Protokoll:
7077

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 77

  • date_rangeDatum: 25. Januar 1974

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:28 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 77. Sitzung Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Inhalt: Erweiterung der Überweisung eines Gesetzentwurfs 4889 A Amtliche Mitteilungen 4889 B Zur Geschäftsordnung Dr. Häfele (CDU/CSU) 4890 A Frau Funcke, Vizepräsident . . . 4890 D, 4891 B, 4892 C Offergeld (SPD) 4891 B Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . 4891 D Mertes (Stuttgart) (FDP) 4892 A Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts (Drucksache 7/656); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache 7/1597), Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache 7/1515) — Zweite und dritte Beratung — Maucher (CDU/CSU) 4892 D Jaschke (SPD) 4894 D Hölscher (FDP) 4896 C Arendt, Bundesminister (BMA) . 4898 C Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Häftlingshilfegesetzes (CDU/CSU) (Drucksache 7/1094); Bericht des Haushaltsausschusses gem. 96 GO (Drucksache 7/1596), Bericht und Antrag des Innenausschusses (Drucksache 7/1547) — Zweite und dritte Beratung — 4899 B Entwurf eines Dritten Steuerreformgesetzes (Drucksache 7/1470) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Zweiten Steueränderungsgesetzes 1973 (Drucksache 7/1509) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung von Inflationsschäden bei der Einkommen-und Lohnsteuer (Inflationsentlastungsgesetz) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1543) Schmidt, Bundesminister (BMF) . 4900 A Strauß (CDU/CSU) 4910 A Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident . . . . 4921 B, 4922 D Offergeld (SPD) 4921 B Frau Funcke (FDP) 4927 B Frau Dr. Focke, Bundesminister (BMJFG) 4932 A Dr. Kreile (CDU/CSU) 4933 D Entwurf eines Gesetzes über die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Drucksache 7/1516) — Erste Beratung — . . . 4936 B II Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Antrag betr. Verbund Kernenergie und Kohle (Abg. Lenzer, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Hösl, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Schröder [Lüneburg], Frau Dr. Walz, Weber [Heidelberg] und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache 7/1319) Engelsberger (CDU/CSU) . . . . 4936 C Wolfram (SPD) . . . . . . . . 4937 D Antrag betr. Fernschulgesetz (Abg. Frau Dr. Walz, Dr. Mikat, Pfeifer, Dr. Gölter, Vogel [Ennepetal] und Fraktion der CDU/ CSU) (Drucksache 7/1337) Frau Dr. Walz (CDU/CSU) . . . 4938 B Lattmann (SPD) 4939 D Frau Schuchardt (FDP) 4941 A Antrag betr. Sturmflutschäden an der deutschen Nordseeküste (Abg. Schröder [Wilhelminenhof], Dreyer, Bremer, Seiters, Eigen, Sick, Dr. Ritz, Schröder [Lüneburg], Lagershausen, Ey, Möller [Lübeck], Dr. Müller-Hermann und Fraktion der CDU/ CSU) (Drucksache 7/1536) 4942 A Bericht und Antrag des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Aus- und Fortbildung der Unteroffiziere (Drucksachen 7/1095, 7/1397) Horn (SPD) . . . . . . . . . 4942 B Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Brot (Drucksachen 7/136, 7/1514) . . 4942 C Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zu dem Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie (EWG) des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Extrakte aus Kaffee, Tee und aus Kaffee- und Teemitteln einschließlich Zichorie sowie die Mischungen auf der Grundlage dieser Extrakte (Drucksachen 7/474, 7/1534) . . . . . 4942 C Nächste Sitzung 4942 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 4943* A Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 1 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Niegel (CDU/CSU): Ölheizungsplanung in Neubauten . . . 4943* D Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 2 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Gewährung von Krediten an die DDR . . 4944* A Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 3 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Hinweise der Ölkonzerne auf die Möglichkeit von Engpaßsituationen . . . . 4944* B Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 4 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Schedl (CDU/CSU) : Aufhebung der Zulassung von Staatsbaufirmen aus dem Ostblock, insbesondere in dem strukturschwachen ostbayerischen Raum 4944* C Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 5 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) : Unzureichende Informierung der Bundesregierung über die tatsächliche Lage auf dem Gebiet der Energieversorgung 4944* D Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 6 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Immer (SPD) : Behauptung betr. Verpflichtung der Tankstellen zu überhöhten Benzinabgabepreisen 4945* B Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 7 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Katzer (CDU/CSU) : Gründe für und gegen die Einführung der Sommerzeit 4945' C Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Fragen A 8 und 9 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Reuschenbach (SPD) : Erteilung einer Ausnahmegenehmigung des Bundeswirtschaftsministers zur Fusion von Gelsenberg und VEBA; Probleme der dann entstehenden Markt- und Betriebsstrukturen . . . . 4945* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 III Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Fragen A 10 und 11 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Becker (Nienberge) (SPD) : Kopplung der Erdgaspreise an die Preise für schweres Heizöl; Einführung einer dem Heizölkostenzuschuß ähnlichen Regelung bei erhöhten Erdgaspreisen 4946* B Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 12 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) : Benzinpreise der Aral AG 4946* D Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 13 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Gansel (SPD) : Erklärung des Sprechers der Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke betr. sparsame Verwendung von Strom . . . . 4947* D Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Fragen A 14 und 15 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Stahl (Kempen) (SPD) : Ersetzung von Heizöl durch Kohle oder Koks in den einzelnen Wirtschaftszweigen; steuerliche Erleichterungen bzw. Zuschüsse für die Umstellung der Energieversorgung . . . . . 4948* A Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Fragen A 16 und 17 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Rolle der Kreditanstalt für Wirtschaftshilfe bei der Kreditierung zinsvergünstigter Kredite an Ostblockländer; Belastung des Bundeshaushalts durch zinsvergünstigte Kredite für Jugoslawien, Polen und die Sowjetunion 4948* C Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage A 18 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Marktverluste der ungebundenen Handelsfirmen seit Beginn der Ölverknappung 4948* D Anlage 16 Antwort des Bundesministers Dr. Eppler (BMZ) auf die Frage A 24 — Drucksache 7/1555 — der Abg. Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) : Bereitstellung von Mitteln der Entwicklungshilfe zur Schaffung von Studienplätzen für Ausländer aus Entwicklungsländern, die in der Bundesrepublik Deutschland ein Numerus-claususFach studieren wollen 4949* B Anlage 17 Antwort des Bundesministers Dr. Eppler (BMZ) auf die Frage A 25 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Schwencke (SPD) : Errichtung eines Instituts zur Erforschung der Technologien für Entwicklungsländer 4949* C Anlage 18 Antwort des Bundesministers Dr. Eppler (BMZ) auf die Frage A 26 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Müller (München) (CDU/CSU): Entsendung deutscher Fachleute für die Ölsuche in Indien . . . . 4949* D Anlage 19 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage A 38 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Anhörung des Beratenden Ausschusses vor dem Erlaß der Rechtsverordnung gemäß § 7 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm und Zeitpunkt des Erlasses dieser Verordnung 4949* D Anlage 20 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 76 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Ronneburger (FDP) : Gewinnung zusätzlicher Pflegekräfte durch Anrechnung von Einkünften aus sozialpflegerischen Tätigkeiten auf einkommensabhängige Bezüge aus der Kriegsopferversorgung 4950* A Anlage 21 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Fragen A 77 und 78 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Spitzmüller (FDP) : Befristung von Arbeitsgenehmigungen für ausländische Arbeitnehmer 4950* D Anlage 22 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 79 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Schedl (CDU/CSU) : Finanzielle Ausstattung der Stiftung für die Alterssicherung älterer Selbständiger . . 4951* A Anlage 23 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Fragen A 80 und 81 — Drucksache 7/1555 — der Abg. Frau Dr. Lepsius (SPD) : Gewährung von Geschiedenenwitwenrente nach dem Rentenreformgesetz 4951* C Anlage 24 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Fragen A 82 und 83 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Schäfer (Appen- IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 weier) (SPD) : Ausdehnung der kostenlosen Vorsorgeuntersuchungen auf Herz-und Kreislauferkrankungen; Änderung der Altersgrenzen für kostenlose Vorsorgeuntersuchungen 4951 * D Anlage 25 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 84 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) : Gewährung von Arbeitslosenunterstützung nach Beendigung der Wehrdienstzeit . . . . . . . . 4952* B Anlage 26 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 85 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Verlängerung der Frist für Kurzarbeit in Krisengebieten 4952* C Anlage 27 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters (BMJFG) auf die Frage A 96 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Walkhoff (SPD) : Aushändigung schriftlich niedergelegter ärztlicher Untersuchungsergebnisse an die Patienten 4952* D Anlage 28 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters (BMJFG) auf die Fragen A 97 und 98 — Drucksache 7/1555 — der Abg. Frau Schleicher (CDU/CSU) : Zunahme der Geschlechtskrankheiten . . . . . . . . 4953* A Anlage 29 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters (BMJFG) auf die Fragen A 99 und 100 —Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Schäuble (CDU/CSU) : Möglichkeit der Einsparung von Aufwendungen für gesundheitspolitische Maßnahmen durch Intensivierung der Sportförderung . . . 4953* D Anlage 30 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters (BMJFG) auf die Frage A 101 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Eyrich (CDU/ CSU) : Allgemeinverständliche Formulierung von Gebrauchsanweisungen für Arzneimittel 4954* B Anlage 31 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters (BMJFG) auf die Frage A 102 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Hammans (CDU/CSU) : Nahrungsmittelzusätze in Spraydosen; damit verbundene Verwechslungsgefahren 4954* C Anlage 32 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters (BMJFG) auf die Frage A 103 — Druck- sache 7/1555 — des Abg. Kroll-Schlüter (CDU/CSU) : Gesetzesreform zum Jugendschutz 4954* D Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack (BMBau) auf die Frage A 104 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Geisenhofer (CDU/CSU) : Art der künftig im öffentlich geförderten Wohnungsbau eingebauten Heizungsanlagen 4955* A Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack (BMBau) auf die Fragen A 105 und 106 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) : Frage der Zuordnung der Fischerei und der Fischzucht zur Landwirtschaft im Rahmen des § 146 des Bundesbaugesetzes 4955* D Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 107 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Pfeffermann (CDU/ CSU) : Von der Regierung der DDR verfügte Auflagen an Geheimnisträger . . 4956* A Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Fragen A 108 und 109 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) : Verdoppelung der Zwangsumtauschquote für Zonenbesucher 4956* B Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 110 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Czaja (CDU/CSU) : Umfang der von der DDR aus dem Grundvertrag abzuleitenden Ansprüche im Hinblick auf das Grundgesetz und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 1973 4956* D Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Fragen A 111 und 112 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Fiebig (SPD) : Erweiterung des VEW-Kraftwerks Uentrop-Schmehausen um eine Anlage zur Umwandlung von Kohle in Gas 4956* D Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Frage A 113 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) : Gemeinsames Programm der EWG zur Verflüssigung und Vergasung der Kohle . . 4957* A Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Frage A 114 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Dollinger (CDU/CSU) : Erhöhung des Bundesanteils an der Gelsenkirchener Bergwerks-AG; Energieforschungsvorhaben, die mit den dafür aufgewendeten Mitteln hätten finanziert werden können . . . 4957* B Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Fragen A 115 und 116 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) : Förderung der Anwendung der Datenverarbeitung in der gewerblichen Wirtschaft; Ausschreibung und Veröffentlichung von Gutachten . . . . . . . . . . . . . 4957* D Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Fragen A 117 und 118 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Braun (CDU/CSU) : Übernahme des Postreisedienstes durch die Deutsche Bundesbahn 4958* B Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander (BMBW) auf die Frage A 119 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Hornhues (CDU/CSU) : Förderung für Internatsschüler nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz 4958* C Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander (BMBW) auf die Frage A 120 — Drucksache 7/1555 — der Abg. Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) : Herabsetzung bzw. Nichtausschöpfung der im Staatsvertrag über die Studienzulassung vorgesehenen Zulassungsquote für Ausländer . . . . 4958* D Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander (BMBW) auf die Frage A 121 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Schwencke (SPD) : Beteiligung an der Schaffung des Europäischen Interuniversitären Instituts einer „Tele-Universität" 4959* A Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander (BMBW) auf die Frage A 122 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Immer (SPD) : Prüfung der Mittelverwendung für Schulversuche im Hinblick auf Zweckmäßigkeit und Preisgünstigkeit 4959* B Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ravens (BK) auf die Frage B 1 und 2 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Marx (CDU/ CSU) : Erklärung des Bundesministers Bahr gegenüber dem Vertreter der DDR hinsichtlich der Verbindlichkeit des Urteils des BVG vom 31. 7. 1973; Auftrag und Kompetenzen des Bundesministers Bahr zur „Kooperation mit den sozialistischen Ländern" 4959* D Anlage 48 Antwort des Staatssekretärs von Wechmar (BPA) auf die Frage B 3 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Werner (CDU/ CSU) : Aufgaben der Bundesregierung und des BPA für Anzeigen in Tageszeitungen im letzten Vierteljahr 1973 . . . 4960* B Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Fragen B 4 und 5 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dürr (SPD) : Vertretung der deutschen Interessen bei der Dritten Seerechtskonferenz . . . . 4960* B Anlage 50 Antwort des Pari. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 6 und 7 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Schlaga (SPD) : Anzahl der pensionierten Richter, Staatsanwälte und Personen vergleichbarer Vorbildung bzw. jüngerer Beamter als Vorsitzende der Prüfungsausschüsse bei Kreiswehrersatzämtern; Anzahl der Vorsitzenden mit Funktionen der Gerichtsbarkeit der ehemaligen deutschen Wehrmacht 4960* D Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage B 8 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Meldungen über Ablehnung von Einreisevisa durch die polnische Militärmission in West-Berlin im Falle der Angabe des deutschen Ortsnamens für den in den deutschen Ostgebieten gelegenen Geburtsort im Personalausweis 4961* B Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage B 9 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Müller (München) (CDU/CSU): Chilenische Flüchtlinge mit chilenischer Staatsbürgerschaft seit kurzer Zeit 4961* C Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage B 10 — Drucksache VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 7/1555 — des Abg. Dr. Holtz (CDU/CSU) : Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Kuba . . . . . . . . 4961 * D Anlage 54 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 11 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) : Errichtung einer Ausbildungsstätte für Mitarbeiter der Sportorganisationen in Berlin 4961* D Anlage 55 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Fragen B 12 und 13 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Brandt (Grolsheim) (SPD) : Termin für Volksabstimmungen nach Art. 29 Abs. 3 GG . . 4962* A Anlage 56 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 14 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Befragung von Flüchtlingen aus der DDR nach Fluchthelfern und Fluchtwegen durch den Verfassungsschutz 4962* B Anlage 57 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 15 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU/CSU) : Beschränkung des Phosphatgehalts in Waschmitteln . . . . . . . . . . 4962* C Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage B 16 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Schäuble (CDU/CSU) : Gleichstellung der Sportgemeinschaften der Zollverwaltungen mit den Sportorganisationen bei Bundesbahn und Bundespost in der ideellen und materiellen Förderung . . . . . . . . 4963* B Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage B 17 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) : Vorlage des in Drucksache V1/1575 Ziffer 2 geforderten Berichts in der jetzigen Wahlperiode . . . 4963* B Anlage 60 Antwort des Pari. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage B 18 — Drucksache 7/1555 -- des Abg. Dr. Slotta (SPD) : Einflußnahme auf die Mineralölgesellschaften zur Gewährung einer prozentualen Provision an die Tankstellenverwalter 4963* C Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage B 19 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Lattmann (SPD) : Auswirkungen der Konjunkturabschwächung und der Energieverteuerung auf die Arbeitsmarktlage in Lindenberg/Kreis Lindau; Maßnahmen zur kurzfristigen Sicherung der Arbeitsplätze und zur längerfristigen Verbesserung der regionalen Struktur 4963* D Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Fragen B 20 und 21 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Link (CDU/ CSU) : Vorschläge des DGB zur Novellierung der Handwerksordnung; Termin einer Novellierung . . . . . . . . 4964* C Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Fragen B 22 und 23 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) : Preise von Schweröl und Benzin bei Herstellung aus Kohle; Erarbeitung eines mittel- und langfristigen Energieproduktionsprogramms der EWG . . . . . . . . . 4964* D Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Fragen B 24 und 25 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) : Reduzierung der Mineralöllieferungen der Sowjetunion an europäische Abnehmerländer; Preiserhöhungen beim Verkauf an europäische Abnehmerländer 4965* D Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage B 26 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Slotta (SPD) : Errichtung einer Forschungseinrichtung im energiewirtschaftlichen Bereich im Saarland oder im Saar-Lor-Lux-Raum . . 4965* B Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Fragen B 27 und 28 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Häfele (CDU/CSU) : Mineralölverbrauch Deutschlands während des Krieges; Herkunft jenes Mineralöls 4966* C Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage B 29 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Spranger (CDU/CSU) : Ausschuß der mittelständischen Baustoffindustrie aus dem Kreditprogramm der konjunkturpolitischen Beschlüsse . . . 4966* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 VII Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 31 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Eigen (CDU/ CSU) : Einkommenswirksame Verwendung der 400 Millionen DM im Einzelplan 10 des Haushalts 1974 4967* B Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 32 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Eigen (CDU/ CSU) : Auswirkungen der Verordnung (EWG) Nr. 3496/73 der EG-Kommission auf Preise und Ausgleichszahlungen . . 4967* C Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 33 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Sauter (CDU/ CSU) : Änderung der für die Festsetzung der Ankaufspreise im Verhältnis zu den Grundpreisen maßgeblichen, unterschiedlichen Prozentspannen für die in der EG- Interventionsregelung der VO Nr. 1035/72 einbezogenen Obst- und Gemüsearten . . 4968* A Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 34 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Spranger (CDU/ CSU) : Schwierigkeiten für die Sport- und Freizeitreiter aus § 12 Abs. 2 des Entwurfs eines Bundeswaldgesetzes . . . 4968* B Anlage 72 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage B 35 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Ergebnis der Bemühungen zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung auf dem Lande 4968* C Anlage 73 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Fragen B 36 und 37 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Katzer (CDU/CSU) : Krankenversicherungsschutz für ehemalige Zeitsoldaten für die Dauer der Arbeitslosigkeit nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr; Krankenversicherungsschutz für ehemalige, auf einen Studienplatz wartende Zeitsoldaten . . . . . 4969* A Anlage 74 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage B 38 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Burger (CDU/CSU) : Erfassung der ausländischen Arbeitskräfte und der Grenzgänger durch die Bundesanstalt für Arbeit in der Arbeitsmarktstatistik 4969* B Anlage 75 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 39 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Müller (München) (CDU/CSU) : Kosten der Eingliederung chilenischer Flüchtlinge in Deutschland 4969* C Anlage 76 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Fragen B 40 und 41 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Härzschel (CDU/CSU): Zahl und Ergebnis der Vorsorgeuntersuchungen im Jahre 1973; Förderung der Bereitschaft zu Vorsorgeuntersuchungen 4969* D Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 42 und 43 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Verlegung der Munitionsniederlage der Bundeswehr in Cham 4970* B Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Frage B 44 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Klepsch (CDU/CSU) : Zahl der Übungen auf der Ebene der Verteidigungsbezirkskommandos im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit 1971, 1972 und 1973 . . . 4970* C Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berk- han (BMVg) auf die Fragen B 45 und 46 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Franz (CDU/CSU) : Aussetzung des Beltritts der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH, Ottobrunn, zum Arbeitgeberverband der Bayerischen Metallindustrie 4971* A Anlage 80 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters (BMJFG) auf die Frage B 47 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) : Zahnärztlicher Notdienst an Sonn- und Feiertagen . . . . 4971* B Anlage 81 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters (BMJFG) auf die Fragen B 48 und 49 — Drucksache 7/1555 — der Abg. Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) : Gebührenerhöhung für Hebammenhilfen; Vereinfachung des Verfahrens zur künftigen Anpassung der Gebühren für freiberuflich tätige Hebammen 4971* D Anlage 82 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen B 50 und 51 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Biechele VIII Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 (CDU/CSU) : Pressemeldungen über die Verminderung der Zahl der Stückgutbahnhöfe und über die Einrichtung eines Zentral-Stückgutbahnhofs für den Bodenseeraum 4972* A Anlage 83 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen B 52 und 53 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Stillegung der Bundesbahnstrecke zwischen Uelzen und Dannenberg-Ost; Bau einer Trasse für eine Bahnlinie zwischen dem Uelzener Hafen und der Bundesstraße 4 . . . . 4972* D Anlage 84 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 54 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Braun (CDU/CSU) : Verwendung von Haushaltsmitteln für den Ausbau von Teilstrecken zwischen Solingen und Radevormwald 4973* A Anlage 85 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 55 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Engelsberger (CDU/ CSU) : Absicht und Folgen einer Einstellung des Stückgutverkehrs in Bad Reichenhall und Berchtesgaden sowie einer Auflösung des Schnellzugbetriebswerkes Freilassing 4973* B Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen B 56 und 57 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Ahrens (SPD) : Maßnahmen für deutsche Transportunternehmen zum Ausgleich von Belastungen durch Autobahngebühren . . 4973* D Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 58 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Wernitz (SPD) : Versuchsnebenfeld in der Versuchsanlage für Verkehrstechniken in Donauried . . 4974* A Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen B 59 und 60 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Verhandlungen über den Autobahnübergang Lindau/Bregenz; zusätzliche Finanzmittel für den Straßenbau im Allgäu 4974* B Anlage 89 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 61 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Niegel (CDU/CSU): Zustand des Bahnhofsgebäudes in Kulmbach 4974* C Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 62 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) : Aufwendungen für den Neubau von Bundesfernstraßen im Regierungsbezirk Tübingen 1969, 1970, 1971 und 1972 . . . 4974* D Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage B 63 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) : Erhöhung der Förderungsmittel für Begegnungen von Mannschaften und Vereinen in Berlin und im Bundesgebiet 4975* A Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Fragen B 64 und 65 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) : Meldungen über Ablehnung von Preisen öffentlicher und privater Einrichtungen der Bundesrepublik durch Künstler aus der DDR 4975* B Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage B 66 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Engelsberger (CDU/ CSU) : Beurteilung des Aufrufs an die Angehörigen der Nationalen Volksarmee in der „Armeerundschau" im Hinblick auf die Entspannungspolitik 4975* C Anlage 94 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Fragen B 67 und 68 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Jenninger (CDU/CSU) : Abbau der Gebührenfreiheit im Postscheckdienst zur Herstellung der Wettbewerbsgleichheit; Aufhebung der Dreiteilung des Postschecksystems bei der Rechnungslegung 4976* B Anlage 95 Antwort des Bundesministers Dr. Eppler (BMZ) auf die Fragen B 69 und 70 — Drucksache 7/1555 — des Abg. Dr. Müller-Emmert (SPD) : Entscheidung über Sportentwicklungshilfemaßnahmen der Deutschen Sportjugend im interministeriellen Ausschuß; Entscheidung über Einsatz von Sportfachkräften durch die deutschen Entwicklungshilfeorganisationen in Abstimmung mit Vorhaben der Bundesregierung 4976* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4889 77e Sitzung Bonn, den 25. Januar 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 74. Sitzung, Seite 4707* D, Zeile 11, ist statt „1972" zu lesen: „1971". Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Abelein 25. 1. Dr. Achenbach * 25. 1. Adams * 25. 1. Dr. Ahrens ** 25. 1. Dr. Aigner * 25. 1. Alber ** 25. 1. Amrehn ** 25. 1. Dr. Arndt 30. 3. Dr. Artzinger 27. 1. Behrendt * 25. 1. Blumenfeld ** 25. 1. Börner 25. 1. Frau von Bothmer 25. 1. Bredl 28. 2. Büchner (Speyer) ** 25. 1. Dr. Burgbacher * 25. 1. Dr. Corterier * 25. 1. Egert 25. 1. Dr. Enders ** 25. 1. Dr. Evers 25. 1. Dr. Eyrich 26. 1. Flämig * 25. 1. Frehsee* 26. 1. Dr. Freiwald 25. 1. Dr. Früh * 25. 1. Dr. Geßner** 25. 1. Glombig 25. 1. Dr, Gölter ** 25. 1. Graaff 25. 1. Grüner 25.1. Hansen 25. 1. von Hassel 25. 1. Dr. Holtz *' 25. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) * 26. 1. Kahn-Ackermann ** 25. 1. Kater * 25. 1. Katzer 25. 1. Dr. Kempfler** 25.1. Kiep 25. 1. Dr. h. c. Kiesinger 25. 1. Dr. Klepsch ** 25. 1. Krall * 25. 1. Krampe 30. 1. Frhr. von Kühlmann-Stumm 25. 1. Lagershausen ** 25. 1. Lautenschlager * 25. 1. Lemmrich ** 25. 1. Lenzer ** 25. 1. Logemann 25. 1. Lücker * 26. 1. Marquardt ** 25. 1. Memmel * 25. 1. Dr. Mende ** 25. 1. *Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 25. 1. Müller (Mülheim) * 25. 1. Dr. Müller (München) ** 25. 1. Müller (Remscheid) 25. 1. Mursch (Soltau-Harburg) 25. 1. Frau Dr. Neumeister 25. 1. Pawelczyk ** 25. 1. Pieroth 25.1. Dr. Prassler 23.2. Richter ** 25. 1. Roser 25. 1. Prinz zu Sayn-Wittgenstein 25. 1. Schedl 23. 2. Schmidt (Kempten) ** 25. 1. Schmidt (München) * 25. 1. Schmöle 25. 1. Dr. Schwencke ** 25. 1. Dr. Schwörer * 25. 1. Seefeld * 25. 1. Sieglerschmidt ** 25. 1. Slotta 25. 2. Springorum * 25. 1. Staak (Hamburg) 25. 1. Dr. Starke (Franken) 25. 1. Dr. Stienen 25. 1. Dr. Vohrer** 25. 1. Walkhoff * 25. 1. Walther ** 25. 1. Dr. Warnke 25. 1. Weber (Heidelberg) 23. 2. Frau Dr. Wex 25. 1. Frau Dr. Wolf ** 25. 1. Zebisch 25. 1. Dr. Zimmermann 25. 1. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 1): Ist die Bundesregierung in der Lage, Ölhändlern, Herstellern von Ölbrennern und Ölheizungen sowie Bauherren mitzuteilen, ob eine Ölheizungsplanung zukünftig in Neubauten noch realistisch ist? Nach Auffassung der Bundesregierung wird sich auch in Zukunft der Einbau und Betrieb einer Ölheizung in Neubauten in vielen Fällen als die für den einzelnen Bauherrn optimale Lösung anbieten. Zwar sind die Preise für leichtes Heizöl in den vergangenen Monaten zum Teil ganz erheblich gestiegen; bei allmählicher Verbesserung der Versorgungssituation hat sich die preisliche Situation in den letzten Wochen aber wieder etwas entspannt. Angesichts der generellen Bedeutung des Preises für leichtes Heizöl auf dem Wärmemarkt sind im übrigen Preissteigerungen bei anderen Heizenergien künftig nicht auszuschließen. 4944* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Bei der Einrichtung einer Ölheizung werden aber neben den Heiezölpreisen noch eine Reihe anderer Gründe den Ausschlag geben: Zu nennen sind etwa die Installationskosten für die gesamte Heizungsanlage einschließlich der Öltanks, die Kosten für regelmäßige Wartung und Reinigung sowie bautechnische und versorgungstechnische Gründe. Wirtschaftlichkeitsvergleiche bei Einsatz verschiedener Energiearten ließen sich bisher nur schwer erstellen. Außerdem ist in einer Reihe von Fällen die Verwendung anderer Heizenergien wie Erdgas oder Elektrizität wegen fehlender Leitungsnetze oder mangels Verfügbarkeit ausgeschlossen. Der Einsatz fester Brennstoffe scheidet oft aus Gründen der Bequemlichkeit aus. Da Heizenergie künftig generell teurer sein wird als bisher, wird es bei Planungen von Heizungsanlagen in Neubauten auf eine möglichst sparsame Verwendung von Energie ankommen. Hierbei ist — unabhängig von der eingesetzten Energieart — neben einer rationell funktionierenden Heizungsanlage eine weitgehende Wärmedämmung und -isolation von besonderer Bedeutung. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 2) : Trifft es zu, daß Pläne erwogen werden, wonach dem kommunistischen Regime der DDR Kredite in einer Größenordnung von ca. 640 Millionen DM gewährt werden sollen, und ist daran gedacht, ungebundene Finanzkredite für die Renovierung der Autobahn Helmstedt—Berlin bzw. für den Ausbau der Hotelkapazität in Leipzig zu bewilligen? Es werden von der Bundesregierung keine Pläne erwogen, Kredite von ca. 640 Mio. DM an die DDR zu gewähren. Ebensowenig ist daran gedacht, der DDR einen ungebundenen Finanzkredit für die Renovierung der Autobahn Helmstedt–Berlin bzw. für den Ausbau der Hotelkapazität in Leipzig zu bewilligen. Im Rahmen des innerdeutschen Verrechnungsverkehrs besteht seit langem der durch die Vereinbarung vom 6. 12. 1968 erhöhte Swing. Entsprechend der bis Ende 1975 gültigen Vereinbarung wird der Swing sich von 620 Mio. DM im Jahre 1973 auf 660 Mio. DM 1974 erhöhen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 3) : Trifft es zu, daß die verketzerten Ölkonzerne die europäischen Regierungen, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, geraume Zeit vorher auf die Möglichkeiten von Engpaßsituationen hingewiesen haben? Sollte die Frage dahin gehend zu verstehen sein, daß die Bundesregierung im Rahmen ihrer ständigen Kontakte mit der Mineralölwirtschaft konkrete Frühhinweise auf die von den arabischen Förderländern beabsichtigten förderpolitischen Maßnahmen erhalten hat, so ist sie zu verneinen. Die mit unserer hohen Importabhängigkeit bei Mineralöl verbundenen Risiken zeitweiliger Versorgungsunterbrechungen sind allerdings der Bundesregierung und der Mineralölwirtschaft seit langem bewußt. Die Bundesregierung hat in ihrem Energieprogramm, das — was nur immer wieder betont werden kann — vor der Mineralölkrise erarbeitet und verabschiedet worden ist, eingehend dargelegt, wie sie die Situation des Weltmineralölmarktes mit ihren Konsequenzen für die deutsche Versorgung einschätzt und welche konkreten Schritte sie über die bereits ergriffenen Maßnahmen hinaus zusätzlich noch für erforderlich hält. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 4) : Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Zulassung von Staatsbaufirmen aus dem Ostblock, vor allen Dingen in dem strukturschwachen ostbayerischen Raum, schnellstens aufzuheben, dies insbesondere deshalb, da für die einheimische Bauindustrie und das Bauhandwerk nunmehr in außerordentlich geringem Maß Anschlußaufträge vorhanden sind? Die Bundesregierung hat bereits in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage „Arbeitserlaubnis für rumänische Bauarbeiter" (Drucksache VI/3308 vom 29. 3. 1972) zum Ausdruck gebracht, daß durch die Tätigkeit osteuropäischer Baufirmen keine Gefährdung der Arbeitsmöglichkeiten für deutsche Arbeiter eintreten dürfe. In Anbetracht der derzeitigen konjunkturellen Situation im Baugewerbe hat der zuständige Interministerielle Ausschuß der Bundesregierung daher am 13. Dezember 1973 beschlossen, daß den im Rahmen von Werkverträgen entsandten ausländischen Arbeitnehmern bis auf weiteres keine Arbeitserlaubnis mehr erteilt werden soll, wenn der Vertrag mit dem deutschen Auftraggeber erst nach dem vom Bundeskabinett am 22. November 1973 verfügten Anwerbestopp abgeschlossen wurde. Ist es vor diesem Stichtag zum Abschluß eines Werkvertrages gekommen, so wird entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen die Erteilung der Arbeitserlaubnis von der jeweiligen regionalen Arbeitsmarktsituation abhängig gemacht. Lediglich dann, wenn mit der Bauausführung bereits begonnen worden ist, werden auch in Zukunft noch neue Arbeitserlaubnisse erteilt oder abgelaufene verlängert. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4945* Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 5) : Welche Ursachen gab es dafür, daß die Bundesregierung über längere Zeit hinweg über die tatsächliche Lage in der Energieversorgung nur unzureichend informiert war, und welche Folgerungen will die Bundesregierung daraus ziehen? Die Bundesregierung hat seit Beginn der Nahostkrise alle Anstrengungen unternommen, um sich durch Kontakte ihrer ausländischen Vertretungen mit den Förderländern sowie durch einen ständigen Informationsaustausch mit den zuständigen Regierungsstellen der westlichen Verbraucherländer und den Mineralölgesellschaften ein umfassendes Bild von der Versorgungssituation bei Mineralöl zu verschaffen. Eine vorausschauende Beurteilung der Situation war jedoch dadurch erschwert, daß die von den arabischen Ländern beschlossenen Produktionskürzungen und Embargos teilweise unterschiedlich gehandhabt und mehrfach kurzfristig revidiert wurden. Den damit verbundenen Unsicherheitsfaktoren in der Prognose der Versorgungsentwicklung standen alle westlichen Verbraucherländer gegenüber. Auch die Bundesregierung sah sich daher veranlaßt, ihre Beurteilung der Versorgungslage den sich schnell ändernden Maßnahmen der arabischen Förderländer anzupassen. Die spezielle Versorgungssituation der Bundesrepublik ist in dem von der Mineralölwirtschaft eingerichteten Versorgungsausschuß regelmäßig mit den in der Bundesrepublik tätigen Mineralölgesellschaften erörtert worden. Daneben war die Bundesregierung von Anfang an um eine Verbesserung des Informationssystems bemüht, um umfassende Angaben über die Versorgungsmöglichkeiten der einzelnen Gesellschaften zu erhalten. Sie hat deshalb die Mineralölgesellschaften veranlaßt, ihr im Abstand von zwei Wochen anhand von detaillierten Fragebogen über die Versorgungslage zu berichten. Auf diese Weise hat die Bundesregierung — dem jeweiligen Erkenntnisstand entsprechend — ein genaues Bild sowohl über die Einfuhr, die Verarbeitung und den Absatz von Mineralöl, als auch über die Entwicklung der Bestände von Rohöl und Produkten in jeder Gesellschaft erhalten. Dieses System hat sich nach Auffassung der Bundesregierung bewährt. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage A 6) : Inwieweit trifft die in der „Panorama-Sendung" vom 7. Januar 1974 aufgestellte Behauptung zu, daß die großen Mineralölgesellschaften ihre Tankstellen zu überhöhten Benzinabgabepreisen verpflichten, obwohl die Abgabepreise der Raffinerien eine solche Maßnahme nicht rechtfertigen, und was gedenkt die Bundesregierung gegen derartige Maßnahmen zu tun? Das Bundeskartellamt und die Landeskartellbehörde in Kiel haben den von Ihnen angesprochenen Sachverhalt sofort zum Anlaß genommen, kartellrechtliche Ermittlungen aufzunehmen. Das Ergebnis dieser Untersuchungen liegt noch nicht vor. Die Prüfung erstreckt sich insbesondere auch auf die Aussage des Besitzers einer freien Tankstelle in Schleswig-Holstein, wonach Tankstelleninhaber durch die Androhung der Nichtbelieferung zu überhöhten Abgabepreisen für Benzin gezwungen wordenseien. Sollte sich dieser Sachverhalt als zutreffend erweisen, so läge ein klarer Verstoß gegen das Kartellgesetz vor. Die Kartellbehörden können in derartigen Fällen hohe Bußgelder festsetzen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Katzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 7) : Welche Gründe sprechen in der gegenwärtigen energiepolitischen Situation für und gegen die Einführung der Sommerzeit, und beabsichtigt die Bundesregierung eine derartige Maßnahme? Anregungen, die Sommerzeit (OEZ) auch in der Bundesrepublik wieder einzuführen, werden in letzter Zeit immer wieder laut. Mit Rücksicht auf die Fahrpläne im internationalen Flug- und Eisenbahnverkehr könnte eine derartige Regelung jedoch nicht ad hoc erfolgen, sondern müßte rechtzeitig mit der europäischen Fahrplankonferenz abgestimmt werden. Vorteile sind nicht nur auf dem Energiesektor zu suchen, sondern es werden auch andere Bereiche genannt, die hiervon profitieren könnten, so z. B. die Sicherheit im Straßenverkehr. Die Einsparungen im Elektrizitätssektor werden wahrscheinlich nicht sehr gravierend sein. Erste Schätzungen kommen zu dem Ergebnis, daß im Sommerhalbjahr etwa 0,1 bis 0,2 % des Gesamtstromverbrauchs eingespart werden. Zur Ermittlung genauerer Zahlen, insbesondere auch welchen Einfluß die Einführung der OEZ über das gesamte Jahr hat, so wie es in einigen anderen Ländern erwogen wird, bedarf es weiterer elektrizitätswirtschaftlicher Untersuchungen, die noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden. Bei Vorliegen günstiger Ergebnisse würde sich die Bundesregierung, insbesondere im Hinblick auf eine einheitliche Handhabung in der Gemeinschaft, einer solchen Regelung nicht verschließen. Im übrigen darf ich auf die Beantwortung der zum gleichen Thema gestellten Fragen des Herrn Abgeordneten Spitzmüller verweisen, die unter Nr. 42 und 43 im Protokoll zur 71. Sitzung vom 13. Dezember 1973 auf S. 4415 abgedruckt ist. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten 4946* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Reuschenbach (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen A 8 und 9) : Hat die Bundesregierung die Absicht, nach der Untersagung der Fusion von Gelsenberg und VEBA vom Recht des Bundeswirtschaftsministers, eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, Gebrauch zu machen? Wann ist mit dieser Entscheidung zu rechnen, und welche Probleme der dann entstehenden Markt- und Betriebsstrukturen sind zu beachten? Zu Frage A 8: Mit dem Erwerb des Gelsenberg-Paketes hat die Bundesregierung die Neugruppierung der deutschen Mineralölinteressen eingeleitet. Wie in dem Energieprogramm der Bundesregierung vom 26. September 1973 bereits dargelegt, ist der Aufbau eines leistungsfähigen deutschen Mineralölunternehmens insbesondere für die Entwicklung einer verstärkten Kooperation mit den Erdölförderländern zur Sicherung der langfristigen Mineralölversorgung erforderlich. Die gegenwärtige Lage auf dem Mineralölmarkt hat die Notwendigkeit einer solchen Neugruppierung noch dringlicher gemacht. Im Hinblick darauf wird der Bundesminister für Wirtschaft über die Erteilung der im Kartellgesetz vorgesehenen Ausnahmeerlaubnis unmittelbar nach der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung der Länderwirtschaftsminister entscheiden. Zu Frage A 9: Die kartellrechtliche Entscheidung über die Erlaubniserteilung wird voraussichtlich noch in diesem Monat ergehen. Danach sind weitere Entscheidungen über die Gestaltung der deutschen Mineralölgruppe erforderlich. Das Ziel ist, ein leistungsfähiges deutsches Mineralölunternehmen zu schaffen, das sowohl von seinen finanziellen Möglichkeiten als auch seiner Kapazität her in der Lage ist, die deutschen Interessen auf dem internationalen Mineralölmarkt wirksam zur Geltung zu bringen. Unterschiedliche Unternehmensinteressen innerhalb der deutschen Gruppe konnten bei den Förderländern bisher allzu leicht den Eindruck einer Diskrepanz zwischen den mineralölpolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung und den Möglichkeiten ihrer Verwirklichung auf Unternehmensebene erwecken. Um unter wettbewerbspolitischen und strukturpolitischen Aspekten die zweckmäßigste Lösung zu finden, ist beabsichtigt, auch die aufgrund der Kartellnovelle gebildete Monopolkommission um eine Stellungnahme zu bitten. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Becker (Nienberge) (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen A 10 und 11): Ist es richtig, daß die Erdgaspreise in irgendeiner Form an die Preise des schweren Heizöls gekoppelt sind? Sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, für die Bezieher von Erdgas bei erhöhten Kosten eine ähnliche Regelung wie den Heizölkostenzuschuß zu treffen? Zu Frage A 10: Ja. Die Erdgaspreise sind in langfristigen Erdgaslieferverträgen, die Preisanpassungsklauseln enthalten, überwiegend an die Preise für schweres Heizöl gebunden. Diese Bindung ist je nach Lage des Einzelfalles unterschiedlich. Vorherrschend sind Klauseln, die den Erdgaspreis zu 70 % an den Heizölpreis und zu 10 % an den Lohn binden sowie einen unveränderlichen Bestandteil in Höhe von 20 % enthalten. Diese Koppelung wirkt sich jedoch nicht sofort und in vollem Umfang aus. Die Klauseln sehen nämlich vor, daß die Erdgaspreise erst nach Ablauf bestimmter Zeiträume — meist nach einem Jahr — der Entwicklung der Heizölpreise folgen und bestimmte 'Durchschnittspreise in ,dem jeweiligen Zeitraum der Berechnung der Erdgaspreise zugrunde gelegt werden sollen. Zu Frage A 11: Wie sich aus der Antwort zur Frage 1 ergibt, wird es für die Heizperiode 1973/74 keine Preisbewegung für die erdgasverbrauchenden privaten Haushalte geben, die mit den Erhöhungen der Verbraucherpreise für leichtes Heizöl vergleichbar sind. Daher ist auf Erdgas bezogen eine Lösung, ähnlich der des Heizölkostenzuschußgesetzes, das nur für die Heizperiode 1973/74 gilt, nicht beabsichtigt. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 12) : Ist die Bundesregierung bereit, die besorgniserregenden Benzinpreise wenigstens bei der Gesellschaft, bei der sie die Aktienmehrheit besitzt, stabil zu halten? Der Bund hat kürzlich eine Beteiligung von rd. 51 % an der Gelsenberg AG erworben; ich weise allerdings darauf hin, daß das kartellrechtliche Erlaubnisverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Gelsenberg vertreibt Vergaserkraftstoffe nicht selbst, sondern über die die Aral AG. *) An dieser hält sie eine Beteiligung von 28 %. Daneben hält der Bund eine Beteiligung von 40 % an der Veba, die ihrerseits ebenfalls einen Anteil von 28 % an der Aral hält. Zu den Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes auf die beiden Bundesgesellschaften möchte ich folgendes ausführen: Die Preiserhöhungen der Aral wie der übrigen Mineralölgesellschaften sind dem Grunde nach un- *) Ferner ist die 100 %ige Gelsenberg-Tochter Raab Karcher als Kommissionär für Aral im Verkauf tätig. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4947` bestreitbar durch die zusätzlichen staatlichen Abgabeerhöhungen der Förderländer und die Preiserhöhungen für die ihnen zur Verfügung stehenden eigenen Rohölmengen ausgelöst worden. Den von Mineralölgesellschaften angestellten Berechnungen zufolge belaufen sich diese an die Förderländer abzuführenden zusätzlichen Abgaben auf 100-130 DM je Tonne. Nationale und internationale Schätzungen beziffern die zusätzlichen für die Bundesrepublik daraus insgesamt entstehenden Belastungen, falls sie in dieser Höhe bestehen bleiben, auf etwa 5,8 Mrd. $; für die gesamten Ölverbraucherländer werden diese zusätzlichen Leistungen an die Förderländer auf 50-65 Mrd.$ jährlich geschätzt. Bei der Beurteilung dieser zusätzlichen Belastungen ist zu berücksichtigen, daß hiervon die einzelnen Gesellschaftsgruppen sehr unterschiedlich betroffen werden. Am relativ günstigsten ist insoweit der Status solcher Gesellschaften, die auf der Basis früherer Konzessionsverträge von den Förderländern aufgrund der ihnen heute noch verbliebenen Beteiligungen Öl-Lieferungen zu Kostenpreisen erhalten. Diese Gesellschaften haben in der Regel außerdem die Möglichkeit des Rückkaufs von 01 aus dem Beteiligungsanteil der Förderländer und kommen auf diesem Wege zum Teil in den Genuß weiteren relativ billigen Rohöls; wettbewerblich am ungünstigsten stehen solche Gesellschaften, die ihren Rohölbedarf ganz oder vorwiegend zu Marktpreisen einkaufen müssen, die zum Teil erheblich über den vorgenannten Preisniveaus liegen. Das Versorgungsbild bei diesen Gesellschaften ist aber auch nicht einheitlich, da sie Rohöl noch im Rahmen langfristig laufender Lieferverträge beziehen. Den beiden unabhängigen deutschen Gesellschaften Gelsenberg und Veba steht kein Rohöl aus ehemaligem Konzessionsbesitz zur Verfügung, lediglich die Gelsenberg AG bezieht aus ihrer Beteiligung an libyschen Erdölfeldern noch Mengen, die jedoch bei weitem nicht zur Deckung ihres Rohölbedarfs ausreichen. Für beide Gesellschaften haben sich durch die Veränderungen des Welterdölmarktes beträchtliche zusätzliche Kostenbelastungen ergeben. Das wird bestätigt durch den Einblick, den die Bundesregierung in die Entwicklung der von den Gesellschaften abgeschlossenen Rohöl-Lieferverträge und der Entwicklung ihrer Erlös- und Kostensituation insgesamt hat. Die Erlös- und Ertragslage dieser beiden Gesellschaften war — nach erheblichen Gewinneinbußen im Jahre 1972 — in den ersten 3 Quartalen des Vorjahres gut. Im 4. Quartal war sie stark rückläufig. Daß die beiden Gesellschaften die zusätzlichen auf sie zukommenden hohen Belastungen nicht ohne jegliche Preiserhöhungen auffangen können, ist bisher unbestreitbar. Die Bundesregierung wird selbstverständlich im Rahmen ihrer Einflußmöglichkeiten auf die Preispolitik dieser Gesellschaften mäßigend einwirken. Ihr sind insoweit jedoch Grenzen aus der oben dargelegten allgemeinen Wettbewerbssituation dieser Gesellschaften gesetzt. Ich möchte noch zu diesem im Augenblick unbefriedigenden wettbewerblichen Status dieser Gesellschaften einige Bemerkungen machen, um bei Ihnen und in der Offentlichkeit kein falsches Bild über die langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten dieser Gesellschaften und deren Rolle im Rahmen der Mineralölpolitik der Bundesregierung entstehen zu lassen. Die jetzige Wettbewerbssituation auf dem Weltmineralölmarkt ist nach Auffassung kompetenter Mineralölsachverständiger als eine Übergangsphase anzusehen, an deren Ende — das möglicherweise bald in Sicht ist wiederum ausgeglichene Wettbewerbsstrukturen zwischen den einzelnen Gesellschaften stehen werden. Erste Anzeichen einer Entwicklung in dieser Richtung zeigen sich bereits. Es wäre auch nicht verständlich, wenn die Förderländer, die in den unabhängigen nationalen Gesellschaften, wie sie die Gelsenberg und die Veba in der Bundesrepublik darstellen, einen attraktiven Partner für ihre künftige Zusammenarbeit mit den Verbraucherländern sehen, für diese Gesellschaften die Basis ihrer Wettbewerbsfähigkeit gefährden würden. Die Bundesregierung mißt der Kooperation zwischen diesen Gesellschaften und den Förderländern — wie der Erwerb der Gelsenberg-Beteiligung zeigt — große Bedeutung bei und versucht für diese Kooperation die unabhängigen deutschen Gesellschaften zu potenten Verhandlungspartnern mit den Förderländern auszubauen. Die Bundesregierung wird die weitere Preisentwicklung in der Bundesrepublik sowohl im Bereich der deutschen Gruppe wie der konkurrierenden Gesellschaften genauestens beobachten und jeden geeigneten Schritt tun, um ein unangemessenes Preisverhalten der Mineralölgesellschaften zu Lasten der deutschen Verbraucher zu verhindern. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage A 13) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Erklärung des Sprechers der Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke, Herrn Bernd Lichterbeck, „Mit Strom zu sparen, wenn man ihn bislang täglich verbraucht hat, sei schlichter Unsinn" (Kieler Nachrichten vom 9. Januar 1974) bei gleichzeitiger Ankündigung von Strompreiserhöhungen? Die Nachfrage bei der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke hat ergeben, daß die in den „Kieler Nachrichten" abgedruckte Äußerung nicht von dem Sprecher der Vereinigung, sondern von einem jüngeren Sachbearbeiter stammt, der außerdem bestreitet, sich in dieser Form geäußert zu haben. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß der Stromverbrauch, wenn er den bisherigen Trend nicht übersteigt, auch in der gegenwärtigen Ölkrise gedeckt werden kann. Lediglich vor zusätzlichem Stromverbrauch etwa durch bewegliche Direktheizgeräte hat die Elektrizitätswirtschaft gewarnt; einen diesbezüglichen Appell zu Beginn der Ölkrise hat der Bundesminister für Wirtschaft unterstützt. 4948* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Strompreiserhöhungen hat es in den letzten Jahren unter Berufung auf gestiegene Investitionskosten, höhere Brennstoffkosten und höhere Personalkosten wiederholt gegeben. Sie stützten sich bei Tarifabnehmern auf Genehmigungen durch die Preisbehörden und bei Sonderabnehmern auf vertraglich vereinbarte Gleitklauseln. Ein Zusammenhang mit der in den „Kieler Nachrichten" gebrachten Äußerung ist nicht zu erkennen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Stahl (Kempen) (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen A 14 und 15) : Welche Mengen an leichtem bzw. schwerem Heizöl wurden in den Monaten November und Dezember nach Beginn der Energieverknappung durch Kohle oder Koks in den einzelnen Wirtschaftszweigen substituiert, und sind die von der Bundesregierung angestrebten Zahlen erreicht worden? Sind von der Bundesregierung steuerliche Erleichterungen bzw. Zuschüsse für die Umstellung der Energieversorgung von leichtem bzw. schwerem Heizöl in kleinen Industrieunternehmen sowie Gewerbe- und Gartenbaubetrieben auf Kohle oder Koks vorgesehen, und wie beurteilt die Bundesregierung eine derartige Möglichkeit? Zu Frage A 14: Die Bundesregierung hat bisher lediglich eine Substitution von schwerem Heizöl durch Kohle angestrebt, da die beim leichten Heizöl aufgetretenen Mengenprobleme auch ohne solche Maßnahmen beseitigt werden konnten. Die Zusagen der Wirtschaftszweige, schweres Heizöl kurzfristig durch Kohle zu ersetzen, sind Ende November/Anfang Dezember erfolgt und bereits im Dezember 1973 in vollem Umfange realisiert worden. Im einzelnen hat — die Elektrizitätswirtschaft 250 000 t, — die Stahlindustrie 64 000 t, — die Chemie 30 000-40 000 t und — die Papierindustrie 16 500 t effektiv eingespart. Diese Zahlen entsprechen bzw. liegen sogar über den freiwilligen Zusagen der Wirtschaft. Zu Frage A 15: Steuerliche Erleichterungen bzw. Zuschüsse für kleinere Industrieunternehmen sowie für Gewerbe- und Gartenbaubetriebe zur Umstellung der Energieversorgung von Heizöl auf Kohle sind von der Bundesregierung nicht vorgesehen. Die Entscheidungen der Unternehmen über die eingesetzten Energieträger dürften mittel- und längerfristig wesentlich von der weiteren Entwicklung der Energiemärkte abhängen; besondere finanzielle Anreize der öffentlichen Hand für solche Umstellungen hält die Bundesregierung gegenwärtig nicht für notwendig. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen A 16 und 17) : Welche Rolle ist der Kreditanstalt für Wirtschaftshilfe von der Bundesregierung bei der Kreditierung zinsvergünstigter Kredite an Ostblockländer zugedacht? Inwieweit wird durch die von der Bundesregierung zugesagten oder in Aussicht gestellten zinsvergünstigten Kredite gegenüber Jugoslawien, Polen und der Sowjetunion der Haushalt des Bundes in einer überschaubaren Zeit belastet? Zu Frage A 16: Der Kreditanstalt für Wiederaufbau kann schon deshalb keine dem Sinn der Fragestellung entsprechende Rolle zugedacht sein, weil es keinerlei Programm zur Gewährung zinsgünstiger Kredite an Staatshandelsländer gibt. In einem Falle, nämlich zugunsten von Polen, ist die einmalige Gewährung eines zinsgünstigen, nicht an deutsche Lieferungen gebundenen Kredits in Aussicht genommen. Die Verhandlungen über die Konditionen sind noch nicht abgeschlossen. Erst danach kann geklärt werden, auf welchem technischen Wege dieser Kredit bereitgestellt werden soll. Zu Frage A 17: Die Bundesregierung lehnt die Einführung von Zinsverbilligungen zur Förderung unserer Ausfuhren in Staatshandelsländer ab. Sie ist der Ansicht, daß sich die erfreuliche Ausdehnung unserer Handelsbeziehungen zu diesen Staaten auch ohne derartige generelle Maßnahmen fortsetzen wird. Den Besonderheiten unserer Beziehungen zu Polen soll die einmalige Gewährung eines zinsgünstigen, nicht an deutsche Lieferungen gebundenen Kredits Rechnung tragen. Dadurch soll die Wirtschaftskraft dieses Landes so gestärkt werden, daß auf polnischer Seite die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die beiderseits erwünschte Intensivierung der Zusammenarbeit beider Volkswirtschaften und zugleich für die Lösung der zwischen beiden Staaten bestehenden Probleme verbessert werden. Die Verhandlungen über die Konditionen dieses Kredits sind noch nicht abgeschlossen, so daß Angaben über sich daraus ergebende Belastungen noch nicht möglich sind. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 18): Ist der Bundesregierung bekannt, daß seit Beginn der Ölverknappung die ungebundenen Handelsfirmen zum Teil schwere Marktverluste hinnehmen mußten, obwohl diese Unternehmen bisher gute Garanten des freien Wettbewerbs in dieser Sparte waren? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4949 Die Preisspaltung auf dem Mineralölmarkt zwischen der teuren Importware einerseits und der billigeren inländischen Raffinerieware andererseits hat die unabhängigen Mineralölhändler, die im wesentlichen auf Importe angewiesen sind, zum Teil in eine schwierige Wettbewerbslage gebracht. Freie Händler klagen insbesondere darüber, daß sie bei leichtem Heizöl für Ware vom Rotterdamer Markt bei einem kostendeckenden Verkaufspreis keinen Absatz mehr fänden. Entweder müßten sie die Ware erheblich unter ihrem Einkaufspreis an den Verbraucher weitergeben oder ihre Kunden wechselten zu konzerngebundenen Händlern über. Wie die Bundesregierung wiederholt erklärt hat, darf die gegenwärtige Lage auf dem Mineralölmarkt nicht zu einer Veränderung der bisherigen Wettbewerbsstruktur zu Lasten des freien Handels als eines unverzichtbaren Wettbewerbsfaktors führen. Inzwischen hat sich allerdings die Tendenz zu einer Angleichung der Preise für importierte und im Inland hergestellte Mineralölprodukte verstärkt, so daß sich die Gefahr solcher strukturellen Veränderungen auf dem Mineralölmarkt weiter abschwächen wird. Im übrigen geht das Bundeskartellamt Beschwerden freier Mineralölhändler nach, daß sie bei der Belieferung durch Raffineriegesellschaften in mengenmäßiger und preislicher Hinsicht diskriminiert worden seien. Es wird demnächst in feststellbaren Fällen einer diskriminierenden Belieferung Verfügungen aufgrund des durch die Kartellnovelle verschärften Diskriminierungsverbots erlassen. Anlage 16 Antwort des Bundesminister Dr. Eppler vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage der Abgeordnete Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 24) : Hält die Bundesregierung die Bereitstellung von Mitteln der Entwicklungshilfe für die Schaffung von Studienplätzen für Ausländer, die aus Entwicklungsländern kommen und in der Bundesrepublik Deutschland ein Numerus-clausus-Fach studieren wollen, nicht konsequenterweise für geboten? In ihrem Grundsatzprogramm der Bildungs- und Wissenschaftshilfe vom 22. Dezember 1971 hat die Bundesregierung sich zurückhaltend zum Studium von Angehörigen der Entwicklungsländer in der Bundesrepublik Deutschland geäußert. Sie hält es nicht für sinnvoll, daß alle mit der Entwicklungspolitik zusammenhängenden finanziellen Lasten vom Bund getragen und im Einzelplan 23 ausgewiesen werden. Abgesehen davon, daß die Aufwendungen der Länder für Studierende aus Entwicklungsländern gar nicht exakt ermittelt werden können, hält es die Bundesregierung für wünschenswert, daß die entwicklungspolitische Verantwortung von allen Gliedern der Bundesrepublik Deutschland anerkannt und mitgetragen wird. Anlage 17 Antwort des Bundesministers Dr. Eppler vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schwencke (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage A 25) : Trifft es zu, daß, vor allem auf Grund von zahlreichen Interventionen aus Kreisen der Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland, der Plan für die Errichtung eines Instituts zur Erforschung der Technologien für Entwicklungsländer vorläufig zurückgestellt wurde, und falls die Bundesregierung ein solches Technologieinstitut weiterhin zu errichten beabsichtigt, bitte ich um Angabe des Zeitplans und der Kapazität? Es trifft nicht zu, daß die Bundesregierung ihren Plan, ein Institut für Entwicklungsländertechnologie zu errichten, zurückgestellt hat. Auch Vertreter der Wirtschaft haben in zahlreichen Abstimmungsgesprächen mit dem BMZ ihr Interesse an dem Institut und ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit zum Ausdruck gebracht. Die Meinungsbildung im Ressortkreis ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung wird demnächst dem Bundestagsausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit einen Bericht über ihre Vorstellungen zum Aufbau des geplanten Instituts vorlegen. Anlage 18 Antwort des Bundesministers Dr. Eppler vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Müller (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 26) : Ist die Bundesregierung bereit, Indien deutsche Fachleute für die Ölsuche zur Verfügung zu stellen, nachdem aus indischen Regierungskreisen verlautet, daß die Sowjet-Fachleute die Ölsuche verzögern? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob sowjetische Fachleute die Ölsuche in Indien verzögern. Der sowjetische Ölminister hat zu Beginn eines Indienbesuchs Anfang dieses Monats erklärt, sein Land sei daran interessiert, die Selbstversorgung Indiens mit Öl herbeizuführen, und es werde Indien jede Unterstützung zur Überwindung der Energiekrise gewähren. Ob die Bundesregierung Indien Fachleute für Ölsuche zur Verfügung stellt, hängt zuerst davon ab, ob die indische Regierung dies wünscht. Die Bundesregierung rechnet zur Zeit nicht mit einem solchen Antrag. Er würde wie jeder andere sorgfältig geprüft werden. Anlage 19 Antwort des Bundesministers Genscher vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage A 38) : 4950* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Ist die Bundesregierung bereit, im Hinblick auf die Bedeutung der Rechtsverordnung gemäß § 7 des Gesetzes zum Schutze gegen Fluglärm den Beratenden Ausschuß vor dem Erlaß der Rechtsverordnung zu hören, und wann ist mit dem abschließenden Erlaß der Rechtsverordnung zu rechnen? Ihre Frage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr und dem Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wie folgt: Der Beratende Ausschuß ist nach § 32 a des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung vom 4. November 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 1113), zuletzt geändert durch das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 282) vor dem Erlaß von Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften aufgrund des Luftverkehrsgesetzes zu hören, soweit sie dem Schutz gegen Fluglärm und gegen Luftverunreinigungen durch Luftfahrzeuge dienen. Darüber hinausgehende Aufgaben sind dem Beratenden Ausschuß nicht zugewiesen. Der Kompetenzbereich des Beratenden Ausschusses ist somit auf das Luftverkehrsgesetz beschränkt und erstreckt sich nach dem klaren Wortlaut des § 32 a des Luftverkehrsgesetzes nicht auf das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm. Für eine Anhörung des Beratenden Ausschusses zur Rechtsverordnung über bauliche Schallschutzanforderungen nach § 7 des Fluglärmgesetzes ist sonach rechtlich kein Raum; sie ist von der Bundesregierung daher auch nicht vorgesehen. Die Bundesregierung ist selbstverständlich bereit, dem Beratenden Ausschuß, wie sie es bereits in der konstituierenden Sitzung am 27. Februar 1973 getan hat, über den Vollzug des Fluglärmgesetzes zu informieren. Sie wird in der nächsten Sitzung des Beratenden Ausschusses auch über die Rechtsverordnung nach § 7 des Fluglärmgesetzes im einzelnen berichten. Die Bundesregierung hat die Verordnung nach § 7 des Fluglärmgesetzes am 22. Oktober 1973 beschlossen und dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet. Dieser hat am 20. Dezember 1973 der Verordnung vorbehaltlich einiger Änderungen zugestimmt. Die Bundesregierung wird unverzüglich über die Änderungsvorschläge des Bundesrates entscheiden. Mit einem baldigen Inkrafttreten der Rechtsverordnung ist zu rechnen. Anlage 20 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ronneburger (FDP) (Drucksache 7/1555 Frage A 76): Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß wegen des besorgniserregenden Personalmangels auf dem sozialen Sektor Erleichterungen bei der Anrechnung von Einkünften aus sozialpflegerischen Tätigkeiten auf einkommensabhängige Bezüge aus der Kriegsopferversorgung dazu beitragen können, zusätzliche Pflegekräfte aus dem Potential z. B. der Kriegerwitwen zu gewinnen, und ist die Bundesregierung bereit, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzubereiten? Die von Ihnen aufgeworfene Frage hat den Gesetzgeber bereits bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Förderung sozialer Hilfsdienste im Jahre 1972 beschäftigt. Dabei hat sich gezeigt, daß die Aufnahme einer sozialpflegerischen Tätigkeit durch Kriegerwitwen in nennenswertem Umfang angesichts der Altersstruktur dieses Personenkreises kaum erwartet werden kann. Zwei Drittel aller Kriegerwitwen haben bereits das 60. Lebensjahr vollendet. Außerdem steht ein großer Teil der unter 60 Jahre alten Witwen ohnehin im Berufsleben. In Anbetracht der geringen Zahl der Witwen, die durch die von Ihnen angestrebte gesetzliche Maßnahme angesprochen werden könnte, wurde es in den damaligen parlamentarischen Beratungen als nicht vertretbar angesehen, das gesamte Leistungsgefüge des Bundesversorgungsgesetzes, in dem die einkommensabhängigen Leistungen eine bedeutende Rolle spielen, in Frage zu stellen. Das ist um so mehr der Fall, als die vielfältigen Diskussionen über diese Frage in der Vergangenheit gezeigt haben, daß die geringen Erfolgsaussichten in keinem angemessenen Verhältnis zu den möglichen Auswirkungen auf das gesamte Leistungsgefüge des Bundesversorgungsgesetzes stehen dürften. Das waren die Gründe dafür, daß der Gesetzgeber seinerzeit keine besonderen Regelungen für Kriegerwitwen vorgesehen hat. Anlage 21 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Spitzmüller (FDP) (Drucksache 7/1555 Fragen A 77 und 78) : Trifft es zu, daß die Arbeitsämter angewiesen sind, für die Dauer der Aufenthaltserlaubnis für beschäftigte ausländische Arbeitnehmer nur noch eine Arbeitsgenehmigung zu erteilen, jedoch längstens für sechs Monate, auch wenn Paß und Aufenthaltserlaubnis noch neun Monate oder zwölf Monate Gültigkeit haben? Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, dafür zu sorgen, daß eine solche schematische Handhabung, die in den Betrieben bereits großen Ärger bereitet, nicht flexibler gestaltet werden könnte, so daß Anträge von Betrieben für eine Arbeitserlaubnis für ein Jahr dann zu genehmigen sind, wenn der Betrieb nachweist, daß der ausländische Arbeitnehmer sich schon länger als drei Jahre in der Bundesrepublik Deutschland aufhält und als Fachkraft länger als sechs Monate benötigt wird? Die Arbeitsämter sind gehalten, die Arbeitserlaubnis nach der Lage des Arbeitsmarktes und nicht nach einem starren Schema zu erteilen. Mit Rücksicht auf die noch nicht überschaubare Arbeitsmarktlage und die meist auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis erteilen die Arbeitsämter bis auf weiteres ausländischen Arbeitnehmern eine neue Arbeitserlaubnis längstens für 1 Jahr. Dabei darf wie bisher die Gültigkeitsdauer der Aufenthaltserlaubnis nicht überschritten werden. Diese Regelung trägt der in der Arbeitserlaubnisverordnung festgelegten Bindung an die Aufenthaltserlaubnis Rechnung. Soweit uns bekanntgeworden ist, hat ein Landesarbeitsamt -- nämlich das Landesarbeitsamt Baden-Württemberg — wegen der besonderen Arbeitsmarktsituation seiner Bezirke die Neuerteilung der Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4951* Arbeitserlaubnis vorsorglich auf zunächst 6 Monate befristet. Nach Ablauf 'dieser Frist soll über die Arbeitserlaubnis aufgrund der dann gegebenen Arbeitsmarktlage neu entschieden werden. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wird dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit die in Ihrer Frage zum Ausdruck gekommenen Bedenken gegen die bisherige Praxis mitteilen und ihn veranlassen, für eine flexible Handhabung der Regelung zu sorgen. Auf diese Weise sollen derartige Fälle, wie sie von Ihnen erwähnt wurden, auch im Interesse einer größeren Rechtssicherheit eine befriedigende Lösung finden. Im übrigen ist gewährleistet, daß alle regionalen und überregionalen Möglichkeiten genutzt werden, um arbeitslos gewordenen ausländischen Arbeitnehmern einen neuen Arbeitsplatz zu vermitteln. Anlage 22 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 79): Beabsichtigt die Bundesregierung, die errichtete Stiftung für die Alterssicherung älterer Selbständiger (BGBl. I S. 1965 ff.) so auszustatten, daß die Finanzkraft der Stiftung nicht allein vom Solidaritätsgefühl der Selbständigen abhängt, zumal sich durch die Veränderung der wirtschaftlichen Lage die Leistungskraft der Selbständigen erheblich verschlechtert hat? Es entspricht der Zielsetzung des Gesetzes, wenn sich die Selbständigen untereinander für die Finanzierung der Stiftung für die Alterssicherung älterer Selbständiger verantwortlich fühlen. Eine Beteiligung des Bundes ist nicht vorgesehen und auch nicht zu erwarten, weil sie, wie ich bereits in meiner Antwort auf eine Frage des Abgeordneten Möllemann zum Ausdruck gebracht habe, besondere Probleme im Hinblick auf andere Personengruppen aufwerfen würde. Die durch das Rentenreformgesetz geschaffenen Nachentrichtungsregelungen bringen gerade für Selbständige eine außerordentlich großzügige Möglichkeit zum nachträglichen Aufbau einer Alterssicherung in der Rentenversicherung. Die pflichtversicherten Arbeitnehmer hingegen, die durch regelmäßige einkommensgerechte Beitragszahlungen die Finanzierung der Rentenversicherung ermöglichen, können für die Vergangenheit eine Veränderung ihres Versicherungslebens nicht herbeiführen. Im Hinblick auf diesen, die Rentenversicherung tragenden Personenkreis würde es in der Bevölkerung wenig Verständnis finden, wenn die günstigen Nachentrichtungsregelungen für Selbständige auch noch mit Steuermitteln finanziert würden. Ergänzend darf ich noch auf die umfassende Antwort der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 7/460 vom 11. April 1973) auf die Kleine Anfrage der Opposition zur Situation der Stiftung für die Alterssicherung älterer Selbständiger hinweisen. Anlage 23 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen A 80 und 81) : Ist der Bundesregierung bekannt, wieviel Anträge auf Gewährung von Geschiedenenwitwenrente nach dem Rentenreformgesetz vom 1. März 1973 auf Grund der erweiterten Voraussetzungen nach § 1265 RVO und § 42 AVG bei den Landesversicherungsanstalten vorliegen und bis Abschluß des Jahres 1973 beschieden worden sind? Sieht sich die Bundesregierung in der Lage, gegebenenfalls einen Bericht über die Erfahrungen bei der Gewährung von Geschiedenenwitwenrente nach dem Rentenreformgesetz vorzulegen? Die Rentenversicherungsträger können — wie eine Rückfrage bei dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ergeben hat — keine Angaben darüber machen, wie viele Anträge auf Grund der Neuregelung für die Geschiedenenwitwenrente, die durch das Rentenreformgesetz eingeführt worden ist, im Jahre 1973 gestellt und beschieden worden sind. Denn diese Anträge sind bisher statistisch nicht gesondertfestgehalten worden. Zu Ihrer zweiten Frage bemerke ich folgendes: Für die Zukunft wäre es grundsätzlich möglich, einen Bericht über die Erfahrungen bei der Gewährung von Geschiedenenwitwenrenten nach dem Rentenreformgesetz vorzulegen. Hierzu müßten die Rentenversicherungsträger allerdings eine Sondererhebung über die Anträge auf Geschiedenenwitwenrente, die auf der Neuregelung des Rentenreformgesetzes beruhen, durchführen und die Ergebnisse dieser Sondererthebung statistisch auswerten. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die Versicherungsträger gegenwärtig — im Zusammenhang mit dem Rentenreformgesetz — einer außergewöhnlichen Arbeitsbdlastung ausgesetzt sind, so daß für die Erstellung eines solchen Berichts in jedem Fall ein größerer Zeitraum anzusetzen wäre. Ich bin aber gerne bereit, die in Ihrer Frage liegende Anregung mit den Versicherungsträgern zu erörtern. Anlage 24 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schäfer (Appenweier) (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen A 82 und 83) : Ist es zutreffend, daß die Bundesregierung beabsichtigt, das Gesetz zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung dergestalt zu novellieren, daß die kostenlosen Vorsorgeuntersuchungen auf Herz- und Kreislauferkrankungen ausgedehnt werden, und bis wann ist gegebenenfalls mit der Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs zu rechnen? Hält die Bundesregierung die gegenwärtigen Altersgrenzen für kostenlose Vorsorgeuntersuchungen unter medizinischen Gesichtspunkten für revisionsbedürftig, und welche Altersgrenzen sieht sie als optimal an? 4952* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Nach § 181 a der Reichsversicherungsordnung können durch Rechtsverordnung über die derzeitige gesetzliche Regelung hinaus weitere Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten vorgesehen werden. Die Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung hat im September 1973 eine Empfehlung zur Weiterentwicklung der Früherkennung von Krankheiten verabschiedet. Diese Empfehlung schlägt als nächsten Schritt die Einführung von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten des Kreislaufsystems vor. Die 'Sachverständigenkommission hält es allerdings für erforderlich, vor der allgemeinen Einführung der vorgeschlagenen Früherkennungsuntersuchungen Modelle zu erproben, die die praktische Durchführbarkeit dieser Untersuchungen als Leistungsangebot für breite Bevölkerungskreise im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung nachweisen. Die Bundesregierung teilt diese Auffassung. Vorbereitungen für solche Modelluntersuchungen, deren Erfahrungen für die Ausdehnung der Früherkennung in diesem Bereich zugrunde gelegt werden sollen, sind eingeleitet. Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken: Mit den bisherigen Altersgrenzen für die Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern und von Krebserkrankungen bei Frauen und Männern sind die Altersgruppen erfaßt, in denen mehr als 99 Prozent der Krankheiten, auf die die Untersuchungen abzielen, erkennbar werden. Wenn die Herz- und Kreislauferkrankungen in die Früherkennungsuntersuchungen der Frauen und Männer einbezogen werden, ist zu prüfen, ob eine Herabsetzung der Altersgrenzen eingeführt werden kann. Anlage 25 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 84) : Von welcher Stelle und ab welchem Zeitpunkt erhält ein Wehrpflichtiger, der nach Beendigung seiner Wehrdienstzeit zu seinem Arbeitsplatz zurückkehrt, Arbeitslosenunterstützung, wenn dieser Betrieb (z. B. Güternahverkehr — wegen einer Frostperiode) seine Arbeitnehmer vorübergehend entlassen hat? Nach Beendigung seines Wehrdienstes erhält ein Wehrpflichtiger wie andere Arbeitnehmer Arbeitslosengeld von dem Tage an, an dem er sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt hat. In diesem Zusammenhang möchte ich allerdings darauf hinweisen, daß ein Wehrpflichtiger während des Wehrdienstes nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Eine ordentliche Kündigung ist durch das Arbeitsplatzschutzgesetz ausdrücklich untersagt. Anlage 26 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 85) : Beabsichtigt die Bundesregierung, in Krisengebieten, in denen Anträge auf Entlassung von Arbeitnehmern bedrohliche Formen annehmen, die dort bisher für Kurzarbeit geltende Frist von einem Jahr zu verlängern? Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung kann, wie am 13. Dezember 1973 auf eine schriftliche Frage des Herrn Abgeordneten Seibert bereits ausgeführt wurde, bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt die Bezugsfrist für das Kurzarbeitergeld auf 12 Monate verlängern. Die Verlängerung kann für das gesamte Bundesgebiet oder für bestimmte Wirtschaftszweige und Bezirke angeordnet werden. In den letzten zwei Jahren hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung von dieser Ermächtigung mehrfach Gebrauch gemacht, wenn die Arbeitsmarktlage dies in einzelnen Arbeitsamtsbezirken notwendig machte. Zuletzt hat er durch Verordnung vom 8. Januar 1974 die Regelbezugsfrist für 6 Arbeitsamtsbezirke verlängert. Er wird auch in Zukunft notwendige Verlängerungen der Bezugsfrist zeitnah und gezielt aussprechen. Anlage 27 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Walkhoff (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage A 96): Welche gesetzlichen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um zukünftig sicherzustellen, daß die Ergebnisse ärztlicher Untersuchungen nicht mehr in den Besitz des Arztes übergehen, sondern den Patienten — gegebenenfalls über die Kassen — für spätere ärztliche Behandlungen zur Verfügung stehen? Die Aufbewahrung und Herausgabe von ärztlichen Aufzeichnungen, Krankenblättern, Röntgenaufnahmen, Sektionsbefunden etc. ist durch die Berufsordnungen der Landesärztekammern geregelt, die von diesen mit Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde erlassen werden. Das Grundgesetz weist dem Bund keine eigenständige Gesetzgebungskompetenz für die Regelung der ärztlichen Berufsausübung zu. Aufgrund des Artikels 74 Nr. 19 GG kann nur die Zulassung zu den ärztlichen und anderen Heilberufen geregelt werden. Regelungen über die ärztliche Berufsausübung könen daher nur im Zusammenhang mit der Regelung solcher Materien getroffen werden, für die eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes besteht. Ob aufgrund des Artikels 74 Nr. 12 GG für den Bereich der Sozialversicherung eine entsprechende Regelung erlassen werden könnte, bedürfte der Prüfung. Die Berufsordnungen der Landesärztekammern verpflichten die Ärzte zur Aufbewahrung von Untersuchungsunterlagen für eine bestimmte Anzahl von Jahren und machen die Herausgabe an Dritte von Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4953* bestimmten Voraussetzungen abhängig; insbesondere muß bei der Übergabe die ärztliche Schweigepflicht gewahrt sein. Diese Regelungen dienen ausschließlich dem Patientenschutz, indem sie u. a. sicherstellen, daß Unterlagen nicht in Verlust geraten und für spätere Behandlungen greifbar sind. Ein Arzt ist, wenn nicht besondere Umstände, insbesondere eine völlige Aufklärung den Gesundungswillen eines Patienten und damit den Behandlungserfolg beeinträchtigen würde, nach geltendem Recht verpflichtet, seinen Patienten auf Verlangen über dessen Krankheit zu unterrichten. Das schließt einen Auskunftsanspruch des Patienten über Untersuchungsergebnisse ein. Eine Verpflichtung des Arztes zur Herausgabe der Untersuchungsbefunde an den Patienten besteht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dagegen nicht, da das Eigentum an diesen Unterlagen dem Arzt zusteht. Die Überlassung von Zweitstücken an den Patienten und die Einblickgewährung ist dem Arzt grundsätzlich nicht verwehrt. Anlage 28 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Schleicher (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen A 97 und 98) : Wie entwickelt sich auf Grund neuester Angaben die Zahl der Erkrankungen an ansteckenden Geschlechtskrankheiten in der Bundesrepublik Deutschland, und welche Ursachen sind für diese Entwicklung maßgebend? In welcher Form hat die dem Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit nachgeordnete Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bei ihrer Propaganda, insbesondere für bestimmte Arten der Empfängnisverhütung, der Zunahme der Geschlechtskrankheiten Rechnung getragen, oder welche Konsequenzen gedenkt sie zu ziehen? Zu Frage A 97: Die Zahl der gemeldeten Geschlechtskrankheiten ist seit der Einführung der generellen Meldepflicht im Jahre 1970 geringfügig gestiegen. Es muß allerdings bezweifelt werden, ob man daraus schon Schlüsse auf die Steigerung ziehen kann. Die Meldepflicht ist seinerzeit gegen erheblichen Widerstand der Ärzte eingeführt worden und es bedarf wohl einiger Zeit, bis sie sich einspielt. Unter den Ursachen sind vor allem der Massentourismus und der teilweise Ersatz des Kondoms durch die Pille zu nennen; aber auch eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber diesen Erkrankungen gerade bei Jugendlichen darf nicht unterschätzt werden. Zu Frage A 98: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat im Zusammenhang mit den Aufklärungsmaßnahmen zur Familienplanung immer auch die Verhütung von Geschlechtskrankheiten angesprochen. So enthält z. B. der „Sexualkunde-Atlas" dazu ein gesondertes Kapitel. In den beiden von der Bundeszentrale betreuten Broschüren des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit ist besonders darauf hingewiesen worden, daß ein Kondom auch ein Verhütungsmittel gegen Geschlechtskrankheiten ist. Bei gezielten Untersuchungen der Bundeszentrale wurde festgestellt, daß es besonderer Aufklärung für .Jugendliche bedarf. Daraufhin wurde eine Schwerpunktmaßnahme vorbereitet. Eine Broschüre mit dem Titel „Kondome schützen Ärzte heilen" befindet sich im Druck. Sie soll in einer Auflage von 700 000 Exemplaren über die Sozialämter der Gemeinden zur Verteilung kommen. Gleichzeitig werden 25 Millionen Streichholzschachteln mit dem Aufdruck „Wer geschlechtskrank ist, muß zum Arzt" im normalen Verkauf ausgegeben. Vorbereitet sind ferner 2 Aufkleber mit einer Auflage von je 1 Million Exemplaren, zum einen für die Innentüren von Einzeltoiletten mit dein Aufdruck „Wer geschlechtskrank ist, muß sofort zum Arzt", zum anderen für die entsprechenden Verkaufsautomaten mit dem Text „Kondome schützen vor Geschlechtskrankheiten". Diese Aktion wird ergänzt durch Bemühungen, eine größere Eigenkritik und -verantwortlichkeit im Intimverhalten bei Jugendlichen wachzurufen. Anlage 29 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schäuble (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen A 99 und 100) : Kann die Bundesregierung die Summe der Mittel nennen, die in der Bundesrepublik Deutschland jährlich für gesundheitspolitische Maßnahmen aufgewendet werden? Sind der Bundesregierung Untersuchungen bekannt, nach denen bei dieser Gesundheitsfürsorge ein wesentlicher Teil eingespart werden könnte, wenn durch eine Intensivierung der Sportförderung gewährleistet wird, daß Gesundheitsschädigungen auf ein vertretbares Maß verringert werden, und in welcher Relation würde die Bundesregierung gegebenenfalls die Mittel ansetzen? Zu Frage A 99: Wenn man unter den Begriff „gesundheitspolitische Maßnahmen" die Leistungen für Vorbeugung, Krankheit, Arbeitsunfall und Invalidität der öffentlichen Hand sowie der konventionellen Sozialeinrichtungen versteht, so ergeben sich folgende Zahlen: für 1971 ca. 61,3 Mrd., für 1972 ca. 70,6 Mrd. und für 1973 ca. 80,9 Mrd. Das entspricht einem Anteil am Bruttosozialprodukt von 8,1 bis 8,7 %. Aufwendungen für Rehabilitation sind in diesen Summen nicht enthalten. Nach Feststellungen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung betrugen die Kosten für die Rehabilitation im Jahre 1971 etwa 5,1 Mrd. DM, davon für medizinische Maßnahmen etwa 4,5 Mrd. DM. 4954* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Diese Zahlen schließen private Formen der Gesundheitsvorsorge und -wiederherstellung nicht ein, die schätzungsweise 10 % dieser Werte betragen. Sie beziehen sich auch nicht auf weitere Tätigkeiten der allgemeinen Staatsverwaltung wie Umweltschutz, Freizeiteinrichtungen, Sport, Erholung, Aufklärung, der Sicherung des Straßen-, Schienen- und Luftverkehrs, die letztlich auch der Erhaltung des Lebens und der Gesundheit der Staatsbürger dienen. Zu Frage A 100: Der Bundesregierung sind derartige Untersuchungen nicht bekannt. Wie Sie aus der Beantwortung der Frage 1 ersehen, sind in den letzten 2 Jahren die Aufwendungen für die Gesundheit erheblich gestiegen, obwohl gerade auch in diesem Zeitraum die Ausgaben für die Sportförderung erhöht worden sind. Der Bundesregierung ist bekannt, daß als Gegengewicht gegen die immer einseitiger werdende und durch Bewegungsarmut gekennzeichnete Arbeitsbelastung dem Sport — und insbesondere dem diese Mängel ausgleichenden Breitensport — eine erhebliche gesundheitspolitische Bedeutung zukommt. Der Breitensport und begleitende wissenschaftliche Forschungsvorhaben wurden daher von der Bundesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit verstärkt gefördert. Ich darf mich insoweit auch auf den Sportbericht der Bundesregierung vom 26. September 1973, Bundestags-Drucksache 7/1040, beziehen Anlage 30 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Eyrich (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 101): Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß die den Arzneimitteln beigegebenen Gebrauchsanweisungen fast immer in einer für den Laien unverständlichen Fachsprache abgefaßt sind und es dadurch dem Verbraucher nicht möglich ist, sich auch selbst darüber zu informieren, ob bei ihm Umstände vorliegen, die die Einnahme des Präparats bedenklich erscheinen lassen, und ist sie bereit, durch gesetzgeberische Maßnahmen mögliche Gefahren für den Verbraucher dadurch zu vermindern, daß den Arzneimittelherstellern aufgegeben wird, die Beschreibung über Anwendungsbereich und Wirkungsweise von Arzneimitteln allgemeinverständlich zu halten? Die Bundesregierung mißt einer umfassenden und verständlichen Information des Verbrauchers über Arzneimittel eine große Bedeutung bei. Im Unterschied zur geltenden Rechtslage ist im § 10 des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts, der auch den Fraktionen des Bundestages zugeleitet wurde, vorgesehen, daß jedem Arzneimittel eine Gebrauchsanleitung beigefügt wird. Die Gebrauchsanleitung muß in Zukunft einen umfassenden Katalog von Angaben enthalten, die in ihrer Gesamtheit sicherstellen sollen, daß das Arzneimittel sachgerecht angewandt wird und der Verbraucher über alle mit der Anwendung verbundenen Risiken insbesondere über Nebenwirkungen und Gegenanzeigen unterrichtet ist. Diese Angaben müssen in deutscher Sprache gemacht wer- den. Dabei ist von besonderer Bedeutung, daß die zuständige Zulassungsbehörde nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 des Referentenentwurfs im Wege der Auflage auf eine verständliche Ausdrucksweise hinwirken kann. Anlage 31 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hammans (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 102) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß seit einiger Zeit von einer (Hamburger) Firma Spraydosen angeboten werden, die einen Milchzusatz zur Zubereitung von Milchmixgetränken enthalten, und wie beurteilt sie — besonders im Hinblick auf die Verwechslungsmöglichkeiten mit unter Umständen lebensgefährlichen, ebenfalls in Spraydosen angebotenen Produkten (z. B. Insektizide, Möbelpolitur) — die von diesen Erzeugnissen eventuell ausgehende Gefahr für Kinder, und was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um solche Gefahren für Kinder abzuwenden? Die Bundesregierung hat durch Presse-Informationen von dem Angebot einer Hamburger Firma erfahren, Lebensmittel in Spraydosen in den Verkehr zu bringen. Spraydosen werden bereits seit längerer Zeit für technische Zwecke im Haushalt verwendet, seit einigen Jahren auch für die Zubereitung oder Abgabe von Lebensmitteln. Eine Verwechslung dieser verschiedenen Spraydosen insbesondere durch Kinder liegt auch bei anderen Verpackungsformen im Bereich der Möglichkeit. Sie dürfte sich kaum vollständig ausschließen lassen. Unabhängig hiervon werde ich aber mit den Herstellern solcher Verpackungen und mit Sachverständigen prüfen, ob bei den verschiedenen Spraydosen entsprechend ihrem Verwendungszweck unterschiedliche Aufmachungen in der äußeren Form oder technische Sicherheitsvorrichtungen anzubringen sind, damit eine Verwechslungsgefahr verringert wird. Anlage 32 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kroll-Schlüter (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 103) : Ich frage die Bundesregierung, ob und wann — entsprechend ihren Ankündigungen in den Jahresberichten 1971 und 1972 — eine Gesetzesreform zum Jugendschutz dem Bundestag zur Beratung und Verabschiedung vorgelegt wird? Die in den Jahresberichten angesprochene kleine Reform des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften ist mit ,der Verabschiedung des Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts zum Abschluß gekommen. Die angekündigte Dokumentation und Auswertung der vorliegenden Forschungsergebnisse und wissenschaftlichen Arbeiten über Medienwirkungen ist soeben vom Deutschen Jugendinstitut fertiggestellt worden und wird in Kürze veröffentlicht werden. Zur Zeit wird aufgrund der jetzt vorliegenden Dokumentation geprüft, wel- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4955$ che weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen für die Vorbereitung einer umfassenden Gesetzesreform erforderlich sein werden. Frau Bundesminister Dr. Focke hat für die im Bereich des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit in dieser Legislaturperiode anstehenden jugendpolitischen Fragen aufgrund der Dringlichkeit und der verfügbaren Arbeitskapazität des Ministeriums über die Prioritätenfolge neu entschieden und Weisung erteilt, daß in diesem Bereich die Arbeit an der Reform des Jugendhilferechts Vorrang erhält und zum Abschluß gebracht werden soll, bevor über die Vorlage eines Entwurfs zur Neufassung des Gesetzes zum Schutze der Jugend in ,der Öffentlichkeit entschieden wird. Eine inhaltliche Zusammenfassung des Jugendschutzgesetzes mit dem Jugendhilferecht ist nicht möglich. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Geisenhofer (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 104) : Welche Heizungsanlagen mit welchen Brennstoffen werden künftig in dem öffentlich geförderten Wohnungsbau, insbesondere in Bundeswohnungen, eingebaut? Im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau sind nach den geltenden wohnungsbaurechtlichen Vorschriften alle technisch möglichen Arten der Beheizung grundsätzlich zugelassen. Demgemäß sind auch in den Wohnungsbauförderungsbestimmungen der Länder die verschiedenen Beheizungsmöglichkeiten als gleichberechtigt anerkannt, sofern hierbei bestimmte technische und finanzielle Voraussetzungen erfüllt werden. Die insbesondere angesprochenen Bundeswohnungen sind im Rahmen der Wohnungsfürsorge des Bundes darlehensgeförderte Wohnungen, die nach den für diese Wohnungen erlassenen baufachlichen Bestimmungen grundsätzlich mit Zentralheizungen ausgestattet werden. Die Wahl der Brennstoffe wie Strom, Gas, Ö1 oder feste Brennstoffe richtet sich nach der zu prüfenden Wirtschaftlichkeit unter gleichzeitiger Berücksichtigung der wirtschaftlichsten Anlage-, Betriebs- und Instandhaltungskosten sowie des Einflusses auf die Umweltverschmutzung. Bei fast allen Heizungsanlagen mit festen oder flüssigen Brennstoffen ist eine Umstellung auf einen dieser Brennstoffe möglich. Außerdem wird in diesen Wohnungen für den Krisenfall ein Notkamin für den Anschluß eines Einzelofens vorgesehen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack vorn 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Müller (Mülheim) (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen A 105 und 106) : Teilt die Bundesregierung die in Verwaltungsgerichtsurteilen zum Ausdruck gekommene Rechtsauffassung, daß der Text des § 146 des Bundesbaugesetzes vorn 23, Juni 1960 ausdrücklich die Fischerei nicht zur Landwirtschaft zählt, obwohl die Fischerei und Fischzucht im Bewertungsgesetz, dem Einkommensteuergesetz, dem Umsatzsteuergesetz, dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung und dem Grundstücksverkehrsgesetz eindeutig zur Landwirtschaft zählen? Hält es die Bundesregierung für angebracht, um Zweifel grundsätzlich auszuräumen, den § 146 des Bundesbaugesetzes durch Einfügung der Worte „Fischerei und Fischzucht" zu ergänzen? Die Frage, ob die Fischerei und Fischzucht zur Landwirtschaft im Sinne des § 146 des Bundesbaugesetzes zählt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom Mai 1969 (BVerwGE 34, 1) verneint. In dieser Entscheidung wird dargelegt, daß es nicht darauf ankommt, daß die Fischzucht bzw. die Fischerei in Binnengewässern in anderen Zusammenhängen zur Landwirtschaft gerechnet wird. Das Bundesbaugesetz enthalte in § 146 eine selbständige Bestimmung des Begriffs der Landwirtschaft. Die in dieser Vorschrift enthaltene Aufzählung sei zwar nicht erschöpfend. Dennoch lasse sich die Fischzucht der Begriffsbestimmung in § 146 BBauG nicht zuordnen, da Landwirtschaft im Sinne dieser Regelung eine „unmittelbare Bodenertragsnutzung" voraussetze. Dies sei bei der Fischzucht nicht der Fall. Es ist jedoch beabsichtigt, bei der Novellierung des Achten Teiles des Bundesbaugesetzes ausdrücklich vorzuschreiben, daß die Fischerei zur Landwirtschaft gehört. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 23. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 107) : Kann die Bundesregierung bestätigen, daß mit der Verpflichtung von Bürgern der DDR zu Geheimnisträgern für sie selbst, ihre Frauen und ihre erwachsenen Kinder Verbote verbunden sind wie Flüge über dem kapitalistischen Ausland, Benutzung von Interzonenzügen in der DDR, Brief-, Telefon- und sonstige Kontakte auch über Dritte mit dem kapitalistischen Ausland, Einladungen an Verwandte und Freunde aus denn kapitalistischen Ausland, Lektüre von Literatur aus dem kapitalistischen Ausland, Empfang und Versendung von Paketen aus dem und in das kapitalistische Ausland, und welche Entwicklungen zeichnen sich ab, diese Situation zu verändern? Seit dem Inkrafttreten des Verkehrsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR am 17. Oktober 1972 ist der Reiseverkehr zwischen den beiden deutschen Staaten erheblich gestiegen, was naturgemäß verstärkte Kontakte zwischen den Menschen hier und drüben zur Folge hatte. Neben dieser erfreulichen Entwicklung steht die Tatsache, daß die Regierung der DDR durch administrative Maßnahmen den Umfang dieser Verbindungen zwischen den Bürgern beider Staaten beschränkt. In diesem Zusammenhang gehört auch das von Ihnen angeschnittene Problem, daß den sogenannten Geheimnisträgern der DDR nahegelegt wird, mög- 4956* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 lichst keine Kontakte zur Bundesrepublik Deutschland zu unterhalten. Auf diesen Widerspruch hat die Bundesregierung wiederholt in den Fragestunden des Deutschen Bundestages und in Berichten vor dem Bundestagsausschuß für innerdeutsche Beziehungen hingewiesen. Die in der Frage aufgeführten Punkte mögen für zahlreiche Fälle zutreffen, jedoch sehe ich mich außerstande, über das früher bereits Gesagte und soeben Wiederholte hinaus zu bestätigen, daß alle in der Frage aufgeführten Punkte generell zutreffen. Mir liegen insbesondere keine Informationen darüber vor, daß über die allgemeinen Reisebeschränkungen für die sog. Geheimnisträger hinaus noch spezielle Verbote für das Überfliegen des sogenannten kapitalistischen Auslandes oder für die Benutzung der Interzonenzüge innerhalb der DDR bestehen. Im übrigen wiederhole ich das bereits früher Ausgeführte, daß nämlich die Bundesregierung um eine weitere Verbesserung der Kommunikation zwischen den Menschen beider deutscher Staaten bemüht ist. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vorn 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Böhm (Melsungen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen A 108 und 109) : Wann und bei welcher Gelegenheit hat die Bundesregierung versucht, die Entscheidung der DDR, die Zwangsumtauschquote für Zonenbesucher zu verdoppeln, rückgängig zu machen? Welche Antworten haben die zuständigen Ostberliner Behörden den Vorstellungen und Hinweisen der Bundesregierung erteilt, die zwangsweise eingeführte Verdoppelung der Geldumtauschsumme zurückzunehmen? Zu Frage A 108: Die Anordnung der DDR vom 5. November 1973 über die Erhöhung des Mindestumtausches für Besucher der DDR ist von der Bundesregierung wiederholt zum Gegenstand von Gesprächen mit der DDR gemacht worden. Zu Frage A 109: Die DDR hat es bisher abgelehnt, die Erhöhung des Mindestumtausches für Besucher der DDR zu revidieren. Dennoch wird die Bundesregierung weiterhin bemüht bleiben, die DDR zu einer Änderung ihrer Haltung zu bewegen. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Czaja (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 110) : Bedeutet die Tatsache, daß die Bundesregierung „sowohl während der Verhandlungen (über den Grundvertrag) wie im Gesetzgebungsverfahren nie einen Zweifel daran gelassen hat, daß der Grundlagenvertrag die verfassungsrechtliche Rechtsposition der Bundesrepublik Deutschland unberührt läßt" (Fragestunde 13. Dezember 1973), und die Tatsache, daß die in B VI 3 des Grundvertragsurteils vom Bundesverfassungsgericht angeführten Umstände geeignet sind, auch dem Vertragspartner gegenüber die nach dein Grundgesetz erforderliche Auslegung des Grundvertrags zu geben, auch, daß die DDR nach dem Völkerrecht nur solche Ansprüche aus dein Grundvertrag herzuleiten vermag, die mit dem Grundgesetz und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 1973 in Einklang stehen? Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in Teil B VI 3 des Urteils über den Grundlagenvertrag stellen fest, daß die DDR keinen aus dem Grundlagenvertrag ableitbaren Anspruch auf Veränderung der Haltung der Bundesrepublik Deutschland in grundsätzlichen Fragen hat. Für die DDR ergibt sich aber weder aus dem Grundlagenvertrag noch aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland eine Pflicht, aus dem Grundlagenvertrag nur solche Ansprüche herzuleiten, die mit dem Grundgesetz und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 1973 in Einklang stehen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Ausführungen meines Kollegen Bayerl vom 13. Dezember 1973 (abgedruckt im BT-Protokoll Nr. 71, Anlage 4). Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Fiebig (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen A 111 und 112): Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, das VEW-Kraftwerk Uentrop-Schmehausen, das bis zum Jahr 1976 mit einem Thorium-Hochtemperatur-Atomreaktor bestückt sein wird, im Rahmen des Energieforschungsprogramms oder mit anderen Bundesmitteln zu einer Anlage zu erweitern, die nicht nur Kohle in Strom umwandelt, sondern auch in Gas, und damit einen entscheidenden Beitrag zur Lösung der Energieprobleme zu leisten? Wäre nicht gerade der Raum Hamm, der in jüngster Zeit durch die Ankündigung von zwei Zechenstillegungen der Ruhrkohle AG betroffen wurde, ein geeigneter Standort für ein derartiges Projekt? Zu Frage A 111: Bei Schmehausen wird zur Zeit der Thorium-Hochtemperatur-Reaktor THTR 300 errichtet. Dieser Reaktor ist als Zweikreisanlage konzipiert, d. h. die Wärme aus dem Kern des Reaktors wird mit Helium abgeführt (Primärkreis) und vom Helium auf einen Wasser-Dampf-Kreislauf (Sekundärkreis) übertragen. Der Wärmeaustausch geschieht in sogenannten Dampferzeugern. Der THTR 300 ist mit einem integrierten Spannbetonbehälter versehen. Der gesamte Primärkreis und die Dampferzeuger sind in diesem Spannbetonbehälter vereinigt. Vom Anlagenkonzept her ist es daher ausgeschlossen, diese Anlage zur Vergasung von Kohle einzusetzen. Zu Frage A 112: Der Standort für eine Verbundanlage zur Erzeugung von Gas aus Kohle muß unter vielfältigen Gesichtspunkten gewählt werden, z. B. — Besiedlungsdichte in der näheren und weiteren Umgebung — Konditionen des Groß- und Kleinklimas — Verkehrsstruktur — Nähe zu Zechen, die für die Vergasung geeignete Kohlen fördern — Nähe zu einem größeren Fließgewässer Die Wahl eines Standortes muß neben den rein wirtschaftlichen Aspekten auch den Forderungen und Zielen des Umweltschutzes gerecht werden. Alle genannten Gesichtspunkte erfordern eine sorgfältige Prüfung auf seiten der Wirtschaft und vor allem auch durch die Genehmigungsbehörden des Staates. Die Entscheidung für einen Standort kommt so in der Regel nur durch einen langwierigen Prozeß zwischen beiden Partnern (Wirtschaft und Staat) zustande. Standorte oder Regionen für die Errichtung einer Demonstrationsanlage können erst nach der Festlegung ihrer technischen Konzeption ausgewählt werden. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 113) : Ist die Bundesregierung bereit, für ein gemeinsames Programm der EWG zur Verflüssigung und Vergasung der Kohle einzutreten? Die Bundesregierung hat am 9. 1. 1974 das Rahmenprogramm Energieforschung verabschiedet. In diesem Programm erklärt die Bundesregierung, daß sie anstrebt, geeignete Projekte des Energieforschungsprogramms in internationaler Zusammenarbeit zu verwirklichen. Hierbei ist zunächst an die Zusammenarbeit im europäischen Rahmen zu denken. Das Rahmenprogramm Energieforschung wird der Europäischen Kommission vorgelegt, um eine Koordinierung der nationalen Anstrengungen auf dem Gebiet der Energieforschung in dem durch Ratsbeschluß vom 14. 1. 1974 eingesetzten Ausschuß für wissenschaftliche und technische Forschung in die Wege zu leiten. Die Bundesregierung unterstützt damit zugleich die Bemühungen der Kommission, ein Energieforschungsprogramm der Gemeinschaft zu erarbeiten. Sie hält die Erstellung eines solchen Programms für nützlich. Darüber hinaus strebt die Bundesregierung eine internationale Zusammenarbeit insbesondere mit den USA an. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 24. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Dollinger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 114): Welche Energieforschungsvorhaben hätten sich mit dem für die Erhöhung des Bundesanteils an der GBAG erforderlichen Betrag von 640 Millionen DM finanzieren lassen? Ihre Frage geht, wie der Bundesminister der Finanzen schon beantwortet hat, von falschen Voraussetzungen aus. Für den Aufbau eines von allen Fraktionen gebilligten nationalen Energiekonzerns war der Erwerb des Aktienpakets an der Gelsenkirchner Bergwerks AG erforderlich, den die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke mit 48,3 % hielten. Dieses Paket kostete 640 Mio. DM. Die Aufstockung um weitere 3 % kostete lediglich 29,5 Mio. Welche Relation dieser kleine Betrag zu den insgesamt 7 Mrd. hat, die in den nächsten Jahren von uns für Energieforschung aufgewandt werden, mögen Sie, werter Kollege, selbst beurteilen. Vielleicht darf ich Sie noch darauf aufmerksam machen, daß Sie sich mit der Tendenz Ihrer Frage in Widerspruch zu der Zustimmung Ihrer Fraktion zum Aufbau eines nationalen Energiekonzerns befinden, die Ihr Kollege Russe am 17. 1. 1974 in der Energiedebatte erneut bekräftigt hat. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen A 115 und 116) : Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über die zukünftige Förderung der Anwendung der Datenverarbeitung in der gewerblichen Wirtschaft auf Grund der Erfahrungen der staatlichen Förderungsmaßnahmen der letzten Jahre? Beabsichtigt das Bundesministerium für Forschung und Technologie, sämtliche Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und wie erfolgt die Ausschreibung der Gutachten? Zu Frage A 115: Die Bundesregierung fördert seit Mitte 1970 die Entwicklung von standardisierten Softwarepaketen für die Anwendung in der gewerblichen Wirtschaft. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen werden z. Z. Überlegungen für eine Fortschreibung dieser Maßnahmen angestellt. Hierbei stehen folgende Punkte im Vordergrund: — Berücksichtigung von neuen Entwicklungen sowohl bei den DV-Anwendungen als auch bei der Herstellung von Software — Entwicklung von standardisierter Software für die Benutzer von Anlagen der mittleren Datentechnik. Auch in Zukunft soll durch modularen Aufbau der entwickelten Softwarepakete sowie durch Verwendung von standardisierten Programmiersprachen eine breite Anwendbarkeit der geförderten Programme sichergestellt werden. 4958* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Zu Frage A 116: Der Bundesminister für Forschung und Technologie macht seit Herbst 1972 öffentlich bekannt, welche Gutachten vergeben worden sind. Das geschieht im Rahmen der jährlichen Förderungskataloge, künftig auch in vierteljährlichen Schnellinformationen. Die Gutachten werden bei Bedarf veröffentlicht. Es ist nicht beabsichtigt, das zu ändern. Einer Veröffentlichung aller Gutachten stehen vier Gründe entgegen: 1. viele Gutachten haben fachwissenschaftlichen und fachtechnischen Inhalt und interessieren die Offentlichkeit nur begrenzt 2. die Gutachten enthalten teilweise vertrauliches Material und ihre Veröffentlichung könnte schutzwürdige Interessen (zum Beispiel bestimmter Unternehmen) verletzen 3. ein Teil der Gutachten betrifft kurzfristig zu entscheidende Fragen und wäre schon bei der Veröffentlichung überholt 4. die Kosten der Veröffentlichung sind nicht unerheblich und die für diesen Zweck verfügbaren Haushaltsmittel sind begrenzt. Die Gutachten werden in der Regel nicht oder nur beschränkt ausgeschrieben, weil von vornherein nur ein begrenzter Kreis von Sachverständigen in Betracht kommt und eine öffentliche Ausschreibung unnötigen Aufwand verursachen würde. Die maßgeblichen Bestimmungen — § 55 der Bundeshaushaltsordnung in Verbindung mit den Vergabevorschriften — werden in jedem Falle beachtet. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 24. Januar 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Braun (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen A 117 und 118): Wird der Postreisedienst endgültig zum 1. Juli 1974 von der Deutschen Bundesbahn übernommen? Ist sichergestellt, daß besonders in ländlichen Räumen die vom Postreisedienst betriebenen Strecken in vollem Umfang — auch die unrentablen Strecken — von der Deutschen Bundesbahn weiterbetrieben werden? Ein Termin für die von einem besonderen Ministerausschuß vorgeschlagene und vom Kabinett zustimmend zur Kenntnis genommene Überleitung des Postreisedienstes auf die Deutsche Bundesbahn steht noch nicht fest. Er wird unter Beachtung der Rechtsnormen des Postverwaltungsgesetzes, wonach der Postverwaltungsrat über die Abgabe eines Dienstzweiges zu beschließen hat und unter Anwendung der Regelungen des Personalvertretungsgesetzes und der Rationalisierungsschutzabkommen weitgehend abhängig sein von den Überleitungsmodalitäten, die in einer gemeinsamen Kommission aus Mitgliedern des Bundesministeriums für Verkehr und des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen zu erarbeiten sind. Nachweisbare Verkehrsbedürfnisse müssen von der Deutschen Bundesbahn genauso bedient werden wie von der Deutschen Bundespost. Hierauf werden auch die Genehmigungsbehörden, die für einen reibungslosen Verkehr verantwortlich sind, achten. Zu ersatzlosen Einstellungen von notwendigen Verkehrsverbindungen wird es nicht kommen. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander vom 25. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hornhues (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 119): Trifft es zu, daß die volle Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für Internatsschüler verweigert wird, wenn in erreichbarer Nähe eine Schule sich befindet, die zum gleichen Bildungsahschluß (z. B. Abitur) führt, und gedenkt die Bundesregierung, hier eine Änderung herbeizuführen? Nach der eindeutigen Regelung in § 12 Abs. 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz wird der erhöhte Bedarfssatz für eine Unterbringung außerhalb der elterlichen Wohnung, also auch für eine Internatsunterbringung, nur geleistet, wenn von dieser Wohnung aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht in einer angemessenen Zeit erreichbar ist. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, insoweit eine Gesetzesnovellierung vorzuschlagen. Ausbildungsförderung wird nämlich geleistet, um jedem Auszubildenden die seiner Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung zu ermöglichen. Die Bundesregierung sieht keinen Grund, im Rahmen der Ausbildungsförderung Leistungen für Aufwendungen vorzusehen, die nicht zwingend zur Erreichung dieses Zieles erbracht werden müssen. Dies aber wäre bei den erheblichen Kosten einer Internatsunterbringung dann der Fall, wenn der Schüler das angestrebte Bildungs- und Erziehungsziel auch durch einen Schulbesuch vom Elternhaus aus erreichen kann. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander vorn 23. Januar 1974 auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 120) : Wird die Bundesregierung angesichts der großen Knappheit an Studienplätzen in den sogenannten Numerus-clausus-Fächern auf die Partner des Staatsvertrags über die Studienzulassung einwirken, damit die in dem Staatsvertrag vorgesehene Zulassungsquote für Ausländer von bis zu höchstens 8 % vermindert wird bzw. wenigstens nicht in jedem Fall schematisch voll ausgeschöpft wird? Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4959' Die Bundesregierung hat sich bereits am 12. Dezember 1973 zu der Frage des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, wie sie die Herabsetzung der Quote von 8 % für ausländische Studienbewerber im Fach Medizin beurteile, zu dem Problem der generellen Herabsetzung der Ausländerquote geäußert. Die Bundesregierung hält aus den dort genannten Gründen weiterhin an ihrer Haltung fest. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander vom 25. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schwencke (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage A 121): Wird sich die Bundesregierung an der Schaffung des Europäischen Interuniversitären Instituts einer „Tele-Universität" beteiligen, und wie gedenkt die Bundesregierung dieses europäische Institut mit seinem Bildungsangebot in das deutsche Bildungssystem einzuordnen? Der Bundesregierung ist die Gründung eines Instituts unter dem Namen „Europäisches Interuniversitäres Institut einer Teleuniversität" nicht bekannt. Ich gehe jedoch davon aus, daß Sie in Ihrer Frage die Planung zur Errichtung eines Europäischen Instituts zur Förderung des Fernstudiums angesprochen haben. Die Bundesregierung hat die Absicht, sich an der Planung dieses Projekts zu beteiligen und einen Beitrag zu dessen Verwirklichung zu leisten. Zur Zeit werden Überlegungen angestellt, ob der Standort dieses Instituts in der Bundesrepublik Deutschland sein sollte. Das Problem der Einordnung des Bildungsangebots des geplanten Europäischen Instituts in das deutsche Bildungssystem wird sich nach Auffassung der Bundesregierung in dieser Form nicht stellen, da das Institut nicht selbst Lehreinheiten entwickeln soll, sondern vielmehr die rechtzeitige Kontaktaufnahme und Absprache über laufende Planungs- und Entwicklungsarbeiten sowie eine planmäßige Kooperation der europäischen Länder bei überregional wichtigen Projekten sicherstellen soll. Anlage 46 Antwort des Par]. Staatssekretärs Zander vorn 23. Januar 1974 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage A 122): Inwieweit ist die Bundesregierung bereit und in der Lage, bei den von ihr gewährten Zuschüssen für Schulversuche in den Ländern zu überprüfen, ob die Anschaffung von Einrichtungen sinnvoll war und zu den günstigsten Preisen vorgenommen wurde? Bundeszuwendungen an die Länder für Modellversuche im Schulbereich unterliegen den Bestimmungen der Bundeshaushaltsordnung in Verbindung mit den Vorläufigen Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung. Insbesondere gelten für die Verwendung der Zuwendungen die Allgemeinen Bewirtschaftungsgrundsätze — Gebietskörperschaften —, die Anlage zu den Vorläufigen Verwaltungsvorschriften Nr. 18.2 zu § 44 Bundeshaushaltsordnung sind. Danach muß der Zuwendungsempfänger beim Abschluß von Verträgen über Lieferungen und Leistungen zur Erfüllung des Zuwendungszweckes die verschiedenen Verdingungsordnungen und Richtlinien beachten. Dazu wird in Verwendungsnachweisen über die Durchführung, den erzielten Erfolg und seine Auswirkungen, auch im Blick auf die getätigten Anschaffungen berichtet. Die Prüfung der Verwendungsnachweise obliegt dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, dem - soweit die Zuwendungsempfänger über eine eigene Prüfungseinrichtung verfügen —vorab geprüfte Verwendungsnachweise vorgelegt werden. Bei Ländern als Zuwendungsempfängern erfolgt die Prüfung unmittelbar durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft. Im übrigen kann der Bundesrechnungshof unmittelbar beim Zuwendungsempfänger prüfen. Nach allem kann ich Ihnen versichern, daß die Bundesregierung trotz gewisser Anlaufschwierigkeiten und trotz eines Personalengpasses im neu aufgebauten Bildungsbereich bei den von ihr gewährten Zuwendungen für Schulversuche in den Ländern prüft, ob die Anschaffung von Einrichtungen sinnvoll war und zu den günstigsten Preisen vorgenommen wurde. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ravens vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Marx (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 1 und 2) : Wie und gegebenenfalls in welcher Weise hat Sonderminister Bahr seine Ausführungen gegenüber dem Vertreter der DDR „die Bundesregierungen werde sich voll an Text und Inhalt der geschlossenen Verträge und der dazugehörigen Texte halten" (Staatssekretär Grabert, 64. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 8. November 1973) mit dem Hinweis bekräftigt, daß für das Verfassungsorgan Bundesregierung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit all seinen Begründungen vom 31. Juli 1973 verpflichtend ist? Was bedeutet konkret die Mitteilung, daß Sonderminister Bahr beauftragt sei, im Rahmen des Bundeskabinetts die „Kooperation mit den sozialistischen Landern" zu gewährleisten, und welche Kompetenzen hat er, um dieser Aufgabe gerecht zu werden, vom Auswärtigen Amt, dem Wirtschafts- und dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit übernommen? Zu Frage B 1: Bundesminister Bahr hat bei ,der von Ihnen erwähnten Erklärung gegenüber dem Vertreter der DDR deutlich gemacht, daß sich die Bundesregierung auch bisher in den Verhandlungen, die zu den verschiedenen Abkommen, insbesondere zu dem Ver- 4960* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 trag über die Grundlagen der Beziehungen geführt haben, an die vom Grundgesetz gesetzten Auflagen gehalten hat. Dies hat das Bundesverfassungsgericht auch bestätigt. Zu Frage B 2: Der Bundesminister für besondere Aufgaben beim Bundeskanzler unterstützt den Bundeskanzler in Fragen der Außen-, Verteidigungs- und Deutschlandpolitik. In diesem Rahmen widmet er sich besonders den Fragen der Kooperation mit den osteuropäischen Staatshandelsländern. Dies bedeutet, daß sich Herr Bundesminister Bahr vor allem mit der weiteren Entwicklung der Kooperation zwischen Staaten unterschiedlicher Wirtschaftsordnungen und ihren Unternehmen zum beiderseitigen Vorteil befaßt. Kompetenzen anderer Bundesminister hat Herr Bundesminister Bahr in diesem Zusammenhang nicht übernommen. Im übrigen verweise ich auf meine schriftliche Antwort an den Kollegen K. H. Lemmrich vom 19. November 1973 sowie auf meine Ausführungen in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 13. Dezember 1973. Anlage 48 Antwort des Staatssekretär von Wechmar vom 24. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) Drucksache 7/1555 Frage B 3) : Welche Mittel wurden in den letzten drei Monaten des Jahres 1973 seitens der Bundesregierung und des Bundespresse- und Informationsamts für Anzeigen in den deutschen Tageszeitungen ausgegeben? Die Kosten für die in den letzten drei Monaten des Jahres 1973 von den Ressorts und dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung veröffentlichten Anzeigen in deutschen Tageszeitungen betragen insgesamt rd. 2,9 Millionen DM. Die Endabrechnungen liegen noch nicht vor. In diesem Betrag sind auch die Mittel für Anzeigen in der Boulevard-Presse berücksichtigt. Bis auf die Kosten in Höhe von 57 000,00 DM für eine Anzeige des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Thema Wohngeld werden die Anzeigen aus Kapitel 04 03 Titel 531 03 — Öffentlichkeitsarbeit Inland — finanziert. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 22. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dürr (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen B 4 und 5) : Durch welche Maßnahmen ist eine bestmögliche Verbreitung der deutschen Interessen bei der Dritten Seerechtskonferenz über die Nutzung des Meeres und des Meeresbodens, die im Frühjahr 1974 in Caracas (Venezuela) stattfinden soll, sichergestellt? Ist dafür eine Arbeitsgruppe, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis, gebildet worden, und ist beabsichtigt, für die Konferenz einen Sonderbotschafter zu ernennen, wie das die britische Regierung bereits 1972 getan hat? Die 3. VN-Seerechtskonferenz wird in der Zeit vom 20. 6. bis 29. 8. 1974 in Caracas/Venezuela stattfinden. Zu dieser Konferenz wird die Bundesrepublik Deutschland eine Delegation entsenden, der Vertreter aller beteiligter Ressorts Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Bundesministerium für Forschung und Technologie, Bundesministerium des Innern, Bundesministerium der Justiz, Bundesministerium der Verteidigung, Bundesministerium für Wirtschaft, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Bundesministerium für Verkehr, Abteilung Seeverkehr, Hamburg und gegebenenfalls der meereswirtschaftlich interessierten Fachverbände angehören werden. Das federführende Auswärtige Amt hat Anfang November 1973 zum Leiter der Delegation Botschafter Knoke, früher Brasilia, bestimmt. Dieser hatte bereits im Sommer 1973 als inoffizieller Beobachter der Bundesrepublik Deutschland an der Sitzung des VNMeeresboden-Ausschusses teilgenommen; eine offizielle Teilnahme war vor dem Beitritt der Bundesrepublik zu den Vereinten Nationen ausgeschlossen. Zur Vorbereitung der Konferenz steht das Auswärtige Amt — Seerechtsdelegation — mit Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis in Verbindung. Der Leiter der Seerechtsdelegation lädt Vertreter der mitbeteiligten Bundesministerien in regelmäßigen Zeitabständen zu Ressortbesprechungen ein, auf denen die deutsche Haltung zu Einzelfragen abgestimmt, festgelegt und formuliert wird. Soweit die Zuständigkeit der EG berührt wird (hauptsächlich in Fragen der Hochseefischerei) findet ein intensiver und konstruktiver Gedankenaustausch mit unseren EG-Partnern und der EG-Kommission in Brüssel statt. Andere Fragen — darunter die der Konferenzstrategie — werden mit unseren EG-Partnern im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) erörtert. Der Ausschuß für Internationale Angelegenheiten (AIA) des KoordinierungsAusschusses Meeresforschung/Meerestechnik (KMN) stellt über den Bundesminister für Forschung und Technologie die Verbindung her zwischen den Küstenländern, den betroffenen Forschungseinrichtungen und der Seerechtsdelegation. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 24. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schlaga (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen B 6 und 7): Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4961* Wie viele der Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse bei Kreiswehrersatzämtern sind pensionierte Richter, Staatsanwälte oder Personen, vergleichbarer Vorbildung im Pensionsalter, und wie viele der Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse sind jüngere Beamte? Wie viele der erstgenannten Personengruppe der Vorsitzenden von Prüfungsausschüssen haben Funktionen innerhalb der Gerichtsbarkeit der ehemaligen deutschen Wehrmacht bekleidet? 1. Als Vorsitzende von Prüfungsausschüssen bei den Kreiswehrersatzämtern und von Prüfungskammern (Widerspruchsinstanz) bei den Wehrbereichsverwaltungen werden z. Z. insgesamt 76 pensionierte Richter, Staatsanwälte oder Personen mit vergleichbarer Vorbildung im Pensionsalter beschäftigt. Dem stehen 186 aktive Beamte und Angestellte als Vorsitzende gegenüber; deren Durchschnittsalter beträgt 43 Jahre. 2. Von der erstgenannten Personengruppe haben, soweit feststellbar, sieben Vorsitzende Funktionen innerhalb der Gerichtsbarkeit der ehemaligen Deutschen Wehrmacht bekleidet. Zwei hiervon sind Vorsitzende von Prüfungskammern; sie waren zuletzt Angehörige der Bundeswehrverwaltung bzw. des Ministeriums. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 22. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7 1555 Frage B 8) : Kann die Bundesregierung Pressemeldungen bestätigen, die polnische Militärmission in West-Berlin habe in jüngster Zeit Einreisevisen für Personen abgelehnt, in deren Personalausweis ihr Geburtsort in den deutschen Ostgebieten mit dem deutschen Ortsnamen eingetragen ist, und was hat die Bundesregierung dagegen unternommen, ist sie insbesondere der polnischen Behauptung entgegengetreten, Polen verfahre in Übereinstimmung mit den Vereinbarungen, die im Rahmen der deutschpolnischen Konsultationsgespräche in den letzten Jahren mündlich getroffen worden seien? Das Auswärtige Amt hat davon Kenntnis erhalten, daß sich in letzter Zeit in einigen Fällen Schwierigkeiten ergeben haben, obwohl die eingereichten Dokumente entsprechend der deutsch-polnischen Absprache ausgestellt waren. Das Auswärtige Amt hat die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Warschau angewiesen, diese Fälle im polnischen Außenministerium zur Sprache zu bringen. Zu den in der Presse berichteten Äußerungen des Leiters der polnischen Militärmission ist festzustellen, daß sich das polnische Außenministerium bisher durchgehend korrekt an die deutsch-polnische Absprache aus dem Jahre 1970 gehalten hat. Diese regelt die Frage der Geburtsortsbezeichnung bei Visumsanträgen von denjenigen Personen, die in den ehemaligen deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Grenze geboren sind. Danach wird bei Geburt vor Kriegsende nur die deutsche, bei Geburt nach Kriegsende die polnische und dahinter in Klammern die deutsche Geburtsortsbezeichnung eingetragen. Davon abweichende Vereinbarungen existieren nicht. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 22. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Müller (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 9) : Ist die Bundesregierung bereit nachzuforschen und darüber Auskunft zu geben, welche chilenischen Flüchtlinge erst kurze Zeit über die chilenische Staatsbürgerschaft verfügen? Es liegen hier nur Angaben über diejenigen Flüchtlinge aus Chile vor, die zwecks Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland sich bei der Deutschen Botschaft in Santiago de Chile registrieren ließen. In den bis zum 15. 1. 1974 eingegangenen Listen der Botschaft sind 667 Namen verzeichnet. Davon besitzen 459 Personen die chilenische Staatsangehörigkeit. 458 Personen haben sie durch die Geburt erworben, eine Person ist 1960 naturalisiert worden. Unter den Flüchtlingen, die in die Bundesrepublik ausreisen wollen, befindet sich daher keine Person, die erst kurze Zeit über die chilenische Staatsangehörigkeit verfügt. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 22. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Holtz (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 10) : Wann und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gedenkt die Bundesregierung die 1963 mit Kuba abgebrochenen diplomatischen Beziehungen wieder aufzunehmen? Die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Kuba ist ein Thema, das im Auswärtigen Amt sehr sorgfältig geprüft wird. Die Wiederaufnahme steht im Zusammenhang mit einer Reihe von Problemen sowohl bilateraler Natur (humanitäre Fragen, Fragen der Regelung von Handelsschulden) als auch multilateraler Natur (Verhältnis Kubas zu den Staaten Lateinamerikas und zu den USA). Im gegenwärtigen Zeitpunkt lassen sich genaue Voraussagen über den Zeitpunkt und Modus der Wiederaufnahme der Beziehungen noch nicht machen. Anlage 54 Antwort des Bundesministers Genscher vom 24. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Büchner (Speyer) (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage B 11) : Hat die Bundesregierung die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet, um die Errichtung einer Ausbildungsstätte für Mitarbeiter der Sportorganisationen in Berlin zu ermöglichen? 4962* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Wie ich Ihnen am 19. Juni 1973 auf Ihre Mündliche Frage bereits mitgeteilt habe, steht die Bundesregierung der Errichtung einer Führungs- und Verwaltungsschule des Sports aufgeschlossen gegenüber. Das Bundesinnenministerium hat deshalb zwischenzeitlich eine Reihe von Gesprächen in dieser Angelegenheit geführt und darauf hingewirkt, daß offene Fragen geklärt werden und der Sport ein Ausbildungsprogramm für Mitarbeiter der Sportorganisationen erarbeitet. Die Bundesregierung wird sich im Rahmen der Beratungen des Haushalts 1975 bemühen, die erforderlichen Mittel zur Mitfinanzierung der Investitionskosten der Ausbildungsstätte zur Verfügung zu stellen. Anlage 55 Antwort des Bundesministers Genscher vom 24. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Brandt (Grolsheim) (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen 12 und 13) : Bis wann beabsichtigt die Bundesregierung, die gemäß Artikel 29 Abs. 3 GG auf Grund der erfolgreichen Volksbegehren erforderlichen Volksabstimmungen in den betreffenden Landesteilen durchzuführen? Gibt es Überlegungen, den in Artikel 29 Abs. 3 GG genannten Termin — 31. März 1975 — durch neuerliche Verfassungsänderung zu verschieben oder ganz fallenzulassen? In Art. 29 Abs. 3 GG ist bestimmt, daß in den Gebieten, in denen aufgrund des Art. 29 Abs. 2 GG Volksbegehren zur Änderung der Landeszugehörigkeit erfolgreich waren, bis zum 31. März 1975 Volksentscheide darüber durchzuführen sind, ob die angestrebte Gebietsänderung vorgenommen oder die bisherige Landeszugehörigkeit beibehalten werden soll. Es handelt sich dabei um drei Volksbegehren in den vormaligen Regierungsbezirken Montabaur, Rheinhessen und Koblenz/Trier des Landes Rheinland-Pfalz und um zwei Volksbegehren im Verwaltungsbezirk Oldenburg und im Landkreis Schaumburg-Lippe des Landes Niedersachsen. Es kann — so lange der Verfassungsauftrag besteht —dahingestellt bleiben, ob die Durchführung dieser Volksentscheide politisch noch sinnvoll ist und ob die Abwicklung dieser 18 Jahre zurückliegenden, kleinräumigen Volksbegehren mit den Vorstellungen von einer modernen und zweckentsprechenden Neugliederung des Bundesgebietes noch in Einklang gebracht werden kann. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Volksentscheide termingerecht durchzuführen und wird einen entsprechenden Gesetzentwurf in Kürze vorlegen. Anlage 56 Antwort des Bundesministers Genscher vom 24. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 14) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung Flüchtlinge aus der DDR in den Auffanglagern vom Verfassungsschutz nach Fluchthelfern und Fluchtwegen befragen läßt, um in Zusammenarbeit mit der DDR die Fluchtwege verstopfen zu helfen? Die Frage ist mit „Nein" zu beantworten. Zur Klarstellung gestatte ich mir den Hinweis, daß die Flüchtlinge aus der DDR nicht in „Auffanglager" kommen. Sie halten sich nur zur Durchführung des im Notaufnahmegesetz vom 28. August 1950 (BGBl. S. 367) vorgesehenen Notaufnahmeverfahrens einige Tage in den Notaufnahmelagern Gießen oder BerlinMarienfelde auf, sofern nicht im schriftlichen Verfahren entschieden wird. Anlage 57 Antwort des Bundesministers Genscher vom 24. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 15) : Ist bekannt, daß im US-Staat New York der Höchstgehalt an Phosphaten in Waschmitteln gesetzlich auf maximal 8,7 v. H. festgelegt worden ist und eine Fünfjahresstudie über die Verunreinigung eines Sees („Science" Band 182, S. 379) ergeben hat, daß, seit die gesetzliche Beschränkung in Kraft ist (l1/2 Jahre), der Gehalt an anorganischem Phosphat um mehr als 57 v. H. zurückgegangen ist, und wenn ja, wann beabsichtigt die Bundesregierung, Maßnahmen zu ergreifen, die zu den gleichen Erfolgen führen? Der im Bundesstaat New York gesetzlich festgelegte Höchstgehalt an Waschmittel-Phosphaten und die Ergebnisse der Studie sind der Bundesregierung bekannt. Bereits in 5 Bundesstaaten der USA bestehen gesetzliche Regelungen über die stufenweise Reduktion der Waschmittelphosphate. Die amerikanische Bundesregierung ist darüber hinaus aufgefordert, Maßnahmen einschließlich der Phosphatreduktion zu treffen, sobald ein geeigneter Ersatzstoff verfügbar ist. Auch die Bundesregierung befaßt sich seit längerer Zeit mit den Problemen, die sich aus der Phosphatbelastung für stehende und langsam fließende Gewässer ergeben. Sie wird in Kürze den Entwurf eines Gesetzes über die Umweltverträglichkeit von Wasch- und Reinigungsmitteln vorlegen, in dem u. a. gesetzliche Maßnahmen zur Verringerung des aus Wasch- und Reinigungsmitteln stammenden Phosphateintrags enthalten sind. Dabei ist die Ermächtigung, durch Rechtsverordnungen den Phosphatgehalt der Wasch- und Reinigungsmittel stufenweise zu senken, nur eine der durch das das neue Gesetz zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Sicherlich bringt die Festsetzung von PhosphatHöchstmengen eine gewisse Entlastung der Gewässer mit sich, indem sie den aus Wasch- und Reinigungsmitteln stammenden Phosphatanteil im Abwasser vermindert. Dabei kann die Wirkung von Gewässer zu Gewässer je nach Zusammensetzung der Einleitungen durchaus unterschiedlich sein. Denn bekanntlich stammt nur ein Teil der ins Gewässer gelangenden Phosphate aus Wasch- und Reinigungs- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4963* mitteln. Unter dieser Perspektive ist auch der in der erwähnten Studie festgestellte Rückgang von über 57 0/o zu sehen. Soweit das in den betreffenden See eingeleitete Abwasser Phosphatrückstände vornehmlich aus der Verwendung von Wasch- und Reinigungsmitteln (Haushalte, Wäschereien) enthielt, ist ein solches Resultat durchaus ,erreichbar. Die entscheidende Reduktion des Phosphatgehalts ist jedoch von der Entdeckung bzw. Entwicklung eines geeigneten Ersatzstoffes abhängig. Trotz intensiver Forschung ist es bisher nicht gelungen, ein derartiges Substitut zu finden, das sämtliche Funktionen der Phosphate in Wasch- und Reinigungsmitteln übernehmen könnte. Im Interesse eines wirksamen Gewässerschutzes sieht das neue Waschmittelgesetz daher neben der Möglichkeit zur Festsetzung von Phosphat-Höchstmengen weitere Bestimmungen zur Verringerung der Phosphatbelastung vor, wie die Verpflichtung der Hersteller und Wasserversorgungsunternehmen, nach Wasserhärten abgestimmte Dosierungsangaben auf den Verpakkungen aufzudrucken bzw. die Härte des Trinkwassers bekanntzugeben. Im Zusammenwirken dieser verschiedenen Maßnahmen sind Erfolge ähnlichen Umfangs zu erwarten, wie sie von der amerikanischen Regelung für bestimmte Gewässer offenbar verzeichnet werden können. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 25. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schäuble (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 16) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß es neben den Sportorganisationen bei Bundesbahn und Bundespost auch Sportgemeinschaften der Zollverwaltung gibt, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, diese Sportgemeinschaften den Bundesbahn- und Postsportvereinen in der ideellen und materiellen Förderung gleichzustellen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß außer bei der Bundesbahn und der Bundespost auch bei anderen Bundesbehörden Sportgemeinschaften bestehen, so bei der Zollverwaltung. Zur Förderung dieser Sportgemeinschaften stehen angesichts der Sorge um die Begrenzung der Bundesausgaben im Bundeshaushalt keine Mittel zur Verfügung. Auf dem Gebiet der Fürsorgemaßnahmen des Bundes zugunsten seiner Bediensteten ist bereits Beachtliches geleistet worden (z. B. Beihilfen und Unterstützung der Sozialwerke) . Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 22. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 17): Ist die Bundesregierung bereit, den vom Deutschen Bundestag gemäß Drucksache VI/1575 Ziffer 2 e geforderten Bericht — entsprechend vervollständigt — dem Parlament erneut vorzulegen, weil der Bericht Drucksache VI/3643 vom Deutschen Bundestag wegen der vorzeitigen Auflösung nicht mehr behandelt werden konnte und wegen des Prinzips der Diskontinuität des Parlaments auch nicht mehr erörtert werden kann? Die Bundesregierung ist bereit, den vom Deutschen Bundestag gemäß Drucksache VI/1575 Ziff. 2 e geforderten und am 29. 6. 1972 erstatteten Bericht auf den neuesten Stand zu bringen und bis zum 1. Oktober 1974 wieder vorzulegen. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Slotta (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage B 18) : Hat die Bundesregierung Möglichkeiten, ohne daß dies zu Lasten der Kraftfahrer geht, auf die Mineralölgesellschaften dahin gehend Einfluß zu nehmen, daß diese anstelle der bisherigen Festprovision von 5,8 Pfg. je Liter eine prozentuale Provision vom Verkaufspreis den Tankstellenverwaltern gewähren, damit die Existenz der etwa 36 000 Tankstellenverwalter erhalten bleibt? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Regelung der Tankstellenprovision zwischen den Mineralölgesellschaften und den Vertretern des Tankstellengewerbes ausgehandelt werden sollte. Nach Mitteilung der Bundesvereinigung des Tankstellengewerbes wird gegenwärtig von den Tankstellenpächtern keine Umstellung des Festprovisionssystem auf ein System mit prozentualer Verkaufspreisprovision angestrebt. Der Bundesregierung liegen auch keine Anzeichen dafür vor, daß die Existenz von 36 000 Tankstellenverwaltern gefährdet wäre. Die Bundesregierung ist allerdings davon unterrichtet, daß zwischen den Mineralölgesellschaften und der Bundesvereinigung des Tankstellengewerbes Verhandlungen über eine Provisionsanhebung aufgenommen worden sind. Dabei soll insbesondere über einen Ausgleich für Mindereinnahmen der Tankstellenpächter auf Grund der durch die Energiekrise erzwungenen Absatzverluste gesprochen werden. Sollten sich die beteiligten Wirtschaftskreise nicht einigen können, ist das Bundesministerium für Wirtschaft wie in der Vergangenheit — bereit, in Gesprächen mit beiden Seiten an einer Klärung der Probleme mitzuwirken. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lattmann (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage B 19): Ist der Bundesregierung bekannt, daß im gesamten Allgäu die Stadt Lindenberg, Landkreis Lindau, von den Folgen der Konjunkturabschwächung und der Energieverteuerung mit derzeit 163 Arbeitslosen, 727 Fällen von Kurzarbeit und zahlreichen beschäftigungslosen Heimarbeiterinnen am schwersten betroffen ist (Bevölkerung 10 300, Arbeitnehmer insgesamt 6500 bei 1300 Einpendlern und 300 Auspendlern), und welche speziellen Förderungsmöglichkeiten hält die Bundesregierung im Rahmen des 4964* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Programms ''Verbesserung der regionalen Struktur" kurzfristig zur Sicherung der Arbeitsplätze in der Lindenberger Industrie und längerfristig für eine gesamtwirtschaftliche Strukturverbesserung in Lindenberg und im Westallgäu für angebracht und realisierbar? Die Bundesregierung beobachtet mit großer Aufmerksamkeit die Entwicklung am Arbeitsmarkt und die differenzierte wirtschaftliche Entwicklung in einzelnen Wirtschaftsbereichen, insbesondere auf dem Bausektor und der Textilindustrie. Das Bundeskabinett hat mit seinen Beschlüssen vom 19. Dezember 1973 eine Reihe von Maßnahmen für solche Wirtschaftsbereiche beschlossen, in denen sich kritische Entwicklungen abzeichnen. Ich möchte hier nur auf folgende Maßnahmen besonders hinweisen: — Zur Realisierung des sozialen Wohnungsbauprogramms werden für 50 000 bereits fertig geplante Wohnungen vorübergehende Finanzierungserleichterungen gewährt. — Für den Textil- und Bekleidungssektor werden die im Zweiten Stabilitätsprogramm eingeführten Kontingentaufstockungen gegenüber den asiatischen Ländern nicht über den 31. Dezember 1973 hinaus verlängert und gegenüber den Staatshandelsländern nicht erhöht. — Rückwirkende Aufhebung der Investitionssteuer zum 1. Dezember 1973. — Wiederinkraftsetzung der Sonderabschreibungen gemäß § 7 b EStG und der degressiven Abschreibung. — Aufhebung der aus konjunkturpolitischen Erwägungen erfolgten Sperrung von ERP-Mitteln; die Mittel des ERP-Wirtschaftsplans 1973 stehen daher in voller Höhe für wirtschaftsfördernde Maßnahmen zur Verfügung. — Wiederanlaufen des Mittelstandskreditprogramms der Kreditanstalt für Wiederaufbau, indessen Rahmen zinsgünstige Kredite für besonders betroffene Wirtschaftszweige gewährt werden. Diese Erleichterungen dürften sich auch auf die Entwicklung im Allgäu einschließlich der Stadt Lindenberg und des Landkreises Lindau auswirken. Die Bundesregierung sieht die Erhaltung und Sicherung der Arbeitsplätze als eines ihrer vordringlichen Ziele an und sie wird, sofern es sich im Zuge der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung als notwendig erweisen sollte, auch in Zukunft gezielte und differenzierte Maßnahmen ergreifen, um Stabilität und Vollbeschäftigung zu sichern. Hinsichtlich der von Ihnen angesprochenen kurz- und längerfristigen Förderungsmöglichkeiten im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", in der Investitionen zur Schaffung neuer oder zur Erhaltung und Sicherung bestehender Arbeitsplätze mit Zuschüssen gefördert werden können, möchte ich darauf hinweisen, daß die Stadt Lindenberg und der Landkreis Lindau nicht zu den Fördergebieten der Gemeinschaftsaufgabe gehören. Ob und inwieweit dieses Gebiet im Zuge der laufenden Überprüfung der Fördergebietsabgrenzung der Gemeinschaftsaufgabe unter regionalpolitischen Gesichtspunkten als Fördergebiet der Gemeinschaftsaufgabe anerkannt werden wird, läßt sich zur Zeit nicht sagen. Angesichts der Tatsache, daß 9 der im Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe vertretenen Bundesländer für ein Inkrafttreten einer neuen Gebietsabgrenzung zum 1. Januar 1975 eintreten, wird es voraussichtlich nicht vor dem Spätsommer zu einem entsprechenden Beschluß kommen. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Link (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 20 und 21) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Vorschläge des Deutschen Gewerkschaftsbunds vom 18. September 1973 zur Novellierung der Handwerksordnung (z. B. Mitbestimmung der Arbeitnehmerausbildung), und welche Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbunds will die Bundesregierung übernehmen? Bis wann beabsichtigt die Bundesregierung, die Novellierung der Handwerksordnung dem Parlament zur Beratung vorzulegen? Ziel der Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist in erster Linie die paritätische überbetriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Organen der Handwerkskammern. Wie die Unternehmensmitbestimmung ist auch die überbetriebliche Mitbestimmung eine ordnungspolitische Grundsatzfrage. Darauf habe ich bereits in meiner Antwort auf die Mündliche Frage des Kollegen Zebisch Drucksache 7/1182, Frage B 20 — am 8. November 1973 hingewiesen. Ich habe hinzugefügt, für diese Legislaturperiode habe sich die Bundesregierung die Lösung des Problems der Unternehmensmitbestimmung zum Ziele gesetzt. An der Auffassung der Bundesregierung hat sich seitdem nichts geändert. In dem die Gewerkschaften besonders interessierenden Bereich der beruflichen Bildung sollen die Aufgaben der Kammern nach den Vorstellungen der Bundesregierung neu abgegrenzt werden. Die Einzelheiten bitte ich den vom Bundeskabinett am 15. November 1973 beschlossenen „Grundsätzen zur Neuordnung der beruflichen Bildung (Markierungspunkte)" zu entnehmen. In diesen „Grundsätzen" hat die Bundesregierung auch ihre Auffassung zu der in dem Vorschlag des DGB für eine Novellierung der Handwerksordnung angesprochenen Frage der Geltung des Berufsbildungsgesetzes für den Bereich des Handwerks niedergelegt. Die Bundesregierung hat die Absicht, die Neufassung des Berufsbildungsgesetzes dem Parlament in diesem Jahr vorzulegen. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 22 und 23) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4965* Welcher Unterschied besteht im Preis nach den letzten Preiserhöhungen der wichtigsten Ölförderungsländer zwischen Schweröl und Benzin, wenn diese aus Kohle hergestellt würden? Ist die Bundesregierung bereit, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten der EWG ein mittel- und langfristiges Energieproduktionsprogramm auszuarbeiten, das die EWG in der Zukunft vor außenwirtschaftlichen Pressionen sichert? Zu Frage B 22: Zu dieser Frage — wie sie wohl verstanden werden soll — nach der Preisdifferenz bei Herstellung von Schweröl bzw. Benzin aus Mineralöl einerseits und aus Steinkohle andererseits kann ich Ihnen nach derzeitigem Stand folgende Angaben machen: Der Raffinerieabgabepreis für schweres Heizöl beläuft sich z. Z. auf rd. 120 bis 160 DM/t, der für Normalbenzin auf ca. 215 DM/t (entsprechend 16 Pf/l). und für Superbenzin auf 290 DM/t (entsprechend 21 Pf/l). Die Preise basieren auf einem Rohöleinstandspreis von im Durchschnitt 125 bis 150 DM/t. Die zum 1. Januar 1974 beschlossenen Rohölpreissteigerungen seitens der Förderländer, die die Rohöleinstandskosten der deutschen Raffineriegesellschaften im Durchschnitt um 100 bis 130 DM/t erhöhen werden, sind hierbei noch nicht berücksichtigt. Ihre Auswirkungen auf die Raffinerieabgabepreise der einzelnen Fraktionen läßt sich z. Z. noch nicht genau absehen; bei Vergaserkraftstoffen ist mit einer Anhebung der Raffinerieabgabepreise in der Größenordnung von 100-130 DM/t entsprechend 8-10 Pf/1 zu rechnen. Aussagen über die Herstellkosten eines aus heimischer Steinkohle hergestellten Benzins bzw. eines dem schweren Heizöl vergleichbaren Schweröls aus Kohle können sich bisher nur auf theoretische Überlegungen und Rechnungen stützen, da konkrete Erfahrungen unter den in der Bundesrepublik zugrunde zu legenden Bedingungen nicht vorliegen. Die in 1969 vom Bundestag in Auftrag gegebene und Anfang 1971 vorgelegte Studie der Herren Professoren Pichler und Krüger (Technische Hochschule Karlsruhe) ermittelt die Kosten eines aus Kohle hergestellten Benzins mit 34,5 Pf/l (Hydrierung) bis 42,2 Pf/1 (Synthese) bei einem angenommenen Kohlepreis von 80,— DM/t beim Hydrierverfahren und 42,— DM/t beim Syntheseverfahren. Eine Aktualisierung der Kostenaussage dieser Studie durch schlichte Extrapolation unter Zugrundelegung der zwischenzeitlich eingetretenen Preissteigerungen sowohl für die Einsatzkohle als auch die erheblich angestiegenen Anlage-, Sach- und Arbeitskosten einer solchen Anlage ist nicht ohne weiteres möglich. Es muß jedoch, selbst unter Berücksichtigung verbesserter technologischer Konzeptionen mit einer nicht unerheblichen Erhöhung der Kostenansätze für ein kohleerzeugtes Benzin gerechnet werden. So muß heute von einem Kohlepreis von 100,— DM/t ausgegangen werden. Für die Herstellung eines Schweröls aus Kohle nach dem Ende letzten Jahres durch Professor Dr. Peters vom Steinkohlenbergbauverein in der Presse vorgestellten Extraktionsverfahrens müssen nach Aussagen der dortigen Fachleute aufgrund ihrer experimentellen Arbeiten und Berechnungen etwa 220 DM/t angenommen werden. In dem zwischenzeitlich von der Bundesregierung beschlossenen Rahmenprogramm zur Intensivierung der Energieforschung ist die Weiterentwicklung von Verfahren zur Kohlevergasung und Kohleverflüssigung als einer der Schwerpunkte in Aussicht genommen. Es kann ferner davon ausgegangen werden, daß an den Anfang der weiteren Entwicklungsarbeit auf diesem Gebiet der Versuch einer zahlenmäßigen Aktualisierung und Konkretisierung der z. Z. erörterten Verfahrensmöglichkeiten und deren Erfolgsaussichten gesetzt werden wird. Zu Frage B 23: Die Entwicklung neuer Formen von Energie oder alternativer Kohleverwendungsmöglichkeiten sind sicherlich Aufgaben, bei denen die Staaten der europäischen Gemeinschaft und die Verbraucherländer generell eng zusammenarbeiten sollten. Die Bundesregierung hat dies in den Verhandlungen zur Entwicklung einer gemeinsamen Energiepolitik immer wieder mit Nachdruck erklärt. Im Hinblick auf die Kohleverflüssigung muß jetzt — wie oben dargestellt — eine Phase der weiteren Forschung und Entwicklung eingeleitet werden. Die Frage eines mittel- und langfristigen Produktionsprogramms auf EWG-Ebene kann erst im zweiten Schritt geprüft werden, wenn Grundlagen für eine großtechnische Anwendung des Kohleverflüssigungsverfahrens erarbeitet sind. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Stavenhagen (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 24 und 25) : Stimmen Berichte, wonach die Sowjetunion ihre Mineralölliefermengen trotz bestehender Lieferverträge gegenüber europäischen Abnehmerländern reduziert hat, und wenn ja, gegenüber welchen Ländern und um wieviel Prozent im Vergleich zu den geplanten Mengen? Stimmen Berichte, wonach die Sowjetunion Mineralöl an europäische Abnehmerländer zu gegenüber vertraglichen Vereinbarungen erheblich erhöhten Preisen verkauft, und wenn ja, an welche Länder, und werden von der Sowjetunion auch Partien am freien Markt ohne Lieferverträge angeboten? Sowjetisches Rohöl wird in der Hauptsache von Unternehmen aus Frankreich, Italien und der Bundesrepublik gekauft. Der deutsche Alleinimporteur für sowjetisches Rohöl hat mir berichtet, daß derzeit Schwierigkeiten bestehen, die für 1974 kontrahierten Mengen termingerecht zu erhalten. Bei den deutsch/ sowjetischen Verhandlungen in der vergangenen Woche ist auch dieser Punkt angeschnitten worden, die sowjetische Seite hat dabei bestätigt, daß im Januar aus technischen Gründen kaum mit Rohöllieferungen gerechnet werden könne. Soweit ich unterrichtet bin, haben auch die übrigen westeuropäischen Abnehmer derzeit vergleichbare Schwierigkeiten, daneben gibt es Anzeichen dafür, daß auch 4966* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 in zumindest einem Land des Comecon die sowjetischen Rohölzulieferungen stocken. Für 1973 hat die Sowjetunion ihren Lieferkontrakt mit dem deutschen Alleinabnehmer nach dessen Angaben nahezu vollständig erfüllt. Die im Dezember verkündeten außerordentlich hohen Preisforderungen der OPEC-Länder für ihr Rohöl haben die Sowjetunion offenbar bewogen, ihre Rohölpreise nunmehr auf die Preise auszurichten, die den arabischen Ländern sowie dem Iran bei den Versteigerungen einiger Partien Rohöl geboten worden sind. Allerdings hat die Sowjetunion auch schon bisher bei ihrer Preispolitik eine gewisse Anlehnung an die Notierungen für Öl vom Persischen Golf gesucht; dabei muß man aber berücksichtigen, daß diese Notierungen bisher mehr an den Einstandskosten der internationalen Gesellschaften orientiert waren, während die nunmehr beispielsweise vom Iran erzielten Verkaufsergebnisse diese Einstandskosten um weit mehr als 100 % übersteigen. Es bleibt abzuwarten, ob die Sowjetunion die von ihr gewünschten Preissteigerungen realisieren kann. Zu Ihrer Frage zu Spotmengen sowjetischen Rohöls auf dem freien Markt darf ich darauf hinweisen, daß in der Tat gelegentlich Partien ohne Lieferverträge angeboten werden, es sich jedoch nicht immer mit Sicherheit feststellen läßt, ob es sich dabei tatsächlich um Rohöl mit Ursprung in der Sowjetunion handelt. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Slotta (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage B 26) : Gedenkt die Bundesregierung, eine der geplanten Forschungseinrichtungen im energiewirtschaftlichen Bereich - Kohlevergasung, Kohledruckvergasung (Kraftwerk), kontinuierliche Kokserzeugung mit Gas- und Ölgewinnung, Kohlchydrieranlage oder Kohleextraktionsverfahren — im Saarland oder in Zusammenarbeit mit Frankreich im Saar-Lor-Lux-Raum zu errichten, zumal bereits 1969 eine kohlen- und kokstechnische Forschungsstätte in Velsen (Saarland) in Auftrag gegeben war und durch die Zusammenarbeit mit der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes, die einen ausgezeichneten Ruf hat, besonders gute Voraussetzungen gegeben sind? Im Rahmen des von der Bundesregierung beschlossenen Rahmenprogramms Energieforschung wird die Kohleforschung — Kohlevergasung und -verflüssigung sowie Bergbautechnik — zweifellos einen Schwerpunkt bilden. Die Auswahl der durch dieses Programm zu fördernden einzelnen konkreten Projekte ist noch nicht abgeschlossen. Hierüber werden gegenwärtig Gespräche u. a. mit der Bergbau-Forschung GmbH, die vom gesamten deutschen Steinkohlenbergbau getragen wird, aber auch mit den Bergbauländern geführt. Vor Abschluß dieser Gespräche ist eine Aussage darüber, an welchem Standort möglicherweise einzelne Projekte durchgeführt werden sollen, nicht möglich. Die Bundesregierung ist daran interessiert, daß Ergebnis und Erfahrungen der künftigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich der Kohleforschung wie bisher schon dem gesamten deutschen Steinkohlenbergbau zugute kommen und keine einseitige Begünstigung eines Reviers eintritt. Sie legt deshalb Wert auf eine angemessene Berücksichtigung des saarländischen Bergbaus bei der Durchführung von Grundlagenuntersuchungen und insbesondere bei der Erarbeitung von technologischen Erfahrungen durch den Bau und Betrieb von Pilotanlagen. Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 27 und 28) : Wieviel Mineralöl hat Deutschland im Krieg jährlich, zum Beispiel 1943, verbraucht, und wieviel braucht die Bundesrepublik Deutschland heute? Aus welchen Quellen stammte das im Krieg verbrauchte Mineralöl? Zu Frage B 27: Eine offizielle Statistik über den Mineralölverbrauch des Deutschen Reiches im 2. Weltkrieg liegt nicht vor. Die Mineralöldaten sind in den Kriegsjahren nach Auskunft verschiedener Stellen sehr restriktiv gehandhabt worden. Wichtige Zahlen unterlagen einer Geheimhaltungspflicht. Die folgenden Zahlen sind aus privaten Veröffentlichungen, die nach dem Kriege erschienen sind, entnommen: Der Mineralölverbrauch des Deutschen Reiches im Jahre 1943 konnte mit 8,285 Millionen t ermittelt werden. Demgegenüber lag der Mineralölbedarf der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1973 nach vorläufigen Berechnungen bei rd. 157 Millionen t. Zu Frage B 28: Für das 1943 verbrauchte Mineralöl werden folgende Quellen genannt: — Eigene Förderung 1,880 Millionen t — Erzeugung der Hydrierwerke auf Kohlebasis 2,913 Millionen t - Erzeugung nach Fischer-Tropsch-Synthese 0,570 Millionen t Die restliche Menge von rd. 3 Millionen t teilt sich auf in Treibstoffe aus Braunkohlenverschwelung, Treibstoffe auf Alkoholbasis und chemischer Ausgangsbasis, Importe. Die jeweiligen Anteile sind unbekannt. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 29) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4967* Trifft es zu, daß die mittelständische Baustoffindustrie, die einen wesentlichen Bestandteil der Bauwirtschaft darstellt, von dem Kreditprogramm der konjunkturpolitischen Beschlüsse der Bundesregierung vom 19. Dezember 1973 ausgeschlossen ist, weil unter „Bauwirtschaft" im Sinne dieser Beschlüsse auf Grund einer internen Absprache nur das „Bauhauptgewerbe" verstanden werden soll, obwohl zwar die Baustoffindustrie, nicht aber das Bauhauptgewerbe, hohe Lagerbestände aufweisen? Die seit Verabschiedung ,der konjunkturpolitischen Beschlüsse der Bundesregierung vom 19. Dezember 1973 eingetretene wirtschaftliche Entwicklung bestätigt, daß sich die gesamtwirtschaftliche Aktivität auf gedämpftem aber noch hohem Niveau vollzieht. Dieser Gesamtlage ist es angemessen, daß die Bundesregierung ihre Politik der begrenzten Lockerung von Bremsmaßnahmen beibehält und nicht ein allgemeines Expansionsprogramm verfolgt. Dem entspricht, ,daß die aufgrund der Ziffer 15 der Beschlüsse der Bundesregierung von der Kreditanstalt für Wiederaufbau bereitgestellten Sonderkredite für - Umschuldung und — Lagerhaltung in ihrer Zielrichtung auf einen engen wirtschaftlichen Bereich beschränkt bleiben. Sonst würde die Effektivität der für diese Zwecke bereitgestellten Mittel gefährdet. Im übrigen bezieht sich der verwendete Ausdruck „Bauwirtschaft" nur auf die bauausführende Wirtschaft, nicht aber auf die Baustoffindustrie. Zudem würde eine Verbesserung der Situation in der Bauwirtschaft die Nachfrage nach Baustoffen erhöhen und sich damit positiv auch auf die wirtschaftliche Lage der Baustoffindustrie auswirken. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat inzwischen ihr Programm für Investitionskredite an mittlere nicht emissionsfähige Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft — M I — wieder aufgenommen und in ihr Programm für Investitionskredite an kleine Unternehmen — M II hat sie den Kredithöchstbetrag von 100 000 DM wieder auf 300 000 DM erhöht. Diese beiden KW-eigenen Programme sind nicht auf einzelne Wirtschaftszweige beschränkt. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 22. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 31) : Kann die Bundesregierung Pressemeldungen bestätigen, daß sie die einkommenswirksame Verwendung der 400 Millionen DM im Haushalt 1974 — Einzelplan 10 — im Ministerrat der EG gar nicht beantragt hat? Pressemeldungen, denen zufolge das deutsche Ratsmitglied auf der Tagung des Agrarrats der EG am 10./11. Dezember 1973 nicht versucht haben soll, die Zustimmung des Rates dafür zu erlangen, daß die im Entwurf des Bundeshaushalts 1974 für besondere agrarpolitische Maßnahmen vorgesehenen 400 Mill. DM für eine Weiterführung des einkommenswirksamen Aufwertungsausgleichs verwendet werden, entsprechen nicht den Tatsachen. Der Versuch wurde unternommen; im Rat fand eine eingehende Erörterung statt; angesichts der von der Mehrheit der Ratsmitglieder eingenommenen Haltung und angesichts der vom Rat beschlossenen ungeschmälerten Fortsetzung des Mehrwertsteuerausgleichs war eine Fortsetzung auch des flächenbezogenen Ausgleichs nicht durchsetzbar. Es wäre im übrigen widersinnig gewesen, wenn das deutsche Ratsmitglied sich im Rat nicht für eine Fortsetzung des direkt einkommenswirksamen Flächenausgleichs eingesetzt hätte, nachdem die 400 Mill. DM durch Kabinettbeschluß vom 5. September 1973 gerade im Hinblick auf die noch ausstehende Entscheidung des Rates vorsorglich in den Einzelplan 10 für 1974 eingestellt worden waren. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 32) : Hat die Verordnung (EWG) Nummer 3496/73 der EG-Kommission vom 21. Dezember 1973 über die in Italien geltenden Währungsausgleichsbeträge wiederum zur Folge, daß in Italien auch die Interventions- bzw. Ankaufspreise für Obst und Gemüse sowie die Ausgleichszahlungen zur Förderung der Verarbeitung bestimmter Apfelsinensorten ab 1. Januar 1974 entsprechend erhöht werden? Der EG-Ministerrat hat durch Verordnung (EWG) Nr. 2958/73 vom 31. Oktober 1973 neue repräsentative Kurse für die Umrechnung der in Rechnungseinheiten (RE) festgesetzten gemeinsamen Agrarpreise in italienischer Währung festgelegt. Der mit Wirkung vom 1. November 1973 anzuwendende Umrechnungskurs beinhaltet eine Abwertung der italienischen Lira für den Agrarbereich um 4 %. Der ab 1. Januar 1974 festgesetzte, aber erst zu Beginn des jeweiligen Wirtschaftsjahres 1974/75 anzuwendende Umrechnungskurs berücksichtigt eine weitere Abwertungsrate von 4,5 %. Außerdem hat der EG-Ministerrat am 21. Januar 1974 im Grundsatz beschlossen, mit Wirkung vom 15. Februar 1974 einen zusätzlichen Abwertungssatz der italienischen Lira um 5 % festzusetzen. Die neuen Umrechnungskurse haben zur Folge, daß die Interventions- und Ankaufspreise sowie alle anderen in RE festgesetzten Beträge, z. B. Beihilfen in Italien in Höhe der unterstellten Abwertungsrate steigen. Auf dem Sektor Obst und Gemüse wie für andere Interventionsprodukte sind demnach die festgesetzten Preise in Italien am 1. November 1973 um 4 % gestiegen. Mit Wirkung vom 15. Februar 1974 wird eine Preisanhebung um 5 % und zu Beginn des jeweiligen Wirtschaftsjahres 1974/75 für die einzelnen Erzeugnisse eine weitere Anhebung um 4,5 % eintreten. Die italienische Regierung hatte diese Anhebung der nationalen Agrarpreise beantragt, um damit einen Teil der hohen Abwertungsrate der italienischen Währung im Agrarbereich auszugleichen und eine Anpassung an das gemeinsame Preisniveau vorzunehmen. 4968* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Sauter (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 33): Wie begründet sich für die in die EG-Interventionsregelung der VO Nr. 1035/72 einbezogenen Obst- und Gemüsearten die unterschiedliche Höhe der Prozentspannen, die für die Festsetzung der Ankaufspreise im Verhältnis zu den Grundpreisen maßgebend ist, und erwägt die Bundesregierung, auf Grund der in den letzten Jahren mit der EG-Interventionsregelung für Obst und Gemüse gemachten Erfahrungen, sich in Brüssel für eine Änderung dieser Prozentsätze vor allem unter Berücksichtigung marktpolitischer Erfordernisse einzusetzen? Die unterschiedliche Höhe der Ankaufspreise, die nach Artikel 16 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse für Blumenkohl und Tomaten in Höhe von 40-45 v. H. für Äpfel und Birnen in Höhe von 50-55 v. H. für Apfelsinen, Mandarinen, Zitronen, Tafeltrauben und Pfirsiche in Höhe von 60-70 v. H. der Grundpreis festzusetzen sind, ist u. a. aus der schrittweisen Errichtung der gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse zu verstehen. Die EG-Kommission hat die für die Festsetzung von Ankaufspreisen unterschiedlichen Prozentspannen insbesondere damit begründet, daß diese in der Regel bei einjährigen Kulturen, insbesondere für Erzeugnisse, wo verstärkt strukturelle Überschüsse bestehen, niedriger sein sollen, als bei mehrjährigen Kulturen. Trotzdem hat sich die Bundesregierung in der Vergangenheit mehrfach dafür eingesetzt, daß der Prozentsatz auch bei mehrjährigen Kulturen verringert wird. Bei den Beratungen über die Verordnung (EWG) Nr. 2454/72 des Rates vom 21. November 1972 zur Änderung der Verordnung Nr. 1035/72 haben einige Mitgliedstaaten gefordert, auch die Ankaufspreise nach politischen Gesichtspunkten festzusetzen. Das wurde u. a. von der Bundesregierung mit Erfolg abgelehnt. Die Bundesregierung wird sich auch in Zukunft nach Möglichkeit dafür einsetzen, daß die Ankaufspreise in einheitlicher, möglichst niedriger Höhe im Verhältnis zum Grundpreis festgesetzt werden. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 22. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 34) : Ist der Bundesregierung bekannt, welche praktischen Schwierigkeiten sich für die Sport- und Freizeitreiter ergeben würden, wenn es bei der jetzigen Regierungsvorlage zum § 12 Abs. 2 des Bundeswaldgesetzes verbliebe, und wird die Bundesregierung deshalb einer Fassung den Vorzug geben, der zufolge eine allgemeine Reiterlaubnis mit Verbotsvorbehalt in bestimmten Fallen, z. B. zugunsten von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen, etwa dem nordrhein-westfälischen Entwurf eines Landschaftsgesetzes entsprechend zugestanden wird? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß sich aus der Fassung des § 12 Abs. 2 des Bundeswaldgesetz-Entwurfes keine Schwierigkeiten ergeben dürften. Die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Regelung ändert nichts an dem bisherigen Rechtszustand, der den Reitern in angemessenem Umfang Reitgelegenheiten bot. Bei der Zunahme des Reitsports, die als eine erfreuliche Entwicklung begrüßt wird, hält es die Bundesregierung jedoch für erforderlich, daß eine Regelung getroffen werden muß, die mehr als bisher auch die berechtigten Interessen der Spaziergänger und Radfahrer sowie der Waldbesitzer berücksichtigt. Der Entwurf eines Bundeswaldgesetzes liegt dem Deutschen Bundestag zur Beratung vor. Inzwischen hatten u, a. auch die Vertreter der Reiter Gelegenheit, in einer öffentlichen Anhörung vor dem Deutschen Bundestag ihre Auffassung zum Reiten im Walde darzulegen. Sollte bei der weiteren Beratung im Bundestag ein neuer tragfähiger Kompromißvorschlag gefunden werden, der alle berechtigten Interessen berücksichtigt, wird sich die Bundesregierung einer solchen Regelung nicht verschließen. Anlage 72 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage B 35) : Welche tatsächlichen Ergebnisse haben die bisherigen Bemühungen, die ärztliche Versorgung auf dem Lande zu verbessern, erbracht? Zu Ihrer Frage möchte ich mich auf eine allgemeine Beurteilung beschränken, da die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder und die Prüfung der Frage, ob deren Bemühungen im einzelnen zum Erfolg geführt haben, Aufgabe der zuständigen Länderminister ist. Insoweit haben im Oktober 1973 in einer Besprechung in meinem Hause über Fragen der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung die Vertreter der Länder erklärt, daß die kassenärztliche und kassenzahnärztliche Versorgung zur Zeit im allgemeinen befriedigend sichergestellt ist; sie wiesen allerdings auch auf Einzelschwierigkeiten hin, die sich vorwiegend aus der ungünstigen Verteilung von Ärzten zwischen städtischen und ländlichen Gebieten ergeben. Um insbesondere solche Mangelsituationen auszugleichen, haben die Kassenärztlichen Vereinigungen vielfältige Maßnahmen in die Wege geleitet, wobei finanzielle Maßnahmen, die auf die Wiederbesetzung vakanter Kassenarztsitze und auf eine Förderung der Niederlassungsbereitschaft auf dem Lande zielen sollen, im Vordergrund stehen. Es ist beabsichtigt, mit den Ländern weitere Besprechungen zu führen, um die Entwicklung des kassenärztlichen Versorgungsniveaus weiter zu verfolgen. Anlage 73 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Katzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 36 und 37) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, ehemaligen Zeitsoldaten der Bundeswehr, die nach ihrer Entlassung nicht sofort eine Stellung finden und arbeitslos gemeldet sind, für die Zeit der Arbeitslosigkeit einen Krankenversicherungsschutz zu gewähren? Wie können ehemalige Zeitsoldaten, die nach ihrer Entlassung studieren wollen, aber auf einen Studienplatz warten müssen, einen Krankenversicherungsschutz erhalten? Soldaten auf Zeit können im Falle der Arbeitslosigkeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses Arbeitslosenhilfe beziehen (§ 3 Nr. 3 der Fünften Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 22. Mai 1958; § 242 Abs. 37 des Arbeitsförderungsgesetzes) und sind damit gegen Krankheit versichert. Das gilt auch für ehemalige Zeitsoldaten, die studieren wollen und sich arbeitslos gemeldet haben, weil sie noch auf einen Studienplatz warten. müssen. Danach bleiben nur diejenigen ehemaligen Zeitsoldaten als Arbeitsuchende ohne Krankenversicherungsschutz, die die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht erfüllen, insbesondere weil sie nicht bedürftig sind. Diese Zeitsoldaten können ihren Krankenversicherungsschutz dadurch sicherstellen, daß sie 1. während des Dienstverhältnisses und über die Entlassung hinaus eine bestehende Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig fortsetzen, oder 2. vor Beendigung des Dienstverhältnisses von der Versicherungsberechtigung nach § 176 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung durch freiwilligen Beitritt Gebrauch machen, oder 3. bei Teilnahme an einer Ausbildung oder Weiterbildung für das spätere Berufsleben nach Beendigung des Dienstverhältnisses nach § 176 Abs. 1 Nr. 4 der Reichsversicherungsordnung der gesetzlichen Krankenversicherung beitreten, oder 4. einen Versicherungsvertrag bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen abschließen. Danach gibt es bereits nach geltendem Recht auch für diese Zeitsoldaten ausreichende Möglichkeiten für einen Krankenversicherungsschutz. Für eine Erweiterung dieser Möglichkeiten besteht keine sozialpolitische Notwendigkeit. Anlage 74 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Burger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 38) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bundesanstalt für Arbeit in ihrer Arbeitsmarktstatistik die ausländischen Arbeitskräfte und die Grenzgänger nicht mehr registriert, und wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, daß diese beiden Guppen - es handelt sich urn ca. 2,5 Millionen Ausländer und nahezu 100 000 Grenzgänger - wieder durch die Bundesanstalt für Arbeit statistisch erfaßt werden? Die Bundesanstalt für Arbeit hat die Registrierung der ausländischen Arbeitnehmer und der Grenzgänger nur vorübergehend unterbrochen, weil die Datengewinnung zur Zeit umgestaltet wird. Die Ausländerstatistik wird künftig aus dem automatisierten Meldeverfahren zur Sozialversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit (sog. Versichertenscheck-Verfahren) gewonnen. Zur Zeit ist die Bundesanstalt damit beschäftigt, Lücken und Unzulänglichkeiten im Meldeverfahren zu schließen bzw. auszugleichen. Sie hofft, in nächster Zeit wieder Ergebnisse vorlegen zu können. Anlage 75 Antwort des Bundesministers Genscher vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Müller (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 39) : Wie hoch waren die bisherigen und sind die zukünftigen Kosten für die Eingliederung chilenischer Flüchtlinge in Deutschland? In meinen Antworten auf Fragen des Herrn Abgeordneten Marschall vom 29. November 1973 und des Herrn Abgeordneten Schreiber vom 12. Dezember 1973 hatte ich darauf hingewiesen, daß für Eingliederungsmaßnahmen für Personen aus Chile in erster Linie die Länder zuständig sind. Deshalb vermag ich über die diesbezüglichen Kosten keine Angaben zu machen. Im übrigen könnten die für Eingliederungsmaßnahmen anfallenden Kosten erst dann näher beziffert werden, wenn die soziale Gliederung des betroffenen Personenkreises insgesamt beurteilt werden kann, folglich erst nach Abschluß des Übernahmeverfahrens. Auf die Bestimmung dieses Zeitpunktes hat die Bundesregierung keinen Einfluß. Die Bundesregierung bleibt jedoch weiterhin bemüht, sich bei den zuständigen chilenischen Stellen für eine beschleunigte Ausreisegenehmigung einzusetzen. Anlage 76 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Härzschel (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 40 und 41) : Wieviel Prozent der anspruchsberechtigten Frauen und Männer haben sich 1973 einer Vorsorgeuntersuchung unterzogen, und hei wieviel Prozent der Untersuchten wurde eine bisher nicht bekannte Krebserkrankung entdeckt? Was haben die Bundesregierung und die Träger der Krankenversicherung getan, die Bereitschaft, an einer Vorsorgeuntersuchung teilzunehmen, zu fördern, und welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus den bisherigen Erfahrungen ziehen? Für das Jahr 1973 liegen noch keine Ergebnisse vor. Nach vorläufigen Ergebnissen lag im Jahre 1972 die Inanspruchnahmequote der anspruchsberechtigten Frauen bei 26,49 v. H. (1971: 20,06 v. H.). Diese positive Entwicklung ist gleichermaßen bei weiblichen Mitgliedern, bei den anspruchsberechtig- 4970* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 ten Mitversicherten und bei den Rentnerinnen zu beobachten. Allerdings ist die Inanspruchnahme bei den Rentnerinnen nach wie vor sehr niedrig (1972: ca. 10 v. H.; 1971: 7,14 v. H.) . Bei Männern kann eine vergleichbare positive Entwicklung nicht festgestellt werden. Die Inanspruchnahme betrug 1972 rd. 10,8 v. H. Über die medizinischen Ergebnisse der Untersuchungen im Jahre 1972 liegen erst vorläufige Angaben der Spitzenverbände der Krankenversicherung vor. Danach zeichnet sich folgende Tendenz ab: Die im Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit der Einführung von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten als Pflichtleistungen der Krankenkassen sowie den zusätzlich von den Krankenkassen gewährten Maßnahmen der Vorsorgehilfe (BT-Drucksache 7/454) dargestellten medizinischen Ergebnisse werden im wesentlichen bestätigt. Eine gering rückläufige Tendenz ist bei der Zahl der aufgefundenen Verdachtsfälle zu beobachten. Die endgültigen Ergebnisse werden demnächst von den beteiligten Verbänden gemeinsam veröffentlicht werden. Zu Ihrer zweiten Frage ist folgendes zu bemerken: Die Träger der Krankenversicherung sind verpflichtet, im Zusammenwirken mit den Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten und ihre anspruchsberechtigten Familienangehörigen mit allen geeigneten Mitteln und in bestimmten Zeitabständen über die zur Sicherung der Gesundheit notwendige und zweckmäßige Inanspruchnahme von Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten aufzuklären (§ 369 Abs. 1 RVO). In dem vom Deutschen Bundestag vorgelegten Bericht (BT-Drucksache 7/454) sind die Gründe für die unterschiedliche Inanspruchnahme von Leistungen zur Früherkenung von Krankheiten eingehend untersucht und auch dargelegt worden. Die Vorlage des Berichts wie auch andere Gelegenheiten — hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zum Anlaß genommen, die versicherte Bevölkerung auf die Wichtigkeit der in der gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehenen Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten hinzuweisen und die beteiligten Organisationen aufzufordern, verstärkt für die Inanspruchnahme der Vorsorgeleistung zu werben. Ich bin davon überzeugt, daß auf diese Weise in der weiteren Entwicklung der Gedanke der Gesundheitsvorsorge eine größere Verbreitung finden wird. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 24. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 42 und 43) : Wird die Munitionsniederlage der Bundeswehr beim Standort Cham im Hinblick auf die aufgetretenen Schwierigkeiten verlegt? Welche anderen Vorkehrungen wild das Bundesverteidigungsministerium gegebenenfalls treffen, um die durch die Munitionsniederlage für die Bevölkerung entstandenen Beeinträchtigungen abzubauen? Die Standortmunitionsniederlage Cham wird nicht verlegt. Wegen der besonderen Gefährdung durch die Munitionsniederlage hat die Schutzbereichsbehörde das Bewohnen von zwei Häusern, die innerhalb der Schutzbereichszone I liegen, untersagt. Dagegen ist Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht Regensburg erhoben worden. In das laufende Verfahren kann wegen der grundsätzlichen Bedeutung nicht eingegriffen werden. Unabhängig vom Ausgang des Prozesses wird zur Zeit untersucht, ob durch andere Lösungsmöglichkeiten erreicht werden kann, daß die beiden Anwesen genutzt werden können. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 24. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Klepsch (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 44) : Wieviel Übungen haben auf der Ebene der Verteidigungsbezirkskommandos im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit stattgefunden, und zwar jeweils in den Jahren 1971, 1972 und 1973? Die zivil-militärische Zusammenarbeit auf der Ebene der VBK wird vorwiegend und ständig im Rahmen der täglichen Arbeit und bei Besprechungen mit den entsprechenden zivilen Partnern praktiziert. Spezielle Probleme werden außerdem in besonderen Ausschüssen behandelt. Übungen der Verteidigungsbezirkskommandos stellen eine Ergänzung hierzu dar und dienen unter anderem dazu, die Verfahren der Zusammenarbeit in der Praxis zu erproben und zu üben und gegebenenfalls hierdurch zu einer Lösung anstehender Probleme zu kommen. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, daß auch auf der Ebene Territorialkommando und Wehrbereichskommando Übungen durchgeführt werden, an denen die Verteidigungsbezirkskommandos und damit auch deren zivile Ansprechpartner beteiligt sind. Unter diesen Gegebenheiten wurden im Bereich der Territorialkommandos Nord und Süd Übungen durchgeführt: 1971 21 Übungen 1972 30 Übungen 1973 33 Übungen Beim Territorialkommando Schleswig-Holstein ist nur ein Verteidigungsbezirkskommando vorhanden, das jedoch ein reiner Truppenführungsstab ist. Die Fragen der zivil-militärischen Zusammenarbeit werden auf der Ebene des Territorialkommandos behandelt, das an Übungen durchführte: 1971 11 Übungen 1972 7 Übungen 1973 9 Übungen Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4971* Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 24. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 45 und 46) : Aus welchen Gründen haben das Bundesfinanz- und Bundesverteidigungsministerium den Beitritt der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH, Ottobrunn, die sich zu 74 im Bundesbesitz befindet und mit ca. 1400 vorwiegend wissenschaftlichen Mitarbeitern Entscheidungshilfen für öffentliche und private Auftraggeber liefert, gegen den erklärten Willen und ohne Absprache mit der Belegschaft und der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zu dem Arbeitgeberverband der Bayerischen Metallindustrie erklärt, der fachlich hierfür nicht zuständig ist? Sind die beteiligten Ministerien bereit, den Vollzug der Entscheidung auszusetzen und im Sinne der Vorstellung von echter Demokratie und Mitbestimmung der Arbeitnehmer entsprechend einer Zusage des Herrn Staatssekretärs Dr. Mann vom 6. Oktober 1972 die Belegschaft an dieser Entscheidung zu beteiligen, um zu vermeiden, daß bisherige Besitzstände beeinträchtigt werden und insbesondere den von der Belegschaft gewünschten Abschluß eines Haustarifvertrages, der den Besonderheiten der Tätigkeit der Mitarbeiter der IABG Rechnung trägt zu ermöglichen, der seitens der DAG im Auftrage der Belegschaft seit einem Jahr ausgehandelt wird? Ausschlaggebend für die Wahl und den Wunsch der Geschäftsführung, den Metalltarif im Wege des Beitritts zum Verein der Bayerischen Metallindustrie zu übernehmen, war in erster Linie der Umstand, daß die Mehrzahl der Gesellschaften, aus denen in wesentlichem Umfange sich das Personal der IABG rekrutierte, diesem Tarifgefüge angehören. Damit war vor allem sichergestellt, daß keine unerwünschte Fluktuation von Arbeitnehmern auf Grund eventueller künftiger unterschiedlicher Lohn- und Gehaltsgefüge entsteht. Das Verteidigungs- und das Finanzministerium billigten diese Wahl, waren sich dabei aber von Anfang an darüber im klaren, daß der Geschäftsführung hier das verbriefte Recht nach Art. 9 des Grundgesetzes zustand, einer Koalition beizutreten bzw. zwischen mehreren Koalitionen zu wählen. Der Betriebsrat war von der Geschäftsführung bei der Meinungsbildung für seine Entscheidung, nicht dagegen bei der Entscheidung beteiligt worden. Eine Rechtspflicht zu letzterem bestand nicht. Die beteiligten Ministerien sehen sich nicht in der Lage, in das oben dargelegte Recht der die Gesellschaft vertretenden Geschäftsführung einzugreifen und den vollzogenen Beitritt rückgängig zu machen. Sie glauben auch, daß hierfür objektiv kein Anlaß besteht, weil die bisherigen Besitzstände durch den Beitritt nicht geschmälert werden und auch nicht geschmälert werden sollen. Anlage 80 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters vom 24. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage B 47): Läßt sich während der Sonn- und Feiertage, insbesondere aber während eines Zeitraums mit mehreren aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen, ein zahnärztlicher Bereitschaftsdienst (Notdienst) sicherstellen, der den Klagen aus verschiedenen Teilen der Bundesrepublik Deutschland abhilft? Zur Beantwortung Ihrer Frage habe ich mich mit dem Bundesverband der Deutschen Zahnärzte (BDZ) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) in Verbindung gesetzt. Wir mir mitgeteilt wurde, sind im gesamten Bundesgebiet Notfall- bzw. Bereitschaftsdienste für die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen eingerichtet. Die zahnärztlichen Notfalldienste werden entweder von den Zahnärztekammern oder von den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen oder von beiden Organisationen gemeinsam durchgeführt. Jeder Zahnarzt ist grundsätzlich verpflichtet, sich am Notfalldienst zu beteiligen. Es kann davon ausgegangen werden, daß an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen im gesamten Bundesgebiet Zahnärzte für die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung in Notfällen erreichbar sind. Die Zahnärztekammern und die Kassenärztlichen Vereinigungen informieren die Bevölkerung regelmäßig darüber, welche Zahnärzte für den Notfalldienst zur Verfügung stehen. Das geschieht durch Veröffentlichung in regionalen Tageszeitungen oder Gemeindeblättern. In verschiedenen Großstädten sind die erreichbaren Zahnärzte auch durch den Fernsprechansagedienst zu erfragen. Dem BDZ und der KZBV ist bekannt, daß verschiedentlich Kritik am Zahnärztenotdienst geübt und darüber Klage geführt wird, daß Patienten an sprechstundenfreien Tagen nur unter erschwerten Umständen zahnärztlich versorgt werden konnten. Die Zahnärztekammern und die Kassenärztlichen Vereinigungen sind bemüht, die Ursachen solcher Beschwerden aufzuklären und für die Beseitigung von Mängeln zu sorgen. Der BDZ und die KZBV haben mir zugesagt, sie würden Ihre Anfrage zum Anlaß nehmen, die Bestrebungen der Zahnärztekammern und der Kassenärztlichen Vereinigungen um Verbesserung der Notfalldienste in verstärktem Maße zu unterstützen. Anlage 81 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters vom 24. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 48 und 49) : Wann wird die Fünfte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die von Krankenkassen den freiberuflich tätigen Hebammen für die Hebammenhilfen zu zahlenden Gebühren mit der zum 1. Januar 1973 rückwirkend wirksamen 10%igen Gebührenerhöhung (entsprechend dem tariflich erhöhten Entgelt der Anstaltshebammen) in Kraft treten? Welche Maßnahmen will die Bundesregierung treffen, um sicherzustellen, daß künftig das Verfahren zur Anpassung der Gebühren für freiberuflich tätige Hebammen an die tarifliche Gehaltsentwicklung so vereinfacht wird, daß die Gebührenerhöhungen für freiberufliche Hebammen gleichzeitig mit den Tariferhöhungen wirksam werden und nicht erst erheblich später rückwirkend in Kraft gesetzt werden? Zu Frage A 48: Der Entwurf für eine Fünfte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die von den Krankenkassen den freiberuflich tätigen Hebammen für Hebammenhilfe zu zahlenden Gebühren ist Anfang die- ses Jahres an die beteiligten Institutionen zur Äußerung versandt worden. Falls sich nicht weitere Besprechungen über den Verordnungsentwurf als notwendig erweisen, kann mit der Zuleitung der Verordnung an den Bundesrat Anfang Februar gerechnet werden, so daß die Verordnung voraussichtlich in der Sitzung des Bundesrates am 5. April 1974 behandelt und im Anschluß daran ausgefertigt und verkündet werden kann. Zu Frage A 49: Eine bereits früher durchgeführte Prüfung der Frage hat ergeben, daß eine Vereinfachung des Verfahrens beim Erlaß von Änderungsverordnungen nicht möglich ist, da auf die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung der Krankenkassen- und Hebammenverbände und die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung nicht verzichtet werden kann. Anlage 82 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 50 und 51) : Sind Informationen aus der Presse zutreffend, daß die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn beabsichtigt, die Zahl der Stückgutbahnhöfe im Bundesgebiet aus Rationalisierungsgründen von 1000 auf 400 zu vermindern, und in welchem Zeitraum soll diese Rationalisierungsmaßnahme durchgeführt werden? Sind Informationen aus der Presse zutreffend, daß Singen, Hohentwiel, einen Zentral-Stückgutbahnhof für den Bodenseeraum im Bereich der Bundesbahndirektion Karlsruhe erhalten soll, und welche Konsequenzen hätte diese Entscheidung für die bestehenden Stückgutbahnhofe in diesem Bereich? Mit Beschluß des Bundeskabinetts vorn 5. September 1973 ist der Bundesminister für Verkehr beauftragt worden, im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen unverzüglich Maßnahmen zur Verminderung des Bundesbahndefizits einzuleiten und vor allem Möglichkeiten zur Verbesserung des Wirtschaftsergebnisses durch Einschränkung bzw. Konzentration des Stückgutverkehrs zu suchen, da der Kleingutverkehr unternehmerisch zu beurteilen und nach eigenwirtschaftlichen Grundsätzen zu betreiben ist. Auf Grund dieses Sachverhalts erstellt der Vorstand der Deutschen Bundesbahn gegenwärtig ein Modell, wonach die Abwicklung des Stückgutverkehrs künftig über rund 400 Stückgutbahnhöfe erfolgen soll. Die Deutsche Bundesbahn wird voraussichtlich im März d. J. einen Netzplan vorlegen, aus dem der Ablauf der Konzentration und die im einzelnen zutreffenden Maßnahmen hervorgehen. Erst dann wird Klarheit darüber bestehen, welche Stellen im Laufe der Jahre 1975 und 1976 für eine Auflösung in Frage kommen. Die Bundesbahn denkt in diesem Zusammenhang nicht daran, ihr Angebot im Stückgutverkehr zu verringern oder sich aus der Fläche zurückzuziehen. Sie beabsichtigt dies vor allem auch nicht in den künftig nicht mehr über die Schiene bedienten Orten. Vielmehr erweitert sie die Bedienungsform für Orte und Ortsbereiche mit geringerem Verkehrsaufkommen. Sie führt also nur das am 1. Juni 1970 eingeführte und bewährte Bedienungsverfahren, das schon heute für mehr als 25 000 Ziele Anwendung findet, fort. Die Fortführung dieser Entwicklung ist notwendig, um nicht Dienstleistungen zu konservieren, die von den Kunden am Markt als überholt angesehen werden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die sich aus der Konzentration des Stückgutverkehrs ergebenden Verbesserungen geeignet sind, der bisherigen Entwicklung im Stückgutbereich der Deutschen Bundesbahn entgegenzuwirken. Erst nach Vorlage des von der Deutschen Bundesbahn voraussichtlich im März d. J. vorzulegenden Netzplanes werden die durchzuführenden Konzentrationsmaßnahmen im einzelnen aufgezeigt werden. Erst dann wird zu erkennen sein, bei welchen Bahnhöfen im Bodenseeraum die Abfertigungsbefugnis für Stückgut aufgehoben und ob Singen für einen bestimmten Raum des Bodenseegebietes StückgutKonzentrationspunkt wird. Die Bahnhöfe, bei denen die Abfertigungsbefugnis für Stückgut aufgehoben wird, werden künftig von gut ausgelasteten Stückgut-Konzentrationspunkten im Flächenverkehr auf der Straße bedient. Anlage 83 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 52 und 53) : Beabsichtigt die Bundesregierung, der Empfehlung der Deutschen Bundesbahn Folge zu leisten, die Strecke zwischen Uelzen und Dannenberg-Ost stillzulegen, und wenn ja, welcher Alternativ-Verkehrsangebot soll der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden? Wie erklärt sich der Bau einer Trasse für eine Bahnlinie zwischen der B 4 und dem künftigen Uelzener Hafen angesichts der Stillegungsabsicht von Bundeshahn und Bundesverkehrsministerium? Zu Frage B 52: Da die Strecke Uelzen—Dannenberg im Zonenrandgebiet liegt, wird hier das im Verkehrspolitischen Programm der Bundesregierung vorgesehene Verfahren angewendet, wonach bei Entscheidungen über solche Strecken neben yolks- und betriebswirtschaftlichen Überlegungen die besonderen politischen Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Um dies sicherzustellen, wird sich ein interministerieller Arbeitskreis (IAK) der beteiligten Ressorts mit der Überprüfung dieser Strecken befassen und eine Empfehlung für die Bundesregierung erarbeiten. Mit der vom Vorstand der DB beantragten dauernden Einstellung des Reisezugbetriebes der Nebenbahn Uelzen Dannenberg und damit auch mit einem evtl. alternativen Verkehrsangebot wird sich der IAK erst noch befassen müssen. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4973* Zu Frage B 53: Nach Auskunft der DB soll der Hafen Uelzen mit einem Privatgleisanschluß des Landkreises Uelzen an das Netz der DB angebunden werden. Eine Beziehung zu der vorgeschlagenen Einstellung des Reisezugbetriebes zwischen Uelzen und Dannenberg besteht somit nicht. Anlage 84 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Braun (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 54): Für welche konkrete Ausbaumaßnahme im Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1974 sollen die im Einzelplan 12 für den Ausbau von Teilstrecken zwischen Solingen und Radevormwald einschließlich Ortsdurchfahrt Radevormwald bei der B 229 insgesamt vorgesehenen 4 000 000 DM verwandt weiden? Die im Bundeshaushaltsplan 1974 für den Ausbau von Teilstrecken zwischen Solingen und Radevormwald einschließlich Ortsdurchfahrt Radevormwald im Zuge der B 229 vorgesehenen 4 Mio DM sind für die Fortführung der Bauarbeiten an der Wupperbrücke Müngsten vorgesehen. Anlage 85 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 55) : Trifft es zu, daß im Zuge weiterer Rationalisierungsmaßnahmen der Deutschen Bundesbahn der Stückgutverkehr in Bad Reichenhall und in Berchtesgaden eingestellt und das Schnellzugbetriebswerk Freilassing aufgelöst werden soll, und müßte bejahendenfalls bei einer Verwirklichung dieser Pläne nicht mit einer schweren wirtschaftlichen Benachteiligung dieses peripher gelegenen Gebiets gerechnet werden? Die Deutsche Bundesbahn wird vsl. im März d. J. einen Netzplan vorlegen, aus dem Ablauf der geplanten Stückgut-Konzentration und die im einzelnen zu treffenden Maßnahmen hervorgehen. Erst dann wird Klarheit darüber bestehen, welche Stellen im Laufe der Jahre 1975 und 1976 für eine Auflösung in Frage kommen. Nach dem Stand der gegenwärtigen planerischen Überlegungen bei der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn ist davon auszugehen, daß die Abfertigungsbefugnis für den Stückgutverkehr bei den Bahnhöfen Bad Reichenhall und Berchtesgaden aufgehoben und die künftige Bedienung vsl. von dem gut ausgelasteten Stückgut-Konzentrationspunkt Freilassing im Flächenverkehr auf der Straße erfolgen wird. Die Bundesbahn denkt in diesem Zusammenhang nicht daran, ihr Angebot im Stückgutverkehr zu verringern oder sich aus der Fläche zurückzuziehen. Sie beabsichtigt dies vor allem auch nicht in den künftig nicht mehr über die Schiene bedienten Orten. Vielmehr erweitert sie die Bedienungsform für Orte und Ortsbereiche mit geringerem Verkehrsaufkommen. Sie führt also nur das am 1. Juni 1970 eingeführte und bewährte Bedienungsverfahren, das schon heute für mehr als 25 000 Ziele Anwendung findet, fort. Die Fortführung dieser Entwicklung ist notwendig, um nicht Dienstleistungen zu konservieren, die von den Kunden am Markt als überholt angesehen werden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die sich aus der Konzentration des Stückgutverkehrs ergebenden Verbesserungen geeignet sind, der bisherigen Entwicklung im Stückgutbereich der Deutschen Bundesbahn entgegenzuwirken. Die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt eine Auflösung des Bahnbetriebswerks Freilassing nicht. Sie hat in ihre Planungen lediglich die Möglichkeit einbezogen, 19 Schnellzuglokomotiven der Baureihe 118 umzubeheimaten. Davon wäre nur die Werkstattunterhaltung betroffen, nicht jedoch die Mehrzahl der in einem Bahnbetriebswerk Beschäftigten die Lokomotivführer. Die elektrischen Triebfahrzeuge müssen bei ihrem geringen Unterhaltungsaufwand und den hohen Fahrleistungen aus wirtschaftlichen Gründen an wenigen Unterhaltungsschwerpunkten konzentriert werden. Derartige Maßnahmen werden von der Deutschen Bundesbahn an vielen Stellen ohne soziale Härten durchgeführt. Im Fall Freilassing untersucht die Deutsche Bundesbahn z. Z. noch Ersatzlösungen, die eine wesentliche Verminderung der Werktstattunterhaltung vermeiden sollen. Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Ahrens (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen B 56 und 57) : Wie wirkt sich die Erhebung von Mehrwertsteuer auf Autobahngebühren in Italien auf deutsche Transportunternehmen, auch im Vergleich zu italienischen Konkurrenzunternehmen, aus? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, zusätzliche Belastungen deutscher Transportunternehmen und Wettbewerbsverzerrungen zu ihren Lasten durch Erhebung von Autobahngebühren künftig zu verhindern? Zu Frage B 56: Die Mehrwertsteuer auf Autobahngebühren in Italien führt zu einer leichten Benachteiligung der deutschen Güterfernverkehrsunternehmer im Vergleich zu ihren italienischen Konkurrenten, weil die Rückerstattung dieser Steuer (als Vorsteuer) an deutsche Unternehmer mit erheblichen formalen Schwierigkeiten verbunden ist und daher in sehr vielen Fällen unterbleibt. Es handelt sich allerdings nicht um nennenswerte Beträge. Zu Frage B 57: Autobahngebühren an sich bewirken keine Wettbewerbsverzerrung im grenzüberschreitenden Verkehr, weil die Gebühren unabhängig von der Nationalität des Autobahn-Benutzers erhoben werden. Im Zusammenhang mit den Autobahngebühren treten allerdings zwei Spezialprobleme auf: 4974* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 — die in Frage 56 schon angeschnittene Rückerstattung der auf die Gebühr entfallenden Mehrwertsteuer, - das französische System der Anrechnung von Autobahngebühren auf die Kraftfahrzeugsteuer (Achslaststeuer). Auch beim zweiten Problem ist der tatsächliche Effekt verhältnismäßig gering. Trotzdem ist die Bundesregierung bemüht, im Rahmen der Steuerharmonisierung in der EWG eine Gleichstellung von deutschen und ausländischen Unternehmern in beiden Punkten zu erreichen. Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wernitz (SPD) (Drucksachen 7/1555 Frage B 58) : Ist die Regierung bereit zu prüfen, ob bei der im Donauried geplanten Versuchsanlage für Verkehrstechniken (Hochleistungsschnellbahn) das in der Westschleife vorgesehene flächenaufwendige Versuchsnebenfeld (Rad-Schiene-Technik) nicht entfallen kann? Die Bundesregierung ist bereit, Vorschläge zu prüfen, das Versuchsnebenfeld an anderer Stelle im Donauried zu errichten. Die Westschleife wird jedoch wegen der Nähe des Versuchszentrums bevorzugt. Die Bundesregierung kann zu dieser Frage erst abschließend Stellung nehmen, wenn die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens vorliegen, das z. Z. gemäß Bayer. Landesplanungsgesetz in der Zuständigkeit der Regierung von Schwaben durchgeführt wird. Das Versuchsnebenfeld ist wesentlicher Bestandteil der Versuchsanlage für Oberbau- und Komponentenerprobungen. Die innenliegende Fläche wird durch Zufahrten erschlossen und kann weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 59 und 60) : Wie weit sind die bereits im Herbst 1973 angekündigten abschließenden Gespräche zwischen dem Bundesland Österreich und der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des künftigen Autobahnüberganges Lindau/Bregenz gediehen, und wann kann endgültig mit welchem Ergebnis gerechnet werden? Hat die Bundesregierung in ihrem vorgesehenen „KonjunkturAnkurbelungs"-Programm 1974 zusätzliche Finanzmittel für den Straßenbau im Allgäu vorgesehen, und wo wird sie diese einsetzen? Zu Frage B 59: Die Verhandlungen zwischen den zuständigen Ministerien der Republik Österreich und der Bundesrepublik über die Führung der Autobahn im Raum Lindau und Bregenz konzentrieren sich auf die Lage des Grenzüberganges. Dabei sind noch zwei Varianten im Gespräch, nämlich die Grenzübergänge bei Diezlings/Süd und bei Oberhochsteg. Die Verhandlungen dauern noch an. Noch im Januar 1974 wird ein weiteres Fachgespräch stattfinden. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Gespräch schon zu einer gemeinsamen Festlegung des Grenzüberganges führt. Zu Frage B 60: Gemäß Beschluß der Bundesregierung vom 19. Dezember 1973 soll für den Fall, daß zur Sicherung eines hohen Beschäftigungsgrades im Jahr 1974 eine Erhöhung der Binnennachfrage konjunkturpolitisch erforderlich ist, ein Konjunkturprogramm für zusätzliche öffentliche Ausgaben vorbereitet werden. Ob und wann sowie in welchem Umfang ein solches Programm anlaufen kann, wird von der weiteren konjunkturellen Entwicklung abhängen. Es ist zur Zeit auch noch keine Aussage darüber möglich, ob bei Durchführung eines Konjunkturprogrammes für die Region Allgäu zusätzliche Mittel für den Bundesfernstraßenbau bereitgestellt werden. Anlage 89 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 61): Ist der Bundesregierung der Zustand des Bahnhofsgebäudes Kulmbach bekannt, und welche Pläne hat sie für das Kulmbacher Bahnhofsgebäude? Das Bahnhofsgebäude ist über 100 Jahre alt und rein äußerlich in keinem schlechten Zustand. Wegen Fehlens einer Horizontalisolierung zwischen Keller und Erdgeschoß kann jedoch aufsteigende Feuchtigkeit in das Mauerwerk dringen. Diesem Übel konnte nur z. T. durch Behelfsmaßnahmen entgegengewirkt werden. Das Gebäude soll völlig erneuert werden; jedoch sieht die Deutsche Bundesbahn vorerst keine Möglichkeit, die für einen Neubau erforderlichen Mittel bereitzustellen. Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn hat deshalb die Bundesbahndirektion Nürnberg beauftragt, zu prüfen, ob nicht mit einem wesentlich geringerem Mittelaufwand das Gebäude baulich instandgesetzt und überholt werden kann. Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 23. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 62) Welchen Finanzbetrag hat der Bund im Jahr 1973 für den Neubau von Bundesfernstraßen im Regierungsbezirk Tübingen ausgegeben, und wie hoch war dieser Betrag in den Jahren 1968, 1969, 1970, 1971 und 1972? Für den Neubau der Bundesfernstraßen im Regierungsbezirk Tübingen hat der Bund im Jahre 1973 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4975* 53,270 Mio DM ausgegeben. In den .Jahren 1968 bis 1972 hat der Bund die nachstehenden Beträge ausgegeben: 1968 1969 1970 1971 1972 31,754 51,440 77,020 82,134 77,601 Aufgrund der mit Wirkung vom 1. 1. 1973 eingeführten Verwaltungsreform haben sich Gebietsverschiebungen ergeben. Hierdurch sind die Mittel für den Bundesautobahnneubau im Jahre 1973 für den Streckenabschnitt Oberndorf—Bad Dürrheim beim Regierungsbezirk Tübingen nicht mehr enthalten. Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 22. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Büchner (Speyer) (SPD) (Drucksache 7/1555 Frage B 63) : Ist die Bundesregierung bereit, durch eine Erhöhung der Förderungsmittel dazu beizutragen, daß vor allem die zweiseitigen Begegnungen von Mannschaften und Vereinen zwischen Berlin und den Städten des Bundesgebiets intensiviert werden können? Im Rechnungsjahr 1973 standen aus dem Titel 685 07 „Zuschüsse zur Förderung von Reisen nach Berlin (West) und an die Grenze der DDR" zur Förderung von Sportbegegnungen von Mannschaften und Vereinen aus dem Bundesgebiet mit Berliner Mannschaften und Vereinen in Berlin (West) 600 000,— DM zur Verfügung. Bis zum 31. Dezember 1973 sind vom Landessportbund Berlin, der die Anträge entgegennimmt und nach den „Richtlinien für die Förderung von Sportbegegnungen in Berlin (West)" bearbeitet, rund 560 000,— DM abgerufen worden. Auf Grund der Verkehrsbeschränkungen durch die Sonntagsfahrverbote im November und Dezember 1973 konnte dieser Betrag nicht in vollem Umfang verbraucht werden. Der Landessportbund Berlin hat nicht verbrauchte Mittel in Höhe von 45 000,— DM erstattet. Danach wird die Istausgabe für 1973 bei rund 515 000,— DM liegen. Für das Rechnungsjahr 1974 sind im Haushaltsplan wieder 600 000,— DM für den genannten Zweck vorgesehen. Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 18. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Müller (Mülheim) (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen B 64 und 65) : Kann die Bundesregierung Berichte bestätigen, wonach Schriftsteller oder Künstler aus der DDR, denen von Städten, Einrichtungen öffentlicher oder privater Art in der Bundesrepublik Deutschland in Anerkennung ihres Kunstschaffens Preise verliehen werden, diese ausschlagen? Treffen öffentlich geäußerte Vermutungen zu, daß die ablehnende Haltung der Betroffenen auf Druck der Behörden der DDR zurückzuführen ist, und steht dies nicht im Widerspruch zu den Bekundungen, die kulturellen Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten zu verbessern und zu festigen? 1. Im Zeitraum der letzten zwei Jahre sind mir mehrere Fälle der Literaturpreisverleihung an Schriftsteller in der DDR durch Preisstifter im Bundesgebiet bekanntgeworden. Soweit ich es übersehe, ist lediglich in einem Fall, nämlich bei der Verleihung des Wilhelm Raabe-Preises der Stadt Braunschweig, eine Absage erfolgt. Hier handelt es sich um einen Vorgang im Jahre 1972, der erst Anfang 1974, nachdem der Entschluß des Preisträgers als definitiv anzusehen ist, durch Presseveröffentlichungen einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde. 2. In dem erwähnten Fall sind die Motive nicht eindeutig erkennbar. Ob Einwirkungen von dritter Seite eine Rolle spielten, muß ich offenlassen. Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 22. Januar 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage B 66) : Wie ist die Äußerung von Bundesminister Franke in einem Kommentar für den Berliner Sender RIAS, die DDR scheine bemüht zu sein, „deutlich zu machen, daß sie den Entspannungsprozeß zwischen beiden deutschen Staaten grundsätzlich weiter fordern will", in Übereinstimmung zu bringen mit der Tatsache, daß die Angehörigen der Nationalen Volksarmee erst kürzlich im Soldatenmagazin „Armeerundschau" zu bedingungslosem Ilaß gegenüber dem Westen aufgerufen worden sind und eine solche Haltung als „unsere Moral" charakterisiert worden ist? Die unbestreitbar offensive ideologische Erziehung und Ausrichtung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee gegenüber dem Westen entspricht nicht unseren Vorstellungen vom politischen Entspannungsprozeß zwischen den beiden deutschen Staaten. Wenn die Verantwortlichen in der DDR — ebenso wie die in den osteuropäischen Staaten — meinen, auf dieses dem ideologischen Bereich zuzuordnende Moment der Ausrichtung der Soldaten nicht verzichten zu können, so ist dies ein Ausdruck der von ihnen als Gegengewicht zur Entspannungspolitik für notwendig erachteten Abgrenzung. Ebenso unbestreitbar ist, daß wir uns erst am Beginn des Entspannungsprozesses befinden, wobei erschwerend hinzu kommt, daß sich dieser Prozeß an der Nahtstelle der in früheren Jahren härtesten Konfrontation zwischen Ost und West vollzieht. Wenn von Entspannung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR die Rede ist, so heißt dies nicht, daß wir diesen Zustand bereits erreicht hätten. Sie ist das Ziel der von der Bundesregierung eingeleiteten Vertragspolitik mit der DDR. Auf der anderen Seite ist die Tatsache unübersehbar, daß auf dem Weg zu diesem Ziel beträchtliche Schritte nach vorn getan wurden und weiterhin getan werden: Dazu gehören einmal der Abschluß des Verkehrsvertrages und der Abschluß des Grundlagenvertrages mit der DDR. Sie bilden die vertragliche Basis für die Anfänge einer sich ausweitenden Kommunikation zwischen den Menschen 4976* Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25, Januar 1974 in den beiden deutschen Staaten. Seit Inkrafttreten des Verkehrsvertrages und der Aufnahme des grenznahen Verkehrs haben die Reisen von Menschen aus der Bundesrepublik Deutschland in die DDR im Verhältnis zu der entsprechenden Zeit vorher um mehr als 60 % zugenommen; in umgekehrter Richtung ist eine Steigerung der Besuchsreisen von nahezu 20 % erfolgt. Auch durch die erweiterten Möglichkeiten des Telefonverkehrs hat sich die Kommunikation zwischen den Menschen in den beiden deutschen Staaten auf ein bisher nicht gekanntes Ausmaß intensiviert. In diesen Zusammenhang gehört ferner, daß auf allen im Grundlagenvertrag vorgesehenen Gebieten Folgeverhandlungen mit der DDR aufgenommen wurden. Insgesamt sind das 14 Verhandlungsstränge, wobei die Grenzkommission als erste Ergebnisse ihrer Tätigkeit bereits zwei Vereinbarungen mit der DDR — über die Grundsätze zur Schadensbekämpfung an der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten und — über die Grundsätze zur Instandhaltung und zum Ausbau der Grenzgewässer sowie der dazu gehörenden Anlagen vorgelegt hat. Bei den meisten der laufenden Folgeverhandlungen ist der Durchbruch zu Sachgesprächen erfolgt. Die Bundesregierung hat stets auf die Schwierigkeiten bei den innerdeutschen Verhandlungen hingewiesen. Doch ohne die Bereitschaft der DDR, den Weg der Förderung des Entspannungsprozesses grundsätzlich beizubehalten, wären die bisherigen Ergebnisse und die sich anbahnenden Fortschritte bei den Folgeverhandlungen nicht denkbar. Anlage 94 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Fragen B 67 und 68) : Ist die Bundesregierung bereit, im Interesse der Wettbewerbsgleichheit die Gebührenfreiheit im Postscheckdienst, mit der sie den Eindruck eines besonders kostengünstig arbeitenden Dienstleistungsunternehmens erwecken will, obwohl die Kosten hierfür aus den Monopoldienstzweigen der Deutschen Bundespost - also von der Allgemeinheit — getragen werden, abzubauen? Besteht die Absicht, bei der Rechnungslegung der Deutschen Bundespost die seit 1968 praktizierte Dreiteilung des Postschecksystems, die in ihrem Ergebnis zu irreführenden Folgerungen führt, wieder aufzugeben zugunsten einer Abrechnung, aus der das Defizit der — eine Einheit bildenden drei Zahlungsarten klar hervorgeht? Die Frage geht von der Annahme aus, die Deutsche Bundespost wolle im Postscheckdienst durch Gebührenfreiheit den Eindruck eines besonders kostengünstige arbeitenden Dienstleistungsunternehmens erwecken. Diese Annahme trifft nicht zu. Für die bestehende Gebührenfreiheit des im öffentlichen Auftrag betriebenen Postscheckdienstes ist nicht der Wettbewerbsgesichtspunkt entscheidend. Maßgeblich ist das Ergebnis der Leistungs- und Kostenrechnung. Bislang hat. der Postscheckdienst danach mit Kostenüberdeckung gearbeitet. Künftig lassen sich Kostenunterdeckungen jedoch nicht ausschließen. Die derzeit im Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost zur Beschlußfassung vorliegende Gebührenplanung enthält daher für den Postscheckdienst eine nach der Postenzahl gestaffelte Kontoführungsgebühr, die zum 1. Januar 1975 wirksam werden soll. Die in der Leistungs- und Kostenrechnung der Deutschen Bundespost seit 1968 vorgenommene Darstellung der Zahlungsverkehrsdienste kann nicht zu irreführenden Folgerungen führen, da nach wie vor für jeden einzelnen Dienstzweig und Teildienstzweig das betriebswirtschaftliche Ergebnis ausgewiesen wird. Gleichwohl wird gegenwärtig geprüft, ob die 1968 gewählte Darstellungsform auch nach heutigem Erkenntnisstand als die bestmöglich sachgerechte zu gelten hat. Anlage 95 Antwort des Bundesminister Dr. Eppler vom 23. Januar 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (SPD) (Drucksache 7/1555 Fragen B 69 und 70) : Wie will die Bundesregierung sicherstellen, daß auch über Sportentwicklungshilfemaßnahmen der Deutschen Sportjugend im Rahmen des „interministeriellen Ausschusses" der Bundesregierung entschieden wird? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß auch der Einsatz von Sportfachkräften durch die deutschen Entwicklungshilfeorganisationen (z. B. DED) in enger Abstimmung mit den Vorhaben der Bundesregierung erfolgen muß? Zu Frage B 69: Bei der Förderung von Maßnahmen der Sportjugend geht es in erster Linie darum, Jugendkontakte zu schaffen und zu verstärken. Insoweit wird die erforderliche Koordinierung dadurch gewährleistet, daß der zuständige Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit die anderen Ressorts gemäß § 70 GGO beteiligt. Zu Frage B 70: Die Bundesregierung teilt die von Ihnen vertretene Auffassung. Von den Organisationen, die die Bundesregierung im Bereich der Entwicklungshilfe fördert, hat bisher lediglich der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) Sportfachkräfte in Entwicklungsländer entsandt. Diese Fachkräfte werden überwiegend zur Ausbildung von Lehrern für Primarschulen eingesetzt, bei der die Sportausbildung nur ergänzend betrieben wird. Der Deutsche Entwicklungsdienst teilt seine Planungen hierzu dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit. Der Vertreter des BMZ im Interministeriellen Ausschuß zur Förderung des Sports in Entwicklungsländern stellt sicher, daß die geplanten DEDProjekte mit den anderen Sportmaßnahmen der Bundesregierung in den Entwicklungsländern abgestimmt werden.
Gesamtes Protokol
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707700000
Die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes — Drucksache 7/1265 —, der in der 69. Sitzung des Deutschen Bundestages am 6. Dezember 1973 an den Ausschuß für Verkehr — federführend —, an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — mitberatend — sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen wurde, nachträglich auch dem Innenausschuß zur Mitberatung überwiesen werden. — Das Haus ist damit einverstanden; es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Überweisungen von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung (EWG) des Rates zur vollständigen oder teilweisen Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Erzeugnisse der Kapitel 1 bis 24 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta.
— Drucksache 7/1556 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Verlängerung des Zeitraums für Übergangsmaßnahmen für landwirtschaftliche Erzeugnisse in den neuen Mitgliedstaaten.
— Drucksache 7/1557 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur vollständigen Aussetzung des Zollsatzes für bestimmte industrielle Waren mit Ursprung in Malta.
— Drucksache 7/1559 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung von Zollpräferenzen (teilweise Aussetzung der Zollsätze) für Fertigwaren aus Jute und Kokosfasern mit Ursprung in Indien und für Fertigwaren aus Jute mit Ursprung in Bangladesh.
— Drucksache 7/1558 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens über handelspolitische Zusammenarbeit zwischen
der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Indien.
— Drucksache 7/1560 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft (federführend), Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die von den Zöllen des Gemeinsamen Zolltarifs befreite Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters.
Drucksache 7/1561 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EURATOM) des Rates zur Änderung der Regelung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland dienstlich verwendeten Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Forschungsstelle.
Drucksache 7/1562 -
überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates
über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für bestimmte Textilwaren mit Ursprung in Jugoslawien
über die Eröffnung von Zollpräferenzen für bestimmte Textilwaren mit Ursprung in Jugoslawien.
— Drucksache 7/1568 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EURATOM) des Rates zur Änderung der Regelung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Forschungsstelle, die in den Niederlanden dienstlich verwendet werden
— Drucksache 7/1569 —
überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für Kakaobutter und löslichen Kaffee mit Ursprung in den Entwicklungsländern.
— Drucksache 7/1577 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die Durchführung der Empfehlung Nr. 1/73 des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Zypern eingesetzten Assoziationsrates, die die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen auf dem Zollsektor festlegt.
— Drucksache 7/1578 —
überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates
zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 816/70 in bezug auf
die Definition von Likörwein und bestimmten Traubenmost
zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 948/70 zur Definition bestimmter aus Drittländern stammender Erzeugnisse der Nummern 20.07, 22.04 und 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs.
— Drucksache 7/1579 —
überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat



Vizepräsident Frau Funcke
Überweisung von Zollvorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Aufhebbare Dreißigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung
Drucksache 7/1574 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig zum Plenum am 15. Mai 1974
Aufhebbare Neunundzwangzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung -
- Drucksache 7 1580 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um
Vorlage des Berichts rechtzeitig zum Plenum am 15. Mai 1974
Aufhebbare Siebenundvierzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste — Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz -
- Drucksache 7/1581 -
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um
Vorlage des Berichts rechtzeitig zum Plenum am 15. Mai 1974
Zur Geschäftsordnung Herr Häfele.

Dr. Hansjörg Häfele (CDU):
Rede ID: ID0707700100
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für die Fraktion der CDU/CSU beantrage ich, den Punkt 6 — Drittes Steuerreformgesetz — von der Tagesordnung abzusetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

Wir fordern die Regierung auf, statt dessen unverzüglich einen neuen Steuergesetzentwurf vorzulegen über das, was steuerlich unaufschiebbar ist, jedoch realistischerweise 1974 rechtzeitig bewältigt und ab 1975 in Kraft gesetzt werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Im Bundesrat haben am 20. Dezember letzten Jahres alle Länder, auch die von der SPD regierten, meine Damen und Herren,

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

das Dritte Steuerreformgesetz abgelehnt, schon weil aus praktischen Gründen die Voraussetzungen für ein Inkrafttreten insgesamt am 1. Januar 1975 fehlen. Dies gilt insbesondere, wie es SPD-Finanzminister Wertz vorgetragen hat, für so wesentliche Teile wie die Umstellung des Kinderlastenausgleichs und das Sparprämienrecht, ganz zu schweigen von der Kraftfahrzeugsteuer, bei der die Widersprüchlichkeit im Regierungslager bis zur Handlungsunfähigkeit gediehen ist,

(Oho-Rufe bei der SPD)

sowie der Körperschaftsteuer und der geplanten Vermögensbildungsabgabe.
Staatssekretär Porzner, meine Damen und Herren — hören Sie zu, was Ihr eigener Staatssekretär Porzner damals gesagt hat —, mußte in der gleichen Bundesratssitzung außerdem einräumen, es sei auch aus Geldmangel zweifelhaft, ob das Gesetz wie vorgesehen bis 1975 zustande kommt. Meine Damen und Herren, fürwahr, die inflationäre Entwicklung hat einer wirklichen Steuerreform weitgehend den Boden entzogen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Offiziell verkrallt sich die Bundesregierung dennoch nach wie vor in die Sprachregelung, das Dritte Steuerreformgesetz sei bis 1975 machbar.
Dabei erfahren wir aus der Presse, daß im Schoße der Regierung an Stelle des Dritten Steuerreformgesetzes schon der Entwurf eines stark verkürzten Ersatzgesetzes fertiggestellt worden ist.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Es soll den Titel tragen: „Erstes Gesetz zur Reform der Einkommensteuer". Nach stundenlangem Sichhin-und-her-Winden, meine Damen und Herren, mußte dies die Koalition im Finanzausschuß zugeben, wenn auch nur sehr versteckt. Trotzdem lehnte sie unseren Antrag ab, diesen Ersatzentwurf den Mitgliedern des Finanzausschusses auszuhändigen.
Meine Damen und Herren, was ist dies für eine Behandlung des Parlaments und der Öffentlichkeit!

(Beifall bei der CDU/CSU.) So können Sie mit uns nicht verfahren.


(Lachen bei der SPD.)

Dem Bundestag und den anzuhörenden Verbänden kann nicht zugemutet werden, über ein Vorhaben zu beraten, das alle unvoreingenommenen Sachkundigen und der gesamte Bundesrat, selbst alle SPD-Landesregierungen, in diesem Jahr für nicht für durchführbar halten.
Wenn dieses Parlament überhaupt noch sinnvoll arbeiten soll, dann lehnt es die ihm zugemutete Beschäftigungstherapie ab. Wir sollten uns nicht mit überholten Gesetzentwürfen befassen, sondern mit machbaren.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Eine große Steuerreform ist nicht in drei bis vier Monaten durchzupeitschen.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Es genügt auch nicht, wenn der Bundeskanzler am 26. Oktober 1973 vor dem Bundestag voller Stolz verkündet — —

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707700200
Herr Kollege Häfele, wir sind in der Geschäftsordnungsdebatte, nicht in der Sachdebatte.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Bitte!

Dr. Hansjörg Häfele (CDU):
Rede ID: ID0707700300
Frau Präsidentin, ich begründe, weshalb wir die Absetzung des Tagesordnungspunktes wünschen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich wiederhole: Es genügt nicht, wenn der Bundeskanzler am 26. Oktober 1973 — —

(Unruhe bei der SPD.Abg. Pfeffermann: Frau Präsidentin, es wäre doch sehr nützlich, wenn Sie auch mal da hinüber schauen würden! Weitere Zurufe von der CDU/ CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707700400
Meine Damen und Herren, wir wollen uns an die Geschäftsordnung halten. Die Geschäftsordnung besagt, daß der An-



Vizepräsident Frau Funcke
trag begründet wird. Die Geschäftsordnung sagt, daß erst — —

(Weitere, lebhafte Zurufe von der CDU/ CSU.)

— Meine Damen und Herren, wollen Sie vielleicht den Präsidenten wenigstens sprechen lassen; das ist doch an sich Übung dieses Hauses. — Die Geschäftsordnung sagt, daß darauf geantwortet werden kann. Aber es muß sich in beiden Fällen im Rahmen einer Geschäftsordnung halten, d. h. die Rede muß sich auf die prozessuale Art und Weise der Behandlung beziehen und darf nicht in Wertungen und eine Sachdebatte ausarten. Ich bitte, Herr Kollege Häfele, sich daran zu halten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hansjörg Häfele (CDU):
Rede ID: ID0707700500
Frau Präsidentin, ich fahre fort in der Begründung unseres Antrags, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie auf der linken Seite des Hauses, die hier systematisch stört, für Ordnung sorgen würden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Es genügt nicht, wenn der Herr Bundeskanzler am 26. Oktober 1973 vor dem Bundestag voller Stolz verkündet, die Steuerreform sei auf den Weg gebracht. Zur politischen Führung gehört es, daß man sich realistische Ziele vornimmt und diese dann auch durchsetzt. Es reicht auch nicht aus, wenn der Bundeskanzler, wie schon einmal nach seinem Sommerurlaub, dieses Mal nach seinem Winterurlaub laut denkt und steuerliche Erleichterungen schon 1974 für möglich hält. Gestern mußte er offensichtlich wiederum hier etwas anderes sagen. Heute morgen lesen wir in der Zeitung, daß Herr Staatssekretär Porzner sagt, daß doch schon dieses Jahr steuerliche Erleichterungen fällig werden müßten. Dieser steuerpolitische Zickzackkurs ist unerträglich.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707700600
Herr Kollege Häfele, ich entziehe Ihnen das Wort.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Pfui-Rufe und erregte Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Dr. Häfele: Frau Präsidentin, ich beuge mich der Macht, aber nur der Macht! — Gegenruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Ungehöriger Flegel! — Anhaltende erregte Zurufe. — Abg. Dr. Jenninger: Unerhört ist das! — Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Was ist das für ein Fraktionsvorsitzender, der das zuläßt? — Anhaltende Unruhe.)

Wird das Wort zur Geschäftsordnung gewünscht? — Herr Kollege Offergeld!

(Fortgesetzte Zurufe und Unruhe bei der CDU/CSU. — Abgeordnete der CDU/CSU verlassen den Saal.)

Das Wort hat der Abgeordnete Offergeld!

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0707700700
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beantrage namens der Koalitionsfraktionen, den Antrag der CDU/CSU abzulehnen. Wieweit die Opposition ihren Theaterdonner hier ernst nimmt, kann man aus der Präsenz 'der Abgeordneten der CDU/CSU ablesen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Gerster [Mainz]: Das ist auch eine Wertung!)

Im übrigen, meine Herren von der Opposition, werden wir über die Sache anschließend in der ersten Lesung diskutieren. Ich kann Ihnen nur sagen: wir werden Sie nicht der Notwendigkeit entheben und Sie nicht aus der Verlegenheit entlassen, zur Steuerreform inhaltlich Stellung zu nehmen und zu sagen, was Sie wollen,

(Abg. Dr. Althammer: Zur Geschäftsordnung!)

ob Sie den Kinderlastenausgleich wollen oder nicht.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Der Notwendigkeit, sich dazu zu äußern, werden wir Sie nicht entheben.
Wir lehnen darum den Antrag ab.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zahlreiche Abgeordnete der CDU/ CSU verlassen den Saal. — Lachen und Zurufe von den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707700800
Meine Damen und Herren, es ist der Antrag gestellt worden, Punkt 6 von der Tagesordnung abzusetzen. Ein Kollege hat dafür gesprochen, ein Kollege dagegen. Wir kommen zur Abstimmung.
Wer dem Antrag auf Absetzung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. —

(Lachen und Zurufe von den Regierungsparteien.)

Gegenprobe! — Das zweite ist die Mehrheit; der Punkt bleibt auf der Tagesordnung.
Zur Geschäftsordnung, Herr Wagner!

Dr. Leo Wagner (CSU):
Rede ID: ID0707700900
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist soeben eine Auslegung des § 34 der Geschäftsordnung erfolgt, die nach unserer Meinung nicht in Ordnung ist. In der Geschäftsordnung heißt es:
Die Bemerkungen dürfen sich nur auf den zur Verhandlung stehenden oder unmittelbar vorher verhandelten Gegenstand oder den Geschäftsplan des Hauses beziehen. Sie dürfen die Dauer von fünf Minuten nicht überschreiten.
Diese Regeln hat der Kollege Häfele eingehalten.

(Widerspruch bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Das ist Sache der Präsidentin! Das war eine grobe Ungehörigkeit!)

Wir sehen in der Handhabung der Geschäftsordnung eine Beschränkung der Möglichkeiten der Opposition und beantragen, daß die Sitzung auf 30 Minuten unterbrochen wird und daß sich der
4892 Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974
Wagner (Günzburg)

Ältestenrat des Bundestages mit dieser Frage beschäftigt.

(Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Das war eine grobe Ungehörigkeit!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707701000
Zur Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0707701100
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege Wagner weiß genausogut wie jedes andere Mitglied des Ältestenrates, daß nicht jede Bestimmung unserer Geschäftsordnung so exakt gefaßt ist, daß sie für jede unvorhersehbare Situation, wie es heute morgen der Fall war, eine nicht auslegungsfähige Aussage treffen könnte. Es hat sich aber Gott sei Dank in den vergangenen 25 Jahren in diesem Parlament eine Praxis herausgebildet, und danach ist es eindeutig so, daß sich Herr Häfele nicht korrekt verhalten und die Frau Präsidentin ihm zu Recht das Wort entzogen hat, nachdem er wiederholt angemahnt worden war.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Um derartige Vorfälle in der Zukunft zu verhindern, werden sich die Koalitionsfraktionen überlegen,

(Abg. Dr. Althammer: Die Opposition überhaupt nicht mehr reden zu lassen!)

wie sie die Geschäftsordnung ändern können, damit künftig derartige Fälle nicht mehr vorkommen, und sie werden das mit tunlicher Beschleunigung erledigen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rawe: Machen Sie mal so weiter! — Abg. Dr. Althammer: Am besten die Opposition verbieten! Dann sind Sie sie los!)

— Niemand will die Opposition verbieten.

(Abg. Dr. Jenninger: Ja, das ist es!) — Das haben Sie gesagt.


(Abg. Dr. Jenninger: Natürlich!)

— Vielleicht ist es Ihre Meinung, daß diese Opposition in diesem Hause fehl am Platze ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Opposition hat, wie wir alle wissen, wiederholt den Vorwurf erhoben, mit dieser Steuerreform sei es gar nicht ernst gemeint; sie werde in dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden können.

(Abg. Dr. Jenninger: Zur Sache, bitte!)

Da sie nun heute erkannt hat, daß sie mit dieser Einschätzung schief liegt, versucht sie, die erste Lesung dieses dritten Steuerreformpakets zu verhindern.

(Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, wir sollten uns dadurch
nicht aus der Ruhe bringen lassen, sondern meines
Erachtens unverzüglich an die Arbeit gehen, die wir für den Wähler leisten müssen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707701200
Meine Damen und Herren, von der CDU/CSU-Fraktion ist Unterbrechung um eine halbe Stunde beantragt worden. Ich würde meinen, wir geben dem Antrag statt. — Die Sitzung wird um Viertel vor zehn fortgesetzt.
Ich darf im Namen der Frau Präsidentin den Altestenrat für sofort einberufen.

(Unterbrechung von 9.16 bis 10.12 Uhr.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707701300
Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Der Ältestenrat empfiehlt, in der Tagesordnung fortzufahren. Darüber hinaus möchte ich klarstellen, daß die Folgerungen aus § 41 der Geschäftsordnung, die bei Entziehung des Wortes eintreten könnten — die Geschäftsordnung ist hier nicht klar formuliert , auf Grund einer gegenseitigen Vereinbarung nicht eintreten sollten. Es heißt in § 41, daß ein Redner nach einer Wortentziehung am gleichen Tag zum selben Tagesordnungspunkt das Wort nicht mehr erhalten darf. Mir ist ein Fehler insofern unterlaufen, als ich bei der zweiten Ermahnung nicht auf diese Folgen aufmerksam gemacht habe. Das ist aber Voraussetzung für die genannte Folgewirkung. Ich glaube, wir sind alle der Meinung, daß wir diese Folgen deshalb auch nicht eintreten lassen sollten. Im übrigen wird sich der Geschäftsordnungsausschuß noch mit der Auslegung des § 34 der Geschäftsordnung beschäftigen.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 4 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts
— Drucksache 7/656 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/1597 —
Berichterstatter: Abgeordneter Grobecker
b) Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)

— Drucksache 7/1515 —
Berichterstatter: Abgeordneter Glombig (Erste Beratung 51. Sitzung)

Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Wird das Wort zu Erklärungen gewünscht? — Herr Abgeordneter Maucher!

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0707701400
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der CDU/ CSU habe ich folgende Erklärung abzugeben.
Wir stehen nun vor der Verabschiedung des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts und können mit Genugtuung feststellen,



Maucher
daß hier ein Gesetz verabschiedet werden soll, das im Grundsatz die uneingeschränkte Zustimmung — von Einzelheiten des vorliegenden Entwurfs abgesehen — des ganzen Hauses findet. Vor allem sind wir sehr befriedigt darüber, daß bei der Beratung dieses Gesetzes eine ganze Reihe von Anträgen der Opposition angenommen wurden und ebenso eine große Zahl der Anträge als gemeinsame Auffassung der Vertreter aller Fraktionen im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung bezeichnet werden können. Wir hätten es für richtig gehalten, wenn das auch im Bericht entsprechend vermerkt worden wäre.
Dennoch hätten wir gewünscht, daß einige entscheidende Gesichtspunkte, die von der Opposition vorgetragen wurden, noch berücksichtigt worden wären. Das Gesetz als Ganzes kann unbestritten als ein gutes Egebnis gemeinsamer Arbeit — getragen vom guten Willen im Blick auf die Behinderten, um deren Situation erleichtern zu helfen — bezeichnet werden. Es kann gleichzeitig aber auch als die Konsequenz des jahrelangen Bemühens im Rahmen der Gesamtrehabilitation angesehen werden. Ich darf hierbei feststellen, daß ein wichtiger Punkt des Berliner Programms verwirklicht worden ist. Das starke Interesse, das sich in den vielen Eingaben der Verbände, Träger der Rehabilitation usw. äußert, beweist zwei Dinge: Erstens wird dadurch deutlich, was in den letzten Jahrzehnten auf dem Gebiet der Hilfe für den behinderten Menschen tatsächlich geleistet wurde, und damit die Behauptung vom Schattendasein widerlegt. Zweitens wird dadurch deutlich, daß bei vielen Organisationen und Trägern der Rehabilitationsstätten der ernste Wille vorhanden ist, die größtmögliche Hilfe für die Behinderten auf Grund eines brauchbaren, der Gegenwart angepaßten Gesetzes zu erreichen.
Mit diesem Gesetz wird ein weiterer Schritt zu einer sehr wichtigen, wirkungsvollen Koordinierung aller Rehabilitationsmaßnahmen im allgemeinen getan. Im Grundsatz muß man feststellen, daß mit dem bisherigen Schwerbeschädigtengesetz vom 1. Mai 1953 entsprechend den Verhältnissen Hervorragendes geleistet worden ist. Der nun vorliegende Gesetzentwurf stellt auf das finale Denken um, d. h., alle körperlich und geistig Behinderten mit einer MdE von 50 % erhalten nach diesem Gesetz Schutz und Hilfe.
Namens meiner Fraktion weise ich nochmals darauf hin, daß wir zu dieser Entwicklung ja sagen. Wir sind aber der Meinung, daß bisher praktiziertes Recht nicht aufgegeben werden darf. Aus diesem Grunde haben wir im Ausschuß darauf hingewiesen, daß es in den Fällen, in denen nach dem Bundesversorgungsgesetz auf Grund der beruflichen Betroffenheit eine MdE von 50 % festgestellt wurde, bei der Schwerbeschädigteneigenschaft und beim -ausweis verbleiben muß.
Wir begrüßen, daß der Wille des Ausschusses in dieser Frage entsprechend unserer Auffassung eindeutig zu erkennen war. Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß in den Fällen, in denen in Zukunft auf Grund der beruflichen Betroffenheit eine MdE nach dem BVG von 50 % insgesamt erreicht wird, eine Gleichbehandlung sichergestellt wird.
Ich will mir ersparen, auf alle Einzelheiten einzugehen. Lassen Sie mich daher nur noch einige besonders wichtige Fragen anschneiden.
Die CDU/CSU-Fraktion hat es bedauert, daß ihrem Antrag, der auf die besondere Situation der mittelständischen Kleinbetriebe abstellte, nicht entsprochen wurde. Wir wollten, daß die Beschäftigungspflicht erst bei 20 Arbeitsplätzen einsetzt. Der Antrag sah jedoch nicht vor, daß sich das weiter fortsetzt, sondern daß der zweite Pflichtplatz bei 32 Arbeitsplätzen beginnt. Die Auswirkung auf die Beschäftigung der Behinderten wäre ohnehin unbedeutend. Wo es schwer ist, einen Behinderten zu beschäftigen, ist weder dem Betrieb noch dem Behinderten selbst ein guter Dienst erwiesen. Aber die besondere Situation der mittelständischen Kleinbetriebe, unter deren Inhabern sich auch Schwerbehinderte befinden, sollte nicht übersehen werden.
Auf der anderen Seite heißt „Beschäftigung behinderter Menschen" aber, daß sie so erfolgt, daß der Betreffende den Arbeitsplatz in voller Leistung entsprechend seiner Behinderung ausfüllen kann. Das wäre praktisch nicht zu verwirklichen gemäß § 12 dieses Gesetzes. Wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen, kann die Arbeitsvermittlung nicht als großer Dienst für den Behinderten bezeichnet werden. Ich bedauere, daß im Schriftlichen Bericht die Argumente hierzu nicht vermerkt sind.
Die Auffassung, daß die Ausgleichsabgabe in Höhe von 50 % dem Bund verbleiben sollte, können wir nicht teilen. Wir sind der Meinung, daß es im Grunde genommen notwendig wäre, den Hauptfürsorgestellen mehr Mittel für ihre Aufgaben zur Verfügung zu stellen, wie es von ihnen verlangt und vom Bundesrat vorgeschlagen worden ist. Deshalb bedauern wir, daß unser entsprechender Vorschlag abgelehnt wurde.
In diesem Zusammenhang darf ich gleichzeitig feststellen, daß der Beirat für die Rehabilitation bei der Verwendung der Mittel ein stärkeres Mitwirkungsrecht bekommen hat, als es der Regierungsentwurf vorsah. Wir hätten es jedoch lieber gesehen, wenn die bisherige Regelung beibehalten worden wäre. Hier muß ich leider zu der Feststellung kommen, daß im allgemeinen immer mehr Mitbestimmung verlangt wird, aber von der Regierungsseite ständig versucht wird, die Mitbestimmung und Mitwirkung — das gilt auch für die gesamte Entwicklung in der Selbstverwaltung — einzuschränken. Es ist jedoch sichergestellt, daß ohne die Zustimmung des Beirats für die Rehabilitation der Behinderten Ausgaben nicht erfolgen können.
Die Einrichtung der Beiräte und beratenden Ausschüsse bei den Landesarbeitsämtern bzw. Hauptfürsorgestellen begrüßen wir. Damit wird auch der Sachverstand aus der Praxis genützt. Die stärkere Stellung des Vertrauensmanns und die stärkere Beteiligung der Behinderten bei der Durchführung des Gesetzes haben wir mit unterstützt. Die Urlaubsregelung ist befriedigend und entspricht unserer Auffassung.
Nun zu einer grundsätzlichen Frage, dem Vergünstigungswesen. In § 34 a Abs. 2 heißt es:



Maucher
Vergünstigungen, die auf Grund bisher geltender Rechtsvorschriften gewährt werden, bleiben unberührt.
Ich muß es gleich ankündigen: Hier liegt ein Pferdefuß in der Besitzstandswahrung in gleichgearteten Fällen. Wenn beispielsweise eine MdE von 50 % vorübergehend auf 40 % herabgesetzt und dann wieder auf 50 % infolge von Verschlimmerung heraufgesetzt wird, 'handelt es sich um einen neuen Fall, und der Betroffene kann dann die früheren Rechte, die er einmal hatte, nicht wieder erhalten. Ich weise jetzt schon darauf hin, daß eine solche Entwicklung große Unruhe und Schwierigkeiten unter den Betroffenen hervorrief.
Hierzu muß ich eine weitere Feststellung treffen. In der Vorlage des Entwurfs heißt es: Kosten für den Bundeshaushalt keine. Jeder, der heute diesem Gesetz zustimmt, muß wissen, daß es auf dem Gebiet der Kraftfahrzeug-, Fahr-, Steuerrechtsvergünstigungen und Vergünstigungen anderer Art, die bisher bestehen, einschließlich der flexibleren Altersgrenze in der Rentenversicherung, für den erweiterten Personenkreis angewendet werden muß. Bei der Einbringung dieses Gesetzes habe ich darauf hingewiesen, daß wir die Umstellung von kausalen zum finalen Denken bejahen, daß aber die Priorität der Kriegsopfer usw. nicht eines Tages durch das Gesetz der großen Zahl und der finanziellen Auswirkungen in Frage gestellt werden darf. Wenn beispielsweise erwogen wird, bei den Fahrvergünstigungen Einkommensgrenzen einzuführen, wäre das schon der erste Ansatz, um diesen Grundsatz zu durchbrechen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang gleichzeitig darauf hinweisen, daß wir uns bemüht haben, in Art. 2 § 3 zu erreichen, daß der Ausgleichsfonds als Sondervermögen vom Bundesausschuß für Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge gesondert verwaltet wird. Wir bedauern, daß diese unsere Bemühungen, auf dem Wege eines interfraktionellen Antrags eine entsprechende Regelung zu treffen, gescheitert sind. Damit ist keine Möglichkeit mehr gegeben, z. B. den Kriegs- und Arbeitsopfern, die aus dem Arbeitsleben ausgeschieden sind, gewisse Hilfe zu verschaffen. Es bleibt nur zu wünschen, daß die Bundesregierung Maßnahmen ergreift, um die Einrichtungen für die Erholungsfürsorge wie bisher zu fördern, vor allem für unsere Schwerbeschädigten, Hinterbliebenen, Kriegerwitwen usw.
Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, daß gegenüber der Regierungsvorlage die Regelung für die Förderung der Behindertenwerkstätten neu gestaltet wurde. Wir sind dankbar, daß eine Reihe von Anträgen hierzu aufgenommen worden sind. Mit dieser Regelung wurde dem Anliegen der Träger der Behindertenwerkstätten weitgehend Rechnung getragen; ihre Bedenken wurden damit ausgeräumt.
Allerdings müssen wir bedauern, daß einige weitergehende Anträge nicht berücksichtigt werden. Ich füge hinzu: wir erwarten, daß die Verordnung entsprechend dem Willen des Gesetzgebers gestaltet wird.
An dieser Stelle möchte ich ganz besonders meinen Kollegen Frau Hürland, Burger und Geisenhofer für ihre intensiven Bemühungen und Besprechungen mit den verschiedenen Trägern der Behindertenwerkstätten herzlich danken. Sie haben zu dem positiven Ergebnis der Beratungen einen wesentlichen Beitrag geleistet.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Abschließend möchte ich betonen, daß wir trotz verschiedener Bedenken zu einzelnen Regelungen wünschen, daß dieses Gesetz auch vom Bundesrat akzeptiert wird und möglichst bald in Kraft treten kann. Ich darf allen, die mitgewirkt haben, die Anregungen gegeben haben, die bisher schon im Zusammenhang mit der Hilfe für die Behinderten hervorragende Arbeit geleistet haben — auch den Vertretern des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung —, für die Unterstützung und die gute Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung herzlich danken.
Dieses Gesetz betrachte ich gleichzeitig als einen Appell an die gesamte Öffentlichkeit, die behinderten Menschen in ihrer Bedrängnis zu unterstützen und sie zu gleichwertigen Gliedern unserer Gesellschaft zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707701500
Das Wort hat der Abgeordnete Jaschke.

Günter Jaschke (SPD):
Rede ID: ID0707701600
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion darf ich folgende Erklärung abgeben. In der Regierungserklärung vom 18. Januar 1973 hat der Herr Bundeskanzler folgendes festgestellt — ich zitiere mit Genehmigung der Frau Präsidentin —:
In dieser Legislaturperiode werden wir uns noch mehr d e n Menschen zuwenden, die durch persönliches Schicksal am Rande der Gesellschaft leben. Ich meine hier vor allem die Eingliederung der vielen Behinderten und Schwerbeschädigten.
Ein großer Meilenstein auf diesem Wege ist das Schwerbehindertengesetz, das wir heute zu verabschieden beabsichtigen. Nach vielen Jahren kontroverser Diskussion ist es nun endlich gelungen, alle Schwerbehinderten in dieses Gesetz einzubeziehen, d. h. wegzukommen vom kausalen Prinzip. Es gibt nach diesem Gesetz nun nicht mehr Behinderte erster, zweiter und dritter Klasse.
Der Kollege Maucher sagte zwar „Wir stimmen diesem Gesetz zu", aber dann kamen hinterher sofort wieder seine Bedenken und Einwände. Wir können feststellen, daß die CDU/CSU-Fraktion sicherlich nur mit halbem Herzen diesem Gesetz zustimmt.
Gerade weil ich selbst Schwerkriegsbeschädigter bin, bejahe ich das Finalprinzip und hoffe, daß dieses Gesetz im Gegensatz zur Meinung des Kollegen Maucher zu mehr Solidarität auch unter den Behinderten führen wird. Es ist doch nicht einzusehen — um nur ein Beispiel zu nennen —, daß bisher ein



Jaschke
Unfall, den ein Arbeitnehmer auf dem Weg von der Wohnung zum Arbeitsplatz erlitt, als Arbeits- bzw. Wegeunfall anerkannt wurde und der Arbeitnehmer dann, wenn er dabei Dauerschäden erlitt, Rente erhielt, Anspruch auf Rehabilitationsmaßnahmen hatte und letztlich auch den Schutz und die Rechte aus dem bisherigen Schwerbeschädigtengesetz zugesprochen bekam, daß aber in dem Fall, in dem derselbe Arbeitnehmer denselben Weg an einem arbeitsfreien Tag zurücklegte und den gleichen Unfall an derselben Stelle und mit dem gleichen Schaden erlitt, nicht nur keine Rente, sondern bisher auch nicht der Schutz dieses Gesetzes gewährt wurde. Das ist nun vorbei. Auch dieser, an einem arbeitsfreien Tag erfolgte Unfall und die dabei erlittenen Schäden werden von dem Gesetz erfaßt.
Wir müssen aber gerade bei der jetzigen Konjunktur- und Wirtschaftslage auch an die älteren Arbeitnehmer denken, die sich frühzeitig im Arbeitsleben verschlissen und dadurch körperliche Schäden zugezogen haben und bei denen die Gefahr besteht, daß ihnen wegen verminderter Leistungsfähigkeit gekündigt wird. Auch diese Arbeitnehmer erhalten, wenn sie zum Personenkreis der Schwerbehinderten gehören, den besonderen Kündigungsschutz dieses Gesetzes. Ich glaube, das wird sich schon in der nächsten Zeit zum Wohle dieses Personenkreises sehr gut auswirken.
Man sagt, wir Deutschen seien kinder- und vor allen Dingen auch krüppelfeindlich eingestellt. Ich hoffe, daß sich durch die Gesetzesmaßnahmen der Regierung in den letzten vier Jahren für den Personenkreis der Behinderten in unserer Gesellschaft das Verständnis für diese wesentlich verstärkt und verbessert hat. Zu danken ist hier auch für die Arbeit der Massenmedien, die durch Veröffentlichungen und Sendungen für mehr Verständnis aufklärend geworben haben. Dazu gehören auch Veranstaltungen wie die „Aktion Sorgenkind".
Der Kollege Glombig hat in der ersten Lesung verschiedene Wünsche zur Verbesserung des Regierungsentwurfs vorgebracht. Alle diese Wünsche konnten durch Anträge der Regierungskoalition und auch dadurch, daß Anregungen des Bundesrates durch Anträge aufgenommen wurden, in den Beratungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung übernommen und verwirklicht werden. Der Regierungsentwurf hat dadurch eine Reihe wesentlicher Verbesserungen erfahren.
Erstens. Die Position des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten wurde erheblich verstärkt. Der Arbeitgeber hat ihm gegenüber nicht nur eine Unterrichtungs- und Anhörungsverpflichtung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die gesamte Gruppe der Schwerbehinderten berühren, sondern auch die Verpflichtung, über getroffene Entscheidungen unverzüglich Mitteilung an den Vertrauensmann zu machen. Weiterhin ist vorgesehen, daß der Vertrauensmann auch an allen Sitzungen der Ausschüsse der kollektiven Interessenvertretungen beratend teilnehmen kann. Der freigestellte Vertrauensmann darf von Maßnahmen der Berufsförderung nicht ausgeschlossen werden. Auch nach Ende seiner Amtszeit ist ihm Gelegenheit gegeben, an
Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Es bleibt hinzuzufügen, daß nach dem Vorschlag des Ausschusses die Wahl von mehreren Stellvertretern des Vertrauensmannes vorgesehen ist, um bei größeren Betrieben und Verwaltungen die Vertretung in jedem Fall sicherzustellen.
Zweitens: weitgehende und unmittelbare Beteiligung der Behinderten an der Durchführung des Gesetzes. Die unmittelbare Beteiligung der Behinderten ist ein faktisches Stück des Demokratisierungsprozesses unserer Gesellschaft. Wir haben mehr demokratische Institutionen eingebaut, als vorher bestanden, und es ist nicht so wie der Kollege Maucher hier erklärt hat daß durch dieses Gesetz weniger Mitbestimmung geschaffen wird. Deshalb haben wir besonderen Wert darauf gelegt. Der Erfolg des Gesetzes hängt mit davon ab, ob es gelingt, die Betroffenen selbst aktiv in die Durchführung des Gesetzes einzubeziehen.
Der Ausschuß hat beschlossen, im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Aufgaben, die den Hauptfürsorgestellen im Rahmen der begleitenden und nachgehenden Hilfen im Arbeitsleben zukommt, bei diesen Beratende Ausschüsse für die Behindertenfragen einzurichten. Einen solchen Beratenden Ausschuß soll es künftig auch bei der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit geben. Über seine bisherigen Aufgaben hinaus soll dieser Ausschuß die Bundesanstalt auch bei der Durchführung der beruflichen Rehabilitation nach dem Arbeitsförderungsgesetz unterstützen.
Beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wird ein weiterer Beirat für Rehabiltation eingerichtet, dessen besondere Aufgabe es ist, bei der Vergabe der Mittel des Ausgleichsfonds mitzuwirken. Wir haben die Mitwirkungsrechte dieses Beirates wesentlich verstärkt. Entscheidungen über die Vergabe von Mitteln können vom Bundesarbeitsminister nur auf Vorschlag des Beirats getroffen werden.
Drittens. Die verbesserten Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation und die Eingliederungshilfen werden nicht ausreichen, allen Schwerbehinderten einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verschaffen. Rund 100 000 bis 200 000 Schwerstbehinderte können ihr Recht auf Ausübung einer angemessenen Beschäftigung nur in einer Werkstatt für Behinderte verwirklichen. Wir sind zu der Auffassung gelangt, daß in Zukunft von einem einheitlichen und umfassenden Begriff der Werkstatt für Behinderte in allen Gesetzen, wie auch im Bundessozialhilfegesetz und im Arbeitsförderungsgesetz, auszugehen ist; denn nur so können die zwischen der Arbeitsverwaltung einerseits und den Trägern der Sozialhilfe andererseits bestehenden unterschiedlichen Auffassungen zur Konzeption der Werkstätten für Behinderte überbrückt werden. Mit der von uns gewählten Definition nach der wirtschaftlichen Änderung ist sichergestellt, daß die Förderung nach dem BSHG nicht eingeschränkt wird und vernünftige Weiterentwicklungen, die notwendig werden, nicht ausgeschlossen sind.
Neben diesen drei wichtigsten Änderungen sind noch zu nennen:



Jaschke
Viertens. Der Zusatzurlaub für alle Schwerbehinderten ist auf sechs Arbeitstage erweitert worden. Der Begriff „Arbeitstag" wird exakt definiert. Dies war notwendig, weil die Auslegung in der Vergangenheit unterschiedlich war. In der Rechtsprechung führte das zu einander widersprechenden Urteilen. Mit der neuen Definition ist nun sichergestellt, daß der arbeitsfreie Samstag entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht auf den Zusatzurlaub angerechnet wird.
Fünftens. Dem Schwerbehinderten können Hilfen zur Beschaffung und Unterhaltung einer für ihn geeigneten Wohnung gegeben werden, die so beschaffen sein soll, daß sie den besonderen Bedürfnissen der Schwerbehinderten entspricht. Dieser Teil der nachgehenden Hilfe im Arbeitsleben wird damit besonders herausgehoben, was auch seiner Bedeutung entspricht, oder wird ein Mittel sein, die Schwerbehinderten mobiler zu machen. Im Regierungsentwurf war lediglich allgemein von Hilfen zur Wohnungsbeschaffung die Rede.
Vielleicht ist es mir erlaubt, an dieser Stelle gleichzeitig einen Appell an die Architekten und insbesondere an diejenigen zu richten, die über neue Bauten des Bundes zu entscheiden haben. Bitte, denken Sie bei Neubauten an die Schwerbehinderten und besonders an die Gehbehinderten. Schaffen Sie Modelle dafür, wie man Häuser mit Rücksicht auf diesen Personenkreis bauen kann. Hier in Bonn und besonders im Bundeshaus ist es doch ein Jammer, zu sehen, daß Gehbehinderte, die vom Eingang I zum Eingang IV und dann vielleicht noch zum Neuen Hochhaus gehen müssen, wie ich meine, unnötig Treppen und Treppchen zu bewältigen haben.

(Beifall.)

Darunter haben auch unsere älteren Kollegen zu leiden; das kann man des öfteren beobachten.
Mit den erhöhten Mitteln, die den Hauptfürsorgstellen aus der Ausgleichsabgabe zufließen werden, können sie künftig nicht nur die Wohnungsfürsorge, sondern auch die begleitenden und nachgehenden Hilfen am Arbeitsplatz, im Arbeitsleben überhaupt und in der Gesellschaft wesentlich verbessern.
In der ersten Lesung zu diesem Gesetz war von unserem Sprecher bereits begrüßt worden, daß jetzt der öffentliche Dienst ebenfalls zur Zahlung der Ausgleichsabgabe herangezogen wird. Auch hier sei mir noch einmal ein Appell erlaubt, und zwar an die Parlamentarier aller Gremien. Prüfen Sie, bitte, künftig die vorgelegten Haushaltspläne daraufhin, inwieweit dort Mittel für die Ausgleichsabgabe ausgewiesen sind, und fragen Sie danach, warum dafür Mittel eingestellt sind und nicht genügend Schwerbehinderte beschäftigt werden.
Zum Schluß kann festgestellt werden, daß durch dieses Gesetz die Ein- und Wiedereingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft wesentlich verbessert und gestärkt worden ist. Die Schwerbehinderten werden wiederum zu erkennen haben, daß diese Regierung und die sie tragenden Parteien keine leeren Versprechungen abgeben, sondern dem Versprechen die Tat folgen
lassen. Die Behinderten werden das, so bin ich sicher, zu danken wissen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707701700
Das Wort hat Herr Abgeordneter Hölscher.

Friedrich Hölscher (FDP):
Rede ID: ID0707701800
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Freien Demokraten darf ich folgende Erklärung abgeben.
Bei der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs haben wir angekündigt, wir würden uns für eine zügige Beratung in den Ausschüssen einsetzen. Heute kann man sagen, daß wir alle uns in den arbeitsreichen Wochen vor Weihnachten um eine zügige und gründliche Beratung dieses so wichtigen Gesetzes bemüht haben. Auch der heute noch vorgelegte Änderungsantrag der drei Fraktionen beweist, wie ernst wir die Aufgabe genommen haben, trotz komplizierter Materie ein möglichst optimales Gesetz zu schaffen. Unser besonderer Dank gilt der konstruktiven Unterstützung, ja, ich möchte sagen, der engagierten Mitarbeit der Herren des Arbeits-
und Sozialministeriums. Selbstverständlich waren uns auch viele Änderungsvorschläge des Bundesrats eine wertvolle Hilfe, und zum Teil sind diese ja auch in den Entwurf eingegangen.
Bei einem solch umfangreichen Gesetzentwurf ist es nur natürlich, wenn die Verbände uns Abgeordnete mit zahlreichen Stellungnahmen konfrontieren. Wir haben alle Vorschläge gewissenhaft geprüft; einiges haben wir bei der endgültigen Fassung des Entwurfs berücksichtigen können, anderes aus der Sicht des Ganzen wiederum nicht. Ich denke, die Mühe aller Beteiligten hat sich gelohnt; ein guter Entwurf konnte noch weiter verbessert werden.
Als dritter Redner will ich Ihnen ersparen, alle wichtigen Vorschriften der Regierungsvorlage und die Änderungen des Ausschusses noch einmal vor Ihnen auszubreiten. Ich will jedoch versuchen, die Fortschritte im Schwerbehindertenrecht schwerpunktartig zu umreißen und seine für manche verwirrenden Einzeländerungen unter die Leitgedanken zu stellen, die dafür bestimmend waren. Diese Leitgedanken kann man meiner Meinung nach mit den beiden Begriffen Solidarität und Liberalität bezeichnen. Das neue Schwerbehindertengesetz wird für die, auf die es Anwendung findet — Arbeitnehmer und Arbeitgeber —, mehr solidarische Gleichheit und einheitliche Vorschriften, aber auch ein liberales Maß an Mitsprache und Mitwirkung bei der Anwendung dieses Gesetzes bringen.
Der Solidaritätsgedanke drückt sich erstens in der Gleichstellung aller Behindertengruppen aus. Künftig stehen allen Schwerbehinderten, ohne Rücksicht auf die Ursache ihrer Behinderung, die Vorteile dieses Gesetzes zu; das Kausalprinzip wird zugunsten des Finalprinzips aufgehoben. Bei allen Schwerbehinderten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 50 % wird also, gleichgültig, ob Geburt, Unfall, Krankheit oder Krieg die Ursachen waren, aus der Gemeinsamkeit ihres Schicksals die Folgerung gezogen, daß sie in einer Solidargemein-



Hölscher
Schaft stehen und deshalb auch gleiche Rechte haben.
Der Solidaritätsgedanke drückt sich zweitens in der Gleichstellung aller Arbeitgeber aus. Grundsätzlich sollen alle Arbeitgeber ihren Beitrag zur Beschäftigung Schwerbehinderter leisten, und zwar entweder durch die Beschäftigung Schwerbehinderter oder durch die Zahlung einer Ausgleichsabgabe. Im Ausschußbericht wird diese, wir möchten sagen, Gleichwertigkeit von Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe noch einmal unterstrichen. Die Koalitionsfraktionen konnten daher im Interesse der Gleichbehandlung der Arbeitgeber auch nicht die im Regierungsentwurf enthaltenen Freigrenzen für Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe heraufsetzen. Darüber hinaus wären — das haben uns die Fachleute gesagt — in den ländlichen Gebieten auch Schwierigkeiten für die Beschäftigung von Schwerbehinderten entstanden.
Meine Damen und Herren, die Pflicht zur Leistung eines solchen Solidarbeitrages — sei es nun durch Einstellung oder Ausgleichsabgabezahlung gilt in Zukunft auch — und das ist wesentlich — für den öffentlichen Bereich. Ich meine, das ist eine wichtige Voraussetzung, Schwerbehinderten nicht nur weiterhin im öffentlichen Bereich Arbeitsplätze zu verschaffen, sondern auch die gleiche Verantwortung aller Arbeitgeber privater und öffentlicher — klar zu dokumentieren.
Der dritte wichtige Gleichstellungsbereich betrifft die Werkstätten. Hier hat der Gedanke der solidarischen Gleichbehandlung zu einigen Neuregelungen geführt. Auf Anregung des Bundesrates und sehr eindringlicher Stellungnahmen der Verbände hat der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung den Werkstattbegriff, der ursprünglich ja nur an das Recht der Arbeitsförderung gebunden war, zu einem einheitlichen, umfassenden Begriff erweitert. Dieser Begriff — das ist wichtig — gilt auch für alle anderen Gesetze, also auch für das Bundessozialhilfegesetz. Dadurch werden die Förderung und der Schutz des Gesetzes auch den Werkstätten zugute kommen, in denen die besonders schwer betroffenen geistig Behinderten zwar wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung erbringen, aber dem Leistungsdruck einer vollwertigen Produktionsstätte mit Körperbehinderten nicht ausgesetzt werden können. Unseres Erachtens ist auch dies ein Gebot der Solidarität zwischen den verschiedenen hart betroffenen Behindertengruppen.
Viertens möchte ich die beabsichtigte Gleichstellung im Vergünstigungswesen ansprechen. In dem Entwurf wurde eine Bestimmung eingeführt, wonach das Begünstigungs- und Ausweiswesen so zu gertalten ist, daß, unabhängig von der ja nur zufälligen Ursache der Behinderung, allein der Art und Schwere der Behinderung Rechnung getragen wird.
Der zweite Leitgedanke des neuen Schwerbehindertengesetzes, meine Damen und Herren, ist unserer Meinung nach die Liberaliät, d. h. die verstärkte Mitwirkung der Behinderten, der Sozialpartner und anderer Gruppen der Gesellschaft bei der Anwendung des Gesetzes.
Erstens nenne ich hier den Beirat beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. Im Ausschußbericht ist zu Recht hervorgehoben worden, daß bei der Beratung des Entwurfes besonderer Wert auf eine größtmögliche Beteiligung der Betroffenen — natürlich auch der Arbeitnehmer und Arbeitgeber — gelegt wurde. Hier galt es, zwei Zielvorstellungen in Einklang zu bringen: Einmal die berechtigten Anliegen der Verantwortlichen, draußen bei der Vergabe der Mittel des Ausgleichsfonds beteiligt zu sein, zum anderen aber auch die Verantwortung des Parlaments für die Kontrolle dieser Mittel zu verankern. Nach sehr eingehenden Beratungen gerade in diesem Punkte, in dem die Forderungen der Verbände und Institutionen besonders eindringlich vorgetragen wurden, weil es hier um das liebe Geld ging, haben wir einen Kompromiß gefunden, der wohl als optimal bezeichnet werden kann. Die parlamentarische Kontrolle ist durch die verwaltungsmäßige Zuordnung des Ausgleichsfonds beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung gegeben. Aber auch den Verbänden wurden Mitwirkungsrechte bis an die Grenze des rechtlich Möglichen eingeräumt. Nunmehr hat der ursprünglich ja nicht einmal zwingend vorgeschriebene Beirat beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, in dem Vertreter der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber, der Behindertenorganisationen und der Träger sitzen werden, echte Mitwirkungsrechte. So kann vor allem die Entscheidung über die Vergabe der beträchtlich aufgestockten Mittel des Ausgleichsfonds nur auf Grund von Vorschlägen des Beirates getroffen werden.
Noch weitergehende Vorstellungen, die Funktionen des Beirats einem womöglich privaten Gremium der Rehabilitationsträger anzuvertrauen, hätten sich jedoch nicht mit der Notwendigkeit einer wirksamen parlamentarischen Kontrolle des Ausgleichfonds vereinbaren lassen. Ich denke aber, meine Damen und Herren, im Grunde sind wir beiden Zielen gerecht geworden.
Zweitens haben wir unter dem Aspekt Liberalität die Mitwirkung der Beratenden Ausschüsse. Im Gegensatz zum geltenden Recht sah der Regierungsentwurf den sogenannten Beratenden Ausschuß bei der Bundesanstalt für Arbeit nicht mehr vor. Bei der Behandlung dieser Fragen hielten wir es jedoch für notwendig, die Mitwirkung der Betroffenen an der Durchführung des Gesetzes soweit wie möglich zu institutionalisieren und auf diese Weise den Entwurf durch den Einbau weiterer demokratischer Elemente zu liberalisieren. Ein Beratender Ausschuß wurde auch bei den Hauptfürsorgestellen vorgeschrieben, wo die Betroffenen unter anderem bei der Vergabe von Mitteln der Ausgleichsabgabe mitwirken werden. In den Beratenden Ausschüssen werden die Vertreter der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der Behindertenorganisationen ein weites Feld der Mitwirkung erhalten.
Drittens haben wir mehr Mitwirkung der Vertrauensleute geschaffen. Der Ausschuß hat die Stellung des Vertrauensmannes, über die der Schwerbehinderte ja mittelbar an der Durchführung des Gesetzes mitwirkt, weiter ausgebaut. Er hat nicht nur

Hölscher
die Rechtsstellung des Vertrauensmannes im Betrieb gefestigt, sondern insbesondere den Katalog seiner Mitwirkungsrechte erweitert, vor allem durch das Recht auf Unterrichtung sowie auf Teilnahme an Sitzungen des Betriebs- und Personalrates und deren Ausschüssen. — Es ist bezeichnend für den Verlauf und die Tendenz der Beratungen, daß die meisten Anträge dem Ausbau der Aufgaben der Vertrauensleute galten. Nicht zuletzt im Hinblick darauf, daß in den Beratungen die Mitwirkungsrechte der Betroffenen so nachhaltig verstärkt werden konnten, stimmen wir Freien Demokraten der Ausschußfassung des Gesetzentwurfes mit Befriedigung und sehr gutem Gewissen zu.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich aber noch einmal unterstreichen, daß bei aller Anerkennung der einstimmigen Verabschiedung des Gesetzentwurfes im Ausschuß hier eine Initiative der von der sozialliberalen Koalition getragenen Bundesregierung vorliegt, die im Rahmen des umfangreichen Aktionsprogramms der Bundesregierung zur Rehabilitation einen ganz bedeutenden Markstein setzt. Dieser Gesetzentwurf ist mit den anderen Vorhaben der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen im Bereich der Rehabilitation im Zusammenhang zu sehen, die zum Teil ja bereits abgeschlossen sind bzw. sich in der Beratung befinden. Ich nenne das Bundessozialhilfegesetz, das Gesetz über die Angleichung der Leistungen der Rehabilitation und auch die geplante Einführung der Sozialversicherung für Behinderte in Werkstätten. Es hat wohl noch nie eine Koalition und eine Bundesregierung gegeben, die in so kurzer Zeit so umfangreiche Reformen für Behinderte durchgeführt haben. Leider ist dies draußen in der Bevölkerung über den Kreis der Betroffenen hinaus nur ungenügend sichtbar zu machen. Wir meinen aber, gerade Reformen dieser Art, die nicht spektakulär sind und über die auch in den Massenmedien nur am Rande berichtet wird, liefern vielleicht den echtesten Beweis für den Willen dieser Koalition, eine humanere und gerechtere Gesellschaftsordnung zu entwickeln.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit der Feststellung schließen: Nicht mit Verdrängung, nicht mit Mitleid ist den Behinderten geholfen, sondern mit der Anerkennung und Realisierung ihrer berechtigten Ansprüche — Ansprüche, die nicht nur die materielle Sicherheit garantieren sollen, sondern die die Schwerbehinderten in die Lage versetzen, als voll anerkannte Mitglieder unserer Gesellschaft akzeptiert zu werden. Wir haben mit diesem Schwerbehindertengesetz hierfür eine ganz wesentliche Voraussetzung geschaffen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707701900
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Einzelberatung in zweiter Lesung.
Ich rufe Art. I Nr. 1 bis 46 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Zu Nr. 47 liegt der Antrag aller Fraktionen dieses Hauses auf Änderung der §§ 38 b und 38 e vor. Die
Begründung dieses Antrages ist, glaube ich, in den Reden bereits gegeben worden. Können wir über die Anträge auf Drucksache 7/1592 gemeinsam abstimmen? — Kein Widerspruch.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Wir stimmen dann über Nr. 47 in der geänderten Fassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich urn das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Art. I Nr. 48 bis 54, Art. I a, Art. II sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen. Ich schließe die zweite Lesung.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort hat Herr Bundesminister Arendt.

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0707702000
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, daß es dank der intensiven Bemühungen der beteiligten Ausschüsse dieses Hohen Hauses und insbesondere des federführenden Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung erreicht worden ist, das Gesetz zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts in zweiter und dritter Lesung zu beraten.
Ich bin fest davon überzeugt, daß die schwerbehinderten Menschen in unserem Lande es Ihnen danken werden, daß Sie diesem Gesetz einen so hohen politischen Stellenwert beigemessen haben. Ein bedeutendes Teilstück des Reformprogramms der Bundesregierung auf dem Gebiete der Rehabilitation wird mit ihm verwirklicht werden.
Mehr soziale Gerechtigkeit sehen wir auch darin, daß allen schwerbehinderten Menschen ohne Rücksicht auf die Ursache ihrer Behinderung eine echte Chance gegeben wird, sich im Berufsleben behaupten zu können. Das Gesetz wird dieser Forderung gerecht und sollte gerade insoweit einen entscheidenden Schritt auf dem Wege der Verbesserung der Situation aller behinderten Menschen in unserem Lande sein. Ich glaube auch in Ihrem Sinne zu sprechen, wenn ich feststelle, daß diese Neuorientierung längst fällig war. Dabei darf kein Zweifel darüber bestehen, daß die bisher geschützten Schwerbeschädigten dadurch weder in ihren Rechten geschmälert noch sonst benachteiligt werden.
Die bei den Ausschußberatungen vorgenommenen Änderungen des Gesetzentwurfs werden von der Bundesregierung begrüßt. Ich bin sicher, daß sie mit dazu beitragen werden, das Gesetz in seiner ganzen Wirkungsbreite zu verstärken.
Nunmehr wird es aber darauf ankommen, daß alle Beteiligten willens sind, das Gesetz mit Leben zu erfüllen. Das gilt für Verpflichtete in gleicher Weise wie für Berechtigte. Diejenigen, denen Pflichten auferlegt worden sind, sollten diese erfüllen im Bewußtsein ihrer hohen Verantwortung, die sie im



Bundesminister Arendt
Hinblick auf ihre Stellung innerhalb unserer Gesellschaft gerade den Mitbürgern gegenüber haben, die von einem schweren Schicksal betroffen worden sind. Aber auch die Behinderten, denen Rechte eingeräumt werden, müssen sich bewußt sein, daß die angebotenen Hilfen nur dann zur Wirkung kommen, wenn sie Lebensmut zeigen und ihre verbliebenen Kräfte voll einsetzen, um ihr Schicksal zu meistern. Nur durch ein fruchtbares Zusammenwirken aller wird der gewünschte Erfolg erreicht.
Eine große Aufgabe kommt hier den im Gesetz vorgesehenen Ausschüssen zu, die eine wirkungsvolle Durchführung des Schwerbeschädigtengesetzes sicherstellen sollen. Die Verstärkung der Rechte des Vertrauensmannes und seiner Stellung im Betrieb läßt mich hoffen, daß sich viele qualifizierte Persönlichkeiten finden, die bereit sind, das verantwortungsvolle Ehrenamt eines Vertrauensmannes zu übernehmen.
Ich bin mir aber auch bewußt, daß gerade meinem Ministerium bei der Durchführung des Gesetzes eine große Aufgabe zufällt. Dies gilt sowohl für die Erstellung der notwendigen Durchführungsverordnungen zu diesem Gesetz als auch für die Zusammenarbeit mit dem beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zu errichtenden Beirat für Rehabilitation. Ich versichere Ihnen, daß wir von uns aus alles daran setzen werden, eine fruchtbare und erfolgreiche Arbeit dieses Beirates zu ermöglichen.
Die Schaffung einheitlicher gesetzlicher Grundlagen bezüglich der Werkstätten für Behinderte wird dem Aufbau eines bedarfsdeckenden Netzes leistungsfähiger Werkstätten sehr förderlich sein. Die Bundesregierung wird auch diesen Einrichtungen ihre besondere Aufmerksamkeit widmen.
Das vorliegende Gesetz gibt der Bundesregierung Veranlassung, auch die Neuordnung des Vergünstigungs- und Ausweiswesens in Angriff zu nehmmen - in konsequenter Weiterentwicklung der Grundsätze, die im neuen Schwerbehindertengesetz verankert worden sind.
Wir werden den bisher erfolgreich eingeschlagenen Weg zur Verbesserung der Situation unserer behinderten Mitbürger fortsetzen und wissen uns dabei der Unterstützung dieses Hohen Hauses sicher.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0707702100
Meine Damen und Herren, das Wort wird nicht mehr begehrt. Wir kommen zur Schlußabstimmung in dritter Lesung. Wer zuzustimmen wünscht, ,den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? Einstimmig beschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über Nr. 2 des Ausschußantrags, die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Ich höre keinen Widerspruch, es ist so beschlossen.
Ich rufe nun Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der
Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung
und Ergänzung des Häftlingshilfegesetzes (6. HHÄndG)

— Drucksache 7/1094
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 7/1596 -
Berichterstatter: Abgeordneter Walther
b) Bericht und Antrag des Innenausschusses (4. Ausschuß)

— Drucksache 7/1547 —
Berichterstatter: Abgeordneter Hofmann (Erste Beratung 64. Sitzung)

Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Einzelberatung in zweiter Lesung. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! Enthaltungen? Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. -- Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Wir haben noch über Nr. 2 des Antrags des Ausschusses abzustimmen, die Petitionen für erledigt zu erklären. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr die Punkte 6, 7 und 8 der Tagesordnung auf — nach Vereinbarung soll hier eine verbundene Debatte erfolgen —:
6. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Steuerreformgesetzes
— Drucksache 7/1470 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
7. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Steueränderungsgesetzes 1973
- Drucksache 7/1509 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
8. Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Inflationsschäden bei der Einkommen- und Lohnsteuer (Inflationsentlastungsgesetz)

- Drucksache 7/1543
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO



Vizepräsident Frau Funcke
Das Wort zur Begründung hat Bundesminister Schmidt.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0707702200
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte zu dem 850 Gramm schweren wenn man es im Gewicht mißt; der Gehalt ist natürlich sehr viel schwerer , sehr umfangreichen Gesetzentwurf mit ein paar Bemerkungen beginnen, die, wie es heute zu sagen vielleicht modisch ist, ich einmal mit dem Stichwort „Nostalgie" überschreiben würde.
Die Ankündigung der umfassenden Steuerreform ist beinahe so alt wie die Bundesrepublik insgesamt.

(Abg. Wehner: Das ist wahr!)

Ich bin nun allerdings ziemlich sicher, daß der Hauptredner der Opposition nur den schwerwiegenden Arbeits- und Leidensweg nach seinem Amtsausscheiden darlegen wird.

(Abg. Wehner: Seien Sie getröstet, vorher war es auch so!)

Aber es ist insgesamt ein arbeitsreicher und leidvoller Weg gewesen, und wenn unsere alten Kollegen Franz Etzel oder Fritz Schäffer noch unter uns wären, so würden sie sich jedenfalls freuen,

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

daß nun endlich die Entwürfe, von denen sie schon gesprochen haben, vollständig auf den Tischen des Hauses liegen. Ich sage das ohne jeden Akzent, weil mir daran liegt, daß alle Beteiligten, nicht nur die Steuerfachleute, die natürlich längst in all diesen Jahren in alle möglichen Grabenkämpfe taktischer und auch strategischer Auseinandersetzung über diese Materie verwickelt waren, daß die politischen Gehirne in diesem Hause über den engeren Bereich der Steuerpolitik hinaus bitte in ihr Blickfeld aufnehmen mögen, daß es unabhängig von den auch jetzt aktuellen Tagesauseinandersetzungen, die unvermeidlich sein müssen, ein sehr schwerwiegendes Werk ist, an dem schon bisher im Laufe von mehr als einem Jahrzehnt alle Seiten des Hauses gedanklich und auch schriftlich vorbereitend mitgewirkt haben.
Wenn ich es recht in Erinnerung habe, hat schließlich dann der damalige Finanzminister Strauß dem damaligen Durcheinander ein Ende machen wollen, indem er eine unabhängige Kommission einsetzte, die sich unabhängig von den Auseinandersetzungen dieses Hauses umfassend konzeptionell äußern sollte. Das Ergebnis hat er nicht mehr bearbeiten können.

(Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)

Als es 1971 überreicht wurde, ist es unter der Federführung meines heute wegen einer nicht leichtwiegenden Operation leider nicht anwesenden Freundes Alex Möller durch die sozialliberale Koalition dazu gekommen, daß die Schlußfolgerungen aus diesem Bericht gezogen und in ein zusammenhängendes Konzept — Eckwerte seinerzeit genannt - umgesetzt wurden. Dieses Konzept der „Eckwerte" ist danach durch zwei weitere Amtsnachfolger mehrfach angepaßt, in unendlicher Arbeit der vielerlei
Beamten und Fachleute in Gesetzesform ausformuliert worden. Wir können heute sagen, daß die sozialliberale Koalition nicht nur „auch eine" der vielen Regierungen war, die die Steuerreform angekündigt hat, sondern jene Regierung ist, die das Gesetzeswerk vollständig, und zur Gänze in Paragraphen ausformuliert, hier vorlegt.

(Beifall bei der SPD.)

Daß Sie vielerlei auszusetzen haben mögen -das kann sich jeder vorstellen, der Parlament und parlamentarische Gesetzgebung kennt —, das halte ich für selbstverständlich. Aber ich bitte Sie, diesen langen Fluß zu sehen, der vorhergegangen ist, ehe am heutigen Tage wenigstens ein vollständiges Werk auf dem Tisch liegt.
Herr Kollege Carstens, ich rede jetzt zum Oppositionsführer, der, wie mir schien, vorhin eine Zeitlang gezögert hat, ob er ausziehen sollte oder nicht. Ich habe für das Zögern Verständnis gehabt. Denn man kann das geistige und Arbeitsergebnis eines so langen Weges, an dem Sie selber und Ihre Freunde beteiligt gewesen sind in früheren Legislaturperioden, nicht so behandeln, daß man meint, man setzt es von der Tagesordnung ab und berät es überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD.)

Aber ich bemühe mich, nicht zu polemisieren.

(Abg. Dr. Carstens [Fehmarn] : Das war nicht der Grund unseres Auszuges, Herr Bundesminister!)

— Ich will nicht polemisieren, Herr Carstens.
Ich möchte eingangs ein wenig zu den Motiven und Ansprüchen sagen, die hinter dieser Umsetzung dessen, was wir alle miteinander aus den Erkenntnissen der Kommission gelernt haben, die hinter der Art der Umsetzung, hinter der Grundkonzeption stehen, die vor Ihnen in Paragraphen ausformuliert liegt, seitdem die sozialliberale Koalition die Hauptverantwortung — nicht die ausschließliche Verantwortung — für die Gesetzgebung dieses Staates übernommen hat.
Daß letztlich Steuergesetze nicht zustande gebracht werden können, wenn nicht auch die Mehrheit des Bundesrates zustimmt, ist mir und der Bundesregierung bewußt. Deswegen ist es nicht so, daß die CDU/CSU sich auf den Standpunkt stellen könnte: „Uns geht dies nichts an", sondern Ihre Freunde in den Landesregierungen und im Bundesrat tragen eine nicht abzustreifende Mitverantwortung für das, was zustande kommt.

(Abg. Dr. Wagner [Trier]: Gute Erkenntnis!)

Frühere Mehrheiten in diesem Hause haben, zum Teil mit großem Fleiß, zum Teil in wichtigen, zum Teil in unscheinbaren Ergänzungen und Änderungen unseres Einkommensteuerrechtes im Ergebnis die spezifischen Züge des wirtschaftlichen Aufbaues dieser Gesellschaft, dieses Staates nach den Zerstörungen des Krieges wesentlich beeinflußt. Das Steuerrecht war ein ganz wesentlicher Faktor — eine Vielfalt von Faktoren - für die Art, in der sich der wirtschaftliche Aufbau vollzog.
Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode - 77. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Januar 1974 4901
Bundesminister Schmidt
Ich bitte, mir von seiten der Opposition nachzusehen, wenn ich sage, daß Ihre Steuergesetzgebung bis über die Mitte der 60er Jahre ganz gewiß einerseits dem Aufbau und, sagen wir es etwas präziser, den Investitionen in allen Bereichen sehr genützt hat, notabene infolgedessen auch den Gewinnen der Unternehmungen nicht geschadet hat. Aber so notwendig und so nützlich die Begünstigung gewisser wirtschaftlicher Prozesse war, so sehr ist es doch nun inzwischen notwendig, die verteilungspolitische Schlagseite, die unser Steuersystem im Laufe der Jahre bekommen hat, wieder in Ordnung zu bringen. Das ist genau das, was wir hier versuchen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Denn auch das Lastenausgleichsgesetz hat dank der Verrentung der Lastenausgleichsabgaben diesen verteilungspolitischen Ausgleich tatsächlich nicht herbeiführen können.
Dies soziale Ergebnis 20jähriger Steuerpolitik belastet uns hinsichtlich der Gerechtigkeit in unserem Lande.
Es kommt hinzu — ich sage das mit inneren Hemmungen, weil ich weiß, daß auch diese Steuerreform nicht zu einer tief durchgreifenden Vereinfachung des Steuerrechts führen kann; aber ich will den Satz trotzdem aussprechen, den ich anfing—: Sie hat nicht nur ein soziales Ergebnis, das ich bedauere und jetzt korrigieren helfen muß, gehabt, sondern es kommt eben auch ein kaum noch überschaubares, in hohem Maße in sich selbst widersprüchliches Steuersystem hinzu, niedergelegt in einer Fülle von Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsanweisungen, das inzwischen einen früher in diesem Lande nicht gekannten Steuerwiderstand in unserer Gesellschaft hervorgerufen hat. Diesen Widerstand glaubt die Oppositionsfraktion nutzen zu können, um bei Aufrechterhaltung der bisherigen Steuergesetzgebung im Prinzip einschließlich des undurchschaubaren Geflechts oder Dschungels von Bestimmungen bestimmte Begünstigungen, die das bisherige Steuersystem enthält, bei allgemeiner Steuersenkung gleichwohl aufrechterhalten zu können.
Hingegen hat sich die sozialliberale Koalition die Aufgabe gesetzt — ich zitiere —, „ein gerechtes, einfaches und überschaubares Steuersystem zu schaffen". Das war der Wortlaut der Regierungserklärung vom Oktober 1969. Ich gestehe Ihnen freimütig zu: so ganz einfach ist es nicht geworden und wird es auch nicht. Die Fachleute in allen Fraktionen wissen das, auch die Fachleute im Bundesrat.
Die Bundesregierung hat sich dabei an folgenden Leitgedanken orientiert und sich um ihre Verwirklichung bemüht.
Erstens. Eine solide Finanzierung der öffentlichen Ausgaben läßt es nicht zu, daß unter der Flagge von sogenannten Steuererleichterungen an jedermann kleinere Gefälligkeiten verteilt werden. Ein Einnahmeverzicht, wie er von uns für 1975 und für die Folgejahre beabsichtigt ist, läßt sich nur rechtfertigen, wenn er mit einer grundlegenden Reform der Struktur, mit einer grundlegenden Reform des Steuersystems einhergeht. Diese Reform der Struktur soll dazu führen, Entlastungen mit Schwergewicht dort zu gewähren, wo sie aus Gründen der Gerechtigkeit oder aus sozialen Gründen notwendig sind.
Zweitens. Jedermann wird erkennen können, daß die Steuerleistung von Spitzeneinkommen oder von Großvermögen in der Bundesrepublik allein sicherlich nicht ausreicht, um alle Leistungen und Investitionen der öffentlichen Hände zu finanzieren, ob in Gemeinden oder Städten, Ländern oder im Bund, auch dann nicht, wenn man die Spitzeneinkommen oder die Großvermögen mit wesentlich höheren Steuersätzen belasten wollte. Dieses kann niemals ausreichen.
Auf der anderen Seite sind jedoch bisher nach dem geltenden Recht die durchaus legalen Möglichkeiten der Steuervermeidung gerade für Großeinkommen und für Großvermögen allzu zahlreich, allzu umfassend — einige haben wir im Jahre 1973 beseitigt —, legale Möglichkeiten, der in Deutschland insgesamt keineswegs übertriebenen Steuerlast auszuweichen. Daß dieser Tatbestand der legalen Steuervermeidung gerade für große Einkommen, für große Vermögen so vielfältig gegeben ist, verleidet nun den Arbeitnehmern und verleidet den Verbrauchern ihre eigene Pflicht zum Steuerzahlen. Aber genau sie werden mit den Massensteuern gebraucht. Anders würde der moderne Sozialstaat seine Leistungen nicht erbringen können. Allerdings müssen die Lasten nun gerechter verteilt werden.
Drittens. Ich will zugestehen, daß wir einige Verbrauchsteuern maßvoll erhöht haben. Ich rufe in Erinnerung, daß sich die Bundesregierung den Zeitpunkt einer seit Jahren als Bestandteil der ganzen Steuerreform geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt ausdrücklich vorbehalten hat. Aber auch das muß deutlich hinzugefügt werden: Für uns ist die Mehrwertsteuer nicht etwa eine unerschöpfliche oder unlimitiert zu erweiternde Kasse zur Ausfüllung aktueller Verlegenheiten.
Viertens. Auch das gerechteste und ausgefeilteste Gesetz kann im Effekt nur so gut sein wie der Vollzug dieses Gesetzes durch die Steuerverwaltung, die Finanzämter und die steuerpflichtigen Bürger. Daher suchen die Reformentwürfe angesichts der sehr komplexen, komplizierten, verschiedenartigen Lebens-
und Wirtschaftsverhältnisse in unserer Gesellschaft nach einem gerade noch gangbaren Weg, der zur Vereinfachung und Erleichterung für Steuerzahler, Finanzämter und -beamte führen kann.
Das Reformkonzept, das wir nun vollständig vorgelegt haben, ist in sich ausgewogen und erfüllt die vier Ansprüche, die ich eben genannt habe. Das heißt nicht, wie ich schon sagte, daß es der sachlichen Kritik entzogen wäre. Wir werden ich sage das an die Adresse der Führung der Oppositionspartei und -fraktion — jeden Vorschlag dankbar aufnehmen, vor allem solche Vorschläge, die auf Verbesserung, Beschleunigung und Vereinfachung abzielen,
Auf der anderen Seite wird die Bundesregierung ihrerseits alles tun, um die Beratungen in den Ausschüssen und im Plenum dieses Hauses zu unterstützen; ich habe Anlaß, dies zu sagen, weil nach dem, was ich aus Interviews von Oppositionsabge-



Bundesminister Schmidt
ordneten entnehme, offenbar einige Mißverständnisse eingetreten sein könnten. Dabei sind jede technische Hilfe, jede Ausarbeitung, jede Formulierungshilfe für den Finanzausschuß selbstverständlich eingeschlossen.
Wir werden uns allerdings nicht daran hindern lassen auch das bitte ich nicht mißzuverstehen —, die Arbeit an der Steuerreform wirklich zu vollenden. Wir wollen hier keine Verzögerung.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir haben uns aus unserer politischen Verantwortung heraus entschlossen, das, was an struktureller Reform des Systems notwendig ist, zum 1. Januar 1975 in Kraft zu setzen.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Da wird die Opposition zugestehen, daß die Minderheitsposition nicht ausreichen kann, um diese politische Zielsetzung einer regierenden Mehrheit zu zerstören oder auszuhebeln.

(Wiederholter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die Steuerreform wird nicht scheitern. Wenn der Versuch, sie insgesamt zu verhindern, gemacht werden sollte, wird dieser Versuch scheitern. Dazu wird dann auch der Druck der öffentlichen Meinung in diesem Land beitragen. Die Koalition hat den festen Willen, dieses Vorhaben zu einem guten Ende zu bringen. Sie wird nicht zehn Meter vor dem Ziel liegen bleiben.
Übrigens ist es ja nicht so, daß nicht schon eine ganze Menge geschafft wäre. Nicht nur liegen alle Ausarbeitungen, alle formulierten Paragraphen bis ins letzte mit allen Anlagen vor, sondern von dem Gesamtpaket der Steuerreform sind wesentliche Etappen auch auf dem Wege der Gesetzgebung schon erreicht und überschritten worden.
Erstens. In Kraft getreten ist die besonders dringliche Reform unseres Außensteuerrechts; wenn Sie so wollen: die Steuerfluchtgesetzgebung. Niemand hat damals gesagt, das müsse warten, bis das ganze Paket auf einmal verabschiedet werden könne. Gegen die Steuerflucht haben wir zusätzliche, neue Dämme errichtet, und andererseits hat dieses Gesetz auch die Wettbewerbsbedingungen der deutschen Wirtschaft bei Auslandsinvestitionen verbessert.
Zweitens. Das Grundsteuerreformgesetz ist bereits in Kraft getreten. Da gab es auch ein bißchen Widerstand bei den Ländern. Man muß auch da dann bereit sein, sich zu verständigen, wenn man Mehrheiten braucht; auch in dem anderen Haus, das ist sicher. Seit Beginn dieses Jahres gelten nun für den Grundbesitz endlich die Einheitswerte von 1964 und nicht die völlig überholten, die bis dahin galten, nämlich die von 1935, die doch nur ein Zehntel — etwa — des tatsächlichen Werts des Grundvermögens angegeben haben. Auch hier hat niemand gemeint, die Abschaffung der Einheitswerte von 1935 müsse nun noch länger warten, bis alles in einem großen Akt gemeinsam verabschiedet werden könne,
wobei man dann gar nicht weiß, ob nicht jemand kommt und sagt: Von der Tagesordnung absetzen.

(Beifall bei der SPD.)

Drittens. Dieses Haus hat im vergangenen Dezember das Gesetz zur Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer und, viertens, das Gesetz zur Reform der Vermögensteuer verabschiedet. Damit ist die Voraussetzung geschaffen, auch bei diesen Steuern durch die Anwendung der neuen Einheitswerte alte Vorrechte wegzutun. Andererseits bringen gerade diese beiden Reformgesetze bei kleineren Vermögen spürbare Entlastungen. Ich gebe zu, daß Großvermögen durch diese Gesetze höher besteuert werden — allerdings maßvoll —, ohne daß ich irgendeine Legitimation sähe für die hier und da aufgestellte Behauptung vom konfiskatorischen Staat.
Diese beiden Gesetze hängen im Augenblick an der Bundesratsmehrheit von einer Stimme. Im Vermittlungsausschuß haben wir den Eindruck gewonnen, daß offenbar noch ein wenig Zeit gebraucht wird. Ich möchte in diesem Hause sagen — der Bundesrat ist heute morgen schlecht vertreten, nachdem er diese Gesetze dort angehalten hat —, daß ich, wenn die Sache gelten soll, Einigungsmöglichkeiten bei diesen beiden Gesetzen keineswegs ausschließe. Wenn allerdings gelten soll, daß überhaupt, unabhängig von der Sache, die Steuerreform zu Fall gebracht werden soll, dann sehe ich Einigungsmöglichkeiten nicht. Dann werden wir von der öffentlichen Meinung her eine große politische Kampagne brauchen;

(Beifall bei der SPD)

auch für das Land des Ministerpräsidenten Kohl, Vorsitzenden einer Partei, die das soziale Epitheton doch ernst genommen wissen will, um ihm zu zeigen, daß man nicht auf der einen Seite auf Parteitagen so sprechen und auf der anderen Seite die Vermögen-
und Erbschaftssteuerreform zu Fall bringen kann.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Aber ich sage noch einmal: Ich sehe Einigungsmöglichkeiten, wenn man sich von der Sache her einigen will, und ich appelliere in diesem Hause auch an die Christlich-Demokratische und Christlich-Soziale Union als Parteien und an ihre Gesamtverantwortung, was das Steuersystem in unserem Lande angeht.
Fünftens. Von diesem Hause ist verabschiedet die Erhöhung des Freibetrags der Gewerbesteuer von 7200 DM auf 15 000 DM. Dadurch wird ab 1975 jeder zweite Gewerbetreibende von der Gewerbeertragsteuer befreit sein, d. h., von den insgesamt 1,6 Millionen werden 800 000, nämlich die schwächeren, die kleineren Gewerbetreibenden, in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestärkt sein.

(Beifall bei der SPD.)

Außerdem wird dabei die Zone ermäßigter Steuern so ausgedehnt, daß die volle Steuer erst für Gewerbeerträge ab ungefähr 30 000 DM im Jahr zu zahlen ist.

Bundesminister Schmidt
Sechstens. Es liegt der Gesetzentwurf der neuen Abgabenordnung vor, welche das allgemeine Steuerrecht und die Verfahrensvorschriften reformiert. Die Beratung dieses umfangreichen Gesetzes in den beteiligten Ausschüssen ist inzwischen ganz gut vorangekommen. Da sind Sie ja schon sehr weit.
Siebtens. Die steuerlichen Regelungen zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, die ursprünglich ebenfalls Bestandteil der Reformgesetzgebung waren, sind in einen eigenen Gesetzentwurf gegossen und ebenfalls dem Deutschen Bundestag vorgelegt worden.
Soweit diese sieben Punkte bisher schon erreichter großer Fortschritte auf dem Wege zur Vollendung des Ganzen. Dazu kommen nun die Punkte 8, 9 und 10, die heute zur Debatte stehen. Der Punkt 8 betrifft die Ihnen vorliegende Reformierung der Einkommen- und Lohnsteuer, Punkt 9 betrifft die Reformierung der Sparförderung und Punkt 10 die Reform der Körperschaftsteuer. Das sind die Schlußsteine zu diesem umfassenden Werk der Steuerreform.
Ich darf nunmehr ins einzelne gehen. Wir haben bei der Einkommen- und Lohnsteuer nicht versucht, unsere Zielvorstellungen durch eine lineare Tarifänderung zu erreichen. Letzten Endes stehen verschiedene politische Grundphilosophien dahinter, wenn der eine linear helfen will, der andere aber die Gerechtigkeitsstruktur des Systems verändern will.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Darin wird es zwischen uns sicherlich auch so leicht keine Einigung geben. Das wird Sie nicht der Mitverantwortung entheben, insgesamt Ihre Gedanken so einfließen zu lassen, daß es so einfach wie möglich — es bleibt dann immer noch kompliziert — und in vielen Einzelheiten so gerecht wie möglich — das bleibt dann immer noch sehr schwierig — gemacht wird.
Wir haben den Tarif strukturell umgestaltet und nicht linear, weil nur so die steuerlichen Lasten gerechter zu verteilen sind. Dabei darf man sich nicht davon irremachen lassen, daß der Proportionalsteuersatz, der bisher bei 19 % liegt, in Zukunft bei 22 % liegen wird. Da die Proportionalzone bis zu einem Einkommen von 16 000 DM bzw. 32 000 DM bei Verheirateten ausgedehnt wird und erst oberhalb dieser 32 000 DM für ein Ehepaar die Steuerproportion beginnen wird,

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Aber dann kräftig!)

da weiterhin der Grundfreibetrag auf 3000 DM bzw. für Verheiratete auf 6000 DM angehoben wird, ergeben sich für untere und mittlere Einkommensgrößen spürbare Steuersenkungen durch diese Reform.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen.)

Auf der anderen Seite wird der Spitzensteuersatz auf 56 % angehoben, so daß für weit über dem Durchschnitt liegende sehr hohe Einkommen in Zukunft mehr Steuern zu zahlen sein werden, obgleich
gleichzeitig die Ergänzungsabgabe wegfällt. Man kann das beklagen, wenn man der Bezieher eines sehr hohen Einkommens ist. Ich hätte Verständnis für die Klage, aber wir wollen trotzdem unseren Willen durchsetzen, Herr Professor Carstens, in dieser Sache ganz gewiß.

(Beifall bei der SPD.)

Bei hohen Einkommen wird sich übrigens auch auswirken — ich will das nicht vergessen, sondern hier mit erwähnen —, daß die Vermögensteuer, die einer gezahlt hat, künftig nicht mehr bei seiner Einkommensteuer abgesetzt werden kann. Großverdiener können also nicht mehr auf dem Umweg über die Einkommensteuer ihre Vermögensteuerbelastung wieder rückgängig machen, bis zur 'Hälfte vermindern. Das soll wegfallen. Damit nun aber in den unteren und mittleren Einkommensbereichen, also im Mittelstand, keine Verschlechterung eintritt, wird der Vermögensteuersatz von 1 % auf 0,7 % gesenkt.
Einer der wichtigsten Bereiche für die Koalition ist der Kinderlastenausgleich. Hier wird endlich ein entscheidender Schritt zu mehr Chancengleichheit im Steuerrecht getan. Die steuerlichen Kinderfreibeträge werden durch eine Kindergeldzahlung ersetzt, und wir schaffen damit diesen alten familienpoltischen Unfug aus der Welt, daß diejenigen den höchsten Steuervorteil für ihre Kinder haben, die ohnehin am meisten verdienen und es deshalb eigentlich am wenigsten nötig haben, während andererseits Familien mit niedrigen Einkommen nur einen geringen oder überhaupt keinen Steuervorteil für ihre Kinder genießen.
Ich gebe ein oder zwei ganz einfache Beispiele dafür. Nehmen wir einen verheirateten Arbeiter, nur ein Kind, Bruttomonatslohn 1600 DM. Bisher hat er aus dem Kinderfreibetrag für sein Kind einen monatlichen Steuervorteil von 19 DM. Nach der Reform erhält der gleiche Arbeiter - verheiratet, ein Kind — eine steuerliche Entlastung von monatlich 50 DM. Bei dem Generaldirektor oder Bundesminister mit einem Kind wirkt sich die Änderung natürlich negativ aus. Das wollen wir nicht verheimlichen; das ist sicherlich so. Es soll ja auch so sein.

(Beifall bei der SPD.)

Ich will ein anderes Beispiel geben: Derselbe Arbeitnehmer aber mit drei Kindern. Da muß ich die Wirkung des Steuerfreibetrags und das Kindergeld für das dritte Kind zusammenzählen; als Normalverdiener mit, sagen wir, weniger als 16 000 DM Einkommen im Jahr, hat er bisher einen Freibetrag von 74 DM gehabt, dazu 85 DM Kindergeld. Das macht zusammen 159 DM im Monat, die wir als Gesetzgeber ihm bisher für seine drei Kinder zugestanden haben. Jemand, den ich einmal als Großverdiener bezeichnen will, hatte aber von der Freibetragswirkung her 206 DM frei und ein bißchen weniger Kindergeld, zusammen 266 DM. Nach dem Reformgesetz wird der eine in Zukunft von 159 DM auf 240 DM steigen — das betrifft sehr viele — und der andere — das betrifft wenige — wird von 266 auf 240 DM absinken! Weil das erste so viele sind, führt dieser neue Kinderlastenausgleich immerhin dazu, daß der Gesamtaufwand für den Kinder-

Bundesminister Schmidt
lastenausgleich, der bisher 11 Milliarden DM betrug - ich bitte, sich das zu vergegenwärtigen —, nun auf 15 Milliarden DM ansteigen wird. Das sind gewaltige Summen.
Übrigens rechne ich damit, daß der Ablauf des heutigen Tages Frau Bundesministerin Focke Gelegenheit geben wird, auf dieses Kernstück der Einkommen- und Lohnsteuerreform noch etwas näher einzugehen, daß diese Regelung für viele von uns darstellt.
Bei den Vorsorgeaufwendungen wird es keine unterschiedlichen steuerlichen Wirkungen mehr geben. Um vor allem bei Arbeitnehmern die gestiegenen Sozialversicherungsbeiträge steuerlich wieder voll zu berücksichtigen, wird die Höchstgrenze für Versicherungsbeiträge praktisch verdreifacht, z. B. für eine Familie mit zwei Kindern von jetzt 6800 auf 20 400 DM. Darin sind dann auch die Vorsorgeleistungen enthalten, die etwa in der Form von Bausparbeiträgen oder privaten Lebensversicherungsprämien aufgebracht werden. Diese Aufwendungen werden sodann mit einem einheitlichen Steuersatz von 22 % von der Steuer abgezogen, so daß der steuerliche Vorteil, die Begünstigung der Vorsorge, in Zukunft mit steigendem Einkommen nicht mehr wachsen kann. Auch diese Lösung dient dem Mehr an Gerechtigkeit ebenso wie die Tatsache, daß der Arbeitnehmerfreibetrag auf das Zweieinhalbfache, nämlich auf 600 DM, erhöht werden und für alle Arbeitnehmer mit dem gleichen Prozentsatz von der Steuer abgezogen werden soll. Auch diese Lösung führt dazu, daß die große Masse stärker entlastet wird, als wenn man etwa das alte System beibehielte und nur den alten Freibetrag linear erhöhte oder verdoppelte.
Wir erhöhen weiter den Freibetrag für Alleinstehende mit Kindern auf das Zweieinhalbfache. Mit 3000 DM entspricht dieser Freibetrag für Alleinstehende mit Kindern künftig dem Grundfreibetrag, der den Alleinstehenden außerdem noch zusteht. So erhöht sich z. B. dann für eine alleinstehende Frau mit einem Kind, die etwa ein Jahreseinkommen von 15 000 DM zu versteuern hat, die monatliche Steuerentlastung auf 55 DM oder im Jahr auf beinahe 700 DM.
Der neue Altersentlastungsbetrag begünstigt nun zum erstenmal auch solche Altersbezüge, die nicht in Pensionen und nicht in Sozialrenten bestehen.
Körperbehinderten wird durch die Erhöhung der steuerlichen Pauschbeträge um mehr als 40 % geholfen.
Der Sparförderung dient ein neues Instrument, nämlich der Sparerfreibetrag; für Verheiratete sind das 600 DM. Wenn man den Werbungskosten-Pauschbetrag hinzurechnet, der weitgehend ja auch den Charakter eines Freibetrages hat, so bleiben bei Verheirateten in Zukunft im allgemeinen, wenn nicht sonst großes Einkommen noch nebenher besteht, Sparzinsen, Zinserträge von der Sparkasse bis zu 800 DM im Jahr steuerfrei, was bedeutet, daß die aller-, aller-, allermeisten Sparer in Deutschland keinerlei Steuer auf ihre Sparzinserträge mehr zu entrichten haben werden. 85 % aller Sparkassenbucher liegen unter 5000 DM, will ich hier erwähnen.
Wenn man alle diese Änderungen zusammenträgt und ausrechnet, was für den einzelnen Bürger und seine Familie dabei herauskommt, so muß man sehr viele verschiedene Rechnungen aufmachen; denn die Vielfalt des Lebens ist groß. Das hängt vom Alter ab, das hängt vom Familienstand ab, von der Zahl der Kinder, von vielerlei Einzelheiten.
Ich gebe Ihnen einige wenige Beispiele. Ein verheirateter Facharbeiter mit einem Kind hat heute, wenn die Frau nicht berufstätig ist, bei einem Bruttoarbeitslohn von 1600 DM 165,10 DM Lohnsteuer zu zahlen. Seine Lohnsteuer wird nach der Steuerreform pro Monat 42 % niedriger liegen.
Ein anderes Beispiel. Eine junge ledige Verkäuferin hat bei einem Bruttomonatslohn von 900 DM heute 104 DM Lohnsteuer zu zahlen. Nach der Reform wird ihre monatliche Lohnsteuer 23 % weniger betragen.
Ein verheirateter kaufmännischer Angestellter mit einem Kind, dessen Ehefrau nicht berufstätig ist, zahlt zur Zeit bei einem Bruttogehalt von 2500 DM 337,80 DM Lohnsteuer. Seine Steuer wird nach der Reform 22 % niedriger sein.
So wird man viele Beispiele für Familien mit vielen Kindern, mit Ehefrauen, die arbeiten, mit solchen, die nicht arbeiten, für Alleinstehende, Alte, Kriegsbeschädigte ausrechnen müssen, um zu verstehen, was die Gesamtwirkung dieses sehr komplizierten Gesetzeswerkes für die einzelnen bedeutet, für die Arbeitnehmer, für die Angestellten, für den Mittelstand, auch — das gebe ich zu —, was es bedeutet für die Bezieher ganz großer Einkommen und für ganz große Vermögen.
Übrigens noch ein Wort zur Sparförderung, die ja in dem Gesetzentwurf auch mit enthalten ist. Die staatlichen Prämien werden besser gezielt als bisher auf die sparförderungsbedürftigen Einkommensschichten ausgerichtet. Im Sparprämienrecht wird künftig eine Einkommensgrenze eingeführt, die bei Verheirateten bei 48 000 DM liegt und sich je Kind dann noch einmal um knapp 2000 DM erhöht. Prämien werden künftig einheitlich bis zu Sparleistungen von 1600 DM bei Verheirateten gewährt. In weiten Bereichen bedeutet das eine Verbesserung. Der Prämiensatz soll 20 % betragen, beim Bausparen 23 %, für jedes Kind weitere 2 %.
Ein kurzes Wort zur Reform der Körperschaftsteuer. Dies ist ein unendlich schwieriges, und sehr schwer darzustellendes, kompliziertes Netz von Funktionen nicht nur innerhalb der Bundesrepublik, sondern auch im Verhältnis zum Ausland; wir haben ja eine Reihe von Aktiengesellschaften, die im Ausland verschachtelt sind. Ich sehe davon ab, es hier im einzelnen darzustellen. Aber es braucht niemand mißzuverstehen; hier darf ich einmal im Augenblick nicht aus der Gesamtverantwortung der Regierung sprechen, sondern für die Sozialdemokraten allein reden. Wir gehen diesen Weg mit und beseitigen die Doppelbelastung der ausgeschütteten Erträge mit Körperschaftsteuer und mit Einkommensteuer. Aber es hat sich eben nach unserer übereinstimmenden Meinung in der Koalition auch nichts daran ge-



Bundesminister Schmidt
ändert, daß diese Reform nur zusammen mit dem Gesetz zur Beteiligung breiter Schichten am Produktivvermögen in Kraft treten kann, über das sich ja Gott sei Dank die Spitzen beider Fraktionen am letzten Wochenende in allen Grundzügen geeinigt haben.
Ich will auf ein paar Vereinfachungseffekte zu sprechen kommen, die mit dem Ganzen verbunden sein werden. Beim Lohnsteuerverfahren — das ist ja die größte Zahl der Verfahren, die die Finanzämter zu bewältigen haben und das auch die meisten Menschen als steuerpflichtige Bürger betrifft, die ihrerseits daran beteiligt sind — wird eine neue Vorsorgepauschale dafür sorgen, daß die regelmäßigen Versicherungsaufwendungen ohne jeden Arbeitsaufwand sofort beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden; der Arbeitnehmer braucht hierfür zukünftig keinen Ermäßigungsantrag mehr zu stellen. Von den 8 Millionen Lohnsteuerermäßigungsanträgen im Jahr werden infolgedessen 7 Millionen überflüssig werden

(Abg. Dr. Carstens [Fehmarn] : Ja, das ist eine gute Sache!)

— ich sehe, daß Sie, Herr Carstens, das nicht für so wichtig halten, aber die Finanzbeamten sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit, und wenn wir im Wege der Gesetzgebung noch mehr Vereinfachung schaffen wollen, müssen wir uns sehr bemühen

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Carstens [Fehmarn] : Ich betrachte das als außerordentlich gut! Sie haben mich mißverstanden!)

— Ich habe Sie mißverstanden; wir nehmen es beide als gut.
Die Neugestaltung der Einkommensteuertarife und der Lohnsteuerklassen wird von bisher etwa 6,5 Millionen Veranlagungen von Arbeitnehmern 2,5 Millionen Veranlagungen entbehrlich machen können. In diesem Zusammenhang will ich daran erinnern, daß schon durch das 2. Steueränderungsgesetz 1973 die Veranlagungsgrenze der Einkommensteuer für Arbeitnehmerehepaare auf 48 000 DM angehoben wird, um auch hier von dem Veranlagungsverfahren, das natürlich sowohl von der Behörde als auch vom steuerpflichtigen Bürger sehr viel Aufwand erfordert, herunterzukommen.
Über Prämienanträge wird künftig zusammen mit der Steuerfestsetzung oder mit dem Lohnsteuerjahresausgleich entschieden werden, was ermöglichen wird, diese typische Massenarbeit maschinell durchzuführen.
Nun will ich bei der Beurteilung dieser Verfahrensänderungen nicht verschweigen, daß die vorgesehene Abwicklung des Kinderlastenausgleichs von den Finanzämtern aus — darüber gibt's einen Streit mit den Finanzverwaltungen der Länder

(Zuruf von der CDU/CSU: Aller Länder!)

- der Länder! -, von den Finanzverwaltungen aus nicht mit großem Entzücken betrachtet wird. Das ist einer der Gründe für den Bundesrat gewesen, sich dagegen auszusprechen. Nun wird jeder verstehen, daß der Bundesfinanzminister, der mit den Finanzämtern, die Länder-Sache sind, gar nichts zu tun hat, hier gar keinen Ressortpatriotismus verfolgt, wenn er der Meinung ist, es sei doch besser, es bei den Finanzämtern als bei der Arbeitsverwaltung auszahlen zu lassen. Er hat dafür sachliche Gründe; die darf ich vortragen.
Mir geht es nur um das, was insgesamt am praktikabelsten und am einfachsten sein wird; eine Belastung ist die neue Kindergeldregelung verwaltungsmäßig immer — entweder für die Finanzverwaltung oder die Arbeitsverwaltung. Aus der Sicht der Bundesregierung ist aber die vom Bundesrat vorgeschlagene Auszahlung durch die Arbeitsverwaltung deswegen nicht sehr verlockend, weil dadurch die Zahl der Auszahlungsfälle bei den Arbeitsämtern von 2,5 Millionen auf 10 Millionen Fälle — die müssen dann dort alle bearbeitet werden — steigen würde. Die Arbeitsverwaltung würde in Zukunft also 10 Millionen Auszahlungsfälle haben, während die Finanzämter, wenn ich es richtig im Kopf habe, in mehr als 90 % der Fälle das Auszuzahlende einfach mit der Steuer — die Finanzämter nehmen ja die Steuern von den Steuerpflichtigen ein — verrechnen werden, so daß bei Auszahlung durch die Finanzämter höchstens 0,5 Millionen Fälle neu hinzukommen; Sie können gegenrechnen. 0,5 Millionen Auszahlungsfälle bei der Finanzverwaltung, 10 Millionen Auszahlungsfälle bei der Arbeitsverwaltung — dies ist der Hauptgrund. Niemand möchte diese Verwaltungsarbeit gerne übernehmen. Die Arbeitsverwaltung hat sich von Amts wegen außerstande erklärt, dies zu machen. Aber ich sage noch einmal: Es ist in keiner Weise ein politisches oder heiliges Prinzip des Bundes oder der Bundesregierung; das kann man so oder so machen! Es kommt doch darauf an, daß der Begünstigte hinterher das Geld bekommt.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich wehre mich dagegen, daraus einen Prinzipienstreit zu machen; das ist eine reine Zweckmäßigkeitsfrage.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das beste wird wahrscheinlich sein, wenn die Vertreter der Arbeitsverwaltung und die der Finanzämter einmal zusammen an einem Tisch unter Beteiligung von Fachministern der Länder und des Bundes ihre Erfahrungen austauschen. Nach unserer Rechnung wird das durchschnittliche Finanzamt noch nicht einmal tausend Fälle haben, aber das durchschnittliche Arbeitsamt unendlich viel mehr.
Übrigens denke ich, daß nicht nur dieses Thema, sondern auch andere Themen der Verfahrensvereinfachung nicht nur eine Aufgabe dieser Reformgesetzgebung, sondern eine ständige Aufgabe bleibt; schon allein deswegen, weil dieses Parlament, egal wie die Mehrheiten verteilt sind, sowieso jedes Jahr das Steuerrecht mit einzelnen Novellen kompliziert. Deshalb müssen wir uns alle bewußt sein, daß es auch unsere ständige Aufgabe bleibt, zu vereinfachen, wo es nur irgend geht.
Ich habe lange Zeit gebraucht, um die Herren Kollegen Finanzminister der Länder davon zu über-



Bundesminister Schmidt
zeugen, daß es wünschenswert ist, einmal zwei Tage lang eine große Diskussionstagung zu machen mit den Beamten aus den Finanzämtern, die unten mit der eigentlichen Last der Arbeit beschwert sind, um von ihnen zu hören, wie aus ihrer Sicht vereinfacht. werden kann. Aber Gott sei Dank ist nun inzwischen diese Absicht gemeinsam gefaßt worden. Wir hatten das mit den Zollbeamten, die ja Bundesbeamte sind, vor einiger Zeit schon mal gemacht. Das war sehr fruchtbar, und wir haben viel davon gelernt, übrigens auch die Beamten selber. Und man muß doch zugeben, wenn man Ministerialbeamter ist, ob des Landes oder des Bundes, daß es eigentlich ausgeschlossen ist, daß man bei einer solchen Tagung von den Praktikern nicht etwas dazulernt. Man sollte sich innerlich nicht zu erhaben vorkommen über die Erfahrungen des Oberinspektors oder des Amtmanns, des Finanzbeamten.

(Beifall bei der SPD.)

Ich wäre dankbar, wenn sich — wie bei der Zolltagung — vom Finanzausschuß des Bundestages ein paar Kollegen an diesen beiden Tagen beteiligten, um auch ihrerseits herauszufühlen, herauszuhören, was an Anregungen von der Front der Verwaltung, von .den eigentlichen Finanzbeamten auf uns zukommen mag.
Meine Damen und Herren, ich komme noch einmal auf die Kontroverse mit dem Bundesrat zurück. Sie hat — wie auch die heute anstehende erste Lesung des Gesetzentwurfs — dazu geführt, daß sich viele Mitglieder dieses Hauses öffentlich geäußert haben. Immer, wenn es politische Streitfragen zu entscheiden gibt, müssen sich Politiker äußern. Das ist zum Beispiel in .den letzten Tagen auch zur Frage der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst der Fall gewesen. Mancher wird dann anders gedruckt als er meint, es gesagt zu haben. So wissen wir von Herrn Filbinger, daß er das nicht gesagt hat, wie tatsächlich eine Zeitung ihn gedruckt hat. So mag manches auch über die Auffassung gedruckt worden sein, die der eine oder andere Länderminister gar nicht hat, die ihm aber unterstellt wird. Das mag auf allen Seiten so sein, auch auf seiten von Koalitionsabgeordneten. Das mag so sein.
Trotzdem möchte ich noch einmal bitten, sich zu überlegen, ob etwas so Wichtiges, wie die seit mehr als anderthalb Jahrzehnten vorbereitete Steuerreform, wirklich bloß zu einer Sache der parteilichen Konfrontation gemacht werden darf. Ich bitte, das von unserem gemeinsamen Staatsverständnis her zu überlegen.

(Beifall bei der SPD.)

Aber es legt sich vielleicht auch nahe, es vom eigenen Parteiinteresse her noch einmal zu überdenken. Ich glaube nicht, daß letztlich jemandem damit gedient wäre.
Der Bundesrat hat zu dem heute hier vorliegenden Gesetzentwurf, den er schon behandelt hat, gesagt, nach seiner Auffassung könne das neue Einkommensteuergesetz und das neue Sparprämiengesetz nicht in seiner Gesamtheit am 1. Januar 1975 in Kraft treten. Das hat dazu geführt, daß man sich überlegt: Wie kann man sich mit dem Bundesrat
arrangieren, wenn der sagt: „Nicht in seiner Gesamtheit", sondern einzelne Dinge wollen wir weglassen; insbesondere wollen wir die prinzipiell nicht wichtigen Dinge nicht so schnell bearbeiten? Da muß man sich fragen, wie man sich mit ihm treffen kann; denn man braucht auch die Zustimmung der Mehrheit des Bundesrates, das ist ganz klar.
Daraus haben sich Spekulationen ergeben, als ob die Regierung diesen Gesetzentwurf aufgegeben hätte. Dies ist nun allerdings mindestens ein schwerwiegender Irrtum, wenn es nichts Böseres ist. Das haben wir nicht getan. Aber ich habe keine Hemmungen zu sagen — und das sage ich auch für die Frau Kollegin Funcke als Vorsitzende des zuständigen Ausschusses und auch für die Kollegen meiner Fraktion —: In diesem Entwurf ist vielerlei Aufholarbeit aus vergangenen Erlassen, Rechtsverordnungen, Gesetzgebung und Rechtsprechung drin. Diese Aufholarbeit muß nicht unbedingt zum 1. Januar 1975 vollendet sein. Was zum 1. 1. 1975 sein muß, ist die gesetzgeberische Verwirklichung dessen, was wir die Grundprinzipien der Strukturreform des Steuersystems genannt haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Nun bitte ich, aus den Vorstellungen des Bundesrates, der meint, er könne das alles mit den vielen Details nicht in einem Jahr bewältigen, und der Stellungnahme der Regierung oder der Koalitionsabgeordneten zu diesen Einlassungen nicht zu schließen, Herr Häfele, wir wollten die Steuerreform nicht. Das ist also mindestens ein böses Mißverständnis.
Sie werden auch nicht übersehen haben, daß der Bundesrat kein Veto eingelegt hat. Er hatte es sich sicherlich in einigen seiner Landesregierungen genau überlegt, db er etwa nein sagen sollte zur Steuerreform als ganzer. Deswegen — Sie sehen, welche Mühe ich mir gebe, das Klima wieder ein wenig zu normalisieren — sollten Sie bitte auch aufhören, der Freien Demokratischen Partei oder der Sozialdemokratie oder der Bundesregierung als ganzer zu unterstellen, sie wolle die Steuerreform nicht. Sie werden sich täuschen. Und ich sage Ihnen, wir werden die öffentliche Meinung gegen Sie mobilisieren, falls Sie die Steuerreform zu Fall bringen wollen. Sie werden sich täuschen!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir rechnen Ihnen nämlich an vielen einzelnen Beispielen vor, was Ihre Art der linearen Steuersenkung für die oberen und für die mittleren und unteren Gehälter bedeuten würde. Das rechnen wir öffentlich vor.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rawe: Primitiver geht es nicht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Demagogie! — Das nennen Sie, den gemeinsamen Boden vorbereiten, Herr Schmidt? — Sie sind heftig am Werk!)

Wir würden dann genauso öffentlich vorrechnen, was dies hier für den einzelnen und seine Familie bedeutet.

(Zurufe von der CDU/CSU.)




Bundesminister Schmidt
— Ich muß doch einmal in meiner Rede auf die Polemik des Herrn Kollegen Häfele von heute morgen um 9 Uhr antworten dürfen, ein einziges Mal.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rawe: Sie wollen doch nur einen Buhmann aufbauen; das kennen wir doch von Ihnen, Herr Schmidt!)

Nun lassen Sie mich bitte ganz generell, ohne dabei spezifisch auf die Steuersenkungsabsichten der CDU/CSU abzuheben, ein paar Bemerkungen über die aktuelle Steuersenkungsdiskussion machen, die im Augenblick im Zusammenhang mit der Weltkonjunktur- und der deutschen Konjunkturentwicklung im Schwange ist.

(Abg. Seiters: Jetzt kommt die Kür! — Nachdem die Pflicht vorbei ist!)

Ich halte diese allgemeine Steuersenkungsdiskussion wirklich für ein wichtiges innenpolitisches und auch wichtiges volkswirtschaftliches Thema, Herr Kollege. Man kann sie unter dem Aspekt sehen, daß, wenn man die Steuern allgemein linear senkt, dann wenigstens die Steuerreform der sozialliberalen Koalition hinterher nicht mehr käme, weil man das Geld nicht zweimal ausgeben kann. Das mag Ihr Gesichtspunkt sein. Ich will Ihnen das im Augenblick gar nicht unterstellen. Ich will Ihnen gar nicht unterstellen, daß Sie uns den Erfolg der Steuerreform, die Sie damals, als Sie viele Male nacheinander an der Regierung waren, zwar auch gewollt, aber eben nicht zustande gebracht haben, unmöglich machen wollen. Sie müssen sich aber fragen, was Sie selber eigentlich letztlich wollen.
Herr Professor Carstens, ich habe eine Aufstellung all der steuerlichen Gesetzesanträge vor mir liegen, die Sie im Laufe der letzten zwölf Monate, seit dieser Bundestag gewählt ist, gestellt haben und was sie damit an Ausgaben zusätzlich vorgeschlagen haben. Ihr Entwurf eines Inflationsentlastungsgesetzes der heute zur Beratung steht, kostet nach den gegenwärtigen Berechnungen 9,9 Milliarden DM. Das mag sich nach ein paar Monaten wieder nach oben oder nach unten verschieben. Die Erhöhung der Investitionszulagen von 7,5 auf 10 %, die Ihre Fraktion beantragt hat, kostet 180 Millionen DM. Der Antrag der CDU/CSU im Bundesrat — Bundesratsdrucksache 7/782 — zur Erbschaft- und Vermögensteuer kostet 290 Millionen DM. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Kraftfahrzeugsteuer — es sind zwei Steuerklassen vorgesehen, wobei dann der Bund Mehrwertsteuer hergeben soll, weil die Länder auf Kraftfahrzeugsteuer verzichten — kostet 1,1 Milliarden DM. Dann die Erhöhung des Lastenausgleichs, wie sie das CDU-Präsidium vorgeschlagen hat — soviel ich weiß, bisher nicht im Parlament eingebracht —, fürs erste Kind auf 60 DM, fürs zweite Kind auf 90 DM, fürs dritte Kind auf 130 DM und auf 150 DM für alle weiteren Kinder; das kostet zusätzlich weitere 3 Milliarden DM. Erziehungsgeld, bisher nicht hier eingebracht, aber von Ihrem Parteipräsidium angekündigt, kostet je nach Ausgestaltung — man kann das nicht ganz genau berechnen — bis über 3 Milliarden DM. Dann hat die CDU/CSU-Fraktion Senkung der Mineralölsteuer beantragt, Herr Stoltenberg hat Senkung oder Halbierung der Mehrwertsteuer bei Ölprodukten beantragt; das erste kostet 2 Milliarden DM, das zweite 11/2 Milliarden DM.

(Abg. van Delden: Dann müssen Sie auch noch die Abschaffung der Investitionsteuer einrechnen!)

— Nein, das war ja konjunkturell notwendig. Um Arbeitsplätze zu erhalten, mußte die Investition wieder angereizt werden. Aber was Sie machen, sind konsumträchtige Ausgaben, Herr van Delden.

(Beifall bei der SPD.)

Dies ist ja alles nicht Wirtschaftsankurbelung, sondern Preisankurbelung. Sie schaffen monetäre Nachfrage, ohne dafür gleichzeitig Güter, reale Werte zu schaffen.

(Beifall bei der SPD.)

Das Bruttosozialprodukt wird in diesem Lande im Jahre 1974, wenn alles draußen in der Weltwirtschaft ganz gut geht, real vielleicht um 2 % zunehmen — wenn alles ganz gut geht. Es geht aber draußen in der Weltwirtschaft nicht ganz gut. Sie kriegen — wir haben doch vor ein paar Tagen darüber gesprochen — schwere währungspolitische Verwerfungen bei einer Reihe von Ländern, die in tiefe Zahlungsbilanzdefizite geraten. Sie müssen damit rechnen, daß die weltweite Arbeitsteilung auf eine schwere Probe gestellt wird, der internationale Handel genauso wie die internationale Finanzierungsmechanik. Wir sind in bezug auf die Weltwirtschaft weniger optimistisch als in bezug auf unsere eigene binnenwirtschaftliche Entwicklung. Deswegen muß man sich doch klarwerden, wenn maximal bei günstiger außenwirtschaftlicher Entwicklung real 2 % mehr erwirtschaftet werden sollten, daß es keinen Sinn hat, die Nominaleinkommen — sei es durch Steuerentlastung, sei es durch Lohnerhöhung von 15 oder 17 % — so zu steigern, obwohl doch real nicht mehr da ist. Das kann doch dann nur in die Preise gehen. Die Steuerentlastung kann doch auch nur in die Preise gehen, wenn man sie in diesem Ausmaße vornimmt. Deswegen muß ich das sagen.

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Letzteres war falsch! — Abg. Dr. Carstens [Fehmarn]: Das ist der Taubstummendialog, den wir seit sechs Monaten mit Ihnen führen!)

— Ich bin weder stumm noch taub, ich habe Ihnen gut zugehört und habe Ihnen vorgerechnet, was Ihre Anträge bedeuten, nämlich insgesamt 35 Milliarden DM, Herr Carstens.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Nun können Sie sagen: Wir haben das nicht alles auf einmal gewollt; wir haben damit gerechnet, daß ihr das eine ablehnt und das andere auch, es kam uns nicht darauf an. Das können Sie sagen. Aber Sie müssen sich eines vorstellen — ich rede hier genauso für die Gemeinden, für die Länder oder für den Bund —: die Finanzlage dieser drei Gebietskörperschaften ist ähnlich. Ich führe den Bund als Beispiel an, weil ich dessen Zahlen besser im Kopf habe. Wir hatten einen relativ kleinen Betrag — etwa 2 Mil-



Bundesminister Schmidt
liarden DM — an Nettokreditaufnahme des Bundes für 1974 vorgesehen, als wir den Bundeshaushalt vorgelegt haben. Das hat sich dadurch verdoppelt, daß uns die Länder in den endlosen Verhandlungen über die Mehrwertsteueranteile weitere 2 Milliarden DM abgeknöpft haben, macht 4 Milliarden DM. Jetzt kommt hinzu: ein wenig Arbeitslosigkeit, ein wenig Kurzarbeit, Abschwung der Weltkonjunktur, die Automobilindustrie, die nicht mehr die vielen großen Autos verkaufen kann; deshalb kommen jetzt hinzu Steuermindereingänge gegenüber den Haushaltsplänen — der Stadt Buxtehude genauso wie der Stadt Rosenheim oder des Landes Bayern genauso wie des Bundes — um Milliarden, die ich im Augenblick nicht beziffern will. Jetzt wollen Sie darüber hinaus noch auf weitere Milliarden durch lineare Steuersenkungen verzichten. Das kann man dann insgesamt nur noch kreditweise finanzieren. Uns stehen nach Gesetz und Recht, dem Bund besonders große, Konjunkturausgleichsrücklagen bei der Deutschen Bundesbank zur Verfügung. Die könnten wir zur Finanzierung solchen Kreditbedarfs verwenden. Nur, wenn wir etwa alle Konjunkturausgleichsrücklagen der Länder und des Bundes in diesem Jahr auflösen würden — —

(Zuruf von der CDU/CSU.)

— Lassen Sie mich bitte den Satz zu Ende sprechen. Es ist wirklich ein Versuch, ein Problem auch für Nichtfachleute anzubieten.

(Lachen bei der CDU/CSU.)

— Ich sage das nicht in einer Richtung, ich sage das in Richtung des ganzen Hauses, auch in Richtung auf Herrn van Hüllen, auch in Richtung auf den Deutschen Gewerkschaftsbund, damit Sie mich ganz klar verstehen.

(Beifall bei der SPD.)

Ich versuche zu zeigen, daß nach Gesetz und Recht der Bund und die Länder zwar in den Konjunkturausgleichsrücklagen große Reserven zur Verfügung haben, die wir zum Teil zur Investitionsankurbelung auch brauchen werden; wenn wir sie aber, 'weil wir den Steuerverzicht nun noch zusätzlich hinzufügen, zur Gänze aus den Kellern der Bundesbank heraus und in den Kreislauf hineinschleusen würden, kann es nur, da sich das reale Bruttosozialprodukt dadurch nicht vergrößert, sondern bei einem Zuwachs von 1 %, maximal 2 % bleibt, in die Preisdynamik gehen.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Nicht so sehr die Haushaltsseite, sondern die volkswirtschaftliche Überzeugung, daß es nur in die Preise gehen kann, ist der Grund dafür,

(Beifall bei der SPD)

weshalb der Wirtschaftsminister und der Finanzminister sich gegen diese scheinbar so naheliegende Idee wehren müssen. Herr van Hüllen und Gesamtmetall sind natürlich besonders fabelhaft: die machen ein Angebot auf einen Lohntarifvertrag zu Lasten Dritter,

(Abg. Wehner: Ja, zu Lasten Dritter!)

nämlich zu Lasten des Staates und derjenigen, die von den Leistungen des Staates abhängen.

(Abg. Wehner: Sehr wahr! — Abg. Dr. Köhler [Duisburg] : Wir werden es ja beim öffentlichen Dienst sehen!)

Daß dies sicherlich eine schwierige Periode ist, müssen Sie mir nicht sagen. Was glauben Sie, wie das auf beiden Seiten der Regierungskoalition und auf allen Seiten in der Regierung die Geister beschäftigt und auch — ich hoffe, Sie nehmen es mir ab- -

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Vor Weihnachten war es aber noch ganz absurd!)

— Auch vor Weihnachten habe ich mich absolut und eindeutig in diesem Haus wie auch auf einer großen Arbeitnehmertagung meiner eigenen Partei gegen Steuersenkungen in dieser Phase gewehrt. Wir haben sie nicht gemacht, und wir werden sie auch nicht machen, obwohl viele es uns übelnehmen und nicht verstehen werden, weil es letztlich im Effekt über die Kreditschöpfung, die zur Ausfüllung der Defizite, die entstehen würden, notwendig ist, doch nur in die Preise gehen kann. Wir sind glücklich, daß wir das Jahr 1974 mit einer Preisdynamik betreten haben, die kleiner ist als in Frankreich, Italien, England, Japan, Amerika und so weiter

(Beifall bei der SPD.)

Wir wollen uns weder durch unsere Währungspolitik — die Länder, die ich nannte, haben ja währungs- und kreditpolitisch zu ihrer eigenen Inflationsdynamik beigetragen — noch über unsere Haushalts- oder Steuerpolitik oder Kreditpolitik im Innern in diesen Sog ganz hineinziehen lassen, diesen gewaltigen Sog der inflatorischen Dynamik, der alle Welt und ganz Europa beherrscht. Ich mache Ihnen keine Vorhersagen über die Inflationsraten in einem Land, das aus dem Währungsverbund gerade ausgeschieden ist, aber es kann kein Zweifel bestehen, daß alle Entwicklungen in anderen Staaten Rückwirkungen auf uns haben werden, und daß wir im Preiszusammenhang mit diesen Ländern stehen und große Teile unserer Ex- und Importe von den Preisbildungen auf diesen Märkten drüben abhängen.
Es ist also nicht so sehr der Haushaltsminister, der sich hier gegen Steuersenkungen wehrt, die als Defizite zu Buche schlagen würden — das müßten sie ja —, sondern es ist einer, der weiß, daß, wenn die Preisdynamik eine große Kurve annimmt, infolgedessen die Unternehmen Arbeitnehmer entlassen werden, weil sie nicht alles mehr draußen und drinnen zu diesen Preisen absetzen können. Die Arbeitslosigkeit macht mir dann noch mehr Angst als die Preisdynamik, eine zunehmende Arbeitslosigkeit, die wir durch im Augenblick scheinbar sich anbietende Schritte, die im Frühjahr 1974 keine großen Bedenken verursachen, im weiteren Verlauf des Jahres auslösen können.

(Abg. Haase [Kassel] : Herr Minister, der Kanzler hat doch auch Steuersenkungen angekündigt!)

Der Kanzler hat gesagt, er schließe für den weiteren
Verlauf des Jahres 1974 nicht alles aus. Nichts kann



Bundesminister Schmidt
man ausschließen. Ich weiß gar nicht, wie im weiteren Verlauf des Jahres 1974 z. B.
(Lachen bei der CDU/CSU.)

— Damit Sie mich nicht mißverstehen, müssen Sie den Satz zu Ende hören! Man weiß z. B. gar nicht, wie gegen Ende des Jahres 1974 etwa das Währungsgefüge der Welt — auch innerhalb des Westens — aussehen wird.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Es mag manches sich sehr ändern. Das ist ein sehr schwieriges Jahr für die ganze Weltwirtschaft. Aber bitte mißverstehen Sie den Bundeskanzler nicht dahin, daß er sagt: Zunächst nein, aber dann im Juli machen wir den Gesetzentwurf der Opposition! Wir machen auch nicht die Hälfte, auch nicht ein Viertel!

(Beifall bei der SPD. — Abg. Haase [Kassel] : Es hörte sich so an!)

Ich muß zur Kraftfahrzeugsteuerreform heute wohl nicht viel sagen. Sie gehört eigentlich nicht zu dem ganzen Reformwerk und hat auch keinen inneren Zusammenhang. Das würde heute morgen nur unnötig Zeit kosten. Ich will dem Thema nicht ausweichen; ich denke nur daran, daß die Rede nicht zu lang werden darf.
Ich muß zu der gegenwärtigen Debatte über Lohntarifverbesserung mittels Steuerentlastung, diesem Lohntarifvertrag zu Lasten der öffentlichen Hand noch eine Zahl nachtragen, damit man eine Größenordnungsvorstellung hat. Wenn wir die Nettolohn-
und -gehaltsumme der deutschen Arbeitnehmer um 2 0/o von Staats wegen verbessern wollen — das ist das, was Herr van Hüllen von Gesamtmetall vorgeschlagen hat —, dann kostet das den Gesamtstaat — nicht den Bund allein — 7 Milliarden DM Steuern; die kommen noch oben drauf auf die Ihnen bisher schon vorgerechneten angedeuteten Größenordnungen der Kreditbedarfe für 1974. Ich bitte Sie, sich diese Zahl zu merken: für 2 % Nettolohn- und -gehaltsumme für alle Arbeitnehmer 7 Milliarden, die das die öffentlichen Hände kostet. Man kann dann vieles nicht mehr machen, was die Gemeinden und die Länder und der Bund leisten sollen. Insbesondere sollen sie ja möglicherweise im Laufe des Jahres 1974 zusätzliche Investitionsausgaben leisten, um die Beschäftigung zu stimulieren, mehr, als in den Haushaltsplänen der Städte und der Länder und des Bundes bisher vorgesehen ist; das kommt ja auch noch dazu.
Ich möchte am Schluß noch eines betonen, — bei aller Antwort auf Polemik, die ab und zu hier und draußen notwendig bleibt; Polemik wird ja auch von Ihrer Seite nicht ausbleiben. Herr Carstens hat gestern morgen hier einige Kabinettstückchen auf diesem Gebiet zum besten gegeben, andere haben darauf geantwortet.

(Abg. van Delden: Der macht sich! — Abg. Haase [Kassel]: Der macht das gut!)

— Das gehört zum politischen Geschäft. — Lassen Sie uns bitte darüber nicht übersehen, daß die wirtschaftliche Entwicklung dieses Jahres

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Eine Art Scharm, die er hier entfaltet!)

und damit die innere soziale Stabilität und die politische Stabilität nicht zuletzt darauf beruhen, daß wir im Verhältnis zu manchen anderen, uns in bezug auf Technologie oder wirtschaftliche Entwicklung durchaus vergleichbaren Ländern in unserem Land den Arbeitnehmern das Gefühl und die Sicherheit haben geben können, daß das Maß an sozialer Sicherheit, die wir haben, kontinuierlich und stetig jedes Jahr, alle vier Jahre um einiges weiter ausgebaut wird. Daß die Situation in den Fabriken in unserem Lande sich so sehr von der Situation in den Fabriken anderer Länder unterscheidet, die ich mit Namen nicht nennen will, hängt doch damit zusammen, daß wir dieses Gefühl einer hohen sozialen Sicherheit haben können.
Dazu gehört nun aber auch Sicherheit gegen Übervorteilung durch den staatlichen Steuergesetzgeber.

(Zustimmung bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das ist eine gemeinsame Leistung!)

Die Übervorteilung liegt nicht darin, daß die Steuern insgesamt zu hoch seien — sie sind ja nicht höher als in den uns benachbarten Ländern West- und Mitteleuropas —, sondern die Übervorteilung liegt darin, daß bei dem bisherigen Steuersystem einige besonders günstig und andere nicht so günstig weggekommen sind. Diese öffentlichen Lasten sind in unserem Lande insgesamt nicht zu hoch. Sie sind insgesamt ja doch niedriger als in manchen anderen europäischen Ländern; es gibt zwar auch noch ein, zwei oder drei Länder, wo sie ein bißchen niedriger sind als bei uns; aber wir liegen mit der Steuerlast doch in einer gesunden Mittelgruppe; da soll sich doch niemand was vormachen. Insgesamt ist sie nicht zu hoch. Aber sie muß richtig auf die Schultern verteilt werden, die diese Lasten tragen müssen. Diese Steuerreform schafft Begünstigungen und Vorrechte ab, die in einer Gesellschaft des Jahres 1974 nicht mehr akzeptiert werden können. Sie verstopft Quellen der Steuerumgehung; sie beseitigt Möglichkeiten des Mißbrauchs.
Diese Koalition und die Bundesregierung haben den Willen, dies auch alles nicht nur in einen Entwurf, sondern ins Bundesgesetzblatt zu schreiben und damit wirksam zu machen. Ich glaube, Sie werden sich selber im Laufe des Jahres fragen, ob Sie uns diesen Weg ernsthaft verlegen wollen. Ihn ernsthaft verlegen zu können, steht Ihnen eh nicht zu Gebote.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0707702300
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Strauß. Die Fraktion der CDU/CSU hat eine Redezeit von 60 Minuten angemeldet.




Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0707702400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister der Finanzen hat seine Ausführungen mit der Aufforderung geschlossen, die CDU/CSU solle sich überlegen, ob sie den Weg zur Steuerreform verlegen könne oder verlegen wolle. Ich darf darauf eine Antwort geben: Wenn jemand bisher den Weg zur Steuerreform verlegt hat, dann waren es die Bundesregierung selbst und die sie tragenden Parteien.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Rawe: So ist es! — Zurufe von der SPD.)

Dazu noch eine grundsätzliche Feststellung: eine rationale Steuerreform mit Verteilungsgerechtigkeit ist nur in einem relativ inflationsfreien Klima durchzuführen.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

Daß dieses Klima heute nicht vorliegt, ist nicht die Schuld der „Sündenböcke", nach denen die Bundesregierung dauernd zu jagen sich bemüht, sondern das ist in erster Linie ihre eigene Schuld

(Beifall bei der CDU/CSU)

wegen der Sünden, die im Laufe der Jahre, seit 1969, wider die Gebote normaler Stabilitätspolitik begangen worden sind.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat seine Ausführungen mit einem Kompliment an die Finanzpolitik der CDU/CSU-Regierungen eingeleitet. Aber dieses Kompliment war mit einem Pferdefuß versehen; es stank auch nach Schwefel.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Denn er heftete diesem Kompliment an, daß die Finanzpolitik, die Steuerpolitik der CDU/CSU-Regierungen gewisse wirtschaftliche Prozesse gefördert habe. Er kann die Zweckmäßigkeit dieser Prozesse nicht leugnen; denn die Bundesrepublik wäre heute nicht da, wo sie ist, und die SPD könnte nicht plakatieren: „Deutsche, wir können stolz sein auf unser Land", wenn wir nicht damals wider die Politik sozialistischen Neides diese Steuerpolitik betrieben hätten.

(Beifall bei ,der CDU/CSU.)

Wenn er aber heute sagt, nunmehr gelte es, die Verteilungsgerechtigkeit in 'den Vordergrund zu stellen, dann möchte ich ihm einmal fragen: Was heißt Verteilungsgerechtigkeit bei null Prozent Wachstum? Das ist der erste große Vorbehalt: daß diese Bundesregierung durch die Hektik ihrer Konjunkturpolitik, durch ihre Versäumnisse und Fehler die Voraussetzungen nicht nur einer rationalen Steuerreform, sondern auch echter Verteilungsgerechtigkeit weitgehend zunichte gemacht hat.
Wenn der Finanzminister darüber hinaus aber den Eindruck erwecken will, daß nunmehr das Zeitalter der Verteilungsgerechtigkeit beginne, dann darf ich ihm sagen, daß er hier Steuerfachleute seines Ministeriums bemühen muß; denn zum Steuerfachmann wird man nicht ernannt, sondern das kann man nur durch eigene Bemühungen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Offergeld: Das gilt auch für Sie, Herr Strauß!)

— Ja, ich habe mich aber nie bemüht, der Cassius Clay der deutschen Finanzpolitik zu sein.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Abg. Offergeld: Auch nicht Steuerfachmann!)

Ich darf in diesem Zusammenhang nur wenige Stichworte nennen. Im Jahre 1955 ist die Rentenbesteuerung geändert worden. Die Rentenbezüge werden seitdem lediglich mit dem Ertragsanteil und nicht mehr in voller Höhe wie vorher als Einkünfte erfaßt. Am 1. Januar 1958 ist ein neuer Progressionstarif bei der Einkommen- und Lohnsteuer mit einer vorgeschalteten Proportionalzone von 20 % Spitzensteuersatz bei einem Spitzensteuersatz von 53 % eingeführt worden. Damals fielen 95 % aller Steuerpflichtigen in die Proportionalzone von 20 %.

(Abg. Dr. Carstens [Fehmarn]: Sehr richtig!)

Heute fallen nur noch etwa 20 bis 30 % der Steuerzahler in diese Proportionalzone;

(Abg. Dr. Carstens [Fehmarn] : Das ist es!)

die anderen fallen in eine Progressionszone. Dieses Übel wird auch durch die heute hier vorgelegte Steuerreform nicht behoben, sondern in einigen Jahren eher noch verschärft werden.
Drittens. Damals, am 1. Januar 1958, ist auch die steuererhöhende Haushaltsbesteuerung zwischen Ehegatten aufgegeben und eine moderne Ehegattenbesteuerung in Form des sogenannten Splitting, bei dem das erzielte Einkommen jedem Ehegatten jeweils zur Hälfte zugerechnet wird, eingeführt worden. Am 1. Januar 1962 sind der Kinderfreibetrag für das erste Kind von 900 DM auf 1200 DM sowie der Altersfreibetrag erhöht und Höchstbeträge für außergewöhnliche Belastungen eingeführt worden. Am 1. Januar 1965 ist die Proportionalzone von 20 % auf 19 % gesenkt worden. Jetzt soll sie wieder auf 22 % bei Erhöhung des Grundfreibetrags, wie ich ausdrücklich bemerken möchte, ausgedehnt werden. Damals ist auch der sogenannte Mittelstandsbauch beseitigt worden, und zwar in der Progressionszone bei Einkommen zwischen 8000/16 000 DM bis 75 000/ 150 000 DM. Das trifft heute eine Schicht, die man nicht mehr als die Großverdiener bezeichnen kann, sondern deren größerer Teil bei der heutigen Kaufkraft unseres Geldes aus kleinen und mittleren Einkommen besteht. Damals ist die Altersgrenze für die Freibeträge für die in Ausbildung befindlichen Kinder von 25 auf 27 Jahre erhöht worden. Am 1. Januar 1965 ist gleichzeitig erstmalig der Arbeitnehmerfreibetrag in Höhe von 240 DM eingeführt worden, dessen Verdoppelung ab 1. Januar 1970 die erste Bundesregierung Brandt versprochen und bis heute nicht gehalten hat,

(Beifall bei der CDU/CSU)

obwohl sie die Landtagswahlkämpfe des Jahres 1970 damit bestritten hat. Wir haben damals im Zuge unserer stabilitätspolitischen Vorstellungen in diesem Hause die unpopuläre Aufgabe übernommen — auch ich —, vor einer Steuersenkung zu warnen, weil sie zu jenem Zeitpunkt, zu dem es noch möglich gewesen wäre, die Inflation an der Wurzel zu packen, durch ihre Wirkungen tatsächlich inflationsfördernd gewesen wäre. Wir haben damals auch die



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Einkommensgrenze für Steuerfreiheit bei Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschlägen von 15 000 auf 24 000 DM erhöht.
Am 1. April 1965 ist eine wesentlich verbesserte Förderung der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand durch das 312-DM-Gesetz erfolgt. Am 1. Januar 1968 wurde die Mehrwertsteuer eingeführt; damit war die Ablösung der konzentrationsfördernden Allphasenbruttoumsatzsteuer erfolgt. Die Umstellung des Mehrwertsteuersystems hat sich seinerzeit laut Feststellung des Sachverständigengutachtens ähnlich wie eine Verminderung der direkten Steuern, vor allen Dingen für die kleineren und mittleren Selbständigen, ausgewirkt.
Im Jahre 1969 ist die Verbesserung der Sparförderung, der Wohnungsbauförderung erfolgt: die Gewährung einer Zusatzprämie für Sparer und Bausparer mit niedrigem Einkommen. Dazu ist eine zusätzliche Förderung des vermögenswirksamen Sparens erfolgt.
Ich habe hier nur einen wesentlichen Ausschnitt aus den gesetzlichen Änderungen angeführt, die seinerzeit unter CDU/CSU-Regierungen und CDU/CSUFinanzministern vorgenommen worden sind. Auch das ist ein Beitrag zur Herstellung der objektiven Wahrheit in diesem Hause, um damit der Schwarzweißmalerei zu begegnen. Es ist nicht so, daß die von Herrn Schmidt begrüßte Förderung der Wirtschaftsprozesse eine Begünstigung der Großen gewesen sei, denen gegenüber jetzt die Verteilungsgerechtigkeit nach 25 Jahren Verspätung einsetzen müsse. Mit diesem Stil, Herr Schmidt, wirken Sie in diesem Hause polarisierend und zerstören die Gemeinschaft, die Sie dann wieder verlangen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0707702500
gleichzeitig hier als drohender Jakobiner auftreten und sagen, Sie würden die Öffentlichkeit mobilisieren, wenn wir Ihnen nicht in allem zu Willen seien.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das heißt nicht Gemeinsamkeit, sondern Aufwiegelei.

(Abg. Conradi: Das aus Ihrem Mund! — Weitere Zurufe von der SPD.)

Wenn Sie eine Gemeinsamkeit gesucht hätten, dann hätten Sie im Vermittlungsausschuß, der ja vom Bundesrat angerufen worden ist, ernsthafte Bemühungen unternehmen oder auch nur sichtbare Zeichen guten Willens erbringen müssen, in den strittigen Punkten den Sinn des Vermittlungsausschusses zu erfüllen, nämlich zwischen zwei Standpunkten einen für beide Seiten brauchbaren, vertretbaren Kompromiß anzubieten oder zu ihm beizutragen, statt sich hinzustellen, wie es im Vermittlungsausschuß geschehen ist, und zu sagen: Entweder nehmen die Länder und die CDU/CSU das an, was wir wollen und mit unserer Mehrheit im Bundestag beschlossen haben, oder es gibt keine Vermittlung. Das ist doch geschehen.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Darum ist es sinnlos, hier einen Appell an das Gemeinschaftsbewußtsein zu richten, sich aber auf der anderen Seite im Vermittlungsausschuß so zu verhalten, wie ich es eben geschildert habe.
Was die strittigen Punkte beim Erbschaftsteuergesetz anlangt: sehr verehrter Herr Bundesminister der Finanzen, war es da denn wirklich so unzumutbar, die Freigrenzen für Kinder angesichts der Auswirkungen der Einheitswerte, wie sie sich jetzt mit dem Multiplikator 1,4 ergeben, von 70- auf 90 000 DM zu erhöhen? Ist es wirklich unzumutbar, Arbeitnehmerstiftungen von der Erbschaftsteuer freizustellen? Für alle möglichen Zwecke kann man Erbschaftsteuerfreiheit bei Stiftungen erreichen, aber bei Arbeitnehmerstiftungen nicht. Selbstverständlich schließe ich hier auch das Thema Familienstiftungen mit ein.

(Abg. Conradi: Aha!)

— Ich bin gern bereit, bei einer anderen Gelegenheit darüber zu reden. Heute habe ich die Zeit nicht dazu.

(Zurufe von der SPD.)

— Sie werden doch nicht glauben, daß i c h dem Thema aus dem Wege gehe.
Warum kommen Sie uns nicht entgegen in dem wichtigsten Punkte, der noch wichtiger ist als die eben genannten, nämlich in dem Punkte, daß das vorliegende Erbschaftsteuergesetz — —

(Abg. Offergeld meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Angesichts der Kürze der Zeit kann ich leider keine Fragen beantworten.

(Lachen bei der SPD.)

Dafür ist heute zuviel Redezeit infolge eines Fehlers im Präsidium sowie durch die Länge der Rede des Bundesfinanzministers, die ich ihm zubillige, leider weggenommen worden.

(Abg. Wehner: Eine Unterbrechung, Herr Strauß, und kein Fehler! Das müssen Sie doch zugeben!)

— Ich möchte nicht wissen, wie Sie sich verhalten hätten, wenn Ihnen im Widerspruch zu der Geschäftsordnung das Wort entzogen worden wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU. Zuruf des Abg. Wehner.)

Aber das ist nicht das Thema.
Der wichtigste Punkt war der vierte Punkt, nämlich daß wir bereits die Ankündigungen vorliegen



Strauß
haben, wonach man beabsichtigt, die Einheitswerte von 1964 mit dem Multiplikator 1,4 demnächst wieder aufzugeben, in den Jahren 1974, 1975 eine Neubewertung durchzuführen, dieser Neubewertung die Verkehrswerte zugrunde zu legen und sie dann im Jahre 1976 einzuführen. Diese neuen Einheitswerte, automatisch angewandt auf Grund der Gesetzessystematik und -automatik auf das vorliegende Erbschaftsteuergesetz, würde dann eine so schwerwiegende Belastung auch der kleinen und mittleren Grundstückseigentümer bedeuten, daß ein großer Teil von ihnen im Erbschaftsfall nicht mehr in der Lage wäre, das väterlich erworbene und übernommene Eigentum noch erhalten zu können. Darum sind wir dagegen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Conradi: Jetzt kommen einem bald die Tränen!)

Wenn die sozialdemokratische und sogenannte freidemokratische Seite hierbei im Vermittlungsausschuß sagt: „Hier ist der Gesetzentwurf, Vogel, friß oder stirb, ihr könnt ihn nur so schlucken, wir sind zu keinerlei Kompromiß bereit", so ist das kein Anzeichen dafür, daß man Steuerreform als eine gemeinsame Aufgabe der demokratischen Kräfte in diesem Hause auffaßt und bereit ist, dafür auch entsprechende Konzessionen zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU.) So viel zunächst.


(Abg. Conradi: Wenn man die kleinen Eigentümer sieht, kommen einem die Tränen!)


Dr. Kurt Georg Kiesinger (CDU):
Rede ID: ID0707702600
Den Sternstunden, In denen von der Koalitionsregierung SPD/FDP die Geburt des Jahrhundertwerkes angekündigt wurde, der wichtigsten Reform im Gesamtgebäude aller Reformen, folgten Phasen tiefster Ratlosigkeit, verzweifelter Depressionen, in denen das gerade Verkündete als voller Absurditäten und Ungereimtheiten steckend bezeichnet wurde; so von dem offiziellen Regierungssprecher Conrad Ahlers, damals Staatssekretär, heute Bundestagsabgeordneter der SPD.

(Abg. Haaase [Kassel]: Conny fordert Steuersenkungen!)

So geht es in dieser Koalition mehr oder minder mit allen groß angekündigten Reformvorhaben.
Die von mir als dem damaligen Finanzminister Ende 1968 einberufene Steuerreformkommission trat am 17. Dezember 1968 zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Dabei wurde ihr nachstehender Auftrag erteilt, und an diesem Auftrag ist die Vorlage auch heute noch zu messen:
Die Kommission erhält den Auftrag, ein Gutachten zur Vorbereitung einer umfassenden
Steuerreform auszuarbeiten, die sowohl die
direkten Steuern als auch die indirekten Steuern
- nicht zuletzt wegen des europäischen Zusammenhangs —
sowie die Prämiengesetze behandelt... .
Die Vorschläge der Kommission sollen zu einem Steuerrecht führen, das — ohne Aufgabe der allgemein gültigen Grundsätze des Steuerrechts — insbesondere den Zielsetzungen einer modernen Finanzpolitik entspricht sowie den Grundsatz der Gleichmäßigkeit und sozialen Gerechtigkeit der Besteuerung berücksichtigt. Dabei sollen auch Möglichkeiten zum weiteren Abbau von Steuervergünstigungen eingehend untersucht werden. Ganz besonderer Wert ist auf eine Vereinfachung des Steuerrechts zu legen. Es werden schließlich die Harmonisierungsbestrebungen innerhalb der EWG berücksichtigt werden müssen, wobei u. a. auch das Verhältnis zwischen den direkten und den indirekten Steuern von Bedeutung sein wird.
Durch die Steuerreform soll das Volumen der Steuereinnahmen gegenüber dem jetzigen Rechtszustand einschließlich der Zuwachsquoten nicht verändert werden.
Wenn Sie sich — wenn ich diese Nebenbemerkung noch machen darf — über die Haltung der Unionsparteien und der von der Union regierten Länder im Zusammenhang mit den einheitswertabhängigen Steuern und ihrer Änderung so erregen, dann möchte ich hier in aller Deutlichkeit feststellen: Wir haben nicht die Absicht, die Erklärung des Bundestages vom Jahre 1965 zu einer reinen Farce werden zu lassen mit dem Ergebnis, daß das Ansehen des Parlaments und das Vertrauen der Öffentlichkeit in parlamentarische, damals einstimmige Erklärungen systematisch zunichte gemacht werden; denn damals wurde die steuerliche Neutralität der Einführung der neuen Einheitswerte in einer Vorspannerklärung vom ganzen Hause verkündet. Heute wird nach dem Grundsatz gehandelt: Was kümmert mich das dumme Geschwätz von damals!

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das ist das Wehnersche Prinzip!)

Am 30. März 1971 überreichte die Kommission dem Bundeskanzler das Gutachten. Der zu dieser Zeit amtierende Bundesfinanzminister Dr. Alex Möller, dessen Abwesenheit aus dem von Herrn Schmidt mitgeteilten Grund wir alle sehr bedauern — auch wenn ich es ohne Auftrag tue, möchte ich sagen, daß wir alle, unabhängig von allen sonstigen Meinungsverschiedenheiten, seine Rückkehr in voller Gesundheit von Herzen wünschen —,

(Beifall bei der CDU/CSU)

kündigte in der sozialdemokratischen Wochenzeitung „Vorwärts" eine Steuerreform an, die in ihrem Ausmaß nur an der Erzbergerschen Finanzreform gemessen werden könnte.

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Genauso war es!)




Strauß
Es heißt dort:
Was die Steuergeschichte der letzten fünf Jahrzehnte im Gründungsjahr der deutschen Demokratie unter Männern wie Friedrich Ebert
— der im übrigen nach der neuen Briefmarkenjubilarin Rosa Luxemburg ins Zuchthaus gehört hätte —

(Abg. Haase [Kassel] : Ja, ja, ein Erzschuft!)

und Gustav Bauer begonnen hat, muß heute in der Ära von Gustav Heinemann und Willy Brandt vollendet werden.
Hier weht uns der Hauch der großen Geschichte an. Damals, im Geburtsjahr der deutschen Demokratie, wurde wie heute die Regierungsverantwortung von einer Koalition mit einer SPD-Mehrheit getragen. Dem Zurück- und Vorwärtsblickenden drängen sich historisch-politische Parallelen auf, die den über fünfzigjährigen Zeitraum in einem großen Bogen überspannen und zugleich abzurunden scheinen.
Ob die 850 Gramm Teilwerk, von denen heute die Rede ist, die damalige Würdigung verdienen, überlasse ich mehr den Kabaretts als einer ernsthaften Betrachtungsweise.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

In der am 10. Mai 1971 gehaltenen Rede des Kollegen Möller vor dem Deutschen Steuerkongreß in Bonn hat er folgendes angekündigt:
Den Schwerpunkt der Steuerreform bildet das 2. Steuerreformgesetz,
— damals war es noch das zweite —
das die Reform der Einkommensteuer, des Lohnsteuerverfahrens, der Sparförderung, der Körperschaft-, Gewerbe-, Vermögen-, Erbschaft-
und Grundsteuer umfaßt. Im 3. Steuerreformgesetz soll dann die Neuregelung der Verkehr-und Verbrauchsteuer erfolgen... Der Gesetzentwurf für das 2. Steuerreformgesetz wird so rechtzeitig fertiggestellt, daß er noch in diesem Jahr
— 1971! —
den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden kann. Für die politischen Beratungen steht das Jahr 1972 zur Verfügung. Im Anschluß an das 2. möchten wir das 3. Steuerreformgesetz einbringen. Es wäre im Interesse eines einheitlichen Inkrafttretens der gesamten Steuerreform zum 1. Januar 1974 zu begrüßen, wenn auch dieses Reformgesetz noch in der laufenden Legislaturperiode vom Deutschen
Bundestag verabschiedet werden könnte.
Drei Tage hernach, am 13. Mai 1971, trat der damalige Bundesfinanzminister zurück. Von einem Reformgesetz, das eine Neuregelung der Verkehr-
und Verbrauchsteuern enthalten sollte, war seitdem niemals mehr die Rede. Die Nichteinhaltung eines solchen Zeitplans — im Falle eines „Jahrhundertwerks" von besonderer Bedeutung — gehört sozusagen zum Gewohnheitsrecht dieser Regierung.
Die Nichteinbeziehung der Verkehr- und Verbrauchsteuern — die ich vorhin schon eine Sünde wider die Notwendigkeit der Harmonisierung des europäischen Steuerrechts bezeichnet habe — in das Reformvorhaben bedeutet ein wesentliches Abweichen von den Reformzielen, wie sie ursprünglich festgelegt und von Finanzminister Möller noch mit vollem Nachdruck getragen worden sind. Statt dessen wurden die Verbrauchsteuern durch ständige Erhöhungen und Vorverlegung der Zahlungsfristen zur Finanzierung der Inflationslöcher des Haushalts eingesetzt: 1971 durch die Verlängerung der Heizölsteuer 1 Milliarde jährlich, durch die Erhöhung der Branntwein-, Mineralöl- und Tabaksteuer 1972 mit ausmachendem Wert von 4 Milliarden DM jährlich, durch die zweite Mineralölsteuererhöhung 1973 mit 2 Milliarden DM jährlich. Damit hat die Bundesregierung eine Finanzmasse in Höhe von 7 Milliarden DM, die für eine Steuerreform hätte eingesetzt werden können und müssen, zur Deckung der Folgen ihrer Inflationspolitik verwandt und auch insoweit die Voraussetzungen für eine befriedigende Steuerreform versäumt und verspielt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Sie hat damit den Umfang des Reformvorhabens wesentlich eingeschränkt. Würden die 7 Milliarden DM Verbrauchsteuern als Entlastungsmasse oder als Deckungsmasse für Entlastungen der immer schreiender werdenden Ungerechtigkeiten im Bereich der Lohnsteuer verwendet werden können, hätte es dieses ganze Theater nicht gegeben, mit dem wir uns in den letzten Monaten haben befassen müssen.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

Gerade der Einsatz der speziellen Verbrauchsteuern zur Finanzierung von Verbesserungen des Einkommensteuerrechts, z. B. zur Verbesserung für untere und mittlere Einkommenschichten, wäre doch ein sinnvolles Reformvorhaben gewesen. Im übrigen bedeuten der — ich kann nur diesen Ausdruck gebrauchen — „Fleckerlteppich" — so sagt man bei uns —, der jetzt als Steuerreform ausgegeben wird, und die Ausklammerung der Verkehr- und Verbrauchsteuern aus den oben genannten Gründen, daß man sich nicht auf das Ziel der europäischen Steuerharmonisierung zubewegt hat, daß also dieser Orientierungspunkt unter dem Druck der Fehler und Versäumnisse und ihrer Wirkungen, jedenfalls zunächst einmal, aufgegeben worden ist.
Auch in der Steuerpolitik dieser Regierung stehen Versprechungen und Wirklichkeit in schroffem Gegensatz zueinander. In der Regierungserklärung 1969 wurden doch die sofortige Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrages und der stufenweise Wegfall der Ergänzungsabgabe — Steuerausfall: 2,1 Milliarden DM jährlich — versprochen. Die Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrages wurde dem Arbeitnehmer immer als Zukunftsziel mit einer halbjährlichen Prolongation in Aussicht gestellt.
Der Wegfall der Ergänzungsabgaben ist selbstverständlich zu erwarten, weil sie in den Tarif eingebaut wird. Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt — ich bin kein Archäologe, ich schleppe auch in meinem Koffer nicht so viele Notizen herum wie



Strauß
Sie, Herr Wehner, und deshalb kann ich auch nicht immer in dem reichhaltigen Schatz eigener stenographischer Leistungen wühlen; ich habe ja von zahlreichen Sitzungen her in Erinnerung, daß Sie in der Lage waren, alle Sitzungen mit einem intensiven stenographischen Arbeitsprogramm aufzunehmen —, habe ich einmal gesagt: Die Ergänzungsabgabe wird gar nicht wegfallen — das habe ich in diesem Hause und von dieser Stelle aus einmal gesagt —, denn sie wird in den nächsten Tarif eingebaut werden. Lesen Sie einmal die Zwischenrufe nach, die mir damals entgegengeklungen sind! Der harmloseste war: „Jetzt spielt er den Propheten!" Es gab auch noch andere. Nur, der Prophet gilt Ihnen auf dieser Seite des Hauses nichts. Aber in diesem Falle hat er recht gehabt.
Statt dessen wurden laufend die oben genannten Steuererhöhungen — abgesehen von den noch zusätzlichen, konjunkturpolitisch motivierten — vollzogen. Wenn Sie heute fragen, ob die Steuerverwaltung in der Lage ist, das zu erfüllen, was Sie ihr zumuten, dann muß ich ein paar Stichworte sagen: die konjunkturpolitisch motivierten Steuererhöhungen, die Stabilitätsabgabe, die Aufhebung der Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen bei Sonderausgaben, die Investitionsteuer, die vorübergehende Aussetzung der degressiven Abschreibung, die wohl endgültige Aufhebung der degressiven Abschreibung bei Gebäuden, statt dessen Wiedereinführung des § 7 b, der auch vorübergehend ausgesetzt worden war. Die Ergänzungsabgabe wird jetzt nach dem Entwurf des sogenannten Dritten Steuerreformgesetzes in den Einkommensteuertarif eingearbeitet.
Dazu besteht offensichtlich sogar noch die Absicht — und das hätten wir von Ihnen, Herr Bundesminister der Finanzen, gern noch einmal etwas näher gehört —, den steuerlichen Stabilitätszuschlag von 1973, der auf Stottern eingeführt wurde — zunächst nur für eine kleine Schicht höherer Einkommen, ab 100 000 bzw. 200 000 DM jährlich, dann, unter dem Druck der Inflationsverhältnisse, für Einkommen ab 24 000 bzw. 48 000 DM jährlich, leider nicht rückzahlbar — nicht, wie im Gesetz vorgesehen, am 30. Juni. auslaufen zu lassen, sondern zu verlängern. Man hört so Zwischenklänge aus dem Bundesministerium der Finanzen und aus dem ideologisch befreundeten Kreisen, daß man ja doch nicht diese Stabilitätsausgabe auslaufen lassen könne, obwohl es im Gesetz steht, bevor die Erleichterungen für die kleinen und unteren Einkommen, die frühestens am 1. Januar 1975 zu erwarten sind, eintreten würden. Genau das, was ich damals hier sagte: Man wird dann, wenn die Frist kommt —30. 6. 1974 — sagen: Das ist eine Steuersenkung für die Reichen, eine Verminderung ihrer Steuerlast, die kann man doch jetzt nicht vornehmen. Hier warte ich einmal, ob die FDP, diesmal wenigstens, bei ihren Festlegungen bleibt.

(Abg. Haase [Kassel] : Das ist die Umfallerpartei!)

Es hieß dann, der Vorschlag, die Stabilitätsabgabe
wenigstens einmal um ein halbes Jahr zu verlängern, ist doch in einer Vorlage des Bundesfinanzministeriums enthalten — nicht in einer Vorlage für das Kabinett; man muß sehr sorgfältig formulieren, weil hier kasuistisch-dialektische Antwortmöglichkeiten gegeben sind. Sicherlich ist der Vorschlag aber doch in einer für die Kenntnisnahme durch die anderen Ressorts bestimmten Frühwarnung enthalten.
Später hat man rundweg abgestritten, daß je ein solcher Vorschlag gemacht wurde. Man sieht also: Vorschlag ist nicht gleich Vorschlag. Es ist immer zu prüfen, was ein Vorschlag dann ist. Hier werden wir sehen, ob diese Regierung überhaupt noch gewillt und in der Lage ist, gegebene, gesetzlich fixierte Zusagen einzuhalten. Wir werden hier auch sehen, ob der Kollege Klaus Dieter Arndt oder Graf Lambsdorff (FDP), die beide völlig entgegengesetzte Standpunkte vertreten haben, recht behält. Arndt hat damals unverblühmt erklärt, daß der künftige Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer 60 % betragen wird, der Konjunkturzuschlag, der Stabilitätszuschlag also nicht mehr aufgehoben wird. Ich habe damals gesagt, es wäre eine Ausnahme, wenn das nicht käme; denn Herr Arndt pflegt immer — offiziell dementiert, aber als Vorreiter zukünftiger offizieller Maßnahmen — das tatsächlich anzukündigen, was dann später Wirklichkeit wird. Weil sich ja doch die Wahrheiten in dem Hause, laut unserem Bundeskanzler, täglich ändern, so ändern sich natürlich auch die Wahrheiten auf diesem Gebiet.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Graf Lambsdorff versicherte auf meine Frage in der Konjunkturdebatte vom 15. März — schade, er ist nicht da, sonst könnte er gleich seinen Standpunkt noch einmal bekräftigen —, daß die Stabilitätsabgabe kein Einstieg in die Steuerreform sein wird, also der Zuschlag am 30. Juni 1974 endgültig auslaufen und nicht in einem Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 60 % einmünden werden.
Bei Verkündung der Eckwerte der Bundesregierung zum 3. Steuerreformgesetz am 11. Juli 1971 wurde die Steuerreform als das größte Reformvorhaben der deutschen Nachkriegsgeschichte bezeichnet; so damals Professor Schiller. Ich habe in einer Presseerklärung damals zum Ausdruck gebracht, daß, wenn diese Eckwerte Gesetz werden, eine von der CDU/CSU geführte Bundesregierung sie wegen ihrer unsozialen Härten für kinderreiche Familien, für Beamte, für den selbständigen und unselbständigen Mittelstand raschestens wieder ändern müsse. Am 28./29. 10. 1971 wurden diese mit soviel Feierlichkeit als Jahrhundertwert verkündeten Eckwerte von ihren Verkündern und Produzenten selbst wieder bestritten, selbst wieder geändert. Die Eckwerte wurden dann aber auch in der neuen Fassung, nach ihrer Korrektur im Oktober 1971 vom Regierungssprecher Ahlers in der Pressekonferenz am 1. April 1973 dahin gehend charakterisiert, daß auch sie noch voller „Absurditäten und Ungereimtheiten" steckten.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Am 12. September 1973 — man sieht, was das für ein pannenreiches Unternehmen ist — wurden die



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Eckwerte zum drittenmal geändert. Ende Oktober legte die Bundesregierung das 3. Steuerrformgesetz vor.
Dieser Werdegang der Steuerreform — man verzeihe es mir wegen des zeitlichen Zusammenfallens dieser Debatte mit bedeutenden gesellschaftspolitischen Ereignissen in diesem Lande — gleicht einem steuerpolitischen Karnevalszug, der bereits im fünften Jahr unterwegs ist und dessen Figuren zum Teil bereits auf der Strecke geblieben sind. Ich nenne nur die Namen der Minister Möller und Schiller, der Staatssekretäre Haller und Offergeld. Vielleicht stehen Sie auch einmal auf der Liste, Herr Schmidt. Die Echternacher Springprozession ist demgegenüber ein zielstrebiges, erfolgreiches Unternehmen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Dabei darf ich in Erinnerung rufen, daß diese Bundesregierung das erste Steuerreformgesetz, auf das sich Herr Schmidt heute mit viel Stolz berufen hat, nämlich die Abgabenordnung, gründlich vorbereitet und vorlagereif vorgefunden hat. Noch heute nach viereinhalb Jahren ist dieses Gesetz, dessen Gegenstand leichter zu regeln ist als die materiellen Vorschriften, wie ich zugebe, noch nicht vom Parlament verabschiedet. Warum? Denn der Steuerpflichtige wartet auch auf die Bundesabgabenordnung, die ihm mehr Rechtssicherheit verschaffen soll. Warum ist sie nicht verabschiedet worden? Ich sage es ohne Tadel, aber als Feststellung: weil im Strudel der regierungsamtlichen Inflationspolitik und der durch sie hervorgerufenen Steueränderungshektik der Finanzausschuß des Bundestages so viele Steuergesetze beraten mußte, daß für die Verabschiedung dieses im Jahre 1969 druckreif, vorlagereif übernommenen Vorhabens bis jetzt noch nicht genügend Zeit vorhanden war.
Das von Finanzminister Möller angekündigte zweite Steuerreformgesetz wurde nach dessen Rücktritt in ein zweites und drittes Steuerreformgesetz aufgeteilt. Das zweite befaßt sich mit der Vermögensteuer, der Erbschaftsteuer usw. Das dritte liegt heute, mit 850 Gramm soeben angekündigt, bei uns.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Darüber hinaus ist es noch in ein viertes aufgeteilt worden, nämlich in das verabschiedete Grundsteuerreformgesetz. Aus dem zweiten Steuerreformgesetz sind nunmehr drei Steuerreformgesetze geworden. Eines ist verabschiedet, die Grundsteuer, das zweite -- Erbschaft- und Vermögensteuer — ist strittig, das dritte haben wir beinahe kiloschwer vor uns liegen. „Habent sua fata libelli" kann man da nur sagen, auch zu dem; das wird sich sehr bald herausstellen.
Damit wurde aber der Wegfall des ursprünglich von Herrn Möller angekündigten dritten Steuerreformgesetzes, nämlich der Reform der Verkehr-
und Verbrauchsteuer, durch einen Zahlentransfer stillschweigend dem Bewußtsein entzogen. Man hat drei angekündigt, das eigentliche dritte in der Versenkung verschwinden lassen und das zweite nunmehr in vier Gesetze aufgeteilt. Man hat damit
mehr Steuerreform als früher, jedenfalls in der Betrachtungsweise dieser Regierung. Aber ein wesentlicher Teil ist dabei im Papierkorb verschwunden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich kann nur sagen: Legen Sie Ihre sture Rechthaberei und Ihre ideologische Besessenheit ab, und Sie können sich mit dem Bundesrat, auch mit der Mehrheit des Bundesrats in der Frage der Vermögen- und Erbschaftsteuer einigen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Und hier sollen Sie die Anklage nur an sich selber und nicht an die Adresse der CDU/CSU und der von ihr geführten Länder-Regierungen richten. Denn wir halten die Änderungen im Vermögen- und Erbschaftsteuerrecht, insbesondere die Erleichterungen, die höheren Freibeträge, angesichts der festgelegten Einheitswerte, wie sie notfalls auch durch Gerichtsurteil eingeführt werden würden, für eine dringende gesellschafts- und ordnungspolitische Notwendigkeit. Wenn das Vorhaben scheitert, dann nur dank Ihrer Sturheit und Rechthaberei, aber nicht wegen unseres bösen Willens.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Auch die Aufteilung des neuen dritten Steuerreformgesetzes — — Ich glaube, der normale Zuhörer kommt schon beinahe nicht mehr mit. Ursprünglich sollten es doch drei sein: erstens die Abgabenordnung, zweitens alle direkten Steuern und drittens alle indirekten Steuern. Die Abgabenordnung liegt vor und kommt in absehbarer Zeit. Das zweite Gesetz ist in der Zwischenzeit auf vier Gesetze aufgeteilt worden. Eines der vier heißt jetzt drittes Steuerreformgesetz. Auch die Aufteilung des dritten Steuerreformgesetzes ist schon in vollem Gange. So soll die Körperschaftsteuerreform wegen des angeblichen Zusammenhangs mit der Vermögensbildungsabgabe nicht am 1. Januar 1975, sondern später in Kraft treten. Dazu muß eines Tages wohl einiges gesagt werden.
Der Bundesrat hat am 20. Dezember in seinem Durchgang einstimmig — auch mit den Stimmen der SPD-geführten Landesregierungen — seine Stellungnahme abgegeben, wonach erstens das Einkommensteuergesetz 1975 und das Sparprämiengesetz 1975, also hier die 850 Gramm, nicht in ihrer Gesamtheit zum 1. Januar 1975 in Kraft treten können, zweitens der Familienlastenausgleich nicht von der Finanzverwaltung, sondern nur von der Arbeitsverwaltung durchgeführt werden kann, was ebenfalls seine Anwendung ab 1. Januar 1975 ausschließt. Ich lege Wert darauf, noch einmal zu sagen: einstimmig ist das vom Bundesrat festgestellt worden.

Konrad Porzner (SPD):
Rede ID: ID0707702700

Eine Reform in mehreren Stufen könnte sich noch aus anderen Gründen aufdrängen. Als die Bundesregierung im Oktober dieses Jahres ihre Beschlüsse faßte, konnte sie davon ausgehen, daß die wirtschaftliche Situation im Jahre 1975



Strauß
eine Minderung der Steuereinnahmen erlauben werde. Deshalb muß über den Zeitpunkt des Inkrafttretens
— also 1. Januar 1975 —
des Gesetzes oder einzelner Teile davon im Laufe des nächsten halben Jahres entschieden werden.
Auch die Bundesregierung teilt in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates die Bedenken wegen des Inkrafttretens. Es heißt dort:
Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wird zu prüfen sein, welche Reformmaßnahmen bereits am 1. Januar 1975 in Kraft gesetzt werden können.
Dagegen glaubt die Bundesregierung, daß der Kinderlastenausgleich in der von ihr vorgesehenen Form mit einer ungeheuren Mehrbelastung der ohnehin bis zum Zusammenbrechen überlasteten Finanzverwaltung in Kraft gesetzt werden könne, das aber entgegen der einstimmigen Stellungnahme des Bundesrates.
Herr Kollege Schmidt, es ist doch nicht entscheidend, wie viele Auszahlungsvorgänge es gibt, daß es bei der Finanzverwaltung weniger Auszahlungsvorgänge als bei der Arbeitsverwaltung gibt. Entscheidend ist doch die Zahl der Bearbeitungsvorgänge, und die ist bei der überlasteten Finanzverwaltung genauso groß wie bei der weniger überlasteten Arbeitsverwaltung. Wir sind doch nicht schuld daran, daß die Finanzverwaltung heute mit einer Fülle kurzfristig in Kraft gesetzter, bald wieder aufgehobener, zum Teil widersprüchlicher Vorschriften bis zur ihrer völligen Lähmung in Anspruch genommen worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das ist doch ,diese dilettantische, stümperhafte Steuerpolitik, die hier betrieben worden ist.
Meine Damen und Herren, wir stehen hier vor einer einmaligen Situation.

(Abg. Offergeld: Wenn Sie davon nur ein bißchen mehr verstünden!)

— Wenn ich nichts davon verstehe, dann versteht Herr Wertz genausowenig wie ich davon, weil der als Sprecher der Länder den gleichen Standpunkt vertreten hat wie ich.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Und dazu noch: Das ist immer das billigste Argument, nichts davon verstehen. Mit Ihnen messe ich mich gern, wenn es um ,die intellektuelle Kapazität geht. Das möchte ich nur bei der Gelegenheit einmal gesagt haben. Aber noch ganz gern!

(Lachen bei der SPD. — Abg. Offergeld: Dann lassen Sie doch eine Zwischenfrage zu! — Beifall bei der CDU/CSU.)

Im übrigen hat Herr Wertz festgestellt, daß die Bundesregierung, entgegen dem sonst angewandten und vorgeschriebenen Verfahren, gerade dieses, die Verwaltung besonders belastende, weil unerhört komplizierte, materielle und formelle Vorschriften enthaltende Gesetz mit den Ländern überhaupt nicht abgestimmt worden ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!) Ist das jetzt wahr oder ist das falsch?


(Bundesminister Schmidt: Unwahr!)

- Ich habe mich nur auf das bezogen, was Herr Wertz sagte. Wenn es unwahr ist, dann hat Herr Wertz die Unwahrheit gesagt, und er als Landesfinanzminister müßte es besser wissen als ich. Dann allerdings ziehe ich es vor, mit Plato zu irren, als mit Unwissenden Recht zu haben.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

Dieser Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, das Kernstück der Steuerreform, wie wir heute gehört haben, ist schon jetzt überholt und nicht durchführbar. Wir reden doch über einen Nichtentwurf, wir reden doch hier über ein Phantom. Dieser Entwurf wird in seinen Kernstücken in dieser Form nicht Gesetz. Darüber besteht auch bei der Bundesregierung und bei den Koalitionsparteien kaum mehr ein Zweifel. Es besteht ein geheimgehaltener Entwurf; wieder unter Aufspaltung des dritten Steuerreformgesetzes, das eines von vieren ist, aus denen das ursprüngliche zweite zusammengesetzt ist. Von den vieren ist nunmehr ein Bestandteil, das dritte, wiederum bereits in der Gesamtheit nicht mehr verabschiedungsfähig.
Aus dem dritten Steuerreformgesetz, das Bestandteile des ehemaligen zweiten Steuerreformgesetzes enthält, ist nunmehr wiederum eine Aufgliederung erfolgt, und zwar ein erstes Gesetz zur Reform der Einkommensteuer. Und das wird als ängstlich gehütetes Staatsdokument ,den Mitgliedern der Opposition im Finanzausschuß vorenthalten. Zuerst wird bestritten, daß es das gibt. Dann wird ein verstohlener Blick hineingeworfen, was ,darin steht und was man vertreten kann. Das sagt man, es gebe das Dokument überhaupt nicht. Im Zweifelsfall dürfe man es nicht hergeben. Das Dokument gibt es doch. Wir kennen dieses Dokument. Die Spatzen pfeifen doch von den Dächern, daß es dieses Dokument gibt.
Das dritte Steuerreformgesetz wird nunmehr wiederum in drei Komponenten aufgeteilt werden: in ein erstes Gesetz zur Einkommensteuerreform, in ein Gesetz zur Körperschaftsteuerreform und in ein zweites Gesetz zur Einkommensteuerreform. Damit sind aus dem Zweiten Steuerreformgesetz von früher vier Bestandteile geworden, und von den vieren hat sich ein Bestandteil in drei aufgelöst oder schickt sich an, sich aufzulösen, weshalb aus dem Zweiten insgesamt sechs werden. Und das nennt man Steuerreform aus einem Guß, Jahrhundertwerk, nur vergleichbar mit den großen Vorbildern à la Miguel im 19. Jahrhundert, Erzberger 'bei Beginn der deutschen Demokratie, und dann von Alex Möller bis Helmut Schmidt in konsequenter Linie, wobei in diesem Falle nichts über Konsequenz geht. So ist doch die Wirklichkeit, wie sie sich hier zeigt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)




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Wir verwahren uns gegen diese Täuschung der Öffentlichkeit und des Parlamentes. Wir verwahren uns auch dagegen, daß man Oppositionsabgeordneten im Finanzausschuß dieses Dokument, das peinlich ist, weil es einen Offenbarungseid gegenüber der bisherigen Planung bedeutet, vorenthält. Der Bundeskanzler redet von mehr Durchsichtigkeit der Regierungsvorgänge, mehr Demokratie, mehr Information, mehr Öffnung aller Staatsvorgänge. Wir haben noch nie soviel Geheimniskrämerei, soviel Undurchsichtigkeit und Verschleierung erlebt, und zwar in zunehmendem Maße, wie in den letzten vier Jahre in diesem Hause und in der Öffentlichkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Sicher kann am 1. Januar 1975 weder ein neuer Kinderlastenausgleich in Kraft gesetzt werden, noch läßt sich die Neuregelung der Sparförderung ab diesem Zeitpunkt praktizieren. Welche Regelungen am 1. Januar nächsten Jahres kommen, ist vollständig offen.
Die Verwirrung wurde aber weiter gesteigert, als die Frau Vorsitzende des Finanzausschusses, die Kollegin Funcke, am 16. Januar 1974 erklärte, daß nur die formalen Änderungen des Einkommensteuerrechts zurückgestellt werden sollten. Ich will ihre Erklärung der Kürze der Zeit halber nicht verlesen. Sie war der Meinung, daß sowohl die Reform des Einkommensteuerrechtes als auch der Familienlastenausgleich sowie all das, was in der Erklärung noch angeführt wird — Einkommensteuer: Tarifverlauf, Anhebung von Grundfreibetrag und Arbeitnehmerfreibetrag sowie der Freibeträge für Alleinstehende mit Kindern, Körperbehinderte; Neuregelung und Anhebung der Sonderausgaben, Entlastung der Sparerträge, Verbesserung der Altersbesteuerung usw. — in Kraft gesetzt werden können. So lautet also ihre Erklärung.
Der Kollege Porzner scheint mit anderen Teilen der Bundesregierung wiederum anderer Meinung zu sein. Der Kollege Schmidt sagt heute, nur die formellen Teile würden zurückgestellt werden. Der Bundesrat erklärt, daß eine Reihe der materiellen Teile nicht in Kraft gesetzt werden kann. Heißt denn das mehr Durchsichtigkeit? Heißt denn das Vereinfachung? Hier wird das Steuerrecht doch zu einem Sondermonopol für einen kleinen Kreis von Magiern, die die ihnen zugänglichen Dokumente den anderen, um deren Mitwirkung Sie hier bitten, vorenthalten, um den Offenbarungseid nicht leisten und ihre wirklichen Steuerreformpläne nicht öffentlich eingestehen zu müssen. Gegen diesen Stil wenden wir uns in diesem Hause und in der Öffentlichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Dabei hat Frau Funcke die Körperschaftsteuerreform offensichtlich zunächst schon begraben. Aber das hängt wohl mit höheren Weisheiten der Koalitionsmathematik zusammen.
Aus dieser heillosen Verwirrung ergibt sich für Steuerbürger und Finanzverwaltung, daß zunächst das geltende Einkommensteuergesetz einer Unzahl von Änderungen auch systematischer Art unterworfen wird. Das wird z. B. an dem noch geheimgehaltenen ersten Gesetz zur Reform der Einkommensteuer, dem Geheimdokument, deutlich, wo die Paragraphenreihe — hören Sie! — schon bei § 34 p — wie Papa —

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

angelangt ist. In einem zweiten Steueränderungsgesetz wird dann eine Neufassung mit neuer Paragraphenfolge vorgesehen, die die noch steckengebliebenen Reformteile aufnehmen soll. So sind z. B. in dem 850-Gramm-Dokument — das ist vielleicht als Definition klarer, als es Zahlen heute noch sein können — für die Einkommensteuer nunmehr 195 Paragraphen statt bisher 55 Paragraphen vorgesehen. Das ist ein klassischer Beitrag zur Vereinfachung des Steuerrechtes. Was heißt es denn, wenn der Steuerbürger und die Verwaltung in kurzem zeitlichem Abstand zwei neue Einkommensteuergesetze mit verschiedenem Aufbau und verschiedener Paragraphenfolge anzuwenden hätten? Meine Damen und Herren, was stellen Sie sich im Bundesfinanzministerium in diesem Zusammenhang eigentlich vor? Wir haben doch heute schon eine weitgehende Paragraphenverdrossenheit in unserem Lande. Der einzelne Bürger kennt sich in dem Dikkicht und Gestrüpp und Dschungel der Paragraphen und in den Auslegungen durch die Magier, die die höheren Weihen haben, doch schon überhaupt nicht mehr aus. Aus der Paragraphenverdrossenheit erwächst die Beamtenverdrossenheit. Aus der Beamtenverdrossenheit erwächst die Staatsverdrossenheit. Sie sind durch eine solche Behandlung des Steuerreformvorhabens die Mit- und Hauptschuldigen an dieser Entwicklung.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ein Beamter des Bundesfinanzministeriums, der noch Humor hatte, sagte, man sollte einen neuen Narrenorden stiften, der zu Weiberfastnacht im Bundesfinanzministerium verteilt werden könnte. Wir haben in Aachen bereits den Orden wider den tierischen Ernst und in Nürnberg den Orden gegen die Neidhammel, heute besonders wichtig. Hinzu käme der Orden für den größten Steuerblödsinn, der in diesen Jahren produziert worden ist. Hier wird sich sicherlich auch ein Preisträger finden.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Jenninger: Mehrere!)

— Mehrere, das kann auch sein.
Einige Worte zu den Eckwerten der Bundesregierung.

(Abg. Offergeld: Jetzt kommt er zum Thema!)

Der Spielraum für eine umfassende Steuerreform, die ein sozial gerechtes Steuerrecht schafft, ist durch die Inflationspolitik dieser Regierung zerstört worden. Isolierte Steuererhöhungen bei den Verbrauchsteuern haben, wie erwähnt, eine Deckungsmasse von 7 Milliarden DM aufgefressen. Hier muß ich auch einmal den folgenden Gedanken zur Sprache bringen. Sind wir nicht von der Regierung und von Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ausgelacht worden, als wir im Zusammenhang mit den Mineralölsteuererhöhungen auf die Gefahr aufmerksam machten, daß die



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ölverarbeitenden Länder sich nicht dauernd an der Melkkuh „Mineralöl" über die Mineralölsteuer bereichern könnten, ohne daß die ölproduzierenden Länder sich an dem Segen durch höhere Preise auf ihrem reinen Verkäufermarkt, den sie haben, beteiligten?

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es ist nicht allein die Ölkrise, es ist nicht allein der Krieg zwischen Israel und den arabischen Ländern, der diese Länder auf diesen Gedanken gebracht hat. Das Ganze schwelt schon seit Jahren. Seit Jahren sieht man in diesen Ländern mit steigendem Mißbehagen, daß das Mineralöl, das aus ihrem Boden fließt, zu einer immer stärker ausgebeuteten Melkkuh für die Bedienung der Staatsfinanzen geworden ist. Wie sollten sie, die doch auch nicht aufs Hirn gefallen sind, nicht auf den, Gedanken kommen, einen Teil des Segens in ihre eigenen Kassen abzuleiten! Wir sind damals ausgelacht und verhöhnt worden, als wir vor dieser Entwicklung gewarnt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn man sieht, daß z. B. im Jahre 1967 noch der Staat an einem Liter Normalbenzin 38 Pfennig verdiente, heute mit den Preisen von jetzt, Verbrauchsteuern und Mehrwertsteuer zusammengerechnet, 53 Pfennig verdient, dann muß ich allerdings in meiner Sprache sagen: Die Ölscheichs sitzen nicht nur in arabischen Ländern, sie sitzen auch auf den Ministerbänken der Finanzressorts, ganz besonders auch in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Was wir besonders beklagen, ist die Tatsache, daß diese unzureichende Pseudoreform nicht einmal die heimlichen Steuererhöhungen rückgängig macht. Der Vorschlag der CDU/CSU, mit einem Inflationslastenausgleichsgesetz wenigstens einen Einstieg in den Abbau der heimlichen Steuererhöhungen zugunsten der kleinen und mittleren Einkommen zu erreichen, ist ja von Ihnen, Bundesregierung und Koalitionsparteien, zunichte gemacht worden mit der Begründung: Dafür fehlt das Geld. Ja, wissen Sie denn, ob Sie im Jahre 1975 das Geld haben werden, um die durch Ihre 'Steuerreform aufgetretenen Mindereinnahmen gegenüber den zugrunde gelegten Schätzungen verkraften zu können?

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Dann müssen auch Sie zugeben, daß das auf Sand gebaut ist. Warum soll die Wirtschaftsentwicklung im Jahre 1975 bei der Ungewißheit, die Sie, Herr Schmidt, mit Recht geschildert haben — Zahlungsbilanzdefizite, Zahlungsbilanzstörungen, Zerrüttung des Weltwährungssystems, keine Hoffnung auf europäische Währungsunion, auf europäische Wirtschaftsunion, geschweige denn auf eine Reform des Weltwährungssystems — — Wenn Sie schon uns vorwerfen, das sei unseriös, dann müssen Sie zugeben, daß Ihr ganzes Reformvorhaben, nachdem Sie 7 Milliarden DM jährlich für Inflationsfinanzierung schon vorweggenommen haben, noch unseriöser ist als das, was wir uns vorgenommen haben.
Denn die große Lohnrunde und Tarifrunde findet in diesen Monaten statt. Unsere Absicht — nunmehr in der Konzertierten Aktion von beiden Seiten bestätigt — war es und ist es nicht, den Betrag von 8 Milliarden DM Steuermindereinnahmen auf die Löhne im Sinne mathematischer Gleichheit abzuwälzen. Aber das sind plus 3,4 O/o bei Bruttolöhnen und etwa 2,5 % bei Nettolöhnen. Wenn davon nur die Hälfte durch eine Minderung des Drucks an der Lohnfront aufgefangen wird, dann ist hier in einem Verfahren, das sich allerdings unkonventioneller Mittel bedient, ein Ziel erreicht worden, dem die Volkswirtschaft dann eine größere Beruhigung verdankt, als wenn man in den Lohnverhandlungen mit letzter Härte aufeinanderstößt, mit dem Ernst der Situation, den Sie durch Ihr Nein zu unserem steuerlichen Lastenausgleichsgesetz in erster Linie mit zu verantworten haben und nicht die Gewerkschaften.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Bei der Konzertierten Aktion haben beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer — die Bundesregierung stand allein —, auf die Bedeutung des Abbaus der heimlichen Steuererhöhungen und auf ihre nicht nur psychologische Wirkung für das Lohnklima bei den kommenden Runden hingewiesen. Wäre man uns vor Weihnachten gefolgt, statt wieder in sturer Rechthaberei und mit dieser üblichen Haltung „Ich bin der Größte" unsere Vorschläge unter den Teppich zu kehren und zunichte zu machen, dann wäre zwar heute das Problem nicht gelöst — ich male nicht schwarz und weiß —, aber wir hätten eine wesentliche Verminderung des Druckes, der in diesen Wochen und in den kommenden Wochen mit einer unerhörten Schärfe auch im öffentlichen Dienst auf uns zukommen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Aber auch diese Steuerreform bringt ja gar nicht das, was Herr Schmidt hier von ihr versprochen hat, denn die Entlastungswirkung nimmt von Jahr zu Jahr ab. Binnen weniger Jahre wird das, was an Mindereinnahmen gegenüber dem bisherigen Steuerrecht aus dem neuen Einkommensteuerrecht zu erwarten ist, auf den Nullpunkt reduziert sein, und zwar gegenüber dem ersten Jahr bereits im zweiten um 2,5 Milliarden DM weniger und im dritten Jahr um 4 Milliarden DM weniger gegenüber dem ersten Jahr und bei der zu erwartenden — Gott sei es geklagt — anhaltenden hohen Inflationsrate und der dadurch bedingten starken Steigerung der Nominaleinkommen, ohne daß damit eine Steigerung der Realeinkommen verbunden ist, wachsen all diejenigen, die jetzt wenige Jahre von dem neuen Steuerrecht begünstigt werden — eine kleine Schicht der unteren Einkommen und der unteren mittleren Einkommen, zum Teil jedenfalls — sehr bald in eine Progressionszone hinein, in denen das neue Steuerrecht für sie mehr Belastung bringt, als wenn wir das alte, angeblich so unsoziale Steuerrecht beibehalten hätten. Wir wollen es aber gar nicht beibehalten. Das einzig Realistische ist doch der Einstieg mit unserem Vorschaltgesetz, das wir Ihnen jetzt in leicht veränderter Form, weil Weihnachten hinter uns liegt, wieder vorlegen mit dem Vorschlag, den Grundfreibetrag auf 3000 DM zu er-



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höhen, eine Verdoppelung der Sparkostenpauschale bei den Werbungskosten zu ermöglichen und den Arbeitnehmerfreibetrag zu verdoppeln. Es ist doch grotesk, daß wir uns für etwas schlagen, damit es im Jahre 1974 eingeführt wird, dessen Einführung Sie im Januar 1970 den Arbeitnehmern versprochen und bis heute nicht gehalten haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn nunmehr der Bundesminister der Finanzen in diesem Zusammenhang wiederum auffordert, unseren Gesetzentwurf zu Fall zu bringen, dann weiß er doch ganz genau — so viel versteht er sicherlich von der Materie —, daß sein sogenanntes drittes Steuerreformgesetz so, wie es vorliegt, bestimmt nicht am 1. Januar 1975 in Kraft treten kann und daß die wirtschaftlichen Voraussetzungen, ob es in Kraft treten kann, sehr unsicher zu beurteilen sind, daß aber bei gutem Willen aller Beteiligten, den wir anbieten, bei Annahme unserer einfachen Steuersenkungsvorschläge, die sozial geradezu horrende Ungerechtigkeit der schleichenden Steuererhöhungen durch die Lohnsteuerprogression erheblich gemildert wird, daß damit auch eine Entlastung an der Lohn- und Tariffront eintritt und daß wir dann in Ruhe überlegen können, welche Teile des Steuerreformgesetzes am 1. Januar 1975 — dazu gehören auch die Länder — in Kraft treten können. Es ist doch nicht Sabotage, wie Sie es darstellen, wenn die Länder sich gegen verwaltungsmäßig nicht durchführbare Mehrbelastungen wenden. Es ist ein zu billiges Spiel, hier den Ländern den Schwarzen Peter zuzuspielen und zu sagen: Wenn diese nicht wollen, dann werden . . .! Es erklären auch die sozialdemokratisch regierten Länder, daß sie sich außerstande sehen, das Gesetz in der Gesamtheit einzuführen.
Eines wünschte ich: Es wäre doch angenehm, wenn der Herr Bundeskanzler einmal hier laut denken würde statt im Bayerischen Wald oder im Sommerurlaub auf Sylt. Wie kommt denn überhaupt der Termin 1. Januar 1975 zustande, sehr verehrter Herr Bundesminister der Finanzen? Sie wollten ihn ja ursprünglich gar nicht, Sie wollten 1. Januar 1976 haben. Weil die Fraktion der CDU/CSU im Sommer letzten Jahres Steuersenkungen mit Wirkung vom 1. Januar 1974 beschlossen hat, erklärte der Bundeskanzler, man könne sehr wohl an Steuersenkungen ab 1. Januar 1974 denken. Daraufhin ist er doch von Ihnen zurückgepfiffen worden. Er durfte nicht mehr laut, sondern nur noch leise denken. Dann sind Sie aber, weil Sie merkten, was sich hier für ein soziales Unwetter zusammenbraut, mit dem Kompromißtermin 1. Januar 1975 gekommen, für den Sie ein Gesetz vorlegen, dessen Einführung am 1. Januar 1975 sie selber gar nicht so ernst nehmen, wie Sie es heute hier dargestellt haben. Dann hat der Herr Bundeskanzler noch einmal laut gedacht, jetzt im Zusammenhang mit der Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrages. Er meinte, auch im Laufe dieses Jahres könnte man das schon durchführen. Er ist von Ihnen wieder zurückgepfiffen worden.
Wie heißt es in der dpa-Meldung von heute?
Ich zerreiße Sie in der Luft, warnte Bundesfinanzminister Helmut Schmidt einen Fernsehreporter, wenn Sie mich nach Steuererleichterungen fragen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Eine Woche später wurde der Minister konkreter:
Wenn Sie nach Steuern fragen, beschied er den
TV-Mann, dann muß ich den Kanzler bloßstellen.
Und in der gleichen Meldung heißt es:
Einig sind sich CDU/CSU, Gewerkschaften, Arbeitgeber und SPD-Arbeitnehmer, DAG und Conrad Ahlers,

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

der Bund der Steuerzahler, Brandt und ein beachtlicher Teil der SPD-Fraktion.
Da sind wir doch wahrlich in der besten Gesellschaft und haben diese Behandlung gar nicht verdient! Wenn jemand in der Isolierung ist, dann sind Sie es, Herr Schmidt. Wenn Sie den Kampf in der Offentlichkeit darüber führen wollen, so nehmen wir ihn mit allen Konsequenzen auf. Sie haben uns ja heute angedroht, Sie würden die öffentliche Meinung mobilisieren. Da sind Sie wohl angesteckt worden von Vorstellungen wie Holzen, Radikalisieren, Betriebe mobilisieren.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

In weitesten Kreisen auch Ihrer Anhänger vom Herbst 1972 hat sich in der Zwischenzeit die Überzeugung von dem unerträglichen Widerspruch zwischen großmauligen Versprechungen und dürftiger Wirklichkeit so breit gemacht, daß wir in der öffentlichen Meinung nunmehr hinsichtlich dieser Probleme den Kampf gerne mit Ihnen aufnehmen. Da freuen wir uns drauf, wenn wir es tun können.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Hören Sie doch endlich mit diesen Drohungen auf!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wollte, der Bundeskanzler würde hier sein, um in dieser Debatte mal Stellung zu nehmen. Was haben wir denn vom lauten Denken draußen? Heute steht in der „Bild"-Zeitung auch wieder: „Aus dem Bundesfinanzministerium verlautet: Bonn plant noch in diesem Jahr weniger Steuern." Stimmt das oder stimmt das nicht, Herr Schmidt? Da werden 5 Millionen Leser — wahrscheinlich sind es 10 Millionen, mit Familienmitgliedern — die Überschrift lesen und meinen, welcher Segen aus dem Bundesfinanzministerium auf sie zuströmt.

(Zurufe des Bundesfinanzministers Schmidt und Gegenrufe von der CDU/CSU.)

Eine Minderheit hört die Rede hier und erfährt, daß es mit dem Segen in diesem Jahr Essig ist, daß es keinen Segen gibt; aber der Eindruck soll erweckt werden, daß aus dem Bundesfinanzministerium nunmehr die Milliarden auf das Volk zurollen. So einfach geht es nicht.
Die von Ihnen vorgelegten Eckwerte wollen Sie allein durchsetzen: ohne Familienlastenausgleich — denn das geht nicht —, ohne Regelung des Sparprämienwesens — denn das ist ausdrücklich wohl



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mehr oder minder ausgeschlossen worden —, ohne Regelung der Sparförderung und des Prämienwesens, ohne Regelung der Körperschaftsteuerreform, die Sie vorsorglich ohnehin bereits für den 1. Januar 1976 und damit ad calendas Graecas unter Umständen verschoben haben; mein Kollege Kreile wird darauf zu sprechen kommen. Ich sage Ihnen: diese Eckwerte sind unsozial. Sie bringen nur vorübergehend eine kleine Entlastung für eine Schicht niedriger Einkommen. Sie werden die gleiche Entlastung bringen wie wir mit unseren Vorschlägen, aber darüber hinaus bringen sie eine Steuerprogression, bei der beim Verlassen des Freibetrags sofort statt 19 % 22 % kommen. Und das geht von 16 000 bis 32 000 DM. Die Durchschnittseinkommen sind heute 18 000 DM pro Kopf. Sie werden sehr bald 20 000 DM erreichen. Damit kommen Alleinstehende und Verheiratete sehr bald nunmehr in die Progression hinein. Und dann kommt nicht ein durchgezogener Tarif von 22 % hinauf, sondern dann kommt der volle Hammer mit 30,8 %, nominal mit 32 %, realiter mit 30,8 %. Binnen kurzem wird die Mehrheit der Arbeiter, der Angestellten, der Aufsteiger, der freien Berufe sowieso, der kleinen und mittleren Unternehmer — über die großen wollen wir gar nicht reden, denn die werden nicht mehr und nicht weniger davon betroffen — von Ihrer sozialistischen Steuerwalze erfaßt werden, die der Gleichmacherei und Nivellierung dient, die den Leistungswillen lähmt, aber ein Witz ist, wenn man an eine Steuerreform denkt, die sich leistungsgerecht und verteilungsgerecht auswirken soll.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich möchte nicht über die Frage des Familienlastenausgleichs reden. Aber auch hier muß die Frage noch einmal sehr überdacht werden. Denn Sie müssen doch bei den Annexsteuern, bei der Kirchensteuer z. B., dieselben Kinderfreibeträge, die Sie bei der Einkommensteuer gestrichen haben, fiktiv wieder einführen. Denn sonst tritt der paradoxe Fall ein, daß die Kirchen von Familien mit vielen Kindern genau soviel Kirchensteuer kriegen wie von Familien mit weniger Kindern oder mit keinem Kind — und das bei gleichem Nettoeinkommen. Das führt zu einer unerträglichen Lage. Die Kirchen verwahren sich auch mit allem Nachdruck dagegen, daß sie von den kinderreichen Familien genau soviel Geld kriegen sollen bei diesen Ihren Vorstellungen.
Dann folgendes! Einmal ziehen Sie die Sonderausgaben von der Bemessungsgrundlage ab, bezeichnenderweise nicht bei den Arbeitnehmern. So ziehen Sie z. B. bei dem Freibetrag für Landwirte und freie Berufe die Sonderausgaben von der Bemessungsgrundlage ab. Dann geht es von der Steuerschuld ab, wie bei den Arbeitnehmern. Da wirkt sich bei der Progression ein höheres Einkommen nicht günstiger aus, umgekehrt bei Landwirten und freien Berufen. Bei den Arbeitnehmern ziehen Sie nur von der Steuerschuld ab, d. h. 22 % werden pauschal zugrunde gelegt. Da die Mehrheit der Arbeitnehmer die 22 % bald in Richtung 30,8 und mehr verlassen wird, werden nicht einmal die Ausgaben für die Sozialversicherung in Zukunft als Sonderausgaben noch abgezogen werden können.
Ich könnte Ihnen, wenn ich die Zeit dazu hätte, zu diesem Ihrem „Jahrhundertwerk" nunmehr eine Gesamtwürdigung bieten. Dieses Werk dient weder der Vereinfachung noch der sozialen Gerechtigkeit noch dem Leistungswillen, noch ist es verteilungsgerecht. Es ist ein Flickwerk, es ist ein Machwerk, das Sie unter Zeitzwang, unter selbst gesetztem Erfolgszwang in die Welt gesetzt haben, aus drei Gesetzen; von denen haben Sie eines fallenlassen, aus den restlichen zwei sind bereits sechs geworden, weil aus einem fünf geworden sind. Das erste haben Sie nicht verabschieden können, weil der Finanzausschuß so „verstopft" ist, daß er das, was seit 1969 fertig ist, bis zum Frühjahr 1974 nicht bewältigen konnte. Und dann reden Sie hier, lieber Herr Schmidt, wie Cassius Clay von den großen Leistungen der Steuer- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung. Sie müssen ganz kleine Brötchen backen, bevor Sie angesichts der Wirklichkeit auf diesem Gebiet von uns wieder ernst genommen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0707702800
Herr Abgeordneter Strauß, — —

(Abg. Wehner: Lassen Sie ihn doch noch ein bißchen! — Abg. Offergeld: Zugabe, Herr Strauß!)


Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0707702900
Ich habe das jetzt zusammengefaßt gesagt; das kommt Ihnen sehr zugute. Wenn ich es im Detail brächte, liefe ich Gefahr, daß Sie es nicht verstehen, Herr Wehner,

(Abg. Wehner: Was wissen Sie von meinem Innenleben, Herr Strauß?)

weil Sie sich mit dieser Materie weniger als mit anderem befaßt haben; aber es wäre sehr heilsam auch für Sie, hier einmal tiefer einzudringen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Abg. Offergeld: Herr Strauß, noch zehn Minuten!)

Wenn die Bundesregierung und die Koalition den Vorschlägen der CDU/CSU nicht folgen, und zwar offensichtlich nur deshalb nicht, weil sie von der Opposition kommen, weil man die Rechthaberei aufgeben müßte, weil man zugeben müßte, versagt zu haben, dann wird wieder einmal mehr eine Chance zu mehr Gerechtigkeit, aber auch zu mehr Stabilität durch Entschärfung der Lohn- und Tarifrunden verpaßt, wird ein längst überfälliger Akt sozialer und steuerlicher Gerechtigkeit unterlassen. Wir können Sie bei dem Ernst der Situation, auf den der Bundeskanzler gestern in den Gesprächen mit uns und mit den Ministerpräsidenten mit beschwörenden Worten hingewiesen hat, nur bitten: Folgen Sie jetzt endlich unserem Vorschlag! Sie tun es zum Wohle unseres Landes, zur Befriedung der Steuerzahler und zur Beschwichtigung der allmählich immer aufgewühlter werdenden Massen der Arbeitnehmer. Ich erinnere an die Streiks bei der Bahn und bei der Post, nicht an Herrn Kassebohm. Daran sind nicht wir schuld, sondern daran sind Sie mit Ihrer dilettantischen, amateurhaften, stüm-



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perhaften Politik schuld, Herr Wehner, daß wir in diese Situation gekommen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Aber lassen Sie mich zum Schluß kommen. Ich habe neulich in einer wissenschaftlichen Zeitung — solange die Postgebühren nicht erhöht werden, können solche Zeitungen, sofern sie nicht aus dem Postzeitungsdienst herausgenommen werden, noch erscheinen — eine fiktive — sie ist in Latein erschienen — Würdigung der Steuerreform von Kaiser Hadrian gelesen, eine Persiflage. Dort trägt Scaeferius, Finanzsenator des Kaisers Hadrian — also Helmut Schmidt —, seinen Kollegen vom römischen Senat die sogenannte große Steuerreform vor und bemüht sich, sie ihnen schmackhaft zu machen. Ihm antwortet Casparius, ein anderer Senator, mit folgenden Worten:
Lobend gleichzustellen ist diese deine Steuerreform, o Scaeferius, allen Steuerreformen, die da waren, sind oder je kommen werden. Sie ist modern, gerecht, erleichternd und kunstvoll—
modern, weil jede der alten Steuern einen neuen Namen trägt,
gerecht, weil sie alle Bürger des Römischen Reiches gleich benachteiligt,
erleichternd, weil sie keinem Steuerzahler mehr einen vollen Beutel läßt,
und kunstvoll, weil du in vielen Worten ihren kurzen Sinn verstecktest: Dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist, und dem Bürger zu nehmen, was des Bürgers ist.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0707703000
Meine Damen und Herren, seit fast 25 Jahren hält sich dieses Haus auf Grund parlamentarischer Tradition an den Grundsatz, daß das Präsidium und seine Amtsführung nicht kritisiert werden, und wenn doch, dann nur unter Beachtung von § 43 unserer Geschäftsordnung. Ich bitte das gesamte Haus, diesen Grundsatz gemeinsam hochzuhalten.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Offergeld.

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0707703100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Strauß hat mit einem lateinischen Zitat geendet. Zuvor hatte er von einem Karnevalsumzug gesprochen, in dem ich einer der Darsteller gewesen sein sollte. Ich kann ihn auf Grund des Schlusses seiner Rede, aber auch des gesamten Inhalts seiner Darlegungen nur einladen, als Büttenredner an diesem Karnevalsumzug teilzunehmen.

(Beifall bei der SPD.)

Es ist auch für Herrn Strauß heute eine einmalige Spitzenleistung gewesen, so viel an Unkenntnis, Verdrehungen und Halbwahrheiten in eine Rede hineinzupacken. Dazu bedarf es schon einiger Kunst. Herr Strauß hat eine Stunde Zeit gehabt, zum Thema zu sprechen. Was er über die
Eckwerte im einzelnen denkt, wissen wir nicht, ausgenommen ein paar Pauschalurteile wie „sozialistische Dampfwalze", „Steuerwalze", „Lähmung des Leistungswillens", „sozialistische Nivellierung", „Gleichmacherei". Woran er sich stößt, welches seine Kritik ist, das wissen wir bis zum jetzigen Augenblick noch nicht.
Ich glaube, es ist unbedingt erforderlich, hier noch eines richtigzustellen. Herr Strauß hat über das Vermittlungsverfahren gesprochen. Ich habe im Gegensatz zu ihm an der Sitzung des Vermittlungsausschusses nicht teilgenommen und kann daher daraus nicht berichten. Aber eines kann man natürlich feststellen: Herr Strauß, Sie haben hier die Wahrheit geradezu auf den Kopf gestellt.

(Beifall bei der SPD.)

Von den Punkten, die Sie hier bemängelt haben, ist von der Bundesratsmehrheit auch nicht einer zur Sprache gebracht worden. Die Bundesratsmehrheit hat uns doch ein Vorschaltgesetz vorgelegt und nichts anderes. Das, wovon Sie sprachen, stand überhaupt nicht zur Debatte, obwohl wir eine Frage nach den Punkten, die zu beanstanden seien, gestellt haben. Was Sie hier nannten, stand überhaupt nicht zur Debatte. Sie stellen die Wahrheit bewußt oder unbewußt auf den Kopf, Herr Strauß.

(Abg. Strauß: Das ist eine Verdrehung der Tatsachen!)

— Von einer Verdrehung der Tatsachen kann nur bei Ihnen die Rede sein.
Auch sonst stellen Sie einiges in die Welt. Sie fragten, ob denn die Stabilitätsabgabe wegfalle. Mir ist dies nicht die erste Sorge, Herr Strauß — für Ihre Kundschaft, für die hohen Einkommen, sicherlich.

(Beifall bei der SPD.)

Aber, Herr Strauß, das Auslaufen dieser Abgabe steht doch im Gesetz. Es gibt keinen Gesetzentwurf, der dies ändern würde. Was soll Ihre Frage denn eigentlich? Das ist doch eine bewußte Verunsicherungstaktik.

(Abg. Strauß: Sind Sie der Meinung, daß 24 000 DM die „hohen Einkommen" sind?)

Das fügt sich nahtlos in die Linie ein, die wir aus Ihrer Rede gehört haben.
Wir müssen Sie also fragen: Was halten Sie von dieser Steuerreform? Wogegen richtet sich Ihre Kritik? Wenn man substantiiert, kritisiert und Bedenken hat wie der Bundesrat, kann man ja darüber reden. Dazu haben wir ein Gesetzgebungsverfahren. Wir haben bei Ihnen nur pauschale Kritik, pauschale Verdammung gehört. Wir haben gehört, daß die unteren Einkommen sozial zu entlasten seien. Wir haben gehört, daß natürlich die sozialen Aufsteiger zu begünstigen seien, und selbstverständlich müßten auch die hohen Einkommen — das ist Ihnen wohl besonders wichtig — für die Inflation entschädigt werden. Wo der Staat mit seinem Steueraufkommen bleibt, danach fragen Sie nicht.



Offergeld
Ein Wort zu Ihrem sogenannten Inflationsentlastungsgesetz. Sie versuchen hier alle Jahre wieder — es ist ja ein Evergreen —, mit der Gießkanne Vergünstigungen von 10 Milliarden DM unters Volk zu bringen. Sie verschweigen schamhaft, daß derjenige, der ein Millioneneinkommen bezieht, aus einer Verwirklichung Ihrer Vorschläge genau die gleiche Vergünstigung hätte wie der kleine Lohnsteuerzahler.

(Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Warum verdoppeln Sie den Arbeitnehmerfreibetrag nicht? Warum verdoppeln Sie den nicht?)

Sie versuchen damit offenkundig, die Manövriermasse der Steuerreform zu verringern.

(Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Warum wollen Sie den Arbeitnehmerfreibetrag nicht verdoppeln? Das haben Sie doch vor fünf Jahren versprochen! — Zuruf des Abg. Strauß.)

— Es geht doch um die Auswirkungen, Herr Strauß. Sie kommen doch nicht darum herum, daß bei Ihren Vorschlägen der Millionenverdiener genau die gleichen Vorteile hat wie der kleine Lohnsteuerzahler.

(Beifall bei der SPD.)

Natürlich wollen 'Sie sich um diese Konsequenz durch alle möglichen sophistischen Einwände herummogeln.

(Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Warum wird der Arbeitnehmerfreibetrag nicht verdoppelt?!)

Sie wissen doch auch, daß der Tarif nicht nur aus dem Grundfreibetrag besteht.

(Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Warum wird der Arbeitnehmerfreibetrag nicht endlich verdoppelt?! Das haben Sie vor fünf Jahren versprochen!)

Sie versuchen mit diesem Manöver, meine Herren von der Opposition, Ihren Freunden von der Arbeitgeberseite Entlastung an der Tariffront zu verschaffen, und Sie versuchen, ihnen Entlastung auf Kosten der finanziellen Leistungsfähigkeit dieses Staates zu verschaffen. Sie versuchen da, einen Pakt zu Lasten Dritter abzuschließen.

(Rufe des Abg. Wehner und Gegenrufe des Abg. Kroll-Schlüter.)

Meine Herren von der Opposition, wir werden uns, egal, von welcher Seite der Vorschlag kommt, nach wie vor kategorisch gegen eine Saldierung von Steuer- und Tarifpolitik wenden. Wir werden dies nicht zulassen, und zwar auch im wohlverstandenen Interesse der Tarifvertragsparteien. Daß der Staat vom finanziellen Volumen her überhaupt nicht in der Lage ist, bei einer Bruttolohnsumme von fast 500 Milliarden DM im Jahr hier ausgleichend zu wirken, sei nur am Rande erwähnt. Daß Sie da bei Ihrem Gesetzentwurf wieder mit falschen Zahlen spielen — wen wundert's! —, sei auch nur am Rande vermerkt.
Dabei darf ich nicht verschweigen, daß wir durchaus Verständnis für die Arbeitnehmerschaft haben,
die sich über die steigende Lohnsteuerbelastung beklagt. Aber wir müssen andererseits auch um Verständnis bitten, daß eine wirkliche Beseitigung der Ungerechtigkeiten unseres heutigen Steuersystems natürlich einige Zeit braucht. Wenn es nach der CDU/CSU ginge, würde das ja noch sehr, sehr viel mehr Zeit in Anspruch nehmen.
Die wirksamste Maßnahme, um die Arbeitnehmer nachdrücklich und sozial gerecht zu entlasten, ist und bleibt die Steuerreform. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens einzelner Entlastungsmaßnahmen war für uns nie eine Weltanschauungsfrage. Ich kann es hier nur mit dem Bundesfinanzminister halten, der darauf hingewiesen hat, daß es sich niemals um die Größenordnungen des CDU/CSU-Vorschlags handeln könne und daß sich eine solche Maßnahme schließlich immer im System der Steuerreform bewegen müßte.
Wenn Sie ein Inflationsentlastungsgesetz vorlegen, Herr Strauß, dann müssen Sie sich natürlich auch ansprechen lassen auf all die anderen steuerpolitischen Pläne, die von der Opposition in Umlauf gebracht werden. Darüber haben Sie heute schamhaft geschwiegen. Man muß auch hier einmal reden über Ihren Vorschlag, die Mineralölsteuer herabzusetzen. Man muß über alle möglichen Vorschläge der Opposition sprechen: die Umsatzsteuer zu senken, die Gewerbesteuer abzuschaffen, die Grunderwerbsteuer abzuschaffen, das Aufkommen der Kfz-Steuer zu vermindern. Das alles muß doch in einem Gesamtzusammenhang gesehen werden.
Das führt doch dazu, daß Sie die finanzielle Leistungsfähigkeit dieses Staates systematisch untergraben. Das scheint die Absicht der Opposition zu sein. Auf der anderen Seite kommen Sie stets mit exorbitant hohen Ausgabenforderungen, wobei Ihnen dann natürlich das Gesamtvolumen der Ausgaben des Staatshaushaltes jedesmal wieder zu hoch ist. Das ist eine unseriöse, unverantwortliche Finanzpolitik, die, wie gesagt, geeignet ist, die Grundlagen unseres Staatswesens zu untergraben. Man fragt sich, ob Herr Strauß oder andere, die hier systematisch staatsfeindlich operieren, tatsächlich die Rechten sind, die überall nach Verfassungsfeinden suchen müssen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0707703200
Herr Kollege, ich würde den Begriff „staatsfeindlich" in diesem Zusammenhang nicht verwenden.

(Abg. Gansel: Sozialstaatsfeindlich!)


Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0707703300
Wir werden bei der Debatte um die Steuerreform draußen im Lande immer wieder klarzumachen versuchen, worum es bei der Steuerreform geht. Die Leitsätze sind durch die Regierungserklärung des Bundeskanzlers abgesteckt. Es geht um mehr Gerechtigkeit bei der Besteuerung und um eine Vereinfachung des Steuerrechts.
Viele Steuerzahler — dafür haben wir Verständnis — können das kaum noch erwarten. Sie sind dann allerdings bestürzt, wenn die Opposition, die auch stets sehr lautstark nach Steuerreform gerufen



Offergeld
hat, jetzt im Finanzausschuß des Deutschen Bundestages versucht, zu blockieren und mit ihrer ablehnenden Haltung auch die Sondersitzungen des Finanzausschusses zu verhindern.

(Abg. Frau Dr. Timm: Hört! Hört!)

Ich habe den Eindruck, daß die Opposition die Steuerreform jetzt, wo es ernst wird, einfach nicht wahrhaben will.
Wir haben von der Opposition — ich muß nochmals darauf hinweisen; wir werden diese Fragen immer wieder stellen — nur pauschale Forderungen nach Gerechtigkeit und Einfachheit gehört so auch immer das hohe C —, noch immer hat die Opposition aber kein Steuerreformkonzept zustande gebracht, es sei denn, man nähme die Vorschläge von Strauß von vor einiger Zeit und ,die aktuellen Vorschläge von Herrn Häfele ernst, die ja beide eine massive Erhöhung der Mehrwertsteuer verlangt haben.

(Zuruf von der SPD: Und dann reden die von sozialer Gerechtigkeit!)

Wenn man das, was Herr Strauß gesagt hat — es war ja geradezu rührend anzuhören, welche Reformmaßnahmen die CDU/CSU durchgeführt hat —, gehört hat und sich so richtig auf der Zunge zergehen läßt, müßte man ja meinen, unser heutiges Steuersystem sei völlig in Ordnung, sei korrekt und müsse auch auf alle Zeiten so bleiben. Ich kann Herrn Strauß hier mit einigen Zitaten dienen. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren:
Privilegierende Sondernormen sind also das besondere Kennzeichen der Einkommensbesteuerung seit der Währungsreform gewesen. In einem Ausmaß, wie es in der neueren deutschen Steuergeschichte bisher unbekannt war, wurde auf diese Weise die Belastung aus der Einkommensteuer manipuliert. Durch die speziellen Begünstigungen war es, namentlich im Falle von Unternehmensgewinnen, möglich, der Einkommensteuerbelastung in beachtlichem Umfang auszuweichen, soweit die einkommensmäßigen Voraussetzungen dazu gegeben waren.
Herr Strauß, das ist nicht ein Zitat vom SPD-Steuerparteitag, sondern aus einer Schrift von unserem CDU-Kollegen Dr. Zeitel, der hier unter uns sitzt. Wir werden sehen, ob er aus dieser seiner Auffassung bei den Beratungen im Finanzausschuß auch seine Konsequenzen zieht.

(Beifall bei der SPD.)

Ein weiteres Zitat der Schrift — das ist noch interessanter — spricht über die Vergünstigungen in der Steuerpolitik:
Indessen kamen die Vergünstigungen unmittelbar vor allem den Beziehern mittlerer und höherer Einkommen und hier wiederum denjenigen von Unternehmungseinkommen zugute. Diese Personenkreise konnten dadurch zeitweilig der hohen Progression bei der Einkommensteuer und dem hohen Niveau der Körperschaftsteuer weitgehend ausweichen. Deren Vermögensbildung wurde hierdurch in den vergangenen Jahren wesentlich erleichtert. In der gleichen Richtung wirkte die Senkung der allgemeinen Vermögen- und Erbschaftsteuersätze. Insoweit förderte die Steuerpolitik tendenziell eine Vermögenskonzentration.
Ich lese dies nicht vor, weil uns das neu wäre, sondern weil es so interessant ist, daß ausgerechnet Herr Zeitel so etwas geschrieben hat.
Wir meinen also, daß eine grundlegende Reform der Steuern, insbesondere der direkten Steuern, notwendig ist, und zwar nach den Prinzipien der Gerechtigkeit und der Vereinfachung. Diese beiden Forderungen kommen einem natürlich leicht über die Lippen. In bezug auf diese Forderung herrscht Einigkeit bei links und rechts, bei Arbeitnehmern und Unternehmern, bei arm und reich, zwischen Herrn Strauß und auch dem Bundesfinanzminister. Problematisch wird es allerdings, wenn man den Versuch unternimmt, diese beiden Zielsetzungen zu konkretisieren. Man muß ja nicht unbedingt Marxist sein, um zu der Erkenntnis zu gelangen, daß die Gerechtigkeitsvorstellungen sehr stark von der Interessenlage der nach Gerechtigkeit Strebenden abhängig sind.
Für uns ist diese Interessenlage klar, und für uns ist auch klar, welche Interessen wir dabei zu vertreten haben. Privilegierte halten es in der Regel für ein sehr schlimmes Unrecht und meist auch für unsystematisch — das haben wir hier ja auch schon gehört —, wenn sie ihrer Privilegien beraubt werden. In der steuerpolitischen Situation stellen sie dann gern das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit auf den Kopf und drohen, mit ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zusammenzubrechen, sobald ihnen Privilegien genommen bzw. gewisse Mehrbelastungen auferlegt werden. Ideologen von rechts — hier haben wir mit Herrn Strauß wieder ein schönes Beispiel gehört — sprechen von Konfiskation und Gleichmacherei, wenn es um mehr Gerechtigkeit im Interesse breiter Bevölkerungsschichten geht.
Wenn Herr Strauß das neue System des Familienlastenausgleichs und die neue Sonderausgabenregelung kritisiert hat, dann darf man ihm die Empfehlung mit auf den Weg geben, nach den sozialistischen Gleichmachern, nach den Nivellierern, nach der sozialistischen Dampfwalze und nach denen, welche die Lähmung des Leistungswillens betreiben, zunächst einmal in seiner eigenen Partei zu suchen. Gerade in diesen beiden Punkten — das ist sehr interessant, und das beweist natürlich wieder einmal mehr die Ohnmacht der Sozialausschüsse — können wir den Sozialausschüssen unseren Respekt dafür nicht versagen, daß sie weitgehend mit dem übereinstimmen, was die Bundesregierung und die Sozialdemokraten wollen. Das gilt sowohl für die Sonderausgaben, was den Abzug von der Steuerschuld anlangt, als auch für die Abzugsfähigkeit der Vermögensteuer; das gilt auch für das neue Kindergeldsystem, das ganz genau so im Jahre 1971 von den Sozialausschüssen gefordert wurde.

(Abg. Frau Dr. Timm: Hört! Hört!)




Offergeld
Auch hier wieder ein Beispiel für die Ohnmacht der sogenannten Arbeitnehmervertreter bei der Opposition, wenn Herr Strauß hier diese Regelungen kritisiert.
Für uns steht ganz konkret fest, was unter einer gerechteren Besteuerung zu verstehen ist. Sie bedeutet für uns, daß die Steuerlast zugunsten der kleineren und mittleren Einkommen umzuverteilen ist, was natürlich eine relative Mehrbelastung hoher Einkommen und Vermögen bedeuten muß. Diese Zielsetzungen wurden auf dem Sonderparteitag der SPD im Jahre 1971 konkretisiert, und diese Zielsetzungen haben sich auch in den von der Bundesregierung vorgelegten Steuerreformgesetzen niedergeschlagen. Nahezu sämtliche Eckwerte sind auf dieses Ziel hin ausgerichtet.
Genannt sei vor allem der neue Einkommensteuertarif, durch den Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen wesentlich entlastet und die Bezieher hoher Einkommen durch die Erhöhung des Spitzensatzes auf 56 % stärker belastet werden. Wenn Herr Strauß auch hier den Einkommensteuertarif beklagt und kritisiert hat, ohne eine Alternative zu nennen, so kann ich sagen: Über die Vorschläge, die wir vom Bundesrat gehört haben, kann man natürlich sprechen. Auch wir sind über diese lange Proportionalzone nicht glücklich. Auch uns wäre selbstverständlich ein durchgehender Progressionstarif lieber. Nur sehen wir bis zum heutigen Tage, daß es einen Beschluß der Landesfinanzminister gibt, die sagen, daß dieser durchgehende progressive Tarif — wenn ich Herrn Strauß recht verstanden habe, hat er Sympathien dafür nicht zu administrieren sei.
Im geltenden Steuerrecht - ich komme damit zu einem weiteren wichtigen Element der Steuerreform — werden bestimmte Sachverhalte durch den Abzug eines bestimmten Betrages von der Bemessungsgrundlage, also von dem zu versteuernden Einkommen, berücksichtigt. Das führt zu dem Ergebnis, daß Bezieher hoher Einkommen bei der Berücksichtigung dieser Sachverhalte eine höhere Steuerersparnis erzielen als die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Diese verteilungspolitisch negative Wirkung soll durch die Reform dadurch beseitigt werden, daß an die Stelle des Abzugs von der Bemessungsgrundlage, also vom zu versteuernden Einkommen, der Abzug von der Steuerschuld tritt. Diese Systemänderung ist besonders bedeutsam für die Neuordnung des Familienlastenausgleichs. Bisher stieg die staatliche Leistung für das Kind durch die Steuerfreibeträge mit wachsendem Einkommen der Eltern. Künftig aber wird jedes Kind unabhängig davon, ob die Eltern viel, wenig oder gar keine Steuern zahlen, eine gleich hohe Leistung vom Staat erhalten. Diese neue Regelung wird etwa 90 °/o der Eltern in diesem Lande begünstigen, und sie führt — ganz im Gegensatz zu der von Herrn Strauß behaupteten Tendenz — dazu, daß beispielsweise Einkommen bis zu mehr als 100 000 DM jährlich bei Familien mit zwei Kindern begünstigt werden.
Auch bei den Vorsorgeaufwendungen wird der Generaldirektor gegenüber dem Arbeiter künftig nicht mehr begünstigt sein, da auch hier der Abzug von der Steuerschuld eingeführt werden soll. Darüber hinaus werden die Höchstbeträge, bis zu denen Versicherungsbeiträge und Bausparkassenbeiträge steuerlich berücksichtigt werden können, so erhöht, daß die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und zusätzliche freiwillige Leistungen steuerlich voll mit 22 v. H. berücksichtigt werden können.
Es ist hier sicherlich nicht möglich, sämtliche Eckwerte der Steuerreform unter verteilungspolitischen Aspekt zu würdigen oder überhaupt nur aufzuzählen. Kaum ein Bürger wird von der Umverteilung der Steuerlast unberührt bleiben. Als Arbeitnehmer kann der Bürger eine zusätzliche Entlastung durch Erhöhung des Arbeitnehmerfreibetrags auf 600 DM erwarten. Als Familienvater kann der Bürger nicht nur mit einer Gleichstellung sämtlicher Kinder unabhängig von der Höhe des elterlichen Einkommens rechnen, sondern auch mit verstärkten Leistungen im Familienlastenausgleich überhaupt, und zwar in Höhe von vielen Milliarden DM.
Hervorheben darf ich in diesem Zusammenhang, daß insbesondere den sogenannten Halbfamilien, also vor allem der alleinstehenden Mutter, steuerlich besonders geholfen wird. Durch den Haushaltsfreibetrag, der sehr stark erhöht wird, werden die Nachteile durch das Fehlen eines Splittings, die dieser Personenkreis bisher hatte, weitgehend ausgeglichen.
Als Sparer erhält der Steuerzahler künftig einen Sparerfreibetrag für Kapitaleinkünfte. Diejenigen, die keiner besonderen Förderung bedürfen, werden durch Festsetzung von Einkommensgrenzen bei 24 000 bzw. 48 000 DM bei Verheirateten aus der Sparförderung ausgeschieden.
Auch die Gewerbetreibenden und sonstigen Selbständigen im mittelständischen Bereich haben keinen Grund, sich über die Steuerreform zu beklagen. Schon bei der Erbschaftsteuer und bei der Vermögensteuer ist insbesondere durch die kräftige Heraufsetzung von Freibeträgen ihren Interessen weitgehend Rechnung getragen worden. Die Erhöhung des Gewerbesteuerfreibetrags ist bereits beschlossen und wird ebenfalls 1975 in Kraft treten. Auch die Entlastung im Tarif kommt den Selbständigen zugute. Außerdem soll auch das Sparen im eigenen Betrieb unter den Bedingungen der allgemeinen Sparförderung begünstigt werden.
Auch den älteren Mitbürgern soll mit steuerpolitischen Mitteln das Leben durch zahlreiche Maßnahmen leichter gemacht werden. Ich will hier gar nicht auf die Details eingehen.
Jeder Steuerzahler möchte verständlicherweise wissen, wie sich seine Belastungen durch die Steuerreform verändern. Sicherlich ist es schwer, generelle Aussagen über die künftige Besteuerung zu machen, da ja die Höhe der Steuer sehr stark von den individuellen Verhältnissen abhängig ist. Familienstand, Kinderzahl, Alter, Beruf, Umfang der Vorsorgeleistungen — dies alles sind Faktoren, die hier eine Rolle spielen. Dennoch kann man die Beurteilung der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Reformmaßnahmen durch Beispielsrechnungen erleichtern. Um aufzuzeigen, daß die Steuerreform tatsächlich nennenswerte Entlastungen bis



Off ergeld
in den Bereich der mittleren Einkommen bringen
wird, möchte ich einige Belastungsbeispiele nennen,
bei denen folgende Sachverhalte berücksichtigt sind:
Eine Familie mit zwei Kindern, Tarifreform unter Wegfall der Ergänzungsabgabe, Berücksichtigung des Sonderausgabenabzugs und des Kindergelds. Wenn wir all diese Umstände berücksichtigen, zahlt heute ein verheirateter Arbeitnehmer mit zwei Kindern bei einem Bruttoarbeitslohn von 15 000 DM 956 DM Lohnsteuer im Jahr. Dazu erhält er vom Staat 300 DM Kindergeld. Nach dem Regierungsentwurf wird dieser Steuerzahler nochmals: 15 000 DM Jahreseinkommen — nicht nur keine Lohnsteuer mehr zu bezahlen haben, er wird vom Finanzamt bzw. vom Arbeitgeber über den Familienlastenausgleich eine sogenannte Negativsteuer von fast 500 DM, nämlich 479 DM, vergütet erhalten. Die Entlastung durch die Reform beträgt also bei diesem Beispiel 1135 DM.
Wandeln wir dieses Beispiel etwas ab auf einen Bruttolohn von 20 000 DM, so ergibt sich eine Entlastung von insgesamt 1278 DM.
Für die Bezieher sehr hoher Einkommen, die in der Regel ja auch hohes Vermögen haben, und für Selbständige lassen sich die Auswirkungen der Steuerreform wegen der Besonderheiten des Einzelfalles durch Beispielsrechnungen auch kaum allgemeingültig darstellen. Die Tarifentlastung geht zwar bis in hohe Einkommensgruppen, man muß allerdings dann berücksichtigen, daß die Steuerbelastung vor allem durch die Beseitigung der Abzugsfähigkeit der Vermögensteuer bei der Einkommensteuer sehr stark ansteigen wird. Auch die neuen Einheitswerte werden sich in der Regel natürlich bei Beziehern hoher Einkommen, sehr hoher Einkommen stärker auswirken als bei Beziehern kleinerer Einkommen.
Um zu dem zweiten Stichwort — Gerechtigkeit und Einfachheit der Besteuerung — etwas zu sagen: Die meisten Experten wissen, wie schwer es ist, diese beiden Forderungen miteinander in Einklang zu bringen. Man kann allerdings nicht, wie Herr Strauß es hier versucht hat, die Vereinfachung an der Zahl der Paragraphen des Einkommensteuergesetzes messen; denn es geht ja auch darum, daß viel Rechtsprechung, daß viele Durchführungsvorschriftne, Verwaltungsanweisungen, Verordnungen in dieses Gesetz eingebaut werden, das dadurch sicherlich schon umfangreicher werden muß als das bisherige Einkommensteuergesetz. Aber auch bei bestem Bemühen lassen sich natürlich Gerechtigkeit und Einfachheit miteinander nur bis zu einem gewisen Grade verbinden und verwirklichen. Ganz einfach wäre z. B. eine sicherlich ungerechte — Kopfsteuer, und ganz gerecht wäre z. B. eine Besteuerung, die nach allerdings schwer zu findenden Maßstäben die individuellen Verhältnisse im Einzelfall bis zum Extrem zu berücksichtigen suchte. Dann wäre die Finanzverwaltung viel zu lange und ausschließlich nur damit beschäftigt, die individuellen Verhältnisse zu ermitteln. Eine solche Steuer wäre also äußerst kompliziert.
Die Vereinfachungsmöglichkeiten im vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung beschränken
sich daher im wesentlichen auf spürbare Vereinfachungen für den Steuerzahler und die Finanzverwaltung im Verfahren, insbesondere durch die Neuregelung des Lohnsteuerverfahrens. Dort kommt es ja in der Tat zu einem Rückgang von vielen Millionen Bearbeitungsfällen für die Finanzverwaltung. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß die Steuerreform zwar keine umwälzende Vereinfachung unseres Steuerrechts bringen wird, daß sie aber ein erhebliches Mehr an sozialer Gerechtigkeit bewirken wird.
Der Leistungswille und die Investitionsfähigkeit der Wirtschaft werden sicherlich nicht beeinträchtigt werden. Ein internationaler Steuerbelastungsvergleich — den sollte die Opposition auch einmal anstellen — zeigt, daß die deutsche Wirtschaft auch nach der Steuerreform konkurrenzfähig bleiben wird, abgesehen davon, daß die Steuer nur ein Faktor unter vielen anderen ist, die die Wettbewerbsfähigkeit bestimmen.
Trotz der sozialen und wirtschaftlichen Ausgewogenheit des Reformprogramms versucht die Opposition -- und dieser Eindruck hat sich heute morgen verstärkt —, die Gesetzentwürfe zu Fall zu bringen. Aber vielleicht sollte man nicht sagen: trotz der sozialen Ausgewogenheit, sondern: gerade wegen der sozialen und wirtschaftlichen Ausgewogenheit.
Im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß — ich habe vorhin schon einige Sätze dazu gesagt — versuchen die von der CDU/CSU-geführten Bundesländer — offenkundig allein aus parteipolitischen Erwägungen -- die Inkraftsetzung der Vermögensteuer, der neuen Erbschaftsteuer und der reformierten Gewerbesteuer zu verhindern.

(Abg. Wehner: Hört! Hört!)

Statt dessen bieten sie uns ein Vorschaltgesetz an, das lediglich die aufkommensneutrale Anwendung der Einheitswerte gewährleistet, den Abbau von Steuervergünstigungen und Steuerumgehungsmöglichkeiten — dies war uns ja ein wesentliches Reformanliegen — aber wohl auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben soll.
Im Finanzausschuß des Bundestages wehrt sich die Opposition gegen Sondersitzungen, die erforderlich sind, damit der Gesetzentwurf zur Reform der Einkommensteuer in seinem materiellen Inhalt zum 1. Januar 1975 in Kraft treten kann. Im Bundestag bringt die Opposition einen Gesetzentwurf ein, der Steuerentlastungen in Höhe von 10 Milliarden DM im Jahr vorsieht, ohne daß etwas mehr für die gerechtere Verteilung der Steuerlast getan wird: der Einkommensteuer-Millionär soll, wie gesagt, genauso entlastet werden, wie der Kleinverdiener.
Wenn man nun dieses Verhalten der Opposition — ich erinnere an die Mineralölsteuer und all die anderen Steuern, die hier zur Senkung oder zur Abschaffung vorgeschlagen werden — zusammennimmt, so kann man eigentlich nur zu dem Ergebnis kommen, daß die Opposition — und hier speziell Herr Strauß — uns auf dieser Tribüne absurdes Theater vorspielt. Ich glaube, Herr Glistrup in Dänemark



Off ergeld
könnte noch einiges von der Opposition hier im Deutschen Bundestag lernen.

(Beifall bei der SPD.)

Die Gründe, aus denen die Opposition die Steuerreform ablehnt, sind unschwer zu erkennen. Die Opposition will nicht nur diese Steuerreform nicht, die Opposition will wohl überhaupt keine Steuerreform. Bereits vor etwa zwei Jahren — ich habe mir noch einmal eine Presseerklärung von Herrn Höcherl durchgesehen — teilte Herr Hörcherl in einer Presseerklärung mit, Meldungen über angebliche Steuerreformpläne der CDU/CSU seien reine Spekulationen. Ich habe diese Erklärung von vornherein sehr ernst genommen. In der gleichen Presseerklärung vom 13. Januar 1972 erklärte Herr Höcherl, die CDU/CSU könne zum Reformpaket erst Stellung nehmen, wenn dieses endgültig von der Bundesregierung verabschiedet und den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet sei. Nun, diese Stunde ist hier gekommen, doch haben wir bis zum jetzigen Augenblick von der Opposition keine Stellungnahme. Denn diese pauschalen Verdächtigungen und Abwertungen durch Herrn Strauß kann man ja wohl nicht als substantiierte Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf werten!

(Beifall bei der SPD. — Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Eine wirkliche Stellungnahme kann nicht nur aus Negation bestehen. Wer etwas ablehnt, muß sagen, wie er denn eine Steuerreform haben möchte, und er muß, wenn er sie ankündigt — sie war ja schon von allen CDU/CSU-Bundeskanzlern angekündigt worden; die könnten sich in den „Karnevalszug" von Herrn Strauß einreihen —, sagen, wie er es machen will.
Es hat ja nun bei der Opposition eine Reihe von Kommissionen gegeben: eine Fraktionskommission, eine Parteikommission, eine Bodenrechtskommission; die Sozialausschüsse haben sich geäußert, die Experten haben in Rottach/Egern hinter verschlossenen Türen getagt — und was ist dabei herausgekommen?! Ich habe Verständnis dafür, daß es für die Mitglieder dieser Kommissionen sehr entmutigend ist, wenn die Addition der Ergebnisse aller dieser Kommissionen gleich Null ist. Die Mitglieder dieser Kommissionen verdienen unser Mitgefühl. Man kann nur sagen: die Arbeitsergebnisse der Kommissionsarbeit der Opposition heben sich gegenseitig auf, d. h. sie ergeben in ihrer Summierung die Zahl Null.

(Abg. Dr. Becker [Mönchengladbach] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Herr Becker, im Gegensatz zu Herrn Strauß will ich Ihnen gern antworten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707703400
Das Wort zu einer Zwischenfrage hat also der Abgeordnete Becker.

Dr. Curt Becker (CDU):
Rede ID: ID0707703500
Herr Kollege Offergeld, ist Ihnen nicht bekannt, daß die Tegernseer Beschlüsse vom 12./13. Februar 1973 auch veröffentlicht worden sind, so daß das eine
konkrete Grundlage für unsere Reformvorstellungen ist?

Rainer Offergeld (SPD):
Rede ID: ID0707703600
Selbstverständlich weiß ich, daß die veröffentlicht worden sind; mir fehlt nur die erste Aussage von Ihrer Seite auch von Herrn Strauß hat sie gefehlt -, was denn nun Ihr Programm ist. Wenn Sie uns sagen, daß dies Ihr Programm ist, dann kann man Sie ja einmal daran messen. Daran fehlt's doch bis heute; Sie spielen doch dauernd Versteck,

(Beifall bei der SPD) weil Sie versuchen, es allen recht zu tun.


(Abg. Dr. Becker [Mönchengladbach] : Es ist nicht Aufgabe der Opposition, einen Gesetzentwurf vorzulegen!)

Herr Becker, wenn Sie sagten, dies sei das Konzept der CDU/CSU, wäre ich ja froh; denn dann könnte man sich endlich einmal mit Ihnen auseinandersetzen, und Herrn Strauß fiele auch die Demagogie nicht mehr so leicht.
Denken Sie nur nicht, meine Damen und Herren, Herr Becker, daß wir über das Nullwachstum der steuerreformerischen Arbeit der Opposition glücklich sind. Wir müssen auf Grund des fehlenden Konzepts befürchten, daß Ihre reformerische Impotenz weiter laufend zu Störfeuer und Störmanövern bei der Steuerreform führen wird. Wir wissen auch, daß wir eine Bundesratsmehrheit haben, die jedenfalls — sagen wir mal — ein sehr offenes Ohr für parteitaktische Erwägungen hat.
Ich kann nur die Prognose stellen, daß Sie an vielen Einzelheiten herummäkeln, daß Sie zahlreiche sogenannte Verbesserungsvorschläge unterbreiten werden, die uns sehr viel Geld kosten würden. Ein finanziell ausgewogenes Alternativprogramm werden Sie uns — dies ist meine Prognose — auch weiterhin schuldig bleiben.
Um Ausreden und Ausflüchte werden Sie auch nicht verlegen sein, z. B. daß ein Inkrafttreten des Ganzen zum 1. Januar 1975 doch nicht möglich sei. Lassen Sie mich noch folgendes sagen, um wenigstens dieser Ausrede vorzubeugen.
Wir werden uns selbstverständlich mit den Einwendungen und den Bedenken des Bundesrates ernsthaft auseinandersetzen. Der Bundesrat — und dies wurde auch schief dargestellt — hat ja den neuen Familienlastenausgleich, gegen den Herr Strauß Bedenken hat, ausdrücklich begrüßt. Der Bundesrat hat lediglich gegen die technische Ausgestaltung Bedenken erhoben. Er hat gefragt, ob die Finanzverwaltung dies alles tatsächlich bewältigen könne. Wir werden uns mit diesen Einwendungen — das ist ja Aufgabe des Finanzausschusses — ernsthaft auseinandersetzen, und wir hoffen auch, bis zur Sommerpause zu einer Lösung zu kommen. Diese Bedenken des Bundesrates zum Vorwand zu nehmen, nun überhaupt nichts im Finanzausschuß des Bundestages zu beraten, halten wir tatsächlich nur für ein Manöver, das zur Verzögerung oder Verhinderung der Steuerreform führen soll.



Offergeld
Die Koalitionsfraktionen haben wiederholt erklärt, daß die Reform der Körperschaftsteuer im Zusammenhang mit dem Komplex Vermögensbildung beraten und verabschiedet werden soll. Die Beratung der Körperschaftsteuer wäre in der Tat bis zur Mitte dieses Jahres nicht zu bewältigen. Die Eckwerte zur Einkommensteuerreform können jedoch — das ist auch der feste Wille der Koalition — bis zum Sommer vom Bundestag verabschiedet werden. Es ist für den Steuerzahler unerheblich, wenn dabei einige rein formale Änderungen zunächst zurückgestellt werden müssen. In dem vorliegenden Reformentwurf sind ja zahlreiche Rechtsverordnungen, Verwaltungsanordnungen, Verwaltungsrichtlinien und höchstrichterliche Urteile eingearbeitet. Diese können aber selbstverständlich noch für einige Zeit außerhalb des Reformgesetzentwurfes bleiben, da es dem Bürger darum geht zu spüren, wie sich die Steuer für seinen Geldbeutel auswirkt. Die materiellen Änderungen, all das, was letzten Endes die Steuerschuld des Bürgers betrifft, wollen wir im ersten Halbjahr 1974 bewältigen.
Wenn Herr Strauß hier wieder den Pappkameraden eines Vorschaltgesetzes oder eines nachgeschobenen Gesetzentwurfs aufgebaut hat, muß man wiederholen: Es gibt keinen neuen Gesetzentwurf, es gibt lediglich Überlegungen und Feststellungen, welches jetzt die materiell bedeutsamen Teile — das heißt, die gesamten Eckwerte — in dieser viele hundert Seiten starken Vorlage des Dritten Steuerreformgesetzes sind.
Die SPD- und die FDP-Abgeordneten des Finanzausschusses sind bereit, die sicherlich nicht zu unterschätzende Arbeitsbelastung im Ausschuß in den nächsten Monaten auf sich zu nehmen, um die Voraussetzungen für das Inkraftsetzen der Steuerreform zum 1. Januar 1975 zu schaffen. Ich bin auch sicher, daß diese Steuerreform nicht an den internen Schwierigkeiten der Opposition scheitern darf. Ich bin überzeugt, daß das Fehlen einer Konzeption auf seiten der Opposition uns nicht daran hindern darf, die Reformarbeit zügig voranzutreiben. Ich bin weiter überzeugt, daß diese Steuerreform, zum 1. Januar 1975 in Kraft gesetzt, ein erhebliches Mehr an sozialer Gerechtigkeit in unserem Lande bringen wird.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707703700
Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.
Frau Funcke: (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem uns heute in diesem Hause vorgelegten dritten Steuerreformpaket wird der Ring geschlossen für die Gesamtreform, die sich diese Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen vorgenommen haben. Insgesamt umfaßt die Reform die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Vermögensteuer, die Erbschaftsteuer, die Grundsteuer, Änderungen im Bereich der Gewerbesteuer, die Reform des Familienlastenausgleichs und der Sparförderung. Herr Kollege Strauß, das ist in der Tat eine gewaltige Aufgabe. Wir werden uns alle bemühen, sie zu bewältigen.
Ich habe mich bei Ihrer Rede, Herr Kollege Strauß, mit einer gewissen Befriedigung gefragt: Wie gut muß eigentlich dieser Gesetzentwurf sein, daß Sie als Hauptsprecher Ihrer Fraktion in der ersten Lesung 50 Minuten lang nichts anderes getan haben, als zum Verfahren zu sprechen und nicht etwa etwas an der Sache zu bemängeln.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Sie haben sich lediglich bemüht, etwas zu vernebeln, was an sich klar ist, um andere Leute glauben zu lassen, es sei wirklich etwas unklar.

(Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. Strauß: Gehen Sie heute abend zum Karneval?)

Dieses dritte Paket, das dem Parlament nun vorliegt, ist in seinem materiellen Inhalt durch die Eckwerte bekannt gewesen. Es enthält — und dem stimmen wir voll zu — die Entlastung im Tarif, eine Anhebung des Grundfreibetrages und eine Verlängerung der Proportionalzone bei der Einkommensteuer. Diese Maßnahmen führen zu einer erheblichen Entlastung im Bereich der unteren und mittleren Einkommen. Gerade hier ist das Hineinwachsen in die Progression in besonderem Maße spürbar und fühlbar geworden. Wir sind uns alle in diesem Hause darüber einig — in dieser Hinsicht gibt es keine Meinungsunterschiede —, daß eine nennenswerte Entlastung vorgenommen werden muß.
Der Reformvorschlag beinhaltet weiter die Anhebung des Arbeitnehmerfreibetrags und die Beseitigung der Ergänzungsabgabe. Wie richtig vermerkt wurde, wurde eine entsprechende Zusage bereits in der vorigen Legislaturperiode gegeben. Doch konnte sie seinerzeit wegen der vorhandenen Überkonjunktur nicht verwirklicht werden, was die CDU/ CSU nicht nur gebilligt, sondern geradezu gefordert hatte. Die Verwirklichung wird deshalb jetzt zum frühestmöglich en Termin nachgeholt.
Der Reformvorschlag beinhaltet ferner eine Reform des Kindergeldes, das heute, wie wir alle wissen, in drei verschiedenen Formen gezahlt wird. Zum einen über die Steuern, zum zweiten in Form des direkt gezahlten Kindergeldes für jedes zweite und weitere Kind und schließlich in der Form der Ausbildungsförderung.
Meine Herren und Damen, ein Wort zum Prinzip, das draußen häufig angefochten wird. Man kann argumentieren: Kinder mindern die steuerliche Leistungsfähigkeit, darum müssen die Kosten, die Kinder verursachen, vorn Einkommen abgezogen werden, bevor die Steuertabelle anzulegen ist. — Das führte dazu, daß diese Entlastung auf die höchste Progressionsstufe entfällt und daher die hohen Einkommen stärker entlastet als die mittleren und kleinen Einkommen. Es gibt ein zweites Prinzip, das besagt: Alle Kinder sind dem Staat gleich lieb. Deswegen gibt er für alle das gleiche. Und es gibt schließlich ein drittes Prinzip, das da heißt: Jeder soll seine Kinder selbst großziehen; wer es aber nicht allein schafft, soll insoweit einen Zuschuß vom Staat bekommen. So ist es bei der Ausbildungsförderung.



Frau Funcke
Sie werden zugeben, daß alle drei Prinzipien — nicht nur hinsichtlich der Kinder — in unserem Steuerrecht vorkommen. Niemand kann sagen: Das eine Prinzip ist das einzig richtige, und das andere Prinzip ist das falsche. Ich glaube daher, es war klug, sich bezüglich des Kindergeldes auf die mittlere Linie zu einigen, nämlich allen Eltern — unabhängig von der Höhe ihres Einkommens — in gleicher Weise Entlastung für ihre Kinder zu gewähren, indem der gleiche Betrag angesetzt wird. Diese Regelung haben wir heute ja schon beim Kindergeld vom dritten Kind an.
Nun gibt es mit dem Bundesrat Streit — sofern Sie dies als Streit bezeichnen mögen — über die Form der Verwirklichung. Diese Meinungsverschiedenheit zum Verfahren kann aber nicht zu der Behauptung führen, der Bundesrat habe gesagt, das Ganze sei somit nicht machbar. Er hat zu diesem Punkt — und nur zu diesem Punkt — lediglich darauf hingewiesen, daß eine Übernahme in die Steuer und damit verbunden die Verwaltung der nicht über die Steuer abzuwickelnden Fälle beim Finanzamt Probleme aufwirft, die man bis zum Jahresende nicht bewältigen zu können glaubt. Das betrifft also kein Dogma und auch nicht den materiellen Inhalt der Reform -- die der 'Bundesrat beim Familienlastenausgleich voll bejaht —, sondern hier liegen verfahrenstechnische Fragen vor, die wir in aller Ruhe mit dem Bundesrat klären können. Ich könnte mir sehr wohl eine Kompromißlösung denken — Herr Kollege Strauß, wir sind durchaus für Kompromisse mit dem Bundesrat —, die etwa dahin geht, daß die Abwicklung bei allen Steuerpflichtigen beim Arbeitgeber und beim Finanzamt erfolgt und daß die Arbeitsverwaltung die nicht über die Steuer abzuwickelnden Fälle übernimmt. Eine solche Verzahnung scheint mir möglich zu sein. Damit wäre dieser besondere Angriffspunkt von Ihnen „die ganze Sache ist nicht machbar" relativ leicht vom Tisch.
Wir begrüßen und bejahen die Anhebung von Freibeträgen für die Behinderten und die Anhebung des Freibetrags für alleinstehende Personen mit Kindern, ,der praktisch in den allermeisten Fällen im Effekt die Anwendung des Splitting gleichkommt. Wir begrüßen insbesondere auch, daß die steuerliche Entlastung bei alten Menschen durch einen erhöhten Freibetrag bei den Beamtenpensionen verstärkt worden ist, weil hier die Diskrepanz gegenüber den Rentenbezügen der übrigen Bediensteten im öffentlichen Dienst steuerlich erkennbar ist, und bei den Menschen., die im Alter vom Vermögen leben und die gerade, wenn sie vom nominellen Sparkapital leben, finanzielle Einbußen haben. Hier soll ein Sonder-Altersfreibetrag eingeführt werden. Außerdem begrüßen wir den neuen besonderen Freibetrag für die Sparer.
Zur Neuregelung der Sonderausgaben ein Wort, und zwar zum Prinzip, weil es draußen angegriffen wird. Es ist richtig, daß unsere Form der Alterssicherung in drei verschiedenen Bahnen verläuft: Es gibt Mitbürger, die für das Alter nicht zu sorgen brauchen, weil sie vom Staat oder vom Arbeitgeber feste Pensionszusagen haben; es gibt solche, die mindestens die Hälfte der Beiträge in einem ver-
sicherungsähnlichen Institut, der Sozialversicherung, aufbringen müssen, die andere Hälfte wird vom Arbeitgeber aufgebracht; und es gibt halt Leute, die ihre gesamte Alterssicherung selbst ansparen müssen. Das bringt auch für die Besteuerung Schwierigkeiten. Eine Steuerreform kann diese prinzipiellen Unterschiedlichkeiten aber weder aufheben, noch kann sie sie leugnen. Nun wollen wir denjenigen, die für das Alter sparen müssen - sei es als Arbeitnehmer, sei es als Freiberufler oder Selbständiger —, eine Erleichterung für das Ansparen geben, weil dieses Ansparen für das Alter für sie lebensnotwendig ist. Aber wenn das so ist, dann gehören diese lebensnotwendigen Aufwendungen in jenen Bereich — und der ist erweitert —, in dem die proportionale Steuer greift.
Um es konkret zusagen: Wenn ein verheirateter Selbständiger für seine Alters- und Krankheitssicherung die Höchstbeträge, die hier vorgesehen sind — nunmehr wären das 20 000 DM —, aufwendet, dann fallen diese und der steuerfreie Grundbetrag von 6 000 DM, zusammen 26 000 DM, in die Proportional-zone —, die insgesamt bis 32 000 DM reicht. Das heißt praktisch : für die ersten 6 000 DM zahlt er überhaupt keine Steuer, für die 20 000 Sonderausgaben hat er 22 % Steuern zu zahlen, erhält aber zugleich 22 % zurück, ist also praktisch bis 26 000 DM steuerfrei und zahlt für weitere 6 000 DM 22 %, bis die proportionale Steuer einsetzt. Mir scheint es eine sehr plausible und berechtigte Form zu sein, wenn erst einmal die notwendigen Aufwendungen aus dem Grundstock der Einkünfte — und das sind die niedrig besteuerten — genommen werden und nicht aus dem letzten Luxusstock des Einkommens.

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Wieder eine neue Begründung für ein unmögliches Prinzip!)

— Das mögen Sie gern hier sagen. Nur scheint mir dieses Prinzip logisch zu sein; denn wenn die Aufwendungen notwendig sind, werden die Menschen sie ja aufwenden, bevor sie ihre Segeljacht kaufen.

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Erst müssen sie einmal leben!)

— Dafür ist erst einmal das Existenzminimum und noch ein bißchen mehr da. Zu diesem Leben gehört aber auch die Vorsorge, das werden Sie doch nicht 'bestreiten. Es wird doch gerade immer darauf hingewiesen, daß es hier um lebensnotwendige Aufwendungen geht. Sonst würden wir doch diese privaten Ausgaben völlig unberührt von der Steuerentlastung lassen. Nur wegen des Hinweises, daß sie lebensnotwendig sind, entlasten wir sie. Dann müssen sie aber auch aus dem Grundstock des Einkommens genommen werden und nicht aus der Einkommensspitze.
Wir wollen eine Verbesserung in der Sparförderung, und wir sehen besonders in der Körperschaftsteuerreform einen wesentlichen Ansatz einer Reform. Die Beseitigung der Doppelbelastung der Aktie führt dazu, daß nun der Aktionär mit seinem individuellen Steuersatz erfaßt wird und nicht die Körperschaft mit einem pauschalen, daß der Kleinaktionär steuerlich entlastet wird, daß die Privile-



Frau Funcke
gien ausländischer Konzerne zurückgedrängt werden und daß die kleinen und mittleren Betriebe das scheint mir sehr wichtig — bei dieser Form der Besteuerung endlich die Umwandlung in die Gesellschaftsform vornehmen können, die der Struktur des Unternehmens entspricht, und ,sie nicht krampfhaft an einer personenbezogenen Gesellschaftsform festhalten müssen, wenn im Hinblick auf Erbgänge und Generationenfolge eine juristische Person angezeigter wäre. Hier werden wir auch eine gesunde Umstrukturierung gerade solcher Firmen ermöglichen können, die nur aus steuerlichen Gründen eine sehr komplizierte Gesellschaftsform beibehalten haben. Wir werden auch die Konzentrationsförderung beseitigen, die in dem Schachtelprivileg ganz zweifelsohne liegt.
Meine Damen und Herren, die Eckwerte, um die es sich hier 'handelt und die hier in eine systematisch aufgearbeitete Form gebracht worden sind, liegen seit zweieinhalb Jahren vor. Nun hat Herr Kollege Strauß gesagt, sie seien immer wieder geändert worden. Er möge doch bitte einmal die ersten Eckwerte durchlesen und uns ernsthaft sagen, an welcher Stelle denn fundamentale Änderungen vorgenommen worden sind. Natürlich sind Zahlen fortgeschrieben worden, genau wie zu der Zeit, als Herr Kollege Strauß einmal Finanzminister war, etwa die Steuereinnahmen von der Vorlage des Etats im Oktober bis zur Verabschiedung im März/ April immer fortgeschrieben wurden. Das ist eine ganz normale und vernünftige Sache. Im Prinzip ist jedoch nichts an den ursprünglichen Eckwerten geändert worden, und was materiell in den Zahlen geändert worden ist, Herr Kollege, haben doch die CDU und der Bundesrat in ihren sogenannten Vorschaltgesetzen immer haargenau abgeschrieben und damit ebenfalls geändert. Jedesmal sind doch ein paar Tage, nachdem die Änderungen der Eckwerte erfolgt waren, dann auch die Zahlen in den abgeschriebenen „Vorschaltgesetzen", von Bundesrat und Oppositionspartei entsprechend geändert worden in genau der gleichen Abgestimmtheit wie die Fortschreibung der Eckwerte.
Eine Steuerreform — das wissen wir alle — muß das schwierige Werk vollenden, ganz verschiedene Prinzipien gleichzeitig zu berücksichtigen. Das hat uns Herr Kollege Strauß noch zu seiner Zeit als Minister in einer Rede vor dem Steuerkongreß sehr deutlich gemacht. Das Steuersystem muß ergiebig sein, denn dafür ist es ja da, es soll gerecht und gleichzeitig einfach sein, es soll bestimmte politische Wünsche und Zielsetzungen erfüllen, und es soll sich in den europäischen Rahmen einfügen. Und nun hat Herr Strauß heute noch eine zusätzliche Anforderung gestellt: es muß in einer wirtschaftlich ausgeglichenen Lage eingebracht und verabschiedet werden. Du liebe Zeit, meine Herren und Damen, wenn allerdings das alles gleichzeitig verwirklicht werden soll,

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

wundert es mich nicht, daß bei Ihnen nie eine Steuerreform in Gang gekommen ist;

(Beifall bei den Regierungsparteien)

denn solche absoluten Forderungen alle zusammen können nur jede Reform verhindern.
Der Forderung, bestimmte politische Zielsetzungen durch steuerliche Maßnahmen zu fördern, sind wir in der Vergangenheit nur allzu leicht in unseren Steuergesetzen nachgekommen. Jeden politischen Wunsch, den man beim Finanzminister nicht durch direkte Zuschüsse verwirklichen konnte, haben alle Kollegen dieses Hauses über Steuervergünstigungen zu realisieren versucht. Die Finanzminister fühlten sich dadurch entlastet, sie meinten, dadurch entstünde ihnen nur ein geringerer Ausfall. In Wirklichkeit, meine Damen und Herren, sollten wir uns alle miteinander frei von jeder parteipolitischen Richtung klarmachen, daß Steuersubventionen die teuersten Subventionen sind, die es überhaupt gibt.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Denn man kann Steuervergünstigungen nicht gezielt verteilen, und so werden sie immer in größerem Maße von denjenigen in Anspruch genommen, die gar nicht gemeint sind — ich brauche hier nicht an die Finanzierungswerbungsschriften zu erinnern, die uns alle ins Haus kommen —, und diese nicht gemeinten Steuerpflichtigen halten begreiflicherweise am stärksten daran fest. Deshalb bekommt man sie so unendlich schwer wieder aus dem Steuerrecht heraus.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir kriegen in jeder Versammlung Applaus, egal
wer von uns spricht, wenn wir „nachdrücklich" fordern: Es müssen die Subventionen abgebaut werden.

(Abg. Wehner: Ja, immer bei den anderen!)

Aber sobald die Diskussion bei einer solchen Versammlung losgeht, kommt sofort: aber dieses muß bleiben, und das muß verstärkt werden, und hier muß noch eine Sondervergünstigung in das Steuerrecht hinein. Auch der Bund der Steuerzahler hat uns gerade mit einem längeren Votum zur Steuerreform beglückt. Es beginnt mit dem Kernsatz, wir sollten zuerst die ganzen Steuersubventionen abbauen. Und dann kommt der zweite Teil, und der beschäftigt sich mit all den gewünschten Vergünstigungen, die das Steuerrecht nun wieder verstärkt und verbessert einführen möge. Nein, meine Herren und Damen, so kann man keine Steuerreform machen; hier muß man auch einmal hart sein. Wir sollten uns alle miteinander vornehmen, wenn wir schon nicht die Subventionen alle so schnell wegkriegen können, dann wenigstens keine neuen hineinzubringen.
Herr Kollege Strauß, mit Worten läßt sich tapfer streiten. Die Stabilitätsabgabe ist auf Vorschlag der Regierung durch ein Gesetz dieses Hauses genau auf ein Jahr fixiert worden, und zwar mit 10 %. Aber Sie sind in der Kenntnis des Steuerrechts wie wir doch wohl so weit fortgeschritten, daß Sie wissen, daß man zwar die Steuern beim Arbeitnehmer monatlich und beim Einkommensteuerpflichtigen vierteljährlich bei der Vorauszahlung erfaßt, daß aber das Steuerjahr ein Kalenderjahr ist. So wirken sich selbstverständlich diese 10 % auf das erste Halbjahr so aus wie 5 % auf das ganze Jahr; was sich dann beim Jahressteuerausgleich für den Arbeitnehmer



Frau Funcke
und bei der Veranlagung des Einkommensteuerpflichtigen zeigt. Insofern haben beide recht: diejenigen, die sagen, das Gesetz wirkt sich auch noch im September 1974 aus — nämlich mit 5 % —, und diejenigen, die sagen, die 10%ige Erhebung endet mit dem 30. Juni 1974. Es ist eine totale Übereinstimmung, auch wenn es mit Worten anders klingt. Die Wirkung der 10 % im ersten Halbjahr — und das heißt: 5 % für das ganze Jahr — läuft mit Ende des Jahres aus. Das ist genau der Zeitpunkt, zu dem nach unserem Willen die Steuerreform auch für die breiten, nicht der Abgabe unterliegenden Schichten eine Entlastung bringen soll. So ist die Gerechtigkeit gewahrt: beide werden zu diesem Zeitpunkt entlastet, die einen effektiv durch Senkung im Tarif, die anderen werden von einer Sonderbelastung befreit. Dabei soll es dann auch bleiben.
Wie werden wir nun das 3. Steuerpaket anfassen? Herr Kollege Offergeld hat gesagt: Wir werden im Finanzausschuß zu prüfen haben — das ist ja nicht so ganz neu, das haben andere Ausschüsse auch schon getan, wenn sie einen Riesenberg vor sich liegen hatten —, welche besonders dringlichen Sachen vorrangig beraten werden müssen. Die Vorschläge, die die Koalition Ihnen im Finanzausschuß vorlegen wird, umfassen den materiellen Teil des Einkommensteuerrechts, des Kindergelds und der Sparförderung als die noch bis zum Sommer dieses Jahres zu verabschiedenden wesentlichen Änderungen. Denn uns haben gerade die Herren auf der Bundesratsbank immer wieder klargemacht, daß sie eine hinreichende Zeit zwischen der Verabschiedung im Parlament und der Anwendung in der Praxis brauchen. Wir wollen sie ihnen auch so lange wie möglich zugestehen.
Sofort danach werden dann die anderen Dinge aufgegriffen, d. h. die Körperschaftsteuer und alle die formalen und systematischen Änderungen, die sowohl in der Sparförderung wie in der Einkommensteuer vorgesehen sind, die wir nicht verschleppen wollen, aber die nicht unbedingt zum Juli dieses Jahres fertig vorliegen müssen und die wir auch noch ein Jahr später ohne Mühe in Gang setzen können. Denn sie treffen nicht den Kern der zusammenhängenden Reform, sie beeinträchtigen nicht den materiellen Zusammenhang. Materieller Zusammenhang heißt für uns der systematische Zusammenhang und entscheidend die Aufkommensneutralität. Darüber war man sich bei der Konzeption der Eckwerte einig, und das ist durchgehalten worden. Allerdings ist die Aufkommensneutralität nicht auf ein bestimmtes einmaliges Datum bezogen, sondern, wie die letzten Eckwerte sehr deutlich gemacht haben, auf einen überschaubaren Zeitraum. Wir werden am Anfang sogar unter dem vergleichbaren Aufkommen des Vorjahrs bleiben und erst in den folgenden Jahren die entsprechende Höhe erreichen.
Der systematische und finanzielle Zusammenhang ist in der Tat das Kernstück der Reform. Genau dieser Zusammenhang, meine Damen und Herren von der CDU, fehlt bei Ihnen. Sie sagen: wir wollen eine Reform in einem Stück; aber das, was wir Ihnen anbieten, zerfleddern Sie in lauter kleine
Vorschaltgesetzentwürfe und sonstige Dinge, um dann zu sagen: das ist keine Reform mehr.
Warum Sie das tun, ist uns klar — Herr Offergeld hat soeben schon darauf hingewiesen —: Sie haben kein Konzept. Das ist eine ganz einfache Erklärung: Sie haben kein Konzept.

(Abg. van Delden: Billig!)

Es ist natürlich sehr viel einfacher, immer wieder Einzelvorschläge vorzulegen und Einzelkritiken anzubringen. Man kann sehr wirkungsvolle Anträge stellen, wenn man nicht gleichzeitig sagen muß, wie das im Gesamtkonzept wieder ausgeglichen werden kann.
Wir wissen alle, daß Herr Kollege Strauß seinerzeit als Finanzminister eine neutrale Kommission für die Steuerreform ins Leben gerufen hat. Diese Kommission hat vor drei Jahren ihr Werk vorgelegt. Es war selbstverständlich der Ausgangspunkt für jeden von uns, für jede verantwortliche Partei und Fraktion, an Hand der neutralen Vorschläge dieser Sachverständigen zu prüfen, was politisch gemacht werden sollte. Sie haben das auch gewollt und verschiedene Anläufe genommen. Sie haben z. B. Herrn Ministerialdirigent Vogel, einen qualifizierten Beamten aus dem Ministerium, dafür eingesetzt. Er hat sich sicher redlich bemüht. Dann haben Sie Herrn Höcherl zum Vorsitzenden irgendeiner Kommission gemacht. Er hat sich, nehme ich an, ebenfalls redlich bemüht. An den beiden hat es sicherlich nicht gelegen, vermute ich. Ich schätze sie beide.

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Das richten wir denen aus; 'die werden sich freuen!)

— Ja, das dürfen Sie gerne tun. Ich sage das nicht nur in deren Abwesenheit, sondern ich würde es ihnen auch sagen, wenn ,sie hier wären; es ist ja etwas Gutes.
Nein, warum es trotzdem zu nichts führte und woran alle die vielen Kommissionen und Ausschüsse gescheitert sind, will ich Ihnen sagen: es gibt eben in diesen Fragen keine Union zwischen Herrn Strauß und Herrn Katzer, und das, was Herr Blüm für gerecht hält, ist nicht das gleiche, was Herr von Bismarck für machbar oder tragbar hält.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es liegt einfach daran, daß alles das, was jemand in einer Gruppe Ihrer Fraktion für richtig hält, von einer anderen Gruppe nicht hingenommen werden kann. Der eine will mehr ausgeben und muß deswegen zwangsläufig Steuererhöhungen fordern, und der andere will Steuerentlastungen, will aber nicht präzisieren, wo Ausgaben eingespart werden sollen.

(Abg. Dr. Jenninger: Das ist bei Ihnen genauso! Sie betreiben das ja auch so!)

In den blumenreichen Aphorismen von Herrn Blüm gestern abend hat eigentlich etwas gefehlt. Nachdem er die vielen Forderungen der CDU nach noch mehr Sozialausgaben, noch mehr Familienausgaben und noch mehr Wohnungsbaumitteln vorgetragen hatte, dachte ich, er würde jetzt in einem



Frau Funcke
abschließenden Satz sagen: Und dies alles finanziert die CDU aus den vorgeschlagenen Steuerermäßigungen!

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das hätte eigentlich in den Kontext gepaßt. Er hat es nicht gesagt; aber mir scheint, daß Sie so denken. Denn anders ist es nicht zu erklären, daß Sie auf der einen Seite Steuerentlastungen in Milliardenhöhe fordern und gleichzeitig — der Herr Minister hat das soeben einmal schön vorgerechnet — Milliardenbeträge mehr ausgeben wollen. Das ist nach Adam Riese nur dadurch möglich, daß man einmal plus und minus verwechselt; sonst ist das eigentlich nicht zu schaffen.
Nein, meine Damen und Herren, wir werden uns nicht beirren lassen. Wir werden Sie fragen, ob Sie Alternativen haben oder ob Sie unseren Vorstellungen, den Vorstellungen der Regierung zustimmen.
Zum Bundesrat. Ich muß jetzt kurz darauf eingehen, Herr Kollege Strauß; ich wollte es ursprünglich in Abwesenheit der Herren, die das heutige Thema offensichtlich nicht für sehr wichtig halten, nicht tun. Doch nach dem Sie auf die Behandlung des Gesetzes zur Reform der Erbschaft- und der Vermögensteuer im Vermittlungsausschuß verwiesen haben, muß ich etwas dazu sagen. — Sie kritisieren, im Vermittlungsausschuß sei keine Kompromißbereitschaft gewesen. Da müssen Sie aber erstens einmal sagen, inwiefern es einen Kompromiß zwischen einem Vorschaltgesetz und einem fertigen Gesetz geben kann. Irgend etwas dazwischen kann es ja wohl nicht geben. Es gibt entweder ein fertiges oder ein Vorschaltgesetz.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU.)

Zweitens hat es der Bundesrat abgelehnt, konkrete Vorschläge zu machen, über die man konkret hätte reden können.
Nun dazu ein Wort zur Geschichte dieser Gesetzesberatung. Als im Sommer dieses Jahres Bundesregierung und Koalitionsfraktionen der Meinung waren, daß das gesamte Steuerpaket am gleichen Tag — etwa 1976 oder 1975 — als einheitliches Gesetzgebungswerk in Kraft treten sollte, kämpfte der Bundesrat nachdrücklich dafür, daß die Änderungen bei den einheitswertabhängigen Steuern vorgezogen und vorzeitig in Kraft gesetzt würden. Nun gut, nach langen Mühen haben wir dem zugestimmt. Das war der erste Kompromiß unsererseits.
Dann hat der Bundesrat gesagt: Es darf nicht sein, daß bei der Erbschaft- und der Vermögensteuer zwei verschiedene Werte angewendet werden; das ist nicht einmal für ein Jahr erträglich. Nun gut, wir sind ihm entgegenkommen und haben beide Gesetze fertiggemacht, mit gleichen Einheitswerten.
Und nun legt uns der Bundesrat einen Gesetzentwurf vor, in dem die Werte für Erbschaft- und Vermögensteuer verschieden sind. Was soll das? Und dazu erklärt die Bundesratsmehrheit: Es ist alles viel zu schnell gegangen.
Zu schnell? Die Eckwerte liegen seit zweieinhalb Jahren vor. Der fertige Entwurf für Erbschaft- und Vermögensteuer liegt seit zwei Jahren vor. Der Bundesrat hat vor knapp zwei Jahren im ersten Durchgang seine Anmerkungen gemacht. Dann haben wir den Gesetzentwurf von der Grundsteuer bis zur Vermögensteuer über acht bis neun Monate im Ausschuß beraten, übrigens ohne daß die Herren anwesend waren. Und nun erklären sie uns: Dies geht uns zu schnell; es ist über den Daumen gepeilt; es ist husch husch.
Meine Herren und Damen, hier kann man doch nur fragen, ob sich denn die Herren bis zu dem Augenblick, wo wir das Gesetz abgeschlossen haben, überhaupt mit der Materie beschäftigt haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Wagner [Trier] : Das wurde nur für die nachträglich eingefügten Änderungen gesagt!)

Denn anders kann man diese Kritik doch einfach nicht verstehen. Auf unsere Frage, wo denn etwas zusammengehuscht ist und wo man noch etwas korrigieren müßte, antwortete man uns wieder mit Schweigen; kein konkretes Beispiel.
Ich glaube in der Tat, hier muß man sich ernstlich fragen, ob sachliche Kompromisse gesucht werden sollten — dann hätte man Änderungsanträge stellen müssen — oder ob Prinzipien geritten werden sollen. Wenn letzteres der Fall ist, dann ist ein Kompromiß allerdings nicht möglich,

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Unsere Punkte sind bekannt!)

sondern dann muß man vermuten, daß man hier etwas aus Grundsatz verhindern will. Dabei sage ich in Klammern: Wenn der Bundesrat das Gesetz verhindern will, muß er sich allerdings fragen, wie er zum nächsten Steuertermin die Vermögensteuer hereinbekommen will und wie er sich mit denen auseinandersetzt, die jetzt einen Erbfall bei offener Rechtslage haben.
Sicherlich sind wir grundsätzlich zu sachlichen Kompromissen bereit, wenn sachliche Anträge gestellt werden. Dies möge man dann tun.
Im Finanzausschuß werden wir die Beratungen des 3. Steueränderungsgesetzes jetzt aufnehmen. Auch vom Bundesrat habe wir interessante Änderungsanträge zur Sache bekommen, die es wert sind, beraten zu werden. Der Bundesrat will uns ja auch begleiten. Das sollten wir alle sehr fair machen. Wir werden uns im Ausschuß über viele Fragen unterhalten müssen, etwa über die Frage, wie Geschenke und Bewirtungsspesen zu behandeln sind. Man muß sehen, daß Betriebe, die keine Mittel haben, abends zu den Fernsehzeiten zu werben, steuerlich nicht schlechter behandelt werden dürfen, wenn sie mit bescheidenen handlichen Gebrauchsgegenständen werben. Wir werden uns auch darüber unterhalten müssen, inwieweit Bewirtungsspesen betrieblich unabweisbar sind und welche Möglichkeiten es gibt — das ist das Entscheidende —, Mißbräuche und Aus-



Frau Funcke
wüchse zu verhindern. Wir werden uns auch über die Diätenbesteuerung unterhalten müssen, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der CDU/CSU: Bravo!)

Wir werden dabei die Frage sehr ernst nehmen müssen, wie alles verwaltungstechnisch durchgeführt werden kann. Denn das ist richtig: Gerechtigkeit so viel wie möglich; aber wo die Kompliziertheit so groß ist, daß die Gerechtigkeit, obwohl sie im Gesetz steht, praktisch nicht mehr verwirklicht werden kann, da hilft uns alle formale Gerechtigkeit nichts, sondern da muß ein möglichst guter Kompromiß zwischen Gerechtigkeit und Einfachheit gesucht werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707703800
Das Wort hat Frau Bundesminister Dr. Focke.

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0707703900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Reform der Kinderentlastung ist ein wesentliches Kernstück der Einkommensteuerreform und gleichzeitig und gleichrangig ein wichtiger Beitrag zur Fortentwicklung und Verbesserung der Familienpolitik; Familienpolitik als Gesellschaftspolitik und in diesem Fall nun eingearbeitet in das Steuerrecht und die Steuerpolitik. Das ist auch der politisch entscheidende Grund, warum die Bundesregierung trotz mancher Bedenken des Bundesrates die steuerrechtliche Lösung bevorzugt.
Sicher geht es auch um die Frage der Kostenteilung, um das rationalste Verwaltungsverfahren; wenig um Zuständigkeiten. Sonst würde ich z. B. die Arbeitsverwaltung hinsichtlich der Auszahlung bevorzugen. Denn bei der steuerrechtlichen Lösung gebe ich die Zuständigkeit ab. Aber ich tue das gerne um der sachlichen Bedeutung dieser Lösung willen. Es geht entscheidend darum, ob und wie Familienpolitik in Wirtschafts- und Finanzpolitik wirklich integriert werden kann.
Gestern hat der Kollege Blüm der sozialliberalen Bundesregierung vorgeworfen, in der Familienpolitik mit leeren Händen dazustehen. Er hat als Maßstab für diese Kritik das Kindergeld für die kinderreiche Familie genannt und in seinen Ausführungen einzig und allein darauf abgehoben. Nun, hier heute die Antwort und unsere klare Forderung an die Kollegen von CDU/CSU: Sorgen Sie mit uns dafür, daß das Dritte Steuerreformgesetz mit dem Familienlastenausgleich zum 1. Januar 1975 in Kraft treten kann!

(Beifall bei der SPD.)

Sorgen Sie dafür, nicht indem Sie ausweichen auf Schwierigkeiten, auf die Sie sich zu berufen versuchen, sondern indem Sie, bitte, mitarbeiten in dem dafür zuständigen Ausschuß und Ihren Einfluß auf die von der CDU/CSU geführten Länderregierungen im Bundesrat entsprechend ausüben, statt hier schon von vornherein abdanken zu wollen.
Die mit diesem Gesetzentwurf vorgelegte Regelung des Kinderlastenausgleichs ist sorgfältig und mit allen Beteiligten vorbereitet und ausgearbeitet worden. Dabei, sind die Vorschläge der Verbände — und gerade auch der Familienverbände — berücksichtigt worden.
Bei allen Beteiligten gibt es, so meine ich, in zwei Dingen keine Meinungsverschiedenheit.
Erstens. Das derzeitige mehrgleisige System enthält gravierende Mängel. Es wird zunehmend als sozial ungerecht empfunden. Das System der Kinderfreibeträge im geltenden Einkommensteuerrecht begünstigt die höheren Einkommen, es benachteiligt die mittleren und unteren. Nur im öffentlichen Dienst gibt es mit dem Kinderzuschlag eine Leistung für Idas erste Kind, während beim Kindergeld erst für das zweite Kind — und nur bei gegebener Einkommensgrenze — eine Leistung von monatlich 25 DM gewährt wird.
Das zweite, worüber Einigkeit bestehen sollte, ist: Bei der Reform muß es eine Vereinheitlichung geben. Wir brauchen eine wesentlich verbesserte, sozial gerechtere Lösung und, soweit das dann noch mit diesen Maßstäben vereinbar ist, eine Vereinfachung.
Diesen Ansprüchen trägt der Vorschlag der Bundesregierung Rechnung. Das Nebeneinander von Kinderfreibeträgen, Kindergeld und Kinderzuschlag wird durch eine einkommensunabhängige Kinderentlastung ersetzt. Diese soll für das erste Kind 50 DM betragen, für das zweite 70 DM und für jedes weitere Kind 120 DM im Monat. Diese Regelung bringt entscheidende Veränderungen gegenüber dem bisherigen System. Der gestaffelte und für das dritte und jedes weitere Kind hohe Entlastungssatz von 120 DM monatlich berücksichtigt ganz gezielt die Mehrkinderfamilien. Ich sage das hier so deutlich, weil der Bundesregierung und insbesondere der SPD häufig der Vorwurf gemacht wurde, sie sei allein an den kleinen und jungen Familien interessiert.
Alle Familien im unteren und mittleren Einkommensbereich, unabhängig von der Zahl der Kinder, werden durch diese Reformen Verbesserungen erhalten. Für alle geht es zukünftig um eine Entlastung vom ersten Kind an. Sie werden mir recht geben, daß es gerade auch beim ersten Kind um eine solche notwendige Entlastung geht. Einkommensteuergrenzen für den Bezug von Kindergeld und Zweitkindergeld werden entfallen. Der Mehraufwand für diese Verbesserungen gegenüber dem geltenden Recht beträgt 4 Milliarden DM. Das ist eine Steigerung in diesem Bereich um 40 %.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist der Meinung, daß bei solchen Verbesserungen für die große Zahl unserer Familien einige Abstriche für Familien mit hohem Einkommen in Kauf genommen werden können und müssen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Beispiele, die mein Kollege Helmut Schmidt hier auch schon veranschaulicht hat.
Die hier vorgeschlagene Reform des Kinderlastenausgleichs ist ein Kernstück der Familien-



Bundesminister Frau Dr. Focke
politik. Aber das darf und sollte niemanden zu der Ansicht verleiten, Familienpolitik manifestiere sich in der Zahlung von Kindergeld oder erschöpfe sich allein darin.

(Beifall bei der SPD.)

Ich habe bereits bei anderen Gelegenheiten — sowohl vor diesem Hause als auch im Ausschuß und in der Öffentlichkeit — darauf hingewiesen, daß das Kindergeld einen wichtigen, aber auch nur einen Teilbereich notwendiger materieller Hilfen für die Familien darstellt, erst recht nur einen Teilbereich von Familienpolitik insgesamt. Andere Leistungen wie Wohngeld, Ausbildungsförderung, Ausdehnung der Unfallversicherung, aber auch allgemeine Einkommensverbesserungen, allgemeine Steuererleichterungen und nicht zuletzt die Sicherung der Arbeitsplätze sind wichtige gesellschaftspolitische Beiträge auch zur Sicherung der ökonomischen Grundlage der Familie.
Dieser Hinweis an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt ist mir deshalb wichtig, weil die CDU/CSU mit spektakulären Sozialprogrammen, mit abstrakten Milliardensummen und leider auch in alter Interpretation der Familie als Fluchtburg vor einer bösen Welt bedrohlicher Manipulation wiederum die Zielgruppe Familie zum Emotionsmedium ihrer Politik zu machen versucht.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie werden Änderungen des Images von Familienpolitik, Sie werden Ihre Fähigkeit zu konkreten Beiträgen im Rahmen von Familienpolitik, vor allen Dingen aber auch zu den Problemen besonderer einzelner Gruppen innerhalb des gesamten Bereichs der Familie, z. B. zu den Problemen einer alleinstehenden Frau mit Kind — das ist lange von Ihnen praktisch gar nicht unter dem Etikett „Familie" gesehen worden —,

(Beifall bei der SPD — Abg. Wehner: Sehr wahr!)

erst wirksam werden lassen können, wenn Sie sich einfach einmal ganz nüchtern die Bedingungen der heutigen Familien ansehen, die Bedürfnisse, die sie wirklich haben. Sie dürfen nicht glauben, Ihre Vorschläge auf einem schmalen Ausschnitt aufbauen zu können, wobei Sie dann auch noch die Kosten nicht realistisch berechnen.
Sie werden erst dazu kommen, solche Beiträge zu liefern, wenn Sie von einer ideologischen Besetzung dieses Themas fortgehen bzw. von ideologischen Unterstellungen an die Adresse der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen in diesem Bereich.

(Beifall bei der SPD.)

Ich meine z. B. ideologische Unterstellungen unter dem Stichwort Privatisierung der Beziehungen zwischen den Ehepartnern, Sozialisierung bei der Erziehung der Kinder und Tendenzen zur Zersetzung unserer Familien in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt.

(Abg. Wehner: Sehr wahr! Genau das ist es!)

Sie werden versuchen müssen, solche Dinge wie das neue Ehe- und Familienrecht, das neue Gesetz in bezug auf die elterliche Sorge, unsere gesamte stufenweise Reform der Adoption und die in Vorbereitung befindliche Jugendhilfe

(Abg. Dr. Wagner [Trier] : Jede Menge gute Lehren!)

genauso ernst zu nehmen und als einen Bestandteil von Familienpolitik zu betrachten wie das Kindergeld und den Familienlastenausgleich.

(Beifall bei der SPD.)

Gerade diese Bundesregierung und die sie tragenden Parteien wissen natürlich, daß ungelöste Aufgaben in diesem weiten Bereich einer richtig und umfassend verstandenen Familienpolitik noch vor uns liegen: Verbesserung für die Erziehungsbedingungen, z. B. gerade bei berufstätigen Müttern, Hilfen bei Familienplanung, verstärkte Beratung, die ganzen Probleme, die uns im Zusammenhang mit der Reform des § 218 beschäftigen, die Qualifizierung im Bereich der frühkindlichen Erziehung, überhaupt der Ausbau familienergänzender Einrichtungen, und dies, meine Damen und Herren, jeweils und zuerst für jene Gruppen in unserer Bevölkerung, in denen Kinder in ihrer Entfaltung besonders benachteiligt oder behindert sind.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Wagner [Trier] : Und die durch Ihre Politik während vier Jahren noch viel mehr benachteiligt worden sind!)

Ich komme zum Schluß. Trotz alledem — ich habe versucht, den Blick hier einmal einen Moment auszuweiten, nachdem ich gestern dazu nicht mehr gekommen bin —: Kinder kosten Geld, und Familienpolitik kostet auch Geld. Auch wenn diese Gesellschaft bereit und in der Lage ist, einen immer größeren Anteil der Kosten für die nachwachsende Generation als Allgemeinkosten zu übernehmen, bleiben Belastungen, die in der Familie entstehen und durch sie aus dem verfügbaren Einkommen getragen werden müssen. Deshalb ist eine Verbesserung der Entlastung der Familien mit Kindern in den unteren und mittleren Einkommensgruppen eine besonders vordringliche Aufgabe der Familienpolitik. Das Dritte Steuerreformgesetz ist dafür die geeignetste und gerechteste Form.

(Beifall bei der Regierungsparteien.)

Auch an der Bereitschaft der CDU/CSU, zu seiner schnellen Verwirklichung zu dem vorgesehenen Termin 1. Januar 1975 beizutragen, werden wir sie in der Familienpolitik messen.

(Beifall bei der Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707704000
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kreile.

Dr. Reinhold Kreile (CSU):
Rede ID: ID0707704100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem über den Entwurf eines Dritten Steuerreformgesetzes nunmehr in vieler Hinsicht gesprochen worden ist, fehlt noch ein Teil, über den doch einige Worte gesagt werden müssen, nämlich das Körperschaftsteuergesetz.



Dr. Kreile
Der Entwurf, der uns vorliegt, hat zwei Teile. Den ersten Teil, die Einkommensteuerreform, wird diese Regierung nicht verwirklichen können, den zweiten Teil, die Körperschaftsteuerreform, wird sie nicht verwirklichen wollen. Wenn ich mit dieser Prognose unrecht habe, werde ich gern der erste sein, der das hier zugibt und eingesteht. Die CDU/CSU will nicht nur eine Einkommensteuerreform, sondern sie will gerade die Reform der Körperschaftsteuer, sie will und begrüßt die Einführung des Anrechnungsverfahrens. Wenn gleichwohl Skepsis am Platze ist, hat dies vielfältige Gründe.
Die SPD erklärte in den letzten Tagen in vielfältigen Varianten, die wesentlichsten Eckwerte werde sie noch in dieser Legislaturperiode verwirklichen. Diese ebenso kühne wie auch muntere Behauptung besagt zweierlei: einmal, daß der Teil des Dritten Steuerreformgesetzes, der die Einkommensteuerreform vorsieht, nicht in der Form kommen wird, wie sie jetzt in dem Entwurf der Bundesregierung vorgesehen worden ist, sondern in irgendeiner anderen, verkleinerten, mit ziemlicher Sicherheit auch verkümmerten Form; zum anderen aber besagt diese Ankündigung, daß die Körperschaftsteuerreform wohl nicht kommen wird, weder zu dem Zeitpunkt, der ursprünglich vorgesehen war, nämlich zum gleichen Zeitpunkt wie die Einkommensteuerreform — das wäre der 1. Januar 1975 —, noch zum 1. Januar 1976, wie es im Gesetz vorgesehen ist, und wohl auch nicht später.
Das offensichtliche Desinteresse an der Körperschaftsteuerreform, die einmal, und zwar ganz zu Recht, regierungsamtlich als der echte Reformplan und ein Kernstück der Steuerreform insgesamt bezeichnet wurde, zeigt sich nun deutlich an der Art der Behandlung, die die Bundesregierung ihrem — zumindest formell — eigenen Entwurf im Bundesrat zunächst einmal angedeihen ließ. Die umfangreichen Ausführungen des Regierungsvertreters zum Dritten Steuerreformgesetz enthielten zur Körperschaftsteuer lediglich vier Sätze. Ich habe es im Protokoll nachgezählt: es waren neun Zeilen. Und auch diese neun Zeilen besagten nur, daß das neue Körperschaftsteuergesetz frühestens — ich wiederhole: frühestens — im Jahre 1976 wirksam werden könne. Wer dieses abwertende und die Verschiebung doch geradezu implizierende „frühestens" dann im Kontext mit Bemerkungen hoher Vertreter des Finanzministeriums hört, die Beratung des Körperschaftsteuerreformteils sei nicht dringend, für den ist das ein Beweis, daß es hier möglicherweise zu einer Verschiebung auf den St.-Nimmerleinstag kommen kann, wenn nicht alle diejenigen zusammenwirken, die diese grundlegende Reform der Körperschaftsteuer, diese entscheidende vermögenspolitische Maßnahme, verwirklichen wollen.
Dies ist von der SPD — bei aller Respektierung der Koalitionsdisziplin — nicht ohne weiteres zu erwarten. Denn in ihr ist doch ihr eigener Beschluß vom November 1971 auf ihrem Steuerparteitag lebendig, der — ich zitiere — „eine Änderung des derzeitigen Körperschaftsteuersystems" nicht für geboten erklärte, sondern lediglich die Erhöhung des
Körperschaftsteuersatzes für geboten hielt. Gewiß, in der Regierungskoalition hat sich die FDP gegen dieses Votum des SPD-Steuerparteitags durchgesetzt. Ob es aber nun wirklich zur Beseitigung der Doppelbelastung der ausgeschütteten Gewinne von Kapitalgesellschaften mit Körperschaftsteuer und Einkommensteuer kommt, also zu der Steuerreform, die wirklich den Namen „Reform" verdient, wird sich erst bei den Beratungen des Entwurfs zeigen, und zwar bei den Beratungen sowohl innerhalb der Bundesrepublik, also vornehmlich im Finanzausschuß, als auch bei der Vertretung der Regierungsvorlage in Brüssel bei der EG durch die Bundesregierung selbst. Erst hier nämlich wird deutlich werden, ob die vom Kabinett unter Vorbehalten beschlossene Körperschaftsteuerreform auch ernsthaft angestrebt wird, und es wird sich auch zeigen, wer dies tut, oder ob sie nur zum Zwecke eines politischen Marketings hier angekündigt worden ist. Die Bundesregierung nämlich — oder man sollte wohl besser sagen: ihr SPD-Teil — hat mit der Körperschaftsteuerreform gleichzeitig die Hürden aufgebaut, über die die Körperschaftsteuerreform stolpern kann, gegebenenfalls dort stolpern soll. Da ist zunächst einmal das Junktim, die zeitliche Koppelung mit dem erst im Grundsatz festgelegten Gesetz zur Beteiligung breiter Schichten der Bevölkerung am Produktivvermögen. Ich versage mir jetzt in diesem Zusammenhang eine Kritik an den bekanntgewordenen Grundsätzen für diesen Vermögensbildungsplan, bei dem das, was ihn rechtfertigen soll, nämlich die breite Streuung des Vermögens, mir nicht so ohne weiteres gelungen zu sein scheint. Denn Vermögen, über das andere, und mögen sie auch noch so vordergründig dezentralisiert sein, verfügen und das andere verwalten, ist keines. Das Junktim aber zwischen einem Gesetz, dessen Schwierigkeiten sich doch erst bei der Gesetzesformulierung, bei der Detailarbeit ergeben werden, dieses Junktim zwischen dem überhaupt noch nicht bestehenden Gesetz und der Körperschaftsteuerreform, kann dazu führen, daß die Körperschaftsteuerreform ganz wesentlich verzögert wird. Dies ist deswegen so zu bedauern, weil gerade die Körperschaftsteuerreform selbst der erste Teil einer Vermögensbildungspolitik für breite Bevölkerungskreise ist. Wer Produktivvermögen — und Aktien sind eben eine Beteiligung am Produktivvermögen — einer breiten Schicht unseres Volkes zugänglich machen will, der muß die Diskriminierung der Aktie, ihre Doppelbelastung, beseitigen. Wie kann man dem Sparer, der an der Produktivwirtschaft durch eine Beteiligung, also in der Form von Aktien, teilhaben will und teilhaben soll, begreiflich machen, daß er, legt er séin Geld auf Sparkonto an, die Zinsen bekommt, die nur mit der Einkommensteuer belastet sind, legt er aber sein Geld in einem Beteiligungswert an, der Gewinn aus diesem Beteiligungswert, sozusagen die Zinsen, zunächst einmal mit der Körperschaftsteuer und dann mit der Einkommensteuer belastet wird? Diese Doppelbelastung, diese Doppelbesteuerung hat doch dazu geführt, daß bisher nur derjenige, der sich sozusagen diese Doppelbelastung leisten konnte, Anteile am Produktivvermögen hatte. Wer also Anteil breiter Schichten unseres Volkes am Produktivvermögen will, und das



Dr. Kreile
wollen wir, der muß zunächst einmal diese Doppelbelastung beseitigen.
Zu Beginn der Diskussion über das Anrechnungsverfahren wurde gelegentlich behauptet, es begünstige die Großaktionäre. Daß dies unrichtig ist, ist längst nachgewiesen, nicht zuletzt durch die Ausarbeitungen und Berechnungen des Bundesfinanzministeriums selbst. Ohnehin aber konzentriert sich das Interesse der Großaktionäre, die am Wirtschaftsleben teilhabende und mitgestaltende Unternehmer sind, auf den Steuersatz, mit dem die nichtausgeschütteten, die für die Investition vorgesehenen Gewinne belastet werden. Nicht also die Dividende steht hier im Vordergrund, sondern die Wirtschaftskraft des Unternehmens überhaupt. Dies muß vornehmlich in einer Zeit gesehen werden, in der es darum geht, die Wirtschaftskraft der Unternehmen für die Erhaltung und Neugestaltung der Arbeitsplätze einzusetzen.
Hier aber kann man nicht verkennen, daß die Wirtschaftskraft der Unternehmen durch die Körperschaftsteuerreform etwas beeinträchtigt wird. Denn nichtausgeschüttete Gewinne werden künftig mit dem erhöhten Steuersatz, mit ,dem Satz von 56 %, besteuert. Damit finanziert sich die Körperschaftsteuerreform selbst, und zwar auf Kosten der unternehmerisch denkenden Großaktionäre. Dies hat durchaus seinen Sinn; dem soll hier auch gar nicht widersprochen werden. Aber ich finde, es muß einmal deutlich gesagt werden, daß sich die Körperschaftsteuerreform auf diese Weise selbst finanziert. Dies muß deswegen immer wieder erklärt werden, damit die Legende von der Begünstigung der Großaktionäre widerlegt ist und widerlegt bleibt.
Hier muß noch klar die Gesamtbelastung der von einer Kapitalgesellschaft erwirtschafteten Gewinne gesehen werden: zu der auf 56 % erhöhten Körperschaftsteuer kommen noch die Steuererhöhungen infolge der neu festgesetzten Einheitswerte, also vornehmlich die Grundsteuerbelastung, und die besonders beim Betriebsvermögen eminent zu Buche schlagende Vermögensteuerbelastung. Weiter kommt dazu noch die Vermögensbildungsabgabe in Höhe von bis zu 10 % des Gewinns.
Die von den Steuerexperten des Bundesfinanzministeriums und der Länderfinanzministerien angestellten Berechnungen kommen hier zu einer Gesamtsteuerbelastung bis an die Grenze von etwa 90 %.

(Zuruf von der SPD.)

— Nicht in jedem Fall, aber die Grenze kann erreicht werden. — Diese Gesamtsteuerbelastung trifft nicht nur das Unternehmen, sondern — über den Wert der Beteiligung — auch den Aktionär, also genau auch die breiten Schichten des Volkes, die nunmehr an das Produktivvermögen herangeführt werden sollen.
Noch eine zweite steuerpolitische Hürde ist aufgebaut, und alle werden sorgsam darauf achten müssen, daß die Körperschaftsteuerreform hierüber nicht stolpert bzw. daß nicht — präziser gesagt — die Bundesregierung ,selbst die Körperschaftsteuerreform hierüber stolpern läßt: es muß noch die Ha rmonisierungshürde im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft genommen werden.
Die EG-Kommission hat sich im Grundsatz bereits für ein Anrechnungsverfahren als Modell für ein europäisches Körperschaftssteuersystem ausgesprochen. Klar ist aber noch nicht, ob es sich hier um ein Vollanrechnungsverfahren oder ein Teilanrechnungsverfahren handelt. Es wird hier darauf ankommen, in welcher Phase die Europäische Gemeinschaft für neue und grundlegende Gedanken und Entwicklungen noch offen ist, das in dem deutschen Entwurf vorgesehene Vollanrechnungsmodell zum europäischen Modell zu erheben, zumindest aber in Brüssel eine Entscheidung zu erreichen, daß das deutsche Vollanrechnungsmodell integrationsfähig ist.
Würde nämlich das derzeitige System des gespaltenen Körperschaftsteuersatzes nur durch ein Teilanrechnungsverfahren ersetzt werden, dann geschähe nichts anderes, als daß die zur Zeit geltenden Belastungsverhältnisse bei den ausgeschütteten Gewinnen in einem anderen gesetzestechnischen Gewand erhalten blieben. Die großangelegte Körperschaftsteuerreform liefe dann auf ein hochkompliziertes, aber sonst nichtssagendes Glasperlenspiel ohne. jede belastungspolitische Konsequenz hinaus; es wäre jeder Entlastungseffekt für die breite Mehrheit der Aktionäre genommen; es bliebe nur der erhöhte Körperschaftsteuersatz. Diesen Preis aber sollte man bei der Einführung eines neuen Systems in einem hochkomplizierten volkswirtschaftlichen System weder verlangen noch zahlen. Ein bloßer Wechsel des Gesetzesmechanismus ist keine Reform.
Alle diejenigen nun, welche die Körperschaftsteuerreform, also die Vollanrechnung, wirklich wollen, müssen damit rechnen, daß die Teilanrechnung als eine Versuchung an sie herantritt. Versuchung wird die Teilanrechnung insbesondere für diejenigen sein, die das Körperschaftsteuersystem nur als ein politisches Marketing begreifen, und sie werden jeden Vorwand, vor allem den der Teilanrechnung benutzen, um von der Vollanrechnung abzugehen. Wir aber — und ich gehe davon aus, daß dies auch für die FDP gilt — wollen das Voll-anrechnungsverfahren. Wir werden darauf achten müssen, daß die Bundesregierung bei den beginnenden Verhandlungen in Brüssel keine Lösung anstrebt und auch keine Lösung akzeptiert, 'die darauf hinausläuft, daß zwar verbal eine Körperschaftsteuerreform verwirklicht wird, zugleich aber die echte Körperschaftsteuerreform, nämlich die der Vollanrechnung, steigert.
Unsere positive Einlassung zu der vorgelegten Körperschaftsteuerreform und unsere Sorge um ihre tatsächliche Verwirklichung möchte ich mit einem Dank an. die Verfasser des Gesetzentwurfs beschließen. Hier ist von Grund auf und nahezu ohne jede Vorlage ein Gesetzeswerk entwickelt worden, das nicht nur Wirtschafts- und finanzpolitisch, sondern auch fachjuristisch höchste Anerkennung verdient.
Die Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums unter der Leitung der Ministerialdirektoren



Dr. Kreile
Vogel und Koch, die Steuerreformgruppe des Ministeriums unter der Leitung der Herren Klein und U11 und der eigentliche Verfasser dieses Entwurfs, Herr Wrede, und seine Mitarbeiter verdienen ebenso wie der Steuerreferent des Bundeswirtschaftsministeriums, Herr Fischer, der wesentliche Gedanken zu diesem Reformwerk beigetragen hat, unseren besonderen Respekt. Jetzt ist es unsere Sache, daß dieser Gesetzentwurf vom Bundestag zu einer lebendigen und — auch im Hinblick auf die europäische Steuerharmonisierung — richtungweisenden Realität gemacht wird. Bis jetzt haben wir Grund, daran zu zweifeln, daß die Koalition diese Körperschaftsteuerreform wirklich will. Es wird an SPD und FDP liegen, diese Zweifel zu beseitigen. Wir stehen auf jeden Fall zu dieser Körperschaftsteuerreform.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707704200
Meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Rapp, der sich zu Wort gemeldet hatte, hat im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit seine Wortmeldung zurückgezogen und sich damit den Dank des Hauses verdient.

(Allgemeiner Beifall.)

Ich schließe die Aussprache. Ich schlage Ihnen vor, alle drei Entwürfe an den Finanzausschuß — federführend — zu überweisen sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. Zudem wird das Steuerreformgesetz zur Mitberatung überwiesen an die Ausschüsse für Wirtschaft und für Jugend, Familie und Gesundheit, das Inflationsentlastungsgesetz an den Ausschuß für Wirtschaft. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 9 auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu-
und abwandern, und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71
— Drucksache 7/1516 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Der Gesetzentwurf wird nicht begründet. Es ist keine Aussprache vorgesehen. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Lenzer, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Hösl, Pfeffermann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Schröder (Lüneburg),
Frau Dr. Walz, Weber (Heidelberg) und der Fraktion der CDU/CSU
betr. Verbund Kernenergie und Kohle — Drucksache 7/1319 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft (federführend)

Ausschuß für Forschung und Technologie und für das Post-
und Fernmeldewesen
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Engelsberger:

Matthias Engelsberger (CSU):
Rede ID: ID0707704300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU hat am 30. November 1973 im Bundestag den Antrag Verbund Kernenergie und Kohle mit Bundestagsdrucksache 7/1319 eingebracht. Der Antrag hat zum Ziel, auf dem Gebiet der künftigen Entwicklung neuartiger Techniken der Energieerzeugung und der Energieverwendung eine Art Raumfahrtbehörde — wie die amerikanische NASA — im deutschen Energiesektor zu bilden.
Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und dem Saarland sowie interessierten Wirtschaftsverbänden und Unternehmern eine Gesellschaft „Verbundanlage Kernenergie und Kohle" zu gründen. Die Gesellschaft soll als Auftraggeber für eine großtechnische Anlage der Kohleveredlung mit Hilfe der Kernenergie auftreten. Nach dem Bau der Prototypanlage sind die Anteile der staatlichen Gesellschafter an Wirtschaftsunternehmen zu übertragen. Das primäre Ziel dieser Gesellschaft ist es, die nukleare Prozeßwärme in einem Verbundsystem zwischen dem Hochtemperaturreaktor und der Kohlevergasungsanlage einzusetzen. Die in diesem Verbund entstehenden Energieträger und Rohstoffe sollen zum Teil durch in den Verbund integrierte Unternehmen der Chemie und der Stahlerzeugung verwendet werden.
Meine Damen und Herren, in der Bundesrepublik Deutschland haben wir eine Vielzahl fähiger Forscher und Erfinder. Gerade im naturwissenschaftlich-technischen Bereich konnte die deutsche Wissenschaft und Technik bisher auf zahlreiche hervorragende Erfolge stolz sein. Auch zukünftige Probleme der Energieversorgung lassen sich lösen, wenn wir die gesamte wissenschaftlich-technische Kapazität zielgerecht einsetzen. Es geht nicht nur darum, daß Mittel bereitgestellt werden, damit verschiedene Forschergruppen sich speziellen Problemen widmen, sondern vielmehr darum, daß unter dem Aspekt der verstärkten Energieunabhängigkeit die vorhandenen Kapazitäten systematisch erfaßt und von einem einheitlichen Auftraggeber optimal eingesetzt werden. Wenn wir die Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland im Auge behalten, so ist nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand nur die Kernenergie in der Lage, die notwendigen Energiemengen, die unsere Volkswirtschaft in der Zukunft benötigen wird, bereitzustellen. Glücklicherweise haben wir in der Bundesrepublik Deutschland noch ausreichende Vorkommen von Braun- und Steinkohle. Diese Reserven sind aber zu wertvoll, um sie einfach zu verbrennen, sondern



Engelsberger
sie müssen in Zukunft immer mehr als Rohstoffquelle eingesetzt werden.
Die Bundesregierung hat ein Energieforschungsprogramm vorgelegt, das wir an verschiedenen Stellen schon ausführlich begrüßt haben. Es ist die erste Wirkung auf die Forderungen der CDU/CSU-Fraktion. Die Vorschläge, für die ein Finanzvolumen von 800 Millionen DM zur Verfügung steht, decken sich zum Teil mit Einzelmaßnahmen in den Anträgen der CDU/CSU. Ich will es mir ersparen, an dieser Stelle auf die einzelnen Initiativen meiner Fraktion einzugehen. Das hat mein Kollege Lenzer bereits in der vergangenen Woche in der Energiedebatte getan.

(Abg. Wolfram: Alles aus dem Energiekonzept der Bundesregierung abgeschrieben! Das ist doch nichts Neues!)

— Umgekehrt, Herr Kollege!
Vielfältige Forschungen sollen auf Grund des Energieprogramms vor allem im Bereich der Kohleforschung stimuliert werden. Was in diesem Energieprogramm fehlt, ist der Auftraggeber, der die notwendigen Forschungen koordiniert. Hier setzt unser Antrag ein. Durch diesen Antrag wird auf dem neuartigen Gebiet der Anwendung der nuklearen Prozeßwärme in den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft ein einheitlicher Koordinator geschaffen, um diese so lebenswichtigen Projekte mit größter Eile voranzutreiben. Was soll vor allem diese neue Gesellschaft unternehmen? Es geht primär darum, daß über die zu gründende Gesellschaft unverzüglich die Vorbereitungen für den Bau einer großtechnischen Verbundanlage in Nordrhein-Westfalen und im Saarland auf der Basis der Kernenergie und Kohle getroffen werden. In der ersten Phase sollte mit Hilfe konventioneller Techniken die Kohlevergasung in Angriff genommen werden. Der Standort dieser Anlage müßte so gewählt werden, daß später durch den Bau eines Hochtemperaturreaktors die nukleare Prozeßwärme zur Vergasung der Kohle eingesetzt werden kann.
Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Hochtemperaturreaktors sowohl zur nuklearen Prozeßwärme als auch zur Elektrizitätserzeugung lassen die Kombination dieses Reaktors mit dem Rohstoff Kohle zum Mittelpunkt eines großtechnischen Verbundsystems werden, in dem Kohle-, Stahl- und Chemie-Industrien neue Impulse erhalten. Gewiß wird die endgültige Durchführung und der Durchbruch der nuklearen Prozeßwärme erst für die Mitte der 80er Jahre erwartet, aber auch dies nur dann, wenn wir heute die entscheidenden Schritte dazu unternehmen. Da die Braunkohle mit niedrigeren Temperaturen vergast werden kann als die Steinkohle, sollte zunächst eine Prototyp-Anlage zur Braunkohlevergasung vorgesehen werden, wobei aber gleichzeitig die Arbeiten für die Steinkohlevergasung mit höchster Priorität weitergeführt werden müssen.
Die CDU/CSU legt Wert darauf, daß die wissenschaftlich-technische Kapazität der Bundesrepublik Deutschland unverzüglich in einer koordinierten Aktion zur Verminderung der Energieabhängigkeit eingesetzt wird. Uns geht es hier allein um die Sache, nicht um irgendwelche partei-politischen Überlegungen. Wichtig ist, daß wir gemeinsam versuchen, diesem Land auf dem Gebiet von Energie und Rohstoffen eine gewisse Unabhängigkeit zu gewährleisten. Warum war bisher nur der Krieg der Vater aller Dinge, warum werden nur in Kriegszeiten technische Entwicklungen mit außerordentlicher Schnelligkeit mobil gemacht? Ich glaube, in unserer Situation sollte das heute auch in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf den Energiesektor möglich sein.
Der Vorschlag der CDU/CSU hat zum Ziel, nunmehr durch staatliche Unterstützung unsere fähigen Forscher aufzurufen, an diesem großen Ziel der Verminderung der Energieabhängigkeit mitzuwirken. Deshalb ist es besonders wichtig, daß auch umgehend die Mittel für den Bau einer Demonstrationsanlage zur Erzeugung nuklearer Prozeßwärme bereitgestellt werden. Weder im Atomprogramm noch im Energieforschungsprogramm der Bundesregierung sind diese Mittel eingeplant. Da diese Programme bis 1976 bzw. 1977 laufen, ist es dringend erforderlich, daß dies nachgeholt wird.
Ich komme zum Schluß. Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, ich darf Sie bitten, im Interesse der Sache diesem Antrag der CDU/CSU zuzustimmen und nicht auf Grund parteipolitischer Überlegungen ein anderes Votum zu fällen. Ich beantrage die Überweisung dieses Antrags an den Wirtschaftsausschuß.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707704400
Das Wort hat der Abgeordnete Wolfram.

Erich Wolfram (SPD):
Rede ID: ID0707704500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die energiepolitischen Aktivitäten der CDU/CSU-Opposition zu dieser Stunde sind bemerkenswert. Sie kommen nur einige Jahre zu spät, Herr von Weizsäcker; denn Tatsache ist, verehrter Herr Kollege Engelsberger, daß an diesem Projekt seit Jahren in der Kernforschungsanstalt Jülich in Zusammenarbeit mit dem Steinkohlen- und Braunkohlenbergbau geforscht wird. Der Kern Ihres Antrags ist ja nichts anderes als die Gründung einer Gesellschaft. Das ist der dritte Schritt, und das kann nicht der erste Schritt sein.
Über die Sache kann man sprechen. Im Forschungsprogramm der Bundesregierung steht, daß die Forschung auf diesem Gebiet forciert und verstärkt wird. Es besteht gar kein Zweifel, daß es sicherlich im gemeinsamen Interesse des Hauses liegt, so schnell wie möglich Gas aus Kohle mit Hilfe des Hochtemperaturreaktors zu gewinnen, und die Bundesregierung wird sicherlich alles in ihren Kräften Stehende tun, um dieses Forschungsvorhaben zu fördern und zu beschleunigen. Ob man an den Anfang die Gründung einer Gesellschaft in der von Ihnen vorgeschlagenen Form setzt, ist nicht eine Frage der Parteipolitik, sondern eine Frage der Zweckmäßigkeit. Darüber können wir dann im Fachausschuß reden.



Wolfram
Unsere Fraktion schließt sich dem an: Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft — federführend — und zur Mitberatung an den Ausschuß für Forschung und Technologie.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707704600
Wird des weiteren das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Ich schlage vor, den Antrag an den Ausschuß für Wirtschaft — federführend — und an den Ausschuß für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen — mitberatend — zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Walz, Dr. Mikat, Pfeifer, Dr. Gölter, Vogel (Ennepetal) und der Fraktion der CDU/CSU
betr. Fernschulgesetz — Drucksache 7/1337 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Rechtsausschuß
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Das Wort zur Begründung hat Frau Abgeordnete Dr. Walz.

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0707704700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen heute vorgelegte Entschließungsantrag, nach dem die Bundesregierung aufgefordert werden soll, mit den Ländern in Verhandlungen darüber einzutreten, daß das nachfolgende Fernschulgesetz von ihnen gleichzeitig erlassen wird, hat eine leidvolle und zum Teil spannende Geschichte.
Ursprünglich — bereits im April 1973 und systematisch richtiger, weil ein solches Gesetz der Natur der Sache nach ein Stück Bildungsreform ist, das die Ländergrenzen überschreitet und alle Formen der fernunterrichtlichen Weiterbildung umfaßt — war ein ganzes Gesetzespaket geplant:
1. Änderung des Art. 75 Nr. 1 a des Grundgesetzes,
2. Rahmengesetz des Bundes zur Regelung der allgemeinen Grundsätze der Aufsicht über das Fernschulwesen,
3. Änderung von § 60 Abs. 4 des Berufsbildungsgesetzes.
Dieses Gesetzespaket, das in den Fachzeitschriften, aber auch in der Tagespresse von rechts bis links allgemein lebhafte Zustimmung fand — wobei gelegentlich nur bedauert wurde, daß es von der CDU und nicht von der Koalition eingebracht worden war —, war politisch nicht durchzusetzen, nicht nur, weil ein Land aus verfassungsrechtlichen Gründen widersprach, sondern auch, weil Bildungsminister von Dohnanyi sich rühmte, auch ohne Verfassungsänderung den Schutz des Fernschülers zu sichern, und zwar über das Abzahlungsgesetz.
Daß unser Gesetz ein noch nicht eingehaltenes Versprechen der Regierungserklärung von 1970, die Weiterbildung als vierte Säule des gesamten Bildungswesens anzusehen und zu fördern, wahrmachen sollte, sah dieser Bildungsminister überhaupt nicht, und auch die Koalitionsfraktionen Waren nicht bereit, eine Gesamtregelung durch Grundgesetzänderung zu unterstützen.
So ist es nun zu diesem Entschließungsantrag gekommen, der jedenfalls das eigentliche Fernschulgesetz noch enthält und damit die vier wesentlichen Punkte der Neuordnung des Fernunterrichts:
1. Alle Kurse sind von Amts wegen zu prüfen.
2. Das pädagogische Personal muß über die entsprechende Ausbildung verfügen.
3. Bildung ist keine Ware, die durch Vertreter angeboten werden kann.
4. Der Schüler ist vor unlauteren Praktiken der Wirtschaftshaie und der kleineren Betrüger zu schützen.
Es kann doch wohl kein Zweifel daran bestehen - weder verfassungspolitisch noch verfassungsrechtlich —, daß die vom Bund aufzunehmenden Verhandlungen weder ein Initiativrecht hinsichtlich der Ländergesetzgebung beanspruchen noch etwa ein Gesetzgebungsauftrag an die Länder sind, sondern lediglich ein Angebot nach Art. 91 b des Grundgesetzes, das die Länder natürlich auch abschlagen können. Die Länder sollen keineswegs in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt, noch soll ihnen gar ein Musterentwurf aufgedrängt werden. Wohl aber sollten Bund und Länder gemeinsam darauf hinwirken, den Fernunterricht in jeder Form zu einem glaubwürdigen Weiterbildungsangebot in der mobilen Arbeitswelt .der kommenden Jahrzehnte zu machen, zu einem Bildungsangebot, das persönlichen Aufstiegswillen ebenso berücksichtigt wie Umschulung und sinnvolle Freizeitgestaltung. Der Bund hat diese Möglichkeit nicht nur aus seiner Rolle im Gesamtgefüge unseres föderativen Systems, sondern auch ausdrücklich nach Art. 74 f und im Rahmen der Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91 b des Grundgesetzes.
Im übrigen haben Bund und Länder dieses Thema längst in der Bund-Länder-Planungskommission gemeinsam aufgegriffen, ohne daraus jedoch bisher die gesetzgeberischen Konsequenzen in ausreichendem Maße zu ziehen. Die Konsequenzen müssen für alle Bundesländer möglichst einheitlich sein, weil nur so gewährleistet ist, daß unseriöse Fernschulen nicht in die am wenigsten fordernden Länder ausweichen.

(Abg. Pfeifer: Sehr gut!)

Die Einheitlichkeit ist auch zum Schutz derjenigen Fernschulen erforderlich, die schon seit Jahren die Anforderungen unseres Gesetzes erfüllen, wie etwa die im „Arbeitskreis korrektes Fernlehrwesen" zusammengeschlossenen Institute. Noch dringender aber ist diese Einheitlichkeit für die Fernschüler selbst, in deren Interesse die Aktion Bildungsinformation mittlerweile 7000 Beschwerden bearbeitet und zahlreiche Prozesse gewonnen hat.



Frau Dr. Walz
Im Vordergrund unserer Überlegungen steht also die Absicht einer umfassenden Neugestaltung des gesamten Fernlehrwesens unseres Landes. Dabei werden als vordringliche Ziele verfolgt: Integration des gesamten Fernlehrwesens in das allgemeine Bildungswesen der Bundesrepublik, Schutz der zirka 260 000 Fernschüler vor unseriösen Methoden der Ferniehrinstitute und ihrer Vertreter, Abbau des Kompetenzkonfliktes zwischen den bisher bestehenden Institutionen zur Überwachung des Fernunterrichts, nämlich der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht der Länder der Bundesrepublik Deutschland in Köln und des Bundesinstituts für Berufsbildung in Berlin.
Dieser Konflikt wird zwar in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lattmann etc. — übrigens haben Sie die Kleine Anfrage sehr schön aus unseren Texten abgeschrieben, Herr Kollege; aber dies nur nebenbei —,

(Abg. Dr. Freiherr von Weizsäcker: Lobenswert!)

heruntergespielt, hat aber zu steigenden Spannungen geführt, die sich etwa durch folgendes Beispiel belegen lassen. Beide Institutionen vergeben Gütesiegel nach ähnlichen Richtlinien. Beim BBF, also dem Bundesinstitut, kann man sie aber kostenlos — der Bund zahlt ja — und wesentlich großzügiger gehandhabt erwerben. Die Zentralstelle der Länder zieht das Gütesiegel bei Nichterfüllung der Auflagen zurück. Das Berliner Institut läßt sich selbst dann Zeit, wenn ein sehr großes Fernschulinstitut wegen unlauteren Wettbewerbs schon zu 10 000 DM Geldstrafen verurteilt ist und weitere einstweilige Verfügungen wegen des Einsatzes von Vertretern durch Gerichte ausgesprochen worden sind. Der Schutz des Fernschülers ist bei dieser Lage nicht gewährleistet — entgegen der Antwort der Bundesregierung in der Kleinen Anfrage.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Die Verwirklichung dieser gegenüber dem Entwurf vom April bezüglich der Rahmenkompetenz zwar modifizierten, jedoch an einigen Stellen noch präziser formulierten gesetzlichen Bestimmungen für die Ordnung des Fernlehrwesens könnte den entscheidenden Fortschritt für die dringend erforderliche gesetzliche Regelung dieses erst am Beginn seiner Entwicklung stehenden Bildungssektors bedeuten: Alle Fernlehrgänge und alle Medien und Materialien des Fernunterrichts, schriftliches Lehrmaterial, Tonträger, Ton-Bild-Träger, Kassettenfernsehen, fallen dann unter die Bestimmung eines Gesetzes. Alle Fernlehrinstitute werden ohne Unterscheidung ihres staatlichen, öffentlich-rechtlichen oder privaten Charakters von diesen Regelungen betroffen. Alle Fernlehrgänge haben sich den gleichlautenden Auflagen zu fügen. Alle Fernlehrgänge werden weiter von einer einzigen staatlichen Stelle, der Zentralstelle der Länder für den Fernunterricht, die mit der Überprüfung und Beaufsichtigung des gesamten Fernlehrwesens beauftragt ist, begutachtet, ebenso diese Institute selbst. Alle Fernlehrinstitutionen werden auf die Qualität ihres pädagogischen Personals hin überprüft; das ist außerordentlich wichtig. Alle Fernlehrveranstaltungen werden vor dem kommerziellen Mißbrauch durch das Vertreterverbot, das in diesem Gesetz vorgesehen ist, und durch die Kündbarkeit des Fernlehrgangs durch den Fernschüler besonders geschützt und nicht nur in einem Abzahlungsgeschäft. Ein Studienvertrag darf nicht mehr mit einem Finanzierungsvertrag gekoppelt werden; auch das ist sehr wichtig.
Darüber hinaus werden sich die Bestimmungen dieser Gesetzesinitiative in die bereits geltenden gesetzlichen Regelungen auf europäischer Ebene, etwa in Frankreich und den Niederlanden, sinnvoll eingliedern und den Empfehlungen des Europarats entsprechen. Dennoch gewährleistet dieser Gesetzentwurf auch weiterhin, daß alle Träger von Fernlehrveranstaltungen, auch die privaten, über einen ausreichend großen Spielraum verfügen, um neue Unterrichtskonzeptionen und neue Lehrgänge entwickeln und erproben zu können.
Hier bei uns hat das Fernschulwesen noch nicht wie etwa in Schweden und den Niederlanden jenen Stellenwert, den es als ortsunabhängige und zeitlich sehr flexible Unterrichtsform der weiterführenden Bildung für Erwachsene haben könnte. Im Verbund mit Rundfunk, Fernsehen und anderen Medien und möglicherweise als ergänzende Unterrichtsmaßnahme des für die Zukunft angestrebten Bildungsurlaubs könnte der Fernunterricht so einen Beitrag dafür leisten, daß Bildung und Weiterbildung kontinuierlich und für jeden stets zugänglich nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gefördert werden können.
Auf Grund dieser grundsätzlichen bildungspolitischen Überlegungen und wegen der dringend erforderlichen gesetzlichen Regelungen zur Ordnung des deutschen Fernlehrwesens ist zu hoffen, daß unser Antrag mit dem dazugehörigen Gesetzentwurf um der Sache willen quer durch alle Parteien eine breite Zustimmung findet. Die Verhandlungen im Deutschen Bundestag und auch in den Fachausschüssen hinterher werden zeigen, wie ernst es der Koalition mit der sachgerechten und vorausschauenden Lösung schwieriger und komplexer Probleme im Bereich des Bildungswesens ist. Dieser unser Antrag könnte zu einem Testfall dafür werden, ob es gelingt, Teile der versprochenen Reformen auf dem Bildungssektor auch mit Hilfe der Opposition zu verwirklichen.

(Beifall.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707704800
Das Wort hat Herr Abgeordneter Lattmann.

Dieter Lattmann (SPD):
Rede ID: ID0707704900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war vorauszusehen, daß zur Einbringung des Fernschulgesetzes hier um diese Zeit ein politisches Trio vor einer Gruppe von Hinterbliebenen oder Gebliebenen gesungen werden würde. Ich bedanke mich bei denen, die noch zuhören. Ich bin der Auffassung, daß es die Sorgfalt, mit der Frau Kollegin Walz dieses Gesetz über Monate hinweg vorbereitet hat, erfordert, daß auch die Fraktion der SPD hierzu ein paar Sachpunkte vorträgt. Ich bitte um Verständnis dafür und um einige



Lattmann
Minuten Geduld; denn wir haben — es läge nahe, sich das einmal zu überlegen — noch nicht die Möglichkeit, die Beratung eines Fernschulgesetzes in einer Ferndebatte stattfinden zu lassen.

(Heiterkeit. — Abg. Wehner: Das braucht nur mal untersucht zu werden! Dann wird dieses wahnsinnige Laster auch noch kommen!)

Erstens. Die Fraktion der SPD begrüßt diese gesetzgeberische Initiative. Wir meinen das Trio, das hier anzustimmen ist, muß keinesfalls dissonant sein. Allerdings gibt es einige deutliche Unterscheidungen in den Tönen. Ich möchte kurz sagen, wo Gemeinsamkeiten und wo verschiedene Auffassungen liegen. Gemeinsamkeiten gibt es zweifellos im Bereich der Kontrolle, der Anzeige- und Genehmigungspflicht, der Richtlinien für die Mindestinhalte, des Vertreterverbots und des Kündigungsrechts.
Zweitens. Wir sehen wohl gemeinsam, daß all das was wir hier besprechen, nicht nur eine Gruppe von 260 000 oder 300 000 Teilnehmern an laufenden Fernlehrgängen betrifft, sondern daß in Zukunft eine Erweiterung auf den Berufsbildungs- und -fortbildungsbereich insgesamt erfolgen wird, daß hier das Recht der Wirtschaft wesentlich tangiert wird und daß es in den nächsten Jahren um mehrere Millionen junger und auch älterer Menschen geht, die von einem solchen Gesetz berührt werden. Darin liegt die politische Bedeutung.
Wie immer, so ist auch bei dieser Gesetzgebung — das ist mein dritter Punkt — ein Gutachten im Spiel. Dieses Gutachten zeugt von einer verhältnismäßig einseitigen Auffassung. Es ist auch im Gesetzestext zitiert. Es beruft sich auf Art. 30 und 70 des Grundgesetzes und sieht den ganzen Bereich nach unserer Auffassung allzu pauschal im Gefolge der Kulturhoheit der Bundesländer. Deswegen möchte ich — viertens — folgende These aufstellen: Das Land ist nahe, der Bund ist fern, aber manchmal liegt auch das Ferne näher.
Ich möchte Sie daran erinnern, daß in der ersten Fassung Ihres Gesetzentwurfs, Frau Kollegin Walz, noch eine grundgesetzliche Klippe artikuliert war, über die hier gesprochen werden muß; denn das vorliegende Gesetz scheint in mancher Hinsicht ein Bundesgesetz zu sein, hinter dem sich ein Bundesfernschulrahmengesetz mit grundgesetzändernder Wirkung verbirgt. In diesem Punkt kann ihm die Fraktion der SPD — jedenfalls in dieser Situation, bei der ersten Beratung — keinesfalls zustimmen. Zu vielen inhaltlichen Sachpunkten sagen wir Ihnen unsere kritische Mitarbeit in den zuständigen Ausschüssen, vor allen Dingen im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft, zu.
Wir glauben aber doch, daß die Frage der Kompetenz einer sehr, sehr gründlichen grundgesetzrechtlichen Abwägung bedarf. Wie Sie wissen, ist nach Art. 74 Nr. 11 des Grundgesetzes — Recht der Wirtschaft — eine erhebliche Kompetenz des Bundes gegeben. Hier liegt der kritische Punkt. Lassen Sie mich das ganz kurz durch ein Beispiel aufzeigen.
Ein Bürger unserer Republik wohnt in Rosenheim und bezieht einen beruflichen Fernkurs, der nicht mit irgendeinem gängigen Schulbereich zu tun hat, aus Hamburg. Was soll ihm dann die Zuständigkeit eines Kultusministeriums nützen? Welches Ministerium soll überhaupt zuständig sein? Bitte, sehen Sie auch, daß die Anwendung dessen, was wir hier machen werden, überwiegend im Bereich jener Berufsbildung liegt, die nicht das Schulische und nicht die Universität tangiert, also mehr im Recht der Wirtschaft.
Hier müssen wir auch sehen, daß wir bei der Entwicklung auf Europa hin bei all den vor uns stehenden Vereinbarungen über die Berufsausbildung im Rahmen von EG-Vereinbarungen, nicht nur ausschließlich die Bundesländer in den Blick fassen können. Hier erscheint tatsächlich eine Bundeskompetenz über das Recht der Wirtschaft sehr wichtig. Hier dürfte im Interesse der Betroffenen, im Interesse der Bevölkerung nichts geschmälert werden. Aber dies ist kein Gegenstand für politische Polemik, sondern für eine sehr sachliche Debatte. Noch in Ihrem Vorentwurf, Frau Kollegin, war ja eine Ergänzung des Art. 75 Nr. 1 a des Grundgesetzes vorgesehen. Dies war zumindest auch problematisch.
Ich will nicht noch einmal auf die Kleine Anfrage eingehen, die Sie schon erwähnt haben, aber abschließend sagen, daß die gesetzliche Regelung des Fernlehrwesens in der Bundesrepublik auch nach Auffassung unserer Fraktion dringend erforderlich ist. Allerdings bitten wir Sie, zu sehen, daß es sich hier um ein politisches Gebiet handelt, auf dem die Bundesregierung bereits sehr aktiv ist. Im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft arbeitet man intensiv an der Neufassung des Berufsbildungsgesetzes und wir sind dabei, uns von seiten des Parlaments daran zu beteiligen, gerade hinsichtlich des Abschnittes des Fernlehrwesens in der Bundesrepublik, den wir dort — bezogen auf Art. 74 Nr. 11 des Grundgesetzes, Recht der Wirtschaft — als Bundeskompetenz unterbringen wollen.
Geben Sie dieser Initiative der Bundesregierung deswegen also den nötigen Raum! Wir haben gesehen, daß es gestern im Kontaktausschuß zwischen Bund und Ländern über die Zuständigkeit von ZFU und BBF in Berlin nicht zu einer Vereinbarung gekommen ist. Wir sehen als die Schwierigkeiten. Wir müssen sie völlig realistisch in den Blick fassen. Aber es wäre nicht gut, wenn zu diesem Zeitpunkt, wenn in den allernächsten Monaten die Neufassung des Bildungsgesetzes auf den Tisch kommt und wir dort die Dinge regeln können, eine Bund-LänderKontaktstelle Fakten schaffte, die dann vielleicht eine durchgreifendere Gesetzgebung beeinträchtigen würde.
Abschließend folgendes. Was nottut — und hier, Frau Kollegin und meine Damen und Herren von der Opposition, liegt unsere Gemeinsamkeit —, ist das Ende der Freibeuterei auf Gebieten des Fernlehrwesens.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Aber das darf nicht auf Kosten einer Bundeskompetenz geschehen, die nach unserer Auffassung doch



Lattmann
mehr gegeben ist, als Ihr Gesetzentwurf sie beinhaltet.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707705000
Das Wort hat Frau Abgeordnete Schuchardt.

Helga Schuchardt (FDP):
Rede ID: ID0707705100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man sollte zu Anfang doch einmal mitteilen, worüber wir jetzt eigentlich beraten. Wir beraten über einen Ersuchensantrag der Opposition an die Bundesregierung, mit den Ländern in Verhandlungen einzutreten, damit diese die entsprechenden Gesetze verabschieden.
Nun kann man das gleiche natürlich auch für Schulgesetze und für alle möglichen anderen Gesetze einführen, für die der Bund leider nicht die Kompetenzen hat. Ich meine, insoweit sind eigentlich beide Beiträge, sowohl der Ihre, Frau Dr. Walz, als auch der von Herrn Lattmann, etwas zu stark ausgefallen — so möchte ich einmal sagen — im Hinblick auf das, was hier inhaltlich eigentlich bewirkt werden kann. Ich bedaure das; denn ich stimme Ihnen in den inhaltlichen Fragen zu.
Sie haben bereits selbst darauf hingewiesen, daß sich der eigentlich im letzten Jahr geplante Vorstoß, nämlich dem Bund wenigstens die Rahmenkompetenz über die Aufsicht des Fernunterrichts zu geben, nicht durchgesetzt hat. Nun können Sie natürlich gut sagen, daß das u. a. auch am Bundesminister für Bildung und Wissenschaft liegt. Ich will das gar nicht leugnen. Aber zunächst einmal handelt es sich hier um einen Antrag Ihrer Fraktion. Das ist ein Beweis dafür, daß Sie sich in Ihrer eigenen Fraktion offenbar nicht haben durchsetzen können. Das bedaure ich sehr.
Gerade für den Bereich des Fernunterrichts ist eine bundeseinheitliche Regelung ganz besonders erforderlich. Dieses Thema hat aber nicht nur einen rein verbrauchspolitischen, sondern eben auch einen bildungspolitischen Aspekt. Wenn auch ein paar Mal das Wort Bildungspolitik gefallen ist, so muß ich doch sagen, daß dieser Entwurf, so wie er vorgelegt ist, im Grunde genommen ein rein verbraucherpolitischer Gesetzentwurf ist.

(Abg. Frau Dr. Walz: Haben Sie ihn gelesen, Frau Kollegin?)

Er betrifft z. B. nicht die Einordnung des Fernunterrichts in den gesamten Weiterbildungsbereich, die ja sehr wichtig wäre, um den Fernunterricht sehr viel wirksamer zu machen. Ich denke hier besonders an die Herstellung des Kontakts zwischen Lehrern und Studierenden.
Ich glaube, man sollte an dieser Stelle ruhig darauf hinweisen, daß es mit dem Fernunterricht in der Bundesrepublik noch schlechter bestellt wäre, wenn es nicht Privatinitiativen von Pädagogen, Unternehmern und verschiedenen Verbänden gegeben hätte. Denn die staatlichen Initiativen in diesem Bereich sind bisher vollkommen in Kompetenzstreitigkeiten erstickt. Deshalb ist es wichtig, hier verbraucherpolitisch tätig zu werden. Wir haben die bundesgesetzlichen Möglichkeiten, um die Privatinitiativen, die einmal entstanden sind, nicht durch üble Geschäftspraktiken überschatten zu lassen.
Bereits heute ist ja Kontrolle möglich, allerdings auf Wunsch der Fernlehrinstitute. Es ist nicht schwer zu erraten, daß natürlich nur ein solcher Lehrgang auf Wunsch kontrolliert wird, der auch tatsächlich Aussicht auf Erfolg hat. Das ist ein vergleichsweise geringer Teil der Lehrgänge; der größte Teil ist völlig unkontrolliert. Auch hier gibt es wieder eine geradezu erschreckende Kompetenzstreitigkeit zwischen zwei Institutionen: dem Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung und der Staatlichen Zentralstelle der Länder für Fernunterricht.
Man kann sich nicht einmal darüber einigen, wer welchen Lehrgang kontrollieren darf. Der eine — nämlich die Bundesstelle — behauptet: Wir dürfen alles kontrollieren, was berufsbildenden Inhalt hat. Und die Zentralstelle der Länder meint, das gehe nicht, denn sie überall dort zuständig, wo staatliche Prüfungen angestrebt würden. Hier zeigt sich, daß sich auch ein Großteil der Politiker und eben leider auch die beiden großen Parteien offenbar nicht zu dem endlich notwendigen Schritt zugunsten der Betroffenen entschließen können, nämlich zur Verlagerung der Kompetenzen auf den Bund.
Die verbraucherpolitischen Ansätze in Ihren Vorstellungen Frau Dr. Walz, sind zu begrüßen, die Anzeigepflicht und der Genehmigungszwang für Fernlehrgänge sind unbedingt erforderlich, und ,die Bedingungen, die an das Angebot und vor allem an den Vertragsabschluß gestellt werden, müssen selbstverständlich geregelt werden. Das sind aber primär verbraucherpolitische und nicht bildungspolitische Fragen.
Die Verzahnung mit dem Weiterbildungssystem haben Sie überhaupt nicht angesprochen. Insofern ist der Anspruch, das sei ein Bildungsgesetz, wohl ein bißchen zu hoch.
Wir sollten die Bundesregierung auffordern — das sollten wir auch im Ausschuß eingehend beraten —, zu versuchen, die verbraucherpolitischen Fragen durch Bundesgesetz zu regeln. Hier sollte nicht erst der Umweg über die Aufforderung an die Länder gegangen werden, das zu tun. Darüber hinaus sollten wir den Bund beauftragen, im Zusammenhang mit der Reform zur beruflichen Bildung gemeinsam mit den Ländern nach bildungspolitischen Lösungen zu suchen, um die Verzahnung von Fernunterricht und Weiterbildungseinrichtungen tatsächlich zu verbessern.
Zum Schluß möchte ich nur hinzufügen: Meine Partei wird nicht müde werden, die Bundeskompetenz für diesen Bereich zu fordern. Ich hoffe, daß es uns gelingen wird, Sie bei den Ausschußberatungen nach und nach alle davon zu überzeugen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707705200
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich schlage Ihnen vor, den Antrag an den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft — federführend —, an



Vizepräsident Dr. Jaeger
den Rechtsausschuß und an den Ausschuß für Arbeit
und Sozialordnung — mitberatend zu überweisen.
— Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof), Dreyer, Bremer, Seiters, Eigen, Sick, Dr. Ritz, Schröder (Lüneburg), Lagershausen, Ey, Möller (Lübeck), Dr. Müller-Hermann und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Sturmflutschäden an der deutschen Nordseeküste
Drucksache 7/1536 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Haushaltsausschuß (federführend)

Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Haushaltsausschuß — federführend — und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — mitberatend — vor. — Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuß) zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Aus- und Fortbildung der Unteroffiziere
— Drucksachen 7/1095, 7/1397 — Berichterstatter: Abgeordneter Horn
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Horn, für seinen schriftlichen Bericht und erteile ihm das Wort zu einer mündlichen Ergänzung.

Erwin Horn (SPD):
Rede ID: ID0707705300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde Ihre Zeit nicht mehr strapazieren; ich werde nur noch vier Sätze sagen. In unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bericht über die Aus-
und Fortbildung der Unteroffiziere steht noch ein einstimmig gefaßter Entschließungsantrag des Verteidigungsausschusses an den Innenausschuß und an den Haushaltsausschuß, den ich Ihnen hiermit zur Kenntnis geben möchte:
In Ergänzung der Konzeption zur Aus- und Fortbildung der Unteroffiziere wird ein neuer Spitzendienstgrad für Unteroffiziere gefordert, der ohne Prüfung nach entsprechender Zeit und Bewährung erreicht werden kann. Der Dienstgrad ist für diejenigen Hauptfeldwebel vorgesehen, die im Rahmen der Verzahnung in die Besoldungsgruppe A 9 eingewiesen wurden. Dieser Anteil muß erhöht werden.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0707705400
Über diesen Antrag braucht das Haus ja nicht abzustimmen; wir
haben ihn zur Kenntnis genommen. Ich danke Ihnen.
Wird das Wort in der Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Es ist also Beschluß zu fassen über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache 7/1397 unter B. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe die Punkte 14 und 15 auf:
14. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Brot
— Drucksachen 7/136, 7/1514 — Berichterstatter: Abgeordneter Egert
15. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit (13. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie (EWG) des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Extrakte aus Kaffee, Tee und aus Kaffee- und Teemitteln einschließlich Zichorie sowie die Mischungen auf der Grundlage dieser Extrakte
— Drucksachen 7/474, 7/1534 —
Berichterstatter: Abgeordneter Jaunich
Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Wird das Wort zur Aussprache verlangt? — Auch das ist nicht der Fall.
Ist das Haus damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber über die beiden Tagesordnungspunkte gemeinsam abstimmen? — Ich höre keinen Widerspruch.
Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf den Drucksachen 7/1514 und 7/1534. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? -- Keine Enthaltungen. Es ist einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir stehen nun endlich am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 13. Februar 1974, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.