Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 25. September 1974 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gruhl, Volmer, Biechele, Ey, Dr. Prassler, Dr. Stavenhagen, Susset, Tillmann und der Fraktion der CDU/CSU betr. Umweltaufklärung— Drucksache 712523 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/2575 verteilt.Der Staatsminister im Auswärtigen Amt hat mit Schreiben vorn 19. September 1974 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Berger , Wohlrabe, Kunz (Berlin) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Diskriminierungen des Flugverkehrs von und nach Berlin (West)— Drucksache 7/2522 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/2582 verteilt.Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat mit Schreiben vom 27. September 1974 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgende, bereits verkündete Verordnung keine Bedenken erhoben hat:Verordnung des Rates über die Durchführung bestimmter Beschlüsse des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Finnland eingesetzten Gemischten Ausschusses, die Zollregelungen zum Gegenstand haben– Drucksache 7/1814 —Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 25. September 1974 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif— Drucksache 7/2273 —Verordnung des Rates über den Abschluß eines Briefwechsels betreffend Artikel 3 des Protokolls Nr, 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Portugiesischen Republik— Drucksache 712308 —Verordnung des Rates zur dritten Verlängerung der Verordnungen (EWG) Nr. 2313/71 und 2823/71 über die zeitweilige teilweise Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Wein mit Ursprung in und Herkunft aus Algerien, Marokko, Tunesien und der Türkei— Drucksache 7/2327 —Verordnung des Rates zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 1267/69 zur Festlegung der Sonderbestimmungen, die bei der Einfuhr von unter die Verordnung (EWG) Nr. 1059/69 fallenden Waren aus Griechenland in die Gemeinschaft anwendbar sind— Drucksache 7/2357 —Verordnung des Rates über die Erhöhung des Gemeinschaftszollkontingents, das durch Verordnung (EWG) Nr. 3591/73 vom 28. Dezember 1973 für Rohmagnesium der Tarifstelle 77.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs eröffnet ist— Drucksache 7/2401 —Entscheidung des Rates vom 6. Juni 1974 über die Anpassung der wirtschaftspolitischen Leitlinien für 1974— Drucksache 7/2452 — Verordnung des Rates über die Anwendung der Empfehlung Nr. 1/74 des Gemischten Ausschusses zur Festlegung der Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen im Zollbereich zur Anwendung des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Ägypten— Drucksache 7'2455 —Verordnung des Ratesüber die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines autonomen Gemeinschaftszollkontingents für Ferrosilizium der Tarifstelle 73.02 C des Gemeinsamen Zolltarifs für das Jahr 1974über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines autonomen Gemeinschaftszollkontingens für Ferrosiliziummander Tarifstelle 73.02 D des Gemeinsamen Zolltarifs für das Jahr 1974über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines autonomen Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 0,10 Gewichtshundertteilen oder weniger und an Chrom von mehr als 30 bis 90 Gewichtshundertteilen der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs für das Jahr 1974über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 4 Gewichtshundertteilen oder mehr der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs für das Jahr 1974Drucksache 7/2470 —Verordnung des Rates zur Aufstockung des durch die Verordnung (EWG) Nr. 3593/73 vom 28. Dezember 1973 für das Jahr 1974 eröffneten Gemeinschaftszollkontingents für bestimmtes Sperrholz aus Nadelholz der Tarifnummer ex 44.15 des Gemeinsamen Zolltarifs-- Drucksache 7/2481 —Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 2. Oktober 1974 unter Bezugnahme auf 9 19 Abs. 6 des Postverwaltungsgesetzes den Geschäftsbericht der Deutschen Bundespost über das Rechnungsjahr 1973 übersandt. Der Bericht liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf: Fragestunde— Drucksache 7/2584 —Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auch in dieser Woche abweichend von den Richtlinien für die Fragestunde zwei Fragestunden mit einer jeweiligen Dauer von 90 Minuten durchzuführen. Nach § 127 der Geschäftsordnung muß diese Abweichung von der Geschäftsordnung beschlossen werden. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.Damit können wir nun in die Fragestunde eintreten. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Frau Abgeordnete Dr. Walz hat gebeten, die von ihr eingereichte Frage schriftlich beantwortet zu bekommen; dem wird entsprochen. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit
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8082 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenauf. Herr Staatssekretär Wolters steht uns zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Freiherr Spies von Büllesheim wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Frage 3 ist von der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister eingebracht:Wie beurteilt die Bundesregierung die neue niederländische Regelung, wonach bei jeder Fernsehwerbung für Süßigkeiten im Interesse einer breiten Karies-Prophylaxe gleichzeitig eine überdimensionierte Zahnbürste gezeigt werden muß, und es verboten ist, Süßwarenwerbung im Fernsehen vor 20 Uhr und unter Mitwirkung von Kindern unter 14 Jahren zu zeigen, und würde sie ähnliche Regelungen auch in der Bundesrepublik Deutschland für geeignet halten?Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Die Bundesregierung begrüßt die Zielsetzung der vom niederländischen Werberat für Rundfunk- und Fernsehwerbung im Juli 1974 aufgenommenen Werbebeschränkungen für Süßwaren. Ob allerdings der Inhalt und die Ausgestaltung dieser Maßnahme im einzelnen geeignet sein werden, den gewünschten Erfolg herbeizuführen, bleibt abzuwarten. Die Bundesregierung wird die hierbei gewonnenen Erfahrungen abwarten.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung diese Maßnahmen in den Niederlanden etwas kritisch betrachtet, welche konkreten Maßnahmen zur Selbstbeschränkung bei der Werbung für Süßwaren würde sie dann der Industrie vorschlagen, nachdem sie bei der Neuregelung der Werbung für Tabakwaren einen Zusammenhang zwischen Werbung und Konsumverhalten grundsätzlich angenommen hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich meine, daß man die beiden Sachverhalte nicht so miteinander vergleichen kann, wie Sie das in Ihrer Frage dargestellt haben. Man muß sicher differenzieren zwischen der Gesundheitsgefährdung durch Tabakwaren auf der einen Seite und der Gesundheitsgefährdung durch Süßwaren auf der anderen Seite. Aber unabhängig von dieser Differenzierungsnotwendigkeit könnten sich Selbstbeschränkungen — die Sie im übrigen in Ihrer nächsten Frage ansprechen — vor allem darauf beziehen, daß sich die Werbung für Süßwaren nicht in erster Linie an Kinder richtet oder daß sie inhaltlich beispielsweise keinen verführerischen Charakter hat. Dabei muß man all die Schwierigkeiten, einen solchen Begriff einigermaßen sicher zu beschreiben, bedenken.
Sie haben noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, aus dem ersten Teil Ihrer Antwort möchte ich entnehmen, daß die Bundesregierung die sich aus dem ständig steigenden Zuckerkonsum ergebenden Gesundheitsgefahren als weniger gravierend ansieht als die gesundheitlichen Folgen des Rauchens. Gehe ich da mit Ihnen konform?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, zunächst einmal muß man wohl davon ausgehen, daß Tabak ein Genußmittel ist, zu dessen Aufnahme keinerlei physiologische Notwendigkeit besteht, während es sich bei Süßwaren, also bei Zucker, um ein Nahrungsmittel handelt, dessen Aufnahme in der einen oder anderen Form, nämlich in der Form von Kohlehydraten, physiologisch erforderlich ist. Im wesentlichen auf diesen Unterschied habe ich in dem ersten Teil meiner Antwort abgehoben.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Riedel-Martiny.
Herr Staatssekretär, wie bewertet die Bundesregierung in dem hier angesprochenen Zusammenhang grundsätzlich ihre Pflicht, den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zu sichern, im Verhältnis zu dem Recht der Werbewirtschaft auf Berufsausübung und freie Meinungsäußerung?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat bei verschiedenen Gelegenheiten sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, daß im Falle eines Interessenkonflikts zwischen gesundheitspolitischen Überlegungen auf der einen und wirtschaftspolitischen Überlegungen auf der anderen Seite im Zweifel den gesundheitspolitischen Überlegungen der Vorrang einzuräumen ist. Nur hat eine solche abstrakte Aussage für sich genommen einen begrenzten Wert, weil es im Einzelfall darauf ankommt, das Ausmaß eines solchen Interessenkonflikts zu erfassen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihm abzuhelfen. Dies wäre immer dann, wenn eine Gesundheitsgefährdung auftritt, in erster Linie jedenfalls gesundheitliche Aufklärung. Daran hätte sich dann die Folgeüberlegung zu knüpfen, ob diese gesundheitliche Aufklärung vor dem Hintergrund einer bestimmten Werbung wirksam sein kann.
Ja, meine Damen und Herren, ich sehe, auf die Dauer wird uns alles genommen, was das Leben versüßt.
Ihre nächste Frage, Frage 4:Hält die Bundesregierung im Hinblick auf die jüngst vom Deutschen Bundestag trotz der praktizierten Selbstbeschränkung der Industrie beschlossenen Werbeeinschränkungen für Tabakerzeugnisse auch in der Bundesrepublik Deutschland eine Selbstbeschränkung der Süßwarenindustrie bei ihrer Fernsehwerbung, soweit sie sich an Kinder richtet, für notwendig?Herr Staatssekretär!
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8083
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine freiwillige Werbebeschränkung der deutschen Süßwarenindustrie, die sich darauf richtet, Kinder nicht mehr als Zielgruppe einer Werbung für Süßigkeiten anzusprechen, würde von der Bundesregierung begrüßt werden.
Haben Sie Zusatzfragen? — Bitte!
Wäre die Bundesregierung bereit, einen bestimmten finanziellen und zeitlichen Prozentsatz der Werbung für gesundheitserzieherische und gesundheitsaufklärerische Maßnahmen vorzuschreiben, zumal, wie soeben schon in der Zusatzfrage angeklungen ist, die Werbung generell auch in gesundheitspolitisch kritischen Bereichen, z. B. bei Süßwaren, Alkohol und Tabak, aus Gründen der Marktwirtschaft und wegen der Chance, allmählich zu gesundheitlich weniger belastenden Produkten zu kommen, nicht verbannt werden sollte?
Frau Kollegin, die Courtoisie gegenüber Damen hat mich daran gehindert, Sie mitten im Satz zu unterbrechen. Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich bei der Formulierung der Zusatzfragen an die Geschäftsordnung hielten.
Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wenn man Gesundheitsgefährdungen durch bestimmte Werbeaussagen entgegenwirken will, kann zur Auflage gemacht werden, daß auf diese Gesundheitsgefährdungen hingewiesen wird, so wie es auch denkbar ist vorzuschreiben, daß Abhilfemöglichkeiten in die Werbeaussagen aufgenommen werden müssen. Dies ist im Ansatz der Weg, der in dem Entwurf für die Arzneimittelgesetzgebung, den die Bundesregierung vorgelegt hat, beschritten wird. Allerdings besteht aber auch ein erheblicher Unterschied zwischen Arzneimitteln und Süßwaren.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, eventuell aus dem Steueraufkommen aus solchen etwas kritischen Produkten wie Tabak, Alkohol und Zucker einen gewissen Prozentsatz für eine derartige Antiwerbung zur Verfügung zu stellen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, es wird Ihnen bekannt sein, daß die Bundesregierung erhebliche Mittel für die gesundheitliche Aufklärung aufwendet, speziell auch für solche Aufklärung, die sich gegen die Gefahren des Tabaks auf der einen Seite und gegen die Gefahren einer
Ernährung, die mit einem zu hohen Konsum von Süßwaren verbunden ist, richtet. Es würde den üblichen Prinzipien der Haushaltsgestaltung völlig widersprechen, wenn man einzelne Aufkommen, einzelne Einnahmen in der engen Weise zweckgebunden verwendete, wie Sie es soeben vorgeschlagen haben.
Frau Kollegin, Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung prinzipiell der Meinung, daß freiwillige Selbstbeschränkungen ausreichen, um den Gesundheitsschutz zu gewährleisten, oder strebt sie längerfristig gesetzliche Regelungen auf diesem Gebiet an?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, die Bundesregierung geht davon aus, um nicht alles, was das Leben versüßt, zu verbieten, daß man sich einer diffenzierten Betrachtungsweise
befleißigen sollte, so daß man zunächst Erfahrungen aus Selbstbeschränkungen abwartet und danach erst beurteilt, ob diese Maßnahmen ausreichend sind.
Herr Kollege!
Herr Staatssekretär, liegen der Bundesregierung überhaupt wissenschaftliche Unterlagen vor, wonach Süßigkeiten gesundheitsgefährdend sind, und sind dabei ausschließlich ZuckerSüßigkeiten oder aber auch Cyclamate-Süßigkeiten berücksichtigt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es gibt eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen, die zumindest den Kausalzusammenhang zwischen Süßwaren und der Häufigkeit von Kreislauferkrankungen eindeutig belegen.
Die Frage 5 ist von dem Herrn Abgeordneten Immer eingebracht:
Inwieweit ist die Bundesregierung in der Lege und bereit, die Erforschung von Diagnose und Therapie psychischer Erkrankungen ebenso zu fördern wie bisher schon andere Bereiche der Human-Medizin?
Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat nur begrenzte Möglichkeiten, die Forschung in den Bereichen Diagnostik und Therapie psychischer Erkrankungen zu fördern. Dies ist zunächst wesentliche Aufgabe der wissenschaftlichen Einrichtungen und von Förderungsinstitutionen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Bundesregierung hat jedoch ein erhebliches Interesse daran, daß gerade auf dem hier angesprochenen Gebiet auch ein hohes Niveau erreicht wird. Sie hat
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8084 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974
Staatssekretär Dr. Woltersdeshalb die breit angelegten Arbeiten der Sachverständigenkommission zur Erarbeitung einer Enquete über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik in vollem Umfang gefördert. Darüber hinaus fördert sie Einzelprojekte, aus denen direkt oder mittelbar Erkenntnisse für die Behandlung psychisch Kranker zu erwarten sind.
Herr Kollege, Sie haben Zusatzfragen, bitte!
Wenn ich richtig verstanden habe, ist einiges geschehen. Teilen Sie trotzdem die Auffassung vieler Fachärzte im psychiatrischen Bereich, daß seit Sigmund Freud in dieser Disziplin nichts Wesentliches weiterentwickelt worden ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In dieser Form würde ich die Auffassung nicht teilen: daß sich seit Sigmund Freud auf diesem ja relativ großen Gebiet auch an Forschungsergebnissen nichts ergeben hätte. Ich würde aber einer Aussage zustimmen, daß es einen besonderen Nachholbedarf an Forschungsergebnissen auf diesem Gebiet gibt.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Würden Sie auch der Meinung zustimmen, daß bei der Ausbildung der Ärzte im allgemeinen Psychiatrie meistens nur als Behandlungsmethodik erfahren wird, und müßte nicht darauf gedrungen werden, daß dieses für den Bereich der Humanmedizin in der Ausbildung breiter angelegt wird?
Dr. Wolters, Staatssekretär im Bundesministerium für .Jugend, Familie und Gesundheit: Ich würde Ihnen auch zustimmen, daß der Problemkreis psychosomatischer Erkrankungen — dies wäre ein erheblich weiter greifender Begriff als der der psychischen Erkrankungen — größeren Raum in der Ausbildung der Ärzte bekommen muß. Aus dieser Erkenntnis hat die Bundesregierung bereits Konsequenzen gezogen bei der Erarbeitung einer neuen Approbationsordnung.
Sie wollten eine Zusatzfrage stellen, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, den Kollegen Immer darauf hinzuweisen, daß er in der von dem Bundestagskollegen Picard gegründeten „Aktion psychisch Kranke", der zahlreiche Abgeordnete aller Fraktionen dieses Hauses angehören, mitarbeiten kann, nicht nur um seinen Informationsstand zu verbessern, sondern um sich auch für dieses Anliegen, von dem er eben gesprochen hat, einzusetzen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich habe
Zweifel, Herr Abgeordneter, ob ein solcher Hinweis in die Kompetenz der Bundesregierung fiele.
Die nächste Frage ist die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Immer:
Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, daß die Resozialisierung und Rehabilitierung von psychisch Erkrankten nach ihrer Heilung eher erschwert bzw. fast immer unmöglich ist, und was gedenkt sie dagegen zu tun?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Rehabilitation und damit auch die Wiedereingliederung psychisch Kranker in die Gesellschaft ist ein Teilgebiet der umfassenderen Reform der Versorgung psychisch Kranker, die von der Bundesregierung mit der Einsetzung einer Sachverständigenkommission in Angriff genommen worden ist. Über den derzeitigen Sachstand gibt der Zwischenbericht der Kommission und die Stellungnahme der Bundesregierung Aufschluß. Ich verweise auf die Bundestagsdrucksache 7/1124.
Die Bundesregierung ist im Rahmen ihrer Zuständigkeiten bemüht — und diese Zuständigkeiten sind begrenzt —, eine schnelle Besserung zu erreichen. Allerdings darf nicht verschwiegen werden, daß der auf Vorurteilen beruhende, in der Bevölkerung weit verbreitete Vorbehalt gegenüber diesen Erkrankten ein wesentliches Hindernis ihrer Wiedereingliederung darstellt. Maßnahmen zum Abbau dieser Vorurteile hat die Bundesregierung eingeleitet, um neben den mehr das Angebot betreffenden Einzelhilfen zur Rehabilitation, wie z. B. Übergangswohnheime, Tages- und Nachtkliniken, die Wiedereingliederung in die Gesellschaft besser als bislang zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Sofortprogramm der Bundesregierung, das in der vorgenannten Bundestagsdrucksache veröffentlicht ist, hinweisen.
Keine Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 7 des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf:
Welche Gründe haben den Staatssekretär im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, Professor Dr. Wolters, veranlaßt, in seinem Briefwechsel mit dem Stellvertreter des Ministeriums für Gesundheitswesen der Deutschen Demokratischen Republik den Namen einer Bundesanstalt zu ändern und auf das Wort „Deutsch" bei der Bundesanstalt „Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information in Köln° zu verzichten?
Herr Staatssekretär, ich frage allerdings, ob die beiden von dem Herrn Abgeordneten gestellten Fragen in der Beantwortung gegebenenfalls verbunden werden sollen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich würde sie gerne zusammen beantworten, Herr Präsident.
Der Fragesteller ist offensichtlich auch einverstanden. Ich rufe also auch die Frage 8 des Herrn Abge-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8085
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausenordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf:Beabsichtigt die Bundesregierung, die Bezeichnung der Bundesanstalt „Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information in Köln" dahin gehend zu ändern, daß künftig das Wort „Deutsch" entfällt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Infolge eines Übertragungsfehlers bei der Redaktion des Abkommenstextes ist die im Briefwechsel vom 25. April 1974 enthaltene Bezeichnung des Deutschen Institutes für medizinische Dokumentation und Information unrichtig. Über die Notwendigkeit der Berichtigung besteht Einverständnis zwischen beiden Delegationen. Das Berichtigungsverfahren ist eingeleitet und wird in Kürze abgeschlossen werden. Eine Änderung der Bezeichnung „Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information" ist nicht beabsichtigt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Antwort schließen, daß dann im Original des Briefwechsels die volle Bezeichnung „Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information" enthalten ist, oder ist bereits dort im Original der Übertragungsfehler zu suchen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Fehler ist dort zu suchen. Deswegen — das ging im übrigen aus meiner Antwort hervor — wird die notwendige Richtigstellung durch ein Berichtigungsprotokoll erfolgen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird der Öffentlichkeit dieses Berichtigungsprotokoll ebenso im Bulletin der Bundesregierung bekanntgemacht, werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das kann man ohne weiteres tun.
Ich rufe die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Wolfram auf. — Der Herr Kollege ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Möhring wird vom Bundesminister für Wirtschaft beantwortet.
Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, nach Inkrafttreten des neuen § 184 StGB „Verbreitung pornographischer Schriften" zum Schutz der Jugend künftig außer der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften auch den Kirchen und allen freien Vereinigungen der Jugendwohlfahrt das Recht einzuräumen, Indizierungsanträge zu stellen?
Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Dr. Jobst! Die Neufassung des § 184 StGB im Rahmen des Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Arbeit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Die Errichtung und Tätigkeit dieser Bundesoberbehörde beruht auf dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften. Dieses hat durch das Vierte Strafrechtsreformgesetz zwar einige — teils sachliche, teils redaktionelle — Verbesserungen erfahren, ist in seinen wesentlichen Bestimmungen aber nicht verändert worden.
Nach diesem Gesetz stellt nicht die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften sogenannte Indizierungsanträge. Sie hat über Anträge zu entscheiden, die zur Zeit von den obersten Jugendbehörden der Länder gestellt werden.
Über die Ergebnisse dieses Verfahrens wird auf einer in Kürze stattfindenden Konferenz mit den obersten Jugendbehörden der Länder beraten werden. Daneben wird zu prüfen sein — und danach —, ob Verbesserungen notwendig sind. Gegebenenfalls ist in diese Überlegungen auch eine Erweiterung der Antragsbefugnis einzubeziehen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß die Bundesregierung ein besseres Bild über das, was jugendgefährdend ist, erhält, wenn an diesem Verfahren mehrere Institutionen beteiligt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Beteiligungsmöglichkeit mehrerer Institutionen ist selbstverständlich jetzt schon gegeben, weil alle diese Institutionen die Möglichkeit haben, sich an die antragsberechtigten Jugendbehörden der Länder zu wenden. Ich hatte ja gesagt, daß in die Beratungen über die Effektivität des Verfahrens die Überlegung einbezogen wird, ob diese Art der Beteiligung ausreichend ist.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ich darf also davon ausgehen, daß die Bundesregierung prüft, ob die von mir angesprochenen Verbände, insbesondere die Kirchen, an diesem Verfahren beteiligt werden sollten?
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8086 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung wird prüfen, ob eine Erweiterung der Antragsbefugnis sinnvoll ist.
Ich rufe die Frage 12 der Frau Abgeordneten Schleicher auf:
Treffen Pressemeldungen zu, die ärztliche Vorprüfung und den ersten Teil der ärztlichen Prüfung könnten auch Kandidaten bestehen, die mit 99 Fragen kaum ein Drittel aller gestellten Fragen richtig beantworten, und wann wird erkennbar sein, welche Auswirkungen dieses Prüfungsverfahren auf die Qualität der ärztlichen Ausbildung hat?
Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Schleicher! § 14 Abs. 5 der Approbationsordnung für Ärzte regelt, daß die schriftliche Prüfung bestanden ist, wenn der Anteil der von dem Prüfling richtig beantworteten Fragen nicht mehr als 18 °/o unter der durchschnittlichen Prüfungsleistung der Prüflinge des jeweiligen Prüfungstermines im gesamten Bundesgebiet liegt oder wenn der Prüfling mindestens 50 % der Fragen zutreffend beantwortet hat.
In der amtlichen Begründung zu dieser Vorschrift ist seinerzeit ausdrücklich gesagt worden, daß durch die Wahl eines relativen Bewertungssystems der Tatsache Rechnung getragen werde, daß mit den schriftlichen Prüfungen nach dem AntwortWahl-Verfahren etwas Neues in die staatlichen Prüfungen im Medizinstudium eingeführt werde. Es bestünden keine ausreichenden Erfahrungen, die der Festsetzung von absoluten Bewertungszahlen hätten zugrunde gelegt werden können. Auch ist angenommen worden, daß die neue Prüfungsart den Prüflingen zunächst Schwierigkeiten machen würde.
Die von Ihnen, Frau Abgeordnete, zitierten Pressemeldungen gehen von rein theoretischen Überlegungen aus, für die weder durch die Praxis solcher Prüfungen im Ausland noch durch die erste nach diesem Verfahren in der Bundesrepublik durchgeführte Prüfung irgendwelche Anhaltspunkte gegeben sind. Die Erfahrungen aus den USA z. B. haben gezeigt, daß im Regelfall 55 bis 60 % der Prüfungsfragen richtig beantwortet werden. Bei den erstmals durchgeführten schriftlichen Prüfungen nach der neuen Approbationsordnung für Ärzte im August dieses Jahres sind bei der ärztlichen Vorprüfung im Durchschnitt 69 %, beim ersten Abschnitt der ärztlichen Prüfung 72 % der Fragen richtig beantwortet worden.
Da es sich hier um ein für die Bundesrepublik Deutschland neuartiges Verfahren der Prüfungen im Medizinstudium handelt, wird die Entwicklung sehr sorgfältig beobachtet. Dies gilt selbstverständlich insbesondere auch für die Auswirkungen dieses Prüfungsverfahrens auf die Qualität der Ausbildung.
Der Zeitraum für die Beurteilung dieser Auswirkungen ist jedoch zu kurz. Es kann aber schon heute gesagt werden, daß eine positive Auswirkung dieses Prüfungsverfahrens in jedem Falle darin liegt, daß die Ausrichtung des Medizinstudiums an den Erfordernissen der schriftlichen Prüfung zu einer Konzentration auf die wesentlichen Ausbildungsinhalte zwingt.
Eine Zusatzfrage? — Bitte!
Ist das jetzt obligatorische Verfahren nicht vielleicht doch der praktischen Medizin wesensfremd, da es entscheidende Bereiche ungeprüft lassen muß? Und wird es dann nicht über kurz oder lang auch sogenannte Gegenstandskataloge geben, an denen sich die zu Prüfenden dann orientieren könnten?
Herr Staatssekretär, ich darf darauf hinweisen, daß die Frage nach meiner Meinung etwas den Rahmen der ursprünglich gestellten Frage überschreitet. Ich möchte es aber Ihnen überlassen, ob Sie auf Grund Ihrer Sachkunde jetzt antworten wollen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich will versuchen, die Frage zu beantworten. Gegenstandskataloge, die sowohl die in der Approbationsordnung vorgeschriebenen Ausbildungsinhalte wie auch die Prüfungserfordernisse, mit denen der Prüfling zu rechnen hat, konkretisieren, gibt es ja; sie haben für beide Prüfungsbereiche vorgelegen, bevor in diese Prüfungen eingetreten worden ist.
Sie haben darüber hinaus die Frage angesprochen — so habe ich Sie jedenfalls verstanden —, inwieweit man durch diese Form der Prüfungen, die zunächst einmal eine ganz wesentliche Objektivierung des Prüfungsablaufs garantiert, dem praktischen Ausbildungsinhalt beim Medizinstudium hinreichend Rechnung tragen könnte. — Dem ist selbstverständlich — auch nach den Vorschriften der Approbationsordnung — unabhängig von diesen schriftlich vorzunehmenden Prüfungen dadurch Rechnung getragen, daß während der gesamten Ausbildungszeit eine bestimmte Zahl von Scheinen zu erbringen ist, die sich in erster Linie auf praktische Unterrichtsveranstaltungen beziehen.
Sie haben eine zweite Zusatzfrage.
Glauben Sie nicht, daß auf die Dauer durch solche Arten von reinen Gegenstandskatalogen eventuell doch die Freiheit der Lehre und mittelbar auch die der Forschung eingeschränkt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, ich glaube, daß die Freiheit der Lehre dort ihre Grenze findet, wo es darauf ankommt, Auszubildenden, die später eine so wesentliche Aufgabe erfüllen müssen, daß ihre Ausbildung mit einer
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8087
Staatssekretär Dr. Woltersstaatlichen Prüfung abgeschlossen wird, die Erkenntnisse zu vermitteln, die sie tatsächlich für ihre Funktion in der Gesellschaft brauchen.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Haar zur Verfügung.
Herr Abgeordneter Franke hat die erste Frage — Frage 13 — gestellt:
In welchem Umfang haben sich die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Bundespost an den Kosten der Nahverkehrsträger in den Städten München, Frankfurt und Hannover im Haushaltsjahr 1973 beteiligt?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Präsident! Herr Kollege, Deutsche Bundesbahn und Deutsche Bundespost haben sich an den Kosten der Nahverkehrsbetriebe in den Städten München, Frankfurt und Hannover im Haushaltsjahr 1973 nicht beteiligt. Im Jahre 1973 sind den Bundesunternehmen folgende eigene Kostendeckungsfehlbeträge entstanden: in München 163 Millionen DM, davon Deutsche Bundesbahn 160 Millionen DM; in Hannover 50 Millionen DM, davon für die Deutsche Bundesbahn 47 Millionen; in Frankfurt 105 Millionen DM nur für die Deutsche Bundesbahn.
Dabei betrugen die Verkehrsanteile an Personenkilometern im Jahre 1973 in München 59,3 % für die Bundesbahn und 1,4 % für die Bundespost, in Hannover 65,2 % für die Bundesbahn und 6,7 % für die Bundespost, in Frankfurt nach einer — das muß ich allerdings einräumen — groben Schätzung des Bundesministers für Verkehr für die Deutsche Bundesbahn etwa 56 %.
Eine Zusatzfrage?
— Dann rufe ich Frage 14 des Herrn Abgeordneten Franke auf:
In welcher Höhe werden sich die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Bundespost für 1975 und für das nachfolgende Haushaltsjahr an den Kosten der Nahverkehrsträger in den oben genannten Räumen beteiligen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Für die Jahre 1975 und 1976 liegen exakte Vorausschätzungen noch nicht vor. Die Defizite werden jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach noch höher sein.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Franke.
Herr Staatssekretär, mit welchen Zielsetzungen führen Sie Verhandlungen mit den verschiedenen Trägern, z. B. im Großraum Hannover?
Wie Sie wissen, Herr Kollege — Sie haben ja schon des öfteren auch in der Fragestunde Anfragen an die Bundesregierung gerichtet —, bemühen wir uns in Übereinstimmung mit den Nahverkehrsträgern im Raum Hannover und mit den entsprechenden Stellen, zu einer Regelung zu kommen, die auch die Tariffrage mit einschließt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Machen Sie Ihre Zustimmung von der Einführung eines Stufentarifs abhängig?
Das müssen wir zunächst den Verhandlungen überlassen. Aber das Ziel unserer Verhandlungen ist, im Benehmen mit den Beteiligten einen solchen Tarif zu erhalten.
Frage 15 des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 16 ist vom Herrn Abgeordneten Straßmeir eingereicht:
Ist die Bundesregierung bereit, sich bei den innerdeutschen Verkehrsverhandlungen dafür einzusetzen, daß die Deutsche Reichsbahn, den Tarifen der Deutschen Bundesbahn entsprechend, die Gewährung der Fahrpreisermäßigung für Kinder in Höhe von 50 % künftig vom Beginn des 10. Lebensjahrs bis zum Beginn des 12. Lebensjahrs ausdehnt?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Die Tarifhoheit, d. h. die Entscheidung über Beförderungsbestimmungen, Beförderungspreise und die Gewährung von Vergünstigungen, liegt bei jeder Eisenbahnverwaltung selbst. Die Bundesregierung kann deshalb auf die von der Deutschen Reichsbahn für ihre Strecken festgelegten Altersgrenzen zur Inanspruchnahme der Kinderermäßigung leider keinen Einfluß nehmen.Die dem Dachverband der europäischen Eisenbahnverwaltungen angehörenden Verwaltungen, zu denen auch die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Reichsbahn gehören, streben seit langem an, zur Erleichterung des Abfertigungsgeschäfts eine Angleichung der verschiedenen Tarifbestimmungen zu erreichen. Diese Bestrebungen, Herr Kollege, werden fortgesetzt.
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8088 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974
Keine Zusatzfrage. — Dann rufe ich Frage 17 des Herrn Abgeordneten Schmidhuber auf:
Treffen Zeitungsmeldungen zu, daß in den letzten Monaten die Diebstähle in internationalen Schlafwagenzügen auf dem Streckennetz der Deutschen Bundesbahn stark zugenommen haben?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, ich kann Ihnen ganz kurz und klar antworten: Nein.
Keine Zusatzfrage. — Dann rufe ich Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Stavenhagen auf:
Ist es zutreffend, daß allein wirtschaftliche Gründe hinter dem geplanten Bau einer Rheinstaustufe bei Neuburgweier stehen, und welche anderen Lösungen, die die Belange des Umweltschutzes und der Landschaftspflege besser berücksichtigen, sind denkbar?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Präsident! Herr Kollege, es trifft nicht zu, daß der vorgesehene Bau der Staustufe Neuburgweier aus rein wirtschaftlichen Gründen erfolgt. Nach dem derzeitigen Stand der Wasserbautechnik gibt es für die Verhinderung der Sohlenerosion und des damit verbundenen Absinkens des Rheinwasserspiegels und des Grundwasserspiegels noch keine Alternative zum Bau von Staustufen.
Diese Tatsache allein ist in den gegenwärtigen deutsch-französischen Regierungsverhandlungen über den Ausbau des Rheins unterhalb von Iffezheim für die Entscheidung, eine Staustufe bei Neuburgweier vorzusehen, ausschlaggebend gewesen. Wie bei den Staustufen Gernsheim und Iffezheim wird auch hier die Planung im Einvernehmen mit den Landesbehörden vorgenommen, wobei die Belange des Umweltschutzes und der Landschaftspflege weitgehend berücksichtigt werden.
Untersuchungen, ob andere technische Lösungen verwirklicht werden können, sind in die Wege geleitet. Ihre Brauchbarkeit läßt sich aber erst dann richtig beurteilen, wenn auch Modellversuche in Verbindung mit entsprechenden Naturversuchen über einen mehrjährigen Beobachtungs- und Erprobungszeitraum durchgeführt worden sind. Demgegenüber müssen die Planungsarbeiten für die Staustufe Neuburgweier bereits 1975 und die Bauvorbereitungen 1976 beginnen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, warum kann man hier nicht weiter zuwarten und diese Modellversuche mit einbeziehen, und warum gelten dann diese Modellversuche nur für den Rhein unterhalb dieser Staustufe?
Wir müssen uns bemühen, im Einvernehmen mit den Landesbehörden zu Regelungen auch im Ablauf derartiger Maßnahmen zu kommen, Herr Kollege.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, bedeutet diese Staustufe automatisch, daß man später dann unterhalb dieser Stelle weitere Staustufen braucht? Und zum anderen: Wirkt das für die Schiffahrt fahrzeitverlängernd und somit kostenerhöhend?
Herr Kollege, ich bin gern bereit, Ihnen darüber schriftlich Auskunft zu geben, wenn wir Ihre Frage noch einmal geprüft haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Leicht.
Herr Staatssekretär, habe ich richtig gehört, daß bereits 1976 mit den vorbereitenden Arbeiten begonnen werden soll?
Jawohl, Herr Kollege.
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8090 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8091
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8093
Rede von: Unbekanntinfo_outline
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8094 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974
möchte Ihnen aber bezüglich der Selbstkosten noch einen Zahlenvergleich nennen, Herr Kollege, der auch zu Ihrer gesamten Fragestellung in Relation steht. Die Selbstkosten für ein Fernsprechbuch lie-
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Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8095
Parl. Staatssekretär Haargen bei etwa 7 DM. Berücksichtigt man, daß die Selbstkosten für jede erteilte Auskunft mehr als 1 DM betragen, dann erkennt man auch, daß bereits wenige durch die Benutzung des Fernsprechbuchs sich erübrigenden Auskunftsbegehren die Buchkosten im Grunde decken.
So, jetzt kommen wir zu den weiteren Zusatzfragen. Zunächst eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Evers.
Herr Staatssekretär Haar, sind Sie bereit, im Hinblick auf die seit 1970 weiter verschlechterte Ertragslage und im Hinblick auf die seitdem beträchtlich gestiegenen Papierkosten den Beschluß von 1970 einer Überprüfung zu unterziehen, ob es nicht doch sinnvoll ist, die Ausgabe neuer Telefonbücher von der Rückgabe der alten Bücher abhängig zu machen?
Herr Kollege, ich will das gern noch einmal prüfen lassen, wobei ich überzeugt bin, daß es andere Maßnahmen im Rahmen der Entwicklung der Bundespost gibt, die überdacht werden müssen. Aber das ist ein Punkt der ganzen Fragen, die sich ergeben, den ich gern noch einmal prüfen möchte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Immer.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Tatsache, daß viele Postämter nicht nur die Rückgabepflicht nicht beachten, sondern sich weigern, Fernsprechbücher überhaupt anzunehmen, und damit eben keine Möglichkeit gegeben ist, daß diese wieder in Geld umgewandelt werden?
Herr Kollege, derartige Fälle sind mir bis zum Augenblick nicht bekannt. Ich wäre Ihnen dankbar für einen Hinweis, damit wir Derartiges abstellen können.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ollesch.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die Verluste nur theoretischer Art sind und gar nicht eintreten können — es sei denn Lagerkosten , weil die Post verpflichtet ist, jedem Fernsprechteilnehmer kostenlos ein Telefonbuch zur Verfügung zu stellen, sie nicht vorhersehen kann, wie viele Leute es nicht abholen, und sie nicht vorhersehen kann, in welchen Orten die Bücher nicht alle abgeholt werden? Verluste können durch nicht abgeholte Telefonbücher — da sie nicht verkauft werden — überhaupt nicht eintreten.
Herr Kollege, ich bin überzeugt, daß im voraus auch organisatorisch gar nicht zu ermitteln ist, wer zu welchem Zeitpunkt sein Telefonbuch abgibt oder abholen möchte. Insoweit besteht nach wie vor die Verpflichtung der Deutschen Bundespost, auf Forderung des Kunden ein Buch abzugeben. Das bleibt das Problem. Das ist wohl aber auch den Fragestellern bekannt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Leicht.
Glauben Sie nicht, Herr Kollege Haar, daß durch Überprüfungen, durch Zählungen bei Rückgabe von Telefonbüchern unter Umständen der Aufwand größer ist als das, was eingespielt werden kann?
Ich bin Ihnen sehr dankbar für diese Frage. Ich kann sie nur mit Ja beantworten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl.
Herr Staatssekretär, nun hat auch schon der Bundesrechnungshof dieses Problem bei einzelnen Oberpostdirektionen gerügt. Ich frage Sie nun hier: Welche Maßnahmen sind denn nach der Rüge des Bundesrechnungshofs von der Bundespost unternommen worden, um dieses Problem endlich einmal in den Griff zu bekommen, um etwas wirtschaftlicher zu arbeiten?
Herr Kollege, man kann bei den Verpflichtungen der Post, die sich hier ergeben, nicht die kritische Gegenfrage hinsichtlich der wirtschaftlicheren Arbeit stellen. Hier geht es um eine Leistung, zu der die Post gegenüber ihren Kunden verpflichtet ist.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Tübler.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, an untergeordnete Postämter eindeutige Anweisungen zu geben, daß die hier schon angesprochene Rücknahmepflicht für die Zukunft beachtet wird? Denn hier gibt es erhebliche Mängel.
Ich komme diesem Wunsche gerne nach, Frau Kollegin.
Die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Schröder wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
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8096 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenIch rufe die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Schmidhuber auf:Wie beurteilt die Bundesregierung die wirtschaftlichen Konsequenzen der Entscheidung der Intendanten von ARD und ZDF, die Testbildsendungen an Montagen einzustellen?Herr Staatssekretär!
Herr Präsident! Herr Kollege Schmidhuber! Auf Grund eines Intendantenbeschlusses der Landesrundfunkanstalten werden seit dem 15. Juli 1974 montags keine Testbildsendungen abgestrahlt. Diese Regelung wurde versuchsweise eingeführt anstelle der in den vergangenen Jahren vorgenommenen vollständigen Abschaltung der Fernsehsender der dritten Programme während der Sommerpause. Die Rundfunkanstalten erwarten dadurch eine Kosteneinsparung in der Größenordnung von rund 1 Million DM. Die Erfahrungen mit den zur Zeit praktizierten Testbildausstrahlungen sollen Ende dieses Monats in einem gemeinsamen Gespräch zwischen Vertretern des Handels, des Handwerks, der Rundfunkanstalten und der Deutschen Bundespost ausgetauscht werden. Dabei werden auch die wirtschaftlichen Konsequenzen der Einstellung der Testbildsendungen an Montagen erörtert werden. Die Bundesregierung hofft, daß es gelingen wird, für die unterschiedlichen Interessenlagen einen Kompromiß zu finden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß nach Angaben des Reparaturgewerbes der Reparaturanfall bei Fernsehgeräten am Montag besonders hoch ist?
Herr Kollege, der Deutschen Bundespost liegen keine Unterlagen vor, in denen die für Handel und Handwerk eingetretenen Verluste etwa auf Tage quantifiziert sind. Entsprechende Angaben werden aber wohl unter Umständen aus Anlaß des Ende dieses Monats anberaumten Gesprächs gemacht.
Sie haben noch die Möglichkeit, eine weitere Zusatzfrage zu stellen.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Behauptung des Reparaturgewerbes, daß durch diese Maßnahme der Intendanten der deutschen Fernsehanstalten den Besitzern von Fernsehgeräten Mehraufwendungen in Höhe von 35 Millionen DM jährlich entstehen sollen?
Herr Kollege, es gibt darüber unterschiedliche Zahlen, die in den letzten Tagen und Wochen veröffentlicht worden sind. Wir können uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Urteil über tatsächliche, quantifizierbare und auch vertretbare Verluste in diesem Sinne nicht bilden. Aber Sie können versichert sein, daß auch diese Fragen bei dem Gespräch Ende dieses Monats erörtert werden. Dort werden wir natürlich auch bitten, daß bei derartigen Beträgen entsprechende Unterlagen auf den Tisch gelegt werden.
Die Frage 32 des Abgeordneten Dr. Wagner wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 33 des Abgeordneten Jäger auf:
Wie hoch belaufen sich nach den Erkenntnissen der Bundesregierung die Folgekosten der von ihr geplanten Aufhebung der OPD Tübingen, und welche echten Einsparungen sind demgegenüber von einer solchen Maßnahme für die Deutsche Bundespost zu erwarten?
Ich darf zunächst den Herrn Staatssekretär fragen, ob wir die Beantwortung der beiden Fragen mit Zustimmung des Fragestellers gegebenenfalls verbinden könnten. Herr Kollege Jäger, sind Sie damit einverstanden?
— Ich darf also noch die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Jäger aufrufen:
Wird die Bundesregierung angesichts der eingehend begründeten Einwendungen der Landesregierung von Baden-Württemberg und angesichts der übereinstimmenden Kritik seitens der zuständigen Gewerkschaften an ihrem Beschluß festhalten, die OPD Tübingen aufzulösen, der für über 400 Postbedienstete schwere soziale Härten mit sich bringen würde?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Danke schön.Mit der regionalen Neuordnung der Oberpostdirektionen, Herr Kollege, soll in erster Linie eine Vereinheitlichung der Verwaltung der mittleren betrieblichen Lenkungsstufe erreicht werden mit dem Ziel, die heute vorhandenen unterschiedlichen Größenverhältnisse von etwa 1 : 12 zwischen den kleinsten und größten Oberpostdirektionen zu verringern. Bei dieser Maßnahme ist hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen zu unterscheiden zwischen den Rationalisierungserfolgen auf Grund des strafferen spezialisierten Aufgabenvollzuges durch Verringerung der Leitungsspanne und den unmittelbaren Kostenveränderungen. Erstere sind im vorhinein nicht hinreichend quantifizierbar, letztere sind geschätzt.Mit der beabsichtigten Aufteilung des Oberpostdirektionsbezirks Tübingen auf die Oberpostdirektionen Stuttgart und Freiburg werden nach den vorliegenden Berechnungen auf der Basis konstanter Löhne und Gehälter langfristig netto rund 1,5 Millionen DM pro Jahr eingespart. Für die Durchführung werden rund 4 Millionen DM einmalige Umstellungskosten erforderlich. Diese Umstellungskosten werden durch organisatorische Maßnahmen — etwa das Belassen oder Einrichten von Dienst-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8097
Parl. Staatssekretär Haarstellen am Ort der aufzulösenden Oberpostdirektion —, die im Gutachten noch nicht voll berücksichtigt werden konnten, noch zu senken sein.Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat im Bundeskabinett in der Sitzung vom 18. September 1974 auftragsgemäß über seine Absichten zur regionalen Neuordnung berichtet. Das Bundeskabinett hat von seiner Absicht Kenntnis genommen, die gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsverfahren mit den obersten Landesbehörden und den Personalvertretungen einzuleiten. Ein Beschluß, die Oberpostdirektion Tübingen aufzulösen, ist damit nicht gefaßt. Diese Entscheidung kann der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen erst dann treffen, Herr Kollege, wenn die Beteiligungsverfahren abgeschlossen sind. Er wird diese Beteiligungsverfahren auf der Grundlage der Ergebnisse einer Voruntersuchung zur Durchführung einleiten. Die Deutsche Bundespost erwartet von dieser Voruntersuchung — bei Berücksichtigung der angegeführten organisatorischen Maßnahmen —, daß weniger als 400 Bedienstete von Umsetzungen betroffen sind und unmittelbare soziale Härten vermieden werden können.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie ist die von Ihnen genannte Zahl eines einmaligen Folgeaufwandes von 4 Millionen DM bei der Auflösung dieser Oberpostdirektion mit der Tatsache zu vereinbaren, daß das Gutachten, das die Bundesregierung hat anfertigen lassen, zu Folgekosten in Höhe von beinahe 8 Millionen DM und z. B. die in Tübingen ansässige örtliche Deutsche Postgewerkschaft bei ihren Berechnungen sogar zu Folgekosten in Höhe von 16 Millionen DM kommen?
Herr Kollege, es werden unterschiedliche Zahlen genannt, diskutiert und je nach der Situation auch in der politischen Auseinandersetzung verwendet. Ich bin gerne bereit, Ihnen das Ergebnis der Überprüfung der zur Auflösung vorgesehenen Oberpostdirektionen — auch gutachterliche Stellungnahmen — darzustellen oder Ihnen auf Einzelfragen schriftlich Antwort zu geben. Ich schlage Ihnen aber vor, daß Sie darüber eher in eine eingehende Erörterung mit den Fachleuten eintreten, die Ihnen die Chance gibt, alle Gutachten und die Stellungnahmen unseres Hauses selbst zu prüfen und auch zu beurteilen.
Darf ich Sie fragen, Herr Staatssekretär, ob die Bundesregierung bereit ist, auch die Zahlen, die ich soeben genannt habe, einer ernsthaften Überprüfung zu unterziehen und in der abschließenden Beurteilung gegebenenfalls die Gegenüberstellung der erwarteten Einsparungen und der anfallenden Folgekosten zu einem neuen Ergebnis führen zu lassen,
Herr Kollege, ich darf Ihnen versichern, daß die von Ihnen genannten Zahlen, soweit Sie sie von der OPD Tübingen haben, in unserem Hause bereits geprüft worden sind. Ich habe Ihnen aber schon angeboten, daß wir ein Gespräch über die Einzelfragen der unterschiedlichen Auslegung auch der Folgekosten von Rationalisierungsmaßnahmen führen können. Ihnen soll nichts vorenthalten bleiben, was Sie zur objektiven Prüfung des Sachverhalts instand setzt, auch nachher zu argumentieren.
Sie haben noch eine Zusatzfrage. Ich wäre Ihnen nur dankbar, wenn Sie nicht den Versuch machen würden, durch das Zusammenziehen von Zusatzfragen von vier auf sieben Zusatzfragen zu kommen.
Ich werde mich bemühen, Herr Präsident.
Herr Staatssekretär, wie kommt die Bundesregierung dazu, in die vier Oberpostdirektionen, die jetzt aufgelöst werden sollen, ausgerechnet die Oberpostdirektion Tübingen mit einzubeziehen, obwohl sie nach anerkannter Feststellung der Gewerkschaften in der Produktivität an zweiter Stelle und an Effektivität immerhin noch an zehnter Stelle unter den 22 bestehenden Oberpostdirektionen der Bundesrepublik steht?
Herr Kollege, ich habe auf die Grundsätze bereits in der Antwort auf Ihre erste Frage hingewiesen, nämlich daß die Größenordnungen in einem Verhältnis von 1 : 12 zueinander stehen. Im übrigen hoffe ich, mit Ihnen darin übereinstimmen zu können, daß Verwaltungsveränderungen nichts mit Wirtschaftlichkeit in diesem Sinne zu tun haben. Wirtschaftlichkeit wird in den Postämtern, d. h. am Kunden, erzielt und hängt nicht allein vom Sitz einer Oberpostdirektion ab.
Keine weitere Zusatzfrage?
Doch, ich habe noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie davon gesprochen haben, daß nach den Vorausschätzungen Ihres Hauses weniger als 400 Bedienstete betroffen sein werden, möchte ich an Sie die Frage stellen, ob angesichts der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation nicht auch darin eine schwerwiegende soziale Härte zu erblicken ist, daß etwa 300 oder 350 Bedienstete ihren Arbeitsplatz an einen anderen Ort verlieren?
Herr Kollege, ich kann mich auf ein derartiges Zahlenspiel im Augenblick natürlich nicht einlassen, denn das ist Sache des eingeleiteten Verfahrens.
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8098 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974
Parl. Staatssekretär HaarIch habe Ihnen dargestellt, daß eine Entscheidung noch nicht getroffen ist und daß jetzt entsprechend dem Beschluß des Bundeskabinetts und dem Auftrag, den der Bundespostminister erhalten hat, Gespräche eingeleitet werden und das Verfahren durchgeführt wird. Nach Abschluß dieses Verfahrens werden wir die eigentliche Belastung übersehen können.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Leicht.
Glauben Sie nicht, Herr Haar, daß das ganze Verfahren nur dann sinnvoll ist, wenn man nicht nur die Oberpostdirektion Tübingen und drei andere in die Prüfungen einbezieht, sondern alle Oberpostdirektionen, und zwar mit dem Ziel, nach all den Gesichtspunkten, die Sie geltend gemacht haben, unter Umständen bedeutend mehr aufzulösen?
Herr Kollege Leicht, das Ergebnis der jetzt vorliegenden Untersuchungen sieht vor, daß vier Oberpostdirektionen unter den genannten Kriterien jetzt aufgelöst werden sollen. Dabei ist nicht auszuschließen, daß auch auf Grund des Gutachtens im Rahmen des Auftrages, den der Bundespostminister hat, weitergehende Überlegungen in unserem Hause angestellt werden.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Werner.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die wirtschaftlichen Folgen für den einheitlichen Wirtschaftsraum Oberschwaben, die durch eine Zweiteilung des bisher der OPD Tübingen unterstehenden Raumes entstehen?
Herr Kollege, die Vorstellungen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen sind jetzt der Landesregierung zur Stellungnahme übermittelt worden. Ich bitte Sie abzuwarten, bis diese Stellungnahme bei uns vorliegt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Schmude zur Verfügung. Die Frage 35 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Kraske eingereicht:
Wie beurteilt die Bundesregierung im Zusammenhang mit ihrem Reaktorsicherheitskonzept die Pressemeldungen vom 23. September 1974 über Schäden an Atomreaktoren in den Vereinigten Staaten, und sind derartige Schäden auch bei deutschen Kernkraftwerken, die in Betrieb sind oder geplant werden, vorgekommen oder möglich?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Kraske, bei den erwähnten Schäden handelt es sich um Risse in Nebenleitungen des Reaktorkühlsystems von drei amerikanischen Siedewasser-Reaktoranlagen. Es wurden dabei weder radioaktive Stoffe in die Umgebung freigesetzt noch war die Funktionssicherheit des Kühlsystems zur Wärmeabfuhr aus dem Reaktorkern beeinträchtigt. Charakteristisch für die erwähnten Risse ist es, daß sie während des Betriebs nur langsam wachsen und durch das Leckanzeigesystem nachgewiesen werden, bevor sie eine sicherheitstechnisch bedenkliche Größe erreichen. Die US- Atomic Energy Commission hat deshalb für die von ihr angeordneten Überprüfungen aller vergleichbaren Anlagen eine Frist von 60 Tagen eingeräumt und nicht die sofortige Abschaltung verfügt.
Bei Siedewasserreaktoren amerikanischer Bauart ist es üblich, das Kühlmittel durch Pumpen, die außerhalb des Reaktordruckbehälters angeordnet sind, umzuwälzen. Die vorerwähnten Leitungen werden beim Anfahren dieser externen Pumpen benötigt.
Eine ähnliche Konzeption der Umwälzung ist in der Bundesrepublik Deutschland lediglich bei drei Kernkraftwerken gegeben; Werkstoffe und Fertigungsmethoden sind jedoch anders als bei den amerikanischen Anlagen. Alle anderen deutschen Siedewasserreaktoren haben eine grundsätzlich andersartige Ausführung des Umwälzsystems. Trotzdem ist vorgesehen, soweit dies nicht schon geschehen ist, Prüfungen an den entsprechenden Stellen des Umwälzsystems durchzuführen. Diese Prüfungen ergeben sich infolge der eindeutigen Haltung der Bundesregierung, der Reaktorsicherheit Vorrang vor der Vermeidung von Betriebsausfällen zu geben.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir sagen, um welche drei Kraftwerke es sich dabei handelt?
Es handelt sich meines Wissens — ich bitte, dies nicht mit letzter Endgültigkeit hinzunehmen um die Kraftwerke Lingen, Gundremmingen und Würgassen.
Zu einer letzten Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Evers.
Herr Staatssekretär, wir sind uns sicher einig darüber, daß der dieser Frage zugrunde liegende Tatbestand den Diskussionen um den Bau von neuen Atomkraftwerken Auftrieb geben wird. Welche Maßnahmen erwägen Sie, um diese Diskussionen durch das, was Sie eben gesagt haben und in Zukunft noch zusätzlich sagen können, zu versachlichen?
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8099
Herr Kollege Evers, in diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, daß sich die Bundesregierung seit geraumer Zeit unter Einsatz beträchtlicher Mittel bemüht, die Erkenntnisse, die über die Problematik des Baues neuer Kernkraftwerke und auch über die dabei zu beachtenden Sicherheitsvorkehrungen vorliegen, einer breiten Öffentlichkeit auch in zum Teil einfacher Form mitzuteilen. Ich glaube, dies ist ein wirksamer Weg, um auf die nie ganz auszuschließenden Probleme hinzuweisen, die hier bestehen, aber auch eine Dramatisierung und übertriebene Befürchtungen zu vermeiden.
Der Abgeordnete Wolfram ist nicht im Saal. Seine Frage, die Frage 36, wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 37 des Herrn Abgeordneten Hofmann auf:
Wie hoch sind die Bundesmittel im Haushalt 1975 für die institutionelle Förderung des Bundes der Vertriebenen ?
Herr Staatssekretär
Herr Kollege Hofmann, auf Ihre Frage antworte ich: Für die institutionelle Förderung des Bundes der Vertriebenen im Haushaltsjahr 1975 ist ein Gesamtbetrag von 397 000 DM vorgesehen. Davon sollen 251 000 DM aus dem Titel 684 06 für kulturelle Zwecke, 146 000 DM aus dem Titel 684 05 für Eingliederungsmaßnahmen, insbesondere zugunsten der Aussiedler, entnommen werden.
Herr Abgeordneter Hofmann, Sie haben Zusatzfragen. Bitte!
Herr Staatssekretär, wodurch sind diese Ausgaben gerade bei der institutionellen Förderung gerechtfertigt?
Herr Kollege Hofmann, die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit der Diskussion über die Berechtigung der institutionellen Förderung natürlich auch Überlegungen angestellt und dabei das Ergebnis gefunden, daß einstweilen auch die institutionelle Förderung noch angemessen ist, weil die Empfänger wesentliche Leistungen — etwa bei der Beratung der Bundesregierung, aber auch bei der Aufklärung der Betroffenen über zur Verfügung gestellte Leistungen — erbringen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie bzw. nach welchen Grundsätzen werden diese Ausgaben überprüft?
Die Ausgaben werden — darauf werde ich bei Ihrer zweiten Frage noch zurückkommen überprüft, indem Verwendungsbescheide vom Bundesministerium des Innern geprüft werden und dort dann auch der Prüfung durch den Bundesrechnungshof zur Verfügung stehen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kunz.
Herr Staatssekretär, warum hat die Bundesregierung die Zuwendungen an den Bund der Vertriebenen für das Haushaltsjahr 1975, wenn ich Sie richtig verstanden habe, um etwa 450 000 DM mit der Begründung gestrichen, nur die institutionelle Förderung solle beibehalten werden — im kommenden Jahr, glaube ich, etwa 130 000 DM —, und wie kann die Bundesregierung glaubwürdig dartun, —
Herr Kollege, eine Zusatzfrage haben Sie. Ich bitte Sie um Verständnis. Die Zusatzfragen müssen knapp und kurz sein.
Sie haben Ihre Zusatzfrage gestellt. Herr Staatssekretär, bitte beantworten Sie sie.
Herr Präsident, darf ich noch einmal fragen, welche Frage jetzt gestellt wurde?
Ja. Bitte, Herr Kollege, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Vorstellungen geschickt zu verbinden.
Herr Staatssekretär, Sie haben die Zahlen in etwa genannt. Können Sie glaubwürdig dartun, daß die Maßnahmen, die die Bundesregierung hier ergriffen hat, nicht als Wohlverhalten gegenüber dem Osten gedeutet werden können?
Herr Kollege, zunächst gehe ich davon aus, daß die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung nicht in Zweifel steht.
Zum anderen darf ich Ihnen insoweit entgegenhalten, daß von irgendeinem Wohlverhalten, von irgendwelchen Rücksichtnahmen gegenüber dem Osten in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein kann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger.
Herr Staatssekretär, hat Ihr Haus dafür Sorge getragen, daß die Argumente, die nach der von Ihnen vorgetragenen Ant-
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8100 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974
Jäger
wort für die weitere institutionelle Förderung der Vertriebenenorganisationen sprechen, auch dem innerdeutschen Ministerium übermittelt wurden, das ja bekanntlicherweise die institutionelle Förderung der Vertriebenenorganisationen einstellen möchte?
Herr Kollege Jäger, auch Ihnen wird bekannt sein, daß innerhalb der Bundesregierung die institutionelle Förderung des Bundes der Vertriebenen aus den Mitteln des Bundesinnenministeriums vorgenommen wird, während andere Förderungen aus den Mitteln des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen erfolgen. Das geschieht in gegenseitiger Abstimmung, so daß irgendwelche besondere Hinweise weder erforderlich noch angebracht sind.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jobst.
Herr Staatssekretär, läuft die Entscheidung der Bundesregierung, zumindest über bestimmte Haushalte, die Sie jetzt angesprochen haben, Zuwendungen an den Bund der Vertriebenen nur noch für sogenannte Projekte zu geben, nicht auf eine Tarnung der Unterstützungseinstellung hinaus, weil ja Projekte nur von institutionellen Kräften geplant und durchgeführt werden können?
Herr Kollege Jobst, ich habe eben Gelegenheit gehabt, darzutun, daß auch für das Jahr 1975 wieder ganz beträchtliche Mittel für die institutionelle Förderung vorgesehen sind. Insofern vermag ich die Berechtigung Ihrer Besorgnis nicht zu erkennen.
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Hofmann auf:
Welche Entgelte oder Aufwandsentschädigungen bekommen davon der Präsident, die Vizepräsidenten bzw. die Spitzenvertreter des BdV, und sind diese eventuellen Aufwandsentschädigungen vom Bundesrechnungshof genehmigt worden?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Hofmann, aus den eingeplanten Mitteln erhalten weder der Präsident noch die Vizepräsidenten des Bundes der Vertriebenen Entgelte oder Aufwandsentschädigungen. Es ist lediglich vorgesehen, dem Generalsekretär des Bundes der Vertriebenen in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Lastenausgleichsausschusses einen Auslagenersatz von 900 DM monatlich zu gewähren.
Die Verwendungsbescheide — wie ich eben schon auf eine Zusatzfrage darlegen konnte werden vom Bundesministerium des Innern verwaltungsmäßig geprüft und stehen dann der Vorprüfungsstelle des Ministeriums zur weiteren Prüfung durch den Bundesrechnungshof bereit.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hat es früher solche Entgelte oder Aufwandsentschädigungen für den genannten Personenkreis gegeben?
Das trifft zu, Herr Kollege Hofmann; früher hat es solche Entgelte in allerdings nicht sehr erheblichem Umfang gegeben.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mitzuteilen, wie hoch diese Entgelte waren?
Das kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege Hofmann. Der Präsident erhielt — und zwar damals aus dem Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen — von 1968 bis 1972 monatlich 600 DM — das sind jährlich 7 200 DM -als Aufwandsentschädigung und als Dienstreisekosten im Raum Bonn.
1973 erhielt er zusätzlich monatlich 500 DM das
sind jährlich 6 000 DM zur Vergütung einer
Sekretärin. Im Jahre 1974 verringerte sich das Entgelt auf monatlich 200 DM — das sind jährlich 2 400 DM —; der Zuschuß für eine Sekretärin entfiel vollständig.
Die vier Vizepräsidenten erhielten ab 1968 bis zum Jahre 1972 monatlich je 100 DM -- das sind jährlich insgesamt, für alle vier Vizepräsidenten, 4 800 DM —; von 1971 bis 1974 erhielten sechs Vizepräsidenten die gleichen Aufwandsentschädigungen im Gesamtbetrag von jährlich 7 200 DM.
Dem Generalsekretär wurde in den Jahren 1969 bis 1972 ein Gehalt — außertariflich nach ADO, Allgemeine Dienstordnung für übertarifliche Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder — gezahlt. Es betrug 1969 40 625 DM, 1970 43 736 DM, 1971 48 214 DM und 1972 51 078 DM. In den Jahren 1973 und 1974 wurde kein Gehalt mehr bezahlt.
Zusatzfrage des Abgeordneten von Fircks.
Herr Staatssekretär, haben Sie auf Grund der von Ihnen hier genannten Zahlen und der Darlegung der Nichtförderung institutioneller Art für den Personenkreis, der keine eigenen Basisländer hat — wie Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen usw. —, und auf Grund der Tatsache, daß die Millionenmasse der Vertriebenen zum Finanz- und Steueraufkommen der Bundesrepublik Milliarden beiträgt, nicht den Eindruck, daß es geradezu beschämend und insbesondere eine Nichterfüllung des Auftrags nach § 96
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8101
Freiherr von Fircksist, was hier in den letzten Jahren durch diese Bundesregierung geleistet worden ist?
Herr Kollege, die Zusatzfragen müssen sich einer Bewertung enthalten.
Herr Staatssekretär, bitte!
Herr Kollege, es wird Sie nicht verwundern, daß ich Ihren Eindruck nicht teilen kann und die Begründung, die Sie für Ihre Auffassung anführen, für sehr diskussionswürdig halte.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung — unabhängig von dem Ressort und dem Haushalt, aus dem die Mittel kommen -- bereit, demnächst einmal darzulegen, wieviel Vorsitzende und Präsidenten anderer Institutionen an Gehältern, Aufwandsentschädigungen usw. bekommen?
Herr Kollege Wittmann, die Bundesregierung wird sicher nicht in der Lage sein, dies in einem Schlage und von sich aus zu unternehmen. Ich rege an, wenn entsprechende Fragen bestehen, daß diese dann von Ihnen kommen.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Herr Staatssekretär, können Sie uns sagen, aus welchen Gründen diese doch kaum als institutionelle Förderung zu bezeichnenden Entschädigungen bisher so besonders vertraulich behandelt worden sind?
Herr Kollege Hansen, ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich heute auf zwei Zusatzfragen hier sehr detailliert Auskunft gegeben habe. Ich bin nicht in der Lage, Ihnen für die Praxis der Vergangenheit, bei der ich auch einen genauen Zusammenhang mit 'der Frage, die hier gestellt worden ist, nicht erkenne, einen weiteren Aufschluß zu geben.
Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Hansen auf:
Welche Mitglieder der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts sind mit welchen einschlägigen Forschungsaufträgen und/oder Gutachten bedacht worden?
Herr Staatssekretär!
— Herr Abgeordneter von Fircks, ich rufe Sie zur Ordnung!
— Ich rüge Sie wegen dieser weiteren Bemerkungen ausdrücklich.
Herr Kollege Hansen, im Rahmen ihres Untersuchungsprogramms hat die Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts — wie in dem Ihnen vorliegenden Bericht dargestellt — vier Mitgliedern wissenschaftliche Untersuchungen übertragen, und zwar den Professoren Luhmann und Mayntz zum Thema „Personal im öffentlichen Dienst — Eintritt und Karrieren —", Herrn Professor Mayer zu den Themen „Recht und System des öffentlichen Dienstes in Österreich, den sozialistischen Ländern, Jugoslawien, Polen und Ungarn" und „Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform des öffentlichen Dienstrechts" sowie Herrn Professor von Munch zum Thema „Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform des öffentlichen Dienstrechts".
Die Ergebnisse dieser sowie zahlreicher anderer Untersuchungen wurden in Anlagebänden zum Bericht der Studienkommission veröffentlicht.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, können Sie auch etwas über die Höhe der Vergütungen für diese Arbeiten sagen?
Herr Kollege Hansen, ich bin nicht darauf vorbereitet, Ihnen hier über die Höhe der Vergütung etwas darzulegen. Wenn Sie den Wunsch haben, ist es mir durchaus möglich, Ihnen dies schriftlich nachzureichen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung Veranlassung, etwa durch Änderung der Vergabepraxis dafür zu sorgen, daß die Kommission nicht zu einem Selbstbedienungsladen für zwar bedarfte, aber ganz sicher nicht bedürftige Mitglieder ausartet, gewissermaßen als ein Sonderbeitrag zu dem von gewissen Kreisen in letzter Zeit so besonders hochgespielten Thema ,,Bekämpfung des Ladendiebstahls"?
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Herr Abgeordneter, ich bitte Sie dringend, sich bei Zusatzfragen jeder Bewertung zu enthalten.
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Hansen, die Bewertung, die Sie hier vornehmen, vermag ich nicht zu akzeptieren. Die Kommission hat sehr sorgfältig beraten und schließlich darüber abgestimmt, ob im Einzelfall Mitglieder der Kommission Gutachtenaufträge erhalten sollen.
Wie ich bereits vorhin angedeutet habe, ist im ganzen eine größere Anzahl von Untersuchungsaufträgen erteilt worden. Nur ein kleiner Teil der gesamten Aufträge ist an Kommissionsmitglieder gefallen.
Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Berger auf:
Teilt die Bundesregierung die im SPD-Pressedienst vom 29. September 1974 wiedergegebene Auffassung, daß das Berufsbild der hauptamtlichen Mitarbeiter von Parteien dadurch attraktiver gemacht werden soll, daß ihnen nach einer Zeit der Tätigkeit für die Partei „vereinfachte Übergangsbedingungen in den öffentlichen Dienst" zugesichert werden?
Herr Kollege Berger, in den SPD-Pressemitteilungen vom 29. September 1974 wird die von Ihnen angesprochene Auffassung mit der in Ihrer Frage geschilderten Bestimmtheit nicht vertreten. Vielmehr wird angeregt, die Möglichkeit vereinfachter Übergangsbedingungen in den öffentlichen Dienst für Parteiangestellte näher zu prüfen.
Angesichts der Bedeutung und der verfassungsrechtlichen Stellung, die das Grundgesetz den Parteien zuweist, sieht die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen von allgemeinem politischen Interesse darin, daß die Parteien sich für ihre Arbeit auf qualifizierte hauptamtliche Mitarbeiter stützen und dem Berufsbild nach die besten Mitarbeiter gewinnen können.
Dafür ist es sicher von Nutzen, wenn hauptamtliche Mitarbeiter im Rahmen des Möglichen Gelegenheit erhalten, Erfahrungen auch in Aufgabenbereichen des öffentlichen Dienstes zu gewinnen, so wie umgekehrt für die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung eine aufgabengemäße Sach- und Erfahrungsnähe zur Arbeit der politischen Parteien von unbestreitbarem Wert ist.
Ein solcher Personalaustausch zwischen Parteiorganisationen und öffentlichem Dienst ist in den Grenzen der Vorschriften des Grundgesetzes und des Berufsordnungsrechts für den öffentlichen Dienst zulässig und wird vor allem im Bereich des Fraktionsdienstes von allen drei Fraktionen des Deutschen Bundestages auch genutzt.
Im Rahmen dieses Personalaustausches ist zu unterscheiden zwischen dem Erwerb von Einstellungsvoraussetzungen und der Anrechnung von Beschäftigungszeiten im Regelungssystem des öffentlichen Dienstrechts. Die Beurteilung der Einstellungsvoraussetzungen hat sich an dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes zu orientieren, nach dem jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat.
Die erforderliche Eignung kann im Einzelfall auch durch qualifizierte verwaltungsnahe Tätigkeiten und Leistungen, z. B. im Parteibereich, erworben werden. Soweit dafür ein formaler Nachweis nicht vorhanden ist, bedarf es für die Ernennung zum Beamten der Prüfung und Zustimmung durch den Bundespersonalausschuß.
Ohne daß Einstellungsvoraussetzungen dadurch berührt werden, ist der Personalaustausch zwischen den Fraktionen und dem öffentlichen Dienst in beiden Richtungen erleichtert. Wie Sie sicher wissen, sind auch zur Zeit mehrere beurlaubte Beamte für die Bundestagsfraktionen tätig. Beschäftigungszeiten dieser Art werden im öffentlichen Dienst angerechnet, auch wenn der Eintritt in den öffentlichen Dienst erst nach der Tätigkeit für die Fraktion erfolgt.
Die Bundesregierung ist nach alledem der Auffassung, daß das geltende Dienstrecht beachtliche Chancen und Möglichkeiten für den Personalaustausch zum Nutzen der Parteien wie des öffentlichen Dienstes eröffnet.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berger.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung meine Ansicht teilt, daß ein Übergang der Mitarbeiter von demokratischen Parteien in den öffentlichen Dienst schon heute selbstverständlich möglich und auch erwünscht ist, wenn sie den normalen Qualifikations- und Sicherheitsanforderungen entsprechen, ohne daß es also der Anregung im SPD-Pressedienst und des Parteivorsitzenden Brandt mit sogenannten Vereinfachungen bedarf?
Herr Kollege Berger, was den ersten Teil Ihrer jetzigen Frage anbelangt, so habe ich mich bemüht, dieses etwas ausführlicher darzustellen. Im übrigen halte ich es nicht für meine Aufgabe, über die Notwendigkeit von Hinweisen, die in der Rede eines Parteivorsitzenden gegeben worden sind, hier ein Werturteil zu fällen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Würden Sie mir zustimmen, Herr Staatssekretär, daß der Ausdruck „Vereinfachung" zumindest sehr leicht an verringerte Qualifikationsanforderungen denken läßt, daß er in der Öffentlichkeit in der Tat so verstanden worden ist und daß deshalb ein sehr berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an einer klaren Aussage und Absage gegen solche Wünsche besteht?
Herr Kollege Berger, ich ver-
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Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Oktober 1974 8103
Parl. Staatssekretär Dr. Schmudemag den Zusammenhang nicht zwingend zu erkennen, daß man aus dem Begriff „vereinfacht" den Begriff „verringert" herleitet. Was etwaige Überlegungen und Diskussionen in der Öffentlichkeit anbelangt, so werden Sie mit mir bemerkt haben, daß von bestimmter Seite sehr viel Nachdruck darin gesetzt worden ist, Kritik gegen diese Äußerung auszulösen.
Ich rufe die Frage 41 des Herrn Abgeordneten Berger auf :
Beabsichtigt oder erwägt die Bundesregierung derartige Sonderregelungen für ehemalige Parteimitarbeiter, und soll bejahendenfalls hinsichtlich der fachlichen Anforderungen ähnlich verfahren werden, wie im Falle des früheren Kanzlerreferenten Guillaume?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Berger, wie Sie schon aus der eben gegebenen Antwort ersehen können, zieht die Bundesregierung Sonderregelungen nicht in Betracht.
Im übrigen kann ich der in Ihrer jetzigen Frage ausgedrückten Ansicht nicht zustimmen, bei dem früheren Referenten im Kanzleramt, Guillaume, sei im Einzelfall eine Sonderregelung praktiziert worden. Ohne dem derzeit tagenden Untersuchungsausschuß in seiner Bewertung vorzugreifen, weise ich darauf hin, daß die über die fachliche Qualifikation Guillaumes bei der Einstellung vernommenen Beamten nachdrücklich auf das Vorliegen gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen im Sinne der Erläuterungen zur Vergütungsgruppe II a BAT hingewiesen haben.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, Sie haben sicherlich Verständnis dafür, daß ich jetzt auf Ihre Bemerkung zu Guillaume nicht eingehe, da das, wie Sie ja richtig sagen, der Gegenstand eines Untersuchungsausschusses ist. Ich habe daher keine weiteren Fragen.
Sie haben keine weiteren Zusatzfragen.
Meine Damen und Herren, die Fragen 42 des Herrn Abgeordneten Dr. Franz und 43 der Abgeordneten Frau Dr. Walz werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich habe noch eine Minute zur Verfügung. Ich rufe noch die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Schäfer auf :
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß sie in der „Umwelt-Zeitung" Nr. 2 vom 31. August 1974 die von ihr selbst anerkannten sicherheitstechnischen Risiken kerntechnischer Anlagen verharmlost hat, und, wenn ja, was hat sie dazu veranlaßt?
Ich gehe davon aus, daß wir ohne Zusatzfrage zum Abschluß kommen, wenn es möglich ist, Herr Kollege. Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Schäfer, bei der von Ihnen genannten Ausgabe der „Umwelt-Zeitung" Nr. 2 handelt es sich um einen Vorabdruck. Er wurde lediglich für einen Sach- und Bedarfstest gefertigt und verschickt. Bei der Auswertung der Reaktion der Empfänger ergab sich aus der sachlichen Überprüfung des Hauptartikels eine Neufassung, deren Aussage voll die Auffassung des Bundesministeriums des Innern in Fragen der Reaktorsicherheit und des Strahlenschutzes wiedergibt. In der inzwischen fertiggestellten Gesamtauflage der „UmweltZeitung" Nr. 2 befindet sich die revidierte Fassung des Artikels.
Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie freundlicherweise auf Zusatzfragen verzichteten. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Damit konnte die Fragestunde ordnungsgemäß abgeschlossen werden. Wir stehen am Ende der Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Donnerstag, den 10. Oktober, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.