Protokoll:
7111

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 111

  • date_rangeDatum: 21. Juni 1974

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 11:13 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 111. Sitzung Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 Inhalt: Wahl des Abg. Dr. Müller (München) (CDU/ CSU) zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) zum stellvertretenden Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates . . 7587 A Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (Antrag der Abgeordneten Gewandt, Lampersbach, Schmidhuber, Engelsberger, Stücklen, Hauser [Krefeld], Dr. Becker [Mönchengladbach], Dr. Zeitel, Pohlmann, Schedl, Sick, Dr. Köhler [Duisburg], Dr. Köhler [Wolfsburg], Dr. Kraske, Eilers [Wilhelmshaven], Niegel, Biehle, Ey, Dr. Jobst, Dr. Kunz [Weiden], Röhner und Genossen) — Drucksache 7/2049 — Erste Beratung Gewandt (CDU/CSU) 7587 B Dr. Emmerlich (SPD) 7589 C Frau Lüdemann (FDP) 7591 C Lampersbach (CDU/CSU) . . . . 7592 B Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes — Drucksache 7/2098 —, Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO — Drucksache 7/2289 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 7/2279 — Zweite und dritte Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Antrag des Bunderates) — Drucksache 7/2099 —, Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO — Drucksache 7/2289 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 7/2279 — Zweite Beratung Dr. Fuchs (CDU/CSU) . . 7593 D, 7602 A Vogelsang (SPD) . . . . . . 7594 D Köster (CDU/CSU) 7596 D Rohde, Bundesminister (BMBW) . 7599 A Frau Grützmann (SPD) . . . . 7600 D Möllemann (FDP) . . . . . . 7603 C Erweiterung der Tagesordnung 7601 D II Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 Antrag des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Landesregierung Baden-Württemberg vom 20. Juni 1974 beim Bundesverfassungsgericht auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zum Fünften Gesetz zur Reform des Strafrechts — Drucksache 7/2301 — Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 7605 A Nächste Sitzung 7605 C Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7607* A Anlage 2 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Frage A 60 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Höcherl (CDU/ CSU) : Arbeitszeit der Landwirte 7607* C Anlage 3 Antwort des PStSekr Porzner (BMF) auf die Frage A 65 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Dr. Wernitz (SPD) : Grundstückssperrkäufe durch Naturschutzorganisationen 7607* D Anlage 4 Antwort des BMin Ertl (BML) auf die Frage B 1 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Bemerkung des Bundeskanzlers über den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ertl . . 7608* A Anlage 5 Antwort des PStSekr Moersch (AA) auf die Fragen B 2 und 3 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) : Feststellungen des amtlich autorisierten Sprechers von Radio Moskau, W. Sacharow, über die Verhandlungslinie der sowjetischen Delegation auf der KSZE; Gewaltverzicht und friedliche Geltendmachung des Selbstbestimmungs- und Wiedervereinigungsrechts des deutschen Volkes . . . . 7608* B Anlage 6 Antwort des BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer (BMI) auf die Fragen B 4 und 5 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Aufklärung von Mißständen und Veruntreuungsvorgängen bei der Sterbekasse und der Kantine des Statistischen Bundesamts; Prozeßkosten . . . 7608* D Anlage 7 Antwort des BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer (BMI) auf die Fragen B 6 und 7 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) : Untersuchungen über die krebsfördernde Wirkung von Asbest . . . . 7609* B Anlage 8 Antwort des BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer (BMI) auf die Fragen B 8 und 9 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Biechele (CDU/CSU) : Verstärkung des Umweltschutzes durch das Unternehmen „Abfallbörse"; „Abfallbörsen" für den Bereich der bundeseigenen Unternehmen . . . . . 7609* D Anlage 9 Antwort des BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer (BMI) auf die Fragen B 10 und 11 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Zuleitung des Entwurfs eines Achtundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes an den Bundestag; Beginn der Zahlungen . . 7610* B Anlage 10 Antwort des BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer (BMI) auf die Frage B 12 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 -- des Abg. Seibert (SPD) : Vermittlungsstelle für wiederverwendungsfähige Stoffe (sogenannte Abfallbörse) 7611* A Anlage 11 Antwort des BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer (BMI) auf die Fragen B 13 und 14 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Engholm (SPD) : Kriterien für die Anerkennung als Asylberechtigter; strafrechtliche Verfolgung wegen Kriegsdienstverweigerung in einem mit der Bundesrepublik Deutschland verbündeten Staat und politisches Asyl in der Bundesrepublik Deutschland 7611* B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 III Anlage 12 Antwort des BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer (BMI) auf die Fragen B 15 und 16 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Dr. Sperling (SPD) : Asylgesuche von Kriegsdienstverweigerern aus mit der Bundesrepublik Deutschland verbündeten Staaten . . 7612* A Anlage 13 Antwort des PStSekr Dr. de With (BMJ) auf die Frage B 17 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Standort für das künftige Europäische Patentamt in München 7612* C Anlage 14 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 18 und 19 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Pieroth (CDU/CSU) : Anpflanzung von Rebstöcken im Schutzstreifen der Nato-Treibstoff-Fernleitung Zweibrücken—Mainz—Aschaffenburg; Entschädigung für die betroffenen Winzer 7613* A Anlage 15 Antwort des StSekr Dr. Wolters (BMJFG) auf die Frage B 20 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Röhner (CDU/ CSU) : Qualitätsmaßstäbe für die Herstellung von Weinbrand in der „DDR" . . . 7613* D Anlage 16 Antwort des PStSekr Porzner (BMF) auf die Frage B 21 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Verbilligte Veräußerung bundeseigener Grundstücke in München . . . . 7614* A Anlage 17 Antwort des PStSekr Porzner (BMF) auf die Fragen B 22 und 23 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) : Bestehende und geplante Steuerbegünstigungen für Investitionen zur Sicherung der Energieversorgung; Höhe der in den nächsten Jahrzehnten erforderlichen Finanzmittel für Investitionen auf dem Gebiet der Energieforschung und Energieversorgung 7614* A Anlage 18 Antwort des BMin Dr. Dr. h. c. Maihofer (BMI) auf die Fragen B 24 und 25 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Pfeffermann (CDU/CSU) : Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens für großtechnische Anlagen, insbesondere Energieversorgungsanlagen 7614* D Anlage 19 Antwort des PStSekr Grüner (BMWi) auf die Frage B 26 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Provisionssatz für Tankstelleninhaber und Tankstellenpächter 7615* B Anlage 20 Antwort des PStSekr Logemann (BML) auf die Fragen B 27 und 28 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Besitzstruktur der neun zur Rapsverarbeitung eingerichteten Ölmühlen; Preisverfall bei Magermilchpulver . . 7615* C Anlage 21 Antwort des PStSekr Buschfort (BMA) auf die Frage B 29 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Dr. Enders (SPD) : Zahl der den Kliniken für erkrankte oder verunglückte ausländische Arbeitskräfte zur Verfügung stehenden Dolmetscher 7616* A Anlage 22 Antwort des PStSekr Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 30 und 31 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 -- des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) : Arbeitsbedingungen beim Kreiswehrersatzamt in Neustadt/Weinstraße; Beginn eines Neubaus . . . . . . . 7616* B Anlage 23 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Frage B 32 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Standort für einen neuen Rangierbahn- hof in München . . . . . . . . . 7616* D Anlage 24 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Fragen B 33 und 34 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Nordlohne (CDU/CSU) : IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 Führerscheinbewerber mit geminderter Sehleistung; Eignungsuntersuchung bei einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle 7616* D Anlage 25 Antwort des PStSekr Haar (BMV) auf die Frage B 35 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) : Baubeginn der B 27 (neu) von Schlaitorf bis Tübingen, der B 27 zwischen Tübingen und Dotternhausen, der B 28 im Ermstal, der B 313 als Zubringer von Reutlingen zur B 27 (neu) . . . 7617* C Anlage 26 Antwort des PStSekr Jung (BMV) auf die Fragen B 36 und 37 - Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Dr. Zeitel (CDU/CSU) : Geplanter Bau der Schnellbahntrasse Mannheim—Stuttgart; Umweltschäden für die Stadt Mannheim 7617* D Anlage 27 Antwort des PStSekr Dr. Hauff (BMFT) auf die Fragen B 38 und 39 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 - der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU) : Nominierung eines deutschen Kandidaten für das Amt des Generalsekretärs der Europäischen Weltraumbehörde; negative Haltung von französischer Seite 7618* A Anlage 28 Antwort des PStSekr Dr. Glotz (BMBW) auf die Fragen B 40 und 41 — Drucksache 7/2268 vom 14. 6. 74 — des Abg. Immer (SPD) : Förderung von überbetrieblichen Ausbildungsstätten in wirtschaftsschwachen Gebieten, insbesondere in Altenkirchen/Ww. 7618* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 7587 111. Sitzung Bonn, den 21. Juni 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 21. 6. Dr. Ahrens *** 22. 6. Dr. Aigner * 21.6. Alber *** 21. 6. Amrehn*** 21.6. Dr. Bardens 21. 6. Dr. Barzel 21.6. Behrendt * 21. 6. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 21. 6. Blumenfeld *** 21. 6. Frau von Bothmer *** 21. 6. Buchstaller 21. 6. Büchner (Speyer) *** 21. 6. Brand (Grolsheim) 22. 6. Dr. Burgbacher * 21. 6. Dr. Corterier * 21. 6. Dr. Dregger *** 21. 6. Dr. Enders *** 21. 6. Entrup 22. 6. Flämig * 21. 6. Frehsee * 21.6. Dr. Freiwald 22. 6. Dr. Früh * 21.6. Gerlach (Emsland) * 21.6. Dr. Geßner *** 21. 6. Dr. Gradl 23. 6. Groß 21.6. Dr. Haenschke 22. 6. von Hassel 21.6. Dr. Holtz *** 21. 6. Jäger (Wangen) 23. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 21. 6. Kahn-Ackermann *** 21.6. Kater * 21.6. Dr. Kempfler *** 21.6. Kiechle 21. 6. Kleinert 21. 6. Dr. Klepsch *** 21.6. Krall * 21. 6. Freiherr von Kühlmann-Stumm 21. 6. Lagershausen *** 21. 6. Dr. Graf Lambsdorff 21. 6. Lautenschlager * 21.6. Lemmrich *** 22. 6. Lenzer *** 21.6. Logemann 21.6. Dr. Lohmar 22. 6. Marquardt 21. 6. Memmel * 21.6. Dr. Mende *** 21. 6. Müller (Mülheim) * 21. 6. Dr. Müller (München) *** 21. 6. Pawelczyk *** 21. 6. Rainer 21. 6. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Roser 21.6. Dr. Schachtschabel * 21.6. Scheel 22.6. Schirmer 21. 6. Schmidt (Kempten) 21. 6. Schmidt (München) * 21. 6. Schmidt (Wattenscheid) 21. 6. Schmidt (Würgendorf) 22. 6. Schmöle 30. 6. von Schoeler 21. 6. Schonhofen 21.6. Dr. Schulz (Berlin) * 21. 6. Schwabe * 21.6. Dr. Schwencke *** 21. 6. Dr. Schwörer * 21. 6. Sieglerschmidt *** 21. 6. Springorum * 21. 6. Dr. Starke (Franken) * 21. 6. Straßmeir 21. 6. Strauß 21. 6. Dr. Vohrer *** 21. 6. Walther *** 21. 6. Dr. Warnke 21. 6. Dr. Wendig 21. 6. Frau Dr. Wolf *** 21. 6. Wurbs 21.6. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Frage A 60) : Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, daß die Selbständigen in der Land- und Forstwirtschaft die längste Arbeitszeit, nämlich 63,4 Stunden im Wochendurchschnitt, absolvieren müssen? Die Arbeitszeiten werden im Rahmen des Mikrozensus in der letzten Aprilwoche ermittelt. In diese Zeit fällt die Arbeitsspitze der Frühjahrsbestellung. Die Arbeitszeit dieser Berichtswoche ist daher für die Landwirtschaft keineswegs repräsentativ für die wöchentliche Arbeitszeit des gesamten Jahres. Ich darf jedoch darauf hinweisen, daß die Bundesregierung mit zahlreichen agrarpolitischen Maßnahmen bemüht ist, die Arbeit in der Landwirtschaft sowohl zu verkürzen als auch zu erleichtern. Hier sind insbesondere alle Maßnahmen der einzelbetrieblichen und der überbetrieblichen Investitionsförderung zu nennen, ferner die Bereitstellung erheblicher Bundesmittel für den Betriebshelfereinsatz im Rahmen der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wernitz (SPD) (Drucksache 7/2268 Frage A 65): Wie beurteilt die Bundesregierung Grundstückssperrkäufe durch Naturschutzorganisationen hinsichtlich der Gemeinnützigkeit dieser Verbände? 7608* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 Ein Verein ist gemeinnützig, wenn er Zwecke verfolgt, durch deren Erfüllung ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit gefördert wird, d. h. wenn seine Tätigkeit dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nutzt. Zu den gemeinnützigen Zwecken gehören auch der Naturschutz und die Landschaftspflege. Ob der Ankauf eines Grundstücks mit dem Ziel, eine Baumaßnahme zu verhindern, die Anerkennung der Gemeinnützigkeit eines Verbandes gefährdet, muß von den Finanzbehörden der Länder im konkreten Einzelfall geprüft werden. Anlage 4 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Frage B 1) : Wie ist die Bemerkung des Bundeskanzlers zu verstehen, der dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gesagt hat: „Er will haben, daß Ertl ein konstruktives Glied seiner Kabinettsrunde ist und ein erfolgreicher Agrarminister wird"? Diese Bemerkung ist so zu verstehen, wie sie gemacht worden ist. Sie ist vor allem im Zusammenhang zu sehen mit meiner weiteren Bemerkung im Hessischen Rundfunk, daß ich mit dem Herrn Bundeskanzler meine sachlichen Probleme besprochen und mich vergewissert habe, ob ich für diese meine Vorstellungen bei ihm einen Rückhalt habe. Den 1 habe ich gefunden. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Fragen B 2 und 3) : Entsprechen die Feststellungen des amtlich autorisierten Sprechers von Radio Moskau, W. Sacharow, vom 20. März 1974 „Auf der KSZE geht es darum, für alle Teilnehmerstaaten völkerrechtlich verbindliche Prinzipien für gegenseitige Beziehungen zu beschließen, und das bedeutet eben, Fragen nicht offen zu lassen, die nach allen Erfahrungen der europäischen Geschichte nicht offengelassen werden dürfen" sowie „Nun gilt es, das, was bilateral zum Bestandteil europäischer Politik geworden ist, zum geltenden Völkerrecht auch auf der gesamteuropäischen Konferenz zu erheben . . . Damit (d. h. mit dem westlichen Standpunkt in der Frage der Unverletzlichkeit der Grenzen) wird es aber klar, daß einige Länder des Gemeinsamen Marktes kleineuropäische Grundsätze verabschiedet sehen möchten, nicht aber die Bekräftigung der völkerrechtlichen Beziehungen, die z. B. das Fundament der Vertragswerke der Bundesrepublik Deutschland mit den Staaten der sozialistischen Gemeinschaft ausmachen" der bisherigen Verhandlungslinie der sowjetischen Delegation auf der KSZE (derzeitige Phase), und was ist zu verstehen unter „Fragen, die nicht offengelassen werden dürfen" sowie unter „Fundament der Vertragswerke der Bundesrepublik Deutschland mit den Staaten der sozialistischen Gemeinschaft"? Hält die Bundesregierung auch während der KSZE an ihrer während der parlamentarischen Beratung des Moskauer Vertrages wiederholt gegebenen, in der Gemeinsamen Entschließung vom 17. Mai 1972 bestätigten Versicherung fest, daß „Unverletzlichkeit der Grenzen" und der Verzicht auf das „Antasten der gegenwärtigen Grenzen" lediglich einen Gewaltverzicht bedeuten, nicht hingegen Verzicht auf das Streben nach friedlicher Überwindung der innerdeutschen Grenzlinie; daß die „uneingeschränkte Achtung der territorialen Integrität aller Staaten" eine weitere Bekräftigung dieses Gewaltverzichts darstellt; daß ihre Verpflichtung gegenüber der UdSSR, „keine Gebietsansprüche gegen irgend jemand zu haben und solche in Zukunft auch nicht zu erheben" der friedlichen Geltendmachung des Selbstbestimmungs- und Wiedervereinigungsrechts des deutschen Volkes nicht entgegensteht? Zu Frage B 2: Nach den Schlußempfehlungen von Helsinki, auf die sich alle Teilnehmerstaaten der KSZE geeinigt haben, geht es darum, bestimmte Prinzipien, die für die Beziehungen der Teilnehmerstaaten von grundlegender Bedeutung sind, zu bekräftigen. Es handelt sich also nicht darum, neues Völkerrecht zu schaffen, sondern es geht vielmehr um die Erstellung von praktischen politischen Verhaltensgrundsätzen. Damit soll das große moralische und politische Gewicht, welches die Grundsätze im einzelnen in der Praxis erlangen können, in keiner Weise in Frage gestellt werden. Soweit der Sprecher von Radio Moskau am 20. März 1974 von der Schaffung von Völkerrecht gesprochen hat, hat er sich nicht im Rahmen des Mandats von Helsinki gehalten; im übrigen ist die Darstellung auch in anderen Punkten unzutreffend. Die Ausführungen des Sprechers von Radio Moskau im einzelnen zu interpretieren, ist im übrigen nicht Aufgabe der Bundesregierung. Zu Frage B 3: Ihre Frage beantworte ich mit „ja". Die Bundesregierung hat ihre Position zum Moskauer Vertrag während der parlamentarischen Beratung ausführlich dargelegt. Die Bundesregierung geht von dieser Position auch dort aus, wo sie für die Thematik der Genfer Verhandlungen relevant ist. Anlage 6 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/2268 Fragen B 4 und 5): Ist die Bundesregierung bereit, auf Grund einer eingehenden und umfassenden Untersuchung die bereits in der Öffentlichkeit erörterten und vom Bundesrechnungshof ebenfalls festgestellten Mißstände sowie weitere Veruntreuungsvorgänge aus dem Jahr 1972 bei der Sterbekasse und der Kantine des Statistischen Bundesamts vollständig aufzuklären? Hält die Bundesregierung es für gerechtfertigt, daß von dem für die Bediensteten sichergestellten Betrag von ca. 70 000 DM die Prozeßkosten in Höhe von ca. 30 000 DM, die aus den von der Bundesrepublik Deutschland im Namen der geschädigten Amtsangehörigen geführten Prozessen resultieren, zu Lasten der geschädigten Amtsangehörigen abgezogen wurden, und ist sie nicht auch der Meinung, daß der Dienstherr auf Grund seiner Fürsorgepflicht unter Aufklärung der geschädigten Amtsangehörigen zur Prozeßführung verpflichtet gewesen wäre? a) Bei den vom Bundesrechnungshof festgestellten Mißständen handelte es sich um Unregelmäßigkeiten bei der Kantinenrechnung im Statistischen Bundesamt während der Jahre 1961 bis 1968. Das Statistische Bundesamt hatte mit der früheren Pächterin des Kantinenbetriebes seiner Dienststelle in Wiesbaden vertraglich vereinbart, daß die Pächterin den einen bestimmten Betrag übersteigenden Teil ihres Gewinns — den sogenannten Übergewinn — zur Verbesserung und Verbilligung des Kantinenessens zu verwenden habe. Nach Prüfung der von der Kantinenpächterin erstellten Kantinenrechnung wurde im Jahre 1968 festgestellt, daß Übergewinne nicht vertragsgemäß verwendet worden waren. Zur Aufklärung hatte das Statistische Bundesamt eine Prüfgruppe gebildet, die Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 7609* Ende 1968 und 1969 die Ergebnisse ihrer Prüfung vorlegte. In der Folge wurden zwischen dem Statistischen Bundesamt und der früheren Kantinenpächterin mehrere Prozesse geführt, die 1971 auf Vorschlag des Landgerichts Wiesbaden mit Zustimmung des Bundesrechnungshofes mit einem Vergleich beendet wurden. Gegenstand der Verfahren waren u. a. auch Ersatzansprüche des Bundes für abhanden gekommenes oder unbrauchbar gewordenes Küchen- und Kantinengerät. Der aus dem gerichtlichen Vergleich erlangte Betrag von rd. 75 000 DM wurde mit Zustimmung des Bundesministers des Innern, des Bundesrechnungshofes und des örtlichen Personalrates wie folgt verwendet: Zunächst wurden Prozeßkosten von rd. 12 000 DM beglichen. Die verbleibenden rd. 63 000 DM wurden auf den Bund und die Angehörigen des Statistischen Bundesamtes nach dem Verhältnis des Wertes der jeweils im Streit befindlichen Gegenstände aufgeteilt. Danach entfielen auf den Bund rd. 33 000 DM und auf die Angehörigen des Statistischen Bundesamtes rd. 30 000 DM. Der letzte Betrag ist dazu verwendet worden, den Angehörigen des Statistischen Bundesamtes je Tag und Essensteilnehmer einen (zu dem allgemeinen Bundeszuschuß) zusätzlichen Zuschuß von 0,10 DM zu gewähren. Damit ist die Angelegenheit im Einvernehmen mit dem Bundesrechnungshof und der Personalvertretung rechtskräftig zum Abschluß gekommen. Gegen die Zahlung der Prozeßkosten in Höhe von rd. 12 000 DM aus dem Vergleichserlös von rd. 75 000 DM bestehen auch unter fürsorgerischen Gesichtspunkten keine Bedenken. Da der Vergleichsbetrag sowohl zur Befriedigung der Ansprüche des Bundes als auch der der Bediensteten des Statistischen Bundesamtes verwendet worden ist, waren auch beide an den Verfahrenskosten zu beteiligen. b) Bei der Veruntreuung von Beiträgen zur Sterbekasse durch einen früheren Angestellten des Statistischen Bundesamtes, der sofort fristlos entlassen worden ist, konnten alle veruntreuten Gelder wiedererlangt werden. c) Hinsichtlich einer Veruntreuung bei der Kantine des Statistischen Bundesamtes im Jahre 1972 ist festzustellen, daß hiervon lediglich der Kantinenpächter betroffen war. Dessen Verkaufskraft soll nach seinen Angaben, möglicherweise durch Manipulation am Automaten für die Ausgabe von Eßmarken, etwa 30 000 DM bis 40 000 DM an sich gebracht und ihn um diesen Betrag geschädigt haben. Auf eine Strafanzeige des Pächters hin wurde ein Strafverfahren eingeleitet, jedoch mangels begründeten Tatverdachts wieder eingestellt. Die Bediensteten des Statistischen Bundesamts waren von dieser Angelegenheit nicht betroffen. Anlage 7 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Müller (Mülheim) (SPD) (Drucksache 7/2268 Fragen B 6 und 7): Teilt die Bundesregierung die von der EG-Kommission vertretene Auffassung, wonach die von Asbest, insbesondere durch den Abrieb desselben von Bremsbelägen an Kraftfahrzeugen, ausgehenden Gesundheitsgefährdungen die Vergabe von Forschungsaufträgen dringend geboten erscheinen lassen? Hat die Bundesregierung wegen der unbestrittenen krebsfördernden Wirkung von Asbest in der Vergangenheit Untersuchungen veranlaßt, gezielte Forschungsaufträge vergeben, und ist sie bereit, ihren Einfluß geltend zu machen, damit auch auf der Gemeinschaftsebene umfassende Studien in die Wege geleitet werden? Zu Frage B 6: Der von der EG-Kommission vertretenen Auffassung, daß Forschungsvorhaben zur Klärung der gesundheitsgefährdenden Wirkung von Asbest durchgeführt werden sollen, stimme ich voll inhaltlich zu. Allerdings räume ich den Untersuchungen über Asbest aus dem Abrieb von Bremsbelägen unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes keinen prioritären Rang ein. Aus einer kürzlich in meinem Auftrag durchgeführten Untersuchung ergibt sich, daß kein signifikanter Einfluß des Abriebes von Bremsbelägen auf die Asbestkonzentration der Außenluft besteht. Falls Sie an den Ergebnissen dieser Untersuchung im einzelnen interessiert sind, werde ich Ihnen diese gern zur Verfügung stellen. Zu Frage B 7: Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Untersuchung der krebsfördernden Wirkung von Asbest, aber auch anderer faseriger Stäube, unter umwelthygienischen Gesichtspunkten besondere Bedeutung zukommt. Sie hat daher diesen Standpunkt auch immer im Rahmen der EG und der Weltgesundheitsorganisation nachdrücklich vertreten. Im Auftrag des Bundesministers des Innern ist in Deutschland die erste breitere Untersuchung über Asbestkonzentrationen in der Außenluft einer Großstadt durchgeführt worden. Weiterhin werden im Rahmen eines seit zwei Jahren laufenden Forschungsvorhabens die „kanzerogenen Wirkungen von Substanzen der Großstadtluft" einschließlich der von Asbest und anderer faseriger Stäube untersucht. Weiterhin habe ich, um die Gefahren von Asbest in der Umwelt besser bewerten zu können, bei der „VDI-Kommission — Reinhaltung der Luft" angeregt, eine Arbeitsgruppe „spezifische Wirkung von faserigen Stäuben" zu gründen. Dies ist nunmehr geschehen; die Gruppe wird ihre Arbeit im Herbst dieses Jahres aufnehmen. Prüft man die im internationalen Bereich bisher durchgeführten Forschungen über die krebsfördernde Wirkung von Asbest, so ergibt sich, daß in einigen Ländern der Europäischen Gemeinschaften hierüber wichtige Untersuchungen durchgeführt worden sind und werden. Ich werde daher auch unter diesem Gesichtspunkt jedes von der EG-Kommission zu dem von Ihnen angeschnittenen Fragenkomplex vorgelegte Forschungsvorhaben nach Kräften unterstützen. Anlage 8 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Fragen B 8 und 9) : 7610* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 Wie beurteilt die Bundesregierung das Unternehmen „Abfallbörse" im Sinne eines verstärkten Umweltschutzes, dem sich 64 Industrie- und Handelskammern angeschlossen haben und die zum 1. Juli 1974 anlaufen soll, mit der ein Großteil der Industrieabfälle weiterverwertet oder aufgearbeitet werden soll, und erlauben die bisherigen Erfahrungen der „VCI-Abfallbörse", der „Abfallbörse" des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt, die seit Anfang 1973 besteht, ein positives Urteil soldier Einrichtungen im Sinne einer begrüßenswerten Verstärkung des Umweltsdiutzes? Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, solche Abfallbörsen" für den Bereich der bundeseigenen Unternehmen einzurichten oder zu veranlassen, daß sidi diese Unternehmen bestehenden „Abfallbörsen" anschließen? Zu Frage B 8: Die „Abfallbörse" des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) hat sich seit ihrer Gründung Anfang des Jahres 1973 sehr bewährt. Auf diese Weise werden erhebliche Mengen an Rückständen aus der chemischen Industrie dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt. Damit wird die Abfallbeseitigung insbesondere von Abfällen entlastet, die meist schwer oder nur kostenaufwendig zu beseitigen sind. Die Absicht der Industrie- und Handelskammern, ab 1. Juli 1974 darüber hinaus eine Abfallbörse für Rückstände der Industrieproduktion bundesweit einzurichten, wird von der Bundesregierung als sehr positiv beurteilt. Mit diesem Beitrag der Industrie wird bereits eine der vielfältigen Aufgaben, die für das „Abfallwirtschaftsprogramm" der Bundesregierung vorgesehen sind, einer befriedigenden Lösung zugeführt. In diesem Sinne wird die neue Einrichtung als begrüßenswerte Verstärkung des Umweltschutzes angesehen. Zu Frage B 9: Für den Bereich der bundeseigenen Unternehmen bedarf es keiner eigenen Abfallbörsen; diese Unternehmen können die vorgenannten Abfallbörsen mit in Anspruch nehmen. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, daß die bundeseigenen Unternehmen von diesen Möglichkeiten so weit wie möglich Gebrauch machen. Anlage 9 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Freiherr von Fircks (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Fragen B 10 und 11) : Wann wird die Bundesregierung den vom Bundesrat am 10. Mai 1974 im ersten Durchgang behandelten Entwurf eines Achtundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (Bundesrats-Drucksache 210/74) dem Bundestag zuleiten? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine alsbaldige Auszahlung der nach dieser Lastenausgleichsnovelle vorgesehenen zusätzlichen Leistungen angesichts des späten Zeitpunkts der Zuerkennung dieser Ansprüche und unter Berücksichtigung der anhaltenden Inflationsentwicklung dringend geboten ist, und welchen Termin hat sie für den Beginn dieser Zahlungen ins Auge gefaßt? Zu Frage B 10: Die Bundesregierung wird den Entwurf eines Achtundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes zusammen mit ihrer Gegenäußerung zu der vom Bundesrat anläßlich des ersten Durchgangs am 10. Mai 1974 beschlossenen Stellungnahme dem Deutschen Bundestag so rechtzeitig zuleiten, daß dieser die Beratung des Gesetzentwurfs unmittelbar nach Beendigung der Parlamentsferien aufnehmen kann. Zu Frage B 11: Die Bundesregierung geht davon aus, daß das 28. Änderungsgesetz zum Lastenausgleichsgesetz gegen Ende 1974 in Kraft treten wird. Sie teilt die Auffassung, daß danach die alsbaldige Auszahlung der in dieser Novelle vorgesehenen zusätzlichen Leistungen wünschenswert ist. Der Präsident des Bundesausgleichsamtes, dem nach § 319 LAG die Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes die Verwaltung der Mittel des Ausgleichsfonds und die Verfügung über deren Verwendung nach § 319 LAG obliegen, beabsichtigt, mit der Zuerkennung und Erfüllung des Entwurzelungszuschlags zum Grundbetrag der Hauptentschädigung für anerkannte Sowjetzonenflüchtlinge und der für Zeiträume zwischen dem 1. Januar 1953 und dem 31. Dezember 1969 zu berechnenden Zinszuschläge zum Grundbetrag der Hauptentschädigung für Zonenschäden schon Anfang 1975 zu beginnen, soweit dies im Rahmen der Arbeitskapazität der Ausgleichsämter einerseits und nach den für 1975 und die folgenden Rechnungsjahre zur Verfügung stehenden Mitteln andererseits möglich ist. Zur Vorbereitung der technischen Durchführung der 28. Novelle dient das bereits erlassene Rundschreiben zum Regierungsentwurf eines 28. ÄndG LAG vom 2. Mai 1974 (Mtbl. BAA 1974 S. 140). Was die finanzielle Seite der Durchführung dieses Gesetzes anbetrifft, sind zwischen dem Präsidenten des Bundesausgleichsamtes und den für die Leistungsseite des Lastenausgleichs gemeinsam federführenden Ressorts (Bundesministerium des Innern und Bundesministerium der Finanzen) die Möglichkeiten einer Lösung ebenfalls bereits eingehend erörtert worden. Die zusätzlichen Aufwendungen für Zonenschäden werden vom Bundesausgleichsamt in einer Größenordnung zwischen 1,3 bis 1,5 Mrd. DM geschätzt. Wesentlich dabei ist die Tatsache, daß von den Gesamtaufwendungen ein Teilbetrag von etwa 550 Millionen DM auf schon bis Ende 1974 rechtskräftig zuerkannte Grundbeträge der Hauptentschädigung entfallen und daß dieser Betrag sich bis Ende 1975 auf etwa 700 Millionen DM erhöhen wird. Nach dem Ergebnis der bisherigen Erörterungen ist eine Erhöhung des Zuschusses des Bundes an den Ausgleichsfonds nach § 6 Abs. 6 LAG für das Haushaltsjahr 1975 über die 1971 schon festgelegte Rate von 100 Millionen DM hinaus nicht möglich, da sich der Bundeshaushalt wegen der großen Belastungen gerade in diesem Rechnungsjahr (Steuerreform u. a.) selbst in einer 'besonders angespannten Finanzsituation befindet. Die Bundesregierung ist im Interesse einer zügigen Abwicklung der 28. Novelle andererseits bereit, einer Erweiterung des Kreditrahmens für die Aufnahme von Vorfinanzierungsmitteln durch den Ausgleichsfonds entsprechend den tatsächlichen Bedürfnissen zuzustimmen, soweit die Lage auf dem Kapitalmarkt das zuläßt. Im übrigen ist daran gedacht, die Spareinlagenregelung zur unbaren Erfüllung von Hauptentschädigung wieder aufzugreifen. Die dazu erforderlichen Verhandlun- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 7611* gen mit den Spitzenverbänden der Kreditinstitute sind seitens des Bundesausgleichsamtes inzwischen aufgenommen worden. Anlage 10 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Seibert (SPD) (Drucksache 7/2268 Frage B 12) : Wie beurteilt die Bundesregierung die vom Deutschen Industrie- und Handelstag initiierte Errichtung einer Vermittlungsstelle für wiederverwendungsfähige Stoffe (sogenannte Abfallbörse)? Die Bundesregierung sieht in der Absicht der Industrie- und Handelskammern, ab 1. Juli 1.974 eine Abfallbörse für Rückstände der Industrieproduktion einzurichten, einen sehr positiven Beitrag zum Umweltschutz. Eine derartige Einrichtung hat in der Bundesrepublik Deutschland in Form der „Abfallbörse" des Verbandes der Chemischen Industrie e. V., Frankfurt/M., seit Anfang 1973 bereits eine Bewährungsprobe bestanden. Die notwendige Abstimmung in den Aufgaben beider Einrichtungen erscheint sichergestellt. Diese neuen Einrichtungen sind zugleich als ein wertvoller Beitrag der Industrie zu dem in Arbeit befindlichen „Abfallwirtschaftsprogramm" der Bundesregierung zu werten. Anlage 11 Antwort des Bundesminister Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Schriftlichen Fragen ,des Abgeordneten Engholm (SPD) (Drucksache 7/2268 Fragen B 13 und 14) : Welche Kriterien sind für Behörden der Bundesrepublik Deutschland maßgebend, um einen Antrag für die Anerkennung als Asylberechtigter zu entscheiden? Welche Umstände müssen vorliegen, um die strafrechtliche Verfolgung wegen Kriegsdienstverweigerung in einem mit der Bundesrepublik Deutschland verbündeten Staat als politische Verfolgung im Sinne des Artikels 16 GG anzuerkennen und einem wegen Kriegsdienstverweigerung in seinem Heimatland Verfolgten politisches Asyl in der Bundesrepublik Deutschland zu gewähren? Zu Frage B 13: Rechtsgrundlage für die Gewährung von Asyl in der Bundesrepublik Deutschland sind Artikel 16 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" und Artikel 1 Abs. 2 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 in der Fassung des Protokolls vom 31. Januar 1967. Flüchtling ist nach diesem Abkommen, wer aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in Anspruch nehmen will. Voraussetzung für die Gewährung des Asylrechts ist, daß der Ausländer in seinem Heimatstaat aus politischen Gründen — auch sämtliche im Genfer Abkommen genannten einzelnen Gründe sind im Grunde politischer Art — „verfolgt" worden ist oder von politischer Verfolgung wenigstens bedroht war („begründete Furcht vor Verfolgung"). Asylberechtigt ist daher nicht schon, wer sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und die Rückkehr aus anderen — durchaus achtenswerten oder menschlich verständlichen — Gründen ablehnt. Ob die erforderlichen Anerkennungsvoraussetzungen vorliegen, ist eine Rechtsentscheidung, nicht eine solche des Ermessens. Fehlt es an einer begründeten, d. h. nach dem Sachverhalt im Einzelfall naheliegenden Furcht vor Verfolgung, so kann dem Betroffenen zwar gleichwohl — im Ermessenswege — der Aufenthalt gestattet werden; die Zuerkennung des Asylrechts aber ist nicht möglich. Zu Frage B 14: Ob die Anerkennungsvoraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, hat das für die Entscheidung über Asylanträge zuständige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren zu prüfen. Die weisungsunabhängigen Ausschüsse stützen sich dabei in ihrer Spruchpraxis gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes auf Wortlaut und Sinn der maßgeblichen Rechtsvorschriften unter besonderer Beachtung der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Asylrecht. Hinsichtlich der hier entscheidenden Frage, wann einer Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung asylrechtliche Bedeutung zukommt, hat das Bundesverwaltungsgericht gewisse Grundsätze entwickelt. Ob eine Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung eine asylrechtlich relevante Verfolgung darstellt, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ab, ob „der einzelne befürchten muß, während des Wehrdienstes in Konflikte zu geraten, die mit Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention enden müssen" (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1963 — I C 92.61 —). Ein solcher Konflikt besteht z. B., wenn der einzelne „durch seine Religion verpflichtet" ist, „den Waffendienst aus Gewissensgründen zu verweigern. Wenn der Staat in einem solchen Konflikt gegen den Kriegsdienstverweigerer vorgeht, so wirkt sich das für den Betroffenen als eine Verfolgung wegen seiner Religion aus, und es kann nur um die Frage gehen, inwieweit sich hieraus für ihn gute Gründe für eine Furcht vor Verfolgung im Sinne der GK ergeben;" (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1962 — I C 41.60 —; ebenso Urteil vom 29. Juni 1962 — I C 120.60 —). „Solche Konflikte können sich auch aus politischer Überzeugung ergeben, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Ableistung des Wehrdienstes unzumutbar ist, . . ." (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1963 — I C 92.61 —) . 7612* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 Schließlich ist politische Verfolgung auch dann anzunehmen, „wenn zu erwarten steht, daß die vom Kläger behauptete Haltung gegenüber der Staatsgewalt seines Heimatstaates zu seinen Ungunsten mit berücksichtigt wird" (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1957 — I C 166.56 — = BVerwGE 4, 238) ; wenn also „Art und Höhe der Strafe auf besonderen politischen Gründen beruhen" (BayVGH, Urteil vom 17. Mai 1960 — Nr. 111 VIII 59 —) . Diese Grundsätze werden bei allen Asylbewerbern, die sich auf eine Verfolgung wegen Wehrdienstverweigerung oder Fahnenflucht berufen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit angewandt. Anlage 12 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Sperling (SPD) (Drucksache 7/2268 Fragen B 15 und 16) : Wie viele Asylgesuche von — wegen Kriegsdienstverweigerung — in ihren Heimatländern Verfolgten sind seit 1969 von der Bundesregierung positiv, wie viele negativ entschieden worden, wie viele Kriegsdienstverweigerer aus mit der Bundesrepublik Deutschland verbündeten Staaten haben seit 1969 in der Bundesrepublik Deutschland politisches Asyl gefunden und wie viele davon kamen aus den kriegführenden NATO-Staaten, Amerika und Portugal? Wird Kriegsdienstverweigerung in einem mit der Bundesrepublik Deutschland verbündeten Staat von der Bundesregierung anders gewertet, als die in Staaten außerhalb des NATO-Bündnisses, und wie unterscheidet sich die diesbezügliche Asylgewährungspraxis der Bundesregierung von der in anderen NATO-Staaten, z. B. Kanada? Zu Frage B 15: Das für die Entscheidung über Asylanträge zuständige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge führt keine Aufzeichnungen über die von den Antragstellern jeweils vorgebrachten Asylgründe. Daher liegen keine Zahlenangaben über Asylanträge von Kriegs- und Wehrdienstverweigerern vor. Über wieviel Asylanträge von Personen, die als Asylgrund Kriegs- und Wehrdienstverweigerung angegeben haben, seit 1969 mit welchem Ergebnis rechtskräftig entschieden worden ist, könnte deshalb nur durch Durchsicht der Akten aller seit 1969 entschiedenen Asylanträge — es handelt sich um über 25 000 Fälle — festgestellt werden. Wegen der großen Arbeitsbelastung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge habe ich — Ihr Einvernehmen voraussetzend — davon abgesehen, diese Feststellungen treffen zu lassen. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ist jedoch veranlaßt worden, die Asylakten aller seit 1969 rechtskräftig anerkannten Asylbewerber aus Mitgliedstaaten der NATO darauf zu überprüfen, ob die Anerkennung auf einer Verfolgung wegen Kriegs-. oder Wehrdienstverweigerung beruhte. Diese Feststellung konnte noch nicht abgeschlossen werden. Nach Abschluß der Ermittlungen werde ich Sie unterrichten. Zu Frage B 16: Die Bundesrepublik Deutschland gehört zu den wenigen Staaten, in denen das Asylrecht als Grundrecht ausgestaltet ist. Dies bedeutet, daß bei Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen Asyl auch dann zu gewähren ist, wenn sich aus der Asylgewährung außenpolitische oder bündnispolitische Unzuträglichkeiten ergeben könnten. Für die weisungsunabhängigen Ausschüsse des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, die über die Asylanträge zu entscheiden haben, ist daher ohne Bedeutung, welche Staatsangehörigkeit ein asylsuchender Ausländer besitzt. Entscheidend ist allein die Frage, ob im jeweiligen Einzelfall eine Verfolgung aus den im Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge angeführten Gründe eingetreten oder zu befürchten ist. Die grundgesetzliche Verankerung des Asylrechts in der Bundesrepublik Deutschland kann möglicherweise zur Folge haben, daß in anderen NATO-Staaten, in denen kein Grundrecht auf Asyl besteht, nach anderen Gesichtspunkten über Asylanträge entschieden wird. Das Auswärtige Amt wird dieser Frage nachgehen; über das Ergebnis werde ich Sie unterrichten. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Frage B 17) : Auf Grund welcher völkerrechtlich verbindlicher Vertragsbestimmungen, Vorschriften und Paragraphen behauptet die Bundesregierung, daß der innerstädtische Standort für das künftige Europäische Patentamt in München unbedingt an der Erhardtstraße gelegen sein müsse, und welche Vertragsbestimmungen, Vorschriften und Paragraphen widersprechen der Absicht, das Europäische Patentamt an einem anderen gleichwertigen innerstädtischen Standort unterzubringen als an der Erhardtstraße? Das von der Münchener Diplomatischen Konferenz im Herbst 1973 verabschiedete Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen), das inzwischen von 16 der 21 beteiligten Staaten, darunter der Bundesrepublik Deutschland, unterzeichnet worden ist, sieht in seinem Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 folgendes vor: Das Europäische Patentamt wird in München errichtet. Die Münchener Diplomatische Konferenz hat sich für diese Regelung und damit für München als Sitz des Europäischen Patentamts entschieden, nachdem ihr alle Einzelheiten für die Planung des Dienstgebäudes des Europäischen Patentamts am Standort Erhardtstraße ausführlich unterbreitet worden sind. Dabei sind die Vorteile dieses Standorts, nämlich die verkehrsgünstige Lage in der Innenstadt und die unmittelbare Nachbarschaft zum Deutschen Patentamt und zum Deutschen Museum, besonders herausgestellt worden. Der Standort Erhardtstraße ist damit eindeutig Grundlage der Sitzentscheidung der Münchener Konferenz gewesen. Die Wahl eines anderen Standorts würde der Sitzentscheidung der Münchener Konferenz die Grundlage entziehen. Die Bundesregierung hat mit ihrer Unterschrift unter das Münchener Übereinkommen gegenüber den Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 7613* beteiligten Regierungen die Verpflichtung übernommen, alles in ihrer Kraft Stehende zu tun, um die Zusage, die sie vor Unterzeichnung abgegeben hat und durch die die Verhandlungspartner zur Annahme des Übereinkommenstextes mit seinem jetzigen Inhalt veranlaßt worden sind, zu erfüllen. Dazu gehören auch die Erklärungen und Zusagen über den Standort des vorgesehenen Dienstgebäudes für das Europäische Patentamt an der Erhardtstraße. Die Wahl eines anderen Standorts für das Europäische Patentamt in München würde der danach von der Bundesregierung übernommenen Verpflichtung zuwiderlaufen. Unter diesen Umständen könnte die Bundesregierung auch die Regierungen der anderen beteiligten 20 Staaten nicht daran festhalten, daß die Münchener Konferenz sich für München als Sitz des Europäischen Patentamts entschieden hat. Damit würde aber die Sitzfrage erneut zur Diskussion gestellt sein. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Fragen B 18 und 19) : Hält es die Bundesregierung für zwingend erforderlich, daß zum Schutze einer 1,8 m bis 2 m tief in der Erde liegenden Nato-Treibstoff-Fernleitung Zweibrücken—Mainz—Aschaffenburg im Bereich der Gemarkung Fürfeld/Landkreis Bad Kreuznach, die durch Weinbergsgelände führt, im Bereich des festgelegten 4 m breiten Schutzstreifens keine Rebstöcke mehr gepflanzt werden dürfen? Ist die Bundesregierung mit mir gegebenenfalls der Ansicht, daß eine einmalige Entschädigung von 0,10 DM pro Quadratmeter für die Eintragung einer persönlichen Dienstbarkeit für die in Anspruch genommene Schutzstreifenfläche in Anbetracht des großen Verlustes für die betroffenen Winzer eine zu niedrige Entschädigung darstellt? Zu Frage B 18: Nach den 1961 vom damaligen Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes und vom Bundesminister der Finanzen gemeinsam erlassenen Richtlinien für die Bestellung von Dienstbarkeiten bei der Verlegung von Betriebsstoffleitungen für Verteidigungszwecke beträgt die Breite des Schutzstreifens einer Betriebsstoffleitung grundsätzlich 10 m, gemessen von der Rohrmitte, also je 5 m beiderseits der Leitung. Dieser Schutzstreifen ist zur Vermeidung von Beschädigungen der Leitung von Bäumen und Sträuchern mit tiefreichendem Wurzelwerk freizuhalten. Im Interesse des Weinbaues ist im Jahre 1963 — abweichend von diesen Richtlinien — der von Rebstöcken freizuhaltende Streifen auf eine Breite von 4 m, je 2 m beiderseits der Rohrmitte, begrenzt worden. Eine weitere Verringerung des von Rebstöcken freizuhaltenden Streifens ist im Hinblick auf die Gefahr von Beschädigungen der Leitung durch Wurzelwerk und der Beeinträchtigung der Grundstücke durch auslaufende Betriebsstoffe nicht zu verantworten. Zu Frage B 19: Die Entschädigung der von der Verlegung von Betriebsstoffleitungen betroffenen Eigentümer von Weinbaugelände beschränkt sich nicht auf eine einmalige Zahlung von 0,10 DM pro Quadratmeter der Schutzstreifenfläche. Die Eigentümer erhalten für die Einräumung der Dienstbarkeit ein einmaliges Entgelt, das nach der vollen Schutzstreifenbreite von 10 m ermittelt wird, sowie eine Entschädigung für den Nutzungsausfall auf dem 4 m breiten, von Rebstöcken freizuhaltenden Streifen. Die Dienstbarkeitsentschädigung, die lediglich das Risiko abdecken soll, daß die Grundbuchbelastung den Verkehrswert des Grundstückes geringfügig mindern könnte, war ursprünglich auf 0,10 DM/qm Schutzstreifenfläche begrenzt. In Angleichung an die höchstrichterliche Rechtsprechung ist der Entschädigungssatz inzwischen auf bis zu 20 % des Verkehrswertes der Schutzstreifenfläche angehoben worden. Durch Besserungsklauseln in den Gestattungsverträgen wurden die auf der Grundlage von 0,10 DM/ qm bereits vereinbarten Entgelte rückwirkend entsprechend erhöht. Der Verlust, den die Winzer durch den Nutzungsausfall auf dem 4 m breiten von Rebstöcken freizuhaltenden Streifen erleiden, wird unter Beiziehung von Weinbausachverständigen ermittelt und durch eine kapitalisierte Entschädigung ausgeglichen. Anlage 15 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Röhner (CDU/CSU) : (Drucksache 7/2268 Frage B 20) : Trifft es zu, daß an die Herstellung von Weinbrand in der „DDR" weniger strenge Qualitätsmaßstäbe angelegt werden als in der Bundesrepublik Deutschland, und wird die Bundesregierung dafür sorgen, daß diese Erzeugnisse, wenn sie in der Bundesrepublik Deutschland als „Weinbrand" vertrieben werden, den gleichen scharfen Qualitätsforderungen unterworfen werden wie der in der Bundesrepublik Deutschland hergestellte Weinbrand? Das Weingesetz vom 14. Juli 1971 enthält lediglich Regelungen für inländische und für ausländische, nicht aber für Erzeugnisse aus der DDR. Die insoweit im Regierungsentwurf des Weingesetzes 1969 vorgesehenen Vorschriften waren bei den Ausschußberatungen im Bundestag insbesondere deswegen als entbehrlich angesehen worden, weil zu dieser Zeit nennenswerte Mengen an Erzeugnissen aus der DDR nicht bezogen wurden. Der Ausschuß war der Auffassung, etwaige Schwierigkeiten würden sich im Rahmen des Interzonenhandelsabkommens und auf dem Verwaltungswege ausräumen lassen. In letzter Zeit ist eine Steigerung des Bezugs an Erzeugnissen des Weingesetzes aus der DDR erkennbar geworden. Aufgrund dieser veränderten Sachlage hält es die Bundesregierung für erforderlich, auch für DDR-Erzeugnisse Regelungen zu treffen, und wird bei der nächsten Änderung des Weingesetzes entsprechende Vorschriften vorsehen. 7614* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Frage B 21) : In welchem Umfang wurden im Jahr 1973 innerhalb der Stadt München bundeseigene Grundstücke verbilligt veräußert (vgl. Drucksache 7/1706)? Innerhalb des Stadtgebietes München ist im Jahre 1973 eine rund 2 000 qm große Fläche unter Anwendung des Gesetzes über die verbilligte Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von bundeseigenen Grundstücken mit einem Preisnachlaß von 30 °/o des Verkehrswertes veräußert worden. Käuferin war die Stadt München, die das Gelände zur Erweiterung des U-Bahn-Betriebsbahnhofs verwendet. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Fragen B 22 und 23) : Welche steuerlichen Möglichkeiten bestehen bisher, Investitionen, die der Sicherung der Energieversorgung dienen, zu erleichtern, und welche zusätzlichen Maßnahmen (z. B. Sonderabschreibung bei derartigen Investitionen) sind ins Auge gefaßt? Wie beurteilt die Bundesregierung die Höhe der in den nächsten Jahrzehnten aufzubringenden Finanzmittel für Investitionen der Energieforschung und Energieversorgung, und welche Finanzierungsvorstellungen hat sie dabei? I Zu Frage B 22: Die steuerliche Begünstigung von Investitionen zur Sicherung der Energieversorgung erfolgt überwiegend im Rahmen von Regelungen, die eine generelle Förderung bestimmter Investitionen zum Ziel haben. Zu nennen sind insbesondere die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen durch Gewährung von Investitionszulagen nach § 4 des Investitionszulagengesetzes und — allerdings bis 31. Dezember 1974 befristet — durch Sonderabschreibungen nach § 51 EStG i. V. m. § 82 d EStDV sowie die Gewährung von steuerlichen Erleichterungen bei (u. a. bergbaulichen) Investitionen inländischer Unternehmen im Ausland nach dem Auslandsinvestitionsgesetz. Die 1944 eingeführte steuerliche Begünstigung des Baues von Wasserkraftwerken wurde inzwischen zweimal verlängert. Zwei steuerliche Regelungen, die Ende 1973 ausgelaufen sind, die jedoch insbesondere auch wegen ihrer energiepolitischen Bedeutung verlängert werden sollen, befinden sich gegenwärtig in der parlamentarischen Beratung: 1. Die Gewährung von Sonderabschreibungen für Investitionen im Bergbau (§ 51 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. n EStG i. V. m. § 81 EStDV) wird im Rahmen des 2. Steueränderungsgesetzes 1973 verlängert und auf bestimmte Investitionen im Braunkohlenbergbau ausgedehnt. Der Bundesrat hat dem Gesetz heute zugestimmt. 2. Das Entwicklungshilfesteuergesetz, das Kapitalanlagen in Entwicklungsländern (u. a. auch in Bergbauunternehmen) steuerlich begünstigt wird ebenfalls verlängert und zugleich in seiner Effizienz verbessert. Die genannten Steuervergünstigungen sind in dem beigefügten Vierten Subventionsbericht (BT-Drucksache 7/1144, Anlage 2, S. 166 ff., insbesondere lfd. Nr. 18, 60/67, 64/69, 68, 65/73/85 und 71) dargestellt. Zum zweiten Teil Ihrer ersten Frage ist zu sagen, daß die gegenwärtig laufenden Beratungen über die Fortschreibung des Energieprogramms auch Überlegungen über weitere steuerliche Begünstigungen mit einschließen. Es sind dazu bereits mehrere Vorschläge gmacht worden, die gegenwärtig vor allem auf ihre energiepolitische Zweckmäßigkeit und auf ihre finanziellen Auswirkungen überprüft werden. Zu Frage B 23: Die zur Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung notwendigen Investitionen und die dafür erforderlichen Finanzierungsmittel, die Gegenstand Ihrer zweiten Frage sind, lassen sich nur schwer abschätzen. Die Bundesregierung prüft diese Problematik und wird dabei auch von anderen Stellen vorgelegte Berechnungen berücksichtigen. Grundsätzlich ist sie der Auffassung, daß die für die Sicherstellung der Energieversorgung unserer Wirtschaft erforderlichen Investitionen und ihre Finanzierung in erster Linie zum Aufgabenbereich der Unternehmen gehören. Das schließt allerdings nicht aus, daß der Staat bei der Sicherung der Energieversorgung durch Schaffung günstiger Rahmenbedingungen und — soweit unbedingt erforderlich — auch durch Finanzierungshilfen mitwirkt. Über all diese Fragen wird die Bundesregierung noch im Laufe dieses Jahres im Rahmen der Fortschreibung des Energieprogramms entscheiden. Im Bereich der von Ihnen angesprochenen Energieforschung hat die Bundesregierung durch das Vierte Atomprogramm und das Rahmenprogramm Energieforschung bereits Richtung und Ausmaß der staatlicherseits zunächst als notwendig erachteten Aktivitäten festgelegt. Anlage 18 Antwort des Bundesministers Dr. Dr. h. c. Maihofer auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Fragen B 24 und 25) : Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die dringend erforderliche Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens für großtechnische Anlagen zu erreichen und damit die deutsche Industrie vor erheblichen Wettbewerbsnachteilen gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz zu schützen? Wie können Verzögerungen beim Ausbau der Energieversorgungsanlagen, die sich jetzt bereits gravierend auswirken, aufgeholt und in Zukunft vermieden werden? Zu Frage B 24: Der Bundesminister des Innern hat in der Vergangenheit mehrfach auf die Notwendigkeit der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren hingewiesen. Herr Minister Genscher selbst hat Anfang des Jahres mit persönlichen 'Schreiben die für den Immissionsschutz zuständigen Landesminister ein- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 7615* dringlich ersucht, auf die laufenden Genehmigungsverfahren im Sinne einer Beschleunigung hinzuwirken. Er hat darüber hinaus in seinem Schreiben auf die rechtlichen Handhaben verwiesen, die das Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 15. März 1974 für Genehmigungsverfahren zur Verfügung stellt, um eine verantwortbare Verkürzung und Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens sicherzustellen. So sehen die Vorschriften der §§ 7 und 8 BImSchG die Erteilung von Teilgenehmigungen und Vorbescheiden vor. Beides kann zur zügigen Durchführung von Genehmigungsverfahren erheblich beitragen. § 10 Abs. 8 BImSchG enthält Regelungen zur Vereinfachung und Verkürzung der Genehmigungsverfahren, bei denen sog. Masseneinwendungen erhoben werden. In § 15 Abs. 1 BImSchG ist festgelegt, daß die Genehmigungsbehörden innerhalb einer Frist von nunmehr nur noch 6 Monaten über Anträge auf Genehmigung wesentlicher Änderungen einer Anlage entscheiden müssen. Zu Frage B 25: Wie bereits ausgeführt, ist vor allem durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz die Voraussetzung für eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren geschaffen worden. Die Durchführung des Genehmigungsverfahrens ist jedoch Angelegenheit der Länder. Die Bundesregierung hat hierauf keinen unmittelbaren Einfluß. Inwieweit eine weitere Straffung des Genehmigungsverfahrens bei Energieversorgungsanlagen möglich ist und vertreten werden kann, wird von den Ländern fortlaufend geprüft. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/ CSU) (Drucksache 7/2268 Frage B 26) : Trifft es zu, daß der Provisionssatz für Tankstelleninhaber und Tankstellenpächter seit 1955 unverändert geblieben ist und wenn ja, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den Tankstelleninhabern und Tankstellenpächtern einen die zwischenzeitlich eingetretenen Kostensteigerungen Rechnung tragenden Provisionssatz zu verschaffen? Die Regelung der Provisionssätze ist in den vergangenen Jahren verschiedentlich Gegenstand von Verhandlungen zwischen den Spitzenverbänden des Tankstellengewerbes und den Mineralölgesellschaften gewesen. Dabei sind jeweils differenziert von den einzelnen Gesellschaften Zugeständnisse zur Einkommensverbesserung der Tankstelleninhaber gemacht worden, z. B. in der Form der Gewährung von Boni und Überbrückungsihilfen sowie der Herabsetzung der Pachtsätze. Diese Zugeständnisse hatten teilweise jedoch nur temporäre Gültigkeit. Zu einer echten Erhöhung der Provisionssätze ist es im Jahre 1973 bei zwei großen Gesellschaften gekommen; andere Gesellschaften haben im Jahre 1974 nachgezogen. Eine Beurteilung der Entwicklung der Einkommenssituation im Tankstellengewerbe ist nur unter Berücksichtigung der Einkünfte aus dem Zubehör-und Dienstleistungsgeschäft sowie auch des gestiegenen Treibstoffverbrauches bei gleichzeitiger Verminderung der Zahl der Tankstellen möglich. Der Gesamtkomplex dieser Fragen war in der Vergangenheit verschiedentlich Gegenstand von Gesprächen des Bundeswirtschaftsministers mit beiden Parteien, bei dienen neben der Sachaufklärung auch ein vermittelnder Einfluß ausgeübt worden ist. Nach den kürzlichen Provisionserhöhungen wird zur Zeit kein Anlaß dafür gesehen, diese Gespräche wieder aufzunehmen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Fragen B 27 und 28) : Wie ist die Besitzstruktur der neun zur Rapsverarbeitung eingerichteten Ölmühlen, und wie hoch ist der prozentuale Anteil des am stärksten an der Rapsverarbeitung beteiligten Einzelunternehmens? Wie erklärt sich die Bundesregierung den Preisverfall bei Magermilchpulver in der Bundesrepublik Deutschland? Zu Frage B 27: Die neun zur Rapsverarbeitung eingerichteten 01-mühlen haben folgende Besitzstruktur: Aktiengesellschaft: 1 Kommanditgesellschaft: 4 Gesellschaft mit beschränkter Haftung: 3 Offene Handelsgesellschaft: 1 In den letzten Jahren ist jeweils mehr als die Hälfte der deutschen Rapsernte von einer Ölmühle verarbeitet worden. Zu Frage B 28: Der Marktpreis für Sprühmagermilchpulver hat sich von November 1973 bis Juni 1974 insgesamt gesehen um rd. 30 Pf/kg = 12,9 % auf 2,61 DM/kg verbessert. Allerdings mußte von April bis Juni 1974 ein Preisrückgang von 7 Pf/kg = 2,6 % hingenommen werden. Gegenwärtig zeigt sich am Markt wieder eine gewisse steigende Tendenz. Insoweit kann man nicht von einem Preisverfall sprechen. Diese Entwicklung ist auf folgende Umstände zurückzuführen: Die für 1974/75 erwartete Anhebung des Interventionspreises wie auch die günstige Marktlage führten dazu, daß der Marktpreis für Magermilchpulver vom November 1973 bis März 1974 von 2,32 DM auf 2,65 DM/kg anzog und sich im April noch auf 2,68 DM/kg erhöhte. Auf Grund der Brüsseler Preisbeschlüsse im März 1974 wurde in der Bundesrepublik Deutschland der Interventionspreis für Magermilchpulver ab 4. März 1974 um 20,3 % von 2,34 DM auf 2,82 DM/kg angehoben. Die erhöhte Milchanlieferung in Verbindung mit den italienischen Importrestriktionen führte dann dazu, daß die Kapazitäten der Trocknungsbetriebe überlastet und größere Mengen an Sprühmagermilchpulver infolge des Überschreitens des Höchstwassergehaltes von 4 % nicht interventionsfähig 7616* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 waren. Deshalb bestand auf dem Markt ein Überangebot, das einen gewissen Preisdruck ausübte. Inzwischen konnten bereits 10 000 t Magermilchpulver von der EVSt-Fette interveniert werden. Hinzu kommt, daß sich die Nachfrage nach Magermilchpulver auf italienischer Seite belebt hat, so daß sich der Preis für Sprühware geringfügig erholten konnte. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Enders (SPD) (Drucksache 7/2268 Frage B 29) : Hält die Bundesregierung die Zahl der den Kliniken für erkrankte oder verunglückte ausländische Arbeitskräfte zur Verfügung stehenden Dolmetscher für ausreichend, um schnell genaue Angaben für die Diagnose und die Behandlung der Patienten zu erhalten, und ist die Bundesregierung bereit, die bisher meist freiwillige und ehrenamtliche Dolmetscherhilfe für ausländische Patienten in Kliniken als gesetzlichen Anspruch, wie die übrige Krankenbehandlung, festzulegen? Nach den der Bundesregierung vorliegenden Berichten ist es Ärzten in der Regel möglich, von erkrankten oder verunglückten ausländischen Arbeitnehmern gegebenenfalls durch sprachkundige Landsleute oder Betriebsdolmetscher die für Diagnose und Behandlung erforderlichen Angaben zu erhalten. Außerdem stehen in Notfällen sprachkundige Sozialbetreuer der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, die mit finanzieller Förderung durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung die Betreuung ausländischer Arbeitnehmer im gesamten Bundesgebiet übernommen haben, für Übersetzungs- und Betreuungsdienste zur Verfügung. Ferner sind zahlreiche ausländische Ärzte in deutschen Kliniken tätig, so daß auch insoweit Sprachschwierigkeiten vermindert werden. Die Hinzuziehung eines speziell ausgebildeten Dolmetschers wird nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen und in aller Regel durch das für die Behandlung zuständige Krankenhaus herbeigeführt werden können. Die Frage, ob darüber hinaus die medizinische Versorgung der ausländischen Arbeitnehmer durch eine — von Ihnen angedeutete — Änderung der gesetzlichen Grundlagen noch weiter verbessert werden kann, wird auch im Rahmen der Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung zu prüfen sein. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Büchner (Speyer) (SPD) (Drucksache 7/2268 Fragen B 30 und 31) : Wie beurteilt die Bundesregierung die räumlichen Gegebenheiten und die damit seit Jahren für die Beschäftigten bestehenden Arbeitsbedingungen beim Kreiswehrersatzamt in Neustadt/Weinstraße? Kann die Bundesregierung ihre Ankündigung aufrechterhalten, daß mit dem Neubau des Kreiswehrersatzamts Neustadt/ Weinstraße noch im Jahr 1974 begonnen wird? Zu Frage B 30: Dem Bundesministerium der Verteidigung ist bekannt, daß das Kreiswehrersatzamt Neustadt/Weinstraße derzeit unzureichend untergebracht ist. Leider sind die Bemühungen, für die Übergangszeit bis zur Fertigstellung des für das Kreiswehrersatzamt und zwei militärische Dienststellen (Verteidigungsbezirkskomando 45 und Bereichsfernmeldeführer) geplanten Neubaues ein geeignetes Objekt für das Amt anzumieten, bisher ohne Erfolg geblieben. Die Wehrbereichsverwaltung IV, Wiesbaden, ist aber weiterhin sehr um eine solche Zwischenlösung zur Verbesserung der Unterbringungsverhältnisse bei diesem Amt bemüht. Zu Frage B 31: Wegen des Baubeginns für das geplante neue Dienstgebäude habe ich Ihnen auf Ihre Schreiben vom 14. und 20. September 1973 am 3. Oktober 1973 mitgeteilt, daß voraussichtlich 1975 mit dem Vorhaben begonnen werde. Bei der Fortschreibung des mittelfristigen Ziegenschafts- und Bauprogramms für den Wehrbereich IV im Oktober/November 1973 mußte jedoch der Baubeginn für das vorgenannte Neubauvorhaben wegen anderer noch dringenderer Baumaßnahmen auf das 2. Vierteljahr 1976 hinausgeschoben werden. Das Bundesministerium der Verteidigung ist aber bestrebt, bereits im 4. Vierteljahr 1975 mit dem Vorhaben zu beginnen, sofern der Stand der Bauvorbereitungen dies ermöglicht. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Frage B 32) : Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, daß die Deutsche Bundesbahn als Standort für einen Rangierbahnhof in München das Gelände des derzeitigen Flughafens Riem und des Truppenübungsplatzes Hochbrück/Fröttmaninger Heide anstelle des derzeit vorgesehenen Standorts Allach/Lerchenau (vgl. Süddeutsche Zeitung 8./9. Juni 1974 Seite 17) in eine ernsthafte Prüfung einbezieht? Wie die Deutsche Bundesbahn mitteilt, ist sie bereit, auch das Gelände des derzeitigen Flughafens Riem in ihre Untersuchungen über den Standort für einen Rangierbahnhof München einzubeziehen. Solange der Vorstand der Deutschen Bundesbahn seine Entscheidung im Wege der Planfeststellung gemäß § 36 des Bundesbahngesetzes nicht beantragt, ist im übrigen der Bundesminister für Verkehr hiermit konkret nicht befaßt. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Nordlohne (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Fragen B 33 und 34) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 7617* Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach den in Niedersachsen geltenden Richtlinien die Prüfung der körperlichen und geistigen Eignung von Fahrerlaubnisbewerbern und -inhabern, wie sie durch RdErl. d. Nds. MfWuöA vom 9. März 1971, Nds. MBl. Nr. 12/71, S. 357 ff., verfügt wurden, Führerscheinbewerber, die nach einem augenfachärztlichen Gutachten über eine unkorrigierbar geminderte Sehleistung auf einem Auge von 0,3 und weniger verfügen und für die in dem vorliegenden augenfachärztlichen Gutachten eine Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung auf 100 km/h attestiert wird, sich trotzdem auf Grund entsprechender Verfügungen der unteren Verwaltungsbehörde nach § 12 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung einer umfassenden Eignungsuntersuchung bei einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle (MPU) unterziehen müssen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach diesen Richtlinien Führerscheinbewerber mit einer geminderten Sehleistung sich damit einer ähnlichen Eignungsuntersuchung unterziehen müssen, wie sie für Führerscheinbewerber mit epileptischen Anfällen, mit Hirn- oder Nervenerkrankungen, mit früheren oder bestehenden Geisteskrankheiten sowie von Personen gefordert wird, die entmündigt, unzurechnungsfähig, rauschgift- oder alkoholsüchtig sind oder unter Pflegschaft wegen geistiger Gebrechen stehen? Entsprechende Regelungen wie in Niedersachsen gibt es in allen übrigen Bundesländern. Die Landeserlasse stützen sich im wesentlichen auf die Richtlinien des Bundesministers für Verkehr für die Prüfung der körperlichen und geistigen Eignung von Fahrerlaubnisbewerbern und -inhabern vom 7. Oktober 1969 (VkBl. 1969, 638) : Danach soll von den Verkehrsbehörden ein Gutachten einer medizinischpsychologischen Untersuchungsstelle angefordert werden, wenn sich nach dem Augenarzt-Gutachten Einäugigkeit oder unkorrigierbar geminderte Sehleistung auf einem Auge von 0,3 undweniger ergeben hat. Entscheidend hierbei ist, daß eine derart geminderte Sehtauglichkeit der Einäugigkeit praktisch gleichgestellt ist. In der Fachwelt, so z. B. auch von der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft, ist es unbestritten, daß in einem solchen Fall das Beurteilungsvermögen des Augenarztes nur die Leistungsfähigkeit der Sehorgane, nicht aber die gesamte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen umfaßt. Die medizinisch-psychologische Untersuchung ist daher weder eine Kontrolle der Tätigkeit des Augenarztes noch eine nochmalige Untersuchung der Sehfunktion. Sie dient vielmehr der Feststellung, ob über den Sehmangel hinaus noch weitere die Kraftfahrereignung beeinflussende Eignungsmängel vorliegen und ob es dem zu Untersuchenden möglich ist, sein Verkehrsverhalten an die Funktionsbehinderung des Sehorgans anzupassen. Das unter Mitwirkung namhafter Augenärzte vom Bundesgesundheitsamt für den Bundesminister für Verkehr erstellte Gutachten „Sehvermögen und Kraftverkehr", das ebenfalls die Notwendigkeit einer zusätzlichen medizinisch-psychologischen Untersuchung betont, führt hierzu aus: „Eine solche Anpassung kann theoretisch unter verschiedenen Voraussetzungen zustande kommen. Im Bereich der reinen Leistungsaspekte sind zu nennen: 1. Auffassungsleistungen (Schnelligkeit und Richtigkeit der Wahrnehmungen, vermehrte Ansprechbarkeit, Aufmerksamkeitsumfang, Konzentration) ; 2. Vorausplanung (Vorausdenken, „Voraussehen", Antizipation) ; 3. Belastbarkeit (nach Intensität, Umfang, Dauer); Reaktionsfähigkeit (Schnelligkeit, Richtigkeit und Genauigkeit der Reaktionen). Im Bereich der Persönlichkeitsaspekte lassen sich anführen: 1. Umweltzugewandtheit und soziale Grundeinstellung; 2. innere Ausgeglichenheit und rationale Steuerung; 3. Anstrengungsbereitschaft und Lernmotivation; 4. Selbstkritik und Realitätskontakt; 5. Risikoeinstellung und allgemeine Verläßlichkeit." Daraus ergibt sich, daß die bei schweren Sehmängeln erforderliche zusätzliche Begutachtung durch eine medizinisch-psychologische Untersuchungsstelle weder von der Motivation her noch hinsichtlich der Durchführung der Untersuchung von Epileptikern, Geisteskranken, Süchtigen usw. vergleichbar ist. Das Gemeinsame ist lediglich der beabsichtigte Schutz der Allgemeinheit vor in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Frage B 35) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach mit dem Bau der B 27 (neu) von Schlaitorf bis Tübingen erst nach 1975 sowie mit dem Bau der B 27 zwischen Tübingen und Dotternhausen (ausgenommen der Umgehung Hechingen), dem Bau der B 28 im Ermstal und mit dem Bau der B 313 als Zubringer von Reutlingen zur B 27 (neu) erst nach 1980 begonnen werden kann? Die in der Frage genannten Neubauvorhaben im Zuge der Bundesstraßen 27, 28 und 313 im Bereich Tübingen—Balingen und Reutlingen—Urach sind als vordringlich anerkannt und im Bedarfsplan entsprechend enthalten. Die Vielzahl der vordringlichen Maßnahmen läßt es jedoch aus Finanzierungsgründen nicht zu, diese alle bereits zu Beginn der Laufzeit des Ausbauplanes (1971-1985) in Angriff zu nehmen. Dies trifft auch für die o. g. Neubauvorhaben zu, die im 1. Fünfjahresplan noch nicht berücksichtigt werden konnten. Die Zeit nach 1975 wird in den folgenden Fünfjahresplänen im einzelnen verplant. Die Vorbereitungen für den 2. Fünfjahresplan sind jedoch erst angelaufen, so daß über dessen Inhalt noch nichts ausgesagt werden kann. Einzeltermine für Baumaßnahmen nach 1975 können daher im Augenblick nicht genannt werden. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/CSU) Drucksache 7/2268 Fragen B 36 und 37) : Wie vereinbart die Bundesregierung die von ihr erhobene Forderung nach Qualität des Lebens mit dem geplanten Bau der Schnellbahntrasse Mannheim—Stuttgart, durch welche der von Umweltschäden ohnehin bereits schwer beeinträchtigten 7618* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 111. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1974 Stadt Mannheim (niedrigster Waldanteil aller baden-württembergischen Städte) ein weiterer Verlust an Wald und Naherholungsgebiet droht und durch welche außerdem eine zusätzliche Lärmbelästigung eines dicht besiedelten Wohngebietes mit ca. 80 000 Einwohnern eintritt? Welche Maßnahmen gedenkt man gegen die durch den geplanten Bau der Schnellbahntrasse hervorgerufenen Gefährdung der Grundwasserströme und der Wasserversorgung der Stadt Mannheim und der anliegenden Gemeinden zu unternehmen? Die von Ihnen vorgebrachten Umweltfragen werden im Zusammenhang mit dem vorgeschriebenen Planfeststellungsverfahren zu behandeln sein. Solange der Vorstand der Deutschen Bundesbahn eine Entscheidung im Wege der Planfeststellung gemäß § 36 des Bundesbahngesetzes nicht einholt, ist der Bundesminister für Verkehr mit der Angelegenheit konkret nicht befaßt. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache 7/2268 Fragen B 38 und 39) : Trifft es zu, daß das Bundesministerium für Forschung und Technologie den Staaten der europäischen Weltraumkonferenz einen Unterabteilungsleiter als Generalsekretär der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) vorgeschlagen hat, daß von französischer Seite ebenfalls ein Kandidat vorgeschlagen wurde, und welche Gründe waren für die Nominierung des deutschen Kandidaten maßgebend? Trifft es zu, daß der vorgeschlagene deutsche Kandidat für den Posten des Generalsekretärs der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) von französischer Seite bisher nicht akzeptiert wurde und daß deshalb die Bundesregierung erwägt, sich an der weiteren Finanzierung der Raketenbasis in Kourou (Französisch Guayana) zu beteiligen, damit der deutsche Kandidat von französischer Seite akzeptiert wird? Zu Frage B 38: Es trifft zu, daß die Bundesregierung den Mitgliedstaaten der Europäischen Weltraumkonferenz (ESC) den Leiter der Unterabteilung „Energieforschung und Technologie" im Bundesministerium für Forschung und Technologie zur Wahl als Generaldirektor der künftigen Europäischen Weltraumorganisation (ESA) vorgeschlagen hat. Der deutsche Kandidat war in der Zeit, als er die Unterabteilung für Internationale und Innerdeutsche Zusammenarbeit im damaligen Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft leitete, maßgeblich an der Ausgestaltung und Durchführung der deutschen Politik in den europäischen Weltraumorganisationen beteiligt. In dieser Zeit war er zum Präsidenten des Rates der Europäischen Organisation für Entwicklung und Bau von Raumfahrzeugträgern (ELDO) gewählt worden. Alleiniger Grund für seine Nominierung war seine persönliche Qualifikation. Seine Kandidatur hat die Unterstützung der Mehrzahl der zehn beteiligten europäischen Staaten gefunden. Ein erster französischer Kandidat wurde erst nach dem deutschen benannt, jedoch einen Monat später wieder zurückgezogen und durch einen neuen Kandidaten ersetzt. Die französische Regierung hat inzwischen erklärt, daß sie erneut einen anderen französischen Kandidaten vorschlagen will. Zu Frage B 39: Es trifft zu, daß die französische Regierung darauf Wert legt, einen Franzosen an der Spitze der neuen Weltraumorganisation zu sehen. Es trifft ferner zu, daß die französische Regierung eine Beteiligung der neuen Weltraumorganisation an den Infrastrukturkosten der französischen Raketenbasis in Kourou anstrebt. Eine Verbindung zwischen den beiden französischen Wünschen ist bisher nicht hergestellt worden. Es sei auch darauf hingewiesen, daß zur Zeit außer Frankreich kein europäischer Staat einen Beitrag zu diesen Infrastrukturkosten leistet, daß aber im Finanzplan für die Entwicklung des von Frankreich vorgeschlagenen Trägers „ARIANE" beträchtliche Mittel für Ausgaben in Kourou vorgesehen sind, zu denen die Bundesrepublik Deutschland beiträgt. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Glotz auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/2268 Fragen B 40 und 41): Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, die von ihr als vorrangig bezeichnete Förderung von überbetrieblichen Ausbildungsstätten in wirtschaftsschwachen Gebieten auch dann zu gewähren, wenn solche Ausbildungsstätten nicht unmittelbar an eine Berufsschule zu koppeln sind, jedoch die Entfernungen zum nächsten Berufsbildungszentrum für die Auszubildenden unzumutbar sind? Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, die Schaffung einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte in der Kreisstadt Altenkirchen/Ww. zu unterstützen, obwohl eine Anbindung an eine Berufsschule nicht gegeben, andererseits jedoch eine Verbindung mit der kooperativen Gesamtschule denkbar wäre? Zu Frage B 40: Die Bundesregierung ist sich darüber klar, daß es in vielen Fällen nicht möglich sein wird, überbetriebliche Ausbildungsstätten in räumlicher Nähe von Berufsschulen zu errichten. Dies gilt insbesondere für die Fälle, bei denen an bestehende Berufsschulen überbetriebliche Ausbildungsstätten angegliedert werden sollen und ein geeignetes Grundstück in der näheren Umgebung nicht verfügbar ist. In diesen Fällen reicht es für eine Förderung des Vorhabens aus, daß die überbetriebliche Ausbildungsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln in angemessener Zeit erreichbar ist. Um langfristig eine flexible und optimale Nutzung der vorhandenen Kapazitäten sicherzustellen, hält die Bundesregierung jedoch im Grundsatz daran fest, daß überbetriebliche Ausbildungsstätten möglichst in räumlicher Nähe von Berufsschulen zu errichten sind. Zu Frage B 41: Ein Antrag auf Förderung einer überbetrieblichen Ausbildungsstätte in Altenkirchen liegt beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft nicht vor. Die Bundesregierung würde eine überbetriebliche Ausbildungsstätte fördern, falls ein Standortvergleich mit anderen Orten unter Berücksichtigung der erforderlichen Kapazitäten und des Bedarfs auch langfristig eine geordnete Berufsausbildung erwarten läßt. Eine Entscheidung über den Standort wäre aber auch nur nach Abstimmung mit den Planungen des Landes möglich.
Gesamtes Protokol
Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711100000
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich habe folgende amtliche Mitteilung zu machen: Für den aus der Beratenden Versammlung des Europarates ausscheidenden Abgeordneten Blumenfeld schlägt die Fraktion der CDU/CSU als ordentliches Mitglied den Abgeordneten Dr. Müller (München) vor, der bisher stellvertretendes Mitglied war. Als Stellvertreter benennt sie den Abgeordneten Dr. Carstens (Fehmarn). Ist das Haus mit diesen Vorschlägen einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 5 der gemeinsamen Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Gewandt, Lampersbach, Schmidhuber, Engelsberger, Stücklen, Hauser (Krefeld), Dr. Becker (Mönchengladbach), Dr. Zeitel, Pohlmann, Schedl, Sick, Dr. Köhler (Duisburg), Dr. Köhler (Wolfsburg), Dr. Kraske, Eilers (Wilhelmshaven), Niegel, Biehle, Ey, Dr. Jobst, Dr. Kunz (Weiden), Röhner und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb
— Drucksache 7/2049 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Gewandt.

Heinrich Gewandt (CDU):
Rede ID: ID0711100100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits in der 5. Legislaturperiode haben Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion einen Antrag zur Weiterentwicklung des Wettbewerbsrechts eingebracht. Zu Beginn dieser Diskussion stellte sich heraus, daß das Unterfangen von vielen Seiten des Hauses sehr kritisch beurteilt wurde. Wir können aber feststellen, daß am Ende der Beratungen ein einstimmiger Beschluß des Hauses zur Novellierung führte. Ich hoffe, daß das auch im Falle der jetzt vorliegenden Änderungsanträge möglich sein wird.
Das Ziel des Antrags ist die Verbesserung des Verbraucherschutzes und die stärkere Sicherung eines leistungsgerechten, fairen Wettbewerbs. Wir sind der Meinung, daß wir uns von diesem Ziel leider in starkem Maße entfernt haben. Es gilt, im Interesse des Verbrauchers zu garantieren, daß Handel und Handwerk leistungsfähig bleiben und somit zur optimalen Versorgung des Verbrauchers beitragen. Wir wissen alle, daß Handel und Handwerk sich immer noch in einer sehr dynamischen Phase der Wandlung befinden, so wie zu Beginn der Marktwirtschaft. Das bedeutet, daß jährlich immerhin etwa 10 000 Betriebe ausscheiden. 17 000 sind es insgesamt, davon werden etwa 7 000 durch neue Gründungen kompensiert. Demgegenüber stellen wir eine Verdoppelung der Einkaufszentren fest. Diese Konzentration im Handel hat zu einer Verödung der Konsumlandschaft geführt, insbesondere in weniger dicht besiedelten Gebieten. Wir kennen Beispiele aus Schweden und aus der Schweiz, in denen auch schon sehr viele Ortschaften ohne ein Einzelhandelsgeschäft auskommen müssen. Dort gibt es dann natürlich ein Angebotsmonopol. Der Verbraucher ist, um seinen Bedarf zu decken, darauf angewiesen, weite Reisen anzutreten. In diesen Konzentrationssog ist nicht nur der berühmte Tante-Emma-Laden hineingezogen, dem viele eine Existenzberechtigung absprechen, sondern auch leistungsfähige Geschäfte von mehr als 100 qm Einkaufsfläche sind hineingekommen. Besonders deutlich wird es an einem Beispiel: eine so leistungsfähige Gruppe wie die Edeka mußte feststellen, daß sich in sieben Jahren ihre Verkaufsfläche um 10 000 qm verringert hat. Die Nahversorgung mit Lebensmitteln, die, wie ich bereits erwähnte, im Norden — in Schweden, Finnland, in Norwegen — und in der Schweiz problematisch geworden ist, wird auch bei uns problematisch. Es gibt Statistiken, aus denen hervorgeht, daß im östlichen Niedersachsen, in Teilen Hessens und Bayerns bereits einige tausend Ortschaften ohne eine Versorgung durch den Einzelhandel sind. Vor zehn Jahren konnten die Verbraucher in diesen Gegenden sich noch den Wettbewerb der einzelnen Geschäfte zunutze machen. Dieses ist heute leider nicht mehr möglich.
Wenn dieser Trend zum Ausscheiden von Wettbewerbern anhält, dann werden wir nicht nur um den Wettbewerb, sondern auch um eine angemessene Versorgung der Verbraucher fürchten müssen. Auch in anderen europäischen Ländern spielt diese



Gewandt
Frage eine Rolle und ist Anlaß zu gesetzgeberischen Erörterungen. Im Hintergrund steht also diese Situation und der Wunsch der Verbesserung des Wettbewerbs.
Natürlich könnte mit einer solchen Novelle nicht aus der Welt geschaffen werden, daß es für die angesprochenen Bereiche auch andere verheerende Auswirkungen gibt, nämlich der Inflationspolitik, die sich in Kostenexplosion und Gewinnkompression deutlich macht. Im übrigen wird die mittelständische Wirtschaft durch die Hochzinspolitik besonders hart betroffen.
Ich möchte nur kurz zwei Zahlen nennen, um die dramatische Entwicklung zu charakterisieren. Während in der Abkühlungsphase 1966/67 die Kostensteigerung etwa 1 % betrug, betrug sie im vergangenen Jahr 14 % bis 15 %. Das betriebswirtschaftliche Ergebnis nach den Angaben des neutralen Instituts für Handelsforschung lag 1971 bei 1,4 %. Es ist im Jahre 1972 auf 1 °/o zurückgegangen, und es ist mit einem weiteren Abfall zu rechnen. Das Ifo-Institut schreibt dazu: Der Kostenanstieg ging weitgehend zu Lasten der Gewinnrate. Die Gesamtkapitalrendite dürfte bei den mittelständischen Unternehmen, insbesondere bei den Fachgeschäften, das Zinskostenniveau nicht mehr erreichen. Von einer Tendenzwende kann im Augenblick nicht mehr gesprochen werden. Dies ist eine besorgniserregende Verschlechterung der Lage im Handel und somit auch der Versorgung des Verbrauchers. Das ist aber auch ein Spiegelbild einer schlechten Konjunkturpolitik. Hinzu kommt der Verdrängungswettbewerb, der in zunehmendem Maße in vielen Bereichen zu einer Substanzauszehrung führt und der es gebietet, gesetzgeberische Maßnahmen zu treffen.
Nun wissen wir, daß bei der Verabschiedung des Kartellgesetzes, als das Thema der Preisbindung der zweiten Hand behandelt wurde und es zu ihrer Abschaffung kam, der Kollege Graf Lambsdorff im Namen seiner Fraktion und, wie wir meinten, auch der Regierungskoalition erklärt hatte, es würden flankierende Maßnahmen erfolgen. Von flankierenden Maßnahmen kann im Augenblick überhaupt nicht die Rede sein;

(Abg. Dr. Jenninger: Im Gegenteil!)

sie sind ausgeblieben. Es zeigen auch weder die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers über den Ablauf der Legislaturperiode noch die Äußerungen aus der Koalition, daß wir irgendeinen Grund zu der Annahme hätten, daß flankierende Maßnahmen kämen. Ich möchte deshalb sagen, daß wir erwägen, gesetzgeberische Initiativen zu ergreifen, um den Nachteilsausgleich für den Mittelstand herbeizuführen.
Hinzu kommt, daß die Zurückhaltung des Bundesgesetzgebers dazu geführt hat, daß einzelne Länder, so das Land Bayern, sich bereits gezwungen sahen, Gesetze zu erlassen, die den Bereich des Mittelstandes betreffen — eine Förderung, kein Schutz. Ebenso wie in Bayern steht in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein die Beratung eines solchen Gesetzentwurfes bevor. Ich begrüße die Initiativen, glaube aber, daß das eigentlich eine Sache des Bundesgesetzgebers wäre.
Wir haben auch leider recht behalten, als wir bei der Verabschiedung des Kartellgesetzes warnten, die unverbindlichen Verbraucherpreise beizubehalten. Damals hatten sowohl die Sachverständigen der Verbraucher als auch die des Handels und des Handwerks davor gewarnt. Heute muß das Kartellamt sehr starke Mißbräuche feststellen, die auch von den Verbrauchern gerügt werden. Vor diesem Hintergrund ist dieser Vorstoß zu sehen.
Ich möchte in aller Kürze die drei Schwerpunkte erläutern. Wir haben in diesem Gesetz zunächst eine Reform des Rechts der Aus- und Räumungsverkäufe vorgesehen. Dieses Thema ist schon seit 1896 aktuell. Es erreichte eine neue Aktualität, als Anfang des Jahrhunderts das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verabschiedet wurde. Die Rechtsprechung — damals auch des Reichsgerichtes — hat gewisse Gefahren verkannt, die in der Verbrauchertäuschung bei einem Mißbrauch der Räumungsverkäufe liegen. Es wurde versucht, diesem erkannten Übelstand auf dem Verordnungswege entgegenzutreten. Dazu fehlte jedoch die gesetzliche Ermächtigung. Deshalb haben wir hier eine Neuformulierung vorgesehen, weil offenbar auch der § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb Mißstände nicht ausräumen kann. Wir stellen heute fest, daß es ein neues Gewerbe, nämlich das Gewerbe des Räumungsausverkaufes, gibt.
Wir wollen deshalb — um Mißverständnisse zu vermeiden — die §§ 7 und 7 c in der Weise ändern, daß der Grund für den Räumungs- und Ausverkauf nur der sein kann, daß der gesamte Geschäftsbetrieb oder eine Warengattung aufgegeben wird und dieses Geschäft eine bestimmte Zeit betrieben werden muß.
Um diese Verbesserung — auch zum Schutze des Verbrauchers — bemühen sich seit langem die verschiedensten Verbände. Allerdings hat ihnen die Bundesregierung mitgeteilt, daß sie das Problem erkenne, aber aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage sei, eine entsprechende Gesetzesinitiative zu ergreifen. Wir haben uns die Mühe gemacht, hier dem Hohen Hause eine ausgereifte Formulierung vorzulegen.
Ein weiterer Kernpunkt unserer Novelle ist das Verbot der Werbung mit Mondpreisvergleichen. Preisgegenüberstellungen sind ein häufiges Werbemittel geworden, zum Teil, um die Preiswürdigkeit eines Unternehmens zu beweisen. In der Praxis hat sich gezeigt, daß häufig die Preiswürdigkeit nur vorgegaukelt wird, weil nur einzelne Preise herausgegriffen werden und diese mit exorbitanten Nachlässen dargeboten werden, um bei dem Verbraucher den Eindruck zu erwecken, als handele es sich hier um ein besonders preiswertes Geschäft. Ermittlungen der Staatsanwaltschaften haben ergeben, daß in einzelnen Fällen sogar festgestellt werden konnte, daß diese sogenannten verbilligten Preise höher liegen als die Preise in anderen Geschäften. Der Grundsatz unseres Wettbewerbsrechts ist Preiswahrheit und Preisklarheit, und mit diesen Prinzipien sind diese Methoden nicht zu vereinbaren.
Es ist nicht möglich, daß jemand Preisnachlässe vorgibt, obwohl er die Ware vorher niemals zu dem



Gewandt
anderen Preis geführt hat. Hierin liegt eine Täuschung, und diese Täuschung soll vermieden werden. Niemand kann einen Händler zwingen — das wäre auch verkehrt —, Preise, die er einmal führte, herabzusetzen. Das liegt in seiner Dispositionsfreiheit. Aber Preise, die er nie gefordert hat, die nur fiktiv sind, dürfen nach unserer Auffassung nicht in den Preiswettbewerb hineingebracht werden. Damit — so glaube ich — ist der Einwand ausgeräumt, daß das bewährte Absatzinstrument, nämlich die Preispolitik, in irgendeiner Weise eingeschränkt wird.
Wir wissen, daß sich die Mehrheit der ehrbaren Handwerker und Händler gegen diese Praxis wehren, weil sie damit alle in Mißkredit kommen. Auf der jetzigen rechtlichen Grundlage ist die Unlauterkeit der Werbung eben sehr schwer zu beseitigen. Deshalb haben wir hier eine neue Regelung vorgesehen, die, wie Sie aus der Presse wissen, die Zustimmung vieler einschlägiger Kreise gefunden hat, die sich gegen unseriöse Preisgestaltung wenden.
Der dritte Schwerpunkt der Novelle dient ebenfalls der Beseitigung unseriöser Methoden des Wettbewerbs durch Herausstellung von auffällig niedrigen Preisen für Produkte, die der Kaufmann nur in geringen Mengen vorhält und nur zu werblichen Zwecken. Auch hier wird nicht ein nennenswerter, sondern nur ein ganz geringer Anteil des Sortiments preiswert angeboten. Hier soll der Verbraucher über die Preiswürdigkeit des Unternehmens getäuscht werden. Deshalb ist eine Änderung des § 3 a vorgesehen. Es soll die werbemäßige Herausstellung von Verkäufen zum Einstandspreis oder unter dem Einstandspreis zuzüglich Umsatzsteuer im Sinne des fairen Leistungswettbewerbs neu geregelt werden.
Es ist eingewandt worden, daß das weder im Interesse der Verbraucher noch des Handels läge. Aber das trifft nicht zu, da gerade aus diesen Bereichen der Wunsch zur Änderung der Bestimmungen laut geworden ist. Wir sind deshalb der Meinung, daß es sich weder um eine verbraucherfeindliche noch um eine mittelstandsfeindliche Aktion handelt, sondern daß lediglich die Seriosität im Geschäftsgebaren wieder eingeführt würde.
Ich möchte ganz kurz zitieren, daß beispielsweise der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerkes immer wieder eindeutig auf diesen Mißstand hingewiesen hat und daß er feststellt, daß bestimmte Produkte seines Sortiments als Lockvogel geführt würden und er nicht in der Lage sei, durch Mischkalkulationen auszugleichen. Das führt zu einer Verzerrung des Wettbewerbs, zu einer Marktbehinderung für Fachbetriebe für bestimmte Produkte.
Die Lage des Handels hat sich durch den Kostendruck, durch die Auswirkungen der Inflation, durch die Schrumpfung der Gewinne in dramatischer Weise zugespitzt. Wir bejahen den Wettbewerb, aber ich möchte noch einmal den Präsidenten der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels zitieren: Er wandte sich an einige Großunternehmen und bemerkte, daß die augenblickliche Wettbewerbspraxis der Sonderangebote in einigen Fällen hart an die Grenze des unlauteren Wettbewerbs stoße und daß hier eine Diskreditierung des seriösen Handels zu finden sei.
Nun, das zeigt, daß die Situation brisant ist. Auch dem ordentlichen und seriösen Handwerker und Händler geht es nicht darum, daß der Eindruck entsteht, er würde manipulieren. Diese Manipulation ist durch diese unseriösen Gebaren leider zu verzeichnen. Mit unserem Entwurf sind die Rechte auf Mischkalkulationen, auf unternehmerische Entscheidungen natürlich in keiner Weise beeinträchtigt.
Wir wollen durch diese Novelle den Verbraucher stärker schützen, und wir wollen unseriöses Gebaren unterbinden. Wir hoffen — so wie damals bei der Novelle, die wir im 5. Bundestag einbrachten —, daß die anfänglichen Bedenken ausgeräumt werden können und daß wir dann am Ende der Behandlung dieses Themas, nämlich in der dritten Lesung, so wie damals zu einer gemeinschaftlichen Auffassung des Hohen Hauses im Interesse des Verbraucherschutzes und im Interesse eines seriösen leistungsbezogenen Wettbwerbs kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711100200
Der Antrag ist begründet. Wir treten in die Aussprache ein.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Emmerlich.

Dr. Alfred Emmerlich (SPD):
Rede ID: ID0711100300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem vorliegenden Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des UWG erkläre ich für die Fraktion der SPD:
Dieser Entwurf ist von 113 Abgeordneten der Opposition eingebracht worden. Daß sich die 113 Antragsteller über die Mehrheitsmeinung ihrer Fraktion hinweggesetzt haben, verdient die besondere Beachtung dieses Hauses und der deutschen Öffentlichkeit, nicht in erster Linie wegen der Gründe der Ablehnung dieses Entwurfs durch die Mehrheit der Opposition, sondern deshalb, weil hier wieder einmal deutlich wird, daß es in der Opposition manchmal zwei, manchmal mehrere große Blöcke gibt, die gegeneinander stehen, zwischen denen eine Verständigung nicht möglich ist und die ein gemeinsames Handeln der CDU/CSU ausschließen.

(Abg. Lampersbach: Kommen Sie zur Sache!)

Daraus ergibt sich erneut: Würden die Oppositionsparteien die Regierung zu stellen haben, so wären sie in den großen und in vielen kleinen Fragen unserer Zeit unfähig, etwas anderes zu tun, als ihre früher schon praktizierte Politik des Ausklammerns und Treibenlassens fortzusetzen.

(Abg. von Bockelberg: Der politische Philosoph! — Abg. Dr. Jenninger: Sie haben heute wohl schlecht gefrühstückt! — Abg. Seiters: Sie sind doch sonst ein so netter Mensch!)

Erlauben Sie mir noch eine allgemeine Bemerkung. In der Entwurfsbegründung wird die Rechtsprechung nicht weniger als viermal kritisiert. Dabei wird u. a. ausgeführt, früher sei beanstandet worden, der Wille des Gesetzgebers zum Ausver-



Dr. Emmerlich
kaufsrecht sei vom Reichsgericht vereitelt worden. Ähnliches gelte für die Rechtsprechung der zurückliegenden Jahrzehnte. Wir bestreiten nicht, daß auch die Rechtsprechung von politischer und parlamentarischer Kritik nicht freigestellt werden kann. Abgeordnete als Mitglieder der Legislative sollten dabei aber besondere Sorgfalt und kluge Zurückhaltung an den Tag legen. Inhalt und Form einer derartigen Kritik dürfen keinen Zweifel daran aufkommen lassen, daß sie getragen ist von dem grundsätzlich gebotenen Respekt gegenüber der rechtsprechenden Gewalt. Vorwürfe in einer Gesetzesvorlage, die darauf hinauslaufen oder so verstanden werden können, als hätten die Gerichte den Gesetzeszweck vereitelt oder unterlaufen, verstoßen jedenfalls dann gegen dieses Prinzip, wenn für die Kritik keine ausreichende sachliche Grundlage gegeben ist. Festzuhalten ist nämlich, daß die Rechtsprechung zu den Preisvergleichen, den Sonderangeboten und den Aus- und Räumungsverkäufen sich an Wort und Geist, Sinn und Zweck der geltenden gesetzlichen Bestimmungen gehalten hat.
Noch eine dritte allgemeine Vorbemerkung kann ich Ihnen nicht ersparen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Herr Kollege Gewandt, Sie haben von Inflationspolitik gesprochen. Mir ist nur eine Stabilitätspolitik der Bundesregierung bekannt.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Gewandt: Darin unterscheiden wir uns eben, das ist eben der Unterschied!)

Was Sie mit Inflationspolitik meinen und wem Sie eine solche in die Schuhe schieben wollen, bleibt Ihnen überlassen. Ich muß mich dagegen auf jeden Fall aufs heftigste verwahren. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß Sie gleichzeitig die Zins- und Kreditpolitik der Bundesbank, die Stabilitätszwecken dient, beklagen — ein Widerspruch, den Sie am besten selbst noch einmal aufzulösen versuchen.
Nun zu dem eingebrachten Gesetzentwurf selbst. In ihm wird vorgeschlagen, weitere Einschränkungen vorzunehmen für Preisgegenüberstellungen, für Sonderangebote und für Aus- und Räumungsverkäufe. Preisgegenüberstellungen, bei denen der tatsächlich geforderte Preis einem höheren gegenübergestellt wird, sollen zukünftig grundsätzlich unzulässig sein, es sei denn, der höhere Preis ist vom Anbieter selbst eine angemessene Zeit gefordert worden. Dieser Vorschlag läuft darauf hinaus, nicht nur irreführende Werbung zu verbieten, sondern generell solche Werbeaussagen, bei denen es hauptsächlich zu Irreführung kommt. Ein solcher Grundsatz, das Übel müsse auf Biegen oder Brechen beseitigt werden, selbst wenn ein paar Gerechte unter die Räder kommen sollten, widerspricht unserem Rechtsverständnis. Der Übergang zu ihm bedürfte auch wohl sorgfältigerer Begründung als im vorliegenden Gesetzentwurf geschehen.
Abgesehen davon fehlt in der Entwurfsbegründung jeder Beweis dafür, daß Preisgegenüberstellungen regelmäßig zur Irreführung benutzt werden. Preisvergleiche bzw. Preisgegenüberstellungen sind z. B. möglich und finden auch tatsächlich statt mit
Richtpreisen, empfohlenen Preisen und mit Marktpreisen. Wollen Sie, meine sehr geehrten Antragsteller, diese überhaupt ausschließen? Dann müssen Sie sich allerdings die Frage gefallen lassen, warum Sie dem Verbraucher solche für ihn interessanten Informationen verweigern und den Einzelhändlern einen solchen, den Preis regulierenden Wettbewerb untersagen wollen.
Hingewiesen werden muß auch auf eine mehr kuriose Konsequenz Ihres Vorschlags. Bei allgemeinen Preissenkungen würden alle Anbieter mit einem Hinweis darauf werben können, nur die nicht, die den höheren Preis noch nicht eine angemessene Zeit lang selbst gefordert hatten, z. B. weil sie die Ware erst kurz zuvor in ihr Sortiment aufnahmen. Wir denken, es sollte dabei bleiben, daß bei Preisgegenüberstellungen die Unlauterkeit der Werbung abhängig ist von der Wahrheit der Werbeaussage und nicht zusätzlich abhängig gemacht werden darf davon, ob der gegenübergestellte höhere Preis mehr oder weniger lange Zeit vom Anbieter selbst verlangt worden ist.
Nach der Auffassung der Initiatoren des hier zur Beratung anstehenden Gesetzentwurfs soll es darüber hinaus in Zukunft verboten sein, die Preiswürdigkeit einer Ware herauszustellen, die zum Einkaufspreis oder darunter angeboten wird, es sei denn, der Anbieter wird zu einem derartigen Verkauf durch besondere Umstände genötigt.
Verboten werden soll auch die werbemäßige Herausstellung von auffällig niedrigen Preisen für solche Waren, die nur in geringen Mengen vorrätig sind oder deren Verkauf mengenmäßig beschränkt wird. Das läuft im ersten Fall auf die Unzulässigkeit des Verkaufs zum Einstandspreis hinaus und nimmt den Verbrauchern eine jetzt gegebene Möglichkeit zu besonders preisgünstigen Einkäufen. Hier wird darüber hinaus ein Eingriff in die Freiheit der Unternehmer zur Gestaltung ihrer Preise gefordert.
Bemerkenswert ist ferner, daß nicht nur der Hinweis untersagt werden soll, es werde zum Einstandspreis verkauft, sondern bei Verkäufen zum Einstandspreis jeder Hinweis auf die Preiswürdigkeit.
Die Initiatoren des Entwurfs wollen den Eindruck erwecken, diese rigorosen, neuen Verbotsbestimmungen seien lediglich eine Ausfüllung oder Konkretisierung des allgemeinen Irreführungsverbots der UWG. Sie weisen dazu darauf hin, daß derartige Lockvogelangebote, wie sie sagen, beim Verbraucher unzutreffende Vorstellungen über die Preiswürdigkeit des Gesamtangebots hervorriefen. Unserer Auffassung nach kann nicht davon ausgegangen werden, der Verbraucher erkenne nicht, daß Sonderangebote — wie ihr Name ja schon deutlich macht — aus der übrigen Kalkulation des Unternehmens herausfallen. Auch für Sonderangebote sollte es deshalb dabei bleiben, daß nur das Kriterium der Irreführung zur Abgrenzung zwischen lauterem und unlauterem Wettbewerb geeignet ist.
Schließlich halten die Entwurfsverfasser eine Reihe zusätzlicher Einschränkungen bei Aus- und Räumungsverkäufen für notwendig. Zu diesen Forderungen ist festzustellen:



Dr. Emmerlich
Erstens. Die für erforderlich gehaltene dreijährige Bestandsvoraussetzung schüttet das Kind mit dem Bade aus. Ein berechtigter Anlaß zu Aus- und Räumungsverkäufen kann auch dann gegeben sein, wenn das Geschäft bzw. die Verkaufsstelle noch nicht drei Jahre lang betrieben worden ist. Gerade bei Neueröffnungen kann sich sehr bald herausstellen, daß die kaufmännischen oder personellen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Geschäftsbetrieb nicht gegeben sind. Die Verweisung auf die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen in besonders begründeten Fällen wird dieser Sachlage nicht gerecht.
Zweitens. Die wertmäßige Beschränkung der bei einem Aus- bzw. Räumungsverkauf anzubietenden Ware auf einen Jahresumsatz überzeugt gleichfalls nicht. Der Grund für einen Aus- bzw. Räumungsverkauf kann doch gerade darin liegen, daß mangels ausreichenden Umsatzes das Lager mit nicht oder schwer absetzbaren Waren auf mehr als einen Jahresumsatz angewachsen ist. Auch hier ist die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen in besonders dringenden Fällen ein unzureichendes Trostpflaster.
Drittens. Die Ausdehnung der Sperrfrist für die Wiedereröffnung von ein auf zwei Jahre und des Sperrbezirks über den Ausverkaufsort hinaus auf Nachbargemeinden und angrenzende Gemeindeverbände stellt eine besonders einschneidende Verschärfung des geltenden Rechts dar, zumal unter dieses Verbot nicht nur der Geschäftsinhaber selbst fällt, sondern auch sein Ehegatte und nahe Angehörige wie Enkel, Großeltern und Geschwister. Durch die Sperrfrist und die Sperrbezirke sollen konkurrierende Unternehmer geschützt werden. Wieso dieser Schutz die Einbeziehung der Bereiche aller Nachbargemeinden und sogar der angrenzenden Gemeindeverbände erfordert, ist unerfindlich.
Viertens. Nicht akzektabel ist schließlich, daß bei der Prüfung, ob ein Grund für einen Räumungsverkauf vorliegt, nicht mehr — wie bisher — auf die allgemeine Verkehrsauffassung, sondern nur noch auf die kaufmännische Verkehrsauffassung abgehoben werden soll.
Die Antragsteller nehmen in Anspruch, unlauterer Werbung entgegentreten und damit die Verbraucher schützen zu wollen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist stets für diese Ziele eingetreten und wird ihre Bemühungen in dieser Richtung in der Zukunft weiter intensivieren. Es dreht sich aber auch darum, sicherzustellen, daß Wettbewerb überhaupt stattfindet und daß er nicht unter dem Deckmantel der Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken zu Lasten der Verbraucher eingeschränkt wird.
Wir sehen sehr wohl, daß sich aus dem Zusammentreffen von klassischem Handel und neuen Vertriebsformen und -methoden Probleme ergeben. Diese Probleme verkennt, wer sie auf solche des unlauteren Wettbewerbs reduzieren möchte. Ihre Lösung ist mit den Mitteln des UWG nicht zu erwarten. Herr Kollege Gewandt, wenn Sie beklagen, daß Förderungsmaßnahmen für das, was Sie als Mittelstand zu bezeichnen pflegen, von der Bundesregierung nicht durchgeführt worden seien, so bitte ich Sie, doch nicht zu verschweigen, welche besondederen Förderungsmaßnahmen wir im Rahmen der Gewerbesteuerreform bereits durchgeführt haben.

(Lachen bei der CDU/CSU.)

Wer andere Eindrücke erweckt, nämlich z. B. den, mit Mitteln des UWG zu Strukturproblemen etwas Positives beitragen zu können, setzt sich dem Verdacht aus, Effekthascherei zu betreiben und zur Problembewältigung nicht nur nichts beizutragen, sondern sie zu erschweren.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711100400
Das Wort hat Frau Abgeordnete Lüdemann.

Barbara Lüdemann (FDP):
Rede ID: ID0711100500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die FDP-Fraktion gebe ich folgende Erklärung ab:
Der vorliegende Gesetzentwurf ist nach unserer Auffassung nicht geeignet, den angeblich verbraucherfreundlichen Aspekt zu verwirklichen. Der Bundestag hat bei der Novellierung des UWG im Jahre 1969 alle hier vorgebrachten Initiativen geprüft und sie verworfen. Das geltende Recht genügt bei sachgemäßer Anwendung und besonders angesichts der vorliegenden Rechtsprechung vollauf, um dem Verbraucher den ihm zustehenden Schutz zu gewährleisten. Im einzelnen wenden wir uns aus folgenden Erwägungen gegen den Gesetzentwurf.
Erstens. In § 3 a soll die Werbung mit Preisgegenüberstellungen verboten und für zulässige Ausnahmen dem Werbenden die Beweislast aufgebürdet werden. Dazu besteht nach unserer Auffassung kein Anlaß; denn sogenannte Mondpreise sind schon nach dem geltenden Recht verboten. Darüber hinaus ist die vorgeschlagene Ausnahme, wenn der höhere Preis vom Anbieter selbst eine angemessene Zeit lang gefordert worden ist, dubios, weil niemand weiß, was „angemessene Zeit" etwa bei Erdbeeren oder Rasenmähern ist. Außerdem bedeutet die Möglichkeit, mit Preisgegenüberstellungen zu werben, einen Anreiz zu Preissenkungen, und den wollen wir nicht eingeschränkt sehen.
Zweitens. Ein Verbot der Werbung unter Einstandspreisen hat der Gesetzgeber 1969 zu Recht abgelehnt. Das irreführende Lockvogelangebot hat er mit Recht verboten. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Dezember 1973 zu Unrecht zitiert. Dieses Urteil bestätigt nämlich den Schutz des Verbrauchers vor Lockvogelangeboten in vollem Umfang.
Weiter ist es in vielen Fällen schwierig, den Einstandspreis, etwa bei Jahresabnahmeverträgen, jederzeit zu ermitteln. Außerdem gibt es Fälle, z. B. bei leicht verderblichen oder modischen Waren, bei denen der Verkauf unter Einstandspreis sinnvoll, ja, sogar notwendig sein kann. Auch Mischkalkulationen würden unmöglich. Die Werbung mit Sonderangeboten geringer Posten verstößt schon jetzt gegen die §§ 1 und 3 des UWG. Schließlich wäre das



Frau Lüdemann
angestrebte Verbot nicht geeignet, dem mittelständischen Handel zu helfen. Angesichts der durch Nachfragemacht bedingten Rabattpraxis könnte der mittelständische Handel durch ein solches Verbot sogar in eine mißliche Lage kommen. Zur Lösung des Problems der Nachfragemacht trägt der vorliegende Entwurf nichts bei.
Drittens. Der vorgeschlagenen Regelung des Aus- und Räumungsverkaufs können wir auch nicht zustimmen. Einzelne Mißstände im Handel mit Orientteppichen, wie sie die Begründung zum Gesetzentwurf zitiert, können nicht zu so weitreichenden Schlüssen verführen.
Eine Vorschrift, wonach ein Ausverkauf erst möglich wäre, wenn das Geschäft drei Jahre lang tatsächlich betrieben worden ist, würde das Risiko jeder neuen Geschäftsgründung erheblich erhöhen. Sie würden Newcomern den Marktzutritt erschweren und einen marktwirtschaftlich nicht gerechtfertigten Bestandsschutz darstellen. Eine solche Regelung wäre im wohlverstandenen Interesse des Mittelstandes schädlich.
Schon heute sind die täuschenden Praktiken etwa im Orientteppichhandel nach den §§ 3 und 4 des UWG zu verhindern. Durch die Forderungen im Entwurf, die Verwaltungsbehörde solle entscheiden, ob ein Ausverkauf gerechtfertigt sei oder nicht, werden unternehmerische Entscheidungen durch Verwaltungsakte ersetzt. Wir lehnen das strikt ab.
Meine Fraktion wird in den Beratungen der Ausschüsse dafür Sorge tragen, daß das Generalklauselprinzip im UWG nicht durch Einzelregelungen der hier vorgeschlagenen Art ausgehöhlt wird. Wir stimmen der Überweisung an die Ausschüsse zu.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711100600
Das Wort hat der Abgeordnete Lampersbach.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0711100700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich möchte nur ganz wenige Bemerkungen machen, nachdem der Kollege Gewandt nach meiner Auffassung mit seiner Einbringungsrede das wesentliche gesagt hat. Herr Kollege Dr. Emmerlich, Sie haben einige Vorbemerkungen gemacht, auf die ich jedoch in zwei Punkten erwidern möchte. Daß es bei uns in der Fraktion einer Gruppe möglich ist, einen Antrag zu ihr wichtig erscheinenden Dingen einzubringen, sollte sie eigentlich erfreuen; denn bei uns ist das eben auf Grund demokratischer Praktiken noch möglich.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich möchte Sie hier nicht so verstanden wissen — wie Sie es ausgedrückt haben —, daß nur noch einstimmige Beschlüsse, wie das bei Ihnen in der Fraktion praktiziert wird, gefaßt werden dürfen.

(Widerspruch bei der SPD.)

Bei uns wird der einzelne Abgeordnete jedenfalls nicht unter Pressionen gesetzt, wenn er glaubt, es sei notwendig, daß eine wichtige Sache hier auf die Tagesordnung gesetzt wird.
Das zweite: Herr Kollege, Sie haben hier moniert, daß wir die Rechtsprechung mit angezogen haben. Wir sind seinerzeit bei den Vorberatungen zur ersten Änderung des UWG 1969 davon ausgegangen, daß eine Straffung gerade bei den Kammern notwendig sei, weil wir — auch nach Anhörung von Richtern — festgestellt haben, daß bei einer Reihe von Kammern eben die Praxis eines Leistungswettbewerbs von den Richtern nicht immer richtig gesehen und erkannt wurde. Das ist kein Vorwurf. Das ist einfach eine Frage der Praktizierung eines sich verschärfenden Wettbewerbs.
Herr Kollege Dr. Emmerlich, was Ihnen ebenfalls völlig unbekannt ist, sind die Überlegungen, die über Monate mit Sachverständigen über die Frage angestellt worden sind: Wann setzt ein Verdrängungs- und wann ein Vernichtungswettbewerb ein? Das sind Fragen, die man eigentlich nur nachträglich beantworten und entscheiden kann. Uns kommt es darauf an, in unserer marktwirtschaftlichen Ordnung die Mißstände so weit wie eben möglich einzuengen, ohne Gefahren für den Markt, d. h. für den Hersteller, Verkäufer oder Verbraucher, heraufzubeschwören.

(Abg. Dr. Emmerlich: Das ist doch keine Frage der Lauterkeit oder Unlauterkeit des Wettbewerbs!)

— Warten Sie es doch ab! Ich habe Sie ja auch aussprechen lassen. Sie bekommen auf alles noch eine Antwort. Die Strukturpolitik gehört hier gar nicht oder nur am Rande mit hinein. Dies ist eine zweite Überlegung. Bei dem Sachverstand, den ich bei Ihnen voraussetze, müßten Sie das eigentlich wissen.

(Zuruf von der FDP.)

— Das ist natürlich möglich, Herr Kollege. Aber das können Sie in der Koalition wahrscheinlich besser untersuchen und beantworten.
Ich möchte noch zwei Dinge ansprechen, die von den Rednern der Koalition hier vorgetragen worden sind. Meine Damen und Herren, auch uns liegt daran, daß wir einen freien Wettbewerb haben und behalten und daß der Wettbewerb nicht aufgehoben wird. Dieser freie Wettbewerb ist nach unserer Auffassung die entscheidende Voraussetzung für ein Funktionieren des Marktes überhaupt. Wir glauben, daß der Wettbewerb das einzig richtige und vernünftige Regulativ ist, um den Fluß von Waren im Interesse aller Beteiligten in der richtigen Weise sicherzustellen. Das schließt natürlich nicht aus, daß wir Überlegungen im Hinblick auf den Fall anstellen müssen, daß einige Außenseiter auf Kosten der Allgemeinheit, auf Kosten der sich vernünftig Verhaltenden persönliche Vorteile aus diesem Marktgeschehen herauszuschlagen versuchen. Es ist seinerzeit sehr intensiv darüber diskutiert worden, ob wir etwa ein generelles Verbot, das in § 1 des französischen Gesetzes, das in etwa mit unserem UWG zu vergleichen ist, enthalten ist, einführen sollten. Wir haben uns seinerzeit dagegen ausgesprochen, weil wir es für viel zu kompliziert halten, im einzelnen den Nachweis erbringen zu lassen, was denn nun Einstandspreise usw. sind. Wir glauben aber,



Lampersbach
daß es gerade im Interesse der Verbraucher und der Verbraucheraufklärung notwendig ist, daß hierbei nicht manipuliert wird. Meine Damen und Herren, wir wissen doch alle, daß vielfach sogenannte Preisgegenüberstellungen in der Form erfolgen, daß zunächst zu hohe Preise angesetzt werden, diese dann durchgestrichen und durchaus noch vernünftig kalkulierte Preise als neue, sogenannte herabgesetzte Preise hingestellt werden. Dies wollen wir auf jeden Fall verhindern, denn hierin sehen wir eine bewußte Täuschung der Verbraucher. Wir befürchten, daß solche schlechten Beispiele gute Sitten verderben können.

(Zuruf des Abg. Dr. Emmerlich.)

— Herr Dr. Emmerlich, das ist es eben nicht. Die Praxis zeigt, daß die Spielregeln hier von Zeit zu Zeit überprüft werden müssen und entsprechende gesetzliche Konsequenzen zu ziehen sind.
Hier ist auch über die Einschränkung der Ausverkäufe gesprochen worden. Das geltende Wettbewerbsrecht enthält eine Fülle von Ausnahmemöglichkeiten, die auch durch den Gesetzentwurf, den Ihnen eine Gruppe von Abgeordneten der CDU/ CSU vorgelegt hat, nicht eingeschränkt werden. Es besteht z. B. zweimal im Jahr die Möglichkeit, ordnungsgemäße Ausverkäufe durchzuführen. Dann können die Lagerräumungen, die Sie hier angesprochen haben, ohne Schwierigkeiten und ohne Schaden für alle Beteiligten durchgeführt werden. Das muß man doch einfach wissen. Auch die weniger sachverständigen Kollegen und Kolleginnen müssen es wissen, damit ihnen der Sachverhalt' klar wird.
Das gleiche gilt für sogenannte leicht verderbliche Ware, die schon immer und zu allen Zeiten keiner einengenden Preisgestaltung unterworfen war. Ich glaube, die heute bestehende Fülle von Ausnahmeregelungen, die oft auch voll ausgeschöpft werden, sollte für uns Anlaß sein, die Dinge erneut zu überprüfen. Dies ist sicherlich ein Thema, das wenig Veranlassung geben sollte, parteipolitische Schwierigkeiten gegeneinander auszuspielen. Wir hoffen deswegen auf eine sehr sachliche und sachverständige Beratung im Ausschuß. Wir würden uns freuen, wenn Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sich unseren Überlegungen anschließen könnten. Wir werden sicherlich noch die eine oder andere Modifizierung vornehmen müssen, aber insgesamt dürfte unser Gesetzentwurf eine, wie ich glaube, sinnvolle Verbesserung und Ergänzung des 1969 eingeführten neuen UWG darstellen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711100800
Wird des weiteren das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich schließe die Aussprache und schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Rechtsausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaft — mitberatend — zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 36 der Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgeseztes (2. BAföG-ÄndG)

— Drucksache 7/2098 —
aa) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/2289 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Althammer
bb) Bericht und Antrag des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft (18. Ausschuß)

— Drucksache 7/2279 — Berichterstatter:
Abgeordneter Vogelsang Abgeordneter Dr. Fuchs Abgeordneter Möllemann

(Erste Beratung 103. Sitzung)

b) Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
— Drucksache 7/2099 —
Bericht und Antrag des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft (18. Ausschuß)

— Drucksache 7/2279 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Vogelsang Abgeordneter Dr. Fuchs Abgeordneter Möllemann (Erste Beratung 103. Sitzung)

Ich danke den Berichterstattern — für den Haushaltsausschuß dem Abgeordneten Dr. Althammer, für den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft den Abgeordneten Vogelsang, Dr. Fuchs und Möllemann — für ihre Schriftlichen Berichte.
Wir kommen zur zweiten Beratung. Es ist interfraktionell vereinbart, mit einer allgemeinen Aussprache zu beginnen. Die Berichterstatter wollen und brauchen das Wort nicht mehr zu nehmen; sie haben ja schriftlich berichtet.
Ich erteile das Wort in der Aussprache dem Abgeordneten Dr. Fuchs.

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0711100900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Art und Weise, wie das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes parlamentarisch - zumindest in den Ausschüssen — behandelt wurde, entspricht in keiner Weise den Mindestanforderungen, auf die eine solche zum Teil weit- und auch tiefgreifende und zudem differenzierte Materie Anspruch hat. Auch die Kollegen der Regierungskoalition haben mehrmals zu erkennen gegeben, daß sie über den Zeitdruck, unter dem die



Dr. Fuchs
Beratung zu leiden hatte, alles andere als glücklich sind.
Obwohl die CDU/CSU-Fraktion bereits im Frühsommer vorigen Jahres die Bundesregierung aufgefordert hatte, dem Bundestag rechtzeitig den angeforderten Bericht zu erstatten, um anschließend sofort mit der Novellierung des Gesetzes beginnen zu können, mußte nun das Gesetz in einer einzigen Sitzung des federführenden Ausschusses von der Bestellung der Berichterstatter bis zur Schlußabstimmung erledigt werden.

(Zuruf des Abg. Möllemann.)

Sie gestatten mir diesen etwas saloppen Ausdruck,
aber er entspricht leider der Tatsache.
Daß noch wenige Tage vor dieser Sitzung den Ausschußmitgliedern durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft mehrere Stellungnahmen, neue, komplizierte Ubergangs- und Terminregelungen, die deswegen notwendig geworden waren, weil sonst die Durchführung des Gesetzes gar nicht mehr möglich gewesen wäre, ja daß noch neue, bis dahin im Gesetzgebungsverfahren überhaupt nicht erörterte Bestimmungen zugeleitet wurden, wirft ein bezeichnendes Licht auf dieses ganze Verfahren.
Meine Damen und Herren, unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, daß Probleme, deren Lösung sowohl von der CDU/CSU-Fraktion als auch von der Koalition schon bei der Verabschiedung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes 1971 und bei der Verabschiedung des ersten Änderungsgesetzes 1973 als dringlich vorgemerkt worden sind, erneut unter den Tisch gefallen sind. Dieses Hinausschieben bestimmter Härteregelungen ist aber alles andere als erfreulich, ich meine, für die Betroffenen jedenfalls mehr als ärgerlich. Das lateinische Sprichwort
„bis dat, qui celeriter dat" — doppelt gibt, wer rechtzeitig und schnell gibt — wird jedenfalls zum Schaden dieser Betroffenen sträflich vernachlässigt.
Die CDU/CSU-Fraktion erwartet, daß bei der mit Sicherheit zu erwartenden weiteren Novellierung des Gesetzes ein Zeitplan eingehalten wird, der die Ausschußarbeit nicht zu einer Zustimmungs- und Ablehnungsmaschine, ja, man könnte fast sagen: -guillotine, degradiert.
Meine Damen und Herren, in dieser Ausschußsitzung wurden fast alle Anträge der CDU/CSU-Fraktion mit geringen Ausnahmen von der Regierungsmehrheit abgelehnt. Dies gilt für die Anpassung der Freibeträge an die Einkommensentwicklung, dies gilt für die Änderung der Darlehensregelung, für die weitere Öffnung der Förderung des Studiums in außereuropäischen Ländern, für die Gleichstellung der Förderung im Bereich des zweiten Bildungsweges, für die dringend notwendige Erhöhung des Waisenfreibetrages, für die Verbesserung der Förderung von Alleinstehenden mit anspruchsberechtigten Kindern, also von Gruppen, die es im Leben schwerer haben als andere. Die sachliche Berechtigung dieser Anträge wurde von der Koalition zum größten Teil anerkannt; die Ablehnung erfolgte fast ausschließlich unter finanziellen Gesichtspunkten.
Wir halten es nicht für sinnvoll, diese Anträge bei einer so eindeutigen Festlegung der Koalition erneut zu stellen. Wir nehmen zur Kenntnis, daß sich die SPD-FDP-Koalition offensichtlich nicht in der Lage sieht, sachlich für gerechtfertigt gehaltene Verbesserungen bei der Ausbildungsförderung zu finanzieren. Es ist aber mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß dadurch die Gefahr entsteht, daß Kinder aus wirtschaftlich schwachen Schichten in ihren Ausbildungschancen behindert werden.
Unter diesen Gesichtspunkten ist es der CDU/ CSU-Fraktion nicht möglich, allen gesetzlichen Einzelregelungen ihre Zustimmung zu geben. Ich bitte deshalb den Herrn Präsidenten, über Art. 1 Nr. 14 und Nr. 22 gesondert abstimmen zu lassen.
Ich darf noch eine Bemerkung zum Schluß machen. Ich möchte den Mitarbeitern des Ausschußsekretariats einen aufrichtigen und herzlichen Dank für die in der letzten Woche und über das letzte Wochenende geleistete Arbeit aussprechen. Wir meinen, daß diese Arbeit zum Teil, so wie es beim Gesetzgebungsverfahren überhaupt gewesen ist, wenigstens für das Ausschußsekretariat fast unzumutbar gewesen ist. Gerade deswegen, glaube ich, gebührt ihm ein besonderer Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711101000
Das Wort hat der Abgeordnete Vogelsang.

Kurt Vogelsang (SPD):
Rede ID: ID0711101100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich dort beginnen, wo Herr Dr. Fuchs geendet hat: Auch ich möchte dem Ausschußsekretariat im Namen unserer Fraktion für die intensive Arbeit recht herzlich danken.

(Beifall bei der SPD.)

Herr Dr. Fuchs, ich glaube, in einigen Punkten, die Sie hier vorgetragen haben, muß Ihnen widersprochen werden, denn sie scheinen mir widersprüchlich zu sein. Sie sagen, da seien einige Probleme unter den Tisch gefallen. Ich glaube, kein Problem ist unter den Tisch gefallen, denn wir haben gemeinsam eine Entschließung gefaßt, die die Regierung mit allem Nachdruck auffordert, solche Regelungsvorschläge für die nächste Novellierung vorzubereiten und vorzutragen. Wir wollen somit die Probleme durchaus nicht unter den Tisch fallen lassen, sondern sie trotz ihrer Schwierigkeit — sonst wären es ja keine Probleme — einer Lösung zuführen.
Zweitens sagen Sie, es sei kaum möglich gewesen, alles intensiv zu beraten, da nur eine Ausschußsitzung zur Verfügung gestanden habe. Das ist richtig. Durch die Vielzahl der Anträge Ihrer Fraktion wird aber doch deutlich, daß allen Fraktionen in ausreichendem Maße Zeit zur Verfügung gestanden hat, sich mit der Materie insgesamt zu beschäftigen. Wir wollen doch nicht verheimlichen, Herr Dr. Fuchs, daß der Bericht der Regierung nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes schon seit dem 13. September vorigen Jahres vorliegt und daß wir, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, diesen Bericht hier bereits am 15. März diskutiert haben.



Vogelsang
Seitdem war doch zumindest den Fachleuten bekannt, daß wir mit einer Änderung dieses Gesetzes zu rechnen haben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711101200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Abg. Vogelsang: Bitte sehr!) — Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Fuchs!


Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0711101300
Herr Kollege Vogelsang, haben Sie auch den Eindruck, daß im Ausschuß genügend Zeit zur gründlichen Erörterung dieser teilweise doch schwierigen Probleme zur Verfügung gestanden hat?

Kurt Vogelsang (SPD):
Rede ID: ID0711101400
Herr Dr. Fuchs, eigentlich sind doch die Ausschußberatungen — wenn ich Ihnen auch einräume, daß das, was geschehen ist, nicht unbedingt zur Regel werden muß — geradezu ein klassisches Beispiel für Diskussionen gewesen, in denen wir Sachprobleme miteinander gegen die Probleme einer möglichen Finanzierung abgewogen haben. Denn ich muß darauf hinweisen, daß Sie, selbst wenn wir aus finanziellen Gründen, wie Sie eben richtig gesagt haben, einen Teil Ihrer Anträge ablehnen mußten, nachher doch bereit waren, auch unseren Argumenten bezüglich der nicht möglichen Finanzierung zuzustimmen; denn die Ausschußvorlage ist doch einstimmig verabschiedet worden.
Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Dr. Fuchs, auch dafür, daß Sie anerkennen, daß dieses Gesetz tiefgreifende Veränderungen im Bundesausbildungsförderungsgesetz bringt. Mit diesem zweiten Änderungsgesetz liegt dem Parlament in der zweiten Lesung ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der, so darf man sagen, von den Betroffenen voll angenommen worden ist. Das, glaube ich, zeigt sich am besten dann, wenn man sich einmal die Breitenwirkung dieses Gesetzes vor Augen führt. Während 1971, bei Inkrafttreten des Ausbildungsförderungsgesetzes, 34 % der Studenten gefördert wurden, waren es 1974 47 %, und im Jahre 1975 werden es 48 % sein, also nahezu die Hälfte aller Studenten.
Bei den Schülern ist die Entwicklung ähnlich gewesen. Während im Jahre 1971 20 % der Schüler aefördert wurden, waren es 1974 41 %, und im Jahre 1975 werden es 43 % sein.
Das, so meine ich, gibt auch die Breitenwirkung dieses Gesetzes wieder. Und wir wehren uns mit aller Entschiedenheit gegen Vorstellungen und Vorschläge. diese Breite zu beschneiden und dafür in der Höhe, d. h. also für wenige, mehr zu leisten. Wir als Sozialdemokraten meinen, daß diese Breitenwirkung des Gesetzes unbedingt erhalten bleiben muß.
Bemerkenswert aber erscheint uns auch, daß hier ein Gesetz beschlossen werden soll, dessen finanzieller Aufwand sich von diesem Jahr zum nächsten Jahr um nahezu 50 °/o erhöht. Wir werden in diesem Hause nur selten Leistungsgesetze zu verabschieden haben, die solch eine finanzielle Dimension haben; hier nämlich werden die Aufwendungen von bisher 2,1 Milliarden DM auf 3,2 Milliarden im nächsten Jahr steigen.
Nun könnte man aus dieser Entwicklung unter Umständen die Vermutung ableiten, in der Vergangenheit sei da zu wenig geschehen. Man muß aber darauf hinweisen, daß sich ja die finanziellen Aufwendungen von 1969 bis 1973 vervierfacht haben, so daß die Begründung, es könne vielleicht an den Fehlern der Vergangenheit liegen, hier nicht relevant ist.
Nun glaube ich aber, daß allein die Zahlen hinsichtlich des finanziellen Aufwands nicht dazu ausreichen, eine wirkungsvolle Bilanz darzustellen. Ich meine auch, daß nicht nur der — sehr wesentliche — Grund der Breitenwirkung ein Beweis für den bildungspolitischen Effekt dieses Gesetzes ist, sondern daß auch noch ein weiterer Beweis angeführt werden kann. Es hat sich nämlich nach einer Statistik des Landes Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr ergeben, daß die Arbeiterkinder mit 30,6 % an der Spitze der Geförderten stehen. Das, meine ich, ist ein sehr wichtiger bildungspolitischer Effekt des Gesetzes.

(Abg. Dr. Probst: Nicht nur die, die weniger verdienen!)

— Ich räume Ihnen gern ein, daß die Angestellten mit 28 % ebenfalls sehr weit oben gelegen haben. Aber Tatsache ist, daß die Arbeitnehmerkinder mit über 50 % im Kreis der Geförderten liegen, und das ist eigentlich genau das gewesen, was wir als Väter des Gesetzes erreichen wollten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich darf Ihnen vortragen, welche wesentlichen Änderungen das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes enthält. Die erste wesentliche Änderung wird die Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge sein. Sie werden im Durchschnitt um 20 % erhöht. So steigt der Förderungshöchstbetrag bei Schülern von 400 auf 480 DM, bei Studenten von 420 auf 500 DM. Der Freibetrag der Eltern erhöht sich von 800 auf 960 DM, und — was wir besonders vermerken wollen - für Alleinstehende erhöht sich der Freibetrag von 500 auf 640 DM, also um nahezu 30 %. Hier liegt auch in erster Linie der finanzielle Aufwand des Gesetzes.
Eine zweite, in meinen Augen sehr wesentliche Änderung ist die Einführung eines sogenannten Grunddarlehens für Studenten. Um Mißverständnissen vorzubeugen: dieses Grunddarlehen betrifft nur Studenten und nicht die Schüler. Wer sich die finanzielle Entwicklung der Ausgaben vor Augen hält, die ich soeben darzulegen versucht habe, muß zwischen dem politisch Wünschenswerten und dem finanziell Möglichen entscheiden. Hier liegt die Begründung dafür, daß wir der Einführung eines Grunddarlehens zustimmen. Wir dürfen auch daran erinnern, daß bereits im Jahre 1970 im Kabinett ein Beschluß herbeigeführt worden ist, der die Möglichkeit einer Wiedereinführung eines Grunddarlehens durchaus ins Auge gefaßt hat. Die Darlehensgewährung seit Inkrafttreten des Gesetzes war auf bestimmte Bereiche begrenzt, nämlich vorrangig auf die Möglichkeiten einer Zweitausbildung, und zwar



Vogelsang
auch dann, wenn die Förderungshöchstdauer überschritten war. Nunmehr werden alle Studenten eine Darlehenskomponente hinnehmen müssen, die unverzinslich ist.
Eine dritte Neuerung des Gesetzes ist, daß die elternunabhängige Förderung erweitert wird. Sie betrifft diejenigen, die schon einmal finanziell auf eigenen Füßen gestanden haben oder von einem bestimmten Lebensalter an gefördert werden. Dabei wird das Einkommen der Eltern nicht berücksichtigt bzw. die Freibeträge der Elterneinkommen werden verdoppelt, so daß es in der Praxis nahezu nicht mehr anrechnungsfähig ist.
Die vierte Verbesserung ist, daß die Einkommen der Rentner bei der Einkommensermittlung in Zukunft so behandelt werden wie alle übrigen Einkommen auch.
Eine fünfte Verbesserung besteht in der Ausweitung der Förderung für ein Studium im außereuropäischen Ausland. Bisher war es nur dann möglich, ein Studium im außereuropäischen Ausland zu fördern, wenn es im Rahmen der Ausbildung erforderlich war. Dies wird nunmehr auf die Punkte erweitert: wenn es im Rahmen eines Studienprogramms erfolgt und wenn es für die Ausbildung und den Ausbildungsstand förderlich ist.
Eine sechste Verbesserung ist, daß ab 1. Januar 1975 auch die auswärts untergebrachten Schüler bereits ab Klasse 10 eine Förderung erfahren können.
Aufgenommen wird als siebter Punkt, daß auch die Teilnehmer an Veranstaltungen von Ausbildungsstätten, die einem Schulversuch dienen, gefördert werden können. Und achtens wird eine bessere verfahrensrechtliche Regelung eingeführt.
Wir haben in dem Gesetzentwurf, den wir Ihnen heute in der Ausschußfassung vorlegen, nicht den Vorschlag der Bundesregierung verwirklicht, den Förderungsbereich entsprechend dem Prinzip der horizontalen Gliederung des Schulwesens nach Schulstufen zu ordnen. Das haben wir nicht deshalb nicht getan, weil wir meinen, daß dieses Anliegen insbesondere im Hinblick auf den Bildungsgesamtplan nicht berechtigt und begründet gewesen wäre, sondern einfach, um das rechtzeitige Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht zu gefährden. Uns war bekannt, daß sowohl die Opposition hier im Bundestag als auch die Mehrheit im Bundesrat hiergegen opponieren würden, und wir wollten nicht riskieren, daß der Bundesrat in diesem Punkte den Vermittlungsausschuß anrufen würde. Hier ließ einfach der politische Zwang, unsere politische Überzeugung ein bißchen in den Hintergrund treten. Damit meine ich nicht den Hintergrund überhaupt, sondern den zeitlichen Hintergrund; denn wenn wir hier in diesem Hause dem Bildungsgesamtplan zustimmen, werden wir nicht daran vorbeikommen, in diesem Gesetz die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen.
Sicherlich — Herr Kollege Fuchs hat es soeben schon getan — kann man auch den zeitlichen Ablauf der Werdung dieser Novelle kritisieren. Ich habe darauf hingewiesen, daß wir uns sicherlich alle, die wir unmittelbar mit dem Zustandekommen dieses
Gesetzes befaßt waren, seit dem 13. Dezember bzw. seit dem 15. März darauf eingerichtet haben. Wir wollten mit diesem leichten zeitlichen Druck nichts gefährden, sondern wir wollten unser Versprechen aus der ersten Lesung einlösen. Wir hatten nämlich allen Begünstigten versprochen, uns darum zu bemühen, dieses Gesetz so rechtzeitig zu verabschieden, daß es zum 1. August 1974 bzw. zum 1. Oktober 1974 in Kraft treten kann.
Wir sind uns darüber im klaren, daß nicht alle Wünsche, die zu diesem Gesetz von der politischen Opposition und auch von außerhalb des Bundestages an uns herangetragen worden sind, erfüllt sind. Nur — darauf habe ich bereits hingewiesen — mußten wir bei aller sachlichen Abwägung und allem bildungspolitischen Wollen auch darauf achten, daß wir hier nicht Hoffnungen erweckten, deren Erfüllung nachher nicht finanzierbar gewesen wäre. Wir wollten ein auch in dem Sinne seriöses Gesetz machen, daß es finanzierbar ist und bleibt. Für einige Vorschläge und Wünsche sind keine Finanzierungsvorschläge gemacht worden. Ich will aber auch nicht verschweigen, daß insbesondere von außerhalb dieses Hauses Vorschläge zur Finanzierung gemacht worden sind, die sich jedoch ein bißchen stereotyp darauf beschränkt haben zu sagen: Nehmt das Geld aus dem Haushalt der Verteidigung!
Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß ich die Diskussion im Ausschuß als eine typische, echte Diskussion — nämlich mit dem Messen der Argumente — empfunden habe: wir haben bildungspolitisches Wollen und finanzielle Möglichkeiten miteinander abgewogen. Der Bericht des Haushaltsausschusses gibt Ihnen die Gewähr, daß dieser Gesetzentwurf mit der Haushaltslage vereinbar ist.
Uns war bei den Beratungen nicht neu, daß, je mehr man gibt, um so größer die Zustimmung derer ist, die davon begünstigt werden. Nur, das konnte nicht unser Gesichtspunkt sein. In unserem Gesichtsfeld standen nicht nur die, die nach diesem Gesetz die Empfänger der Leistungen sein werden, sondern zu berücksichtigen war auch der Kreis derer, die die Gebenden sein würden.
Ich darf noch einmal sagen: Dieses Gesetz ist trotz der enormen Ausweitung seines Finanzvolumens finanziell abgesichert. Ich bitte Sie deshalb, diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben und damit die Gesetzesvorlage des Bundesrats für erledigt zu erklären.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711101500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Köster.

Gottfried Köster (CDU):
Rede ID: ID0711101600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bundesausbildungsförderungsgesetz ist ein Markstein am Wege des Ausbaus unseres sozialen Rechtsstaates — ohne jeden Zweifel. Unter der Regierung Kiesinger ist es als Ausbildungsförderungsgesetz entstanden und 1971 unter Einbeziehung des Honnefer Modells zum Bundesausbildungsförderungsgesetz erweitert worden. Die Praxis mit diesem Gesetz hat nun Fragen aufgewor-

Köster
fen, die ohne neue Informationen seitens der Regierung nicht zu lösen sind.
Daher hat der Ausschuß einstimmig an den Bundestag den Antrag gestellt, die Bundesregierung aufzufordern, dem Deutschen Bundestag bis zum 1. März 1975 einen Bericht vorzulegen, in dem a) das Zusammenwirken von Leistungen nach dem Kindergeldgesetz, nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und von steuerlichen Entlastungen durch auswärtige Unterbringung dargestellt wird, in dem b) festgestellt wird, welche Spitzenbelastung für je 100 DM Mehreinkommen in verschiedenen Einkommensschichten hingenommen werden müssen, die Steuern, Soziallasten und die Mehrbelastung durch auslaufende Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bewirken, und in dem c) Vorschläge unterbreitet werden, wie soziale Härten — z. B. Regelungen für Empfänger von Waisengeld und Waisenrente, Alleinstehende mit unterhaltspflichtigen Kindern und Schwerbehinderte — durch die weitere Gesetzgebung gemildert werden können.
Meine Damen und Herren, jedes Leistungsgesetz, das wir uns beim Ausbau einer gerechteren sozialen Ordnung geben, fordert von uns die Entscheidung, ob eine Leistung als Ergänzungshilfe angeboten oder als Leistung — unabhängig von der Einkommenshöhe — gewährt wird. Einkommensunabhängige soziale Leistungen wie das Kindergeld werfen letztlich bezüglich ihrer Finanzierung nur Probleme auf, die die allgemeinen Steuertarife — Einkommensteuer und Mehrwertsteuer — betreffen. Einkommensabhängige Sozialleistungen haben für die Begünstigten den Charakter einer Hilfe, den einer Sonderbelastung für den, dessen Einkommen die Freibeträge übersteigt. Diese Sonderbelastung ist für Spitzeneinkommen kein Problem. Diejenigen aber, deren Einkommen die Freibeträge nur wenig übersteigt, sehen sich allmählich in eine Dunstglocke von Mehrbelastungen gedrängt, die durch das Auslaufen einkommensabhängiger Sozialleistungen auf Grund einer Vielzahl von Gesetzen entsteht und die für den Betroffenen und den Gesetzgeber in ihren Auswirkungen immer weniger durchschaubar werden

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

und Härten mit sich bringen, die wir alle nicht wollen. Hier sind zu nennen das Sparprämiengesetz, das Wohnungsbauprämiengesetz, das Dritte Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung, das Wohnungsgeldgesetz, das Bundessozialhilfegesetz, das Bundesausbildungsförderungsgesetz.
Die Spitze der Ungereimtheit — man möchte sagen: der Unsinnigkeit — liegt darin, daß es Familienväter gibt, die ein so niedriges Einkommen haben, daß sie die vollen Bedarfssätze des Bundesausbildungsförderungsgesetzes in Anspruch nehmen können, außerdem aber noch einen Anspruch auf Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz haben, weil ihr Einkommen geringer ist als das vom Bundessozialhilfegesetz festgesetzte Existenzminimum, der Staat aber von diesem Arbeitseinkommen noch Lohnsteuer verlangt. Es ist mit jeder vernünftigen
Steuer- und Sozialgesetzgebung unvereinbar, wenn Situationen entstehen, in denen aus dem Bundessozialhilfegesetz einerseits Leistungen erbracht werden — und damit feststeht, daß das Existenzminimum nicht erreicht ist — und andererseits von diesem Existenzminimum noch Steuern gezahlt werden.
Solche Situationen sind dann besonders grotesk, wenn es sich bei dem Beispiel, das mir vor Augen steht, um einen Bediensteten der öffentlichen Hand, der Bundesbahn handelt, dessen Einkommen aus dem öffentlichen Dienst nach allgemeiner Auffassung doch ausreichen sollte. Familien mit einem Einkommen oberhalb der Freibeträge — und das sind Familien, die dieses Mehreinkommen gerne für die Ausbildung ihrer Kinder ausgeben — müssen erleben, daß der Staat diese Leistung für ihre Kinder nicht nur nicht honoriert, sondern steuerlich belastet. Diese Ungerechtfertigkeit ist offenkundig.
Ein Ehepaar, das sich entschließt, seine Kinder studieren zu lassen, wird durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz verpflichtet, den Bedarf ganz oder zum Teil selbst zu zahlen. Diese gesetzliche Unterhaltsverpflichtung für studierende Kinder wird steuerlich im besten Fall als Freibetrag in Höhe von 1200 DM jährlich anerkannt. Eine andere Familie, die sich nicht entschließen kann, ihre Kinder studieren zu lassen, und sich statt dessen etwa entscheidet, mit der freien Kapitaldecke Bausparbeiträge zu leisten, kann nach dem beschlossenen Einkommensteuergesetz hohe Beträge mit 22 % von der Steuerschuld abziehen. Auf der einen Seite eine gesetzliche Zahlungsverpflichtung für den Familienvater, wobei die Zahlung aus dem versteuerten Einkommen erbracht werden muß; dort eine gewiß erwünschte Vermögensbildung, die steuerlich berücksichtigt wird. Es ist zu untersuchen, ob das mit dem Auftrag des Grundgesetzes in Art. 6, die Familie besonders zu schützen, vereinbar ist.

(Abg. Seiters: Sehr wahr!)

Dieselbe unbefriedigende Situation kommt dann zum Ausdruck, wenn man überlegt, was aus einem Hundertmarkschein eines Manne, dessen einziges Kind auswärts an einer Hochschule studiert, wird, den er infolge einer Beförderung oder Mehrleistung bekommt. Es ist nicht einzusehen, daß der Ertrag für eine Mehrleistung eines Unterhaltsverpflichteten zu 70 % und mehr vom Staat als Steuern oder als erhöhter Beitrag für den Bedarf eines Studierenden nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetzes verwendet wird. Ein derart leistungsfeindlicher, aufstiegsfeindlicher Einkommensbereich breitet sich in den Nebel auslaufender Vergünstigungen von Geldleistungsgesetzen mit Einkommensgrenzen aus. Wir haben alle Ursache, diese Dunstglocke zu durchstoßen, und zwar gemeinsam zu durchstoßen, und zu klaren Vorstellungen zu kommen, welche Auswirkungen die Bündelung von auslaufenden Vergünstigungen von Einkommensgesetzen für die Betroffenen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Wagner [Trier] : Dazu besteht da drüben wenig Neigung!)




Köster
Ein anderes Problem ist so alt wie das Ausbildungsförderungsgesetz selbst, nämlich das Problem der Anrechnung von Waisengeldern als eigenes Einkommen der Studierenden auf die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Wir alle werden sicher aus unseren Wahlkreisen von Fällen gehört haben, in denen eine Familie Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezog, nach dem Tode des Vaters aber trotz verringerten Gesamteinkommens der Familie häufig eine empfindliche Minderung der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz hinnehmen mußte. Aus ernst zu nehmenden Gründen wird das Waisengeld als eigenes Einkommen der Waisen und Halbwaisen betrachtet. Die Tatsache, daß es eigenes Einkommen ist, schützt den Anspruch der Waisen und Halbwaisen auf die auszuzahlenden Beträge. Als eigenes Einkommen allerdings muß es nach den Bestimmungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes auf den Bedarf angerechnet werden.
Um diese schwierige Situation ein wenig zu mildern, haben in der vergangenen Wahlperiode Frau Schanzenbach, Herr Krall und ich im Einvernehmen mit unseren Fraktionen schon 1970 einen Gesetzentwurf eingebracht, der einem Waisen einen Freibetrag von 70 DM monatlich sicherte. Dieser Betrag hat sich immer wieder als ungenügend erwiesen und wurde auf wiederholte Anträge der CDU/CSU schließlich auf 120 DM erhöht. Die Witwen und Erziehungsberechtigten haben jedoch immer wieder darauf hingewiesen, daß auch dieser Betrag nicht ausreiche.
Es ist natürlich nicht möglich, daß das Bundesausbildungsförderungsgesetz dazu dient, Aufbesserungen der Witwenrenten zu finanzieren. Aber ich glaube, daß die Situation nicht so einfach zu sehen ist. Im Augenblick des Todes des Familienvaters besteht nach wie vor der Wunsch und die Notwendigkeit, die Familie als Familie weiterbestehen zu lassen. Eine Familie besteht als Lebensgemeinschaft auch dann weiter, wenn einige oder alle Kinder der Witwe auswärts studieren. Das Gesetz darf einfach nicht unterstellen, daß die Witwe mit ihrer kleinen Rente noch für ein Kind oder mehrere Kinder Unterkunft und Verpflegung bereitstellen kann, jedenfalls für die Ferien und für die Wochenenden. Es muß sichergestellt werden, daß mehr als 120 DM bei der Anrechnung des Waisengeldes auf das Einkommen der Studierenden unberücksichtigt bleiben, wenn das Einkommen der Mutter geringer ist als die Höhe der ihr zustehenden Freibeträge.
Um mich klarer auszudrücken: Wenn eine Witwe drei Kinder hat, die studieren, müßte nach dieser Überlegung ein höherer Freibetrag als 120 DM von den Waisengeldern freibleiben, wenn ihr Einkommen geringer ist als 820 DM. Der neue Freibetrag für die Witwe beträgt nach dem jetzt zu beschließenden Gesetz 640 DM, der Freibetrag jür jedes der studierenden Kinder 60 DM, so daß sich dann diese 820 DM ergeben. Das ist notwendig, damit sie ,so viel Geld zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft zur Verfügung haben kann, wie es das Gesetz für Höherverdienende als Freibetrag anerkennt.
Schließlich wirft die Einführung der Grunddarlehen für Studenten, die im Bericht ausführlich behandelt worden ist, für den Familienpolitiker unabhängig von den Beratungsergebnissen im Ausschuß das Problem auf, daß bei dieser Darlehensregelung die Armut der Eltern den Kindern nachläuft. Einkommenstarke Eltern werden durch das Gesetz verpflichtet, den vollen Bedarfssatz zu zahlen. Kinder einkommenschwacher Eltern erhalten 500 DM vom Staat, aber 80 DM als Darlehen. Unabhängig von den Auffassungsunterschieden zwischen Koalition und CDU/CSU-Fraktion wäre es denkbar, die Darlehenshöhe als Prozentsatz der Leistung der Eltern festzusetzen. Bei einkommenschwachen Elffern würde also der volle Betrag ohne Darlehen ausgezahlt, bei einkommenstarken Eltern würde die volle Höhe der Darlehenshöhe erreicht. Es muß zugegeben werden, daß auch hier um der isozialen Gerechtigkeit willen eine neue Grauzone zusätzlicher Belastungen entstehen würde.
Meine Damen und Herren, wir sind bereit, nach der Erstellung des Berichts der Bundesregierung im März dieses Gesetz im Interesse eines weiteren Schrittes zu größerer sozialer Gerechtigkeit weiter intensiv zu beraten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711101700
Wird weiterhin das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache der zweiten Beratung.
Ich rufe nunmehr auf Art. 1. Der Herr Abgeordnete Dr. Fuchs hat beantragt, über Art. 1 so abstimmen zu lassen, daß über die Nummern 14 und 22 gesondert abgestimmt wird. Ich habe dazu keinen Widerspruch gehört, also kann 'so verfahren werden.
Ich komme also zur Abstimmung über Art. 1 — den einleitenden Satz des Art. 1 sowie die Nummern 1 bis 13, wozu das Wort nicht gewünscht wird. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ohne Gegenstimmen so beschlossen.
Ich rufe nunmehr die Nr. 14 auf. Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe die Nummern 15 bis 21 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe'. — Enthaltungen? — Ohne Gegenstimmen und Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur Nr. 22. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich komme zu den Nummern 23 bis 48. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? -



Vizepräsident Dr. Jaeger
Ohne Gegenstimmen und Enthaltungen angenommen.
Ich rufe Art. 2 — Einleitung und Überschrift — auf. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache und erteile das Wort dem Herrn Bundesminister für Bildung und Wissenschaft.

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0711101800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen heute vor einer Entscheidung, von der ich weiß, daß mancher in diesem Hause — und das trifft auf alle Fraktionen zu — sie um weitere Punkte angereichert sehen möchte. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz ist ein Kernstück der Sozialpolitik im Bildungsbereich. Gerade deshalb habe ich Verständnis dafür, daß trotz der wesentlichen Fortschritte im Ausbau der Ausbildungsförderung noch eine Reihe weiterer, vor allem die soziale Ausrichtung dieses Leistungssystems berührender Fragen im Ausschuß und auch heute hier im Plenum behandelt worden ist. Ich bin mir aber — ich nehme an, der Zustimmung aller hier — sicher, wenn ich hervorhebe, daß die Bilanz des bisher in der Ausbildungsförderung Erreichten beachtlich ist.
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz ist von Schülern und Studenten in erheblichem Umfang in Anspruch genommen worden, so daß heute fast 50 % der Schüler in den allgemeinbildenden und den berufsbildenden Schulen der Oberstufe und ein gleicher Anteil der Studenten gefördert werden. Das sind insgesamt rund 800 000 junge Bürger in unserem Lande.
Der Mitteleinsatz von Bund und Ländern hat sich beträchtlich erhöht. 1971 wurden knapp 800 Millionen DM aufgewendet, 1974 werden es fast 2,2 Milliarden DM und 1975 rund 3,2 Milliarden DM sein.
Bemerkenswert scheint mir zu sein, daß die Entwicklung der Ausbildungsförderung auch ein Beleg dafür ist, daß wichtige Zielwerte des Bildungsgesamtplans aus gegenwärtiger Sicht eher schneller als geplant verwirklicht werden. Der Bildungsgesamtplan hatte mit 206 000 Schülern der Oberstufe gerechnet, die im Jahre 1975 Ausbildungsförderung erhalten sollen. Die aber tatsächlich erreichte Zahl beträgt 1974 schon rund 384 000; das sind mehr als 80% mehr, als seinerzeit für 1975 geplant. Die entsprechenden Zahlen für die Studenten lauten: vorgesehen nach dem Bildungsgesamtplan 252 000 für 1975, demgegenüber 360 000 erreicht im Jahre 1974. Das sind heute über 40 % mehr, als für 1975 geplant.
Der Mehrbedarf für das Ihnen hier vorliegende Zweite Änderungsgesetz des Bundesausbildungsförderungsgesetzes beträgt — auf ein ganzes Jahr bezogen — über 1 Milliarde DM; das entspricht fast 50 % der Gesamtleistungen im Jahre 1974. Die Freibeträge und die Bedarfssätze werden um je 20 % erhöht. Beim einzelnen Schüler oder Studenten werden aber erheblich höhere Mehrbeträge als diese 20 % ankommen, weil ,die Freibeträge und Bedarfssätze gleichzeitig angehoben werden. Hierdurch werden sowohl die Familien entlastet als auch die Geförderten selbst erheblich bessergestellt.
Eine eindeutige Verbesserung im Sinne des Ausgleichs regionaler Benachteiligungen ist auch die Vorschrift, ab 1. Januar 1975 die auswärts untergebrachten Schüler der 10. Klasse in die Förderung einzubeziehen.
Von den Ergänzungen und Änderungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes durch diese Novelle will ich außerdem die Erweiterung der eiternunabhängigen Förderung für ältere Auszubildende und die Erweiterung der Förderung bei einer Ausbildung im außereuropäischen Ausland nennen.
Der Absicherung des bisher Erreichten dient auch die Erhöhung der Pauschalen für die soziale Sicherung nach Maßgabe des § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes.
Neben diesen Verbesserungen berücksichtigt die Novelle eine Reihe von Änderungs- und Ergänzungsvorschlägen, denen die von den Ländern bei der Ausführung des Gesetzes gemachten Erfahrungen zugrunde liegen und für die sich die Länder bei den Vorbereitungsarbeiten des Entwurfs der Bundesregierung mit Nachdruck eingesetzt haben.
Herr Kollege Dr. Fuchs, ich kann und will auch nicht bestreiten, daß die Beratungen dieses Gesetzentwurfs nach einem sehr gedrängten Zeitplan stattgefunden haben und daher erhebliche Anforderungen insbesondere an die Mitglieder des Bildungsausschusses gestellt worden sind. Ich habe um Verständnis für diesen Zeitdruck zu bitten. Ich hielt ihn allein 'dadurch für gerechtfertigt, daß die Betroffenen mit Beginn des neuen Bewilligungszeitraums die erhöhten Leistungen erhalten sollen; das ist für die Schüler der 1. August und, wie hier schon gesagt wurde, für die Studenten der 1. Oktober dieses Jahres. Ich möchte daher den Mitgliedern der zuständigen Ausschüsse und auch den Mitarbeitern der Sekretariate ausdrücklich dafür danken, daß sie dazu beigetragen haben, daß die Auszahlung der Leistungsverbesserungen rechtzeitig möglich geworden ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Diesen Dank spreche ich besonders nachdrücklich aus, weil ich, Herr Kollege Dr. Fuchs, keineswegs verhehlen will, daß auch nach meiner Auffassung künftig durchaus weitere Strukturprobleme behandelt werden müssen, ,die sich im System der Ausbildungsförderung stellen. Das System befindet sich noch in der Entwicklung. Wachsende Schüler- und Studentenzahlen und wachsende Leistungsansprüche wirken in Zukunft darauf ein. Bei einem sich finanziell und auch sozial so ausweitenden Leistungssystem müssen wir große Anstrengungen machen, um es langfristig finanziell abzusichern, d. h. dieses



Bundesminister Rohde
System in die Leistungsfähigkeit 'des Bundes und der Länder unter Berücksichtigung anderer, ebenfalls wachsender bildungspolitischer Anforderungen einzupassen. Das ist für alle Beteiligten, auch für ,die Mitglieder dieses Hohen Hauses, wie ich meine, keine leichte Aufgabe. Das mag auch derjenige berücksichtigen, der heute in dem einen oder anderen Punkt kritische Anmerkungen zu machen hat. Mir scheint, daß wir bei unserer heutigen Entscheidung davon ausgehen können, daß wir das jetzt Mögliche auch unternommen und auf den Weg gebracht haben.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll gleichzeitig ein Einstieg in einen Ausgleich der Kostenbelastung, die durch die Ausbildungsförderung entsteht, gleichsam zwischen den Generationen geleistet werden. Studenten sollen in Zukunft einen Teil der Förderung als Darlehen erhalten. Die Generation der Eltern wird, wenn die ersten Tilgungsbeträge zurückfließen — das wird etwa ab 1980 der Fall sein können —, um diesen Teil der Förderung entlastet. Die junge Generation übernimmt somit selbst einen Teil ihrer Ausbildungskosten. So verständlich der Wunsch der Jüngeren ist, während des Studiums voll durch Zuschüsse gefördert zu werden, so sehr verdienen nach meiner Meinung die Älteren Verständnis, die viele der Chancen nicht hatten, von denen die heutige junge Generation ausgehen kann.
Bei der Frage, wie dieser Kostenausgleich langfristig im einzelnen zu organisieren ist, ergibt sich
— da stimme ich dem Kollegen Köster zu — für die Zukunft eine Vielzahl komplizierter Probleme, die wir sicherlich noch eingehend diskutieren werden. Dabei werden wir uns an dem Anspruch sozialer Gerechtigkeit orientieren.
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz ist nur
— das darf ich in diesem Zusammenhang anmerken — eines der Elemente sozialer Sicherung für die Studenten und für den Bildungsbereich. Der erste Schritt zu einer besseren sozialen Sicherung ist in der vergangenen Legislaturperiode mit der Vorlage des Gesetzes zum Ausbau der Unfallversicherung. für Schüler und Studenten eingeleitet worden. Es war ein Gesetzentwurf, der strukturpolitische Bedeutung für den sozialpolitischen und den bildungspolitischen Bereich hatte. In Kürze wird die Bundesregierung darüber hinaus mit einem Entwurf zur Neuregelung der studentischen Krankenversicherung einen weiteren Schritt unternehmen. Vorgesehen ist die Pflichtversicherung bei den gesetzlichen Kassen mit Befreiungsmöglichkeiten. Die Studenten sollen einen eigenen Anspruch erhalten, wodurch vor allem auch der Schutz ihrer Familienangehörigen verbessert wird. Durch einen Bundeszuschuß soll sichergestellt werden, daß die Beiträge sozial tragbar sind. Der Bund wird dafür 60 Millionen DM aufbringen. Vorgesehen ist ferner eine zusätzliche Entlastung der nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz geförderten Studenten.
Meine Damen und Herren, ich führe diese sozialen Leistungen für die Studenten, die über die in dieser Debatte behandelte Ausbildungsförderung hinausgehen, deshalb an, weil wir heute nicht mehr die einzelnen Leistungen für den Hochschulbereich isoliert voneinander betrachten können. In Wahrheit müssen wir unseren Blick auf die Gesamtaufwendungen richten, die vom Hochschulbau, den personellen und sachlichen Kosten der Hochschulen, die im wesentlichen von den Ländern aufgebracht werden, über die soziale Sicherung und die Ausbildungsförderung bis hin zum Studentenwohnraum-bau reichen. Sie stimmen sicherlich mit mir darin überein, daß man hinsichtlich der Leistungen für die Studenten und 'die Hochschulen die eine Sache nicht zu Lasten der anderen betreiben kann, sondern im Sinne ausgewogener und langfristiger Planung die Einzelanforderungen in Gesamtzusammenhänge bringen muß.
Gestatten Sie mir schließlich noch eine Bemerkung mehr allgemeiner Natur. Der vorliegende Gesetzentwurf wird im Bundestag in einer Zeit debattiert, in der über die Bildungsfinanzierung draußen im Land meist eher besorgt und skeptisch gesprochen wird, in einer Zeit überdies, in der geprüft werden muß, wie die Entlastung der Steuerzahler durch die Steuerreform ab 1. Januar 1975 in den öffentlichen Haushalten ausgeglichen werden kann. Meine Damen und Herren, gerade in diesem größeren Zusammenhang ist es politisch bemerkenswert, daß Bund und Länder mit diesem Gesetz sozial- und bildungspolitischen Leistungswillen beweisen.
Lassen Sie mich auch noch ein Wort zum Inkrafttreten des Gesetzes sagen. Die Bundesregierung hat im Benehmen mit den Ländern eine Übergangsfrist und Inkrafttretensregelung für die Novelle erarbeitet, durch die ermöglicht wird, daß die erhöhten Leistungen ab 1. August bzw. 1. Oktober 1974 an gezahlt werden, ohne daß es zu Zahlungsunterbrechungen kommt. Die Länder sind zudem ermächtigt worden, die erhöhten Bedarfssätze und Freibeträge sowie die angehobenen Pauschalen für die soziale Sicherung nach § 21 Abs. 4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bereits im Juli 1974 als Grundlage für die Berechnung der Leistungen für den Monat August 1974 anzuwenden. Die Bundesregierung ist auf Grund dieser getroffenen Regelung und in Kenntnis der dankenswerterweise schon weit vorangetriebenen Vorarbeiten in den Ländern davon überzeugt, daß es im wesentlichen gelingen wird, Übergangsschwierigkeiten zu vermeiden. Ich möchte auch den Ländern besonders dafür danken, daß sie es trotz der Kürze der Zeit kooperativ möglich gemacht haben, daß dieses Gesetz bereits vom August 1974 an vollzogen werden kann.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711101900
Das Wort hat Frau Abgeordnete Grützmann.

Angela Grützmann (SPD):
Rede ID: ID0711102000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bundesausbildungsförderungsgesetz ist erst knapp drei Jahre alt. Trotzdem ist es bereits zum Meilenstein auf dem Wege zur Chancengleichheit geworden. Es stellt ein wichtiges Instrument im Rahmen der individuellen Ausbildungsförderung dar. Aus der heutigen sozialen und bildungspolitischen Wirklichkeit ist es nicht mehr wegzudenken. Rund 300 000 Schüler und 322 000



Frau Grützmann
Studenten waren im Jahr 1973 Nutznießer der Bundesausbildungsförderung. Bei Einführung des Gesetzes im Jahre 1971 lag die Zahl der geförderten Studenten noch bei 34 % und die der Schüler ab Klasse 11 bei 20 %. Ab 1975 werden jeder zweite Student — genau gesagt: 48 % — und 43 % der Schüler von dieser materiellen Ausbildungsförderung profitieren.
Mit der Ausweitung des Kreises der Berechtigten sind natürlich auch die für die Ausbildungsförderung aufgewendeten Mittel in einem Maße gestiegen, das alle Vorausschätzungen weit übertrifft. 1971 betrugen die Gesamtausgaben noch 290 Millionen DM, wobei der Bund mit rund 190 Millionen DM beteiligt war. 1975 steigen die Aufwendungen auf 3,2 Milliarden DM.
Die heute zu beschließende Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge belastet den Bund mit einem zusätzlichen Betrag von 150 Millionen DM. Neben der eben schon erwähnten Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge um 20% wird es eine Reihe struktureller Verbesserungen geben. Dazu gehören unter anderem die verbesserte Förderung des Studiums im außereuropäischen Ausland, die Aufnahme von Schülern der Klasse 10 im Falle einer für die Ausbildung nötigen auswärtigen Unterbringung, die Anhebung der pauschalierten Absetzungsbeträge für die soziale Sicherung und die Erweiterung der elternunabhängigen Förderung.
Bei dieser zweiten Novellierung mußte die Bundesregierung die finanzpolitischen Realitäten des Haushalts berücksichtigen. So wird bei der Förderung im Bereich der Akademien, höheren Fachschulen und Hochschulen eine Darlehenskomponente eingeführt. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich bekenne, daß auch bei uns Diskussionen über diese Darlehenskomponente geführt wurden. Die Ausgaben für ein modernes Bildungswesen müssen schließlich erst einmal von Steuerzahlern aufgebracht werden, denen diese weitreichenden Ausbildungshilfen nicht zur Verfügung standen. Wir halten also die Einführung des Grunddarlehens im Rahmen der Ausbildungsförderung der Studenten für angemessen, schon deshalb, weil dann diejenigen, die persönliche Vorteile aus der Förderung mit öffentlichen Mitteln ziehen, auch zur teilweisen Rückzahlung herangezogen werden. Qualifizierte Ausbildung heißt gleichzeitig längere Ausbildung. Eine solche verbesserte Ausbildung zahlt sich später aber noch immer durch ein höheres Einkommen aus.
Das vorgesehene Darlehen soll zinslos gewährt werden. Die Rückzahlung soll drei Jahre nach Beendigung der Ausbildung beginnen und eine Laufzeit von 20 Jahren haben. Sicherungen sozialer Art sind vorsorglich in den Gesetzentwurf eingebaut worden.
Einen Vergleich mit ,der Situation in anderen Ländern brauchen wir nicht zu scheuen: Der Darlehensanteil beträgt beispielsweise in Holland 40 % und im Sozialstaat Schweden sogar 82 %. Außerdem ist die Ausbildungsförderung bei uns gezielter als bei unseren Nachbarn.
Die Einführung des Darlehens wird, langfristig gesehen, ansehnliche Finanzrückflüsse zur Folge haben. Diese Finanzmittel werden wir zur kontinuierlichen Fortführung der Ausbildungshilfen benötigen.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah eine Umstellung auf das Stufenprinzip des Bildungsgesamtplanes vor. Die Förderung, die den Abschluß von mindestens zehn aufsteigenden Schuljahren voraussetzt, fand im Ausschuß aber keine Mehrheit. Ob das 10. Schuljahr nach jetziger Zählung als allgemeinbildendes letztes Schuljahr der Sekundarstufe I oder als Berufsgrundbildungsjahr und damit als erstes Jahr der Berufsausbildung und der Sekundarstufe II anerkannt wird, ist ein Streitpunkt mit den Ländern. Vor einer Umstellung sollte hier die Zustimmung aller Beteiligten vorliegen.
Das Gesetz betont in seiner Grundsatzbestimmung des § 1 sehr deutlich die Zielrichtung. Es besteht für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende individuelle Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden 'die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.
Die vorliegenden statistischen Auswertungen beweisen, daß das Gesetz die Chancengleichheit verbessern konnte. Bei 31 % der Geförderten war der Vater Arbeiter, 30 % der Kinder kamen aus Angestelltenhaushalten, 14 % waren Kinder von Beamten und 13 % von Selbständigen. Wir wollen Chancengleichheit für die Kinder sozial schwächerer Familien. Chancengleichheit vom Gesetz her garantiert jedoch nicht die Ermunterung des Elternhauses zur Erlernung eines qualifizierten Berufes. Mädchen werden auch heute noch auf die Versorgungsinstitution Ehe hin erzogen. Ihre Berufswünsche werden unter diesem Gesichtspunkt von vornherein eingeschränkt. Rund 90 0/0 der in der Industrie tätigen Frauen üben eine an- oder ungelernte Tätigkeit aus. Die Bundesregierung muß alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen, um das Recht auf Berufsausbildung mit Ernst und Nachdruck zu verwirklichen.
Meine Damen und Herren, die hier zur Verabschiedung vorliegende zweite Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes betrachten auch wir nicht als Ideallösung. Die Novelle bedeutet jedoch einen weiteren Schritt nach vorn hin zur Chancengleichheit.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711102100
Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weitergebe, habe ich hier folgendes mitzuteilen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung erweitert werden um die Beratung des Antrags des Rechtsausschusses über den Antrag der Landesregierung Baden-Württemberg vom 20. Juni 1974 beim Bundesverfassungsgericht auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zum Fünften Gesetz zur Reform des Strafrechts, Drucksache 7/2301, die jetzt verteilt wird. — Ich



Vizepräsident Dr. Jaeger
höre keinen Widerspruch; dann ist das Haus mit der Erweiterung der Tagesordnung einverstanden. Der Zusatzpunkt wird im Anschluß an die Beratung dieses Punktes behandelt werden.
Wir fahren in der Aussprache fort. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Fuchs.

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0711102200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das zweite Änderungsgesetz zum Bundesausbildungsförderungsgesetz, das vor der endgültigen Verabschiedung steht, hat ein doppeltes Gesicht. Es bringt auf der einen Seite Verbesserungen, die von der CDU/CSU-Fraktion begrüßt werden; es läßt auf der anderen Seite aber auch erhebliche und gerechtfertigte Wünsche erneut offen. Ich darf auf das verweisen, was ich bei der zweiten Lesung zum Ausdruck gebracht habe. Ich erinnere noch einmal an die Waisenversorgungsregelung, an Alleinstehende mit Kindern, an die Gleichstellung des zweiten Bildungsweges und an die Förderung im außereuropäischen Bereich.
Unbefriedigend erscheint der CDU/CSU-Fraktion die im Gesetz vorgesehene Darlehensregelung. Sie ist aufwendig in der Verwaltung, trägt in den nächsten Jahren nichts zur Entlastung des Bundeshaushalts und der Länderhaushalte bei, und auch die spätere finanzielle Entlastung wird bei weitem nicht das erbringen, was man sich davon erwartet. Die späte Rückzahlung und die Inflationsrate werden dazu führen, daß mit Sicherheit weniger als die Hälfte des realen Wertes der Darlehen in die Kassen des Bundes und der Länder zurückfließt. Ob unter diesen Gesichtspunkten die schädlichen Auswirkungen auf die Chancengerechtigkeit für wirtschaftlich schwache Gruppen in Kauf genommen werden können, ist sehr ernsthaft zu bezweifeln. Die CDU/ CSU ist jedenfalls der Meinung, daß ihr Vorschlag, die beiden letzten Semester der Höchstförderungsdauer von 1976 ab mit 250 DM Darlehen pro Monat zu fördern, eine sachgerechtere Entscheidung und auf jeden Fall das geringere Übel gewesen wäre.
Auf der anderen Seite begrüßt die CDU/CSU-Fraktion, daß die Bundesregierung und die Koalition bei den Ausschußberatungen auf die Umstellung auf das Prinzip der Stufenbezeichnungen im Schulwesen verzichtet und damit einer wesentlichen Forderung des Bundesrates und der Bundestagsfraktion der CDU/CSU entsprochen haben, denn über das Bundesausbildungsförderungsgesetz darf durch die Hintertüre keine Änderung in der Gliederung des Schulwesens eingeschleust werden. Hier liegt die Kompetenz eindeutig bei den Bundesländern, und es entspricht eben auch nicht den Tatsachen, daß allein schon mit dem Bildungsgesamtplan einer Änderung zugestimmt worden wäre. Es heißt immer wieder „in der Regel", handelt sich also nicht um eine ausdrückliche Zustimmung.
Meine Damen und Herren, mit dem Beschluß über die Schulbezeichnungen ist auch die bildungspolitisch von der CDU/CSU-Fraktion ebenso wie vom Bundesrat, auch von SPD-geführten Bundesländern, für besonders wichtig gehaltene spätere Förderung der 10. Klasse der Berufsfachschule nach wie vor möglich, auch wenn im Gesetz leider noch kein Termin für das Inkrafttreten vorgesehen ist. Die Alternative ist für diese Eltern nicht: Besuch einer allgemeinbildenden Schule oder Besuch der Berufsfachschule, sondern die Alternative dieser Eltern und dieser Kinder besteht darin: Besuch einer wirklich qualifizierenden berufsbildenden Stätte oder eben Übertritt ohne entsprechende qualifizierte Ausbildung in das Berufsleben. Gerade unter dem richtigen Zeichen, daß man der Berufsbildung erhöhte Bedeutung beimißt, sollte an dieser Möglichkeit der Förderung der 10. Klasse der Berufsfachschule durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz festgehalten werden.
Meine Damen und Herren, es wird auch nicht verkannt, daß mit einer Förderung des Studiums im außereuropäischen Ausland, was besonders für das Studium in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada ins Gewicht fällt, ein gewisser Durchbruch erzielt wurde, auch wenn unserer Auffassung nach diese Lösung noch nicht voll befriedigt.
Ebenso wird von der CDU/CSU die Einbeziehung der Klasse 10 bei auswärtiger Unterbringung in die Förderung nachdrücklich begrüßt. Hier sehen wir eine Möglichkeit, unterschiedliche Gegebenheiten zwischen den Ballungsgebieten und den ländlichen Räumen etwas auszugleichen.
Auch die sachgerechtere Behandlung und Handhabung der familienunabhängigen Förderung in besonderen Fällen, die insbesondere bei Studierenden, die über den zweiten Bildungsweg den Hochschulzugang erreicht haben, eine Erleichterung bringt, ist ein
Positivum. Hier werden allerdings mit Sicherheit erneut Verbesserungen und Korrekturen erforderlich sein, für die sich die CDU/CSU-Fraktion bei einer nächsten Novellierung erneut einsetzen wird.
Während die Anhebung der Bedarfssätze um 20 % der Erhöhung der Lebenshaltungskosten gegenüber dem Sommer 1971 in etwa noch entspricht, ist dies bei der Anhebung der Freibeträge um 20 % mit Sicherheit nicht der Fall. Die Einkommensteigerung beträgt in den drei Jahren, die zu berücksichtigen sind, wie der Bericht der Bundesregierung nach § 35 ausweist, zirka 35 °/o. Da aber leider in den letzten beiden Jahren bei einer etwa 10%igen Einkommensteigerung pro Jahr keine reale Verbesserung der materiellen Existenzverhältnisse eingetreten ist, bedeutet die Erhöhung der Freibeträge um nur 20 % eine eindeutige Verschlechterung der finanziellen Lage von Familien, die Anspruch auf Ausbildungsförderung haben. Der Stand von 1971 wird somit nicht gehalten. Diese Wahrheit muß gesehen werden; nur die Wahrheit macht frei zu unbefangener Analyse und für spätere Korrekturen.
Wenn dem entgegengehalten wird, daß durch dieses Gesetz 1975 für den Bundeshaushalt etwa 680 Millionen DM Mehrausgaben entstehen, so ist dies eine sehr ernste Überlegung und ein sehr gewichtiges Argument. Nur muß man wissen, daß diese Steigerung in erster Linie auf das starke Ansteigen der Zahl der Anspruchsberechtigten, auf den höheren Grad der Inanspruchnahme und auf die in-



Dr. Fuchs
flationäre Entwicklung der Lebenshaltungskosten zurückzuführen ist.

(Abg. Frau Benedix: Genau das!)

Für den einzelnen Berechtigten wird somit, wie ich eben schon bemerkte, der Stand von 1971 nicht gehalten werden können. Dies sollte im übrigen Anlaß sein, die Gesamtpolitik so zu gestalten, daß nicht die sozial Schwachen die Zeche bezahlen müssen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Die CDU/CSU-Fraktion erkennt aber weiter mit Befriedigung an, daß zahlreichen Änderungsanträgen, die durch den Bundesrat eingebracht wurden und die vor allem die Durchführung des Gesetzes betreffen, die von der Bundesregierung entweder gleich bei ihrer Stellungnahme oder nach erneuter Prüfung Rechnung getragen wurde und daß diese Anträge im Ausschuß einstimmig gebilligt wurden.
Diese im ganzen positive Bilanz macht so — wie bereits im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft — für die CDU/CSU-Opposition eine Zustimmung zum Gesetz möglich.
Die CDU/CSU-Fraktion erwartet aber auch, daß in dem für den 1. März 1975 vom Ausschuß auf Antrag der CDU/CSU-Mitglieder einstimmig geforderten Bericht der Bundesregierung über das Zusammenwirken des Kindergeldes, der Ausbildungsförderung, der steuerlichen Entlastungen und bezüglich der finanziellen Belastung von Familien, die auf Grund ihres Einkommens aus der Förderung herauswachsen, ein Ansatz für eine dringend erforderliche Harmonisierung der Leistungen gefunden wird.
Es muß aber, meine Damen und Herren, bei dieser Gelegenheit der dritten Lesung des Gesetzes erneut und mit Nachdruck auch darauf hingewiesen werden, daß man bei den Schülern ab der 11. Klasse, also ab mindestens 17 Lebensjahren, und bei den Studierenden mit Recht zum Teil auch höhere Leistungen erwarten kann und erwarten muß, als es zum Teil heute der Fall ist. Der Leistungsnachweis als Treppe zum sozialen Aufstieg ist sicher der gerechteste Weg, den es gibt. Nur über diesen Weg der Leistung wird auf die Dauer aber auch vermieden werden können, daß wegen der erheblichen Zahl derer, die zu Unrecht gefördert werden, diejenigen nicht ausreichend gefördert werden können, die dies verdienen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Unabdingbare Voraussetzung dafür ist aber, daß keiner den seiner Begabung und seinem Leistungswillen entsprechenden Bildungsweg deswegen nicht begehen kann, weil es an einer ausreichenden Förderung fehlt. Hier ist ein Kernpunkt der sozialen Gerechtigkeit; das dürfen wir gerade im weiteren Verfolg der Entwicklung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes nicht vergessen. Gerade Sie, Herr Bundesminister, sind, glaube ich, besonders aufgerufen, dieses Ziel der Bildungspolitik mit äußerstem Nachdruck zu verfolgen, da Sie sich in Ihrer bisherigen politischen Arbeit vor allem Fragen der sozialen Gerechtigkeit gewidmet haben.
Zum Abschluß darf ich noch der Hoffnung und der Erwartung Ausdruck geben, daß erstens auf
Grund des Berichts zum 1. März 1975 und zweitens auf Grund des Berichts, der in § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes verankert ist und der im Herbst 1975 fällig ist, wie Herr Kollege Dr. Meinecke, der Obmann der SPD-Fraktion im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft, zu Recht festgestellt hat, die Mängel, die noch im Gesetz sind, soweit es irgendwie möglich ist, endgültig beseitigt werden können. Ich gebe vor allem der Erwartung Ausdruck, daß der Bericht 1975 im Herbst so rechtzeitig vorgelegt wird, daß die Beratungen eines erneuten Gesetzes nicht unter demselben Zeitdruck stehen, wie das bei dem jetzt zu verabschiedenden Gesetz der Fall gewesen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0711102300
Das Wort hat der Abgeordnete Möllemann.

Jürgen W. Möllemann (FDP):
Rede ID: ID0711102400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes hatte drei Schwerpunkte, und mit diesen will ich mich befassen; die einzelnen Detailprobleme haben bereits einige Kollegen ausführlich dargestellt.
Ich nenne erstens die Erhöhung der Freibeträge, Bedarfssätze, Vomhundertsätze und Höchstbeträge bei den Freibeträgen vom Elterneinkommen; diese wurden von 800 auf 960 DM erhöht, also um 20 %, die Bedarfssätze in der Spitze von 420 auf 500 DM. Zweitens nenne ich die Umstellung auf die Stufengliederung des Bildungswesens entsprechend dem Bildungsgesamtplan und drittens die Einführung einer Darlehenskomponente für den tertiären Bereich, also die Akademien, höheren Fachschulen und Hochschulen: ein Anteil von 70 bzw. 80 DM künftig als Darlehen.
Wir haben diese Punkte im Laufe der Beratungen eingehend behandelt, obwohl diese Beratungen, das muß man dem Kollegen Fuchs zugeben, wirklich in einem sehr hohen Tempo durchgeführt werden mußten. Sicherlich wäre wünschenswert, daß das nicht immer so ist; ich glaube, das wäre im Interesse aller im Parlament Tätigen besser.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Es liegt doch an der Mehrheit, das zu verhindern!)

— Ja, Herr Kollege, eben weil auch ich das als besser empfinde, sage ich das hier. Von daher können Sie damit rechnen, daß ich mit dazu beitragen werde, daß wir, wo das möglich ist, künftig dies mit etwas mehr Zeit machen werden.
Aber hier kommt eine zweite Überlegung hinzu. Der Bundesminister hat bereits darauf hingewiesen, daß die beschleunigte Beratung deswegen notwendig war, weil es nicht um die Beratung an sich ging, sondern darum, die Begünstigten in den Stand zu setzen, möglichst bald von der neuen Regelung den Gewinn zu haben.
Auf die Umstellung auf die Stufengliederung des Bildungswesens analog dem Bildungsgesamtplan haben wir im Verlaufe der Beratungen nicht etwa



Möllemann
deshalb verzichtet, weil wir diese Umstellung sachlich nicht für angemessen hielten — die innere Logik ist gegeben —, sondern deswegen, weil wir wußten, daß bei Beibehaltung dieses Ansatzes mit dem Widerspruch des Bundesrates zu rechnen gewesen wäre. Damit wäre das rechtzeitige Inkrafttreten des Gesetzes in Frage gestellt worden. Bei einer vernünftigen Abwägung schien uns das die Sache nicht wert zu sein.

(Vorsitz: Vizepräsident Frau Funcke.)

Zur Erhöhung der Freibeträge und Bedarfssätze möchte ich ebenfalls einige Worte sagen. Die Analyse des Studentenwerkes und auch die der Bundesregierung haben deutlich gemacht, daß eine stärkere Anhebung von der Sache her durchaus vertretbar gewesen wäre. Das haben auch die zuständigen bildungspolitischen Arbeitskreise der beiden Koalitionsfraktionen festgestellt. Allerdings sind wir zu der Auffassung gekommen, daß die Erhöhung auf 520 DM und 1 200 DM, die uns sinnvoll erschienen war, finanzpolitisch nicht möglich war. Denn es gibt bei dieser Frage nicht nur die Sicht der Betroffenen, sondern auch die Konkurrenz-Situation zu den Ansprüchen anderer gesellschaftlicher Gruppen.
Wenn man das abwägt, muß man auch sehen, in welchem Ausmaß die Aufwendungen für die Ausbildungsförderungen innerhalb der letzten vier Jahre gestiegen sind. Diese Steigerung geht, wie bereits erläutert wurde, von 800 Millionen DM im Jahre 1971 über 1 700 Millionen im Jahre 1973 bis zu 3 200 Millionen DM im Jahre 1975. In kaum einem anderen politischen Bereich ist eine vergleichbare Steigerungsrate zu beobachten. Ich meine, dieses sollte auch die CDU/CSU als einen Ausdruck unseres Willens akzeptieren, der Ausbildungsförderung einen vorrangigen Platz einzuräumen.
Die anderen Gruppierungen, die sich in den Fraktionen repräsentiert wissen, werden darauf hinweisen, daß sie nicht beredt sind, noch stärker auf eigene Ansprüche zu verzichten, wenn in diesem Bereich schon eine so drastische Steigerung vorhanden ist. Die Bildungspolitiker aller Fraktionen halten daher eine kritische Revision der Struktur des Ausbildungsförderungsgesetzes in der nächsten Zeit für sinnvoll und notwendig.
Die Zahlen, die ich nannte, stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem dritten Schwerpunkt des . Gesetzes, nämlich mit der Einführung einer Darlehenskomponente. Bei aller Skepsis, die wir gegenüber diesem strukturell veränderten Ansatz an den Tag gelegt haben, muß doch gesagt werden, daß es — dies gilt jedenfalls für die Mehrheit meiner Fraktion — drei Überlegungen gibt, die zu diesem Ergebnis geführt haben: Erstens der schon angesprochene ständig steigende Finanzbedarf, dem wir anders nicht mehr gerecht werden können und zweitens der Versuch, zu einer vernünftigen Beteiligung der Nutznießer dieses Gesetzes zu kommen. Hierzu möchte ich mit Genehmigung der Präsidentin einen Absatz aus der Begründung des Gesetzes zitieren, weil mir dieser zutreffend zu skizzieren scheint,
worum es hier geht. Es heißt dort:
Für die Einführung einer Darlehenskomponente sprechen u. a. folgende am Gesamtsystem der institutionellen und individuellen Förderung orientierte Gründe:
- Die steuerliche Belastung durch einen steigenden Finanzbedarf für ein besseres und gerechteres Bildungswesen wird heute zu einem großen Anteil gerade von denjenigen getragen, die selbst diese Möglichkeiten nicht hatten. Es erscheint deshalb nur gerecht, daß ein Teil dieser Belastung wiederum von denen übernommen wird, die nun in besonderem Maße von dieser Leistung der Gesellschaft persönlichen Nutzen ziehen. Dabei ist nicht nur zu berücksichtigen, daß auf Grund der besseren Ausbildung später in der Regel auch ein besseres Einkommen erzielt wird. Dem Auszubildenden wird durch die Gemeinschaft auch die Chance geboten, das von ihm persönlich angestrebte Ausbildungs- und Berufsziel zu verwirklichen,.
Soweit die Begründung der Bundesregierung. Ich meine, sie ist in sich schlüssig.
Darüber hinaus aber hat die Wiedereinführung der Darlehenskomponente drittens das positive an sich, daß man natürlich auf dieser Grundlage gegenüber den von mir vorhin genannten anderen Anspruchsgruppen besser auftreten und weitere Anteile am Gesamtvolumen des Haushalts für diesen Aufgabenbereich beanspruchen kann. Ich glaube, daß eigentlich alle Fraktionen zu einem positiven Votum zur Einführung der Darlehensförderung gekommen sind, weil sie innerhalb der Fraktionen gesehen haben, daß sie sonst für ihre gewünschten Mehrausgaben keine Mehrheiten bekommen. Dies gilt jedenfalls für meine Fraktion.
Insgesamt gesehen sprichtsich die FDP-Fraktion dafür aus, dem Antrag des Ausschusses zu entsprechen und dieses Gesetz anzunehmen.

(Beifall.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0711102500
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.
Wir kommen zur Schlußabstimmung in dritter Beratung. Wer dem Gesetz zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir haben nun noch über die weiteren Vorschläge des Ausschusses abzustimmen. Wer der Ziffer 1 des Ausschußantrages zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — So beschlossen.
Ziffer 2! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
Ziffer 3! Die Gesamtabstimmung hat bereits stattgefunden.



Vizepräsident Frau Funcke
Können wir über die Ziffern 4, 5 und 6 zusammen abstimmen?

(Zustimmung.)

Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe nunmehr den Zusatzpunkt auf:
Beratung des Antrags des Rechtsausschusses (6. Ausschuß) zu dem Antrag der Landesregierung Baden-Württemberg vom 20. Juni 1974 beim Bundesverfassungsgericht auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zum Fünften Gesetz zur Reform des Strafrechts
— Drucksache 7/2301 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Lenz (Bergstraße)

Das Wort hat als Berichterstatter der Herr Abgeordnete Dr. Lenz.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0711102600
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, hat die Landesregierung von Baden-Württemberg beim Bundesverfassungsgericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung zum Fünften Gesetz zur Reform des Strafrechts beantragt, um das Inkrafttreten des Gesetzes aufzuschieben bzw. die Verkündung des Gesetzes bis zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes auszusetzen.
Der Antrag der Landesregierung Baden-Württemberg ist dem Deutschen Bundestag vom Bundesverfassungsgericht mit einer Ladung zur mündlichen Verhandlung zugeleitet worden. Der Bundestag hat in diesem Verfahren ein Recht zur Äußerung bzw. zum Verfahrensbeitritt. Die mündliche Verhandlung findet heute nachmittag um 17.00 Uhr statt. Es ist deshalb notwendig, daß dieses Haus jetzt darüber entscheidet, ob es dem Verfahren beizutreten wünscht.
Der Rechtsausschuß empfiehlt entsprechend der bisherigen Übung einstimmig, von einer Äußerung zu einem Verfahrensbeitritt abzusehen. Diese Entscheidung beeinträchtigt nicht das Recht des Bundestages, dem Verfahren über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes beizutreten.
Namens des Rechtsausschusses darf ich um Zustimmung zu unserem Antrag bitten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0711102700
Meine Damen und Herren. Wird dazu das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung über die soeben vorgeschlagene Lösung: Der Rechtsausschuß empfiehlt einstimmig, von einer Äußerung oder einem Verfahrensbeitritt abzusehen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Damit sind wir am Ende der Tagesordnung angelangt. Meine Damen und Herren, ich berufe das Haus auf Montag, den 1. Juli 1974 zu einer gemeinsamen Sitzung des Bundestages und des Bundesrates auf 10.00 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.