Protokoll:
7126

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 126

  • date_rangeDatum: 18. Oktober 1974

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:29 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 126. Sitzung Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Inhalt: Überweisung einer Vorlage an Ausschüsse 8437 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 8437 B Bericht und Antrag des Haushaltsausschusses über den Antrag der Bundesregierung betr. Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung nach § 6 Abs. 2 StWG — Drucksachen 7/2589, 7/2640 — Suck (SPD) 8438 B Sick (CDU/CSU) . . . . . . . 8438 D Gallus (FDP) . . . . . . . . 8440 D Leicht (CDU/CSU) . . . . . . 8442 B Wolfram (FPD) . . . . . . . 8442 C Dr. Wörner (CDU/CSU) . . . . 8442 D Grüner, Parl. Staatssekretär (BMWi) 8444 C Dr. Ehrenberg (SPD) . . . . . . 8448 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses — Drucksache 7/2507 — Erste Beratung Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister (BMI) . 8448 D Dr. Miltner (CDU/CSU) . . . . . 8449 D Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . . 8450 C Dr. Hirsch (FDP) 8452 B Entwurf eines Gesetzes über eine Pressestatistik — Drucksache 7/2407 —Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Antrag des Bundesrates) — Drucksache 7/2467 — Erste Beratung in Verbindung mit Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Erhaltung der Pressevielfalt — Drucksache 7/2633 — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk — Drucksache 7/2539 — Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung, der Zivilprozeßordnung, der Reichsabgabenordnung und der Finanzgerichtsordnung (Gesetz zum Schutz von Redaktionsgeheimnissen) (Antrag der Fraktion der CDU/CSU) — Drucksache 7/1681 — Erste Beratung in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes (Antrag der Abgeordneten Vogel [Ennepetal], Reddemann, Dr. Klein [Göttingen], Erhard [Bad Schwalbach] und der Fraktion der CDU/CSU) — Drucksache 7/1804 — Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung (Antrag des Bundesrates) — Drucksache 7/2377 — Erste Beratung Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister (BMI) 8453 D, 8470 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 8455 B Grobecker (SPD) . . . . . . . . 8457 A Frau Dr. Walz (CDU/CSU) . . . . 8458 D Dr. Hirsch (FDP) . . . . 8461 A, 8477 C Lutz (SPD) . . . . . . . . . . 8465 D Dr. Narjes (CDU/CSU) . . . . . 8466 D Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . . 8472 A, 8479 D Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) 8473 B Sieglerschmidt (SPD) 8474 D Vogel (Ennepetal) (CDU/CSU) 8478 B Dr. Penner (SPD) 8481 A von Schoeler (FDP) . . . . . . 8481 D Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vieh- und Fleischgesetzes — Drucksache 7/1570 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 7/2598 — Zweite und dritte Beratung Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) . . . . . . . . . 8483 B Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts — Drucksache 7/551 — Bericht und Antrag des Rechtsausschusses — Drucksache 7/2600 — Zweite und dritte Beratung 8483 C Nächste Sitzung 8484 A Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8485* A Anlage 2 Antwort des PStSekr Dr. Glotz (BMBW) auf die Frage A 33 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Flämig (SPD) : Möglichkeit der Förderung von Teilnehmern an berufsqualifizierten Maßnahmen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz . . . . . . . . 8485* D Anlage 3 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Fragen A 46 und 47 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Seiters (CDU/CSU) : Verteilung der Mittel für Bundesbaumaßnahmen des „Sonderprogramms zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung"; Nichtberücksichtigung von Gebieten mit der höchsten Arbeitslosenziffer 8486* B Anlage 4 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Fragen A 48 und 49 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Graf Lambsdorff (FDP) : Verzicht auf Beschränkungen bei der eigenen direkten und indirekten Kreditaufnahme im Ausland; Finanzierung des Haushalts ohne vorherige Stellungnahme der Deutschen Bundesbank . . 8486* D Anlage 5 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Fragen A 50 und 51 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Weber (Köln) (SPD) : Beschwerden, die in den letzten vier Jahren beim Bundesversicherungsaufsichtsdienst von Versicherungsnehmern erhoben wurden . . . . . . . . . 8487* B Anlage 6 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage A 52 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Zeitel (CDU/ CSU) : Anerkennung von Verlusten aus Spareinlagen oder Kapitalvermögen als außergewöhnliche bzw. einkommensmindernde Belastung 8487' D Anlage 7 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Fragen A 53 und 54 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Höcherl (CDU/CSU): Widerspruch zwischen Bundeskanzler und Bundesfinanzminister in der Beurteilung der möglichen Folgen der Ölkrise; Pressemeldungen über Erwägungen der Bundesregierung hinsichtlich einer Erhöhung der Mehrwertsteuer im nächsten Jahr 8488* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 III Anlage 8 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage A 57 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Sauter (Epfendorf) (CDU/CSU) : Ausgleichszahlungen Baden-Württembergs im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs 8488* C Anlage 9 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage A 58 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Zeyer (CDU/CSU) : Erwägungen der Bundesregierung über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Laufe des Jahres 1975 8488* D Anlage 10 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage A 59 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Böhm (Melsungen) (crIT T CSU) Möglichkeiten zur Absetzung von Aufwendungen, die der Pflege der Beziehungen zur DDR dienen, von der Einkommensteuer; Anpassung der dabei angewandten Pauschbeträge an die Kaufkraftentwicklung 8489* A Anlage 11 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Fragen A 60 und 61 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) : Lieferung strategisch wichtiger Güter an die Sowjetunion durch die Bundesrepublik Deutschland; Erörterungen des Bundeskanzlers mit dem sowjetischen Parteichef über den Ausbau von Atomkraftwerken in Ostpreußen und an anderen Stellen der Sowjetunion . . . 8489* C Anlage 12 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage A 62 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Roser (CDU/CSU) : Belastungen der Zahlungsbilanzen der Bundesrepublik und der übrigen EG-Mitglieder durch die Erdölpreissteigerungen . . . . . . . . . . . . 8489* D Anlage 13 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Fragen A 63 und 64 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) : Anteil Ostfrieslands an dem Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung; bevorzugte Berücksichtigung von Firmen aus strukturschwachen Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit . . . . . . . . . 8490* B Anlage 14 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage A 65 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Schweitzer (SPD) : Haltung der Bundesregierung zur Empfehlung des Bundesbankpräsidenten, den Ölverbrauch „mit allen Mitteln" zu drosseln; Möglichkeiten zur Begegnung der Gefahr einer Ölpreisexplosion . . 8490* D Anlage 15 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage A 66 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Gansel (SPD) : Interne Warnung deutscher Wirtschaftsverbände an Mitgliedsunternehmen, auf eine EG-Umfrage über multinationale Unternehmen zu antworten; Bereitschaft der Bundesregierung zur Durchführung einer solchen Umfrage 8491* A Anlage 16 Antwort des PStSekr Frau Schlei (BK) auf die Fragen A 109 und 110 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Kunz (Berlin) (CDU/CSU) : Unterrichtung von Vizekanzler Genscher über die Entscheidung des Bundeskanzleramts betreffend die Teilnahme des Leiters der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin, Staatssekretär Gaus, an dem Empfang für den sowjetischen Parteisekretär Breschnew im Rahmen des dortigen diplomatischen Corps; Gegensatz von besonderen innerdeutschen Beziehungen und völkerrechtlichen Beziehungen 8491* C Anlage 17 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Fragen B 1 und 2 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Milz (CDU/ CSU) : Sühnung von Verbrechen an Deutschen in Zusammenhang mit der Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten . . . 8492* A Anlage 18 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Frage B 3 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Schedl (CDU/CSU) : IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Behauptung des albanischen KP-Chefs über Kriegsreparationen der Bundesrepublik; Kapitalhilfekredit an Albanien 8492* C Anlage 19 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Frage B 4 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Auffassung der Bundesregierung zur Äußerung der deutsch-polnischen Schulbuchkonferenz über die polnische Administration der ehemals deutschen Gebiete 8493 A Anlage 20 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Frage B 5 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Böhm (Melsungen) (CDU/CSU): Besuche von Staatsoberhäuptern und Regierungsmitgliedern ausländischer Staaten in der Bundesrepublik Deutschland; deren Unterrichtung über die Realitäten der deutschen Spaltung in Berlin oder an der innerdeutschen Grenze 8493* B Anlage 21 Antwort des PStSekr Baum (BMI) auf die Fragen B 6 und 7 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Niegel (CDU/ CSU) : Teilnahme von Mitgliedern der Bundesregierung, Staatssekretären und Bediensteten der Bundesministerien an der Fußballweltmeisterschaft; Wahl der Verkehrsmittel; Einsatz von Dienstwagen mit Fahrer bei Flugreisen . . . 8493* D Anlage 22 Antwort des PStSekr Baum (BMI) auf die Fragen B 8 und 9 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Benz (CDU/ CSU) : Wiederaufbereitung der im nächsten Jahrzehnt anfallenden Brennelemente aus Kernreaktoren; Bau einer großen Wiederaufbereitungsanlage . . . . 8494* C Anlage 23 Antwort des PStSekr Baum (BMI) auf die Fragen B 10 und 11 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Walther (SPD) : Verpflichtungen der Bundesregierung nach § 44 Abs. 2 und 3 sowie § 46 Abs. 3, 4 und 5 des Bundespersonalvertretungsgesetzes; Zahl der Freistellungen nach j 46 Abs. 3 . . . . . . 8494* D Anlage 24 Antwort des PStSekr Baum (BMI) auf die Fragen B 12 und 13 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Windelen (CDU/CSU) : Amtliche Quellensammlungen und Dokumentationen über Verbrechen an Deutschen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg; Maßnahmen der Bundesregierung . . . . . . . . 8495* B Anlage 25 Antwort des PStSekr Dr. de With (BMJ) auf die Frage B 14 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Schmidt (Kempten) (FDP) : Belastung von Arbeitnehmern mit Kostenvorschüssen durch das Konkursgericht 8496* A Anlage 26 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Fragen B 15 und 16 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Pieroth (CDU/CSU) : Geltung der sozialen Sicherungen des Tarifvertrags vom 31. August 1971 für im Zuge der Auflösung des US-Hospitals Neubrücken entlassene deutsche Arbeitnehmer; rückwirkende Anwendung des Schutzabkommens . . . . 8496* B Anlage 27 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage B 17 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Warnke (CDU/ CSU) : Aufhebung des Verzinsungsverbots für Ausländer . . . . . . . . . . . 8496* D Anlage 28 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage B 18 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Erstellung einer Ubersicht über das Grundvermögen öffentlicher Rechtsträger in München sowie Prüfung der Möglichkeit einer Umschichtung . . . 8497* A Die Frage B 19 ist vom Fragesteller zurückgezogen. Anlage 29 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage B 20 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Scheu (SPD) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 V Anstellung von Frauen im Außendienst und als Ausbilder durch Versicherungsunternehmen 8497* C Anlage 30 Antwort des PStSekr Porzner (BMF) auf die Frage B 21 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) : Schlechterstellung von Rentnern mit Kindern durch das Steueränderungsgesetz 8498* A Anlage 31 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage B 22 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) : Konditionen für die geplante Lieferung eines Kernkraftwerks an die Sowjetunion 8498* B Anlage 32 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage B 23 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Roser (CDU/CSU) : Mißbrauchsaufsicht im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen . . . . 8498*C Anlage 33 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage B 24 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) : Höhe des Betrages aus dem von der Bundesregierung im Rahmen des Sonderprogramms von Bund und Ländern zur Abstützung der regionalen und lokalen Beschäftigung entwickelten eigenen Programm für Straßen- und Hochbau; Anteil des Landes Baden-Württemberg 8499* A Anlage 34 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Fragen B 25 und 26 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Schmitz (Baesweiler) (CDU/CSU): Ausklammerung des Aachener Grenzraumes aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur; Revision des ablehnenden Beschlusses hinsichtlich der Förderung 8499' B Anlage 35 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage B 27 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Schedl (CDU/CSU) : Berücksichtigung der kleinen und mittleren Unternehmen bei dem vorliegenden 900-Millionen-Programm . . . . 8499* C Anlage 36 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 28 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Immer (SPD) : Ausschöpfung der dem Land Rheinland-Pfalz zustehenden Bundesmittel gemäß Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstrukturverbesserung" 8499* D Anlage 37 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 29 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Müller (Bayreuth) (SPD) : Ausführungsbestimmungen zu § 2 des Tierschutzgesetzes . . . . . . . . 8500* B Anlage 38 Antwort des BMin Ertl (BML) auf die Frage B 30 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Aussage des Bundesministers Ertl über Äußerungen eines landwirtschaftlichen Nachrichtendienstes . . . . . . . 8500' D Anlage 39 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 31 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Eigen (CDU/ CSU) : Aufstockung des „Forma-Fonds" in Frankreich 3501' A Anlage 40 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage B 32 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Möglichkeiten des Krankenversicherungsschutzes für Gastarbeiter in Durchreiseländern 3501' B Anlage 41 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen B 33 und 34 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Wohlrabe (CDU/CSU) : Faltblatt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung „Unser Ziel — sozialer Fortschritt für alle"; Häufigkeit und Zeitpunkt der Verteilung 3501* C Anlage 42 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen B 35 und 36 — Drucksache VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Kater (SPD) : Ärztemangel in den ländlichen Gebieten; Maßnahmen zu seiner Behebung 3502* A Anlage 43 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage B 37 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) : Verweigerung der Beihilfe nach dem Arbeitsförderungsgesetz für die Umschulung vom Autoelektriker zum Landwirt aus arbeitsmarktpolitischen Gründen . . . . . . . . . . . 3502* B Anlage 44 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 38 und 39 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — der Abg. Frau Dr. Orth (SPD) : Zeitpunkt der Verlagerung des Bundeswehrkrankenhauses von Glückstadt nach Kiel-Kronshagen; Einstellung von Pflegepersonal aus der Umgebung zur Vermeidung von Verzögerungen bei der Inbetriebnahme einzelner Stationen 3502* C Anlage 45 Antwort des PStSekr Zander (BMJFG) auf die Frage B 40 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Rollmann (CDU/CSU) : Prozentsatz der Insassen der Strafanstalten und der Heil- und Pflegeanstalten, die sich als Kleinkinder in Säuglings- und Kinderheimen befunden haben 8503* A Anlage 46 Antwort des PStSekr Zander (BMJFG) auf die Fragen B 41 und 42 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) : Hilfe für über 18jährige, die aus bestimmten Gründen die Bedingungen einer weitergehenden Förderung nach § 75 a des Gesetzes für Jugendwohlfahrt nicht erfüllen; Größe des betroffenen Personenkreises . . . . . . . 8503* A Anlage 47 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Frage B 43 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Beermann (SPD) : Vermeidung der Stillegung der Bahn- strecke Schwarzenbek—Bad Oldesloe 8503* D Anlage 48 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Frage B 44 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Hammans (CDU/CSU) : Erweiterung der Hinweistafel an der Ausfahrt Viersen-Bockert um das Wort „Schwalmtal" 8504* A Anlage 49 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Frage B 45 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) : Verlegung von Reparaturkapazitäten bei der Auflösung des Ausbesserungswerks in Braunschweig zur Erhaltung der wirtschaftlichen Basis und der Sicherung der Arbeitskräfte im Zonenrandgebiet 8504* B Anlage 50 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Fragen B 46 und 47 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) : Richtigkeit von Informationen über die Verlegung des medizinmeteorologischen Zentrums von Freiburg nach Offenbach; Bedienung des Südwestfunks mit Wettervorhersagen aus München; Unvereinbarkeit derartiger Maßnahmen mit den Zielen des Bundesraumordnungsgesetzes . . . . . . . . 8504* B Anlage 51 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Frage B 48 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Bäuerle (SPD) : Zeitpunkt der Anmietung bzw. des Ankaufs dringend benötigter Büroräume für den Deutschen Wetterdienst in Offenbach am Main . . . . . . . . 8504* D Anlage 52 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Frage B 49 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/ CSU) : Umfang der Zunahme des Stückgutaufkommens von April bis September 1974 auf Grund des neuen Städtetarifs im Stückgutverkehr . . . .. . . . 8505* A Anlage 53 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Frage B 50 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Sauter (Epfendorf) (CDU/CSU) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 VII Ausbau der Bundesstraße 462 zwischen Schramberg-Sulgen und Dunningen im Jahr 1975 8505* A Anlage 54 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Frage B 51 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) : Finanzielle Hilfe für den Landkreis Hersfeld/Rotenburg beim Abbau des Defizits aus dem Betrieb der Kreisbahn 8505* B Anlage 55 Antwort des BMin Matthöfer (BMFT) auf die Fragen B 52 und 53 — Drucksache 7/2631 vorn 11. 10. 74 — des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) : Verwendung von Brennelementen aus einem Gemisch von Uran und Thorium; Größe des Brutfaktors bei Verwendung des Thorium-Uran-Zyklus in Leichtwasserreaktoren; Beeinflussung der notwendigen Menge an angereichertem Uran für die deutschen Leichtwasserreaktoren durch die Rückführung von Plutonium sowie durch den Einsatz von Thorium-Uran . . . . . 8505* D Anlage 56 Antwort des PStSekr Dr. Glotz (BMBW) auf die Frage B 54 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Rollmann (CDU/CSU) : Prozentsatz der Absolventen der staatlichen und nichtstaatlichen Fachhochschulen für Sozialwesen/Sozialpädagogik/Sozialarbeit, die in die praktische Sozialarbeit eintreten bzw. ein weiterführendes Studium aufnehmen . . . 8506* C Anlage 57 Antwort des PStSekr Dr. Glotz (BMBW) auf die Frage B 55 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Befürchteter Rückgang der Zahl der Ausbildungsplätze im Baugewerbe auf Grund der ab 1. Juli 1974 für das erste Ausbildungsjahr geltenden Stufenausbildungsordnung . . . . . . . . 8506* D Anlage 58 Antwort des BMin Bahr (BMZ) auf die Frage B 56 — Drucksache 7/2631 vom 11. 10. 74 — des Abg. Roser (CDU/CSU) : Höhe der unmittelbaren und mittelbaren Einbußen der nicht erdölfördernden Länder der Dritten Welt durch die Preissteigerungen für Erdöl; Höhe der Entwicklungshilfeleistungen durch die erdölfördernden Länder . . . . . . 8507* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8437 126. Sitzung Bonn, den 18. Oktober 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach 19. 10. Adams * 19. 10. Dr. Aigner * 19. 10. Amling 18. 10. Amrehn 19. 10. Augstein 19. 10. Dr. Artzinger * 19. 10. Dr. Bayerl * 19. 10. Dr. Beermann 18. 10. Behrendt * 19. 10. Blumenfeld * 19. 10. Börner 18. 10. Bühling 19. 10. Dr. Burgbacher * 19. 10. Christ 18. 10. Conradi 15. 11. Dr. Corterier * 19. 10. Dr. von Dohnanyi 19. 10. Dr. Dollinger 18. 10. Engelhard 18. 10. Entrup 18. 10. Fellermaier * 19. 10. Flämig * 19. 10. Frehsee * 19. 10. Dr. Freiwald 16. 11. Dr. Früh * 19. 10. Geisenhofer 19. 10. Gerlach (Emsland) * 19. 10. Dr. Geßner 18. 10. Gnädinger 19. 10. Dr. Gradl 19. 10. Grobecker 19. 10. Härzschel * 19. 10. von Hassel 30. 10. Herold 30. 11. Heyen 18. 10. Höcherl 18. 10. Dr. Holtz 19. 10. Dr. Hupka 19. 10. Dr. Jaeger 19. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 19. 10. Kaffka 18. 10. Kater s 19. 10. Dr. Kempfler 19. 10. Kiep 18. 10. Dr. h. c. Kiesinger 18. 10. Dr. Klepsch * 19. 10. Dr. Kliesing 19. 10. Krall * 19. 10. Dr. Kreile 18. 10. Kroll-Schlüter 18. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 18. 10. Kunz (Berlin) 18. 10. Lagershausen 18. 10. Dr. Graf Lambsdorff 18. 10. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 19. 10. Lautenschlager * 19. 10. Lücker * 19. 10. Frau Lüdemann 18. 10. Memmel * 19. 10. Dr. Mende 19. 10. Mischnick 18. 10. Möllemann 19. 10. Müller (Mülheim) * 19. 10. Dr. Müller-Hermann 18. 10. Mursch (Soltau-Harburg) * 19. 10. Offergeld 19. 10. Frau Dr. Orth * 19. 10. Pensky 18. 10. Pieroth 18. 10. Dr. Probst 18. 10. Frau Dr. Riedel-Martiny 18. 10. Ronneburger 18. 10. Schmidt (Kempten) 18. 10. Schmidt (München) * 19. 10. Schmitz (Baesweiler) 18. 10. Dr. Schneider 18. 10. Dr. Schulz (Berlin) * 19. 10. Schwabe * 19. 10. Dr. Schwencke 16. 11. Dr. Schwörer * 19. 10. Seefeld * 19. 10. Dr. Frhr. Spies von Büllesheim 18. 10. Spranger 18. 10. Springorum * 19. 10. Dr. Starke (Franken) * 19. 10. Graf Stauffenberg 18. 10. Frau Stommel 18. 10. Strauß 18. 10. Vahlberg 18. 10. Dr. Waigel 18. 10. Walkhoff * 19. 10. Dr. Wallmann 18. 10. Frau Dr. Walz * 19. 10. Dr. Warnke 18. 10. Dr. Freiherr von Weizsäcker 18. 10. Wienand 19. 10. Dr. de With 18. 10. Frau Dr. Wolf 19. 10. Wurbs 18. 10. Zoglmann 18. 10. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Flämig (SPD) (Drucksache 7/2631 Frage A 33) : Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, Jugendliche, die an berufsqualifizierten Maßnahmen - z. B. Berufsfachschulzeiten oder einem Berufsgrundschuljahr - teilnehmen, nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu fördern, um sie in die Lage zu versetzen, die Zeit bis zu ihrer Aufnahme z. B. auf eine Altenpflegeschule vorbereitend zu nutzen? 8486* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Ausbildungsförderung wird generell ab Klasse 11 geleistet; in den Fällen, in denen eine auswärtige Unterbringung nötig ist, ab 1. 1. 1975 auch schon in der 10. Klasse. Soweit also Jugendliche Berufsfachschulen oder das Berufsgrundschuljahr in der Klasse 11 besuchen oder in der 10. Klasse auswärtig untergebracht werden müssen, ist ohne Rücksicht auf das spezielle Ziel dieses Ausbildungsabschnitts die Förderung möglich. Eine weitergehende Ausdehnung der Förderung auf das 10. Schuljahr gegebenenfalls unter Berücksichtigung besonderer Ausbildungsziele oder einzelner Schulformen, hält die Bundesregierung sowohl aus finanziellen als aus grundsätzlichen Gründen derzeit nicht für möglich. Die für eine Förderung aller Schüler der Klasse 10 der allgemein- und berufsbildenden Schulen erforderlichen Mittel in Höhe von mehreren hundert Millionen DM stehen auf absehbare Zeit nicht zur Verfügung. Die vorhandenen Mittel müssen vordringlich zur Absicherung des erreichten Leistungsstandes bei noch wachsenden Schüler- und Studentenzahlen eingesetzt werden. Bei allem Verständnis für die Motive der Forderung, vorrangig die Klassen 10 der Berufsfachschule und des Berufsbildungsjahres in den Förderungsbereich des Bundesausbildungsförderungsgesetzes einzubeziehen, hält es die Bundesregierung — wie sie mehrfach nachdrücklich dargelegt hat, so etwa in der Begründung des Regierungsentwurfs zum 2. BAföGÄndG (BT-Drucksache 7/2098 S. 14) — sozial- und bildungspolitisch nicht für vertretbar, Schüler der Klasse 10 dieser Schularten gezielt zu fördern, die Schüler der Klasse 10 der Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien dagegen ausdrücklich nicht. Eine solche Förderungspraxis könnte in Familien mit geringeren Einkommen zu Bildungsentscheidungen führen, die der Zielsetzung des Gesetzes nicht Rechnung trügen. Anlage 3 Antwort des ParL Staatssekretärs Haehser auf die Mündlichen Fragen Ides Abgeordneten Seiters (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen A 46 und 47) : Ist die Verteilung der 250 Millionen DM für Bundesbaumaßnahmen des „Sonderprogramms zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung" mit den Ländern abgestimmt worden, und wenn ja, in welcher Form hat sich diese Abstimmung vollzogen? Wie erklärt die Bundesregierung den Tatbestand, daß trotz der ausdrücklichen Bestimmung des Sonderprogramms, wonach vor allem Projekte in Gebieten mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen seien, z. B. in Niedersachsen, Gebiete mit der höchsten Arbeitslosenziffer, nämlich 5,4 % und 5,9 %, völlig unberücksichtigt geblieben sind, und gedenkt die Bundesregierung, einen solchen gegen die Bestimmungen des Sonderprogramms verstoßenden Maßstab auch an die Verteilung der restlichen Mittel anzulegen? Zu Frage A 46: Das Sonderprogramm ist mit den Ländern im Konjunkturrat für die öffentliche Hand und im Finanzplanungsrat ausführlich erörtert worden. Dabei ist sowohl über das Gesamtvolumen des Sonderprogramms und seine Finanzierung als auch über die für die Projektauswahl anzuwendenden Kriterien Einvernehmen erzielt worden. Diese Kriterien sind von den Bundesministerien bei der Anmeldung von Vorhaben aus ihrem jeweiligen Geschäftsbereich für den Programmteil B beachtet worden. Zu Frage A 47: Einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Sonderprogramms beim Kriterium überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit vermag ich auch für Niedersachsen nicht zu erkennen. Der Bund hat nicht in allen Gebieten mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit in gleichem Umfang vergabereife Projekte. Auch ist die überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit nur eines von mehreren Auswahlkriterien. So spielt z. B. auch eine Rolle — das Verhältnis der offenen Stellen zu den Arbeitslosen in den Bauberufen — die Absicht, durch möglichst viele kleinere Projekte besonders die mittelständischen Bauunternehmen abzustützen - außerdem können nur Maßnahmen berücksichtigt werden, die im Finanzplan des Bundes vorgesehen sind. Der zweite Teil Ihrer Frage bezieht sich vermutlich auf den Verteilungsmodus des Teils A des Sonderprogramms, auf den mit 700 Millionen DM von 950 Millionen DM der weit überwiegende Teil des Gesamtprogramms entfällt. Für den Programmteil A sind ausschließlich gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden zu verwirklichende Projekte vorgesehen. Das Vorschlagsrecht liegt bei den Ländern. Die Gemeinden, die vergabereife und den Kriterien für das Sonderprogramm entsprechende Vorhaben haben, sollten sich deshalb unverzüglich mit ihren zuständigen Landesdienststellen in Verbindung setzen, um möglicherweise beim Förderungsprogramm für kommunale Infrastrukturmaßnahmen oder den Wohnungsbauförderungsprogrammen berücksichtigt werden zu können. Anlage 4 Antwort des Parl Staatssekretärs Haehser auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Graf Lambsdorff (FDP) (Drucksache 7/2631 Fragen A 48 und 49) : Hält die Bundesregierung den Verzicht auf Beschränkungen bei der eigenen direkten und indirekten Kreditaufnahme im Ausland — z. B. das Aufgeben des sogenannten Ausländervorbehalts bei Schuldscheindarlehen — für gerechtfertigt, solange Beschränkungen dieser Art für die übrigen Marktteilnehmer bestehen? Wird die Bundesregierung auch in Zukunft auf diese Weise ohne vorherige Stellungnahme der Deutschen Bundesbank ihren Haushalt finanzieren, und wie beurteilt sie die europäischen und internationalen Auswirkungen dieser Maßnahme? Zu Frage A 48: Mit Inkrafttreten der 32. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung ist der Ge- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8487* nehmigungsvorbehalt für die Abtretung von Forderungen an Gebietsfremde entfallen. Der Bund hat dagegen in Absprache mit der Bundesbank für sich eine darüber hinausgehende Beschränkung auf sich genommen, indem er Schuldscheine mit einer Laufzeit unter 4 Jahren weiterhin mit dem Sperrvermerk der Nichtweitergabe an Gebietsfremde vorsieht. Insofern findet zur Zeit eine Benachteiligung des Bundes gegenüber privaten Unternehmen statt. Zu Frage A 49: Die Bundesregierung hat ihre Haushaltsfinanzierung stets in enger Zusammenarbeit mit der Bundesbank vorgenommen. Die in den letzten Wochen in der Offentlichkeit aufgebauschten Meinungsverschiedenheiten ändern an diesem Tatbestand nichts. Die Befugnisse der Bundesbank und der Bundesregierung sind sowohl in der Währungspolitik als auch in der Konjunkturpolitik so eng miteinander verbunden, daß sich diese enge Zusammenarbeit, das Aufeinander-Rücksicht-Nehmen und das Aufeinander-Hören, für beide Institutionen zwangsläufig empfiehlt. Hinsichtlich der Schuldscheinaufnahme können europäische wie internationale Auswirkungen nicht festgestellt werden. Entsprechend ,der Regelung bei den Wertpapieren ist es nach einer Vereinbarung zwischen dem Finanzministerium und der Bundesbank Gebietsfremden unbenommen, auch Forderungen mit einer Laufzeit von 4 Jahren und mehr zu erwerben. Wir können und wir wollen den freien Kapitalverkehr nicht einschränken. Er ist wesentlicher Teil unserer Wirtschaftsordnung. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Weber (Köln) (SPD) (Drucksache 7/2631 Fragen A 50 und 51) : Wieviel Beschwerden sind in den letzten vier Jahren beim Bundesversicherungsaufsichtsamt von Versicherungsnehmern erhoben worden? Wie sind diese Beschwerden beschieden worden? Zu Frage A 50: Das Bundesaufsichtsamt nimmt im Zuge der laufenden Aufsicht über die privaten Versicherungsunternehmen nicht nur Beschwerden von Versicherungsnehmern, sondern auch von geschädigten Dritten und anderen Personen entgegen. Demgemäß wird in der Beschwerdestatistik des Amtes, die auf die einzelnen beaufsichtigten Unternehmen getrennt nach Versicherungszweigen abgestellt ist, bei Beschwerdeführern auch grundsätzlich nicht zwischen Versicherungsnehmern und Dritten unterschieden. Es kann daher für den gewünschten Zeitraum auch jeweils nur die Gesamtzahl der Beschwerden genannt werden. Diese betrug im Jahre 1970 6 877 Beschwerden 1971 7 650 Beschwerden 1972 8 796 Beschwerden 1973 9 631 Beschwerden Darüber hinaus sind beim Bundesaufsichtsamt im Jahre 1970 — 1 483 1971 — 1 764 1972 — 1 833 1973 — 1 601 Anfragen eingegangen, in denen Bürger, ohne Beschwerde gegen ein bestimmtes Versicherungsunternehmen zu führen, um Rat oder Auskunft nachgesucht haben. Zu Frage A 51: Von den genannten Beschwerden sind 1970 — 6 578 1971 — 7 133 1972 — 8 436 1973 — 9 172 endgültig, d. h. abschließend bearbeitet worden. Dabei haben sich jeweils zwischen 28 % und 30 % der Beschwerden als unbegründet erwiesen. Der Vomhundertsatz der begründeten Beschwerden ist von 62 % im Jahre 1970 auf 58,7 % im Jahre 1973 zurückgegangen. Stets mehr als 10 % der Beschwerden haben in den letzten vier Jahren eine andere Erledigung gefunden, d. h. die Beschwerdeführer sind z. B. auf den ordentlichen Rechtsweg oder ein in den Versicherungsbedingungen vereinbartes Sachverständigungsverfahren verwiesen worden. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Frage A 52) : Ist die Bundesregierung bereit, Verluste aus Spareinlagen oder Kapitalvermögen als außergewöhnliche Belastung bzw. als einkommensmindernde Belastung anzuerkennen? Das Einkommensteuerrecht läßt es nicht zu, Verluste aus einem Sparguthaben oder anderem Kapitalvermögen, das zum Privatvermögen gehört, einkommensmindernd zu berücksichtigen. Wie Sie wissen, werden nur die Erträge des Kapitalvermögens — also z. B. die Zinsen oder Dividenden — als Einkünfte steuerlich erfaßt. Nicht besteuert werden dagegen Wertsteigerungen des Kapitalvermögens, insbesondere Kursgewinne, sofern sie nicht inner- 8488* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 halb der Spekulationsfrist realisiert werden. Andererseits werden auch Wertminderungen oder der Verlust des Kapitals nicht einkommensmindernd berücksichtigt. Diese Auslegung des im übrigen eindeutigen Gesetzeswortlauts ist wiederholt von den Finanzgerichten bestätigt worden, zuletzt in den grundlegenden Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 14. Mai 1974 zur Frage der Zinsbesteuerung. Der Verlust privaten Kapitalvermögens fällt auch nicht unter die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes über die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen. Wie der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung bestätigt hat, bestehen Sinn und Zweck des § 33 EStG darin, Steuerpflichtigen, die auf Grund außergewöhnlicher Belastungen zwangsläufig einen Teil ihres Jahreseinkommens ausgeben müssen, eine Ermäßigung der Einkommensteuer zu gewähren. Insoweit werden also ausnahmsweise Vorgänge im Bereich der Einkommensverwendung berücksichtigt. Vorgänge im Bereich des Vermögens, d. h. auch des angesparten Einkommens, fallen dagegen nicht unter die außergewöhnlichen Belastungen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Höcherl (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen A 53 und 54) : Besteht nicht ein Widerspruch zwischen der Beurteilung der möglichen Folgen der Ölkrise durch den Bundeskanzler in seinem New York-Interview und den Ausführungen des Bundesfinanzministers in Washington? Treffen Pressemeldungen (Wirtschaftswoche vom 11. Oktober 1974) zu, daß die Bundesregierung oder das Bundesfinanzministerium eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Laufe des nächsten Jahres erwägt? Zu Frage A 53: Ich sehe keinen Widerspruch in der konjunkturpolitischen Beurteilung des Bundeskanzlers und des Bundesfinanzministers. Beide sehen die Schwierigkeiten vieler Länder, beim Kampf gegen die Inflation keine Risiken für die Beschäftigung eingehen zu dürfen. Zu Frage A 54: Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, die Mehrwertsteuer zu erhöhen. An dieser Auffassung der Bundesregierung, die der Bundeskanzler am 17. Mai 1974 in einer Regierungserklärung dargelegt hat, hat sich nichts geändert. Der entsprechende Passus der Regierungserklärung vom 17. Mai 1974 lautet: „Bundestag und Bundesrat haben es in der Hand, durch Verzicht auf aufgabenwirksame Gesetze und Verzicht auf Initiativen zu vermeiden, daß der Mehrwertsteuersatz erhöht werden müßte; denn das wäre möglicherweise zum Schluß die einzige Dekkungsmöglichkeit für Einnahmelücken dieses Umfangs. Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, die Mehrwertsteuer zu erhöhen." Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Sauter (Epfendorf) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Frage A 57) : In welcher Höhe hat Baden-Württemberg Ausgleichszahlungen im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs von 1965 bis 1974 geleistet? Der Finanzausgleich ist nach Artikel 107 Absatz 2 des Grundgesetzes so zu regeln, daß die unterschiedliche Finanzkraft der Länder in erster Linie horizontal, d. H. unter den Ländern, lediglich ergänzungsweise ducrh Bundesmittel ausgeglichen wird. Baden-Württemberg leistet für den Zeitraum 1965 bis einschließlich 1. Halbjahr 1974 Ausgleichsbeiträge in Höhe von 4 545,4 Mio DM. Hamburg folgt mit Leistungen von 3 857,0 Mio DM. Die entsprechenden Werte für Nordrhein-Westfalen betragen 3 688,0 Mio DM und für Hessen 3 577,7 Mio DM. Ich vermute, daß Ihre Frage hauptsächlich eine Auskunft darüber begehrte, wie sich die Zahlungen in den verschiedenen Bundesländern pro Einwohner stellen. Diese Zahlen nenne ich Ihnen gerne: Hamburg 2 202,— DM Hessen 641,— DM Baden-Württemberg 492,— DM Nordrhein-Westfalen 214,— DM. Besonders anzumerken ist, daß die im Finanzausgleichgesetz vom 28. August 1969 getroffene Regelung des Länderfinanzausgleichs die Zustimmung der finanzstarken Länder und Bayerns fand. Die Länder Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein versagten hingegen dem Gesetz ihre Zustimmung, da sie die dadurch erreichte Ausgleichsintensität für nicht ausreichend hielten. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Zeyer (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage A 58) : Treffen Presseberichte zu, wonach die Bundesregierung eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Laufe des Jahres 1975 beabsichtigt bzw. in Erwägung zieht? Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, die Mehrwertsteuer zu erhöhen. An dieser Auffassung der Bundesregierung, die der Bundeskanzler am 17. Mai 1974 in einer Regie- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8489* rungserklärung dargelegt hat, hat sich nichts geändert. Der entsprechende Passus der Regierungserklärung vom 17. Mai 1974 lautet: „Bundestag und Bundesrat haben es in der Hand, durch Verzicht auf aufgabenwirksame Gesetze und Verzicht auf Initiativen zu vermeiden, daß der Mehrwertsteuersatz erhöht werden müßte; denn das wäre möglicherweise zum Schluß die einzige Deckungsmöglichkeit für Einnahmelücken dieses Umfangs Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, die Mehrwertsteuer zu erhöhen." Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage A 59) : Welche Möglichkeiten gibt es bei der Einkommen- und Lohnsteuer. Aufwendungen für Pakete und Päckchen an Verwandte in der DDR, für Besuche in der DDR oder für die Aufnahme von Besuchern aus der DDR in der Bundesrepublik Deutschland abzusetzen, und beabsichtigt die Bundesregierung, die dabei angewandten Pauschbeträge der inflationären Entwicklung durch Erhöhung anzupassen? Unterhaltsaufwendungen für Verwandte in der DDR werden als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, und zwar nach geltendem Recht bis zu 1200 DM und ab 1975 bis zu 3000 DM jährlich für jede unterhaltene Person. Durch Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder sind aus Vereinfachungsgründen für folgende Fälle Pauschbeträge zugelassen worden: 1. Für jedes versandte Paket ein Pauschbetrag von 30 DM und für jedes Päckchen ein solcher von 20 DM, 2. für Zuwendungen bei einem Besuch in der DDR ein Pauschbetrag von 30 DM, wenn es sich um einen Besuch im Rahmen des grenznahen Verkehrs handelt, im übrigen ein Pauschbetrag von 50 DM und 3. für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen anläßlich eines Besuchs aus der DDR erwachsen, bei einem Aufenthalt von 28 Tagen ein Pauschbetrag von 100 DM und bei einem Aufenthalt von weniger als 28 Tagen ein entsprechend niedrigerer Pauschbetrag. Die Frage einer Erhöhung der Pauschbeträge ist mehrfach mit Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder erörtert worden mit dem Ergebnis, daß die getroffenen Vereinfachungsmaßnahmen nach den Erfahrungen der Praxis auch heute noch ihren Zweck erfüllen, zumal wenn man berücksichtigt, daß hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Zuwendungsempfänger von Nachweisen abgesehen wird. Erwachsen einem Steuerpflichtigen tatsächlich höhere Aufwendungen, die er nachweist oder zumindest glaubhaft macht, so kann er sie über die Pauschbeträge hinaus geltend machen. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Becher (Pullach) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen A 60 und 61) : Haben die Ausweitung des Röhrengeschäfts mit der Sowjetunion, der vorgesehene Aufbau eines Stahlwerks bei Kursk sowie die Lieferung von etwa 9000 schweren Lastkraftwagen (durch die Firma Klöckner-Humboldt-Deutz) nicht zur Folge, daß die Industrie der Bundesrepublik Deutschland zur Waffenschmiede Moskaus wird, indem sie weit über das handelsübliche Maß hinaus strategisch wichtige Güter an eine Militärmacht liefert, die hoch gerüstet inmitten Deutschlands steht? Sieht das „Paket" der bevorstehenden Besprechungen des Bundeskanzlers mit dem sowjetischen Parteichef auch Erörterungen über den Ausbau von Atomkraftwerken in Ostpreußen oder an anderen Stellen der Sowjetunion vor? Zu Frage A 60: Die Industrie der Bundesrepublik liefert keine strategisch wichtigen Güter in die UdSSR. Erdgasröhren sind zwar früher als strategische Güter eingestuft worden, was aber weder die UdSSR daran hinderte, die Röhren in anderen westlichen Ländern einzukaufen, noch den deutschen Interessen nützte. Das Erdgasröhren-Geschäft ist durchaus zu begrüßen, weil es einen nützlichen Beitrag zur Versorgung der Bundesrepublik mit einem besonders begehrten Energieträger leistet. Ebensowenig sind das Stahlwerk oder die Lastkraftwagen strategisch relevant. Die erwähnten 9000 Lkw werden in einem Zeitraum von zwei Jahren geliefert werden; während eines solchen Zeitraums wird das vor der Vollendung stehende sowjetische Lkw-Werk an der Kama nicht weniger als 350 000 Lkw produzieren. Die deutsche Industrie konkurriert im übrigen beim Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zur UdSSR mit den Industrien anderer westlicher Länder, die von ihren Regierungen dabei besonders unterstützt werden. Der Ost-West-Handel ist nach dem Verständnis auch unserer westlichen Partner eher ein Beitrag zur Normalisierung als eine Ursache für ein Anwachsen von Rüstungen. Zu Frage A 61: Die Verhandlungen über den Bau von Kernkraftwerken in der UdSSR werden von der deutschen Wirtschaft geführt. Ob der Bundeskanzler in Moskau politische Aspekte dieser Frage erörtern wird, dürfte erst im Lichte evtl. Diskussionen in der deutsch-sowjetischen Wirtschaftskommission zu beurteilen sein, die zur Zeit in Moskau tagt. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Roser (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage A 62) : Wie groß ist die unmittelbare und mittelbare Belastung der deutschen Zahlungsbilanz und der Zahlungsbilanzen der übrigen Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft durch die Preissteigerungen für Erdöl im Jahr 1973, und welche Entwicklung ist für 1974 absehbar? 84908 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 1973 bewirkte der Preisanstieg bei Rohöl eine Mehrbelastung in Höhe von rd. 1 Mrd. DM. Diese Belastung konzentrierte sich auf das 4. Quartal. Im bisherigen Jahresverlauf lagen die DM-Preise für importiertes Rohöl um mehr als 200 % über dem durchschnittlichen Vorjahresniveau. Die Mehraufwendungen für Rohöleinfuhren dürften sich 1974 auf 15 bis 18 Mrd. DM belaufen. Die Nettobelastung der deutschen Zahlungsbilanz 1974 aufgrund der Ölpreisverteuerung dürfte insgesamt bei etwa 20 Mrd. DM liegen. Im Hinblick auf die mittelbare Belastung ist allerdings zu berücksichtigen, daß die deutschen Ausfuhren in die Ölländer sehr stark steigen. Die Verteuerung des Erdöls wirft 1974 für die Bundesrepublik kein Zahlungsbilanzproblem auf, da die deutschen Handelsbilanzüberschüsse insgesamt stark angestiegen sind. Auch die Gemeinschaft ist insgesamt in erheblichem Maße auf Importe von Erdöl angewiesen. Die Lage ist jedoch in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich je nach dem Beitrag heimischer Energieträger an ,der Energieversorgung. Nach Schätzungen der EWG und der OECD dürften sich die Erdöleinfuhren der Gemeinschaft insgesamt 1974 um rd. 25 Mrd. $ verteuern. Für eine Reihe unserer EG-Partnerländer ergeben sich daraus schwerwiegende Zahlungsbilanzprobleme. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen A 63 und 64) : Wie hoch ist der Anteil Ostfrieslands an dem Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung (Teil A und B), und steht dieser Anteil in einem angemessenen Verhältnis zur Arbeitslosenquote dieses Raums? Ist die Bundesregierung bereit, die Ausschreibungsbedingungen für Baumaßnahmen, die aus dem Sonderprogramm gefördert werden, dahin gehend zu formulieren, daß bevorzugt Firmen aus den strukturschwachen Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden? Zu Frage A 63: Das Ausmaß, in dem bestimmte Regionen an den zusätzlichen Aufträgen des „Sonderprogramms zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung" teilhaben, läßt sich z. Z. noch nicht bestimmen. Bisher liegt ledighich die örtliche Verteilung derjenigen Maßnahmen fest, die vom Bund allein im Rahmen des Programmteils B im Gesamtumfang von 250 Millionen DM finanziert werden. Bei dem weit größeren Investitionsvolumen des Programmteils A in Höhe von rd. 700 Millionen DM wird die lokale und regionale Verteilung in erster Linie von den Ländern bestimmt. Angesichts deren Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten dürfte am ehesten gewährleistet sein, daß eine angemessene regionale Streuung der Investitionsvorhaben erfolgt. Zu Frage A 64: Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, besondere Ausschreibungsbestimmungen zu formulieren. Um soweit wie möglich zu gewährleisten, daß die durch die Auftragsvergabe ausgelösten Beschäftigungseffekte lokal gezielt in den Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit auftreten, hat die Bundesregierung ausdrücklich auf die Möglichkeiten der sog. beschränkten Ausschreibung hingewiesen. Eine entsprechende Formulierung ist insbesondere in die mit den Ländern abzuschließenden Verwaltungsvereinbarungen zur Durchführung des kommunalen Infrastrukturprogramms aufgenommen worden. Die Eilbedürftigkeit der Auftragsvergabe wird dazu führen, daß beschränkte Ausschreibungen mit kurzen Fristen die Regel sein werden. Selbst bei grollen Bauaufträgen (über 3,6 Millionen DM), die im Amtsblatt der EG bekanntzugeben sind, werden die Ausschreibungen wegen der notwendigerweise kurzen Frist in der Mehrzahl der Fälle nur auf das Interesse der regionalansässigen Unternehmen stoßen. Einer starren Bindung zur Bevorzugung gebietsansässiger Unternehmen stehen EG-rechtliche und wettbewerbliche Gründe entgegen. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schweitzer (SPD) (Drucksache 7/2631 Frage A 65) : welche Haltung nimmt die Bundesregierung gegenüber der Äußerung des Bundesbankpräsidenten Klasen (Süddeutsche Zeitung vom 7. Oktober 1974) ein, wonach es wünschenswert wäre, wenn der Ölverbrauch „mit allen Mitteln" gedrosselt würde, und mit welchen konkreten Schritten gedenkt die Bundesregierung ihrerseits der drohenden Gefahr einer Ölpreisexplosion zu begegnen? Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Bundesbankpräsidenten, daß eine Drosselung des Ölverbrauchs wünschenswert ist. Sie kann insoweit bereits auf beträchtliche Einsparungserfolge im Verlauf dieses Jahres verweisen. Der Inlandsabsatz an Mineralölprodukten verringerte sich von Januar bis einschließlich August dieses Jahres gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 10,5 %. Die Bundesrepublik weist damit einen stärkeren Verbrauchsrückgang auf als die übrigen westlichen Industrieländer. Die Bundesregierung wird sich mit diesem Erfolg, der wesentlich auf die durch höhere Ölpreise bedingte sparsamere Verwendung der Verbraucher sowie die Substitution von Öl durch andere Energieträger zurückzuführen ist, nicht begnügen. In der Fortschreibung des Energieprogramms sind weitere Maßnahmen vorgesehen, die auf eine rationellere Energieverwendung sowie auf ein Zurückdrängen des Ölanteils abzielen. Die Bundesregierung anerkennt das Interesse der Förderländer an angemessenen Rohölpreisen. Ein Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8491* Preisniveau, das die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft gefährden könnte, dürfte jedoch auch nicht im Interesse der Förderländer liegen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß zur Lösung der Preisproblematik nationale Maßnahmen nicht ausreichen. Vielmehr muß dieses Problem gleichfalls im Rahmen des sowohl von Verbraucher- wie Förderländern als notwendig erachteten Dialogs über eine internationale Zusammenarbeit im Energiebereich gelöst werden. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 7/2631 Frage A 66) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß deutsche Wirtschaftsverbände ihre Mitgliedsunternehmen intern gewarnt haben, auf eine geplante Umfrage der EG-Kommission über multinationale Unternehmen zu antworten, da es keine europäische Rechtsgrundlage für die Anforderung der betreffenden Unterlagen gäbe, und ist die Bundesregierung ihrerseits bereit, eine entsprechende Umfrage durchzuführen? Die Bundesregierung ist mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften der Auffassung, daß der Informationsstand über Struktur und Tätigkeit der multinationalen Unternehmen verbessert werden sollte. Das Hohe Haus hat sich in seiner Entschließung vom 10. Juli 1974 ebenfalls hierfür ausgesprochen. Eine sachliche Aufklärung der Offentlichkeit läge nicht zuletzt auch im Interesse der multinationalen Unternehmen. Die Bundesregierung würde es daher bedauern, wenn deutsche Wirtschaftsverbände ihren Mitgliedsunternehmen empfehlen, sich an einer Umfrage der EG-Kommission nicht zu beteiligen. Solange eine rechtliche Verpflichtung zur Teilnahme an solchen Umfragen nicht besteht, steht es freilich im Ermessen des einzelnen Unternehmens, welche Unterlagen es der Kommission zur Verfügung stellt. Nach Art. 213 EWG-Vertrag könnte der Rat der Europäischen Gemeinschaften eine Rechtsgrundlage für eine solche Umfrage schaffen. Dies sollte aber nur dann erwogen werden, wenn die erforderlichen Informationen nicht auf freiwilliger Basis eingeholt werden können. Auf jeden Fall müßte sichergestellt werden, daß das Geschäftsgeheimnis gewahrt bleibt. Eine auf die Bundesrepublik beschränkte Umfrage wäre nicht sehr aussagekräftig. Multinationale Unternehmen zeichnen sich eben dadurch aus, daß ihre Aktivität in nur einem Land nicht voll erfaßt werden kann. In diesem Zusammenhang bedauert die Bundesregierung, daß der EG-Rat sich bisher noch nicht mit der Mitteilung „über die multinationalen Unternehmen und die Gemeinschaftsvorschriften" befaßt hat, die die Kommission ihm im November 1973 vorgelegt hat. Die Bundesregierung begrüßt — wie auch das Hohe Haus in seiner Entschließung vom 10. Juli 1974 — die Grundtendenz der Kommissionsmitteilung. Danach soll das tendenziell gestörte Gleichgewicht zwischen multinationalen Unternehmen einerseits und staatlicher Wirtschaftspolitik andererseits nicht durch eine restriktive Politik gegenüber den multinationalen Unternehmen wiederhergestellt werden, sondern dadurch, daß die Wirtschaftspolitik sich ebenfalls auf europäischer Ebene strukturiert. Das gleiche gilt für das Verhältnis zwischen multinationalen Unternehmen und Gewerkschaften. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Schlei auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kunz (Berlin) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen A 109 und 110): War der Vizekanzler Genscher von der Entscheidung des Bundeskanzleramts unterrichtet, den Staatssekretär Gaus als Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost Berlin im Rahmen des dortigen diplomatischen Corps an dem Empfang für den sowjetischen Parteisekretär Breschnew teilnehmen zu lassen, obwohl die Bundesrepublik Deutschland keine völkerrechtlichen, sondern besondere innerdeutsche Beziehungen zur DDR unterhält, und wie verträgt sich bejahendenfalls dieser erneute Versuch, jenen Beziehungen den Schein einer völkerrechtlichen Anerkennung zu geben, mit den Ausführungen des Vizekanzlers und Bundesaußenministers Genscher in seiner jüngsten Rede vor den Vereinten Nationen, „Wir können die Teilung nicht als das letzte Wort der Geschichte über die deutsche Nation akzeptieren!"? Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zur Teilnahme des Leiters der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin an einem Empfang im Rahmen des dortigen diplomatischen Corps, und wie stellte die Bundesregierung dabei sicher, daß die besonderen innerdeutschen Beziehungen im Gegensatz zu völkerrechtlichen Beziehungen zum Ausdruck gebracht werden? Zu Frage A 109: Herr Bundesminister Genscher war nicht unterrichtet; das Auswärtige Amt in Bonn ist bekanntlich nicht für die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR zuständig, und zwar gerade aus dem Grund, den Sie in Ihrer Frage nennen. Im übrigen besteht kein Zusammenhang zwischen der Teilnahme von Staatssekretär Gaus an einem Empfang für Breschnew und der Äußerung von Bundesminister Genscher, daß wir die Teilung nicht als das letzte Wort der Geschichte über die deutsche Nation akzeptieren. Zu Frage A 110: Gemäß Protokoll vom 14. 3. 1974 ist für die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zuständig. Schon daraus folgt, daß der Leiter der Vertretung einen Teil seiner Tätigkeit in Ost-Berlin im Rahmen des Diplomatischen Corps abwickeln muß. Die Bundesregierung hat ihre grundsätzliche Auffassung zur deutschen Frage aus Anlaß des Grundlagenvertrages und des Protokolls vom März dieses Jahres deutlich gemacht. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der besondere Charakter der Beziehungen zwischen der 8492* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Bundesrepublik und der DDR nicht berührt wird durch die Einhaltung der protokollarisch üblichen und notwendigen Höflichkeiten durch die Mitarbeiter und vor allem auch den Leiter der Ständigen Vertretung; vielmehr sichert die Einhaltung dieser protokollarischen Pflichten die vielfältigen Arbeitsmöglichkeiten der Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR. Anlage 17 Antwort des Staatsministers Moersch auf ,die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen B 1 und 2) : Ist die Bundesregierung bereit, in ihren Verhandlungen mit der Volksrepublik Polen auf die Notwendigkeit der Sühnung von Verbrechen an Deutschen in Zusammenhang mit der Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten hinzuweisen? Ist die Bundesregierung bereit, die Vereinten Nationen auf die Notwendigkeit der Sühnung der Verbrechen an Deutschen in Zusammenhang mit der Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten deutlich aufmerksam zu machen? Zu Frage B 1: Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, dies zu tun. Sie hält es nicht für sinnvoll, im deutschpolnischen Verhältnis die Vergangenheit der Gewalt und des gegenseitig zugefügten Unrechts ständig neu aufzurühren. Sie ist sich ,der Leiden durchaus bewußt, die sich für die deutsche Bevölkerung bei ihrer Flucht oder Vertreibung aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches ergeben haben. Sie ist sich gleichermaßen der geschichtlichen Vorgänge bewußt, die zu diesen Ereignissen geführt haben und die auch Deutsche zu verantworten haben. Politisches Ziel der Bundesregierung ist es, durch eine auf die Zukunft gerichtete, für beide Seiten fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen die Vergangenheit zu überwinden. Die mit der Frage nahegelegte Verfahrensweise würde diesen Bemühungen genau entgegenlaufen. Zu Frage B 2: Die Geschehnisse in der Kriegs- und Nachkriegszeit haben in der Vergangenheit gerade in den Vereinten Nationen eine erhebliche Rolle gespielt und wiederholt zu heftigen Angriffen auf die Bundesrepublik Deutschland geführt. Die Diskussion ist erst in jüngster Zeit mehr in den Hintergrund getreten. Eine Wiederbelebung der Diskussionen in den Vereinten Nationen über Kriegsverbrechen und ihre Sühnung würde nur Vorwürfe gegen Vorwürfe stellen, unsere bilateralen Bemühungen um eine Lösung der Kriegsfolgeprobleme erschweren und die internationale Situation nutzlos belasten. Anlage 18 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 3) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Behauptung des albanischen KP-Chefs, die Bundesregierung schulde Albanien Milliarden DM für Kriegsreparationen, und wie hoch müßte ein Kapitalhilfekredit an Albanien sein, wenn der Entwicklungsstand der albanischen Wirtschaft mit dem der jugoslawischen verglichen wird? Der albanische Parteichef Hodscha nahm Pressemeldungen zufolge in einer außenpolitischen Rede am 4. Oktober 1974 generell zur Frage der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit westlichen Staaten Stellung. Er machte die Herstellung solcher Beziehungen von der vorherigen Regelung von aus der Kriegszeit herrührenden finanziellen Forderungen seines Landes abhängig. Im Falle der Bundesrepublik Deutschland erklärte er, die Bonner Regierung, die eine revanchistische Politik verfolge, schulde Albanien Milliarden DM für Kriegsreparationen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist diese Bemerkung ein Hinweis dafür, daß Albanien an seiner bereits bisher erkennbaren Zurückhaltung gegenüber der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland offenbar weiterhin festhält. Auf die mehrfach erklärte Bereitschaft der Bundesregierung, mit allen Staaten — auch mit Albanien — diplomatische Beziehungen herzustellen, hat es auch bisher nicht positiv reagiert. Die Bundesrepublik Deutschland kann nicht Adressat albanischer Reparationsforderungen sein. Albanien hat als Unterzeichner des mehrseitigen Abkommens vom 14. Januar 1946 über Reparationen aus Deutschland, über die Errichtung einer Inter-Allnerten-Reparations-Agentur und über die Ruckgabe von Munzgold (IARA) aus der seinerzeit aus Deutschland zur Verfügung stehenden Reparationsmasse in den Jahren 1945 bis 1961 Reparationen erhalten. Die Prüfung weiterer aus dem 2. Weltkrieg herrührender Forderungen, d. h. Reparationen ist gemäß Art. 5 des Londoner Schuldenabkommens vom 27. Februar 1953 bis zu einer endguitigen Regelung der Reparationsfrage in einem Friedensvertrag mit Gesamtdeutschland zurückgestellt. Daran ist die Bundesrepublik Deutschland auch gegenüber Albanien gebunden. Albanien hat sich als Staatshandelsland bisher weder um eine Anerkennung als Entwicklungsland durch die Vereinten Nationen oder die OECD bemüht noch um Kapitalhilfekredite in westlichen Ländern nachgesucht. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Kapitalhilfe durch die Bundesrepublik Deutschland sind — abgesehen von den fehlenden bilateralen Beziehungen — damit nicht gegeben. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8493* Anlage 19 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 4) : Entspricht es der Auffassung der Bundesregierung vom Inhalt des Potsdamer Abkommens und dessen objektiven Gehalt im Jahr 1945, wenn die deutsch-polnische Schulbuchkonferenz davon spricht, „daß es sich bei der polnischen Administration der ehemals deutschen Gebiete nicht um ein revidierbares Provisorium handeln könne"? Es wird angenommen, daß das Zitat dem ersten Absatz des 2. Abschnitts einer Empfehlung der 6. deutsch-polnischen Schulbuchkonferenz vom 3. bis 7. Oktober 1974 in Warschau entnommen wurde, in dem auf die Frage einer deutschpolnischen Grenzregelung eingegangen wird. Das Zitat liest sich im Kontext wie folgt: „Die Darstellung der deutsch-polnischen Grenzregelung nach dem zweiten Weltkrieg ist im Zusammenhang der allgemeinen Territorial- und Grenzveränderungen als Ergebnis des Krieges zu betrachten. In den alliierten Kriegskonferenzen von Moskau, Teheran und Jalta spielte die Frage der polnischen Westgrenze eine bedeutende Rolle. Die unterschiedlichen Auffassungen bezüglich des Ausmaßes der neuen polnischen Westgebiete waren unter den Alliierten vor der Potsdamer Konferenz nicht beizulegen. Vor Konferenzbeginn war jedoch die staatliche Hoheitsgewalt de facto bereits den polnischen Behörden übertragen worden. Die Anerkennung der polnischen Administration durch die Westalliierten bedeutete nach deren Auffassung mit zunehmendem zeitlichen Abstand von der Konferenz noch keine völkerrechtlich definitive Anerkennung der Grenzlinie. Mit der gleichzeitigen Einigung über den Art. XIII (Transfer der deutschen Bevölkerung) und der Aufstellung eines Aufnahmeplans des Alliierten Kontrollrates in Deutschland im November 1945 wurde aber von den Alliierten selbst präjudiziert, daß es sich bei der polnischen Administration der ehemals deutschen Gebiete nicht um ein revidierbares Provisorium handeln könne." Die Aussage gibt die Meinung der beteiligten deutschen und polnischen Wissenschaftler wieder. Die bekannte Haltung der Bundesrepublik Deutschland zu den hier relevanten Ergebnissen der Konferenz von Potsdam im Juli/August 1945, wie sie anläßlich der Beratung des Warschauer Vertrages in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages und des Bundesrates ausführlich dargelegt wurde, hat sich nicht geändert. Anlage 20 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 5) : Welche Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder ausländischer Staaten haben seit dem 1. Januar 1973 die Bundesrepublik Deutschland besucht, und welche davon wurden von der Bundesregierung bei dieser Gelegenheit zu einem Besuch Berlins eingeladen und dort oder an der innerdeutschen Grenze mit den Realitäten der deutschen Spaltung vertraut gemacht? Die Frage eines Besuches von Berlin bei Reisen hochrangiger ausländischer Gäste in die Bundesrepublik Deutschland ist wiederholt im Bundestag erörtert worden. Ich verweise auf das Protokoll der 64. Sitzung vom 8. November 1973 und auf die Drucksache 7/928, die meine Antworten vom 16. Juli und 17. Juli 1973 wiedergeben, sowie auf meine schriftliche Antwort vom 20. September 1974 (117. Sitzung, S. 7878). Die Haltung der Bundesregierung ist unverändert: Sie hält es für erwünscht, daß sich hochrangige ausländische Gäste bei offiziellen Besuchen in der Bundesrepublik Deutschland auch nach Berlin (West) begeben. Bei den Reisen ausländischer Staatschefs und Regierungsmitglieder in die Bundesrepublik Deutschland muß Art und Zweck des Besuches berücksichtigt werden: Die weit überwiegende Zahl hochrangiger ausländischer politischer Persönlichkeiten kommt 711 bestimmten Arbeitskontakten mit der Bundesregierung. Daher ist der Aufenthalt in aller Regel auf Bonn beschränkt. Der Besuch eines Bundeslandes oder mehrerer Bundesländer im Rahmen eines ausgedehnteren Besuchsprogrammes kommt in wesentlichen nur bei Staatsbesuchen und offiziellen Besuchen von Regierungschefs und Außenministern in Betracht. Bei der Programmgestaltung derartiger Besuche schlägt die Bundesregierung auch die Einbeziehung Berlins vor. Sie hat jedoch im Einzelfall den Wünschen des Gastes Rechnung zu tragen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß bei den Besuchern eine Präferenz für Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bayern festzustellen ist. So war von elf offiziellen Besuchern, die sich seit dem ersten Januar 1973 in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten haben, nur einer in Berlin. Der besonderen Situation unseres Landes wird unabhängig von den besuchten Orten dadurch Rechnung getragen, daß in den Gesprächen mit unseren Gästen selbstverständlich die Lage Deutschlands und die Stellung Berlins ausführlich behandelt werden. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen B 6 und 7): Welche Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre und Bedienstete der Bundesministerien, bzw. kurz vorher in den Ruhestand versetzte Bedienstete mit Urlaubsanspruch haben mit welchen Verkehrsmitteln an welchen Spielen, wie lange an der Fußballweltmeisterschaft teilgenommen? Wieviel Dienstwagen mit Fahrer wurden zusätzlich bei Flugreisen für welche Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre und Bedienstete der Bundesministerien anläßlich der Fußballweltmeisterschaft zu den Austragungsorten beordert? 8494* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Mit Schreiben vom 26. September 1974 habe ich Ihnen umfangreiche Informationen über die Teilnahme mit Mitgliedern der Bundesregierung, Staatssekretären und Bediensteten der Ministerien an Spielen der Fußball-Weltmeisterschaft mit Angaben über die benutzten Verkehrsmittel und die entstandenen Kosten zugeleitet. Die Ermittlung dieser Angaben hat einen außerordentlichen Verwaltungsaufwand erfordert. Ich möchte mich deshalb auf die Angaben über die Mitglieder der Bundesregierung beschränken. Im übrigen dürften die in meinem Schreiben vom 26. 9. 1974 angegebenen Zahlen hinreichenden Aussagewert haben. Dies gilt auch hinsichtlich der benutzten Dienstwagen. Folgende Mitglieder der Bundesregierung haben die Spiele der Weltmeisterschaft an folgenden Tagen besucht: 13. 6. Frankfurt: Bundesminister des Auswärtigen, Bundesminister des Innern 14. 6. Berlin: Bundesminister des Auswärtigen, Bundesminister des Innern 22. 6. Hamburg: Bundesminister des Innern, Bundesminister der Finanzen, Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit 22. 6. Gelsenkirchen: Bundesminister des Auswärtigen 23. 6. Düsseldorf Bundesminister des Innern 26. 6. Düsseldorf: Bundesminister des Innern 26. 6. Hannover: Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen 26. 6. Gelsenkirchen: Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung 3. 7. Dortmund: Bundesminister des Auswärtigen 3. 7. Frankfurt: Bundesminister des Innern 6. 7. und/oder 7. 7. München: Bundeskanzler, Bundesminister des Auswärtigen, Bundesminister des Innern, Bundesminister der Finanzen, Bundesminister der Justiz, Bundesminister der Verteidigung, Bundesminister für Wirtschaft, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Benz (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen 8 und 9) : Trifft es zu, daß auf Grund der gegenwärtigen Kernreaktorplanung in der Bundesrepublik Deutschland die im nächsten Jahrzehnt anfallenden Brennelemente aus diesen Reaktoren nicht alle sofort in den Wiederaufbereitungsanlagen aufgearbeitet werden können? Aus welchen Gründen ist in der Bundesrepublik Deutschland bis heute noch nicht mit dem Bau einer großen Wiederaufbereitungsanlage begonnen worden, obwohl auf Grund der gegenwärtigen Reaktorplanung eine derartige Anlage Anfang der 80er Jahre gebraucht wird? Zu Frage B 8: Es ist möglich, daß die im nächsten Jahrzehnt in der Bundesrepublik Deutschland anfallenden abgebrannten Brennelemente nicht alle sofort aufgearbeitet werden können. Wenn auch eine sofortige Wiederaufarbeitung nicht möglich ist, so kann doch erwartet werden, daß es der bestehenden organisatorischen Vereinigung der Aufarbeitungskapazitäten von Großbritannien, Frankreich und der Bundesrepublik trotz verschiedener aufarbeitungstechnologischer Unzulänglichkeiten innerhalb der nächsten zehn Jahre gelingt, ein funktionierendes Entsorgungssystem sicherzustellen. Zu Frage B 9: Eine große Wiederaufarbeitungsanlage soll Anfang bis Mitte der 80er Jahre in Betrieb genommen werden. Die planerischen Vorbereitungen sind seit ca. zwei Jahren im Gange. Mit einer Entscheidung des späteren Betreibers zum Standort ist demnächst zu rechnen. Nach Vorliegen der entsprechenden Genehmigung scheint die Bauzeit im Hinblick auf den vorgesehenen Inbetriebnahmetermin ausreichend. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Walther (SPD) (Drucksache 7/2631 Fragen B 10 und 11) : Hat die Bundesregierung ihre Verpflichtungen nach den § 44 Abs. 2 und 3 sowie § 46 Abs. 3, 4 und 5 des Bundespersonalvertretungsgesetzes in allen Teilen der Bundesverwaltung bereits erfüllt und in welchem Umfang? Wieviel Freistellungen nach § 46 Abs. 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes sind bei welchen Dienststellen erfolgt, und welche zusätzlichen Planstellen und Stellen müssen dafür gegebenenfalls wann neu geschaffen werden? Zu Frage B 10: Die Bereitstellung von Räumen, Geschäftsbedarf und Büropersonal für Sitzungen, Sprechstunden und laufende Geschäftsführung der Personalvertretungen sowie die Zurverfügungstellung geeigneter Plätze für Bekanntmachungen und Anschläge (§ 44 Abs. 2, 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes) obliegt Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8495* den einzelnen Dienststellen des Bundes. Eine Prüfung, wieweit die über 8 000 Dienststellen dieser Verpflichtung nachgekommen sind, würde einen unverhältnismäßig hohen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordern. Da diese Regelungen seit über 19 Jahren gelten und die Personalvertretungen die Möglichkeit haben, ihre Rechte notfalls unter Inanspruchnahme der Verwaltungsgerichte durchzusetzen, kann davon ausgegangen werden, daß die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Nach § 46 Abs. 5 des Bundespersonalvertretungsgesetzes hat die Bundesregierung durch Rechtsverordnung vom 18. Juli 1974 (BGBl I S. 1499) die Höhe der Aufwandsentschädigung für ganz vom Dienst freigestellte Personalvertretungsmitglieder auf 50 DM monatlich festgesetzt. Soweit die erste Frage § 46 Abs. 3, 4 des Bundespersonalvertretungsgesetzes betrifft, wird sie unter 2. beantwortet. Zu Frage B 11: Die Freistellung von Mitgliedern der Personalvertretungen nach § 46 Abs. 3, 4 des Bundespersonalvertretungsgesetzes ist Sache der einzelnen Dienststellen. Die Zahl der Freistellungen in den einzelnen Dienststellen kann erst nach Erhebungen der Bundesressorts festgestellt werden. Sobald mir diese Angaben vorliegen, werde ich sie Ihnen mitteilen. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Windelen (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen B 12 und 13) : Welche amtlichen Quellensammlungen und Dokumentationen — auch solche der früheren Reichsregierung — über Verbrechen an Deutschen im Zusammenhang mit dem II. Weltkrieg existieren, sind davon allgemein oder der wissenschaftlichen Forschung zugänglich? Teilt die Bundesregierung den Eindruck, daß es umfassende, seriöse und allgemein zugängliche Dokumentationen wissenschaftschaftlicher Art über von Angehörigen der westlichen Alliierten zu verantwortende Verbrechen an Deutschen im Zusammenhang mit dem II. Weltkrieg kaum gibt — gegebenenfalls warum nicht —, und was will sie mit den ihr gegebenen Möglichkeiten tun, um einer derart mißverständlichen Einseitigkeit abzuhelfen? In der Fragestunde am 25. September 1974 (Frage 17) hatte ich Ihnen bereits mitgeteilt, daß ein Überblick über sämtliche amtlichen Dokumentationen der früheren Reichsregierung zu diesem Komplex in der kurzen Zeit seit der Fragestellung nicht zu erarbeiten war. Ich erklärte mich bereit, der Frage nachzugehen und Sie schriftlich im einzelnen über diesen Komplex zu unterrichten. Das gleiche trifft auch für die nunmehr ausgeweitete Frage über alle amtlichen Quellensammlungen und Dokumentationen zu. Ich habe das Bundesarchiv beauftragt, die Angelegenheit zu prüfen und werde Sie von dem Ergebnis unterrichten. Zu Ihrer zweiten Frage darf ich ebenfalls auf meine Antwort in der gleichen Fragestunde (Frage 16) verweisen. Die Antwort gilt auch für den von Ihnen diesmal einschränkend angeführten Teilkomplex über „von Angehörigen der westlichen Alliierten zu verantwortende Verbrechen an Deutschen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg". Ich darf wiederholen, daß eine umfassende, seriöse und allgemein zugängliche Dokumentation wissenschaftlicher Art nicht nur an der unübersehbaren Fülle der Geschehnisse und an der unsicheren Quellenlage, sondern auch an der praktischen Unmöglichkeit, die Vielzahl der Geschehnisse in rechtlicher Hinsicht zu werten, scheitern muß. Die von Ihnen gewünschte Dokumentation würde die Entscheidung außerordentlich schwieriger, auch international umstrittener Rechtsfragen, etwa nach der rechtlichen Zulässigkeit bestimmter Kriegsmaßnahmen, voraussetzen. Eine solche Entscheidung kann nicht einfach nach dem deutschen Strafrecht getroffen werden. Sie hängt vielmehr in vielen Fällen von völkerrechtlichen Regelungen ab. Da das Völkerrecht in bestimmten Situationen auch an sich völkerrechtswidrige Maßnahmen als Repressalien rechtfertigt, ist eine generelle Entscheidung ohne Berücksichtigung der vielen Einzelfälle meist nicht möglich. Eine auch nur annähernd wissenschaftlichen Maßstäben genügende Darstellung wäre daher nicht herstellbar. Abschließend darf ich auch bei der Beantwortung dieser Frage nochmals auf meine Antwort in der Fragestunde vom 25. 9. 1974 hinweisen, in der ich auf Ihre damalige Frage Nr. 16 u. a. folgendes ausgeführt habe: „Auch wenn man einmal unterstellt, eine solche Darstellung lasse sich herstellen, so ist die Bundesregierung der Meinung, daß dies nicht zweckmäßig wäre. Es würde sich um eine Verbrechensbilanz handeln, die, ob man es nun will oder nicht, zu der Aufrechnungsdiskussion führen würde, die im Grunde von niemandem, besonders von keinem Deutschen, gewollt sein kann. Es würde auch gar nicht möglich sein, das Mißverständnis auszuschließen — so hat es der frühere Bundeskanzler Willy Brandt in seiner Eigenschaft als Außenminister hier vor diesem Hohen Hause am 25. 4. 1969 formuliert —, mit einer massierten Publizierung des Materials werde eine politische Absicht verfolgt und eine Diskussion in der Öffentlichkeit des Inlands oder gar des Auslands provoziert. Dies hätte, so fuhr der damalige Außenminister fort, bei allen Beteiligten — oder bei vielen Beteiligten — alte Wunden aufreißen können und wäre der auf Versöhnung gerichteten Außenpolitik der Bundesregierung nicht dienlich gewesen. — So der damalige Außenminister hier vor diesem Hause im Jahre 1969. Die Bundesregierung hält an dieser Meinung fest. Diese Haltung ändert nichts an der Verurteilung von Verbrechen, ganz gleich, von wem, von welcher Seite sie begangen wurden, und an der Notwendigkeit einer Strafverfolgung, sofern sie möglich ist. Bei alledem, Herr Kollege, sollte jedoch im Zusammenhang mit Verbrechen im Zweiten Weltkrieg gerade von Deutschen nicht übersehen werden, daß 8496* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 dieser Krieg von einem in unserem Land zur Herrschaft gelangten Gewaltregime in unsere Nachbarländer getragen worden ist." Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (FDP) (Drucksache 7/2631 Frage B 14) : Auf welche Weise kann nach Auffassung der Bundesregierung sichergestellt werden, daß Arbeitnehmer, die Konkursausfallgeld beantragen wollen, vom Konkursgericht nicht mit Kostenvorschüssen in einer sozialpolitisch unvertretbaren Höhe belastet werden? Will ein Arbeitnehmer den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens stellen, um vom Arbeitsamt Konkursaufallgeld zu erhalten, ist er aber ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts nicht imstande, Kostenvorschüsse (§ 114 GKG) zu leisten, so kann er das Armenrecht beantragen. Durch die Gewährung des Armenrechts wird er von der Vorschußpflicht befreit. Somit können schon im Rahmen des geltenden Rechts unvertretbare Kostenvorschüsse vermieden werden. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen B 15 und 16) : Kann die Bundesregierung Aufschluß darüber geben, aus welchen Gründen die sozialen Sicherungen des Tarifvertrags vom 31. August 1971 zwar bei den Entlassungen deutscher Arbeitnehmer bei den US-Stationierungsstreitkräften im US-Depot Nahbollenbach gelten, nicht aber für die Arbeitnehmer, die wegen der Auflösung des US-Hospitals Neubrücken entlassen wurden, obwohl die Entlassungen von den amerikanischen Dienststellen in beiden Fällen auf „Rationalisierung und Umorganisation" zurückzuführen sind? Ist die Bundesregierung bereit, sich auch im Fall Neubrücken gegebenenfalls für eine rückwirkende Anwendung des Schutzabkommens einzusetzen? Der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Gewerkschaften abgeschlossene Tarifvertrag vom 31. August 1971 befaßt sich ausschließlich mit der sozialen Sicherung der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitnehmer für den Fall ihrer Entlassung infolge einer Truppenreduzierung oder einer aus militärischen Gründen von der obersten Dienstbehörde angeordneten Auflösung oder Verlegung von Dienststellen oder Einheiten. Er erfaßt somit nur die Entlassungstatbestände, die für die Arbeitnehmer ein besonderes, bei anderen Arbeitsverhältnissen nicht vorhandenes Risiko bezüglich der Sicherheit des Arbeitsplatzes bedeuten und die in der Tatsache begründet sind, daß der Arbeitgeber sich als ausländische militärische Truppe darstellt. Sie schließen die Einbeziehung der in Rationalisierungsmaßnahmen begründeten Entlassungen aus, die für diese Arbeitnehmer nicht anders zu beurteilen sind wie für sonstige Arbeitnehmer. Im Falle der Entlassung der im US-Depot Nahbollenbach beschäftigt gewesenen deutschen Arbeitnehmer fand der Tarifvertrag vom 31. August 1971 — TV soziale Sicherung—grundsätzlich Anwendung, weil die Entlassungen auf eine militärisch bedingte Auflösung der Dienststelle zurückzuführen waren (umfassende Umorganisation des militärischen Nachschubwesens und der Depotstruktur). Hier lag die für die Anwendung des Tarifvertrages erforderliche Mitteilung der obersten Dienstbehörde im US-Bereich vor. Die bereits 1971 vollzogene Auflösung des US-Hospitals Neubrücken beruhte dagegen auf einer örtlichen Rationalisierungsmaßnahme, die von einer der obersten Dienstbehörde nachgeordneten Dienststelle veranlaßt worden war (Zusammenlegung von Sanitätseinrichtungen) . Hiernach sieht sich die Bundesregierung nicht in der Lage, sich im Falle der Auflösung des US-Hospitals Neubrücken für eine rückwirkende Anwendung des Tarifvertrages soziale Sicherung auf die entlassenen Arbeitnehmer einzusetzen. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Warnke (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 17) : Wann wird die Bundesregierung das Verzinsungsverbot für Ausländer aufheben? Für die Verzinsung von Guthaben Gebietsfremder auf Konten bei inländischen Geldinstituten besteht ein Genehmigungsvorbehalt. Die für die Genehmigung zuständige Deutsche Bundesbank gestattet die Verzinsung nur in Sonderfällen. Für Sparguthaben natürlicher Personen ist eine Genehmigung nur erforderlich, soweit die Guthaben den Betrag von 50 000,— DM überschreiten (§ 53 Außenwirtschaftsverordnung) . Der Genehmigungsvorbehalt für die Verzinsung von Guthaben Gebietsfremder ergänzt die höhere Mindestreservepflicht für Ausländereinlagen sowie die übrigen Beschränkungen für Zuflüsse kurzfristigen Kapitals (Genehmigungsvorbehalte für die Veräußerung von inländischen Geldmarktpapieren an Gebietsfremde sowie von Schuldverschreibungen, die der Gebietsansässige innerhalb von vier Jahren einlösen oder auf Grund von Pensionsgeschäften zurücknehmen muß). Diese Beschränkungen sind nach dem Anfang dieses Jahres eingeleiteten Prozeß des schrittweisen Abbaus von Restriktionen noch in Kraft. Eine volle Abschaffung der Beschränkungen ist wegen des im Bereich des kurzfristigen Kapitalverkehrs gegebenen Störungspotentials verfrüht. Un- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8497* geachtet der Kapitalabflüsse in letzter Zeit bleibt die Bundesrepublik wegen ihrer Wirtschaftskraft und relativen Preisstabilität ein potentielles Kapitalzuflußland. Insbesondere wegen der engen Bandbreite im europäischen Währungsverbund können über den Interventionszwang für die Bundesbank Kapitalzuflüsse rasch zu einer Gefährdung der binnenwirtschaftlichen Stabilitätspolitik führen. Auch wegen der weiterhin enorm hohen deutschen Devisenreserven einerseits und der verbreiteten Zahlungsbilanzschwierigkeiten anderer Länder andererseits sind erneute Devisenzuflüsse unerwünscht. Nach § 23 Abs. 3, § 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Außenwirtschaftsgesetz dürfen die Beschränkungen nur so lange aufrechterhalten werden, wie es notwendig ist, um einer Beeinträchtigung der Kaufkraft der Deutschen Mark entgegenzuwirken oder das Gleichgewicht der Zahlungsbilanz sicherzustellen. Dementsprechend wird die Bundesregierung die Beschränkungen nicht länger als notwendig in Kraft lassen. Konkrete Pläne für eine Abschaffung bestehen derzeit nicht. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 18) : Ist die Bundesregierung bereit, selbst und durch Einwirken auf ihr zuzuordnende Vermögensträger, dazu beizutragen, daß in München eine Ubersicht über das Grundvermögen öffentlicher Rechtsträger erstellt und anschließend geprüft wird, inwieweit eine für alle Beteiligten vorteilhafte Umschichtung des Grundvermögens möglich wird, und ist die Landeshauptstadt München mit einer entsprechenden Initiative bereits an den Bund herangetreten? Eine Ubersicht über das Grundvermögen öffentlicher Rechtsträger in München würde umfangreiche Aufstellungen der Landeshauptstadt München, des Landes Bayern, des Bundes sowie ihrer jeweiligen Vermögensträger, u. a. auch der Bundesbahn und der Bundespost erfordern. Die von Ihnen anhand dieser Übersicht angestrebte Prüfung einer vorteilhaften Umschichtung des Grundvermögens der Beteiligten kann nur für solche Grundstücke von Bedeutung sein, die sich im Allgemeinen Grundvermögen befinden und die somit nicht speziellen Verwaltungszwecken dienen oder zu dienen bestimmt sind. Die Liegenschaften des Bundes im Raum München gehören fast ausschließlich zum Ressortvermögen des BMVg. Sie sind funktionsgebunden und damit einer Umschichtung nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten zugänglich. Der BMVg hat dem Stadtentwicklungsreferenten, Herrn Prof. Dr. Marx, im übrigen bereits seine Grundstücksplanungen in ihren Einzelheiten in Besprechungen und durch Schriftwechsel eingehend dargelegt. Danach wird — wenn überhaupt — erst in Jahren mit einer Zuführung einzelner Grundstücke in das Allgemeine Grundvermögen gerechnet werden können. Grundstücke, auf denen Wohnungen für Bundesbedienstete und Stationierungsstreitkräfte errichtet wurden, kommen wegen ihrer Zweckgebundenheit für eine Umschichtung ebenfalls nicht in Frage. Aus den vorstehenden Gründen kann die Aufstellung der Übersicht wegen fehlender Dispositionsmöglichkeiten — ganz abgesehen von dem erheblichen Verwaltungsaufwand — nicht den von Ihnen angestrebten Erfolg haben. Im übrigen hat der Bund wiederholt seine Bereitschaft erklärt, Grundbesitz, der für seine Zwecke nicht benötigt wird und der damit für die von Ihnen angesprochene Umschichtung in Betracht gezogen werden könnte, städtebaulichen Planungen zur Verfügung zu stellen. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Scheu (SPD) (Drucksache 7/2631 Frage B 20) : Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, daß Versicherungsunternehmen keine Frauen im Außendienst oder als Ausbilder anstellen und damit gegen den Artikel 3 des Grundgesetzes verstoßen, und sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, über das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen oder auf anderem Wege sich dafür einzusetzen, daß Frauen auch bei Versicherungsgesellschaften zu allen Betätigungen herangezogen werden, sofern sie die berufliche Qualifikation und die persönliche Eignung für einen Posten im Außendienst oder als Ausbilder haben? Nach den Erfahrungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (BAV) werden in den Außendiensten der beaufsichtigten Versicherungsunternehmen auch Frauen beschäftigt. Weder der Bundesregierung noch dem Bundesaufsichtsamt ist bekanntgeworden, daß es zwischen den einzelnen Versicherungsunternehmen Absprachen oder innerhalb der Unternehmen Anweisungen gibt, keine Frauen im Versicherungsaußendienst zu beschäftigen oder ihnen bei nachgewiesener beruflicher Qualifikation und persönlicher Eignung den Aufstieg in Führungspositionen zu verwehren. Auch von seiten der einschlägigen Berufsverbände sind Klagen über eine Diskriminierung von Frauen im Versicherungsaußendienst weder an die Bundesregierung noch an das BAV herangetragen worden. Es wurde mir vielmehr davon Kenntnis gegeben, daß zur Zeit bei einem größeren Versicherungsunternehmen eine Aktion läuft, in der gerade die Vorzüge der Beschäftigung von Frauen im Versicherungsaußendienst herausgestellt werden. Sofern der Bundesregierung Vorgänge über eine gezielte Diskriminierung von Frauen im Versicherungsaußendienst bekanntgeworden wären, hätte sie, obwohl der Versicherungsaußendienst im Hinblick auf die Personalpolitik der Versicherungsunternehmen nicht der staatlichen Versicherungsaufsicht unterliegt, über das BAV auf die Unternehmen eingewirkt, um hier Abhilfe zu schaffen. 8498* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 21) : Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die Schlechterstellung von Rentnern mit Kindern auszugleichen, die durch das Steueränderungsgesetz infolge der Verweigerung des Kindergeldes einerseits und durch den Wegfall der Kinderfreibeträge andererseits eintritt, sobald der Rentner neben seiner Rente noch ein weiteres Einkommen bezieht (z. B. aus Vermietung, Verpachtung, Betriebsrente)? Der Ersatz der bisherigen steuerlichen Kinderfreibeträge, der Kinderzuschläge des öffentlichen Dienstes und des bisherigen Kindergeldes durch die Gewährung eines allgemein erhöhten Kindergeldes führt zu einer gleichmäßigen Entlastung von kinderbedingten Aufwendungen für alle Einkommensbezieher und damit zu einer Vereinheitlichung des zur Zeit stark zersplitterten Familienlastenausgleichs. Bei der Vereinheitlichung des Kinderlastenausgleichs hat der Gesetzgeber auf Vorschlag der Bundesregierung davon abgesehen, die nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen gewährten Kinderzuschüsse in den Kinderlastenausgleich einzubeziehen. Ausschlaggebend dafür war der Umstand, daß die sozialversicherungsrechtlichen Kinderzuschüsse regelmäßig wesentlich höher als die neuen Kindergeldsätze nach dem Bundeskindergeldgesetz sind und daß sie außerdem an der jährlichen Erhöhung der Sozialrenten teilnehmen. Die Kinderzuschüsse betragen bei der knappschaftlichen Rentenversicherung 125,30 DM monatlich, bei der Angestellten- und der Arbeiterrentenversicherung 124 DM monatlich pro Kind. Damit haben künftig ,diejenigen Rentner, die neben den Rentenleistungen noch weitere Einkünfte beziehen, eine höhere Kinderentlastung als andere Arbeitnehmer. Zur Beurteilung der steuerlichen Lage der Rentner mit zusätzlichen Einkünften dürfen im übrigen die als Folge der Einkommensteuerreform anfallenden allgemeinen Steuerentlastungen nicht unberücksichtigt bleiben. Aus den genannten Gründen hat die Bundesregierung nicht die Absicht, eine Gesetzesänderung vorzuschlagen. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 22) : Nachdem in Presseverlautbarungen von den in der Schlußphase befindlichen Verhandlungen über die Lieferung eines Kernkraftwerks an die Sowjetunion (Lieferant: Mülheimer Kraftwerke Union) zum Kostenpreis von 1,5 Milliarden DM einschließlich Infrastruktur berichtet wird, frage ich die Bundesregierung, welche Konditionen für Lieferung, Abrechnung und Sicherung der Lieferung ausgehandelt wurden? Bei den Verhandlungen über die Lieferung eines Kernkraftwerkes an die UdSSR gibt es noch eine Vielzahl offener Punkte, so daß von einer Schluß-phase bisher noch nicht gesprochen werden kann. Die Kraftwerks-Union hatte im Februar ,d. J. der UdSSR ein Angebot über die Lieferung eines Kernkraftwerkes unterbreitet. In der Zeit vom 17. bis 19. September 1974 wurde über dieses Angebot verhandelt. In wesentlichen Punkten konnte noch keine Übereinstimmung erzielt werden. Zu den offenen Fragen gehören u. a. auch die von Ihnen angesprochenen Liefer- und Abrechnungsmodalitäten. Die Verhandlungen sollen alsbald fortgesetzt werden. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Roser (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 23) : Wie beurteilt die Bundesregierung nach den bisher gemachten Erfahrungen wissenschaftliche Lehrmeinungen, das Instrument der Mißbrauchsaufsicht im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen könne die ihm zugedachten Aufgaben nur höchst unvollkommen erfüllen, so daß Verbesserungen an einen Gefährdungstatbestand anzuknüpfen seien, und wie könnte — bejahendenfalls — ein soldier ausgestaltet werden? Die Mißbrauchsaufsicht im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist durch die Kartellgesetznovelle vom August vorigen Jahres wesentlich verbessert worden. Bei der Neufassung des Kartellgesetzes hat der Gedanke, daß das Wettbewerbsrecht auch an Gefährdungstatbestände anknüpfen muß, eine große Rolle gespielt. Die Einführung der präventiven Fusionskontrolle, durch die bereits der Entstehung übermäßiger Marktmacht und damit der Gefahr eines Machtmißbrauchs vorgebeugt werden soll, ist das wichtigste Beispiel. In die gleiche Richtung gehen die neue Definition des Begriffs „Marktbeherrschung" (Marktanteil; Finanzkraft; horizontale, vertikale und diagonale Verflechtungen; Marktzutrittsschranken) sowie die Marktbeherrschungsvermutungen im Rahmen der neugestalteten Mißbrauchsaufsicht nach § 22 GWB. Ein Gefährdungstatbestand im Sinne der von Ihnen erwähnten wissenschaftlichen Lehrmeinungen ist z. B. auch das Verbot abgestimmter Verhaltensweisen. Schwierigkeiten bei der Feststellung des Mißbrauchs haben sich bei den bekannten Verfahren gegen die Mineralölgesellschaften ergeben. Ein großer Teil dieser Schwierigkeiten lag jedoch in den begrenzten Ermittlungsmöglichkeiten gegenüber diesen multinationalen Unternehmen. Die Erfahrungen mit der erst vor etwa einem Jahr in Kraft getretenen Kartellgesetznovelle reichen noch nicht aus, um schon jetzt fundierte Vorschläge für eine neuerliche Verbesserung der Mißbrauchsvorschriften zu machen. Zunächst ist es Aufgabe der Kartellbehörden und Gerichte, das geltende Recht auszuschöpfen. Die Bundesregierung hat im übrigen die unabhängige Monopolkommission bereits beauftragt, die Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8499* Erfahrungen mit der verbesserten Mißbrauchsaufsicht auszuwerten. Dabei wird sich die Kommission auch mit Anregungen aus der wissenschaftlichen Diskussion auseinandersetzen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 24) : Welcher Betrag soll aus dem von der Bundesregierung im Rahmen des Sonderprogramms von Bund und Ländern zur Abstützung der regionalen und lokalen Beschäftigung entwickelten eigenen Programm der Bundesregierung zugunsten der Bauwirtschaft für den Straßenbau zur Verfügung gestellt werden, welcher Betrag für den Hochbau, und wieviel entfällt davon jeweils auf das Land Baden-Württemberg? Die Aufgaben des Bundes aus dem Teil B des Sonderprogramms verteilen sich auf — Hochbaumaßnahmen mit 228,25 Mio DM — Tiefbaumaßnahmen mit 21,75 Mio DM davon: Straßenbauprojekte 10,25 Mio DM Da die Arbeitslosigkeit im Land Baden-Württemberg bei Aufstellung des Programms nur 1,4 v. H. der Beschäftigten — gegenüber 2,2 v. H. für das gesamte Bundesgebiet — betrug, ist Baden-Württemberg ebenso wie die drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg, die gleichfalls eine unter dem Bundesdurchschnitt liegende Arbeitslosigkeit besaßen, im Programmteil B nicht berücksichtigt worden. Allerdings werden aus dem Programmteil A, auf den mit 700 Mio DM von 950 Mio DM ohnehin der weitaus größte Teil des Sonderprogramms entfällt, 24 Mio DM Baden-Württemberg zur Verfügung stehen. Das Land hat das Vorschlagsrecht für in Betracht kommende Maßnahmen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schmitz (Baesweiler) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen B 25 und 26) : Hält die Bundesregierung angesichts der mit 3,7 % (September 1974) weit über dem Bundesdurchschnitt liegenden Arbeitslosigkeit und del immermehr ehr festzustellenden strukturellen Benachteiligung die Entscheidung, den Aachener Grenzraum aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur auszuklammern, noch für gerechtfertigt, wenn ja, warum? Ist die Bundesregierung bereit, um einer weiteren Verschlechterung der Situation im Aachener Raum mit allen ihren negativen Folgen vorzubeugen, eine Revision des ablehnenden Beschlusses der Förderung in die Wege zu leiten? Die Bundesregierung hält die Entscheidung des von Bund und Ländern gebildeten Planungsausschusses der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", den Aachener Raum aus dem Kreis der Fördergebiete dieser Gemeinschaftsaufgabe herauszunehmen, aus folgenden Gründen für gerechtfertigt: Die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur ist eine mittel- bis langfristige Aufgabe. Daran sind auch die ihr zugrunde liegenden Kriterien der Neuabgrenzung, insbesondere die für das Jahr 1977 prognostizierten regionalen Arbeitsplatzdefizite, ausgerichtet worden. Kurzfristig auftretenden übermäßigen regionalen Beschäftigungsproblemen tritt die Wirtschaftspolitik mit schnell aufgestellten und abgewickelten Sonderprogrammen entgegen. Ein gelungenes Beispiel stellt dafür das „Sonderprogramm für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen" vom Frühjahr 1974 dar. Daran knüpft das von der Bundesregierung am 25. September 1974 beschlossene zweite Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung an. Auf Grund dieses Sachverhalts sieht die Bundesregierung auch keine Notwendigkeit, eine Revison der Beschlüsse des Planungsausschusses in ihren Auswirkungen auf den Aachener Raum in die Wege zu leiten. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage 27) : Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um bei dem vorliegenden 900-Millionen-Programm neben regional schwierigen Punkten auch die besonders schwierige Situation der kleinen und mittleren Unternehmen zu berücksichtigen? Bei der Auswahl der Einzelprojekte des „Sonderprogramms zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung" hat sich die Bundesregierung u. a. auch von der Zielsetzung leiten lassen, kleine und mittlere Unternehmen angemessen zu berücksichtigen. Eine entsprechende Bestimmung ist daher in die Auswahlkriterien aufgenommen worden und hat bei den Abstimmungsgesprächen im Konjunkturrat für die öffentliche Hand und im Finanzplanungsrat die volle Unterstützung der Länder und Gemeinden gefunden. Die in der Bundestagsdrucksache 7/2589 inzwischen veröffentlichte vollständige Liste der vom Bund im Rahmen des Programmteils B geförderten Einzelprojekte zeigt deutlich, daß der überwiegende Teil der Vorhaben auf die spezifischen Leistungsmöglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmen zugeschnitten ist. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/2631 Frage B 28) : 8500* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Inwieweit wurden vom Land Rheinland-Pfalz die diesem Land zustehenden Bundesmittel gemäß Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstrukturverbesserung" in den Jahren 1972, 1973 und per Stichtag 1. Oktober 1974 ausgeschöpft? Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" wird seit dem 1. Januar 1973 durchgeführt. Von dem im 1. Rahmenplan 1973 für Rheinland-Pfalz vorgesehenen kassenmäßigen Bundesanteil in Höhe von 97 242 000 DM wurden bis zum 31. Dezember 1973 82 561 569,22 DM in Anspruch genommen. Die danach noch offenen Zahlungsverpflichtungen zu Lasten des Bundes wurden als Ausgaberest in Höhe von 13 407 951,05 DM auf das Haushaltsjahr 1974 übertragen. Der Differenzbetrag in Höhe von 1 272 479,73 DM (97 242 000 DM / 82 561 569,22 DM 13 407 951,05 DM) ist vom Land nicht ausgeschöpft worden und daher unverwendet geblieben. Von den im 1. Rahmenplan 1973 für Rheinland-Pfalz vorgesehenen Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 31 080 000,— DM (= Bundesanteil) wurden insgesamt nur 18 900 000,— DM in Anspruch genommen. Von dem im 2. Rahmenplan 1974 für Rheinland-Pfalz vorgesehenen Bundesanteil in Höhe von 99 600 000,— DM wurden bisher 79 680 000,— DM kassenmäßig zugewiesen. Von diesem Betrag wurden bis zum 31. August 1974 44 355 491,92 DM tatsächlich in Anspruch genommen. Für den 30. September 1974 liegen mir entsprechende Zahlen noch nicht vor. Über die Inanspruchnahme der Verpflichtungsermächtigungen (Bundesanteil = 57 735 000,—DM) kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage gemacht werden, da die betreffenden Zahlenangaben erst aus der vom Land am 1. April 1975 vorzulegenden „Unterrichtung über die Durchführung des 2. Rahmenplanes 1974" hervorgehen. Im Jahre 1972 wurden für die ab 1. Januar 1973 innerhalb der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" geförderten vergleichbaren Maßnahmen Bundesmittel in Höhe von insgesamt 100 008 000,— DM verausgabt. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Müller (Bayreuth) (SPD) (Drucksache 7/2631 Frage B 29) : Wann gedenkt die Bundesregierung, die Ausführungsbestimmungen zu § 2 des Tierschutzgesetzes zu erlassen? § 2 des Tierschutzgesetzes vom 24. Juli 1972 (TierSchG) weist keine Ermächtigung zum Erlaß von Durchführungsvorschriften auf. Dieser Paragraph enthält für jedermann verständlich klare und bindende Vorschriften, so auch über das Halten, die Pflege und die Unterbringung von Tieren. Für Auslegungsfragen stehen die amtliche Begründung, Kommentare und Veröffentlichungen zur Verfügung. Über meine im Hinblick auf die Ausfüllung der Ermächtigung in § 13 Abs. 1 und 3 des TierSchG laufenden vorbereitenden Arbeiten, hier: Schaffung materieller Grundlagen für eine spätere fachliche Ausrichtung von Rechtsverordnungen, habe ich u. a. mehrfach in der Fragestunde des Deutschen Bundestages, so auch zu Ihrer Frage — Drucksache 7/1661, Frage B 37 — am 15. Februar 1974 — 80. Sitzung des Deutschen Bundestages, Seite 5237 — ausführlich berichtet. Ich darf mich insoweit auf diese Verlautbarungen beziehen und hinzufügen, daß am 12. Juni 1974 eine Verordnung über tierschutzgerechte Haltung von Hunden im Freien nach § 13 Abs. 1 des TierSchG verkündet worden ist; sie tritt am 1. Januar 1975 in Kraft. Fachliche Vorbereitungen im Sinne einer Abklärung noch offener wissenschaftlicher und fachtechnischer Fragen für weitere Durchführungsverordnungen nach § 13 Abs. 1 und 3 werden von mir im Rahmen der materiellen und personellen Gegebenheiten sowie in weitgehender Kongruenz mit dem in Kraft getretenen und mit zu erwartenden Europäischen Übereinkommen über den Schutz von Tieren — Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen — mit hoher Intensität betrieben. Sobald diese notwendigen Abklärungen ein Stadium erreicht haben, das die fachliche Ausrichtung weiterer Durchführungsverordnungen nach § 13 Abs. 1 und 3 rechtfertigt und davon auszugehen ist, daß diese Rechtsvorschriften auch verfassungsrechtlichen Nachprüfungen standhalten können, werde ich mit den Rechtsetzungsarbeiten beginnen. Eine Terminangabe ist mir insoweit nicht möglich. Anlage 38 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 30) : In welcher Weise kann Bundesminister Ertl den Wahrheitsbeweis für seine Aussage im Deutschen Bundestag antreten, ein landwirtschaftlicher Nachrichtendienst hätte mit Absicht die Unwahrheit gesagt? Meine Äußerung bezog sich im konkreten Fall auf die Berichterstattung über die Luxemburger Ratstagung und die darin aufgestellte Behauptung, die Deutsche Delegation hätte ihre Hauptforderung zurückgezogen. Das Ergebnis von Luxemburg und die darüber herausgegebene Information stellen hingegen eindeutig klar, daß alle drei Forderungen der Bundesregierung voll durchgesetzt worden sind. Wie Sie der Niederschrift über die 122. Sitzung des Deutschen Bundestages entnehmen können, habe ich mit Absicht keinen Namen genannt; das ist bei mir nicht üblich. Da einige Sprecher der Opposition aber offensichtlich mit diesen falschen Informationen argumentiert hatten, erschien mir eine Richtigstellung erforderlich. Damit ist die Sache für mich erledigt. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8501* Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 31) : Sieht die Bundesregierung eine Bedrohung des deutschen Agrarmarkts in der Aufstockung des „Forma-Fonds" in Frankreich um weitere 125 Millionen DM öffentliche Mittel, und was gedenkt sie gegebenenfalls dagegen zu tun? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen ist im Haushaltsentwurf der französischen Regierung für 1975 eine Erhöhung der Zuwendungen für den Forma um 125 Millionen F vorgesehen. Der Haushaltsentwurf wird dem Parlament in Kürze zugeleitet werden. Angaben über die endgültige Mittelverwendung liegen zur Zeit noch nicht vor. Die Bundesregierung wird um weitere Aufklärung bemüht sein. Sollte es sich bei der endgültigen Mittelverwendung um Beihilfen im Sinne der Entschließung des Rates vom 2. Oktober 1974 handeln, so geht die Bundesregierung davon aus, daß Frankreich diese Entschließung respektieren wird. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/2631 Frage B 32) : Welche Schutzmöglichkeiten der Krankenversicherungen gibt es für Gastarbeiter, die auf Urlaubsreisen zu ihren Heimatländern in Durchreiseländern erkranken? Für ausländische Arbeitnehmer, die sich bei einer Urlaubsreise zu ihren Heimatländern in einem Durchreiseland befinden, ist der Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung wie folgt geregelt. Erkrankt ein in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigter ausländischer Arbeitnehmer in Osterreich und benötigt er wegen seines Zustandes sofort Leistungen, so erhält er sie aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit vom 22. Dezember 1966 (Artikel 4 i. V. m. Artikel 14; Bundesgesetzblatt II, 1969 S. 1235 ff.). Den entsprechenden Krankenversicherungsschutz genießt der ausländische Arbeitnehmer, wenn er auf der Durchreise durch Jugoslawien erkrankt. Das Abkommen vom 12. Oktober 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit hat hierfür die Rechtsgrundlage geschaffen (Artikel 4 i. V. m. Artikel 14; Bundesgesetzblatt II, 1969, Seite 1438 ff.). Erkrankt ein in der Bundesrepublik beschäftigter Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften in einem anderen Lande der Gemeinschaft, dann wird aufgrund der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 1971 der Krankenversicherungsschutz auf ihn erstreckt, wenn eine Leistungsgewährung unverzüglich erforderlich ist (Artikel 22 i. V. m. Artikel 1 ff.; Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 149 vom 5. Juli 1971, Seite 2 ff.). Dieser Schutz gilt auch während der Urlaubsreisen ausländischer Arbeitnehmer, soweit diese durch das Gebiet der Mitgliedsländer der Europäischen Gemeinschaften führen. In dem Entwurf eines Obereinkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Spanischen Staates über die Erstreckung einiger Vorschriften über Soziale Sicherheit ist vorgesehen, daß spanische Staatsangehörige, welche in der Bundesrepublik Deutschland krankenversichert sind, die Krankenversicherungsleistungen bei einem vorübergehenden Aufenthalt im anderen Land, z. B. bei der Heimreise durch Frankreich, unter den gleichen Voraussetzungen und nach dem gleichen Verfahren wie deutsche oder französische Staatsangehörige, die sich vorübergehend im Nachbarland aufhalten, erhalten. Hierbei handelt es sich um eine Regelung, aufgrund der die Staatsangehörigen jedes Vertragsstaates bei einem vorübergehenden Aufenthalt im Gebiet eines der anderen Vertragsstaaten für die Gewährung von Sachleistungen der Krankenversicherung so behandelt werden, als ob sie in diesem Vertragsstaat versichert wären. Die Gewährung der Leistungen und die im Zusammenhang damit anfallenden Erstattungen richten sich nach den Grundsätzen der EWG-Verordnung Nr. 1408/71. Der Übereinkommensentwurf ist von Vertretern der drei Regierungen paraphiert. Vor der Unterzeichnung müssen jedoch noch einige Fragen geklärt werden. Sobald die Unterzeichnung erfolgt ist, werde ich Sie gerne hiervon unterrichten. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wohlrabe (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen B 33 und 34) : In welcher Auflage und nach welchem Verteilungsplan in den einzelnen Bundesländern erscheint das Faltblatt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, das unter dem Thema „Unser Ziel — sozialer Fortschritt für alle" über die Sozialpolitik informiert? Wie häufig und zu welchen Terminen wird die Broschüre den Tageszeitungen beigelegt? Die Zeitungsbeilage „Sozialpolitik aktuell" ist in einer Auflage von 13 Millionen Exemplaren der regionalen Tagespresse und zu einem Teil der Boulevardpresse beigelegt worden. Sie entspricht dem Auftrag des Deutschen Bundestages, die Bürger stärker als bisher über die Weiterentwicklung der sozialen Sicherung aufzuklären. Das Faltblatt ist den Presseorganen einmal beigelegt worden. Die Terminierung richtet sich nach den Einschaltmöglichkeiten der einzelnen Zeitungen. Die Haupteinschalttermine lagen zwischen dem 10. und 17. September 1974. 8502* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache 7/2631 Fragen B 35 und 36) : Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Ärztemangel in den ländlichen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland? Was kann und wird die Bundesregierung -tun bzw. veranlassen, um diesem Ärztemangel in ländlichen Gebieten gezielt zu begegnen? Nach den aus den Ländern vorliegenden Berichten und nach Feststellungen der Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung beim Bundesmininsterium für Arbeit und Sozialordnung besteht in Ballungsgebieten und in ländlichen Gebieten ein relativer, regional unterschiedlicher Mangel an Kassenärzten. Genaue Zahlenangaben über den Ärztemangel, der sich vorwiegend auf praktische Ärzte bezieht, liegen der Bundesregierung nicht vor. Dies hängt u. a. auch damit zusammen, daß einheitliche Maßstäbe für eine Beurteilung des Standes der ärztlichen Versorgung bisher nicht bestehen. Die Bundesregierung beabsichtigt daher, in Kürze Vorschläge zur Weiterentwicklung des Kassenarztrechts in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Ein entsprechender Referentenentwurf ist bereits vor einigen Wochen mit den Verbänden und den Ländern erörtert worden. Ziel dieser Vorschläge ist es, dazu beizutragen, daß die kassenärztliche Versorgung, insbesondere in den ländlichen Gebieten, zukünftig in bedarfsgerechter Weise sichergestellt werden kann. Der Schwerpunkt dieser Vorschläge liegt in drei Bereichen: — Einführung einer Bedarfsplanung; — Ausbau des Sicherstellungsinstrumentariums der Kassenärztlichen Vereinigungen; — gesetzliche Absicherung der Möglichkeit von besonderen Maßnahmen zur Beseitigung von Unterversorgung oder Abwendung drohender Unterversorgung. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 37) : Erscheint es der Bundesregierung richtig, daß einem an einer Umschulung zum Landwirt sehr interessierten Autoelektrikergesellen die Beihilfe nach dem Arbeitsförderungsgesetz mit der Begründung versagt wurde, dies sei „arbeitsmarktpolitisch keinesfalls zweckmäßig", obwohl seinem Vater die Aussiedlung mit staatlichen Förderungsmitteln nur unter der Bedingung genehmigt wurde, daß der Sohn ebenfalls Landwirt würde? Nach Auffassung der Bundesregierung ist es im allgemeinen arbeitsmarktpolitisch unzweckmäßig, einen Autoelektrikergesellen zum Landwirt umzuschulen. Der Beruf des Autoelektrikers ist nach wie vor gefragt und zukunftssicher, während die Beschäftigungsmöglichkeiten in der Landwirtschaft wegen der strukturellen Veränderungen in diesem Wirtschaftszweig ungünstiger zu beurteilen sind, In einem besonders gelagerten Ausnahmefall kann allerdings auch eine derartige Umschulung arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig sein. Diese Frage läßt sich jedoch abschließend nur auf Grund genauer Kenntnis der besonderen Umstände des Einzelfalles entscheiden. Ich bin gern bereit, der Sache nachzugehen, wenn Sie mir den Ihrer Anfrage zugrundeliegenden Fall näher bezeichnen. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Orth (SPD) (Drucksache 7/2631 Fragen B 38 und 39) : Wann wird die Verlagerung des Bundeswehrkrankenhauses von Glückstadt nach Kiel-Kronshagen abgeschlossen sein und die damit verbundene Versetzung des Pflegepersonals, so daß die bis jetzt noch leerstehenden, aber voll betriebsfähigen, Stationen belegt werden können? Ist beabsichtigt, vorhandenes Pflegepersonal aus der Umgebung einzustellen, da nicht alle Krankenschwestern bereit sind, von Glückstadt nach Kiel-Kronshagen mitzugehen und sich auch aus diesem Grund die Inbetriebnahme einzelner Stationen unnötigerweise verzögert? Das Bundeswehrkrankenhaus Glückstadt wird nicht nach Kiel verlagert, sondern zum 31. 3. 1975 aufgelöst. Ein Teil des in Glückstadt freiwerdenden militärischen Personals und das umzugswillige zivile Pflegepersonal wurde bereits im Laufe des Jahres 1974 auf entsprechende Dienstposten des Bundeswehrkrankenhauses Kiel versetzt. Um die von der Stadt Glückstadt angestrebte Anschlußnutzung des Krankenhauses als sozialtherapeutische Einrichtung erleichtern zu helfen, wird zur Zeit geprüft, wie noch verfügbares Funktionspersonal des Bundeswehrkrankenhauses über den Schließungstermin zur Verfügung gehalten werden kann. Das Bundeswehrkrankenhaus Kiel konnte im Februar 1974 den Betrieb mit 2 Stationen (64 Betten) aufnehmen. Da nur wenige Krankenschwestern des Bundeswehrkrankenhauses Glückstadt bereit waren, nach Kiel-Kronshagen mitzugehen, wurde dem Bundeswehrkrankenhaus Kiel ein Teil der beantragten Planstellen für Krankenschwestern im Laufe des Jahres zugewiesen. Diese Stellen sind bereits besetzt worden, so daß zum 15. 10. 1974 die Bettenkapazität auf 80 Betten erhöht werden konnte. Weitere Planstellen für Krankenschwestern werden noch in diesem Jahr zur Verfügung gestellt. Da genügend Bewerbungen vorliegen, dürfte die Besetzung der Dienstposten keine Schwierigkeiten bereiten. Nach dieser Verstärkung des Pflegepersonals wird das Bundeswehrkrankenhaus Kiel mit den bisher betriebsfähig fertiggestellten Stationen (110 Betten) voll aufnahmebereit sein. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8503S Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 40) : Ist der Bundesregierung bekannt, wieviel Prozent der Insassen der Strafanstalten und der Heil- und Pflegeanstalten sich als Kleinkinder in Säuglings- und Kinderheimen befunden haben? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, wieviel Prozent der Insassen der Strafanstalten und der Heil- und Pflegeanstalten sich als Kleinkinder in Säuglings- und Kinderheimen befunden haben, da aussagekräftige Ergebnisse aus einschlägigen umfassenden Untersuchungen in der Bundesrepublik nicht zur Verfügung stehen. Aus den wenigen kleinen Untersuchungen an einzelnen Einrichtungen im Bereich der Strafanstalten lassen sich keine Rückschlüsse ziehen. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen B 41 und 42) : Wie gedenkt die Bundesregierung Personen über 18 Jahren zu helfen, denen wegen ihrer Sozialisationsdefizite Erziehungshilfen in Heimen geboten werden, die wegen der Rechtsform der ihnen bisher gewährten Erziehungshilfe oder weil sie wegen des Grads ihrer Verhaltensstörungen nicht in Ausbildung stehen, die Bedingungen einer weitergehenden Förderung nach § 75 a des Gesetzes für Jugendwohlfahrt nicht erfüllen? Wie groß schätzt die Bundesregierung diesen Kreis junger Menschen, die auf Grund zu enger Fassung des Gesetzes über die Neuregelung des Volljährigkeitsalters ab 1. Januar 1975 von weiteren Erziehungshilfen ohne Rücksicht auf die weitere Entwicklung und einen möglicherweise noch erreichbaren Erfolg ausgeschlossen werden? Zu Frage B 41: Nach Artikel 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters vom 31. Juli 1974 (BGBl. I S. 1713) tritt die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Gegen den Willen Volljähriger ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 1967 (BVerfGE 22, 180 [219]) aber ein Eingriff in die persönliche Freiheit des einzelnen zu seiner Besserung und damit auch zu seiner Erziehung nicht zulässig. Artikel 6 Nr. 8 (gleich § 75 a Jugendwohlfahrtsgesetz) des zitierten Gesetzes läßt deshalb die ausnahmsweise Weitergewährung einer Hilfe zur Erziehung über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus unter der Voraussetzung zu, daß der junge Volljährige es beantragt und sich bereit erweist, an der Hilfe mitzuwirken. Diese Bestimmung ist eng zu interpretieren, schließt jedoch im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung ausdrücklich Maßnahmen der Berufsvorbereitung ein. Soweit die Frage junge Erwachsene mit so erheblichen Sozialisationsdefiziten einbezieht, daß diesen selbst mit Maßnahmen zur Berufsvorbereitung im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung nicht geholfen werden kann, bleiben diese jungen Erwachsenen keinesfalls schutzlos, denn bei ihnen kommen Maßnahmen nach Maßgabe des § 72 des Bundessozialhilfegesetzes in Betracht. Nach dieser Bestimmung ist Personen Hilfe zu gewähren, bei denen besondere soziale Schwierigkeiten der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen. Anders wäre es nur, falls mit der Formulierung der Frage auch solche junge Erwachsene gemeint sein sollten, die zwar den Antrag nach § 75 a Abs. 1 Satz 1 Jugendwohlfahrtsgesetz stellen, sich aber nicht bereit erweisen, am Erfolg der Maßnahmen mitzuwirken. Bei diesen könnte weder eine Hilfe nach § 75 a Jugendwohlfahrtsgesetz noch eine solche nach § 72 Bundessozialhilfegesetz in Betracht kommen, weil es keinerlei Erfolg verspricht, wenn der Betreffende es ablehnt, die ihm angebotene Hilfe anzunehmen und bei der Durchführung der Hilfe im eigenen Interesse mitzuwirken. Eine gleiche Mitwirkungsvoraussetzung enthält beispielsweise auch § 4 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974, Bundesgesetzblatt I S. 1881. Zu Frage B 42: Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, daß § 75 a Jugendwohlfahrtsgesetz zu eng gefaßt ist. Die notwendige Abgrenzung der Bestimmung ergibt sich im übrigen auch aus Art. 74 Nr. 7 des Grundgesetzes. Die Zahl dieser jungen Menschen kann auch nicht annähernd geschätzt werden. Eine Rückfrage bei den Ländern könnte diese Frage ebenfalls nicht beantworten, weil die Frist zur Antragstellung noch läuft, andererseits auf einschlägige Erfahrungen nicht zurückgegriffen werden kann. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache 7/2631 Frage B 43) : Wird die Bundesregierung bei der Deutschen Bundesbahn dahin gehend vorstellig werden, daß die Bahnstrecke Schwarzenbek—Bad Oldesloe, die für den Betrieb des Personen- und Güternahverkehrs im Zonenrandgebiet, Kreis Herzogtum Lauenburg, dringend erforderlich ist, nicht im Zuge von rein kaufmännisch kalkulierten Rationalisierungsmaßnahmen stillgelegt wird, damit die ohnehin zurückhaltend im Zonengrenzgebiet operierende Wirtschaft nicht weiterhin verunsichert wird und ansiedlungswillige Betriebe vollends aus dem Grenzraum ferngehalten werden? Bei Vorlage eines Stillegungsantrages prüft der Bundesminister für Verkehr alle Argumente, die nach Ansicht der Beteiligten gegen die Durchführung der Maßnahme sprechen. Für Strecken im Zonenrandgebiet — die von Ihnen genannte Strecke gehört dazu — hat sich das Kabinett die Entscheidung vorbehalten. Hierdurch ist gewährleistet, daß der besonderen Situation im Zonenrandgebiet Rechnung getragen wird. Z. Z. liegt dem Bundesminister für Verkehr ein Antrag noch nicht vor. 8504* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hammans (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 44) : Ist es möglich, an der Bundesautobahn A 203 den Hinweis auf die Ausfahrt Viersen-Bockert um das Wort Schwalmtal zu erweitern? Für die Zuordnung eines Ausfahrtzieles zu einer Anschlußstelle ist die günstigere Verkehrsverbindung maßgebend. Im vorliegenden Falle ist das für den Verkehr aus nördlicher Richtung die Zufahrt über die Anschlußstelle „Viersen/Bockert", für den Verkehr von Süden her die Zufahrt über die Anschlußstelle „Mönchengladbach-West". In beiden Anschlußstellen wird auf „Schwalmtal" hingewiesen. Ein zusätzlicher Hinweis auf Schwalmtal für den Verkehr aus südlicher Richtung in der Anschlußstelle Viersen/Bockert scheidet aus, weil die Zufahrt von Süden her über diese Anschlußstelle die ungünstigere Verkehrsverbindung darstellt. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 45) : Nachdem die Generalvertretung der Deutschen Bundesbahn in Braunschweig bestätigt hat, daß die Deutsche Bundesbahn das Ausbesserungswerk in Braunschweig auflösen will, frage ich die Bundesregierung, ob sie bereit ist, andere Reparaturkapazitäten, wie Elektrolok, Diesellok und Wagen nach Braunschweig zu verlegen, um der in Politik und Verwaltung bestehenden Grundsatzauffassung Rechnung zu tragen, keine Bundeseinrichtung aus dem Zonenrandgebiet zu entfernen, um die wirtschaftliche Basis und die Arbeitskräfte zu sichern? Die Anpassung der Werkstättenkapazität an das jeweilige Arbeitsaufkommen im DB-Bereich ist eine Angelegenheit, die in die Zuständigkeit und Verantwortung des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn fällt. Wie mir die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn auf Anfrage mitgeteilt hat, prüft die DB seit einiger Zeit, unter welchen Voraussetzungen freiwerdende Mitarbeiter in Braunschweig ohne soziale Härten mit anderen Aufgaben betraut werden können. Zu welchem Zeitpunkt die ersten organisatorischen Maßnahmen durchgeführt werden sollen, steht heute noch nicht fest. Der Bundesminister für Verkehr und der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn sind bisher nicht eingeschaltet worden. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen B 46 und 47) : Treffen Informationen zu, daß der Deutsche Wetterdienst im Rahmen einer Organisationsänderung das medizinmeteorologische Zentrum von Freiburg nach Offenbach zu verlegen beabsichtigt, und daß die Bedienung des Südwestfunks mit Wettervorhersagen im Rundfunk und beim Fernsehen in Zukunft nicht mehr durch das Regionalamt Freiburg, sondern von München erfolgen soll? Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß derartige Maßnahmen nicht mit den Zielen des Bundesraumordnungsgesetzes in Einklang zu bringen sind, weil sie nicht auf eine Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen im Bundesgebiet hinwirken, sondern die bestehenden regionalen Unterschiede bezüglich der Wirtschaftskraft und der Zentralität weiler zu Lasten des südwestdeutschen Raumes vergrößern müssen, der ohnehin durch eine verkehrsmäßig ungünstige Randlage zwischen Vogesen, Staatsgrenze, Rhein und Schwarzwald sowie durch geringe Wirtschaftskraft und damit besondere Abhängigkeit vom Fremdenverkehr gekennzeichnet ist? Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat dem Bundesminister für Verkehr eine Studie über eine Neuordnung der Beratungsdienste des DWD vorgelegt. In dieser Studie werden auch Gedanken darüber angestellt, wie man bei der derzeitigen Personalsituation zu einer wirksameren Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Medizinmeteorologie kommen könnte. Dabei kommt der DWD zu dem Schluß, daß eine Zentralisierung der medizinmeteorologischen Forschungstätigkeit im Zentralamt des DWD in Offenbach, in Nähe der Großrechenanlage, im engen Kontakt mit einer größeren Anzahl von Wissenschaftlern, zweckmäßig sein könnte. Diese Studie bedarf noch eingehender Prüfung, denn auch nach Ansicht der Bundesregierung sollte sichergestellt bleiben, daß durch eine solche Maßnahme die medizinmeteorologische Betreuung des gesamten Bundesgebietes, insbesondere des maritim beeinflußten Bereichs in Norddeutschland, des Mittelgebirgsraumes und in Süddeutschland nicht beeinträchtigt wird. In der gleichen Studie werden auch Vorschläge zur Rationalisierung der Wettervorhersagen in Rundfunk und Fernsehen im gesamten Bundesgebiet gemacht. Es geht darum, eine Straffung des Dienstbetriebes in den Früh- und Abendstunden herbeizuführen, weil die Aufrechterhaltung eines Zwei- Schichtendienstes auf allen Wetterämtern des DWD insgesamt zu aufwendig ist. Hier wird es im Falle Freiburg um eine Unterstützung des Wetteramtes Freiburg in den kritischen Zeiten gehen, nicht aber um eine grundsätzliche Verlegung der Beratungstätigkeit des Wetteramtes Freiburg an ein anderes Wetteramt. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Bäuerle (SPD) (Drucksache 7/2631 Frage B 48) : Bis wann ist mit der Anmietung bzw. einem Ankauf dringend benötigter Büroräume für den Deutschen Wetterdienst in Offenbach am Main zu rechnen? Der Deutsche Wetterdienst hat dem Bundesminister für Verkehr Unterlagen zur Anmietung eines Teiles eines Bürogebäudes in Offenbach/Main vorgelegt. Diese Unterlagen werden zur Zeit geprüft. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8505* Die Prüfung steht kurz vor ,dem Abschluß. Anschließend wird in Mietverhandlungen einzutreten sein. Wenn die Mietforderungen im angemessenen Rahmen liegen werden, kann in Kürze mit dem Abschluß eines Mietvertrages gerechnet werden. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 49) : Hat der von der Deutschen Bundesbahn eingeführte Städtetarif im Stückgutverkehr die erwartete Verkehrszunahme bei der Bahn erbracht, und in welchem Umfang ist das Stückgutaufkommen in diesem Knotenpunktverkehr in den Monaten April bis September 1974 angestiegen? Die Organisation sowie die Durchführung des Stückgutverkehrs und seiner Tarife ist nach dem Bundesbahngesetz eine Aufgabe des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn. Ich habe deshalb Ihre Frage an den Vorstand der Deutschen Bundesbahn weitergeleitet; er wird sie beantworten. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Sauter (Epfendorf) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 50) : Wird der dringende und bereits für 1974 zugesagte Ausbau der Bundesstraße 462 zwischen Schramberg-Sulgen und Dunningen im Jahr 1975 durchgeführt? Im Zuge der Bundesstraße 462 sind zwischen Schramberg/Sulgen und Dunningen örtliche Verbesserungen vorgesehen. Eine entsprechende Ausbaumaßnahme ist als dringlich anerkannt und ist — bei der gegebenen Größenordnung — von der Landesstraßenbauverwaltung in eigener Zuständigkeit vorgesehen. Es wird nach wie vor angestrebt, die Maßnahme möglichst bald zu verwirklichen. Eine genauere Aussage für das kommende Jahr kann jedoch erst nach endgültiger Festlegung des Haushaltes 1975 gemacht werden. Die ursprüngliche Absicht des Straßenbauamtes Donaueschingen, den Ausbau im Rahmen des Sonderprogrammes für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen im Jahre 1974 durchzuführen, konnte nicht verwirklicht werden, da die Auswahlkriterien eine Berücksichtigung in diesem Programm nicht zuließen. Zusagen für das Jahr 1974 wurden seitens des Bundes in diesem Zusammenhang nicht gemacht. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 51): Ist die Bundesregierung bereit, dem Landkreis Hersfeld/ Rotenburg finanziell zu helfen, das Defizit aus dem Betrieb der Kreisbahn abzubauen, weil es sich bei dieser Bahn um eine „politische Bahn" handelt, die auf alle Fälle erhalten bleiben muß, weil nur so die Kalischächte im Werratal, ohne das Gebiet der DDR zu berühren, auf der Schiene erreicht werden können? Die Hersfelder Kreisbahn (HKB) hat aufgrund einer vertraglichen Regelung mit der Deutschen Bundesbahn (DB) vom 1. Dezember 1967 bis 27. September 1969 wegen der Grenzsperrung durch die DDR den Kaliverkehr von Heringen und Hattorf abgewickelt. Dafür hat sie ein Nutzungsentgelt von der DB und Finanzierungshilfen für die Erhaltung der Betriebsanlagen vom Land Hessen aus Mitteln der Regionalen Förderungsprogramme erhalten. Im Zusammenhang mit dem Kaliverkehr hat sich die Gesamtlage der Bahn also zumindest nicht verschärft. In dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über Fragen des Verkehrs ist auch der Kaliverkehr zwischen Gerstungen und Dankmarshausen geregelt (Artikel 14). Die HKB kann daher im Hinblick auf diesen Verkehr keine politischen Aspekte geltend machen. Die wirtschaftliche Lage der Eisenbahnen ist generell sehr angespannt. Für die Betriebsdefizite muß derjenige aufkommen, der verwaltungs- und eigentumsmäßig zuständig ist. Dem Bund stehen für Betriebsverluste der nichtbundeseigenen Eisenbahnen keine Mittel zur Verfügung. Anlage 55 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Fragen B 52 und 53) : Trifft es zu, daß in Leichtwasserreaktoren such Brennelemente aus einem Gemisch von Uran und Thorium verwendet werden können, und welcher Brutfaktor ergibt sich bei Verwendung des Thorium-Uran-Zyklus in Leichtwasserreaktoren? In welchem Umfang wird durch die Rückführung von Plutonium sowie durch den Einsatz von Thorium-Uran die notwendige Menge an angereichertem Uran für die deutschen Leichtwasserreaktoren beeinflußt? Zu Frage B 52: a) Es trifft zu, daß prinzipiell in heutigen Leistungs-Leichtwasserreaktoren (LWR) auch ein Uran-Thorium (U/Th)-Zyklus verwendet werden kann. Allerdings haben entsprechende Rechnungen deutscher Reaktorfirmen gezeigt, daß bei Beachtung der weiteren technischen und wirtschaftlichen Randbedingungen — insbesondere Wiederaufarbeitung und Refabrikation — dieser Zyklus wie auch noch weitere, physikalisch sinnvolle Alternativzyklen keine wirkliche Alternative zum Uran-Plutonium (U/Pu)- Zyklus darstellen. b) Der U/Th-Zyklus in heutigen LWR, mit Abbränden von ca. 33 000 MegaWatt-Tagen pro Tonne 8506* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 Brennstoff (MWd/t), benötigt hochangereichertes Uran-235 mit einem Gewichtsanteil von ca. 3,2 0/o in Thorium-Matrix und besitzt dann eine Brutrate von ca. 0,65-0,7 für die Erzeugung von Uran-233 aus Thorium. Demgegenüber hat der U/Pu-Zyklus eine Brutrate von etwa 0,55-0,6 für die Erzeugung des in LWR etwas weniger wertvollen Spaltstoffs Plutonium aus Uran-238. c) Italienische Studien haben gezeigt, daß erst bei einer Reduktion der Abbrände auf ca. 12 000 MWd/t und Verwendung von hochangereichertem Uran-235 in Thorium-Metall als Brennstoff merklich höhere Brutraten (ca. 0,9) von Uran-233 aus Thorium zu erzielen sind, die aber immer noch unter 1,0 liegen. Ein solcher Betrieb wäre aber, abgesehen von den technologischen Schwierigkeiten eines solchen neuen Brennstoffs, wegen der geringen Abbrände für heutige LWR extrem unwirtschaftlich. Insgesamt würde ein U/Th-Zyklus auch zu einem höheren Verbrauch von Uran-Anreicherungsarbeit führen. d) Als einzige z. Zt. wirtschaftlich und technisch realisierbare Möglichkeit zur Nutzung des U/Th- Zyklus bietet sich unter den heute erkennbaren Randbedingungen der Hochtemperaturreaktor an. Allerdings ist auch hier die Brutrate deutlich unter 1,0 (beim heutigen Brennelementkonzept ca. 0,5 bis 0,6 und nur unter erheblichen Änderungen und extrem unwirtschaftlichem Betrieb bis auf etwa 0,9 zu erhöhen). Zu Frage B 53: a) Es ist möglich, das im U/Pu-Zyklus in einem LWR erzeugte Plutonium in vollem Umfang im gleichen Reaktor zu rezyklieren. Dabei lassen sich im Gleichgewichtszustand rund 20 0/o des für eine jährliche Nachladung benötigten Uran-235 durch Plutonium substituieren. b) Entsprechend den unter b) (Nr. B 52) angegebenen Randbedingungen ließe sich in einem U/Th- Zyklus im Gleichgewicht bis zu etwa einem Drittel des Uran-235 durch Uran-233 aus Thorium ersetzen. c) Grundsätzlich muß jedoch festgestellt werden, daß der U/Th-Zyklus für LWR nicht im entferntesten den technologischen und wirtschaftlichen Reifegrad des U/Pu-Zyklus erreicht hat. Angefangen von der Kern- und Brennelementauslegung über die Wiederaufarbeitung bis zur Verarbeitung des Uran-233 wären noch umfangreiche und langwierige Entwicklungsarbeiten durchzuführen (geschätzter Aufwand weit über 100 Mio DM), bevor sich überhaupt die Wirtschaftlichkeit des U/Th-Zyklus in LWR prüfen ließe. Selbst beim ungleich weiterentwickelten U/Pu- Zyklus gibt es heute bei der Plutonium-Rückführung in LWR noch eine Reihe technischer und wirtschaftlicher Probleme, die vorrangig gelöst werden müssen, damit die Substitution des Uran-235 durch Plutonium ermöglicht wird. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 54) : Wieviel Prozent der Absolventen der staatlichen und nichtstaatlichen Fachhochschulen für Sozialwesen/Sozialpädagogik/ Sozialarbeit treten in die praktische Sozialarbeit ein, und wieviel Prozent nehmen ein weiterführendes Studium auf? Das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft verfügt nicht über entsprechendes Zahlenmaterial. Die von Ihnen erbetenen Angaben könnten nur durch zusätzliche Untersuchungen beschafft werden. Angesichts der überfüllten Fachhochschulen im Bereich der Sozialpädagogik und Sozialarbeit und der verschiedentlich erfolgten Meldungen über den hohen Anteil der Fachwechsler dieses Studienganges bereitet das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft gegenwärtig die Vergabe eines Untersuchungsauftrages zur Analyse des Angebots und Bedarfs an Sozialarbeitern und Sozialpädagogen vor. Die ersten Ergebnisse dieser Untersuchung dürften Ende 1975 vorliegen. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 55) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Befürchtung, daß die Ausbildungsplätze im Baugewerbe erheblich zurückgehen werden, nachdem die Stufenausbildungsordnung für die Bauwirtschaft vom 1. Juli 1974 für die Auszubildenden im 1. Ausbildungsjahr folgende Regelung vorsieht: 20 Wochen Grundausbildung in den überbetrieblichen Ausbildungsstätten, 20 Wochen Unterricht in der Berufsschule und nur noch 12 Wochen Ausbildung im Betrieb? Die Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 8. 5. 1974 (BGBl. I, Seite 1073) ist vom Bundesminister für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft erlassen worden. Die Initiative für die Neuordnung der Ausbildungsberufe in der Bauwirtschaft ging von den Sozialpartnern in diesem Wirtschaftsbereich aus. Die Ausbildungsordnung wurde vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes zusammen mit dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Industriegewerkschaft Bau, Steine, Erden entworfen. Ziel der Neuordnung sollte die Schaffung moderner Ausbildungsberufe in der Bauwirtschaft sein. Sie sollten für Jugendliche attraktiv genug sein, um dem stetigen Rückgang der Zahl der Auszubildenden der letzten zehn Jahre entgegenzuwirken. In Abstimmungsgesprächen mit den beteiligten Bundesministerien und der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) hat die Ausbil- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 126. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Oktober 1974 8507* dungsordnung eine Form gefunden, die nicht nur wesentlich zu einer Verbesserung und Intensivierung der Berufsausbildung in der Bauwirtschaft, sondern auch zu einer engen Kooperation zwischen betrieblicher, überbetrieblicher und schulischer Berufsausbildung beitragen soll. Befürchtungen darüber, daß durch den Erlaß der Verordnung insgesamt das Angebot an Ausbildungsplätzen in der Bauwirtschaft zurückgehen könnte, sind zu keiner Zeit geäußert worden. Grundsätzlich hat das Erscheinen neuer Ausbildungsordnungen, die die früheren Ausbildungsordnungsmittel (Berufsbilder, Berufsbildungspläne, Prüfungsanforderungen, fachliche Vorschriften) ablösten, bisher nicht unerheblich dazu beigetragen, daß sich mehr Jugendliche diesen Ausbildungsberufen zuwandten. Durch die Vermittlung großer Teile der Ausbildungsinhalte in überbetrieblichen Ausbildungsstätten — die von der Bundesregierung finanziell gefördert werden — soll den Betrieben insbesondere während des ersten Jahres die Ausbildung erleichtert werden. In diesem Zusammenhang weise ich besonders darauf hin, daß in § 63 der Verordnung (Übergangsregelung) für das Inkrafttreten eine Übergangszeit von vier Jahren vereinbart wurde. Während dieses Zeitraumes tritt die Verordnung nur schrittweise dort in Kraft, wo die entsprechenden Voraussetzungen für die überbetriebliche und schulische Ausbildung erfüllt sind. Es muß also davon ausgegangen werden, daß in den von der Verordnung betroffenen Ausbildungsberufen in nächster Zeit überwiegend noch nach den bisherigen Vorschriften ausgebildet wird. Ein Rückgang des Angebots an Ausbildungsplätzen wird nach Aussage der Fachverbände durch die Verordnung nicht verursacht werden. Bei der Gesamtbeurteilung der Lage in der Bauwirtschaft ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Zahl der Auszubildenden zwischen 1960 und 1972 bereits von 76 430 auf 51 091 gesunken ist. Diese Entwicklung ist auf Strukturveränderungen zurückzuführen, die sich unter Umständen noch fortsetzen werden. Anlage 58 Antwort des Bundesminister Bahr auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Roser (CDU/CSU) (Drucksache 7/2631 Frage B 56) : Wie groß sind nach dem neuesten Stand der Erkenntnis die unmittelbaren und mittelbaren Einbußen der nicht erdölfördernden Länder der dritten Welt durch die Preissteigerungen für Erdöl, und welche Entwidclungshilfeleistungen erbringen die erdölfördernden Länder? Nach Untersuchungen der Weltbank und des DAC müssen die nicht erdölfördernden Entwicklungsländer 1974 rund 10 Mrd. $ mehr aufwenden, um ihren Bedarf an Rohöl decken zu können. Diese Summe entspricht nahezu der öffentlichen Nettohilfe aller DAC-Länder im Jahre 1973. Rohstoffexportierende Entwicklungsländer können diese Mehraufwendungen teilweise durch zusätzliche Handelsgewinne auffangen. Andere Aufbringungsmöglichkeiten sind der Abbau von Devisenreserven, der jedoch zu einer Verschärfung der Verschuldungssituation führen wird, und die Reduzierung von Importen. Beide Möglichkeiten sind nur begrenzt ausschöpfbar. Die meisten Entwicklungsländer müssen die Mehraufwendungen durch eine Verminderung des Konsums und/oder des Investitionsvolumens aufbringen. Nach Untersuchungen der Weltbank hat dies zur Folge, daß die bisher für den Rest der Dekade erwarteten jährlichen Zuwachsraten des Pro-Kopf-Einkommens nicht mehr erreichbar sind. Die Hauptlast des Rückgangs müssen die bevölkerungsreichen und bereits teilindustrialisierten Entwicklungsländer tragen. Ihr Pro-Kopf-Einkommen wird in den verbleibenden Jahren der Dekade nahezu stagnieren. Im Zeitraum Januar bis September 1974 haben die OPEC-Länder nach Schätzungen des DAC öffentliche Hilfezusagen an Entwicklungsländer in Höhe von 8,6 Mrd. $ gegeben. 6,2 Mrd. $ davon entfallen auf bilaterale und 2,4 Mrd. $ auf multilaterale Zusagen. Von den bilateralen Zusagen werden 1974 nach DAC-Schätzungen etwa 2 Mrd. $ zu Auszahlungen führen.
Gesamtes Protokol
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712600000
Die Sitzung ist eröffnet.
Nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung soll der
Bericht der Bundesregierung betr. Einheitliches Notrufnummernsystem im Bundesgebiet
— Drucksache 7/2588 (neu)
dem Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — federführend — und dem Innenausschuß — mitberatend — überwiesen werden.—
Das Haus ist damit einverstanden; es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 15. Oktober 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Rollmann, Kroll-Schlüter, Lampersbach, Braun, Frau Stommel und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Situation deutscher Drogenabhängiger im Ausland — Drucksache 7/2321 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/2667 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 15. und 16. Oktober 1974 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:
Beschluß des Rates betreffend die Einleitung von Verhandlungen mit Marokko und Tunesien im Hinblick auf die Verlängerung der Assoziierungsabkommen zwischen der Gemeinschaft und diesen Ländern
Verordnung des Rates zur Verlängerung der Regelung für den Warenverkehr mit Tunesien über den Ablauf des Assoziierungsabkommens hinaus
Verordnung des Rates zur Verlängerung der Regelung für den Warenverkehr mit Marokko über den Ablauf des Assoziierungsabkommens hinaus
— Drucksache 7/2425 —
Verordnung (EWG) des Rates über den Zusatz von Alkohol zu Weinerzeugnissen
— Drucksache 7/2448 —
Überweisungen von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung (Euratom) des Rates zur Änderung der Regelung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Forschungsstelle, die in den Niederlanden dienstlich verwendet werden
— Drucksache 7/2608 —
überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) Nr. 1351/73 betreffend den Grundpreis der Standardqualität für geschlachtete Schweine
— Drucksache 7/2646 — überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Beschluß des Rates zur Festlegung eines ersten Dreijahres-Aktionsplans im Bereich der wissenschaftlich-technischen Information und Dokumentation
— Drucksache 7/2647 —
überwiesen an den Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die zolltarifliche Behandlung bestimmter Erzeugnisse, die zur Verwendung beim Bau, bei der Instandhaltung oder der Instandsetzung von Luftfahrzeugen bestimmt sind
— Drucksache 7/2648 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 974/71 über bestimmte konjunkturpolitische Maßnahmen, die in der Landwirtschaft im Anschluß an die vorübergehende Erweiterung der Bandbreiten der Währungen einiger Mitgliedstaaten zu treffen sind
— Drucksache 7/2649 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Schilder, die vorgeschriebenen Angaben, ihre Lage und ihre Anbringungsart an Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern
— Drucksache 7/2650 —
überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Aufstellung der Grundregeln für die Lieferung von Rindfleischkonserven an bestimmte internationale Organisationen und Entwicklungsländer im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe
Beschluß des Rates (EWG) zur Eröffnung von Verhandlungen mit dem Welternährungsprogramm über eine Nahrungsmittelhilfe in Form von Rindfleischkonserven, wie in der obigen Verordnung vorgesehen, sowie über die vorzeitige Durchführung des ausgehandelten Abkommens
Entschließung des Rates über die Finanzierung der durch die Lieferung von Rindfleischkonserven im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe verursachten Ausgaben
— Drucksache 7/2651 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend), Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die Anlage einer Ölkartei in der Gemeinschaft
— Drucksache 7/2652 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Osterreich, in Finnland, in Island, in Norwegen, in Portugal, in Schweden, in der Schweiz
Beschlüsse der im Rat vereinigten Vertreter der Regierung der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl zur Einrichtung einer Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Osterreich, in Schweden
— Drucksache 7/2653 —



Vizepräsident Frau Funcke
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der in der Landwirtschaft geltenden Preise für das Wirtschaftsjahr 1974/1975
— Drucksache 7/2654 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung eines in der Landwirtschaft anzuwendenden neuen repräsentativen Umrechnungskurses für das englische und irische Pfund
— Drucksache 7/2655 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Erhebung einer Ausfuhrabgabe für gewisse Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse mit Zusatz von Zucker im Falle von Schwierigkeiten bei der Zuckerversorgung
— Drucksache 7/2656 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates über die Beseitigung von Abfällen
— Drucksache 7/2657 —überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) über den Antrag der Bundesregierung betr. Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung nach § 6 Abs. 2 StWG
— Drucksachen 7/2589, 7/2640 — Berichterstatter: Abgeordneter von Bülow
Wird das Wort dazu gewünscht? — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Suck.

Walter Suck (SPD):
Rede ID: ID0712600100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Debatte vom vorigen Freitag nicht wieder neu aufleben lassen. Der Bundeswirtschaftsminister hatte noch einmal die Drucksache 7/2589 — Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung nach § 6 Abs. 2 StWG — erläutert. Auch der Herr Kollege Schröder von der CDU/CSU hat seine kritischen Argumente zum Sonderprogramm in vier Bemerkungen zusammengefaßt und abschließend festgestellt, daß die CDU/CSU-Fraktion trotz dieser Bedenken der Vorlage zustimmen würde, damit wenigstens etwas in Richtung auf die sektoral und strukturell gefährdeten Gebiete geschieht.
In dem vorliegenden Entschließungsantrag Drucksache 7/2658 wird noch einmal die Bedeutung des Sonderprogramms aufgezeigt. Es läßt sich sicher darüber streiten, ob der Zeitpunkt des Anlaufens des Programms zu spät liegt, wie die Opposition glaubt, oder ob das Programm viel früher von der Bundesregierung hätte verabschiedet werden müssen. Die SPD-Fraktion ist jedenfalls der Auffassung, daß es sinnvoll und auch richtig war, nach dem Auslaufen des 900-Millionen-DM-Programms vom Februar und März dieses Jahres mit diesem 950-Millionen-DM-Programm den Anschluß an das Programm zu erreichen. Das Programm trägt dazu bei, vor Ort zu helfen, und die gesetzten Fristen — 5. November, 21. November, 31. Dezember 1974 und 31. März 1975 — werden es meines Erachtens ermöglichen, in den jeweiligen Regionen durch gezielte Maßnahmen den sektoralen Abschwächungen entgegenzuwirken und vor allem — das ist wohl auch der Sinn dieses Programms gewesen — die Arbeitsplätze zu sichern und die Arbeitslosigkeit zu mildern.
Die unterschiedlichen Meinungen, die quer durch die Fraktionen des Deutschen Bundestages und auch der Länderparlamente gehen, ob die Kriterien — der Verteilungsraster oder die Quoten für die Verteilung der Mittel an die Länder — richtig waren, werden sicher durch die von der Bundesregierung in dem Entschließungsantrag nun erbetenen Erfahrungen geklärt werden können. Ich will unterstellen, daß auch der Opposition daran gelegen ist, daß die Fortsetzung der Stabilitätspolitik der Bundesregierung dazu beiträgt, die Konjunkturlage zu verbessern.
Die Steigerungen des Preisindex für die Lebenshaltung im Monat September erklären sich überwiegend durch Sonderfaktoren. Sie wurden bereits am letzten Freitag durch meinen Fraktionskollegen Horst Haase hier vorgetragen und auch erläutert. Wir stehen immer noch am Ende der Liste der Preiszuwachsraten der Industrieländer Europas, ja, der Welt.
Aber gerade deshalb und auch wegen der unsicheren weltwirtschaftlichen Situation bittet die SPD FDP-Koalition die Bundesregierung, die Konjunkturlage zu beobachten und die mehr als neun Milliarden DM stillgelegten Mittel, die sicher eine solide Finanzbasis bilden, bei erforderlichem Eingreifen für die weiteren Programme zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung zu verwenden.
Ich darf Sie bitten, meine sehr verehrten Damen und Herren, dem Ihnen vorliegenden Entschließungsantrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712600200
Meine Damen und Herren, nach dem Kollegen Suck hat jetzt der Abgeordnete Sick das Wort.

Willi-Peter Sick (CDU):
Rede ID: ID0712600300
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein bißchen schwierig, wenn man aus derselben Gegend kommt und sich im Namen so wenig unterscheidet.
Ich bin aber dem Kollegen Suck besonders dankbar für die Bemerkung, die er eben machte: Es geschieht wenigstens etwas.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : So war es ja nun nicht!)

— So wurde es gesagt, Herr Kollege Ehrenberg. Er hat damit ja recht; ich will dem Kollegen von der Regierungskoalition recht geben: Es geschieht wenigstens etwas.

(Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

— Warten Sie ab, Herr Ehrenberg. Wir werden zu dieser Sache noch einiges sagen müssen.



Sick
Es geht nämlich nicht nur darum, meine Damen und Herren, hier ein Programm zu verabschieden, um wenigstens etwas zu tun, sondern wir werden auch deshalb zustimmen, weil die bei der vorigen Unterhaltung geäußerten Bedenken, ob § 1 es abdecke, daß man etwas aus der Konjunkturausgleichsrücklage nimmt, nach unserer Meinung ausgeräumt sind. Ich persönlich meine, daß eine solche Maßnahme durch § 1 abgedeckt wird; denn die Lage ist so ernst, daß man hier Präventivmaßnahmen ergreifen muß.
Ich will zu dem Programm im einzelnen nichts sagen, auch nicht zur Frage der herangezogenen ökonomischen Daten, z. B. zur Einkommensdisparität, zur Infrastrukturdisparität oder zum Arbeitsplatzdefizit. Das werden andere Kollegen tun, die sich davon besonders betroffen fühlen.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Das hat nichts mit der Erklärung zu tun!)

— Das hat damit zu tun, Herr Dr. Ehrenberg; ich komme jetzt darauf. Es ist nämlich die Frage, ob man meint, mit diesem Programm etwas Grundsätzliches zu schaffen; es ist die Frage, ob bei diesem Programm etwas Sichtbai wird, was das Grundsatzliche berührt.
So einfach kommen Sie nicht davon, daß Sie sagen: Wir machen hier ein Sonderprogramm, und damit ist grundsätzlich alles wieder in Ordnung gebracht. Wenn ich mich an die Rede von Bundesminister Friderichs erinnere, meine ich, daß darin der Unterton anklang, dieses Programm sei in der Lage, Schieflagen in bestimmten Branchen und in bestimmten Regionen zurechtzurücken.
Meine Damen und Herren, eine solche Argumentation verschleiert die wirklichen Ursachen der Schwierigkeiten, die wir haben; denn in erster Linie ist dieses Programm, so wünschenswert es in seiner Teilwirkung ist, ein Indikator dafür, daß die Verhältnisse bei uns in der Bundesrepublik Deutschland generell nicht in Ordnung sind.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Ach! Nicht in Ordnung! — Weitere Zurufe von der SPD)

— Mein lieber Herr Kollege Ehrenberg, Sie stehen doch im Grunde vor dem Scherbenhaufen Ihrer wirtschaftspolitischen Illusionen. Dazu brauchen Sie diese Teildinge hier. Sie gehen nicht an die Ursachen, sondern Sie laborieren an den Erscheinungen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712600400
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfram?

Willi-Peter Sick (CDU):
Rede ID: ID0712600500
Aber gern!

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID0712600600
Herr Kollege Sick, würden Sie mir freundlicherweise sagen, wo Ihre Alternativvorschläge zu dem 950-Millionen-DM-Programm der Bundesregierung sind?
Würden Sie mir zweitens die Frage beantworten, wo Ihre Kollegen von der Wirtschaftspolitik sind?
Ich sehe hier keinen einzigen. Wie kommt es, daß man einen Verkehrspolitiker die Erklärung der Opposition zum Konjunkturprogramm abgeben läßt?

(Rawe [CDU/CSU] : Viel dummer kann man kaum noch fragen! — Zuruf von der SPD: Der kommt doch aus dem Naturschutzpark Stoltenberg! Deswegen muß er doch reden! — Weitere Zurufe von der SPD)


Willi-Peter Sick (CDU):
Rede ID: ID0712600700
Die Qualität Ihrer Zwischenrufe sollen Ihre eigenen Kollegen beurteilen, Herr Kollege Wolfram.
Ich möchte auf die gestellten Fragen antworten. Zu der Alternative komme ich noch. Ich mache es mir ja nicht so einfach wie der frühere Fraktionsvorsitzende der SPD, Helmut Schmidt, der gesagt hat, es sei gar nicht Aufgabe der Opposition, Alternativen zu entwickeln. So einfach machen wir es uns nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

— Ach Gott, das Meckern, Herr Kollege Ehrenberg!
Aber zu Ihrer anderen Bemerkung: Meinen Sie, daß es tunlich sei, die Kollegen in diesem Hause danach zu qualifizieren, in welchem Ausschuß sie zufällig arbeiten, oder meinen Sie nicht, daß es möglich sein könnte, daß ein Mitglied, das im Verkehrsausschuß seine Arbeit leistet, in anderer Weise auch ein bißchen mit Wirtschaftspolitik befaßt ist?

(Rawe [CDU/CSU] : Bei der SPD werden die eingeteilt, die dürfen nichts anderes!)

Im übrigen überlassen Sie das doch bitte uns, wen wir hier herstellen.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen gesagt, wir stimmen zu. Aber wenn Sie erwarten — und das scheint mir der Fall zu sein —, daß darüber allgemeines Jubelgeschrei ausbricht, dann erwarten Sie, daß wir darüber jubeln sollen, daß Sie dem Patienten, den Sie zum Krüppel gemacht haben, jetzt ein paar Krücken verpassen. So sieht es doch aus!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist zu spät und zu wenig, meine Damen und Herren, natürlich. Wir bleiben bei der Meinung: zu spät und zu wenig.
Herr Kollege Ehrenberg, ich glaube, daß Sie sich in Ihrem besonders fachkundigen Kreise sicherlich über die Grundtendenzen werden unterhalten müssen, denen die wirtschaftspolitische Entwicklung für die Zukunft unterliegt. Denn so, wie ich sehe, war die Wirtschaftspolitik his etwa Mitte der 60er Jahre durch Konjunktureinflüsse, dann durch Währungseinflüsse bestimmt, und sie ist jetzt durch eine ausgesprochen strukturelle Komponente in der Entwicklung bestimmt.

(Dr. Ehrenberg [SPD]: Falsche Wechselkurse!)

— Die Wechselkurse, ja sicher. Kommen Sie doch nicht mit dem Märchen Strauß! Ich stelle nur fest, daß dem so ist. Denn daß wir kurzfristig, Herr Kollege Ehrenberg, wohl auch hinsichtlich unseres Exports darauf achten müssen, daß uns die Schwäche



Sick
des Dollars dort weh tun wird, leuchtet ein. Bisher wurde immer nur geschrien: Der starke Dollar kauft uns auf! Wir haben aber beim Export auch unsere Vorteile davon gehabt.
Dieses Programm ist ein Tropfen auf den heißen Stein, meine Damen und Herren. Denn Herr Vietor, Vorstandsvorsitzender der „Neuen Heimat" — wohl ein unverdächtiger Zeuge —, hat ja gerade gestern einige Zahlen veröffentlicht, die leicht erschreckend sind. Er erwartet einen Anstieg der Arbeitslosen im Baugewerbe von 43 000 auf 250 000, und er spricht von den mehr als tausend Pleiten im Baugewerbe 1974. Meine Damen und Herren, das macht uns Sorge, und das ändern wir mit diesem Programm nicht; das ist langfristig strukturell angelegt. Das ist eben nicht nur eine Frage der Region, das ist eine Frage der Struktur. Hier wird die Kapazität zurückgeführt, ohne daß man weiß, wann sie wieder erstellt wird, und hier werden — das ist für uns, meine Damen und Herren, für meine Fraktion, die CDU/CSU, etwas sehr Wesentliches — ausgesprochen mittelständische Existenzen vernichtet und ein Zug zur Konzentration eingeleitet, den wir nicht wollen.
Und dann sprach der Herr Bundeswirtschaftsminister vom Abfedern. Meine Damen und Herren, Abfedern kann man das schon nicht mehr nennen, hier liegt doch schon Achsenbruch vor. Hier kann man doch nicht mehr abfedern, mit diesen einzelnen Maßnahmen, mit diesen Pflästerchen.

(Haase [Kellinghusen] [SPD] : Ist das eine Erklärung, oder was ist das? Das muß man doch wissen! Dann muß man dazu etwas sagen können!)

— Hören Sie doch zu! Wir haben Ihnen gesagt, Herr Kollege Haase, daß wir dem Programm zustimmen. Und ich nehme hier Gelegenheit, aufzuzeigen, daß Sie mit diesem Programm die Probleme nicht lösen und daß Sie nicht so einfach aus dem Geschäft herauskommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Sie fragten nach der Alternative. Wenn ich mir das, was Ihr Kollege Haase in dem vorhergehenden Durchgang gesagt hat,

(Haase [Kellinghusen] [SPD] : Das war ich aber nicht!)

als Ihre Alternative betrachte — ich darf zitieren —,
Nicht der generelle Konjunkturabschwung
macht uns zu schaffen, wie es in den Jahren der
— nun natürlich die Bemerkung: er wisse nicht, ob gewollten —
Rezession um 1967 der Fall war, sondern der Konjunkturverlauf.
dann ist Ihre Diagnose falsch, meine Damen und Herren. Es geht nicht mehr um einen generellen Konjunkturverlauf, sondern wir haben — und das wird keiner bestreiten wollen — eine gespaltene Konjunktur, und es geht überhaupt nicht mehr um
Konjunkturverlauf, sondern um strukturelle Veränderungen.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Um ein Strukturprogramm!)

— Ah, wie schön, Herr Kollege Ehrenberg; dann müssen Sie erklären, daß die Diagnose Ihres Kollegen Haase nicht die Ihrige ist; dann sieht's ganz anders aus, in Ordnung! Ich bin nämlich Ihrer Meinung: Es ist eine Strukturkrise und keine Konjunkturkrise — zumindest nicht mehr.
Wenn wir das weiterführen wollen, Herr Kollege Ehrenberg, dann kommt ein Punkt hinzu, für den Sie nichts können, keiner in diesem Hause: die sogenannte Ölkrise, die in Wirklichkeit eine globale Rohstoffkrise ist. Ich meine, da werden wir in Zukunft unsere Überlegungen anstellen müssen; denn die Welt wird nie wieder so sein, wie sie vor der Ölkrise war.
Diese strukturellen Entwicklungen sollten uns in diesem Hause Veranlassung geben, uns nicht mit solchen Sonderprogrammen zufriedenzugeben, sondern zu überlegen, wohin zielt denn die strukturelle Entwicklung in unserer Volkswirtschaft, die, wie ich meine, ganz eindeutig damit rechnen muß, daß die Produktion von uns wegen der steigenden Stückkosten irgendwohin verlagert werden muß und wir zu einer ganz anderen Qualität auch in unserer Wirtschaftsstruktur werden kommen müssen.
Diese Bemerkungen hielten wir für nötig; einmal, um festzustellen die Verantwortung für die jetzigen Schieflagen, die mehr sind als das; festzustellen, daß das nicht ausreicht; und festzustellen, Herr Kollege Ehrenberg, daß in der Landschaft sicherlich eine ganze Menge in Bewegung geraten ist. Ob die Notenbank noch restriktiv fährt, ist ja zumindest fraglich geworden. Ob die Haushalte nicht schon wieder expansiv werden, Herr Kollege Ehrenberg, wenn im Finanzministerium oder im Wirtschaftsministerium bereits Überlegungen angestellt werden, ist ebenfalls ungeklärt. War tun wir, wenn Steuerermäßigungen und Renten nicht durchziehen?

(Dr. Schachtschabel [SPD] : Das geht ja bei Ihnen arg durcheinander!)

— Arg durcheinander? Es geht um nichts anderes, als die Dinge wieder in Ordnung zu kriegen. Dazu wird dieses Programm nicht reichen. Deshalb unser Appell. Wir stimmen zu, aber wir fordern Sie auf, diese Dinge vom Grundsatz her zu durchdenken und sich darüber im klaren zu sein, daß die Schäden bereits viel tiefer, viel struktureller sind, als daß Sie sie noch mit solchen Maßnahmen wieder in den Griff bekommen könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712600800
Das Wort hat der Abgeordnete Gallus.

Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0712600900
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, das, was Herr Kollege Sick gesagt hat, geht etwas über eine Erklärung hinaus. Ich möchte auch gleich die Widersprüche aufdecken, die in seinen Ausführungen enthalten sind. Man



Gallus
kann nicht davon reden, Herr Kollege Sick, daß die Ölkrise die Welt verändere, und gleichzeitig den Vorwurf erheben, wir hätten diese Wirtschaft zum Krüppel geschlagen und alle Anstrengungen, die wir unternähmen, würden nicht taugen. So geht das nicht.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Aber das hat ja in der Zwischenzeit Methode. Ich zitiere Herrn Ehrenberg aus dem Protokoll der letzten Woche: „Dagegen reden und dafür stimmen." Mehr ist Ihnen bis jetzt als Alternative zu diesen Fragen nicht eingefallen.
Ich hätte mir eigentlich gewünscht, daß gerade diese Debatte am heutigen Tag auch im Beisein des Bundesratspräsidenten hätte erfolgen können. Er kann leider nicht hier sein — ich weiß das —, weil zu gleicher Stunde eine Bundesratssitzung stattfindet. Aber es scheint mir doch angebracht, ein Wort zu den Reaktionen und Begleitumständen zu sagen, die die Diskussion draußen in den Ländern hervorgerufen hat, insbesondere im Lande Baden-Württemberg bei unserem dortigen Landesvater und den führenden Männern der CDU, angesichts der Tatsache, daß wir sicherlich quer durch die Reihen der Fraktionen verschiedene Meinungen zu diesem Programm haben können.
Idealvorstellungen gibt es nicht, Herr Sick. Und es muß doch einer sagen, daß die Grundlinie stimmt. Das hat Wirtschaftsminister Friderichs hier deutlich ausgeführt, und ich möchte hinzufügen: Hier wird nach dem Motto gehandelt: Wer schnell hilft, hilft doppelt.

(Dr. Jobst [CDU/CSU] : Wann wird denn das Programm wirksam?)

— Das können Sie alles nachlesen. — Aber ich frage mich: Was sollen denn diese Begleitumstände, diese Vorwürfe an die Bundesregierung, die Schlüssel, die zur Verteilung dieser 950 Millionen DM vom Bund verwendet worden sind, seien nicht richtig gewesen?

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sie sind mir ein sauberer Württemberger, Sie!)

— Moment, darauf komme ich zu sprechen. Wir wissen alle, daß hier Schlüssel verwendet worden sind, die allgemein anerkannt sind: einerseits die Arbeitslosenquote und andererseits die Infrastrukturpolitik.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Die sind doch nicht berücksichtigt! Das ist doch die Schweinerei!)

— Die Arbeitslosenquote ist berücksichtigt worden.
Was nun das Land Baden-Württemberg anbetrifft
— gerade dazu möchte ich etwas sagen —: Wenn den Vertretern des Finanzplanungsrates keine besseren Argumente einfallen, als daß der Großteil der Länder dieser Beteiligung zustimmen, dann, so muß ich hier sagen, bedauere ich, daß das Land Baden-Württemberg mit seinen führenden Ministern im Finanzplanungsrat nicht durchschlagende Argumente hat auf den Tisch legen können, um zu einer anderen Verteilung zu kommen. Aber nachdem ja die Mehrheit der Länder das gegen Baden-Württemberg akzeptiert hat, müssen wir das leider hinnehmen. Und die Adresse der Bundesregierung ist in diesem Falle völlig falsch.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Herr Gallus, die haben doch das Geld gekriegt, das uns fehlt!)

Warum erweckt denn hier der Herr Filbinger den Eindruck, daß die Bundesregierung etwas falsch gemacht hat? Warum setzt er sich nicht mit seinem Kollegen Kohl, mit seinem Kollegen Stoltenberg, mit dem Herrn Goppel auseinander?

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Weil die von der Bundesregierung Geld bekommen haben!)

Aber es ist ja so einfach, der Bundesregierung die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, daß wir hier etwas falsch gemacht hätten, weil man die Auseinandersetzung mit seinen eigenen Kollegen scheut. Ich kann mir nämlich sehr gut vorstellen, das das nicht so ist, wie es der Herr Kollege Dr. Wörner in Baden-Württemberg erklärt hat, daß hier wahltaktische Überlegungen Pate gestanden hätten; ganz im Gegenteil, wir haben den CDU-Ländern Geld gegeben,

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Weil Sie Wahlkampf machen!)

und Sie werden draußen — ich kenne diese Dinge aus vielen Wahlkämpfen — diese Gelder als Ihren Erfolg verkaufen. Das kennen wir doch! Wir bezahlen, und die Länder verkaufen — —

(Lachen bei der CDU/CSU — Rawe [CDU/ CSU] : Sie bezahlen?)

— Der Bund in diesem Falle! Und die Länder verkaufen das als ihre Errungenschaft.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Gallus, denke auch an deine Bürger in BadenWürttemberg! — Weitere Zurufe!)

— Gerade deshalb, weil ich an die Bürger Baden-Württembergs denke, haben sie die Art, wie das gemacht worden ist, nicht verdient.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Ja, das hat ihnen aber der Herr Landesvater beschert. Und weil ich der Auffassung bin, daß wir hier in der Bundesrepublik insgesamt in ein schiefes Licht geraten,

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Mit 12 Millionen, ja!)

muß hier einiges klargestellt werden. Gestern abend war ja das große Weinfest im Haus Baden-Württemberg,

(Leicht [CDU/CSU] : Waren Sie auch da?)

und bekanntlich gibt es ein altes Sprichwort, das da sagt: in vino veritas.

(Zurufe von der CDU/CSU: Was heißt das?) — Im Wein liegt die Wahrheit!


(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU)




Gallus
Insofern möchte ich hier feststellen, daß die führenden Männer der CDU Baden-Württembergs schlechte Werbeträger für den baden-württembergischen Wein sind. Das möchte ich hier festgestellt haben.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Mit 12 Millionen können sie auch nicht viel machen!)

Ich bin darüber hinaus der Meinung, daß der Herr Goppel als Bayer, nachdem er sehr stark in den Genuß dieser Mittel kommt, feststellen würde: Bei denen an der Spitze der CDU in Baden-Württemberg ist Hopfen und Malz verloren. Darüber hinaus bedauere ich, daß der Herr Strauß heute nicht zugegen ist,

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Er bedauert auch sehr, daß er Ihre Rede nicht hört!)

denn ich würde ihm dringend empfehlen, in der Zukunft bei der Verteilung seiner Zensuren, was die führenden Männer der CDU anbetrifft, den Herrn Filbinger aus Baden-Württemberg nicht zu vergessen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712601000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Leicht.

Albert Leicht (CDU):
Rede ID: ID0712601100
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe für eine Gruppe von Kollegen eine Erklärung abzugeben.
Wir haben im Haushaltsausschuß diese Frage eingehend behandelt. Wir haben uns sehr eingehend damit befaßt, daß — aus der Sicht des damaligen Ausgangspunktes — die Bestimmungen des Stabilitätsgesetzes, die zu diesen Möglichkeiten hinführten, diejenige Situation, die wir im Augenblick haben, nicht erfassen. Wir haben heute die gespaltene Konjunktur. Der damalige Ausgangspunkt, als das Stabilitätsgesetz kodifiziert worden ist, war ein anderer; man hatte diesen Tatbestand nicht vorausgesehen.
Deshalb sind die Kollegen der Meinung, daß die Bundesregierung bei einer Novellierung dieses Gesetzes dafür sorgen sollte, daß auch dieser Tatbestand unter die Möglichkeiten, die das Stabilitätsgesetz erfaßt, aufgenommen wird. Genauso wie eigentlich jetzt mit den Mitteln, die zur Verfügung gestellt werden, gegen das Stabilitätsgesetz verfahren wird. Denn an sich müßten die Ausgleichsrücklagen eingesetzt werden, so wie das Gesetz es sagt.

(Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD] )

— Teilweise. Sie haben recht, bei den Ländern. Ich gebe ja nur eine Anregung, Herr Ehrenberg.

(Weitere Zurufe des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

— Sie werden doch das noch diesem Parlament gestatten, daß man Dinge, die reparabel sind, demnächst reparieren sollte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich wiederhole, daß es gut wäre, wenn man bei einer Novellierung des Stabilitätsgesetzes die neuen
Tatbestände mit berücksichtigte, damit von hierher
das Ganze etwas besser und dem Gesetz entsprechender gehandhabt werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712601200
Das Wort hat der Abgeordnete Wolfram.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID0712601300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Leicht, da hat etwas mit dem Timing nicht gestimmt; denn das Verstromungsgesetz werden wir in der ersten Novemberwoche beraten, und ich bin sicher, wir werden dann auch über die von Ihnen vorgebrachten Anmerkungen zu diskutieren haben. Nur eine Bemerkung! Sie können nicht auf der einen Seite dauernd gegen die angebliche Aufblähung der öffentlichen Haushalte sein und auf der anderen Seite, wenn man nach sehr eingehender und gründlicher Prüfung und Beratung eine Finanzierung der notwendigen Energieinvestitionen gefunden hat, wie im vorliegenden Falle, dagegen öffentlich polemisieren.

(Zustimmung bei der SPD. — Leicht [CDU/ CSU] : Man muß das aber sagen!)

Das ist ein Widerspruch, erstens.
Zweitens! Was das 950-Millionen-Programm angeht — und ausschließlich darüber geht jetzt und hier und heute die Diskussion , ist mir nicht bekannt, daß aus Ihren Kreisen, zumindest nicht im Wirtschaftsausschuß, gegen die Finanzierung dieses Programms Bedenken erhoben worden sind.

(Beifall bei der SPD und bei der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712601400
Das Wort hat der Abgeordnete Wörner.

Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0712601500
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Dr. Schachtschabel [SPD] : Ist das Erklärung oder Debatte?)

— Ich nehme an, daß wir hier eine Debatte haben, so daß ich die Möglichkeit habe, in dieser Debatte zu reden. Es war bis jetzt das selbstverständliche Recht jedes Abgeordneten, und ich gedenke nicht mir dieses Recht streitig machen zu lassen, Herr Kollege.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712601600
Meine Damen und Herren, darf ich das aufklären. Es waren ursprünglich Erklärungen vereinbart. Aber ich habe nicht den Eindruck, daß hier Erklärungen abgegeben wurden, sondern, daß von Anfang an eine Debatte lief. So kann es dabei bleiben.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Er kennt den Unterschied nicht!)


Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0712601700
Frau Präsidentin, ich bedanke mich sehr. Ich werde versuchen, in dem Duk-



Dr. Wörner
tus meines Beitrags den Stil der Erklärung beizubehalten.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Das können Sie nicht! Sie sind in der Debatte! — Weitere Zurufe von der SPD)

In der Antwort auf meine Schriftliche Anfrage Drucksache 7/2584, Frage B 17, und auch in der Antwort auf Fragen einiger meiner Kollegen aus Baden-Württemberg vertritt die Bundesregierung den Standpunkt, daß Baden-Württemberg bei der Verteilung der Mittel aus dem hier zur Diskussion stehenden Sonderprogramm angemessen berücksichtigt worden sei. Diese Auffassung hat der Herr Wirtschaftsminister in seiner Rede am vergangenen Donnerstag im Rahmen der ersten Lesung dieses Programms erneut bekräftigt. Er hat dabei noch ausdrücklich hinzugefügt, daß Baden-Württemberg den Verteilungskriterien zugestimmt habe, so daß es unverständlich sei, daß das Land sich nachträglich benachteiligt fühle.
Lassen Sie mich hierzu einige kurze Anmerkungen machen:
Erstens. Die Behauptung, die Landesregierung Baden-Württemberg habe keine konstruktiven Vorschläge für eine andere Verteilung der Mittel gemacht und schließlich den Verteilungskriterien zugestimmt, entspricht nicht den Tatsachen. Das Land hat sich vielmehr von Beginn der Verhandlungen an gegen den nunmehr festgelegten Verteilungsmodus gewandt und eine Beteiligung auch an den für den Wohnungsbau und den Agrarbereich vorgesehenen Mitteln ebenso gefordert wie eine Berücksichtigung bei den Bundesinvestitionen. Dies hat Herr Staatssekretär Grüner in seiner Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Kollegen Sauter und die Zusatzfrage des Kollegen Susset am vergangenen Donnerstag in diesem Hause bestätigen müssen.
Zweitens. Zu der Frage, ob sich Baden-Württemberg zu Unrecht bei der Verteilung der Mittel in den Sonderprogrammen des Bundes benachteiligt fühlt, die folgenden Tatsachen: Das Land erhielt von dem ersten Sonderprogramm des Bundes in Höhe von 600 Millionen DM 19,5 Millionen DM, das waren 3 % der Mittel. An dem nunmehr vorgelegten Programm wird es mit einer noch geringeren Quote, mit nur 12 Millionen DM oder 2 % partizipieren, und dies — und das scheint mir eben bemerkenswert, Herr Grüner —, obwohl die wirtschaftliche Entwicklung Baden-Württembergs seit Sommer dieses Jahres einen nicht zu übersehenden negativen Trend aufweist. Der Anteil Baden-Württembergs an der Gesamtzahl aller Arbeitslosen im Bundesgebiet betrug bei der Aufstellung des Programms 9,3 % und hat sich inzwischen auf 10 % erhöht. Der Anteil der Kurzarbeiter veränderte sich in diesem Zeitraum von 16,9 % auf 21 %. Das sind Tatsachen, die zwar der Herr Gallus noch nicht zur Kenntnis genommen hat, die aber im Lande Baden-Württemberg bei der Bevölkerung sehr wohl, und zwar sehr bedenklich und mit Sorge aufgenommen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU) Beide, Arbeitslosigkeit wie auch Kurzarbeit, haben in Baden-Württemberg in den vergangenen Monaten ungleich stärker als im Bundesgebiet zugenommen — ungleich stärker!

Dieselbe Entwicklung zeigt sich bei den Auftragseingängen. Sie weisen in Baden-Württemberg seit Monaten eine anhaltende Abschwächung auf, die stärker ausgeprägt ist als im übrigen Bundesgebiet. Das Baugewerbe in Baden-Württemberg — um das anzusprechen, was der Kollege und Minister Friderichs in der letzten Debatte gesagt hat — hat von Juli 1973 bis Juli 1974 rund 30000 Beschäftigte freigesetzt. Der Rückgang der Beschäftigung im Baubereich war damit ebenso groß wie in anderen Teilen der Bundesrepublik. Im Hochbaubereich haben sich die Auftragseingänge im ersten Halbjahr 1974 sogar stärker rückläufig entwickelt, als es im Bundesdurchschnitt der Fall war. Schon hieraus ergibt sich, daß im Gegensatz zu den Behauptungen von Minister Friderichs ein etwaiger Vergleich der Zahl der Arbeitslosen mit der Zahl der offenen Stellen im Baugewerbe kein aussagekräftiges Bild über die tatsächliche Situation im Hochbau abgibt.
Drittens. Es ist in Anbetracht dieser Situation unverständlich, daß das Land Baden-Württemberg nur 2 % der vorgesehenen Mittel erhalten soll. Der ernsten Lage auf dem Arbeitsmarkt und den auch in diesem Lande aufgetretenen wirtschaftlichen Problemen wird damit in keiner Weise Rechnung getragen. Die Verteilung der Mittel vermag darüber hinaus auch deshalb nicht zu befriedigen, weil den einzelnen Programmteilen unterschiedliche Verteilungskriterien zugrunde gelegt wurden. Berücksichtigt man, daß das Programm insgesamt ein und demselben Zweck, nämlich der Stabilisierung der Beschäftigungslage, dienen soll, so ist die Anwendung eines unterschiedlichen Schlüssels für die einzelnen Programmteile nicht verständlich.
Viertens und letztens. Die bisherige Auseinandersetzung mit der Bundesregierung hat gezeigt, daß offensichtlich keine Bereitschaft besteht, an den festgelegten Verteilungskriterien und an den ausgeworfenen Länderquoten noch etwas zu ändern. Ich sage für meine Kollegen der CDU/CSU-Fraktion aus Baden-Württemberg: Wir bedauern dies, und wir bedauern vor allen Dingen die damit verbundene Ungerechtigkeit für das Land Baden-Württemberg. Man kann dieses Land Baden-Württemberg, das sich sicher durch eine gesunde Struktur auszeichnet, die auf Leistungen zurückgeht, nicht laufend dadurch benachteiligen und dafür, daß es etwas mehr getan hat, bestrafen, indem man es an Fördermitteln des Bundes unangemessen wenig beteiligt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das muß dazu führen, daß der Leistungsantrieb in diesem Lande nachläßt.
Die einmal begonnene Diskussion um einen verbesserten und objektiveren Verteilungsmodus bei künftigen Programmen — Herr Grüner, ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen — sollte in diesem Stadium jedoch nicht abreißen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Zukunft — ich sagte das schon —,



Dr. Wörner
die weitere Programme dieser Art nicht ausschließt. Wir wollen, wenn das ganze Programm hier zur Debatte stehen wird — Sie werden ja eines Tages damit kommen und kommen müssen —, nicht noch einmal erleben, daß Baden-Württemberg in dieser unangemessenen Weise benachteiligt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das werden wir uns nicht noch einmal bieten lassen, weder die Landesregierung noch wir hier in diesem Haus. Ich glaube, daß das auch nicht im Sinne aller Bundesländer ist. Ich möchte hier in Erinnerung rufen, daß Baden-Württemberg zu den Bundesländern gehört, die sich am kräftigsten am horizontalen Finanzausgleich zwischen den Bundesländern beteiligen. Man kann dem Land Baden-Württemberg also nicht vorhalten, daß es für die wirtschaftliche Situation anderer Bundesländer nicht Verständnis hätte und daraus Konsequenzen zöge.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Sagen Sie das doch einmal Herrn Stoltenberg!)

— Sie müssen mir überhaupt nicht zugehört haben, Herr Ehrenberg. Gerade habe ich ausgeführt, daß Baden-Württemberg etwa auch für Schleswig-Holstein ein großes Maß an Verständnis aufbringt. Selbstverständlich hat Herr Stoltenberg recht, wenn er auf bestimmte Strukturschwächen seines Landes hinweist, so wie die Niedersachsen auf die ihren hinweisen. Uns geht es nicht darum, Schleswig-Holstein oder Niedersachsen zu benachteiligen.

(Haase [Kellinghusen] [SPD] : Wen denn? — Dr. Ehrenberg [SPD] : Sie wollen allen mehr geben!)

Es geht uns nur darum, zu verhindern, daß durch eine Serie von Programmen etwas stattfindet, was schlußendlich auch nicht im Sinne der schwächeren Länder sein kann, nämlich die Schwächung der Leistungskraft der Länder, die bis jetzt am kräftigsten zum Finanzausgleich beigetragen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme zum Schluß. Es muß eine zielkonforme Möglichkeit des Einsatzes der Mittel gefunden werden, die die arbeitsmarktpolitische Situation der einzelnen Bundesländer umfassend beachtet. Neben der Zahl der Arbeitslosen sollten Indikatoren berücksichtigt werden, die die weitere Entwicklung der Arbeitslosigkeit erkennbar machen. Das heißt, daß nicht nur die Arbeitslosen selbst, sondern auch diejenigen, deren Arbeitsplätze bereits gefährdet sind, wofür es konkrete Anhaltspunkte gibt, mit einbezogen werden. Das sind unsere Vorschläge in die Zukunft hinein. Es liegen bereits konstruktive Vorschläge des Landes Baden-Württemberg auf dem Tisch. Wir meinen, es sollte in den weiteren Verhandlungen der Zukunft gelingen, so überzeugende Verteilungskriterien zu finden, daß nicht erneut in unvertretbarer Eile für verschiedene Teile des gleichen Programms trotz gleicher Zielsetzung völlig unterschiedliche Verteilungsmaßstäbe gewählt werden. Ich möchte hier nicht polemisieren. Vor allen Dingen haben die Ausführungen des Herrn Gallus es nicht verdient, daß ich mich im einzelnen damit auseinandersetze. Vielleicht denkt er einmal darüber nach, warum die SPD-Landtagsfraktion — dies sagte deren Fraktionsvorsitzender, ich habe den Text vor mir liegen — sichergestellt haben will, daß Baden-Württemberg im 950-Millionen-Sonderprogramm des Bundes zur Konjunkturförderung dann stärker als vorgesehen berücksichtigt wird, wenn sich die Lage am Arbeitsmarkt im Land weiter verschlechtern sollte. Dies hat er am 9. Oktober so ausgedrückt. Inzwischen sind die Anzeichen dafür bereits deutlich vorhanden.
Ich will Ihnen nicht alles vorlesen, was er ausgedrückt hat. Es unterscheidet sich sehr wenig von dem, was ich hier mit, wie ich glaube, aller Zurückhaltung ausgeführt habe. Vielleicht denken auch Sie, Herr Gallus, einmal darüber nach, ob Sie als Vertreter auch der baden-württembergischen Bevölkerung — sicher in der Verpflichtung dem Ganzen gegenüber — nicht doch etwas objektiver urteilen sollten, anstatt, wie ich meine, nicht angebrachte Ratschläge zu geben, wie sich die Bevölkerung Baden-Württembergs mit der zunehmenden Verschlechterung am Arbeitsmarkt abzufinden habe.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712601800
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner.

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0712601900
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß das, was der Herr Kollege Wörner hier im Blick auf Baden-Württemberg vorgetragen hat, nicht unwidersprochen bleiben darf. Ich möchte gar nicht bestreiten, daß die Verteilung solcher Mittel selbstverständlich immer eine eingehende Auseinandersetzung rechtfertigt und daß hier unterschiedliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen können. Was ich aber für außerordentlich bedauerlich halte, ist die Verfälschung der Wahrheit über den Verlauf dieser Diskussion, wie sie insbesondere der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg in die Öffentlichkeit getragen hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Beweisen Sie das mal! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich werde Ihnen das auch beweisen. Das ist einfach kein Stil, in dem man Föderalismus betreiben kann, Herr Kollege Wörner.

(Zustimmung bei der SPD) So geht es nicht.

Wenn zehn Länder zusammen mit dem Bund eindeutig die Auffassung vertreten, daß es bei diesem Sonderprogramm darauf ankomme, in Gebieten zu helfen, wo — in absoluten Zahlen — eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit herrscht, muß man sich eben der Tatsache stellen, daß das eine gemeinsame Aufgabe ist und daß Gebiete, in denen diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, in einem solchen Sonderprogramm dann auch nicht in gleich hohem Maße wie Länder wie Bayern oder Schleswig-Holstein berücksichtigt werden können. Das ist der entscheidende Ausgangspunkt unserer Gespräche im Konjunkturrat der öffentlichen Hand und im Finanzplanungsrat gewesen.



Parl. Staatssekretär Grüner
Wir haben dieses Programm mit den Ländern entwickelt, und wir haben über die Vorschläge und Verteilungsmöglichkeiten mit den Ländern gesprochen. Es hat einen Vorschlag gegeben, ausschließlich die Arbeitslosigkeit zugrunde zu legen. Wäre dieser Vorschlag des Landes Nordrhein-Westfalen durchgegangen, hätte Baden-Württemberg keine Mark bekommen. Das muß man einfach sehen.
Was hat nun Baden-Württemberg vorgeschlagen? Es hat eben keine konstruktiven Vorschläge gemacht, sondern Baden-Württemberg hat vorgeschlagen, die Zuwachsrate der Arbeitslosigkeit als Verteilungsschlüssel zu wählen.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Von 1 auf 2 sind 100 %! — Rawe [CDU/CSU] : Herr Ehrenberg sollte sich mal zufriedengeben!)

— Das ist der Kernpunkt. Es ist richtig, daß die Zuwachsrate in Baden-Württemberg höher ist als im übrigen Bundesgebiet. Das hängt aber damit zusammen, daß der Ausgangspunkt in Baden-Württemberg sehr niedrig ist. 1 plus 1 sind 2, aber 100 % Zuwachs. 100 plus 10 sind 10 %; aber es sind 110.

(Dr. Wörner Milchmädchenrechnung! — Dr. Ehrenberg [SPD] : Baden-Württembergs Milchmädchenrechnung!)

— Nein, Herr Wörner, lassen Sie sich das in aller Nüchternheit sagen: das war der Vorschlag des Landes Baden-Württemberg.

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Daran zweifle ich nicht, sondern an Ihrer Rechnung!)

— Herr Kollege Wörner, entscheidend ist, daß der Tatbestand, daß die absoluten Arbeitslosenzahlen in Baden-Württemberg weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen, von allen Ländern als richtig angesehen worden ist.
Nun komme ich zu der Frage der Zustimmung Baden-Württembergs. Ich habe hier im Bundestag gesagt: Baden-Württemberg hat nicht zugestimmt, weil sowohl Finanzminister Gleichauf als auch Wirtschaftsminister Eberle deutlich gemacht haben, daß sie mit diesem Verteilungsschlüssel nicht einverstanden seien.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

Aber täuschen Sie sich nicht: eine formelle Ablehnung dieses Programms durch die beiden Minister hat es weder im Finanzplanungsrat noch im Konjunkturrat der öffentlichen Hand gegeben. Beide Minister mußten sich von den Argumenten der Länder überzeugen lassen,

(Dr. Ehrenberg [SPD]: Hört! Hört!)

daß sie keinen echten Alternativschlüssel vorlegen konnten.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Wurde denn abgestimmt?)

Darüber sollten wir uns hier einig sein, und wir sollten das nicht zu einer öffentlichen Polemik benutzen, die im Lande Baden-Württemberg den Eindruck erweckt, als ob die Baden-Württemberger hier
vom Bund über den Löffel halbiert worden seien. Das ist einfach unrichtig.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712602000
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wörner?

Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0712602100
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, daß das Land Baden-Württemberg, vertreten durch Minister Gleichauf, im Finanzplanungsrat gegen die vorgeschlagene Aufteilung der Mittel formell protestiert hat, daß eine förmliche Abstimmung nicht erfolgte, daß Herr Bundesfinanzminister Apel vielmehr die Sitzung mit den Worten eröffnete: „Wir reden hier doch nur über den Schnee von vorgestern?"

(Rawe [CDU/CSU] : Das ist die Art des Umgangs mit der Wahrheit, Herr Grüner!)


Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0712602200
Herr Kollege Wörner, selber habe
den Bundeswirtschaftsminister im Finanzplanungsrat vertreten. Es hat keine formelle Abstimmung gegeben, — —

(Lachen bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU: Na also! — Rawe [CDU/ CSU] : Unerhört, was Sie hier treiben! — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Sagen Sie doch die Wahrheit!)

— Entschuldigen Sie! Hören Sie zu, was ich gesagt habe. Ich habe deutlich gemacht: es war zu erkennen, daß das Land Baden-Württemberg sowohl im Finanzplanungsrat wie auch im Konjunkturrat — das ist das entscheidende Gremium -- gegen diesen Verteilungsschlüssel war; es hat aber keinen formellen Protest eingelegt, so daß — —

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Es hat aber auch nicht formell zugestimmt! — Dr. Wörner [CDU/CSU] : Warum behauptet Ihr Minister dann in der letzten Sitzung, wir hätten zugestimmt, Herr Grüner? — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Hier hat er es wörtlich gesagt!)

— Wenn Sie das Protokoll nachlesen, werden Sie feststellen, daß Bundeswirtschaftsminister Friderichs hier erklärt hat: die Länder haben zugestimmt.

(Dr. Klein [Stolberg] [CDU/CSU] : Genau das stimmt doch nicht! — Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Das ist diese halbe Wahrheit!)

— Entschuldigen Sie, er hat sich nicht mit dieser — lassen Sie es mich einmal so sagen — schwierig zu definierenden Haltung des Landes Baden-Württemberg auseinandergesetzt. Aber, meine Damen und Herren, wenn man hergeht wie Ministerpräsident Filbinger und derartige Protestdemonstrationen veranstaltet, hätte man eigentlich erwarten müssen, daß der Wirtschaftsminister Eberle und der Finanzminister Gleichauf in dieser Sitzung aufstehen und sagen: Meine Herren, wir legen gegen diesen Vertei-



Parl. Staatssekretär Grüner
lungsschlüssel Einspruch ein. Das haben beide Herren nicht getan,

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben doch protestiert!)

weil sie es unter dem Eindruck der Argumente ihrer Länderkollegen nicht für richtig gehalten haben, so zu argumentieren.

(Rawe [CDU/CSU]: Herr Grüner, geben Sie es doch auf! Sie haben hier versucht, den Eindruck zu erwecken, als sei abgestimmt worden; wir haben jetzt festgestellt: das ist nicht richtig! Sie haben also versucht, einen falschen Eindruck zu erwecken!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712602300
Herr Rawe, wollen Sie eine Frage stellen?

(Rawe [CDU/CSU] : Das war ein Zwischenruf, Frau Präsidentin, und der ist doch zulässig!)


Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0712602400
Sie müssen hier zwischen Finanzplanungsrat und Konjunkturrat der öffentlichen Hand unterscheiden. Im Konjunkturrat der öffentlichen Hand ist die Entscheidung gefallen. Dort ist zwar eine förmliche Abstimmung wegen der allgemeinen Zustimmung auch nicht vollzogen worden — etwa mit Handerheben —, aber es hat überhaupt keinen Zweifel gegeben, daß dieses Programm beschlossen, gebilligt worden ist, und die entsprechenden Presseerklärungen sind mit Zustimmung der Länder anschließend veröffentlicht worden,

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Haben sie protestiert oder nicht?)

sowohl im Finanzplanungsrat wie auch im Konjunkturrat der öffentlichen Hand.
Aber nun zu einem ganz wichtigen Punkt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712602500
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0712602600
Bitte sehr!

Dr. Anton Stark (CDU):
Rede ID: ID0712602700
Herr Grüner, noch einmal zur Klarstellung: War in diesen Gremien erkennbar, daß Baden-Württemberg diesem Verteilungsschlüssel nicht zustimmt, oder haben die Leute geschwiegen?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0712602800
Baden-Württemberg hat durch Wirtschaftsminister Eberle einen anderen Verteilungsschlüssel vortragen lassen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Na also!)

Der ist abgelehnt worden. Damit war Baden-Württemberg nicht einverstanden, aber es ist keine formelle Ablehnung des dann beschlossenen Schlüssels erfolgt.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Es ist aber auch keine formelle Zustimmung erfolgt!)

Baden-Württemberg hat sich mit seinem eigenen Verteilungsschlüssel, den ich hier schon einmal qualifiziert habe, nicht durchgesetzt.
Entscheidend bleibt aber folgendes. Herr Kollege Wörner, Sie haben das erste und das zweite Konjunktursonderprogramm angesprochen. Wir haben beim ersten Programm in einer anderen konjunkturellen Situation einen anderen Schlüssel gewählt. In dem ersten Sonderprogramm war der Schlüssel maßgeblich, den wir auch für die Stärkung der wirtschaftsschwachen Regionen in der Gemeinschaftsaufgabe zugrunde legen — mit gewissen Modifikationen. Für das, was Baden-Württemberg damals verlangt hat, ist folgendes kennzeichnend. Baden-Württemberg hat in dem ersten Programm einen Verteilungsschlüssel verlangt, der Bayern 5 Millionen DM von seiner Zuteilung genommen hätte, und der bayerische Wirtschaftsminister hat beim gleichen Programm einen Verteilungsschlüssel verlangt, der Baden-Württemberg 5 Millionen DM gekostet hätte. Das ist der Widerspruch, den man in diesen Dingen immer wieder feststellen muß.
Wir sollten uns, glaube ich, als Abgeordnete des Deutschen Bundestages über eines im klaren sein: Wenn wir kooperativen Föderalismus praktizieren wollen, dann muß es möglich sein, sich auf Verteilungsschlüssel zu einigen, die für das ganze Bundesgebiet vertretbar sind und der Lage des ganzen Bundesgebietes Rechnung tragen. Das ist auch in diesem Sonderprogramm geschehen. Es ist sichtbar geworden durch die Übereinstimmung mit immerhin zehn Bundesländern in dieser Frage und durch die Klarstellung, daß der Verteilungsschlüssel, den Baden-Württemberg vorgeschlagen hat, sachlich einfach nicht haltbar und nicht vertretbar war. Denn man kann eine mögliche zukünftige Arbeitslosigkeit, Herr Kollege Wörner, eben nicht zur Grundlage eines solchen Verteilungsschlüssels nehmen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712602900
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gallus?

Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0712603000
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hohen Hause einmal erklären, wie es komme, daß Baden-Württemberg seit der ersten Verteilung im Frühjahr, wo es auch nur 15,6 Millionen DM bekommen hat,

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : 19 Millionen!)

bis zum 30. September erst 51,9 % der Mittel abgerufen hat?

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Weil sie es nicht brauchen! — Zuruf von der CDU/CSU: Was hat das damit zu tun?)


Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0712603100
Herr Kollege Gallus, der Abruf der Mittel gibt keinen Hinweis darauf, wie im Einzelfall die Programme abgewickelt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

— Meine Herren Kollegen von der Opposition, ich
würde es sehr begrüßen, wenn Sie in dem Bereich,



Parl. Staatssekretär Grüner
wo Ihnen Dinge am Herzen liegen, ähnlich objektiv argumentieren, wie wir das hier von seiten der Regierungsfraktion getan haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Lassen Sie mich abschließend, Herr Kollege Wörner, noch ein Wort zur Frage des Hochbaus sagen. Es ist entscheidend gewesen, daß wir uns mit zehn Ländern eindeutig geeinigt haben, daß der eine Maßstab für die Verteilung der Mittel eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit und der zweite Maßstab eine unterdurchschnittliche Beschäftigung im Baubereich sein sollte, weil diese Mittel eine Beschäftigungswirkung regionaler Art erreichen sollten. Hier muß man zur Kenntnis nehmen, daß die Beschäftigungslage im Hochbau in Baden-Württemberg sehr viel günstiger ist, als in anderen Bundesländern. Wir sollten froh sein, daß das so ist. Bei der ganzen Diskussion über die Verteilung der Mittel wird immer wieder übersehen, daß die Länder, die viel Geld aus solchen Sonderprogrammen bekommen, eben nicht so günstig stehen wie andere. Das ist kein Vorteil, sondern in Wahrheit ein Nachteil. Wir sollten in Baden-Württemberg sagen: Wir können froh sein, daß wir so gesund strukturiert sind.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Dank der CDUPolitik!)

— Ich will Ihnen das noch nicht einmal bestreiten, Herr Kollege Jenninger.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie sich dabei beruhigten und in der baden-württembergischen Offentlichkeit nicht der Eindruck erweckt würde, als ob hier schwere Benachteiligungen stattfänden, dann würde ich Ihnen sogar gern zugestehen, daß die CDU-Landesregierung hier einen Anteil leistet. Dabei meine ich allerdings: Entscheidend ist die erfolgreiche Politik, die diese Regierung im Bereich der Wirtschaft betrieben hat; denn hier werden die Rahmendaten gesetzt, die die Gesamtentwicklung bestimmen. Das, glaube ich, Herr Kollege Jenninger, können wir übereinstimmend feststellen.
Aber, Herr Wörner, lassen Sie mich sagen: Da dieses Programm vorwiegend in den Hochbaubereich zielt, ist es ganz natürlich, daß die Situation im Bauhauptgewerbe nicht unberücksichtigt bleiben konnte. Hier zeigt die amtliche Arbeitsmarktstatistik — darauf hat Herr Minister Friderichs hingewiesen — in der Tat, daß in Baden-Württemberg bisher nicht nur die Arbeitslosigkeit im Bauhauptgewerbe relativ gering ist, sondern auch die Nachfrage nach Arbeitskräften in diesem Bereich, also die Zahl der offenen Stellen, relativ hoch ist. Dieser in Baden-Württemberg zugunsten der offenen Stellen bestehende Saldo hat sich von Juli bis August sogar noch vergrößert. Die Zahl der offenen Stellen übersteigt die Zahl der Arbeitslosen. An diesen Tatsachen konnten die übrigen Bundesländer und die Bundesregierung nicht vorübergehen, als wir dieses Programm konzipierten.
Ich fuge hinzu, daß wir uns von der Bundesregierung, vom Bundeswirtschaftsministerium in dieser
Auseinandersetzung zwischen den Ländern darüber, ob nur die absoluten Zahlen der Arbeitslosigkeit oder auch noch andere Merkmale in dieses Programm eingeführt werden sollten, schließlich durchgesetzt haben, indem wir nämlich noch die Arbeitsmarkt-Prognosen, die aus der regionalen Strukturpolitik stammen, in dieses Programm einführen konnten. Damit wurde sichergestellt, daß Baden-Württemberg nicht wegen der absolut geringeren Höhe der Arbeitslosigkeit leer ausging, sondern noch mit einem Betrag aus diesem Programm, das für die Infrastruktur der Gemeinden vorgesehen ist, in Höhe von 12 Millionen DM bedacht worden ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712603200
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jenninger?

Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID0712603300
Herr Staatssekretär, können Sie mir einmal die Gründe darlegen, warum diese auch von mir für sehr vernünftig gehaltenen Kriterien für die 180 Millionen DM nicht durchgehend für das gesamte Programm der 950 Millionen DM zugrunde gelegt worden sind?

Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0712603400
Das war deshalb nicht der Fall, weil darüber anläßlich der Programmdiskussion, die Verteilung ausschließlich nach der Arbeitslosigkeit gezielt verlangte, keine Übereinstimmung erzielt werden konnte. Herr Kollege Dr. Jenninger, es war ja schon schwierig, einen Beschluß zu verhindern, daß ausschließlich die Arbeitslosigkeit — dafür hätten natürlich gute Gründe gesprochen – zugrunde gelegt wird. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich mich hier vor allem mit den Argumenten aus Baden-Württemberg auseinandergesetzt habe.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Da spielt das eben eine Rolle!)

Alle anderen Fragen sind hier nun eingehend diskutiert worden.
Herr Kollege Wörner, es soll uns in der Zukunft darauf ankommen, daß wir es vermeiden, wie Ministerpräsident Filbinger das getan hat, hier Polemik in die Öffentlichkeit zu tragen, die mit der sachlichen Entscheidungsgrundlage nichts zu tun hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Hier lobe ich mir in diesem Zusammenhang die zurückhaltende Art von Wirtschaftsminister Eberle und Finanzminister Gleichauf; denn die haben eben erlebt, wie die Diskussion gelaufen ist, und sie haben erlebt, daß sie keinen anderen sachlich haltbaren Schlüssel vorschlagen konnten, weil die Lage in Baden-Württemberg im Augenblick Gott sei Dank noch besser ist. Sollte sich das ändern, sollten weitere Programme notwendig werden, was Gott verhüten möge, dann wird selbstverständlich auch der Verteilungsschlüssel für Baden-Württemberg ein anderer sein.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712603500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Ehrenberg.




Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0712603600
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem gegen die unsprüngliche Verabredung, die ja auf eine Erklärungsrunde abgestellt war, die Opposition es für richtig hielt, eine Debatte anzufangen,

(Rawe [CDU/CSU] : Na, na! Wer hat denn angefangen? Sie müssen früh genug ins Parlament kommen, Herr Dr. Ehrenberg, dann können Sie alles verfolgen! Wer hat denn als erster gesprochen?)

bitte ich meine Kollegen von der Medienpolitik um Verständnis dafür, daß hier abschließend noch zwei Feststellungen notwendig sind.
Erstens zum verehrten Kollegen Sick. Ich habe mit großer Freude und viel Interesse zur Kenntnis genommen, daß Herr Sick hier eindeutig festgestellt hat — so eindeutig ist das von den Oppositionsbänken noch nie erfolgt —, daß wir zur Zeit eine strukturelle Krise haben und keine konjunkturelle. Das ist insofern bedeutsam, als jedermann, der mit der nationalökonomischen Terminologie vertraut ist, weiß, daß sich Strukturen nur sehr langfristig und sehr langsam verändern, Konjunkturen jedoch etwas Schnelles und Bewegliches sind. Herr Sick hat für die Opposition damit eindeutig festgestellt, daß die gegenwärtigen Schwierigkeiten ihren Ursprung in den Versäumnissen von zwei Jahrzehnten ohne Strukturpolitik haben. Dafür sage ich der Opposition herzlichen Dank. Endlich wurde auch von ihrer Seite bestätigt, daß zwei Jahrzehnte falscher Wechselkurspolitik die gegenwärtigen Strukturschwierigkeiten begründet haben.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Das glaubt jeder, der etwas von Wirtschaft versteht.

(Lachen bei der CDU/CSU)


(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Herr Ehrenberg, Ihre Polemik sprengt inzwischen die vernünftigen Grenzen! Sie haben nicht zugehört! Ich habe von Benachteiligung gesprochen!)

Das heißt doch, daß Sie mehr haben wollen. Sie haben aber auch gesagt: Niemand soll weniger haben.

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Ich habe von künftigen Verteilungen gesprochen! Wahrscheinlich haben Sie das nicht mitbekommen!)

Also muß das Programm insgesamt vergrößert werden. Dann würde ich gern von Ihnen wissen, wie diese Forderung aus Baden-Württemberg nach mehr mit all dem, was von diesen Oppositionsbänken zur Stabilitätspolitik gesagt worden ist, auch nur im geringsten vereinbar sein soll.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Wörner [CDU/CSU] : Ich habe von künftigen Verteilungen gesprochen! Drehen Sie nicht alles um! Meister der Verdrehung!)

Diesen Widerspruch werden Sie klären müssen. Abschließend bleibt hier nur festzustellen: von Heide bis Göppingen kommt viel Wind und nichts Konkretes zu diesem Programm!

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712603700
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Ausschußantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen angenommen.
Wir kommen nunmehr zu dem Entschließungsantrag der SPD und FDP auf Drucksache 7/2658. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen angenommen.
Auf Grund interfraktioneller Vereinbarung soll jetzt der Tagesordnungspunkt 22 aufgerufen werden:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses
— Drucksache 7/2507 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Innenausschuß (federführend) Rechtsausschuß
Zur Einbringung hat das Wort Herr Bundesminister Maihofer.

Dr. Werner Maihofer (FDP):
Rede ID: ID0712603800
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die Novelle des Gesetzes zu Art. 10, über die Sie heute beraten, ist bestimmt vom Bestreben dieser Bundesregierung, den Schutz der Sicherheit unseres Staates weiter zu stärken. Diese Novelle ist zugleich aber auch bestimmt von dem Bestreben, diesen Schutz der Sicherheit mit den Geboten unseres Rechtsstaates in Einklang zu bringen und zu halten.
Das Gesetz zu Art. 10 des Grundgesetzes ist, wie Sie alle wissen, im Jahre 1968 im Zusammenhang mit der Verabschiedung der Notstandsverfassung beschlossen worden. Sie erinnern sich noch an die leidenschaftlichen Auseinandersetzungen, die in diesem Zusammenhang in diesem Hohen Hause und draußen im Land nicht zuletzt auch um dieses Gesetz geführt worden sind. Diese Auseinandersetzungen hatten ihren Nachhall in dem verfassungsgerichtlichen Verfahren, in dem die grundsätzlichen



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
Regelungen dieses Gesetzes, die sich auf den Ausschluß des Rechtsweges beziehen, angefochten worden sind.
In seinem vielbeachteten Urteil vom 15. Dezember 1970 hat hierzu das Bundesverfassungsgericht mit 4 : 4 Stimmen festgestellt, daß das Gesetz zwar dem Grundgesetz entspricht, mit der Maßgabe freilich, daß die Regelung des § 5 Abs. 5 des Gesetzes insoweit mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, als sie die Unterrichtung des Betroffenen über Beschränkungsmaßnahmen auch dann ausschließt, wenn sie ohne Gefährdung des Zwecks der Beschränkung erfolgen könnte.
Seitdem sind nahezu vier Jahre verstrichen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat zwar in der Fachwelt eine breite juristische Diskussion ausgelöst, in der politischen Praxis ist es um das Gesetz dagegen still geworden. Das Gesetz wurde von den beteiligten Stellen der Regierung und des Parlaments, die darin vorgesehen sind, mit höchster Sorgfalt, aber auch beträchtlicher Wirksamkeit angewandt. Dabei wurden wertvolle Erfahrungen gesammelt. Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich darüber in der Offentlichkeit Einzelheiten nicht ausbreiten kann. Ich darf mich insoweit auf die Unterrichtungen des parlamentarischen Gremiums beziehen, das nach § 9 des Gesetzes in Abständen von allerhöchstens sechs Monaten über die Durchführung des Gesetzes unterrichtet wird.
Mit dem Entwurf, der Ihnen nunmehr zur Beratung vorgelegt wird, verfolgt die Bundesregierung ein zweifaches Ziel:
Erstens enthält der Entwurf Verbesserungen, die sich bei der bisherigen praktischen Anwendung des Gesetzes als notwendig erwiesen haben. Die Eingriffstatbestände des Gesetzes werden deshalb um zwei Regelungen erweitert, die den Schutz der alliierten Stationierungsstreitkräfte und die bessere Überwachung extremistischer Ausländerorganisationen zum Ziel haben, die auf dem Boden der Bundesrepublik in konspirativer Weise tätig sind und die die Sicherheit unseres Staates in bedrohlicher Weise gefährden.
Zweitens. Vor allem aber zieht der Entwurf die juristischen Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Der damit gebotenen Verstärkung des rechtsstaatlichen Schutzes der Rechte des einzelnen dienen weitere Vorschriften dieses Entwurfs.
Bereits mein Vorgänger im Amt hat — das können wir heute mit Stolz feststellen — über die gegenwärtige gesetzliche Regelung hinausgehend angeordnet, daß Beschränkungsmaßnahmen grundsätzlich erst dann vollzogen werden, wenn sie von der dafür vorgesehenen parlamentarischen Kommission gebilligt sind. Er hat damit die nachträgliche Kontrolle durch die Kommission, wie sie zunächst im Gesetz stand, in eine grundsätzlich vorausgehende Kontrolle umgewandelt. Dieses Verfahren hat sich inzwischen eingespielt und bewährt und soll nun auch gesetzlich verankert werden.
Außerdem stellt der Entwurf klar, daß der Rechtsweg dann nicht ausgeschlossen sein soll, wenn dem
Betreffenden, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, von einer Überwachung Mitteilung gemacht wird. In allen diesen Fällen tritt neben die Kontrolle durch das parlamentarische Gremium nun die Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle. Damit ist ein Höchstmaß an rechtsstaatlicher Sicherung auch in solchen Verfahren gewährleistet.
Schließlich sieht der Entwurf Regelungen vor, die sicherstellen sollen, daß durch Maßnahmen nach diesem Gesetz die Verteidigung eines Betroffenen im Strafverfahren nicht beeinträchtigt werden kann.
Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf ist sicher kein spektakuläres Projekt. Er bemüht sich nüchtern, das juristische Instrumentarium, das das Grundgesetz mit der Möglichkeit der Post- und Telefonüberwachung zur Verfügung stellt, wirksam, aber auch rechtlich weiterzuentwickeln. Die Bundesregierung ordnet ihn ein in die große Zahl ihrer Bemühungen um die Verstärkung der Sicherheit in unserem Lande. Diese Bemühungen sind — und ich finde das gut so — bisher von allen Seiten dieses Hohen Hauses und von Bund und Ländern gemeinsam getragen worden. Von diesem Geist demokratischer Kooperation mit dem Ziele der Stärkung unserer inneren Sicherheit sollten auch die weiteren Beratungen dieses Gesetzentwurfs getragen sein.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712603900
Das Wort hat der Abgeordnete Miltner.

Dr. Karl Miltner (CDU):
Rede ID: ID0712604000
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind Grundrechte, die nur auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden dürfen. Der hohe Wert dieser Grundrechte und auch der Verfassungsrang in Art. 10 des Grundgesetzes verlangen von uns Abgeordneten äußerste Vorsicht und Genauigkeit bei der Ausgestaltung des Gesetzesvorbehalts. Denn der Schutz des Bürgers vor staatlichem Eingriff in seine Privatsphäre ist die klassische rechtsstaatliche Aufgabe aller Staatsgewalten wie der Legislative. Bei der Schaffung des Art.-10-Gesetzes war 1968 der Weg zu beschreiben, wie im Interesse eines wirksamen Staats- und Verfassungsschutzes Eingriffe in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis unter ganz bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden konnten.
Der heute einzubringende Entwurf zur Änderung dieses Art.-10-Gesetzes war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht am 15. Dezember 1970 § 5 Abs. 5 dieses Gesetzes insoweit für verfassungswidrig erklärte, als es die Unterrichtung des Betroffenen über Beschränkungsmaßnahmen auch dann ausgeschlossen hat, wenn eine Unterrichtung ohne Gefährdung des Zwecks der Beschränkung hätte erfolgen können. Der Anlaß der Gesetzesänderung ist also eine Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Es kann den sozialliberalen Regierungen seit 1970 nicht der Vorwurf erspart bleiben, daß sie immerhin vier Jahre gebraucht haben, um der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in einer Novelle zum



Dr. Miltner
Art.-10-Gesetz Rechnung zu tragen. Schon im Januar 1972 schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" zu diesem Thema, daß sich die Konsequenzen aus dem Urteil trotz der Auskunft des damaligen Bundesinnenministers verzögerten und weiter auf sich warten ließen. Nun haben wir schließlich im Oktober 1974 die Einbringung. Wir sollten daher auch bemüht sein, die Beratung des Gesetzes zügig abzuschließen.
Zum Inhalt des Gesetzes kann im wesentlichen folgendes gesagt werden. Die Regelung, wonach der Betroffene von einer abgeschlossenen Überwachung dann unterrichtet werden muß, wenn diese Unterrichtung ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme möglich ist, ist die entscheidende Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Es ist darüber hinaus zu begrüßen, daß bei Gelegenheit der durch diese Entscheidung notwendigen Gesetzesänderungen auch zwei weitere Straftatbestände, nämlich § 89 StGB und § 47 Abs. 1 Nr. 7 des Ausländergesetzes, für eine Maßnahme in das Art.-10-
Gesetz aufgenommen wurden.
Damit sollen der Tatbestand der Zersetzung bei NATO-Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes und weiter der Tatbestand der konspirativ in einem Geheimbund arbeitenden terroristischen Ausländer berücksichtigt werden. Es hat sich nämlich bei diesen beiden Tatbeständen als notwendig erwiesen, im Vorfeld strafprozessualer Ermittlungen die Möglichkeiten des Art.-10-Gesetzes ergreifen zu können.
Ein wichtiger Punkt der Gesetzesänderungen soll in der Einführung einer Ausnahmeregelung für Verteidiger liegen, die den Maßnahmen des Art.-10-
Gesetzes nicht unterworfen werden sollen. Dagegen hat der Bundesrat mit dem Hinweis auf die Erfahrungen mit Anwälten, die mit Anarchisten sympathisieren, Einwendungen erhoben. Er hat gleichzeitig festgestellt, daß die bisherige diesbezügliche Vorschrift im Art.-10-Gesetz vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich als verfassungskonform erklärt worden ist. Diese beiden gegenteiligen Standpunkte von Bundesregierung und Bundesrat müssen in der Beratung im Hinblick auf eine wirksame Anwendung des Gesetzes sorgfältig überprüft werden.
Zu einem weiteren wichtigen Punkt legt die Bundesregierung eine Gesetzesänderung vor, und zwar zum Entscheidungsverfahren der Kommission. In den letzten Jahren hat der Bundesminister des Innern in der Praxis vor der Anordnung einer Maßnahme nach dem Art.-10-Gesetz eine Kommission gehört.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Nicht vor der Anordnung! Vor der Ausführung, aber nicht vor der Anordnung!)

— Doch, vor der Anordnung! — Die Bundesregierung will nun diese Praxis der Vorabunterrichtung gesetzlich festschreiben. Dagegen sind prinzipielle Bedenken anzumelden. Wenn nämlich die Kommission vor dem Minister entscheiden soll, wird die originäre Verantwortung für eine Maßnahme der Exekutive verlagert und der Kommission zugeschrieben. Zwar kann sich die Bundesregierung auf die
Praxis berufen, aber entscheidend für eine Verlagerung der Verantwortung ist schließlich die gesetzliche Festschreibung. Der Minister ist eben dem Parlament gegenüber der Verantwortliche — auch bei diesem Gesetz.

(Dr. Arndt [Hamburg] [SPD] : Sie irren!)

Wir sollten daher vermeiden, dem Minister Mitverantwortliche an die Seite zu geben, die dem Parlament nicht verantwortlich sind.
Dieses und andere Probleme werden einer eingehenden Erörterung im Ausschuß bedürfen. Die CDU/CSU-Fraktion wird dazu beitragen, das Gesetz sorgfältig, aber auch zügig zu beraten.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712604100
Das Wort hat der Abgeordnete Arndt (Hamburg).

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0712604200
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion darf ich Ihnen zu dem vorliegenden Gesetzentwurf folgende Erklärung abgeben.
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands im Deutschen Bundestag begrüßt diesen Entwurf. Er bringt drei bedeutende Verbesserungen auf dem hier zur Debatte stehenden Gebiet im Sinne von mehr Rechtsstaatlichkeit und von mehr demokratischer Transparenz, nämlich:
Erstens. Im Gesetz wird nunmehr ausdrücklich verankert, was seit Antritt der sozialliberalen Koalition bereits ständige Praxis war: Der zuständige Minister unterrichtet die Dreier-Kommission vor dem Vollzug der Überwachungsmaßnahme. In Einschub in die Erklärung der SPD, die ich abzugeben habe, darf ich meinem Herrn Vorredner sagen, daß er insofern eben einem Irrtum unterlegen ist, als nicht die Dreier-Kommission — der ich selber seit 1968 angehöre und deren Praxis ich daher sehr genau kenne — vor der Anordnung des Ministers eingeschaltet worden ist und nach dem Gesetz werden soll, sondern daß zunächst die Anordnung des zuständigen Ministers ergeht, daß dann die Dreier-Kommission eingeschaltet wird und daß erst dann der Vollzug der Maßnahme erfolgt.
Das ist ein entscheidender Unterschied; und zwar gerade derjenige Unterschied, der Wert darauf legt, daß die parlamentarische Verantwortlichkeit des anordnenden Ministers beibehalten wird. Ich selber habe mich in der Kommission immer mit großem Nachdruck dafür eingesetzt, daß hier keine Verantwortlichkeiten verwischt werden. Das wird auch durch diesen Entwurf nicht gemacht und ist auch in der bisherigen Praxis seit 1969 nicht so gewesen. Herr Kollege, Sie sind insoweit einem Irrtum unterlegen.
Ich darf zur Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion zurückkehren. In Zukunft wird also gesetzlich das fixiert, was bisher bereits auch seit Antritt der sozialliberalen Koalition die Praxis war. Es wird nämlich nach der Anordnung des Ministers, aber



Dr. Arndt (Hamburg)

bevor die Anordnung in Vollzug gesetzt wird, die Dreier-Kommission eingeschaltet, ohne deren Genehmigung Maßnahmen in diesem Lande schlechterdings unzulässig sind. Eine Ausnahme besteht — und muß natürlich bestehen — dann, wenn Gefahr im Verzuge ist. Dann kann und muß der Minister den Vollzug auch sofort anordnen.
Zweitens. Neu eingeführt wird — und zwar auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts — die Mitteilung an den Betroffenen nach Einstellung der Maßnahme der Post- oder Telefonüberwachung und zugleich damit die Eröffnung des Rechtsweges an die Gerichte. Auch das wird bereits heute praktiziert. Die Bundesregierung hat bereits in den zurückliegenden Monaten in ganz erheblichem Umfange Betroffenen, die der Post- oder Telefonkontrolle unterlegen haben, die entsprechenden Mitteilungen gemacht. Offensichtlich sind diese Mitteilungen bei den Betroffenen bisher mindestens auf Verständnis gestoßen; denn bisher hat sich noch nicht ein einziger der Benachrichtigten dagegen gewandt, daß er nun, wie ihm mitgeteilt worden ist, in einer bestimmten Zeit hinsichtlich seiner Post oder seines Telefons überwacht worden ist. Das ist die Folge aber auch die einzige unmittelbare Folge —, die sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1970 ergeben hat, das seinerseits auf Grund eines Antrages des Landes Hessen und gleichzeitig verschiedener Verfassungsbeschwerden ergangen war.
Allerdings wird jedermann in diesem Lande verstehen, daß eine Mitteilung an den Betroffenen nach Abschluß der Maßnahme nur dann erfolgt, wenn der Zweck der Maßnahme selbst nicht mehr gefährdet ist, es sei denn, fünf Jahre sind nach ihrem Abschluß vergangen. Aber selbst in den Fällen, in denen also — nach der bisherigen Praxis auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts und auch nach der Neufassung des Gesetzes — eine Mitteilung nicht erfolgt, ist dennoch die Rechtsstaatlichkeit in diesem Lande absolut sichergestellt. Denn in jedem Falle wird die Dreier-Kommission ja tätig, und ohne deren Genehmigung gibt es in diesem Lande keine derartige Maßnahme.
Die Dreier-Kommission, die sich selbst übrigens — das darf ich insbesondere dem Herrn Bundesminister des Innern sagen — nicht als ein parlamentarisches Gremium, sondern in ihrem Selbstverständnis als eine andere Form des Rechtsweges im Sinne von Art. 19 des Grundgesetzes versteht —, nach Verfahren und Kontrollart außerdem wie ein Gericht arbeitet mit dem einzigen Unterschied, daß sic aus der Natur der Sache heraus dem Betroffenen kein rechtliches Gehör gewährt und gewähren kann —, bietet schon auf Grund der Qualifikation einer Reihe von Persönlichkeiten, die ihr angehören, in diesem Lande Gewähr dafür, daß sich jedermann darauf verlassen kann, daß hier nichts Unrechtes geschehen wird. Ich möchte nur den seit 1968 amtierenden Vorsitzenden dieser Kommission, den früheren Chefjustitiar des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Professor Dr. Kunze, erwähnen oder den früheren Generalbundesanwalt Güde oder die Freien Demokraten Busse, den unvergeßlichen Rechtsmitarbeiter in diesem Hause,

(Beifall bei der FDP)

und den liberalen Kölner Bürgermeister Jacobs.
Drittens. Dieses Gesetz bringt eine Formulierung für den ein neues Anwalts-, für ein neues Verteidigerprivileg mit sich, obwohl, wie dem Herrn Vertreter der CDU/CSU-Fraktion und auch dem Bundesrat zuzugeben ist, das Bundesverfassungsgericht auch die bisherige Regelung ohne Verteidigerprivileg für verfassungskonform erklärt und gesagt hat, es habe sich auch bis heute zumindest nicht um einen Verstoß gegen Art. 12 des Grundgesetzes, also gegen die Freiheit der Berufsausübung des Verteidigers, gehandelt.
Als Verteidiger können Rechtsanwälte und Lehrer des Rechts an den deutschen Hochschulen auftreten. Sie sind dann schlechthin von Maßnahmen nach diesem Gesetz ausgeschlossen, es sei denn, daß sie selbst Verdächtige sind.
Es könnte nach Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion zweifelhaft sein, ob diese Regelung rechtlich unbedingt erforderlich ist, da § 2 Abs. 2 auch des geltenden Gesetzes bereits eine Überwachung von Personen, die Mitteilungen für den Verdächtigten annehmen oder für ihn transportieren, sowie Maßnahmen der Telefonüberwachung gegen einen Nichtbetroffenen zuläßt, über dessen Telefonanschluß ein Betroffener solche Mitteilungen entgegennimmt. Die vorgeschlagene Gesetzesvorschrift könnte bei strenger Überlegung eigentlich nur dann eine Anwendung finden, wenn der Betroffene Untermieter seines Verteidigers wäre; sonst ist eigentlich — auch nach der bisherigen Gesetzeslage — eine praktische Anwendung weitgehend nicht erkennbar.
Wenn wir uns dennoch freuen, daß hier eine solche Vorschrift enthalten ist, beruht dies darauf, daß wir das Prinzip der freien Advokatur als ein so hohes rechtsstaatliches Gut ansehen, daß wir auch nur den Anschein vermeiden wollen, als könnte hier durch dieses Gesetz die freie Verteidigung in einem Strafverfahren beeinträchtigt werden. Das demonstriert den Willen dieser Regierung und der sie tragenden Koalition zum Rechtsstaat und das Bekenntnis zur freien Advokatur.
Schließlich sind hier noch zwei Änderungen zu erwähnen, die wir ebenfalls für notwendig halten, weil wir sie aus der Verantwortung für diesen Staat heraus bejahen. Ich meine erstens die völlige Gleichstellung der alliierten Stationierungsstreitkräfte in Berlin und im übrigen Bundesgebiet mit der Bundeswehr hinsichtlich des Schutzes, der durch dieses Gesetz gewährt werden soll. Wenn eine Überwachung zum Schutz der Bundeswehr nach bisherigem Recht zulässig war und zulässig bleiben soll, soll die gleiche Art der Überwachung auch zum Schutz der uns verbündeten Streitkräfte hier in diesem Lande zulässig sein. Bisher deckten sich diese beiden Rechtsbereiche nicht vollständig; wir begrüßen, daß sie sich in Zukunft vollständig decken werden.
Zweitens begrüßen wir in diesem Komplex, daß jetzt mit § 47 Abs. 1 Nr. 7 des Ausländergesetzes



Dr. Arndt (Hamburg)

bei der Geheimbündelei von Ausländern, auch dann, wenn sie sich nicht unmittelbar gegen die deutsche Verfassungsordnung richtet, eine Möglichkeit zum Schutz der Freiheit und Sicherheit dieses Landes gegeben wird. Die Bundesrepublik darf kein Tummelplatz ausländischer Geheimdienste und ausländischer Geheimbünde sein. Gerade gewisse Ereignisse während der Nahost-Kriege der vergangenen Jahre haben uns gelehrt, daß hier unser Instrumentarium zum Schutz gerade unserer eigenen Bürger vor Machenschaften in diesem Lande nicht vollständig genug war.
Meine Damen und Herren, abschließend darf ich für die sozialdemokratische Fraktion sagen: Niemand von uns wird sich mit Begeisterung und Hingabe mit einer Materie wie dem Eingriff des Staates in das Post- und Telefongeheimnis befassen. Dennoch müssen wir ausdrücklich sagen: wir fühlen Verantwortung für diesen unseren Staat, und da dieser mit geheimdienstlichen Mitteln angegriffen, im geheimen angegriffen wird, sind wir bereit, ihn auch mit den erforderlichen Mitteln zu verteidigen.
Allerdings darf und muß diese Verteidigung adäquat unserer Staats- und Verfassungsordnung sein. Als Demokraten und Sozialisten wissen wir, daß es für uns immer eine Zweck-Mittel-Relation gibt, die der freiheitliche Staat in jedem Fall zu beachten hat. Wir wahren daher zu unserem eigenen Schutz und dem unserer Freiheit den Rechtsstaat auch bei solchen Maßnahmen.
Weil dieses Gesetz für jedermann erkennbar diesem Zwecke dient, begrüßen wir es und werden seine baldige Verabschiedung anstreben, nachdem wir es gründlich in den beiden Ausschüssen, die dafür vorgesehen sind, nämlich dem Innenausschuß und dem Rechtsausschuß, beraten haben.

(Beifall bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712604300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712604400
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe für meine Fraktion eine kurze Erklärung abzugeben. Das Artikel-10-Gesetz ist ein Kind der Notstandsgesetzgebung gewesen. Damals hat dieses Haus eine Regelung beschlossen, die einen tiefen Eingriff in ein altes Freiheitsrecht ermöglicht, nämlich in das Post- und Briefgeheimnis. Durch Art. 10 Abs. 2 des Grundgesetzes war vorgesehen worden, daß die Beschränkung dieses Rechtes beim Betroffenen nicht mitgeteilt zu werden braucht und daß der Rechtsweg zugunsten einer parlamentarischen Kommission ausgeschlossen werden kann.
Wir Liberalen haben vor Jahren immer wieder erklärt, daß diese umfassende Regelung des Artikel-10-Gesetzes in seiner ursprünglichen Form verfassungswidrig ist. Es ist uns unverständlich geblieben, daß diese Einsicht zum Wohle staatlicher Raison verdrängt werden konnte. Ich habe die Rede nachgelesen, die — —

(Wehner [SPD] : Aber doch wohl nicht durch das Gesetz!)

— Nicht durch diese Verfassungsänderung, aber durch das Gesetz selber, das unserer Meinung nach eine — und das Verfassungsgericht hat es ja bestätigt — —(Wehner [SPD] : Wollen wir von vorn anfangen? Mit Herrn Schröder und so?)

— Herr Kollege Wehner, Sie werden sich daran erinnern, daß wir, der Herr Kollege Busse, seinerzeit in der Rede vom 15. Mai 1968 — ich habe sie nachgelesen — gerade die Regelung als verfassungswidrig angegriffen haben, die nun auch das Bundesverfassungsgericht als nicht haltbar erklärt hat, nämlich die Regelung, daß die Benachrichtigung des Betroffenen auch dann nicht erfolgt, wenn der Untersuchungszweck nicht mehr gefährdet ist.
Das war ja in der Tat nicht einzusehen, warum eine Benachrichtigung nach § 101 StPO in diesen Fällen dann erfolgt, wenn ein Richter oder Staatsanwalt eingeschaltet war, nicht aber, wenn andere Staatsorgane die Überwachung beschlossen hatten. Es ist interessant, nachzulesen, daß der Abgeordnete Wilhelmi von der CDU damals diese Regelung damit verteidigt hat, daß die Gerichte bei einer solchen Prüfung überfordert seien, weil es sich um eine politische Frage und nicht um eine rechtliche Frage handele.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 1970 ist zu begrüßen, weil es nun vorschreibt, daß die Betroffenen von Beschränkungsmaßnahmen unterrichtet werden müssen, wenn das ohne Gefährdung des Beschränkungszweckes erfolgen kann. Der damalige Innenminister Genscher hat bereits in der Praxis entscheidende Verbesserungen der Rechtsstellung des Betroffenen eingeführt, nämlich z. B. durch die grundsätzliche Unterrichtung der Kommission vor Inangriffnahme der Beschränkungen. Hier sind wir ganz im Gegensatz zu dem Kollegen Miltner der Meinung, daß der Minister durch die vorherige Unterrichtung keineswegs aus seiner eigenen Verantwortung entlassen wird. Wir begrüßen — —(Miltner [CDU/CSU] : Das ist ein Mitwirkungsrecht am Verwaltungsakt!)

— Sie haben doch dargestellt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, daß durch die vorherige Unterrichtung der Kommission durch den Minister dieser seine Verantwortung auf ein parlamentarisches Gremium abschiebe. Ich sage Ihnen, daß dies nach unserer Auffassung genau falsch ist, daß der Minister eben nicht aus seiner eigenen Verantwortung entlassen wird. Denn er ist es doch gerade, der die Vorlage macht, eine bestimmte Person zu überwachen.
Wir begrüßen außerdem die Freistellung der Verteidiger, soweit sie nicht selbst als unmittelbar Verdächtige in Betracht kommen. Diese Ausnahme ist notwendig, denn jeder Anwalt wird sich die Übernahme einer entsprechenden Verteidigung sehr



Dr. Hirsch
überlegen, wenn er ohne eigenes Verschulden in die Gefahr gerät, daß er und auch seine gesamte sonstige Mandantschaft durch die Überwachung des Telefonverkehrs seiner Praxis in eine solche Überwachungsmaßnahme mit einbezogen wird. Diese Möglichkeit war für einen verantwortungsbewußten Verteidiger unerträglich.
Wir begrüßen auch die Eröffnung des Rechtsweges. Es wird auch bei nachträglichen Feststellungen für die Verwaltungspraxis nicht ohne Bedeutung sein, wenn ein unabhängiges Gericht die Berechtigung von Überwachungsmaßnahmen prüfen kann.
Es ist mir absolut unverständlich, daß der Bundesrat auf Antrag des Landes Bayern und mit den Stimmen der CDU/CSU-Länder die Streichung sowohl des Anwaltsprivilegs als auch der Zulässigkeit des Rechtsweges mit der lapidaren Begründung gefordert hat, daß hierfür kein Bedürfnis bestehe. Es wäre unserer Meinung nach dankbar zu begrüßen, wenn die Opposition wenigstens hier einmal dem Wunsche der bayerischen Landesregierung widerstehen und ein Gesetz mitbeschließen könnte, das auf einem wichtigen Gebiet rechtsstaatliche Verfahrensregeln gesetzlich fixieren wird.

(Beifall bei FDP und SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712604500
Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf federführend an den Innenausschuß und zur Mitberatung an den Rechtsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden, dann bitte ich um das Handzeichen? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Pressestatistik
— Drucksache 7/2407 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Innenausschuß (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes
— Drucksache 7/2467 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Finanzausschuß (federführend)

Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
c) Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/ CSU betr. Erhaltung der Pressevielfalt
— Drucksache 7/2633 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Finanzausschuß (federführend)

Innenausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über
das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk
— Drucksache 7/2539 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Rechtsausschuß (federführend) Innenausschuß
e) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung, der Zivilprozeßordnung, der Reichsabgabenordnung und der Finanzgerichtsordnung (Gesetz zum Schutz von Redaktionsgeheimnissen)

— Drucksache 7/1681 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Rechtsausschuß (federführend) Innenausschuß
Finanzausschuß
f) Erste Beratung des von den Abgeordneten Vogel (Ennepetal), Reddemann, Dr. Klein (Göttingen), Erhard (Bad Schwalbach) und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes
— Drucksache 7/1804 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Sonderausschuß für die Strafrechtsreform (federführend) Innenausschuß
g) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung
— Drucksache 7/2377 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Innenausschuß
Rechtsausschuß (federführend)

Es ist die Anregung gegeben worden, daß wir in der Debatte eine gewisse Unterteilung machen, und zwar zunächst a) bis c), dann d), e) und g) und schließlich f).
Wir kommen zunächst zur Einbringung bzw. Begründung der Vorlagen unter a) bis c). Zu Punkt a) hat Herr Bundesminister Maihofer das Wort.

Dr. Werner Maihofer (FDP):
Rede ID: ID0712604600
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetz über eine Pressestatistik, dessen Entwurf dem Hohen Hause heute zur ersten Lesung vorliegt — und dazu will ich einen nüchternen, erläuternden Beitrag zur Einleitung der Pressedebatte leisten —, soll zum erstenmal gesetzlich die Möglichkeit geschaffen werden, gesicherte Kenntnisse über Lage und Entwicklung der Presse zu erlangen. Die Vorlage folgt einer Aufforderung des 6. Deutschen Bundestages vom 2. Juli 1969. Die Bundesregierung hat die Arbeiten am Entwurf eines Gesetzes für eine Pressestatistik bereits Anfang 1970 aufgenommen. Sie hatte dazu äußerst schwierige Vorverhandlungen mit den Verbänden zu führen, die über lange Zeit hinweg ihre Zustimmung zu einer gesetzlichen Pressestatistik verweigerten und auf freiwillige Erhebungen verwiesen. Inzwischen haben auch die Verbände eingesehen, daß es um die Erhebung von Fakten und Daten geht, die sie zur Erkenntnis ihrer eigenen Lage nicht weniger dringend benötigen.



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
Die Bundesregierung hat diese bedauerliche Verzögerung ihres Vorhabens mit Sorge gesehen, ging inzwischen doch das Fortschreiten der Pressekonzentration, das in den Jahren 1967 bis 1969 Parlament und Öffentlichkeit erregt und den Anlaß für ein Pressestatistikgesetz gegeben hatte, stetig weiter. Von Hannover über Stuttgart und Bremen bis ins Ruhrgebiet führt daher eine gerade Linie bis in unsere Tage. Die Presse ist heute in einer ähnlichen Lage wie damals. Wieder befindet sich besonders die Tagespresse in einer wirtschaftlich prekären Situation. Wieder ereignen sich spektakuläre Konzentrationsvorgänge, und wieder ergibt sich das gleiche Bild: Auch der heutigen Forderung nach wirtschaftlichen Maßnahmen für die Presse stehen ebenso mangelhafte Kenntnisse über ihre tatsächliche Lage gegenüber.
Dies sage ich nicht, weil ich den Irrglauben hegte, daß mit Pressestatistik allein Pressekonzentration verhindert werden könnte. Ich halte dieses statistische Instrument aber für eine unverzichtbare Voraussetzung verantwortlicher wirtschaftlicher Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung der Meinungsvielfalt in unserem Pressewesen.
In ihrem Bericht über die Lage von Presse und Rundfunk vom 15. Mai 1974 hat die Bundesregierung deshalb gesagt:
Dieses Material soll es ermöglichen, Entwicklungen, die die Freiheit çler Presse bedrohen könnten, rechtzeitig zu erkennen und etwaigen Gefahren zu begegnen. Die Statistik soll auch
l den zuständigen Behörden Entscheidungshilfen liefern, wenn zur Erhaltung der Vielfalt des Informationsangebots wirtschaftliche Maßnahmen zugunsten hilfsbedürftiger Verlage eingeleitet werden sollen.
Natürlich geht es bei solcher wirtschaftlicher Hilfe immer auch um die Arbeitsplätze von Journalisten.

(Grobecker [SPD] : Und von Druckern!)

Selbstverständlich geht es besonders auch um die wirtschaftliche Sicherung mittelständischer Betriebe. Es geht hier aber zugleich immer auch um mehr und anderes, nämlich darum, ob unsere freie Presse ihre öffentliche Aufgabe, die ihr von der Verfassung in einer konstitutionellen Demokratie zugewiesen ist, erfüllen kann oder nicht. Es geht — anders ausgedrückt — um die Gewährleistung der Meinungsvielfalt der Presse bei ihrer täglichen Mitwirkung an der staatsunabhängigen Bildung der öffentlichen Meinung.
Diese Sicherstellung der demokratischen Funktion und nicht etwa nur die ökonomische Situation eines Presseunternehmens ist der eigentliche Grund für wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen im Bereich der Presse. Deshalb hat die Bundesregierung, als erneute Berichte über wirtschaftliche Schwierigkeiten mit spektakulären Konzentrationsprozessen zusammentrafen, im März 1974 einen Staatssekretärausschuß gebildet, der die Aufgabe hat, die wirtschaftliche Situation der Zeitungsverlage zu untersuchen und gegebenenfalls Vorschläge zu entwickeln. Auf Vorschlag dieses Ausschusses hat die Bundesregierung bereits am 30. April 1974 erste Maßnahmen beschlossen, um der Presse zu helfen. Sie hat das Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau für die Presse geöffnet und die Höhe des ERP-Kreditprogramms wesentlich zugunsten der Presse ausgedehnt. Ebenso hat sie auch die Möglichkeiten zur Vergabe der Kredite sachlich erweitert. Dabei wurden insbesondere auch die Vertriebseinrichtungen mit einbezogen, weil diese auf der Kostenseite erfahrungsgemäß schwer zu Buch schlagen.
Die Bundesregierung hat jedoch zugleich festgestellt, daß das vorliegende Zahlenmaterial nicht ausreicht, um die derzeitige wirtschaftliche Situation der Zeitungsverlage und die gegebenenfalls notwendigen Hilfsmaßnahmen verläßlich beurteilen zu können. Das bisher vorliegende Material läßt nur den Schluß zu, daß die wirtschaftliche Situation innerhalb der einzelnen Bereiche der Tagespresse außerordentlich unterschiedlich ist. Deshalb hat sich der von der Bundesregierung eingesetzte Staatssekretärausschuß schon Mitte April dieses Jahres an den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger mit der Aufforderung gewandt, zur schleunigen Aufklärung der wahren Lage die erforderlichen Fakten und Daten zur Verfügung zu stellen.
Nach monatelangen, hinsichtlich der Sache wie des Verfahrens — um es sehr zurückhaltend auszudrücken — nicht einfachen Verhandlungen mit dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger ist in diesen Tagen nunmehr endlich eine Vereinbarung über eine Erhebung bei den Zeitungsverlagen zustande gekommen. Danach werden für alle Zeitungsverlage Strukturdaten erhoben, die uns ein Bild über die zahlenmäßigen Gruppierungen und die wirtschaftliche Lage der Tagespresse verschaffen werden. Dabei geht es um die Beschäftigtenzahlen in den verschiedenen Produktionsbereichen der Zeitungsverlage ebenso wie um die Kooperationsvereinbarungen und die wirtschaftliche Situation. Damit soll erstmals auch eine verläßliche Feststellung möglich werden, in welcher Gruppe von Verlagen die größten Einbrüche zu verzeichnen sind. Nach dem derzeitigen Stand ist mit einer Auswertung der Erhebung spätestens im Januar 1975 zu rechnen. Doch hoffen wir, bereits früher erste Trendmeldungen zur Verfügung zu haben.
Mit dieser Erhebung wird ein zeitlicher Abschnitt abgedeckt, für den es bisher nur unzulängliches Zahlenmaterial gibt. Im Anschluß daran sollen ab 1975 nun diese Daten und Fakten auf Grund einer gesetzlichen Regelung erhoben werden können, für die Ihnen die Bundesregierung diesen Entwurf eines Gesetzes über eine Pressestatistik vorgelegt hat. Seine laufenden Erhebungen werden uns ganz anders als bisher in den Stand setzen, wirtschaftliche Gefährdungen der Presse frühzeitig zu erkennen. Erst damit kommen wir in die Lage, durch differenzierte Maßnahmen Gefahren für die Meinungsvielfalt in unserer Presselandschaft wirtschaftlich wirksam zu begegnen. Durch pauschale Maßnahmen mit der Gießkanne, durch Segnungen also, die über Darbende und Blühende in gleicher Weise regnen — wenn ich das einmal so blumig ausdrücken darf —, die den einen damit zuwenig, den anderen zuviel



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
„Hilfe" geben, ist das Übel der Pressekonzentration noch nicht einmal zu mindern. Es wird dadurch eher noch gemehrt.
Die Bundesregierung sieht alle ihre medienpolitischen Maßnahmen unter dem hohen Ziel, das vom Bundesverfassungsgericht einmal dahin umschrieben worden ist — mit diesem Zitat will ich hier meine kurze Einführung schließen —:
Der Staat ist — unabhängig von subjektiven Berechtigungen einzelner — verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. Freie Gründung von Presseorganen, freier Zugang zu den Presseberufen, Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden sind prinzipielle Folgerungen daraus.
Nun kommt der entscheidende Satz:
Doch ließe sich etwa auch an eine Pflicht des Staates denken, Gefahren abzuwenden, die einem freien Pressewesen aus der Bildung von Meinungsmonopolen erwachsen können.
Diese Vorsorge auf gesicherter Grundlage zu treffen, dazu dient das Ihnen heute vorliegende Pressestatistikgesetz.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712604700
Eine Sekunde, Frau Kollegin Walz! Der Bundesrat wird die Vorlage unter Punkt b) wohl nicht mündlich einbringen wollen, denn es ist niemand da. Darf ich fragen, ob eine Begründung des Antrags unter Punkt c) begehrt wird oder ob Sie sie gleichzeitig geben, Frau Kollegin Walz.

(Zurufe von der CDU/CSU: Gesondert!)

Dann gebe ich zunächst das Wort zur Begründung. Anschließend debattieren wir die Punkte a) bis c) zusammen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Zimmermann!

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0712604800
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesinnenminister hat in seinen Ausführungen zum Pressestatistikgesetz auch zur allgemeinen Lage der Presse und zu einer Reihe von Fragen Stellung genommen, die sich zwangsläufig bei unserem Antrag, den ich hier begründen darf, stellen. Wie ist die Lage der Presse heute? Das ist die Frage.
Vor wenigen Wochen hat die Wochenzeitung „Die Zeit" ihren Preis von 1,80 DM auf 2 DM pro Exemplar erhöht. Der Verleger, der in diesem Hause nicht unbekannte Gerd Bucerius, hat das gegenüber seinen Lesern begründet: Erhöhung der Papierpreise um 56 %, der Druckfarben, Betriebs- und Hilfsstoffe um 20 %, Konjunktureinbrüche im Anzeigengeschäft, Erlösausfälle von Millionen. Die Preisanhebung um 20 Pf bringe, so sagte er, Mehrerlöse von 2,5 Millionen DM im Jahr für die größte deutsche Wochenzeitung — „zuwenig, um unser Defizit auszugleichen". Und: „Von heute an", so
sagte er, „gelten auch höhere Anzeigenpreise. Auch diese Mehreinnahmen reichen nicht aus; wir müssen an Rationalisierungen leisten, was immer möglich ist," — und jetzt kommen die entscheidenden Worte — „um zu überleben."
Die Situation der deutschen Tagespresse — auch hier bei der größten Wochenzeitung — ist ein Kampf ums Überleben geworden. Immer mehr Tageszeitungen sind schon auf der Strecke geblieben. Wir haben heute noch 124 Vollredaktionen, und wir haben einen von Monat zu Monat steigenden Anteil der sogenannten lokalen Monopolzeitungen. Wir haben also immer mehr Städte und Kreise, in denen nur mehr eine einzige Zeitung erscheint. Von diesen lokalen Monopolen sind heute 17 Millionen Bundesbürger betroffen. Nur mehr eine einzige Tageszeitung erscheint bereits in 38,3 % der gesamten Fläche der Bundesrepublik Deutschland. — Diese Angaben sind übrigens aus dem Bericht der Bundesregierung selbst.
In diesem Jahr haben wir drei mehr oder minder spektakuläre Konzentrationserscheinungen: Im April 1974 rückten die „Stuttgarter Zeitung" und die „Stuttgarter Nachrichten" zusammen, im Juli dieses Jahres übernahm der „Weserkurier" die „Bremer Nachrichten", und im September kündigten „Westdeutsche Allgemeine Zeitung" und „Westfälische Rundschau" eine weitreichende Kooperation an. Daß diese Entwicklung eindeutig wirtschaftliche Ursachen hat, daß keine anderen Gründe daran schuld sind, darüber gibt es hier wohl keinen Streit.
Deswegen, meine verehrten Damen und Herren, verehrte Bundesregierung mit dem Herrn Bundesinnenminister, helfen auch bloß administrative Maßnahmen wie Pressestatistikgesetz, Fusionskontrolle oder gar ein Presserechtsrahmengesetz gegen die wirtschaftliche Not der Zeitungen gar nichts. Die CDU/CSU will die Vielfalt der Presse erhalten wissen, weil wir in ihr eine wesentliche Voraussetzung der Pressefreiheit überhaupt sehen. Es ist richtig, was Jens Feddersen, der Chefradakteur der „Neuen Ruhrzeitung", sagte: „Starke, leistungsfähige und kerngesunde Zeitungsverlage sind die beste Sicherung der Pressefreiheit."
Wir möchten erstens — damit komme ich zu den Einzelheiten unseres Antrages — die Erlöse aus dem Vertrieb von Tageszeitungen unter Beibehaltung des Vorsteuerabzugs von der Mehrwertsteuer freistellen. Das entspricht der Praxis fast aller Länder der Europäischen Gemeinschaft. Die Bundesregierung hat mir vor einem halben Jahr in einer Antwort auf eine mündliche Anfrage zugesichert, daß Hilfsmaßnahmen darauf gerichtet sein müßten, die Vielfalt der Meinungen in möglichst großem Umfang zu erhalten; deshalb sei der Bundesregierung — so wörtlich — „jede Zeitung wichtig". Der heutige Bundeskanzler hat sich schon als Finanzminister gegen eine Senkung der Mehrwertsteuer ausgesprochen und sprach als Bundeskanzler von „versteckten Subventionen". Er meinte, es könne nicht Aufgabe der Regierung sein, zu Lasten der Steuerzahler eine große Zahl von Zeitungen zu fördern, wenn sie nicht rationell arbeiten.

(Grobecker [SPD]: Damit hat er recht!)




Dr. Zimmermann
— Das wollen wir gleich untersuchen. Das ist ein ganz fundamentaler Widerspruch, Herr Kollege; Sie werden das sofort merken.
Wenn man andererseits ausgewählten Zeitungen helfen will — den besonders notleidenden, und das heißt doch nach Helmut Schmidts Ansicht folgerichtig: den besonders unrationell arbeitenden; denn notleidend kann ja nach den Worten des Bundeskanzlers nur jemand sein, der unrationell arbeitet —, haben wir hier doch einen eklatanten Widerspruch. Denn die Auswahlkriterien bei der Presse sind wirklich sehr delikat. Es gibt kleine Zeitungen, die finanziell relativ gesund dastehen, und große Zeitungen, die in den roten Zahlen sind. Es ist sehr schwierig, eine vernünftige Berechnungsgrundlage zu finden. Der Bundesinnenminister hatte recht, als er neulich vor dem Bundesverband der deutschen Zeitungsverleger feststellte, daß gezielte staatliche Hilfen für einzelne notleidende Zeitungen Zwangsläufig einen manipulativen Charakter haben müßten, daß daher globale wirtschaftliche Maßnahmen, auch wenn sie vielleicht nicht das gerechteste sind, was es gibt, zu befürworten seien. Ich habe ihn heute in seinem Statement allerdings ein wenig anders verstanden. Ich muß diesen Text aber erst noch einmal nachlesen. Ich würde bedauern, wenn er heute gegenüber der Zeit vor 14 Tagen seine Auffassung in einem, wie ich meine, wesentlichen Punkt geändert hätte.

(Zuruf von der SPD: Auch Innenminister können neue Einsichten haben!)

Die Kollegen Baum und Hirsch haben sich vor nicht allzu langer Zeit in diesem Sinne geäußert. Ich hoffe, daß auch hier keine andere Einordnung Platz gegriffen hat.
Wir sind nicht einmal so weit gegangen wie manche Kollegen der Koalition. Auch wir wissen um die schwierige Lage vieler Zeitschriften. Wir haben uns trotzdem aus Stabilitätsgründen bei dem Antrag zur Mehrwertsteuerentlastung zunächst auf die Tageszeitungen beschränkt.
Die Nrn. 2 und 3 betreffen den Postzeitungsdienst. Es erscheint uns dringend geboten, diesen im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten und von der geplanten Gebührenerhöhung am 1. Januar 1975 abzusehen.

(Zuruf von der SPD: Jetzt kommt der Deckungsvorschlag!)

— Das muß auf den allgemeinen Haushalt übernommen werden, Herr Kollege. Das ist selbstverständlich. Die Deckungsvorschläge werden bei den Haushaltsberatungen gemacht werden.

(Zuruf von der SPD: Das haben wir gehört!)

Denn das ist eine öffentliche Aufgabe, was hier geschieht. Ein Monopolunternehmen kann nicht in einem Bereich Hunderte von Millionen, ja, Milliarden Plus machen, in anderen Bereichen ein Minus, um das dann untereinander auszugleichen. Hier sind die nach Art. 5 GG Privilegierten in einer besonders schwierigen Lage. Das darf selbstverständlich
nicht zu Lasten der Post, sondern muß zu Lasten des allgemeinen Haushalts gehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielleicht geben Ihnen die nachfolgenden Worte zu denken. Vielleicht sind Sie dazu in der Lage, darüber nachzudenken, ob das stimmt. Wenn die lokalen Monopole zunehmen, verstärkt das die Bedeutung der überregionalen Zeitungen. Überregionale Zeitungen sind aber gerade von der Erhöhung von Postzeitungsdienstgebühren besonders betroffen. Besonders betroffen sind alle Zeitschriften, alle Fachzeitschriften. Wir sollten uns doch darüber einig sein, daß Zeitungen kein Luxusprodukt werden dürfen, gerade überregionale Zeitungen nicht, daß sie auch für Jugendliche und Rentner erschwinglich bleiben müssen, daß sie eben nicht 10 DM — wie heute --, sondern 30 DM pro Abonnement kosten müßten, wenn alles das ohne wirtschaftliche Hilfe auf die Presse zukommt, was sich abzeichnet.
Zeitungen sind eine Ware besonderer Art. Wilhelm Dröscher, Landesvorsitzender der SPD in Rheinland-Pfalz, hat recht, wenn er sagt, im Problem der Postzeitungsgebühren stecke „ein Stück Meinungsvielfalt". Und er hat recht, wenn er der Bundesregierung empfiehlt, darüber nachzudenken, ob die Erhöhung durchgeführt werden muß.
Die beiden letzten Nummern unseres Entschließungsantrags sind wohl nicht kontrovers: ERP-Kredite und Aufnahme von Papier in die Liste der als förderungswürdig erklärten Rohstoffprodukte.
Wir kamen durch den Zwischenruf schon darauf, meine verehrten Damen und Herren, daß dieser Entschließungsantrag auch finanzielle Konsequenzen hat. Bei der Mehrwertsteuer sind es rund 80 Millionen DM, beim Postzeitungsdienst mehr. Trotzdem sind diese Vorschläge überlegt. Sie bewegen sich im Rahmen der Stabilität. Deckungsvorschläge werden wir vorlegen. Aber die Erhaltung von Pressevielfalt und damit Pressefreiheit muß uns etwas wert sein. Der Zeitungspreis ist ein politischer, aber auch ein sozialer Preis. Das muß er bleiben. Der Zeitungskauf muß für jeden Bürger erschwinglich sein.
Wir haben in der Bundesrepublik ein System der öffentlich-rechtlichen Medien Rundfunk und Fernsehen und der privatwirtschaftlich strukturierten Presse: Zeitungen und Zeitschriften. Gemeinhin spricht man hier von einer „balance of power". Alle demokratischen Parteien sind für dieses System. Doch das allein reicht nicht aus. Man muß zur Erhaltung dieses Gleichgewichts auch etwas tun. Denn es ist wohl unbestritten, daß der Kostendruck unterschiedlich ist. So schwierig die Situation bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten ist, so haben sie doch eine stärkere Position als die Zeitungen und Zeitschriften.
Wir wollen eine Entlastung für die Presse ohne staatliche Steuerungsmöglichkeit. Die Presse muß unabhängig bleiben. Nur dieser Weg entspricht dem Selbstverständnis dieses Staatswesens, das Toleranz ausübt. Deswegen hoffe ich — manche Anzeichen hat es in der Diskussion der letzten Wochen



Dr. Zimmermann
dafür gegeben — auf eine breite Unterstützung dieses Antrags aus dem ganzen Haus.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712604900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Grobecker.

Claus Grobecker (SPD):
Rede ID: ID0712605000
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt die Vorlage des Entwurfs eines Pressestatistik-Gesetzes, und sie wird dafür sorgen, daß dieses Gesetz in den Ausschüssen zügig beraten und auch schnell verabschiedet wird. Das Gesetz soll dafür sorgen, daß zuverlässige Daten — zuverlässige, Herr Zimmermann — über die Struktur und die wirtschaftliche Situation der deutschen Zeitungs-
und Zeitschriftenverlage geliefert werden können. Zuverlässige Daten sind notwendig, um mögliche, vielleicht auch notwendige Hilfsmaßnahmen für die Presse zu konzipieren, einzuleiten und auch durchzusetzen. Diese Daten gibt es zur Zeit nicht.
Nun weiß jeder, daß, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, das nicht heißt, daß sofort zuverlässige Daten vorhanden sein werden. Man braucht dafür etwas Zeit, und Fachleute rechnen damit, daß das mindestens ein Jahr dauert.
Einer der Fehler der beiden anderen Vorlagen innerhalb der heutigen Tagesordnung, der Gesetzentwurf des Bundesrates mit dem Ziel, Vertriebserlöse für Zeitungen von der Umsatzsteuer zu befreien, und der Antrag der CDU/CSU mit ähnlichem Inhalt und schmückendem Beiwerk, besteht gerade darin, daß eben nicht von zuverlässigen Daten über die tatsächlichen Zusammenhänge und Gegebenheiten der Presse ausgegangen wird und auch nicht ausgegangen werden kann, weil diese Daten, wie gesagt, nicht vorhanden sind.
Vor dem Hintergrund gewaltiger Konzentrationsbewegungen innerhalb des Pressewesens, die nicht nur Arbeitsplätze der Journalisten, Herr Minister, sondern auch Arbeitsplätze der Drucker und Setzer gefährden, hat die Bundesregierung schon im Frühjahr dieses Jahres einen Staatssekretärsausschuß eingesetzt, der nach Mitteln und Wegen suchen sollte, wie den Verlagen geholfen werden kann. Dieser Ausschuß hat richtig gehandelt, als er sich in seiner Empfehlung an die Bundesregierung auf zwei Maßnahmen beschränkte, nämlich a) die Einbeziehung der Zeitungsverlage in das Sonderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Umfinanzierung von Investitionen und zur Finanzierung für Mehraufwendungen im Zusammenhang mit den Preissteigerungen bei Zeitungspapier und b) Fortführung und Aufstockung der ERP-Programme für die Presseunternehmen. Er hat richtig gehandelt, als er nichts weiter vorgeschlagen und zur Zeit keine weiteren Maßnahmen ins Auge gefaßt hat. Wörtlich heißt es in der damaligen Kabinettsvorlage:
Das bisher vorliegende statistische Material
reicht nicht aus, um die derzeitige wirtschaftliche Situation der Zeitungsverlage und die
notwendigen Hilfsmaßnahmen umfassend und abschließend beurteilen zu können.
Die Opposition und der Bundesrat können ganz offensichtlich auf diese Daten verzichten und dennoch Vorschläge machen.
Wenn ich nun feststelle, daß die Ergebnisse des Pressestatistik-Gesetzes frühestens in einem Jahr vorliegen können, so muß daraus geschlußfolgert werden, daß zwischenzeitlich also andere Möglichkeiten erschlossen werden müssen, um zu einer klaren und wahrheitsgemäßen Beurteilung der Lage im Pressewesen zu kommen. Dabei kommt den Verlegern selbst und ihren Verbänden eine Schlüsselrolle zu. Bis heute, bis jetzt haben sich die Verleger geweigert, verläßliches Material vorzulegen. Zur Zeit ist ein Umdenkungsprozeß im Gange, und wir hören mit Erstaunen und Wohlgefallen, daß die Verleger jetzt bereit sind, Daten vorzulegen. Verläßliche Daten sind einmal unabdingbar, um wirksame Hilfe zu geben und zum anderen, um diese möglichen Hilfen auch vor dem Steuerzahler vertreten zu können. Die Verleger haben jedoch, wenn ich richtig unterrichtet bin, nicht einmal auf den Vorschlag der Bundesregierung reagiert, ihre eigenen Angaben in dieser Richtung von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer nachprüfen zu lassen. Wenn dies jetzt anders ist, begrüßen wir das.
Alle früheren Angaben und Prognosen der Verleger, alle düsteren Prophezeiungen sind jedoch in der jüngsten Ausgabe ihres eigenen Verbandsorgans „ZV und ZV", das Verbandsorgan des BDZV, Ausgabe 39/40 vom 2. Oktober selbst widerlegt worden. Danach beträgt der Gewinn pro Monat und Stück 1971 1,07 DM, 1972 2,48 DM, 1973 2,20 DM und für das erste Halbjahr 1974 2,06 DM. Das ist ganz sicher nicht zum Jubeln, aber es ist auch kein Grund zum Klagen. Meine Damen und Herren, dies beweist, daß wir zuverlässige Daten brauchen, bevor wir handeln können.

(Beifall bei der SPD)

Nun noch ein paar Takte zu den im Gesetzentwurf des Bundesrates und im Antrag der CDU/CSU enthaltenen Maßnahmen. Meine Damen und Herren, globale Steuererleichterungen, wie sie hier vorgeschlagen werden, treffen arm und reich, florierende Unternehmen und solche, die krebsen. Dies lehnen wir ab. In Norddeutschland würde man auf Plattdeutsch dazu sagen: „De will noch fette Göse in'n Mors pieken." Ich will das nicht übersetzen. Mit einer derartigen Maßnahme wird ganz ohne Zweifel der Konzentrationsprozeß noch begünstigt, noch gefördert. Das muß doch auch der Herr Zimmermann wissen, der aus der Branche kommt. Die Steuererleichterungen nur eines der sieben großen Verlagshäuser, die dabei herauskommen würden, wenn wir Ihren Gesetzestext wörtlich nähmen, würden so viel Geld ausmachen, wie ein mittlerer Zeitungsbetrieb an Umsatz hat. Kein Mensch kann annehmen, daß das sinnvoll ist. Wenn geholfen werden soll und muß, dann muß denen geholfen werden, die es nötig haben. Mit diesem Vorschlag jedoch schaffen wir einen neuen Zuwendungsempfänger ohne Unterschied. Das bedeutet: wir würden das Gießkannen-



Grobecker
prinzip erneut in Gang setzen. Wir haben aber in den letzten Jahren das Prinzip der Gießkanne mit Erfolg abgebaut und an dessen Stelle eine moderne Strukturpolitik gesetzt.
Es ist eine unverschämte Unterstellung, Herr Zimmermann, wenn Sie vor einigen Tagen gesagt haben, wir würden mit gezielten Maßnahmen die Verleger und die Zeitungen in Abhängigkeit von der Bundesregierung bringen. Umgekehrt ist das der Fall.

(Dr. Zimmermann [CDU/CSU] : Da müssen Sie die Zitate nachlesen! Viele Ihrer Kollegen haben es gesagt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Umgekehrt ist es der Fall, Herr Zimmermann. Mit gezielten Maßnahmen entziehen wir die kleinen Verleger dem Zugriff der großen, und dies halten wir für richtig.

(Sieglerschmidt [SPD] : Sehr wahr! — Dr. Zimmermann [CDU/CSU] : Dann seien Sie so fair und sagen, was die Verleger selbst vorschlagen, die kleinen und die großen!)

— Herr Zimmermann, ich bitte Sie. Ich weiß ja nicht, mit welchen Verlegern Sie verkehren. Ich kann es mir fast vorstellen.
Im übrigen, meine Damen und Herren von der Opposition: Hätten Sie doch bei der Konzipierung Ihres Antrags Ihre eigenen Haushaltsleute gefragt!

(Dr. Zimmermann [CDU/CSU] ; Die haben wir gefragt!)

Die hätten Ihnen sagen können, daß dieser Spaß, den Sie dort vorschlagen, den Bundeshaushalt mehr als 200 Millionen DM kosten wird und nicht, wie angegeben, 70 Millionen DM.

(Dr. Zimmermann [CDU/CSU] : Das ist im zuständigen Arbeitskreis behandelt worden! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das nennt man auf norddeutsch „Schiet" !)

Das gilt im übrigen auch für die Punkte 2 und 3 Ihres Antrags. Es ist immer wieder dasselbe: Einmal zetern Sie über die Finanzsituation der Post, und hier fordern Sie Mindereinnahmen ohne Deckungsmöglichkeiten. Ich frage Sie, Herr Zimmermann: Wollen Sie, daß die Briefmarke teurer wird, daß die Telefoneinheit teurer wird, oder — das haben Sie vorhin angedeutet — wollen Sie, daß wir das Defizit der Post ab 1975 lieber auf den Bundeshaushalt übernehmen? Sagen Sie uns das!

(Dr. Zimmermann [CDU/CSU] : Das habe ich Ihnen doch gesagt! Sie sind offenbar nicht in der Lage, vom Manuskript abzugehen und etwas anderes zu sagen! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Der kann nur ablesen!)

Beim Punkt 4 wird die Ignoranz Ihrer Vorschläge überaus deutlich. Genau das, was Sie dort vorschlagen, hat die Bundesregierung vor fast einem halben Jahr beschlossen; nicht nur das, sie hat dafür gesorgt, die vorgesehenen Mittel auch noch zu erhöhen. Ich frage mich, ob Sie das nicht wußten oder ob Sie das geflissentlich übersehen haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU])

Was Sie mit Ihrem Punkt 5, zu dem Sie sich überhaupt nicht geäußert haben, bezwecken, ist mir vollends schleierhaft. Wollen Sie die kanadischen Zelluloselieferanten subventionieren, oder wollen Sie den Zusammenschluß der deutschen Erzeuger mit den skandinavischen Lieferanten honorieren?

(Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

Dies bedarf nun wirklich einer Erklärung. Effektiv bedeutet Ihr Vorschlag, die Papierhersteller zusätzlich zu unterstützen und zu ermuntern, die Preise noch weiter ansteigen zu lassen.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend folgendes sagen. Ihr Versuch, sich als Beschützer der Pressevielfalt und Pressefreiheit in der Bundesrepublik aufzuschwingen, ist allzu durchsichtig. Bei Ihrer Vergangenheit zur Pressefreiheit ist das auch kein Wunder.
Die SPD-Bundestagsfraktion steht zur Pressefreiheit und zur Meinungsvielfalt. Sie ermuntert deshalb die Bundesregierung, auf der Grundlage verläßlicher Daten ein Konzept für Maßnahmen gezielter Art vorzulegen, in dem auch Gedanken über ein Presseinvestitionsgesetz nach den Kriterien des Pressefusionskontrollgesetzes enthalten sein können, ferner Überbrückungshilfen als Sofortmaßnahmen, Flurbereinigung der Vertriebsproblematik — auch hierüber muß man sich Gedanken machen — und letztlich auch die Anwendung des § 131 der Abgabenordnung. Die Stundung von Steuern wäre nämlich eine Sache, die man ins Auge fassen könnte.
Wir müssen aber auch von den Verlegern verlangen, daß sie über Selbsthilfemaßnahmen nachdenken, bevor sie beim Staat an die Tür klopfen. Wie wäre es, so frage ich die Verleger, z. B. mit einem bundesweiten Anzeigenpool, aus dem die Erlöse je nach Auflagenhöhe verteilt werden? Ich hoffe sehr, daß wir von den Verlegern in den nächsten Wochen schlüssige Antworten erhalten.
Wir bleiben dabei: Auf der Grundlage der gegenwärtigen Daten werden wir globalen Maßnahmen nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712605100
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Walz.

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0712605200
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit die sozialliberale Bundesregierung die Medienpolitik entdeckt hat, fragen sich viele aufmerksame und nicht nur der CDU/CSU nahestehende Beobachter — darunter inzwischen auch sehr viele Journalisten —, ob die von ihr angekündigten oder eingeleiteten gesetzgeberischen medienpolitischen Maßnahmen nun eigentlich zur Erhaltung und Förde-



Frau Dr. Walz
rung oder zur Einengung und Einschränkung der Pressefreiheit in diesem Lande dienen sollen.
Dabei kann auch das Thema „SPD und Presse"
— heute sicher in vielfacher Hinsicht ein pikantes Thema — nicht ausgeklammert werden; denn Medienpolitik heißt für die SPD zur Zeit, da es sozialdemokratische Zeitungen fast nicht mehr gibt, in der Hauptsache „Formulierung abstrakter und vor allem ordnungspolitischer Prinzipien" — und zwar für die Zeitungen anderer.
Als „Sündenfall" vollends muß den meisten Bürgern dieses Landes die Medienpolitik der FPD erscheinen; denn was auch immer sie in ihrer Vergangenheit zur Pressefreiheit beigetragen haben mag diese Position des historischen Liberalismus hat sie nunmehr längst an die CDU verloren. Wir sind mittlerweile nämlich die einzigen, die allein und ohne jeden Vorbehalt für die Sicherung aller Erzeugnisse der freien Presse dieses Landes eintreten.

(Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD und der FDP)

— Wir werden es Ihnen anhand dieses Gesetzentwurfs beweisen, wie Sie die Presse gängeln wollen.

(Vor sitz : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

Jedenfalls sind wir der Meinung, daß wir im Augenblick die einzigen sind, und unsere Vorschläge sind ja auch die einzig vernünftigen.

(Dr. Hirsch [FDP] : Sie glauben das; das ist richtig! Das ist auch das einzige!)

- Glaube ist immer was Schönes. Aber ich kann es Ihnen auch durch facts untermauern.
Manche von der Bundesregierung vorgesehenen Maßnahmen in diesem Bereich erscheinen, zunächst jedenfalls, ganz harmlos, und sie scheinen nützlich; ja, ihre Notwendigkeit scheint sogar einzuleuchten. Das gilt auch für das vorliegende Pressestatistikgesetz. Doch stellen sich bei näherem Zusehen die Probleme dieser Entwürfe und insbesondere auch dieses Entwurfs sehr rasch heraus.
Zur Begründung der Notwendigkeit eines Pressestatistikgesetzes wird von seiten der Bundesregierung und soeben auch von Ihnen, Herr Bundesinnenminister — darauf hingewiesen — ich zitiere nur einen Teil —: über die Struktur und die wirtschaftliche Lage der Zeitungen und Zeitschriftenverlage gebe es kein amtliches Zahlenmaterial, das eine fundierte Analyse gestatte. Sie haben eben gerade wieder den Verlegern vorgeworfen, daß sie dieses Material verzögerten. Die Verleger sind allerdings völlig anderer Meinung und haben schon eine Presseerklärung zu dieser Ihrer Erklärung herausgegeben. Darin heißt es, von einer Verzögerung könne keine Rede sein; wenn überhaupt, dann im Staatssekretärsausschuß.
Da Sie, Herr Minister, auch keine Hilfen, wie wir sie für die Presse vorsehen, geben wollen, weiß ich wirklich nicht, bei wem in diesem Zusammenhang die Verzögerungen liegen.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

Sie haben gesagt, die bisher von privater Seite veröffentlichten Zahlen könnten nach Ansicht der Regierung diese Lücke nicht füllen — das haben Sie soeben auch wieder gesagt —, da Art und Umfang der Angaben auch von der jeweiligen Interessenlage der privatwirtschaftlichen Organisation der Presse bestimmt werden.
Bereits die Michel-Kommission hatte im Jahre 1967 das Fehlen eines „Auskunftspflichtgesetzes" für das Nichtzustandekommen notwendiger statistischer Erhebungen verantwortlich gemacht. Es ist aber wahrlich nicht so, als ob es bis dahin kein zuverlässiges Zahlenmaterial gegeben hätte. So gibt es einmal die „Kostenstrukturstatistik" des Statistischen Bundesamtes, die früher alle vier Jahre erstellt wurde und jetzt alle zwei Jahre erstellt werden soll. Ebenfalls gibt es auf der Grundlage freiwilliger Auskünfte die Daten, die aus der notwendigen Zusammenarbeit der Zeitungsverleger mit der Werbewirtschaft resultieren.
Zahlenmaterial gibt und gab es auch etwa über die Struktur und die Kaufkraft der Leserschaft, über Leserdichte und ähnliche spezielle Fragen. Schließlich hat Herr Walter J. Schutz, der ja jetzt im Presse- und Informationsamt sitzt, seine eigenen Stichtagserhebungen von 1954, 1965 und 1967 doch wohl ziemlich sorgfältig gemacht. Es müssen Ihnen also solche Angaben vorliegen.
Eine klare, präzise Aussage der Regierung gibt es schließlich leider auch nicht über die Ziele dieses Gesetzes. So heißt es in der Begründung — ich zitiere —:
Die Statistik soll insbesondere den zuständigen Behörden Entscheidungshilfen liefern, wenn zur Erhaltung der Vielfalt des Informationsangebots wirtschaftliche Maßnahmen eingeleitet werden sollen.
Hier ist also von Entscheidungshilfen die Rede. Demgegenüber wird der Bundesrat in der Weise angeschrieben, daß die statistischen Unterlagen als Hilfsmaßnahmen zur Grundlage schlechthin genommen werden sollten. Handelt es sich nun um Grundlagen, oder sind es Entscheidungshilfen? Das würden wir doch gern noch hören.
Unter diesen Umständen muß sich der Herr Bundesinnenminister fragen lassen: Ist die geplante Statistik überhaupt geeignet, für medienpolitische Entwicklungen oder wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen zuverlässige Unterlagen zu liefern? Stellt dieses Gesetz, stellen die auf der Grundlage dieses Gesetzes beabsichtigten jährlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes überhaupt einen Fortschritt gegenüber bisherigen Datensammlungen dar?
Aber nicht genug damit, daß zwischen den zwei vrschiedenen Aussagen der Bundesregierung wenig Klarheit über Sinn und Zweck dieses Gesetzes vorhanden ist, auch der Wert, die Gestaltung und vor



Frau Dr. Walz
allen Dingen die Konzeption des Erhebungsbogens, mit dem die Daten von den Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern durch das Statistische Bundesamt jährlich eingeholt werden sollen, ist von ganz entscheidender Bedeutung.
Wie dieser Erhebungsbogen schließlich aussehen soll, ist offenbar — nach allem, was man bis jetzt gehört hat — überhaupt noch nicht endgültig geklärt. So soll der Erhebungsbogen gegenwärtig neben den Fragen allgemeiner Art, wie etwa nach der Rechtsform des Unternehmens und allen im Verlag tätigen Personen, auch Angaben über den Umsatz nach Umsatzarten, ausgewählte Kosten und schließlich über Name, Zahl der Ausgaben, das Format und die Erscheinungsweise der in eigener wie in fremder Druckerei hergestellten Zeitungen und Zeitschriften ermitteln. Auch müssen Angaben über die Herstellung und den Bezug des Text- und Anzeigenteils sowie über die Seitenzahl je Jahresstück nach Text-und Anzeigenseiten etc., etc. gemacht werden.
Was die neuen Auflagen angeht, so muß hier nun wohl doch gefragt werden: Wie eng ist die Gestaltung, wie eng sind die Fragen dieses Erhebungsbogens an den Gesetzestext gebunden? Betrachtet man den Gesetzentwurf und den bisher bekannten Entwurf des Erhebungsbogens sehr kritisch, dann könnte man zu dem Ergebnis kommen, daß es sich hier um ein Gesetz mit sehr weitreichenden „Ermächtigungen" handelt, das nicht nur auf Fragen von wirtschaftlicher Bedeutung, sondern auch auf Fragen eingeht, die z. B. die Personalwirtschaft der Verlage betreffen. Und genau das ist in der gegenwärtigen medienpolitischen Auseinandersetzung der kritische, weil entscheidende Punkt.
Wer garantiert uns denn — und wir hören ja von Ihren Jusos und Judos derartige Töne ziemlich häufig —, daß nicht eines Tages gezielte Fragen nach den Kapitalverhältnissen gestellt, Daten über Betriebs- und Anlagekapital und schließlich Auskünfte über die Einlagen einzelner Gesellschafter verlangt werden? Wen wundert es, wenn bereits jetzt für diesen statistischen Erhebungsbogen eine Aufschlüsselung des gesamten Anzeigenumsatzes gefordert wird? Von solchen „Differenzierungen", bis zu „institutionalisierten Formen von Stichproben" wäre dann wirklich kein sehr weiter Weg mehr.

(Abg. Dr. Hirsch [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712605300
Bitte, Herr Kollege Hirsch, die Frau Kollegin gestattet Ihnen eine Zwischenfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712605400
Frau Kollegin, da Sie es als eine mögliche Gefahr bezeichnet haben, daß vielleicht einmal nach den Kapitalverhältnissen gefragt werden könne, darf ich fragen, was Sie zu dem Wortlaut des Beschlusses des Deutschlandrates der Jungen Union sagen, in dem ausdrücklich die Publizitätspflicht der Besitzverhältnisse einschließlich der Konzernverflechtungen sowie Kennzeichnung anderer Zeitungsinhalte gefordert wird?

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0712605500
Das ist im Zusammenhang mit dieser Frage nicht zu gebrauchen. Hier kommt es darauf an, daß die Anonymität, daß die Verschlüsselung bei den Angaben gewahrt wird. Die Regierung will das aber in diesem Gesetz unverschlüsselt oder so haben, daß man doch genau merken kann, wer gemeint ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712605600
Frau Abgeordnete Walz, inzwischen hat sich ein weiterer Fragesteller, Herr Kollege Reiser, gemeldet.

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0712605700
Bitte schön.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712605800
Sie lassen die Frage zu. Bitte schön, Herr Kollege.

Hermann P. Reiser (SPD):
Rede ID: ID0712605900
Frau Dr. Walz, kennen Sie eine Aussage des Medienpolitikers Ihrer Fraktion, Herrn Benz, die er auf einer Medienkonferenz gemacht hat, nämlich daß eine Verpflichtung zur Offenlegung von Inhaber- und Beteiligungsverhältnissen geschaffen werden muß — das sei Ansicht der CDU-CDU-
Fraktion —? Und wörtlich weiter:
Mir wäre es viel lieber, wenn diese Offenlegung der Besitz- und Eigentumsverhältnisse in jeder Ausgabe im Impressum erfolgte. Ich sehe darin keine sonderliche Belastung.

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0712606000
Das mag so gesagt worden sein. Ich meine trotzdem, daß von Staats wegen nicht die gesamte Aufschlüsselung durch ein Gesetz verlangt werden kann.
Diesen Entwurf eines Gesetzes über eine Pressestatistik muß man ja auch im Zusammenhang lesen mit dem vom Kabinett bereits verabschiedeten „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen", der pressespezifischen Fusionskontrolle. Hier scheint sich eine Entwicklung anzubahnen, die eines bösen Tages damit enden könnte, daß die Medienpolitik dieses Landes nur noch vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden und vom Bundeskartellamt in Berlin gemacht wird. Berücksichtigt man ferner darüber hinaus, daß der Entwurf eines Presserechtsrahmengesetzes — mit „typisch deutscher Superperfektion" gemacht, wie Herr Bundeskanzler Schmidt gesagt hat auch immer noch nicht vom Tisch ist, so wird man verstehen können, daß wir als Opposition den Gesetzentwürfen der Regierung auf diesem Gebiet mit etwas Skeptizismus entgegensehen.
Das Zahlenmaterial, das sich die Bundesregierung als Entscheidungshilfe für wirtschaftliche Maßnahmen im Bereich der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage erhofft, läßt sich nämlich auch auf andere Weise, u. a. über die in den Landespressegesetzen von Bayern und Hessen vorgesehene Pflicht zur „Offenlegung der Besitzverhältnisse", beschaffen, die entsprechend in die Landespressegesetze der übrigen Bundesländer aufgenommen werden könnte. Daß es ohne ein solches Pressestatistikgesetz mög-



Frau Dr. Walz
lich ist, hinreichend Material über die wirtschaftliche Situation der Tageszeitungen und auch der Zeitschriften zu bekommen, hat kürzlich erst die Antwort der Hessischen Landesregierung auf eine Große Anfrage betreffend wirtschaftliche Situation der hessischen Tageszeitungen vom 6. August 1974 gezeigt. U. a. wurde der Hessischen Landesentwicklungs- und Treuhandgesellschaft der Auftrag erteilt, eine Studie über die wirtschaftliche Lage der hessischen Zeitungsverlage zu erstellen, die inzwischen fertiggestellt ist und auf deren Veröffentlichung man sehr gespannt sein darf.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712606100
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712606200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind nicht die Anträge der Opposition und des Bundesrates, die dazu führen, etwas tiefer ausholen zu müssen, sondern es ist die Begründung, die diesen Anträgen beigegeben worden ist, insbesondere dem Entschließungsantrag der Opposition.

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Die ist gut!)

— Ihrer Meinung nach ist die Begründung gut. — Ich meine, sie läßt an der Ernsthaftigkeit zweifeln, nämlich die Selbstverständlichkeit, mit der Sie die unhaltbare Behauptung aufstellen, daß diese Regierung die privatwirtschaftliche Struktur der Presse beseitigen, also verfassungswidrig handeln wolle. Sie wolle die freie Presse in die Verfügungsgewalt der Gesellschaft überführen und staatlicher Kontrolle unterwerfen.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Wo steht denn das?)

— Herr Kollege Professor Klein, da müssen Sie mal die Begründung Ihres Antrages lesen. — Solche Plakatmalereien sollten unserer Meinung nach auf die Gebiete von Vilshofen und Fulda beschränkt bleiben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Solche Behauptungen sind deswegen empörend, weil sie unwahr sind und weil sie ohne jedes Problembewußtsein ausgerechnet von ,denen erhoben werden, die überhaupt keine Konzeptiondazu vorlegen können, wie sie denn den Gegensatz auflösen wollen, der zwischen der privatwirtschaftlichen Struktur der Presseunternehmen einerseits und ihrer öffentlichen Aufgabe, das Grundrecht des Art. 5 unserer Verfassung zu verwirklichen, andererseits besteht.

(Beifall bei der FDP)

Daß Sie keine Konzeption haben, zeigen nicht nur die Ausführungen der verehrten Kollegin Walz, sondern auch Ihre Anträge. Sie fordern Subventionen, ohne zu sagen, welche strukturellen Wirkungen diese haben sollen. Sie verweigern das uneingeschränkte Zeugnisverweigerungsrecht, obwohl der Zeugniszwang für Journalisten das klassische Ersatzinstrument für den Verlust der präventiven Zensur ist und war. Sie diffamieren gleichzeitig unsere Bemühungen um die innere Pressefreiheit als dirigistische Eingriffe

(Zuruf von der CDU/CSU: Das sind sie!)

und bekämpfen andererseits den Gesetzentwurf, der die Presse endlich der Fusionskontrolle unterwerfen wird. Ich kann darin nur die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen erkennen, nicht aber ein Bemühen um die publizistischen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich fürchte, Sie kämpfen um das Wohlwollen der Verleger und nicht für ,die Pressefreiheit und Meinungsvielfalt in diesem Lande!

(Erneuter Beifall bei der FDP und der SPD)

Man kann — von der Forderung nach Subvention abgesehen nicht einmal erkennen, was Sie medienpolitisch eigentlich wollen. Im Bereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten üben Sie sich in Dauerinterventionen gegen Sendungen, die nach Ihrer Meinung nicht ausgewogen sind, wobei Herr Echternach die Rundfunkfreiheit seinen personalpolitischen Interessen nachordnet und Herr Filbinger bis zur Forderung einer Vorzensur problematischer Sendungen geht. Im Pressebereich üben Sie die Meinungsvielfalt offenbar in erster Linie in Ihrer eigenen Partei aus. Da werden alle denkbaren Positionen vertreten, angefangen von Forderungen, die unserem Medienpapier weitgehend entsprechen, bis zu ihrer totalen Ablehnung als verfassungswidrig, wobei Sie, Herr Professor Klein, sich durch besonders geringe Variationsfähigkeit auszeichnen.

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Wir machen es nicht wie mit Stakemeier!)

Das Verwirrende für den Betrachter liegt darin, daß die verschiedenen Positionen nicht in einem — —

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Schauen Sie einmal nach Düsseldorf!)

— Gemach, gemach! (Lachen bei der CDU/CSU)

Ich bin gern bereit, mit Ihnen hier auch über das Kirchenpapier zu diskutieren; ich würde es sogar dankbar begrüßen, wenn wir die Gelegenheit dazu hätten.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Es geht nicht um das Kirchenpapier, es geht um den Herrn Stakemeier!)

— Ja, das hängt ja damit zusammen, wenn Sie den Sachverhalt kennen.

(Dr. Wagner [Trier] [CDU/CSU] : Ja, weil Sie hier von Liberalität reden!)

— Aber bitte, meine Herren, warum wollen Sie denn von der Medienpolitik ablenken?

(Zuruf von der FDP — Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist keine Ablenkung!)

Das Verwirrende bei Ihnen, meine Damen und Herren Kollegen von der Opposition, liegt doch in erster Linie darin, daß die verschiedenen denkbaren



Dr. Hirsch
Positionen nicht in einem allmählichen Meinungsbildungsprozeß, sondern alle gleichzeitig vertreten werden. Ich muß einmal fragen: Wie ist die Sachlage wirklich?
Die Pressefreiheit gehört konstituierend zu den Grundlagen einer freiheitlichen Demokratie, und es muß ein Zeitungswesen sein, das von keiner öffentlichen Gewalt gelenkt wird.

(Zurufe von der CDU/CSU: Bravo! — Sehr wahr!)

Die privatwirtschaftliche Struktur der Presse ist kein Selbstzweck, sondern folgt aus der Chance der Meinungsvielfalt. Das wiederum bedeutet, daß eine anhaltende Konzentrationsbewegung in der Presse die Pressefreiheit selbst gefährdet — und dies nicht etwa, wie früher, durch den Staat, sondern vielmehr durch die wirtschaftlichen Zwänge, die diese Konzentration bewirken. Es scheint din allgemeines Problem unserer Gesellschaft zu sein, daß ihre Freiheitsrechte nicht durch den Staat, sondern durch Entwicklungen dieser Gesellschaft selbst bedroht werden, so daß wir versucht sind, die klassischen Abwehrrechte gegen den Staat umzudeuten in eine Verpflichtung des Staates, durch aktives Handeln die Grundfreiheiten in dieser Gesellschaft zu erhalten.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Sehr gut, wie beim § 218!)

Der Bericht der Bundesregierung zeigt für die letzten 20 Jahre — also nicht erst für die Zeit seit Bildung der sozialliberalen Koalition — eine Konzentrationsbewegung im Pressebereich, die ihresgleichen sucht. Im Jahre 1974 gab es 186 Tageszeitungsverlage weniger als 1954, und im selben Zeitraum nahm die Zahl der Vollredaktionen um 45 % ab. In 40 % aller Kreise in der Bundesrepublik gibt es nur noch eine einzige regionale Tageszeitung,

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Das haben wir ja schon gehört!)

und in diesen Kreisen leben 30 % der Bevölkerung — in Rheinland-Pfalz sogar 74 % und in Bayern 65 %. Dieser Trend hält, wie Sie wissen, auch in diesem Jahre an.
Es ist uns unverständlich, wie man sich mit Frau Noelle-Neumann damit beruhigen kann, daß Zeitungen mit lokalen Monopolen ihre Informationspflicht ebenso erfüllen wie Wettbewerbszeitungen.

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

Bei einer Vermehrung lokaler Monopole droht die Gefahr des publizistischen Machtmißbrauchs ebenso wie die Forderung, durch eine öffentlich-rechtliche Konstruktion zu einer Art gesetzlich verordneter Meinungsvielfalt zu gelangen.
Die Pressekonzentration verändert überdies den journalistischen Arbeitsmarkt. Worin besteht denn noch die journalistische Freiheit, wenn der Journalist nicht mehr innerhalb eines zumutbaren geographischen Raumes Verleger und Zeitungen verschiedener politischer Richtungen findet, die miteinander konkurrieren und bei denen er arbeiten und zwischen denen er auch wechseln kann? Die Einstellung einer Zeitung läßt oft nicht nur minderwertige Arbeitsplätze verschwinden — das wäre zu begrüßen , sie führt auch zu harten Einzelschicksalen und zu der Erkenntnis, daß gerade die mangelhafte Ausbildung mancher Journalisten ihre wirtschaftliche Abhängigkeit und ihre Existenzangst verstärkt. In einem Berufszweig, in dem irreguläre Bildungsgänge überrepräsentiert sind, hängt die Pressefreiheit auch davon ab, daß die individuelle Unabhängigkeit der Journalisten durch eine Verbesserung der Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten gestärkt wird.
Zur inneren Unabhängigkeit der Journalisten gehört übrigens aber auch, daß sie über die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens, also über ihre eigene wirtschaftliche Lage zuverlässig, rechtzeitig, besser und hinreichend informiert werden und eben deswegen nicht jeden Tag zu fürchten brauchen, entweder entlassen zu werden oder sich gegen ihren Willen in einer anderen Zeitung wiederzufinden.
Der Antrag der Opposition sagt von beiden Umständen kein einziges Wort, weder von den Erfordernissen der journalistischen Ausbildung noch von der Notwendigkeit, ihnen rechtzeitig Klarheit über ihre wirtschaftliche Lage zu geben.
Die Ursachen der Konzentrationsbewegung sind weitgehend erkannt. Karl-Hermann Flach hat eingehend dargestellt, daß diese Entwicklung vom Inserat, und zwar vom Markenartikelinserat, ausgeht und daß jeweils die zweitgrößten Zeitungen an einem bestimmten Markt von dieser Entwicklung am härtesten getroffen werden. Die Ursachen liegen weiter nicht nur in veränderten Verbrauchsgewohnheiten gegenüber Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen, sondern vor allem im Vordringen der großen Boulevardzeitungen, die einen wesentlichen Eingriff in das Abonnentengeschäft mit sich bringen. Gerade die Zweitzeitungen sind bei den gegebenen Marktverhältnissen kaum zu einer eigenen Preispolitik in der Lage und bilden so eine ständige Herausforderung zu einem ruinösen Wettbewerb durch den jeweiligen Marktführer.
Dementsprechend haben in der Bundesrepublik die Zeitungen mit einer Verkaufsauflage über 150 000 in den letzten Jahren ihren Marktanteil um über 20 % auf 54 % zu Lasten der kleineren Zeitungen steigern können. Wir werden sehr sorgfältig zu prüfen haben, ob in dem internationalen Vergleich diese strukturelle Entwicklung in den Ländern positiv beeinflußt wird und wurde, in denen die Mehrwertsteuer bereits seit längerer Zeit erlassen worden ist. Es ist ein völlig zutreffender Hinweis, daß in fast allen anderen westlichen Ländern die Zeitungen von der Mehrwertsteuer befreit sind, und zwar auch in den Ländern, in denen die Mehrwertsteuern erheblich höher sind als in der Bundesrepublik und somit auch eine größere Bedeutung im Gesamtsteuersystem haben.
Aber in Ihren Anträgen findet sich kein Wort darüber, daß die wirtschaftlichen Entwicklungen in den einzelnen Zeitungsgrößenklassen verschieden



Dr. Hirsch
verlaufen und ob Ihre Vorschläge diese Strukturänderungen verändern können oder nicht. Es ist richtig, wie das der Pressebericht der Bundesregierung schon im Mai dargestellt hat, daß die beträchtliche Steigerung der Personalkosten, die Steigerung der Papierpreise bei denen der Mechanismus der Marktwirtschaft aus mir noch nicht einsichtigen Gründen wohl nicht zu funktionieren scheint — und schließlich der beträchtliche Gebührenanstieg im Post-Zeitungsdienst diese Strukturveränderungen drastisch und besorgniserregend beschleunigt.

(Benz [CDU/CSU] : Und der Rückgang des Anzeigengeschäfts!)

— Und der Rückgang des Anzeigengeschäfts, jawohl. Hinzu kommt -- ich will gerade darauf kommen —, daß das Stagnieren der Vertriebserlöse die Zeitungen immer mehr von der Entwicklung der Anzeigenerlöse abhängig und damit konjunkturanfällig macht. Das führt zu der bemerkenswerten Konsequenz, daß bei einem Rückgang der Anzeigenerlöse nur durch eine Auflagenbeschränkung die Wirtschaftlichkeit einer Zeitung erhalten werden kann. Eine solche Entwicklung kann nicht tatenlos hingenommen werden, völlig richtig.
Aber was hat zu geschehen?
Erstens. Das Gesetz über die Konzentration im Pressebereich ist unserer Meinung nach beschleunigt zu verabschieden. Durch eine zwingende vorbeugende Fusionskontrolle, muß sichergestellt werden, daß solche Fusionen unterbleiben — (Zurufe von der CDU/CSU)

— Herr Kollege, warten Sie bitte ab. Ich möchte Ihnen ein Bündel von drei verschiedenen Maßnahmen vorstellen, die unserer Meinung nach in sich zusammenhängen und die alle drei notwendig sind, um das Problem zu lösen.
Das erste ist das Konzentrationsgesetz. Es muß durch eine vorbeugende Fusionskontrolle sichergestellt werden, daß solche Fusionen unterbleiben, die wirtschaftlich nicht geboten sind. Es muß außerdem gesichert werden, daß wirtschaftlich gebotene Fusionen nicht zu einer weiteren Zusammenballung wirtschaftlicher und damit auch publizistischer Macht führen können.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Das müssen Sie auch mal unterscheiden lernen!)

Die Opposition wird bei diesem Gesetz Farbe bekennen müssen, ob für sie Pressefreiheit nur Verlegerfreiheit ist oder, wie Paul Sethe einmal formuliert hat, die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.

(Zuruf von der SPD: Es sind gar nicht mehr 200!)

— Und heute, muß man hinzufügen, sind es nicht einmal mehr 200.
Zweitens. Die Opposition wird erneut Farbe bekennen müssen, wenn die Bundesregierung das Presserechtsrahmengesetz vorlegt, das die innere Pressefreiheit in diesem Lande sichern soll. Dieses Gesetz wird die privatwirtschaftliche Struktur der
Presse festigen und sie nicht etwa aushöhlen. Das Gesetz wird die Regeln für die Zusammenarbeit von Verlegern und Journalisten statuieren, wie sie sich in zahlreichen Zeitungen in Redaktionsstatuten bewährt haben. Wir erfüllen damit nicht nur unerfüllte Vorhaben und Erklärungen früherer Bundesregierungen, sondern auch eindeutige Entscheidungen des 49. Deutschen Juristentages 1972, dem man wohl kaum, auch in Wahlkämpfen nicht, verfassungsfeindliche Umtriebe vorwerfen könnte. Wir freuen uns darüber — ich habe das vorhin schon teilweise zitiert, Frau Kollegin Walz —, daß auch der Deutschlandrat der Jungen Union ein Medienpapier beschlossen hat, das unseren Vorstellungen nahekommt, wenn es auch hinter ihnen zurückbleibt.

(Benz [CDU/CSU]: Meinen Sie die Vorstellungen der FDP?)

— Ich meine den Beschluß des Deutschlandrates der Jungen Union vom 12. Mai in Hannover.

(Benz [CDU/CSU]: Mit „unseren Vorstellungen", was meinen Sie damit?)

Es würde sich wirklich lohnen, wenn Sie das einmal selbst durchläsen.

(Benz [CDU/CSU]: Nein, Ihre Vorstellungen wüßten wir gern!)

— Herr Kollege, wollen Sie eine Zwischenfrage stellen?

(Benz [CDU/CSU]: Ja, gerne!)

— Bitte schön!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712606300
Herr Kollege Hirsch, Sie gestatten die Zwischenfrage? — Bitte!

Gerold Benz (CDU):
Rede ID: ID0712606400
Herr Kollege Hirsch, könnten Sie mir sagen, welches Ihre Vorstellungen sind? Sind das die des Herrn Innenministers, die er wieder zurückgezogen hat, oder sind es die Ihres Wiesbadener Parteitages, oder haben Sie inzwischen neue?

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712606500
Ich werde Ihnen das ganz genau erklären, Herr Kollege. Wir haben in Wiesbaden ein Medienpapier beschlossen, das unserer Meinung nach eine fortschrittliche und positive Medienpolitik ermöglicht. Auf der Grundlage von Gesprächen zwischen den Koalitionsfraktionen hat es einen Entwurf gegeben, und dieser Entwurf ist Gegenstand eines Hearings gewesen. Nun weiß ich nicht, ob Sie es als einen Nachteil bezeichnen wollen, wenn die Bundesregierung oder der Bundesinnenminister dieses Hearing nicht nur als ein Schaugeschäft veranstaltet, sondern das, was dort von den unmittelbar Betroffenen gesagt wird, daraufhin prüft, in welchem Umfange es Gegenstand einer gesetzlichen Regelung werden kann.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich wüßte nicht, Herr Kollege Benz, warum man
sich die Mühe eines Hearings machen sollte, wenn
man hinterher nur zu dem Ergebnis käme, daß der



Dr. Hirsch
Art. 1 der Mecklenburgischen Verfassung gelten, daß also alles beim alten bleiben soll.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712606600
Herr Kollege Hirsch, Sie gestatten eine weitere Zwischenfrage des Herrn Kollegen Benz?

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712606700
Aber ja, natürlich.

Gerold Benz (CDU):
Rede ID: ID0712606800
Herr Kollege Hirsch, können Sie mir erklären, wieso diese Bundesregierung oder der Herr Innenminister diese Zeit von Jahren brauchte, um diesen Vorentwurf eines Entwurfs zu einem Gesetz vorzulegen, und warum er bei der hervorragenden Beamtenarbeit nicht vor der Fertigstellung ein Hearing veranstaltet hat, um sich zu erkundigen?

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712606900
Ich bin Ihnen für diese Frage sehr dankbar. Sie wissen ja wie ich, daß es sich bei der Verwirklichung des Art. 5 des Grundgesetzes und bei allen Regulierungen der inneren Pressefreiheit um ein sehr diffiziles Gebiet handelt. Hier ist ja lange, lange gewartet worden, ob die Tarifpartner in ihren Verhandlungen über Redaktionsstatute autonome Regelungen entwickeln, die dem entsprechen, was man erwarten kann. Wenn Sie aber schon von Jahren reden: Der erste Referentenentwurf, der sich mit der inneren Pressefreiheit beschäftigt, stammt aus dem ersten Kabinett Adenauer.

(Hört! Hört! bei der FDP)

Sie müssen also einmal darüber nachdenken, wie lange Zeit Sie gebraucht haben — und Sie haben nicht einmal einen Entwurf vorlegen können.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Sie können also in diesem Zusammenhang keine Vorwürfe gegen uns erheben, daß wir in dem Entwurf nun konkret etwas angehen, was Sie in Ihren eigenen Reihen nur als Gedankenblase behandelt haben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712607000
Herr Abgeordneter Hirsch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) ?

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712607100
Aber selbstverständlich.

Dr. Carl-Ludwig Wagner (CDU):
Rede ID: ID0712607200
Herr Kollege Hirsch, können Sie mir sagen, ob Aussicht besteht, daß bei der Verbesserung des Entwurfs nicht nur die Ergebnisse des Hearings berücksichtigt werden. sondern auch die Meinung, die der Herr Bundeskanzler inzwischen zu diesem Entwurf geäußert hat?

(Dr. Glotz [SPD] : Mit Sicherheit, Herr Kollege!)


Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712607300
Der Herr Bundeskanzler hat sich dahin gehend geäußert, daß ihm die erste Fassung des Entwurfes zu detailliert sei.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Selbstverständlich ist das eine Überlegung, die man bei jeder gesetzlichen Regelung anstellen muß. Perfektionistische Gesetzentwürfe sind selbstverständlich nicht der Weisheit letzter Schluß.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie dem aber folgen wollen, hoffe ich, daß wir gemeinsam sehr schnell zu einer Einigung und zu einem bundeseinheitlichen Presserechtsrahmengesetz kommen, das notwendig ist. Sie haben ein solches Gesetz bisher nicht fertiggebracht.

(Benz [CDU/CSU] : Sie auch nicht!)

Sie bekämpfen ein solches Gesetz immer nur, mit welchen Positionen auch immer.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

Ich würde es dankbar begrüßen, wenn sich die Initiativen der Opposition nicht nur auf Konferenzen, Parteitagen, in Beschlüssen oder wo immer erschöpften, sondern wenn Sie hier in diesem Hause endlich einmal Farbe bekennen würden, wie Sie sich die Regelung der inneren Pressefreiheit konkret vorstellen. Es wäre ein ungewöhnliches Erfolgserlebnis, das wir hier erzielen könnten.

(Dr. Glotz [SPD] : Gießkannensubventionen statt Strukturpolitik! — Zurufe von der CDU/CSU)

Nun komme ich zum dritten Punkt, zu der Frage der wirtschaftlichen Hilfe. Es sind unserer Meinung nach auch außenwirtschaftliche Hilfen erforderlich, die sich aber nicht darauf beschränken dürfen, am Symptom zu kurieren,

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Sehr wahr! Das betrifft Fusionskontrolle und innere Pressefreiheit!)

sondern die langfristig geeignet sein sollten, zu stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen im Pressewesen zu führen. Voraussetzung dafür ist die Existenz gesicherter Zahlen. Von dem Pressestatistikgesetz kann man solche Zahlen kurzfristig nicht erwarten. Sie sind also nur durch Zusammenarbeit mit den Verlegern selbst zu erhalten. Man kann dem BDZV den Vorwurf nicht ersparen, daß er durch Unentschlossenheit, Handlungsschwäche und Geheimniskrämerei

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Geheimniskrämerei hat bei Ihnen gute Gründe!)

seit dem April 1974 bis heute ein halbes Jahr Zeit verplempert hat, innerhalb dessen die notwendigen Erhebungen längst hätten erfolgen können.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir begrüßen es, daß inzwischen mit dem BDZV über die Erhebung dieser Zahlen eine Verständigung herbeigeführt worden ist, so daß sie in Kürze vorliegen werden. Aber wir werden natürlich nicht heute Subventionen beschließen, die notwendigerweise zur Folge hätten, daß wir überhaupt keine Zahlen zu sehen bekämen. Wenn die zu erhebenden Zahlen eindeutig belegen, daß die Presse- und Meinungsvielfalt in diesem Lande ernsthaft bedroht ist, werden wir Freien Demokraten alles in unserer Macht Stehende tun, um auch durch wirtschaftliche



Dr. Hirsch
Hilfen diese Gefahr abzuwenden. Die konkreten Maßnahmen müssen sich nach dem konkreten Sachverhalt richten. Wir können in diesem Zusammenhang keines der zahlreichen denkbaren wirtschaftlichen Hilfsmittel von vornherein ausschließen.
Das gilt um so mehr, als gerade eine jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich betont, daß die schwierige wirtschaftliche Lage vieler Publikationsorgane und das Bestreben, die Vielfalt der Presse zu erhalten und zu stärken, es rechtfertigen, bestimmte Begünstigungen vorzusehen, ohne dadurch den Gleichheitssatz zu beeinträchtigen.
Dementsprechend kann auch der Erlaß der Mehrwertsteuer als ein denkbares Mittel nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Ein solcher Erlaß könnte nicht global sein, aber es wären Modelle denkbar, daß z. B. Gewinne erzielende Presseunternehmen sich verpflichten, den von den Ertragssteuern nicht erfaßten Teil der Subventionen in einen zweckgebundenen Fonds einzuführen.
Es gäbe auch andere Formen zweckgebundener Hilfe. Die Senkung der Gebühren im Postzeitungsdienst kann als ein denkbares Mittel nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Natürlich wird aber zu prüfen sein, ob aus der Liste des Postzeitungsdienstes nun alle 7000 Titel zu fördern sind, und wenn ja, in welcher Weise

(Dr. Klein [Göttingen) [CDU/CSU] Nach

welchen Kriterien wollen Sie denn selektieren?)
— gemach, lassen Sie mich doch wenigstens ausreden —, oder z. B. nur diejenigen, die einen besonders weiten Streubereich besitzen oder nach ihrer allgemeinen Aufgabenstellung nicht auf ein Individualinteresse, sondern auf die Meinungsbildung und Information der Gesamtbevölkerung ausgerichtet sind. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, gezielt vorzugehen, ohne durch die gezielte Förderung publizistischen Einfluß auszuüben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712607400
Herr Abgeordneter Hirsch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Benz?

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712607500
Aber natürlich!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712607600
Wobei ich hier sagen möchte, daß der Kreis derjenigen, die den Beratungen folgen, durch weitere Zwischenfragen immer intimer wird.

(Heiterkeit)


Gerold Benz (CDU):
Rede ID: ID0712607700
Nachdem der Kreis der Beratenden sowieso jahrelang intim war, würde sich doch sofort — —

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712607800
Herr Kollege, Sie müssen eine Frage stellen.

Gerold Benz (CDU):
Rede ID: ID0712607900
Herr Kollege Hirsch, können Sie mir den Schlüssel nennen, nach dem Sie dann selektieren?

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712608000
Ich weiß, daß Sie darauf hinauswollen, ob durch eine gezielte Förderung publizistischer Einfluß ausgeübt wird. Ich habe Ihnen soeben gesagt: dieses ist nicht notwendig. Man muß zunächst einmal die Zahlen haben, um den Sachverhalt zu kennen, um zu erkennen, welche einzelnen Verlage in Gefahr geraten und welche nicht. Sie wissen aus den Zahlen über den Postzeitungsdienst — vieleicht wissen Sie es auch nicht —, daß die Tageszeitungen von sich aus in unterschiedlichem Umfang vom Postzeitungsdienst Gebrauch machen. Der Anteil schwankt von 10 bis über 30 % der Auflage. Dies hängt wieder vom Charakter der Zeitung und davon ab, ob sie sich in einem dünnbesiedelten Verbreitungsgebiet befindet oder nicht. Hier lassen sich durchaus ganz allgemeine Kriterien finden, die dann generell auf vergleichbare Objekte anwendbar sein können, wenn das — ich wiederhole es — strukturell zu einer gesunden und stabilen Zeitungswirtschaft führen kann.
Ich fasse zusammen: Erstens. Das Grundrecht der Presse- und Informationsfreiheit nach Art. 5 unserer Verfassung begründet unsere wenn nicht rechtliche, dann zumindest politische Pflicht, die Meinungsvielfalt in diesem Lande zu sichern. Dazu gehört nach unserer Auffassung auch die Sicherung der inneren Pressefreiheit.
Zweitens. Zur Pressefreiheit gehört die privatwirtschaftliche Struktur der Presse. Sie ist nicht antastbar.

(Zustimmung des Abg. Benz [CDU/CSU])

Aber zu ihrem Charakter als einer wirtschaftlichen Unternehmung gehört auch die Verpflichtung, die Konzentrationsbewegung der Presse durch eine gesetzliche Regelung aufzuhalten.
Drittens. Die strukturellen Veränderungen unseres Pressewesens können nicht durch ein Kurieren am Symptom aufgehalten werden. Bei hohem finanziellen Aufwand würde man damit nichts erreichen. Darum ist es erforderlich, auf der Grundlage exakter Daten zu entscheiden, welche Maßnahmen am besten geeignet sind, am Pressemarkt stabile Verhältnisse zu erreichen, soweit das in einer Privatwirtschaft überhaupt möglich ist.
Viertens. Meine Fraktion ist entschlossen, auf dieser Grundlage zu handeln und alles zu tun, um die Presse- und Meinungsvielfalt in diesem Lande wirksam zu sichern.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712608100
Ich möchte dem Herrn Kollegen Hirsch sehr herzlich dafür danken, daß er weit über eine Viertelstunde unter der angemeldeten Zeit geblieben ist und damit den Ablauf der weiteren Beratungen gefördert hat.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lutz.

Egon Lutz (SPD):
Rede ID: ID0712608200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vieles von dem, was von den CDU-Spre-



Lutz
ehern hier vorgetragen wurde, war ganz offensichtlich für Verlegerohren bestimmt. Sie wollten sich in angenehme Erinnerung bringen und sozusagen ein kleines Dankeschön für publizistische Dauerunterstützung durch gewisse große Konzerne abstatten.

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

— Das ist ja nicht strafbar.
Aber glauben Sie nicht auch, daß Sie dem Problem nicht gerecht werden, wenn Sie in der heutigen schwierigen wirtschaftlichen Situation, in der sich einige Zeitungsunternehmen befinden, das Problem mit einem finanziellen Pflästerchen zukleistern wollen? Sie überschminken den Patienten. Das läßt ihn optisch günstiger erscheinen. Aber an der inneren Verfassung ändert sich nichts, und das Siechtum mancher Zeitungen wird dadurch schon gar nicht gebremst. Es siecht sich nur optisch schöner.
Viele und bewegende Klagen über das Schicksal der Verlage sind schon vorgetragen worden. Es ist nicht zu bezweifeln, daß einige Zeitungen wegen des Anzeigenrückgangs, wegen steigender Papierpreise in Kostendruck geraten sind, aber keineswegs alle Zeitungen, so daß eine allgemeine, ungezielte Hilfe nach dem Gießkannenprinzip diese Folgen hätte: Sie würden die Großen stärken und einen Konzentrationsprozeß mit Steuermitteln beschleunigen.

(Beifall bei der SPD)

Vor jeder Hilfe, so meinen wir, muß man den Zustand des Patienten Presse genau kennen. Dafür, daß solche Daten noch nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, muß man allerdings auch dem Bundesverband deutscher Zeitungsverleger einen Vorwurf machen. Die Gespräche haben sich wirklich seit dem März über Monate hingezogen. Da sind Briefe ausgetauscht und wieder zurückgenommen worden, da sind Einwände erhoben worden. So ist das Problem von den Verlegern — wie ich meine, sehr zum Schaden der Presse auf die lange Bank geschoben worden. Deswegen begrüßen wir es, daß es jetzt doch zu der notwendigen Bestandsaufnahme kommt, daß wir als Politiker Entscheidungshilfen bekommen, um eine gezielte Förderung der Presse vornehmen zu können.
Es ist eigentlich erstaunlich, daß Sie sich auf einem solchen Weg nicht anschließen. Es hätte Ihnen auch gut angestanden, wenn Sie hier in Ihren Reden auch ein paar höchst unangenehme Begleiterscheinungen der Pressekonzentration aufgegriffen, wenn Sie an die Tatsache erinnert hätten, daß so manche Zeitung mit Mann und Maus und über Nacht verhökert wurde in einem Stil, der für die Betroffenen nicht selten demütigend und erniedrigend war,

(Benz [CDU/CSU] : In Berlin, das ist wahr!)

von den sozialen Begleiterscheinungen gar nicht zu reden.
Im übrigen — und ich meine, auch dies sollte in diesem Hause einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden — sind nicht die Verlage allein in Schwierigkeiten geraten. Noch bedenklicher ist die Situation für manche Journalisten und freie Mitarbeiter. Wir haben rund tausend stellungsuchende Redakteure, die auf ein schmal gewordenes Berufsfeld zukommen. Die Chance, einen neuen Arbeitsplatz im publizistischen Bereich zu finden, ist zur Zeit sehr gering. Die unter Kostendruck geratenen Rundfunkanstalten vergrößern das Dilemma noch, indem sie zuerst da sparen, wo es am leichtesten ist: bei den freien Mitarbeitern. Das vergrößert die berufliche Misere. Auf immer weniger publizistische Arbeitsplätze warten immer mehr Arbeitsuchende. Und nicht wenige ausgemusterte Berufskollegen machen von den Möglichkeiten der Umschulung Gebrauch und suchen sich ein neues Betätigungsfeld, müssen sich ein neues Betätigungsfeld abseits der Medien suchen.

(Breidbach [CDU/CSU] : Wegen der Inflation!)

Ich meine also, Ihre mahnenden Worte und Ihre bewegenden Klagen würden sehr viel besser klingen und an Glaubwürdigkeit gewinnen, nähmen Sie sich auch dieses drängenden Problems an.
Um es noch einmal zusammenfassend zu sagen: Für gezielte Hilfen ist die SPD-Fraktion jederzeit zu haben. Dazu bedarf es Ihres Drängens nicht. Für Ihr grobschlächtiges, ungezieltes Instrument steuerlicher Erleichterungen, die dem Kleinen und dem Großen der Branche gleichermaßen zuflössen, finden Sie bei uns keine Partner. Gezielte Hilfen aber sind ohne genaue Bestandsaufnahme nicht möglich, und diese Bestandsaufnahme sollte so schnell wie möglich in Angriff genommen und abgeschlossen werden. Ihr Konzept — Sie mögen es uns noch so wortreich anpreisen läuft darauf hinaus, dem Großen im Zeitungsbereich die finanziellen Mittel dazu zu geben, seine Hechtrolle im Karpfenteich der bundesdeutschen Gazetten weiterspielen zu können. Sie erhalten nicht die Pressevielfalt, sie beschleunigen den Konzentrationsprozeß

(Zuruf von der CDU/CSU: Berliner SPDZeitungen!)

mit Steuersubventionen. Aber dazu warten Sie vergeblich auf eine Zustimmung aus unseren Reihen. Auf diesem Dampfer, meine Damen und Herren, bleiben Sie allein sitzen.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712608300
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Narjes.

Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712608400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die Rede des Kollegen Lutz hat einmal mehr erkennen lassen, wie die Blickverengung, die ein Denken in Klassenkampfvokabeln auslöst, das eigentliche Thema eher vernebelt, als es deutlich werden läßt.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

Andernfalls wäre es Ihnen nicht entgangen, daß unser Thema die Erhaltung der Pressevielfalt ist. Das
ist die Erhaltung selbständiger Redaktionen, der Ar-



Dr. Narjes
beitsplätze der Journalisten und Techniker und einer privatwirtschaftlichen Pressestruktur, die lebensfähig ist. Darum geht es uns und nicht um Vorwände für Manipulationen aller Art.

(Beifall bei der CDU! CSU — Zuruf von der SPD: Die Maßnahmen bewirken doch das Gegenteil! — Weitere Zurufe von der SPD)

Das Thema unseres Antrags ist durch den Umstand ausgelöst, daß die Existenz der Tagespresse nach unserer Ansicht in doppelter Hinsicht gefährdet ist. Sie ist wirtschaftlich gefährdet, weil wir seit knapp einem Jahr einen nachhaltigen Ertragsverfall der deutschen Tageszeitungen haben, der auf konjunkturpolitische, strukturpolitische und auch Rohstoffversorgungsgründe zurückzuführen ist, die sich sämtlich häufen und in ihrer Häufung eben diese beklagenswerte Auswirkung gehabt haben.
Im Gegensatz zu den Herren, die für die Bundesregierung und die Regierungsparteien gesprochen haben, sind wir der Ansicht, daß sich bei hinreichend sorgfältiger Betrachtung des vorhandenen Zahlenmaterials doch schon jetzt verläßliche Anhaltspunkte
defür ermitteln lassen, daß gehandelt weiden muß.
Zunächst die Vorbemerkung: Es macht statistisch wohl wenig aus, ob ich die Zahlenergebnisse von 8 auf 12 Monate hochrechne oder den 9. Monat abwarte, um dann auf 12 Monate hochzurechnen. Diese 8 Monate sind da. Insoweit könnte genügendes Material vorhanden sein.
Ich will Ihnen das mit Zahlen belegen, damit Sie wissen, wie wir gerechnet haben, und zwar auf der Basis der Zahlen bis einschließlich August, hochgerechnet nach den Vergleichszahlen und Daten des vergangenen Jahres auf das Ende 1974. Danach haben wir im Anzeigengeschäft mit Einbußen von 416 Millionen DM zu rechnen. Wir nehmen an das ist eine für die Verlage günstige Annahme —, daß davon etwa die Hälfte durch Mehreinnahmen für Annoncenpreiserhöhungen wieder ausgeglichen werden kann, so daß auf der Anzeigenseite insgesamt ein globaler Verlust von etwa 208 Millionen DM eintritt. Wir nehmen weiter an, daß sich die Personalkosten in diesem Jahr um etwa 170 Millionen DM erhöhen. Wir nehmen drittens an, daß die Papierkosten in diesem Jahr um 105 Millionen DM steigen; dabei haben wir schon den verminderten Papierverbrauch zugrunde gelegt.
Alles in allem sind das 483 Millionen DM Ertragseinbuße, denen auf der Einnahmenseite eine Verbesserung der Abonnementserlöse um etwa 97 Millionen DM gegenübersteht. Das ergibt eine Minimum-Ertragseinbuße von 386 Millionen DM. Dabei haben wir, weil wir das nicht ermitteln können, nicht hinzugerechnet, was in Druckereien an zusätzlichen Kosten für Rohstoffeinsatz und ähnliches angefallen ist.
Des weiteren wissen wir schon heute, daß 1975 die Papierkosten, auch wenn nur die Preise dieses zweiten Halbjahres fortgeführt werden, einen Mehraufwand von zusätzlichen 50 Millionen DM erfordern und daß der Postvertrieb, wenn nichts geändert wird, einen Mehraufwand von 16,7 Millionen DM auslöst. Hinzu kommen die Belastungen aus den Tarifverhandlungen des nächsten Jahres.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712608500
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt?

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0712608600
Herr Kollege Narjes, haben Sie bei Ihrer Prognose, die Sie hier stellen, diejenigen Zahlen berücksichtigt, die der Betriebsberater des Zeitungsverlegerverbandes, Herr Rutsatz, in „ZV+ZV" vom 2. Oktober gebracht hat, die doch ein ganz anderes Bild — auch in der Zusammenfassung von Herrn Rutsatz selbst, über die Gefährdungen ergeben, die er zwar nicht bestreitet, aber die er bei weitem nicht so einschätzt, wie das bei Ihnen jetzt zum Ausdruck kommt.

Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712608700
Vielen Dank für diese Frage, Herr Kollege Sieglerschmidt. Ich habe mich um das Rutsatz-Gutachten gekümmert. Wir haben nur festgestellt, daß unabhängig von den diskutablen, aber wahrscheinlich nicht haltbaren Ansätzen seines Betriebsvergleichsverfahrens — da gibt es erhebliche methodische Bedenken; wahrscheinlich ist ein Drittel bis ein Viertel der Verlage in seiner Repräsentativstatistik nicht enthalten, was ich aber jetzt beiseite lassen möchte — sein Zahlenwerk für das erste Halbjahr 1974 — ich spreche nur von 1974 — jedenfalls falsch sein wird und falsch sein muß. Keinesfalls kann das für dieses Jahr repräsentativ sein,

(Zuruf von der SPD: Dann müssen wir doch auf neue Zahlen warten!)

weil er a) die Papierpreise für das erste Halbjahr zugrunde gelegt, Lagerbestandsvorräte nicht hinreichend berücksichtigt und b) die Tarifabschlüsse des Monats April offenkundig noch nicht berücksichtigt hat, so daß seine Aussagen für 1974 — allein auf diese kam es an — für uns nicht zugrunde gelegt werden können.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712608800
Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712608900
Ich bitte, das nicht auf meine Redezeit anzurechnen; denn wenn die Antwort auch so umfangreich ausfallen muß, ist meine Redezeit mit den Antworten auf Fragen ausgefüllt.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712609000
Herr Kollege Narjes, sind Sie nicht bereit, uns zu glauben, daß wir diese Zahlen kennen, daß es aber überhaupt nicht auf die Global-zahlen, sondern auf die Frage ankommt, wie sich die Zahlen auf die einzelnen Größenklassen der Zeitungen aufteilen, worüber Sie überhaupt kein Material vorliegen haben?

(Beifall bei der SPD und der FDP)





Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712609100
Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mich einmal mehr darauf hinweisen, daß ich auf diesen Teil Ihrer Ausführungen später noch eingehend werde antworten müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jedenfalls reichen diese Zahlen für uns aus, diesen Tatbestand als hinreichend geklärt anzusehen und zu erklären, daß hier schnell geholfen werden muß und nicht erst nach einem Verfahren der langen Bänke, das irgendwann in den Jahren 1975 oder 1976 zu Reaktionen führen soll. Dann können die Kinder schon in den Brunnen gefallen sein. Ich weiß gar nicht, auf was Sie warten, wenn Sie jeden Monat irgendeine Meldung über eine weitere größere Pressekonzentration auf dem Tisch haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das sind doch alles nur Ausflüchte, die mit der Wirklichkeit einfach nicht mehr in Zusammenhang zu bringen sind.

(Zuruf des Abg. Reiser [SPD])

Wir haben auch andere Möglichkeiten von Einnahmeverbesserungen kritisch geprüft und feststellen müssen, daß eine weitere Erhöhung der Anzeigenpreise zu einer solchen Verringerung der Fläche führt, daß damit praktisch der Einnahmeneffekt kompensiert wird. Wir haben festgestellt, daß ,die Erhöhung der Abonnementspreise praktisch durch entsprechende Abbestellungen kompensiert wird. Wir wissen, daß kurzfristig Rationalisierungsmaßnahmen nicht in einem Umfang möglich sind, der hier ins Gewicht fällt. Alles in allem ist das eine Lage, die zum Handeln und nicht zu weiteren Verschiebemaßnahmen aufruft.
Allerdings habe ich bei den existenzgefährdenden Tatbeständen, die ich hier genannt habe, nicht die besonderen Kriterien der Zusammenbrüche der SPD-Zeitungen erwähnt. Ich meine, das liegt weniger an den erwähnten wirtschaftlichen Umständen als an der Tatsache, daß bei diesen Zeitungen immer ein Unternehmer gefehlt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die zweite Bedrohung — auch diese möchte ich sehr deutlich unterstreichen — erfolgt auf der politischen Seite. Ich erwähne dies besonders, nachdem Herr Kollege Hirsch auf diese Themen abgehoben hat. Ich bin der Ansicht, daß ein konsequenter Sozialismus — Herr Kollege Hirsch, ich spreche Sie an, obwohl ich Sie damit nicht als Sozialisten angesprochen haben möchte, der Sie wohl nicht sind —, selbst wenn er sich demokratisch nennt, und ein von Unternehmern getragenes und auf den Wettbewerb um das beste Informationsangebot sich gründendes Pressewesen einander ausschließen; denn die sind auf lange Sicht nicht mehr miteinander vereinbar.

(Zuruf von der SPD: Und nun?)

Da auch nicht ersichtlich ist, wie ohne eine privatwirtschaftliche Struktur auf längere Sicht die Pressevielfalt gewahrt werden könnte, sehen wir schon
im Denk- und Zielansatz des Sozialismus eine grundsätzliche Gefährdung der Pressefreiheit.

(Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das steht nicht zur Debatte! Klippschule ist das!)

Ich glaube, insoweit stimme ich mit Ihnen überein, da auch Sie deutlich gesagt haben, daß Sie die Pressefreiheit nicht ohne eine Privatstruktur als gewahrt ansehen.
Herr Kollege Hirsch, Sie sind natürlich in einer mißlichen Lage, wenn Sie hier eine Regierungspolitik verteidigen müssen, die zu 80 % von demokratischen Sozialisten getragen wird, die ihrerseits Ihre Prämissen nicht akzeptieren.

(Sieglerschmidt [SPD] : Sie wissen es genau!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712609200
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Hirsch?

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712609300
Herr Kollege, würden Sie dann diesem Auditorium verraten, welches Mitglied der Bundesregierung die Verstaatlichung der Presse verlangt?

Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712609400
Ich habe von den 80 % hinter der Bundesregierung stehenden demokratischen Sozialisten gesprochen. Ihnen ist doch bekannt, daß die Sozialdemokratie seit einiger Zeit Wert darauf legt, sich als Partei der demokratischen Sozialisten darzustellen,

(Zuruf von der SPD: Seit 100 Jahren!)

und daß sie dementsprechend ernst genommen wird.
Aber ich will etwas hinzufügen: Außer den Einzelmaßnahmen, die in dieser Richtung zu Besorgnissen Anlaß geben, die in unserer Antragsbegründung enthalten sind, gibt es noch etwas anderes, was mich sehr stutzig gemacht hat. Das ist die Tatsache, daß in dem Langzeitprogramm der SPD — ein Programm, das immerhin die Unterschrift des jetzigen Bundeskanzlers trägt und parteioffiziell ist — das Pressewesen, das Medienwesen ausgesprochen unter Klassenkampfgesichtspunkten angegangen wird

(Grobecker [SPD] : Was ist denn bei Ihnen Klassenkampf?)

„im Interesse der vielen gegen die Interessen der wenigen", wie es da in dem Jargon heißt. Gilt das alles nicht mehr?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712609500
Herr Abgeordneter Narjes, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt?

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0712609600
Herr Kollege Narjes, ist es Ihnen entfallen, oder haben Sie es bewußt unterlassen, bei Ihrer Argumentation darauf abzuheben, daß die sozialdemokratische Partei in ihren verbindlichen Medienbeschlüssen die privatwirtschaftliche Struktur der Presse ausdrücklich vorsieht?




Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712609700
Diesen sogenannten „parteiverbindlichen Medienbeschlüssen" kann ich wenig Glaubwürdigkeit zumessen.

(Beifall bei der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD — Grobecker [SPD] : Sie entscheiden, was glaubwürdig ist?!)

Sie stehen in einem krassen Widerspruch zu den sogenannten „Basistrategien" Ihrer radikalen Flügel, die sich schrittweise immer weiter durchsetzen, und diesen Widerspruch müssen Sie mit sich selbst ausmachen und nicht auf uns übertragen.

(Grobecker [SPD] : Die Sorgen möchte ich haben! — Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn also wirtschaftliche und politische Gefahren zusammentreffen, so mache ich keinen Hehl daraus, daß gerade die politische Entwicklung bei Ihnen uns mit Mißtrauen gegenüber allem und auch jenem erfüllt, was Sie im Detail vorschlagen.

(Grobecker [SPD] : Sie sind ein Oberklassenkämpfer!)

Wenn Sie das Wort Presse- und Medienpolitik in den Mund nehmen, habe ich den Verdacht, hier soll manipuliert werden, und diese Debatte hat mich darin bestärkt.

(Walkhoff [SPD] : Ein Pantoffelkapitalist!)

Wenn also dieses unsere Sicht Ihrer Politik und der damit verbundenen Gefahren ist, dann haben wir nur konsequent gehandelt, wenn wir Ihnen hier den Antrag vorgelegt haben, der ein Eilantrag, ein Notantrag ist und der ein Sofortprogramm enthalten und nicht etwa eine medienpolitische Gesamtkonzeption ablösen soll und deshalb auch nicht mit medienpolitischen Gesamtkonzeptionskriterien gemessen werden kann.

(Grobecker [SPD] : Die Sie ja ohnehin nicht haben! Ihr braucht keine Konzeption, ihr habt ja Springer!)

Die Einzelmaßnahmen, die wir nun vorgeschlagen haben, müssen erläutert werden, nachdem hier immer wieder von beiden Seiten der Regierungskoalition, von liberaler wie von sozialistischer Seite, der Vorwurf des Gießkannenprinzips oder der Abwesenheit von gezielten Maßnahmen in irgendeiner Form gemacht worden ist. Keiner von Ihnen, auch nicht auf der Regierungsseite, hat in irgendeiner Form darstellen können, wie man zielen kann, ohne der Versuchung der Manipulation Tür und Tor zu öffnen. Umgekehrt muß sich, wer den Gießkannenvorwurf erhebt, dem Verdacht aussetzen, sich Hebel schaffen zu wollen für Manipulation, für Selektion nach politischem Wohlverhalten.

(Grobecker [SPD] : Sie können nur verdächtigen! Das ist ganz fies!—Sieglerschmidt [SPD] : Wir haben doch morgen in Schleswig-Holstein keinen Wahlkampf! — Frau So kann man doch nicht diskutieren!)

Dr. Helga Timm (SPD):
Rede ID: ID0712609800
— Sehr verehrte gnädige Frau, ich habe nur auf
das abgehoben, was in Ihren Kreisen zur Medienpolitik außerhalb des Saales seit Jahren gesagt wird, und das sollte hier auch diskutiert werden. Dann sollen Sie wenigstens zur Kenntnis nehmen, daß aus diesen und anderen Gründen Ihre Politik hier im Hause mit soviel Vorbehalten empfangen wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712609900
Herr Abgeordneter Dr. Narjes, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Reuschenbach?

Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712610000
Gerne!

Peter W. Reuschenbach (SPD):
Rede ID: ID0712610100
Herr Kollege Narjes, geben Sie also mit Ihren letzten Bemerkungen zu, daß Sie bewußt und gewollt ungezielt und global agieren wollen?

(Beifall bei der SPD — Grobecker [SPD] : So ist es!)


Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712610200
Herr Kollege Reuschenbach, wenn Sie meine Ansicht zu diesem Thema zusammengefaßt haben wollen, kann ich es nicht besser tun als mit einem Zitat Ihres Kollegen Ahlers aus dem August dieses Jahres.

(Dr. Ritz [CDU/CSU] : So ist es!)

Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten dieses Zitat bringen:
Gut wäre es auch, wenn Helmut Schmidt die zuständigen Kabinettsmitglieder Friderichs, Maihofer und Apel anhalten würde, die Überlegungen des zu diesem Zweck eingesetzten Staatssekretärausschusses hinsichtlich gezielter Hilfsmaßnahmen für die Presse zu beschleunigen, und zwar ohne sich ständig von der Sorge hemmen zu lassen, der eine oder der andere Vorschlag könnte die Konzentration fördern. Eine gesunde Demokratie braucht die starke vierte Gewalt der Presse. Deshalb ist der Staat zur Unterstützung verpflichtet.
Das ist die erste Antwort, die ich Ihnen gebe.
Die zweite Antwort hat Ihnen Herr Kollege Zimmermann mit dem Zitat des Ihnen nahestehenden Chefredakteurs Feddersen gegeben, der ebenfalls, wenn ich mich nicht täusche, auf die Notwendigkeit abgehoben hat, daß kerngesunde, leistungsfähige Zeitungsverlage die beste Sicherung der Pressefreiheit sind.
Im übrigen wiederhole ich auch an Sie die Frage, die ich vorhin schon einmal gestellt habe: Kennen Sie Zielmöglichkeiten, die nicht Manipulationsmöglichkeiten sind? Auf diese Frage sind Sie bisher die Antwort schuldig geblieben. Wir haben auch bei angestrengtem Nachdenken nichts finden können, was dieses ausschließt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712610300
Herr Abgeordneter Narjes, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hirsch?




Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712610400
Ich möchte Ihnen gerade in diesem Zusammenhang helfen. Würden Sie es z. B. als eine unzulässige Manipulation betrachten, wenn man wirtschaftliche Unterstützungsmaßnahmen z. B. bindet an das Vorhandensein von Vollredaktionen, an ein bestimmtes Verhältnis von Anzeigentext zu redaktionellem Text, an eine Mindestseitenzahl von politischem Text, an bestimmte Umsatzgrößen, wenn man z. B. diese Vertriebssysteme stützen würde usw.? Ich bin in der Lage, Ihnen noch weitere zehn Kriterien vorzutragen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712610500
Herr Kollege, die Möglichkeit besteht; nur, die Geschäftsordnung läßt das so nicht zu.

Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712610600
Jedes dieser Kriterien verdient eine eigene Antwort, aber eines will ich Ihnen jetzt schon sagen — das haben Sie eben nicht vorgetragen —: In irgendeiner Form Zeitungen mit Verlusten stärker mit öffentlichen Hilfen zu bedenken, als Zeitungen, die Gewinne machen, zu unterstützen — —

(Dr. Hirsch [FDP] : Das ergibt sich doch aus dem Steuersystem!)

— Pardon, das ist etwas anderes. Das ist eine neutrale, rein ertragsmäßige Belastung des einzelnen Unternehmers. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollen Sie die Presseunternehmer, die Verluste machen, besser fördern als solche, die Gewinne machen.

(Grobecker [SPD] : Nein!)

— Doch; denn Sie wollen bei denen, die Gewinne machen, die Subventionen in irgendeiner Form mindern.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712610700
Herr Abgeordneter Narjes, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hirsch?

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712610800
Herr Kollege, ist es Ihnen denn wirklich unbekannt, daß die Verleger selber den Vorschlag gemacht haben, daß z. B. die Zeitungen, die in der Gewinnzone sind, die nicht weggesteuerten Teile in einen gemeinsamen Fonds einstellen? Ist Ihnen das, wenn Sie sich mit diesem Thema überhaupt beschäftigen, denn wirklich unbekannt geblieben?

Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712610900
Herr Kollege Hirsch, Sie täuschen sich, wenn Sie unterstellen, daß ich hier Verlegerpolitik mache. Ich bin auch bereit, die Pressefreiheit gegen die Verleger durchzusetzen. Mir ist es völlig gleichgültig, welche Vorschläge im einzelnen dort gemacht sind oder nicht. Ich behalte mir mein Urteil selbst vor.

(Zuruf von der SPD: Der kühle Klare aus dem Norden!)

Ich will noch folgendes hinzufügen. Jede Form der Pressesubvention, die das Verlustemachen prämiiert, ist eine der größten Sünden gegen die marktwirtschaftliche Ordnung überhaupt. Dann könnte der Beteiligte sich darauf verlassen, daß in irgendeiner Form letzten Endes Vater Staat zahlt und er drauflos wirtschaften kann. Dies wollen meine Freunde und ich auf jeden Fall vermieden wissen.

(Dr. Hirsch [FDP] : Sie machen es aber doch!)

— Nein, im Gegenteil. Unser Verfahren ist so einfach, so holzschnittartig, wenn Sie so wollen,

(Zurufe von der SPD: In der Tat! Richtig schlicht!)

daß Sie da keinen Ansatz für irgendeine Selektion nach politischem Wohlverhalten finden.
Sie kommen nicht — ich wiederhole es zum dritenmal — um die Antwort herum, wie Sie zielen wollen, ohne politisch zu manipulieren, ohne Ihre Freunde zu belohnen und Ihre Gegner zu bestrafen. Darum geht es, wenn wir die Pressefreiheit erhalten wollen, wenn Sie es ernst damit meinen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Genau das! — Zurufe von der SPD)

Ich möchte mich jetzt noch auf zwei Punkte konzentrieren. Der eine Punkt betrifft die Umsatzsteuer. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zur Vorlage des Bundesrats zwei Bemerkungen gemacht, von denen wir eine für rechtlich diskussionswürdig halten, nämlich die Frage, ob der Vorschlag — so, wie er eingebracht worden ist dem Diskriminierungsverbot des EG-Vertrags widerspricht. Er müßte eventuell erweitert werden. Die andere Frage, ob unser Mehrwertsteuervorschlag mit den Mehrwertsteuerrichtlinien der EWG in Einklang zu bringen ist, beurteilen wir nach gründlicher Prüfung anders als Sie. Wir müssen darüber in den Ausschüssen sprechen.
Zum Schluß, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich noch auf einen Vorgang eingehen, der hier im Zusammenhang mit den Erörterungen der letzten Wochen in besonderem Maße Aufsehen erregt hat. Es handelt sich um Meldungen, Herr Bundesminister Maihofer, aus denen sich ergibt, daß die Bundesregierung versucht haben soll, der Presse das Angebot zu machen oder ihr nahezulegen, auf der einen Seite Hilfsmaßnahmen zur Behebung ihrer gegenwärtigen Schwierigkeiten anzunehmen, dagegen auf der anderen Seite ihren Widerstand gegen eine gesetzliche Regelung der inneren Pressefreiheit aufzugeben. Diese Meldungen sind, soweit ich sehe, nicht dementiert worden.

(Parl. Staatssekretär Baum: Sind aber falsch!)

Ich bitte Sie, sie hier zu dementieren, andernfalls möchte ich Ihnen sagen, daß das einer der ungeheuerlichsten Vorfälle wäre, die ich kenne.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712611000
Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister.

Dr. Werner Maihofer (FDP):
Rede ID: ID0712611100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Narjes, Ihre Äußerungen fordern mich



Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer
nun doch heraus, zum Schluß noch einige Worte zu sagen — nicht nur, weil Sie mit Ihrer Intervention hier an der Sache stracks vorbeigezielt haben.

(Beifall bei der FDP und SPD)

Alles, was Sie eingangs über die globalen Mindereinnahmen, über die globalen Zusatzbelastungen gesagt haben, führt uns doch hier in der Sache keinen Schritt weiter. Denn hier geht es doch entscheidend darum — und das bestreitet niemand, der sich in der Presselandschaft heute auskennt —, daß wir auf der einen Seite Presseverlagsunternehmen haben, denen es — gleicherweise wie 1973 — gut geht, und auf der anderen Seite notleidende Presseunternehmen, die in der Tat in die Verlustzonen geraten sind.
Wenn wir nun in der Tat nicht zu einer Deformation von Politik kommen wollen — denen, die Not leiden, zuwenig, denen, denen es gut geht, zuviel zu geben und damit — ich sagte es vorhin schon — hier eben nicht wirksam zu helfen, sondern in der Tat nur eher den Zustand zu verschlimmern, in dem wir heute stecken —, dann müssen wir zu differenzierten Maßnahmen kommen.
Des weiteren glaube ich, daß Sie überhaupt nicht die prinzipielle Problematik sehen, in der wir hier stehen: eine nach unserem Bekenntnis privatwirtschaftlich organisierte Presse

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU]: Wenn es bloß beim Bekenntnis bleibt!)

mit ihrer öffentlichen Aufgabe in Einklang zu bringen, und zwar so, daß weder die privatwirtschaftliche Grundlage die öffentliche Aufgabe erschlägt noch — umgekehrt — die öffentliche Aufgabe die privatwirtschaftliche Grundlage vernichtet. Das ist doch hier das politische Problem.

(Beifall bei der FDP und SPD —Grobecker [SPD] : Das hat er nicht begriffen!)

Deshalb halte ich es für unerträglich — das hat mich hier heraufgebracht —, daß Sie mit der Stimmungsmache, ja, mit der Angstmache, wie sie landauf, landab betrieben wird, auch hier im Plenum des Bundestages fortfahren,

(Beifall bei der FDP und SPD)

unseren sozialliberalen Kollegen nun nicht nur einen demokratischen Sozialismus vorzuwerfen — was gibt es daran vorzuwerfen! —, sondern hier in Verdächtigungen auszubrechen, daß sie im Hinblick auf die Presse deren privatwirtschaftliche Grundlage in Frage stellten, wo es doch, nicht nur in dieser Regierung, sondern auch in jener Partei in dieser Hinsicht klipp und klare Beschlüsse gibt, so daß es hier keinen Millimeter Differenz auch zwischen Sozialdemokraten und Freien Demokraten gibt.

(Beifall bei der FDP und SPD)

Sie führen hier wirklich Gespensterschlachten von vorgestern,

(Beifall bei der FDP und SPD — Benz [CDU' CSU] : Es ist nicht zu fassen!)

ein solches Verhalten halte ich für unverantwortlich.
Denn dieses Verhalten untergräbt das Vertrauen in
die dieses parlamentarische System tragenden Parteien schlimmer als Scharen von Extremisten in unserem Lande.

(Beifall bei der FDP und SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712611200
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Narjes? — Bitte.

Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712611300
Herr Bundesminister, halten Sie es für einen Vorwurf, wenn ich die Angehörigen der Sozialdemokratischen Partei entsprechend ihren eigenen parteiamtlichen Äußerungen als demokratische Sozialisten bezeichne?

(Widerspruch bei der SPD — Frau Dr. Timm [SPD] : Was hat das damit zu tun?)


Dr. Werner Maihofer (FDP):
Rede ID: ID0712611400
Nein.

(Dr. Narjes [CDU/CSU]: Das haben Sie eben getan!)

— Nein, ich habe das genaue Gegenteil, wenn Sie genau hingehört haben, gesagt. Was ist denn da schon ein Vorwurf, habe ich gesagt, wenn man jemanden einen demokratischen Sozialisten nennt? Aber das Schlimme ist doch, daß Sie auf Grund dessen nun stracks zu dem Schluß kommen, diese demokratischen Sozialisten träten dafür ein, die privatwirtschaftliche Grundlage unserer Presse zu beseitigen. Das ist doch ungeheuerlich.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Einige gewiß!)

Das gleiche gilt für Ihre letzte Bemerkung insoweit danke ich Ihnen für Ihre Worte. Ich möchte hierzu klipp und klar feststellen: Es ist eine üble Unterstellung, daß es irgend jemanden gegeben haben könnte, der hier ein Kopplungsgeschäft angeboten hätte: wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen für die Presse gegen gesetzliche Maßnahmen etwa in einem Presserechtsrahmengesetz. Das ist eine unglaubliche Unterstellung. Aber mit so etwas — das muß ich nun wirklich beklagen — versucht man von seiten der Opposition, hier im Hause wie draußen, Medienpolitik zu machen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das wird gar nicht behauptet!)

— Aber sicher! Wer hat denn das in die Welt gesetzt? Doch nicht wir.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir?)

— Aber nein. Ich sage: drinnen und draußen. Es gibt ja, außer Ihnen hier drinnen auch draußen eine solche Opposition.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712611500
Herr Bundesminister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Narjes?

Dr. Werner Maihofer (FDP):
Rede ID: ID0712611600
Aber gern.




Dr. Karl-Heinz Narjes (CDU):
Rede ID: ID0712611700
Herr Bundesminister, ist diese Meldung, auf die ich mich bezogen habe und zu der ich Sie aufgefordert habe sie zu dementieren, von Ihnen vorher in irgendeiner Form in Abrede gestellt oder dementiert worden?

Dr. Werner Maihofer (FDP):
Rede ID: ID0712611800
Aber nein, weil sie ja so ungeheuerlich und so unglaublich ist, daß ein vernünftiger Mensch im Grunde auf solch einen Gedanken überhaupt nicht kommen kann.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wenn wir jeden solchen blanken Unsinn dementieren wollten, dann könnten wir jeden Tag in diesen vom Wahlkampf verrotteten Zeiten Dementis abgeben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712611900
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Beratung des Tagesordnungspunktes 20 fort.
Zur Begründung des Tagesordnungspunktes 20 d hat das Wort der Herr Bundesjustizminister.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0712612000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen der Medienpolitik und des Presserechts spielt das Zeugnisverweigerungsrecht des Journalisten seit jeher eine wichtige Rolle. Als ein Teilelement der 1848 als sogenannte März-Errungenschaft durchgesetzten Pressefreiheit findet es sich erstmals in Gesetzen einzelner Staaten des Deutschen Bundes, im Badischen Pressegesetz z. B. oder in der Württembergischen Strafprozeßordnung des 19. Jahrhunderts.
Abgesehen von den Jahren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist das Zeugnisverweigerungsrecht seitdem beständig fortentwickelt worden. Einen vorläufigen Abschluß erreichte diese Entwicklung in den Landespressegesetzen der 50er und 60er Jahre, in denen das Zeugnisverweigerungsrecht — bei allen Unterschiedlichkeiten im Detail — ganz allgemein nicht mehr als ein Privileg eines Berufsstandes, sondern als ein Ausfluß der vom Grundgesetz gewährleisteten Informations- und Meinungsfreiheit geregelt wurde. Seine Grenzen wurden dementsprechend weit gezogen, einschränkende Voraussetzungen wie etwa die Verurteilung oder zu erwartende Verurteilung des verantwortlichen Redakteurs aufgegeben.
Nach einer weitverbreiteten Meinung, die insbesondere von Presserechtlern vertreten wurde, bewegten sich die Bundesländer bei dem Erlaß dieser Vorschriften im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz für das Presserecht. Das Bundesverfassungsgericht hat sich jedoch dieser Auffassung nicht angeschlossen, sondern die einschlägigen Bestimmungen des Hessischen und auch des Hamburgischen Landespressegesetzes mit der Begründung für nichtig erklärt, es handele sich um eine Frage des Strafprozeßrechtes, für die allein der Bund zuständig sei.
Die so entstandene Lücke muß nun durch den Bundesgesetzgeber alsbald geschlossen werden. Zu diesem Zweck liegen Ihnen heute drei Entwürfe in erster Lesung vor; nämlich der Entwurf der Bundesregierung, ein Entwurf des Bundesrates und ein Entwurf der Opposition. Alle drei Entwürfe zeigen ein erfreuliches Maß an Übereinstimmung und knüpfen sämtlich an die liberalen Regelungen etwa des Hessischen, des Hamburgischen und des Bayerischen Landespressegesetzes von 1949 an. Das gilt für die Abgrenzung des zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personenkreises ebenso wie für die Ergänzung des Zeugnisverweigerungsrechts durch ein deckungsgleiches Beschlagnahmeverbot. Ich kann mich deshalb im wesentlichen auf die Darlegung der zwischen den Entwürfen bestehenden Unterschiede konzentrieren. In der Hauptsache geht es dabei um folgende vier Punkte.
Erstens. Der Regierungsentwurf will ebenso wie der Oppositionsentwurf das Zeugnisverweigerungsrecht nicht nur für das Strafverfahren, sondern einheitlich für alle Verfahrensordnungen, also auch für das Zivilprozeßverfahren, das Verwaltungsgerichts- und das Finanzgerichtsverfahren, das Arbeits- und das Sozialgerichtsverfahren und für das Verfahren in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, regeln. Der Bundesratsentwurf beschränkt sich demgegenüber auf das Verweigerungsrecht im Strafverfahren.
Schon im Interesse der Rechtsvereinheitlichung verdient meines Erachtens der Regierungsentwurf den Vorzug.
Zweitens. Regierungsentwurf und Bundesratsentwurf sehen das Zeugnisverweigerungsrecht für alle Straftaten vor. Der Oppositionsentwurf hingegen will für einige besonders schwere Delikte Ausnahmen machen, d h. in diesen Fällen die Journalisten der allgemeinen Zeugnispflicht unterwerfen.
Es geht hier um die Abwägung zwischen der Informationsfreiheit einerseits und dem Interesse der Gemeinschaft an der Aufklärung und Aburteilung schwerer und schwerster Straftaten andererseits. Diese Abwägung sollte im Verlauf des weiteren Gesetzgebungsverfahrens mit Bedacht vorgenommen werden. Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß in den meisten Bundesländern seit zehn und mehr Jahren ein uneingeschränktes Verweigerungsrecht gegolten hat, ohne daß negative Auswirkungen bekanntgeworden wären. Außerdem bleibt ja die allgemeine strafrechtlich sanktionierte Pflicht, drohende besonders schwere Verbrechen nach § 138 des Strafgesetzbuches anzuzeigen, unberührt.
Drittens. Der Regierungsentwurf und der Bundesratsentwurf beschränken das Verweigerungsrecht auf den redaktionellen Teil. Der Oppositionsentwurf will das Recht auch auf den Anzeigenteil ausdehnen.
Das erscheint problematisch, denn bei den Anzeigen stehen wohl eher wirtschaftliche Interessen, nicht aber Belange der Information und der Meinungsäußerung im Vordergrund. Auch ist in den letzten Jahren — so etwa von Hehlern und Erpressern — zunehmend versucht worden, Inserate zu strafbaren Zwecken zu mißbrauchen.



Bundesminister Dr. Vogel
Viertens. Alle drei Entwürfe regeln wegen des engen Zusammenhangs auch die Zuständigkeit für die Beschlagnahme von Beweismaterial in Redaktions- und Verlagsräumen oder in einer Rundfunkanstalt in den noch verbleibenden Fällen sowie für die Beschlagnahme von Druckwerken, bei denen wegen ihres strafbaren Inhalts mit einer Einziehung im objektiven Verfahren zu rechnen ist.
Der Regierungsentwurf will die Anordnung solcher Beschlagnahmen wegen ihrer weitreichenden Folgen dem Richter vorbehalten. Der Bundesratsentwurf und die Opposition machen hier abweichende Vorschläge, die in den Ausschußberatungen noch zu prüfen sein werden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im vorliegenden Falle ist den Organen der Gesetzgebung sicherlich keine Reformaufgabe gestellt. Es geht hier nicht primär um die Erneuerung oder Fortentwicklung unseres Rechts; es geht vielmehr um die rasche Übernahme bewährter landesrechtlicher Regelungen in das Bundesrecht, um die Übernahme von Regelungen, die das in der Bundesrepublik Deutschland erreichte hohe Maß an Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit auch für die Zukunft gewährleisten. Dies sollte uns in gemeinsamer Arbeit bald gelingen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712612100
Meine Damen und Herren, damit ist der Entwurf auf Drucksache 7/2539 begründet.
Ich erteile nunmehr dem Herrn Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen) das Wort. Ich gehe davon aus, daß Sie den Entwurf des Gesetzes zum Schutz von Redaktionsgeheimnissen auf Drucksache 7/1681 begründen werden. Bitte, Herr Kollege!

Prof. Dr. Hans Hugo Klein (CDU):
Rede ID: ID0712612200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag nimmt, wenn ich es recht sehe, jetzt den zweiten und, wie wir alle hoffen, diesmal erfolgreichen Anlauf zur Bewältigung eines lange wie ich meine, allzu lange — schon anstehenden Problems, des Problems der bundeseinheitlichen Regelung des Zeugnisverweigerungsrechts für die Mitarbeiter von Presse und Rundfunk.
Schon in der vierten Legislaturperiode haben sich der Bundesrat und auch der Bundestag intensiv mit dieser Materie beschäftigt. Danach ist die Angelegenheit in Vergessenheit geraten. Das hat hauptsächlich dadurch geschehen können, daß die Landespressegesetze ein im einzelnen freilich recht unterschiedlich ausgestaltetes Zeugnisverweigerungsrecht enthielten, durch welches dem Bundesgesetzgeber die Verantwortung abgenommen zu sein schien. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, auf die der Herr Bundesjustizminister hingewiesen hat, haben uns insoweit eines Besseren belehrt. Unter den Parteien dieses Hauses besteht erfreulicherweise Einigkeit darüber, daß — und sehr weitgehend auch wie — eine Novellierung der geltenden bundesgesetzlichen Regelungen erforderlich ist, und zwar nicht nur im Bereich des
Strafverfahrensrechts, sondern auch im Bereich des Zivilprozesses und des finanzgerichtlichen Verfahrens.
Die CDU/CSU-Fraktion tut sich einiges darauf zugute, daß sie zu einem sehr frühen Zeitpunkt, nämlich bereits im März dieses Jahres, dem Hause einen Entwurf vorgelegt hat, einen Entwurf, der längst die Form des Gesetzes hätte annehmen können, wenn die Fraktionen der Koalition bereit gewesen wären, auf seiner Grundlage die Beratungen aufzunehmen, statt abzuwarten, bis die Regierung endlich in der Lage war, einen eigenen Entwurf vorzulegen.
Jede gesetzliche Regelung des Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten, und zwar einschließlich der parallel dazu erforderlichen Regelung des Beschlagnahme- und Durchsuchungsrechts, muß zwei Erfordernisse sehr sorgfältig gegeneinander abwägen. Auf der einen Seite steht der um der Freiheit der Presse und des Rundfunks und um der möglichst vollständigen Information der Bürger willen notwendige Schutz des Redaktionsgeheimnisses, auf der anderen Seite der rechtsstaatlich ebenso gebotene, vom Staat zu gewährende Schutz des Bürgers vor unzulässigen Einbrüchen in seine Rechtssphäre, aber auch der Schutz des Staates selbst vor gefährlichen Angriffen auf seinen Bestand.
Das Bundesverfassungsgericht — auch die Begründung des Regierungsentwurfs weist darauf hin — hat mit großem Nachdruck hervorgehoben, daß die Einräumung von Zeugnisverweigerungsrechten stets eine erhebliche Behinderung der Rechtspflege darstellt, die, um vor der Verfassung Bestand haben zu können, jeweils einer besonderen Legitimation bedarf. Das Zeugnisverweigerungsrecht der Journalisten steht in einem unübersehbaren Bezug zur verfassungsrechtlichen Garantie der Freiheit der Presse wie des Rundfunks. Das Bundesverfassungsgericht sagt mit Recht — ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten —:
Zur verfassungsrechtlich verbürgten Freiheit der Presse gehört als wesentliche Voraussetzung ihrer Funktionsfähigkeit auch ein gewisser Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Presse und privaten Informanten. Er ist unentbehrlich, da die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle aber nur dann ergiebig fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisse verlassen kann. Das Recht der Presseangehörigen, die Aussage über den Inhalt von Mitteilungen und die Person des Informanten unter bestimmten
Voraussetzungen zu verweigern, dient unmittelbar diesem Schutz und trägt dadurch mittelbar zur Gewährleistung einer institutionell eigenständigen und funktionsfähigen Presse bei.
Soweit das Zitat.
Aus diesen Ausführungen kann nun sicherlich nicht abgeleitet werden — wie es wohl die Begründung zum Regierungsentwurf versucht —, das Bundesverfassungsgericht oder das Verfassungsrecht überhaupt fordere ein völlig einschränkungsloses Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten. Die



Dr. Klein (Göttingen)

Formulierungen, deren sich das Gericht bedient hat und die ich hier betont habe, bezeugen vielmehr im Gegenteil, daß nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts im Interesse einer funktionsfähigen Rechtspflege ein solches Zeugnisverweigerungsrecht gewissen Einschränkungen unterworfen werden muß.
Der von meiner Fraktion eingebrachte Entwurf trägt diesem Umstand Rechnung. Der Regierungsentwurf hingegen verzichtet auf jegliche Einschränkung und vernachlässigt damit die Bedürfnisse der Rechtspflege in einer, wie wir meinen, nicht mehr vertretbaren Weise. Diese Einsicht scheint sich übrigens unterdessen auch der Bundesregierung selbst bemächtigt zu haben; denn in ihrer Gegenäußerung zu der Stellungnahme des Bundesrates wird eingeräumt, daß im Laufe der weiteren parlamentarischen Beratungen über Ausnahmen vom Zeugnisverweigerungsrecht noch wird beraten werden müssen. Der Herr Bundesjustizminister hat soeben diese Äußerung der Bundesregierung noch einmal bestätigt.
Angesichts dieser Lage vermag ich den Verdacht nicht ganz von der Hand zu weisen, daß die Bundesregierung um eines kurzfristigen Propagandaeffektes willen zunächst auf solche Ausnahmen verzichtet hat, wohl wissend, daß sie im Endergebnis nicht zu umgehen sein werden. Der Entwurf meiner Fraktion zeichnet sich, glaube ich, in diesem Punkte den Journalisten gegenüber durch ein größeres Maß an Redlichkeit aus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Übrigens befinden wir uns da in voller Übereinstimmung mit Vorstellungen, die noch vor zehn Jahren auch in SPD und FDP vertreten worden sind. Der Bundesrat hat damals mit den Stimmen SPD-regierter Länder einen Gesetzentwurf zur Änderung der Strafprozeßordnung angenommen, der über die heute von der CDU/CSU vorgeschlagenen Beschränkungen des Zeugnisverweigerungsrechts der Journalisten nicht unerheblich ,hinausging. Das gleiche gilt für einen damals von der FDP eingebrachten Gesetzentwurf, zu dessen Begründung die damalige Abgeordnete Frau Dr. Diemer-Nicolaus überaus beherzigungswerte und nachlesenswerte Äußerungen während der ersten Lesung gemacht hat.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Die war ja zu weit rechts!)

Sehr deutlich hat sich in diesem Zusammenhang auch der damals von der FDP gestellte Bundesjustizminister ausgesprochen, Herr Dr. Bucher, der in der Sitzung des Bundestages vom 5. Februar 1964 das folgende gesagt hat — ich zitiere noch einmal mit der Erlaubnis des Herrn Präsidenten —:
Ein solch uneingeschränkter Vorrang der Pressefreiheit
— er setzte sich damals mit einem Entwurf der SPD-Fraktion auseinander —

(Sieglerschmidt [SPD] : Aha!)

läßt sich nach Auffassung der Bundesregierung aus Art. 5 des Grundgesetzes nicht begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist vielmehr zwischen den Erfordernissen einer freien Presse einerseits und
den Belangen der Strafverfolgung andererseits abzuwägen und ein Ausgleich zu finden. Dabei sind zu den Belangen der Strafverfolgung auch die Belange der Strafverfolgten zu zählen. Diese Rechtsprechung macht deutlich, daß es Grenzen des Zeugnisverweigerungsrechts geben muß. Daß Interesse der Presse am Schutz ihrer Informationsquellen muß dann zurücktreten, wenn der Schutz höherrangiger Rechtsgüter, der zu den Aufgaben der Strafrechtspflege gehört, dies erfordert.
Diesen Darlegungen, meine Damen und Herren, kann ich nur uneingeschränkt zustimmen.
Wir sind uns des besonderen Verhältnisse zwischen Journalisten und Politikern sehr wohl bewußt. Aber das sollte uns, meine ich, nicht veranlassen, eines gerade bei den verantwortungsbewußten Journalisten sicherlich nur kurzfristig, wenn überhaupt, zu erzeugenden good Will halber zum Nachteil der Rechtspflege und derjenigen, die sich ihrem Schutz anvertrauen und auf ihn angewiesen sind, auf jegliche Beschränkungen des Zeugnisverweigerungsrechts zu verzichten. Solche oberflächliche Effekthascherei verträgt sich jedenfalls nicht mit jenem Verständnis einer verantwortungsbewußten Politik, zu dem wir uns als Christliche Demokraten bekennen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Übrigens — und dies als abschließende Berner-kung —, auch der Deutsche Presserat hat sich im Jahre 1963 zu den hier vertretenen Grundsätzen bekannt. In seinen damaligen Leitsätzen zum Zeugnisverweigerungsrecht der Presse heißt es wörtlich — und ich erbitte ein letztes Mal die Erlaubnis für ein Zitat —:
Der Schutz des Berufsgeheimnisses hat dann zurückzutreten, wenn der Bestand oder die Sicherheit des Staates und seine freiheitlichdemokratische Grundordnung in Gefahr sind. Bei strafprozessualen Maßnahmen ist zwischen den Erfordernissen einer freien Presse und denen der Strafverfolgung abzuwägen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, über die Einzelheiten wird in den folgenden Beratungen eingehend zu reden sein. Da wir uns, wie gesagt, über die Notwendigkeit einer Novellierung des geltenden Rechts einig sind, sollten diese Beratungen beschleunigt vonstatten gehen. Es wäre unerträglich, wenn sie sich abermals über diese Legislaturperiode hinaus verzögerten.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712612300
Zur Begründung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung — Drucksache 7/2377 — wird das Wort nicht gewünscht.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sieglerschmidt.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0712612400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich zu-



Sieglerschmidt
nächst ein paar Bemerkungen zum Gesamtgegenstand dieses Tagesordnungspunktes mache. Die verbundene Debatte über diesen Punkt umfaßt Materien aus den verschiedensten Bereichen der Gesetzgebung: Statistik, Steuerrecht, Post, Wirtschaft, Prozeßrecht und Strafrecht. Was diese Gesetzentwürfe und den Antrag der Opposition miteinander verbindet, ist die Tatsache, daß es bei ihnen in der einen oder anderen Weise um die Presse geht, um ihre wirtschaftliche Lage einerseits und um die Rechte und Pflichten der in der Presse Tätigen im Bereich der Rechtspflege andererseits, wobei die Einordnung hinsichtlich der Geheimnisverletzung nach § 353 c des Strafgesetzbuches nur bedingt zutrifft. Davon wird noch zu sprechen sein. Offenbar wollte der Ältestenrat mit der Entscheidung für die verbundene Debatte allen denen sozusagen durch konkludente Handlung widersprechen, die innerhalb und außerhalb dieses Hauses ihre Einfallslosigkeit und ihren Konservatismus hinter dem flotten Satz zu verbergen suchen: Die beste Medienpolitik ist keine.

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Hat das jemand von uns gesagt?)

— Herr Kollege Klein, der Herr Kollege Benz hat sich auf einer Tagung, auf der ich auch war, z. B. in diesem Sinne geäußert.
Was wir hier miteinander diskutieren, sind Teilbereiche der Medienpolitik. Zwei weitere werden uns in den nächsten Monaten beschäftigen, die Pressefusionskontrolle und das Presserechtsrahmengesetz. Es ist gut, so meine ich, daß durch diese Debatte deutlich wird, daß zwischen jenen Teilbereichen Zusammenhänge bestehen, die ihre sinnvolle Zuordnung zueinander erfordern, Zusammenhänge, mit denen wir Sozialdemokraten uns schon sehr ernsthaft zu einer Zeit beschäftigt haben, als andere noch nicht daran dachten, dies zu tun.
Lassen Sie mich diese Zusammenhänge kurz verdeutlichen. Die wachsende Pressekonzentration, die uns allen schwere Sorgen bereitet, weil sie die Erhaltung von Informations- und Meinungsvielfalt gefährdet, ist zweifellos zu einem erheblichen Teil die Folge wirtschaftlicher Zwänge, deren Ursachen bekannt sind. Darüber besteht zwischen allen Beteiligten Einigkeit. Streitig ist jedoch, welche Maßnahmen geeignet sind, diese wirtschaftlichen Zwänge für die in Frage kommenden Verlage zu beseitigen oder doch wenigstens zu mildern, und bis zu welchen Grenzen es die Haushaltslage erlaubt, hierfür öffentliche Mittel sei es im Wege der Subvention oder sei es im Wege des Einnahmeverzichts — bereitzustellen. Darüber ist heute schon viel gesprochen und gestritten worden.
Es ist aber einfach nicht richtig, so zu tun, als ob wirtschaftliche Zwänge die einzige Ursache der Pressekonzentration seien. Wirtschaftliches und publizistisches Machtstreben spielt dabei des öfteren eine durchaus beachtliche Rolle. Wem es also mit der Bekämpfung der Pressekonzentration ernst ist, der muß auch für eine wirksame Fusionskontrolle im Bereich der Presse eintreten, die der Ausdehnung von Verlagsimperien entgegentritt, soweit diese ohne wirtschaftliche Notwendigkeit geplant ist, die in Fällen unvermeidbarer Zusammenschlüsse oder Kooperationen aber auch der Erhaltung von Informations- und Meinungsvielfalt Beachtung zu verschaffen versucht. Wer die Fakten auf diesem Gebiet kennt und nüchtern wertet, wird sich indessen keine Illusionen darüber machen, daß auch, wenn alle Vorschläge, die die Opposition in ihrem Antrag gemacht hat, verwirklicht werden würden und der Regierungsentwurf zur Pressefusionskontrolle bereits Gesetz geworden wäre, einstweilen gegen den Fortgang der Pressekonzentration nur begrenzte Erfolge zu erzielen sind.
Diese Einschätzung wird durch einen Blick auf die Situation in anderen Ländern mit freier Presse bestätigt. Obwohl dort der Staat nach Meinung des Zeitungsverlegerverbandes — davon ist heute ja auch gesprochen worden — sehr viel mehr für die Presse tut als bei uns, ist die Konzentrationsbewegung in den meisten dieser Länder weiter fortgeschritten als in der Bundesrepublik.
Hier zeigt sich nun ein weiterer Zusammenhang zwischen medienpolitischen Teilbereichen, und es stellt sich die Frage, Was im Zustande wachsender Pressekonzentration getan werden kann, um wenigstens ein Mindestmaß an Informations- und Meinungsvielfalt zu erhalten. Ein Mittel dazu ist sicherlich eine bessere rechtliche Absicherung der journalistischen Unabhängigkeit in den Redaktionen. Zwar ist dies keineswegs das einzige Ziel des vorgesehenen Presserechtsrahmengesetzes. Doch kann man die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für das, was man innere Pressefreiheit nennt, sicherlich als das Kernstück dieses Gesetzentwurfs bezeichnen.
Kritische journalistische Unabhängigkeit im Dienste der Öffentlichkeit wird aber auch durch ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten und andere an der Herstellung der Zeitung Beteiligte gestärkt. Lassen Sie mich, Herr Kollege Klein, hier zwei Bemerkungen zu Ihrem Beitrag machen. Ich glaube, wir können völlig darüber einig sein, daß weder das Verfassungsrecht noch das Verfassungsgericht ein uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten zwingend fordern. Aber ich glaube, so wie selbstverständlich das geltende Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten in § 53 der Strafprozeßordnung nicht verfassungswidrig ist, wäre auch ein uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten in verfassungsrechtlicher Hinsicht keineswegs bedenklich.

(Zuruf des Abg. Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU])

Eine zweite Bemerkung zu der Frage des Propagandaeffekts. Herr Kollege Klein, ich wollte dazu eigentlich einen Zwischenruf machen oder eine Zwischenfrage stellen. Wenn es um den Propagandaeffekt geht, so gucken Sie doch einmal auf Ihren Streichungsantrag zu § 353 c und auf vieles andere, was heute hier gesagt worden ist.

(Beifall bei der SPD — von Schoeler [FDP] : Sehr gut!)




Sieglerschmidt
Lassen Sie mich fortfahren. Wir würden den Entwurf eines bundeseinheitlichen Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten wahrscheinlich erst als Artikel des Presserechtsrahmengesetzes beraten, wenn nicht das Bundesverfassungsgericht durch seine Beschlüsse von November 1973 und Februar 1974 entschieden hätte, daß die entsprechenden Vorschriften der Landespressegesetze nichtig sind. Man könnte es sich nun einfach machen und feststellen, daß sich der Bund an derjenigen Regelung zu orientieren habe, die bisher fast ausnahmslos in allen Ländern gegolten hat und durch die den Journalisten ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht eingeräumt worden war, zumal es dabei offensichtlich zu keinen Schwierigkeiten in der Rechtspflege und insbesondere in der Strafverfolgung gekommen ist. Dies gilt übrigens auch für die Ordnungszelle Bayern. Bayern hat schon seit langem kraft Landespressegesetz ein uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht. Gesetz und Ordnung und Strafrechtspflege sind deswegen in diesem Lande keineswegs ins Wanken geraten.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Auch nicht bei der „Quick"?)

— Nein, auch dort nicht. Das Thema kommt noch; ich will es meinen Kollegen vorbehalten, darüber zu sprechen, Herr Kollege Hauser.
Angesichts der Tatsache, daß der Oppositionsentwurf den Journalisten nur ein erheblich eingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht zugestehen will — bei etwa 40 Straftatbeständen soll das Zeugnisverweigerungsrecht unter bestimmten Voraussetzungen nach Auffassung der Opposition nicht bestehen —, der Bundesrat in dieser Frage eine wankelmütige Haltung an den Tag gelegt hat nämlich einmal so und dann wieder so — und auch die Bundesregierung sich in diesem Punkt immerhin diskussionsbereit zeigt, erscheint es angebracht, diesem Problem noch ein wenig nachzugehen.
Mir scheint die entscheidende Frage allerdings nicht die des Ausmaßes des Zeugnisverweigerungsrechts zu sein, sondern wesentlich wichtiger ist die Entscheidung, welchen Personengruppen es zu gewähren ist. Grundsätzlich ist in dieser Beziehung sicherlich große Zurückhaltung geboten. Eine uferlose Ausweitung würde eine geordnete Rechtspflege ernstlich beeinträchtigen. Wir täten gut daran, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, etwaigen Wünschen weiterer Berufsgruppen auf Gewährung des Zeugnisverweigerungsrechts mit großer Reserve zu begegnen. Die in diesem Fall notwendige sorgfältige Abwägung muß jedoch bei den Journalisten zu einem positiven Ergebnis führen.
Wesentlicher Bestandteil der Wahrnehmung des Grundrechts der Pressefreiheit ist die Funktion der Presse, Kritik zu üben und gegebenenfalls in diesem Zusammenhang bestehende Mißstände aufzudecken. Es liegt auf der Hand, daß diese Funktion nur wirksam erfüllt werden kann, wenn die Journalisten nicht gezwungen sind, die Quellen ihrer Informationen preiszugeben. Jede Einschränkung kann in dieser Hinsicht die journalistische Arbeit nur zu leicht beeinträchtigen.
Nun wird hier eingewandt, daß in Fällen schwerer Kriminalität, Herr Kollege Klein, das Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung vorgehen müsse. Doch dieser Einwand überzeugt mich nicht. Zunächst ist zu fragen, warum er dann nur für die Journalisten, nicht aber für die vier anderen in § 53 der Strafprozeßordnung aufgeführten Berufsgruppen gelten soll. Ist die Gefahr des Mißbrauchs oder der Behinderung der Rechtspflege bei den Journalisten vielleicht größer? Die praktische Erfahrung mit den geltenden landesrechtlichen Bestimmungen gibt zu dieser Vermutung keinen Anlaß.
In dem Entwurf der Opposition wird der Versuch gemacht, die für notwendig gehaltene Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts gewissermaßen an objektive Kriterien zu binden. Die zu diesem Zweck vorgenommene Anknüpfung an § 100 a StPO ist jedoch nicht überzeugend. Bei dieser Bestimmung geht es doch um etwas ganz anderes, nämlich um die Telefonüberwachung von Personen, die auf Grund bestimmter Tatsachen als Täter oder Teilnehmer der dort genannten Straftaten verdächtigt sind. Es handelt sich also um Beschuldigte. Das ist etwas qualitativ anderes als das Zeugnisverweigerungsrecht.
Im übrigen sind — der Herr Bundesjustizminister hat das schon erwähnt — Journalisten selbstverständlich auch bei uneingeschränktem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 138 StGB verpflichtet, geplante schwere Straftaten, von denen sie Kenntnis erhalten haben, anzuzeigen. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß sich die in § 138 StGB und die in § 100 a StPO genannten Straftatbestände weitgehend dekken.
Fragwürdig sind Einschränkungen des Zeugnisverweigerungsrechtes für Journalisten auch im Hinblick darauf, daß es für sie zu den Regeln beruflichen Anstandes gehört — wie es die Internationale Journalistenföderation ausgedrückt hat—, sich eher in Beugehaft nehmen zu lassen, als ihre Informanten preiszugeben. Angesichts dieses Verhaltens der Journalisten, das in den letzten Jahren mehrfach durch Fälle in der Praxis belegt ist, ist von .den Einschränkungen des Zeugnisverweigerungsrechts, die die Opposition vorschlägt, ohnehin kaum etwas anderes zu erwarten als unfruchtbare Auseinandersetzungen vor den Gerichten, die die betroffenen Journalisten in eine kaum vertretbare Konfliktlage bringen.
Mindestens ebenso bedeutsam ist eine angemessene Abgrenzung des hier zur Zeugnisverweigerung berechtigten Personenkreises und die Entscheidung darüber, ob sich das Zeugnisverweigerungsrecht nur auf den redaktionellen Teil beziehen soll, wie es die Entwürfe der Bundesregierung und des Bundesrats vorsehen, oder auch auf den Anzeigenteil, wie es die Opposition vorschlägt.
Was die letzte Frage betrifft — Herr Klein, hier geht es viel eher um das Wirtschaftliche —, ist die Notwendigkeit einer Ausdehnung auf den Anzeigenteil unter dem Gesichtspunkt der Pressefreiheit nicht erkennbar. Im Gegenteil, es spricht viel dafür, daß gerade in diesem Bereich die Strafverfolgung durch eine solche Erweiterung erschwert würde.



Sieglerschmidt
Hinsichtlich des berechtigten Personenkreises hat man sich bei allen drei Entwürfen um eine sorgfältige Abgrenzung bemüht. In der Ausschußberatung wird Gelegenheit sein, zu prüfen, ob allen hier durch die vorliegenden Definitionen einbezogenen Personen ein schutzwürdiges Zeugnisverweigerungsrecht zusteht.
Eine letzte Bemerkung zur Neuregelung des Beschlagnahmerechts für Druckwerke: Der Entwurf der Bundesregierung sieht vor, daß solche Beschlagnahmen nur durch den Richter vorgenommen werden sollen. Bundesrat und Opposition wollen dagegen unter bestimmten Umständen auch die Beschlagnahme durch den Staatanwalt oder gar durch Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft zulassen. Die praktischen Erfahrungen aus den vergangenen Jahren — etwa im Zusammenhang mit der „Spiegel"-Affäre im Jahre 1962 — lassen es indessen angezeigt erscheinen, den Richtervorbehalt nicht aufzuweichen. Der politisch bedeutsame Unterschied für die Beschlagnahme von Druckwerken ist nicht zu übersehen, auch wenn man dabei nicht jenen bekannten bösartigen Spruch über die Staatsanwaltschaft im Hinterkopf hat. Es ist eigentlich nicht recht zu verstehen, daß die Opposition hinsichtlich der von ihr beantragten Streichung des § 353 c StGB, über die gleich gesprochen wird, einen solchen Eifer an den Tag legt, aber in dieser für die Pressefreiheit nun wirklich bedeutsamen Frage bereit ist, auf die durchgehende Sicherung durch den Richtervorbehalt zu verzichten.
Wir von der sozialdemokratischen Fraktion, meine Damen und Herren, werden dafür sorgen, daß ein umfassendes, d. h. ein nicht durch 40 Einschränkungen durchlöchertes Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten Gesetz wird, um damit die Wahrnehmung der Pressefreiheit in einem wichtigen Teilbereich sichern zu helfen. In der Absicht, auf den verschiedenen Gebieten das wichtige Grundrecht des Art. 5 in seiner Wirksamkeit zu erhalten und zu stärken, sind sich alle Fraktionen dieses Hauses einig, mag es auch, wie sich heute gezeigt hat, Meinungsverschiedenheiten darüber geben, welche Maßnahmen diesem Ziel am besten dienen und welche Möglichkeiten zu ihrer Verwirklichung bestehen. Ich meine deshalb, die medienpolitischen Sprecher von seiten der Opposition sollten von dem auch heute wiederholt gemachten Versuch ablassen, sich als die alleinigen Verteidiger der Pressefreiheit aufzuspielen und die Regierungskoalition zu verdächtigen, sie wolle die Pressefreiheit unterminieren. Die Begründung Ihres Antrags zur Pressevielfalt bietet für dieses Vorgehen genügend Beispiele. Sie haben sie heule durch ihre Sprecher leider mehrfach in einer sehr unangenehmen und üblen Weise vermehrt. Wenn Sie sich auf solche Weise bei der Presse etwa lieb Kind machen wollen, nämlich indem Sie andere anschwärzen, wird Ihnen das kein verständiger Journalist und Verleger abnehmen. Der parteipolitische Nutzen, den sich einige bei Ihnen davon vielleicht versprechen, steht in keinem Verhältnis zu dem staatspolitischen Schaden, der aus solcher fragwürdigen Polemik entstehen kann.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712612500

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0712612600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mich ganz kurzfassen und daher erst im Jahre 1862 beginnen, als das preußische Abgeordnetenhaus das unbeschränkte Zeugnisverweigerungsrecht beschlossen hatte, was dann selbstverständlich von der preußischen Regierung und dem Herrenhaus abgelehnt wurde. Ich hoffe, daß wir nach diesem langen Anlauf diesmal in der Lage sein werden, das unbeschränkte Zeugnisverweigerungsrecht einzuführen.
Nach allen Reden hier ist es sicherlich nicht mehr erforderlich, die unstreitigen Ungereimtheiten des geltenden Rechts im einzelnen aufzuzeigen. Ich will mich auf zwei Punkte beschränken, einmal auf die Frage, ob eine Einschränkung des Verweigerungsrechts bei Kapitaldelikten angebracht ist, und dann darauf, ob eine Aussagepflicht entstehen soll, wenn ein potentieller Informant einen Journalisten von seiner Schweigepflicht — von seinem Schweigerecht, müßte ich sagen — entbindet.
Für die Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts bei Kapitaldelikten spricht in der Tat, daß clie Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wiederholt betont hat, das Zeugnisverweigerungsrecht sei als ein Eingriff in das Rechtsstaatsgebot an enge Voraussetzungen zu knüpfen, und nur engumschriebene Ausnahmen seien verfassungsgemäß.
Aber gerade Ihr Entwurf zeigt eigentlich, daß eine Abgrenzung nach § 100 a StPO nach dem Kreis dieser Delikte kaum sachgerecht möglich ist, weil man dann sowohl reine, klassische Kapitaldelikte erfaßt als auch Straftatbestände, die in den Bereich des Staatsschutzrechts hineingehen. Da macht man natürlich eine ganz andere Problematik auf.
Die Klausel, die Sie hinzufügen, daß die Ermittlung des Täters auf andere Weise nicht möglich sein dürfe oder jedenfalls stark erschwert sein müsse, halte ich für einen wirkungslosen Vorbehalt. Ein Staatsanwalt, der das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht nachweisen kann -- ich möchte fast sagen: in jedem beliebigen Fall , sollte seinen Beruf wechseln.
Für besonders merkwürdig halte ich die von Ihnen vorgeschlagene Regelung, daß das Zeugnisverweigerungsrecht dann entfallen soll, wenn ein möglicher Informant den Journalisten von der Schweigepflicht entbindet. Denn bei dieser Klausel haben Sie offenbar Angst vor der eigenen Courage bekommen, wenn Sie hinzufügen, daß die Entbindung von der Schweigepflicht dann nicht gelten solle, wenn sie dem wirklichen Willen des möglichen Informanten nicht entspreche. Hier kann mir niemand mehr erklären, wie so etwas praktikabel sein soll, wer entscheiden soll, was nun dem wirklichen Willen des Entbindenden entspricht und was nicht.
Weiter bleibt das Problem völlig ungelöst, wie ein Journalist Rechtens verfahren soll, wenn von zwei möglichen Informanten ihn der eine von der Schweigepflicht entbindet. Ich meine, daß diese Lö-



Dr. Hirsch
sungen nicht angehen, und meine auch, daß der Einwand des Mißbrauchs des unbeschränkten Zeugnisverweigerungsrechts nicht überzeugend belegt werden kann. Wir haben dieses unbeschränkte Recht in Hamburg und Hessen gehabt. Mir ist kein Fall bekanntgeworden, in dem das tatsächlich zu Mißbräuchen geführt hätte.
Wir wollen also das unbeschränkte Zeugnisverweigerungsrecht nach dem Grundsatz „in dubio pro libertate". Wir wollen auch erreichen, daß für die Beschlagnahme von Druckereierzeugnissen stets eine richterliche Entscheidung erforderlich ist, weil wir diese Vorgänge für einen außerordentlich tiefgehenden Eingriff in die Rechte und die tatsächlichen Arbeitsmöglichkeiten von Redaktionen halten.
Ich hatte gehofft, daß Sie bereit wären, Ihren Gesetzentwurf zurückzuziehen. Ich merke aus den Reden, daß das nicht möglich ist. Immerhin bedanke ich mich für die Zusage, daß Sie bereit sind, diesen Gesetzentwurf möglichst schnell und zügig zu behandeln; denn in dem Punkt sind wir sicherlich im ganzen Hause einig, daß die im Augenblick geltende Regelung des Zeugnisverweigerungsrechts absolut unzureichend ist und daß wir alle uns beeilen sollten, diesen von allen als unbefriedigend empfundenen Tatbestand wirksam und schnell zu ändern.

(Beifall von der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712612700
Wir fahren in unseren Beratungen fort. Wir kommen zur ersten Beratung des von den Abgeordneten Vogel, Reddemann, Dr. Klein, Erhard und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes, Drucksache 7/1804. Zur Begründung der Vorlage hat Herr Abgeordneter Vogel (Ennepetal) das Wort.

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0712612800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von meiner Fraktion eingebrachte Gesetzentwurf betrifft die teilweise Streichung einer Bestimmung, die, verglichen mit dem Alter des Strafgesetzbuchs, verhältnismäßig jungen Datums ist, einer Bestimmung, die ihr Dasein zunächst mehr oder weniger unbeachtet gefristet hat, die jedoch in den letzten Jahren zunehmend immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik geraten ist.
Eine erste harte Kritik wurde dem § 353 c des Strafgesetzbuches insgesamt durch ein Gutachten zuteil, das der Deutsche Journalistenverband und der Vorstand der Bundespressekonferenz im Jahre 1951 vorgelegt haben. Hier wurde gegen diese Vorschrift vorgebracht, sie sei typisch für nationalsozialistisches Strafrecht, da sie die kriminelle Verteidigungslinie vorverlege und eine bedenkliche Generalklausel schaffe. Das Anordnungsrecht der Regierung lasse autoritäre Führervorstellungen erkennen und habe im Rechtssystem der übrigen Kulturstaaten keine Parallele. § 353 c sei ein Maulkorbparagraph, der gegen die Pressefreiheit und das Recht der freien Meinungsäußerung verstoße.
Diese Kritik ist sicher überspitzt. Sie ist vor allen Dingen bei dem Vorwurf überspitzt, daß es sich um typisch nationalsozialistisches Recht handele. Aber es zeigt, welche Brisanz in dieser Bestimmung liegt. Das haben auch die letzten Jahre insbesondere dadurch gezeigt, daß inzwischen eine ganze Reihe von Journalisten persönliche Bekanntschaft mit dieser Bestimmung gemacht haben.
Mir liegt nun fern, einer Regierung generell das Recht zu bestreiten, bestimmte Tatsachen, Nachrichten, Schriftstücke geheimzuhalten. Eine wirksame Regierungstätigkeit wird in manchen Fällen eine Geheimhaltung erfordern. Aber hier sollten wir auch keine Irrtümer entstehen lassen. Deshalb muß an dieser Stelle gesagt werden, daß § 353 c des Strafgesetzbuches nur den Schutz von Regierungsgeheimnissen und nicht den Schutz von Staatsgeheimnissen betrifft. Staatsgeheimnisse sind in anderen Vorschriften des Strafgesetzbuches geschützt. Wir sind hier im Augenblick also nur mit dem Schutz von Regierungsgeheimnissen befaßt. Ich darf noch einmal wiederholen: sie sollen auch geschützt bleiben, aber — das ist der Sinn unserer Initiative — in vernünftiger Weise und nicht mit einem ausufernden Tatbestand wie dem des § 353 c Abs. 1.
Herr Kollege Sieglerschmidt hat schon eine freundliche Bemerkung zu diesem Entwurf gemacht und von einem Entwurf gesprochen, bei dem es auf einen Propagandaeffekt ankomme. Herr Kollege Sieglerschmidt, ich hoffe, daß ich aus dieser Bemerkung nicht schließen darf, daß Sie hier heute einige freundliche Erklärungen zu dem Entwurf abgeben, um ihn dann in den Ausschußberatungen einschlummern zu lassen. Uns ist es mit dieser Initiative ernst — nehmen Sie das bitte zur Kenntnis , und ich wäre sehr dankbar, wenn wir an diesem Gesetzentwurf gründlich und genauso zügig wie an den anderen arbeiten würden. Es gibt eine Reihe von Fragen. über die man im einzelnen sprechen muß; ich räume das sehr wohl ein. Aber es geht darum, daß wir dieses Problem als solches angehen.

(von Schoeler [FDP] : Wir arbeiten aber immer gründlich im Ausschuß!)

— Herr von Schoeler, ich habe es ja auch gar nicht anders angenommen, schon gar nicht bei Ihnen!
Meine Damen und Herren, bei der heutigen Beschaffenheit und Handhabung des § 353 c des Strafgesetzbuches stehen wir vor der Frage, ob bei der Entscheidung, ob jemand mit einem Strafverfahren überzogen wird, nicht in vielfältiger Weise und letztlich auch unkontrollierbar — das scheint mir ein wichtiger Gesichtspunkt zu sein — manipuliert werden kann. Ich glaube, es ist das Schlimmste bei einer Strafvorschrift, wenn ihr Anwendungsbereich manipuliert werden kann. Ich glaube, damit sollten wir uns sehr ernst auseinandersetzen.
Das fängt schon an bei der Frage, was mit dem Stempel „geheim" versehen wird, denn wir wissen, daß es hier ausreicht, daß der Stempel „geheim" draufkommt. Die Praxis zeigt, daß es feste Kriterien für die Entscheidung, ob der Stempel draufkommt oder nicht, nicht gibt. Das ist schlecht, wenn die Einstufung als „geheim" wahllos — ich würde sagen: nach Opportunität — erfolgt. Viele Beispiele bewei-



Vogel (Ennepetal)

sen, daß die Einstufung als „geheim" ganz gezielt als Mittel der Politik eingesetzt wird.
Neuestes Beispiel, wenn ich Presseberichten folgen darf,

(Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Scholz!)

ist das Gutachten des Berliner Staatsrechtlers Scholz zur Mitbestimmung, das der Bundesjustizminister sogar vor seinem Koalitionspartner versperrt hat; so die Meldungen der Presse.

(von Schoeler [FDP] : Da sollten Sie sich aber erst einmal informieren!)

— Wir werden das ja feststellen. Ich nehme an, daß es Ihnen inzwischen, Herr Kollege von Schoeler, zur Verfügung steht. Ich würde aber sagen, der Bundesjustizminister wäre dann nicht der einzige, der mit Gutachten, die in seinem Haus oder für sein Haus angefertigt worden sind, so verfahren ist. Wir wissen, daß das in der Vergangenheit häufig geschehen ist.
Das Tüpfelchen auf dem i der Manipulierbarkeit der Informationspolitik ist die nach § 353 c des Strafgesetzbuches zur Strafverfolgung erforderliche Ermächtigung der Regierung. Die Strafverfolgungsbehörden können eine Strafverfolgung nämlich nur einleiten, wenn die Bundesregierung oder der Präsident des jeweiligen Gesetzgebungsorgans die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt. Diese Befugnis läßt alle möglichen Spielarten der Manipulation zu.
Der Regierung mißliebige Journalisten müssen auch bei geringfügigen Anlässen damit rechnen, daß die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt wird. Das Verfahren mag zwar letztlich eingestellt werden, oder es erfolgt ein Freispruch; dann hat der Betroffene aber bereits die Unannehmlichkeiten eines Ermittlungsverfahrens bzw. eines Strafverfahrens hinnehmen müssen. Der Regierung genehme Journalisten sind dagegen solchen Beeinträchtigungen nicht ausgesetzt. Sie können ihrer Tätigkeit unbehelligt nachgehen, auch wenn Nachrichten veröffentlicht werden, die mit dem Geheim-Stempel versehen sind.
Eine Fallgruppe ist besonders bezeichnend für diese Informationspolitik. Bestimmte Vorgänge und Nachrichten werden als „geheim" eingestuft, obwohl von der Qualität des Gegenstandes her dazu kein Anlaß bestände, etwa Umfrageergebnisse, die beim Bundespresse- und Informationsamt eingehen und der Regierung nicht gefallen.

(Stücklen [CDU/CSU] : Die bekommen wir auch nicht!)

Dieses Material wird gezielt bestimmten Journalisten zugespielt, die es ungeschoren und unbehelligt von § 353 c Abs. 1 veröffentlichen, weil die zuständige Stelle nicht die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilen wird.
Eine weitere Variante ist die, daß Regierungsgeheimnisse, die auch im materiellen Sinne Geheimnise sind, Journalisten zur Veröffentlichung zugespielt werden, weil es aus politischen Gründen opportun erscheint, Glas Geheimnis an die Öffentlichkeit zu bringen. Es bedarf keiner Betonung, daß selbstverständlich die Journalisten, die die Veröffentlichung veranlassen, nicht mit einer Strafverfolgung nach § 353 c zu rechnen haben. Es liegt auf der Hand, daß eine derartige Handhabung der Ermächtigung nach § 353 c Abs. 4 des Strafgesetzbuches zur Rechtsunsicherheit führt.
Darüber hinaus ist diese Unsicherheit geeignet, die Arbeit des am meisten betroffenen Berufskreises, der Journalisten nämlich, erheblich zu erschweren. Wie soll sich ein Journalist verhalten, der einen als „geheim" gekennzeichneten Vorgang kennt, von dem er annnimmt, daß seine Veröffentlichung keine wichtigen öffentlichen Interessen gefährdet, daß andererseits seine Veröffentlichung aber dringend geboten erscheint, um Mißstände aufzudecken? Dieser Journalist muß sich überlegen, ob er es riskiert, gegebenenfalls in ein Ermittlungsverfahren nach § 353 c StGB verwickelt zu werden. Diese Gefahr liegt nahe, auch wenn er meint, daß öffentliche Interessen nicht gefährdet sind.
Bundesregierung und Staatsanwalt können sich auf einen anderen Standpunkt stellen. Bis die Rechtslage eindeutig geklärt ist, ist der Betroffene den Mißhelligkeiten des Ermittlungsverfahrens ausgesetzt. Will der Betroffene das Damoklesschwert eines Ermittlungsverfahrens vermeiden, sieht er von der Veröffentlichung ab. Damit ist nicht nur sein Recht zur Information erheblich eingeschränkt, sondern auch das Recht des Bürgers auf Information leidet.
Diese Erwägungen, die ich hier knapp vorgetragen I habe, die sehr abstrakt klingen, von denen wir aber alle wissen, daß sie konkrete Wirklichkeit sind, haben uns dazu geführt, Ihnen die Streichung des Abs. 1 im derzeitigen § 353 c StGB zu empfehlen.
Ich möchte darauf verzichten, weiteres zur Begründung dieses Gesetzentwurfs hier heute vorzutragen. Ich meine, daß die wichtigsten Gesichtspunkte angesprochen sind. Ich habe darauf hingewiesen, daß wir eine Reihe von zum Teil schwierigen Einzelfragen in den Ausschußberatungen zu erörtern haben werden. Ich wäre nur sehr dankbar, wenn wir im Zusammenhang auch mit den anderen Entwürfen diesen Gesetzentwurf zum Abschluß brächten und dieses Gesetz sehr bald verabschieden könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712612900
Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0712613000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der strafrechtliche Schutz von Staatsgeheimnissen und sonstigen geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen ist seit jeher Gegenstand lebhafter Diskussionen. Aus verständlichen, auch heute wieder deutlich gewordenen Gründen neigt die jeweilige Opposition eher dazu, den Schutz einzuengen, während die jeweilige Regierung die Schutzbedürftigkeit meist in größerem Umfang bejaht.



Bundesminister Dr. Vogel
Im Einklang damit hat in den 60er Jahren die sozialdemokratische Fraktion eine Änderung des § 353 c StGB verlangt, während heute die Fraktion der CDU CSU eine entsprechende Modifizierung fordert.

(Zuruf des Abg. Vogel [Ennepetal] [CDU/ CSU])

— Um so bemerkenswerter, Herr Kollege Vogel, erscheint es, daß sich 1968 alle Parteien des Deutschen Bundestages bei der Beratung und Verabschiedung des Achten Strafrechtsänderungsgesetzes auf eine Neuregelung des strafrechtlichen Geheimnisschutzes geeinigt haben, bei der eben auch der § 353 c StGB die heute geltende Fassung erhielt.
Ausweislich der Protokolle hat dabei die Abwägung zwischen der Informations- und Pressefreiheit einerseits und den berechtigten und schutzwürdigen Staatsinteressen andererseits eine ganz erhebliche Rolle gespielt. Das Ergebnis war eine fühlbare Einengung des Begriffs des Staatsgeheimnisses und damit des Tatbestands des Landesverrats. Der Begriff des Staatsgeheimnisses umfaßt seitdem nur noch solche Geheimnisse, deren Kenntnis durch Unbefugte die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland bedeuten würde. Dies erschien deshalb vertretbar, weil minder wichtige, aber dennoch schutzbedürftige Geheimnisse durch den völlig neu gefaßten Tatbestand des § 353 c StGB erfaßt wurden. Dabei, Herr Kollege Vogel, kommt es selbstverständlich nicht nur auf den Stempel an; der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn die Preisgabe dieser Tatsache, die mit einem solchen Stempel versehen ist, wichtige öffentliche Interessen gefährdet. Das ist also nur die eine Hälfte des Tatbestands, nicht der ganze Tatbestand.
Von dieser Verständigung aller im Deutschen Bundestag vertretenen politischen Kräfte löst sich der Initiativentwurf, den Sie, Herr Kollege Vogel, heute für Ihre Fraktion vorgetragen haben. Das mag ein Anstoß sein, die seinerzeitigen Regelungen zu überdenken und die praktischen Erfahrungen auszuwerten, die seit 1968 gesammelt wurden. Die Bundesregierung ist selbstverständlich bereit, daran im zuständigen Ausschuß mitzuwirken. Vor pauschalen Behauptungen und unzulässigen Verallgemeinerungen — sowohl zitierten, als auch eigenen — muß jedoch entschieden gewarnt werden.
Außerdem ist zu bedenken, daß die ersatzlose Streichung des § 353 c Abs. 1 — und nur um den geht es anscheinend — eine Reihe schwieriger Probleme aufwerfen würde, von denen ich nur die folgenden nenne und zu denen sich die Oppsition bisher in keiner Weise geäußert hat.
Erstens. Die Bundesrepublik muß eine größere Anzahl von Geheimnissen, die keine Staatsgeheimnisse auf Grund völkerrechtlicher Abkommen sind, gegen unbefugte Weitergabe schützen. Hier würde eine Lücke entstehen, die nur durch Einzelstrafvorschriften geschlossen werden könnte, was bei nichtratifizierungsbedürftigen Verträgen ganz besondere Schwierigkeiten mit sich brächte.
Zweitens. Es gibt Geheimnisse, die nicht nur die äußere Sicherheit, sondern die internationale Stellung der Bundesrepublik betreffen.
Drittens. Wie in jedem Staat gibt es auch in der Bundesrepublik Geheimnisse — ich glaube, daß ja gerade die Opposition diesen Gesichtspunkt bei jeder Gelegenheit sehr stark hervorhebt —, die sich auf die innere Sicherheit beziehen und die als solche gewahrt werden müssen.
Übrigens, Herr Kollege Vogel, gibt es nicht nur Regierungsgeheimnisse, wie Sie hier ausgeführt haben. Der Tatbestand sagt ausdrücklich, daß der Schutz des § 353 c selbstverständlich auch solchen Tatsachen zugute kommt, deren Geheimhaltung Gesetzgebungsorgane, also der Deutsche Bundestag oder der Bundesrat, beschlossen haben. Es geht hier also, wie gesagt, nicht nur um Regierungsgeheimnisse.
Nicht gut gewählt, Herr Kollege Vogel, war das Beispiel mit dem Gutachten des Herrn Professor Scholz aus Berlin. Erstens ist es nicht mit einem Geheimhaltungsstempel versehen, zweitens wird es auch gar nicht geheimgehalten, schon gar nicht gegenüber dem Koalitionspartner. Die Meldung von gestern — Sie haben offenbar den Informationsstand von gestern ist inzwischen in derselben Zeitung berichtigt worden; ich stelle Ihnen das gern zur Verfügung.

(Rawe [CDU/CSU]: Das Gutachten auch, ja?!)

Mit der Einleitung von Verfahren nach § 353 c ist also in keiner Richtung zu rechnen.

(Stücklen [CDU/CSU] : Stellen Sie uns das Gutachten zur Verfügung?!)

— Lieber Herr Stücklen, alles, was Sie an Unterlagen wünschen, steht Ihnen nach Maßgabe der Geschäftsordnung und der rechtlichen Bestimmungen selbstverständlich zur Verfügung.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Wenn ich das als eine förmliche Einladung zur Übersendung auffassen darf, wollen wir das so im Protokoll festhalten.
Alle diese Sachverhalte künftig ohne jede Abwägung schutzlos zu lassen, wenn sie erst einmal — auf welche Weise auch immer — aus dem Bereich des öffentlichen Dienstes hinausgelangt sind, trägt meines Erachtens den berechtigten Interessen des Staates nicht mehr hinlänglich Rechnung. Im übrigen: Die Darlegung, Herr Kollege Vogel, daß in der Zweifelsfrage — ob veröffentlichen oder nicht -
der „Geheim"-Stempel von der Veröffentlichung abschrecke, ist in vielen Fällen wohl ganz unzutreffend. Nach meiner Kenntnis ist es — im Gegenteil -
besonders reizvoll, die Dinge mit dem „Geheim"-Stempel im Faksimile zu veröffentlichen und abzudrucken; das macht gelegentlich offenbar gerade den besonderen Reiz der Veröffentlichung aus.
Diese und weitere Detailfragen sollten im Ausschuß besprochen werden. Ich hoffe, daß es — wie schon beim 8. Strafrechtsänderungsgesetz — auch in diesem Falle gelingt, zu einer breiten und einvernehmlichen Lösung zu gelangen.

(Beifall bei der SPD und FDP)





Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712613100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Penner.

Dr. Willfried Penner (SPD):
Rede ID: ID0712613200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 353 c ist wieder einmal im Gespräch und dies, obwohl die Neufassung dieser Vorschrift das Ergebnis eingehender Beratungen in der 5. Legislaturperiode gewesen ist. Dabei ist die praktische Bedeutung dieser Vorschrift verhältnismäßig gering.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Was die Bestrafung angeht!)

Von der Ermächtigung zur Strafverfolgung ist bisher nur sehr zurückhaltend und in wirklich gravierenden Fällen Gebrauch gemacht worden. Aber da auch Journalisten, und zwar bei oder anläßlich ihrer beruflichen Tätigkeit, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift streifen oder verwirklichen können, ergeben sich für die jeweilige Opposition fast zwangsläufig tatsächliche oder vermeintliche politische Möglichkeiten, wenn die Regierung die Strafverfolgung veranlaßt. Diese Zusammenhänge führen zu denkwürdigen Konsequenzen, Herr Kollege Vogel.
Bei den Beratungen zur Neufassung der Vorschrift äußerte der damalige CDU-Abgeordnete und spätere stellvertretende Bundesvorsitzende Heinrich Köppler,

(Sieglerschmidt [SPD] : Medienbeauftragter!)

daß der Abdruck eines geheimen Regierungsdokuments in jedem Fall strafwürdig sei und im journalistischen Bereich auch nicht üblich werden solle.

(Schulte [Unna] [SPD] : Hört! Hört!)

Ja, Köppler, bekanntlich Medienexperte im Präsidium der CDU, stellt in derselben Beratung die Frage, ob man glaube, mit einer Höchststrafe von drei Jahren auszukommen.

(Heiterkeit bei der SPD und der FDP — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Sie sind wieder ein guter Geschichtsforscher gewesen!)

Nicht verwunderlich, daß der von der Regierung Erhard vorgelegte Entwurf eine weitergehende Fassung als der letztlich vom Parlament verabschiedete hatte, ganz zu schweigen von der Begründung der Vorlage, die unter dem CSU-Bundesjustizminister Dr. Richard Jaeger erarbeitet wurde. Darin heißt es, daß das Fehlen der Vorschrift eine empfindliche Lücke in den strafrechtlichen Schutz staatlicher Geheimnisse reißen würde; sie sei unentbehrlich, und für sie bestehe ein nachweisbares Bedürfnis.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das kennen wir doch alles!)

Dieser Erkenntnis war kein langes Leben beschieden; denn schon im Jahre 1971 forderte die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion in einem Antrag, den Paragraphen ersatzlos zu streichen. Aber auch diese Einsicht war wohl nicht der Weisheit letzter Schluß; denn nach dem neuerlichen Antrag der CDU/CSU soll wenigstens ein Teilstück dieser Vorschrift erhalten bleiben.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]): Sie sehen

den Reifeprozeß jetzt!)
Die SPD-Bundestagsfraktion neigt dazu, an der Vorschrift festzuhalten. Wir sind nicht der Auffassung, daß die Vorschrift im Widerspruch zu Art. 5 des Grundgesetzes steht. In wohl kaum einem anderen Land der Welt gibt es ein so hohes Maß an Informationsbereitschaft durch die Staatsorgane wie gerade in der Bundesrepublik.

(Stücklen [CDU/CSU] : Um Gottes Willen! Da müssen Sie mal nach Bayern kommen!)

Das entbindet uns aber nicht von der Pflicht, die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik im Auge zu behalten. Wir halten diese staatlichen Belange auch und gerade im Lichte der Verfassung für äußerst wichtig.
Der Strafrechtssonderausschuß hat seinerzeit das Problem sehr sorgfältig behandelt und nach unserer Auffassung zufriedenstellend gelöst. Er hat ausdrücklich festgestellt, daß im Rahmen der richterlichen Abwägung zwischen den Interessen des Staates an der Geheimhaltung und den Interessen der Öffentlichkeit an der offenen Diskussion das letztere überwiegen und damit die Strafbarkeit verneint werden kann. Das erscheint uns nach wie vor sinnvoll und verfassungskonform. Wir halten die Vorschrift weiterhin auch dem Inhalt nach für vertretbar.
Seit dem 8. Strafrechtsänderungsgesetz sind viele als Staatsgeheimnis bezeichnete Vorgänge nicht mehr durch die Staatsschutzvorschriften der §§ 93 ff. des Strafgesetzbuches erfaßt. Sie werden nunmehr durch § 353 c geschützt; denn darunter fallen alle Geheimnisse, die vor der Kenntnisnahme fremder Mächte geschützt werden müssen, um die Gefahr eines Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden, der aber kein schwerer Nachteil im Sinne des § 93 des Strafgesetzbuches ist. Im übrigen sollte die Strafvorschrift auch im Kontext zu zahlreichen internationalen Abkommen gesehen werden, die die Bundesrepublik Deutschland zur Geheimhaltung gegenseitiger Informationen verpflichten.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Wird alles in den Ausschüssen beredet!)

Die Beratungen im Ausschuß werden nicht einfach sein. Wer nur vordergründige Lösungen anstrebt, läuft Gefahr, den Kern des Problems nicht zu treffen. Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich mit der gebotenen Sorgfalt an den Beratungen beteiligen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712613300
Meine Damen und Herren, als letzter Redner in der Aussprache hat das Wort Herr Abgeordneter von Schoeler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0712613400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein völlig neues CDU-



von Schoeler
Gefühl, von Ihnen einmal die Streichung eines Straftatbestandes vorgeschlagen zu bekommen. Ich begrüße das. Sonst hören wir von Ihnen immer nur den Wunsch nach neuen Straftatbeständen oder nach Verschärfung bestehender Straftatbestände. Insofern also sicherlich ein begrüßenswerter Ansatzpunkt.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Je nachdem, was richtig ist, Herr von Schoeler! — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Daß Sie überhaupt CDU-Gefühle entwickeln, ist mir neu!)

— Vielleicht entwickeln Sie hier neue Gefühle.
Ich glaube, man sollte sich davor hüten, aus der Tatsache, daß über den § 353 c des Strafgesetzbuches heute im Zusammenhang mit einer medienpolitischen Debatte diskutiert wird, etwa die Schlußfolgerung zu ziehen, es handele sich bei diesem Paragraphen um ein Sondergesetz für die Presse. Nicht nur der Bereich der Presse, sondern auch andere Bereiche sind hier betroffen. Es geht auch nicht nur um „diplomatische Staatsgeheimnisse" und ihren Schutz, sondern eben auch um andere Dinge.
So geht es hier beispielsweise um den Schutz vor Mitteilungen von Tatsachen, die aus verteidigungspolitischen Gründen geheim bleiben müssen und zu deren Geheimhaltung wir uns gegenüber anderen Staaten oder gegenüber supranationalen Behörden auch verpflichtet haben. Im Augenblick ist kein verteidigungspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion da; ich weiß nicht, ob die betreffenden Herren dazu gehört worden sind.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie sind ja in Ihrer Fraktion auch allein!)

— Entschuldigung, ich sehe nun doch einen CDU-Kollegen aus dem Verteidigungsauschuß.

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Ich weiß nicht, ob Ihre verteidigungspolitischen Experten damit einverstanden sind, wenn wir hier internationale Verpflichtungen nicht mehr mit strafrechtlichen Mitteln sanktionieren.

(Erneute Zurufe von der CDU/CSU)

Nun glaube ich aber, daß dieser Antrag der CDU/ CSU-Fraktion für uns einen Anlaß zur Prüfung des § 353 c Abs. 1 StGB darstellen sollte. Diese Prüfung sollte sich insbesondere auf zwei Punkte beziehen.
Auch wir halten es für problematisch, daß der Bereich der als geheimhaltungsbedürftig strafrechtlich geschützten Gegenstände, Schriftstücke usw. in diesem Paragraphen sehr weit gesteckt ist. Die Anknüpfung an die formelle Sekretur birgt ja doch die Gefahr in sich, daß unter Umständen eine Behörde bestimmt, worüber ein Journalist schreiben darf. Die Gefahr können wir nicht von der Hand weisen; ich glaube, daß wir dieses Problem im Ausschuß diskutieren müssen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : So ist es!)

Die Bedenken in diesem Punkte werden auch nicht dadurch völlig ausgeräumt, daß man auf die Verwaltungsordnungen der Länder und des Bundes hinweist, die gewisse Voraussetzungen für den Vermerk „VS-,Streng Geheim', ,Geheim', ,Vertraulich' oder ,Nur für den Dienstgebrauch'" geben. Denn die Verwendung dieser Geheimhaltungsstufen in der Praxis zeigt ja doch, daß wir heute in der Gefahr sind, daß die Inflation der Anwendung dieser Geheimhaltungsstufen dazu führt, daß wirklich geheimhaltungsbedürftige Tatsachen nicht mehr geheimgehalten werden, weil die Achtung vor der Verwendung dieser Stufen nicht mehr so ist, wie es bei einer restriktiven Handhabung der Fall wäre.

(Zustimmung — Vogel [Ennepetal] [CDU/ CSU] : So ist es!)

Nun gibt es einen zweiten Bereich, in dem wir aus Anlaß dieses Antrages im Ausschuß noch einmal über § 353 c Abs. 1 diskutieren sollten, und das ist die Frage des Begriffs des wichtigen öffentlichen Interesses in dieser Vorschrift. Hier ist es nicht zwingend, meine Damen und Herren von der Opposition, daß die Grundsätze der Rechtsprechung, die zum § 353 b entwickelt worden sind und die Sie in der Antragsbegründung zitieren, auch auf § 353 c Abs. 1 StGB Anwendung finden. Jedoch verkenne ich nicht, daß die Unbestimmtheit des hier verwendeten Begriffs die Gefahr in sich birgt, daß das Risiko bezüglich der Frage, in welchem Sinne die Rechtsprechung diesen Begriff auslegt, im Endeffekt dem schreibenden Journalisten aufgebürdet wird. Hier gibt es zweifellos ein Problem.
Beide Punkte, die ich genannt habe, verdienen unsere Aufmerksamkeit im Strafrechtssonderausschuß. Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie sollten es sich nicht so einfach machen, lediglich mit Streichungsvorschlägen zu operieren, wo es zweifellos Gesichtspunkte gibt — ich habe sie vorhin beispielsweise im Verteidigungsbereich erwähnt —, die uns doch hier zu einer differenzierenden Stellungnahme veranlassen sollten. Wir erwarten jedenfalls Ihre Vorschläge, wie den Gesichtspunkten, die ich vorhin genannt habe, Rechnung getragen werden kann. Solche Vorschläge sind in der Debatte von Ihnen bisher nicht gemacht worden.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Unsere liegen vor!—Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Sie sind am Zuge! — Jetzt sind Sie dran!)

Die einfache Streichung — das habe ich ja vorhin erwähnt, meine Damen und Herren von der Opposition — wirft gewisse Fragen auf, die Sie bisher auch hier in der Debatte noch nicht behandelt haben.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Das haben wir nicht getan, weil wir die erste Lesung haben!)

Wir werden darüber im Sonderausschuß diskutieren müssen. Ich hoffe, daß Sie dann Vorschläge entsprechender Art haben werden; sonst würde die Ernsthaftigkeit der Unternehmung in Frage gestellt werden, und dann würde sich tatsächlich die Frage stellen, ob der Vorwurf, der vorhin von Herrn Kollegen Sieglerschmidt erhoben wurde, daß es hier mehr um plakative Ankündigungen und Liebeswerben bei der Presse ginge, nicht doch berechtigt ist.



von Schoeler
Es ist sicherlich richtig, daß der praktische Anwendungsbereich dieser Vorschrift gering ist, Herr Kollege Penner. Es ist auch ganz logisch, denn der Staat, der sich zur Geheimhaltung von besonders wichtigen Gegenständen darauf verlassen würde, daß das im Strafgesetzbuch steht, wäre sicherlich verlassen, weil die präventiven Maßnahmen die entscheidenden sind. Deswegen können wir, glaube ich, hier im strafrechtlichen Bereich in Ruhe im Strafrechtssonderausschuß die Einzelfragen, die ich erwähnt habe, diskutieren. Wir werden dabei als Liberale nach dem Motto verfahren: in dubio pro libertate.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD — Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Keiner sagt etwas zur Ermächtigungspraxis!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712613500
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache. Die Überweisungsvorschläge zu den Punkten 20 a bis g liegen Ihnen vor. — Ich stelle fest, daß keine Änderungs- oder Ergänzungsvorschläge gemacht werden. Ich schlage vor, entsprechend zu verfahren. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 5 der verbundenen Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vieh- und Fleischgesetzes
— Drucksache 7/1570 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (10. Ausschuß)

— Drucksache 7/2598 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Schröder (Wilhelminenhof) (Erste Beratung 80. Sitzung)
Der Berichterstatter hat das Wort.

Diedrich Schröder (CDU):
Rede ID: ID0712613600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Formulierung des Berichts des 10. Ausschusses hat sich leider ein kleiner Formulierungsfehler eingeschlichen. Es heißt dort bei den Eingangsworten zu Art. 1: „Das Vieh- und Fleischgesetz vom 25. April 1951 ..., zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Vieh- und Fleischgesetzes vom B. Mai 1969 ...". Dieser Bezug auf das Gesetz ist leider falsch. Richtig muß es heißen: „zuletzt geändert
durch Art. 225 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974". Das bitte ich als Ergänzung aufzunehmen und gebe das zu Protokoll.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712613700
Ich schlage vor, daß wir in der zweiten Beratung auf der geänderten Grundlage beraten. Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe in der zweiten Beratung Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift auf. — Wer dem Gesetzentwurf in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.
Ich rufe Punkt 21 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts (1. StVRG)

— Drucksache 7/551 —
Bericht und Antrag des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

— Drucksache 7/2600 — Berichterstatter:
Abgeordneter Kunz (Berlin) Abgeordneter Gnädinger

(Erste Beratung 34. Sitzung)

Die Herren Berichterstatter haben keine Ergänzung des Berichtes erbeten. Ich danke den Herren Berichterstattern.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe Art. 1 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Drucksache 7/2678 zu den Nrn. 45 und 48 vor. Ein weiterer Änderungsantrag, auf Drucksache 7/2674, ist von den Antragstellern zurückgezogen worden.
Ich frage, ob zur Begründung das Wort gewünscht wird. — Es wird nicht gewünscht. Ich schlage vor, daß wir über den Änderungsantrag bescheiden. Wer dem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich stelle Art. 1 in der soeben geänderten Fassung zur Abstimmung. Wer dem Art. 1 in dieser Fassung zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe die Artikel 2, 3, 4, die Artikel 7, 8, 9, 10 bis 16 und 17, Einleitung und Überschrift auf.—
Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe!—Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.



Ich gehe davon aus, daß das Haus dem Ausschußantrag in der Ziffer 2 der Drucksache V2600 zustimmt und die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt erklärt. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heutigen Beratungen. Ich danke denen, die hier ausgeharrt haben. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 6. November 1974, 13.30 Uhr ein. Ich schließe die Sitzung.