Protokoll:
7123

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 123

  • date_rangeDatum: 11. Oktober 1974

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 11:52 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 123. Sitzung Bonn, Freitag, den i 1. Oktober 1974 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 8227 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 8227 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung 8227 B Begrüßung einer Delegation der beiden Häuser des Obersten Sowjet 8228 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (Gesetz zum Schutz der Rechtspflege) (Antrag des Bundesrates) — Drucksache 7/2536 — Erste Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts — Drucksache 7/2526 — Erste Beratung Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . . 8228 C Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 8230 B Dr. Penner (SPD) . . . . . . . . 8232 C Engelhard (FDP) . . . . . . . . 8234 B Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Zulassungsrevision gegen Berufungsurteile der Landgerichte in Zivilsachen (Antrag der Fraktion der CDU/CSU) — Drucksache 7/2459 — Erste Beratung Vogel (Ennepetal) (CDU/CSU) . . . 8236 A Dr. Emmerlich (SPD) . . . . . . 8237 A Kleinert (FDP) . . . . . . . . 8238 D Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten — Drucksache 7/2506 — Erste Beratung Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . . 8240 A Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) . . 8241 A Dürr (SPD) . . . . . . . . . . 8242 C von Schoeler (FDP) . . . . . . . 8244 B Entwurf eines Vierzehnten Strafrechtsänderungsgesetzes — Drucksache 7/2434 — Erste Beratung Dr. Vogel, Bundesminister (BMJ) . . 8245 B II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 Antrag der Bundesregierung betr. Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung nach § 6 Abs. 2 StWG — Drucksache 7/2589 — Haase (Fürth) (SPD) 8245 D Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 8247 C Hoppe (FDP) 8249 D Dr. Friderichs, Bundesminister (BMWi) . . . . . . . . . . 8250 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 8254 C Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8255* A Anlage 2 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage A 10 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Möhring (SPD) : Gesundheitliche Gefahren durch unverbrennbare Stickoxydrückstände bei der Erdgasverbrennung 8255* C Anlage 3 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Fragen A 57 und A 58 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Leicht (CDU/CSU) : Aufnahme von Auslandskrediten durch die Bundesregierung und/oder die Sondervermögen des Bundes; Auffassung der Bundesbank dazu 8256* A Anlage 4 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage A 61 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Spranger (CDU/ CSU) : Möglichkeit der Entlastung der Zeitungsverlage durch Befreiung von der Mehrwertsteuer und Änderung der Postzeitungsgebühren . . . . . . . 8256* B Anlage 5 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Fragen A 63 und A 64 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) : Neuabgrenzung der Fördergebiete der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" ; Zurverfügungstellung der Materialien des Planungsausschusses für die Mitglieder des Hauses 8256* C Anlage 6 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage A 67 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Fortgang der Verhandlungen um die Errichtung des europäischen Regionalfonds 8257* A Anlage 7 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen A 78 und A 79 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Werner (CDU/CSU) : Ausreichende und eigenständige Altersversorgung für die Frau im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung; Beseitigung der Anrechnung der Witwengrundrente bzw. deren jährliche Erhöhungen beim Schadensausgleich nach dem Bundesversorgungsgesetz . . . 8257* B Anlage 8 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage A 80 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Graf Stauffenberg (CDU/CSU) : Freie Plätze für Wehrdienstverweigerer im Caritas-Dienst . . . . . . . 8257* D Anlage 9 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage A 81 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Vogelsang (SPD) : Auswirkungen der Arbeitszeitverkürzung auf 40 Stunden bei einem Arbeitsplatz mit zwei Halbtagskräften . . . 8258* B Anlage 9 a Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage A 82 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Vehar (CDU/CSU) : Erhöhung der staatlichen Unterstützung der Unfallbekämpfung 8258* B Anlage 10 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage A 83 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — der Abg. Frau Schleicher (CDU/CSU) : Schwerhörigkeit als Berufskrankheit; Maßnahmen und Überlegungen auf dem Gebiet des Lärmschutzes im allgemeinen und des Arbeitsschutzes im besonderen 8258* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 III Anlage 11 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Fragen B 1 und B 2 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. von Schoeler (FDP) : Arbeitsbedingungen der schwarzen Angestellten an der Deutschen Schule in Johannisburg; Maßnahmen zur Verhinderung von Rassendiskriminierung 8259* B Anlage 12 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Frage B 3 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Rollmann (CDU/ CSU) : Humanitäre Hilfe der Bundesregierung für kurdische Flüchtlinge 8259* D Anlage 13 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Frage B 4 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Franz (CDU/ CSU) : Diskriminierung von Ausstellern aus dem Land Berlin bei künftigen Ausstellungen der Bundesrepublik Deutschland in der Sowjetunion 8259* D Anlage 14 Antwort des StMin Moersch (AA) auf die Frage B 5 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Einbeziehung des Landes Berlin in die sportlichen Kontakte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion . . . . . . . . . . . 8260* C Anlage 15 Antwort des PStSekr Dr. Schmude (BMI) auf die Frage B 6 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Einheitliche Uniformierung von Polizei und Bundesgrenzschutz . . . . . . 8260* D Anlage 16 Antwort des PStSekr Dr. Schmude (BMI) auf die Frage B 7 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Pieroth (CDU/ CSU) : Besoldungsmäßige Gleichstellung graduierter Ingenieure als Absolventen einer höheren Fachschule mit denen einer Fachhochschule . . . . . . . 8261 * A Anlage 17 Antwort des PStSekr Dr. Schmude (BMI) auf die Frage B 8 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Engholm (SPD) : Rolle der Wasserschutzpolizei im Sicherheitsprogramm der Bundesregierung 8261* B Anlage 18 Antwort des PStSekr Dr. Schmude (BMI) auf die Fragen B 9 und B 10 —Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Kater (SPD) : Schlußfolgerungen aus der „Studie über die soziale Lage der Polizei in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland"; Harmonisierung der Arbeitsvoraussetzungen und -bedingungen der Kriminalpolizei in den Ländern . . . . . 8261 * C Die Fragen B 11 und B 12 sind nach Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde unzulässig. Anlage 19 Antwort des PStSekr Dr. Schmude (BMI) auf die Fragen B 13 und B 14 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) : Gründe für die geplante Stillegung amerikanischer Atomreaktoren; Stilllegungsmaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . 8262* A Anlage 20 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage B 15 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Meinike (Oberhausen) (SPD) : Ergebnisse der Richtlinien zur wirksameren Bekämpfung von Mietpreiserhöhungen nach § 2 b WiStG . . . . 8262* C Anlage 21 Antwort des PStSekr Dr. de With (BMJ) auf die Frage B 16 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Haltung der Bundesregierung zu in der DDR ergangenen Urteilen 8263* A Anlage 22 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage B 17 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Wörner (CDU/ CSU) : Benachteiligung Baden-Württembergs bei der Mittelvergabe des Konjunktursonderprogramms 8263* B Anlage 23 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage B 18 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Iv Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 Übertragung bestehender Kartoffelbrennerei-Kontingente innerhalb des Bundesgebietes 8263* D Anlage 24 Antwort des PStSekr Porzner (BMF) auf die Frage B 19 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Burger (CDU/CSU) : Finanzielle Schlechterstellung von Frührentnern oder Berufsunfähigkeitsrentnern mit Kindern durch den Wegfall der Steuerfreibeträge 8264* A Anlage 25 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Frage B 20 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Schäfer (Appenweier) (SPD) : Öffentliche Vorstellung einer Denkschrift einer Beamtenorganisation durch den Präsidenten einer Oberfinanzdirektion 8264* C Anlage 26 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Fragen B 21 und B 22 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — der Abg. Susset und Pfeifer (CDU/CSU) : Berücksichtigung der Zahl der Kurzarbeiter bei der Verteilung der Mittel des Konjunktursonderprogramms; Berücksichtigung der Arbeitslosen in den Monaten August und September . . . 8264* D Anlage 27 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Fragen B 23 und B 24 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr.-Ing. Oldenstädt (CDU/CSU) : Unterrichtung der Mitglieder des Deutschen Bundestages über die sogenannte Klemmer-Studie; Vorlage von Karten über die zukünftigen Fördergebiete in wirtschaftsschwachen Gebieten . . . 8265* D Anlage 28 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 25 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Geldner (FDP) : Förderung wasserbautechnischer Projekte in Bayern 8266* A Anlage 29 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Fragen B 26 und B 27 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Jenninger (CDU/CSU) : Förderung von landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieben im Haushalt 1975; Förderungsmaßnahmen für neben- berufliche Landwirte in von der Natur benachteiligten Zonen 8266* B Anlage 30 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 28 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Kiechle (CDU/ CSU) : Verfahren zur Verbesserung der Löslichkeit von Trockenvollmilchpulver in Wasser 8267* A Anlage 31 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 29 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Holtz (SPD) : Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausrottung von Singvögeln in Italien . . 8267* B Anlage 32 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 30 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Beermann (SPD) : Batteriekäfighaltung von Legehennen 8267* D Anlage 33 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 31 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Eigen (CDU/ CSU) : Auswirkung der Abwertung des „grünen Pfundes" in Großbritannien auf den deutschen Butterexport nach England 8268* B Anlage 34 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 32 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Eigen (CDU/ CSU) : Folgen der Verteuerung des Dieselöls für die deutsche Fischereiwirtschaft . . 8268* C Anlage 35 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage B 33 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Werner (CDU/CSU) : Verbesserung der Witwenrente . . . 8268* C Anlage 36 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Fragen B 34 und B 35 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Höhe des Zuschusses des Bundes an die landwirtschaftlichen Krankenkassen je Altenteiler; Anpassung des Beitragszuschusses für befreite Altenteiler . . . 8268* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 V Anlage 37 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 36 und B 37 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Milz (CDU/CSU) : Bundeswehr-Interessenanteil für Infrastrukturmaßnahmen in Verbindung mit dem beabsichtigten Bau eines Sanitätsdepots in Zülpich; Abgrenzung aller notwendigen Infrastrukturmaßnahmen 8269* A Anlage 38 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Frage B 38 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Engholm (SPD) : Empfehlungslisten für Buchanschaffungen der Truppenbüchereien 8269* B Anlage 39 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 39 und B 40 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) : Auflösung der Standortverwaltung Hermeskeil 8269* C Anlage 40 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Frage B 41 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Franz (CDU/CSU) : Zahl der Wehrdienstverweigerer nach Abschaffung des Prüfungsverfahrens . 8270* B Anlage 41 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 42 und B 43 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) : Zusammenlegung von Standortverwaltungen im nordhessischen Raum . . . 8271* A Anlage 42 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Frage B 44 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 -- des Abg. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) : Aussage des Bundesministers der Verteidigung über die Einschränkung des Flugbetriebs auf dem Flugplatz Leipheim ab 31. März 1975 . . . . . . 8271* C Anlage 43 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage B 45 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Biechele (CDU/ CSU) : Verbot der Herstellung der Pflanzenschutzmittel Aldrin und Dieldrin durch die amerikanische Umweltschutzbehörde wegen des Verdachts, daß diese Pestizide Krebs verursachen könnten . 8271* D Anlage 44 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Fragen B 46 und B 47 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Sauter (Epfendorf) (CDU/CSU) : Ausbau der Ortsumgehung Oberndorf a. N. im Zuge der B 14 und anderen notwendigen Maßnahmen auf der B 14 zwischen Horb und Rottweil; Beseitigung der schienengleichen Bahnübergänge in Oberndorf und Epfendorf . . 8272* A Anlage 45 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 48 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) : Baumaßnahmen an den Bundesstraßen 255, 277 und 253 im Bereich der Landkreise Dillenburg, Wetzlar und Marburg/ Biedenkopf . . . . . . . . 8272* B Anlage 46 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 49 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Röhner (CDU/CSU) : Schaffung einer Bundesbahn-Schnellverbindung Bamberg–Fulda im Rahmen der Fortschreibung des Gesamtverkehrswegeplans . . . . . . . . . 8272* D Anlage 47 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 50 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Rollmann (CDU/ CSU) : Geringe Elbtiefe zwischen dem Elbe-Seitenkanal und Hamburg . . . . . 8272* D Anlage 48 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 51 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Wawrzik (CDU/ CSU) : Maßnahmen zum Abbau von Wettbewerbsverzerrungen auf dem Gebiet des grenzüberschreitenden Güterverkehrs infolge geringerer steuerlicher und anderer Belastungen für ausländische Unternehmen 8273* A Anlage 49 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 52 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Hauff (SPD) : Rechtsverordnungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zur Festlegung VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 von Schallschutzmaßnahmen an Straßen und Schienenwegen 8273* C Anlage 50 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 53 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Beermann (SPD) : Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung hinsichtlich der Anbringung von Pkw-Stoßstangen . . . . . 8273* D Anlage 51 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 54 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Koblitz (SPD) : Dauerparken von Lastkraftwagen und Omnibussen in reinen Wohngebieten . 8274* B Anlage 52 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 55 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Lärmschutzmaßnahmen an der Bundesautobahn Köln–Darmstadt in der Gemarkung Flörsheim-Weilbach . . . . 8274* C Anlage 53 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 56 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — der Abg. Frau Stommel (CDU/ CSU) : Unterrichtung des Bundesverkehrsministers vor dem eigentlichen Phonfeststellungsverfahren über zu erwartende Belästigungen; Unzumutbarkeit der Planentwürfe der Deutschen Bundesbahn 8274* D Anlage 54 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 57 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Entscheidung über den Rangierbahnhof München 8275* A Anlage 55 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 58 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) : Belastungen der Deutschen Bundesbahn aus Kriegsfolgelasten unter Berücksichtigung der Altersversorgung und der Soziallasten für Heimatvertriebene und Flüchtlinge 8275* B Anlage 56 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 59 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) : Baubeginn der Bundesstraße 15 neu für den Streckenabschnitt Altenstadt /WN.Falkenberg 8235' C Anlage 57 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Fragen B 60 und B 61 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 1974 — des Abg. Dr.-Ing. Oetting (SPD) : Schließung des Bundesbahnausbesserungswerks Braunschweig 8275* C Anlage 58 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Fragen B 62 und B 63 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Nordlohne (CDU/CSU) : Festlegung der Investitionszuschüsse zu den Hochbaumaßnahmen im Bereich des Sondervermögens der Deutschen Bundesbahn; Ausweisung von Mitteln für den Neubau eines Bahnhofes in der Stadt Vechta 8275* D Anlage 59 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 64 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Spranger (CDU/ CSU) : Pläne für den Bau der Autobahn Würzburg–Ulm 8276* A Anlage 60 Antwort des PStSekr Dr. Haack (BMBau) auf die Frage B 65 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Pfeifer (CDU/ CSU) : Differenzierte Betrachtung der Beschäftigungslage bei dem Förderungsprogramm für den Wohnungsbau . . . . 8276* B Anlage 61 Antwort des BMin Ravens (BMBau) auf die Frage B 66 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Spranger (CDU/ CSU) : Verantwortung des Staatssekretärs im Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Dr. Hubert Abreß, für die Fehlleistungen des Stadtentwicklungsreferates in München . . 8276* D Anlage. 62 Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Fragen B 67 und B 68 — Drucksache Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 VII 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Gerster (Mainz) (CDU/CSU) : Verhandlungen zur Regelung des nicht kommerziellen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs mit der DDR; Herausgabe von Unterlagen über Wertpapierdepots an Berechtigte in der Bundesrepublik Deutschland 8277* B Anlage 63 Antwort des BMin Franke (BMB) auf die Fragen B 69 und B 70 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Engelsberger (CDU/CSU): Streichung des Begriffs „deutsche Nation" aus der DDR-Verfassung; Tilgung des Begriffs der deutschen Nation und des Wiedervereinigungsauftrags in der DDR-Verfassung; Auswirkung auf die 10-Punkte-Erklärung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972 . . . 8277* C Anlage 64 Antwort des BMin Matthöfer (BMFT) auf die Frage B 71 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 -- des Abg. Benz (CDU/CSU) : Aussichten der deutschen Entwicklung eines „Schnellen Brüters" . . . . . 8278* B Anlage 65 Antwort des BMin Matthöfer (BMFT) auf die Fragen B 72 und B 73 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU) : Durch Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Forschung und Technologie und der Arbeitsgemeinschaft der Großforschungsinstitute zustande gekommene Programmgruppe „Angewandte Systemanalyse"; Stand ihrer Arbeiten; Kohlehydrierverfahren SynthOIL 8279* B Anlage 66 Antwort des BMin Matthöfer (BMFT) auf die Fragen B 74 und B 75 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Pfeffermann (CDU/CSU) : Internationales Institut für Führungsaufgaben in der Technik (Mailand) ; Förderung seitens der Bundesregierung; Gehälter der Institutsleitung . . 8280* A Anlage 67 Antwort des BMin Matthöfer (BMFT) auf die Frage B 76 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Krockert (SPD) : Prognose betreffend Schädigung der stratosphären Ozonschicht durch die Verwendung von Fluorkohlenstoff als Treibgas 8280* C Anlage 68 Antwort des PStSekr Dr. Glotz (BMBW) auf die Frage B 77 — Drucksache 7/2584 vom 4. 10. 74 — des Abg. Meinike (Oberhausen) (SPD) : Notwendigkeit einer Änderung des § 25 Abs. 3 Nr. i und 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes . . . . 8280* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8227 123. Sitzung Bonn, den 11. Oktober 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 120. Sitzung, Seite 8061 C, Zeilen 10 und 11 ist statt „so umstritten" zu lesen: „nunmehr unumstritten". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 11. 10. Dr. Aigner * 11. 10. Batz 11. 10. Dr. Bayerl 11. 10. Dr. Becker (Mönchengladbach) 11. 10. Behrendt * 12. 10. Dr. von Bismarck 11. 10. Blumenfeld 11. 10. Dr. Böger 11. 10. Brandt 11. 10. Conradi 15. 11. Dr. Dollinger 11. 10. Dr. Dregger 11. 10. Dr. Ehmke 11. 10. Engelsberger 11. 10. Engholm 11. 10. Entrup 11. 10. Dr. Evers 11. 10. Fellermaier * 11. 10. Flämig * 11. 10. Dr. Freiwald 16. 11. Friedrich 11. 10. Gerlach (Emsland) * 12. 10. Dr. Gölter 11. 10. von Hassel 30. 10. Herold 30. 11. Heyen 11. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 11. 10. Kiep 18. 10. Dr. h. c. Kiesinger 18. 10. Dr. Klein (Göttingen) 11. 10. Dr. Klepsch * 11. 10. Dr. Lauritzen 11. 10. Lautenschlager * 11. 10. Dr. Lenz (Bergstraße) 11. 10. Lücker * 11. 10. Frau Lüdemann 11. 10. Frau Meermann 11. 10. Memmel * 11. 10. Mischnick 11. 10. Pieroth 11. 10. Rapp 11. 10. Rawe 11. 10. Roser 11. 10. Schinzel 11. 10. Schmidt (Kempten) 11. 10. Dr. Schulz (Berlin) * 11. 10. Schwedler 11. 10. Dr. Schwencke 11. 10. Dr. Schwenk 11. 10. Dr. Schwörer * 11. 10. Spilker 11. 10. Dr. Starke (Franken) 11. 10. Graf Stauffenberg 18. 10. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Stavenhagen 11. 10. Dr. Stienen 11. 10. Strauß 11. 10. Vahlberg 19. 10. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 11. 10. Frau Dr. Walz 11. 10. Wienand 19. 10. Wohlrabe 11. 10. Baron von Wrangel 11. 10. Dr. Zeitel 13. 10. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Möhring (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage A 10) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Bundesverband Deutscher Ingenieure (BDI) ein Gutachten erstellt haben soll, wonach Kleinverbraucher von Erdgas, besonders aber die Hausfrauen an Erdgasherden, durch unverbrennbare Stickoxydrückstände der Gefahr gesundheitlicher Dauerschäden ausgesetzt sind, und entwickelt die Bundesregierung Vorstellungen in der Weise, daß sie diese Aussagen nachprüft und gegebenenfalls veranlaßt, daß diese Gefährdung beseitigt wird, bzw. den Verbraucher entgegen der allgemeinen Werbeparole Erdgas ist ungefährlich" beim Kauf von Heiz- und Kochgeräten rechtzeitig über diese Gefahren aufklärt? Der Bundesregierung ist ein Gutachten des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) über Stickstoffemissionen nicht bekannt. Ihre Frage zielt aber möglicherweise auf ein Kolloquium ab, das der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) am 12. und 13. September 1974 in Düsseldorf über dieses Thema veranstaltet hat. Im Rahmen dieses Kolloquiums ist die Frage behandelt worden, ob bei der Verbrennung von Erdgas gefährliche Stickstoffoxid-Emissionen auftreten können. Auch der Deutsche Verein von Gas- und Wasserfachmännern (DVGW) untersucht gegenwärtig zusammen mit den Gasgeräteherstellern das Abgasverhalten der in Betracht kommenden Anlagen. Darüber hinaus hat der DVGW Untersuchungen eingeleitet, die eine Aussage darüber ermöglichen sollen, welche Konzentrationen an Stickstoffoxiden bei Gasgeräten im häuslichen Bereich vom arbeitsmedizinischen Standpunkt aus als vertretbar und unbedenklich angesehen werden können. Zur Zeit liegen ausreichend gesicherte Meßergebnisse über die tatsächlichen StickstoffoxidEmissionen in Küchen noch nicht vor. Die Bundesregierung wird sich der von Ihnen aufgeworfenen Problematik annehmen und darauf hinwirken, daß verläßliche Beurteilungsunterlagen erarbeitet werden. Sie hat den DVGW als das zuständige und sachverständige Gremium gebeten, das hierzu Erforderliche zu veranlassen. Von dem Ergebnis der Untersuchungen wird es abhängen, ob und ggfs. welche Maßnahmen zur Beseitigung etwaiger Gefährdungen sowie zur Aufklärung der Verbraucher getroffen werden müssen. 8256* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretär Haehser auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen A 57 und 58) : In welcher Höhe, für welche Zwecke, zu welchen Konditionen und bei welchen Gläubigern haben die Bundesregierung und/oder die Sondervermögen des Bundes mittelbar oder unmittelbar Auslandskredite aufgenommen (Hinweis auf „Welt" und „Frankfurter Neue Presse" vom 3. Oktober 1974)? Welche Auffassung hat die Bundesbank in bezug auf diese Kreditaufnahmen vertreten? Zu Frage A 57: Seit Mitte September haben der Bund • und seine Sondervermögen Schuldscheindarlehen zur Haushaltsfinanzierung bei inländischen Kreditinstituten über insgesamt 1,8 Mrd. DM mit Laufzeiten von 2-10 Jahren und einer Effektivbelastung zwischen 10,29 % und 10,75 % aufgenommen. Bei zwei Drittel dieser Darlehenssumme (rund 1,2 Mrd. DM) wurde auf Wunsch der Kreditgeber der Ausländervorbehalt weggelassen, sofern sich dies auf die Kreditkonditionen günstig auswirkte. Ob, wann und in welcher Höhe sich die Kreditinstitute, auf deren Namen die Schuldscheine ausgestellt werden, anschließend auch im Ausland refinanzieren, läßt sich nicht übersehen. Zu Frage A 58: Die Bundesbank hat sich dafür ausgesprochen, das Abtretungsverbot für solche Schuldscheindarlehen beizubehalten, die vom Tag des Erwerbs durch einen Ausländer an gerechnet, eine Laufzeit von weniger als 4 Jahren haben. Diesem Wunsch der Bundesbank hat das BMF entsprochen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage A 61) : Ist die Bundesregierung bereit, mit Rücksicht auf die oft schwierige wirtschaftliche Lage von Zeitungsverlagen diese von der Mehrwertsteuer zu befreien und die bereits beschlossenen Postzeitungsgebühren zu revidieren, oder was wird die Bundesregierung tun, um die wirtschaftliche Situation der Zeitungsverlage zu verbessern? Die Bundesregierung hat bereits am 30. April 1974 ein Sofortprogramm zur Stärkung der wirtschaftlichen Stellung kleinerer und mittlerer Zeitungsverlage beschlossen. Dazu gehören folgende Maßnahmen: — Einbeziehung der Zeitungsverlage in das Sonderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit einem Betrag bis zu 100 Millionen DM (Das Sonderprogramm war Teil der konjunkturpolitischen Beschlüsse der Bundesregierung vom 19. Dezember 1973); — Fortführung des ERP-Programms für Presseunternehmen (für 1974 stehen 26 Millionen DM zur Verfügung). Die Bundesregierung hält an ihrer Auffassung fest, daß über evtl. weitere Hilfsmaßnahmen zugunsten der Presse erst entschieden werden kann, wenn repräsentative Angaben über die wirtschaftliche Situation der Zeitungsverlage vorliegen. Was die Umsatzsteuerbefreiung mit Vorsteuerabzug für die Lieferung von Tageszeitungen angeht, hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu einem entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesrates auf die schwerwiegenden Bedenken hingewiesen, die einer solchen Gesetzesänderung entgegenstehen (BT-Drucksache 7/2467). Gegen eine Aussetzung der für den 1. Januar 1975 beschlossenen Gebührenerhöhung im Postzeitungsdienst bestehen ebenfalls schwerwiegende Bedenken. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen A 63 und 64): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Neuabgrenzung der Fördergebiete der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" — vorläufiger Stand — gemäß Beschluß des Planungsausschusses vom 21. August 1974 erhebliche Unruhe und Unsicherheit in den negativ betroffenen Gebieten ausgelöst hat, und ist die Bundesregierung bereit, die wissenschaftlichen, tabellarischen und kartographischen Unterlagen, die die Grundlage für die Neuabgrenzung gebildet haben, den Mitgliedern des Hauses generell oder auf Anforderung zur Verfügung zu stellen? Welche erläuternden Hinweise beabsichtigt die Bundesregierung über das Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft vom 23. August 1974 hinaus den Mitgliedern des Hauses zur Verfügung zu stellen, die die Beschlußfassung im Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" durchsichtig und nachvollziehbar machen? Es ist verständlich, daß gerade in den künftig aus der Förderung ausscheidenden Gebieten eine intensive Erörterung der Beschlüsse des Planungsausschusses stattfindet. Daraus darf aber nicht von vornherein auf eine „erhebliche Unruhe und Unsicherheit" geschlossen werden. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß die unverzüglichen schriftlichen Erläuterungen von Herrn Minister Dr. Friderichs vom 23. August 1974 zu den Ergebnissen der Neuabgrenzung für eine allgemeine Unterrichtung der Mitglieder des Hauses umfassend sind. Sie beabsichtigt daher nicht, generell weitere erläuternde Hinweise zu geben, zumal sie davon ausgeht, daß der Kreis derjenigen, der an detaillierten Auskünften über wissenschaftliche, tabellarische und kartographische Unterlagen zur Neuabgrenzung interessiert ist, relativ klein ist. Für diesen Kreis stehen die zuständigen Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums — und sicherlich auch die der Länderwirtschaftsministerien — selbstverständlich zur Verfügung. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8257* Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage A 67) : Ist sich die Bundesregierung bewußt, daß eine längere Pause in den Verhandlungen um die Errichtung des europäischen Regionalfonds vor allem im Bereich der Kommunen mit großer Besorgnis aufgenommen wird, und ist sie unter diesem Gesichtspunkt bereit, mit Nachdruck auf einen schnellen Fortgang der Verhandlungen hinzuwirken? Die Unterbrechung der Verhandlungen zur Errichtung des Europäischen Regionalfonds hängt mit der allgemeinen Lage der Gemeinschaft zusammen. Die Bundesregierung hat im EG-Ministerrat konstruktiv mitgearbeitet und wird dies auch weiterhin tun; sie hat sich allerdings — gestützt auf die Entschließung des Deutschen Bundestages vom 13. Dezember 1973 (Drucksache 7/1391 neu) — dafür eingesetzt, daß zunächst begrenzte Mittel vorgesehen und eine räumliche und sachliche Schwerpunktbildung bei der Vergabe der Mittel sichergestellt werden. Die Bundesregierung vermag keinen Grund für Besorgnisse der deutschen Gemeinden über die Verhandlungspause zu erkennen. Die Mittel des Regionalfonds würden nur zu einem geringen Teil in der Bundesrepublik Deutschland verwendet; die Bundesrepublik wäre — gesamtwirtschaftlich gesehen der größte Nettozahler des Fonds. Art und Umfang der deutschen Regionalförderung würden damit kaum beeinflußt. Im übrigen wird im nationalen Rahmen die Regionalförderung durch Sonderprogramme und Erhöhung der Mittel der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" verstärkt fortgesetzt. Die Verhandlungspause wird genutzt, um in bilateralen Kontakten grundsätzliche Überlegungen zur Ausgestaltung einer europäischen Regionalpolitik zu vertiefen. Präsident Ortoli hat erklärt, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung dürfe sich nicht auf die Übertragung von Finanzmitteln beschränken, sondern müsse ein Instrument echter Strukturpolitik werden. Die Bundesregierung unterstützt diese Tendenz und erwartet entsprechende Initiativen der Kommission. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen A 78 und 79) : Wieweit sind die Überlegungen der Bundesregierung gediehen, hn Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung eine ausreichende und eigenständige Altersversorgung für die Frau zu schaffen? Wie stellt sich die Bundesregierung heute zu der wiederholt geforderten Beseitigung der Anrechnung der Witwengrundrente bzw. deren jährlichen Erhöhung an den laut Bundesversorgungsgesetz bestehenden Schadensausgleich? Zu Frage A 78: Die von Ihnen angesprochenen Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung hat im Hinblick auf die große Bedeutung der angesprochenen Frage eine Meinungsumfrage in Auftrag gegeben, die die Einstellung unserer Bevölkerung zu der Art und dem Umfang der eigenständigen Sicherung der Frau deutlich machen soll. Ich gehe davon aus, daß das Ergebnis der Meinungsumfrage Anfang nächsten Jahres vorliegen wird. Ich glaube, Sie werden mir darin zustimmen, daß wir bei unseren Überlegungen das Ergebnis der Meinungsumfrage mit berücksichtigen. Zu Frage A 79: Das derzeitige Leistungsgefüge des Bundesversorgungsgesetzes bietet nach Auffassung der Bundesregierung keine Ansatzpunkte dafür, die Witwengrundrente bei der Festsetzung des Schadensausgleichs künftig nicht mehr als Einkommen der Witwe zu behandeln. Die Witwengrundrente dient — wie auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat dem Ersatz eines verlorengegangenen Unterhaltsanspruchs. Diese Tatsache kann bei der Festsetzung des Schadensausgleichs, durch den eine besondere wirtschaftliche Beeinträchtigung in Abhängigkeit von der beruflichen Stellung des Mannes ausgeglichen werden soll, nicht unberücksichtigt bleiben. Wollte man sich über die Konzeption des Bundesversorgungsgesetzes hinwegsetzen und die Grundrenten der Witwen unberücksichtigt lassen, hätte dies Mehraufwendungen zu Lasten des Bundes in einer Größenordnung von jährlich 700 bis 800 Millionen DM zur Folge. Diese Mittel können vor allem im Hinblick auf die jährlichen Rentenerhöhungen aufgrund der Dynamisierung der Kriegsopferrenten mit einem Finanzvolumen von jeweils rund 1 Milliarde DM nicht bereitgestellt werden. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Graf Stauffenberg (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage A 80) : Trifft die Meldung des Deutschen Caritasverbands vom 3. September 1974 zu, im Caritas-Dienst könnten noch 756 Dienstleistende aus dem Kreis der Wehrdienstverweigerer untergebracht werden, und warum wird von diesem Angebot angesichts des Mangels freier Plätze und der Vielzahl von Wehrdienstverweigerern, die nicht zur Ableistung des Zivildienstes herangezogen werden können, kein Gebrauch gemacht? Zunächst einmal möchte ich auf die Antwort zu einer ähnlichen Frage des Kollegen Walkhoff in der letzten Fragestunde hinweisen. Sie ist im Sitzungsprotokoll des Deutschen Bundestages auf Seite 8028 abgedruckt. Die in Ihrer Frage enthaltene Auffassung, es herrsche zur Zeit ein Mangel an Zivildienstplätzen kann ich nicht teilen. Gegenwärtig werden 8258* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 20 500 Dienstplätze gezählt, die ausreichen würden, um alle anerkannten Kriegsdienstverweigerer zum Zivildienst heranzuziehen. Allerdings ist es mit mancherlei Schwierigkeiten verbunden, alle vorhandenen Dienstplätze auch tatsächlich zu besetzen. So konnten von den gegenwärtig gezählten 20 500 Dienstplätzen trotz aller Anstrengungen 6 500 Plätze nicht besetzt werden. Die Zahl der vom Deutschen Caritas-Verband mitgeteilten unbesetzten Stellen hält sich durchaus in einem vergleichbaren Rahmen. Der Grund für die Nichtbesetzung ist zum großen Teil darin zu sehen, daß die Beschäftigungsstellen besondere Ansprüche an Religionszugehörigkeit, den Beruf, die persönliche Einstellung und das äußere Erscheinungsbild usw. der Dienstpflichtigen stellen oder keine Unterkünfte bereithalten. Zum Beispiel ist in ländlichen Gebieten die Besetzung von Dienstplätzen ohne Unterkunft oft für längere Zeit nicht möglich, weil in der näheren Umgebung der Beschäftigungsstelle keine anerkannten Kriegsdienstverweigerer wohnen. Dem Bundesamt für den Zivildienst ist es seit seiner Errichtung am 1. Oktober 1973 gelungen, mehr Dienstpflichtige als je zuvor zum Zivildienst heranzuziehen. Es ist weiterhin mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln bemüht, die Lücke zwischen besetzten und unbesetzten Dienstplätzen zu verkleinern. Aus verschiedenen Gründen — z. B. zur nahtlosen Überführung ehemaliger Soldaten aus der Bundeswehr in den Zivildienst — muß jedoch auch in Zukunft eine größere Anzahl von Dienstplätzen ständig freigehalten werden. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Vogelsang (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage A 81) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die Arbeitszeitverkürzung auf 40 Stunden pro Woche bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes mit zwei Halbtagskräften von diesen eine Arbeitszeit erreicht wird, die nach dem Arbeitsförderungsgesetz geringfügig ist und somit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld begründet, und ist die Bundesregierung bereit, diesem Zustand abzuhelfen? Die Bundesregierung hat in dem Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz, der zur Zeit dem Bundesrat im ersten Durchgang vorliegt, eine Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vorgeschlagen. Danach sollen künftig auch Beschäftigungen von 20 Stunden wöchentlich die Beitragspflicht und damit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld begründen. Anlage 9 a Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Vehar (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage A 82) : Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die staatliche Unterstützung in Höhe von 130 000 DM über den Bundeshaushalt und 170 000 DM über die Länderhaushalte für die eminent wichtige Aufgabe der Unfallbekämpfung völlig unzureichend ist, da laut Aussagen der Aktion „das sichere Haus" e. V. in München in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlin jährlich über 2 Millionen Unfälle im häuslichen Bereich passieren, darunter nahezu 11 000 tödliche Unfälle, und daß diese Zahlen nach bisher vorliegenden Zahlen 1974 wahrscheinlich noch höher liegen werden, und hat die Bundesregierung die Absicht, in Zusammenarbeit mit den Ländern in den nächsten Jahren mehr finanzielle Mittel zur Bekämpfung der häuslichen Unfälle bereitzustellen, bzw. welche eigenen Vorstellungen hat die Bundesregierung hinsichtlich dieser Aufgabe? Die Bundesregierung bemüht sich gemeinsam mit den Ländern, der Gewerbeaufsicht, den Berufsgenossenschaften und nicht zuletzt einer Reihe von privaten Organisationen, zur Unfallbekämpfung im häuslichen Bereich beizutragen. Eine zusammenfassende Darstellung über die verschiedenen Kompetenzen, Rechtsgrundlagen und Maßnahmen in diesem Bereich ist im Unfallverhütungsbericht enthalten, den die Bundesregierung im Jahre 1973 vorgelegt hat. Im einzelnen möchte ich noch auf folgendes hinweisen. Nach der letzten Erhebung im Jahre 1973 haben Bund und Länder für die Unfallverhütung im häuslichen Bereich ca. 350 000 DM aufgebracht. Im Bundeshaushalt 1974 stehen für diese Aufgabe 130 000 DM zur Verfügung, wovon die Aktion „Das sichere Haus" alleine 70 000 DM erhält. Auch in den Ländern sollen nach einem Beschluß der Arbeitsministerkonferenz verstärkt Maßnahmen insbesondere auf dem Gebiet der Unfallaufklärung ergriffen werden. Der Aufklärung wird auch ein mit Bundesmitteln geförderter Film über die Sicherheit im Haushalt dienen, der demnächst im Gemeinschaftsprogramm der ARD gesendet wird. Neben der Aufklärungstätigkeit wird es künftig auch auf eine intensive Förderung der Unfallforschung ankommen. Diese Aufgabe wird zu einem wesentlichen Teil von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung in Dortmund wahrgenommen. Sie verwendet einen erheblichen Teil ihrer Haushaltsmittel für Forschungsvorhaben zur Verbesserung der Unfallsituation im häuslichen Bereich. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Schleicher (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage A 83) : Wie entwickelt sich die Schwerhörigkeit als Berufskrankheit im Verhältnis zu anderen Berufskrankheiten, und zu welchen Maßnahmen und Überlegungen auf dem Gebiet des Lärmschutzes im allgemeinen und des Arbeitsschutzes im besonderen gibt die Entwicklung Anlaß? Die Berufskrankheit „Lärmschwerhörigkeit und Lärmtaubheit" liegt nach den Erhebungen für 1973 mit 1 145 erstmals entschädigten Fällen an zweiter Stelle aller Berufskrankheiten hinter der Silikose. Im letzten Jahrzehnt hat sich alle zwei bis drei Jahre die Anzahl der angezeigten und der erstmals entschädigten Lärmschwerhörigkeitsfälle verdoppelt. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8259* Die Bundesregierung bemüht sich auf den verschiedensten Ebenen gemeinsam mit den Ländern, der Gewerbeaufsicht und den Berufsgenossenschaften dieser ernsten Entwicklung entgegenzutreten. So werden durch das am 1. Dezember 1974 in Kraft tretende Arbeitssicherheitsgesetz die Unternehmer verpflichtet, Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit einzustellen, die bei der Gestaltung der Arbeitsplätze und bei der Anschaffung von Maschinen auch im Hinblick auf die notwendigen Lärmschutzmaßnahmen beratend einzuschalten sind. Zum gleichen Zeitpunkt tritt die vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung genehmigte Umfallverhütungsvorschrift „Lärm" der Berufsgenossenschaften in Kraft. Diese Bestimmungen werden dazu führen, daß in den nächsten Jahren alle gehörgefährdeten Arbeitnehmer untersucht werden. Außerdem enthält diese Unfallverhütungsvorschrift Anforderungen zur technischen Lärmminderung sowie eine Verpflichtung zum Tragen von persönlichen Schallschutzmitteln. Schon im Jahre 1970 hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Einvernehmen mit den Ländern für den gezielten Einsatz der Gewerbeaufsicht eine Richtlinie über Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer gegen den Lärm am Arbeitsplatz herausgegeben. Die Leitenden Gewerbeaufsichtsbeamten der Länder haben vor kurzem gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung beschlossen, in Zukunft neben der Durchführung breit angelegter arbeitsmedizinischer Untersuchungen ihren Schwerpunkt besonders auf die Verringerung des Lärms der Maschinen und Anlagen zu legen. Lärmgrenzwerte für die Arbeitsplätze wird die zur Zeit im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung vorbereitete Arbeitsstättenverordnung enthalten. Seit 1973 stehen im Bundeshaushalt Mittel für die Lärmforschung zur Verfügung. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und der Bundesminister für Forschung und Technologie setzen diese Mittel gezielt für die Erforschung der Lärmursachen und der Lärmbekämpfung ein. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten von Schoeler (FDP) (Drucksache 7/2584 Fragen B 1 und B 2) : Ist der Bundesregierung das Ergebnis einer Untersuchung der südafrikanischen Gruppe „Programm für sozialen Wandel" über die Arbeitsbedingungen der schwarzen Angestellten an der Deutschen Schule in Johannesburg, die jährlich Zuwendungen aus Bundesmitteln erhält, bekannt, nach dem die schwarzen Angestellten einen wöchentlichen Durchschnittslohn erhalten, der weit unter der „poverty datum line" liegt? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um zu verhindern, daß diese von ihr geförderte Einrichtung durch eine solche Ausnutzung ihrer schwarzen Angestellten einen Beitrag zur Rassendiskriminierung in Südafrika leistet? Zu Frage B 1: Ja. Zu Frage B 2: Unabhängig von und schon vor der Untersuchung durch die Aktionsgruppe „Programm für sozialen Wandel" hat die Bundesregierung der Lage der schwarzen Arbeitnehmer an den Deutschen Schulen in Südafrika ihre besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die deutschen Auslandsvertretungen in Südafrika stehen in dieser Frage mit den Schulverbänden in Verbindung. Ein direktes Eingreifen des Auswärtigen Amtes in die Verwaltung und Entscheidungen der Schulvereine ist nicht möglich, weil die Schulträger im Ausland als juristische Personen ausländischen Privatrechts konstituiert sind. Jedoch müssen die Schulvereine davon ausgehen, daß das Auswärtige Amt Förderungszusagen von der Erfüllung angemessener Entlohnung abhängig macht. Indessen wird erwartet, daß es solcher Maßnahmen nicht bedarf, weil die Schulvereine bereits ein Eingehen auf die Anstöße des Auswärtigen Amtes erkennen lassen. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 3) : Welche humanitäre Hilfe kann und wird die Bundesregierung für die Zehntausenden von kurdischen Flüchtlingen leisten, die aus dem Irak in den Iran flüchten? Bis heute ist an die Bundesregierung kein Hilfsappell der iranischen Rotkreuz-Organisation „Roter Löwe" gerichtet worden, die bisher die Flüchtlingsbetreuung ohne fremde Hilfe durchführt. Sollte infolge des anhaltenden Flüchtlingsstroms die Organisation „Roter Löwe" mit der Situation nicht mehr fertig werden und um Hilfe bitten, wird die Bundesregierung prüfen, inwieweit ein deutscher Beitrag zu einer dann notwendigen internationalen Hilfsaktion in Betracht kommt. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 4) : Treffen Pressemeldungen zu, bei Ausstellungen der Bundesrepublik Deutschland in der Sowjetunion sollen in Zukunft die Aussteller aus dem Land Berlin gesondert gruppiert werden und auf ihren Ständen Berliner Wimpel anbringen sowie Hinweise mit den einschlägigen Bestimmungen des Vier-MächteAbkommens über Berlin aufstellen, was sie als eine glatte Dis- 8260* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 kriminierung empfinden, und was hat die Bundesregierung unternommen, um eine befriedigende Regelung zu erreichen, die hinter der bisherigen Praxis nicht zurückbleibt, das Vier-MächteAbkommen voll ausschöpft und für andere Messen im Bereich des Warschauer Paktes, wie etwa in Posen, keinen negativen Präzedenzfall schafft? Die Bundesregierung hat im Januar dieses Jahres den zuständigen Wirtschaftsverbänden empfohlen, bei der Teilnahme von Berliner Firmen an Ausstellungen und Messen der Bundesrepublik Deutschland in der Sowjetunion wie folgt zu verfahren: - Der Pavillon ist außen durch die Aufschrift „Aussteller aus der Bundesrepublik Deutschland" gekennzeichnet. — Auf dem Messegelände wird neben den Fahnen der beteiligten Nationen nur die Fahne der Bundesrepublik Deutschland gehißt. — Im Katalog erscheinen die Berliner Firmen unter der Rubrik „Bundesrepublik Deutschland". Sie erhalten eine Fußnote mit folgendem Text: „In Übereinstimmung mit dem Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971." — Berliner Firmen sind möglichst zusammengefaßt im Pavillon der Bundesrepublik Deutschland zu placieren, soweit dies sachlich gerechtfertigt ist und die Funktion und die Struktur der Ausstellung nicht beeinträchtigt. — Stände der Berliner Firmen werden mit Berliner Tischfähnchen und einem Schild versehen, auf dem Textauszüge aus dem Viermächte-Abkommen zitiert sind (die Textauszüge beziehen sich auf gemeinsame Teilnahme an Messen, auf die Bindungen Berlins an die Bundesrepublik und den Hinweis, daß Berlin kein konstitutiver Teil der Bundesrepublik Deutschland ist). — Die Textauszüge werden im Messekatalog am Anfang zitiert. Aufgrund der seit Abschluß des Viermächte-Abkommens gemachten Erfahrungen kann davon ausgegangen werden, daß bei Einhaltung dieser Modalitäten ein reibungsloser Messeverlauf sichergestellt ist. Die von der Bundesregierung empfohlenen Teilnahmemodalitäten stellen gegenüber der bisherigen Praxis einen erheblichen Fortschritt dar. Bekanntlich hat es wegen des Hissens der Berliner Flagge und der Darstellung Berlins als selbständig teilnehmendes Land im Messekatalog immer wieder Schwierigkeiten gegeben. Nach Auffassung der Bundesregierung rechtfertigen die positiven Elemente in der Empfehlung die Inkaufnahme der in Ihrer Anfrage erwähnten Punkte. Ohne diesen Kompromiß wäre die gegenwärtige und gegenüber der Vergangenheit gerade in den wesentlichen Fragen erheblich verbesserte Regelung in der Sowjetunion nicht durchzuführen. Diese Bewertung wird vom Senat von Berlin voll geteilt. Es trifft zu, daß in einigen sozialistischen Staaten (z. B. Polen) hinsichtlich bestimmter Einzelpunkte für uns günstigere Verfahren praktiziert werden. Dies bedeutet aber noch nicht, daß die Regelung dieser Länder im Vergleich mit der Empfehlung des Auswärtigen Amtes insgesamt günstiger ist. So werden z. B. in Posen zwar keine Tischfähnchen oder Textauszüge verlangt, dafür wird aber immer noch die Berliner Fahne unter den Fahnen der beteiligten Nationen gezeigt und damit der östlichen These von der „selbständigen politischen Einheit Westberlins" Vorschub geleistet. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß das Auswärtige Amt in der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses vom 10. Oktober 1974 zu den angesprochenen Fragen ausführlich Bericht erstatten wird. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Moersch auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 5) : Trifft die Meldung der „Welt" vom 3. September 1974 zu, die Sowjetunion weigere sich, Berlin als Austragungsort des Hallenhandball-Länderspiels der Frauen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR am 20. Oktober 1974 zu akzeptieren, und was hat die Bundesregierung — bejahendenfalls — unternommen, um die Einbeziehung des Landes Berlin in die sportlichen Kontakte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion entsprechend dem Vier-Mächte-Abkommen über Berlin sicherzustellen? Die Meldung der „Welt" vom 3. Oktober — nicht 3. September — trifft zu. Der sowjetische Handballverband hat sich geweigert, Berlin neben Bensheim/ Bergstraße und Mülheim als dritten Austragungsort des Hallenhandball-Länderspiels der Frauen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR zu akzeptieren. Der Deutsche Handballbund hat die Bundesregierung am 7. Oktober darüber unterrichtet, daß seine Bemühungen, den sowjetischen Handballverband zu bewegen, sich mit Berlin als drittem Austragungsort einverstanden zu erklären, endgültig gescheitert sind. Der Deutsche Handballbund hält an seinem Vorschlag, der sich auf die Austragungsorte innerhalb seines Verbandsbereichs bezieht, fest. Die Bundesregierung hat Verständnis für diese Entscheidung und billigt sie. Die Frage der Einbeziehung Berlins in die sportlichen Kontakte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion ist Gegenstand der deutsch-sowjetischen Verhandlungen über das Zweijahresprogramm für 1975/76 zum deutsch /sowjetischen Kulturabkommen. Die Bundesregierung geht bei diesen Verhandlungen davon aus, daß der Sportverkehr mit der Sowjetunion selbstverständlich auch den Landessportbund Berlin und die ihm angeschlossenen Landesfachverbände einbezieht. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 6) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8261* Treffen Meldungen zu, wonach für Polizei und Bundesgrenzschutz im gesamten Bundesgebiet eine einheitliche Uniformierung vorgesehen ist, und welche detaillierten Vorstellungen hat die Bundesregierung darüber? In ihrer Sitzung am 13. und 14. September 1974 hat sich die Ständige Konferenz der Innenminister der Länder für eine einheitliche Uniform der Polizeivollzugsbeamten des Bundes und der Länder ausgesprochen. Es handelt sich um eine grün-beige Kombination, die aus 13 Modellen ausgewählt worden ist (moosgrüner Rock, bräunlich-beige Hose, Mütze in der Farbe des Rockes, gelblich-grünes Hemd). Die Uniform soll auch im Bundesgrenzschutz eingeführt werden. Ein ad-hoc-Ausschuß ist ferner beauftragt worden, die zu dieser Grunduniform passende Ergänzungskleidung (z. B. für Hubschrauberbesatzungen, Kraftfahrer, technische Dienste) festzulegen. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 7) : Ist die Bundesregierung bereit, die im Dritten Besoldungserhöhungsgesetz nicht verwirklichte besoldungsmäßige Gleichstellung der 6semestrigen graduierten Ingenieure als Absolventen einer höheren Fachschule mit den 6semestrigen graduierten Ingenieuren als Absolventen einer Fachhochschule in Kürze vorzunehmen? Durch Art. IV § 2 des Dritten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern vom 26. Juli 1974 (BGBl I S. 1557) sind neben den Ingenieurschulabsolventen auch sonstige Beamte des gehobenen technischen Dienstes, die ohne Abschluß einer Ingenieurschule angestellt worden sind, in die Regelung über das höhere Eingangsamt einbezogen worden, wenn sie ein Amt bekleiden, für das nach den geltenden Laufbahnvorschriften die Abschlußprüfung einer Ingenieurschule gefordert wird. Ich nehme an, daß hiermit auch der Personenkreis erfaßt ist, auf den Sie sich beziehen wollen. Gegebenenfalls ,bin ich zu einer ergänzenden Antwort gerne bereit. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatsekretärs Dr. Schmude auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engholm (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 8) : Welche Rolle spielt die Wasserschutzpolizei im Sicherheitsprogramm der Bundesregierung, und gedenkt die Bundesregierung, im Rahmen der Fortschreibung ihres Sicherheitsprogramms, entsprechende Grundsätze zu veröffentlichen? Ich gehe davon aus, daß Sie mit dem in der Frage genannten „Sicherheitsprogramm der Bundesregierung" das im Februar 1974 von der Ständigen Konferenz der Innenminister/-senatoren des Bundes und der Länder verabschiedete „Programm für die Innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland" meinen. Darin ist die Wasserschutzpolizei nicht behandelt. Das Programm ist jedoch nicht abschließend; es soll fortgeschrieben werden. Die Innenministerkonferenz hat deshalb ihren Arbeitskreis II — Öffentliche Sicherheit — beauftragt, Themen zusammenzustellen, die für eine weitere Ergänzung des Programms in Frage kommen. Er wird auch die Einbeziehung der Wasserschutzpolizei zu erwägen haben. Die Wasserschutzpolizei ist allerdings Aufgabe der Länder. Ob die Wasserschutzpolizei bei einer späteren Fortschreibung in das Programm aufgenommen werden soll, müssen daher in erster Linie die Innenminister und -senatoren der Länder entscheiden. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache 7/2584 Fragen B 9 und 10) : Welche technischen, organisatorischen und personellen Schlußfolgerungen wird die Bundesregierung aus der von einer Sonderkommission im Auftrag der Innenministerkonferenz erarbeiteten „Studie über die soziale Lage der Polizei in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland" ziehen? Was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um die in dieser Studie deutlich gewordene Differenzierung der Arbeitsvoraussetzungen und -bedingungen der Kriminalpolizei in den Ländern im Interesse einer wirksameren Verbrechensaufklärung und -verhütung und der Verwirklichung eines einheitlichen Sicherheitsprogramms zu harmonisieren? 1. Die „Studie über die soziale Lage der Polizei" ist unter Federführung des Landes Rheinland-Pfalz von einer durch die Innenministerkonferenz eingesetzten Kommission ausgearbeitet worden. In ihr soll die soziale Lage der Polizeivollzugsbeamten der Länder analysiert werden. Die Beamten des Bundesgrenzschutzes und des Bundeskriminalamtes sind in die Untersuchung nicht einbezogen. Die Innenministerkonferenz hat in ihren Sitzungen am 30. November 1973 und 15. Februar 1974 von der Studie Kenntnis genommen und den Vorsitzenden gebeten, die Studie den Spitzenverbänden der Berufsorganisationen der Polizei zur Stellungnahme zuzuleiten; die Stellungnahmen der Berufsorganisationen sollen sodann gesammelt der Innenministerkonferenz vorgelegt werden. Bisher steht somit eine abschließende Stellungnahme der Innenministerkonferenz zu der Studie sowie zu den Stellungnahmen der Berufsverbände aus. Auch bedarf der Klärung, inwieweit die Ergebnisse der Studie bei der von der Universität Saarbrücken im Auftrag der Innenministerkonferenz durchgeführten Untersuchung über das „Berufsbild des Polizeibeamten" nutzbar gemacht werden können. 2. In Ausführung des Programms für die Innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland wurde von der Innenministerkonferenz eine ad-hocKommission eingesetzt, die einheitliche Grundsätze für das Laufbahnrecht der Polizeibeamten des Bun- 8262* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 des und der Länder erarbeiten soll. Die Vorschläge dieser Kommission müssen bei einer endgültigen Lösung ebenso berücksichtigt werden wie die Forderungen der Studie über die soziale Lage der Polizei. Die Bundesregierung wird jedenfalls alle Maßnahmen unterstützen, durch die Vorbildung, Ausbildung, Laufbahn und Besoldung der Polizeibeamten vereinheitlicht werden. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Schmude auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Gerlach (Obernau) (CDU CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 13 und 14): Sind der Bundesregierung die Einzelgründe der geplanten amerikanischen Atomreaktoren-Stillegungen sowie Art und Umfang der vom amerikanischen Atomsicherheitsexperten Carl Hocevar angegebenen ungelösten Sicherheitsprobleme bekannt und wie lauten diese? Können derartige massierte Stillegungsmaßnahmen aus den gleichen Gründen auch in der Bundesrepublik Deutschland erforaerlich werden? Zu Frage B 13: Bei den erwähnten Schäden handelt es sich um Risse in Nebenleitungen des Reaktorkühlsystems von drei amerikanischen Siedewasserreaktoranlagen. Es wurden dabei weder radioaktive Stoffe in die Umgebung freigesetzt noch war die Funktionssicherheit des Kühlsystems zur Wärmeabfuhr aus dem Reaktorkern beeinträchtigt. Charakteristisch für die erwähnten Risse ist es, daß sie während des Betriebs nur langsam wachsen und durch das Leckanzeigesystem nachgewiesen werden, bevor sie eine sicherheitstechnisch bedenkliche Größe erreichen. Die US-Atomic Energy Commission hat deshalb für die von ihr angeordneten Überprüfungen aller vergleichbaren Anlagen eine Frist von 60 Tagen eingeräumt und nicht die sofortige Abschaltung verfügt. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen steht das Ausscheiden des Systemanalytikers für Rechenprogramme, Carl J. Hocevar, aus den Diensten der Aerojet Nuclear Corporation (ANC) und sein Übertritt in die Reihen der Kernenergiekritiker (Union of Concerned Scientists) in keinem Zusammenhang mit den aufgefundenen Rissen. Die ANC entwickelt u. a. Rechenprogramme auf dem Gebiet der Reaktorsicherheit für die amerikanische Genehmigungsbehörde in der Atomic Energy Commission (AEC). Zu Frage B 14: Bei Siedewasserreaktoren amerikanischer Bauart ist es üblich, das Kühlmittel durch Pumpen, die außerhalb des Reaktordruckbehälters angeordnet sind, umzuwälzen. Die vorerwähnten Leitungen werden beim Anfahren dieser externen Pumpen benötigt. Eine ähnliche Konzeption der Umwälzung ist in der Bundesrepublik Deutschland lediglich bei den Kernkraftwerken Lingen, Grundremmingen und Würgassen gegeben; Werkstoffe und Fertigungsmethoden sind jedoch anders als bei den amerikanischen Anlagen. Trotzdem ist vorsorglich vorgesehen — soweit dies nicht schon geschehen ist —, Prüfungen an den entsprechenden Stellen des Umwälzsystems durchzuführen. Alle anderen deutschen Siedewasserreaktoren haben eine grundsätzlich andersartige Ausführung des Umwälzsystems. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Meinike (Oberhausen) (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 15) : Ist die Bundesregierung in der Lage, nähere Angaben darüber zu machen, zu welchen Ergebnissen die Richtlinien zur wirksameren Bekämpfung von Mietpreiserhöhungen nach § 2 b WiStG geführt haben? Nach der Neufassung der Bestimmungen des Wirtschaftsstrafgesetzes (WiStG) gegen Mietpreiserhöhungen hat die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder im Februar 1973 beschlossen, in allen Ländern einheitliche Richtlinien zur wirksamen Bekämpfung überhöhter Mieten nach § 2 b WiStG anzuwenden. Die Richtlinien haben das Ziel, die Rechtsverfolgung durch die Verwaltungsbehörden zu vereinheitlichen und zu intensivieren. Zu diesem Zweck präzisieren sie insbesondere das Eingriffskriterium, nach dem die Verfolgungsbehörden in der Regel dann einzugreifen haben, wenn die vom Vermieter geforderten Entgelte die ortsüblichen Vergleichsmieten um mehr als 10 % übersteigen. Zur Verbesserung des Informationsflusses ist überdies vorgesehen, eine Statistik über die Anzahl und die Art der Erledigung der jährlich aufgegriffenen Fälle von Mietpreisüberhöhungen zu führen. Ein abschließendes Urteil darüber, ob die mit dem Erlaß der Richtlinien verfolgte Zielsetzung erreicht worden ist, läßt sich gegenwärtig noch nicht abgeben. Hierfür reichen die bisher vorliegenden Angaben der Jahresstatistik 1973 insbesondere wegen der Kürze des erfaßten Zeitraums und der Unvollständigkeit der Unterlagen noch nicht aus. Nach Angaben der Länder kann jedoch davon ausgegangen werden, daß sich die sogenannte Wesentlichkeitsgrenze, nach der die um mehr als 10 % über dem Vergleichsmietenniveau liegenden Mieten regelmäßig als unangemessen hoch anzusehen sind, als praktikables Eingriffskriterium erwiesen hat. Die teilweise angestrebte verstärkte Anwendung von Mietenspiegeln und anderen Zusammenstellungen von ortsüblichen Mieten wird künftig dazu beitragen, eine noch größere Rechtssicherheit bei der Beurteilung von unangemessen hohen Mieten zu erreichen. Die Unvollständigkeit des bisher zur Verfügung stehenden statistischen Materials ist zum Teil dar- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8263* auf zurückzuführen, daß die Zuständigkeit für die Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen in einigen Ländern von den Bezirksregierungen auf die Gemeinde- bzw. Kreisebene übergegangen ist, wodurch der Datenfluß in der Anlaufphase erschwert wurde. Aus den vorliegenden Angaben der Statistik läßt sich jedoch schon jetzt ablesen, daß die Zahl der bearbeiteten Mietpreisüberhöhungen von ca. 800 Jahre 1970 auf ungefähr 3 000 im Jahre 1973 zugenommen hat. Dies deutet auf eine nicht unerhebliche Intensivierung der Verfolgungstätigkeit hin. Aus der Struktur der vorliegenden Daten geht hervor, daß der Großteil der verfolgten Ordnungswidrigkeiten in Ländern mit bedeutenden Ballungsräumen angefallen ist, wie Hessen und Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Bayern und Hamburg. Hervorzuheben ist auch die Tatsache, daß ein sehr hoher Anteil der Fälle Mietverhältnisse mit ausländischen Arbeitnehmern betraf. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 16) : Wird die Bundesregierung auch weiterhin die in den sogenannten Waldheimprozessen und entsprechend späteren Prozessen in der „DDR" ergangenen Urteile auch weiterhin als „Nichturteile" ansehen und dies auch bei Verträgen mit der „DDR" berücksichtigen? Die Verurteilungen in den sogenannten Waldheim-Prozessen verletzen elementare Grundsätze des Rechts und der Menschlichkeit. Die Bundesminister der Justiz und für gesamtdeutsche Fragen haben im September 1950 hierzu eine entsprechende und deutliche Erklärung abgegeben. Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß die „Urteile" in den Waldheim-Prozessen so sehr gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen, daß sie als nicht existent, also als NichtUrteile, zu behandeln sind. An dieser Auffassung, die auch für solche Prozesse gelten würde, die ebenso zu beurteilen wären wie die „WaldheimProzesse", wird die Bundesregierung auch in Zukunft festhalten. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wörner (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 17) : Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß es sich um eine krasse Benachteiligung Baden-Württembergs bei der Mittelvergabe des Konjunktursonderprogramms handelt, und denkt sie gegebenenfalls daran, diese zu beseitigen? Im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft beantworte ich Ihre Anfrage wie folgt: Die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung, das Land Baden-Württemberg sei bei der Vergabe der Mittel des Sonderprogramms zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung benachteiligt. Sie ist vielmehr der Meinung, daß Baden-Württemberg angemessen berücksichtigt ist. Das Programm dient der Absicherung der Beschäftigung. Wichtigster Maßstab für die Aufteilung der Mittel ist demgemäß die regionale Verteilung der Arbeitslosigkeit. Dazu weisen die arbeitsmarktstatistischen Daten eindeutig aus, daß sich Baden-Württemberg — ähnlich wie auch die Stadtstaaten — in einer im Vergleich zu anderen Bundesländern bemerkenswert günstigen Situation befindet. Im Landesdurchschnitt betrug die Arbeitslosenquote in Baden-Württemberg im Monat August 1974 1,4 % im Vergleich zu einem Bundesdurchschnitt von 2,3 %. Dabei lag auch in keinem Arbeitsamtsbezirk die Quote über dem Bundesdurchschnitt. Vielmehr wurde der Bundesdurchschnitt teilweise sehr deutlich unterschritten: In 6 (von insgesamt 24) Arbeitsamtsbezirken betrug die Arbeitslosenquote nur 1 % oder weniger. Das Sonderprogramm zielt besonders auf die schwierige Lage der Bauwirtschaft und deren Auswirkung auf den Arbeitsmarkt ab. In Baden-Württemberg ist der Bauarbeitsmarkt jedoch noch durch einen Überschuß von offenen Stellen über die Zahl der Arbeitslosen gekennzeichnet, und zwar gilt das für den Landesdurchschnitt ebenso wie für jeden einzelnen Arbeitsamtsbezirk. Überdies hat sich von Juli 1974 auf August 1974 dieser Überschuß der offenen Stellen noch vergrößert. Da entsprechend der Zielsetzung des Programms überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit und Bauarbeitslosigkeit die Maßstäbe für die Mittelverteilung bilden, mußte das Land Baden-Württemberg dabei — ebenso wie die Stadtstaaten — grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Lediglich bei den Maßnahmen zur Förderung der kommunalen Infrastruktur, für die 180 Millionen DM Bundesmittel bereitgestellt werden, kommt ein modifizierter Schlüssel zur Anwendung, und zwar je zur Hälfte nach der absoluten Zahl der Arbeitslosen und nach dem für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" gültigen Schlüssel. Nur durch die Anwendung dieses modifizierten Schlüssels konnte überhaupt eine Berücksichtigung Baden-Württembergs — und der Stadtstaaten — bewirkt werden. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 18) : Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, bestehende Kartoffelbrennerei-Kontingente innerhalb des Bundesgebiets aus infolge allgemeinen Strukturwandels nicht mehr ausgelasteten Gebieten in Gebiete mit Brennerei-Kontingent-Unterversorgung zu übertragen, und ist die Bundesregierung bereit, die Fristen der Übertragungsmöglichkeit zu verlängern? 8264* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 Die Frage, ob Brennrechte auch künftig übertragen werden kannen, wurde im Juni 1974 bereits von Herrn Kollegen Schröder (Wilhelminenhof) gestellt. In meiner Antwort habe ich ausgeführt, daß die Bundesregierung die Übertragung von Brennrechten als Mittel zur Strukturverbesserung der deutschen Brennereiwirtschaft betrachte und daß sie beabsichtige, eine entsprechende Gesetzesänderung einzubringen, um Übertragungen weiterhin zu ermöglichen (Bericht 107. Sitzung, S. 7299). Hieran hält die Bundesregierung fest. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Burger (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 19) : Ist die Bundesregierung bereit, Frührentnern, deren Frauen arbeiten, oder Berufsunfähigkeitsrentnern mit zusätzlichem Einkommen, die wegen Bezugs von Kinderzuschüssen kein Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz beziehen, die finanzielle Schlechterstellung durch den Wegfall der Steuerfreibeträge in irgendeiner Form auszugleichen? Der Ersatz der bisherigen steuerlichen Kinderfreibeträge, der Kinderzuschläge des öffentlichen Dienstes und des bisherigen Kindergeldes durch die Gewährung eines allgemeinen erhöhten Kindergeldes führt zu einer gleichmäßigen Entlastung von kinderbedingten Aufwendungen für alle Einkommensbezieher und damit zu einer Vereinheitlichung des zur Zeit stark zersplitterten Familienlastenausgleichs. Bei der Vereinheitlichung des Kinderlastenausgleichs hat der Gesetzgeber auf Vorschlag der Bundesregierung davon abgesehen, die nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen gewährten Kinderzuschüsse und Kinderzulagen in den Kinderlastenausgleich einzubeziehen. Ausschlaggebend dafür war der Umstand, daß die sozialversicherungsrechtlichen Kinderzuschüsse und Kinderzulagen regelmäßig wesentlich höher als die neuen Kindergeldsätze nach dem Bundeskindergeldgesetz sind und daß sie außerdem an der jährlichen Erhöhung der Sozialrenten teilnehmen. Die Kinderzuschüsse betragen bei der knappschaftlichen Rentenversicherung 125,30 DM monatlich, bei der Angestellten- und der Arbeiterrentenversicherung 124 DM monatlich pro Kind. Damit haben künftig diejenigen Rentner, die noch im Erwerbsleben stehen oder deren Ehefrau berufstätig ist, eine höhere Kinderentlastung als andere Arbeitnehmer. Soweit die Kinderzulagen der gesetzlichen Unfallversicherung die Höhe des neuen staatlichen Kindergeldes noch nicht erreichen, wird im Einführungsgesetz zum Einkommensteuerreformgesetz vorgesehen, daß sie künftig mindestens dem nach dem Bundeskindergeldgesetz zu gewährenden Kindergeld entsprechen. Aus den vorgenannten Gründen hat die Bundesregierung nicht die Absicht, eine Gesetzesänderung vorzuschlagen. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schäfer (Appenweier) (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 20) : Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorgang, daß Pressemitteilungen zufolge der Präsident einer Oberfinanzdirektion in dieser Eigenschaft eine Denkschrift einer Beamtenorganisation zu Fragen des sich wandelnden Aufgabenbereichs der Zollverwaltung innerhalb einer bestimmten Region der Öffentlichkeit vorstellte? Ihrer Schriftlichen Anfrage für die Fragestunde am 9./l0. Oktober 1974 liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Bezirksverband Freiburg im Bund der Deutschen Zollbeamten hat ein Sonderheft „Der Zollbeamte — Sonderausgabe Dreiländerecke Süd-West" herausgebracht. Dieses Heft bringt ausführliche Berichte aus der Feder von leitenden Finanzbeamten in Freiburg, Basel und Mulhouse (Mülhausen) über Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise ihrer nationalen Zollverwaltungen. Daneben enthält das Heft zahlreiche Darstellungen aus Kreisen der Wirtschaft und des Verkehrs, die mit diesen Zollverwaltungen zusammenarbeiten. Der Oberfinanzpräsident hat ein kurzes Geleitwort geschrieben, in dem er unter Bezugnahme auf die Forderung des damaligen Bundesfinanzministers und jetzigen Bundeskanzlers Helmut Schmidt nach verstärkter Öffentlichkeitsarbeit am 15. Oktober 1973 feststellt: „Jegliches Bemühen, die Zollverwaltung in der Öffentlichkeit darzustellen, ist begrüßenswert." Das Heft ist am 19. September 1974 von dem Bezirksvorsitzenden des Bundes der Deutschen Zollbeamten — nicht von dem Oberfinanzpräsidenten — in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Der Oberfinanzpräsident war als Gast zu dieser Veranstaltung eingeladen und erhielt bei dieser Gelegenheit gleichfalls ein Exemplar des Heftes. Ob in der örtlichen Presse abweichend von diesem Sachverhalt berichtet wurde, ist mir nicht bekannt. Die Verwaltung ist angesichts der wandelnden Aufgaben der Zollverwaltung dringend daran interessiert, daß das Berufsbild der Zollbeamten in der Öffentlichkeit gegenüber verzerrten Vorstellungen richtiggestellt wird. Hierbei hat auch die Arbeit der Gewerkschaften eine große Bedeutung. Die Verwaltung unterstützt sie, wobei sie gegenüber konkurrierenden Verbänden strikte Neutralität wahrt. Das Verhalten des Oberfinanzpräsidenten ist nicht zu beanstanden. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Susset (CDU/CSU) und Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 21 und 22) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8265* Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß bei der Ausweisung der Mittel des Konjunktursonderprogramms nicht nur die Arbeitslosenzahlen, sondern auch die Zahl der Kurzarbeiter, die besonders in der Automobil- und Textilindustrie und deren Zulieferbetrieben in gewissen Bereichen Baden-Württembergs sehr hoch ist, hätte berücksichtigt werden müssen, was dann zu einer anderen Verteilung der Mittel geführt hätte? Hat die Bundesregierung bei den Beratungen über die Verteilung der Mittel des Konjunktursonderprogramms die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen in den Monaten August und September berücksichtigt? Zu Frage A 21: Entsprechend der Zielsetzung des „Sonderprogramms zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung" war bei der Auswahl der Einzelmaßnahmen entscheidender Wert darauf zu legen, die begrenzten Mittel schwerpunktmäßig und gezielt in solchen Gebieten einzusetzen, die von einer überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit betroffen waren. Da es sich — entsprechend der aus der konjunkturellen Situation folgenden Zielrichtung — ausschließlich um Baumaßnahmen handeln sollte, war zusätzlich im besonderen auf die Beschäftigungslage im Baubereich zu achten. Angesichts dieser regionalen und sektoralen Zielrichtung teilt nicht die Bundesregierung die Auffassung, auch den Stand der Kurzarbeit für die Verteilung der eng begrenzten Mittel heranzuziehen. Die zusätzlichen Hochbauaufträge, die im Laufe des Jahres 1975 ausgeführt werden, dürften in aller Regel kaum geeignet sein, die ihrem Wesen nach vorübergehende Kurzarbeit — noch dazu in der Automobil- und Textilindustrie — direkt zu mildern. In den Abstimmungsgesprächen über das Sonderprogramm mit den Ländern wurde daher auch übereinstimmend als entscheidendes Kriterium die Arbeitslosigkeit angesehen. Bei ausschließlicher Berücksichtigung der Arbeitslosigkeit hätte Baden-Württemberg allerdings — angesichts seiner vergleichsweise sehr günstigen Beschäftigungslage — überhaupt keine Bundesmittel aus diesem Programm erhalten können. Um zu einer ausgewogeneren regionalen Verteilung zu gelangen, ist für das Teilprogramm zur Förderung kommunaler Infrastruktur ein Verteilungsmodus gewählt worden, der wegen der Einbeziehung eines strukturpolitischen Aspektes — nämlich der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" — auch eine Beteiligung des Landes Baden-Württemberg gestattet. So konnte erreicht werden, daß in diesem Land durch das Programm ein zusätzliches Investitionsvolumen von rd. 30 Millionen DM (einschließlich Landes- und Gemeindeanteil) gefördert wird. Die Auswahl der Einzelprojekte dieses Programmteils ist in erster Linie vom Land zu treffen. Angesichts dessen Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten ist gewährleistet, daß zusätzlich auch bestimmte strukturelle Aspekte Berücksichtigung finden. So dürfte es im Einzelfall dem Land auch möglich sein, dem von Ihnen angesprochenen Anliegen Rechnung zu tragen, sofern zugleich die allgemeinen Zielsetzungen des Programms erreicht werden. Zu Frage A 22: Bei dem „Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung" gem. § 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft hat sich die Bundesregierung hinsichtlich der regionalen Verteilung der Mittel von der Zielsetzung leiten lassen, die zusätzlichen Aufträge in Gebieten mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung der Beschäftigungslage im Baubereich wirksam werden zu lassen. Es wurden die jeweils jüngsten arbeitsmarktstatistischen Unterlagen herangezogen, also im wesentlichen die verfügbaren Statistiken des Monats August. Bei der Auswahl der Bundesprojekte des Programmteils B und bei den Beratungen mit den Ländern im Rahmen des Konjunkturrats für die öffentliche Hand am 23. September 1974 sowie des Finanzplanungsrates am 24. September 1974 lagen die Septemberzahlen noch nicht vor. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Länder bei den in erster Linie von ihnen zu bestimmenden Einzelprojekten des Programmteils A ebenfalls die jeweils jüngsten arbeitsmarktstatistischen Daten, also dann z. T. bereits die Septemberzahlen, berücksichtigen. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Ing. Oldenstädt (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 23 und 24) : Hält es die Bundesregierung im Hinblick auf die allseits geforderte und von ihr selbst versprochene Transparenz planerischer Entscheidungen für angemessen, die Mitglieder des Deutschen Bundestages über das Vorhandensein und die Grundzüge der sogenannten Klemmer-Studie erst dann zu unterrichten, wenn mit dem Beschluß des Planungsausschusses der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" — auf der Grundlage dieser Studie — bereits wichtige und für die Betroffenen weithin unabänderliche Entscheidungen getroffen sind? Hält es die Bundesregierung angesichts der Unruhe in den von den konjunkturellen und strukturellen Schwierigkeiten besonders betroffenen wirtschaftsschwachen Gebieten für politisch klug, der Öffentlichkeit Karten über die zukünftigen Fördergebiete vorzulegen, in denen ganze Kreise aus der Förderung herausgenommen zu sein scheinen, obwohl die Kreise nach der Darstellung von Professor Klemmer nur Annäherungen an die „gemeindescharf festgelegten Aktionsräume" darstellen, und die „Feinabstimmung" nach den Ausführungen des zuständigen Ministers erst Ende 1974 von den Landesregierungen vorgeschlagen werden soll? Nach einstimmiger Auffassung des von Bund und Ländern gebildeten Planungsausschusses der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" sollten die als Arbeitsunterlage verwendeten Gutachten erst nach den Grundsatzbeschlüssen freigegeben werden, weil sonst ein erfolgreicher Abschluß dieser Arbeiten kaum hätte erreicht werden können. Die Bundesregierung hat sich daran gehalten. Nach der Beschlußfassung hielt sie es allerdings für ihre Pflicht, unverzüglich alle Abgeordneten ,des Deutschen Bundestages umfassend zu unterrichten. Die Öffentlichkeit ist von ihr lediglich im Rahmen der üblichen Pressemitteilungen informiert worden. Die Karten mit den nicht gemeindescharf abgegrenzten Fördergebieten sind lediglich den Abgeordneten des Deutschen Bundestages, nicht aber der Presse übergeben worden. 8266* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 Die Bundesregierung wird — wie von ihr zugesagt — die zuständigen Ausschüsse des Deutschen Bundestages über den Entwurf des 4. Rahmenplans und ihre Stellungnahme vor der Beschlußfassung über diesen Rahmenplan unterrichten. Die Auffassung der Ausschüsse wird somit in den weiteren Meinungsbildungsprozeß des Planungsausschusses einfließen. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Geldner (FDP) (Drucksache 7/2584 Frage B 25) : Welche wichtigsten wasserbautechnischen Projekte werden z. Z. in Bayern mit Bundesmitteln gefördert, und in welcher Höhe sind in den letzten fünf Jahren Gelder für diesen Zweck gegeben worden? Dem Land Bayern wurden in den letzten 5 Jahren für wasserwirtschaftliche Maßnahmen folgende Bundesmittel zur Verfügung gestellt: 1969 27,8 Millionen DM 1970 34,0 Millionen DM 1971 40,9 Millionen DM 1972 64,0 Millionen DM 1973 48,6 Millionen DM 1974 44,5 Millionen DM In den Jahren 1973 und 1974 handelt es sich jeweils um den Anteil, der vom Land in den ersten und zweiten Rahmenplan für die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes für wasserwirtschaftliche Maßnahmen eingesetzt worden ist. Mit diesen Bundesmitteln werden folgende wichtigsten Projekte gefördert: — Wildbach- und Lawinenverbauungen im Zuge des Alpenplanes, — Überleitung von Altmühl- und Donauwasser in das Regnitz-Maingebiet, — Fernwasserversorgung Bayerischer Wald, — Trinkwassertalsperre Mauthaus (Landkreis Kronach). Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 26 und 27): Welche Leistungen beabsichtigt die Bundesregierung im Haushalt 1975 festzulegen zur Förderung von landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieben? Beabsichtigt die Bundesregierung durch Förderungsmaßnahmen für nebenberufliche Landwirte, in den Höhengebieten und in von der Natur benachteiligten Zonen die Leistungen dieser Landwirte zur Pflege zur Erhaltung der Kulturlandschaft zu honorieren? Frage B 26: Die Nebenerwerbslandwirte nehmen bereits bis- her an den meisten agrarpolitischen Maßnahmen, die in der Regel auf die Förderung aller land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ausgerichtet sind und nicht zwischen Haupt-, Zu- oder Nebenerwerbslandwirt unterscheiden, teil. Dies gilt z. B. für die markt- und preispolitischen Maßnahmen, für die Maßnahmen zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen und Aufwertungsverlusten, bei steuerlichen und sozialpolitischen Maßnahmen. Bei der einzelbetrieblichen Investitionsförderung war die Nebenerwerbslandwirtschaft bislang (mit Ausnahme einer Förderung im Rahmen einer sonstigen Kooperation mit unmittelbarer Flächenbewirtschaftung) ausgeschlossen. Künftig sollen jedoch die Umstellung bzw. Anpassung landwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetriebe auf arbeitssparende und extensive Organisationsformen finanziell gefördert werden. Hierzu habe ich entsprechende Vorschläge vorgelegt, denen das Bundeskabinett am 18. September zugestimmt hat. Danach ist künftig eine Überbrückungshilfe für Nebenerwerbslandwirte vorgesehen, die innerhalb einer bestimmten Frist nach Aufnahme eines außerlandwirtschaftlichen Haupterwerbs ihren Betrieb auf die nebenberufliche Bewirtschaftung umstellen. Diese Förderung wird in Form einer Zinsverbilligung für entsprechende Investitionen gewährt werden. Außerdem ist die Einführung einer Anpassungshilfe in nebenberuflich bewirtschafteten Grünland- und Futterbaubetrieben vorgesehen. Sie ist als kapitalisierte Zinsverbilligung in der Form eines Zuschusses angelegt. Diese Maßnahmen sollen ab 1. Januar 1975 wirksam werden. Die Abstimmung mit den Bundesländern zur Durchführung der Maßnahmen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" wird in Kürze abgeschlossen werden. Im Rahmen des Plafonds der Gemeinschaftsaufgabe sind für 1975 für die Maßnahmen einer investiven Förderung der Nebenerwerbslandwirtschaft Bundesmittel in ausreichendem Umfang vorgesehen. Frage B 27: Die unter 1 genannten Maßnahmen sind bundesweit angelegt und gelten daher auch für die Berggebiete und andere benachteiligte Gebiete. Darüber hinaus hat der Planungsausschuß in seiner Sitzung am 23. September 1974 beschlossen, daß in den Berggebieten und in Teilen der anderen benachteiligten Gebiete alle Betriebe ab 3 ha LF eine Ausgleichszulage erhalten. Diese Regelung gilt somit auch für alle Nebenerwerbsbetriebe. Die Ausgleichszulage wird zum Ausgleich von ständigen natürlichen Nachteilen je Großvieheinheit und Hektar Futterfläche gewährt. Der Grundbetrag der Ausgleichszulage beträgt je GVE 120,— DM. Unter bestimmten regionalen Verhältnissen können insbesondere extensive Viehhaltungsformen mit Zuschlägen bis zu 50 % geför- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8267* dert werden. Nebenerwerbsbetriebe können im Rahmen von Kooperationen im Bereich gemeinschaftlicher Futtermittelproduktion und Verbesserung und Ausrüstung gemeinsam genutzter Weiden und Almen mit Beihilfen bzw. Zinszuschüssen gefördert werden. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 28) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Dänemark ein technisches Verfahren entwickelt worden ist, das die Löslichkeit von Trockenvollmilchpulver in Wasser durch die Zugabe von 0,2 % Lecithin wesentlich verbessert, und ist sie bereit zu prüfen, ob durch eine Änderung der Verordnung über Milcherzeugnisse ein derartiges Verfahren in der Bundesrepubilk Deutschland auch eingeführt werden kann? Der Bundesregierung sind dänische und andere Verfahren bekannt, die durch Zusatz von Lecithin eine Verbesserung der Löslichkeitseigenschaften von Vollmilchpulver — eine sog. Instantisierung — ermöglichen. Im Rahmen der EG-Lebensmittelrechtsangleichung wird zur Zeit eine Richtlinie über die „Herstellung und das gewerbliche Inverkehrbringen von Dauermilcherzeugnissen, die für die menschliche Ernährung bestimmt sind" abschließend beraten. Nach den in dieser Richtlinie vorgesehenen Bestimmungen soll es möglich sein, bei entsprechender Kennzeichnung Lecithin zur Herstellung instantisierter Vollmilchpulver in den von Ihnen angesprochenen Mengen zu verwenden. Abgesehen davon wird die Verwendung von Lecithin zur Instantisierung von Vollmilchpulver auch in der Bundesrepublik Deutschland in Erwägung gezogen. Eine entsprechende Änderung der Milcherzeugnisverordnung ist in Vorbereitung. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Holtz (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 29) : Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, auf die befreundete italienische Regierung dahin gehend einzuwirken, daß die italienische Regierung Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausrottung von Millionen von Singvögeln in Italien ergreift? Wie ich bereits auf eine ähnliche Anfrage von Herrn Kollegen Dr. Fuchs in der Fragestunde am 18. September 1974 (Drucksache Deutscher Bundestag 115. Sitzung, Seiten 7679/80), auf die ich ausdrücklich hinweisen möchte, ausführlich geantwortet habe, sind die Möglichkeiten einer entsprechenden Einwirkung der Bundesregierung leider nicht sehr groß. Gleichwohl ist Herr Bundesminister Ertl in den vergangenen Jahren verschiedentlich bei seinen italienischen Fachkollegen vorstellig geworden und hat auf die große Besorgnis hingewiesen, die die Gefährdung des ökologischen Gleichgewichtes nicht nur bei der deutschen Bevölkerung hervorruft. Die italienische Regierung hat meines Wissens auch dem Parlament einen Entwurf zur Neuregelung des italienischen Jagdrechtes vorgelegt, der Verbesserungen zum Inhalt hatte. Wegen Neuwahlen wurde dieser Entwurf jedoch vom italienischen Parlament nicht verabschiedet. Seit Jahresfrist etwa liegt dem italienischen Parlament erneut ein entsprechender Gesetzentwurf des italienischen Landwirtschaftsministers vor. Offenbar wirken sich aber starke wirtschaftliche Einflüsse (Waffen- und Munitionsfabriken) innerhalb Italiens hemmend auf eine Behandlung und Verabschiedung eines grundsätzlich novellierten Jagdgesetzes durch das italienische Parlament aus. Trotz dieser wenig ermutigenden Situation ist Herr Bundesminister Ertl jedoch nicht gewillt, seine Bemühungen aufzugeben. In meinem Hause werden z. Z. wissenschaftlich fundierte Unterlagen über die ökologischen Auswirkungen des Vogelfanges gesammelt. Es erweist sich jedoch als sehr schwierig, exakte Zahlenangaben zu erhalten. Nach entsprechender Aufbereitung dieser Unterlagen wird Herr Bundesminister Ertl das Problem erneut auf bilateraler Ebene zur Sprache bringen und auch im internationalen Rahmen auf die für ganz Mitteleuropa wachsende Gefährdung des ökologischen Gleichgewichtes in der Natur als Folge der ständigen Verminderung und sogar z. T. Ausrottung von Vogelpopulationen hinweisen und ein einheitliches Vorgehen dagegen anregen. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 30) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Verhaltensforscher Prof. Dr. Leyhausen, Dr. G. Martin und Dr. J. Nicolai in einem Gutachten über die Batteriekäfighaltung von Legehennen zu dem Ergebnis kommen, „Die derzeit üblichen Praktiken der Käfighaltung erfüllen den Tatbestand der Tierquälerei in hohem Ausmaß", und wie erklärt sie demgegenüber die vorn Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten abgegebene Erklärung, daß die z. Z. übliche Batteriekäfighaltung von Legehennen nicht als tierschutzwidrig anzusehen sei? Das in der Frage enthaltene Zitat ist nur ein Teil der Aussage der genannten drei Verhaltenswissenschaftler, die im Kreis von insgesamt 18 namhaften Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis auf meine Veranlassung hin an der gutachtlichen Erarbeitung von Tierschutz-Mindestforderungen, ausgerichtet an den Vorstellungen und der Leitlinie des Tierschutzgesetzes vom 24. Juli 1972, zu Fragen einer tierschutzgerechten Haltung von Nutzgeflügel in neuzeitlichen Haltungssystemen mitgewirkt haben. 8268* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 Der Bundesregierung ist dieser aus dem von mir bisher nicht zur Veröffentlichung freigebenen Gutachten der Sachverständigen isolierte Satz und seine Behandlung in der Öffentlichkeit bekannt. Daß die Bundesregierung die speziellen tierschutzrelevanten Fragen, die sich bei der Haltung großer gleichartiger Nutztierbestände in neuzeitlichen Haltungssystemen ergeben, kennt und hier vorbereitende Arbeiten für Regelungen eingeleitet hat, hat sie, insbesondere auch im Hinblick auf die Legehennen-Käfighaltung, wiederholt zum Ausdruck gebracht. Soweit Äußerungen meines Hauses zu diesem Sachbereich erfolgt sind, mußte dabei naturgemäß die Gesamtheit der Aussagen des mir von den 18 Sachverständigen am 10. Juli 1974 übergebenen Gutachtens gleichermaßen berücksichtigt werden. In diesem Sinne habe ich in letzter Zeit an mich herangetragene Fragen u. a. dahin gehend beantwortet, daß nach den Aussagen der Sachverständigen „die Käfighaltung von Legehennen nicht grundsätzlich als tierschutzwidrig abgelehnt wird, jedoch der derzeitigen Konstruktion und Beschaffenheit der Käfige nicht zuletzt aus der Sicht des Tierschutzes gewisse Mängel anhaften. Diese Auffassung wird von der Bundesregierung geteilt. Die Sachverständigen stellen zudem eine Anzahl verhaltenswissenschaftlicher und technischer Fragen heraus, die im Rahmen forschungsmäßiger Bearbeitung abzuklären sind, um die Voraussetzung für eine tierschutzgerechte und praktikable Legehennenhaltung in Käfigen zu schaffen. Nach Auffassung der Sachverständigen ist hierfür eine angemessene Übergangsfrist einzuräumen." Insoweit ist meine Äußerung im zweiten Absatz der Frage unvollständig wiedergegeben. In bezug auf weitere Einzelheiten darf ich auf die ausführliche Behandlung der Fragen der Herren Bundestagsabgeordneten Dr. Evers — 86. Sitzung, 15. März 1974, Seite 5679 —, Müller (Bayreuth) —105. Sitzung, 6. Juni 1974, Seite 7149 —, Braun — Drucksache 7/2494 vom 7. August 1974 — und Dr. Riedl — 115. Sitzung, 18. September 1974, Seite 7677 — in der Fragestunde des Deutschen Bundestages verweisen. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 31) : Wie wirkt sich nach Meinung der Bundesregierung die Abwertung des „grünen Pfundes" in Großbritannien auf den deutschen Butterexport nach England aus? Durch die Abwertung des „Grünen Pfundes" um ca. 8 °/o gegenüber der Rechnungseinheit werden in Großbritannien die festgesetzten Agrarpreise (z. B. Interventionspreis für Butter) im Ausmaß dieser Abwertungsrate angehoben. Der bei der Einfuhr in Großbritannien zu gewährende Grenzausgleich wird entsprechend gekürzt. In der Wettbewerbsstellung der deutschen Butter auf dem britischen Markt tritt daher keine Veränderung ein. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 32) : Hat die Bundesregierung Untersuchungen angestellt, ob die deutsche Fischereiwirtschaft -- vor allem die Kutterfischerei — die Verteuerung des Dieselöls im Wirtschaftsjahr 1975 trotz der Konkurrenz aus anderen EG- und Drittländern verkraften kann? Die Bundesregierung hat im Jahre 1974 aus Anlaß der Energiekrise eine Aufstockung und Ergänzung der Strukturhilfen zugunsten der deutschen Seefischerei beschlossen. Die Bundesregierung beobachtet laufend die Entwicklung von Preisen und Kosten in der Seefischerei. Die Untersuchungen lassen noch keine endgültigen Schlußfolgerungen über die Auswirkungen der Preis- und Kostensituation in der deutschen Seefischerei im Jahre 1975 zu. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 33) : Denkt die Bundesregierung daran, bis zur Schaffung einer eigenständigen Altersversorgung der Frau die Verbesserung der Witwenrente so zu gestalten, daß die Witwe eines Rentners mehr als 6/10 von dessen Rente erhält? Zu der von Ihnen gestellten Frage möchte ich auf meine mündliche Antwort auf Ihre Frage hinsichtlich des Standes der Überlegungen der Bundesregierung zur Schaffung einer ausreichenden eigenständigen Sicherung der Frau hinweisen. Ergänzend möchte ich noch darauf aufmerksam machen, daß bei einer Anhebung des Satzes von sechs Zehntel außer den Zusammenhängen mit dem Ausbau einer eigenständigen Alterssicherung auch die finanziellen Auswirkungen eingehend überdacht werden müssen. Hierzu hat die Bundesregierung am 5. Dezember 1973 auf eine Frage der Kollegin Verhülsdonk (Sitzungsprotokoll des Deutschen Bundestages Seite 4086) Stellung genommen. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 34 und 35) : Kann die Bundesregierung auf Grund der ihr jetzt vorliegenden Rechnungsergebnisse der landwirtschaftlichen Krankenkassen für das Jahr 1973 mitteilen, wie hoch der Zuschuß des Bundes an die landwirtschaftlichen Krankenkassen je Altenteiler ist? Beabsichtigt die Bundesregierung nunmehr, in Kenntnis der Rechnungsergebnisse die Höhe des Beitragszuschusses für befreite Altenteiler derjenigen des Zuschusses je gesetzlich versicherten Altenteilers anzupassen? Nach den bisher vorliegenden Rechnungsergebnissen der landwirtschaftlichen Krankenkassen für das Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8269* Jahr 1973 hat der Bund an Leistungsaufwendungen für Altenteiler im Durchschnitt je Versicherten 92,—DM monatlich erstattet. Die Zuschüsse für von der landwirtschaftlichen Krankenversicherung befreite Altenteiler, die bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, betrugen ab 1. Januar 1974 92,— DM und ab 1. Juli 1974 96,— DM monatlich. Die tatsächlichen Leistungsaufwendungen für Altenteiler lassen sich erst in ,der zweiten Hälfte des darauffolgenden Kalenderjahres feststellen, sodaß erst dann ein nach den tatsächlichen Aufwendungen bemessener Zuschuß festgesetzt werden könnte. Der Vergleich der tatsächlichen Aufwendungen für 1973 mit den ab 1. Januar 1974 gezahlten Zuschüssen macht deutlich, daß eine Anpassung der Zuschüsse in dem von Ihnen gewünschten Sinne nicht erforderlich ist. Die derzeitige Regelung sollte daher beibehalten werden. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 36 und 37) : Wie groß ist der Bundeswehr-Interessenanteil für Infrastrukturmaßnahmen in Verbindung mit dein beabsichtigten Bau eines Sanitätsdepots in Zülpich im Kreis Euskirchen? Läßt der derzeitige Planungsstand zu, Art und Umfang aller notwendigen Infrastrukturmaßnahmen abzugrenzen, und hat die Bundesregierung der Stadt Zülpich alle notwendigen Angaben dazu gemacht? Die derzeitige Unterkunft des Depots in Euskirchen entspricht zwar nicht den modernen infrastrukturellen Anforderungen, die an eine solche Anlage zu stellen sind, der bauliche Zustand der Gebäude zwingt aber anderereits auch nicht dazu, den geplanten Neubau bei Zülpich auf Kosten wichtigerer Vorhaben zu forcieren. Daher hat dieses Projekt in dem 5-Jahresprogramm der Bundeswehr-Baumaßnahmen bislang keine Aufnahme finden können. Es sind auch noch keine Planungsunterlagen erarbeitet worden. Aus diesem Sachstand heraus erklärt sich, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt weder über Art und Umfang der notwendigen Infrastrukturmaßnahmen noch im Hinblick auf etwaige Bundesfinanzhilfen über Bundeswehr-Interessenanteile an städtische Bauvorhaben konkrete Angaben gemacht werden können. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engholm (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 38) : Trifft es zu, daß der Bestand an Listen für Buchanschaffungen der Truppenbüchereien 1973/1974 verbraucht ist, und wenn ja, gedenkt die Bundesregierung, die Empfehlungslisten nachzudrukken, und ist sie bereit, jedem Abgeordneten des Deutschen Bundestages ein Exemplar zur Kenntnis zur Verfügung zu stellen? Die Buchempfehlungsliste ist als eine Informationshilfe zur Buchauswahl für Kommandeure, Dienststellenleiter und Truppenbüchereioffiziere konzipiert. Sie wird und wurde daher nur an die Einheiten und Verbände, sowie Dienststellen, die über eine Truppenbücherei verfügen, verteilt. Darüber hinaus ist je ein Exemplar an die ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages zugeleitet worden. Vor diesem Hintergrund halte ich es nicht für erforderlich, allen Mitgliedern des Deutschen Bundestages ein Exemplar der Buchempfehlungsliste zuzuleiten. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Schrift- lichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 39 und 40) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine Auflösung der Standortverwaltung Hermeskeil, wie sie von der Bundeswehrverwaltung anscheinend geplant wird, keine sinnvoile Maßnahme darstellen würde, weil die große Bundeswehrgarnison in Hermeskeil am besten und am rationellsten von einer Standortverwaltung in unmittelbarer Nähe betreut werden kann? Kann die Bundesregierung zusichern, daß in jedem Fall die Weiterbeschäftigung des gesamten Personals der Standortverwaltung hermeskeil gewährleistet ist und daß soziale Härten für die Betroffenen, namentlich durch Versetzung zu entlegenen Standorten, vermieden werden? 1. Die Bundesregierung teilt nicht die Auffassung, daß die Bundeswehrgarnison Hermeskeil nur von einer Standortverwaltung in unmittelbarer Nähe betreut werden kann. Der Vorschlag des Bundesrechnungshofes, wonach die Standortverwaltung Hermeskeil in eine Außenstelle der Stov Trier umgewandelt werden sollte, muß vielmehr sehr eingehend geprüft werden. Es ist in dieser Angelegenheit bisher aber weder eine Entscheidung getroffen noch sind die Feststellungen abgeschlossen worden. Eine Umwandlung der Standortverwaltung würde vor ihrer Durchführung in jedem Falle auch in ihrer politischen Wirkung abgewogen. Hierbei wird die langfristige Stationierungsplanung ebenso berücksichtigt wie die besondere wirtschaftliche Situation im Raum Hermeskeil /Trier sowie die künftige Weiterverwendung der zivilen Mitarbeiter bei Dienststellen und Einheiten der Bundeswehr. Außenstellen haben sich als Organisationsform schon in anderen Standorten gut bewährt. Die Betreuung der Truppe ist durch größere Standortverwaltungen hinsichtlich ihrer personellen und materiellen Ausstattung nicht nur rationeller, sondern im allgemeinen auch effektiver. Letzteres ergibt sich insbesondere aus der größeren Spezialisierung der Sachbearbeiter, der geringeren Störanfälligkeit der Dienststellen bei Krankheitsfällen, Urlaub usw. sowie der besseren Möglichkeit, bei Arbeitsengpässen Schwerpunkte zu bilden. 8270* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 Hermeskeil gehört zu den kleineren Standorten der Bundeswehr, die auf Grund ihrer geringen Betreuungsstärke — rd. 1 200 Soldaten und Zivilbedienstete — von einer Außenstelle einer benachbarten größeren Standortverwaltung verwaltungsmäßig durchaus truppennah betreut werden könnte. Gleichzeitig ließen sich in Hermeskeil allein auf dem Personalsektor Haushaltsmittel für rd. 20 Dienstposten für Beamte und Angestellte in Höhe von jährlich über 600 000 DM einsparen. Dabei wäre bereits berücksichtigt, daß die StOV Trier nach der Umwandlung der StOV Hermeskeil um fünf Dienstposten verstärkt werden muß. Eine nennenswerte Mehrbelastung würde für die StOV Trier durch die Vergrößerung ihres Verwaltungsbereiches jedoch nicht eintreten. In Hermeskeil würden im übrigen, auch wenn die Feststellungen ergeben, daß die StOV in der bisherigen Organisationsform nicht fortzubestehen braucht, weiterhin Angestellte und Beamte beschäftigt bleiben. Die Arbeiter würden von der Umwandlung überhaupt nicht betroffen werden, weil die Betreuung der militärischen Einheiten in verpflegungs-, bekleidungs- sowie in liegenschaftsmäßiger Hinsicht aufrechterhalten werden muß. Eine Umwandlung hätte auch nicht zur Folge, daß die Beschaffung von Materialien, Verpflegungsmitteln und sonstigen Versorgungsgütern wegfallen würde. Die Wirtschaftskraft des Standortes würde davon nicht beeinflußt werden. Schließlich würden auch die geplanten Neubauten durch die Umorganisation nur unwesentlich berührt. Die Lager und Werkstätten werden in jedem Fall im vorgesehenen Umfang erstellt, weil sie für die Betreuung der in Hermeskeil stationierten Soldaten benötigt werden. Mit dem Baubeginn ist bereits Anfang 1975 zu rechnen. Lediglich das Dienstgebäude, dessen Bau ohnehin erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen ist, würde geringfügig umzuplanen sein. Verzögerungen werden hierdurch jedoch nicht eintreten. 2. Die Belange der durch eine solche Organisationsmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer würden weitgehend berücksichtigt. Soziale Härten würden vermieden. Es würde in allen Fällen versucht, bei der StOV Hermeskeil nicht mehr benötigtes Personal auf unbesetzte Dienstposten bei anderen Dienststellen der Bundeswehr unterzubringen. Bevor eine abschließende Entscheidung getroffen wird, ist im übrigen der Hauptpersonalrat zu beteiligen, der seinerseits wiederum die örtlich zuständigen Personalräte einschaltet, um sicherzustellen, daß freiwerdendes Personal der Vergütungsgruppe entsprechend weiterbeschäftigt wird. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 41): Mit wieviel Wehrdienstverweigerern auf Grund welcher Annahmen rechnet die Bundesregierung für das Jahr 1976 und die folgenden Jahre, wenn das Prüfungsverfahren abgeschafft sein wird, und durch welche Maßnahmen ist sichergestellt, daß dann eine entsprechende Zahl von Zivildienstplätzen zur Verfügung steht? Die Zahl der Kriegsdienstverweigerer ist von 1968 bis 1972 jährlich stark gestiegen. 1968 waren es 11 952 Anträge, 1972 dann 33 792. Im Jahre 1973 gab es mit 35 192 Anträgen einen Zuwachs von 4,1 Prozent. Im ersten Halbjahr 1974 liegt die Zahl der Antragsteller um 3 Prozent unter dem entsprechenden Vorjahreswert. Von einem Musterungsjahrgang haben sich bislang höchstens 28 000 Wehrpflichtige auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung berufen. Das waren 7 Prozent des Jahrgangs. Diese Entwicklung zeigt, daß ein Kulminationspunkt erreicht, vermutlich schon überschritten ist. Wie sich der Fortfall des Prüfungsverfahrens für ungediente Kriegsdienstverweigerer auswirken wird, kann heute niemand genau voraussagen. Die Zahl der Anträge wird erfahrungsgemäß auch davon abhängen, daß der Zivildienst gleiche Belastungen wie der Wehrdienst mit sich bringt und daß anerkannte Kriegsdienstverweigerer ohne Verzug und ausnahmslos zum Zivildienst herangezogen werden. Trotz der wachsenden Zahl von Wehrpflichtigen, die sich auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung berufen haben, war der personelle Bedarf der Streitkräfte sowohl nach Zahl als auch nach körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit, nach Bildung und Berufsvoraussetzung gesichert. In der zweiten Hälfte unseres Jahrzehnts wird die Zahl der wehrdienstfähigen Wehrpflichtigen, die zur Einberufung heranstehen, von Jahr zu Jahr größer. Der Bedarf der Streitkräfte an Wehrpflichtigen bleibt in dieser Zeit gleich. Er wird nach Umstellung ,auf die neue Bundeswehrstruktur noch etwas geringer sein als bisher. Außerdem ist festzustellen, daß die jungen Männer inzwischen mehr Bereitschaft zum Wehrdienst zeigen als in den Jahren vorher. Sollte sich entgegen der so begründeten Erwartung die Zahl der Kriegsdienstverweigerer infolge des Verzichts auf ein Prüfungsverfahren dennoch erheblich erhöhen, muß vermutet werden, daß Antragsteller die Bedingungen des Grundgesetz-Artikels 4 Absatz 3 nicht erfüllen. Dann soll nach dem Vorschlag des Bundesministers der Verteidigung die Bundesregierung das Recht haben, die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte, das heißt ihren personellen Bedarf, dadurch zu sichern, daß ein Prüfungsverfahren neuer Art nur diejenigen vom Wehrdienst freistellt, die tatsächlich eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen haben. Abgesehen davon werden jederzeit Einberufene oder dienstleistende Wehrpflichtige und Reservisten, die für den Verteidigungsumfang benötigt werden, zur Feststellung der berechtigten Inanspruchnahme des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung einem modifizierten Prüfungsverfahren unterworfen bleiben. Damit ist gewährleistet, daß die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr durch die vorgeschlagene Regelung nicht beeinträchtigt werden kann. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8271* Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 42 und 43) : Trifft es zu, daß die Wehrbereichsverwaltung im nordhessischen Raum die Auflösung bzw. Zusammenlegung mehrerer Standortverwaltungen beabsichtigt und wenn ja, ist damit eine zahlenmäßige Verminderung der bei diesen Dienststellen vorhandenen Arbeitsplätze verbunden? Welche Standortverwaltungen sind von der genannten Planung betroffen, nach welchen Gesichtspunkten wurde die Auswahl vorgenommen und wurde z. B. bei der Standortverwaltung Homberg Bezirk Kassel bedacht, daß sie ihr neues Dienstgebäude mit großzügigen Werkstätten, Lagerräumen und Schutzräumen erst 1968 bezogen hat? Es trifft zu, daß z. Z. Untersuchungen durchgeführt werden, ob kleinere Standortverwaltungen in Außenstellen größerer Standortverwaltungen umgewandelt werden können. Diesen Überlegungen liegt eine örtliche Prüfung des Bundesrechnungshofes zugrunde, wonach die Standortverwaltungen Fritzlar, Homberg, Schwarzenborn, Schwalmstadt, Arolsen, Wolfhagen, Frankenberg, Hessisch-Lichtenau, Rotenburg und Sontra aus haushaltsmäßigen Gründen aufgelöst oder zusammengefaßt und in Außenstellen größerer benachbarter Standortverwaltungen umgewandelt werden sollten. Die von mir zwischenzeitlich veranlaßten Untersuchungen haben bereits ergeben, daß der Bestand der Standortverwaltungen Fritzlar, Schwarzenborn, Arolsen, Wolfhagen, Frankenberg, Hessisch-Lichtenau, Rotenburg und Sontra nicht verändert werden kann. Hier müssen die Auswirkungen der neuen Wehrstruktur abgewartet werden. Feststellungen laufen z. Z. lediglich hinsichtlich der Standortverwaltungen Homberg und Schwalmstadt. Im übrigen würden die Standortverwaltungen Homberg und Schwalmstadt, wenn die Feststellungen ergeben, daß sie in der bisherigen Organisationsform nicht fortzubestehen brauchen, nicht aufgelöst. Sie würden lediglich in Außenstellen der Standortverwaltungen Fritzlar und Stadt Allendorf umgewandelt. Das bedeutet, daß die Mehrzahl der Angestellten und Beamten am selben Ort beschäftigt bliebe. Die Arbeiter würden von der Umwandlung überhaupt nicht betroffen werden, weil die Betreuung der militärischen Einheiten in verpflegungs-, bekleidungs- sowie in liegenschaftsmäßiger Hinsicht aufrechterhalten werden muß. Die Belange der durch die Umwandlungen betroffenen Mitarbeiter würden berücksichtigt. Es würde in allen Fällen versucht, das bei diesen Standortverwaltungen nicht mehr benötigte Personal auf unbesetzte Dienstposten bei anderen Dienststellen der Bundeswehr unterzubringen. Die Werkstätten, Lagerräume und Schutzräume der Standortverwaltung Homberg würden in jedem Fall auch nach der Umwandlung in vollem Umfange benötigt, weil sich an der Betreuung der in Homberg stationierten Soldaten nichts ändert. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. h. c. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 44) : Wie ist die Aussage des Bundesministers der Verteidigung über die Einschränkung des Flugbetriebs auf dem Flugplatz Leipheim ab 31. März 1975 zu vereinbaren mit der durch die Festsetzung des Lärmschutzbereichs verbundenen Einschränkung der Bautätigkeit im Bereich Leipheim? Wie ich Ihnen in meinem Schreiben vom 16. Juli 1974 mitgeteilt habe, wurde bei der Bestimmung des Lärmschutzbereiches um den Fliegerhorst Leipheim nach § 3 des „Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm" der voraussehbare Flugbetrieb nach Art und Umfang bereits berücksichtigt. Maßgebend für die Festlegung der räumlichen Ausdehnung der beiden Schutzzonen waren dabei neben technischen und topographischen Einflußgrößen insbesondere die Dauerlärmbelastung, die durch die zeitlich auf mehrere Wochen im Jahr begrenzte Nutzung von Leipheim als Ausweichflugplatz für Einsatzverbände mit Strahlflugzeugen (z. B. bei Startbahnreparaturen auf den Heimatplätzen) entsteht. In diesen Zeiträumen ist mit einem Ansteigen des sonst reduzierten Flugbetriebs zu rechnen, der in seinem Umfang dann dem Flugbetrieb eines Geschwaders entspricht. Da die Luftwaffe aufgrund der begrenzten Möglichkeiten in der Bundesrepublik Deutschland auf Leipheim als Ausweichflugplatz angewiesen ist und es dadurch dort ständig wiederkehrend zu einem Flugbetrieb wie auf Einsatzflugplätzen kommen wird, war es angebracht, die damit verbundenen Lärmspitzenbelastungen als eine bestimmende Größe bei der Festlegung des Lärmschutzbereiches zu berücksichtigen. Die in meinem Schreiben vom 16. Juli 1974 getroffene Feststellung über die Einschränkung des Flugbetriebes bezieht sich zwar auf die tatsächlich zu erwartende Reduzierung der Gesamtflugbewegungen während eines Jahres, sie kann aber aus den eben erwähnten Gründen keinen Einfluß auf den Umfang der Lärmschutzmaßnahmen haben. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 45) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Leiter der amerikanischen Umweltschutzbehörde, Russel Train, ein sofortiges Herstellungsverbot für die beiden Pflanzenschutzmittel Aldrin und Dieldrin verfügt hat, weil der Verdacht besteht, daß diese Pestizide Krebs verursachen können, und erwägt die Bundesregierung, gegebenenfalls ein gleiches Verbot für diese Pflanzenschutzmittel auszusprechen? Mir ist nicht bekannt, daß die USA ein generelles Herstellungsverbot für Aldrin und Dieldrin ausgesprochen haben, wohl aber ein Anwendungsverbot für die amerikanische Landwirtschaft. In der Bundes- 8272e Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 republik ist die Anwendung von Dieldrin bereits seit Jahren verboten. Aldrin darf seit 1971 nur noch im Weinbau zur Bodenbehandlung gegen den Dickmaulrüßler und nur mit Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Behörde eingesetzt werden. Ein Ersatzpräparat gegen diesen Schädling ist bisher nicht vorhanden. Jegliche andere Anwendung ist verboten. Gefährdungen für den Verbraucher sind somit ausgeschlossen. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Sauter (Epfendorf) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 46 und 47) : Hält das Bundesverkehrsministerium an seiner ursprünglichen Absicht fest, die Ortsumgehung Oberndorf a. N. im Zuge der B 14 alsbald auszubauen und gleichzeitig die anderen notwendigen Maßnahmen auf der B 14 zwischen Horb und Rottweil zu beginnen, um den stark zunehmenden Verkehr nach Fertigstellung von Teilabschnitten der Bundesautobahn Singen—Stuttgart aufnehmen zu können? Wann beabsichtigt das Bundesverkehrsministerium, die für die Elektrifizierung der Gäu-Neckar-Bodenseebahn unerläßliche Beseitigung der schienengleichen Bahnübergänge in Oberndorf und Epfendorf in Angriff zu nehmen? Der Bundesminister für Verkehr ist gemeinsam mit der im Auftrage des Bundes dafür zuständigen Landesstraßenbauverwaltung nach wie vor darum bemüht, die in Abstimmung mit dem Autobahnneubau Stuttgart—Singen erforderlichen Maßnahmen im Zuge der Bundesstraße 14 zeitgerecht durchzuführen. Dies gilt insbesondere auch für die geplante Teilortsumgehung Oberndorf a. N. Voraussetzung für die Beseitigung von Bahnübergängen ist der Abschluß einer Kreuzungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz i. d. Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1971. Der Bundesminister für Verkehr ist daran nur nach Maßgabe der §§ 5 und 13 Eisenbahnkreuzungsgesetz beteiligt. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 48) : Welche Baumaßnahmen sind nach dem gegenwärtigen Stand an den Bundesstraßen 255, 277 und 253 im Bereich der Landkreise Dillenburg, Wetzlar und Marburg /Biedenkopf in Angriff genommen bzw. geplant, und welche Vorstellungen bestehen hinsichtlich des Zeitplans sowie der Finanzierung? Nach dem gegenwärtigen Stand sind an den Bundesstraßen 255, 277 und 253 im Bereich der Landkreise Dillenburg, Wetzlar und Marburg /Biedenkopf die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen in Angriff genommen worden: Im Zuge der B 253 der Ausbau der Ortsdurchfahrt Frohnhausen, der im Februar 1975 fertig werden soll. Im Zuge der B 255 der Ausbau zwischen Marburg und Gladenbach, der voraussichtlich noch in diesem Jahr zum Abschluß kommt. Im Zuge der B 277 der Ausbau in den Ortsdurchfahrten Dillenburg (Einbahnstraßenregelung), Sinn und Wetzlar sowie der Ausbau zwischen Haiger und Sechshelden und der Bau der Umgehung Herborn—Burg. Mit der Fertigstellung in Dillenburg wird noch in diesem Jahr, in Sinn im nächsten Jahr gerechnet. Geplant sind folgende Maßnahmen: Im Zuge der B 253 der Bau der Umgehung Simmersbach, mit dem noch in diesem Jahr begonnen werden soll; die Verlegung nordwestlich Dillenburg und der Ausbau zwischen Frohnhausen und Wissenbach, die beide voraussichtlich 1975 begonnen werden. Im Zuge der B 255 die Verlegung bei Roth, mit der voraussichtlich schon 1975 begonnen werden soll. Im Zuge der B 277 die Fortführung des Ausbaues in der Ortsdurchfahrt Wetzlar, der Ausbau zwischen Sinn und Edingen, mit dem voraussichtlich 1975 begonnen werden soll, der Ausbau und die Verlegung in Dillenburg sowie der Ausbau zwischen Dillenburg und Burg. Wann die beiden letztgenannten Maßnahmen anlaufen können, läßt sich gegenwärtig noch nicht übersehen. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 49) : Beabsichtigt die Bundesregierung, bei der ersten Fortschreibung des Gesamtverkehrsplans Bayern auch die Schaffung einer Bundesbahn-Sdinellverbindung Bamberg—Fulda vorzusehen und als erste Maßnahme zur Schaffung dieses überregionalen Schienenverkehrsweges im Zonenrandgebiet bei der Deutschen Bundesbahn die Schließung der Schienenlücke MaroldsweisachKönigshofen im Grabfeld anzustreben? Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, auf den Inhalt der Verkehrspläne der Länder einzuwirken. Sie beabsichtigt dies auch nicht bei der 1. Fortschreibung des Generalverkehrsplanes Bayern zu tun. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 50) : Ist es richtig, daß infolge der geringen Elbtiefe zwischen dem Elbe-Seitenkanal und Hamburg ein vollschiffiger Binnenschifffahrtsverkehr nicht möglich ist, ohne daß die Bundesregierung daraus bisher irgendwelche Konsequenzen gezogen hat? Es trifft nicht zu, daß zwischen dem Elbe-Seitenkanal und Hamburg ein Verkehr mit 2,50 m tiefge- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8233* henden Binnenschiffen (d. h. vollschiffig) nicht möglich ist. Für die im Tidebereich liegende Elbestrecke zwischen Geesthacht und Hamburg muß nur bei extrem niedrigen Tiden, die das Kartennull unterschreiten, in der Zeit um Tideniedrigwasser mit einer kurzzeitigen Fahrtbeschränkung gerechnet werden. Derartige, durch die Natur bedingte Einschränkungen treten bei allen Tideflüssen — z. B. auch für Seeschiffe auf der Unterelbe — auf; sie sind mit wirtschaftlichen Mitteln nicht zu verhindern. Es ist seit längerem vorgesehen, das Fahrwasser der Oberelbe zwischen Geesthacht und Hamburg durch verstärkte Unterhaltungsmaßnahmen bis zur Inbetriebnahme des Elbe-Seitenkanals weiter zu verbessern, so daß die maximale jährliche Fahrtbeschränkung nur etwa 0,6 % aller Jahresstunden betragen wird. Auf der Elbstrecke zwischen Geesthacht und dem Elbe-Seitenkanal bestehen keine Beschränkungen. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wawrzik (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 51) : Hat die Bundesregierung die Absicht, im Interesse des deutschen grenzüberschreitenden Güterverkehrs, Maßnahmen zum Abbau der Wettbewerbsverzerrungen, die durch geringere steuerliche und andere Belastungen für ausländische Unternehmen entstanden sind, zu ergreifen, und wenn ja, welche Maßnahmen und in welchem Zeitraum? Die Bundesregierung ist an der Erhaltung und — nach Möglichkeit an einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Transportunternehmers im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr interessiert. Dieses Ziel läßt sich nach Auffassung der Bundesregierung nur im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften (EG) durch Harmonisierung der durch staatliche Maßnahmen beeinflußten Wettbewerbsbedingungen erreichen. Die Harmonisierung ist jedoch in allen Bereichen auf Grund der sehr unterschiedlichen nationalen Interessen ein komplizierter und langwieriger Prozeß, der schnelle Lösungen nicht erwarten läßt. Die Bundesregierung ist intensiv bemüht, die Beratungen beim Rat der EG insbesondere in den Bereichen Kraftfahrzeugsteuer, Wegekosten und Maße und Gewichte voranzutreiben; sie hat aber keinen Einfluß auf die Dauer der Beratungen. Im Bereich der EWG-Sozialvorschriften nimmt die Bundesregierung jede Gelegenheit wahr, um im Rahmen von Sitzungen der Mitgliedstaaten beim Rat und der Kommission der EG und in bilateralen Kontakten mit einzelnen Mitgliedstaaten der EG darauf hinzuwirken, daß die Sozialvorschriften in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandt und überwacht werden. Auf nationaler Ebene lassen sich kostenmäßige Erleichterungen zugunsten der deutschen Unternehmer im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr unter Beachtung der EG-Vorschriften, des Wettbewerbs mit anderen nationalen Verkehrsträgern und im Hinblick auf die Verkehrssicherheit nur in engen Grenzen herbeiführen. Im steuerlichen Bereich ist beabsichtigt, die überzähligen Sattelanhänger von der Kraftfahrzeugsteuer zu befreien, wie dies bereits bei einigen europäischen Nachbarländern gilt, so daß für den deutschen Unternehmer in diesem Punkt eine Gleichstellung mit seinem ausländischen Konkurrenten erreicht wird. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hauff (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 52) : Wann wird die Bundesregierung zum Bundesimmissionsschutzgesetz die Rechtsverordnungen erlassen, die zur Festlegung von Schallschutzmaßnahmen an Straßen und Schienenwegen notwendig sind? Ein genauer Zeitpunkt über den Erlaß der beiden Rechtsverordnungen läßt sich gegenwärtig noch nicht absehen. Für den Straßenverkehrslärm liegt ein Referentenentwurf vor, der im November 1974 mit den beteiligten Kreisen (Vertreter der Betroffenen, der Wissenschaft, der Wirtschaft und der für den Immissionsschutz zuständigen obersten Landesbehörden) erörtert werden wird. Die Bundesregierung strebt an, die Rechtsverordnung im ersten Halbjahr 1975 zu verabschieden. Zur Vorbereitung der Verordnung über den Schienenverkehrslärm ist unmittelbar nach Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Sie konnte die schwierigen technisch-wissenschaftlichen Fragen noch nicht abschließend behandeln. Beide Rechtsverordnungen werden mit dem Bundesministerium des Innern in enger Zusammenarbeit vorbereitet. Sie bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 53) : Beabsichtigt die Bundesregierung, die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung dahin gehend zu ändern, daß Pkw-Stoßstangen grundsätzlich in gleicher Höhe anzubringen sind? Ich darf zunächst zur Erläuterung folgendes vorausschicken: 1. Stoßstangen sind nicht geeignet, bei Auffahrunfällen Verletzungen der Fahrzeuginsassen auszuschließen oder zu mildern, weil Stoßstangen nur unbedeutende Energiebeträge aufnehmen können. 2. Stoßstangen sind geeignet, andere Fahrzeuge zu verschieben. Gleiche Stoßstangenhöhe ist hierzu Voraussetzung. Diese Möglichkeit, Fahrzeuge zu verschieben, wird z. B. in den USA auf Parkplätzen angewendet. In der Bundesrepublik Deutschland begegnen einem solchen Verfahren vor allem deshalb Schwierigkeiten, weil die erforderliche Sicherung der Fahrzeuge gegen unbefugte Benutzung (§ 38 a StVZO) ein Verschieben abgestellter Fahrzeuge nicht zuläßt. 3. Stoßstangen sind geeignet, Fahrzeuge vor Berührungsschäden zu schützen, wie sie z. B. beim Einparken in enge Parklücken auftreten können. Dabei können Stoßstangen in gleicher Höhe von Nutzen sein. Stoßstangen an Kraftfahrzeugen haben demnach im wesentlichen den Zweck, das Fahrzeug gegen Beschädigung zu schützen. Sie tragen jedoch zur Verkehrssicherheit nichts bei. Deshalb ist bisher nicht beabsichtigt, in das Straßenverkehrsrecht Vorschriften über Stoßstangen aufzunehmen. Bezüglich einer Verbesserung der Verkehrssicherheit weisen die Forschungsergebnisse vielmehr den Weg zu Bauformen von Kraftfahrzeugen mit verformungsfestem Insassenraum, dem verformungsfähige Teile des Fahrzeugaufbaues vor- und nachgelagert sind, die größere Beträge von Bewegungsenergie durch Verformungsarbeit aufnehmen können. Unabhängig von diesen Feststellungen liegt jedoch seit November 1973 ein von der Kraftfahrzeugindustrie erstellter Norm-Entwurf vor (DIN 74021), nach dem durch Festlegung von Prüfbedingungen ein Außenschutz durch die Stoßstangen für die Fahrzeuge gewährleistet werden soll. Geprüft wird durch drei Aufstöße aus geringer Geschwindigkeit (4 km/h bzw. 2,5 km/h) mit einer Prüfeinrichtung, die in einer Höhe von 44,5 cm über der Fahrbahn angreift. Durch dieses Verfahren soll eine Beschädigung von äußeren Fahrzeugteilen bei leichten Berührungen vermieden werden. Der Norm-Entwurf stimmt vollinhaltlich mit dem ISO-Standard 2958 überein und soll dazu dienen, die internationale Norm in das deutsche Normenwerk einzuführen. Mit Einführung und Bewährung der endgültigen Fassung von DIN 74021 ist eine Lösung des angeschnittenen Problems auch ohne gesetzlichen Eingriff zu erwarten. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Koblitz (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 54) : Wann ist mit einer Verordnung zu rechnen, die das Dauerparken von Lastkraftwagen und Omnibussen in reinen Wohngebieten verbietet? Eine Verordnung, durch die das regelmäßige Parken von Lastkraftwagen und Omnibussen in reinen Wohngebieten verboten wird, ist im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vorgesehen (BT-Drucksache 7/1618). Der Bundestag hat jedoch in 2. und 3. Lesung beschlossen, die notwendige Ermächtigung nicht dem Bundesminister für Verkehr, sondern den Gemeinden unmittelbar zu erteilen mit der Maßgabe, daß diese durch Satzung ein solches Verbot in ihrem Gebiet anordnen können (BT-Drucksache 7/2226). Der Bundesrat hat u. a. auch wegen dieser Frage den Vermittlungsausschuß angerufen mit dem Ziel, die Regierungsvorlage in diesem Punkte wiederherzustellen (BT-Drucksache 7/2383). Sollte es hierzu kommen, so würde unverzüglich eine entsprechende Ergänzung der Straßenverkehrs-Ordnung in die Wege geleitet werden. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 55): Ist die Bundesregierung bereit, Lärmschutzmaßnahmen an der Bundesautobahn Köln—Darmstadt in der Gemarkung Flörsheim—Weilbach vorzusehen, nachdem wegen der Abflachung der Fahrbahn zahlreiche Klagen aus der Bevölkerung wegen Lärmbelästigungen vorgetragen werden? Der Um- und Ausbau der BAB A 15 Köln–Frankfurt zwischen dem Wiesbadener Kreuz und dem Autobahndreieck Mönchhof ist zur Zeit im Gange. Hierfür ist ein Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz durchgeführt worden, in dem u. a. auch Lärmschutzforderungen der Gemeinde Flörsheim erörtert, jedoch als ungerechtfertigt zurückgewiesen wurden. Darüber hinaus sind der Bundesregierung erneute Klagen der Bevölkerung wegen Lärmbelästigungen nicht bekannt. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Stommel (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 56) : Ist der Bundesverkehrsminister bereit, sich über die zu erwartenden Belästigungen unvoreingenommen durch Ortstermin, so beispielsweise in Köln-Chorweiler und Leverkusen-Rheindorf, vor dem eigentlichen Phonfeststellungverfahren zu unterrichten, um die Deutsche Bundesbahn gegebenenfalls von für unzumutbar gehaltenen Planentwürfen abzuhalten? Die Planungsunterlagen für die Neubaustrecke Köln—Groß Gerau liegen für den Abschnitt Langenfeld–Köln dem Land Nordrhein-Westfalen zur Abstimmung mit den Belangen der Raumordnung vor. In dem Raumordnungsverfahren haben die betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbände, öffentliche Planungsträger und andere öffentliche Körperschaften Gelegenheit, ihre Bedenken gegen die Trassenführung vorzubringen. Fragen des Umwelt- und Lärmschutzes werden im Rahmen der Planfeststellung gemäß § 36 des Bundesbahngesetzes behandelt, soweit sie nicht schon bei der Planung oder auf Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8275* Grund des Raumordnungsverfahrens berücksichtigt werden konnten. Der Bundesminister für Verkehr — der nach dem Bundesbahngesetz mit der Angelegenheit noch nicht befaßt ist — beabsichtigt nicht, sich in die laufenden Verfahren einzuschalten. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 57) : Wann wird nunmehr der nach § 36 des Bundesbahngesetzes im Planfeststellungsverfahren zuständige Bundesminister für Verkehr über den Rangierbahnhof München entscheiden, und ist überhaupt angesichts der finanziellen Lage der Deutschen Bundesbahn mit dem Neubau eines Rangierbahnhofs München zu rechnen? Der nach § 36 Bundesbahngesetz zuständige Bundesminister für Verkehr wird — eventuell nach Anhörung einer von ihm einzusetzenden Kommission — über die Planfeststellung für den Rangierbahnhof München entscheiden, nachdem die Deutsche Bundesbahn ihm einen entsprechenden Antrag vorgelegt hat. Ob und wann dies geschieht, ist Angelegenheit der Deutschen Bundesbahn, die auch in eigener Verantwortung zu entscheiden hat, ob eine derartige Investition im Interesse des Unternehmens zu rechtfertigen ist. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretär Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 58) : Wie hoch belaufen sich die Belastungen der Deutschen Bundesbahn aus den Sozialkosten, die sich aus den Kriegsfolgelasten unter Berücksichtigung der Altersversorgung und der Soziallasten für Heimatvertriebene und Flüchtlinge ergeben? Für 1974 sind im Bundeshaushalt Einzelplan 12 Kap. 1202 Tit. 687 11 hierfür insgesamt 505 Millionen DM veranschlagt. Der endgültige Betrag wird sich im Gefolge der Anpassung von Versorgungsbezügen und Renten voraussichtlich auf 515 Millionen DM erhöhen. Soweit Kriegsfolgen sich auf die Altersstruktur der Beamten und Versorgungsempfänger der Deutschen Bundesbahn ungünstig auswirken, gelten die der Deutschen Bundesbahn dadurch entstehenden Mehrkosten als miterfaßt durch den Ausgleich der strukturell überhöhten Versorgungsbezüge durch den Bund in Höhe des 30 O/0 der Bezüge der aktiven Beamten übersteigenden Betrages. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 59) : Bis wann kann mit dem Baubeginn der Bundesstraße 15 neu für den Streckenabschnitt Altenstadt /WN.—Falkenberg gerechnet werden? Der Abschnitt Weiden—Falkenberg—Marktredwitz der B 15 (neu) ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen in die 2./3. Dringlichkeitsstufe eingereiht. Bei der z. Z. laufenden Überarbeitung des Bedarfsplanes wird angestrebt, die Teilstrecke WeidenWindisch—Eschenbach (Staatsstraße 2181) einbahnig in die 1. Dringlichkeitsstufe anzuheben. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Ing. Oetting (SPD) (Drucksache 7/2584 Fragen B 60 und 61) : Trifft es zu, daß die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, das Bundesbahnausbesserungswerk Braunschweig aufzulösen? in welcher Weise gedenkt die Bundesregierung, die in dankenswerter Weise darum bemüht war, in Braunschweig neue Arbeitsplätze zu schaffen, darauf zu reagieren, wenn das Bundesbahnausbesserungswerk mit knapp 700 Arbeitsplätzen geschlossen wird? Die Zentralisierung des Werkstättendienstes ist eine Angelegenheit, die dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn in eigener Verantwortung übertragen ist. Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn befaßt sich — wie mir bekannt 'ist — seit einiger Zeit mit der Prüfung der Angelegenheit. Der Bundesminister für Verkehr und der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn sind bisher nicht eingeschaltet worden. Ich habe Ihre Fragen daher wegen der darin enthaltenen Einzelheiten zur Beantwortung an den Vorstand der Deutschen Bundesbahn weitergeleitet; er wird sie beantworten. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Nordlohne (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 62 und 63) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung nach dem Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung aus dem Teil B bezüglich der Investitionszuschüsse zu den Hochbaumaßnahmen im Bereich des Sondervermögens der Deutschen Bundesbahn in Höhe von insgesamt 79,3 Millionen DM die zu fördernden Maßnahmen festlegt, oder überläßt sie dieses der dafür zuständigen Bundesbahndirektion? Sind von den 8,766 Millionen DM an Investitionszuschüssen für Niedersachsen, die für die Erhaltung, Ausbau, Erweiterung 8276* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 und Modernisierung von Werkstätten, Personen- und Güterabfertigungsanlagen, Sozialgebäuden, Neubau von Betriebs- und Abfertigungsanlagen verwendet werden sollen, 600 000 DM für den Neubau eines Bahnhofes in der Stadt Vechta vorgesehen, oder wie ist sonst die Ausweisung der Mittel auf Seite 18, Teil B, des genannten Programms zu verstehen? Zu Frage B 62: Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn hat unter Mitwirkung der Bundesbahndirektionen auf Grund der durch die Bundesregierung vorgegebenen Kriterien und unter Berücksichtigung DB-eigener Investitionsmaßstäbe die Vorhaben ausgewählt und sie dem Bundesminister für Verkehr vorgeschlagen. Zu Frage B 63: Für den Abbruch und den Neubau des Empfangsgebäudes in Vechta sind 500 000 DM eingeplant. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 64) : Hält der Bund noch an seiner Zusage fest, mit dem Bau der Autobahn Würzburg—Ulm ab Würzburg zumindestens zu Beginn des zweiten Fünfjahresplanes 1976 zu beginnen, oder haben sich die Pläne über den Bau dieser Autobahn geändert? Die Bedeutung der Bundesautobahn Bad Hersfeld—Würzburg—Ulm—Kempten als weitere NordSüd-Verbindung im süddeutschen Raum und als Umfahrungsmöglichkeit für den Großraum München ist bekannt. Die Bundesregierung überprüft zur Zeit den Bedarfsplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen gemäß § 4 des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 vom 30. Juni 1971. Auf Grund des Ergebnisses dieser Überprüfung wird sie den 1. Fünfjahresplan entsprechend fortschreiben. Bereits in diesem Jahr konnten — wie bekannt ist — die Bauarbeiten auf dem südlichen Abschnitt dieser Autobahn zwischen Ulm und Giengen aufgenommen werden. Inwieweit der Mittelabschnitt ausgebaut werden kann, ergibt sich erst nach Abschluß der Überprüfung des Bedarfsplanes. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 65) : Hat die Bundesregierung bei dem Förderungsprogramm für den Wohnungsbau nur Arbeitsamtsbezirke mit überdurchschnittlichen Arbeitslosenzahlen berücksichtigt und damit nicht, wie in § 3 der Verwaltungsvereinbarung gemäß Artikel 104 a Abs. 4 des Grundgesetzes vorgesehen, die Beschäftigungslage differenziert betrachtet? Bei der Verteilung der für die Althausmodernisierung, den Sonderwohnungsbau und die wohnnahe Infrastruktur vorgesehenen Mittel des Sonderprogramms zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung sind in einer Gewichtung von 50 : 50 folgende Schlüsselkomponenten berücksichtigt worden: 1. Arbeitslose in Gebieten mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit (im August), 2. Arbeitslose Bauarbeiter in Arbeitsamtsbezirken mit mehr Arbeitslosen als offenen Stellen in den Bauberufen (im Juli). Zur Berechnung der ersten Schlüsselkomponente wurden nicht nur alle Arbeitsamtsbezirke mit überdurchschnittlicher Arbeitslosenquote (2,4 % und mehr), sondern auch einzelne Nebenstellen außerhalb dieser Arbeitsamtsbezirke berücksichtigt, soweit im Bereich dieser Nebenstellen überdurchschnittliche Arbeitslosenquoten ermittelt wurden. Dabei hätten sich geringfügige Quoten auch für die Stadtstaaten Hamburg und Bremen und das Land Baden-Württemberg ergeben, die jedoch eine Aufstellung von Programmen zugunsten der eingangs genannten Bereiche nicht rechtfertigten. Aus diesem Grunde ist davon abgesehen worden, diese Länder bei der Verteilung der Mittel zu berücksichtigen. Die Grundsätze des von Ihnen zitierten § 3 der Verwaltungsvereinbarung wurden auch bei der Verteilung der in meinem Geschäftsbereich einzusetzenden Mittel voll berücksichtigt. Anlage 61 Antwort des Bundesministers Ravens auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 66) : Hat die Bundesregierung zwischenzeitlich geprüft, in welchem Umfang der Staatssekretär im Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Herr Dr. Hubert Abreß, die Verantwortung für die vom städtischen Revisionsamt in München beanstandeten Fehlleistungen des Stadtentwicklungsreferates während seiner dortigen Tätigkeit trägt, oder ist die Bundesregierung der Meinung, daß die Fehlleistungen für die jetzige Qualifikation des Staatssekretärs nicht ins Gewicht fallen? Der Bundesregierung ist folgender Beschluß des Verwaltungsausschusses des Stadtrates der Landeshauptstadt München vom 19. 9. 1974 bekannt: Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8277* „1. Der Bericht des Revisionsamtes, die hierzu vorliegenden Äußerungen sowie die Stellungnahme von Herrn Staatssekretär Dr. Abreß werden zur Kenntnis genommen. 2. Der Bericht des Revisionsamtes ist im üblichen Verfahren zu behandeln, insbesondere ist allen Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich dazu innerhalb einer angemessenen Frist zu äußern. 3. Nach Vorliegen dieser Stellungnahme und der darauf zu erstellenden abschließenden Äußerung des Revisionsamtes ist zu prüfen, ob Anlaß zur Einleitung dienstaufsichtlicher Maßnahmen und zur Geltendmachung von Regreßansprüchen besteht. 4. Alle Unterstellungen und vorweggenommenen Verurteilungen werden auf das entschiedenste zurückgewiesen, da sie eine Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze darstellen. 5. Außerdem wird der Versuch zurückgewiesen, das Revisionsnotat ohne Stellungnahme der Betroffenen und ohne abschließende Äußerung des Revisionsamtes zum Gegenstand einer parteipolitischen Kampagne zu machen." Bei dieser Sach- und Verfahrenslage sieht die Bundesregierung keinen Anlaß, in eine Überprüfung einzutreten. Die in der Frage enthaltenen Unterstellungen weist sie zurück. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Gerster (Mainz) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 67 und 68) : Wie weit sind die in Punkt 11 des Zusatzprotokolls zu Art. 7 des Grundvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vorgeschriebenen Verhandlungen zur Regelung des nicht kommerziellen Zahlungs- und Verrechnungsverkehrs gediehen, und ist inzwischen die vom Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen, z. B. mit Schreiben vom 2. Mai 1973, angekündigte befriedigende Regelung in Sachen Sparkonten und Herausgabe von Unterlagen an die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Berechtigten getroffen worden? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Industrie- und Handelsbank der DDR die Herausgabe von Unterlagen über Wertpapierdepots an Berechtigte in der Bundesrepublik Deutschland verweigert mit dem Hinweis, daß im Jahr 1945 sämtliche Kreditinstitute im jetzigen Gebiet der DDR geschlossen worden seien, Unterlagen daher nicht mehr zur Verfügung ständen, und was gedenkt die Bundesregierung hiergegen zu unternehmen? 1. Mit der DDR sind am 25. April 1974 zwei Vereinbarungen über den Transfer von Unterhaltszahlungen und über den Transfer von Guthaben in bestimmten Fällen nebst Protokollvermerken abgeschlossen worden. Die letztere Vereinbarung regelt den Transfer aus Sperrkonten an Berechtigte in dem anderen Staat in sozialen Härtefällen. Beträge bis zu 200,— DM monatlich sind vorgesehen, nach dem Protokollvermerk behalten sich die Vertragsparteien darüber hinausgehende Zahlungen vor. Die Frage weiterer Zahlungen aus Sperrmarkkonten und der Herausgabe diesbezüglicher Unterlagen muß künftigen Verhandlungen mit der DDR vorbehalten bleiben. 2. Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Industrie- und Handelsbank jetzt Staatsbank —der DDR die Herausgabe von Unterlagen über Wertpapierdepots an Berechtigte in der Bundesrepublik verweigert. Soweit die Berechtigten die Unterlagen für die Geltendmachung von Ansprüchen benötigen, z. B. im Rahmen der Wertpapierbereinigung, bleibt vorbehalten, bei künftigen Verhandlungen mit der DDR auch die Frage des Verbleibs dieser Unterlagen anzuschneiden. Anlage 63 Antwort des Bundesministers Franke auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 69 und 70): Ist der Beschluß der Volkskammer in Ost-Berlin, aus der DDR-Verfassung den Begriff „deutsche Nation" zu streichen, nicht auch beeinflußt worden durch die Ostpolitik der Bundesregierung und die damit zweifelsohne verbundene Aufwertung des SED-Staates, und wie ist der Standpunkt der Bundesregierung, daß „eine Nation durch Akte bloßer Gesetzgebung weder geschaffen noch beseitigt werden" könne, vereinbar mit der Ansicht der Regierung in Ost-Berlin, daß es in der DDR eine eigene „sozialistische Nation" gebe? Welche Auswirkung hat die Änderung der DDR-Verfassung, durch die sowohl der Begriff der deutschen Nation als auch der Wiedervereinigungsauftrag getilgt worden sind, auf die 10- Punkte-Erklärung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972, wo „eine friedliche Wiederherstellung der nationalen Einheit" ausdrücklich als erstrebenswertes Ziel genannt worden war? Der Beschluß der Volkskammer der DDR, aus der Verfassung der DDR jegliches Bekenntnis zur deutschen Nation zu tilgen, ist — selbst wenn es manchem in diesen Tagen nicht so erschienen sein mag — faktisch bereits auf dem VIII. Parteitag der SED im Juni 1971 vorweggenommen worden. Von diesem Zeitpunkt an hat die SED die Zwei-NationenThese vertreten. Die Bundesregierung hat diesem Standpunkt der DDR von Anfang an in ihrem Konzept der Ost- und Deutschlandpolitik Rechnung getragen. Davon zeugen die Briefe zur deutschen Einheit, die die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Moskauer Vertrag und dem Grundlagenvertrag den Regierungen der UdSSR und der DDR zur Kenntnis gebracht hat und in denen in rechtlich gültiger Form dargestellt wird, daß unsere auf die Einheit des deutschen Volkes gerichtete Politik durch diese Verträge nicht beeinträchtigt wird. Darüber hinaus erweist sich heute gerade im Lichte der Verfassungsänderung der DDR deutlicher denn je, daß die Bundesregierung mit Sorgfalt und Bedacht gehandelt hat, als sie im Grundlagenvertrag die DDR auf die Formulierung 8278* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 festlegte, daß „unbeschadet der unterschiedlichen Auffassungen ... zu grundsätzlichen Fragen, darunter zur nationalen Fragen ..." die beiden deutschen Staaten ihr Verhältnis zueinander regeln wollen. Die Verfassungsrevision der DDR ändert daher weder etwas an dem Standpunkt der Bundesregierung von der Einheit der Nation noch an der Erklärung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972. Die Verfassungsänderung wird sicherlich auch nichts daran ändern können, daß für die Menschen in der DDR, wie für die Menschen in der übrigen Welt die DDR auch in Zukunft ein deutscher Staat bleibt, unabhängig davon, wie die SED darüber disputiert. Dessen bin ich um so sicherer, als durch die Vertragspolitik das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten aus der Konfrontation und Beziehungslosigkeit früherer Jahre hinüber geführt wird in ein Verhältnis der Zusammenarbeit auf zahlreichen Gebieten, einschließlich vielfältiger kontaktmöglichkeiten für die Menschen. Die Verfassungsänderung hat erneut deutlich gemacht, daß nach dem Verständnis der SED die Stabilisierung der inneren Verhältnisse der DDR eine Voraussetzung dafür ist, die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten zu normalisieren. Letzterem kann sich die DDR — ebenso wie die Bundesrepublik Deutschland — aufgrund der auf Entspannung und Kooperation gerichteten Tendenz der europäischen Politik nicht entziehen. Hierin liegt aber auch die Chance für die Bundesrepublik Deutschland, dort, wo auf der Grundlage gleicher Interessen sich Möglichkeiten für Kooperation bieten, gegenseitige vertragliche Verpflichtungen mit der DDR zu schaffen. Nur so kann ein Auseinanderleben der beiden deutschen Staaten und der Prozeß der Entfremdung zwischen den Menschen im geteilten Deutschland aufgehalten werden und der Zusammenhalt der Nation in unserem Sinne gewahrt werden. Anlage 64 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Benz (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Frage B 71) : Wie beurteilt die Bundesregierung die finanziellen Belastungen und die technischen und wirtschaftlichen Aussichten der deutschen „Schnellerbrüter"-Entwicklung, und hält sie in diesem Zusammenhang die in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter der Überschrift „Schluß mit dein Natriumbrüter" vorgebrachten Auffassungen für richtig? Bei finanziellen Belastungen, die der Bundesrepublik Deutschland aus der Entwicklung Schneller Brüter erwachsen, ist zu unterscheiden zwischen — den bisherigen Aufwendungen einschließlich begonnener oder beschlossener Projekte als Entwicklungsphasen einer eigenständigen Entwicklung — den Kosten für die vollständige Einführung des Schnellen Brüters bis zur Marktreife, d. h. bis zur kommerziellen Verwertung dieses Systems ohne weitere staatliche Unterstützung. Die Kosten der ersten Phase (1960 bis 1980) werden auf rd. 3 Mrd. DM geschätzt und schließen u. a. ein die grundlegenden Arbeiten bei der Industrie und in den Kernforschungszentren, die Errichtung der Experimentalreaktoren SNEAK, SUAK, STARK für neutronenphysikalische Untersuchungen, des Versuchsreaktors KNK I/II, den Bau des 300 MWe-Prototypkernkraftwerkes SNR-300 (Kalkar) sowie umfassende Bestrahlungsexperimente zur Brennelementerprobung in ausländischen Reaktoren. Mit Ablauf des dritten Atomprogramms (1972) waren rd. 1 Mrd. DM ausgegeben, für die Errichtung des SNR-300 (1973-1979) sind weitere rd. 1,5 Mrd. DM veranschlagt. Während die Schnellbrüterentwicklung bis 1972 nahezu ausschließlich durch die öffentliche Hand getragen wurde, beteiligen sich Elektrizitätsversorgungsunternehmen wie auch die Herstellerindustrie am Bau des Prototypkraftwerks SNR-300. Die Kosten dieses Projektes für die deutsche öffentliche Hand werden außerdem innerhalb des genannten Rahmens durch die Beteiligung des belgischen und des niederländischen Staates um 30 °/o reduziert. Das Förderungsmodell für die weitere Entwicklung sieht eine Änderung der Verteilung der Lasten zugunsten der öffentlichen Hand vor, sowie eine weitergehende Internationalisierung. Vor diesem Hintergrund ist jede Schätzung über die Kosten der Markteinführung der Schnellen Brüter zu sehen. Zuverlässig überschaubar ist heute der Zeitraum bis etwa 1979, für den im Haushaltsentwurf 1975 Gesamtausgaben in Höhe von 162 Millionen DM für vorbereitende und planungsbegleitende Arbeiten für ein Schnellbrüter-Demonstrationskraftwerk großer Leistung ausgebracht sind, zuzüglich der im Bereich der Kernforschungszentren anfallenden spezifischen Aufwendungen für diese Entwicklung. Das System des natriumgekühlten Schnellbrutreaktors wird weltweit verfolgt. In der UdSSR wurde mit dem BN 350 im November 1972 mit der Inbetriebnahme des Prototyps begonnen, im März 1973 erreichten der französische Prototyp PHENIX volle Leistung und der englische Prototyp PFR erste Kritikalität. Der deutsche Natriumversuchsreaktor KNK I hat in diesen Tagen planmäßig einen neunmonatigen störungsfreien Betrieb absolviert (Umbau zum Schnellen Reaktor KNK II bis 1975). Begründete Zweifel an den technischen Aussichten auch der deutschen Schnellbrüterentwicklung können nicht gesehen werden. Der Schnelle Brutreaktor zielt primär auf die Schonung der Rohenergie-(Uran-)Reserven und nicht kurzfristig darauf, mit dem etablierten Leichtwasserreaktor wirtschaftlich zu konkurrieren. Dennoch darf wegen der starken Abhängigkeit der Stromerzeu- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8279* gungskosten von den Uranpreisen bei voller Markteinführung wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit des Schnellen Brüters angenommen werden. Bei gleichbleibenden Stromerzeugungskosten dürfen Brüterkraftwerke bei gegenwärtigen Uranpreisen von 15 Dollar /lb um 300 bis 400 DM pro installiertes Kilowatt teurer sein als Leichtwasserreaktoren; bei einer nochmaligen Verdoppelung des Uranpreises der Uranpreis hat sich im 1. Halbjahr 1974 mehr als verdoppelt — sogar um 300 bis 600 DM/kW. Bei einem Basispreis von 1 250 DM/kW für den Leichtwasserreaktor (unter Berücksichtigung von Zinsen, Steuern und Preiseskalation) liegt damit gegenwärtig der „break even point" für den Schnellen Brutreaktor bei etwa 1 800 DM/kW. Die Bundesregierung teilt nicht die Auffassungen, die in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter dem Titel „Schluß mit dem Natriumbrüter" vorgebracht werden, da sie offensichtlich auf eine Fehlinterpretation des „1. Nachtrages" im Entwurf des Bundeshaushaltsplanes 1975 zurückzuführen sind. Unter diesem Nachtrag sind die Schätzkosten aller solcher Projekte der Reaktorentwicklung subsumiert, die 1975 begonnen werden sollen oder im Rahmen der mehrjährigen Finanzplanung in den Folgejahren erstmals Mittel erfordern werden. Eine Erhöhung des Ansatzes für den Bau des Prototypreaktors SNR-300 ist hierin nicht enthalten. Eine sachliche Begründung für die Annahme, „daß sich die Gesamtkosten für Bau und Entwicklung des Schnellen Brüters voraussichtlich auf mehr als 10 Mrd. DM belaufen werden, ist nicht bekannt. Anlage 65 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 72 und 73) : Hat die durch Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Forschung und Technologie und der Arbeitsgemeinschaft der Großforschungsinstitute zustande gekommene Programmgruppe „Angewandte Systemanalyse" inzwischen ihre Arbeit aufgenommen, welche Gutachten hat sie vergeben, steht sie in Verbindung mit dem Ausschuß „Europa + 30" bzw. mit sonstigen nationalen (OTA in USA) und internationalen (etwa „Scientific Council for Government Policies" in den Niederlanden) Gruppen, die dieselben Ziele verfolgen? Wie beurteilt die Bundesregierung das vom Pittsburg Energy Research Center (nach einer ZEIT-Meldung vom 26. April 1974) entwickelte Verfahren SynthOIL (Synthetic oil), das angeblich „alle Kohlensorten, auch die extrem schwefelhaltigen, in reines Heizöl umwandeln soll" und gleichzeitig „das erste künstliche 01 sein soll, mit dem man Gewinn erzielen kann"? Zu Nr. B72: Die Programmgruppe „Angewandte Systemanalyse" (ASA) hat ihre Arbeit aufgenommen. Am 8. Juli 1974 gab sie dem Bundesministerium für Forschung und Technologie einen Überblick über geplante Vorhaben auf den Gebieten Energieversorgungssysteme, der Rohstoffversorgung, des Kommunikationswesens und des Verkehrswesens. An Stellen außerhalb der Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen (AGF) hat die ASA noch keine Gutachten vergeben. Es bestehen bereits Kontakte und Gespräche zur Kooperation mit anderen Einrichtungen. Diese sind zum Teil auf Initiative der Programmleitung, zum Teil durch Vermittlung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie entstanden. Auch die bereits vor Gründung der ASA gepflegte Zusammenarbeit zwischen einzelnen AGF-Zentren und anderen Stellen wird von der Programmleitung genutzt. Mit dem von Ihnen genannten Ausschuß „Europa + 30" bestehen Verbindungen, mit dem „Office for Technology Assessment" in den USA und dem „Scientific Council for Government Policies" in den Niederlanden sind Kontakte geplant; darüber hinaus bestehen u. a. Kontakte mit dem „International Institute for Applied Systems Analysis", dem „Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung" der Fraunhofer-Gesellschaft, der „Kommission für Wissenschaftlichen und Sozialen Wandel", der „Studiengruppe für Systemforschung", dem „Institut für Technische Entwicklungslinien", der „Industrie-Anlagen-Betriebsgesellschaft". Zu Nr. B 73: 1. Das Synthoil-Verfahren dient der Herstellung leichter und mittlerer Heizöle aus Steinkohle. Die gemahlene getrocknete Kohle wird mit einem Teil ihres eigenen Produktöls aufgeschwemmt und verflüssigt. Der umweltschädliche Schwefel wird als Schwefelwasserstoff ausgewaschen. Der Prozeß wurde in einer kleinen Versuchsanlage mit einem Kohledurchsatz von ca. 2 kg/ Stunde getestet. Der Bau einer Pilotanlage für 0,5 t /Tag Kohledurchsatz und etwa 180 1 /Tag erzeugtes 01 wurde begonnen. Eine größere Pilotanlage für 5 t /Tag Kohledurchsatz wird geplant. Vorteile des Synthoil-Verfahrens sind — Entaschung des Endprodukts — Befreiung des Endprodukts von Schwefel - leichte Trennung des Endprodukts von den Rückständen, weil das Produkt flüssig, die Rückstände fest sind. 2. Für die Rentabilität einer Großanlage können nur Kostenschätzungen angegeben werden. Die Erzeugung einer Ölmenge mit dem Heizwert einer Gigakalorie wird je nach dem Preis für die Kohle zwischen 20,— DM und 45,— DM kosten, während der vergleichbare Raffinerieölabgabepreis bei 20,— DM liegt. Bei der Verwendung deutscher Kohle ist das Verfahren bei den gegenwärtigen Preisrelationen nicht wirtschaftlich. 3. Zu ähnlichen Verfahren wie Synthoil werden bei einer Reihe deutscher Firmen (z. B. STEAG und Saarbergwerke AG) Überlegungen angestellt. In meinem Ministerium liegen entsprechende Förderanträge vor. Diese Projekte wurden in Kenntnis 8280* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 der amerikanischen Versuche entwickelt. Deutsche Experten hatten im Sommer 1974 Gelegenheit, die amerikanische Versuchsanlage zu besichtigen und mit den zuständigen Technikern zu diskutieren. Ich bin aus energiepolitischen Überlegungen heraus grundsätzlich bereit, die vorliegenden und mögliche weitere Vorhaben zur Weiterentwicklung der Verfahren mit dem Ziel verbesserter Wirtschaftlichkeit zu fördern. Die Mittel dafür sind im „Rahmenprogramm Energieforschung 1974-1977" vorgesehen. Anlage 66 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) (Drucksache 7/2584 Fragen B 74 und 75) : In welchem Umfange wurde das Internationale Institut für Führungsaufgaben in der Technik (HMT) in Mailand seit seiner Gründung durch die Bundesregierung durch direkte Zuwendungen und durch Forschungsaufträge gefördert, und wie viele Personen aus der Bundesrepublik Deutschland haben an Kursen dieses Instituts teilgenommen? Trifft es zu, daß die Gehälter der Institutsleitung des Internationalen Instituts für Führungsaufgaben in der Technik (HMT) im internationalen Vergleich als überhöht gelten, und gedenkt die Bundesregierung, durch Einwirkung auf Nichtverlängerung bestehender Anstellungsverträge darauf hinzuwirken, daß die Geschäftsführung dieses Instituts umstrukturiert wird? 1. Die Bundesregierung hat für das Internationale Institut für Führungsaufgaben in der Technik (HMT) in Mailand im Rahmen ihrer Beitragsverpflichtung 1971 DM 135 429,25, 1972 DM 729 000,—, 1973 DM 846 000,— und 1974 DM 867 408,73 geleistet. Es wurde an das HMT bisher ein Forschungsauftrag in Höhe von DM 50 000,— über „Erfahrungen zur frühzeitigen Erfassung von Kostenüberschreitungen bei F.- und E.-Projekten vergeben und ein weiterer Forschungsauftrag in Höhe von DM 56 700,— über „Rechnergesteuerte Textverarbeitung" wurde zugesagt. Das Institut wurde außerdem angeregt, zwei Kurzseminare zu organisieren, für die insgesamt DM 70 000,— angeboten wurden (Themen: „Bedarfsorientierung der Forschung, Forschungsförderung und Forschungspolitik" sowie „Methode und Anwendung der Forschungskoordinierung"). Das erste Kurzseminar wurde bereits durchgeführt. An den Kursen und Expertentreffen des HMT haben 1972 insgesamt 93 Teilnehmer, davon 19 aus der Bundesrepublik Deutschland, 1973 insgesamt 183 Teilnehmer, davon 41 aus der Bundesrepublik Deutschland und 1974 (Stand: 7. Oktober 1974) insgesamt 271 Teilnehmer, davon 53 aus der Bundesrepublik Deutschland, teilgenommen. 2. Die Gehälter der Bediensteten des HMT (einschließlich der Institutsleitung) beruhen auf den für OECD-Bedienstete geltenden Gehaltstabellen. Die Bundesregierung hat darauf hingewirkt, daß auch bei der Neueinstellung des Verwaltungsdirektors sowie des Fakultätsleiters des Instituts eine entsprechende Einstufung erfolgt ist. Überlegungen zu einer etwaigen Umstrukturierung der Leitung des Instituts sind noch nicht abgeschlossen. Anlage 67 Antwort des Bundesministers Matthöfer auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Krockert (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 76): Wie beurteilt die Bundesregierung Forschungsberichte des Space Physics Research Laboratory der Michigan University (vgl. „Die Zeit" Nr. 40/1974 S. 56), wonach die Verwendung von Fluorkohienstoff als Treibgas in den achtziger Jahren zu einer teilweisen Zerstörung der stratosphären Ozonschicht führen muß, zudem auch Überschallflugzeug-Abgase an diesem Prozeß beteiligt sein sollen, und welche Maßnahmen hält die Bundesregierung für angemessen, um international einen Schutz der Ozonschicht zu erreichen? Die Bundesregierung ist überzeugt, daß Aussagen von Wissenschaftlern über die Möglichkeit der schädlichen Beeinflussung der stratosphärischen Ozonschicht durch fluorierte Kohlenwasserstoffe (z. B. Freone) ernst genommen werden müssen. Allerdings kann sich die Bundesregierung gegenwärtig nicht der Auffassung anschließen, daß die weitere Verwendung dieser Stoffe als Treibgas in den 80er Jahren zu einer teilweisen Zerstörung der stratosphärischen Ozonschicht führen muß. Die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die zunehmende Anreicherung und die chemische Reaktion mit Ozon in der höheren Atmosphäre müssen noch erheblich erweitert werden. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, daß — die intensiven Untersuchungen über die Belastung der höheren Atmosphäre durch halogenierte Kohlenwasserstoffe und Abgase des Überschallverkehrs international fortgesetzt werden, - Informationen und neue Erkenntnisse rasch ausgetauscht werden — gegebenenfalls notwendige Maßnahmen rechtzeitig in den zuständigen internationalen Gremien diskutiert werden. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Meinike (Oberhausen) (SPD) (Drucksache 7/2584 Frage B 77) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Notwendigkeit einer Änderung des § 25 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes mit der Maßgabe, daß für die Zuordnung der Kinder nach Nr. 1 oder Nr. 2 eine tatsächliche Förderung entscheidend ist? Die Kinderfreibeträge in § 25 Abs. 3 BAföG richten sich in ihrer Höhe danach, ob der Einkommensbezieher, dem sie gewährt werden, für den Lebensunterhalt des jeweiligen Kindes aufzukommen hat Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8281* oder nicht. Bei Kindern, die sich in einer Ausbildung befinden, die nach dem BAföG oder anderen Vorschriften (z. B. dem AFG) entsprechend gefördert werden, kann, ist davon auszugehen, daß sie Förderungsleistungen erhalten, soweit ihr Bedarf nicht durch das anzurechnende Einkommen des Einkommensbeziehers oder anderweitig, etwa durch eigenes Einkommen des Auszubildenden, gedeckt ist. Auch verwaltungstechnisch ist allein die im Gesetz vorgesehene Freibetragsregelung durchführbar, andernfalls müßte bei mehreren Geschwistern das eine Amt mit seiner Entscheidung jeweils auf die Entscheidung des anderen warten und umgekehrt. Die Bundesregierung sieht sich danach nicht in der Lage, eine Änderung der Freibetragsregelung in § 25 Abs. 3 BAföG vorzuschlagen.
Gesamtes Protokol
Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0712300000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll die Tagesordnung ergänzt werden um die in der Ihnen vorliegenden Liste aufgeführten Vorlagen:
1. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts (2. StVRG)

— Drucksache 7/2526 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß
2. Beratung des Antrags der Bundesregierung betr. Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung nach § 6 Abs. 2 StWG
— Drucksache 7/2589 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Haushaltsausschuß (federführend), Ausschuß für Wirtschaft
Das Haus ist damit einverstanden? — Die Erweiterung der Tagesordnung ist damit beschlossen.
Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Betr.: Tagung der Versammlung der Westeuropäischen
Union vom 18. bis 20. Juni 1974 in Paris
— Drucksache 7/2558 —
zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend), Verteidigungsausschuß
Betr.: Materialien zum Bericht zur Lage der Nation 1974 — Drucksache 7/2423 —
zuständig: Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen (federführend), Auswärtiger Ausschuß, Rechtsausschuß
Betr.: Haushaltsführung 1974
hier: Überplanmäßige Haushaltsausgaben bei Kap. 11 11 Tit. 68101 — Arbeitslosenhilfe — und Tit. 681 03 — Arbeitslosengeld und Berufsfürsorge für Heimkehrer —
Bezug: § 37 Abs. 4 BHO
— Drucksache 7/2596 —zuständig: Haushaltsausschuß
Dagegen erhebt sich kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Vermittlungsausschuß hat in seiner Sitzung am 10. Oktober 1974 das Gesetz zur Änderung des Heimarbeitsgesetzes und anderer arbeitsrechtlicher Vorschriften (Heimarbeitsänderungsgesetz) bestätigt. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/2628 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 9. Oktober 1974 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:
Verordnung (EWG) des Rates
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Grège, weder gedreht noch gezwirnt, der Tarifnummer 50.02 des Gemeinsamen Zolltarifs für 1975
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Garne, ganz aus Seide, nicht in Aufmachungen für den Einzelverkauf, der Tarifnummer ex 50.04 des Gemeinsamen Zolltarifs für 1975
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Garne, ganz aus Schappeseide, nicht in Aufmachungen für den Einzelverkauf, der Tarifnummer ex 50.05 des Gemeinsamen Zolltarifs für 1975
— Drucksache 7/2277 — Verordnung (EWG) des Rates
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für Werkblei und Rohblei, anderes als Werkblei, der Tarifstellen 78.01 A I und A II des Gemeinsamen Zolltarifs
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Rohzink der Tarifstelle 79.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs
— Drucksache 7/2427 — Verordnung (EWG) des Rates
über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Ferrosilizium der Tarifstelle 73.02 C des Gemeinsamen Zolltarifs
über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Ferrosiliziummangan der Tarifstelle 73.02 D des Gemeinsamen Zolltarifs
über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom, mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 0,10 Gewichtshundertteil oder weniger und an Chrom von mehr als 30 bis 90 Gewichtshundertteilen (hochraffiniertes Ferrochrom) der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs
— Drucksache 7/2457 —
Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 10. Oktober 1974 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Nachtrag zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1974 mit der Bitte um Kenntnis übersandt. Der Nachtrag liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Überweisung von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung — für das Weinwirtschaftsjahr 1974/1975 — des von den Interventionsstellen zu zahlenden Preises für den Alkohol, der ihnen im Rahmen der vorgeschriebenen Destillation der Nebenerzeugnisse der Weinbereitung geliefert wird, und des dabei vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, zu übernehmenden Höchstanteils
— Drucksache 7/2449 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Zusatzprotokolls zu dem zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Finnland geschlossenen Abkommen
— Drucksache 7/2595 —



Präsident Frau Renger
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie des Rates vom 6. Februar 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den zulässigen Geräuschpegel und die Auspuffvorrichtung von Kraftfahrzeugen
— Drucksache 7/2605 —
überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Ergänzung der Verordnung Nr. 121 /67 /EWG hinsichtlich der bei einem erheblichen Preisrückgang auf dem Schweinefleischsektor zu ergreifenden Maßnahmen
— Drucksache 7/2606 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen
— Drucksache 7/2607 —
überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Durchführung einer Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte
— Drucksache 7/2609 —
überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend), Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif
— Drucksache 7/2610 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung der Anwendungsmodalitäten für die Schutzmaßnahmen für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse
— Drucksache 7/2611 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Finanzierung von Werbe- und Aufklärungsfeldzügen für den Fleisch-Verbrauch
— Drucksache 7/2612 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Beschluß des Rates zur Festlegung eines technologischen Forschungsprogramms für den Textilsektor
— Drucksache 7/2613 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über radioelektrische Störungen durch Geräte für Frequenzen im Bereich 10 kHz bis 18 GHz — industrielle, wissenschaftliche und medizinische Hochfrequenzgeräte (ISM) und ähnliche Geräte --
- Drucksache 7/2614 ---
überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf der Diplomatentribüne hat eine Delegation beider Häuser des Obersten Sowjet der UdSSR, geleitet vom Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR und Deputierten des Obersten Sowjet, Herrn Nikolay Aleksandrovich Tikhonov, Platz genommen. Ich habe die große Ehre, die Mitglieder der sowjetischen Delegation im Deutschen Bundestag willkommen zu heißen, und darf meiner Freude Ausdruck geben, daß das Präsidium des Obersten Sowjet der Einladung des Deutschen Bundestages gefolgt ist. Ich darf Sie alle sehr herzlich begrüßen.

(Lebhafter Beifall)

Wir treten nunmehr in die Tagesordnung ein. Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes (Gesetz zum Schutz der Rechtspflege)

— Drucksache 7/2536 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß
Außerdem rufe ich den ersten Zusatzpunkt auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts (2. StVRG)

— Drucksache 7/2526 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0712300100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat die Reform des materiellen Strafrechts, die vom späteren Bundespräsidenten, Herrn Dr. Dr. Heinemann, als Justizminister im Jahre 1967 in Angriff genommen worden ist, mit der Verabschiedung von insgesamt fünf Reformgesetzen inzwischen zu einem vorläufigen Abschluß gebracht. Der 1. Januar 1975 stellt insoweit mit dem Inkrafttreten der neuen Fassung des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches und einer Reihe wichtiger Neuerungen im Besonderen Teil einen bedeutsamen Einschnitt in der Geschichte des deutschen Strafrechts dar.
Im zeitlichen Zusammenhang mit der Anpassung der Straftatbestände an die Erfordernisse unserer Zeit und die Wertvorstellungen des Grundgesetzes hat die Bundesregierung auch eine stufenweise Reform des Strafverfahrensrechts eingeleitet. Der Entwurf eines Ersten Strafverfahrensreformgesetzes ist vom Rechtsausschuß bereits einmütig gebilligt worden und wird den Bundestag voraussichtlich in der nächsten Woche in zweiter und dritter Lesung beschäftigen.
Der heute in erster Lesung zu behandelnde Entwurf eines Zweiten Verfahrensreformgesetzes setzt die Erneuerung der Strafprozeßordnung in konsequenter Weise fort. Gegenstand des Entwurfs sind Regelungen über die Ausschließung von Strafverteidigern und über die Auswahl von Pflichtverteidigern, Änderungen des Eidesrechtes, Maßnahmen zum besseren Schutz kindlicher und jugendlicher Zeugen sowie Vorschriften über das Zeugnisverweigerungsrecht jener Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Psychologen, die bei bestimmten öffentlichen Beratungsstellen tätig sind.
Eine gesetzliche Regelung der Voraussetzungen für die Ausschließung von Strafverteidigern ist notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Praxis als nicht verfassungskonform bezeichnet hat. Der Entwurf soll die inso-



Bundesminister Dr. Vogel
weit bestehende Lücke durch Bestimmungen schließen, die sowohl den Interessen einer geordneten Strafrechtspflege und dem Grundsatz der freien Advokatur als auch dem Recht ,des Beschuldigten auf umfassende Verteidigung Rechnung tragen. Nach den Vorschlägen der Bundesregierung soll ein Verteidiger deshalb nur in wenigen, gesetzlich genau umrissenen Fällen von der Mitwirkung in einem Strafverfahren ausgeschlossen werden können. Es sind dies die Fälle der Tatteilnahme, der Begünstigung, der Hehlerei und des Parteiverrats. Den von der Mehrheit des Bundesrats befürworteten Ausschließungsgrund der Verfahrenssabotage enthält der Entwurf der Bundesregierung hingegen nicht. Die Bundesregierung verkennt zwar nicht, daß in einzelnen Fällen Störungen der Gerichtsverhandlungen auch von Verteidigern ausgehen; die Grenzen zwischen rechtswidrigen Beeinträchtigungen eines Verfahrens und der vollen Ausschöpfung aller von der Rechtsordnung eingeräumten Möglichkeiten und Befugnisse zur Wahrung der Interessen eines Beschuldigten oder Angeklagten lassen sich jedoch nicht mit der Schärfe und Eindeutigkeit ziehen, die der Bundesregierung zur Rechtfertigung eines so schwerwiegenden Eingriffes unerläßlich erscheinen, wie es die Ausschließung eines Verteidigers in einem Rechtsstaat darstellt.
Auch die im Entwurf vorgesehene Änderung des Eidesrechts geht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurück. In dieser Entscheidung hat das Gericht bekanntlich die Auffassung vertreten, daß nach dem Grundgesetz für Personen, die aus Glaubens- oder Gewissensgründen jedwede Eidesleistung verweigern, eine andere Form der strafsanktionierten Bekräftigung der Wahrheit ihrer Aussage zur Verfügung stehen muß. Eine solche Möglichkeit will der Entwurf alternativ zu den bestehenden eidlichen Beteuerungsformen schaffen. Hingegen ist die Bundesregierung nicht bereit, der gelegentlich im Schrifttum geforderten völligen Abschaffung des Eides näherzutreten. Sie trägt dabei der von der gerichtlichen Praxis nahezu einhellig bestätigten Auffassung Rechnung, daß der Eid, gleichviel ob in weltlicher oder religiöser Form, im Bewußtsein weitester Teile der Bevölkerung unverändert einen festen Platz einnimmt und daß der ganz überwiegenden Mehrzahl der Zeugen ihre Verantwortung gegenüber den Prozeßbeteiligten und vor ihrem eigenen Gewissen auf keine andere Weise so deutlich vor Augen geführt werden kann wie durch die Verwendung der Begriffe „Eid" und „Schwören".
Eine weitere Änderung bringt der Entwurf auf dem Gebiet des Zeugnisverweigerungsrechts. Staatlich anerkannte Sozialarbeiter und Sozialpädagogen sowie Psychologen mit anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung, die in einer Beratungsstelle auf dem Gebiet der Ehe-, Erziehungs- oder Jugendberatung oder der Beratung in Suchtfragen tätig sind, sollen künftig ein Zeugnisverweigerungsrecht erhalten. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß jede Einräumung von Zeugnisverweigerungsrechten die Beweismöglichkeiten im Strafverfahren einschränkt und deshalb als eine Ausnahme von der allgemeinen Zeugnispflicht stets einer besonderen Legitimation bedarf, um vor der Verfassung bestehen zu können. Diese vom Bundesverfassungsgericht geforderte besondere Legitimation bejaht der Entwurf unter den soeben umrissenen Voraussetzungen, weil insoweit vom Staat anerkannte Aufgaben wahrgenommen werden, zu deren Erfüllung es eines uneingeschränkten Vertrauens zwischen den Beteiligten bedarf.
Schließlich schlägt der Entwurf Maßnahmen zum Schutze kindlicher und jugendlicher Zeugen im Strafverfahren vor, die von der Jugendpsychologie und der gerichtlichen Praxis schon seit längerer Zeit gefordert werden. Kinder und Jugendliche bis zu 16 Jahren sollen grundsätzlich nur noch von dem Vorsitzenden des Gerichts vernommen werden, aber nicht mehr ins Kreuzverhör genommen werden können. Ist durch die Gegenwart des Angeklagten während der Vernehmung des kindlichen oder jugendlichen Zeugen eine psychische Gefährdung zu erwarten, so soll der Angeklagte künftig aus dem Gerichtssaal entfernt werden können. Beide Vorkehrungen sind geeignet, Schädigungen junger Menschen durch ihre Beteiligung an einem Strafverfahren so weit wie nur möglich zu verhindern.
In einem sachlichen Zusammenhang mit dem Entwurf, den ich soeben begründet habe, steht der vom Bundesrat eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Rechtspflege. Er verfolgt das Ziel, Ausschreitungen in Gerichtsverhandlungen wirksamer und angemessener als bisher entgegentreten zu können. Solche Ausschreitungen haben in letzter Zeit die Öffentlichkeit wiederholt beunruhigt. Dabei wurde in einer Reihe von Fällen die Tendenz erkennbar, die Durchführung von Hauptverhandlungen zu erschweren oder gar unmöglich zu machen, um so die rechtsstaatliche Ordnung überhaupt in Frage zu stellen. Die Bundesregierung tritt solchen Tendenzen mit Entschiedenheit entgegen. Sie wird stets auf der Seite derer zu finden sein, die den Rechtsstaat mit rechtsstaatlichen Mitteln verteidigen und nüchtern, aber mit Festigkeit, engagiert, aber gelassen und mit der Sicherheit ihre Pflicht tun, die aus dem Wissen um die Gerechtigkeit und Humanität ihrer Sache fließt.
Ich benutze daher die Gelegenheit, um den Organen unserer Rechtspflege, die unter schwierigen Umständen und unter Inkaufnahme von Belastungen und mitunter auch Gefahren in diesem Sinne gehandelt haben, den Dank der Bundesregierung auch von dieser Stelle aus auszusprechen.

(Beifall)

Mit diesem Dank kann es indes nicht sein Bewenden haben. Die Bundesregierung unterstützt deshalb auch die Bemühungen, die darauf gerichtet sind, Ausschreitungen in den Gerichtssälen zu erschweren und nach Möglichkeit zu verhindern.
Der Entwurf des Bundesrats erscheint mir dafür in seiner jetzt vorliegenden, im Laufe der Beratungen im Bundesrat verbesserten und versachlichten Fassung als ein im allgemeinen durchaus geeigneter Beitrag. Das gilt beipielsweise für die Stärkung der Stellung des Vorsitzenden gegenüber Personen, die



Bundesminister Dr. Vogel
am Verfahren nicht beteiligt sind, für die Schaffung der Möglichkeit, Beschlüsse über den Ausschluß der Öffentlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen in nichtöffentlicher Sitzung zu verkünden, aber auch für die Erhöhung des Ordnungsgeldes und des Rahmens für die Ordnungshaft in einem vertretbaren Umfang. Hingegen bedarf es bei der vom Bundesrat ebenfalls vorgeschlagenen Modifikation des prozessualen Erklärungsrechts des Staatsanwalts —§ 257 a --- und des Verteidigers wohl noch weiterer Überlegungen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, manche halten das Strafverfahrensrecht für eine Materie von untergeordneter Bedeutung, bei der es eher um rechtstechnische Fragen gehe. Dem muß widersprochen werden. In Wahrheit handelt es sich bei der Ordnung des Strafprozesses um eine Magna Charta des Rechtsstaats. Denn der fundamentale Unterschied zwischen einem Rechtsstaat und einem Machtstaat offenbart sich nicht zuletzt darin, wie ein Staat mit einem Beschuldigten, mit einem angeklagten Bürger umgeht, wie er die Rechte dessen ausgestaltet, demgegenüber er von seiner Strafbefugnis Gebrauch macht,

(Beifall)

wie er die Interessen der Gemeinschaft an einer effektiven Strafrechtspflege mit den Grundrechten des einzelnen in Einklang bringt. Beide Entwürfe, meine Damen und Herren, sollten unter diesen Gesichtspunkten in den Ausschüssen beraten und sodann mit einem möglichst hohen Maß an Übereinstimmung verabschiedet werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Präsident Frau 'Renger: Ich danke dem Herrn Bundesminister der Justiz.
Ich eröffne nunmehr die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (CSU):
Rede ID: ID0712300200
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Wir haben es bei den hier vorliegenden Entwürfen damit zu tun, daß sich auf Grund bedauerlicher Vorkommnisse der Vergangenheit unser Rechtsstaat gegen seine Demontage wehren muß. Ich glaube, in Ergänzung dessen, was der Herr Bundesjustizminister soeben gesagt hat, sagen zu müssen, daß zum Rechtsstaat auch die Unabhängigkeit der Gerichte im Interesse des Beschuldigten, im Interesse der richtigen Rechtsfindung gehört, daß zum Rechtsstaat auch gehört, daß die Organe der Rechtspflege dann geschützt werden, wenn ihnen Angriffe drohen, woher auch immer sie kommen mögen.
Wir haben zu Beginn der Schaffung unseres Grundgesetzes immer wieder von der Wehrhaftigkeit der Demokratie gesprochen, die es nicht zulassen könne, daß sie mit den Mitteln der Demokratie nicht nur ad absurdum geführt, sondern sogar beseitigt werde. Heute sind wir leider an einem Punkt angelangt, wo wir sagen müssen, daß es auch der Rechtsstaat nicht zulassen kann, daß er mit Mitteln des Rechtsstaates nicht nur ad absurdum geführt, sondern vielleicht sogar beseitigt wird. Zur Zeit gibt es viele Fälle — wir haben nicht nur die Berichte der Landesjustizverwaltungen, sondern auch zum Teil unmittelbare Erfahrung —, in denen die Funktionsfähigkeit und die Würde der Gerichte in einem Maße gefährdet sind, daß wir sagen müssen, daß möglicherweise in dem einen oder anderen Punkt auch die Rechtsstaatlichkeit gefährdet ist. Ich möchte für die CDU/CSU-Fraktion den Verfahrensbeteiligten, den Richtern, Staatsanwälten und sonstigen Beteiligten, die sich schwierigen Situationen in Prozessen gewachsen gefühlt und Störungen beseitigt oder hintangehalten haben, hier unseren Dank sagen. Wir können es aber nicht beim Dank bewenden lassen, wenn wir die Möglichkeit haben, durch gesetzgeberische Maßnahmen Korrekturen eintreten zu lassen, um die Belastung der Beteiligten auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Ich meine, daß durch Störungen, Drohungen und Gewalttaten die Unabhängigkeit der Gerichte gefährdet sein könnte. Auch Richter, Berufs- und Laienrichter, sind Menschen, die, wenn sie angegriffen werden, vielleicht nicht so sehr aus dem Bewußtsein heraus, aber unbewußt, weil sie eben auch Menschen sind, den Weg des geringsten Widerstandes gehen könnten. Um sie aber von derartigen Anfechtungen freizuhalten, müssen wir ihnen die Möglichkeit geben, wenigsten in den krassesten Fällen, in denen ihre Unabhängigkeit bedroht ist, einschreiten zu können. Der Freistaat Bayern hat die Konsequenzen aus den Störungen der Rechtspflege in der Vergangenheit gezogen und im Bundesrat einen Gesetzentwurf zum Schutz der Rechtspflege eingebracht. Dieser Gesetzentwurf liegt uns nun mit einigen Änderungen vor. Ich freue mich, daß dieser Gesetzentwurf in seiner wesentlichen Zielrichtung zwischen Bundesregierung und Opposition offensichtlich unbestritten zu sein scheint.
Meine Damen und Herren, es muß verhindert werden — das will dieser Gesetzentwurf —, daß das Tribunal wieder zur Szene politischer Demonstrationen wird, die zur Zerstörung der Demokratie, zur Zerstörung des Staates und unserer freien Gesellschaft führen können. Diesem Ziel dient u. a. der Antrag, daß Erklärungen, die zur Unzeit abgegeben werden, oder beliebige Erklärungen, die mit dem Gegenstand des Verfahrens nichts zu tun haben, vom Gericht unterbunden werden können.
Die Bundesregierung hat in ihrer Äußerung zu dem Gesetzentwurf gemeint, daß sie hier noch einen anderen Weg sehe. Ich vermisse aber in der Kritik der Bundesregierung an den Vorschlägen des Bundesrates, aber auch in den Äußerungen des Bundesjustizministers Hinweise darauf, welchen anderen Weg man hier gehen will. Wir sind sehr neugierig darauf, in den Beratungen des Rechtsausschusses zu erfahren, welchen Weg die Bundesregierung gehen möchte, um zu verhindern, daß sachfremde Erklärungen abgegeben werden, daß der Prozeß zu politischen Demonstrationen, zur Zerstörung unserer demokratischen Grundordnung benutzt wird.
In dem Entwurf ist auch vorgesehen, daß durch Ausschluß der Offentlichkeit in einem vereinfachten Verfahren und durch weitgehende Rechte des Vor-



Dr. Wittmann (München)

sitzenden gegenüber Prozeßunbeteiligten die Störungen von Verfahren möglichst hintangehalten werden. Wir werden diese Störungen nie ganz beseitigen können. Wir sollten jedoch den prozeßleitenden Richtern mit diesen Mitteln die Möglichkeit geben, Störungen und Sabotage des Prozesses von der Zuhörerbank her schon im Keime zu begegnen. Höhere Ordnungsstrafen — dies gilt sowohl hinsichtlich der Höhe von Geldstrafen als auch der Zeitdauer der Ordnungshaft —, um abschreckend zu wirken — ich bin freilich nicht der Meinung, daß Abschreckung allein genügt —, scheinen zum gegenwärtigen Zeitpunkt notwendig zu sein; dann wäre Störern längere Zeit die Möglichkeit genommen, ein Gerichtsverfahren zu stören.
In Konsequenz von Anträgen der CDU/CSU, die auch die Billigung des Hohen Hauses gefunden haben, hat die Bundesregierung, wenn auch verzögert, jetzt ein zweites Gesetz zur Strafverfahrensreform vorgelegt. Hier handelt es sich aber nicht um ein Reformgesetz, sondern schlicht und einfach um ein Gesetz, das notwendige Korrekturen des Verfahrensrechtes enthält, und um sonst gar nichts. Von Reform kann hier meines Erachtens nicht die Rede sein. Der Antrag der CDU/CSU, auf dem dieses Gesetz aufbaut, geht im Bereich des Ausschlusses der Verteidiger dahin, sie dann auszuschließen, wenn sie der Begünstigung oder der Teilnahme an der zur Verhandlung stehenden Straftat verdächtigt oder überführt sind. Wir haben ja genügend Erlebnisse dieser Art im Zusammenhang mit den Verfahren gegen die Baader-Meinhof-Bande.
Diesen Teil hat die Bundesregierung in den Gesetzentwurf aufgenommen. Mit nicht einsichtigen Argumenten dagegen hat sie den Teil aufzunehmen abgelehnt, der sich mit der Zeugenschaft eines Verteidigers in dem Fall befaßt, daß der Verteidiger in einem Verfahren als Zeuge aufgetreten ist. Hier mußte der Bundesrat einen entsprechenden Antrag zum Gesetzentwurf stellen. Man kann nicht so einfach sagen, daß die Zeugenschaft nicht die Verteidigereigenschaft behindern könnte, und man kann auch nicht einfach auf die gleiche Stellung der Staatsanwaltschaft hinweisen. Die Staatsanwaltschaft hat im Verfahren eine andere Funktion: Sie ist objektive Behörde, hat also das Be- und Entlastende zu berücksichtigen. Demgegenüber besteht die Aufgabe des Verteidigers in erster Linie darin, dem Beschuldigten zu helfen, ihn im Strafverfahren nach Möglichkeit frei zu bekommen. Schon von daher ist also die Position der Staatsanwaltschaft eine andere, und man kann sie mit der des Verteidigers nicht vergleichen. Die Bundesregierung kann also nicht folgern, daß auch die Staatsanwaltschaft vom Verfahren auszuschließen sei, wenn der Verteidiger ausgeschlossen werden kann.
Im übrigen muß sich ein solcher Ausschluß des Verteidigers vom Strafverfahren auf entscheidungserhebliche Aussagen und entscheidungserhebliche Bekundungen beschränken. Das schlägt auch der Bundesrat vor. Wir würden uns freuen, wenn diese Bestimmung, die ja auch einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entspricht, im Laufe der Ausschußberatungen in den Entwurf aufgenommen werden könnte.
Meine Damen und Herren, der Herr Justizminister hat gemeint, die Aufnahme des Tatbestandes einer Prozeßsabotage ablehnen zu müssen, die mit rechtswidrigen Mitteln begangen wird und bei der die Gefahr besteht, daß sie fortgesetzt wird. Wir haben in der Praxis verschiedene derartige Fälle; Sie werden mir nachsehen, daß hier nicht der Ort ist, die Fälle in ihren Einzelheiten aufzuzählen — sie sind in der Vergangenheit nicht nur einmal vorgekommen —, in denen sich Verteidiger rechtswidriger Mittel bedient haben, um einen Prozeß zu sabotieren. Ich sehe nicht ein, warum nicht bei Wiederholungsgefahr ein Verteidiger vom Prozeß ausgeschlossen werden kann, wenn er das Verfahren gröblich stört und behindert. Nach unserer Auffassung ist dieser Tatbestand in der Weise, wie sie der Bundesrat vorschlägt, genügend umschrieben.
Auch die Praxis der Gerichte zeigt uns — die Praktiker sagen es uns immer wieder —, daß die Aufnahme dieses Tatbestandes in das Gesetz notwendig ist. Wir werden vielleicht sehr schnell erleben, daß wir diesen Tatbestand fordern müssen.
Man kann nicht davon ausgehen, daß derartige Störungen des Prozeßablaufes durch Prozeßsabotage durch Ehrengerichtsverfahren bereinigt werden können. Wir sind es nach meinem Dafürhalten auch dem Beschuldigten schuldig, daß das Verfahren reibungslos abläuft und zu einem gerechten Urteil führt. Das kann aber dann nicht der Fall sein, wenn der eigene Verteidiger dafür sorgt, daß eben kein rechtmäßiges Verfahren stattfinden kann.
Meine Damen und Herren, wir sollten überhaupt einmal die Frage prüfen — ob das in diesem Zusammenhang möglich ist, lasse ich dahingestellt; aber ich meine, wir werden nicht darum herumkommen, diese Frage einmal zu prüfen —, ob wir nicht so, wie das im angelsächsischen Recht mit dem „contempt of court" der Fall ist, eine Strafbestimmung gegen Angriffe auf die Gerichtsbarkeit haben sollten, und zwar nicht nur für Personen, die nicht am Prozeß beteiligt sind, sondern auch für Prozeßbeteiligte. Ich deute das jetzt nur an, weil ich meine, daß wir uns auf Grund der jüngsten Entwicklungen doch einiges überlegen müssen, um unseren Rechtsstaat in Gestalt der unabhängigen Gerichte zu erhalten.
Der Entwurf der Bundesregierung sieht auch ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter und Sozialpädagogen vor. Die Begründung der Bundesregierung zeigt, daß sie sich bei diesem Vorschlag in Kenntnis einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht ganz wohlfühlt. Denn das Bundesverfassungsgericht sagt, daß dem Zeugnisverweigerungsrecht im Interesse der Rechtsstaatlichkeit enge Grenzen zu ziehen sind.
Außerdem haben wir es bei den Sozialarbeitern, Sozialpädagogen und Psychologen, denen ich in keiner Weise nahetreten will, mit einem Berufsstand und einer Funktion zu tun, die noch nicht genügend umschrieben sind, als daß eine Abgrenzung möglich wäre. Wir werden uns in den Ausschüssen darüber noch unterhalten müssen, wie weit es möglich ist,



Dr. Wittmann (München)

Grenzen zu ziehen, damit auch wirklich dem Zeugnisverweigerungsrecht zugunsten eines Betroffenen Rechnung getragen wird und nicht einem Zeugnisverweigerungsrecht vielleicht für Aktionen, die nichts mit dem Individuum, mit dem Menschen zu tun haben, sondern vielleicht mit Systemveränderungen. Ich brauche Ihnen, Herr Minister Vogel, nicht zu sagen, in welche Richtung meine Ausführungen zielen. Sie werden aus München ja aus einigen Bereichen der Sozialarbeit — Gott sei Dank nur aus einigen Bereichen — eigene Erfahrungen haben, um zu wissen, daß man nicht ein zu weitgehendes Zeugnisverweigerungsrecht einräumen kann.
Die Regelung der Vernehmung von Kindern als Zeugen im Strafverfahren und in anderen Verfahren entspricht einem Gesetzentwurf, den die CDU/ CSU eingebracht hat und der dem Rechtsausschuß schon seit langem vorliegt. Die Bundesregierung hat hier also etwas aufgenommen, was die CDU/ CSU vorgeschlagen hat. Über die Altersgrenze werden wir uns, glaube ich, im Rechtsausschuß einigen können, nämlich über die Frage, ob wir die Altersgrenze 16 oder 14 Jahre nehmen werden.
Ich bin mir mit dem Bundesjustizminister einig, daß die Eidesregelung, wie wir sie in dem Gesetzentwurf sehen, nicht dazu führen darf, daß der Eid gänzlich abgeschafft wird. Wir haben gerade in der letzten Zeit Äußerungen auch aus diesem Hause, die darauf hinauslaufen, unter der Flagge „Trennung von Kirche und Staat" den Eid abzuschaffen. Wir müssen darauf achten, daß die moralische Kraft des Eides erhalten bleibt, ganz gleich in welcher Form.. Bei der vorliegenden Regelung geht es nicht etwa darum, Kirchenkampf in der Strafprozeßordnung zu führen oder die Kirche aus der Strafprozeßordnung herauszudrängen. Die Regelung, die hier vorgesehen ist, entspricht einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und soll ausschließlich und allein dem Schutz der Gewissensentscheidung des Zeugen und des sonstigen Eidespflichtigen dienen. Das allein ist hier zu regeln und nicht die Frage der Abschaffung des Eides. Denn eine Abschaffung des Eides würde der Wahrheitsfindung und damit auch der Rechtsstaatlichkeit schädlich sein. Wer die Bindung des Gewissens an die Wahrheit beseitigt, wird sehr schnell zu anderen Mitteln greifen. Wir kennen ja aus diktatorischen Staaten die Mittel, die dann benutzt werden. Wir sollten uns daran halten, daß wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Gewissensbindung des Individuums anzurufen, um von daher eine Wahrheitsfindung und einen gerechten Prozeß auf Grund der Beweisaufnahme zu finden.
Für die CDU/CSU-Fraktion möchte ich erklären, daß wir im Rechtsausschuß an einer zügigen Verabschiedung der beiden Entwürfe interessiert sind, um zu erreichen, daß unsere Rechtspflege auch in Zukunft dem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat in Unabhängigkeit dienen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0712300300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Penner.

Dr. Willfried Penner (SPD):
Rede ID: ID0712300400
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe des Bundesrats und der Bundesregierung haben Änderungen im Bereich des Strafverfahrensrechts zum Gegenstand. Dem unbefangenen Leser der Bundesratsdrucksache drängt sich namentlich beim Studium der Seite 1 der Eindruck auf, als ob die Strafjustiz am Ende sei. Anspruchsvolle Worte von „der bedrohlichen Zunahme von Störungen bei Hauptverhandlungen", von „Prozeßsabotage", dem „ein Gesetz zum Schutz der Rechtspflege" abhelfen soll, signalisieren in Richtung Justizdämmerung.
Nun wird kein Kenner der Verhältnisse bestreiten, daß Hauptverhandlungen in Strafsachen gestört, ja sabotiert werden. Aber ebenso wenig läßt sich leugnen, daß dies in verhältnismäßig wenigen Fällen geschieht. Meistens sind es Prozesse mit politischem Hintergrund — und hierbei auch gewiß nicht alle Fälle —, bei denen Verfahrensbeteiligte und Zuhörer die Gelegenheit suchen, das Forum der Justiz zur politischen Arena, ja zum Tollhaus umzufunktionieren. Große Publizität als e i n Zweck solcher Unternehmen und weitgehende Anonymität der normal verlaufenden Strafprozesse mögen denn auch zu unzutreffenden Vorstellungsbildern vom Zustand der Justiz beigetragen haben.
Die zunehmende Lebendigkeit der Hauptverhandlungen, das gewachsene Selbstbewußtsein des Bürgers, auch in der prekären Situation als Angeklagter seine Rechte wahrzunehmen und nicht alles gleichsam gottgegeben hinzunehmen, ist davon scharf zu trennen; sie ist im Rahmen des geltenden Rechts demokratisch legitimiert. Auch die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz sind an den Anforderungen unserer Verfassung zu messen. Das Grundgesetz kennt als Leitbild des Menschen den Bürger und nicht etwa den Untertan. Auch der Angeklagte behält im Strafverfahren und speziell in der Hauptverhandlung die damit verbundenen Rechte, solange sie nicht rechtskräftig aberkannt sind.
Natürlich brauchen wir eine Justiz, die ihrer verfassungsmäßigen Aufgabe, für die Ordnung dieses Staates ihren Beitrag zu leisten, nachkommen kann. Dazu bedarf es auch flankierender Maßnahmen des Gesetzgebers, wenn die Umstände es erforderlich machen. Mißbräuchlichem Verhalten in Gerichtssälen werden wir auch mit gesetzgeberischen Mitteln begegnen müssen. Das werden wir bei allem Engagement gelassen und ohne falsche Aufregung tun. Der Rechtsstaat funktioniert; daran ändern auch ein paar Narren und Chaoten nichts. Eine gegenteilige Meinung teilen wir nicht; sie läßt sich mit der Wirklichkeit auch nicht in Einklang bringen.
In der Sache selbst enthält die Drucksache des Bundesrates ernst zu nehmende Vorschläge, die allerdings eingehender Prüfung bedürfen.
Die vorgeschlagene Neufassung des j 257 a der Strafprozeßordnung spiegelt im wesentlichen die Ergebnisse der Rechtspraxis wider. Diese 1964 geschaffene Vorschrift eröffnet Verteidigern und Staatsanwälten die Möglichkeit, auch schon vor den Schluß-



Dr. Penner
vorträgen Erklärungen abzugeben. In der Praxis hat sich eine den Bedürfnissen entsprechende Rechtswirklichkeit ergeben. Schon nach geltendem Recht sind Erklärungen nicht zulässig, die allzu lang oder zu wenig prägnant sind oder die Schlußvorträge vorwegnehmen. Auch dürfen Erklärungen nicht zur Unzeit abgegeben werden. Die vorgeschlagene Änderung des § 257 a bringt also praktisch nichts Neues. Ob sie den Schutzzweck erfüllt, den ihr ihre Befürworter beilegen, erscheint zweifelhaft.
Die Vorschläge zur Ordnungsstrafe als einem Instrument gegen prozeßstörende Handlungen wirken überzeugend. Es wird aber darauf zu achten sein, Mißverständnissen und zynischer Umkehrung des Öffentlichkeitsprinzips in Einzelfällen nicht dadurch zu begegnen, daß das bewährte Prinzip selbst zur Disposition gestellt wird. Der Gesetzgeber darf nicht in den Fehler verfallen, auch nur unbewußt denen in die Hände zu spielen, die rechtsstaatliche Ordnungselemente ausnutzen, um den Rechtsstaat selbst zu treffen.
Die bisherige Regelung beim Ausschluß der Öffentlichkeit ist in der Tat wenig geschmeidig und taugt nicht für Situationen, die ein zügiges Handeln erfordern. Eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes — darüber müssen wir uns aber im klaren sein — berührt jedoch den Grundsatz der Öffentlichkeit, der neben dem der Mündlichkeit und dem der Unmittelbarkeit eine tragende Säule der Strafprozeßordnung ist, für die im 19. Jahrhundert heftig gestritten worden ist.
Die Wahrung des Prinzips der Öffentlichkeit ist eine der wesentlichen Bedingungen des öffentlichen Vertrauens in die Rechtsprechung der Gerichte. Nach einer Formulierung des Reichsgerichts verhindert sie, daß „die gesamte Tätigkeit des Gerichts hinter verschlossenen Türen in ein Dunkel gehüllt und dadurch Mißdeutungen und Argwohn ausgesetzt" wird. Die Möglichkeit, den Beschluß über den Ausschluß der Öffentlichkeit in nichtöffentlicher Sitzung zu verkünden, wenn anders eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu befürchten wäre, darf auch hier nicht zur Aushöhlung des Prinzips selbst führen. Es sind keine Gründe dafür erkennbar, tragfähige, mühsam entwickelte rechtsstaatliche Grundsätze zu verwässern. Eine Äußerung Feuerbachs aus dem Jahre 1821 zum Öffentlichkeitsprinzip hat auch heute noch ihre Bedeutung:
Sollte es keine besonderen Gründe geben, die Gerichtstüren zu öffnen, so gibt es wenigstens auch keine, diese zu schließen. Ist hinter den Türen nichts zu sehen, was der Mühe des Zusehens lohnte, so lasse man sie wenigstens offenstehen, damit man eben sehe, daß nichts zu sehen sei.
Der Entwurf der Bundesregierung eines zweiten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts bringt fünf rechtspolitisch bedeutsame Vorschläge.
Die vorgesehene Regelung, daß ein Strafverteidiger bei Vorliegen gesetzlich normierter Gründe von der Mitwirkung an einem Verfahren auszuschließen ist, hat dabei ihre besondere Bedeutung. Es ist leicht einzusehen, daß der Ausschluß von der Mitwirkung dann gerechtfertigt ist, wenn der Verteidiger seine Funktion als Organ der Rechtspflege verletzt und damit das auf Interessenwahrung angelegte Gleichgewicht im Strafverfahren zwischen den Verfahrensbeteiligten gestört ist. Das Gericht darf jedoch nicht zu einem Aufsichtsorgan für den Strafverteidiger werden. Es gilt, auch nur den Eindruck zu vermeiden, daß infolge der Ausschlußdrohung die Möglichkeit eröffnet wird, eine dem Gericht genehme Art der Verteidigung durchzusetzen.
Die neuen Vorschriften über die erweiterten Möglichkeiten für den Angeklagten, auf die Bestellung des Verteidigers Einfluß zu nehmen, kommen dem Bedürfnis des Betroffenen entgegen, ein auf Vertrauen begründetes Verhältnis zu seinem Verteidiger herstellen zu können. Es wird wichtig sein, im Verlauf der Beratungen nach einem Weg zu suchen, der ein nach weitgehend objektiven Kriterien gesichertes Auswahlverfahren gewährleistet und gleichzeitig verhindert, daß die weitgehend in das Belieben des Angeklagten gestellte Auswahlmöglichkeit ihm im Konfliktfall Möglichkeiten zur Prozeßverschleppung in die Hand gibt.
Die Änderungen der Vorschriften über die Eidesableistung im Strafverfahren erfüllen die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1972, eine Regelung der Eidespflicht und ihrer Durchsetzung zu treffen, die den Forderungen des Art. 4 Abs. 1 des Grundgesetzes entspricht. Die vorgeschlagene Regelung stellt sicher, daß diejenigen Personen, die den Zeugeneid unter Berufung auf ihr Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit verweigern, keinerlei Nachteile erleiden. Sie werden allerdings verpflichtet, die Wahrheit ihrer Aussage unter erhöhter Strafandrohung durch eine weltanschaulich-religiös neutrale Formel zu bekräftigen.
Der Entwurf der Bundesregierung sieht weiter vor, daß zukünftig unter bestimmten Voraussetzungen Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Berufspsychologen mit staatlich anerkannten Ausbildungsabschlüssen ein Zeugnisverweigerungsrecht haben sol-sen. Wir begrüßen den Vorschlag. Er entspricht einer Forderung, die von Sozialdemokraten schon lange erhoben wird.
Allerdings soll auch in diesem Zusammenhang ein Grundsatzproblem nicht unerwähnt bleiben: Immer mehr Berufsgruppen drängen danach, in den Katalog des § 53 StPO aufgenommen zu werden, um damit das Zeugnisverweigerungsrecht zu bekommen. Das hat sich deutlich bei den Beratungen zum Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch gezeigt. Dabei gilt es zu bedenken, daß auch heute noch die Zeugenaussage ein wesentliches Beweismittel im Strafverfahren ist. Eine funktionsfähige Strafrechtspflege ist darauf in besonderer Weise angewiesen. Die gesetzgeberische Aufgabe führt also dahin, einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Notwendigkeiten der Strafrechtspflege und der Berücksichtigung der Vertrauensbeziehungen einzelner Berufsgruppen als Grundlage einer sinnvollen Tätigkeit zu finden.
Sehr wichtig sind schließlich auch die Vorschläge der Bundesregierung zum Schutz kindlicher und jugendlicher Zeugen. Insbesondere bei Sittlichkeits-
8234 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Frei tag, den 11. Oktober 1974
Dr. Penner
und Rohheitsdelikten können gerade hier besonders eingehende Befragungen für Kinder und Jugendliche sehr belastend sein. Die von der Rechtsprechung entwickelte Möglichkeit, wonach die Erziehungsberechtigten diese als Zeugen aus einem Strafverfahren heraushalten können, schließt eine solche Gefahr zwar unter Umständen aus; sie ist jedoch im Ergebnis auch nicht befriedigend, weil damit die Ahndung einer Straftat verhindert werden kann. Bejaht man aber die Notwendigkeit einer Strafverfolgung auch in den Fällen, bei denen die Aussage des Kindes von ausschlaggebender Bedeutung ist, so muß das Kind als Auskunftsperson auch in der Hauptverhandlung zur Verfügung stehen.
Es ist zu hoffen, daß der vorgeschlagene Weg, Fragen anderer Prozeßbeteiligter über den Vorsitzenden stellen zu lassen, Erleichterungen bringt. Freilich wird man sich um die Lösung von Konfliktfällen bemühen müssen; denn es ist sehr leicht möglich, daß gerade das Abgehen von der unmittelbaren Befragung des Kindes zu Auseinandersetzungen führt, die das Kind zusätzlich belasten.
Das zweite Strafverfahrensreformgesetz, aber auch die Initiative des Bundesrats können zur Stärkung und zum Ausbau der rechtsstaatlichen Ordnung beitragen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion stimmt dem Überweisungsvorschlag des Ältestenrates zu.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0712300500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelhard.

Hans A. Engelhard (FDP):
Rede ID: ID0712300600
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der Vorlage eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts hat die Bundesregierung u. a. zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen. Dabei wird es jetzt Aufgabe des Gesetzgebers sein, einerseits bei den Eidesvorschriften mit der möglichsten Großzügigkeit und weltanschaulich toleranten Offenheit die Dinge zu regeln und auf der anderen Seite den Komplex Ausschließung von Verteidigern im Strafprozeß mit einem sehr großen Maß notwendiger Zurückhaltung zu behandeln; denn gerade an der Art und Weise, wie wir diese beiden Fragen regeln, erweist sich die Qualität unseres Rechtsstaates.
Die Bundesregierung war deswegen sicherlich gut beraten, als sie das Angebot an Eidesformeln bzw. Bekräftigungsformeln breit gefächert hat, als sie betont hat — in der Art und Weise ihrer Formulierung —, daß eine Gleichrangigkeit dieser Formeln vorliegt, und gleichzeitig die Belehrungspflicht des Vorsitzenden gegenüber dem Zeugen über die Wahlmöglichkeit zwischen den einzelnen Formeln festgelegt hat.
Ich begrüße es überdies, daß an den Begriffen Eid und Schwören auch bei der nichtreligiösen Beteuerungsformel festgehalten wurde; ganz einfach deshalb, weil ich meine, daß der Fortschritt der Toleranz es nicht erfordert — wo dem Andersdenkenden Ausweichmöglichkeiten geboten sind —, historisch gewachsene Begriffe auszumerzen, die durch unsere
Sprache psychologisch ihr Eigengewicht erlangt haben.
Bei der gesetzlichen Regelung des Ausschlusses von Verteidigern werden wir abzuwägen haben zwischen der notwendigen Sicherung eines rechtsstaatlich geordneten Strafprozesses und zum anderen dem Recht des Beschuldigten, sich des Verteidigers seines Vertrauens zu bedienen. Die freie Advokatur in ihrer historischen Entwicklung war immer eines der wesentlichen Kennzeichen unseres Rechtsstaates. Wer in autoritären Systemen beobachtet, daß die freie Advokatur zunächst immer Einschränkungen und Gängelungen und schließlich Unterdrückungen ausgesetzt ist, der wird bis zum äußersten mit Generalklauseln oder generalklauselartigen Formulierungen in diesem Bereich zurückhaltend sein.
Um es sehr deutlich zu sagen: Zu dieser freien Advokatur gehört auch, daß Minderheiten aller Art auch ihren Minderheitenanwalt, den Anwalt ihres Vertrauens im breiten Spektrum des Angebots an Anwälten finden können. Die Persönlichkeit, die dort zum Verteidiger gewählt wird, mag vielleicht etwas einrissig sein; an der Meinung des Durchschnitts der Bevölkerung gemessen mag diese Persönlichkeit sogar ein extremer Außenseiter sein. Darauf kommt es entscheidend aber nicht an, sondern es ist vor allem wichtig, daß diese Persönlichkeit das Vertrauen ihres Mandanten besitzt und daß auch der böse Schein vermieden wird, der Staat würde in irgendeiner Weise auf die Auswahl der Person des Verteidigers Einfluß nehmen wollen. Dabei ist es immer eine ganz andere Frage, ob dem konkreten Beschuldigten im konkreten Fall damit gedient ist, daß er sich eines Außenseiterverteidigers bedient. Aber es ist meines Erachtens nicht Aufgabe des Staates, hier in allgemeiner Form eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Beschuldigten auszuüben.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das ist ja ganz etwas Neues!)

Für den Rechtsanwalt ergeben sich bei Ausübung seines Berufes natürliche Grenzen. Er darf nicht der Kumpan und er darf nicht der Gegenspieler seines Mandanten im Strafprozeß sein. Das wird im Entwurf der Bundesregierung ausreichend geregelt. Dem Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege sind weitere Grenzen bei Ausübung seines Berufes gezogen.
Wie sind nun Verstöße dagegen zu ahnden? Es geschieht dies im Wege der Standesgerichtsbarkeit. Bei der Entscheidung darüber, ob ein Verteidiger auszuschließen ist, wird es notwendig sein, sich möglichst weit vom konkret mit der Sache befaßten Gericht zu entfernen. Deswegen wird es nicht angehen, wie der Bundesrat meint, dasjenige Gericht mit der Entscheidung über die Ausschließung zu befassen, bei dem. das Verfahren anhängig ist. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich um eine mehr strafprozeßrechtliche und weniger standesrechtliche Frage. Der Entwurf der Bundesregierung weist die Entscheidung über die Ausschließung dem OLG zu. Nun sind bei den Oberlandesgerichten auch die Ehrengerichtshöfe angesiedelt. Es wird sehr genau zu prüfen sein, ob nicht möglicherweise die Entscheidung der Ehren-



Engelhard
Berichtshöfe in diesen Fragen schon durch ihre gemischte Besetzung mit Berufsrichtern und Rechtsanwälten eine durchaus erwägenswerte Lösung darstellt.
Die Frage des Vertrauens des Beschuldigten zu seinem Anwalt spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Bestellung des Pflichtverteidigers. Es ist deswegen der richtige Weg eingeschlagen worden, daß künftig die Auswahl dem Beschuldigten obliegen soll. Es muß weiter gewissen Bedenken begegnen, wenn vorgesehen ist, daß der Vorsitzende auf Grund eines generalklauselartigen Ausnahmetatbestandes selbst weiterhin diese Auswahl vornehmen kann. Es ist dort formuliert, daß der Vorsitzende die Auswahl vorzunehmen hat, wenn wichtige Gründe dafür sprechen. Ich glaube, das muß etwas restriktiver formuliert werden, um nicht auch hier wieder den Gesichtspunkt einer von seiten des Staates gar nicht verlangten allgemeinen Fürsorgepflicht zugunsten des Beschuldigten, die dieser in vielen Fällen gar nicht wünschen kann, in den Text des Gesetzes hineinzubringen.
Was die Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts betrifft, so hat man damit für den Bereich der Sozialarbeiter, der Sozialpädagogen und der Psychologen, die in einer bestimmten Funktion tätig werden, deren zunehmender Bedeutung im Rahmen eines Gerichtsverfahrens und der allgemeinen Beratung Rechnung getragen. Es wird allerdings unserer Überzeugung nach die äußerste Zurückhaltung geboten sein, um hier nicht ein Ausufern des Zeugnisverweigerungsrechts auf lange Sicht in die Wege zu leiten und damit die Beweismöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden in nicht unerheblichem Maße einzuschränken.
Was den verstärkten Schutz von Zeugen unter 16 Jahren anlangt, so ist der Entwurf grundsätzlich zu begrüßen. Es läuft aber dort auch die Grenze bei der unbehinderten Verteidigungsmöglichkeit des Angeklagten. Bei den Beratungen im Ausschuß wird sehr genau zu prüfen sein, ob das Quasi-Vernehmungsmonopol des Vorsitzenden, der dort, wo von Verfahrensbeteiligten weitere Fragen gestellt werden, diese Fragen seinerseits, auch in der Formulierung, filtern kann, nicht bereits eine doch zu weitgehende Einschränkung des Verteidigungsrechts des Angeklagten mit sich bringt.
Ich glaube, man muß sich vergegenwärtigen, daß schlimmer als unangemessene Formen der Vernehmung, die jeweils durch das rechtzeitige Eingreifen des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung verhindert werden können, stets der lange Zeitablauf zwischen der Straftat und den Vernehmungen für den Jugendlichen und für das Kind, die als Zeuge auftreten müssen, ist. Schlimmer sind auch der lange Zeitablauf zwischen der polizeilichen Vernehmung und der sich später anschließenden Hauptverhandlung und manchmal auch die Häufigkeit der Vernehmungen. Ein erheblicher Teil des Problems kann dadurch gelöst werden, daß diejenigen Verfahren, bei denen Aussagen von Kindern und Jugendlichen entscheidende Bedeutung haben, in ihrem Ablauf ganz wesentlich beschleunigt werden.
Störungen und Ausschreitungen in unseren Gerichtssälen hat der Bundesrat zum Anlaß genommen, den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Rechtspflege vorzulegen. Ich muß ganz ehrlich sagen: Ich glaube, daß die dort vorgesehenen Änderungen in der Praxis und im konkreten Falle den Ausschreitungen wenig wehren oder sie gar verhindern können. Es wird kaum eine Möglichkeit bestehen, Störungen und Ausschreitungen mit diesen Vorschriften besser in den Griff zu bekommen. Wenn ich trotzdem die Vorlage insgesamt positiv bewerte, dann ganz einfach deshalb, weil sie ein gewisses Maß psychologisch positiver Auswirkung mit sich bringen kann.
Bisher haben die Ausschreitungen im konkreten Fall weniger die Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs in Frage gestellt als vielmehr ganz generell, manchmal über die Bedeutung der einzelnen Sache hinaus, das Vertrauen der Bevölkerung in eine funktionsfähige Strafrechtspflege erschüttert und damit ganz sicherlich nicht unerheblich zum Abbau der unbedingt notwendigen Autorität der Gerichte beigetragen. ich erachte es deswegen psychologisch für günstig, wenn künftig der Vorsitzende allein gegenüber Personen, die am Verfahren nicht beteiligt sind, ohne Verzögerung Ordnungsgeld und Ordnungshaft in einem größeren Umfang verhängen und festsetzen kann. Die gesetzlich erzwungene Wiederzulassung von Störern, die vor kurzem erst aus dem Gerichtssaal gewiesen worden waren, nur zu dem Zwecke, um ihnen zu eröffnen, daß sie anschließend wieder ausgeschlossen werden, hat manchmal einer nicht informierten Öffentlichkeit gegenüber die Gerichte nahezu der Lächerlichkeit preisgegeben. Deswegen ist der Vorschlag des Bundesrats sicherlich zu begrüßen, wenn ich auch in Übereinstimmung mit der Bundesregierung meine, daß er restriktiver zu formulieren sein wird.
Was das Erklärungsrecht von Staatsanwalt und Verteidigung betrifft, so wird man mit der größten Zurückhaltung an diese Fragen herangehen müssen. Herr Kollege Dr. Wittmann, es mag im Einzelfall für die Verfahrensbeteiligten ärgerlich und psychisch manchmal nahezu unerträglich sein, über Stunden hinweg weltanschauliche oder politische Darlegungen, etwa der Verteidigung, sich anzuhören. Ich glaube aber, daß die Entscheidung der Frage, was nun Gegenstand des Verfahrens ist, nicht so einfach der Entscheidung des Gerichts zugeschoben werden kann, ganz einfach deswegen, weil subjektiv die Auffassungen darüber, wie eine Verteidigung zu führen ist, weit auseinandergehen. Ich glaube, daß wir bei der neuen Bestimmung des § 257 a in geänderter Form zu anderen, konkreteren Formulierungen werden kommen müssen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0712300700
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung an den Rechtsausschuß. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.



Präsident Frau Renger
Ich rufe nunmehr Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung der Zulassungsrevision gegen Berufungsurteile der Landgerichte in Zivilsachen
— Drucksache 7/2459 —
Überweisungsvorschlag des Ältestensrates: Rechtsausschuß
Das Wort zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Vogel (Ennepetal).

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0712300800
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alle Fraktionen des Hauses sind, so hoffe ich, einig darin, daß wir versuchen müssen, den Rechtsschutz zu verbessern, den Rechtsschutz für den Bürger effektiver zu gestalten.

(V o r s i t z : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

Nachdem so hoffe ich jedenfalls, das Projekt der großen Justizreform begraben ist,

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Gott sei Dank!)

scheint mir die Möglichkeit gegeben zu sein, wieder eine an den praktischen Bedürfnissen und an den praktischen Möglichkeiten orientierte Justizpolitik zu betreiben, die uns auch tatsächlich ein Stück weiterführt. Es ist doch leider so gewesen, daß diese Politik des Alles-oder-Nichts in der Justizpolitik in den letzten Jahren dazu geführt hat, daß auch die möglichen Verbesserungen unterblieben sind.
Hier sollten wir jetzt die neue Chance ergreifen. Es liegen eine Reihe von Entwürfen dazu vor: einige Entwürfe, die vom Bundesrat kommen, einige Entwürfe, die hier im Hause eingebracht worden sind. Dazu fügen wir heute eine weitere Initiative, die für einen wichtigen Teil der Rechtsprechung sicherstellen soll, daß die Rechtseinheitlichkeit gewahrt werden kann.
Wir haben in einem großen Teil der Rechtsprechung nach wie vor den Zustand, daß der Instanzenzug beim Landgericht endet und daß keine Möglichkeit besteht, bei auseinanderlaufender Rechtsprechung für die nötige Einheitlichkeit in der Rechtsprechung zu sorgen. Der Entwurf, den wir Ihnen vorgelegt haben, soll sicherstellen, daß auch bei den Entscheidungen der sogenannten kleinen Reichsgerichte, der Berufungszivilkammern an den Landgerichten, unter bestimmten Voraussetzungen eine Revisionsentscheidung herbeigeführt werden kann.
Wir haben es hier mit einem — jedenfalls für den Bürger in seinem Alltag — sehr wichtigen Teil der Rechtsprechung zu tun. Hier geht es, wenn ich das einmal so sagen darf, um die Revision des „kleinen Mannes". Ich kann mir durchaus vorstellen, daß es auch den einen oder anderen Rechtsbeflissenen gibt, der in den Bereichen, die heute den Amtsgerichten vorbehalten sind und die bei den Landgerichten enden, höchtsrichterliche Entscheidungen herbeigeführt wissen möchte. Nehmen wir an, der Rechtsanwalt Professor Horst Ehmke macht eine Mietstreitigkeit beim Amtsgericht in Bonn anhängig, geht in die Berufung zum Landgericht; es ist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, dann kann ich mir vorstellen, daß er daran interessiert ist, hier auch eine höchtsrichterliche Entscheidung zu bekommen, die sicherstellt, daß die Rechtsprechung in diesen Fragen nicht auseinanderläuft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Genau um diesen Punkt geht es uns, meine Damen und Herren, und deshalb wäre ich Ihnen außerordentlich dankbar, wenn Sie uns auf diesem Wege folgten.
Es wird einen Einwand geben. Dieser Einwand wird der sein, daß es ja schon Rechtsmittel genug gebe, daß bei uns der Rechtsstaat in der Gefahr sei, zu einem Rechtsmittelstaat zu pervertieren. Mit diesem Einwand werden wir uns auseinanderzusetzen haben. Ich meine aber, daß hier in diesem Falle dieser Einwand nicht zieht. Genauso wichtig wie die Eingrenzung des Rechtsmittelunwesens ist die Sicherstellung der Rechtseinheit, die hier bisher nicht gewährleistet ist. Das ist einer der großen Mängel gewesen, die beklagt worden sind, im übrigen ja auch -eines der Argumente, die immer ins Feld geführt worden sind, wenn für die Dreistufigkeit plädiert worden ist. Wir werden uns hier jedenfalls Gedanken darüber machen, wie wir die Rechtseinheitlichkeit sicherstellen können, um nicht in den Zugzwang zu kommen, alle paar Jahre — weil nämlich dann die Rechtsprechung an den Landgerichten auseinandergelaufen ist — durch einen Akt des Gesetzgebers den Versuch machen zu müssen, die Rechtseinheitlichkeit wieder herbeizuführen, was zwangsläufig dann wieder dazu führt, daß die Rechtsprechung erneut auseinanderläuft. Ich glaube, daß wir uns in diesem Anliegen finden können, wobei niemand, der sich auskennt, bestreiten kann, daß wir gerade bei den Berufungszivilkammern der Landgerichte eine qualitativ hochwertige Rechtsprechung haben.
Meine Damen und Herren, soviel zur Begründung des Entwurfs, der Ihnen vorliegt. Ich wäre dankbar, wenn wir ihn mit anderen Entwürfen, die vorliegen, möglichst bald verabschieden könnten.
Ich verkenne nicht einen gewissen Zusammenhang mit der Novelle für das Rechtsmittel der Revision in Zivilsachen beim Bundesgerichtshof. Hier werden wir wohl oder übel die Entscheidung zu treffen haben, ob wir die Zulassungsrevision einführen oder nicht. Wir wissen, daß hier die Meinungsverschiedenheiten quer durch das Haus gehen. Das ist keine parteipolitische Frage. Ich persönlich bin der Auffassung, daß wir um die Entscheidung für die Zulassungsrevision nicht herumkommen. Andere sind anderer Auffassung. Wir müssen feststellen, welche Mehrheit sich in dieser Frage hier im Hause bildet. Nur, um eine Entscheidung in dieser Frage kommt der Gesetzgeber in dieser Legislaturperiode nicht herum.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712300900
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Emmerlich.




Dr. Alfred Emmerlich (SPD):
Rede ID: ID0712301000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Zivilrechtsstreitigkeiten, für die die Amtsgerichte zuständig sind, gibt es als Rechtsmittel nur die Berufung an das übergeordnete Landgericht. Das kann zumindest insoweit — Herr Vogel, da haben Sie völlig recht — nicht länger hingenommen werden, als für bestimmte Rechtsgebiete eine ausschließliche Zuständigkeit der Amtsgerichte gegeben ist. Im übrigen sind die Fragen der Rechtseinheit zwischen uns — vielleicht unter zusätzlichen Gesichtspunkten— noch einmal durchzudiskutieren.
Auf diesen Mangel unseres Rechtsmittelsystems weisen wir Sozialdemokraten schon lange hin. Das Bundesjustizministerium ist seit der Bildung der sozialliberalen Koalition dabei, die mit der Beseitigung dieses Mangels zusammenhängenden Probleme im Rahmen einer Gesamtreform zur Neuordnung der Gerichtsorganisation und des gerichtlichen Verfahrens zu bewältigen. Herr Kollege Vogel, in diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß hier nichts zu begraben ist.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Was den materiellen Gehalt angeht, stimme ich Ihnen zu! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Und es ist ein Mißverständnis, Herr Vogel, wenn Sie einen Gegensatz zwischen diesen Bemühungen um eine umfassende, ein Gesamtkonzept verratende Reform und einer Politik konstruieren wollen, die an den praktischen Erfordernissen der Justiz, aber auch an den Wünschen und Notwendigkeiten der Menschen in diesem Lande orientiert ist. Sie können ganz beruhigt sein: ein derartiger Gegensatz hat nicht bestanden, besteht nicht und wird auch in Zukunft nicht bestehen.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Da habe ich wahrscheinlich immer geträumt!)

Wir anerkennen, Herr Kollege Vogel um Sie aus Ihren Träumen auf den Boden der Wirklichkeit zurückzuführen —, daß nunmehr auch die Opposition diesen von uns schon lange beklagten Mangel sieht und einen Lösungsvorschlag unterbreitet.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Herr Kollege Emmerlich, habe ich denn einen von Ihnen bisher übersehen?)

— Offenbar, Herr Kollege Vogel.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Wo ist denn der?)

— Wenn Sie etwas auf das aufpassen, was ich noch zu sagen habe, wird Ihnen nicht entgehen, daß wir gerade im Bereich der Reform des Rechtsmittelwesens bemerkenswerte Vorschläge unterbreitet haben. Sie haben ja Gelegenheit, dazu noch Stellung zu nehmen.

(Dr. Hauser [Sasbach] [CDU/CSU] : Nicht taugliche, Herr Emmerlich!)

— Herr Kollege Hauser, darüber werden wir uns noch zu unterhalten haben. Insbesondere werde ich Ihnen jetzt einige Bemerkungen über die Tauglichkeit Ihrer Lösungsvorschläge machen. Ich bin der Meinung, Ihr jetzt hier zur Diskussion stehender Entwurf ist ganz entschieden mit zu heißer Nadel
gestrickt und stellt kaum eine tragfähige Grundlage für die Lösung der Problematik der Rechtsmittel in amtsgerichtlichen Zivilverfahren dar. Der Oppositionsentwurf ist nämlich zu sehr auf einen Teilaspekt der gesamten Rechtsmittelproblematik abgestellt Er fügt sich weder in das bestehende Rechtsmittelsystem ein noch ist er ein Schritt zu einem neuen, möglichst einheitlichen und übersichtlichen Rechtsmittelsystem. Er trägt zur Undurchsichtigkeit und zur Verwirrung bei und erhöht die vorhandene Vielfalt, statt sie zu verringern.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712301100
Gestatten Sie eine Frage, Herr Kollege?

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0712301200
Darf ich eine herzliche Bitte an Sie richten, Herr Kollege Emmerlich, wobei ich das Bestreben habe, daß die Beratungen im Hause nicht zu langweilig werden, daß Ihnen, wenn Sie Entwürfe der Opposition hier kritisieren, mal etwas anderes einfällt, als die „heiße Nadel"?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0712301300
Herr Vogel, ich schlage vor, Sie hören mal zu, was mir zu Ihrem Entwurf eingefallen ist. Ich hoffe, daß dieses Zuhören dazu führen wird, daß Sie sich unsere Einwände einmal unvoreingenommen durch den Kopf gehen lassen. Ich denke, daß wir dann in den Beratungen des Rechtsausschusses zu einer gemeinsamen Lösung kommen werden. Das ist jedenfalls unsere Hoffnung.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Die Bereitschaft dazu besteht!)

— Herr Kollege Erhard, ich freue mich, daß ich Ihren Entwurf richtig verstanden habe.
Nun im einzelnen die Einwendungen, die wir zu erheben haben: Der Entwurf will für zivilrechtliche Amtsgerichtsverfahren, für die das Landgericht Berufungsinstanz ist, die Revision an das übergeordnete Oberlandesgericht eröffnen, sofern die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder von einer Entscheidung des BGH abgewichen worden ist. Will das Oberlandesgericht als Revisionsgericht von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts
— ein bemerkenswerter Unterschied! — und des Bundesgerichtshofs abweichen, so ist der Rechtsstreit letzterem zur Entscheidung zu überlassen. Mit anderen Worten, Herr Vogel, es wird ein Rechtsmittelzug Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht bzw. BGH begründet. Dazu muß man sich vergegenwärtigen, daß in Kindschaftssachen ein anderer Rechtsmittelzug, nämlich Amtsgericht, Oberlandesgericht, BGH, gegeben ist und bei Streitigkeiten aus §§ 556 a bis 556 c BGB auf Grund des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften nach der Berufung der Rechtsentscheid durch das Oberlandesgericht, eventuell durch den BGH; Herr Kollege Hauser wird das ganz besonders gut wissen.
Nimmt man hinzu, daß in Zivilsachen, für die Landgerichte erstinstanzlich zuständig sind, die Berufung zum Oberlandesgericht und die Revision



Dr. Emmerlich
zum BGH statthaft sind, so fügt die CDU/CSU-Fraktion den vorhandenen drei Rechtsmittelzügen einen vierten hinzu. Dies würde die Verwirrung der Rechtsuchenden steigern und die Unausgewogenheit des Rechtsmittelsystems nicht abbauen, sondern vergrößern.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Wo ist da die vierte Instanz?!)

— Ein vierter Rechtsmittelzug, Herr Kollege Erhard.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Wo ist denn der?!)

— Passen Sie mal auf: Die Divergenzentscheidung durch den BGH — ich denke doch, Sie haben Ihren eigenen Entwurf wenigstens gelesen —

(Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Herr Kollege Erhard, ich möchte jetzt in meiner Begründung fortfahren. Sie sind sicherlich in der Lage — — Gott, wenn Sie unbedingt wollen, gut. Ich wollte Ihre Zeit nicht zu sehr in Anspruch nehmen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712301400
Herr Kollege Erhard erhält die Möglichkeit zu einer Zwischenfrage.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0712301500
Sollte Ihnen entgangen sein, daß die Entscheidung des Oberlandesgerichtes bleibt, daß lediglich wegen der Divergenz eine Rechtsmeinung zur Vereinheitlichung vom obersten Gericht eingeholt wird? Oder ist das für Sie eine weitere Instanz?

Dr. Alfred Emmerlich (SPD):
Rede ID: ID0712301600
Herr Kollege Erhard, nach Ihrem Vorschlag geht der Rechtsstreit dann, wenn eine Divergenz zu einer Rechtsprechung eines anderen Oberlandesgerichtes oder zu der des BGH besteht, insgesamt zur Entscheidung auf den BGH über. Wenn Sie etwas anderes gewollt haben, dann werden wir uns darüber unterhalten; dann müssen wir das aber ins Gesetz schreiben.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Also das, was Sie da herauslesen, steht jedenfalls nicht im Gesetz!)

— Ich hoffe, daß wir uns wenigstens noch darüber verständigen können, was in dem Gesetzentwurf steht, den Sie vorlegen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Machen wir doch eine gemeinsame Lesestunde!)

Zweitens. Die Opposition nimmt in der Entwurfsbegründung mit keinem einzigen Hinweis zu der Frage Stellung, welche personellen und baulichen Konsequenzen ihr Vorschlag für die Oberlandesgerichte hat und ob und in welcher Weise die Länder in der Lage sind oder in die Lage versetzt werden können, dem gerecht zu werden.
Drittens. Die Opposition scheint — jetzt sage ich „scheint", Herr Kollege Erhard; passen Sie gut auf! — nach der von ihr vorgelegten Neufassung des § 546 Abs. 2 ZPO in landgerichtlichen Verfahren nicht nur von der Beibehaltung der Streitwertrevision auszugehen, sondern auch davon, daß das Gesetz zur Entlastung des BGH am 15. September 1975 auslaufen soll. Sie hält anscheinend eine Mehrbelastung des BGH für vertretbar, die durch mehrere Umstände eintreten würde: einmal dadurch, daß die Anzahl der Verfahren mit nominell höheren Streitwerten und damit der Anteil der von vornherein revisiblen Verfahren infolge der Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse gestiegen ist und weiter steigen wird, zum anderen dadurch, daß die gegenwärtige Revisionssumme von 25 000 DM auf 15 000 DM herabgesetzt werden würde, weiter dadurch, daß die an die Oberlandesgerichte gehenden Revisionen in den Divergenzfällen vom BGH zu entscheiden wären. Eine derartige Mehrbelastung könnte nur durch eine Vergrößerung des BGH aufgefangen werden. Das hätte zur Folge, daß der BGH seiner vornehmsten Aufgabe, nämlich Fortbildung des Rechts und Vereinheitlichung der Rechtsauslegung, nicht besser, sondern schlechter gerecht werden könnte. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie müssen sich darüber klar werden, daß der BGH nur dann auf weiteren Rechtsgebieten — Herr Kollege Vogel, ich glaube, dies ist ein wichtiger Gesichtspunkt — zur Wahrung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts mit Erfolg eingeschaltet werden kann, wenn er mindestens im Gleichtakt dazu entlastet wird.
Abschließend betone ich: Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist entschlossen, das ihre dazuzutun, damit unser Rechtsmittelsystem verbessert wird. Wir werden alle Vorschläge aufgeschlossen und ohne Voreingenommenheit prüfen. Wir werten den vorliegenden Gesetzentwurf als ein Anzeichen dafür, daß Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, zur Mitarbeit und Mitwirkung bereit sind. Die Probe aufs Exempel, um nicht zu sagen: Ihre Nagelprobe, Herr Vogel,

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Die liegt woanders!)

ist die bevorstehende Beratung der Revisionsnovelle im Rechtsausschuß. Wir wünschen, daß sie ein positives Ergebnis hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/ CSU])


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712301700
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kleinert.

Detlef Kleinert (FDP):
Rede ID: ID0712301800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren. Herr Vogel, wir wollen ja eine große Justizreform, wir sind nur der Meinung — das hat sich bei anderen Gesetzen, z. B. auf dem Gebiet des Strafrechts, schon sehr bewährt —, daß man das in gewissen Schritten tun sollte. Nun ist die Frage eigentlich nur noch — dann kommt im Grunde schon alles sehr nahe zueinander —, wie solche Schritte aussehen sollten. Da meine ich allerdings, diese Schritte sollten so groß sein, daß sie die unmittelbar zusammenhängenden Fragen mindestens gleichzeitig abdecken, und



Kleinert
so klein, daß nicht mit einer Gesamtvorlage die Arbeitsfähigkeit des Hauses und insbesondere der betroffenen Ausschüsse überfordert wird.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben eine andere Schuhgröße als Sie!)

Sie haben mit Ihrem heutigen Entwurf den Minimalweg gewählt. Sie gehen jetzt nach einem gewissen Pick-System vor und haben sich eine Einzelfrage herausgepickt, die mir nun allerdings einen zu kleinen Schritt bedeutet und bei der ich auch meine, daß man sogar schon bei der Anfertigung eines Gesetzentwurfs vor der Beratung in den Ausschüssen doch noch einige Zusammenhänge mehr hätte berücksichtigen können.
Erschrocken habe ich mich im übrigen -- diesen Mangel hatte ich an Ihrem Entwurf bei der Lektüre überhaupt nicht entdeckt — über die besondere Eigenwilligkeit, nach der Sie die Zulassung zu regeln gedenken. Daß nämlich die Professoreneigenschaft des Klägers für die Zulassung der Revision eine besondere Rolle spielen soll, hatte ich bei der Lektüre nicht vermutet.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Aber ich habe doch nicht vom Kläger, sondern vom Rechtsvertreter gesprochen!)

— Oder des Beklagten. Sagen wir: die Professoreneigenschaft einer Partei. Ist es so richtig? Dies konnte ich Ihrem Text also tatsächlich nicht entnehmen.
Zu dem Problem des Rechtsmittelstaates statt des Rechtsstaates ist schon vieles gesagt worden. Es gibt doch einfach das Problem, daß ein spätes richtiges Urteil für die Parteien häufig weniger wert ist als ein etwas früheres Urteil, das zumindest größtenteils richtig ist. Es gibt das weitere Problem, daß ein obsiegendes Urteil für die obsiegende Partei immer noch sehr teuer werden kann, je nachdem, wieviel Rechtszüge durchlaufen wurden.
Ich habe mich dies nur als Beispiel dafür, was
man alles bedenken sollte — gefragt: Warum sollen die Parteien, wenn sie beim Amtsgericht bereits wissen, daß es sich um eine Rechtsfrage handelt, die sie nicht über das Landgericht hinausbringen 'können und die ihrer Ansicht nach dort wahrscheinlich so falsch entschieden wird wie schon in etlichen Vorprozessen, dann noch die Berufung in der zweiten Tatsacheninstanz durchstehen müssen, wenn die Tatsachen unstreitig sind und jedermann weiß, daß es nur um die Rechtsfrage geht? Ich wäre also schon der Meinung, daß man — wenn man Ihrer Anregung im Grundsatz folgt — hier auch die Möglichkeit einer Sprungrevision unter Ausschaltung einer vollen Tatsacheninstanz mit all ihren Belastungen und Kosten bedenken sollte.
Des weiteren glaube ich, ein Teil des Problems liegt, wie Sie richtig gesagt haben, Herr Vogel, darin, daß oberhalb der Grenze von 1 500 DM, die sicherlich demnächst geändert werden wird, nichts mehr möglich ist, was der Rechtseinheit dienen könnte. Es gibt aber noch einen anderen Fall. Auch dieser wird, wenn wir uns mit den Wertgrenzen erneut befassen, von erheblicher Bedeutung sein. Ich denke jetzt an die Fälle, in denen schon die Berufung nicht mehr möglich ist. Wenn wir hier auf eine Wertgrenze von 500 DM kommen sollten, wie es den vorliegenden Vorschlägen entsprechen würde, taucht das gleiche Problem hier in leicht veränderter Form noch einmal auf.
Es ist sicherlich unser aller Anliegen, daß die sozial Schwächeren, für die die kleineren Beträge durchaus von erheblicher Bedeutung sind, hier auch volle Rechtsgarantien haben. Es ist aber nicht so, daß dies, wie Sie vermuten, nur Prozesse des kleinen Mannes seien. Es gibt in diesem Bereich — sowohl unterhalb der 500-DM-Grenze als auch unterhalb der 1 500-DM-Grenze — leider auch Prozesse, die von enormer wirtschaftlicher Bedeutung sind, weil es sich um Fälle handelt, die im Einzelfall niemals die genannten Grenzen überschreiten, in der Summierung aber für Unternehmen, die sich fast nur mit derartigen Dingen befassen, Geschäfte von vielen Millionen DM ausmachen. Wenn man in diesem Bereich zu einer Vielfalt verschiedener Entscheidungen kommt, bedeutet das für Unternehmen, die derartige Geschäfte in großen Zahlen, aber bei kleinen Werten betreiben, fast eine Rechtsverweigerung, denn sie werden angesichts der unterschiedlichen landgerichtlichen Urteile derartige Prozesse wegen ,des anteiligen Kostenbetrages nicht mehr zu führen wagen. Auch das sollte man, meine ich, bedenken. Insoweit sollte man Ihre Gedanken erweitern und in den Gesamtrahmen, von dem Herr Emmerlich schon gesprochen hat, mit einführen. Das scheint mir schon sehr bedenkenswert zu sein.
Auf die Revision beim BGH — Zulassung oder Streitwert — ist bereits hingewiesen worden. Ich sehe mich hier als Weltkind in der Mitten. Das ist Ihnen auch bekannt. Ich meine, man muß nicht das eine lassen, wenn man das andere tun will. Unterhalten wir uns doch einmal über vernünftige Beträge, und schaffen wir an einer geeigneten Stelle, wobei ich „geeignet" auf die Belastbarkeit des BGH beziehe — das muß genau durchgerechnet werden —, eine Schwelle, bis zu der der zufällige Zugang zur Revision — nur auf Grund des Streitwerts und nicht auf Grund der Zulassung — möglich bleibt, damit hier nicht überall der blaue Himmel der Rechtskraft lacht und zu einer doch erstaunlichen Veränderung der Urteile führt. Der Unterschied nicht nur zwischen Schieds-, sondern eben überhaupt zwischen nicht mehr rechtsmittelfähigen und rechtsmittelfähigen Urteilen ist ja doch für jeden, der sie einmal in der Praxis in größerer Zahl nebeneinandergelegt hat, signifikant. Das bewegt mich auch auf diesem Gebiet.
Ich habe nur versucht, für uns alle darzulegen, was man sich bei Ihrem Entwurf noch alles denken könnte, und habe auf den Unterschied zwischen dem Picksystem und dem Reformsystem hinzuweisen versucht. Wollen wir uns bei den Reformen in vernünftigen, abgewogenen Schritten gemeinsam weiterbewegen!

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Pickmeister Kleinert!)





Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712301900
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache in der ersten Beratung.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage dem Rechtsausschuß zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der heutigen Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG)

— Drucksache 7/2506 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Rechtsausschuß (federführend)

Innenausschuß
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0712302000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Regierungserklärung vom Januar 1973 hat die Bundesregierung gesetzliche Vorschriften über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten angekündigt. Diese Ankündigung wird mit dem Entwurf, der heute dem Bundestag zur ersten Lesung vorliegt, eingelöst.
Die Bundesrepublik betritt mit dem Entwurf gesetzgeberisches Neuland. Angesichts vergleichbarer Regelungen in einer größeren Anzahl ausländischer Staaten, angesichts der gründlichen Erörterungen durch die Wissenschaft und den Deutschen Juristentag im Jahre 1972 sowie im Hinblick auf eine Vorlage der Opposition im letzten Bundestag bin ich jedoch sehr zuversichtlich, daß wir in Bälde zu einer vernünftigen und praktikablen Lösung des Problems kommen werden.
Kern des Problems ist die Erkenntnis, daß alle Anstrengungen zur Verbrechensverhütung und zur Verbrechensbekämpfung die Begehung von Straftaten niemals gänzlich verhindern können. Eine Gemeinschaft, die das Sozial- und Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes ernst nimmt, wird deshalb den Opfern solcher Straftaten gegenüber nicht gleichgültig bleiben können.
Das gilt insbesondere für die Opfer von Gewaltverbrechen. Ihre Folgen treffen häufig nicht nur das Opfer selbst, sondern dessen ganze Familie. Sie können von dem Opfer oder seinen Hinterbliebenen auch nicht in allen Fällen aus eigener Kraft gemeistert werden.
Vor allem genügt es nicht, auf die zivilrechtlichen Vorschriften über den Schadensersatz zu verweisen, wenn der Täter nicht ermittelt werden kann oder wenn er leistungsunfähig ist. Mitunter übersteigt das Ausmaß des angerichteten Schadens auch bei weitem das, was der Täter durch eigene Leistung im Laufe seines ganzen Lebens wiedergutzumachen vermag. Schließlich geraten auch die strafrechtlichen Sanktionen, besonders die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, vielfach mit den Ersatzansprüchen des Opfers in Konflikt. Hier muß die Gemeinschaft in angemessener Weise helfen. Dieses Ziel verfolgt der vorliegende Entwurf.
Er beschränkt sich dabei auf die Opfer der sogenannten Gewaltkriminalität und, von geringen Ausnahmen abgesehen, auf Schäden an Leib und Leben. Auch die Schäden einzubeziehen, die durch reine Vermögensdelikte, etwa durch Betrug, entstehen, ist weder möglich noch zweckmäßig. Hier würde wohl auch die Grenze zu einer allgemeinen Versicherung des Lebensrisikos gegen Schicksalsschläge und gegen Wechselfälle des Alltags überschritten.
Der Entwurf sieht Leistungen in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes vor. Die Bundesregierung hat sich für dieses System entschieden, weil es eine Versorgung gewährleistet, die sowohl dem Prinzip eines gerechten Ausgleichs als auch dem Bedarf des einzelnen Opfers am nächsten kommt. Zugleich wird diese Materie auf diese Weise von vornherein in die Neuregelung der sozialen Rechte mit einbezogen, die mit dem Entwurf des Allgemeinen Teils eines Sozialgesetzbuchs eingeleitet worden ist.
Konkret werden durch den Leistungskatalog des Bundesversorgungsgesetzes die notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit sowie das Recht auf eine angemessene wirtschaftliche Versorgung, und zwar im Falle des Todes auch der Hinterbliebenen, gesichert. Außerdem kommen künftige Verbesserungen des Bundesversorgungsgesetzes automatisch auch den Opfern von Gewalttaten zugute.
Die Bundesregierung hat ferner diesen Anlaß benutzt, eine in der Öffentlichkeit seit langem mit Recht geforderte Verbesserung der Rechtsstellung der sogenannten Nothelfer vorzusehen. Wer bei Unglücksfällen, z. B. Straßenverkehr oder in sonstigen Gefahrenlagen anderen hilft, soll künftig neben den nach der Reichsversicherungsordnung bereits bestehenden Ansprüchen wegen erlittener Gesundheitsschäden auch Anspruch darauf haben, daß ihm Sachschäden, etwa an der Kleidung, und notwendige Aufwendungen ersetzt werden.
Die Kosten des Gesetzes können nur ungefähr angegeben werden. Bei dem geschätzten Betrag von etwa 12 Millionen DM im ersten Jahr nach Inkrafttreten handelt es sich aber um eine Größenordnung, die auch unter Anlegung strengster Maßstäbe vertretbar erscheint.
Dieses Haus hat in den letzten Jahren seine Aufmerksamkeit mit Recht immer wieder der Sorge für den straffällig gewordenen Menschen gewidmet. Im zuständigen Ausschuß wird gegenwärtig der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf einer Strafvollzugsreform beraten. Die heutige Vorlage macht deutlich, daß unsere Sorge in nicht geringerem Maße auch den Opfern von Straftaten gilt. Soziale Gerechtigkeit, Hilfsbereitschaft und Humanität müssen sich gerade den Opfern gegenüber bewähren. Dazu wird die Vorlage der Bundesregierung einen substantiellen Beitrag leisten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)





Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712302100
Damit ist die Vorlage begründet.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Stark.

Dr. Anton Stark (CDU):
Rede ID: ID0712302200
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zu dem nunmehr von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten für die CDU/CSU-Fraktion wie folgt Stellung nehmen.
Wir begrüßen ausdrücklich die Vorlage dieses Entwurfs. Wir bedauern aber gleichzeitig, Herr Minister, daß Sie bzw. Ihre Vorgänger zur Vorlage dieses Entwurfs drei Jahre gebraucht haben. Unsere Fraktion hat bereits durch Anfragen im Jahre 1970 — es war damals die Kollegin Geisendörfer aus der CSU — dieses Problem „auf den Weg gebracht", wie Sie von der Regierungsseite immer so schön sagen.
Nachdem auf diese Anfragen, in deren Beantwortung versprochen wurde, etwa in einigen Monaten werde eine Vorlage kommen, ein Jahr nichts geschehen ist, hat meine Fraktion im Jahr 1971 eine Vorlage eingebracht, die in diesem Hause in der ersten Lesung beraten wurde, zu deren Verabschiedung es dann aber leider nicht mehr kam. Inzwischen sind immerhin drei Jahre vergangen, bis Sie für die nach unserer Auffassung wichtige Materie, die wichtiger als vieles andere ist, was wir in den letzten drei Jahren hier verabschiedet haben, eine Gesetzesvorlage gebracht haben. Ich erinnere z. B. an die Demonstrationsstrafrechtsnovelle oder an das Vierte Strafrechtsänderungsgesetz und andere, entschuldigen Sie, beinahe hätte ich gesagt: Scherze, auf die wir hier sehr viele Monate verwendet haben. Die heutige Vorlage betrifft eine Materie, die längst regelungsbedürftig ist. Das muß zur leidvollen Vorgeschichte dieses Gesetzes gesagt werden.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich nun zum Inhalt des Gesetzentwurfes für meine Fraktion folgendes erklären: Die Regelung der mit diesem Gesetzentwurf angesprochenen Materie ist auch nach unserer Auffassung, wie ich bereits ausgeführt habe, dringend erforderlich. Allzulange ist in unserer Strafrechtspolitik die Diskussion nur um den Straftäter, seine Beurteilung und Verurteilung und seine Behandlung im Strafvollzug gegangen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Ich habe nichts dagegen. Aber die Opfer der Straftaten, vor allem der schweren Straftaten, der Gewalttaten, sind völlig untergegangen. Sie wurden meistens nur einmal erwähnt, nämlich in dem Zeitungsbericht über die Tat. Sie wurden sowohl von den Politikern wie auch von der öffentlichen und der veröffentlichten Meinung dann vergessen und ihrem Schicksal überlassen.
Diesem Sachverhalt will der vorliegende Gesetzentwurf abhelfen. Es muß deutlich werden, daß die vielen tausend Opfer — man spricht von 35 000 bis 40 000 Opfern von Straftaten — in Zukunft, wenn sie sich ansonsten nicht helfen können und sofern die versicherungsmäßigen und gesetzlichen Schadenersatzansprüche nicht zu verwirklichen sind — entweder weil der Täter nicht gefaßt und überführt werden kann oder weil er mittellos ist —, Hilfe vom Staat bekommen und nicht länger mit ihrem Schicksal allein gelassen werden. Der soziale Rechtsstaat hat sich sowohl aus rechtspolitischen wie auch aus sozialstaatlichen Gründen um die Folgen solcher Gewalttaten zu sorgen. Wenn der Staat, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage ist — und es ist seine Hauptaufgabe, die Bürger vor Gewalttaten möglichst effektiv und möglichst umfassend zu schützen —, das zu tun — und man könnte sehr viel darüber nachsinnen, aus welchen Gründen es bei uns immer schwieriger wird, Gewalttaten zu verhindern —, muß er den Opfern dieser Gewalttaten mit einer finanziellen Entschädigung beispringen, soweit eine Entschädigung versicherungsrechtlich oder gesetzlich nicht geregelt ist oder nicht zu verwirklichen ist.
insofern sind wir, glaube ich, erfreulicherweise in diesem Hause inzwischen nach mehrjähriger Diskussion darin einig, daß das Anliegen, das diesem Gesetzentwurf zugrunde gelegt ist, gerechtfertigt ist. Es geht also meines Erachtens nur noch um die Art der Durchführung, um die Trägerschaft und natürlich auch um die Kosten und deren Träger.
Sie alle wissen, daß wir von der CDU/CSU-Fraktion mit unserem Gesetzentwurf im Jahre 1971 eine sogenannte versicherungsrechtliche Lösung über die Unfallversicherung vorgeschlagen haben. Sie, Herr Minister, schlagen nun die Regelung im Rahmen des Bundesversorgungsgesetzes vor. Ich darf Ihnen versichern, daß das für uns keine Grundsatzfrage ist. Wir werden in den Ausschüssen sehr nüchtern zu überlegen haben, welche Regelung im Interesse der Opfer der Straftaten die sinnvollere ist. Uns kommt es vor allem darauf an, daß wir zur Beratung dieses Gesetzes nicht noch einmal zwei oder drei Jahre brauchen und dann vielleicht wieder neu beginnen müssen. Wir geben diesem Gesetz im Interesse der Opfer von Straftaten eine allererste Priorität.
Über eines wird zu reden sein, über die Kosten. Herr Minister, die Bundesregierung hat sehr schlicht und einfach — und von ihrer Seite aus verständlich -- in den Entwurf hineingeschrieben: die Kosten dieses Gesetzes tragen die Länder. Ich persönlich — wir haben das noch nicht völlig ausdiskutiert — bin der Meinung, daß dann, wenn die Regelung im Rahmen des Bundesversorgungsgesetzes kommt, vom sachlichen und vom verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt her der Bund die Kosten tragen muß. Darüber werden wir diskutieren; wir wollen uns hier nicht endgültig festlegen.
Auf eines möchte ich noch hinweisen. So sehr dieser Gesetzentwurf zu begrüßen ist, darf es doch nicht dazu kommen, daß der Gewalttäter, der Straftäter völlig aus der Verantwortung entlassen wird und daß die Wiedergutmachung auf Kosten des Steuerzahlers geschieht. Das wäre unter finanziellen



Dr. Stark (Nürtingen)

Gesichtspunkten, aber auch unter strafrechtspolitischen Gesichtspunkten sehr bedenklich.

(von Schoeler [FDP] : Der Regreß ist doch jetzt drin!)

— Dem Straftäter muß — bei aller Bejahung der Resozialisierung — im Bewußtsein gehalten werden, daß er durch seine Straftat oder seine Gewalttat Mitmenschen rechtswidrig und schuldhaft Schaden zugefügt hat.

(von Schoeler [FDP] : Das sage ich doch!)

— Ja, ich möchte das sehr unterstreichen; ich sage das auch für die rechtspolitische Diskussion, denn es darf auch nach außen nicht so verstanden werden, als würden wir, was die Wiedergutmachung des Schadens anbetrifft, den Straftäter aus seiner Verantwortung völlig entlassen. Ich weiß sehr wohl, was in den Gesetzentwürfen steht. Da brauche ich von Ihnen keinen Hinweis.
Zum Schluß aber noch zwei weitere Anregungen:
Wir sollten im Rahmen der Beratung dieses Gesetzentwurfs und auch der Strafvollzugsreform überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, neben der gesetzlichen Regelung, die wir hier schaffen, einen Fonds einzuführen, an den ,die Geldstrafen und Geldbußen der Straftäter abgeführt werden — statt sie in die Staatskasse fließen zu lassen —, damit aus diesem Fonds — neben den gesetzlichen Leistungen — in besonders schweren Fällen und auch in rechtlichen Grenzfällen den Opfern von Straftaten geholfen werden kann. Ich wundere mich — auch als Anwalt — immer wieder, wie der Staat bei uns darum besorgt ist, „seine" Geldstrafe und seine Kosten hereinzubekommen, wie wenig er sich aber darum kümmert oder bisher gekümmert hat — und deshalb machen wir das Gesetz —, was mit den Schäden der Opfer der Straftaten geschieht. Das ist ein Vorschlag, den ich in der Beratung zu überdenken bitte.
Ein Zweites: Wir müßten daran denken, daß der Straftäter in einer sinnvollen und sein Leistungsvermögen nicht übersteigender Weise von vornherein mit in die Wiedergutmachung des Schadens einbezogen wird. Ich weiß sehr wohl, daß das im Augenblick noch sehr oft an der Mittellosigkeit scheitert. Aber wir müssen im Rahmen der Beratungen des Strafvollzugsgesetzes, wo wir zu einem vernünftigen Entlohnungssystem der Gefangenen für ihre Arbeit in den Gefängnissen kommen wollen, dafür sorgen, daß hier von Anfang an ein Teil zur Wiedergutmachung des Schadens verwendet wird.
Bei diesen beiden Anregungen, meine Damen und Herren, möchte ich es bewenden lassen. Auf alle Einzelheiten des Gesetzentwurfs einzugehen, würde jetzt zu weit führen. Ich weiß sehr wohl, daß wir uns in den Ausschüssen noch über viele Dinge werden unterhalten müssen, über das Subsidiaritätsprinzip, über die Frage, ob Angehörige, die verletzt wurden, mit einbezogen werden sollen. Über all diese Fragen können wir in den Ausschüssen beraten.
Ich darf dem Hohen Hause versichern, daß meine Fraktion an einer zügigen Beratung dieses Gesetzentwurfs interessiert ist und alles dafür tun wird, damit dieser Gesetzentwurf im Interesse der Opfer von Straftaten und Gewalttaten sehr bald verabschiedet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712302300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dürr.

Hermann Dürr (SPD):
Rede ID: ID0712302400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem in der ersten Beratung eines Gesetzes nur die Grundsätze der Vorlagen besprochen werden sollen und nachdem wir in der vergangenen Legislaturperiode, im September 1971, schon über dieses Thema diskutiert haben, braucht mein Beitrag nicht auf alle Gesichtspunkte einzugehen.
Der sozialpolitische Aspekt dieses Gesetzgebungsvorschlags ist von besonderer Bedeutung. Erstmalig soll ein Gesetz geschaffen werden, wonach materielle Nachteile, die ein unschuldiges Opfer einer Gewalttat erleidet, in angemessener Weise ausgeglichen werden sollen. Der staatliche Gesetzgeber dokumentiert damit einmal mehr seine Hinwendung zum sozial Schwachen und Schutzbedürftigen.
Dieses Gesetz ist ein weiterer Beweis für den besonderen Stellenwert, den diese Regierung der Qualität der sozialen Sicherheit einräumt. Dieser Gesichtspunkt des zentralen Interesses sozialdemokratischer Politik an der sozialen Sicherheit tritt vor alle anderen.
Daß sich die Kriminalpolitik dem Opfer einer Straftat zuwendet und eine Regelung erstrebt, die dessen Interessen gerecht wird, ist neu. Bisher war die Neigung, die Rolle des Opfers zu sehen und die Lage des Betroffenen zu erleichtern, gering. Sie wissen aus der Diskussion um den § 218, daß sogar darüber gestritten wurde, ob beim Schwangerschaftsabbruch die sogenannte ethische oder kriminologische Indikation zur Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs führen solle oder nicht. Viele waren der Ansicht, daß die Frau als Opfer einer Gewalttat noch zusätzlich mit Strafe zu belegen sei, wenn sie den Abbruch der ihr durch eine Vergewaltigung aufgezwungenen Schwangerschaft vornehme oder zulasse.
Das Verbrechen ist eine Störung des sozialen Lebens, das nicht nur den geschädigten einzelnen, sondern alle Glieder der Rechtsgemeinschaft angeht. Dies gilt um so mehr, je weniger es möglich ist, von dem Schuldigen den unmittelbaren Ersatz des Schadens zu erlangen. Deshalb ist es angebracht, eine Verpflichtung der Gemeinschaft zur Hilfeleistung für den durch eine Gewalttat geschädigten einzelnen anzunehmen. — Dieser Gedankengang des italienischen Rechtsphilosophen Del Vecchio beschreibt besser als der gar zu einfache Satz, „der Staat, der es nicht fertig bringt, seine Bürger vor Straftaten zu schützen, hat jedenfalls die Opfer angemessen zu entschädigen", die Aufgaben und Möglichkeiten des Staates.
Lassen Sie mich bitte eine besondere Härte des bisherigen Rechtszustandes herausgreifen: Insbesondere wenn das Opfer einer Gewalttat durch das an ihm begangene Verbrechen arbeitsunfähig wird, be-



Dürr
steht die Gefahr, daß dieser Mensch für den Rest seines Lebens auf Sozialhilfeleistungen angewiesen bleibt. Bei Pflichtversicherten ist es zwar häufig so, daß die durch die Gewalttat verursachte Arbeitsunfähigkeit zur Gewährung von einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit führt. Besonders schwierig war es aber bisher für die Opfer von Gewalttaten, die beruflich Selbständige, Hausfrauen oder Schüler waren. Den Opfern von Gewalttaten aus dieser Gruppe wird dieses Gesetz ganz besonders zugute kommen.
Ein Hinweis erscheint mir bereits bei dieser ersten Diskussion erforderlich. Wer an einer Gewalttat mitschuldig ist — etwa deshalb, weil er eine Schlägerei provoziert hat —, kann nicht auf Entschädigung nach diesen Vorschriften rechnen. Die Vermutung, daß künftig nach einer Wirtshausrauferei beide Parteien mit verbundenen Köpfen auf die Behörde marschieren und als angebliche Opfer von Straftaten Entschädigung beantragen, reizt zwar zum Lächeln. Aber eines ist klar: Diese Kampfhähne werden mit diesen Anträgen kein Glück haben.
Nun hat Herr Kollege Dr. Stark wieder ein wenig die Urheberrechtsdebatte angefacht. Das Urheberrecht an Gesetzen über Entschädigung für Opfer von Straftaten

(Vogel [CDU/CSU]: Schon 1873!)

kommt klar und deutlich, Herr Kollege Vogel, dem Gesetzbuch des Hammurabi zu. Dort steht nämlich, daß die Gemeinde des Tatorts die Opfer eines Raubs zu entschädigen hat; eine Lösung, die bei der heutigen Mobilität der Straftäter nicht mehr ganz angebracht ist.
Herr Stark, Sie haben kritisiert, daß der Gesetzentwurf erst jetzt kommt. Da bin ich anderer Meinung. Gerade dann, wenn gesetzgeberisches Neuland betreten wird, erspart gewissenhafte Vorbereitung durch die Bundesregierung dem Parlament im allgemeinen, insbesondere aber dem Rechtsausschuß Zeit und Mühe.

(Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Beherzigt die Bundesregierung diese goldenen Worte bei allen Gesetzesvorlagen? — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Finden Sie drei Jahre nicht etwas lang, Herr Dürr?)

— In diesem Fall nein. Im übrigen kennen Sie die Belastung des Rechtsausschusses genügend, um zu wissen, daß wir uns, wenn dieser Gesetzentwurf ein halbes Jahr früher in erster Lesung behandelt worden wäre, trotzdem hätten sagen müssen, daß er im Rechtsausschuß erst nach Abschluß der Eherechtsreform behandelt werden kann. Soweit sind wir uns wahrscheinlich einig.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was hat das damit zu tun? — Weiterer Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist ohne jeden Zweifel ein zustimmungspflichtiges Gesetz. Deshalb ist die Stellungnahme des Bundesrates im ersten Durchgang von besonderer Bedeutung. In der Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf heißt es, bei der Frage der Kostentragung dürfe man sich nicht von der Kostenschätzung im Betrag von 11,7 Millionen DM im ersten Jahr beirren lassen. Der Bundesrat führt weiter aus:
Darüber hinaus kann eine Ausdehnung des Gesetzes nicht ausgeschlossen werden. Das Gesetz birgt die Gefahr in sich, in Richtung auf eine allgemeine Volksversicherung gegen schwere Unglücksfälle jeder Art im Laufe der Zeit ausgeweitet zu werden.
Der Bundesrat fügt hinzu:
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß mit dem Gesetzentwurf eine Entwicklung eingeleitet wird, deren Kosten weit über die im Regierungsentwurf angegebenen hinausgehen können.
Schließlich zitiert die Ländervertretung einige Sätze, die Ihnen sicher aus der Sitzung des Bundestages vom 17. Mai dieses Jahres noch in Erinnerung sind:
So gut unsere Wirtschaftslage im internationalen Vergleich ist, so wenig dürfen wir daran vorbeigehen, daß die Vorgänge draußen in der Weltwirtschaft von uns eine Besinnung auf das Mögliche verlangen . .. Damit stellt sich schärfer als zuvor die Notwendigkeit, der an den Staat gerichteten Leistungserwartung auch das notwendige Verantwortungsbewußtsein für die Leistungsfähigkeit des Staates wieder an die Seite zu stellen ... Deswegen müssen wir bei der Ausgestaltung der öffentlichen Haushalte — ... nicht nur vom Bund — für 1975 alle übertriebenen Forderungen abwehren .. .
Dieses Zitat aus der Regierungserklärung von Helmut Schmidt und die vorher angeführten Warnungen des Bundesrates legen die Vermutung nahe, die Ländervertretung sei dafür, dieses Gesetz nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zu verabschieden. Aber weit gefehlt! Der Bundesrat bittet die Bundesregierung sogar, im weiteren Gesetzgebungsverfahren darauf hinzuwirken, daß das Gesetz zu einem möglichst frühen Zeitpunkt in Kraft tritt. Die ganzen Warnungen und Beschwörungen des Bundesrates dienen nur zur Begründung der Ansicht, mit den Kosten dieses Gesetzes sollten nicht die Länderhaushalte belastet werden, sondern der Bund solle diese Kosten übernehmen.

(Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Ist das etwas Neues?)

Meine Damen und Herren, wir sind zu jeder Sparsamkeit bereit. Wir lassen auch über eine Bagatellklausel, wie sie der Bundesrat vorschlägt, mit uns reden, obwohl uns die untere Grenze von 500 DM sehr hoch angesetzt zu sein scheint. Es ist uns auch nicht neu, daß in Art. 104 a Abs. 3 des Grundgesetzes die Möglichkeit steht, daß eine Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern erfolgt oder der Bund die Kosten ganz übernimmt. Ich widerspreche aber energisch der Behauptung des Kollegen Stark, nach der Verfassung müsse der Bund diese Kosten tragen. Herr Kollege Dr. Stark, die Kurzformel „Im Falle eines Falles zahlt Hans Apel alles"
8244 Deutscher Bundestag --- 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974
Dürr
steht weder wörtlich noch sinngemäß im Grundgesetz.

(Heiterkeit — Vogel [Ennepetal] [CDU/ CSU] : Aber verdient hat er es! — Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU] : Das ist ein Fraktionsgrundsatz bei Ihnen!)

Im übrigen darf ich hier auf die zutreffenden Ausführungen in der Gegenäußerung der Bundesregierung verweisen.
Es war für Finanzfachleute bisher immer beruhigend, daß die Justiz in Bund und Ländern stets extrem sparsam war. Nun ist aber — darin sind wir uns alle einig — gute Justiz nicht völlig wohlfeil zu haben. Das gilt für dieses Gesetz ebenso wie für die Strafvollzugsreform, und darüber ist Einigung zwischen den Rechtspolitikern vom Bundesjustizministerium über den Bundestag bis zu den Länderregierungen und Länderparlamenten relativ leicht herzustellen. Ich glaube, die Finanzpolitiker sollten unsere gemeinsame Mahnung, nicht am falschen Platz zu sparen, nicht überhören.
Wir betreten bei diesem Gesetz gesetzgeberisches Neuland. Das macht eine besonders gewissenhafte Beratung in den Ausschüssen nötig. Diese wollen wir vornehmen, und wir hoffen, daß dieses Gesetz zu guter Zeit wird verabschiedet werden können.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712302500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Schoeler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0712302600
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Eine gesetzliche Regelung zur Entschädigung der Opfer von Gewalttaten ist von allen Fraktionen dieses Hauses wiederholt gefordert worden. Der Gesetzentwurf, der uns vorliegt, geht von der Überlegung aus, daß diejenigen, die auf Grund einer Gewalttat pflege- oder hilfsbedürftig, ja in manchen Fällen sogar erwerbsunfähig und damit bis an ihr Lebensende nicht nur in ihrer wirtschaftlichen, sondern auch in ihrer sozialen Stellung erheblich benachteiligt sind, vom Staat in Zukunft nicht alleingelassen werden sollen.
Die zweifellos hohe Popularität dieser Forderung hat in der Vergangenheit viele Politiker dazu verleitet, nicht mit der notwendigen Entschiedenheit falschen Erwartungen und nicht erfüllbaren Hoffnungen, die an ein solches Gesetz geknüpft werden, zu begegnen. Wenn auch hier in dieser Debatte wieder von 35 000 bis 40 000 Straftaten, die betroffen sein könnten, die Rede ist, so ist dies falsch. Auch nach der Begründung des Gesetzentwurfs geht es maximal um einige tausend Fälle. Es geht auch nicht um die Entschädigung der Opfer von Straf taten, wie Herr Kollege Stark gesagt hat, sondern es geht nur um die Entschädigung der Opfer von G e w a l ttaten.

(Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Herr Kollege, das sind aber auch Straftaten!)

Ich meine, hier ist die Stelle, deutlich nach draußen die Hoffnungen und Erwartungen zu begrenzen. Deshalb will ich hier eindeutig feststellen: Nach dem vorliegenden Entwurf soll nur derjenige einen Entschädigungsanspruch erhalten, der durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Nur bei einem relativ geringen Teil von Straftaten also sollen die Opfer einen Entschädigungsanspruch haben. Der darüber hinaus in § 2 des Entwurfs vorgesehene Ersatz von Sachschäden ist im Umfange begrenzt. Mit aller Entschiedenheit würden wir Freien Demokraten eine Ausweitung der mit dem Entwurf vorgeschlagenen Entschädigungspflicht ablehnen. Eine allgemeine Versicherung jedes Bürgers gegen die Folgen von Straftaten kommt unseres Erachtens aus grundsätzlichen Überlegungen nicht in Betracht.
Der nun von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf zeigt, daß die lange Diskussion sich gelohnt hat. Im Gegensatz zu der von der Opposition 1971 vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung, die unzureichend war, enthält der Gesetzentwurf der Bundesregierung nun eine genaue Abgrenzung der Anspruchsvoraussetzungen, eine befriedigende Sonderregelung für die Opfer von Verkehrsstraftaten, deren heute schon auf Grund freiwilliger Vereinbarungen der Versicherungswirtschaft gegenüber anderen Opfern von Straftaten verbesserte Position noch weiter ausgebaut werden soll. Der Entwurf enthält jetzt auch eine präzise Abgrenzung des persönlichen und sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes sowie eine unbedingt erforderliche Regelung für den Regreß beim Schädiger. In dieser Frage sind wir uns einig, Herr Kollege Stark, wie ich gehört habe. Nur wundert es mich, daß Sie dieses Erfordernis jetzt so ausdrücklich betonen, während Ihr Gesetzentwurf aus dem Jahre 1971 einen Regreß nicht vorsah.
Besonders begrüßen wir Freien Demokraten die Aufnahme des § 3 in den Gesetzentwurf, nach dem die Entschädigungsleistung in bestimmten Fällen versagt werden kann. Die Gefahr war doch nicht auszuschließen, daß zwielichtige Existenzen die „Rechtswohltat" eines solchen Gesetzes dazu benutzen, ihren Lebensunterhalt durch gegenseitige Verwicklung in Raufhändel auf eine vom Gesetzgeber nicht gewollte neue Grundlage zu stellen. Ob dies durch die vorliegende Fassung völlig ausgeschlossen ist, werden die Beratungen im Rechtsausschuß ergeben müssen.
Allerdings birgt auch dieser Entwurf noch offene Fragen. So werden wir beispielsweise sehr eingehend darüber sprechen müssen, ob die Verweisung auf das Bundesversorgungsgesetz, selbst wenn sie trotz Bedenken unumgänglich sein sollte, und die damit verbundene Zuweisung von Rechtsstreitigkeiten an die Sozialgerichtsbarkeit in ,der praktischen Anwendung nicht zu außerordentlichen Schwierigkeiten führen muß, wenn das Sozialgericht das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung und damit das Vorliegen einer strafbaren Handlung feststellen soll.
Erhebliche Bedenken ergeben sich auch aus den mit dem Entwurf zusammenhängenden finanziellen und damit haushaltspolitischen Fragen. Die Begründung des Regierungsentwurf weist in aller Ausführlichkeit auf die außerordentlichen Schwierigkeiten einer Schätzung der auf Bund und Länder zukom-
Deutscher Bundestag --- 7. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Oktober 1974 8245
von Schoeler
menden Ausgaben nicht nur beim Inkrafttreten des Gesetzes, sondern auch in den folgenden Jahren hin. Der Rechtsausschuß des Bundestags wird prüfen müssen, ob die Grundlage für eine endgültige Verabschiedung des Gesetzes ausreichend ist.
Abschließend möchte ich auf den Zusammenhang mit dem Strafvollzugsgesetz hinweisen, das wir zur Zeit im Strafrechtssonderausschuß beraten. Wenn in dieses Gesetz, einer Forderung der FDP entsprechend — Herr Kollege Starke hat sich eben im gleichen Sinne ausgesprochen —, die Zahlung eines Arbeitsentgelts für Strafgefangene aufgenommen wird, wird den Opfern von Gewalttaten in vielen Fällen, in denen der Gesetzentwurf sich nun bemüht, durch eine direkte staatliche Hilfe Härten auszugleichen, entscheidend geholfen sein. Ich möchte daher diese Gelegenheit benutzen, um an die Bundesländer zu appellieren, ihren Widerstand gegen eine solche Regelung im Strafvollzugsgesetz aufzugeben.
Die Fraktion der FDP stimmt der Überweisung an den Rechtsausschuß zu.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712302700
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache der ersten Beratung. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage an den Rechtsausschuß, federführend, und an den Innenausschuß, den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und den Haushaltsausschuß, mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung, zu überweisen. — Ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf den Punkt 12 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten Strafrechtsänderungsgesetzes
— Drucksache 7/2434 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Sonderausschuß für die Strafrechtsreform (federführend) Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen
Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0712302800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei jedem Verkehrsunfall ist es notwendig, eine Reihe tatsächlicher Feststellungen zu treffen, teils um ungeeignete Fahrer durch Entziehung der Fahrerlaubnis für einige Zeit aus dem Verkehrsgeschehen auszuscheiden, andererseits aber auch deswegen, um die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zu ermöglichen. Wir haben seit langem in unserem Strafgesetzbuch den Tatbestand der Unfallflucht, § 142 StGB. In etwa 30 000 Fällen im Jahresdurchschnitt wird dieser Tatbestand angewendet und führt zur Verurteilung.
In der Praxis sind zwei Zweifelsfragen aufgetaucht, die der Klärung durch den Gesetzgeber bedürfen. Erstens einmal die Frage, ob es genügt, daß jemand zwar am Unfallort verharrt, aber beispielsweise schweigend in der Menschenmenge der neugierigen Zuschauer und nicht zu erkennen gibt, daß er an dem Unfall beteiligt war. Der Entwurf sieht vor, daß in einem solchen Fall der Betreffende nicht nur am Unfallort zu verbleiben, sondern auch auf seine Beteiligung an diesem Unfall aufmerksam zu machen hat.
Eine zweite Lücke hat sich in den Fällen ergeben, in denen sich jemand mit einem rechtfertigenden Grunde — etwa rasche Verbringung eines Verletzten ins Krankenhaus — von der Unfallstelle entfernt hat. Die Frage war, ob er in diesem Falle verpflichtet war, anschließend die Polizeidienststelle aufzusuchen und seine Unfallbeteiligung anzugeben. Auch diese Zweifelsfrage soll durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung geklärt und gelöst werden.
Schließlich — dritter und letzter Punkt —: Es soll die Ermächtigung nach dem Straßenverkehrsgesetz neu gefaßt werden, die es ermöglicht, in der Straßenverkehrsordnung die Pflichten der Verkehrsteilnehmer im Falle eines Unfalles präziser zu regeln.
Insgesamt strebt der Entwurf an, die Folgen der Verkehrsunfälle — etwa 1 Million im Jahr — für die Beteiligten erträglicher zu machen und zu sozial vernünftigeren und gerechteren Lösungen zu kommen.
Ich bitte, der Überweisung an den Ausschuß zuzustimmen. Ich hoffe, daß wir auch bei der Regelung dieser Frage zu einer breiten, vielleicht sogar einmütigen Zustimmung kommen.

(Beifall bei der SPD und FDP)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712302900
Damit ist die Vorlage begründet. Das Wort in der Aussprache wird nicht gewünscht.
Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf an den Sonderausschuß für die Strafrechtsreform — federführend — sowie an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen — mitberatend — zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe den Zusatzpunkt 2 auf:
Beratung des Antrags der Bundesregierung betr. Sonderprogramm zur regionalen und lokalen Abstützung der Beschäftigung nach § 6 Abs. 2 StWG
— Drucksache 7/2589 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Haushaltsausschuß (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Haase.

Horst Haase (SPD):
Rede ID: ID0712303000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Sonderprogramm der Bundesregierung zur Abstützung der Beschäftigung liegt vor; dieses Programm ist dem Bundestag zugeleitet.

(Unruhe bei der CDU/CSU)

— Wenn sich die Kollegen von der CDU geeinigt
haben, werden wir auch klarer sehen, was der



Haase (Fürth)

Zweck dieser Aussprache sein soll. — Der Bundestag hat hier in dieser Frage nur ein Vetorecht. Da der zuständige Wirtschaftsausschuß in der letzten Woche darüber gesprochen und klar zu erkennen gegeben hat, daß seitens der Opposition keine Einwendungen erhoben werden, stellt sich natürlich die Frage: Wozu dann diese Diskussion hier?
Angesichts der Bedeutung dieses Sonderprogramms — das will ich allerdings akzeptieren — ist durchaus eine kurze Diskussion angemessen.

(Zuruf von der CDU/CSU)

— Natürlich, einer kurzen; von mir aus hätten wir darauf verzichten können; Sie wollten die Diskussion haben.
Dieses Programm ist eine Sofortmaßnahme vor allen Dingen im Bereich des Hochbaus. Der Bund stellt gemeinsam mit den Ländern Mittel in Höhe von 950 Millionen DM zur Verfügung — das ist eine ganze Menge —, damit vor allen Dingen den von der Arbeitslosigkeit im Bereich des Baumarkts Betroffenen schnelle Hilfe gewährleistet werden kann. Dieses Programm muß sich — das will ich an dieser Stelle doch einmal deutlich machen — trotz der Schwierigkeiten bewähren, die wir bei der Vorbereitung des Programmes erleben mußten.
Das Programm und die Wirksamkeit des Programmes hängen vor allen Dingen von der Zusammenarbeit und der Koordination zwischen Bund und Ländern ab. Aber wie betragen sich die Länder? Bayern hat gegen das 600-Millionen-DM-Programm des Bundes bereits im Frühjahr Verfassungsklage erhoben. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg erklärt bei der Vorlage des 950-Millionen-DMProgramms, die bundesfreundliche Haltung des Landes Baden-Württemberg müsse überprüft werden. Darüber hinaus waren sich auch die Länder untereinander uneinig: Bayern bezog im Planungsausschuß Stellung gegen das Saarland, Ministerpräsident Filbinger von Baden-Württemberg in der Presse gegen Bayern und Nordrhein-Westfalen. Dazu darf ich aus der „Süddeutschen Zeitung" — mit Genehmingung des Herrn Präsidenten — zitieren:
Filbinger nannte den Verteilungsschlüssel des Konjunkturprogramms, aus dem beispielsweise 61,3 Millionen für Bayern und 95,7 Millionen für Nordrhein-Westfalen vorgesehen sind, völlig ungerechtfertigt.
So sieht das dann aus. Das geht nach der Methode: Saar ohne Bayern, Baden-Württemberg aber mit Nordrhein-Westfalen gegen Schleswig-Holstein oder Bayern mit Niedersachsen gegen Nordrhein-Westfalen, dagegen aber Baden-Württemberg ohne Rheinland-Pfalz gegen Bayern und Nordrhein-Westfalen oder aber Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein gegen den Bund, je nachdem. Das geht alles zu der Melodie, die wir alle ja, nehme ich an, in vorgerückter Stunde kennen: „Wenn der Hund mit der Wurscht übern Eckstein springt". Dieses läßt sich verlängern. Es wird nur deutlich, daß dieses Programm des Bundes trotz dieser Haltung der Länder funktionieren muß. Wir wünschen dem Bund, daß er sich mit diesem Programm genauso erfolgreich wie mit dem 600-Millionen-Programm durchsetzen kann, zumal wenn das Programm noch einige Erfahrungen berücksichtigt, die jetzt sicher in der Praxis gemacht werden.
Meine Damen und Herren von der Fraktion der CDU/CSU, dies ist ganz natürlich. Man kann keinen Trockenschwimmkurs nach dem Motto abhalten: Dann werden wir die Lebensrettung schon vornehmen. Dies alles zeigt sich doch immer erst, wenn man hineingesprungen ist. Hier wird geschwommen, und hier werden auch Erfahrungen gemacht.
Ich möchte für die sozialdemokratische Fraktion sagen: Diese Erfahrungen müssen natürlich bezüglich der Auswertung Folgen haben. Wenn neue Programme gemacht werden — und es besteht ja diese Möglichkeit, daß solche Programme notwendig sind —, werden sie sicher auch mit den Erfahrungen bestückt werden, die man bei den alten Programmen hat machen können. Dies ist eine ganz natürliche Sache und bedarf eigentlich kaum eines Wortes der Kritik, es sei denn, man könnte sagen, wie dies alles bei der Haltung der Länder, die ich geschildert habe, von Anfang an hätte besser gemacht werden können.
Wir stehen natürlich in einer schwierigen Situation. Nicht der generelle Konjunkturabschwung macht uns zu schaffen, wie dies in den Jahren der — ich weiß nicht, ob gewollten — Rezession um 1967 der Fall war, sondern der Konjunkturverlauf, der durch sektorale und regionale Probleme beeinträchtigt wird. Hier geht es darum, trotz eines allgemeinen deutlichen Konjunkturkurses, den die Regierung hält, was richtig ist, in flexibler Weise auf regionale und sektorale Schwächen Einfluß zu nehmen. Aber, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU, Sie sind doch diejenigen gewesen, die immer gesagt haben: Wir wollen gar keine Eingriffe in die Wirtschaft haben.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU] : Fast nicht!)

Dann muß ich Sie doch fragen: Wie wollen Sie denn diese Probleme lösen? Wollen Sie sie mit dem allgemeinen Gerede lösen? Wollen Sie sie lösen, indem Sie einfach die Pleiten mittels Staatsgeldern sanieren? Oder haben Sie tatsächlich Vorstellungen? Ich habe bisher keine gehört. Nur muß man in diesem Zusammenhang natürlich fragen: Wo sind denn da die Alternativen, die Sie aufzeigen sollten, wenn Sie Kritik üben?
Die Aufgabe, in einem regionalen, sektoralen schwächlichen Bereich zu arbeiten und gegebenenfalls mit Hilfe staatlicher Maßnahmen Schwierigkeiten auszuräumen, bedarf des direkten oder indirekten staatlichen Eingriffs. Darüber sind wir uns doch klar. Eben dieses ist der Punkt, nach dem Sie gefragt werden, wenn Sie an diesem Programm Kritik üben. Wir sind der Meinung, daß es eines solchen Instrumentariums bedarf. Aber ich sagte schon vorhin, daß dieses Instrumentarium aus der Erfahrung heraus wachsen muß. Dieses Instrumentarium ist bisher erfolgreich gewesen.
Lassen Sie mich noch zwei Bemerkungen zu den neuen Zahlen der Arbeitslosigkeit und des Preisauftriebs machen, um Ihnen bereits hier auf das zu ent-



Haase (Fürth)

gegnen, was Sie sicher hinterher hier vortragen werden.

(Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Hellseher!)

— Ich kenne doch Ihre Gedanken und weiß, warum Sie dies hier inszeniert haben.

(Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Warten wir ab!)

— So wohlmeinend gut können Sie gar nicht sein. Dies ist eine Frage, die wir differenzierter sehen. Sie wissen genau — und wir sehen dieses Problem mindestens genauso wie Sie —, daß es im Einzelfall ein schwieriges Los ist, arbeitslos zu sein; darüber gibt es gar keine Diskussion. Es geht aber hier nicht um das Einzellos, sondern darum, wie man die Dinge differenziert und vernünftig betrachtet. Man muß sehen, daß wir einen Bereich von 150- bis 200 000 Arbeitslosen auch in Hochkonjunkturzeiten gehabt haben, und diese wollen Sie bitte erst einmal abziehen, weil es eine Frage ist, wie man und ob man diese Leute überhaupt vermitteln kann. Es ist eine Frage der Vermittlungsfähigkeit, es ist kein konjunkturelles Problem.
Zu berücksichtigen ist auch, daß ein Teil der Frauen sich arbeitslos gemeldet hat. Hier muß man natürlich fragen, ob die gerade von Frauen ausgeübte Freizeitbeschäftigung konjunkturell so zu bewerten ist, daß man mit entsprechenden Programmen, die man gar nicht sektoral fassen kann, in diesen Bereich eingreifen kann. Dies ist eine Frage der Globalsteuerung. Hier würde ich aber sehr dringend an das erinnern, was wohl auch Sprecher Ihrer Fraktion im Bundestag immer wieder erklärt haben, die gesagt haben, daß sie dieses Verhalten und die Politik der Bundesregierung durchaus für richtig halten.
Zu den Preisen! Die gestern bekanntgewordene Preissteigerungsrate von 7,3 % ist eigentlich der Beweis dessen, daß es uns in diesem Lande besonders gut geht.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

-- Ich will Ihnen das erklären. Vielleicht lachen Sie dann nicht mehr. Es dürfte Ihnen entgangen sein, daß gerade in diesem und im nächsten Monat sehr deutlich die Preiserhöhungen im Bereich der Urlaubsreisen und Urlaubsgestaltung im Ausland durchschlagen. Dies ist einer der entscheidenden Gründe, der die Zahl auf 7,3 % hinaufgedrückt hat. Natürlich ist im Ausland alles noch teurer geworden als bei uns, und infolgedessen ist dieser Preisaufschwung, den wir zunächst im Inland mit Deutscher Mark zu bezahlen haben, sehr erkennbar. Dies muß man berücksichtigen, wenn man sich über dieses Problem verbreitern will. In der Differenzierung sieht eben doch alles ein bißchen anders aus.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir können im Bundestag wohl auch in Zukunft nicht darüber streiten, ob ein Land mehr oder weniger von diesen Bundesmitteln erhält. Wir können nur sagen: Diese Bundesmittel müssen so verteilt werden
— natürlich zusammen mit den Ländern —, daß sie dort wirken, wo es im Augenblick Schwierigkeiten
geben könnte. Wir meinen, daß insoweit dieses Programm erfolgreich ist, und glauben auch, es wird sich in den nächsten Monaten herausstellen, daß richtig war, was geschehen ist. Deshalb begrüßt die sozialdemokratische Fraktion ausdrücklich das 950-
Millionen-Programm als ein adäquates Mittel zur Begrenzung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in bestimmten Räumen. Dies, meine Damen und Herren, war veranlaßt zu sagen, nachdem Sie gemeint haben, Sie müßten hier diskutieren.

(Beifall bei der SPD)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712303100
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schröder (Lüneburg) .

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0712303200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In meiner Eigenschaft als Mitberichterstatter des Haushaltsausschusses für diese Vorlage hat mich meine Fraktion gebeten, hier einige grundsätzliche Bemerkungen zu der heutigen Vorlage zu machen. Ich habe nicht die Absicht, Herr Kollege Haase, mich in die Reihe der hochqualifizierten wirtschaftspolitischen Sprecher einzureihen. Deshalb will ich auch darauf verzichten, hier eine wirtschaftspolitische Debatte vom Zaune zu brechen.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Das würde Ihnen auch schwerfallen!)

Aber eines lassen Sie mich doch vorweg bemerken. Jene Bagatellisierung der in der Zwischenzeit immerhin auf über 530 000 angestiegenen Arbeitslosen, die Sie hier soeben vorgenommen haben, kann meine Fraktion nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir betrachten diese Zahl mit Sorge. Uns stimmt sie nachdenklich. Im übrigen möchte ich Sie, sehr verehrter Herr Kollege Haase und die Kollegen der SPD, daran erinnern, daß es ja niemand anders gewesen ist als Ihr jetziger Bundeskanzler, der noch vor gar nicht allzulanger Zeit sehr lautstark, wie es bei ihm üblich ist, verkündet hatte, daß bei zwei Prozent die Grenze ist, die eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung nicht mit zu verantworten gedenkt.

(Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: Die wird ja nicht mehr geführt!)

Meine Damen und Herren, bereits am 19. Dezember 1973 und dann erneut am 6. Februar 1974 hatte die Bundesregierung einige Maßnahmen und Sonderprogramme für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen vorgelegt, die darauf ausgerichtet waren, Schwierigkeiten in sektoraler und regionaler Hinsicht in den Griff zu bekommen. Ich glaube, daß wir wohl übereinstimmen, wenn wir heute feststellen, daß diese beiden Maßnahmen und Programme die Beschäftigungsentwicklung in diesen Bereichen nicht in den Griff bekommen haben. Aus diesem Grunde war es offensichtlich notwendig, dieses heutige Sonderprogramm vorzulegen.
Lassen Sie mich dazu einige wenige Anmerkungen machen, wobei ich vorweg noch einmal unterstreichen möchte — ich sehe den Herrn Bundeswirt-



Schröder (Lüneburg)

schaftsminister auf der Regierungsbank daß es
keine Debatte und keine Auseinandersetzung über die grundlegende Richtung der Wirtschaftspolitik gibt. Es kann also keine Debatte darüber geben, daß etwa der generelle Stabilitätskurs, soweit man die Politik der Regierung überhaupt als Stabilitätspolitik bezeichnen kann, hier in Frage gestellt werden soll.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Was würden Sie denn tun, wenn Sie schon so etwas sagen!)

— Lassen Sie mich, Herr Kollege Ehrenberg, zu diesem Sonderprogramm und den regionalen und sektoralen Aspekten deshalb vier Bemerkungen machen.
Erstens. Dieses Programm kommt unserer Auffassung nach zu spät, insbesondere wenn ich auf die ansteigende Zahl von Arbeitslosen, vor allem in den strukturschwachen Gebieten, blicke. Es kommt auch zu spät, wenn ich daran denke, daß aller Voraussicht nach zu befürchten ist, daß dieses Programm überhaupt erst im Jahre 1975, also nicht mehr in diesem Jahr, greifen wird. Ich meine, daß die Regierung sich deshalb überlegen sollte, ob nicht im Eingangsvermerk zu diesem Gesetzentwurf eine Bestimmung eingefügt werden sollte, nach der die Auftragsvergabe entsprechend der Begründung bis zum 31. Dezember dieses Jahres und beim Modernisierungsprogramm bis zum 31. März 1975 erfolgen muß. Nur so kann doch überhaupt erreicht werden, daß die Zielvorstellungen, die in diesem Programm entwickelt sind, verwirklicht werden.
Zweitens. Dieses Programm ist offensichtlich etwas überhastet entstanden, weil ,der Bund einseitig die Förderungskriterien festgelegt und teilweise die mühsam errungenen Prioritätsentscheidungen der Länderparlamente und Landesregierungen im Ausgabenbereich wegen des sich selbst gesetzten Zeitdrucks nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Drittens. Das Schwergewicht der Infrastrukturverbesserungen sowie ,der sonstigen Fördermaßnahmen sowohl im Teil A als auch im Teil B des Programms liegen zu einem erheblichen Ausmaß in Ballungsgebieten. Das widerspricht nicht nur den gemeinsamen Grundsätzen der Regional- und Raumordnungspolitik von Bund und Ländern, sondern hier werden auch die einleitend so nachdrücklich apostrophierten Arbeitslosenkriterien für die Auftragsvergabe zumindest nicht voll und eindeutig eingehalten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0712303300
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schachtschabel?

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0712303400
Jawohl.

Dr. Hans Georg Schachtschabel (SPD):
Rede ID: ID0712303500
Herr Kollege, haben Sie die Freundlichkeit, mich darüber aufzuklären, ob Ihnen der Passus in der Drucksache 7/2589 bekannt ist, in dem es heißt:
... das Vorliegen hinreichend vorgeplanter Maßnahmen, die bis 31. Dezember 1974 ... zu Auftragsvergaben führen .. .
Ist Ihnen dieser Passus bekannt? Wenn ja, frage ich Sie, warum Sie dann Ihre Bemerkung bezüglich der Terminierung der Aufträge angebracht haben.

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0712303600
Herr Kollege, dieser Passus ist mir sehr wohl bekannt. Ich weiß aber aus den Ausführungsverordnungen beispielsweise in meinem Heimatbereich, daß es sich hier — zumindest ist es offensichtlich von den anwendenden Verwaltungsbehörden so verstanden worden — um eine Soll-Vorschrift und nicht um eine MußVorschrift handelt. Mir ging es darum, mit meiner Bemerkung darauf hinzuwirken, daß es sich hier ganz klar und unzweideutig um eine Muß-Vorschrift handeln muß, wenn dieses Programm in absehbarer Zeit wirken soll.

(Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

-- Herr Kollege Ehrenberg, ich komme nicht aus Oldenburg.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Ich weiß es!)

Lassen Sie mich noch eine weitere Bemerkung hinzufügen und ein Problem ansprechen, das unserer Auffassung nach von haushaltspolitischer Relevanz ist. Im Gegensatz zu den finanzstärkeren Ländern verfügen die finanzschwächeren Länder, wie Sie wissen, nicht über ausreichende Mittel der stillgelegten Investitionssteuer zur Finanzierung ihres Eigenanteils am Teil A dieses Programms. Daher sollen sie durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung ermächtigt werden, zur Finanzierung ihres Fehlbedarfs die Konjunkturausgleichsrücklage 1969, 1970 und 1971 anzugreifen. Dies führt jedoch insbesondere bei den finanzschwächeren Ländern dazu, daß sie am Tag X, wenn nämlich tatsächlich in erheblichem Umfange allgemeine konjunkturbelebende Programme erforderlich und vorgelegt werden, nicht über ausreichende stillgelegte Mittel verfügen, sofern nicht die finanzstärkeren Länder bereit sind, Mittel an die finanzschwächeren Länder abzutreten.

(V o r s i t z: Vizepräsident Frau Funcke)

Die Bundesregierung hätte deshalb — Herr Kollege
Ehrenberg, lassen Sie mich diesen Gedanken noch
zu Ende führen, damit Sie richtig einhaken können
dafür Sorge tragen müssen, daß schon jetzt beim 950-Millionen-DM-Programm ein angemessener Ausgleich zwischen den Ländern erfolgt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712303700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0712303800
Selbstverständlich!

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0712303900
Durch diese Ausführungen haben Sie mir die Frage, die ich Ihnen stellen will, noch leichter gemacht. Wären Sie und Ihre Fraktion bereit, Ihren Ministerpräsidenten Filbinger, der für Baden-Württemberg mehr und nicht weniger aus diesem Programm wollte, darüber aufzuklären, wie sich die Finanzlage der Länder von Nord nach Süd darstellt?




Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0712304000
Herr Kollege Ehrenberg, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion läßt sich bei der Beurteilung dieses Problems nicht von partikularen Interessen, sondern von gesamtwirtschaftlichen Aspekten leiten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich -- insbesondere aus meiner Sicht als Mitglied des Haushaltsausschusses — noch eine letzte Bemerkung anfügen. In der Überschrift dieses Konjunkturprogramms wird auf § 6 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes Bezug genommen. In der Begründung des Antrags der Bundesregierung ist allerdings von dem, was § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes als Voraussetzung für das Wirksamwerden bestimmter Maßnahmen — so auch dieser Maßnahmen — vorschreibt, überhaupt keine Rede. Ich will damit sagen, daß diese Vorlage keine Absicherung durch das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz findet. Herr Kollege Ehrenberg, Sie wissen noch besser als ich, daß in § 1 dieses Gesetzes ausdrücklich davon die Rede ist, daß eine „gefährdende Abschwächung der allgemeinen Wirtschaftstätigkeit" Voraussetzung für das Wirksamwerden bestimmter Maßnahmen ist. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, und die Bundesregierung argumentiert ja auch bewußt dahin gehend, daß davon keine Rede sein könne, sondern daß es sich eben um ein sektorales und regionales Sonderprogramm handelt. Herr Kollege Ehrenberg, diese Bemerkung ändert nichts daran — damit komme ich zum Schluß —, daß dieses Programm — freilich unter Bedenken — unsere Zustimmung findet. Ich bringe diese Bedenken nicht zuletzt deshalb vor — dies sage ich weniger im Blick auf das Finanzministerium als vielmehr im Blick auf das Wirtschaftsministerium, das ja nicht das erste Mal dabei ist, uns in eine Grauzone finanzieller Leistungen des Bundes hineinzuführen — —

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712304100
Herr Kollege, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ehrenberg?

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0712304200
Er hatte sich schon wieder gesetzt. Deshalb dachte ich, seine Meldung sei überholt. Bitte schön!

Dr. Herbert Ehrenberg (SPD):
Rede ID: ID0712304300
Ich möchte, anknüpfend an Ihre letzte Bemerkung, folgende Frage stellen. Kann ich Ihre Interpretation so verstehen, daß man erst eine allgemeine Rezession veranstalten muß, um das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz anwenden zu können? Sind nicht auch Sie der Auffassung, daß partielles Vorbeugen durchaus im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes liegt?

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0712304400
Herr Kollege Ehrenberg, ich habe nicht ohne Grund betont, daß ich diesen Punkt aus der Perspektive des Haushaltsausschusses und auch des Haushaltsrechtes angesprochen habe, weil es hier darum geht, daß wir es als Parlament in unserer Gesamtheit — ich meine, daß wir diese Frage unabhängig von der Zugehörigkeit zu Opposition oder Regierungsfraktionen betrachten müssen — auf die Dauer nicht zulassen sollten, daß Grauzonen finanzieller Leistungen herbeigeführt werden;

(Beifall bei der CDU/CSU — Ehrenberg [SPD] : Das Programm liegt doch hier auf dem Tisch!)

denn dieses Gesetz — Ihrer Feststellung habe ich entnehmen können, daß Sie hier mit mir übereinstimmen — ist weder durch das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz — es werden nämlich die Voraussetzungen nicht erfüllt — noch durch die allgemein üblichen haushaltsrechtlichen Regelungen abgedeckt.

(Abg. Haase [Fürth] [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ich bin im Schlußsatz.
Ich erwähne das deshalb, meine Damen und Herren, weil wir ja erst in diesen Tagen ein zweites Beispiel dieser Art, nämlich das Verstromungsgesetz, beraten haben, mit dem ebenfalls eine solche Grauzone zusätzlicher Leistungen, die eigentlich in den Haushalt gehört, geschaffen wird. Hiervor möchten wir die Bundesregierung mit allem Nachdruck warnen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, insbesondere diese letzten Bemerkungen durchaus ernst zu nehmen; denn die Opposition ist bereit, daraus Konsequenzen zu ziehen. Ich meine, daß die Regierung die Verpflichtung hat, insbesondere auch eine Ergänzung des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes vorzuschlagen, damit wir eben, Herr Kollege Ehrenberg, eine echte gesetzliche Absicherung solcher Maßnahmen haben, die wir ja beide

(Zuruf des Abg. Ehrenberg [SPD])

übereinstimmend durchaus für notwendig halten.
Trotz dieser Bedenken, meine Damen und Herren, wird die CDU/CSU-Fraktion dieser Vorlage ihre Zustimmung geben. damit wenigstens etwas in Richtung auf die sektoral und strukturell gefährdeten Gebiete geschieht.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712304500
Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.

Hans-Günter Hoppe (FDP):
Rede ID: ID0712304600
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Interesse der Sache möchte ich zu dieser Zeit keine Schärfe mehr in die Debatte bringen; sonst müßte ich auf den verehrten Kollegen Schröder antworten: Grauer geht es nicht.
Meine Damen und Herren, das vorgelegte Sofortprogramm der Bundesregierung spricht für sich. Vielleicht ist das der Grund dafür, daß die Regierung glaubt, auf eine Begründung verzichten zu können. Aber da ich den Bundeswirtschaftsminister auf der Regierungsbank sprungbereit sehe, darf ich davon ausgehen, daß er zumindest zu der nicht sehr überzeugenden Kritik der Opposition noch einige abschließende Bemerkungen machen wird.
Meine Damen und Herren, das Konzept der Regierung — so darf ich für die Fraktion der Freien De-



Hoppe
mokraten erklären — zeichnet sich durch Treffsicherheit und Schnelligkeit aus. Es ist eine angemessene Antwort auf die regionalen und sektoralen Notstände. Es zielt in einen Wirtschaftsbereich und es zielt in Gebiete, in denen die Arbeitslosigkeit ein kritisches Niveau erreicht hat.
Die Bundesregierung hat zu Recht die Gefahr ernst genommen, die von dort für unsere Stabilitätspolitik ausgehen kann. Das Programm ist deshalb der gelungene Versuch, die globale Konjunkturpolitik dort durch gezielte Maßnahmen zu ergänzen, wo sie bestimmte Branchen und Regionen über Gebühr stark belastet. Es geht darum, die aus den strukturellen Anpassungsprozessen entstehenden Risiken so zu begrenzen, daß sich aus ihnen keine Gefährdung der Gesamtwirtschaft entwickeln kann. Unser Wirtschaftsminister hat hierfür den treffenden Ausdruck „Abfedern" benutzt.
Meine Damen und Herren, das Programm ist aber nicht nur zielgerecht, sondern auch treffsicher angelegt. Wir wissen, daß es durch eine Belebung der Bautätigkeit zu der erwünschten Ausstrahlung auf andere Wirtschaftsbereiche kommen wird. Durch beschränkte Ausschreibung wird sichergestellt, daß die Aufträge auch wirklich in den betreffenden notleidenden Regionen verbleiben. Dieses Verlangen ist besonders nachhaltig aus dem Zonenrandgebiet laut geworden. Dem kommt die Vorlage in vollem Umfange nach.
Schließlich werden durch dieses Programm, wie schon beim 600-Millionen-DM-Programm im Frühjahr des Jahres, insbesondere solche Investitionen gefördert, die den Wohn- und Freizeitwert der Gemeinden heben. Das ist, so meinen wir, ein willkommener Beitrag zur regionalen Strukturverbesserung.
Herr Kollege Schröder, ich habe hier noch einmal das Frühjahrsprogramm genannt. Ich hoffe, der Wirtschaftsminister wird Sie davon überzeugen können, daß Ihre Behauptung, das neue Programm komme zu spät, geradezu absurd ist. Es kommt — auch das werden Sie sich sagen lassen müssen — gerade zur rechten Zeit, um im richtigen Augenblick Anschluß an bereits laufende Maßnahmen zu finden. Wäre es früher gekommen, wären mit diesem Angebot ganz sicher einige Bürokratien und einzelne Regionen überfordert worden.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Aber manche wären froh gewesen!)

Das Programm zeichnet sich besonders durch seine Unmittelbarkeit aus. Alle Länder haben erkannt, daß jetzt nicht die rechte Zeit ist, sich über die Frage zu streiten, wer was auf dem Gebiet regionaler Wirtschaftsentwicklung tun darf. Im Interesse der Sache wird es zu einem programmatischen Verfahren kommen.
Die Abwicklung erfolgt zügig, jedenfalls nach der Planung der Bundesregierung, wie sie in dieser Vorlage ihren Ausdruck gefunden hat. Es bleibt zu hoffen und zu wünschen, daß die Bürokratien auch tatsächlich in der vorgesehenen Zeit diesem Anspruch gerecht werden.
Die Aufträge sollen bis zum 31. Dezember vergeben sein. Selbst für das Modernisierungsprogramm des Wohnungsbauministeriums gilt der 31. März nächsten Jahres bereits als letzter Termin. Damit wird dem Anspruch auf schnelle Hilfe auch in diesem Bereich voll Rechnung getragen.
Alle, die Verantwortung tragen, werden sich für die Durchführung des Programms einzusetzen haben, egal welcher politischen Couleur sie angehören. Der Bauwirtschaft und den notleidenden Regionen ist ganz gewiß nicht mit einem Parteienstreit über die Aufteilungsquote geholfen. Es kommt darauf an, daß wir schnell und wirksam handeln. Die Bundesregierung hat hier ein entscheidendes Zeichen gesetzt. Deshalb sollten wir die Kritik aus den Reihen der Opposition, wie sie heute aus einigen Ländern erschallt, nicht überbewerten. Im Finanzplanungsrat — daran darf ich noch einmal erinnern — haben alle Länder den Kriterien der Aufschlüsselung und Verteilung zugestimmt, ich sage: alle Länder, so daß sich die Kritik, die jetzt zu hören ist, vor diesem Hintergrund etwas seltsam und oft sehr parteipolitisch gequält ausnimmt.

(Zuruf des Abg. Schröder [Lüneburg])

Oder es ist — lassen Sie mich das so milde behandeln, Herr Kollege Schröder — ein bildungspolitisches Problem: hier kommen politische Spätentwickler zum Zuge, die jetzt Kritik äußern, obschon sie vorher gemeinsamen Willen zur Lösung der anstehenden Probleme bekundet haben. Ihnen selbst muß ich sagen: Sie haben die Notsituation in regionalen und sektoralen Bereichen treffend gekennzeichnet und geraten deshalb mit sich in Widerspruch, wenn Sie gleichzeitig bestreiten, daß die von der Regierung vorgesehene Anwendung des Stabilitätsgesetzes auch tatbestandsmäßig ist. Ich würde aber auch auf Grund der haushaltspolitischen Verantwortung, die wir gemeinsam zu tragen haben, mit Ihnen sagen, daß wir bei einer Fortentwicklung des Stabilitätsgesetzes prüfen sollten, ob nicht tatsächlich auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Notwendigkeit besteht, unser Instrumentarium dem differenzierten Wirtschaftsprozeß anzupassen. Es wäre nicht auszuschließen, daß wir sonst mit einer sehr pauschalen Gesetzesformulierung einmal in Schwierigkeiten geraten könnten. Andererseits darf tatsächlich nicht zugelassen werden, daß mit dem Anspruch stabilitätspolitischer Maßnahmen das Haushaltsrecht des Parlaments unterlaufen wird.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712304700
Das Wort hat der Herr Bundesminister Dr. Friderichs.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0712304800
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Ich will nur noch kurz auf diese Vorlage und auf die dazu gemachten Bemerkungen eingehen. Die Bundesregierung hat in der Drucksache, die Ihnen vorliegt, dargelegt, warum sie der Auffassung ist, daß dies nach § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes erfolgt. Es ist soeben auch durch



Bundesminister Dr. Friderichs
Zwischenfragen noch einmal dargelegt worden, daß
der § 1 ja auch eine präventive Möglichkeit bietet,

(Wehner [SPD] : Sehr richtig!) und die ist angewendet worden.

Nun kann man sicher, Herr Abgeordneter Schröder, über diese Frage streiten. Ich bin nun der Meinung, daß Sie dann, wenn Sie persönlich oder die ganze Opposition der Meinung sind, § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes sei nicht erfüllt oder hier nicht anwendbar, konsequenterweise Ihre Zustimmung versagen müssen, denn dann sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, und man kann der Opposition gar nicht zumuten, gegen ein Gesetz zu verstoßen. Das ist unmöglich. Wenn Sie sagen: das ist nicht erfüllt, müssen Sie konsequenterweise auch sagen: wir lehnen das ab.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Ich hätte dafür volles Verständnis; das ist Ihre Entscheidungsfreiheit. Diese Vorlage gründet auf § 1 des Stabilitätsgesetzes, und wer sagt: der liegt nicht vor, muß konsequenterweise nein sagen, wobei es sich natürlich nicht um ein Gesetz handelt, sondern um eine Vorlage der Bundesregierung.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Aber in der Grauzone der Lüneburger Heide ist das nicht so ganz klar!)

Ich will zu dem zweiten Punkt etwas sagen. Die Frage „zu spät?" ist eine Ermessensfrage. Ich will Ihnen offen sagen, daß ich nicht früher wollte und mein Kollege Apel auch nicht, und das sind ja die beiden nach § 6 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes zuständigen Bundesminister. Warum? Weil dieses Programm eben nicht ein Herumwerfen der Stabilisierungspolitik ist — die geht vielmehr konsequent weiter —, weil wir aber nach der Sommerpause — und die haben wir bewußt abgewartet — prüfen wollten, ob eine Abfederung in bestimmten Regionen und Sektoren erforderlich wird. Wir kamen dann zu diesem Ergebnis und haben es getan.
Nun kommt aber die Frage: Ist der Zeitpunkt denn dann richtig? Herr Abgeordneter Schröder, ich bin der Meinung, er ist deswegen richtig, weil wir mit diesem Programm den nahtlosen Anschluß an das Programm vom 6. Februar finden. Dieses Programm ist im Laufen und ich werde mich auch gleich zu Ihren Bedenken äußern, wie langsam das alles gehe, wobei Sie den 31. Dezember für das jetzige Programm herangezogen haben.
Das Programm vom 6. Februar ist per 9. Oktober, also per vorgestern, abgerufen mit 48,1 %

(Wehner [SPD] : Hört! Hört!)

von den 300 Millionen sind also bei uns im Ressort 48,1 °/o abgerufen. Das bedeutet: die Maßnahmen sind am Laufen; denn es wird ja nach dem Baufortschritt abgerufen. Die Abrufquoten schwanken zwischen den einzelnen Bundesländern zwischen 20 % und 58,3 % der verfügbaren Mittel. Ich kann aber jetzt schon sagen, daß offensichtlich für das gesamte Programm die Voraussetzung der Auftragsvergabe bis zum Stichtag und des ersten Abrufs der Mittel bis zum 30. September erfüllt ist, so daß wir
jetzt, wenn Sie die Termine beachten, mit dem zweiten Programm den nahtlosen Anschluß finden. Denn die Anträge für das zweite Programm müssen bei der Bundesregierung bis zum 5. November vorliegen. Sie können früher eingereicht werden; dann geht das Verfahren schneller.
Wir haben, was sicher auch einmalig oder erstmalig ist, mit den Ländern vereinbart, daß die Projekte, wenn sich der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesfinanzminister bis zum 21. November nicht äußern, genehmigt sind. Das heißt, wir haben zum erstenmal den Tatbestand, daß Schweigen als Zustimmung gilt, weil wir eben in unserem Kompetenzbereich den ganzen Behördenapparat so kurz anbinden wollten wie irgend möglich.
Zum ersten Programm muß ich Ihnen sagen: Wir hatten beim letzten Mal als Abgabefrist für die Anträge den 31. März. Ob Sie es glauben oder nicht, bis 10. April waren die Dinge draußen. Sie sehen also, daß hier durchaus zügig gearbeitet wird. Ich sage noch einmal, daß wir damit den unmittelbaren Anschluß finden. Im übrigen sind alle diese Dinge mit den Länderwirtschaftsministern und im Finanzplanungsrat mit den Länderfinanzministern im Detail besprochen worden, in einer — das muß ich ausdrücklich sagen — im großen und ganzen hervorragenden Kooperation.
Dann hat es eine Kritik gegeben, die Sie indirekt ein wenig übernehmen. Sie sagen: Die Mittel gehen zu sehr in die Ballungsräume. Sie müssen den Charakter des Programms sehen. Der Charakter ist eben nicht einfach eine Aufstockung der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe. Dann hätten wir das auf andere Weise machen können. Den Charakter dieses Programms habe ich mit meinen Länderkollegen — erst auf Abteilungsleiterebene und dann in einer Ministerbesprechung — sehr ausführlich erörtert. Wir haben uns dort auf folgende Kriterien geeinigt: 50 % der Mittel nach dem Programmteil A werden nach dem Anteil eines Landes an den absoluten Arbeitslosenzahlen bemessen, und 50 % der Mittel werden bemessen nach dem Anteil der Länder an den Gemeinschaftsaufgaben neuer Prägung ab 1. Januar 1975. In dieser Neuabgrenzung haben wir zum ersten Mal — ich wünschte die Europäische Gemeinschaft hätte eine solche Regionalpolitik — drei Kriterien zugrunde gelegt, nämlich die Einkommensdisparität zum Bundesgebiet — also eine entscheidende strukturelle gesellschaftspolitische Komponente —, die Infrastrukturdisparität und ein Arbeitsplatzdefizit, und zwar einen sogenannten Arbeitsplatzkoeffizienten struktureller Art. Das heißt, in dieses Sonderprogramm fließt akut die Arbeitslosenziffer ein — das nannte der Abgeordnete Hoppe „abfedern" —. Aus der strukturellen Komponente fließt dreierlei herein: Einkommensdisparität, Infrastrukturdisparität und noch einmal der negative Arbeitsplatzkoeffizient, so daß auch hier diese Komponente noch einmal mit hereingeht. Ich glaube, daß es gelungen ist, hier wirklich ein sehr, sehr an der Sache und an modernen Erkenntnissen regionaler und sektoraler Strukturpolitik ausgerichtetes Einmalprogramm zu machen, dem ich insofern auch einen gewissen Testcharakter beimesse.



Bundesminister Dr. Friderichs
Richtig ist, daß durch die Komponente Arbeitslosenziffer Ballungsgebiete berücksichtigt werden; denn wir haben Ballungsgebiete, in denen die Arbeitslosenziffern höher sind als in schwachstrukturierten Räumen. Nur dadurch kommt es auch, daß die Länderquote von der Quote im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe erheblich abweicht. Das haben wir aber mit den Ländern besprochen. Nur ein Land ist — zum Teil durch spätere Pressekampagnen polemischer Art — dagegen Sturm gelaufen. Das ist das Land Baden-Württemberg,

(Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

weil in der Tat das Land Baden-Württemberg nur mit einer sehr geringen Quote beteiligt ist.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich halte das für sehr gut. Ich will Ihnen auch erklären, warum. Ich halte das für sehr gut, weil wir uns mit den Länderwirtschaftsministern auf diese Kriterien geeinigt haben. Bei Anlage dieser Kriterien kommt für Baden-Württemberg nicht mehr heraus. Ich halte nichts davon, immer mit der Gießkanne über das Land zu gehen, wenn man gezielte Maßnahmen durchführen will.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich will Ihnen klar sagen, warum Baden-Württemberg zahlenmäßig so schlecht dabei wegkommt. Baden-Württemberg ist das einzige Land, in dem die Zahl der offenen Stellen höher ist als die Zahl der Arbeitslosen im Bauhauptgewerbe. Dies war eines der Kriterien.

(Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Eines, aber nicht alles! Baden-Württemberg hat doch auch ein Infrastrukturdefizit!)

— Entschuldigen Sie bitte, genau diese 50 %-Komponente Infrastruktur bekommt Baden-Württemberg voll. Dadurch bekommt es die 12 Millionen DM. Über die Arbeitslosenzahl bekommt es praktisch nichts, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Alle anderen Länder fanden diese Kriterien tadellos. Wir haben uns geeinigt, nur — —

(Zuruf von der SPD: Aber Herr Filbinger doch nicht! — Zurufe von der CDU/CSU)

— Bitte, entschuldigen Sie. Sie sehen doch daran, daß das überhaupt nichts mit Parteipolitik zu tun hatte. Das waren ganz sachliche, ökonomische Daten. Es wäre doch geradezu grotesk, wenn Sie in ein Land, das mehr offene Stellen im Bauhauptgewerbe hat als Arbeitslose, mit einem Sonderprogramm Hochbau hineingingen, nur weil da irgendwelche merkwürdigen Paritäten zu halten sind. Das verantwortet dieser Minister nun wirklich nicht mehr; das kann man einfach nicht machen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich will eins hinzufügen. Wenn man ein bißchen durchleuchtet, weiß man nämlich, daß die Arbeitslosen, die beispielsweise im Baugewerbe im Bayerischen Wald gemeldet sind, zu einem erheblichen Teil Arbeiter sind, die als Pendler in Baden-Württemberg gearbeitet haben. Ich würde es für falsch halten, mit einer Investitionsspritze nach Baden-Württemberg zu gehen, um das Pendlerdasein wieder in Bewegung zu setzen. Dann halte ich es allerdings für richtiger, im Bayrischen Wald mit den Mitteln Hochbaumaßnahmen durchzuführen und dort die Beschäftigung zu bieten, wo die Menschen leben, statt diese Menschen durch ein Sonderprogramm aus der Familie herauszureißen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Das waren ganz einfache, nüchterne Überlegungen. Ich habe für diese merkwürdige Polemik überhaupt kein Verständnis, zumal man weiß, in welcher Sachlichkeit die Kollegen Wirtschafts- und Finanzminister das beraten und sich auf die Kriterien geeinigt haben. Nun gut, aber es ist manchmal so, daß man Kriterien für richtig hält, und wenn man hinterher auf die Landkarte schaut, plötzlich merkt, daß man davon keinen Vorteil hat. Aber dann muß man doch zu dem Beschluß stehen und das auch draußen vertreten. Deswegen habe ich für das, was dort unten läuft, überhaupt kein Verständnis. Aber lassen wir das; wir führen das Programm so durch. Alle anderen Länder sind ja auch damit einverstanden.
Sie sehen ja auch an den Mitteln, die in die einzelnen Länder gehen, daß das mit früheren Verteilungsschlüsseln à la Gemeinschaftsaufgabe, Bevölkerungsanteil, Industriedichte gar nichts zu tun hat. Die Philosophie des Programms ist eine andere. Wenn Herr Filbinger dagegen polemisiert, hat er offensichtlich die Philosophie entweder nicht verstanden oder er polemisiert wider besseres Wissen gegen das Programm. Diese beiden Möglichkeiten hat er; er kann sich eine nach freier Wahl davon aussuchen.
Nun haben Sie gesagt: diese armen Länder usw. usf., die da nicht ihre Komplementärmittel anbieten können. Auch darüber haben wir mit den Ländern ausführlich diskutiert. Das war die Zuständigkeit des Kollegen Apel; er hat das im Finanzplanungsrat getan. Und nun will ich Ihnen sagen, was dabei herauskam. Für den Bund ist die Finanzierung über die Investitionsteuer unproblematisch; denn wir haben an Investitionsteuer fast so viel bei der Bundesbank liegen, wie wir zur Finanzierung dieses Programms benötigen. Die Länder insgesamt haben auch genug Investitionsteuer. Aber die Länderanteile decken sich nicht mit den Verteilungsquoten. Vor dem Problem standen wir.
Die Lage ist so, daß die Überschußländer über 54 Millionen DM mehr Investitionsteuer bei der Bundesbank haben, als benötigt wird. Die schwachen Länder haben 83,5 Millionen DM zuwenig Investitionsteuer. Daraufhin haben wir gesagt: Wollt ihr das nicht unter euch ausgleichen? Wollen nicht die Investitionsteuerüberschußländer die Investitionsteuerdefizitländer mit den entsprechenden Mitteln ausstatten? Das wäre für die Bundesregierung das allereinfachste Verfahren gewesen. Deswegen haben wir es vorgeschlagen.
Ich will nur eine Zahl nennen. Baden-Württemberg hat z. B. einen Überschuß an Investitionsteuer von 34,5 Millionen DM. Wenn es den zur Verfügung gestellt hätte, hätten die anderen Länder ihre Programme aus Investitionsteuer finanzieren können.



Bundesminister Dr. Friderichs
Dazu waren die Überschußländer nicht bereit. Daraufhin haben wir gesagt: Gut, dann bieten wir den schwachen Ländern — weil wir eure Probleme kennen — an — aber auch nur diesen , aus der obligatorischen Konjunkturausgleichsrücklage den Teil abzurufen, der zur Komplementärfinanzierung bei ihnen fehlt. Wir haben ihnen eben nicht zumuten wollen, das über die allgemeinen Haushalte oder über Nachtragshaushalte zu finanzieren; sondern wir sind den komplizierten Weg der Auflösung eines Teils der Konjunkturausgleichsrücklage wegen dieser Länder gegangen.
Herr Abgeordneter Schröder, nun muß ich Ihnen etwas dazu sagen: Dazu brauchen Sie § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes. Die Länder wären ohne Inanspruchnahme des Kapitalmarktes sonst eben leider nicht in der Lage gewesen, mitzufinanzieren. Ich hätte es nicht für korrekt gehalten, daß wir die schwach strukturierten Länder in dieser Lage nun noch einmal doppelt gekniffen und sich die reichen Länder ins Fäustchen gelacht hätten, weil sie auf die Investitionsteuer hätten zurückgreifen können. Man muß doch die Dinge so sehen, wie sie sind, und deswegen sind wir diesen Weg gegangen.
Nun sagen Sie, dies sei eine neue Grauzone. Ich überlasse das Ihrer Beurteilung, was Sie als Grauzone empfinden. Ich glaube, diese Vorlage ist sauber formuliert, sie ist absolut transparent. Sie können nachlesen, wieviel in welches Land geht für welche Maßnahmen. Es ist alles konkret aufgezeichnet, nicht so wie früher einmal beim Gasgeben alles pauschal, und, Herr Abgeordneter Schröder, es ist nicht so wie beim Gasgeben nach 1966/67, daß die Maßnahmen erst in der nächsten Hochkonjunktur wirksam werden. Wir haben ausdrücklich gesagt: 1. Die Ausschreibung muß — nicht soll — bis zum 31. Dezember erfolgt sein, sonst klappt der Mittelabruf nicht. 2. Die Baumaßnahmen sollen — hier ist die Soll-Vorschrift — spätestens bis zum 31. Dezember 1975 fertiggestellt sein.
Damit haben wir zwei Ziele verfolgt: Erstens wollten wir nicht in einen nächsten Konjunkturaufschwung hineinlaufen, und zweitens wollten wir durch die kurze Fristsetzung der Fertigstellung erreichen, daß es sich nicht primär um Großprojekte handelt, sondern primär um mittlere und kleinere Bauvorhaben, weil die mittlere Bauindustrie und Bauwirtschaft im Moment am stärksten betroffen ist und weil sie sich an den ganz großen Projekten im allgemeinen nicht beteiligen kann. Wir haben also auch noch eine Größenstrukturkomponente eingebaut über die Fristsetzung und über die Möglichkeit der beschränkten Ausschreibung der Gemeinden, was zur Folge hat, daß endlich einmal ortsansässige mittlere Firmen mit der Auftragsvergabe bedacht werden, so daß die ortsansässigen, nicht in Beschäftigung stehenden Bauarbeiter beschäftigt werden und nicht über das Hereinströmen von Großfirmen aus Ballungszentren die Möglichkeit besteht, in den schwach strukturierten Räumen die Arbeit den mittleren Betrieben dort wegzunehmen. Das ist alles einmal zusammen zu sehen, und ich glaube, daß man daher dieses Programm vorzeigen kann, daß es gut ist und daß man es nicht mit dem Titel „Grauzone" belegen sollte, es sei denn, Sie sind der Meinung, die Gemeinschaftsaufgabe als Ganzes sei eine Grauzone. Darüber kann man diskutieren, denn die Transparenz der Gemeinschaftsaufgabe für die Parlamente auf den Ebenen Länder und Bund ist schwieriger als die klare Zuordnung: nur Bundeskompetenz oder nur Landeskompetenz.
Ich will heute und hier auf das Verstromungsgesetz nicht eingehen. Dazu haben wir Zeit, wenn es verabschiedet wird, und dort haben Sie Gelegenheit, Ihre Kritik anzubringen. Sie werden auch dort die Gelegenheit haben, dagegen zu stimmen und zu sagen, wie Sie sich den Einsatz von 35 Millionen Tonnen deutscher Steinkohle zur Verdrängung des Ols aus der Stromproduktion vorstellen. Sie werden dann Gelegenheit haben, zu sagen, wie Sie sich auf Dauer die Energiesicherung dieses Landes vorstellen. Wir haben eine klare Vorstellung, und diese haben wir Ihnen in Form eines Gesetzes vorgelegt. Ich werde bei der Debatte auch klar sagen, welche Regelung ich noch sympathischer gefunden hätte. Ich werde dann auch sagen, an wem sie gescheitert ist, und darüber können wir ja hier diskutieren.

(Dr. Ehrenberg [SPD] : Dafür stimmen und dagegen reden!)

Eine letzte Bemerkung zum Stabilitäts- und Wachstumsgesetz. In der Tat ist zu prüfen, ob und wann wir dieses Gesetz novellieren. Ich glaube sicher, daß wir uns, wenn es novelliert wird, auch mit dem § 1 beschäftigen werden, jedenfalls dann, wenn die Opposition weiterhin sagt, der § 1 biete keine Möglichkeit einer präventiven Politik.

(Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

Wenn dies Ihre Meinung ist, müssen wir den § 1 ändern, denn ich bin nicht bereit, Verantwortung für die Wirtschaft in diesem Lande zu tragen, wenn ein präventives Vorgehen in diesem Bereich nicht möglich ist. Das können Sie uns nicht zumuten.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

Die Regierung war aber der Meinung — und ich glaube, sie ist gut beraten —, man solle die Novellierung des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes nicht anpacken in einer besonders schwierigen wirtschaftspolitischen Lage, denn immer dann, wenn man das in einer solchen Lage tut, kommt es zu sehr einseitigen und nicht ausgewogenen Formulierungen. Das wäre so gewesen, wie wenn wir Ihrem seinerzeitigen Rat gefolgt wären und das Energieprogramm im letzten Winter fortgeschrieben hätten. Wahrscheinlich müßten wir es dann jetzt schon wieder ändern, weil sich niemand des Eindrucks der damaligen Akutsituation hätte entziehen können. Wir sind sehr wohl dabei, die Arbeiten an diesem Gesetz fortzuführen. Warum ich beim Stabilitäts- und Wachstumsgesetz etwas zögere, will ich Ihnen offen sagen. Wenn wir das novellieren, müssen wir uns auch auf einer ausreichenden wissenschaftlichen Basis mit den Problemen der Indexierung, der Regelmechanismen und all



Bundesminister Dr. Friderichs
der Dinge auseinandersetzen können, die die moderne Volkswirtschaftswissenschaft uns an die Hand gegeben hat. Wir müssen aber ausreichend Zeit haben zu prüfen, ob sie so sind, daß sie nicht nur theoretische Denkmodelle, sondern in der politischen Praxis anwendbar sind. Wenn dies alles geprüft ist, werden wir ohne Hast und Hektik, aber zum richtigen Termin selbstverständlich an die Novellierung herangehen. Zeitdruck bekommen wir nur, wenn Sie weiterhin sagen: Du darfst dieses Gesetz nicht präventiv anwenden. Dann stehen wir unter einem massiven Zeitdruck. Aber wir werden ja an Ihrem Verhalten zu dieser Vorlage erkennen, ob dies nur eine Bemerkung war oder ob das Ihre wirkliche Auffassung ist.
Denn wenn Sie — ich muß das zum Schluß noch einmal sagen — diese Vorlage nicht als vom § 1 gedeckt ansehen, könnten Sie ihr, weil sie gesetzwidrig wäre, gar nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0712304900
Meine Damen und Herren! Das Wort wird nicht mehr gewünscht.
Der Ältestenrat empfiehlt, den Gesetzentwurf an den Haushaltsausschuß — federführend -- und an den Wirtschaftsausschuß — mitberatend — zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Wir sind damit am Ende unserer Tagesordnung. Ich berufe das Haus auf Mittwoch, den 16. Oktober 1974, 13.30 Uhr zur Fragestunde ein. Die Sitzung ist geschlossen.