integration zu betreiben, widersprechen.
Keine Zusatzfrage. Ich rufe Frage 29 des Abgeordneten Rollmann auf — der Abgeordnete ist anwesend —:
Wird die Bundesregierung angesichts der Zahl von 100 000 arbeitslosen Jugendlichen im Alter von 15 bis 20 Jahren nunmehr ein Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeits- losigkeit aufstellen und verwirklichen?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Kollege Roll- mann, die derzeitige Jugendarbeitslosigkeit hängt vor allem mit der konjunkturbedingten Verschlechterung der Beschäftigungssituation zusammen. Demgegenüber treten strukturbedingte Ursachen — anders als bei den älteren Arbeitnehmern — zurück. Daher ist eine vergleichsweise kurze Dauer der Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen zu beobachten.Die konjunkturbelebenden Maßnahmen insbesondere vom Dezember des vergangenen Jahres werden somit gerade den Jugendlichen zugute kommen. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß mit den vorgesehenen Lohnkostenzuschüssen auch der Abschluß von Ausbildungsverträgen für arbeitslose Jugendliche verstärkt gefördert werden soll. In die gleiche Richtung soll die Mobilitätszulage wirken. Schließlich wurden im Rahmen des Konjunkturprogramms weitere 75 Millionen DM als Zuschüsse für überbetriebliche Ausbildungsstätten bereitgestellt, so daß nunmehr insgesamt 150 Millionen DM dafür zur Verfügung stehen. Es ist zu erwarten, daß sich ihre Beschäftigungssituation im Zuge des durch diese Maßnahmen eingeleiteten Wirtschaftsaufschwungs alsbald normalisieren wird. Im übrigen ist auf die besonderen Vermittlungsbemühungen hinzuweisen, welche die
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9837
Parl. Staatssekretär BuschfortBundesanstalt für Arbeit für Jugendliche unternimmt.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Rollmann.
Darf ich daraus entnehmen, Herr Staatssekretär, daß die Bundesregierung nicht die Absicht hat, zugunsten der jugendlichen Arbeitslosen besondere Maßnahmen zu ergreifen?
Herr Kollege Rollmann, diese Frage kann ich jetzt nicht abschließend beurteilen, da das Kabinett im Moment diese Frage behandelt.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Rollmann.
Ist es nicht so, Herr Staatssekretär, daß das Geld, das die Bundesregierung jetzt für die Errichtung von überbetrieblichen Ausbildungsstätten ausgeben will, erst sehr langfristig zur Geltung kommt? Denn es dauert doch einige Zeit, bis diese Ausbildungsstätten errichtet worden sind, bis sie ausbilden und arbeiten können.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin Ihrer Auffassung, daß die Errichtung neuer Ausbildungsstätten natürlich längerfristig gesehen werden muß. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, Herr Kollege Rollmann, und zwar die, Gelder in vorhandene Ausbildungsstätten zu investieren und damit die Zeit, die sonst für den Bau in Anspruch genommen würde, ganz beachtlich zu verringern.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die Jugendarbeitslosigkeit in strukturschwachen Gebieten infolge der Rezession in der Wirtschaft und des Fehlens von Arbeitsplätzen besonders hoch ist, und stimmen Sie mir zu, daß gerade hier ein Sofortprogramm dringend erforderlich ist? Ich denke hier z. B. an die Einschaltung von Bundesunternehmen, Bahn und Post, mit dem Ziel, hier zumindest Lehrplätze zur Verfügung zu stellen.
Herr Kollege, das Bundeskabinett wird heute die von Ihnen angesprochene Frage prüfen, die Frage also, ob freie Kapazitäten im Ausbildungsbereich bei der Bundespost und der Bundesbahn zur Verfügung gestellt werden können. Ich kann Ihnen also, wie gerade auch dem Kollegen Rollmann, keine Antwort geben. Sicherlich werden Sie das Ergebnis morgen durch die Presse erfahren.
Aber ich will in diesem Zusammenhang auf ein anderes Problem aufmerksam machen, wenn Sie von strukturschwachen Gebieten sprechen: Selbstverständlich gibt es besondere Schwierigkeiten und Probleme. Aber wir dürfen dabei nicht vergessen, daß auf Grund von Gesetzgebung und Tarifverträgen z. B. ältere Arbeitnehmer nur noch schwer gekündigt werden können, ebenso Behinderte und Beschäftigte mit besonderem sozialen Status, z. B. Familienväter. Letztlich ist dann die weichste Stelle der Status der Jugendlichen. Da ein Jugendlicher unter 20 Jahren auch nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, haben wir es uns vielleicht alle ein wenig selber zuzuschreiben, daß es sich hier um einen Schwachpunkt handelt.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Nordlohne.
Herr Staatssekretär, da nach den Angaben der Bundesanstalt von den jugendlichen Arbeitslosen ein großer Teil nicht einmal über einen Hauptschulabschluß verfügen — was ja eigentlich die Grundlage für eine zukünftige berufliche Tätigkeit wäre —, möchte ich fragen, ob die Bundesregierung auch diesen Aspekt in die Überlegungen einbezieht, möglicherweise Hauptschulabschlüsse nachholen zu lassen.
Herr Kollege, die Bundesanstalt für Arbeit hat speziell für diese Jugendlichen Sonderprogramme eingeleitet. Die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel sind beachtlich. Mit diesen Mitteln soll erreicht werden, daß diese Jugendlichen in Kurzlehrgängen oder aber in ausgesprochenen Ausbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen für eine angemessene Tätigkeit vorbereitet werden, die gerade in strukturschwachen Bereichen einen längerfristigen Arbeitsplatz sichert.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie angesichts der beängstigenden Jugendarbeitslosigkeit die Tatsache, daß bei der Deutschen Bundespost im letzten Jahr von 6 000 Ausbildungsplätzen, für die sämtlich die notwendigen Installationen und Ausbilder vorhanden sind, nur 1 000 besetzt wurden, 5 000 also unbesetzt geblieben sind?
Könnten Sie entsprechende Zahlen für die Bundesbahn nennen, und wie beurteilen Sie diesen Tatbestand angesichts der Vorwürfe, die gegen die freie Wirtschaft erhoben werden: daß dort zuwenig Jugendliche Ausbildungsmöglichkeiten erhalten?
Herr Kollege Schulze-Vorberg, ich bin der Auffassung, daß wir diesen Vorwurf, der in der Öffentlichkeit erhoben
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9838 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
Parl. Staatssekretär Buschfortwird, ernsthaft prüfen müssen. Wie ich bereits sagte, beschäftigt sich das Kabinett heute mit diesen Fragen.Selbstverständlich muß ich hier auch sagen, daß wir als Mitglieder des Bundestages der Deutschen Bundespost und der Bundesbahn immer wieder zur Sparsamkeit Veranlassung gegeben haben. Dabei sind natürlich Personaleinschränkungen vorgenommen worden und werden wahrscheinlich auch zukünftig vorgenommen werden. Daß das dann Auswirkungen haben kann, die wir jetzt beklagen, ist kaum zu bestreiten.Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang aber auch noch etwas zu Ihrer Bemerkung sagen, es handele sich um eine beängstigende Arbeitslosenquote. Ich habe in den letzten Tagen verschieden Zahlen gelesen, zu denen ich in aller Deutlichkeit sagen muß: Hier handelt es sich um Schätzungen und nicht um amtliche Angaben. Darüber hinaus ist der September 1974 als Bezugspunkt denkbar schlecht, da es sich bei diesem Monat um einen Monat handelt, in dem die Schulentlassungen sichtbar werden. Daher sind alle Hochrechnungen, in denen man auf diesen Monat Bezug nimmt, mit erheblichen Risiken behaftet.
Eine weitere Zusatzfrage hat der Abgeordnete Stahl.
Herr Staatssekretär, nun müßte dieses Problem der Arbeitslosigkeit von Jugendlichen natürlich auch in Zusammenarbeit mit den Bundesländern gelöst werden. Können Sie dem Hause einmal darstellen, ob eine CDU/CSU-geführte Landesregierung für diesen Bereich und dessen Lösungsmöglichkeit schon ein spezielles Programm vorgelegt hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Stahl, mir sind spezielle Länderprogramme nicht bekannt. Vielleicht darf ich das mit einer Einschränkung sagen: Nordrhein-Westfalen hat ein Sonderprogramm verabschiedet.
Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Urbaniak.
Herr Staatssekretär, liegen erste Erfahrungen in der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit beim Abrufen der Lohnkostenzuschüsse und der Mobilitätszulage vor, mit anderen Worten: Bemüht sich die Wirtschaft darum, diese Mittel einzusetzen, um selbst zum Abbau dieser Arbeitslosigkeit beizutragen?
Herr Kollege Urbaniak, mir ist bekannt, daß ein außergewöhnlich großes öffentliches Interesse an diesen Fragen vorhanden ist. Es ist aber noch zu früh, hier jetzt schon Erfahrungswerte zu verkünden, da dieses Programm erst seit wenigen Wochen in Kraft ist.
Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Maucher.
Herr Staatssekretär, werden Sie mir zugeben, daß dieses Problem in der Tat doch darauf zurückzuführen ist, daß die Bereitschaft zur Ausbildung in den letzten Jahren nachgelassen hat? Können Sie mir die Hauptursache nennen, weshalb die Bereitschaft nachgelassen hat, Jugendliche auszubilden?
Verehrter Herr Kollege, die Zusatzfragen müssen sich auf die Grundfragen beziehen. Ich habe keine Bedenken, wenn in diesem Fall die Antwort erfolgt, aber Ihre Frage bezieht sich nicht auf die Grundfrage. Deshalb muß die Antwort jetzt nicht gegeben werden.
Ich darf die Grundfrage damit untermauern: Würden Sie zur Kenntnis nehmen, daß mir gestern von der Bundesanstalt für Arbeit mitgeteilt wurde, daß diejenigen, die keine Ausbildung haben, den größten Teil der arbeitslosen Jugendlichen darstellen?
Das ist auch sehr an der Grenze.
Herr Kollege Maucher, die Beantwortung dieser Fragen fällt zweifellos in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Ministeriums. Aber mein Informationsstand — und den will ich hier gern kundgeben — geht dahin, daß im vergangenen Jahr 3 800 Jugendliche arbeitslos waren, weil sie keine Lehrstelle gefunden haben. Wenn man weiß, welch großer Bedarf an Lehrstellen und welches Angebot von Lehrstellen vorhanden ist, so erscheint diese Zahl in der Tat eher minimal.
Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Becker .
Herr Staatssekretär, da Herr Kollege Schulze-Vorberg von 5 000 freien Arbeitsplätzen bei der Bundespost im letzten Jahr gesprochen hat, möchte ich Sie fragen: Wären Sie bereit, ihm die korrekte Zahl der freien Ausbildungsplätze des letzten Jahres mitzuteilen, die erheblich geringer war?
Herr Kollege Becker, ich komme diesem Ersuchen gern nach. Ich kenne die genaue Zahl zwar noch nicht, aber wir werden sie Herrn Kollegen Dr. Schulze-Vorberg mitteilen.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Höcherl auf. Ist der Abgeordnete im Saal? — Er ist nicht anwesend. Die
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9839
Vizepräsident von HasselFrage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Fragen 31 und 32 der Abgeordneten Frau Pack auf:Welche aktuellen Zahlen liegen der Bundesregierung über Jugendarbeitslosigkeit, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, schulischer Vorbildung, Beruf und regionaler Verteilung, vor?Fließen aktuelle Daten über Jugendarbeitslosigkeit in das Institut für Berufsbildungsforschung in Berlin ein, und welche Konsequenzen werden dort gezogen?Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär!
Frau Kollegin, die von Ihnen gewünschten Daten ergeben sich weitgehend aus der Sondererhebung der Bundesanstalt für Arbeit von Ende September 1974 zur Struktur der Arbeitslosigkeit. Die Ergebnisse dieser Erhebung liegen mir vor. Es handelt sich um Zahlenreihen, die auf fünf Schreibmaschinenseiten zusammengetragen worden sind. Ich bin gern bereit, sie Ihnen hier vorzutragen. Ich möchte aber anregen, daß sie Ihnen schriftlich zugesandt werden.
Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich, daß die genannten Zahlen wie alle sonstigen Daten zur Beschäftigungs- und Ausbildungssituation der Jugendlichen für 'die Forschungstätigkeit des Instituts für Berufsbildungsforschung mit herangezogen werden. Von besonderem Interesse dürften sie für die Arbeiten des Instituts zur Problematik der ungelernten Jungarbeiter sein, die bekanntlich überdurchschnittlich von der Arbeitslosigkeit betroffen sind.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Pack.
Welche Orientierungsdaten werden von diesem Institut aus den mit der Berufsfindung und Berufsausbildung betrauten Stellen gegeben?
Wie mir bekannt ist, werden die Ergebnisse dieser Institute den relevanten Bereichen, aber auch der Bundesanstalt mitgeteilt.
Zweite Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Pack.
Wie steht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang zu der vor einigen Monaten in der Presse beklagten absoluten Effektlosigkeit dieses Bundesinstituts in Berlin?
Darüber bin ich nicht informiert. Ich weiß nicht, mit welchen Ergebnissen dieses Institut arbeitet.
Zu einer weiteren Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, da Sie uns die vielen der Bundesregierung offenbar vorliegenden Zahlen über die Jugendarbeitslosigkeit hier nicht vortragen konnten, darf ich fragen, ob sich aus diesem Zahlenmaterial besondere Schwerpunkte ergeben, die Sie hier aufführen möchten.
Ich darf zunächst einmal sagen, daß in dieser Statistik schwerpunktmäßig zwischen Männern und Frauen unterschieden wird und daß der Bereich ,der Schwerbehinderten und — soweit ich informiert bin — der Teilzeitbeschäftigten besonders erfaßt wird. Ferner gibt es bestimmte Angaben über das Alter der Arbeitslosen und ,die Arbeitslosigkeit in den einzelnen Ländern. Herr Kollege Dr. Schulze-Vorberg, es wäre vielleicht auch in Ihrem Falle richtig, wenn ich Ihnen das erwähnte Material zustellte.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Nordlohne.
Herr Staatssekretär, da es sich bei diesen Zahlen, wie Sie vorhin äußerten, um statistisch festgestellte Werte der Bundesanstalt per Ende Dezember 1974 handelt, möchte ich fragen, inwieweit der Kreis Jugendlicher, die kein Arbeitslosengeld oder keine Arbeitslosenhilfe beziehen, aber eben ohne Arbeit sind, erfaßt wird.
Herr Kollege, zunächst muß ich eine Feststellung treffen: Ich habe nicht die Ergebnisse vom Dezember 1974 angesprochen. Die statistischen Erhebungen beziehen sich vielmehr auf September 1974. Diese Erhebungen werden zweimal im Jahr durchgeführt, und zwar im Mai und im September.
Zu Ihrer Frage möchte ich sagen, daß wir in unserer Statistik 'den Bereich der Personen unter 20 Jahren erfassen. In diesen Zahlen sind alle Arbeitslosen enthalten, unabhängig davon, ob sie nun Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe beziehen oder nicht. Hier geht es um Arbeitslose, d. h. um Arbeitsuchende.
Ich rufe die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Dr. Franz auf. — Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet; die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Wir kommen zu den Fragen 34 und 35. Der Fragesteller, Herr Abgeordneter Löher, hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Wir kommen damit zur Frage 36 des Herrn Abgeordneten Nordlohne:Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß in verschiedenen Regionen der Bundesrepublik Deutschland nach den Berichten für den Monat Dezember 1974 die Zunahme der Arbeitslosigkeit und der Kurzarbeit zwischen dem Monat Novem-
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9840 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
Vizepräsident von Hasselber 1974 und dein Monat Dezember 1974 sprunghaft angestiegen ist, so z. B. im Bereich des Arbeitsamtsbezirks Vechta um 47,5 % und daß damit schon jetzt Arheitsiosenquoten in Teilgebieten bis zu 17 % zu verzeichnen sind?Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Ich darf die beiden Fragen 36 und 37 sicher im Zusammenhang beantworten, Herr Kollege.
Bedenken? — Nein. Dann rufe ich auch die Frage 37 des Herrn Abgeordneten Nordlohne auf:
Ist die Bundesregierung angesichts der Tatsache, daß diese erheblichen Zunahmen der Arbeitslosen- und Kurzarbeiterquoten überwiegend aus dein Baugewerbe kommen und insbesondere die mittleren und kleineren Bauunternehmen unter einem erheblichen Auftragsmangel leiden, bereit zu prüfen, ob die Ursache hierfür nicht darin begründet liegt, daß im Rahmen des am 18. Dezember 1974 verabschiedeten Konjunkturprogramms die Gewährung von Investitionszuschüssen zur Konjunkturbelebung sich nur auf Mietwohnungen, Genossenschaftswohnungen und Wohnheime, nicht hingegen auf Familienheime im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes erstreckt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wenn in einigen Regionen des Bundesgebiets die Arbeitslosigkeit zwischen Ende November und Ende Dezember besonders stark angestiegen ist, so dürfte das in erster Linie an Saisoneinflüssen und weniger an konjunkturellen Entwicklungen liegen. Hierfür spricht die regionale Konzentrierung dieser Zunahme auf Gebiete mit herkömmlich hoher Winterarbeitslosigkeit. Etwa 30 % der Zunahme der Arbeitslosenzahlen entfallen zudem auf Bauberufe.
Dies war auch der Prozentsatz, um den sich die Zahl der Arbeitslosen aus Bauberufen im Arbeitsamtsbezirk Vechta erhöhte. Die prozentuale Zunahme der Gesamtarbeitslosigkeit in diesem Arbeitsamtsbezirk war mit 48 % im angegebenen Zeitraum übrigens nicht so ausgeprägt wie im Durchschnitt der Jahre 1967 bis 1973 mit 132 %. Offizielle Zahlen über Arbeitslosenquoten von 17 % im Bereich dieses Arbeitsamtes sind mir nicht bekannt. Die Kurzarbeit erhöhte sich in Vechta nicht so stark wie im Bundesgebiet insgesamt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Zunahme der Arbeitslosen- und Kurzarbeiterzahlen kommt keineswegs überwiegend aus dem Baugewerbe, sondern bei der Arbeitslosenzahl entfällt die Zunahme nur zu 30 % auf Bauberufe, wie bereits ausgeführt. Kurzarbeit spielt für das Baugewerbe nach wie vor nur eine geringe Rolle, zumal in Vechta, wo es nur 35 Kurzarbeiter in dieser Branche gibt.
Die im Dezember letzten Jahres verabschiedeten konjunkturpolitischen Maßnahmen zu Förderung und Wachstum bei Stabilität dienen im Rahmen ihrer gesamtwirtschaftlichen Zielsetzung u. a. auch dem Zweck, den notwendigen Umstrukturierungsprozeß in der Bauwirtschaft zu erleichtern und einem über das mittelfristig erforderliche Maß hinausgehenden Kanazitäts- und Beschäftigungsabbau entgegenzuwirken. Die Auswirkungen dieses Programms, dessen Abwicklung gerade erst angelaufen ist, können sich natürlich erst im weiteren Verlauf des Jahres zeigen. Die Beschränkung der Investitionszuschüsse auf Mietwohnungen, Genossenschaftswohnungen und Wohnheime im Bereich des sozialen Wohnungsbaus kann daher nicht ursächlich für die gegenwärtigen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt sein. Überdies wäre eine Ausdehnung der Förderung auf Ein- und Zweifamilienhäuser auch kaum geeignet, über einen gewissen Vorzieheffekt hinaus durchgreifende Stützungswirkungen auszulösen, da die Entwicklung des Eigenheimbaus bei weitem nicht so stark rückläufig ist wie der Geschoßwohnungsbau.
Die von den Investitionszuschüssen ausgehenden positiven Impulse werden sich auch zugunsten der mittleren und kleineren Bauunternehmen auswirken, die nicht nur beim Bau von Eigenheimen, sondern auch im Mietwohnungsbau engagiert sind. Die Bundesregierung ist daher der Überzeugung, daß die getroffenen Maßnahmen und die zusätzlichen Entlastungswirkungen, die insbesondere auch von der anhaltenden Senkung des Zinsniveaus ausgehen, für alle am Baugeschehen Beteiligten nützlich sein werden.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Nordlohne.
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Arbeitsamtsbezirk Vechta die saisonunabhängigen Betriebe zur Vermeidung von Entlassungen und damit weiterer Vollarbeitslosigkeit bestrebt sind, die rezessive Konjunkturentwicklung durch Arbeitszeiteinschränkungen auszugleichen?
Herr Kollege, das ist keine Besonderheit. Es gibt viele Betriebe, die durch Arbeitszeiteinschränkungen versuchen, ihre Arbeitnehmer zu halten. Wir kennen das im Bereich der Kurzarbeit, aber es gibt auch die Möglichkeit der verkürzten Arbeitszeit, z. B. den Abbau von Überstunden.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Nordlohne.
Zur Frage 37: Ist die Bundesregierung im Falle einer nachgewiesenen oder erkannten negativen Situation im Baugewerbe, die dadurch entsteht, daß bei der Gewährung einer Investitionszulage Eigentumswohnungen und Familienheime im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes nicht einbezogen sind, bereit zu prüfen, ob eine solche Einbeziehung zukünftig möglich wäre? Es geht hier gar nicht um den Arbeitsamtsbezirk Vechta allein.
Herr Kollege, Sie werden verstehen, daß ich mich zu dieser Frage
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9841
Parl. Staatssekretär Buschfortnicht äußern kann. Sie gehört in ein anderes Ministerium. Ich will sie aber gerne zu einer Prüfung meinem Kollegen weiterleiten.
Eine dritte Zusatzfrage des Abgeordneten Nordlohne.
Ich darf mich bei Ihnen, Herr Staatssekretär, dafür bedanken. Dann wüßte ich gern, ob diese Frage, die hier angesprochen und von Ihnen dankenswerterweise umfassend beantwortet wurde, am heutigen Tage auch Gegenstand der Beratungen zwischen dem Bundesfinanzministerium und den zuständigen Verbänden aus Handel, Handwerk und Industrie werden könnte. Wären Sie bereit, dafür Sorge zu tragen?
Herr Kollege, ich werde den gesamten Fragenkomplex meinem Kollegen unterbreiten, und sicherlich werden Sie dann eine schriftliche Antwort erhalten.
Herr Abgeordneter Maucher, eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die Kurzarbeit auf die Dauer keine Lösung sein wird, sondern vielmehr die Gefahr besteht, daß die Kurzarbeiter die Arbeitslosen von morgen sind? Deshalb die Frage an Sie: Wann kommt nach Ihrer Meinung der Aufschwung?
Herr Kollege Maucher, wir gehen davon aus, daß der Aufschwung im Frühjahr einsetzen wird, und zum andern wissen Sie so gut wie ich, daß die Kurzarbeiterregelung nicht langfristig angelegt ist, das drückt sich schon dadurch aus, daß das Gesetz bereits eine Begrenzung vorsieht.
Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
In welchem Umfang sind Nebenerwerbslandwirte von der Arbeitslosigkeit betroffen, sind sie als Nebenerwerbslandwirte wegen ihres NE-Betriebs hinsichtlich der zeitlichen Reihenfolge der Ausstellung gegenüber anderen Arbeitnehmern benachteiligt, und wie wirkt sich die normale Weiterführung des landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebs auf die Gewährung des Arbeitslosengelds aus?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Ob Arbeitslose neben ihrer bisherigen Arbeitnehmertätigkeit einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb bewirtschaftet haben, kann in der laufenden Arbeitslosenstatistik nicht ausgewiesen werden. Hierzu bedürfte es besonderer Umfragen. Unterlagen darüber, ob und inwieweit Nebenerwerbslandwirte bei Freistellungen gegenüber anderen Arbeitnehmern
wegen ihres landwirtschaftlichen Besitzes benachteiligt sind, liegen der Bundesregierung nicht vor.
Arbeitslose Arbeitnehmer, die im Nebenerwerb einen landwirtschaftlichen Betrieb führen, erhalten Arbeitslosengeld unter denselben Voraussetzungen wie sonstige Arbeitnehmer. Wegen ihrer Tätigkeit als Landwirte kann der Antrag auf Arbeitslosengeld nur dann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller mindestens 20 Stunden wöchentlich selbst in seiner Landwirtschaft arbeitet. Insoweit schließt die Tätigkeit als Landwirt Arbeitslosigkeit im Sinne des Gesetzes ebenso aus wie eine unselbständige Beschäftigung gleichen Ausmaßes. Bei der Feststellung des zeitlichen Umfanges der selbständigen Tätigkeit bleiben jedoch Tätigkeiten, die in dem Betrieb des Arbeitslosen vorher von anderen Personen — besonders von mithelfenden Familienangehörigen — ausgeübt worden sind und von dem Betriebsinhaber nur aus Anlaß des Verlustes seiner unselbständigen Beschäftigung übernommen werden, unberücksichtigt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel!
Kann man folglich daraus schließen, Herr Staatssekretär, daß ein Nebenerwerbslandwirt, wenn er seinen Betrieb im normalen Umfang weiterführt. Arbeitlosengeld erhalten wird?
Wenn er den Betrieb im bisherigen Umfang weiterführt, ja.
Keine weitere Zusatzfrage? — Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs, Herr Staatssekretär; ich danke Ihnen für die Beantwortung.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Ich rufe die Frage Nr. 41 des Herrn Abgeordneten Becker auf:
Liegen der Bundesregierung auf das Bundesgebiet bezogene Zahlen Tiber die Fälle von lebensgefährlichen Vergiftungen vor, die Kinder durch den Genuß von giftigen Pflanzen auf Spielplätzen und in Parkanlagen davongetragen haben?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär Dr. Wolters.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Becker! Außer einigen Mitteilungen über Vergiftungsfälle bei Kindern durch Zierpflanzen liegen der Bundesregierung keine Zahlen über Häufigkeit, Art und Schweregrad solcher Vergiftungen vor. Es besteht hierüber keine Meldepflicht. Die Bundesregierung hat aber vor Jahresfrist das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information beauftragt, an Hand von vorhandenem Krankengut Zahl und Art von Vergiftungsfällen — darunter fallen auch die Vergiftungen mit Pflanzen — maschinenlesbar zu erfassen, um sie in Zusammenarbeit mit den Giftinformations- und -behandlungszentren auszuwerten und
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9842 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
Staatssekretär Dr. Woltersdarauf weitere Maßnahmen zur besseren Behandlung und der Verhütung aufzubauen.
Keine Zusatzfrage? — Ich rufe die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Becker auf:
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, der Gefährdung von Kindern durch giftige Pflanzen auf Spielplätzen und in Parkanlagen entgegenzuwirken, die über unzureichende Aufklärungsmaßnahmen üblicher Art hinausgehen?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung beabsichtigt, im Rahmen des in Vorbereitung befindlichen Giftgesetzes das Anpflanzen von giftigen Pflanzen in der Nähe von Kinderspiel-und Erholungsplätzen sowie im unmittelbaren Bereich von Kinderheimen, Kindergärten und Kindertagesstätten zu verbieten.
Um aber jetzt schon den zuständigen Behörden, Institutionen und Privatpersonen Hinweise auf derartige Gefahren zu geben, hat sie die Bekanntmachung einer Liste giftiger Pflanzen im Bundesanzeiger in die Wege geleitet. Mit der Veröffentlichung ist in Kürze zu rechnen. Die Bundesregierung empfiehlt darin gleichzeitig, diese Pflanzen nicht im Bereich der eben genannten Plätze und Stätten anzupflanzen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Becker .
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung außerdem die Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit den Regierungen der Bundesländer diesem Problem in Zukunft eine etwas größere Bedeutung beizumessen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja; die Bundesregierung wird neben der Empfehlung, die sich aus der Veröffentlichung im Bundesanzeiger ergeben wird, auch mit den Ländern unmittelbar Kontakt aufnehmen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Haenschke.
Herr Staatssekretär, ist beabsichtigt, in der Aufklärung der Öffentlichkeit hinsichtlich giftiger Pflanzen auch auf die Gefahren, die von vergifteten Pflanzen ausgehen, hinzuweisen, z. B. durch Pflanzen mit hohem Bleigehalt in der Nähe von stark befahrenen Straßen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, daß die beiden Probleme sehr unterschiedlich zu beurteilen sind und daß es in dem zuletzt von Ihnen genannten Fall mit einer Aufklärung allein nicht getan wäre, sondern es dort in erster Linie darauf ankommt, Vorsorge dafür zu treffen, daß solche Pflanzen nicht auf irgendeine Weise in
den Nahrungskreislauf eingeführt werden können. Dies ist bei der Gesamtreform des Lebensmittelrechts geschehen. Das Problem liegt insofern anders, als es sich bei Zierpflanzen, die giftig sein können, beispielsweise von der Farbe oder, wenn es Pflanzen mit Beeren sind, von der Form her gesehen um für Kinder attraktive Pflanzen handelt. Bei einer Bepflanzung an Straßen, so an der Autobahn, kommt es aus anderen Gründen zur Verschmutzung.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 43 des Abgeordneten Hoffie auf:
Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Aktion „Das sichere Haus", daß sich Vergiftungsschäden, die hauptsächlich durch Haushalts-, Gewerbechemikalien und Medikamente verursacht werden, bei jährlich rund 35 000 Kindern verhindern ließen, und wenn ja, durch welche Maßnahmen will die Bundesregierung diesen Gefahren entgegenwirken?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, Herr Abgeordneter Hoffie, die Bundesregierung wird zur Verhütung von Vergiftungsfällen bei Kindern für die Verpackung aller gefährlichen Erzeugnisse, die bestimmungsgemäß oder üblicherweise in Haushaltungen vorkommen können, kindersichere Verschlüsse vorschreiben. Auf dem Markt werden zwar bereits sogenannte todsichere, kindersichere Verschlüsse angeboten. Die Bundesregierung hat aber den Deutschen Normenausschuß gebeten, Normen für kindersichere Verschlüsse aufzustellen, um ungerechtfertigten Anpreisungen, die eine solche Maßnahme gefährden könnten, zu begegnen.Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß durch Symbole und Schrift die Kinder im meistgefährdeten Alter zwischen zwei und fünf Jahren nicht gewarnt werden können. Sie hat daher vor zwei Jahren mit der Aktion „Gift nicht in Kinderhand" die Erziehungsberechtigten an ihre Pflicht erinnert, gefährliche Erzeugnisse so aufzubewahren, daß sie für Kinder nicht erreichbar sind. Das gilt auch für Arzneimittel, die, obschon sie nicht als „Gifte" anzusehen sind, einen hohen Anteil an kindlichen Ingestionsunfällen erreichen. In der Sicherheitsfibel, die vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit im vergangenen Jahr herausgegeben worden ist, wurde erneut auf diese Gefahren hingewiesen.Die Bundesregierung wird im Rahmen des in Vorbereitung befindlichen Giftgesetzes Maßnahmen zur Verhütung von Vergiftungen ergreifen. Alle Erzeugnisse, die giftige Stoffen in Mengen enthalten, die eine Gefahr für Leben oder Gesundheit des Menschen darstellen, sollen der Bevölkerung nur über den konzessionierten Gifthandel zugänglich sein. Darüber hinaus soll die Kennzeichnung, die bisher nur durch ein Totenkopfsymbol oder das schlichte Wort „Vorsicht" auf die Gefahr hinwies, durch besondere Hinweise auf die Art der Gefahr und durch sogenannte Sicherheitsratschläge wesentlich verbessert werden.
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9843
Keine Zusatzfrage.
Die Frage 44 des Abgeordneten Dr. Wernitz wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 45 des Abgeordneten Ey auf.
Treffen Pressemeldungen zu, wonach bereits über viele Jahrzehnte bewährte homöopathische Arzneimittel nach den künftigen Prüfungsverfahren zwangsläufig vom Markt verschwinden werden, insbesondere, soweit diese verschreibungspflichtig sind, und wenn ja, was wird die Bundesregierung dagegen unternehmen?
Der Fragesteller ist anwesend. Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Ey, die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung, wonach bereits über viele Jahrzehnte bewährte homöopathische Arzneimittel infolge der geplanten Neuordnung des Arzneimittelrechts verschwinden werden. Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts, der am 16. Januar 1975 in der ersten Lesung vom Deutschen Bundestag beraten wurde, sieht Sondervorschriften in den §§ 36 und 37 zugunsten der homöopathischen Mittel vor. An Stelle der Zulassung bedürfen diese Mittel lediglich der Registrierung. Das bedeutet, daß u. a. auf den Nachweis der Wirksamkeit verzichtet wird. Dies kann nach Auffassung der Bundesregierung jedoch nicht auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel gelten, da wegen Art und Menge der wirksamen Bestandteile solcher Arzneimittel auf die Zulassung und damit auf den Nachweis von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht verzichtet werden kann.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 46 des Abgeordneten Fiebig auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die gesundheitliche Schädigung durch die Verbreitung von Quecksilber in Fischen ein unvertretbares Maß angenommen hat, daß die geplante Verordnung über Höchstmengen an Quecksilber in Fischen den internationalen Standard, der nur 0,4 mg je kg Frischgewicht (ppm) zuläßt, weit überschreitet, indem in der Bundesrepublik Deutschland 1,0 ppm zugelassen werden, und beabsichtigt die Bundesregierung, sich schnellstens zu korrigieren?
Der Fragesteller ist anwesend. Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, die Fragen 46 und 47 der Abgeordneten Fiebig und Dr. Haenschke sprechen denselben Sachverhalt an und erfordern die gleiche Antwort. Ich wäre deshalb dankbar, wenn ich sie gemeinsam beantworten könnte.
Einverstanden! Die Frage 47 wird mit aufgerufen:
Trifft es zu, daß die für die Bundesrepublik Deutschland neu festgelegte Toleranzgrenze für den Quecksilbergehalt von Fischen wesentlich über dem Wert liegt, der von der WHO empfohlen worden ist, und womit begründet die Bundesregierung gegebenenfalls diese Maßnahme?
Bitte, zur Beantwortung!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die von der Weltgesundheitsorganisation gegebene Empfehlung einer duldbaren wöchentlichen Aufnahme von 0,3 mg Gesamtquecksilber pro Person ist nicht mit den Höchstmengenfestsetzungen in der von der Bundesregierung vorbereiteten Verordnung vergleichbar. Die in dieser Verordnung enthaltene Höchstmengenfestsetzung bezieht sich auf den zulässigen Gehalt der Lebensmittel an Quecksilber, berechnet auf ein Kilogramm der Fische, Krusten-, Schalenoder Weichtiere, nicht aber auf die wöchentliche Quecksilberaufnahme pro Person, wie sie von der WHO zugrunde gelegt worden ist.
Die vom Bundesrat beschlossene Höchstmengenfestsetzung von 1 ppm erscheint mit dem Gesundheitsschutz noch vereinbar.
Anläßlich der Anhörung von externen wissenschaftlichen Sachverständigen bei der Vorbereitung der Verordnung wurde die Ansicht vertreten, daß aus toxikologischer Sicht ein Höchstwert bis zu 1 ppm nach dem jetzigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse noch tolerierbar erscheine. Die Sachverständigen des Bundesgesundheitsamtes brachten zum Ausdruck, daß ihnen im Hinblick auf die noch nicht überschaubare Gesamtquecksilberbelastung des Menschen an einer möglichst niedrigen und differenzierten Festsetzung von Höchstmengen gelegen sei. Allerdings sah sich das Bundesgesundheitsamt nicht in der Lage, sich unter toxikologischen Gesichtspunkten gegen die oben genannte Auffassung der externen Sachverständigen zu wenden, weil echte Parameter zur Zeit noch nicht vorhanden sind.
Auf Grund der bisher vorliegenden Untersuchungsbefunde erscheint die vom Bundesrat vorgenommene einheitliche Festsetzung auf 1 ppm Gesamtquecksilber für alle Fische, Krusten-, Schalen- und Weichtiere sachlich nicht geboten, weil die überwiegende Zahl der im Verkehr anzutreffenden Fische Quecksilbergehalte aufweisen dürfte, die deutlich unterhalb von 1,0 bzw. 0,7 ppm liegen.
Es ist vorgesehen, nach Vorliegen weiterer Untersuchungsbefunde und Erfahrungen den in der Verordnung festgesetzten Quecksilberwert — den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung tragend — nach Möglichkeit weiter herabzusetzen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Haenschke.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß in anderen Ländern, beispielsweise in Italien und in den USA, die Höchstmengen niedriger festgesetzt sind, und ist daraus nicht die Gefahr abzuleiten, daß Importe aus diesen Ländern mit höher kontaminierten Fischen zunehmen werden und damit den deutschen Markt — und das heißt, den Verbraucher — im entgegengesetzten Sinne dessen, was Sie eben dargestellt haben, belasten können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr
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9844 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975
Staatssekretär Dr. WoltersAbgeordneter, ich habe die Werte aus einer ganzen Reihe von Ländern hier und beantworte die Frage wohl am präzisesten, wenn ich Ihnen einige Werte nenne: Norwegen 1,5 ppm, Schweden 1,0 ppm, Finnland 1,0 ppm, Italien 0,7 ppm — aber mit einer Toleranz bis 2,1 ppm —, Frankreich 0,7 ppm — mit einer Toleranz bis 1 ppm —, USA 0,5 ppm und Schweiz 0,5 ppm. Das heißt, Ihre Frage trifft im Grunde genommen nur auf die USA und die Schweiz zu.
Die zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Haenschke.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben für Schweden einen Wert von 1,0 genannt. Trifft es zu, daß gerade in Schweden schwangere Frauen vor dem Verzehr mit Quecksilber kontaminierter Fische gewarnt worden sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann diese Warnung in Schweden bestätigen. Aber erstens einmal sagt die Warnung allein noch nichts über den tolerierbaren Gehalt aus, der tatsächlich zur Zeit kaum präzise festgelegt werden kann, weshalb man im Grunde genommen um einen möglichst großen Sicherheitsabstand zu etwa gefährlichen Werten bemüht sein muß.
Zum zweiten hätte ich Zweifel daran, ob eine solche Warnung, auch in der Bundesrepublik ausgesprochen, eine echten Informationswert für den Verbraucher hätte, weil dieser bei dem Fisch, den er sich kauft, keinerlei Information darüber hat, ob die Warnung nun gerade bei diesem Produkt angebracht ist oder nicht, d. h. ob eine Quecksilberkontamination zu unterstellen wäre.
Ich rufe Frage 48 des Herrn Abgeordneten Egert auf:
Kann die Bundesregierung ausschließen, daß die auf Grund der Intervention des Bundesrates hinsichtlich der Toleranzen für Quecksilber in Fischen veränderte Quecksilberverordnung zu einer gesundheitlichen Gefährdung der Bevölkerung führt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Egert, ich bitte, damit einverstanden zu sein, daß ich Ihre beiden Fragen zusammen beantworte.
Keine Bedenken! Frage 49 des Abgeordneten Egert wird mit aufgerufen:
Sieht die Bundesregierung in der veränderten Festlegung der Höchstmengen für Quecksilber in Fischen, die im Gegensatz zu Empfehlungen der FAO/WHO steht, eine Sinnverkehrung der in der am 1. Januar 1975 in Kraft getretenen Gesamtreform des Lebensmittelrechts enthaltenen gesundheitspolitischen Absicht, und welche Konsequenzen gedenkt sie gegebenenfalls daraus zu ziehen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die vom Bundesrat beschlossene Änderung der Höchstmengenfestsetzungen für Quecksilber in Fischen, Krusten-, Schalen- und Weichtieren kann nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu einer gesundheitlichen Gefährdung der Bevölkerung führen. Ich beziehe mich insoweit auf meine Ausführungen zu den Fragen der Abgeordneten Fiebig und Dr. Haenschke.
Diese vom Bundesrat beschlossene einheitliche Festsetzung der Höchstmenge auf ein Milligramm Quecksilber pro Kilogramm für alle Fische, Krusten-, Schalen- und Weichtiere wird zwar von der Bundesregierung als gesundheitlich noch vertretbar, aber als genereller Grenzwert für unbegründet hoch angesetzt gehalten. Nicht zuletzt im Hinblick auf niedriger festgesetzte Werte in einigen anderen Staaten — wir haben die zwei Fälle eben besprochen — hätte die Bundesregierung einer differenzierten Höchstmengenfestsetzung, wie dies in der Regierungsvorlage auch vorgesehen war, den Vorzug gegeben. Dennoch hält es die Bundesregierung bei Abwägung aller Vor- und Nachteile für richtig, die Verordnung in der vom Bundesrat beschlossenen Fassung zu verkünden. Andernfalls könnten Fische, Krusten-, Schalen- und Weichtiere mit überhöhten Quecksilbergehalten in den Verkehr gelangen oder auch aus dem Ausland in die Bundesrepublik verbracht werden.
Die Bundesregierung wird selbstverständlich — ich wiederhole das — an Hand der zu erwartenden Untersuchungsbefunde prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Höchstmengen für den Quecksilbergehalt zukünftig herabgesetzt werden können.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Egert.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung in diese Prüfung die Tatsache einbeziehen, daß die toxische Gesamtbelastung der Menschen — jetzt nicht nur bezogen auf Quecksilberverbindungen in Fischen — zunimmt und unter diesem Gesichtpunkt das Zusammenwirken toxischer Substanzen zu einer ganz anderen Einschätzung etwa der gesundheitlichen Gefährdung führen könnte, als sie hier, bezogen auf die Einzelfestsetzung von Quecksilber in Fischen, gegeben worden ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat bisher schon bei solchen Höchstmengenfestsetzungen die Kontamination von verschiedenen Nahrungsbestandteilen und die daraus möglicherweise erwachsende Kumulation wie auch eine möglicherweise entstehende Kumulation durch verschiedene Gifte, etwa verschiedene Schwermetallbeimengungen, beachtet und wird das auch in Zukunft tun, soweit es — muß ich allerdings hinzufügen — der jeweilige Stand der Wissenschaft ermöglicht.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Haenschke.
Herr Staatssekretär, welche Werte sieht die in Vorbereitung befindliche
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 142. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Januar 1975 9845
Dr. HaenschkeHöchstmengenverordnung für den Pflanzenschutz für den Quecksilbergehalt aus Pestizidrückständen vor?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Haenschke, das kann ich Ihnen nicht aus dem Kopf beantworten. Ich bin aber gern bereit, Ihnen diese Werte schriftlich nachzureichen.
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Fiebig.Fiebig : Herr Staatssekretär, die Bundesregierung hatte für Schalen-, Krusten- und Weichtiere 0,7 ppm vorgesehen. Der Bundesrat hat Ihre Verordnung dann ja verwässert und für alle Seeprodukte einheitlich 0,1 ppm festgesetzt. Welche Bundesländer insbesondere haben zu der Verwässerung dieser Verordnung beigetragen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, das Abstimmungsverhalten zu dieser Verordnung gegebenenfalls dem Protokoll des Bundesrates zu entnehmen. Ich weiß nicht, ob es da aufgeführt ist. Ich sehe mich jedenfalls nicht in der Lage, Ihre Frage zu beantworten.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Frage aus Ihrem Geschäftsbereich.
Wir sind am Ende der neunzigminütigen Fragestunde angelangt. Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Donnerstag, den 23. Januar 1975, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.