Protokoll:
7055

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 55

  • date_rangeDatum: 5. Oktober 1973

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:15 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 55. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Inhalt: Überweisung des Unfallverhütungsberichts an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung 3141 A Amtliche Mitteilungen 3141 A Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV) (Drucksache 7/1008) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV) (Bundesrat) (Drucksache 7/1009) — Erste Beratung — Arendt, Bundesminister (BMA) . 3141 D Geisenhofer (CDU/CSU) 3144 A Glombig (SPD) 3148 B Dr. Jaeger, Vizepräsident 3149 D, 3157 B, 3160 C Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 3153 B Maucher (CDU/CSU) 3157 B Dr. Nölling (SPD) 3162 A Wehner (SPD) 3165 B Katzer (CDU/CSU) 3167 A Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung von Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Leistungsverbesserungsgesetz) (SPD, FDP) (Drucksache 7/377) ; Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache 7/1053), Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache 7/1039) Zweite und dritte Beratung in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Hauspflege und der Familienhilfe im Rahmen der Reichsversicherungsordnung (Abg. Rollmann, Frau Stommel, Frau Schroeder [Detmold], Dr. Götz, Burger, Geisenhofer und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache 7/464); Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (Drucksache 7/1039) — Zweite Beratung — Geiger (SPD) 3168 D Frau Schlei (SPD) . . . . . . 3169 A Müller (Remscheid) (CDU/CSU) . 3170 B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 3171 C Arendt, Bundesminister (BMA) . 3172 A II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Fragestunde (Drucksache 7 1044) Frage A 93 des Abg. Josten (CDU/CSU): Stand des Baues der linksrheinischen Autobahn Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) . . 3172 D, 3173 A, B Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 3173 A Fragen A 98 und 99 des Abg. Blank (SPD) : Ausbau des Flughafens Köln-Wahn Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) . 3173 C, D, 3174 A Blank (SPD) 3173 C, 3174 A Frage A 101 der Abg. Frau Verhülsdonk (CDU/CSU) : Verbilligte Bahnfahrten für alleinstehende Rentner Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) . . 3174 B, C, D, 3175A Frau Verhülsdonk (CDU/CSU) . . . 3174 C Gerster (Mainz) (CDU/CSU) . . . 3174 D Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . . . 3175 A Frage A 48 des Abg. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) : Unterbieten der Frachttarife durch staatliche Fuhrunternehmen aus Ostblockstaaten bei Transporten durch Deutschland im Verkehr zwischen Drittländern Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) . . 3175 B, C, D Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) 3175 C Dr. Hupka (CDU/CSU) 3175 D Fragen A 132 und 133 des Abg. Zywietz (FDP) : Folgerungen aus dem gewaltsamen Sturz Allendes für die diplomatischen Beziehungen mit Chile und die Entwicklungshilfe an Chile Moersch, Parl. Staatssekretär (AA) 3176 A, B, D Zywietz (FDP) 3176 C Frage A 134 des Abg. Dr. Schwenke (SPD) : Einstellung der Entwicklungshilfeleistungen an Chile nach dem Militärputsch Moersch, Parl. Staatssekretär (AA) 3176 D, 3177 A, B, C, D Dr. Schwenke (SPD) . . 3176 D, 3177 B Dr. Hirsch (FDP) . . . . . . . . 3177 B Gansel (SPD) 3177 C Frau Renger, Präsident . . . . 3l77 D Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) 3177 D Frage A 142 des Abg. Dr. Hupka (CDU/ CSU) : Polnische Bezeichnung der Geburtsorte deutscher Besucher in Visaanträgen Moersch, Parl. Staatssekretär (AA) 3178 B, C, D Dr. Hupka (CDU/CSU) . . . , 3178 B, C Dr. Czaja (CDU/CSU) 3178 D Frage A 3 des Abg. Milz (CDU/CSU): Staatsangehörigkeit der deutschen Bewohner der Oder-Neiße-Gebiete Genscher, Bundesminister (BMI) . . 3179 A, B, C Milz (CDU/CSU) 3179 A, B Dr. Czaja (CDU/CSU) 3179 B Frage A 5 des Abg. Dr. Vohrer (FDP) : Verwirklichung des Verursachungsprinzips im Umweltschutzbereich für Autowracks, Reifen, Verpackungsmaterial, Einwegflaschen usw. Genscher, Bundesminister (BMI) . . 3179 D, 3180 B Dr. Vohrer (FDP) 3180 B Frage A 6 des Abg. Dr. Vohrer (FDP) : Maßnahmen zur Förderung des Recycling von Rohstoffen Genscher, Bundesminister (BMI) 3180 C, D, 3181 A Dr. Vohrer (FDP) 3180 D Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) 3181 A Konrad (SPD) . . . . . . . . . 3181 A Fragen A 13 und 14 des Abg. Dr. Gruhl (CDU/CSU) : Vorlage der Rechtsverordnungen zum Abfallbeseitigungsgesetz und Behinderung der Bundesländer bei der Durchführung dieses Gesetzes durch das Fehlen der Rechtsverordnungen Genscher, Bundesminister (BMI) . . 3181 B, 3182 A, B, C, D, 3183 A, B, C Dr. Gruhl (CDU/CSU) 3181 D, 3182 A, B, C Gerster (Mainz) (CDU/CSU) . . . 3182 C Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 3182 D, 3183 A Pfeffermann (CDU/CSU) . . . 3183 A, C Frage A 17 des Abg. Konrad (SPD) : Maßnahmen zur Verringerung des Anfalls von Sonderabfällen durch Wiederverwendung, Weiterverwertung oder Aufbereitung Genscher, Bundesminister (BMI) . . 3183 D, 3184 B, C Konrad (SPD) . . . . . . . . 3184 B Ey (CDU/CSU) 3184 C Frage A 18 des Abg. Konrad (SPD) : Änderungen und Ergänzungen des Wasserhaushaltsgesetzes zur Sicherstellung des Schutzes der Gewässer vor Verunreinigung durch Gifte und wassergefährdende Stoffe Genscher, Bundesminister (BMI) . . 3184 C, 3185 A Konrad (SPD) 3184 D, 3185 A Ey (CDU. CSU) . . . . . . . 3185 A Frage A 19 des Abg. Ey (CDU CSU) : Zentralisierung der Giftmülldeponie Genscher, Bundesminister (BMI) 3185 B, C, D Ey (CDU/CSU) 3185 C, D Konrad (SPD) 3185 D Frage A 20 des Abg. Haase (Fürth) (SPD) : Frühere Zugehörigkeit des Leiters der Vorprüfung im Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zur Waffen-SS Genscher, Bundesminister (BMI) . 3186 A, C Haase (Fürth) (SPD) . . . . 3186 B, C Frage A 110 des Abg. Pfeffermann (CDU/CSU) : Menschliche Erleichterungen für sog. Geheimnisträger in der DDR Herold, Parl. Staatssekretär (BMB) 3186 D, 3187 C Pfeffermann (CDU/CSU) . . . 3187 B, C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 3187 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 3189* A Anlage 2 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Fragen A I und 2 — Drucksache 7 1044 — des Abg. Sieglerschmidt (SPD) : Konferenz des Komitees für die Unterstützung des Palästina-Befreiungskampfes in der Bundesrepublik im Oktober in Bonn ...3189* D Anlage 3 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage A 4 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Spranger (CDU/CSU) : Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz betr. die Verfassungsfeindlichkeit und die Einstellung von DKP-Mitgliedern als Beamte in den öffentlichen Dienst . . . . . . . . . 3190* A Anlage 4 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage A 7 — Drucksache 7/1044 des Abg. Dr. Dollinger (CDU/CSU) : Berücksichtigung der mit Dieselkraftstoff betriebenen Kraftfahrzeuge bei der Begünstigung umweltfreundlicherer Fahrzeuge 3190* C Anlage 5 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage A 8 — Drucksache 7/1044 — des Abg Freiherr von Fircks (CDU/CSU): Weiterbeschäftigung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres . . 3190* D Anlage 6 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage A 11 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Hansen (SPD) : Schaffung eines Straftatbestandes „Verbrechen und Vergehen gegen die Umwelt" im Strafgesetzbuch ... 3191* B Anlage 7 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage A 12 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Flämig (SPD) : Schaffung bundeseinheitlicher strenger Kontrollvorschriften über die Beseitigung von Giftmüll ... 3191* D Anlage 8 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Fragen A 15 und 16 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Liedtke (SPD) : Regelung der schadlosen Beseitigung von Sonderabfällen und Koordinierung für das gesamte Bundesgebiet 3192* C I V Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Anlage 9 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage A 21 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Pawelczyk (SPD) : Aufwendungen des Bundes für die innere Sicherheit im Jahre 1973 ... 3193* B Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 47 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) : Schutz des Transportgewerbes vor dem unlauteren Wettbewerb von staatlichen „DDR"-Lastzügen ... 3194* A Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 88 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Geldner (FDP) : Anteil deutscher Unternehmer am deutschniederländischen Güterkraftverkehr . . 3194* A Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 89 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Milz (CDU/CSU) : Straßenbaumittel für die schwach strukturierten und ländlichen Gebiete . . . 3194* C Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 90 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Lemmrich (CDU/CSU) : Zahl der beamteten Fluglotsen . . . . 3194* D Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen A 91 und 92 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) : Kosten für den Rangier- und Containerbahnhof München bei Änderung der Standortwahl . . . . . . . . . 3195 * A Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 94 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU): Verringerung der Gefahr von Auffahrunfällen auf Bundesautobahnen durch Beleuchtungsmechanismen an den Leitpfählen 3195* B Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 95 — Drucksache 7/1044 — des Abg Hösl (CDU/CSU) : Behinderung des Flugverkehrs zwischen Berlin und dem übrigen Bundesgebiet durch widerrechtliche Arbeitsverweigerungen von Fluglotsen . . . . . . . 3195* C Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen A 96 und 97 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU): Gutachten über die Streckenführung der Bundesbahn im Raum Hannover—Elze—Göttingen—Kassel ... 3195* D Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 100 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) : Disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen Fluglotsen in Hannover 3196* A Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 102 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Beteiligung der verschiedenen Altersgruppen an Verkehrsunfällen . . . . 3196* C Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen A 103 und 104 — Drucksache 7/1044 — der Abg. Frau Schleicher (CDU/CSU) : Auswirkungen der widerrechtlichen Arbeitsverweigerung der Fluglotsen des Luftkontrollraums Hannover am 24. September 1973 . . . 3196* D Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Fragen A 108 und 109 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Kunz (Berlin) (CDU/CSU) : Einsatz dressierter Schäferhunde im Todesstreifen an der Demarkationslinie zur DDR ... 3197* B Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 111 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Hösl (CDU/CSU) : Beschlagnahme der Broschüre „Reisen in die DDR" durch „DDR"-Grenzkontrolleure ... 3197* C Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 112 — Drucksache Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 V 7/1044 — des Abg Roser (CDU/CSU) : Verweigerung medizinischer Versorgung für eine 60jährige Frau vor ihrem Umzug aus der DDR nach Bayern . . . . 3197* D Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 113 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) : Förderung wissenschaftlicher Institute, die ostdeutsche Arbeiten durchführen ... 3198* A Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Fragen A 114 und 115 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Nordlohne (CDU/CSU) : Verweigerung des Einreisevisums für Fußballbundestrainer Helmut Schön durch die DDR-Behörden 3198* B Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Frage A 116 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) : Regelung der Anlaufrechte für mit Kernenergie betriebene Containerschiffe ... 3198* C Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Fragen A 119 und 120 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Gansel (SPD) : Übernahme von Kosten für Aussichtsplattformen auf Fernsehtürmen durch die Deutsche Bundespost . . . . 3199* A Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 129 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Zimmermann (CDU/CSU) : Einrichtung eines europäischen Büros der afrikanischen Organisation Frelimo in Bonn . . . . . . . 3199* B Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 135 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Franz (CDU/CSU) : Beschlagnahme deutscher Erdölförderrechte durch die libysche Regierung . . 3199* C Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 136 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Zahl der deutschstämmigen politischen Flüchtlinge aus Chile während der Amtszeit Allendes 3199* D Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Fragen A 137 und 138 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Kater (SPD) : Besucherverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen . . . . . . . . 3200* A Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 140 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Gierenstein (CDU/ CSU) : Äußerungen des ungarischen Außenministers über die Europapolitik der Bundesregierung 3200* B Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 141 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) : Position der Bundesregierung in der Berlin-Frage 3200* C Anlage 34 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Fragen B 1 und 2 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Franz (CDU/ CSU) : Auflösung der Technischen Abteilung des Bundesgrenzschutzes . . . 3200* D Anlage 35 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 3 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Wende (SPD) : Reduzierung des Schwefelgehalts von Heizölen 3201* B Anlage 36 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 4 — Drucksache 7/1044 — des Abg Stahl (Kempen) (SPD) : Anschaffung von mechanischen Stimmzählgeräten für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen durch Städte und Gemeinden ... 3202* A Anlage 37 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 5 — Drucksache VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 7/1044 — des Abg. Flämig (SPD) : Meldungen über Telefonabhörungen in Stadt- und Landkreis Hanau durch US-Streitkräfte 3202* D Anlage 38 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 6 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) : Besoldung des beamteten Pflegepersonals in Nervenkrankenhäusern entsprechend den Funktionen . . . 3203* C Anlage 39 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 7 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) : Entscheidung über den Bau von Kernkraftwerken in Stadtnähe, bei oder in Industriebetrieben . . . . . 3204* A Anlage 40 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Frage B 8 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Hansen (SPD) : Behauptung über die frühere SS-Zugehörigkeit des Leiters der Vorprüfungsstelle des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge . . . . . . 3204* C Anlage 41 Antwort des Bundesministers Genscher (BMI) auf die Fragen B 9 und 10 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Wohlrabe (CDU/CSU) : Förderung der Filmfestspiele in Berlin in den Jahren 1968 bis 1974 . . 3204* D Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bayerl (BMJ) auf die Fragen B 11 und 12 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Umgehung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung und Wirkungslosigkeit des § 5 dieses Gesetzes 3205* D Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Bayerl (BMJ) auf die Frage B 13 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Schäuble (CDU CSU) : Auswirkungen des § 19 der Kostenordnung bei Berechnung der Notariatskosten bei Abschluß von Übergabeverträgen und maßgeblicher Wert für die Kostenberechnung . . . . . . . . . 3207 * A Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner (BMF) auf die Frage B 14 -- Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Beermann (SPD) : Ermäßigung oder Wegfall der Investitionssteuer bei Betrieben im Zonenrandgebiet . . . . . . . . . . . 3207* B Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Fragen B 15 und 16 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU): Zusammensetzung des Versichertenbeirats beim Bundesversicherungsaufsichtsamt und Anhörung bei der letzten Heraufsetzung der Prämien für die Kfz-Haftpflichtversicherung 3207* D Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage B 17 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) : Gründe für die Verschlechterung der Ausbeutesätze für die Abfindungsbrennereien und Stoffbesitzer für das Betriebsjahr 1973/1974 mit der Wirkung einer Steuererhöhung . . . . . . . 3208* B Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Fragen B 18 und 19 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) : Rationalisierungsschutzabkommen zugunsten der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften und Angleichung an die Tarifpolitik und das Arbeitsrecht im deutschen öffentlichen Dienst . . . . . . . . 3209* A Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage B 20 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) : Kündigung von Darlehen durch die Hypothekenbanken zum Zwecke der Zinserhöhung 3210* A Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Fragen B 21 und 22 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Immer (SPD) : Anwendung des § 34 c der Gewerbeordnung und Ausdehnung auf bestehende Firmen bzw. Firmengruppen . . 3210* B Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage B 23 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Eigen (CDU/CSU): Benachteiligung der deutschen Gartenbaubetriebe gegenüber den niederländischen Gartenbaubetrieben durch Verteuerung des Heizöls . . . . . . . 3211* A Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMWi) auf die Frage B 24 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Franz (CDU/CSU): Zinssubventionen für den Wirtschaftsaustausch mit den Ländern des Ostblocks . . 3211* C Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 25 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) : Beeinträchtigung der Fanggründe im Wattenmeer durch Fangtechnik des Muschelfangschiffes „Bernadette" an der ostfriesischen Küste 3211 * D Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Fragen B 26 und 27 — Drucksache 7/1044 des Abg. Dr. Früh (CDU/CSU) : Höhe der Steigerungsraten der Erzeugerpreise für Milch in den Niederlanden und in Frankreich — Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 92 und 93 des EWG-Vertrages — Vergleich der Milchproduktionskosten in den Niederlanden, Frankreich und der Bundesrepublik ... 3212* B Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage B 28 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Stahl (Kempen) (SPD) : Stimmzählgeräte für Betriebsratswahlen und Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes 3212* D Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage B 30 — Drucksache 7/1044 -- des Abg. Pfeffermann (CDU/ CSU) : Vorschriften über die Rente nach Mindesteinkommen bei Berechnung von Witwen- und Witwerrenten . . . . . 3213* A Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage B 31 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Zebisch (SPD) : Gestaltung der Arbeitsstätten nach humaneren Gesichtspunkten 3213* C Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Frage B 32 — Drucksache 7/1044 des Abg. Milz (CDU/ CSU) : Sperrung des Waldgebietes an der B 258 für Truppenübungen 3214* A Anlage 58 Antwort des Bundesministers Frau Dr. Focke (BMJFG) auf die Frage B 33 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) : Beihilfen zur Einrichtung von Fernsprechanlagen für Blinde 3214* B Anlage 59 Antwort des Bundesministers Frau Dr. Focke (BMJFG) auf die Frage B 34 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Burger (CDU/CSU): Zunahme des Gebrauchs von rezeptfreien Arzneispezialitäten durch Suchtkranke und Drogenabhängige . . 3214* C Anlage 60 Antwort des Bundesministers Frau Dr. Focke (BMJFG) auf die Frage B 35 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Zebisch (SPD) : Problem der Selbstindikation in der Bundesrepublik Deutschland . . . 3215* A Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 36 — Drucksache 7/1044 -- des Abg. Milz (CDU/CSU) : Ausbau der B 56 n (A 204) zwischen Bonn und Zülpich 3215* C Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen B 37 und 38 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Gerlach (Obernau) (CDU/CSU): Verlegung der B 8 zwischen Aschaffenburg und Kleinostheim 3215* D Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 39 — Drucksache 7/1044 — des Abg Dr. Arnold (CDU/ CSU) : Sonderangebot der Deutschen Bundesbahn hinsichtlich Fahrpreisvergünstigung für ältere Mitbürger 3216* A Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 40 — Drucksache VIII Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 7/1044 — des Abg. Hösl (CDU/CSU) : Festnahmen durch „DDR"-Behörden wegen angeblichen Mißbrauchs der Transitwege 3216* B Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 41 — Drucksache 7/1044 — des Abg Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Maßnahmen gegen das Ansteigen der Verkehrsunfälle mit Kindern 3216* C Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 42 Drucksache 7/1044 — des Abg. Baier (CDU/CSU) : Fehlen der deutschen Namen für alte deutsche Städte im Reisemagazin „Urlaub 73 ... wer plant, gewinnt" . . . 3217* B Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 43 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Pfeffermann (CDU/ CSU) : Ausbau der A 91 und der B 3 im Bereich der Gemarkung Darmstadt . . 3217* C Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage B 44 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Blank (SPD) : Zunahme des nächtlichen Fluglärms im Raume Porz, Rösrath, Bensberg und Köln-Ost 321T D Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen B 45 und 46 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Lenders (SPD) : Problem der Vereinbarkeit der Automobilwerbung mit dem Leitbild des Kraftfahrers und Auswirkung der Freiwilligen Werbeselbstkontrolle der Automobilhersteller 3218* B Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Fragen B 47 und 48 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) : Anschluß der Stadt Hermeskeil an die Bundesautobahn und Bau der Autobahnauffahrt Gusenburger Straße ... 3218* D Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack (BMBau) auf die Frage B 49 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) : Tragbarkeit des Mietpreises und Mangel der Kostendeckung im sozialen Wohnungsbau . . . . . . . 3219* A Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Fragen B 50 und 51 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Benz (CDU/CSU) : Koordinierung der Bauinvestitionen bei Forschungsinstituten — Mobilität und Altersversorgung der Forscher in den Forschungszentren . . . . 3219* D Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Fragen B 52 und 53 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) : Förderung, Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit von Verfahren der Kohleveredlung und der Wasserstoffherstellung . . . . . 3220* B Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Frage B 54 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) : Aufgaben der Heidelberger Studiengruppe für Systemforschung 3220* D Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Frage B 55 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) : Verbesserung der Technologie-Folgen-Abschätzung . . 3221* A Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT/BMP) auf die Frage B 56 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) : Eingliederung Hörbehinderter in Berufe bei der Deutschen Bundespost 3221* C Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander (BMBW) auf die Frage B 57 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Beermann (SPD) : Beeinträchtigung der Chancengleichheit von Schulkindern aus abgelegenen Gegenden im Zonenrandgebiet 3222* A Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander (BMBW) auf die Frage B 58 — Drucksache 7/1044 — des Abg. Dr. Slotta (SPD) : Bonus bei der Zuteilung von Studienplätzen an Kinder von Verfolgten . . . . 3222* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3141 55. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach* 6. 10. Adams * 6. 10. Dr. Ahrens * 8. 10. Dr. Aigner * 5. 10. Dr. Arndt (Berlin) * 6. 10. Dr. Artzinger * 5. 10. Dr. Bangemann * 6. 10. Dr. Beermann 19. 10. Behrendt * 6. 10. Benz 5. 10. Blumenfeld * 6. 10. Brandt (Grolsheim) 27. 10. Bredl 27. 10. Dr. Burgbacher * 6. 10. Collet 14. 10. Dr. Corterier * 6. 10. Dr. Dollinger 5. 10. Entrup 5. 10. Dr. Evers 5. 10. Dr. Eyrich 5. 10. Fellermaier * 6. 10. Flämig * 6. 10. Frehsee 5. 10. Dr. Freiwald 5. 10. Dr. Früh * 5. 10. Frau Funcke 12. 10. Gerlach (Emsland) * 6. 10. Gierenstein 5. 10. Härzschel * 5. 10. Handlos 5. 10. Dr. Heck 5. 10. Dr. Hornhues 5. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 6. 10. Jaunich 27. 10. Kater * 6. 10. Dr. Kempfler 5. 10. Dr. Klepsch * 6. 10'. Dr. Kliesing 12. 10. Krall * 6. 10. Dr. Kreile 5. 10. Lange * 6. 10. Lautenschlager * 6. 10. Lücker * 6. 10. Dr. Martin 27. 10. Memmel * 6. 10. Mertes (Stuttgart) 14. 10. Dr. Mikat 5. 10. Müller (Mülheim) * 5. 10. Mursch (Soltau-Harburg) * 5. 10. Frau Dr. Orth 27. 10. Dr. Penner 5. 10. Frau Pieser 5. 10. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt his einschließlich Roser 5. 10. Prinz zu Sayn-Wittgenstein 5. 10. Dr. Schachtschabel 5. 10. Dr. Schellenberg 12. 10. Schmidt (München) 6. 10. von Schoeler 5. 10. Dr. Schulz (Berlin) * 6. 10. Schwabe * 6. 10. Dr. Schwörer * 5. 10. Seefeld * 5. 10. Seibert 5. 10. Dr. Slotta 14. 10. Spilker 5. 10. Springorum * 6. 10. Graf Stauffenberg 5. 10. Dr. Stavenhagen 5. 10. Frau Stommel 5. 10. Strauß 5. 10. Walkhoff * 6. 10. Frau Dr. Walz * 5. 10. Wawrzik 5. 10. Wissebach 5. 10. Wurbs 5. 10. Anlage 2 Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. Oktober 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Sieglerschmidt (SPD) (Drucksache 7/1044 Fragen A 1 und 2) : Was ist der Bundesregierung über das „Komitee für die Unterstützung des Palästina-Befreiungskampfes in der Bundesrepublik" und die nach einer dpa-Meldung vom 14. September 1973 von diesem Komitee für Oktober geplante Einberufung einer Konferenz nach Bonn bekannt? Wie beurteilt die Bundesregierung eine solche Konferenz, die der Organisierung der Unterstützung der „bewaffneten palästinensischen Revolution" dienen soll unter dem Gesichtspunkt des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlongen (Art. 73 Nr. 10 GG) auswärtige Belange und unter Umständen auch die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden? Zu Frage A 1: Ein überregionales „Komitee für die Unterstützung des palästinensischen Befreiungskampfes" in der Bundesrepublik Deutschland war bisher noch nicht in Erscheinung getreten. Es sind jedoch verschiedene auf örtlicher Ebene tätige Gruppen bekannt, die unter Bezeichnungen wie „Palästinakomitee", „Nahostkomitee" u. ä. auftreten. Sie werden meist von deutschen Linksextremisten gelenkt und haben vielfach überwiegend deutsche Mitglieder. Diese Gruppen setzen sich propagandistisch für den palästinensischen Widerstand ein. Nach bisher unbestätigten Informationen dürfte es sich bei der in Bonn geplanten Veranstaltung, auf die sich Ihre Frage bezieht, um ein Treffen von Mitgliedern dieser Gruppen handeln. 3190* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Zu Frage A 2: Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden über die Tagesordnung und andere Einzelheiten dieser Konferenz liegen noch nicht vor. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß auf diesem Treffen auch solche Unterstützungsmaßnahmen für die palästinensische Widerstandsbewegung besprochen oder beschlossen werden, die die Begehung terroristischer Aktionen fördern würden. Es bestehen keine Zweifel daran, daß solche Aktivitäten dieser Konferenz Bestrebungen wären, die — ich zitiere jetzt Artikel 73 Nr. 10 des Grundgesetzes — „durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden" oder „die Sicherheit des Bundes oder eines Landes" beeinträchtigen. Die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder werden sorgfältig darauf achten, ob entsprechende Maßnahmen erforderlich werden. Anlage 3 Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 4) : Teilt die Bundesregierung alle im Tenor und in den Gründen des Urteils des Zweiten Senats des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz über die Verfassungsfeindlichkeit der DKP niedergelegten Auffassungen des Gerichts, insbesondere über die Bedeutung und Verpflichtung einer Mitgliedschaft in der DKP und über die in aller Regel unzulässige Einstellung von DKP-Mitgliedern als Beamte in den öffentlichen Dienst, oder ist die Bundesregierung — in welchem Umfang und aus welchen Gründen — anderer Ansicht als das Gericht? Das vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz am 29. August 1973 verkündete Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob dagegen Revision eingelegt wird und die Feststellungen des Urteils im Revisionsverfahren Bestand haben. Die Revisionsfrist läuft am 10. Oktober 1973 aus. Dies vorausgeschickt ist festzustellen, daß das Urteil die wiederholt von der Bundesregierung vertretene Auffassung bestätigt, die DKP verfolge verfassungsfeindliche Ziele. Es geht dabei — wie die Bundesregierung — von den grundsätzlichen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im KPD-Verbotsurteil vom 17. August 1956 aus. Gestützt auf die programmatischen Erklärungen der DKP legt es zutreffend dar, daß die grundlegenden Ziele der DKP die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats sind. Diese Zielsetzungen hat das Bundesverfassungsgericht für mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar erklärt. Im übrigen sieht die Bundesregierung in den Ausführungen des Urteils, wonach bei der Abwägung der Verfassungsgrundsätze Treuepflicht des Beamten und Parteienprivileg die Treuepflicht des Beamten den Vorrang habe, eine Bestätigung der Auffassung, die der Herr Bundeskanzler anläßlich der Zusammenkunft mit den Ministerpräsidenten der Länder am 20. September 1973 für die Bundesregierung zum Ausdruck gebracht hat. Anlage 4 Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Dollinger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 7) : Denkt die Bundesregierung bei der Begünstigung umweltfreundlicherer Autos auch an die mit Dieselkraftstoff betriebenen? Die Bundesregierung erwägt nicht, im Rahmen des zur Steuerreform vorliegenden Referentenentwurfs eines Kraftfahrzeug-Steuergesetzes eine besondere steuerliche Begünstigung für mit Dieselkraftstoff betriebene Kraftfahrzeuge vorzusehen. Nach dem heutigen Stand der Erkenntnis steht nicht fest, ob durch den Betrieb dieser Kraftfahrzeuge eine so wesentliche Verbesserung der Umweltsituation eintritt, daß eine solche Begünstigung gerechtfertigt wäre. Hinzu kommt, daß Diesel-Kraftfahrzeuge bei der vorgesehenen Besteuerung nach Kilogramm und im Hinblick auf ihre Steuer-Klassifizierung nach dem Entwurf des Gesetzes wegen ihrer geringeren Motorleistung im Vergleich zu benzinbetriebenen Kraftfahrzeugen gleichen Typs bei der KraftfahrzeugSteuer in eine niedrigere Besteuerungsstufe fallen. Ein steuerlicher Vorteil für mit Dieselkraftstoff betriebene Kraftfahrzeuge besteht aber bei der Mineralölsteuer darin, daß die steuerliche Belastung für Dieselkraftstoffe unter Zugrundelegung der für die Motorleistung entscheidenden Zurechnung auf die Kilogramm-Belastung um ungefähr 10 Pf. je Kilogramm niedriger ist als die von Benzin. Bei der Zurechnung dieser Belastung auf Liter ergibt sich ein Vorteil für Dieselkraftstoffe in Höhe von 3 Pf. Hierbei fällt zusätzlich ins Gewicht, daß der Dieselkraftstoff ohnehin nach seiner Leistung pro Mengeneinheit ergiebiger ist als die gleiche Menge Benzin. Anlage 5 Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Freiherr von Fircks (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 8) : Welche Auswirkungen hat nach der Auffassung der Bundesregierung die durch das Gesetz zur weiteren Reform der gesetzlichen Rentenversicherungen vom 1. Januar 1973 eingeführte Möglichkeit der Weiterarbeit bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs auf entgegenstehende tarifrechtliche Regelungen, nach denen insbesondere Angehörigen des öffentlichen Dienstes eine Weiterbeschäftigung über das 65. Lebensjahr hinaus nicht erlaubt ist, und ist die Bundesregierung bereit, dahin zu wirken, daß eine Änderung und Anpassung der entsprechenden tarifrechtlichen Bestimmungen an die Regelungen des Rentenreformgesetzes erfolgt? Die durch die Rentenreform und das Vierte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz geschaffene Möglichkeit, die Höhe der künftigen gesetzlichen Rente durch die Nichtinanspruchnahme des Altersruhegeldes nach Vollendung des 65. Lebensjahres zu steigern, hat für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes nicht die Bedeutung wie für die anderen Arbeitnehmer. Angestellte und Arbeiter, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ihr 65. Lebensjahr vollenden und damit Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung, Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3191* kraft Tarifvertrages aus ihrem Arbeitsverhältnis ausscheiden, haben aufgrund von Versorgungstarifverträgen in Verbindung mit den Satzungen der Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes Anspruch auf eine Versorgungsrente, die die gesetzliche Rente bis zur Höhe einer in Anlehnung an beamtenrechtliche Maßstäbe berechneten Gesamtversorgung aufstockt. Die gesetzliche Rente wird also in der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls erreichten Höhe auf die Gesamtversorgung angerechnet. Würde durch Tarifvertrag ein Anspruch begründet, das Arbeitsverhältnis über das vollendete 65. Lebensjahr hinaus fortzusetzen, so würde damit zwar eine Erhöhung der künftigen gesetzlichen Rente erzielt; wegen des erwähnten Berechnungssystems der Versorgungsrente aus der Zusatzversorgung ergäbe sich aber von bei grundsätzlicher Betrachtung nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen —, daß der auf das Altersruhegeld verzichtende Arbeitnehmer im Ergebnis nicht in den Genuß des vollen Rentenvorteils käme. Im übrigen ist das geltende Tarifrecht des öffentlichen Dienstes flexibel genug, auch den Arbeitnehmern, denen gleichwohl an diesem eingeschränkten Rentenvorteil gelegen ist, eine Weiterbeschäftigung mit Zustimmung des Arbeitgebers zu ermöglichen. Die Rechtsgrundlage dafür bieten der erste Unterabsatz in § 60 Abs. 2 BAT und die entsprechenden Vorschriften im Manteltarifrecht der Arbeiter des öffentlichen Dienstes. Eine Änderung und Anpassung der tarifrechtlichen Vorschriften halte ich bei diesen Voraussetzungen nicht für geboten. Anlage 6 Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage A 11): Wird die Bundesregierung — angesichts der Tatsache, daß u. a. das Bundesabfallbeseitigungsgesetz den Giftmüllskandal in Hessen nicht verhindern konnte — den Abschnitt gemeingefährlicher Verbrechen und Vergehen im Strafgesetzbuch durch den Straftatbestand „Verbrechen und Vergehen gegen die Umwelt" ergänzen und damit die angedrohten Mindesthaftstrafen für Umweltstraftaten drastisch erhöhen? Die Bundesregierung hat sich in ihrem Umweltprogramm dafür ausgesprochen, Schädigungen der Umwelt mit ausreichenden strafrechtlichen Mitteln zubegegnen, die der Gemeinschädlichkeit solcher Delikte angemessen sind. Ich habe zudem schon mehrfach betont, daß es hierbei nicht um Kavaliersdelikte, sondern um kriminelles Unrecht, um gemeingefährliche Handlungen geht, und daß es deshalb notwendig ist, die Strafbestimmungen für Umweltdelikte dorthin zu bringen, wo sie hingehören, nämlich in den Abschnitt „Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen" des Strafgesetzbuches. Bis dies erreicht ist, sehen schon die geltenden Strafvorschriften des am 11. Juni 1972 in Kraft getretenen Abfallbeseitigungsgesetzes hohe Strafandrohungen vor. Nach § 16 dieses Gesetzes können bei Vorsatz Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren und Geldstrafe oder eine dieser beiden Strafen verhängt werden. Auch in umweltrelevanten Gesetzentwürfen, die dem Bundestag zur Beratung vorliegen, schlägt die Bundesregierung eine verstärkte Kriminalisierung der gemeingefährlichen Umweltdelikte vor. So sind in dem Ihnen jetzt in erster Lesung vorliegenden Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (BT-Drucksache 7/888) für schädliche Gewässerverunreinigungen bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe — wenn Schädigungs- oder Vorteilsabsicht gegeben ist, bis zu 3 Jahren — und wenn schutzwürdige Güter wie Leben, Gesundheit, Wasserversorgung oder Heilquellen gefährdet werden, bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen. Der Entwurf eines Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BT- Drucksache 7/179) enthält für vergleichbare Fälle von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge ebenfalls Strafandrohungen bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. Darüber hinaus sieht § 49 Abs. 3 dieses Entwurfs vor, daß die Strafe in besonders schweren Fällen — in der Regel dann, wenn der Täter durch die verbotene Tat das Leben oder die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen leichtfertig gefährdet oder den Tod oder eine schwere Körperverletzung eines Menschen verursacht hat — Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten bis zu 10 Jahren beträgt. Ich werde mit Nachdruck darum bemüht sein, daß dieser Strafrahmen auch für andere, vergleichbare Umweltverbrechen eingeführt wird. Rechtsvorschriften allein können allerdings umweltschädliche Handlungen nicht verhindern. Durch lückenlose Kontrollen ist sicherzustellen, daß Rechtsbrecher schnellsten gefaßt und ihre Verstöße gegen Umweltvorschriften strafrechtlich verfolgt werden können. Daneben wird auch das wachsende Umweltbewußtsein der Allgemeinheit, um dessen Steigerung ich ständig bemüht bin, dazu beitragen, solche Vorfälle in Zukunft mehr und mehr zu verhüten. Anlage 7 Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Flämig (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage A 12) : Hält die Bundesregierung es für zweckmäßig, für die Beseitigung von Giftmüll bundeseinheitlich ähnlich strenge Kontrollvorschriften zu erlassen, wie dies auf Grund des Atomgesetzes und der Strahlenschutzverordnung bei der Erfassung und Endlagerung von Atommüll der Fall ist, nachdem mehrere Giltmüllskandale in der Bundesrepublik Deutschland bewiesen haben, daft mit der sogenannten „geordneten Deponie" die illegale Ablagerung von hochgiftigen Abwässern und Abfällen nicht verhindert werden kann? In den letzten Jahren ist bekanntgeworden, daß in der Bundesrepublik Deutschland auf verschiedenen Müllplätzen hochgiftige Abfälle illegal abgelagert worden sind. Diese Vorfälle zeigen, daß die betroffenen Deponien nicht ordnungsgemäß betrieben worden sind. Wir haben in der Bundesrepu- 3192* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 blik Deutschland andererseits Müllplätze, auf denen die Deponie so geordnet und kontrolliert ausgeführt wird, daß eine illegale Ablagerung von Sonderabfällen praktisch ausgeschlossen werden kann. Man darf bei Beurteilung dieser Frage nicht übersehen, daß das Abfallbeseitigungsgesetz des Bundes erst im Juni 1972 in Kraft getreten ist, ohne daß den Ländern eine Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten zugebilligt wurde. Wie Sie ,dem Beitrag der Projektgruppe Abfallbeseitigung zum Umweltprogramm der Bundesregierung 1971 entnehmen können, bestanden damals in der Bundesrepublik Deutschland etwa 50 000 Ablagerungsplätze. Davon konnten nur etwa 130 als geordnet angesehen werden. Die Umstellung auf wenige große geordnete und sicher kontrollierte Zentraldeponien erfordert sorgfältige Planungsarbeit, geeignete Gelände, teures Gerät und ausreichendes und gut geschultes Personal. In wenigen Monaten lassen sich die Fehler und Mißstände, die in Jahrzehnten entstanden sind, nicht beseitigen. Ich bin der Überzeugung, daß die Bundesländer ihr Bestes tun, um auf diesem Gebiet rasch die notwendige Ordnung zu schaffen. Dazu bietet das Abfallbeseitigungsgesetz eine gute und auch ausreichende Ausgangsbasis. Von meinem Hause wird gegenwärtig die Vergabe einer Studie vorbereitet, in der die schadlose Ablagerung von Sonderabfällen untertage nach dem Vorbild der Endlagerung von Atommüll untersucht werden soll. Dieses Verfahren dürfte aber nur für eine beschränkte Menge besonders schwieriger Abfälle anwendbar sein, da die Gesamtmenge an Sonderabfällen .die räumlichen Möglichkeiten der Ablagerung in Bergwerken bei weitem übersteigt. Für eventuelle bundeseinheitliche Einrichtungen zur Beseitigung von Sondermüll bietet sich — wie mir scheint — vor allem die beispielhafte Lösung an, die vom Zweckverband Sondermüllplätze Mittelfranken für diesen Bereich bereits praktiziert und seit längerer Zeit mit Bundesmitteln gefördert wird. Bekanntlich werden von diesem Verband seit 1968 in der Sondermüll-Beseitigungsanlage Schwabach, die mit modernsten Einrichtungen ausgestattet ist, alle grundwassergefährdenden Industrieabfälle aus Mittelfranken und zum Teil auch aus anderen Regionen angenommen und gefahrlos beseitigt. Dabei wurden Sicherungen dafür geschaffen, daß der im Einzugsbereich anfallende Sondermüll tatsächlich nach Schwabach verbracht wird. Der vorgenannte Zweckverband hat in einer Pressemitteilung vom 24. September 1973 bereits erklärt, daß ein „Giftmüll-Skandal" wie in Hanau in Mittelfranken nicht möglich sei und daß für die Schwabacher Lösung die vorhandenen Umweltschutzgesetze im vollen Maße genügten. Herr Kollege, ich bin wie Sie der Meinung, daß in Anbetracht der großen Umweltgefahren sehr strenge Kontrollvorschriften für die Beseitigung von Sonderabfällen aufgestellt werden müssen. Man muß sich aber darüber im klaren sein, daß auch die besten und perfektesten Gesetze, Rechtsverordnungen, Kontrollen und andere Maßnahmen Handlungen krimineller Art nie ganz ausschließen können. Insofern muß ich den Feststellungen vom 27. September 1973 der Hessischen Kommission zur Untersuchung der Hanauer Vorfälle voll beipflichten. Anlage 8 Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. Oktober 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Liedtke (SPD) (Drucksache 7/1044) Fragen A 15 und 16) : Hält die Bundesregierung die nach dem Abfallbeseitigungsgesetz des Bundes vorgesehene Regelung der Beseitigung von Sonderabfällen für ausreichend, um in Zukunft eine schadlose Beseitigung zu gewährleisten? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die Wiederverwertung oder schadlose Beseitigung von Sonderabfällen fur das gesamte Bundesgebiet besser zu koordinieren? Zu Frage A 15: Die Grundkonzeption und die Vorschriften des Abfallbeseitigungsgesetzes gewährleisten eine gefahrlose Beseitigung der Sonderabfälle. Dabei wird vorausgesetzt, daß die Vorschriften im Vollzug sachgemäß und mit gebotener Strenge angewandt werden. Wie ich in der Antwort auf die Frage des Herrn Abgeordneten Gruhl in dieser Fragestunde schon ausgeführt habe, arbeitet die Bundesregierung zur Zeit, unter Auswertung der Erfahrungen der Länder, die in der Rechtsverordnung nach § 11 des Abfallbeseitigungsgesetzes bundeseinheitlich zu regelnden Vorschriften für die Überwachung der Beseitigung von Sonderabfällen aus. Im einzelnen handelt es sich um Vorschriften über Einrichtung, Führen und Vorlage von Nachweisbüchern, Einbehalten von Belegen und die dafür erforderlichen Aufbewahrungsfristen. Um etwaigen Mißverständnissen vorzubeugen: § 11 des Abfallbeseitigungsgesetzes ist bereits seit dem Inkrafttreten des Gesetzes unmittelbar anwendbar und wird — wie die Praxis zeigt — von den Ländern auch tatsächlich angewandt. Der Erlaß der Rechtsverordnung ist also nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Gesetzes, sondern soll zur Vereinheitlichung und Verbesserung der Modalitäten der Anwendung auf Grund konkret ausgewerteter Erfahrungen dienen. Im übrigen darf ich auf folgendes hinweisen: Bei dem Abfallbeseitigungsgesetz handelte es sich um eine erstmalige gesamtstaatliche Regelung dieser Materie. Internationale Erfahrungen konnten hierbei nicht herangezogen werden. Auch bei den Bundesländern mußten auf diesem Gebiet erst Erfahrungen gesammelt werden. Es war daher zu erwarten, daß sich in der Anlaufphase bei der praktischen Handhabung des Gesetzes gewisse Schwierigkeiten ergaben. Die Erfahrungen liegen jetzt weitgehend vor und werden ihren Niederschlag in den noch zu erlassenden Durchführungsvorschriften des Bundes und der Länder finden. Zu Frage A 16: Hierzu darf ich auf folgende bereits eingeleitete Maßnahmen hinweisen: 1. Die Bundesregierung bereitet zur Zeit ein umfassendes Recyclingprogramm vor. In diesem Programm werden die nach dem Stand der Technik zur Zeit möglichen Verfahren zur Aufbereitung und Wiederverwertung von Abfällen aufgezeigt. Das Programm, das im übrigen eine Ergänzung des Umweltprogrammes darstellt, wird der Bundesregierung die Ansatzpunkte zur Förderung und Absicherung der wichtigen Recyclingverfahren empfehlen und Richtlinien für zukünftige Forschungsaufgaben enthalten. Sonderabfälle werden darin ihrer umwelt- und wirtschaftspolitischen Bedeutung nach schwerpunktmäßig erfaßt. Das Recyclingprogramm soll bis Ende 1974 abgeschlossen sein. 2. Ein Großvorhaben der Forschung über Recycling und Beseitigung von Sonderabfällen ist im Jahre 1972 vergeben worden und wird voraussichtlich im Jahre 1974 abgeschlossen werden können. 3. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Durchführung des NATO-CCMS-Projektes „Gefährliche Sonderabfälle" als Pilotland übernommen und arbeitet auf diesem Gebiet mit anderen NATO-Staaten eng zusammen. 4. Recycling von Sonderabfällen ist mit Beratungsgegenstand eines Bund-Länder-Ausschusses bei der Zentralstelle für Abfallbeseitigung. 5. Recycling von Sonderabfällen wird künftig mit zu den Schwerpunktaufgaben des Bundesamtes für Umweltschutz gehören. Anlage 9 Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pawelczyk (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage A 21): Welche finanziellen Aufwendungen leistet der Bund 1973 für die innere Sicherheit? Dem Bund stehen im Jahr 1973 nach dem vom Parlament verabschiedeten Haushaltsplan für den Bereich der Inneren Sicherheit rd. 833 Mio DM zur Verfügung. Bei einem Ausgabevolumen 1972 in Höhe von rd. 646 Mio DM ergibt dies ein Mehr von rd. 187 Mio DM, was einer Steigerungsrate von 28,9 v. H. entspricht. Die Aufwendungen für 1973 teilen sich wie folgt auf: - in Mio DM - Bundeskriminalamt 119,4 Bundesgrenzschutz 604,8 Bundesamt für Verfassungsschutz 64,0 Beschaffungen für die Bereitschaftspolizeien der Länder 28,1 für Sicherungsmaßnahmen auf den Verkehrsflughäfen 1,0 Ausländerzentralregister des Bundesverwaltungsamtes 5,2 Beschaffungsstelle des Bundesministers des Innern 10,5 Zusammen: 833,0 Setzt man die Aufwendungen für 1973 zu denen des Jahres 1969 in Bezug, so zeigt sich folgendes Bild 1969: rd. 391 Mio DM 1973: rd. 833 Mio DM Dies ergibt gegenüber 1969 ein Mehr von rd. 442 Mio DM und damit eine Steigerungsrate von rd. 113 v. H. Ausgaben des Bundes für den Bereich der Inneren Sicherheit in den Jahren 1969, 1972 und 1973 und Darstellung der Steigerungsraten gegenüber 1973: 1969 1972 1973 Mehr 1973 I Mehr 1973 gegenüber gegenüber 1969 1972 - in Mio DM - Bundeskriminalamt 22,4 75,9 119,4 + 97,0 + 43,5 Bundesgrenzschutz 314,4 497,0 604,8 +290,4 +107,8 Bundesamt für Verfassungsschutz 29,9 48,1 64,0 + 34,1 +15,9 Beschaffungen für die Bereitschaftspoli zeien der Länder 18,0 10,7 28,1 +10,1 +17,4 für Sicherungsmaßnahmen auf den Ver kehrsflughäfen - 1,0 1,0 - - Ausländerzentralregister des Bundes verwaltungsamtes 0,25 4,2 5,2 +4,95 +1,0 Beschaffungsstelle des Bundesministers des Innern 5,8 9,4 10,5 +4,7 +1,1 3194* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vorn 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 47): Was hat die Bundesregierung getan, um das Transportgewerbe vor dem unlauteren Wettbewerb von staatlichen ,,DDR"-Lastzügen zu schützen, die sich im Bundesgebiet und im Verkehr von und nach West-Berlin betätigen und dabei die gesetzlich festgelegten Mindestpreise unterbieten, und welche Schritte hat die Bundesregierung insbesondere in Ost-Berlin unternommen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß solche Transporte in Einzelfällen durchgeführt worden sind. Diese Beförderungen sind nach Auffassung der Bundesregierung unzulässig. Die Bundesanstalt für den Güterfernverkehr hat die Beteiligten auf die Rechtslage hingewiesen. Seit Juni 1973 sind keine derartigen Beförderungen mehr festgestellt worden. Die Bundesregierung hat deshalb auch noch keinen Anlaß gesehen, in dieser Angelegenheit gegenüber der DDR vorstellig zu werden. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Geldner (FDP) (Drucksache 7/1044 Frage A 88): Welche weiteren Schritte gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, urn den ständig sinkenden Anteil deutscher Unternehmer am deutschniederländischen Güterkraftverkehr wieder anzuheben? Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß die von deutschen Lastkraftwagen beförderte Tonnage im deutsch-niederländischen Verkehr im Jahr 1972 nicht abgesunken, sondern im Gegenteil um 8,8 % gestiegen ist. Allerdings war der Verkehrszuwachs der niederländischen Lastwagen noch größer, so daß sich die Beteiligungsquote des deutschen Lkw relativ verschlechtert hat. Dies ist jedoch ein ausgesprochen deutsch-niederländisches Problem. Im Durchschnitt aller anderen Verkehrsbeziehungen ist die Tonnage auf deutschen Lkw von 1970 auf 1972 nicht nur um rund 6,5 Mio t auf 15,3 Mio t gestiegen. Auch die prozentuale Beteiligungsquote der deutschen Fahrzeuge weist hier eine positive Tendenz auf. Die Bundesregierung erwartet, daß die von ihr nachdrücklich betriebene Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen zu einem Wiederanstieg des prozentualen deutschen Anteils führen wird. Bis zum Abbau der Wettbewerbsverzerrungen wird die Bundesregierung bestrebt sein, durch eine restriktive Kontingentspolitik gegenüber den ausländischen Staaten die administrativen Wettbewerbsnachteile zu Lasten der deutschen Unternehmer zumindest teilweise zu neutralisieren. Im übrigen darf ich auch hier darauf hinweisen, daß die im Rahmen der Kraftfahrzeugsteuerreform geplante Befreiung der überzähligen Sattelauflieger die Kostensituation der deutschen Transportunternehmer verbessern wird. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 89) : In welcher Größenordnung stellt die Bundesregierung Straßenbaumittel für die schwachstrukturierten und ländlichen Gebiete zur Verfügung, und anhand welcher Haushaltstitel läßt sich dies im einzelnen feststellen? Die hier in Betracht kommende Größenordnung kann nur nach sehr aufwendigen Erhebungen ermittelt werden. Eine Antwort auf die Frage, welche Straßenbaumittel für die schwach strukturierten und ländlichen Gebiete zur Verfügung gestellt werden, ist nämlich allein anhand von Haushaltstiteln nicht möglich. Sie würde umfangreiche besondere Untersuchungen voraussetzen. Unter anderem wäre es erforderlich, die schwach strukturierten und ländlichen Gebiete kartographisch genau abzugrenzen. Daneben muß generell auf die Problematik der Regionalisierung von Mitteln für Straßeninvestitionen hingewiesen werden. Die Straßenbaumittel, die in einem bestimmten Gebiet investiert werden, sind kaum ein geeigneter Maßstab zur Beurteilung der Frage, welche Mittel für dieses Gebiet aufgewendet werden. Oftmals tragen Straßen, die außerhalb eines schwach strukturierten Gebietes verlaufen, dieses aber mit wichtigen Wirtschaftszentren verbinden, ebenso oder besser zur Strukturverbesserung der betreffenden Region bei als Straßenbauinvestitionen in ihr selbst. Musterbeispiel hierfür ist die Autobahn Ruhrgebiet–Kassel, die die Verbindung des Zonenrandgebietes mit dem Industrieschwerpunkt Ruhrgebiet herstellt. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lemmrich (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 90): Wie groß ist zur Zeit der Anteil der Fluglotsen am Gesamtpersonalstand der Fluglotsen und die absolute Zahl der Fluglotsen, die 1962 in das Beamtenverhältnis überführt wurden? Die 1962 eingeleitete Überführung von Angestellten der Bundesanstalt für Flugsicherung in das Beamtenverhältnis wurde im wesentlichen im Jahre 1964 abgeschlossen. Es wurden damals von 609 Fluglotsen 491 in das Beamtenverhältnis übernommen. Aber noch in den folgenden Jahren — insbesondere von 1968 bis heute — wurden weitere 71 Fluglotsen auf ihren Antrag in das Beamtenverhältnis berufen, so daß bisher aus dem Kreis der Angestellten insgesamt 562 Fluglotsen verbeamtet worden sind. Von ihnen stehen heute noch 501 im aktiven Dienst der Bundesanstalt. Der Anteil dieser ehemaligen Angestellten an der derzeitigen Gesamtzahl aller Angehörigen des gehobenen Flugverkehrskontrolldienstes — es sind am 31. 8. 1973 1048 Bedienstete — beträgt rund 48 Prozent. Bezieht man in diesen Anteil die ehemaligen 124 Gehilfen ein, die im Angestelltenverhältnis fortgebildet und bis 1964 nach Ablegung Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3195* der Laufbahnprüfung ebenfalls in das Beamtenverhältnis als Fluglotsen übernommen worden sind, dann erhöht sich der Prozentsatz auf rund 60 %. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen A 91 und 92) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Deutschen Bundesbahn ein Mehr an Kosten von nahezu 500 Millionen DM (einschließlich Grunderwerb, Ausbau der Strecke. Ansiedelung etc.) entsteht, wenn sie als letzte Instanz in der Frage des Rangier- und Containerbahnhofs München nicht für den seit 30 Jahren testliegenden Standort Attach stimmt, sondern sich für Feldkirchen. Johanneskirchen entscheidet? Wie kann sie dies, wenn sie dennoch für Feldkirchen stimmt, mit dem derzeitigen Defizit der Deutschen Bundesbahn vereinbaren? Zu Frage A 91: Der Bundesregierung ist bekannt, daß bei einer Entscheidung für den Standort Feldkirchen — Johanneskirchen Grunderwerb in der in Frage erwähnten Größenordnung in Betracht kommen kann. Zu Frage A 92: Diese Fragestellung muß als unzutreffend bezeichnet werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die sehr erheblichen Aufwendungen für den Grunderwerb mindestens zu einem beträchtlichen Teil durch Einnahmen ausgeglichen werden, die durch den Erlös aus der Veräußerung von Grundstücken in Allach erzielt werden können. Als Entscheidungsinstanz im Planfeststellungsverfahren wird der Bundesminister für Verkehr im übrigen nicht nur die eigenwirtschaftlichen Belange der Deutschen Bundesbahn im Auge haben, sondern er muß daneben auch alle öffentlichen Interessen für und gegen das Vorhaben abwägen, um die optimale Lösung in der Frage des Neubaus eines Rangierbahnhofs für München zu finden. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 94) : Sind der Bundesregierung Überlegungen bekannt, die Gefahr von Auffahrunfällen auf Bundesautobahnen dadurch zu verringern, daß in die bereits vorhandenen Leitpfähle eine Beleuchtung eingebaut wurde, die durch einen auslösenden Mechanismus am Unfallort für, einen begrenzten Streckenabschnitt bei Bedarf in Tätigkeit gesetzt werden könnte, um den nachfolgenden Verkehr zu warnen, und hat die Bundesregierung gegebenenfalls Untersuchungen darüber angestellt, mit welchen Kosten die Einrichtung eines derartigen Beleuchtungssystems verbunden ware? Der Bundesregierung sind derartige Überlegungen bekannt. Gleiche oder ähnliche Vorschläge wurden verschiedentlich unterbreitet. Ihrer Verwirklichung stehen jedoch technische, betriebliche und rechtliche Gründe entgegen. Untersuchungen über die finanziellen Auswirkungen sind bisher nicht durchgeführt worden; der Finanzaufwand wäre jedoch erheblich, da entlang der gesamten Strecken eine durchgehende Stromversorgung geschaffen werden müßte. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß durch gezielte Einzelmaßnahmen der Verkehrsbeeinflussung an empfindlichen Autobahnabschnitten der Verkehrssicherheit besser gedient werden kann, als durch die vorgeschlagenen Einrichtungen. Zur Zeit wird eine automatisch arbeitende Stauwarnanlage an der Autobahn Stuttgart—Ulm (Albaufstieg) entwickelt. Es handelt sich um einen durch Stau besonders gekennzeichneten Streckenabschnitt. Obwohl die Problematik eine andere ist als bei den vom Antragsteller vorgeschlagenen Warneinrichtungen dürften aus den in Aussicht genommenen begleitenden wissenschaftlichen Untersuchungen auch Erkenntnisse zu dem der Frage unterliegenden Problem zu erwarten sein. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hösl (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 95) : Wie wird die Bundesregierung angesichts der Tatsache, daß am 24. September 1973 im Berlin-Flugverkehr bereits am Morgen auf Grund widerrechtlicher Arbeitsverweigerungen von Fluglotsen im Luftkontrollraum Hannover erhebliche Verspätungen auftraten, unbehinderte Flugverbindungen von und nach Berlin aufrechterhalten, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß ein jederzeit unbehinderter Flugverkehr zwischen Berlin und dem übrigen Bundesgebiet für Sicherheit und Entwicklung der Stadt unabdingbar ist? Die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung, die im zweiten Teil der Frage zum Ausdruck kommt. Die Bundesanstalt für Flugsicherung ist angewiesen, Berlinflüge mit Vorrang vor anderem Luftverkehr abzufertigen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen A 96 und 97) : Trifft es zu, daß die Deutsche Bundesbahn überraschend von dem zunächst bestehenden Plan abgegangen ist, gemeinsam mit der Interessengemeinschaft Trasse ein Gutachten über die Strekkenführung im Raum Hannover—Elze—Göttingen—Kassel zu erheben? Kann gegebenenfalls aus der Absage der Deutschen Bundesbahn geschlossen werden, daß sie eine gutachtliche Untersuchung der Trassenführung über Göttingen für überflüssig bzw. das Ergebnis einer solchen Untersuchung für von vornherein feststehend erachtet? Es trifft zu, daß die Deutsche Bundesbahn von dem zunächst bestehenden Plan, gemeinsam mit der Göttinger Interessengemeinschaft „Trasse" ein werkehrliches Gutachten über die Streckenführung über Göttingen zu erstellen, abgegangen ist. Dies ist nicht überraschend, sondern in gegenseitigem Einvernehmen geschehen. In der landesplanerischen Stellungnahme im Rahmen des Raumordnungsverfahrens des Landes Niedersachsen werden zusätzliche Untersuchungen be- 3196* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 züglich der Regimen Hildesheim, Wolfsburg, Salzgitter und Braunschweig gefordert, die über das vorgesehene Gutachten hinausgehen. Nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn hat sich deshalb die Interessengemeinschaft „Trasse" auf einer gemeinsamen Besprechung mit dem Land Niedersachsen und der Deutschen Bundesbahn damit einverstanden erklärt, von dem gemeinsamen Gutachten abzusehen. Gerade die vom Land Niedersachsen geforderten und von der Deutschen Bundesbahn durchzuführenden weitergehenden Untersuchungen zeigen, daß einer Entscheidung über die Trassenführung sorgfältige Prüfungen vorangestellt werden. Zu der von Ihnen befürchteten Schlußfolgerung besteht deshalb kein Anlaß. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 100) : Welche disziplinarrechtlichen Maßnahmen hat die Bundesregierung gegen die 26 von insgesamt 32 Fluglotsen der Frühschicht in Hannover ergriffen, die ein 24. September 1973 unbefugt unter der falschen Behauptung, krank zu sein, dem Dienst fernblieben und neben dem Zusammenbruch des Flugverkehrs im norddeutschen Raum auch empfindliche Störungen und Verzögerungen im Flugverkehr von und nach Berlin verursachten, und wie wird (he Bundesregierung dafür sorgen, daß die Diskreditierung des Beamtentums, zu der ein solches Verhalten bei der Bevölkerung führt, vermieden wird? Die Bundesregierung hat gegen die 20 Angehörigen des Flugverkehrskontrolldienstes, die sich am 24. 9. 1973 kurzfristig krank gemeldet hatten, disziplinarrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Sie wird auch weiterhin durch Ausschöpfung aller dienstrechtlicher Möglichkeiten dafür Sorge tragen, daß rechtswidrigen Verhaltensweisen von Beamten entgegengewirkt wird. Am 24. September 1973 waren von 32 zur Frühschicht gehörenden Flugverkehrskontrolldienst-Bediensteten nur 8 zum Schichtbeginn erschienen. Von den 24 bei Schichtbeginn fehlenden Kräften waren 6 als sogenannte „Altkranke" ordnungsgemäß abgemeldet, 18 Bedienstete haben sich erst kurz vor bzw. bei Schichtbeginn krank gemeldet, 2 weitere Bedienstete haben im Laufe des Vormittags den Dienst zwecks Arztbesuch verlassen. Von den insgesamt 20 Bediensteten, die sich am 24. September 1973 krank gemeldet oder zum Arztbesuch abgemeldet hatten, haben 15 noch im Laufe des Vormittags desselben Tages den Dienst wieder aufgenonmmen, 5 Kräfte blieben länger als einen Tag dem Dienst fern. Von den betreffenden Bediensteten wurde in 16 Fällen ein ärztliches Attest vorgelegt, davon 11 Bestätigungen über einen Arztbesuch und 5 Dienstunfähigkeitsbescheinigungen, 4 Bedienstete haben keinerlei Nachweis beigebracht. Die anschließenden amtsärztlichen Überprüfungen haben ergeben, daß — in einem Fall der Arztbesuch aufschiebbar gewesen wäre, — in zwei Fällen die Notwendigkeit für den Arztbesuch für die Beamten schon früher — also nicht erst kurz vor Dienstbeginn — erkennbar war, — in einem Fall entgegen dem Attest des Hausarztes Dienstfähigkeit bestand. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 102) : Welche Altersgruppen sind am stärksten bei Verkehrsunfällen verwickelt, und welche Konsequenzen zieht daraus die Bundesregierung? An den Straßenverkehrsunfällen mit Personen- schaden —das sind die Unfälle mit Getöteten und Verletzten — waren im Jahre 1972 insgesamt 719 940 Verkehrsteilnehmer beteiligt. Davon waren 83 % Kraftfahrer, 6 % Radfahrer und 11 % Fußgänger. An diesen Unfällen waren folgende Altersgruppen am stärksten beteiligt: — Bei den Führern von Kraftfahrzeugen aller Arten die 18-35jährigen mit 57 % — bei den Radfahrern die unter 18jährigen mit 49 % — bei den Fußgängern die unter 18jährigen mit 49 % die ab 65jährigen mit 16 %. Die Bundesregierung hält es für erforderlich, die vorgenannten Altersgruppen unter den Verkehrsteilnehmergruppen mit einer Reihe von Maßnahmen, vor allem auf dem Gebiet der Verkehrserziehung und -aufklärung gezielt anzusprechen. Entsprechende besondere Programme sind vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Verkehr und Sachverständigen der Bundesländer für junge Kraftfahrer bereits in Gang gesetzt und für ältere Menschen in Vorbereitung. Für die unter 18jährigen ist die Intensivierung der laufenden Verkehrserziehung vor und in der Schule notwendig. Bei dieser Aufgabe werden die dafür zuständigen Bundesländer durch den Bund und den Deutschen Verkehrssicherheitsrat ideell und finanziell in erheblichen Umfange unterstützt. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen, u. a. in der Fahrschulausbildung, bei den Mehrfachtätern und bei der Tauglichkeitsüberprüfung vorgesehen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 5. Oktober 1973 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Schleicher (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen A 103 und 104) : Was wurde unternommen, um am 24. September 1973 den Abflug eines italienischen Flugzeugs aus Hamburg zu ermöglichen, das mit einem Schwerkranken an Bord stundenlang von den Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3197* widerrechtlich den Dienst verweigernden Fluglotsen des Luttkontrollraums Hannover am Start gehindert wurde, und welche Vorkehrungen sind getroffen, um zu verhindern, daß der Terror dieser Spezialistengruppe in Einzelfällen lebensbedrohende Formen annimmt? Wie konnte es geschehe:), daß selbst ein Krankentransport der Deutschen Rettungswacht am 24. September 1973 beim Hin- und Rückflug zwischen Wangerooge und Stuttgart durch widerrechtliche Arbeitsverweigerung der Fluglotsen ins Luftkontrollraum Hannover ernsthaft behindert wurde, und wie wird die Bundesregierung sicherstellen, daß Rettungsflugzeuge jederzeit ohne vermeidbare Verzögerung und Gefährdung starten und landen können? Vorab möchte ich auf folgendes hinweisen: Nach den Verwaltungsvorschriften der Bundesanstalt für Flugsicherung bei „Flügen mit kranken und verletzten Personen, die sofortiger ärztlicher Hilfe bedürfen", ist auf Anforderung des Luftfahrzeugführers Vorrang bei der Durchführung des Flugverkehrskontrolldienstes zu gewähren. Sollte dieser Tatbestand dem zuständigen Flugverkehrslotsen vom Luftfahrzeugführer mitgeteilt worden sein und dieser dann keinen Vorrang erteilt haben, so läge ein schwerer Verstoß gegen die Dienstvorschriften vor. Sollten die Untersuchungen diese Verstöße beweisen, so werden unverzüglich Disziplinarverfahren gegen den hierfür verantwortlichen Lotsen eingeleitet werden. Im Falle des Hin- und Rückfluges zwischen Wangerooge und Stuttgart wird bereits auf Grund einer Anzeige des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Baden-Württemberg ermittelt. Auch der Hamburger Vorfall wird selbstverständlich untersucht. Untersuchungen dieser Art sind sehr zeitraubend. Sie werden in den vorliegenden Fällen mit besonderem Nachdruck betrieben. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 4. Oktober 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kunz (Berlin) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen A 108 und 109) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß nunmehr die von den DDR- Behörden an der Demarkationslinie eingesetzten Schäferhunde nicht nur in besonderer Weise dressiert sind, sondern im Todesstreiten frei herumlaufen, wodurch die Menschenjagd an der Demarkationslinie einen neuen Höhepunkt erreicht hat? Welche konkreten Schritte wird die Bundesregierung in Konsequenz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Grundvertrag unternehmen, uni von der DDR in Wahrnehmung grundgesetzlicher Pflichten konkret zu verlangen, die unmenschlichen Verhältnisse an der Demarkationslinie abzubauen und zu beendigen? Zu Frage A 108: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die von den Grenzsicherungsorganen der DDR im sogenannten Todesstreifen der Demarkationslinie eingesetzten Schäferhunde auch frei herumlaufen, um Fluchtversuche von DDR-Bewohnern noch wirksamer verhindern. zu können. Die Bundesregierung verurteilt diese Maßnahme der DDR mit aller Schärfe. Zu Frage A 109: Die Bundesregierung wird weiterhin beharrlich versuchen, im Wege der laufenden Gespräche und Verhandlungen mit der DDR zu erreichen, daß die unmenschlichen Folgen der Grenzsicherungsmaßnahmen nach Möglichkeit in absehbarer Zeit gemildert werden. Dies sollte insbesondere möglich sein im Rahmen des von beiden Seiten für die Zukunft gewünschten gutnachbarlichen Neben- und Miteinanders beider deutscher Staaten. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hösl (CDU 'CSU) (Drucksache 7,1044 Frage A 111) : Wie erklärt die Bundesregierung die Beschlagnahme von Exemplaren der vom Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen herausgegebenen Broschüre „Reisen in die DDR", die auf der Grundlage der mit der „DDR" abgeschlossenen Verträge erarheitel wurde, durch ,,DDR"-Grenzkontrolleure bei Reisenden am Grenzbahnhof Gutenfürst, und was wird die Bundesregierung dagegen unternehmen? Der Bundesregierung ist die Aussage von Reisenden bekannt, ihnen sei Ende September 1973 auf dem Bahnhof Gutenfürst von DDR-Grenzorganen das vom Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen herausgegebene Merkblatt „Reisen in die DDR" abgenommen worden. Der Bundesregierung liegen jedoch keine Erkenntnisse darüber vor, daß dieses Merkblatt grundsätzlich, etwa aufgrund einer Anweisung der DDR-Regierung, beschlagnahmt wird. Es ist nicht auszuschließen, daß es sich in Einzelfällen um fehlerhafte Entscheidungen untergeordneter DDR-Behörden handelt. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Roser (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 112) : Treffen Pressemeldungen darüber zu, Bali einer vor dem Umzug nach Bayern stehenden 60jährigen Frau in einem Kreiskrankenhaus der DDR die Versorgung ihres gebrochenen Beines durch einen Gipsverband mit der Begründung verweigert worden ist, sie sei nach der umzugsbedingten Aberkennung der ''DDR-Staatsbürgerschaft" staatenlos, und was gedenkt — bejahendenfalls — die Bundesregierung zu tun um einen Verzicht auf derartige unmenschliche Verhaltensweisen zu erreichen? Die Ermittlungen in der Angelegenheit haben ergeben, daß sich die betreffende Übersiedlerin aus der DDR gegenüber der Bayerischen Grenzpolizei anstatt mit dem üblichen Personalpapier mit einer Bescheinigung ausgewiesen hat, die von einem Volkspolizei-Kreisamt ausgestellt worden war und unter der Rubrik „Staatsangehörigkeit" die Angabe „staatenlos" enthielt. Zu dem Gesundheitszustand der Übersiedlerin selbst hat die Bayerische Grenzpolizei festgestellt, daß es sich entgegen den Be- richten in der Tagespresse nicht um eine Fraktur des Beines handelte, sondern das dieses angebrochen war. Man wird daher annehmen können, daß medizinische Erwägungen bestimmend dafür waren, das Bein nicht in Gips zu legen. Bisher liegen jedenfalls keine Anzeichen dafür vor, daß sich Übersiedlungsvorhaben von DDR-Bürgern auf deren Krankenversorgung negativ ausgewirkt hätten, oder daß in Fällen notwendiger ärztlicher Versorgung der Frage der Staatsbürgerschaft irgendeine Bedeutung beigemessen worden ist. 3198* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 113) : Beabsichtigt die Bundesregierung, bei wissenschaftlichen Instituten, die ostdeutsche Arbeiten durchführen, die institutionelle Förderung zugunsten einer projektbezogenen Förderung einzustellen? Wie bereits auf die mündliche Anfrage des Kollegen Spranger am 19. 9. 1973 siehe Stenographischer Bericht, Seite 2843 — dargelegt wurde, wird zwar generell angestrebt, im Zuge künftiger Planungen bei der Verwendung der Haushaltsmittel des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen die institutionelle Förderung aller Zuwendungsempfänger zugunsten einer Förderung von Projekten, deren finanzieller Bedarf genau geplant und voraussehbar festgelegt werden kann, umzustellen. Diese Absicht ist aber nicht, wie ich nochmals wiederholen muß, auf Einrichtungen beschränkt, die sich mit bestimmten Aufgaben befassen. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 5. Oktober 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Nordlohne (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen A 114 und 115) : Steht nach Auffassung der Bundesregierung die Nichterteilung eines Einreisevisums durch die DDR-Behörden an Fußballbundestrainer Helmut Schön im Zusammenhang mit seinem beabsichtigten Besuch des Weltmeisterschafts-Qualifikationsspiels DDR gegen Rumänien am 26. September 1973 in Leipzig nicht in eklatantem Widerspruch zu der in Artikel II Nr. 7 des Zusatzprotokolls zum Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 21. Dezember 1972 auch durch die DDR erklärten Bereitschaft, nach der Unterzeichnung des Grundvertrags die zuständigen Sportorganisationen bei den Absprachen zur Förderung der Sportbeziehungen zu unterstützen und damit eine Erleichterung des Sportverkehrs zu ermöglichen? Was hat die Bundesregierung ihrerseits nach Bekanntwerden der Schwierigkeiten des Deutschen Fußballbunds unternommen, um für den deutschen Fußballbundestrainer Helmut Schön doch noch die Erteilung der Einreiseerlaubnis zu erhalten? Es besteht kein Zweifel daran, daß der Antrag von Herrn Schön auf Erteilung eines Einreisevisums zum Besuch des Fußballspieles DDR/Rumänien von den zuständigen DDR-Behörden sehr schleppend behandelt worden ist. Die verspätete Zusage ist dabei praktisch als Absage zu werten. Einen direkten Bezug zu Ziffer 8 des Zusatzprotokolles zum Grundlagenvertrag sehe ich jedoch nicht, da diese Vertragsbestimmung Absprachen der Sportorganisationen beider deutschen Staaten zur Förderung der Sportbeziehungen zum Inhalt hat. Ich will aber nicht verhehlen, daß die im vorliegenden Fall geübte Verschleppungstaktik als sehr unsportlich zu bewerten ist. Was Ihre zweite Frage nach den Maßnahmen der Bundesregierung betrifft, so darf ich sie mit dem Hinweis beantworten, daß es zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Nichterteilung des Einreisevisums aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich war, etwas zu unternehmen. Wie Sie wissen, hat der Deutsche Fußballbund bereits am 27. 8. 1973 den Antrag für das Visum gestellt, aber erst am 25.9. 1973 im Wege seiner Presseerklärung mitgeteilt, daß Herr Schön keine Genehmigung zur Einreise in die DDR erhalten habe. Das Fußballspiel fand am 26. 9. 1973 statt. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 116) : Kennt die Bundesregierung den Zusammenhang zwischen einer Regelung der Anlaufrechte mit Kernenergie betriebener Containerschiffe und dem Bau eines weiteren Demonstrationscontainerschiffes mit Kernenergieantrieb in der Bundesrepublik Deutschland, und wann gedenkt die Bundesregierung, die Frage der Anlaufrechte befriedigend gelöst zu haben? Der von Ihnen erwähnte Zusammenhang ist der Bundesregierung wohl bekannt. Er bedeutet, daß der Baubeschluß für ein mit Kernenergie betriebenes Demonstrationscontainerschiff erst gefaßt werden kann, wenn mit einiger Sicherheit feststeht, daß dieses Schiff auch die Genehmigung zum Anlaufen der auf seiner Route liegenden Häfen für Containerfracht erhält. Dies ist eines der vorläufigen Ergebnisse der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Ausarbeitung angebotsreifer Unterlagen für ein Containerschiff mit Kernenergieantrieb. In dem zur Koordinierung dieser Aufgaben eingesetzten Projektkomitee, dem Vertreter aus Schiffbau, Schifffahrt, Reaktorbau und Forschung sowohl aus dem privaten wie dem öffentlichen Sektor angehören, hat das BMFT den Vorsitz, so daß dieses Ministerium und damit die Bundesregierung über die Arbeitsergebnisse unterrichtet ist. Im übrigen wurde von der Bundesregierung, der von ihr und den Küstenländern geförderten Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt (GKSS) und dem von dieser betriebenen ersten deutschen Reaktorschiff „Otto Hahn" bereits beträchtliche Vorarbeit geleistet. Das Problem ist, ausländische Häfen grundsätzlich dem Besuch von Reaktorschiffen zu eröffnen. Zu diesem Zweck wurden förmliche bilaterale Verträge über das Anlaufen ausländischer Hoheitsgewässer und Häfen mit 5 Ländern abgeschlossen (Niederlande, Liberia, Portugal, Argentinien, Brasilien). Außer Häfen in diesen Ländern hat die „Otto Hahn" aufgrund von Vereinbarungen, die durch Austausch diplomatischer Noten geschlossen wurden, Häfen in 10 weiteren Ländern besucht, insgesamt 22 Häfen in 15 Ländern. Mit weiteren voraussichtlichen Anlaufstaaten wurden Kontakte bereits aufgenommen. Da alle seefahrenden Nationen dem Londoner Schiffssicherheitsvertrag von 1960 angehören, in dem die Fragen der Schiffssicherheit auch für Reaktorschiffe geregelt sind, geht es vorwiegend um die Regelung von Einzelfragen und des Problems der Haftung für evtl. nukleare Schäden. Hier wird die Ratifikation des in der Antwort auf die erste Frage behandelten Brüsseler Übereinkommens sicherlich weiterhelfen. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3199* Eine befriedigende Lösung der Frage der Anlaufrechte hängt zeitlich nicht zuletzt von der Einstellung der Gastländer und der dort unter Umständen notwendig werdenden Gesetzgebung für Reaktorschiffe ab. Ich kann versichern, daß die Bundesregierung das Problem erkannt hat und seine nicht einfache Lösung mit Nachdruck verfolgt. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 5. Oktober 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 7/1044 Fragen A 119 und 120) : Ist es richtig, daß die Deutsche Bundespost hei Fernmelde- bzw. Fernsehtürmen in Einzelfällen die Kosten für die Einrichtung von Aussichtsplattformen übernommen hat, die der Offentlichkeit zugänglich sind? Auf Grund welcher Kriterien und in welcher Höhe sind gegebenenfalls Kosten übernommen worden? Bei den Fernmeldetürmen ist zu unterscheiden zwischen Fernmeldetypentürmen und Fernmeldesondertürmen. Fernmeldetypentürme, wie sie seit mehreren Jahren und gegenwärtig gebaut werden, sehen in keinem Fall die Einrichtung von Aussichtsplattformen vor, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten. Anders ist es bei Fernmeldetypentürmen älterer Bauart, zu denen u. a. der 1955 errichtete Turm auf dem Bungsberg in Schleswig-Holstein gehört. Dort befindet sich außer 3 Antennenplattformen noch eine untere Plattform für Montage-, Instandsetzungs- und Beobachtungszwecke. Der Grundstückseigentümer ließ sich für die Hergabe des Baugrundstücks das Recht einräumen, die untere Plattform gegen Entgelt Besuchern zugänglich zu machen. Kosten wurden dadurch nicht verursacht, weil keine zusätzlichen Baumaßnahmen für Publikumsverkehr getroffen wurden. Die Publikumseinrichtungen bei Fernmeldesondertürmen wie sie in Hamburg, München und Dortmund vorhanden sind, werden von den Nutznießern oder Eigentümern finanziert. Anlage 28 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 4. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Zimmermann (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 129) : Welche Einzelheiten sind der Bundesregierung über die Pläne der afrikanischen Terrororganisation Frelimo bekannt, als Ergebnis der kürzlich von ihrem Vertreter in Bonn geführten Gespräche ein europäisches Büro der Organisation in Bonn einzurichten, über das die finanziellen und materiellen Hilfsleistungen für die Terrororganisation aus dem europäischen Bereich geleitet werden sollen, und ist die Bundesregierung der Auffassung, daß durch die Verwirklichung der Pläne das deutsch-portugiesische Verhältnis eine zusätzliche Belastung erfahren würde? Der Bundesregierung ist nichts über Pläne der afrikanischen Organisation FRELIMO bekannt, als Ergebnis der kürzlich von ihrem Vertreter in Bonn geführten Gespräche ein europäisches Büro der Organisation in Bonn einzurichten. Die Frage, ob durch die Errichtung eines FRELIMO-Büros in Bonn das deutsch-portugiesische Verhältnis belastet würde, ist damit gegenstandslos. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 135) : Was hat die Bundesregierung gegen die Beschlagnahme deutscher Erdölförderrechte durch die libysche Regierung unternommen, und welche Schlußfolgerungen wird sie aus der konsequent unfreundlichen Haltung dieses Staates ziehen? Die Bundesregierung hat im Einvernehmen mit der von den jüngsten Verstaatlichungsmaßnahmen in Libyen betroffenen deutschen Firma von Schritten Abstand genommen. Die Bundesregierung hofft, daß bei den zwischen der deutschen Firma und den zuständigen libyschen Stellen stattfindenden Verhandlungen eine befriedigende Lösung gefunden wird. Im übrigen ist die Bundesregierung daran interessiert, die bestehenden Beziehungen zu Libyen fortzusetzen und zu entwickeln; sie hat Grund zu der Annahme, daß die libysche Regierung ihrerseits diesen Wunsch teilt. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 2. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 136) : Wie viele deutsche oder deutschstämmige Bewohner lichen in der Amtszeit des marxistischen Staatspräsidenten Allende aus politischen Gründen Chile verlassen, und wie viele haben in der Bundesrepublik Deutschland Aufnahme gefunden? Die Bundesregierung hat keine Möglichkeit, festzustellen, wie viele deutsche Bewohner Chile in dem genannten Zeitraum verlassen haben, um sich in Drittstaaten anzusiedeln. Über die Wanderungsbewegungen deutschstämmiger Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben, gibt es erst recht keine statistischen Angaben. Ich kann deshalb nur über die Anwesenheit chilenischer Staatsbürger im Bundesgebiet an bestimmten Stichtagen, sowie über die Rückwanderung deutscher Staatsbürger aus Chile in das Bundesgebiet Auskunft geben. Aus den Nachweisungen der Ausländerbehörden ergibt sich, daß sich am 30. September 1970, also kurz vor Regierungsantritt Präsident Allendes, 1824, am 31. Dezember 1971 2379 und am 30. September 1972 2138 chilenische Staatsbürger in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten haben. Nach der Wanderungsstatistik des Statistischen Bundesamtes, welches seine Informationen von den Einwohnermeldeämtern erhält, sind vom 1. Oktober 1970 bis 31. Dezember 1972 974 deutsche Staatsbürger aus Chile zurückgewandert. Der Bundes- 3200* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 regierung ist nicht bekannt, ob und gegebenenfalls wie viele von ihnen Chile aus politischen Gründen verlassen haben. Für das Jahr 1973 liegen noch keine statistischen Angaben vor. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vorn 3. Oktober 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache 7/1044 Fragen A 137 und 138) : Welche gegenseitigen Besucherzahlen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen lassen sich in den letzten fünf Jahren und welche Entwicklungserwartungen in diesem Bereich des persönlichen Kontakts zwischen den Bürgern beider Staaten feststellen? Sieht und het die Bundesregierung direkte oder indirekte Möglichkeiten, die finanziellen Belastungen von polnischen Besuchern, die auf Einladung von Bundesbürgern in die Bundesrepublik Deutschland kommen wollen, abzubauen? Zu Frage A 137: Die jeweiligen Jahresziffern der Reisenden aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland lauten wie folgt: 1969 38 761, 1970 45 173, 1971 57 456, 1972 95 307, 1. Halbjahr 1973 54 885. Die entsprechenden Jahresziffern der Reisenden aus der Bundesrepublik nach Polen lauten: 1969 25 662, 1970 36 284, 1971 53 834. Für das Jahr 1972 wurde uns von polnischer Seite die Zahl 65 000 und für die bisher abgelaufenen Monate des Jahres 1973 die Zahl 180 000 genannt. Diese Ziffern zeigen eine kontinuierliche Zunahme der Besucherzahlen, die wir sehr begrüßen. Die Bundesregierung erwartet, daß sich diese Entwicklung noch fortsetzen wird. Zu Frage A 138: Generelle Hilfen sind leider nicht möglich. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Gierenstein (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 140) : Hat die Bundesregierung Ungarn darauf aufmerksam gemacht, daß ihre Politik nach den Erklärungen des Bundesministers des Auswärtigen auf die Politische Union der Neun ausgerichtet ist, und was hat sie insbesondere getan, um der vom ungarischen Außenminister am 19. September 1973 vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen aufgestellten Behauptung entgegenzutreten, Bundeskanzler Willy Brandt und seine Regierung sollten auch auf das Wohl des eigenen Volkes bedacht die Bundesrepublik Deutschland zu einem organischen Glied der Zusammenarbeit der europäischen Länder machen -- nicht an ein „KleinEuropa", sondern an ganz Europa denken? Die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, sich mit dem ihre Europapolitik betreffenden Passus der Rede des ungarischen Außenministers auseinanderzusetzen. Der Herr 'Bundesminister des Auswärtigen hat in seiner Rede, die er aus Anlaß der Aufnahme der Bundesrepublik in die VN am 19. 9. nach der in der Frage des Herrn Abgeordneten zitierten Ansprache des ungarischen Außenministers gehalten hat, erklärt, die Bundesrepublik Deutschland empfinde ihre Mitarbeit an dem großen europäischen Einigungswerk der Neun als Kernstück ihrer Politik. Die Bundesregierung sieht wie ihre Vorgängerinnen die Gemeinschaft der Neun und die von diesen Staaten angestrebte Europäische Union als Baustein einer Friedensordnung in Europa, in deren Rahmen sich die Vertiefung und Ausweitung der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen der europäischen Völker vollziehen kann. Die Bundesregierung ist im Rahmen ihrer auf Entspannung und Zusammenarbeit gerichteten Politik sowohl für den Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten als auch für engere Beziehungen der Europäischen Gemeinschaften zu diesen Ländern eingetreten. Diese Politik der Bundesregierung ist der ungarischen Volksrepublik bekannt. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 5. Oktober 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage A 141) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß von deutscher Seite die Dinge der Berlinfrage ein wenig überzogen wurden? Die Bundesregierung hat ihre Position in der Berlin-Frage nicht überzogen. Sie hat sich stets bemüht und wird dies auch in Zukunft tun, dem Gesichtspunkt der strikten Einhaltung und vollen Anwendung des Viermächte-Abkommens Rechnung zu tragen. Im übrigen verweise ich auf die Erklärungen der Bundesregierung in der Sitzung des Bundestages am 3. Oktober 1973. Anlage 34 Antwort des Bundesministers Genscher vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen B 1 und 2) : Ist es beabsichtigt, die im Programm für die innere Sicherheit in der Bundesrepublik Teil I — Beilage zu GMB1. Nr. 31/1972 —der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder noch vom Juni 1972 in ihrer besonderen Funktion und technischen Ausrüstung hervorgehobene Technische Grenzschutzabteilung ersatzlos aufzulösen, trotz der hiergegen bestehenden erheblichen Bedenken, die dahin gehen, daß ohne diese Abteilung bei einer ungünstigen Entwicklung der inneren Sicherheit technische Probleme eingetretener Katastrophen im Gegensatz zum Technischen Hilfswerk und der Feuerwehr nur durch diese Abteilung unter Anwendung unmittelbaren Zwanges gelöst werden können? Ist bereits zu übersehen, welche Mehrkosten auf den Bund zukommen, falls die Auflösung der Technischen Abteilung des Bundesgrenzschutzes dazu führt, daß die technischen und handwerklichen Tätigkeiten der Abteilung, die bisher in großem Umfang innerhalb des Bundesgrenzschutzes zur Anwendung gekommen sind, wegfallen und zivile Kräfte verstärkt herangezogen werden müssen? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3201 Zu Frage B 1: Eine ersatzlose Auflösung der Technischen Abteilungen des BGS ist nicht 'beabsichtigt. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß im Zuge der Maßnahmen zur Anpassung der Struktur des BGS an das neue BGS-Gesetz und seine Einordnung in das Programm für die Innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland eine gewisse Änderung der Ausbildung und Ausstattung der Technischen Abteilungen des BGS erforderlich wird, um diese zu befähigen, die Polizeien der Länder noch besser als bisher unterstützen zu können. Eine endgültige Entscheidung ist insoweit noch nicht gefallen. Die besonders hohen Anforderungen, die zur Zeit an den BGS im Raum Bonn gestellt werden, haben mich allerdings dazu gezwungen, eine Umgliederung der in St. Augustin bei Bonn untergebrachten Technischen Abteilung des Grenzschutzkommandos Mitte anzuordnen. Diese Maßnahme dient dem Zweck, die Einsatzfähigkeit der Technischen Abteilung Mitte zur Erfüllung von Sicherungsaufgaben im Raum Bonn zu erhöhen. Zu Frage B 2: Da eine ersatzlose Auflösung der Technischen Grenzschutzabteilungen nicht beabsichtigt ist, können durch eine solche Maßnahme auch keine Mehrkosten entstehen. Ich kann allerdings nicht ausschließen, daß die in der Antwort zu 1 als möglich bezeichnete Änderung von Ausbildung und Ausstattung der Technischen Grenzschutzabteilungen die Wahrnehmung technischer und handwerklicher Tätigkeiten durch die Abteilungen nicht mehr im bisherigen Umfang zuläßt. Sollten danach gewisse Mehrkosten entstehen, so sind diese in jedem Falle erheblich geinger als die Kosten für die Aufstellung neuer zusätzlicher Verbände und Einheiten des BGS für die Aufgaben, zu deren Erfüllung die Technischen Abteilungen nach Änderung ihrer Ausbildung und Ausstattung herangezogen werden sollen. Anlage 35 Antwort des Bundesministers Genscher vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wende (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 3) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Schweden vorgesehen ist, den Schwefelgehalt der Heizöle bis 1975 stufenweise auf 1,2 % zu reduzieren und daß auch in Japan in den Jahren 1973/74 120 Millionen Tonnen Heizöl auf 1,2 % entschwefelt werden sollen, während man die technisch ausgereiften Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht anwendet, und falls dies zutrifft, wann ist beabsichtigt, diese erprobten Verfahren auch in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden? Es ist der Bundesregierung bekannt, daß Schweden und Japan erhebliche Anstrengungen machen, um den Schwefelgehalt der Heizöle zu reduzieren. Nach dem mir vorliegenden Bericht zur Umweltplanung in Schweden ist dort seit einigen Jahren ein allgemeines Verbot für das Inverkehrbringen von Heizölen mit mehr als 2,5 % Schwefel in Kraft. Lediglich in Stockholm und Göteborg ist der Maximalschwefelgehalt auf 1 % festgesetzt worden. Im Laufe dieses Jahres wird auch das bedeutendste Stadtgebiet in Südschweden. Malmö-Lund, in diese Begrenzung des Schwefelgehalts einbezogen werden. In Japan wird durch gesteigerte Einfuhr von Rohund Schweröl mit niedrigem Schwefelgehalt und Errichtung von Anlagen zur Entschwefelung der Heizöle angestrebt, den Durchschnittsgehalt von als Brennstoff verbrauchtem Heizöl auf 1,2 Gewichtsprozent zu senken. Nach Auskunft des japanischen Ministeriums für Handel und Industrie sollen im Berichtszeitraum 1.4.1973 bis 1.4.1974 6 Mio t schweres Heizöl auf einen Schwefelgehalt von 1,2 % und ca. 45 Mio t Heizöl S auf einen Schwefelgehalt von 1,5 % gebracht werden. Die Bundesregierung wird unverzüglich nach Erlaß des Bundes-Immissionsschutzgesetzes von der dort vorgesehenen Ermächtigung zur Begrenzung des Schadstoffgehalts in Brennstoffen (§ 32 Entwurf Bundesimmissionsschutzgesetz) Gebrauch machen. Es ist beabsichtigt, im Rahmen eines mittelfristigen Stufenplans den Schwefelgehalt von schwerem Heizöl mit allen zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten herabzusetzen. Von dieser Regelung werden nur die Heizöle ausgenommen, die in Anlagen verwendet werden, in denen der Schwefel an Produkt oder Schlacke gebunden oder durch eine Rauchgasentschwefelung unschädlich beseitigt wird. Bei dieser Vorstellung gehe ich davon aus, daß bis 1980 auch in der Bundesrepublik großtechnische Anlagen zur Entschwefelung von schwerem Heizöl in Betrieb sind. Mit diesem Programm befinde ich mich in Übereinstimmung mit dem Länderausschuß für Immissionsschutz, der in seiner 18. Sitzung am 12./14. September in Goslar nachdrücklich meine Absicht begrüßt hat. In der Resolution des Länderausschusses wird u. a. gefordert, daß bis spätestens 1985 der Schwefelgehalt von schwerem Heizöl auf 0,8 % und in Teilmengen auf 0,5 % begrenzt wird. Gleichzeitig bemühe ich mich, auch bei den Europäischen Gemeinschaften ein entsprechendes Programm zu erreichen. Allerdings lassen die bisher geführten Gespräche noch keine Aussage über Erfolgsaussichten für eine gemeinsame europäische Richtlinie zu. Mit einer weiteren Durchführungsverordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz soll eine radikale Begrenzung des Schwefelgehalts im leichten Heizöl eingeführt werden. Wesentlich kurzfristiger als die Begrenzung des Schwefelgehalts in schwerem Heizöl wird sich diese Reduzierung des Schwefelgehalts in leichtem Heizöl auf maximal 0,3 % realisieren lassen. Damit sollen die Emissionen aus mit diesem Heizöl betriebenen häuslichen und kleingewerblichen Feuerungsanlagen schon in der Heizperiode 1977/78 auf die Hälfte vermindert werden. Ich erhoffe von dieser Maßnahme eine besonders günstige Auswirkung auf die Situation in den dichten Siedlungsgebieten. Der Länderausschuß hat dieses Programm begrüßt. Ich erwarte, daß die Kommission der Europäischen Gemeinschaften auch ihrerseits alsbald einen Richt- 3202* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 linienentwurf vorlegen wird, der diesen unseren Zielsetzungen für leichtes Heizöl Rechnung trägt. Entsprechende Vorarbeiten in den Sachverständigen-Ausschüssen der Kommission sind bereits zum Abschluß gebracht worden. Anlage 36 Antwort des Bundesministers Genscher vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Stahl (Kempen) (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 4) : Wie beurteilt und fördert die Bundesregierung die Anschaffung von mechanischen Stimmzählgeräten für Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen durch die Städte und Gemeinden, um größere Wahlstimmbezirke schaffen zu können und schnellere Ergebnisse zu erhalten bei Erwerb durch die Gemeinden und Städte in den Bundesländern? Nach § 35 Abs. 3 des Bundeswahlgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juli 1972 (BGBl. I S. 1100, 1849) in Verbindung mit § 1 der Verordnung über die Verwendung von Stimmenzählgeräten bei Wahlen zum Deutschen Bundestag vom 24. August 1961 (BGBl. I S. 1618) können bei Bundestagswahlen anstelle von Stimmzetteln Stimmenzählgeräte zugelassen und verwendet werden. Für die Zulassung und Verwendung dieser Geräte bei Bundestagswahlen ist der Bundesminister des Innern zuständig. Die Anschaffung von Stimmenzählgeräten ist ausschließlich Angelegenheit der Gemeinden, auf deren Entscheidung der Bundesminister des Innern keinen Einfluß hat. Für Bundestagswahlen sind Stimmenzählgeräte nachstehenden Typs allgemein zugelassen: a) Stimmenzählgerät System Darmstadt (Hersteller Feinmaschinenbau F. Eller, Darmstadt-Eberstadt) b) Stimmenzählgerät TN-„Schematus" (Hersteller Telefonbau und Normalzeit GmbH, Frankfurt am Main). Für beide Geräte ist die Genehmigung zur Verwendung zuletzt bei der Bundestagswahl 1972 erteilt worden. Erstmalig bei der Bundestagswahl 1961 sind 20 Stimmenzählgeräte des Systems Darmstadt eingesetzt worden. Der Bundesminister des Innern gewährte hier eine einmalige „Starthilfe" in der Form, daß in Wahlbezirken, in denen Stimmenzählgeräte eingesetzt wurden, bei der Wahlkostenerstattung zusätzlich je Wahlberechtigten ein Pauschbetrag von 1, DM gewährt worden ist. Stimmenzählgeräte werden seitdem bei Bundestagswahlen (das gleiche gilt für Landtags- und Kornmunalwahlen) nur in den Ländern Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Hessen und RheinlandPfalz verwendet. Bei der Bundestagswahl 1972 betrug ihre Zahl in Schleswig-Holstein 16 Geräte (Kiel, Schleswig) Nordrhein-Westfalen 86 Geräte (Raum Wiedenbrück, Paderborn) Hessen etwa 800 Geräte (Hanau, Raum Offenbach, Süd-Hessen) Rheinland-Pfalz 52 Geräte (überwiegend in Worms). Zur Frage der Verwendungsfähigkeit von Stimmenzählgeräten äußerten sich die Landeswahlleiter in einem Erfahrungsaustausch mit dem Bundeswahlleiter über die Bundestagswahl 1972 wie folgt: „Stimmenzählgeräte seien für frühzeitige Hochrechnungen der Wahlergebnisse im Prinzip zwar nützlich, jedoch sei der Zeitgewinn im ganzen relativ unbedeutend. Einer weiteren Verbreitung von Stimmenzählgeräten von Amts wegen könne man nur nähertreten, wenn sichergestellt wäre, daß die Geräte billiger angeschafft werden könnten, die Geräte selbst kleiner würden (mit Rücksicht auf den Lagerplatz), die Störanfälligkeit reduziert wird (von den 86 in Nordrhein-Westfalen aufgestellten Geräten seien bei der letzten Wahl 11 ausgefallen) und wenn sichergestellt werden könne, daß repräsentative statistische Auswertungen weiterhin möglich sind." Im Hinblick auf diese zurückhaltende Beurteilung des Einsatzes von Stimmenzählgeräten, die von den Ländern auch bezüglich der Verwendung von Stimmenzählgeräten bei Landtags- und Kommunalwahlen abgegeben worden ist, sehe ich derzeit keine Veranlassung, die Anschaffung dieser Geräte aus Bundesmitteln zu fördern. Die Zuständigkeit für die Zulassung und Verwendung von Stimmenzählgeräten bei Landtags- und Kommunalwahlen liegt bei den Ländern. Soweit mir bekannt ist, lassen die Wahlsysteme in einigen Ländern die Verwendung von Stimmenzählgeräten bei Landtags- bzw. Kommunalwahlen nicht zu. Anlage 37 Antwort des Bundesministers Genscher vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Flämig (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 5) : Ist die Bundesregierung bereit, die Richtigkeit der am 1. September 1973 in Langenselbold öffentlich erhobenen Behauptungen nachzuprüfen und gegebenenfalls dazu Stellung zu nehmen, daß Dienststellen der US-Streitkräfte Telefone von 1230 Bürgern in Stadt und Landkreis Hanau abhören bzw. abgehört haben sollen? Öffentliche Vorwürfe gegen Dienststellen der US- Streitkräfte in der Bundesrepublik, wie sie in Ihrer Frage wiedergegeben sind, wurden bereits im Juli 1973 in anderem Zusammenhang erhoben. Ein Staatssekretärsausschuß der Bundesregierung hat aufgrund der von den zuständigen Stellen geführten Ermittlungen diese Vorwürfe geprüft. Wegen des Ergebnisses der Prüfung verweise ich auf die Pressemitteilung des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung vom 2. August 1973. Sie lautet: Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3203* „Ein Staatssekretärsausschuß der Bundesregierung hat am 2. August 1973 in Bonn das Ergebnis von Ermittlungen erörtert, die im Zusammenhang mit öffentlich erhobenen Behauptungen eingeleitet worden waren, wonach amerikanische Dienststellen das deutsche Recht unter Eingriff in das Fernmeldegeheimnis verletzt hätten. An dieser Sitzung nahmen unter Vorsitz des Chefs des Bundeskanzleramtes die Staatssekretäre der Bundesministerien des Innern, des Auswärtigen, der Verteidigung, der Justiz, für das Post- und Fernmeldewesen, für innerdeutsche Beziehungen und des Bundespresseamtes teil. Die zuständigen Behörden haben die genannten öffentlich erhobenen Vorwürfe über angebliche illegale Abhörpraktiken im Bundesgebiet im einzelnen sorgfältig geprüft. Die Ermittlungen haben ergeben, daß die Vorwürfe unbegründet sind, wonach amerikanische Dienststellen in der Bundesrepublik unter Verletzung deutschen Rechts in das Fernmeldegeheimnis eingegriffen haben. Im Bereich der Bundesrepublik Deutschland sind Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses nur nach dem Gesetz zu Artikel 10 GG vom 13. August 1968 und nur durch deutsche Behörden möglich. Die Fälle möglicher Beschränkungsmaßnahmen sind im Gesetz zu Artikel 10 GG abschließend genannt. Dazu gehören auch Beschränkungsmaßnahmen im Interesse der Sicherheit der Stationierungsstreitkräfte in der Bundesrepublik. Auf Grund des Zusatzabkommens zum NATO- Truppenstatut vom 3. August 1959 und entsprechender Vereinbarungen mit den Drei Mächten können diese im obengenannten Fall beim Bundesamt für Verfassungsschutz oder beim Bundesnachrichtendienst entsprechende Maßnahmen anregen, nicht verlangen. Die Entscheidung über eine Anordnung treffen ausschließlich entweder der Bundesminister des Innern in den Fällen des Paragraphen 2 oder der Bundesminister der Verteidigung in den Fällen des Paragraphen 3 des Gesetzes zu Artikel 10 GG. Das auf Grund einer solchen Beschränkungsmaßnahme anfallende Material wird den ermächtigten Beauftragten der Drei Mächte übergeben, soweit dieses Material für Sicherheitsbelange der Drei Mächte von Bedeutung ist. Von der obengenannten Möglichkeit, eine Überwachungsmaßnahme anzuregen, ist von den Drei Mächten wiederholt Gebrauch gemacht worden. In einem Teil der Fälle ist der Anregung entsprochen worden. Alle Fälle dieser Art haben die Zustimmung der im Gesetz zu Artikel 10 GG vorgesehenen Dreier-Kommission gefunden. Die Kommission, die aus Vertetern der drei im Bundestag vertretenen Parteien besteht, hat in keinem Falle eine Verletzung der Grundrechte festgestellt. Die Deutsche Bundespost hat die Maßnahmen nach diesem Gesetz durch entsprechende Schaltungen technisch zu ermöglichen. Es kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden, daß die Deutsche Bundespost bei Überwachungsmaßnahmen im Post- und Fernmeldeverkehr ohne Vorliegen einer entsprechenden Anordnung mitwirkt. Von illegalen Eingriffen in das öffentliche Fernmeldenetz der Bundesrepublik, wie sie zur Zeit in der Presse dargestellt werden, ist dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen nichts bekannt. Die zuständigen amerikanischen Behörden werden von der Bundesregierung auf dem dafür üblichen Wege vom Ergebnis dieser Ermittlungen in Kenntnis gesetzt." Diese Feststellungen treffen auch für die in Ihrer Frage wiedergegebenen Behauptungen zu. Anlage 38 Antwort des Bundesministers Genscher vom 4. Oktober 1974 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 6): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den schwierigen und aufreibenden Tätigkeiten des beamteten Pflegepersonals in Nervenkrankenhäusern durch eine funktionsgerechte besoldungsmäßige Einstufung schnellstmöglichst zu entsprechen? Die Bundesregierung sieht es als eine der wichtigsten Aufgaben ihrer künftigen Besoldungspolitik an, die Besoldung stärker als bisher an den wahrgenommenen Funktionen auszurichten. Diesem Vorhaben dient die Konkretisierung der Ämterbewertung, durch die den einzelnen Ämtern Funktionen zugeordnet werden sollen. Kernstück des Entwurfs eines 2. Bundesbesoldungsvereinheitlichungs- und Neuregelungsgesetzes (2. BesNVG), das als Referentenentwurf vorliegt, ist es deshalb, auf der Grundlage eines einheitlichen Besoldungsrechts für Bund und Länder die Struktur der Besoldung auf eine Bewertung der Funktionen nach objektiven Kriterien umzustellen und die zur Durchführung dieser Maßnahmen notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Ich gehe davon aus, daß im Rahmen dieses Vorhabens das angesprochene Problem unter Berücksichtigung der besonderen Erschwernisse des beamteten Pflegepersonals in Nervenkrankenhäusern baldmöglich in die Prüfung einbezogen werden kann. Allerdings wird es nicht möglich sein, sofort für alle Dienstzweige und Berufsgruppen die Funktionen den Ämtern zuzuordnen. Vorgesehen ist deshalb ein Stufenplan, in dem Prioritäten festzulegen sind. In meinem Hause sind bereits vorbereitete Maßnahmen mit dem Ziele eingeleitet worden, die Angelegenheit beschleunigt voranzutreiben. Im übrigen bemerke ich, daß nach der Erschwerniszulagenverordnung vom 19. Dezember 1972 (BGBl. I S. 2507) gemäß § 3 Abs. 1 Beamte des mittleren Dienstes, die ständig Kranke in psychiatrischen Krankenanstalten, Abteilungen oder Stationen pflegen, eine Zulage erhalten können; nach Absatz 2 dieser Vorschrift gelten vorhandene, entsprechende Länderregelungen fort. Es ist beabsichtigt, 3204* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 die Regelungen des § 3 Abs. 1 und 2 der genannten Verordnung auch über den 31. Dezember 1973 hinaus bis auf weiteres aufrechtzuerhalten. Anlage 39 Antwort des Bundesministers Genscher vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 7) : Kann die Bundesregierung die Ausführungen des Referenten für Reaktorsicherheitstragen im Bundesinnenministerium vor der technischen Vereinigung der Großkraftwerksbetreiber erläutern, in denen — nach Zeitungsberichten — festgestellt wurde, „Es wird noch einige Jahre dauern, bis eine Entscheidung darüber fällt, ob Kernkraftwerke künftig auch in Stadtnähe oder in bzw. bei Industriebetrieben gebaut werden können", und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Planungen zum Beispiel fair ein Großkernkraftwerk bei Schweinfurt? Auf der Konferenz „Bautechnik in Wärmekraftwerken 1973" der Vereinigung der Großkraftwerksbetreiber am 25./26. September 1973 referierte ein Vertreter der Unterabteilung Reaktorsicherheit und Strahlenschutz über die — im Rahmen des vom BMI angestrebten hohen Sicherheitsniveaus — bei kerntechnischen Anlagen unter anderem erforderlichen „Schutzmaßnahmen gegen äußere Einwirkungen bei Kernkraftwerken". In der anschließenden Diskussion wurde auch die Frage nach den Genehmigungsaussichten für das auf dem Werksgelände der Badischen Anilin und Sodafabrik (BASF) in Ludwigshafen geplante Kernkraftwerk gestellt. Im Hinblick auf dieses in der Welt bisher einmalige Projekt eines industrienahen und an dichtbesiedelte Großstadtgebiete angrenzenden Kernkraftwerks verwies der Vertreter des BMI auf die Zurückstellung einer Genehmigungsentscheidung im Jahre 1970 durch den damaligen Bundesminister Prof. Leussink. Es wurde weiter ausgeführt, daß die in der Zwischenzeit vom Antragsteller vorgelegten Vorschläge zur Lösung der für diesen Standort speziellen Sicherheitsfragen derzeit von den entsprechenden Fachgremien geprüft werden, daß aber noch umfangreiche theoretische und experimentelle Arbeiten durchgeführt werden müssen — die noch einige Jahre dauern können bevor eine Entscheidung in diesem Genehmigungsverfahren gefällt werden kann. Die Standortsituation des bei Grafenrheinfeld (Raum Schweinfurt) geplanten Kernkraftwerks kann bezüglich Besiedlungsdichte und Industrienähe etwa mit Standorten verglichen werden, die bisher in der Bundesrepublik und auch im Ausland schon genehmigt wurden. Insofern ergibt sich keine unmittelbare Konsequenz aus der Haltung gegenüber dem BASF-Projekt. Die Bundesregierung wird jedoch bei ihrer Prüfung des beantragten Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld sehr strenge sicherheitstechnische Maßstäbe anlegen und dabei auch die im Rahmen der BASF-Untersuchungen anfallenden Ergebnisse berücksichtigen. Da das atomrechtliche Genehmigungsverfahren jedoch erst vor kurzer Zeit eingeleitet wurde, ist eine konkrete Aussage über die Genehmigungsaussichten eines Kernkraftwerkes im Raum Schweinfurt nicht möglich. Anlage 40 Antwort des Bundesministers Genscher vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 8) : Trifft die in der „Report"-Sendung des Deutschen Fernsehens am 24. September 1973 gemachte Behauptung zu, daß der Leiter der Vorprüfungsstelle des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ein ehemaliger SS-Offizier ist, und hält die Bundesregierung bejahendenfalls diese Stellung far eine angemessene Verwendung eines so vorbelasteten Beamten? Der Leiter der Vorprüfung im Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat diese Funktion seit 1. Mai 1969 inne. Er hat seit diesem Zeitpunkt keinen Anlaß zur Beanstandung seiner Tätigkeit gegeben. Seine frühere Zugehörigkeit zur Waffen-SS war im Zeitpunkt seiner Bestellung bekannt. Im einzelnen ergibt sich hierzu aus dem Bescheid der Spruchkammer Hilpoltstein vom 17. März 1948 folgendes: Er wurde im Rahmen einer allgemeinen Aktion zur Waffen-SS eingezogen, und zwar zur Division „Prinz Eugen". Er war zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre alt, bei Kriegsende war er 25 Jahre alt. Wie aus dem Bescheid der Spruchkammer weiter zu entnehmen ist, hatte er zuletzt den Dienstgrad eines Untersturmführers der Reserve. Ferner ergibt sich aus dem Bescheid, daß er als Volksdeutscher aus Jugoslawien weder die Möglichkeit hatte, sich der Einziehung zu entziehen, noch sich für einen Dienst in der Wehrmacht zu entscheiden. Angesichts dieses Sachverhalts, der bei der Bestellung bekannt war, und angesichts der Tatsache, daß — wie ich schon ausgeführt habe — dem Betreffenden wegen der Ausübung seines Dienstes im Rahmen des Asylverfahrens keine Vorwürfe gemacht werden können, würde ich es nicht für vertretbar halten, ihn von seiner jetzigen Tätigkeit abzulösen. Eine pauschalierende Beurteilung halte ich nicht für gerechtfertigt. Etwas anderes wäre es, wenn dem Beamten wegen der Ausübung seines Dienstes in der Waffen-SS Vorwürfe gemacht werden könnten. Dies ist jedoch von keiner Seite geschehen. Anlage 41 Antwort des Bundesministers Genscher vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wohlrabe (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen ,B 9 und 10) : Welche Bemühungen unternimmt die Bundesregierung — insbesondere in finanzieller Hinsicht — damit die Filmfestspiele in Berlin im Jahre 1974 wieder eine Bedeutung erhalten, die sich mit den internationalen Filmfestivals in Cannes, Venedig oder Moskau vergleichen läßt? Welche Zuwendungen wurden in den Haushaltsjahren 1968 bis 1973 für die Filmfestspiele in Berlin zur Verfügung gestellt nach A-Festival und Forum Junger Film getrennt, und beabsichtigt die Bundesregierung, für das Haushaltsjahr 1974 eine angemessene Erhöhung der Mittel, insbesondere für das von der großen Mehrheit besuchte A-Festival, in Zukunft vorzunehmen? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung, Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3205* 1. Der Bundesregierung sind die Sorgen und Wünsche bekannt, die seit einiger Zeit im Hinblick auf die Internationalen Filmfestspiele Berlin geäußert werden. Sie ist gemeinsam mit dem Land Berlin als Mitgesellschafter der die Internationalen Filmfestspiele Berlin veranstaltenden Berliner Festspiele GmbH ernsthaft bemüht, diesen Sorgen und Wünschen im Rahmen des Möglichen Rechnung zu tragen. Hierbei wird der Zuschnitt anderer internationaler Filmfestspiele mit in Betracht zu ziehen sein, obwohl nicht übersehen werden kann, daß sowohl zwischen den genannten Filmfestspielen wie auch zwischen diesen und den Internationalen Filmfestspielen Berlin Unterschiede bestehen. 2. Zur Struktur der Internationalen Filmfestspiele Berlin hat das Kuratorium der Berliner Festspiele GmbH 1970 eine Neukonzeption beschlossen, die 1971 erstmals praktiziert wurde und insbesondere die Gliederung der Internationalen Filmfestspiele Berlin in das traditionelle A-Festival und das Internationale Forum des jungen Films vorsieht. Diese Neukonzeption hat sich nach ganz überwiegender Meinung bewährt und den Internationalen Filmfestspielen Berlin ein eigenständiges Profil gegeben. Auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen wird im Kuratorium der Berliner Festspiele GmbH unter maßgeblicher Beteiligung des Bundesinnenministeriums geprüft, welche weiteren Maßnahmen im Interesse des Ansehens der Internationalen Filmfestspiele Berlin angestrebt werden sollten. 3. Die Bundesregierung verkennt nicht, daß derartige Maßnahmen mit der Frage der finanziellen Ausstattung der Internationalen Filmfestspiele Berlin teilweise in enger Wechselbeziehung stehen. Da es sich bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin um eine von mehreren Veranstaltungen der Berliner Festspiele GmbH handelt, kann diese Frage aber nur im Gesamtzusammenhang der Aufgaben und des Haushalts dieser Gesellschaft gelöst werden. Ein wichtiger Schritt zu diesem Ziel soll die Erarbeitung einer mittelfristigen Finanzplanung der Gesellschaft sein, mit der sich das Kuratorium der Berliner Festspiele GmbH demnächst befassen wird. Unabhängig hiervon beabsichtigt jedoch die Bundesregierung, über den in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes ursprünglich vorgesehenen Zuschuß an die Berliner Festspiele GmbH hinaus 1974 eine weitere Zuwendung in Höhe von 50 000 DM gesondert für die Verbesserung der finanziellen Situation der Internationalen Filmfestspiele Berlin zu gewähren. Der gleiche Betrag ist vom Land Berlin zu erwarten, so daß den Internationalen Filmfestspielen Berlin 1974 100 000 DM zusätzlich zum bisherigen Ansatz zur Verfügung stehen dürften. 4. In den Jahren 1968 bis 1973 erhielten die Internationalen Filmfestspiele Berlin im wesentlichen folgende Mittel (aufgerundet auf volle tausend DM) : 1968 (Ist-Betrag) 1 007 000 DM 1969 (Ist-Betrag) 1 129 000 DM 1970 (Ist-Betrag) 1 084 000 DM 1971 (Ist-Betrag) a) Wettbewerb: 1 072 000 DM b) Forum: 350 000 DM 1972 (Ist-Betrag) a) Wettbewerb: 1 148 000 DM b) Forum: 400 000 DM 1973 (Soll-Betrag) a) Wettbewerb: 1 253 000 DM b) Forum: 416 000 DM Die jeweiligen Zahlen enthalten auch die für ständiges Personal sowie für Zeitkräfte aufgewandten Mittel. Da ständiges Personal wie Zeitkräfte im Rahmen der Berliner Festspiele GmbH zu einem nicht geringen Teil nicht nur für die Internationalen Filmfestspiele Berlin, sondern auch für andere Veranstaltungen der Gesellschaft tätig werden, der auf die einzelnen Veranstaltungen entfallende Anteil der Tätigkeiten jedoch nur schwer festzustellen ist, mußte insoweit, insbesondere für den Wettbewerb, von Näherungswerten ausgegangen werden. Zu den jeweiligen Zahlen kommen noch hinzu gewisse Aufwendungen für Porto- und Fernsprechkosten sowie für verschiedene Verwaltungsaufgaben. Die genauen Beträge sind nicht eindeutig zu ermitteln, da in umfassenden Titeln mit enthalten. 5. Für 1974 sind nach dem bisherigen Wirtschaftsplan der Berliner Festspiele GmbH für die Internationalen Filmfestspiele Berlin folgende Mittel vorgesehen: a) Wettbewerb 1 303 000 DM b) Forum 432 000 DM Zu diesen Summen wird, wie oben unter Ziff. 3 ausgeführt, aller Voraussicht nach ein weiterer Betrag von 100 000 DM hinzutreten, über dessen Aufteilung auf Wettbewerb und Forum das Kuratorium der Berliner Festspiele GmbH zu entscheiden hat. Damit würden die den Internationalen Filmfestspielen Berlin im Jahre 1974 zur Verfügung stehenden Mittel gegenüber den Soll-Zahlen von 1973 um rund 166 000 DM höher liegen, was einer — im Verhältnis zum Gesamthaushalt der GmbH überproportionalen — Steigerung um immerhin rund 10 % entspricht. Anlage 42 Antwort des Pari. Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen B 11 und 12) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung häufig dadurch umgangen wird, daß Verwandte des ausgeschlossenen Personen- 3206* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 kreises Maklerfirmen gründen, oder daß die ausgeschlossenen Personen, wenn sie gleichzeitig Makler sind, mit anderen Maklern eine Absprache treffen, wonach sie gegenseitig ihre verwalteten Wohnungen vermitteln, und welche gesetzgeberischen Maßnahmen gegen solche Verstöße gegen den Zweck des Gesetzes gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen? Ist der Bundesregierung bekannt, daß der bei einem Verstoß gegen § 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung nach § 5 eingeräumte Rückzahlungsanspruch wegen der zu befürchtenden Konfrontation zwischen Mieter rind Verwaltung praktisch wirkungslos ist, und ist die Bundesregierung bereit, Verstöße gegen § 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung einer Überprüfung durch die Gewerbeämter von Amts wegen zu unterwerfen sowie mit der Sanktion einer eventuellen Gewerbeuntersagung und der Qualifizierung als Ordnungswidrigkeit zu ahnden? Zu Frage B 11: Die Bundesregierung hat vor kurzem Kenntnis davon erhalten, daß im Bereich des Landes Hamburg Fälle bekanntgeworden sind, in denen Makler von ihnen selbst verwaltete Wohnungen wechselseitig entgeltlich vermitteln ließen. Im übrigen kann die Bundesregierung nicht ausschließen, daß auch auf andere Weise versucht wird, den in § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vorgesehenen Ausschluß bestimmter Personen von der entgeltlichen Wohnungsvermittlung zu umgehen, z. B. dadurch, daß Ehegatten oder Verwandte des ausgeschlossenen Personenkreises eine entgeltliche Vermittlung übernehmen. Die Möglichkeiten einer Umgehung der in § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung enthaltenen Vorschriften sowie deren Verhinderung sind bereits bei der Vorbereitung und Beratung dieses Gesetzes in Betracht gezogen worden, jedoch wurde aus verschiedenen Gründen von der Aufnahme weiterer Ausschlußtatbestände in die Vorschrift des § 2 Abs. 2 abgesehen. Einmal mußte davon ausgegangen werden, daß eine erschöpfende Erfassung aller Umgehungsmöglichkeiten in keinem Falle möglich ist. Sodann ergaben sich erhebliche Schwierigkeiten der Abgrenzung gegenüber solchen Fällen, in denen der Verdacht einer Umgehung auf den ersten Blick zwar naheliegt, eine Umgehung aber von Rechts wegen nicht angenommen werden kann. So schien es z. B. aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich, allein an die Tatsache einer Ehe oder eines Verwandtschaftsverhältnisses zwischen dem Wohnungsvermittler und einer von der entgeltlichen Vermittlung ausgeschlossenen Person die Vermutung einer Gesetzesumgehung zu knüpfen. Schließlich schien es zweifelhaft, ob die Effektivität des Gesetzes durch weitere Ausschlußtatbestände gesteigert würde, zumal offen zutage liegende Umgehungsfälle schon nach den Grundsätzen des geltenden Rechts erfaßt werden können und die hauptsächlichen Schwierigkeiten auf dem Gebiete der Beweisbarkeit liegen dürften. Die im Bereich des Landes Hamburg bekanntgewordenen Mißstände sind zum Anlaß für Tatsachenerhebungen auch in den anderen Bundesländern genommen worden. Nach Abschluß dieser Erhebungen wird die Bundesregierung prüfen, ob eine Ergänzung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung geboten ist. Zu Frage B 12: Die Bundesregierung hat bisher keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, daß sich .der dem Wohnungssuchenden nach § 5 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung eingeräumte Rückzahlungsanspruch in der Praxis als wirkungslos erwiesen habe. Die Frage, ob das Fordern von Entgelten, die nach § 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung nicht begründet sind, neben der zivilrechtlichen Sanktion auch als Ordnungswidrigkeit qualifiziert werden sollte, ist ebenfalls schon bei der Vorbereitung des Gesetzes geprüft worden. Von einer Bewehrung der zivilrechtlichen Ansprüche nach § 5 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung mit einer Bußgelddrohung ist seinerzeit aus rechtssystematischen Gründen abgesehen worden. In der praktischen Durchsetzbarkeit würde die Qualifizierung des gesetzwidrigen Forderns von Entgelten als Ordnungswidrigkeit voraussichtlich erhebliche Schwierigkeiten bereiten, weil die zuständige Behörde wohl in aller Regel auf Anzeigen der zu Unrecht mit einer Vermittlungsgebühr belasteten Personen und deren Zeugnis angewiesen wäre. Es erscheint ,deshalb zweifelhaft, ob die befürchtete Konfliktsituation dadurch vermieden werden könnte, daß Verstöße gegen § 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung als Ordnungswidrigkeiten verfolgt werden. Gleichwohl ist die Bundesregierung bei einer Gesamtüberprüfung des Gesetzes bereit, die Frage erneut zu untersuchen, auf welche Weise Verstöße gegen § 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung wirksam begegnet werden kann. Dabei wird insbesondere zu prüfen sein, ob rechtstatsächliches Material die Annahme nahelegt, daß es sich bei dem mit § 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung unvereinbaren Fordern von Vermittlungsentgelten um eine typische Berufspflichtverletzung handelt. Die Preisdienststellen der Länder, denen die Durchführung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung übertragen ist, haben bereits nach geltendem Recht von Amts wegen die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes über Entgelte einschließlich des § 2 zu überwachen. Für eine Übertragung dieser Aufgaben auf andere Stellen, etwa die Gewerbeämter, besteht keine sachliche Notwendigkeit. Gewerbsmäßige Wohnungsvermittler bedürfen für die Ausübung ihres Gewerbes einer Erlaubnis nach § 34 c der Gewerbeordnung, deren Erteilung u. a. an die Voraussetzung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit geknüpft ist. Sofern bei der Überwachung durch die oben genannten Stellen festgestellt wird, daß ein Wohnungsvermittler wiederholt gegen die Vorschrift des § 2 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung verstoßen hat, kann dies Veranlassung für eine Prüfung geben, ob der Gewerbetreibende noch über die für die Ausübung seines Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit verfügt. Sofern die Unzuverlässigkeit bejaht wird, kann ihm die Erlaubnis nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 Gewerbeordnung entzogen werden. Der Entzug der Erlaubnis hat für den Gewerbetreibenden schwerwiegende Folgen und wird deshalb nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur in Fällen hartnäckiger Zuwiderhandlung in Betracht zu ziehen sein. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3207* Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schäuble (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 13) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen des § 19 der Kostenordnung bei der Berechnung der Notariatskosten bei Abschluß von Übergabeverträgen, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, deli entsprechend cien materiell-rechtlichen Bestimmungen — z. B. §§ 2049, 2312, 2315 BGB, § 16 Grundstücksverkehrsgesetz und in den höferechtlichen Gesetzen der einzelnen Bundesländer -- der Ertragswert und nicht der Verkehrswert eines Grundstücks als maßgeblicher Wert für die Kostenberechnung zugrunde gelegt werden sollte? § 19 der Kostenordnung in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Justizkostenrechts vom 28. Dezember 1968 — Bundesgesetzbl. I S. 1457 — führt für Hofübergabeverträge zu höheren Notargebühren, da vorher grundsätzlich der Einheitswert vorn Jahre 1935 maßgebend war. Es war das Ziel der Änderung des § 19 der Kostenordnung durch das genannte Gesetz, den Geschäftswert der Kostenordnung stärker dem wirklichen Wert des Geschäftsgegenstandes anzunähern. § 2049 BGB trägt dadurch, daß er auf den Ertragswert abstellt, welcher niedriger ist als der sonst für Erbauseinandersetzungen maßgebende Verkehrswert, dem Umstand Rechnung, daß der Hof in der Familie erhalten bleiben soll und dem Hoferben daher nur insofern Vermögensvorteile zugute kommen, als sie in dem Reinertrag zum Ausdruck kommen, den der landwirtschaftliche Besitz „nach seiner bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nachhaltig gewähren kann". Als Bemessungsgrundlage für die Notargebühren wird ein solcher Wert nicht geeignet sein, da die für ihn maßgebenden Umstände für die Arbeit und die Verantwortung des Notars ohne Bedeutung sind. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner vom 1. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 14) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die als Stabilitätsmaßnahme beschlossene Investitionssteuer besonders hart Betriebe im Zonenrandgebiet trifft, deren Unterstützung das Zonenrandförderungsgesetz der Bundesregierung als Pflicht auferlegt, und ist die Bundesregierung im Hinblick darauf bereit, von ihrer Ermächtigung, die Investitionssteuer bei nachlassender Konjunktur zu ermäßigen oder wegfallen zu lassen, dahin gehend Gebrauch zu machen, daß in diesem Fall zeitlich vorgestaffelt die Investitionssteuer im Zonenrandgebiet ermäßigt wild bzw. ganz wegfällt, bevor eine entsprechende Maßnahme für das ganze Bundesgebiet angeordnet wird? Die Investitionssteuer dient der globalen Konjunkturlenkung. Es ist deshalb unvermeidbar, daß die Erhebung der Steuer in Einzelfällen zu Härten führt. Dies gilt jedoch nicht nur für Unternehmen im Zonenrandgebiet, sondern für Unternehmen aller Regionen. Die Bundesregierung sieht sich jedoch nicht in der Lage, für Investitionen im Zonenrandgebiet die Investitionssteuer vorzeitig auszusetzen bzw. die Steuersätze zu senken. Eine solche regional beschränkte Maßnahme könnte nicht auf die Ermächtigung in § 30 Abs. 9 UStG n. F. gestützt werden. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift ist die Bundesregierung nur zu einer „gleichmäßigen" Senkung der Steuersätze bzw. Aussetzung der Investitionssteuer ermächtigt. Eine regional begrenzte Senkung der Steuersätze bzw. Aussetzung der Steuer wirkt ungleichmäßig und erfüllt diese Voraussetzung nicht. Eine Begünstigung des Zonenrandgebiets bei der Investitionssteuer könnte daher nur auf Grund einer entsprechenden Änderung des Umsatzsteuergesetzes erfolgen. Hiergegen ergeben sich jedoch schwerwiegende Bedenken. Bei den Beratungen der Investitionssteuer im Parlament war die Frage, ob die Steuer auch im Zonenrandgebiet erhoben werden soll, bereits Gegenstand eingehender Erörterungen. Dabei hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß im Interesse der vollen Wirksamkeit der Investitionssteuer Ausnahmen nicht zugelassen werden können, ohne daß die Zielsetzung der Stabilitätspolitik der Bundesregierung, die bestehende Übernachfrage nach Investitionsgütern zu dämpfen, gefährdet würde. Hierdurch entstehende Zielkonflikte zwischen im öffentlichen Interesse liegenden Investitionen und der stabilitätspolitisch notwendigen Besteuerung der Investitionen müssen im Interesse der Stabilitätsbemühungen in Kauf genommen werden. Abgesehen von diesen grundsätzlichen Überlegungen ist darauf hinzuweisen, daß die speziellen Maßnahmen zur Förderung der Investitionen im Zonenrandgebiet erhalten bleiben. Die bisherigen Wettbewerbsvorteile, die sich durch die Investitionsförderung im Zonenrandgebiet ergeben, werden durch die in der ganzen Bundesrepublik einheitlich geltende Investitionssteuer nicht beeinträchtigt. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Fragen des Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen B 15 und 16) : Wann ist der Versichertenbeirat beim Bundesversicherungsaufsichtsamt in der Zeit ab 1. Januar 1970 zusammengetreten, und wurde er z. B. auch gehört bei der letzten Heraufsetzung der Prämien für die Kfz-Haftpflichtversicherung? Ist die Zusammensetzung des Beirats nach Auffassung der Bundesregierung so geregelt, daß der Schutz der Verbraucher hinreichend wirksam gewährleistet ist? 1. Der Versicherungsbeirat und die gemäß § 4 der 3. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (BAG) gebildeten Beiratsgruppen wurden seit dem 1. Januar 1970 insgesamt 11mal einberufen. Getagt haben der Gesamtbeirat am 4. Mai 1973, die Gruppe „Kraftfahrtversicherung" am 26. Oktober 1970, 30. Juni 1971 und 2. Mai 1973, die Gruppe „Lebensversicherung" am 20. August 1970 und am 3. Mai 1973, die Gruppe „Feuer- 3208 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 und sonstige Sachversicherung" am 18. November 1971, 15. November 1972 und 3. Mai 1973, die Gruppe „Haftpflicht-, Unfall- und Rechtsschutzversicherung" am 15. Juni 1970 und die Gruppe „Vermögensanlagen und Deckungsstockfragen" am 23. November 1970. Die Gruppe „Kraftfahrtversicherung" ist in der Sitzung vom 2. Mai 1973 speziell zur letzten Prämienerhöhung in der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung gehört worden. An dieser Sitzung haben zusätzliche Sachverständige, auch aus dein Kreis der Verbraucher, teilgenommen; damit wurde die Beratung des Bundesaufsichtsamtes auf eine noch breitere Grundlage gestellt. Die Mitglieder dieser Beiratsgruppe waren zusammen mit weiteren Sachverständigen ebenfalls vor der im Jahre 1971 genehmigten Prämienerhöhung gehört worden. 2. Dem Versicherungsbeirat sollen nach der 3. DVO zum BAG „eine ausreichende Anzahl von Versicherern jedes Versicherungszweigs sowie sachkundige Versicherungsnehmer aus den Kreisen der Industrie, des Handels, des Handwerks, des Verkehrsgewerbes, der Landwirtschaft, des Hausbesitzes, der freien Berufe und der Beamten, Angehörige der Gewerkschaften, ferner Versicherungsvermittler, Versicherungsangestellte sowie Angehörige der Versicherungswissenschaft angehören". Demgemäß wurden bisher in der Regel 30 Versicherer und 30 Angehörige der anderen Berufsgruppen in den Beirat berufen. Dieses Verhältnis soll auch in Zukunft beibehalten werden. Der Bundesminister der Finanzen bemüht sich in dem z. Z. laufenden Verfahren zur Neubestellung einer größeren Anzahl von Beiratsmitgliedern, den Kreis der bisher im Beirat vertretenen Versicherungsnehmer um zuzätzliche Gruppen zu erweitern. Die dem Bundesrat zugeleitete Vorschlagsliste berücksichtigt erstmals auch die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher (AGV) e. V., den Allgemeinen Deutschen Automobil-Club e. V. (ADAC) und den Automobilclub von Deutschland e. V. (AvD). Entsprechende Kürzungen treffen jeweils Wirtschafts- und Berufsgruppen, die bisher 3 oder mehr Vertreter in den Beirat entsandt haben. Nach Auffassung der Bundesregierung gewährleistet die dem Bundesrat vorgeschlagene Zusammensetzung des Beirats einen hinreichend wirksamen Schutz der Verbraucher. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 17): Welche Gesichtspunkte waren dafür maßgebend, die Ausbeutesätze für die Abfindungsbrennereien und Stoffbesitzer für das Betriebsjahr 1973/1974 (Schreiben des Hauptzollamts Freiburg, Aktz. V 7133 B — C 1) zum Nachteil der Abfindungsbrennereien und Stoffbesitzer mit der Wirkung einer Steuererhöhung zu verschlechtern, und handelt es sich hierbei um eine bundeseinheitliche oder regional begrenzte Maßnahme? § 124 Abs. 1 Satz 2 der Brennereiordnung (Ausführungsbestimmung zum Gesetz über das Branntweinmonopol — BO) enthält die Verpflichtung, für Abfindungsbrennereien besondere Ausbeutesätze dann festzusetzen, wenn die tatsächlichen Ausbeuten die vorgesehenen regelmäßigen Ausbeutesätze (§§ 121, 122 BO) wesentlich übersteigen. Dies ist bei der Verarbeitung von Kernobst in den letzten Jahren stets der Fall gewesen. Anstelle des regelmäßigen Ausbeutesatzes von 2 Litern Weingeist je 100 Liter Kernobstmaterial galt deshalb bisher schon in drei Oberfinanzbezirken ein besonderer Ausbeutesatz in Höhe von 3 Litern Weingeist je 100 Liter Kernobstmaterial. Die amtlichen Ausbeuteermittlungen in den letzten drei Betriebsjahren haben jedoch gezeigt, daß auch dieser Satz noch zu niedrig liegt und den tatsächlich erzielten Ausbeuten, die durchschnittlich 5,17 Liter Weingeist betragen, bei weitem nicht gerecht wird. Das Brennen unter Abfindung ist durch niedrige Steuersätze ohnehin steuerlich stark begünstigt. So liegt der Steuersatz für Kernobstbranntwein aus einer Abfindungsbrennerei um 13 % unter dem Steuersatz, der für Branntwein gleicher Art aus einer Verschlußbrennerei gilt. Werden daneben Überausbeuten erzielt, die das den Abfindungsbrennern vom Verordnungsgeber zugebilligte Maß (bei Kernobst 20 % des Regelausbeutesatzes) erheblich übersteigen, so kommt dies im Ergebnis einer zusätzlichen Steuerermäßigung gleich, die den Steuervorteil der Abfindungsbrennereien gegenüber den Verschlußbrennereien beträchtlich vergrößert. Für eine solche steuerliche Vergünstigung mangelt es jedoch jeder gesetzlichen Grundlage. Auch der Bundesrechnungshof hat bereits wiederholt gerügt, daß Abfindungsbrennern und Stoffbesitzern durch unangemessen hohe steuerfreie Überausbeuten ungerechtfertigte Steuervorteile gewährt werden. Für die Festsetzung besonderer Ausbeutesätze sind gemäß § 125 Abs. 1 BO die Hauptzollämter zuständig. Im Einvernehmen mit meinem Haus haben die Oberfinanzdirektionen Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart, in deren Bezirken während der letzten Jahre bei der Verarbeitung von Kernobst weitgehend übereinstimmende Ausbeuteergebnisse festgestellt wurden, ihren Hauptzollämtern empfohlen, den besonderen Ausbeutesatz für Kernobst und Kernobstmost ab 1. Oktober 1973 auf 3,8 Liter Weingeist je 100 Liter Kernobstmaterial heraufzusetzen. Angesichts der außerordentlich hohen tatsächlichen Ausbeuten, die, wie bereits erwähnt, durchschnittlich mehr als 5 Liter Weingeist betragen, kann die Anhebung des besonderen Ausbeutesatzes um nur 0,8 Liter Weingeist als äußerst maßvoll bezeichnet werden. Abschließend darf ich noch bemerken, daß bei der Festsetzung von besonderen Ausbeutesätzen für Abfindungsbrennereien eine bundeseinheitliche Regelung nicht möglich ist, da das Privileg des Brennens unter Abfindung auf den süd- und südwestdeutschen Raum beschränkt ist. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3209* Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen B 18 und 19) : Worin liegen die Gründe, daß sich die Bundesregierung nicht in der Lage sieht, zugunsten der Arbeitnehmer hei den Stationierungsstreitkräften ein Rationalisierungsschutzabkommen als Ergänzung zum Tarifvertrag zur sozialen Sicherung vom 31. August 1971 abzuschließen? Worin liegen nach Auffassung der Bundesregierung die Gründe, daß trotz gleicher Aufgaben der Dienst hei den Alliierten Streitkräften auf dem Gebiet der Tarifpolitik und des Arbeitsrechts nicht dem deutschen öffentlichen Dienst angeglichen werden kann? Zu Frage B 18: Der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Gewerkschaften abgeschlossene Tarifvertrag vom 31. August 1971 befaßt sich ausschließlich mit der sozialen Sicherung der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitnehmer für den Fall ihrer Entlassung infolge einer Truppenreduzierung oder einer aus militärischen Gründen von der obersten Dienstbehörde angeordneten Auflösung oder Verlegung von Dienststellen oder Einheiten. Er erfaßt somit nur die Entlassungstatbestände, die für die Arbeitnehmer ein besonderes, bei anderen Arbeitsverhältnissen nicht vorhandenes Risiko bezüglich der Sicherheit des Arbeitsplatzes bedeuten und die in der Tatsache begründet sind, daß der Arbeitgeber sich als ausländische militärische Truppe dargestellt. Der Vertrag trägt damit der berechtigten Forderung der Arbeitnehmer Rechnung, für diesen Fall der Entlassung eine soziale Sicherung durch den Bund zu erfahren. Die mit dem Vertrag übernommenen Verpflichtungen des Bundes lassen sich nur unter diesem Gesichtspunkt rechtfertigen. Sie schließen die Einbeziehung der in Rationalisierungsmaßnahmen begründeten Entlassungen aus, die für diese Arbeitnehmer nicht anders zu beurteilen sind wie für sonstige Arbeitnehmer. Vereinbarungen zur Erleichterung der bei Rationalisierungsmaßnahmen möglicherweise auftretenden Härten müssen daher für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften ebenso wie in anderen Tarifbereichen vertraglichen Absprachen zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaften vorbehalten bleiben. Die Stationierungsstreitkräfte haben die Forderung der Gewerkschaften zur Aufnahme von Verhandlungen zum Abschluß eines Rationalisierungsschutzvertrages bisher jedoch abgelehnt. Sie machen ihre Bereitschaft zur Aufnahme dahin gehender Verhandlungen unter anderem davon abhängig, daß entsprechende Leistungen in den korrespondierenden Tarifbereichen der gewerblichen Wirtschaft gewährt werden. Tatsächlich ist der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften in seiner gesamten Anlage und Struktur weitgehend an der gewerblichen Wirtschaft orientiert. Unabhängig davon behalten sich die Streitkräfte jede den Rationalisierungsschutz ihrer Arbeitnehmer betreffende Entscheidung vor, da diese Frage schon mit Rücksicht auf den mobilen militärischen Charakter ihrer Einrichtungen grundsätzliche Probleme aufwirft. Zu Frage B 19: Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß die Tätigkeit der deutschen Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften dazu beiträgt, die Verteidigungsbereitschaft im Rahmen der NATO zu stärken, und daß die Beschäftigung bei den ausländischen Streitkräften insoweit von ähnlicher Bedeutung ist wie die Tätigkeit der zivilen Arbeitskräf te bei der Bundeswehr. Nach Art. 56 des Zusatzabkommens zum NATO- Truppenstatut gelten daher für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften grundsätzlich die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgeblichen Vorschriften des deutschen Arbeitsrechts. Diese sind allerdings aus Sicherheitsgründen der Streitkräfte auf gewissen Gebieten eingeschränkt. Am 21. Oktober 1971 haben die Bundesregierung und die Entsendestaaten nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen das Abkommen zur Änderung des Zusatzabkommens vom 3. August 1959 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen unterzeichnet. Mit Wirksamwerden dieses Abkommens wird die Rechtsstellung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften, insbesondere im Bereich des Personalvertretungsrechts, dem deutschen Arbeitsrecht weiter angepaßt. Ausdrücklich ausgeschlossen sind für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften jedoch die Anwendung der für die Arbeitnehmer bei der Bundeswehr geltenden Dienstordnungen und Dienstvereinbarungen sowie der tariflichen Bestimmungen. Diese in Art. 56 enthaltene Vorschrift ist in der Tatsache begründet, daß die Arbeitgeberfunktionen und die Arbeitgeberstellung für die Arbeitnehmer bei den Behörden der Streitkräfte und nicht bei der Bundesrepublik liegen. Daraus ergibt sich ferner, daß die Bundesrepublik, die sich vertraglich bereit erklärt hat, für die befreiten Streitkräfte Tarifverträge abzuschließen, an das Einverständnis der obersten Behörden der Stationierungsstreitkräfte gebunden ist. Nach einer grundsätzlichen, im Einvernehmen mit den Stationierungsstreitkräften getroffenen Entscheidung der Tarifvertragsparteien ist das für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften geltende Tarifrecht an der gewerblichen Wirtschaft orientiert. Die Angleichung der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen an die Tarifentwicklung der gewerblichen Wirtschaft hat sich als wirkungsvoll auch im Wettbewerb mit dem öffentlichen Dienst erwiesen. Das gilt um so mehr, nachdem das Problem der sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften durch den Tarifvertrag vom 31. August 1971 eine befriedigende Lösung gefunden hat. Hierüber besteht zwischen den Tarifvertragsparteien volle Übereinstimmung. 3210* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung, Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 20) : Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorgang, daß die Hypothekenbanken, die traditionell Hypotheken mit festen Zinssätzen vergeben, ihre Vertragsverpflichtungen jedoch umgehen, indem sie durch Kündigung des Darlehens eine Zinserhöhung erzwingen? Gemäß § 19 des Hypothekenbankgesetzes darf bei Amortisationshypotheken ein Kündigungsrecht zugunsten der Hypothekenbank nicht vereinbart werden. Es ist den Hypothekenbanken daher nicht gestattet, durch einseitige Kündigung des Hypothekendarlehens eine Zinserhöhung zu erzwingen. Ein anderer Sachverhalt liegt freilich vor, wenn das Hypothekendarlehen von vornherein nur für einen bestimmten Zeitraum gewährt und auch die Zinsvereinbarung nur für diesen Zeitraum getroffen wird. Zu dieser Praxis sind die Hypothekenbanken in den letzten Jahren in großem Umfang übergegangen, da sich die Laufzeiten der Pfandbriefe im Hinblick auf die Lage am Kapitalmarkt gegenüber früher deutlich verkürzt haben. Um die notwendige Kongruenz zwischen dem Aktiv- und dem Passivgeschäft zu wahren, begrenzen die Hypothekenbanken seitdem bei der Kreditgewährung die Zusage eines festen Zinses auf einen kürzeren Zeitraum, in der Regel auf 10 Jahre. Nach Ablauf dieses Zeitraumes muß bei der Verlängerung des Darlehensvertrages zwischen dem Darlehensnehmer und der Hypothekenbank ein neuer Zinssatz vereinbart werden, dessen Höhe von den dann gegebenen Refinanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt abhängen wird. Gegen diese — der Verkürzung der Pfandbrieflaufzeiten Rechnung tragende — Vertragspraxis sind rechtliche Einwendungen nicht zu erheben. Insbesondere lassen sich aus § 19 des Hypothekenbankgesetzes keine Bedenken herleiten, weil die Vertragsparteien in diesem Fall von vornherein eine Zinsanpassung zum späteren Zeitpunkt vereinbart haben. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/1044 Fragen B 21 und 22) : Inwieweit ist die im Bundesgesetz vom 16. August 1972 geänderte Gewerbeordnung gemäß § 34 c zum Zweck der Verhinderung einer unseriösen Finanzierung von Senioren-Heimen angewandt worden, oder welche Gründe standen einer Anwendung im Wege? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Genehmigungspflicht gemäß § 34 c der geänderten Gewerbeordnung (Gesetz vom 16. August 1972) auch auf schon bestehende Firmen bzw. Firmengruppen auszudehnen, oder welche Bedenken stehen dem entgegen? Zu Frage B 21: Das Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung vom 16. August 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 1465) ist am 1. Februar 1973 in Kraft getreten. Nach dem durch dieses Gesetz neu eingefügten § 34 c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) bedarf u. a. derjenige einer Erlaubnis, der gewerbsmäßig „Bauvorhaben als Bauherr in eigenem Namen für eigene oder fremde Rechnung vorbereiten oder durchführen und dazu Vermögenswerte von Erwerbern, Mietern, Pächtern oder sonstigen Nutzungsberechtigten oder von Bewerbern um Erwerbs- oder Nutzungsrechte verwenden will", also als Bauträger tätig wird. Dies gilt auch für Bauherren, die Seniorenheime erstellen, sofern sie die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn der Antragsteller unzuverlässig ist oder in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt. Hierdurch soll verhindert werden, daß unseriöse Geschäftsleute das hier in Rede stehende Gewerbe ergreifen und ausüben. Die Möglichkeit einer Einflußnahme auf das Finanzgebaren der zugelassenen Gewerbetreibenden bietet das Gesetz selbst nicht. Durch § 34 c Abs. 3 der Gewerbeordnung (GewO) wird jedoch der Bundesminister für Wirtschaft ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zum Schutze der Allgemeinheit und der Auftraggeber Vorschriften zu erlassen über den Umfang der Verpflichtungen des Gewerbetreibenden bei der Ausübung des Gewerbes. Im Vordergrund steht hierbei die Verpflichtung, ausreichende Sicherheiten zu leisten oder eine zu diesem Zweck geeignete Versicherung abzuschließen, sofern der Gewerbetreibende Vermögenswerte des Auftraggebers erhält oder verwendet. Der in meinem Hause erstellte Verordnungsentwurf enthält als Kernvorschrift die Verpflichtung des Gewerbetreibenden, in Höhe der von dem Auftraggeber empfangenen Vermögenswerte eine Bürgschaft zu stellen oder eine geeignete Versicherung abzuschließen. Hieraus soll sich der Auftraggeber befriedigen können, wenn ihm Schadensersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen des Gewerbe- treibenden oder seines Hilfspersonals entstehen, seine Vermögenswerte also veruntreut oder unterschlagen worden sind. Darüber hinaus soll der Gewerbetreibende verpflichtet werden, die Vermögenswerte des Auftraggebers nur objektgebunden zu verwenden. Auch bei einem Verstoß gegen diese Bestimmung wird dem Auftraggeber der vorgenannte Schutz gewährt. Nach der in der Verordnung vorgesehenen Übergangsregelung soll die Verpflichtung des Gewerbetreibenden, eine Bürgschaft zu stellen oder eine Versicherung abzuschließen, nicht für Verträge gelten, die vor Inkrafttreten der Verordnung abgeschlossen worden sind, da sonst die Geschäftsgrundlage der Parteien wesentlich beeinträchtigt und unter Umständen sogar der Bestand des Vertrages gefährdet werden könnte. Der Verordnungsentwurf liegt zur Zeit dem Bundesminister der Justiz zur abschließenden Prüfung der Rechtsförmlichkeit vor und soll anschließend dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet werden. Zu Frage B 22: § 34 c GewO gilt auch für die sogenannten Altunternehmer, also für die von Ihnen erwähnten Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3211* „bestehenden Firmen bzw. Firmengruppen". Nach Artikel 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung vom 16. August 1972 gilt demjenigen die Erlaubnis nach § 34 c Abs. 1 GewO als erteilt, der ein in dieser Vorschrift bezeichnetes Gewerbe bei Inkrafttreten des Gesetzes befugt ausgeübt hat. In Artikel 2 Abs. 2 dieses Gesetzes werden die Gewerbetreibenden verpflichtet, ihren Betrieb der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die Erlaubnis ist erloschen, sofern die Anzeige nicht bis zum 31. Juli 1973 erfolgt war. Durch die Anzeige wird die zuständige Behörde in die Lage versetzt, zu prüfen, ob der Gewerbetreibende zuverlässig ist und in geordneten Vermögensverhältnissen lebt. Sofern dies nicht der Fall ist, ist die Erlaubnis gemäß Artikel 2 Abs. 3 zurückzunehmen. Auf die Altunternehmer wird selbstverständlich auch die im ersten Teil meiner Antwort genannte Durchführungsverordnung Anwendung finden. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 23) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die beträchtliche Verteuening des Heizöls die Gartenbaubetriebe in eine außerordentlich schwierige Lage gebracht hat, da der Markt keine Möglichkeit der Überwälzung dieser Kostensteigerung bietet, zumal sich der Wettbewerbsvorteil des niederländischen Gartenbaus durch die mit staatlicher Hille erfolgte Umstellung auf Erdgas besonders deutlich bemerkbar macht, und welche Empfehlungen gibt die Bundesregierung auf Grund ihres energiepolitischen Konzepts dein einheimischen Gartenbau zu einer Energieversorgung, die auf lange Sicht am preisgünstigslen und weltbewerbsfähig mit dem in den Niederlanden genutzten Erdgas sein wird? Der Bundesregierung ist bekannt, daß durch die starken Preissteigerungen bei Heizöl die Kostensituation in bestimmten Gartenbaubetrieben mit Unterglaskulturen deutlich beeinflußt wird. Diese nachteiligen Wirkungen sind jedoch nicht nur auf Gartenbaubetriebe und auch nicht nur auf die Bundesrepublik beschränkt. Von den Preissteigerungen, die letztlich auf die angespannte Weltmarktlage zurückgehen, wird vielmehr eine Reihe von Wirtschaftszweigen in den meisten europäischen Staaten betroffen. Der Bundesminister für Wirtschaft hat versucht, diesen besorgniserregenden Preissteigerungstendenzen durch Erhöhung des Angebotes auf dem Heizölmarkt entgegenzuwirken. So sind alle Einfuhrkontingente aus den Ostblockstaaten entsprechend den zusätzlichen Liefermöglichkeiten aufgestockt worden. Bedauerlicherweise zeichnet es sich aber ab, daß diese im Volumen sehr begrenzten Einfuhrmöglichkeiten kaum oder nur in geringem Maße den deutschen Preistrend zu korrigieren vermögen. Im übrigen überprüft das Bundeskartellamt diese Preisentwicklung im Rahmen der Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen nach § 22 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Das energiepolitische Programm der Bundesregierung enthält keine Empfehlungen für einzelne Wirtschaftszweige oder Energieverbraucher. Dieses Konzept ist vielmehr als ein umfassendes Rahmenprogramm für die Sicherung der Energieversorgung und die Lösung der damit verbundenen Probleme auf mittlere und längere Sicht zu verstehen. Daher lassen sich aus dem Energieprogramm auch keine spezifischen Anregungen für die deutschen Gartenbaubetriebe ableiten. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Franz (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 24) : Treffen neuerliche Pressemeldungen zu, der Bundeskanzler wolle die Bundesrepublik Deutschland für den Wirtschaftsaustausch mit den Ländern des Ostblocks Zinssubventionen bis 1,9 Milliarden DM zahlen lassen, und wie rechtfertigt die Bundesregierung — bejahendenfalls — dies angesichts der konjunkturellen Lage, angesichts der wirtschaftlichen Lage in der dritten Welt, angesichts der anstehenden durch die Inflation immer wieder zurückgeworfenen Aufgaben im eigenen Land und vor den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft? Die Bundesregierung prüft z. Z. die auch schon in der Vergangenheit wiederholt an sie herangetragenen Wünsche osteuropäischer Länder nach deutschen Krediten, deren Zins niedriger als der z. Z. besonders hohe Marktzins liegt. Eine Entscheidung ist bisher nicht getroffen worden. In jedem Falle wird den konjunkturellen Gesichtspunkten und den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft Rechnung getragen. Der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Entwicklungsländer dient in erster Linie die Kapitalhilfe. Daneben werden seit 1961 aus dem ERP- Exportfinanzierungsprogramm Kreditmittel zur Verbilligung deutscher Ausfuhrkredite für diese Länder bereitgestellt. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 26. September 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 25) : Sieht die Bundesregierung in der Fangtechnik des an der ostfriesischen Küste eingesetzten Muschelfangschiffes „Bernadette" eine ernsthafte Bedrohung für die Fanggründe im Wattenmeer, und falls ja, was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die Existenz der ostfriesischen Kutterfischerei zu sichern? Ihre Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Herrn Niedersächsischen Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt: Ausgehend von § 1 Abs. 2 und 3 Bundeswasserstraßengesetz vom 2. April 1968 — BGB1 II S. 173 hat die niedersächsische Fischereiaufsichtsbehörde im Juni d. J. einem in den Niederlanden ansässigen Betriebsinhaber eine widerrufliche und bis Ende des Jahres 1973 befristete Erlaubnis zur Fischerei auf Herzmuscheln mit einem in der Bundesrepublik Deutschland registrierten Spezialfahrzeug unter einer Reihe von Auflagen erteilt. Diese 3212* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Auflagen legen u. a. das Mindestgewicht der Herzmuscheln fest, sorgen für den Schutz von Miesmuschelbeständen und Muschelkulturbezirken und regeln die Verklappung des Muschelschills (Muschelschalen) an für die Krabbenfischerei unschädlichen Stellen. Außerdem wird generell vorgeschrieben, daß die übrige Fischerei durch die Herzmuschelfischerei nicht behindert werden darf. Diese unterliegt zudem der wissenschaftlichen Kontrolle durch die Bundesforschungsanstalt für Fischerei und der ständigen Aufsicht durch die niedersächsische Fischereiverwaltung. Die Ausübung der Fischerei auf Herzmuscheln durch das Fangfahrzeug „Bernadette" hat bisher keinen Anlaß zu Beanstandungen gegeben; jedenfalls sind Beeinträchtigungen der Küstenfischerei nicht festgestellt worden. Die Bundesregierung ist aufgrund der dargelegten Sachlage nicht der Auffassung, daß die Fangtechnik des an der ostfriesischen Küste eingesetzten Muschelfangschiffes „Bernadette" eine ernsthafte Bedrohung für die Fanggründe im Wattenmeer darstellt, oder daß der Einsatz dieses Schiffes sogar die Existenz der ostfriesischen Kutterfischerei gefährden könnte. Sollte jedoch bei den laufenden Kontrollen festgestellt werden, daß durch dieses eng begrenzte Versuchsvorhaben Nachteile für die Küstenfischerei, etwa durch Beeinträchtigung der Aufwuchsplätze von Jungfischen, auftreten könnten, würde die erteilte Erlaubnis widerrufen werden. Die weitere Fortführung der Herzmuschelfischerei hängt von den z. Z. gewonnenen Erfahrungen ab; eine unkontrollierte kommerzielle Nutzung dieser Bestände in den deutschen Küstengewässern ist keinesfalls vorgesehen. Die Bundesforschungsanstalt für Fischerei beabsichtigt, nach Auswertung ihrer bestandskundlichen und fangtechnischen Untersuchungen auf diesem Gebiet Empfehlungen für eine fischereibiologisch sinnvolle Ausbeutung der Herzmuschelbestände im deutschen Wattenmeer zu geben. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 1. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Früh (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen B 26 und 27) : Sind die im Aufwertungsbericht der Bundesregierung aufgeführten „weit höheren Steigerungsraten der Erzeugerpreise für Milch in den Niederlanden und vor allem in Frankreich" auf gemeinsame europäische Preisbeschlüsse, denen die Bundesregierung zugestimmt hat oder auf nationale Maßnahmen dieser Mitgliedsländer zurückzuführen, und hat die Bundesregierung geprüft oder prüfen lassen, ob Verstöße gegen die Artikel 92 und 93 des EWG-Vertrags vorliegen? Hat sich in den Niederlanden und Frankreich das Verhältnis der Milchproduktionskosten zu den Erzeugerpreisen für Milch günstiger entwickelt als in der Bundesrepublik Deutschland, und worauf führt die Bundesregierung bejahendenfalls diese Entwicklung zurück, bzw. welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die deutschen Milcherzeuger? Zu Frage B 26: Die im Aufwertungsbericht enthaltenen Angaben über höhere Steigerungsraten der Erzeugerpreise für Milch im Jahre 1972 gegenüber 1971 beruhten auf den z. Z. der Abfassung des Aufwertungsberichts vorhandenen Unterlagen. die augenblicklich vorhandenen Ergebnisse über die Entwicklung in den Niederlanden zeigen, daß die dortige Steigerungsrate — in Landeswährung ausgedrückt — niedriger ist als in der BRD. Für Frankreich ergibt sich demgegenüber augenblicklich eine — in Landeswährung ausgedrückte — Steigerungsrate von 3,6 % über derjenigen der BRD. Die Unterschiede in den Steigerungsraten der Erzeugererlöse sind auf verschiedene Ursachen zurückzuführen, die im einzelnen einer genauen Prüfung bedürften. Sie hängen u. a. mit der jeweiligen Marktsituation, dem Rationalisierungsstand bei Erfassung und Verarbeitung sowie der Struktur von Erzeugung und Vermarktung zusammen. Darüber hinaus sind währungs- und preispolitische Einflüsse nicht auszuschließen. Die in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden nationalen Beihilfen liegen der Kommission zur Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des Vertrages vor. Ihre evtl. Auswirkungen auf die Erzeugerpreise werden von der Kommission in diesem Zusammenhang ebenfalls untersucht. Produktbezogene Beihilfen sind dabei EWG-rechtlich unzulässig. Zu Frage B 27: Ein Vergleich der Entwicklung der Milchproduktionskosten im Verhältnis zu den Erzeugerpreisen für Milch kann z. Z. wegen der fehlenden statistischen Unterlagen über die Betriebsmittelpreise für die Milcherzeugung nicht durchgeführt werden. Darüber hinaus sind die Produktionskosten je nach der angewandten Produktionsmethode und Betriebsgröße etc. so unterschiedlich, daß eine generelle Aussage über die Produktionskosten nicht getroffen werden kann. (Vgl. die jeweiligen Untersuchungen in der Zeitschrift „Der Tierzüchter" Nr. 3 (Seite 90 ff) aus 1972 und Nr. 18 (Seite 510 ff aus 1973). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß sich diese Kosten in der BRD im Vergleich zu anderen Ländern der Gemeinschaft besonders ungünstig entwickelt haben. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Stahl (Kempen) (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 28) : Ist beabsichtigt, Stimmzählgeräte zum Beispiel des Typs Schematos auch für Betriebsratswahlen zuzulassen, und wird das Betriebsverfassungsgesetz, das bei der Wahl nur drei Möglichkeiten des Stimmzettels zuläßt, demnächst abgeändert, um auch derlei Geräte einsetzen zu können? Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung prüft aufgrund der Anwendung des neuen Betriebsverfassungsgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen zwei Wahlordnungen in der Praxis laufend, ob nicht weitere Verbesserungen geboten sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Frage, ob bei Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3213* den Wahlen nach dem Betriebsverfassungsgesetz die Verwendung von Stimmenzählgeräten zugelassen werden sollte. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, daß bei den eingehenden Beratungen des neuen Betriebsverfassungsgesetzes und der Wahlordnung in den gesetzgebenden Körperschaften Anregungen im Sinne Ihrer Frage nicht weiterverfolgt worden sind. Das dürfte auch damit zusammenhängen, daß die Geräte relativ aufwendig wären, weil sie starke Modifikationsmöglichkeiten berücksichtigen und dementsprechend über sehr große Kapazitäten verfügen müßten. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeffermann (CDU, CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 30) : Trifft es zu, daß Rentenerhöhungen, die unter Beachtung der Vorschrift des Artikels 2 § 54 c des AngestelltenversicherungsNeuregelungsgesetzes in der Passung des Rentenreformgesetzes, der die Höhe einer sogenannten Mindestrente regelt und an den Versicherten ab 1. Januar 1973 zur Auszahlung gekommen wäre, bei der Berechnung der Witwen-(Witwer-)rente nicht einbezogen werden, auch dann nicht, wenn der Versicherte nach Verkündung des Rentenreformgesetzes, aber vor dem 1. Januar 1973 verstarb, und wenn ja, welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen? Die durch das Rentenreformgesetz des Jahres 1972 mit Wirkung vom 1. Januar 1973 an eingeführten Vorschriften über die Rente nach Mindesteinkommen finden sowohl auf küntfige als auch auf in der Vergangenheit bereits eingetretene Versicherungsfälle Anwendung. Für die in der Zeit vom 1. Januar 1957 bis zum 31. Dezember 1972 eingetretenen Versicherungsfälle ergibt sich das aus Art. 2 § 55 a Abs. 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) und Art. 2 § 54 b des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG). Die von Ihnen zitierte Vorschrift des Art. 2 § 54 c AnVNG (entspricht Art. 2 § 55 b ArVNG) betrifft die sog. Umstellungsrenten aus Versicherungsfällen vor dem 1. Januar 1957 und ist für den Fall, den Sie offenbar im Auge haben, nicht einschlägig. Gemäß Art. 2 § 55 a Abs. 1 Satz 5 ArVNG (Art. 2 § 54 b Abs. 1 Satz 5 AnVNG) finden die Vorschriften über die Rente nach Mindesteinkommen auch bei der Berechnung von Witwen- und Witwerrenten sowie von Renten an geschiedenen Ehegatten Anwendung. Voraussetzung ist wie bei den Versichertenrenten auch hier, daß der Versicherte mindestens 25 anrechnungsfähige Versicherungsjahre ohne Zeiten der freiwilligen Versicherung und Ausfallzeiten zurückgelegt hat. Die Anwendung der Vorschriften über die Rente nach Mindesteinkommen wirkt sich dann rentensteigernd aus, wenn sich aus allen Pflichtversicherungszeiten vor 1973 ein geringerer Monatsdurchschnitt als der Wert 6,25 ergibt, d. h. wenn in den Pflichtversicherungszeiten vor 1973 durchschnittlich ein Entgelt von weniger als 75 v. H. des jeweiligen Durchschnittsentgelts aller Arbeiter und Angestellten versichert worden ist. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 31) : Auf welche Art und Weise will die Bundesregierung eine humanere Gestaltung der Arbeitsstätten sicherstellen? Die Bundesregierung mißt der menschengerechten Gestaltung der Arbeitsstätten als einem wichtigen Element zur Humanisierung des Arbeitslebens eine große Bedeutung bei. Sie ist bestrebt, dieses sozialpolitische Anliegen in allen einschlägigen Gesetzen zu berücksichtigen. Ich darf in diesem Zusammenhang z. B. auf das neue Betriebsverfassungsgesetz hinweisen, das dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der menschengerechten Gestaltung der Arbeit einräumt. Auch der den gesetzgebenden Körperschaften vorliegende Gesetzentwurf über Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit soll diesem Gesichtspunkt Rechnung tragen. Zur Zeit wird vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung eine Verordnung über Arbeitsstätten vorbereitet, durch die erhebliche Verbesserungen in der Arbeitsstättengestaltung sichergestellt werden sollen. Ein entsprechender Verordnungsentwurf, der Ende September 1973 den Beteiligten zur Stellungnahme zugeleitet wurde, hat u. a. zum Ziel — die Arbeitsplätze stärker gegen Unfallgefahren zu sichern — mögliche gesundheitliche Belastungen und Gefahren zu verhindern — die hygienischen Erfordernisse der Arbeitsstätten klar zu umreißen — eindeutig zu regeln, welche Erholungsmöglichkeiten den Arbeitnehmern an der Arbeitsstätte einzuräumen sind — die Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Beinerhaltung und Instandsetzung der Arbeitsstätte festzulegen. Im einzelnen enthält der Verordnungsentwurf Vorschriften über die erforderlichen Raumbemessungen, über Licht-, Luft- und Klimaverhältnisse, über die Abwendung von Gefahren durch Lärm, Erschütterungen, Gase, Dämpfe und Stäube, über die Gewährleistung einwandfreier hygienischer Verhältnisse sowie über die Einrichtung und Unterhaltung von Pausen-, Bereitschafts- und Liegeräumen. Da die menschengerechte Gestaltung der Arbeit auch von den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen mitgeprägt wird, hält die Bundesregierung es für erforderlich, insbesondere die Forschung in diesem Bereich zu unterstützen. Dem soll ein Aktionsprogramm dienen, das das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zusammen mit dem Bundesministerium für Forschung und Technologie erstellen wird. 3214* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 32) : Auf Grund welcher Verpflichtung bzw. gesetzlichen Bestimmung läßt das Bundesverteidigungsministerium das umliegende Waldgebiet der B 258 zu Truppenübungen absperren, obwohl nach § 13 I des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über eine Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze und andere die Beziehungen zwischen beiden Ländern betreffende Fragen (BGBl. 1958 II S. 267) die Bundesrepublik Deutschland lediglich verpflichtet ist, nur die B 258 zwischen dem Punkt 091 003 und denn Punkt 139/994 und nicht das umliegende Waldgebiet jeweils an zwei Tagen der Woche für die Dauer von jeweils fünf Stunden zu sperren? Ihre Frage nach den gesetzlichen Bestimmungen, nach denen das Bundesministerium der Verteidigung das umliegende Waldgebiet der B 258 während der belgischen Schießübungen auf dem belgischen Truppenübungsplatz Elsenborn sperren läßt, beantworte ich wie folgt: Es trifft nicht zu, daß das Bundesministerium der Verteidigung die Sperrung des umliegenden Waldgebietes der B 258 gefordert oder veranlaßt hat. In diesem Zusammenhang darf ich auf mein Schreiben vom 4. September 1973 Bezug nehmen. Das Bundesministerium der Verteidigung, und zwar der in Fragen der schießtechnischen Sicherheit zuständige Sachverständige, hat lediglich das Auswärtige Amt darauf hingewiesen, daß die Sperrung der B 258 nach Art. 13 des Grenzvertrages während der Schießübungen nach den für die Bundeswehr geltenden Sicherheitsbestimmungen die Sicherheit der Bevölkerung nicht gewährleisten würde. Dieser Auffassung hat sich der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen angeschlossen und die weiteren Maßnahmen für die Sperrung des gesamten Gefahrenbereichs während der belgischen Schießübungen nach deutschen öffentlich-rechtlichen Grundsätzen eingeleitet. Anlage 58 Antwort des Bundesministers Frau Dr. Focke vom 2. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 33) : Kann die Bundesregierung mitteilen welche Beihilfen von welchen Stellen gewährt werden, um Blinden eine Fernsprechanlage zu ermöglichen? Die Telefongrundgebühren und die Telefon-Anschlußkosten können bei alleinstehenden, alten, kranken, behinderten und pflegebedürftigen Personen vom örtlichen Sozialhilfeträger übernommen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Sozialhilfe erfüllt sind und das Telefon die geeignete und notwendige Verbindung speziell zur Außenwelt (z. B. Arzt, Pfleger, Angehörigen) ist. Da sich Art, Form und Maß der Sozialhilfe aber jeweils nach den Besonderheiten des Einzelfalls richten, wird das Sozialamt jeden Fall gesondert prüfen, so daß nicht von generellen Beihilfen der Sozialhilfe zu den Telefonkosten eines bestimmten Personenkreises ausgegangen werden darf. Vergleichbare Grundsätze gelten für den Bereich der Kriegsopferfürsorge. Ergänzend ist noch zu erwähnen, daß die Bundespost aufgrund einer Sonderregelung den Kriegsblinden beider Weltkriege Vergünstigungen bei den Telefon-Anschlußkosten und -Grundgebühren gewährt; diese Sonderregelung kann jedoch wegen der haushaltsrechtlichen Sonderstellung der Bundespost nicht auf andere Schwerbeschädigte etc. ausgedehnt werden. Anlage 59 Antwort des Bundesminister Frau Dr. Focke vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Burger (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 34) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß viele Suchtkranke und Drogenabhängige zunehmend auf rezeptfreie Arzneispezialitäten wie Spalttabletten, Thomapyrin, Dolestan und Encephabol verfallen, und welche Maßnahmen gedenkt sie zu ergreifen? Wie ich auf eine ähnliche Frage des Abgeordneten Geisenhofer in der Fragestunde im August 1973 mitgeteilt habe, ist sich die Bundesregierung des Problems der mißbräuchlichen Verwendung von Arzneimitteln bewußt und beobachtet mit Sorge diesen Mißstand. Sie hat deshalb in der Neuordnung des Arzneimittelrechtes vorgesehen, die Ermächtigung des § 35 des Arzneimittelgesetzes zur Unterstellung unter die Verschreibungspflicht zu erweitern. Nach der bisherigen Regelung können Arzneimittel nur dann der Verschreibungspflicht unterstellt werden, wenn sie auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die Gesundheit gefährden können, falls sie ohne ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Anweisung und Überwachung angewendet werden. Die Neuordnung sieht vor, daß Arzneimittel auch dann der Rezeptpflicht zugeführt werden, wenn sie mißbräuchlich verwendet werden und dadurch die Gesundheit gefährden. Die Bundesregierung wird eingehend prüfen, ob dies für die von Ihnen genannten Arzneimittel zutrifft. Zu dem von Ihnen speziell angesprochenen Sachverhalt ist zu sagen, daß ihm eine mißverständliche Presseerklärung des Deutschen Caritasverbandes zugrunde liegt. Die von Ihnen erwähnten rezeptfreien Arzneispezialitäten werden in Kombination insbesondere auch mit Alkohol und in übergroßer Dosierung mißbräuchlich verwendet. Diese Arzneispezialitäten werden als „Ersatzdrogen" benutzt, weil sie leicht verfügbar und die illegalen Rauschdrogen offenbar nicht mehr so leicht und überall erhältlich sind. Die Bundesregierung hat angesichts dieses ihr bereits seit längerem bekannten Tatbestandes dafür gesorgt. daß die spezifischen Aufklärungsmaßnahmen ihn bereits miteinbeziehen. Der Mißbrauch rezeptfreier Arzneispezialitäten muß als Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3215' Teilproblem des Drogenmißbrauchs insgesamt gesehen werden. Die von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnahmen im Rahmen des Aktionsprogramms zur Bekämpfung des Drogen- und Rauschmittelmißbrauchs vom November 1970 berücksichtigen diesen Tatbestand bereits. Ich verweise z. B. auf die Unterstellung von Rosimon neu und AN 1 unter die Rezeptpflicht per 1. Juli 1972. Anlage 60 Antwort des Bundesministers Frau Dr. Focke vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 35) : Wie beurteilt die Bundesregierung das Problem der Selbstindikation in der Bundesrepublik Deutschland, und welche Maßnahmen zur Bewältigung dieses Problems hat die Bundesregierung eingeleitet bzw. beabsichtigt sie? Ich nehme an, daß Sie mit Ihrer Frage sowohl die Frage der Selbstindikation als auch das Problem der Selbstmedikation angesprochen haben. Dazu darf ich folgendes ausführen: Selbstindikation ist die eigene Befunderhebung mit dem Ziel, sich darüber klarzuwerden, was einem fehlt. Daraus werden dann bestimmte Maßnahmen (Indikationen) abgeleitet. Dieses Vorgehen ist unproblematisch. Es wird problematisch, wenn sich als Folge der Selbstindikation eine Selbstmedikation anschließt. Die Selbstbehandlung insbesondere mit Arzneispezialitäten ist insofern ein Problem, als sie einmal dazu verleiten kann, vom Besuch eines Arztes Abstand zu nehmen und dadurch ernste Krankheitsbilder verschleppt werden. Andererseits ist die Selbstmedikation häufig mit einem nicht bestimmungsmäßigen Gebrauch von Arzneimitteln verbunden. Die Selbstbehandlung einfacher Unpäßlichkeiten mit Hausmitteln, zu denen auch rezeptfreie Arzneispezialitäten gehören, ist durchaus positiv zu werten. Die andererseits mit der Selbstmedikation verbundenen Gefahren können durch gezielte Aufklärungsaktionen weitgehend verringert werden. Die Bundesregierung gibt in großem Umfang diese Informationshilfen. Dies geschieht über Einzelinitiativen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung z. B. im Rahmen der gesundheitlichen Ausstellungen, durch entsprechende Aufklärungsschriften, aber auch durch Fernsehspots u. a. Dabei richtet sich die Aufklärung nicht nur auf eine Warnung vor dem Mißbrauch, sondern ist bemüht, solche Tatbestände zu verdeutlichen, bei denen eine Selbstbehandlung in Zweifel zu ziehen ist. Diese Aufklärungsbemühungen werden in größerem Umfang und intensiviert für verschiedene Zielgruppen fortgesetzt. Darüber hinaus wird in der noch für diese Legislaturperiode geplanten Neuordnung des Arzneimittelrechts vorgesehen werden, daß auch den Arzneimitteln, die ohne ärztliche Verschreibung erworben werden können, zur Verringerung von Gefahren bei der Selbstmedikation eine Gebrauchsanleitung beigegeben wird, die eine umfassende Information erhalten soll, um eine sachgerechte Anwendung des Arzneimittels zu ermöglichen. Es soll insbesondere auch auf die mit dem Gebrauch verbundenen Gefahren hingewiesen werden. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 36) : Wann kann mit dem Ausbau des in der ersten Dringlichkeit eingestuften Abschnitts der B 56 n (A 204) zwischen Bonn und Zülpich gerechnet werden, bzw. wann können verbindliche Termine genannt werden, und kann der Zeitpunkt schon genannt werden, wann die Verkehrsübergabe erfolgt? Aus heutiger Sicht dürfte die B 56 n (A 204) zwischen Bonn und Zülpich wenigstens abschnittsweise -- bis 1985 verwirklicht sein. In der mittelfristigen Finanzplanung konnten für diese Strecke praktisch noch keine Beträge vorgesehen werden. Danach wird es erst im Zusammenhang mit der Vorbereitung des 3. Fünfjahresplanes (1980-1985) möglich sein, Fertigstellungstermine zu nennen. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen B 37 und 38) : Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Verle-gong der 13 8 zwischen Aschaffenburg und Kleinostheim eines der dringlichsten Projekte in Unterfranken ist? Werden sich die Kürzungen der Mittel für den Fernstraßenbau auch auf dieses Projekt auswirken und den Ausbau verzögern? Es ist unbestritten, daß die Verlegung der B 8 Aschaffenburg–Kleinostheim eines der vordringlichsten Projekte in Unterfranken ist. Die Maßnahme wurde deshalb in die 1. Dringlichkeitsstufe des Bedarfsplanes für den Ausbau der Bundesfernstraßen eingereiht und die Baudurchführung im 1. Fünfjahresplan (1971-1975) ab 1974 eingeplant (Kennz. 1264, lfd. Nr. 55). Da das laufende Bauprogramm vorrangig finanziert werden muß, kann mit der Verlegung der B 8 im 1. Fünfjahresplan voraussichtlich noch nicht begonnen werden. Die Bundesregierung wird jedoch darum besorgt sein, daß dieses Projekt wegen seiner anerkannten Dringlichkeit im 2. Fünfjahresplan (1976-1980) mit Vorrang berücksichtigt wird. 3216* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hösl (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 40) : Wann ist die Bundesregierung von den „DDR"-Behörden jeweils über die wegen angeblichen Mißbrauchs der Transitwege seit Ende August 1973 festgenommenen Personen unterrichtet worden, und auf Grund welcher bestimmten Tatsachen oder konkreten Anhaltspunkte konnten die ,,DDR"-Behörden vor den Festnahmen eine gewisse Wahrscheinlichkeit nachweisen, daß es sich um einen Mißbrauch der Transitwege gehandelt habe? Der Generalstaatsanwalt der DDR teilt Festnahmen von Transitreisenden nach Artikel 16 Ziffer 5 Absatz 2 des Transitabkommens in der Regel an dem zweiten oder dritten auf die Festnahme folgenden Tag durch Fernschreiben mit. Soweit in wenigen Ausnahmefällen ein längerer Zeitraum zwischen der Festnahme und der Mitteilung des Generalstaatsanwalts der DDR lag — in einem Falle zwei Wochen —, ist dies in der Kommission nach Artikel 19 des Transitabkommens von der Delegation der Bundesrepublik Deutschland angesprochen worden. Diese Verzögerungen beruhten offensichtlich auf anfänglichen technischen Schwierigkeiten innerhalb der DDR, die inzwischen behoben sind. Im Hinblick auf Ihre weitere Frage, Herr Kollege, welche bestimmten Tatsachen oder konkreten Anhaltspunkte den Organen der DDR jeweils den erforderlichen Grad von Verdacht eines Mißbrauchs gegeben haben, bitte ich um Verständnis, wenn ich hierzu keine Angaben machen möchte. In den meisten Fällen wird den festgenommenen Transitreisenden von der DDR der Vorwurf gemacht, Bewohnern der DDR zur Flucht verholfen oder dies versucht zu haben. Dies ist ein Verhalten, das als solches in der Bundesrepublik Deutschland nicht mit Strafe bedroht ist. Die Bundesregierung kann daher hier keine Erklärungen abgeben, die möglicherweise mittelbar dazu beitragen, daß Transitreisende wegen dieses Vorwurfs in der DDR zu Strafe verurteilt oder, soweit die Betreffenden gegenüber den Strafverfolgungsbehörden der DDR ihre Beteiligung an solchen Unternehmen eingestanden haben, Dritte gefährdet werden. Die Bundesregierung hat bisher jedenfalls keinen Anlaß gesehen, wegen fehlender hinreichender Verdachtsgründe im Falle der Festnahme eines Transitreisenden die Kommission nach Artikel 19 des Transitabkommens anzurufen. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Arnold (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 39) : Kann die Bundesregierung mitteilen, welches Sonderangebot der Vorstand der Deutschen Bundesbahn am 14. September 1973 hinsichtlich der Fahrpreisvergünstigung für ältere Mitbürger verkündet hat? Bei dem Sonderangebot der Bundesbahn im Reiseverkehr, das von ihrem Vorstand am 14. September 1973 bekanntgegeben worden ist, handelt es sich um eine Aktion für jedermann mit einer — wie die Bundesbahn es selbst formuliert hat — besonders familienfreundlichen Komponente. Die Einzelheiten des neuen Angebotes bitte ich aus dem beigefügten Merkblatt der Deutschen Bundesbahn zu entnehmen. Die Vergünstigung kann somit bei Erfüllung der Voraussetzungen auch von den älteren Mitbürgern in Anspruch genommen werden. Mit dem neuen Sonderangebot an jedermann hat die Bundesbahn ihre seit Beginn der Einführung solcher Aktionen vor einigen Jahren geübte Praxis, jeweils verschiedene Bevölkerungskreise anzusprechen, weitergeführt; sie ist damit zahlreichen Wünschen entgegengekommen. Die Bundesbahn konnte dies um so eher tun, als der Personenkreis der älteren Mitbürger in den vergangenen Jahren wiederholt und über längere Zeiträume hinweg begünstigt worden ist. Sie wird das Instrument der Sonderaktionen ohne Zweifel beibehalten. Es kann damit gerechnet werden, daß die Bundesbahn nach Auslaufen des jetzigen Angebots, das für Rückreisen bis in den Januar 1974 übergreift, wieder mit einem Sonderangebot zugunsten der Senioren an die Öffentlichkeit treten wird. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 41) : Hat die Bundesregierung die von Professor Dr. Adolf Windorder (Erlangen) auf der 70. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde in Nirnberg gemachten Forderungen gegen das „katastrophale Ansteigen der Verkehrsunfälle mit Kindern" zur Kenntnis genommen, und ist die Bundesregierung bereit, baldmöglichst zu prüfen, welche dieser Vorschläge (z. B. Einführung gesonderter Strafbestimmungen für Unfälle mit Schutzbedürftigen, Geschwindigkeitsbeschränkungen in Straßen zwischen Wohnblocks) verwirklicht werden können? Die Forderungen von Prof. Dr. Windorfer sind der Bundesregierung bisher lediglich aus Pressemitteilungen bekannt; die Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde wird — wie sie auf fmdl. Anfrage mitteilte — die Ergebnisse ihrer 70. Tagung in Nürnberg erst im Jahre 1974 veröffentlichen. Die Bundesregierung verfolgt aufmerksam die Entwicklung der Kinderunfälle seit Jahren auf Grund der jährlichen Sonderuntersuchungen, die das Statistische Bundesamt Wiesbaden erarbeitet. Im Jahre 1971 sind von Kindern unter 15 Jahren 2049 getötet und 69 145 verletzt, im Jahre 1972 2114 Kinder dieser Altersgruppe getötet und 71 379 verletzt worden. Dies bedeutet in beiden Fällen eine Zunahme jeweils um 3,2 %. Dabei ist zu bedenken, daß Kinder unter 15 Jahren insbesondere auch als Mitfahrer in Kraftwagen getötet oder verletzt werden. Als Fußgänger und Radfahrer wurden im Jahre 1971 1655 Kinder unter 15 Jahren getötet und 47 443 Kinder dieser Altersgruppe verletzt. 1972 waren es 1686 Getötete (+ 1,9 %) und 49 293 Verletzte (+ 3,9 %). Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3217* Die Bundesregierung hält es für dringend erforderlich, Kinderunfälle intensiver als bisher mit allen dazu geeigneten Mitteln zu bekämpfen, u. a. insbesondere durch — eine Verkehrserziehung, die bereits im Kindergarten einsetzt und ihre Fortsetzung in der Schule findet, — eine geeignete Beeinflussung der Eltern durch eine systematische Elternarbeit im Bereich der Verkehrsaufklärung, — eine spezielle Aufklärung der Kraftfahrer über die besondere -- oft unberechenbare — Verhaltensweise der Kinder im Straßenverkehr, — die Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Sicherung der Fußgänger insbesondere auf der Fahrbahn durch technische und verkehrliche Maßnahmen — einschließlich der Geschwinigkeitsbeschränkung in bestimmten Bereichen — seitens der Straßenverkehrsbehören der Bundesländer, — eine umfassende Mitwirkung der privaten Verkehrssicherheitsorganisationen insbesondere des Deutschen Verkehrssicherheitsrats und der Massenmedien Presse, Rundfunk, Fernsehen mit dem Ziel, einen erhöhten Schutz der Kinder im Straßenverkehr zu erreichen. Die Bundesregierung bereitet z. Z. ein umfassendes Programm zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr vor, das der Bundesminister für Verkehr Ende November 1973 bekanntgeben wird. Dieses Programm wird sich auch mit den Möglichkeiten der Bekämpfung von Kinderunfällen befassen. Zu der Frage, ob es angezeigt erscheint, einen besonderen Straftatbestand zugunsten schutzbedürftiger Personen (Kinder, ältere Leute, Behinderte) zu schaffen, wird der Herr Bundesminister der Justiz in Kürze Stellung nehmen. Ich werde mir erlauben, Ihnen diese Stellungnahme nachzureichen. Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Baier (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 42): Welche Überlegungen haben den Bundesverkehrsminister veranlaßt, in dem von ihm herausgegebenen Reisemagazin „Urlaub '73. . . wer plant, gewinnt", für die alten deutschen Städte wie Karlsbad, Eger und andere nicht die deutschen Namen zu verwenden? Mein Haus hat für die Bezeichnung von Orten, die auf ausländischem Hoheitsgebiet liegen, die dort geltenden amtlichen Ortsnamen verwendet. Das trifft sowohl für das westliche als auch für das östliche Ausland zu, das jeweils nur am Rande des auf deutsches Gebiet konzentrierten Kartenwerkes abgebildet ist. Dies ist im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Tourismus geschehen. Denn die Benutzer der Broschüre sollen die Bezeichnungen finden, die sowohl in den ausländischen Touristenkarten als auch auf den Wegweisern und am Ort selbst verwendet werden. Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 43) : Welchen Zeitplan hat die Bundesregierung zum Ausbau der A 91 und der B 3 im Bereich der Gemarkung Darmstadt, und wie gedenkt sie gegebenenfalls vorhandene Widerstände für den Verlauf der A 91 im Bereich der Lincoln-Siedlung und der B 3 zwischen Darmstadt-Eberstadt und der Rüdesheimer Straße zu überwinden? Der bisherige Zeitplan für den Bau der A 91 im Bereich der Gemarkung Darmstadt ist durch die zahlreichen Einsprüche im Planfeststellungsverfahren gegen den Nordabschnitt dieser Autobahntrasse überholt, Eine neue Terminplanung ist z. Z. nicht möglich, da die Stadt Darmstadt weitere Untersuchungen durchführt und noch keine Lösung angeboten hat. Sobald die Linienführung der A 91 im Nordabschnitt geklärt ist, wird der Bundesminister für Verkehr unter Beteiligung des Bundesministers der Finanzen und des Hessischen Ministers für Wirtschaft und Technik Verhandlungen mit dem amerikanischen Oberkommando aufnehmen, um ggf. vorhandene Schwierigkeiten im Bereich der Lincoln-Siedlung und der B 3 zwischen Darmstadt–Eberstadt und der Rüdesheimer Straße auszuräumen. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Blank (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 44) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß auf Grund des für den Flughafen Düsseldorf geltenden Nachtflugverbots für die Bevölkerung des Raums Porz, Rösrath, Bensberg und Köln-Ost die Belästigungen durch nächtlichen Fluglärm erheblich zugenommen haben, und teilt die Bundesregierung die Auffassung der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, daß ein uneingeschränktes Nachtflugverbot für den Flughafen Köln-Wahn aus wirtschaftlichen, verkehrstechnischen oder postalischen Gründen unmöglich ist? Der Luftverkehr ist aufgrund seiner internationalen Verflechtung auf Nachtflüge angewiesen. Dasselbe gilt für die verschiedenen Wirtschaftszentren der Bundesrepublik Deutschland. Wenn eine Reihe der am stärksten vom Fluglärm heimgesuchten Flughäfen mit Nachtbetriebsbeschränkungen belegt werden, bleibt es nicht aus, daß jedenfalls ein Teil des 3218* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung, Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 so eingeschränkten Luftverkehrs auf noch weniger beschränkte Flughäfen ausweichen muß. Auch das angrenzende Ausland bietet zunehmend Flughäfen ohne mit nur geringen Nachtbetriebsbeschränkungen; sie werden mit weiteren Betriebsbeschränkungen anderer Flughäfen immer attraktiver. Das Abwandern von Flügen auf solche Plätze widerspräche jedoch den wohlverstandenen Interessen der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Einen Ersatz des durch derartige Beschränkungen abwandernden und ausfallenden Beförderungsvolumens durch andere Verkehrsmittel gibt es nicht. Die zuständigen Behörden müssen deshalb die Vielfalt der einander teilweise widerstreitenden Interessen abwägen und eine in jeder Weise möglichst optimale Lösung finden. Das Ergebnis solchen Abwägens kann sein, daß die vitalen Interessen einer ganzen Regions-Bevölkerung das Interesse an ungestörter Nachtruhe der zahlenmäßig sehr begrenzten Anliegerschaft eines Flughafens überwiegt. Zwei wichtige Tatsachen sind zu bemerken: Zum ersten ist Fluglärm keine Neuheit. Dennoch werden gerade Grundstücke unter den An- und Abflugzonen der Flughäfen in den Bauleitplänen der Gemeinden als Wohngelände ausgewiesen. Zum zweiten wird die Geräuschabstrahlung der Flugzeuge seit einiger Zeit derart reduziert, daß Vergleiche mit dem normalen Straßen- und Schienenverkehr möglich werden. Wenn daher die für die Betriebsgenehmigung des Flughafens Köln-Bonn zuständige Landesregierung von Nordrhein-Westfalen aufgrund eingehenden Abwägens der Interessenlage zu dem Ergebnis kommt, ein uneingeschränktes Nachtbetriebsverbot für diesen Flughafen vor der Gesamtheit der Landesbevölkerung nicht vertreten zu können, so gibt es keine Bundesinteressen, die dieser Entscheidung entgegenstehen. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lenders (SPD) (Drucksache 7/1044 Fragen B 45 und 46) : Hält die Bundesregierung die in der „Bild-Zeitung" vorn 5. September 1973 (Opel-Ascona), in der „Autozeitung" vom 11. August 1973 (Opel-Ascona), im „Spiegel" vorn 10. September 1973 (Opel Manta) und 27. August 1973 (VW-K 70) und im „Stern" vom 13. September 1973 (BMW lebt mit dem Motorsport) erschienenen Anzeigen als vereinbar mit dem Leitbild des erfahrenen Kraftfahrers, der sich im Straßenverkehr partnerschaftlich gelassen und rücksichtsvoll verhält und unnötige Risiken meidet, und wenn nein, beabsichtigt die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, daß eine derartige Werbung nicht mehr statthaft ist? In welchen Fällen hat die Bundesregierung die Freiwillige Werbeselbstkontrolle der Automobilhersteller auf zu Mißdeutung führende Automobilwerbung, insbesondere bei Opel und BMW, hingewiesen, und in welchen dieser Fälle wurde darauf hin eine Änderung erreicht? Zu Frage B 45: Nach Auffassung der Bundesregierung entsprechen die in der 1. Frage im einzelnen aufgeführten Anzeigen nicht dem Leitbild des erfahrenen Kraftfahrers, der sich im Straßenverkehr partnerschaftlich gelassen und rücksichtsvoll verhält und unnötige Risiken meidet. Dies gilt vor allem für die BMW-Anzeige (Stern vom 13. 9. 1973), die dem Beobachter nach Auffassung der Bundesregierung den Eindruck zu vermitteln geeignet ist, BMW-Fahrzeuge seien Fahrzeuge für den Motorsport, die es dem Fahrer erlauben, auch im Alltagsverkehr „sportlich", d. h. riskant zu fahren. Auch die anderen genannten Anzeigen enthalten neben einer Vielzahl von sachlichen Angaben Aussagen, die, gemessen an dem aufgezeigten Leitbild, zu Bedenken Anlaß geben, da sie auch für ein „sportliches", schnelleres Fahren und ein stärkeres Sich-Durchsetzen-Können werben. Die Bundesregierung wird diese Beispiele zum Anlaß nehmen, neben den in der Antwort auf Ihre Frage für die Fragestunde vorn 19.-21. 9. 1973 zur Trendanalyse Pfafferott bereits aufgezeigten Maßnahmen auch ein Gespräch mit der Automobilindustrie zu führen mit dem Ziel, auf eine Werbung der genannten Art zu verzichten. Zu Frage B 46: Die Bundesregierung hat durch ihren Vertreter im Aufsichtsrat der Volkswagenwerk AG den Vorstand dieses Unternehmens auf die Unvereinbarkeit bestimmter Werbeaussagen mit ihren Vorstellungen hingewiesen. Die Fahrzeuge, die Gegenstand der beanstandeten Werbung waren, werden heute nicht mehr hergestellt. Von weiteren Schritten bei anderen Herstellern hat die Bundesregierung bislang abgesehen, zumal die zur Zeit noch laufenden Untersuchungen über die Auswirkungen der Werbung der Kraftfahrzeughersteller auf die allgemeine Sicherheitseinstellung noch nicht abgeschlossen sind. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen. B 47 und 48) : Hält die Bundesregierung en der Auffassung fest, daß der Anschluß der Stadt Hermeskeil an die im Bau befindliche Bundesautobahn auf Dauer gesehen durch den Bau der Autobahnauffahrt Gusenburger Straße gewährleistet werden muß, weil die beiden vorgesehenen Anschlußstellen, zwischen denen Hermeskeil liegt, dem überörtlichen Verkehr dienen und die Anbindung von Hermeskeil an die Bundesautobahn nicht in der für die Entwicklung von Hermeskeil gebotenen Weise bewirken? Weshalb weigert die Bundesregierung sich bisher, den Autobahnanschluß Gusenburger Straße jetzt erstellen zu lassen, obwohl feststeht, daß ein späterer Bau der Anschlußstelle erheblich höhere Kosten verursachen würde als ein Bau im Zuge der jetzt laufenden Arbeiten? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3219* Die Bundesregierung ist weiterhin der Auffassung, daß auf Dauer gesehen nicht auf einen Anschluß der Gusenburger Straße (L 147) an die Autobahn Trier—Landstuhl (A 76) verzichtet werden kann. Es besteht jedoch mit dem Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz Einvernehmen darüber, daß der Bau dieses Anschlusses jetzt noch nicht erforderlich ist, weil Hermeskeil zunächst über die Anschlußstellen an der verlegten B 407 und an der B 327 (Nonnweiler) ausreichend an die A 76 angebunden werden wird. Beim derzeitigen Bau der A 76 werden jedoch die für einen späteren Bau der Anschlußstelle erforderlichen Voraussetzungen geschaffen, so daß keine höheren Kosten anfallen werden. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 49) : Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung daraus ziehen, daß derzeit — auch nach Entrichtung eines erheblichen Baukostenzuschusses durch die Mieter — im sozialen Wohnungsbau selbst ein für viele Mieter kaum tragbarer Mietpreis von 4 DM pro Quadratmeter Wohnfläche nicht mehr zur Kostendeckung ausreicht? Baukostenzuschüsse sind als Finanzierungsmittel im sozialen Wohnungsbau die Ausnahme. Die Verbilligung der Mieten wird in aller Regel mit öffentlichen Mitteln und durch Steuerverzichte bewirkt. Darüber hinaus verlangen die meisten Länder für eine gewisse Frist von dem Bauherrn des sozialen Wohnungsbaus sog. Aufwandsverzichte. Diese Aufwandsverzichte sind jedoch nach § 8 b Abs. 1 und 3 WoBindG auf 6 Jahre befristet. Der Gesetzgeber hat durch diese Vorschrift klargestellt, daß von den Bauherrn des sozialen Wohnungsbaus, die mit Hilfe öffentlicher Gelder Vermögen bilden, auch gewisse Gegenleistungen erwartet werden können. Im übrigen haben solche Aufwandsverzichte eine rationalisierungsfördernde Funktion. Immer wieder wird gegenüber dem sozialen Wohnungsbau der Vorwurf erhoben, eine Kostenmietgarantie verhindere den Wettbewerb und beseitige den auf einem freien Markt bestehenden Zwang zur Rationalisierung. Diese Argumentation ist dann nicht mehr stichhaltig, wenn die Länder — wie heute weitgehend üblich — eng kalkulierte Mietobergrenzen festsetzen und wenn die Bauherrn das Risiko der Überschreitung dieser Mietobergrenzen tragen. Die Bundesregierung hält daher Mietobergrenzen, die gewisse Aufwandsverzichte erfordern, für durchaus sachgerecht. Unabhängig davon können jedoch im Einzelfall die festgelegten Mietobergrenzen auch bei Ausschöpfung aller Rationalisierungschancen eine ausreichende Kostendeckung nicht ermöglichen. Eine solche Situation kann bei den gegenwärtigen Bau- und Finanzierungskosten und der Höhe der Förderung in einzelnen Ländern auch bei Mieten von 4,— DM eintreten. Allerdings entstehen besondere Kostenbelastungen weithin durch die derzeit überhöhten Kapitalmarktzinsen, wie sie sich als Folge der Stabilitätspolitik der Bundesregierung herausgestellt haben. Es wäre zwar möglich, diese Zinspolitik durch prozyklische Subventionen zu unterlaufen. Eine solche prozyklische Verstärkung der Förderung zugunsten des sozialen Wohnungsbaus ließe sich in gewissem Umfang aus der Zwecksetzung dieser Mittel rechtfertigen. Dennoch hält die Bundesregierung die Entscheidung mehrerer Länder, die ihre Förderungsmittel je Wohnung nicht entsprechend der gestiegenen Kapitalkosten erhöht haben, für vertretbar. Bei später günstigeren Kapitalmarktbedingungen können nämlich dann mit gleichem Finanzierungsvolumen bei unveränderter Miete mehr Wohnungen gefördert werden. Etwa freiwerdende Baukapazitäten lassen sich durch die zeitliche Verschiebung der Bewilligung öffentlicher Mittel gleichmäßiger auslasten. Wird sich entgegen dieser Argumentation eine Ermäßigung des Zinssatzes nicht herausstellen, dann kann auf die Dauer die Erhöhung der Kapitalkosten nur durch eine entsprechende Ausweitung der öffentlichen Förderungsmittel aufgefangen werden. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Benz (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen B 50 und 51): Was hat die Bundesregierung unternommen, um eine Koordinierung der Bauinvestitionen bei den von ihr geförderten Forschungsinstituten zu erreichen, und welche zentrale Stelle der Bundesregierung ist hiermit beauftragt? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung auf Grund der vorliegenden Studien zur Mobilität der Forscher in den Forschungszentren seit Fertigstellung der Studien ergriffen, und wie stellt sie sich insbesondere die Regelung der Altersversorgung von Forschern hein Ausscheiden aus einem Forschungsinstitut unter dein Aspekt der Mobilität vor? Zu Nr. B 50: Selbstverständlich bemüht sich die Bundesregierung ständig, die notwendige Koordinierung der Bauinvestitionen bei den von ihr geförderten Forschungsinstituten zu erreichen. Dies gilt insbesondere auch für diejenigen Forschungseinrichtungen, die durch den Bundesminister für Forschung und Technologie betreut werden. Ich gehe davon aus, daß Ihre Frage weniger auf die Koordinierung unter bautechnischen Gesichtspunkten abzielt, als vielmehr auf die Koordinierung der Bauinvestitionen unter dem Aspekt der forschungspolitischen Erfordernisse. Gerade in dieser Hinsicht ergibt sich die Koordinierung natürlicherweise bei der Beratung und Aufstellung der Haushaltspläne. Wenn für eine bestimmte Forschungseinrichtung bestimmte Bauinvestitionen vorgesehen werden, dann selbstverständlich unter Abwägung dessen, was für andere Forschungseinrichtungen notwendig ist. 3220* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Mit diesem Hinweis erledigt sich zugleich auch der zweite Teil Ihrer Frage nach einer zentralen Koordinierungsstelle. Einer solchen Stelle bedarf es nicht, weil, wenn Sie so wollen, eine zentrale Koordinierung im Rahmen der Aufstellung der Haushalts- und Investitionspläne sichergestellt ist. Ich bitte Sie um Verständnis, daß ich mich bei Ihrer sehr allgemein gehaltenen Frage zunächst auf diese wenigen Bemerkungen beschränke. Selbstverständlich bin, ich zu weiteren mündlichen oder schriftlichen Erläuterungen bereit, wenn Sie weitere ins Detail gehende Einzelfragen haben. Zu Nr. B 51: Die vorliegende, von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Studie der Quickborner Team GmbH und Metaplan GrubH enthält eine Reihe von Anregungen, die in die vom BMFT/BMBW eingeleiteten Diskussionen eingegangen sind. Die gegenwärtigen Bemühungen konzentrieren sich vor allem auf den Abbau gesetzlicher und tariflicher Mobilitätshemmnisse und auf die Einführung und Verbesserung mobilitätsfördernder Maßnahmen, die zum Teil, wie z. B. die postuniversitäre Weiterbildung, durch Einzelstudien vorbereitet werden müssen. Zur Zeit finden intensive Gespräche mit den betroffenen Institutionen zur Verbesserung der Mobilität statt. Im arbeitsrechtlichen Bereich zeichnen sich weitere Möglichkeiten einer verbesserten Berücksichtigung von Vordienstzeiten ab. Bei einem Wechsel zwischen Arbeitgebern, die (wie z. B. die Zentren) in der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zusammengeschlossen sind, ist die Mitnahme von Versorgungsanwartschaften unproblematisch. Bei einem Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber kann die Versicherung bei der VBL allerdings nur in gewissem Umfang freiwillig fortgeführt werden. Die Bundesregierung ist darüber hinaus bemüht, die bestehenden Möglichkeiten durch das vom Bundeskabinett am 19. September 1973 verabschiedete Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung weiterzuentwickeln. Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Fragen B 52 und 53) : Welche Verfahren der Kohleveredelung fördert z. Z. die Bundesregierung, und wie beurteilt sie in diesem Zusammenhang die Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit der Kohlevergasung mir Wasserstoff bzw. mit Sauerstoff? Welche Verfahren der Wasserstoffherstellung fördert z. Z. die Bundesregierung, und wie beurteilt sie in diesem Zusammenhang die Wirtschaftlichkeit der Wasserstoffherstellung mittels „Wasserdampf, Vergasung von Kohle" und der „Wasserspaltung"? Zu Frage B 52: Die Bundesregierung fördert auf dem Gebiet der Kohleveredlung folgende Projekte: a) „Verfahren zur Herstellung von Formkoks" (Bergbauforschung GmbH, Essen) b) „Erforschung der Grundlagen für die Prozeßsteuerung der Steinkohlenaufbereitung" (Bergbauforschung GmbH, Essen) c) „Entwicklung von Verfahren zur Umwandlung fester fossiler Rohstoffe mit Wärme aus Hochtemperaturkernreaktoren" (Bergbauforschung GmbH, Essen; Rheinische Braunkohlenwerke AG, Köln; Kernforschungsanlage Jülich). Die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens zu c) ist in erster Linie unter dem Aspekt der zunehmenden Verknappung der Primärenergieträger Erdöl und Erdgas zu sehen. Einzelne Berechnungen hierzu enthält die Fichtner-Studie „Wirtschaftliche Aussichten von mit nuklearer Prozeßwärme erzeugtem technischem Wasserstoff". Das Verfahren ist umweltfreundlich, da keine schwefelhaltigen Verbrennungsgase anfallen. Zu Frage B 53: Die Bundesregierung fördert auf dem Gebiet der Wasserstoffherstellung folgende Projekte: a) s. oben unter c) b) Forschungsarbeiten zur Wasserstoffherstellung aus Wasser über chemische Umwandlungsprozesse werden von der gemeinsamen Forschungsstelle Ispra mit Mitteln von EURATOM durchgeführt; auch hierbei ist gegebenenfalls später mit dem Einsatz nuklearer Wärme zu rechnen. Die Frage zur Wirtschaftlichkeit des Projektes b) läßt sich beim derzeitigen Stand der Arbeiten noch nicht beantworten, da noch nicht einmal die technische Realisierbarkeit geklärt ist. Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 54) : Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über die weiteren Aufgaben der Heidelberger Studiengruppe für Systemforschung? Die Studiengruppe für Systemforschung soll fachlich und organisatorisch engeren Kontakt zur Wissenschaft und Praxis erhalten. Es wird deshalb angestrebt, die Teilgruppe Information und Dokumentation der Studiengruppe für Systemforschung in Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3221* die geplante Gesellschaft für Information und Dokumentation (GID) zu integrieren. Die restlichen Mitarbeiter, die vor allem mit Systemanalysen im Gebiet der Forschungsplanung und Forschungspolitik befaßt sind, sollen mit einer entsprechenden, mit Forschung und Technologie eng verbundenen Systemanalysegruppe zusammengeschlossen werden. Die Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen. Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 55) : Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung in bezug auf die von Staatssekretär Dr. Hauff in „Bild der Wissenschaft" (September 1973) angekündigte Verbesserung der Technologie-FolgenAbschätzung? Eine umfassende Technologie-Folgen-Abschätzung im weitesten Sinne wird in der gegenwärtigen Diskussion verstanden als die systematische Untersuchung und Bewertung von direkten und indirekten Auswirkungen der im Einsatz befindlichen oder für spätere Anwendungen vorgeschlagenen Technologien auf die Gesellschaft, den einzelnen und die Umwelt. Eine der zu verbessernden Schwachstellen hierbei ist der Mangel an ausreichender Prognosekapazität der technischen Entwicklung und der Entwicklung der Wertmaßstäbe, mit denen zukünftige Technologien zu messen sein werden. Andererseits fehlt ein quantitatives Entscheidungsverfahren, welches die schwierige Aufgabe erfüllt, Informationselemente verschiedener Qualität — zum Beispiel solche aus dem Bereich der Ökologie, der Soziologie und der Wirtschaft — zu verknüpfen. Die Kosten/ Nutzen-Analyse ist hier weit überfordert. Zunächst weise ich darauf hin, daß ich in dem von Ihnen genannten Artikel noch keine Verbesserung angekündigt habe. Die Bundesregierung wird jedoch prüfen, wie Prognosekapazität in geeigneter Form organisiert werden kann. Zur Verbesserung von EntscheidungsfindungsVerfahren werden wir zunächst anhand einiger Fallstudien prüfen lassen, ob das sich hier anbietende Verfahren, mit dynamischen Computermodellen die Zukunft zu simulieren, helfen kann. Hierbei kann der Computer allerdings nur als Verarbeiter großer Mengen von Eingabedaten gesehen werden, was auf die erstgenannte Problematik zurückführt. Das Problem der Technologie-Folgen-Abschätzung stellt sich inzwischen in allen westlichen Industrieländern gleichartig; eine Reihe von Problemen haben zudem grenzüberschreitenden Charakter. Im Hinblick darauf mißt die Bundesregierung der Zusammenarbeit von Experten — auch aus der Bundesrepublik — in einer internationalen Arbeitsgruppe der OECD Bedeutung bei. Dabei geht es um die Erarbeitung einer gemeinsamen Verständigungsbasis und um Erfahrungsaustausch über die Bemühungen um Lösungsansätze für die gemeinsamen längerfristigen Probleme. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 3. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/1044 Frage B 56) : Welche Dienstposten und wie viele davon, in Prozentzahlen ausgedrückt, kann die Deutsche Bundespost für die berufliche Eingliederung Hörbehinderter zur Verfügung stellen, und wann ist mit entsprechenden Maßnahmen seitens der Deutschen Bundespost — insbesondere im Hinblick auf die Einführung der 40Stundenwoche im Herbst 1974, die bei der Deutschen Bundespost zwangsläufig zu weiteren Personaleinstellungen führen wird — zu rechnen? Die Einsatzfähigkeit Hörbehinderter hängt nicht nur von den Anforderungen der vorhandenen Arbeitsplätze, sondern besonders auch von dem Grad der Behinderung und der individuell verschiedenen körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit der Behinderten ab. Die Deutsche Bundespost schließt deshalb weder Hörbehinderte generell von der Einstellung aus, noch behält sie eine bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen speziell für Hörbehinderte vor. Dies wäre allein deshalb nicht sinnvoll, weil viele Arbeitsplätze, die an sich nicht für Hörbehinderte in Betracht kommen, gegebenenfalls nach organisatorischen Maßnahmen und Bereitstellung technischer Arbeitshilfen auch von Hörbehinderten wahrgenommen werden können. Es könnte sich für die Einstellung von Hörbehinderten als hinderlich erweisen, würde man bestimmte Arbeitsplätze als dafür geeignet kennzeichnen. Hinsichtlich der Einstellung Hörbehinderter, die als Schwerbeschädigte oder Gleichgestellte nach dem Schwerbeschädigtengesetz anerkannt sind, gilt für die Deutsche Bundespost die gesetzliche Beschäftigungspflicht. Die Zahl der Arbeitsplätze, die hiernach bei der Deutschen Bundespost Schwerbeschädigten und Gleichgestellten vorzubehalten sind, beträgt nach der letzten Erhebung (1. 10. 1972) 18 824, das entspricht 8 v. H. der anrechnungspflichtigen Arbeitsplätze (bei der Landespostdirektion Berlin 10 v. H.). Davon waren jedoch mangels geeigneter Bewerber nur 13 237 Arbeitsplätze mit Schwerbeschädigten und Gleichgestellten besetzt, das entspricht einem Erfüllungsstand von 5,7 v. H. Die Daten von der Erhebung nach dem Stand vom 1. 10. 1973 liegen z. Z. noch nicht vor. Die zuständigen Stellen der Deutschen Bundespost sind gehalten, vor der Neubesetzung freier Arbeitsplätze zu prüfen, ob diese für die Beschäftigung Schwerbeschädigter oder Gleichgestellter geeignet sind und ob entsprechende Bewerber vorhanden sind. 3222* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 Die Deutsche Bundespost unternimmt alle Anstrengungen, den infolge der Arbeitszeitverkürzung am 1. 10. 1973 zu erwartenden Personalmehrbedarf durch Rationalisierung soweit wie möglich aufzufangen. Da im übrigen die Tätigkeit in weiten Bereichen des Post- und Fernmeldewesens, vor allem die Beamtentätigkeiten, eine je nach Laufbahn unterschiedlich lange mehrjährige Ausbildung erfordern, waren die für Ende 1974 in den verschiedenen Laufbahnen benötigten Arbeitskräfte bereits in den letzten Jahren im Rahmen der mittelfristigen Personalplanung der Deutschen Bundespost als Nachwuchskräfte einzustellen. Die Deutsche Bundespost sieht aufgrund dieser Gegebenheiten gegenwärtig keine Veranlassung, besondere Maßnahmen hinsichtlich der Einstellung Hörbehinderter zu ergreifen. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 57) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die von ihr angestrebte Chancengleichheit für begabte Schulkinder aus ländlich abgelegenen Gebieten im Zonenrandgebiet nicht nur durch übermäßig lange Schulwege zu den weit abgelegenen Gymnasien gefährdet wird, sondern auch durch das gestiegene Fahrgeld, das insbesondere bei kinderreichen Familien so hoch zu Buche schlägt, daß diesen Kindern eine höhere Schulbildung aus diesem Grund vorenthalten wird, und welche Maßnahmen (z. B. Subventionen, Steuerermäßigungen) gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um ihr Ziel, Chancengleichheit für alle Kinder, auch fur Kinder aus vielköpfigen, sozial schwachen, in ländlich abgeschiedenen Gebieten lebenden Familien zu verwirklichen? Es ist der Bundesregierung bekannt, daß gerade in ländlichen Räumen erhebliche Anstrengungen unternommen werden müssen, um auch dort Chancengleichheit in gleichem Maße wie in Verdichtungsräumen zu gewährleisten. Im Bildungsgesamtplan haben daher Bund und Länder Zielvorstellungen niedergelegt, die insbesondere das Bildungsangebot in ländlichen Räumen verbessern sollen. So soll z. B. das Angebot an Ganztagsschulen unter besonderer Berücksichtigung sozialpolitischer Gesichtspunkte entwickelt werden. Auch zahlreiche von der Bundesregierung im Rahmen der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung geförderte Modellversuche dienen der Verbesserung der Bildungschancen in ländlichen Räumen. Im Zonenrandgebiet werden eine Reihe von Modellversuchen, vor allem in der Mittel- und Oberstufe, durchgeführt, wobei auch die Förderung der beruflichen Bildung eine große Bedeutung hat. Die Bundesregierung fördert im Zonenrandgebiet insbesondere den Bau und die Einrichtung von Schulen und ermöglicht auf diese Weise vielen Gemeinden die Entwicklung eines modernen und leistungsfähigen Schulsystems. Die Schulen müssen aber wegen der notwendigen Vielfalt des Bildungsangebots eine gewisse Größe haben, woraus sich entsprechende Schulwege ergeben. Die Länder und Gemeinden richten daher in verstärktem Maße Schülertransportlinien ein, die kostenlos oder zu sehr geringen Gebühren benutzt werden können. Die Einrichtung dieser Linien fällt in die Zuständigkeit der Schulträger. Bund und Länder haben jedoch bei den Ausbauplanungen im Bildungsgesamtplan die Beförderungskosten im Finanzierungsteil berücksichtigt. Man ist davon ausgegangen, daß in den nächsten Jahren mit einer erheblichen Ausweitung des Kreises der Beförderten zu rechnen ist. Die Steigerungsraten sind entsprechend gestaltet worden. Im übrigen werden Schülern und Auszubildenden ermäßigte Tarife bei Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs gewährt. Die Probleme kinderreicher Familien werden etwa durch Geschwisterermäßigungen besonders berücksichtigt. Darüber hinaus möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die geplante Reform des Familienlastenausgleichs im Rahmen der Steuerreform hinweisen. Die erheblichen Verbesserungen, die die Bundesregierung hier bei der Regelung des Kindergeldes vorgeschlagen hat, werden mit dazu beitragen, die Bildungschancen von Kindern aus kinderreichen und sozial-schwachen Familien zu verbessern. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander vom 4. Oktober 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Slotta (SPD) (Drucksache 7/1044 Frage B 58) : Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Kindern von Verfolgten des Naziregimes bei der Zuteilung von Studienplätzen ein besonderer Bonus gewährt werden soll? Die Bundesregierung tut alles in ihren Möglichkeiten Liegende, um denen, die in der Zeit des Nationalsozialismus etwa aus rassischen Gründen verfolgt worden sind, zu helfen. Das gilt auch für die Kinder dieser Verfolgten, wenn sie aufgrund der Verfolgung ihrer Eltern selbst besondere Nachteile erlitten haben. Dies wird jeweils im einzelnen zu prüfen sein. Unter diesem Gesichtspunkt wird man auch jeweils im Einzelfall zu prüfen haben, ob die Versagung eines Studienplatzes deshalb eine außergewöhnliche Härte für den Bewerber wäre, weil seine Eltern Verfolgte des Naziregimes waren. Das gegenwärtige im Staatsvertrag der Länder geregelte Zulassungsverfahren sieht eine solche individuelle Prüfung der Fälle außergewöhnlicher Härte vor. Danach wird eine außergewöhnliche Härte bejaht, wenn die Ablehnung des Zulassungsantrages für den Studienbewerber mit Nachteilen verbunden wäre, die bei Anlegung eines strengen Maßstabes über das Maß der mit der Ablehnung überlicherweise verbundenen Nachteile erheblich hinausgehen. Zu derartigen Nachteilen gehören: Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3223* — besondere und soziale familiäre Umstände des Bewerbers, die die alsbaldige Aufnahme des Studiums in dem an erster Stelle genannten Studiengang erfordern sowie — Zeitverluste bei der Aufnahme des Studiums, die vom Bewerber nicht zu vertreten sind. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß im Rahmen dieser von den Ländern getroffenen Regelung der besonderen Situation der Kinder von Verfolgten des Naziregimes gebührend Rechnung getragen werden kann. Auch in dem Entwurf eines Hochschulrahmengesetzes ist vorgesehen, daß sogar bis zu 20 v. H. der insgesamt verfügbaren Plätze an Bewerber vergeben werden, für die die Versagung der Zulassung eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Ausgestaltung dieser Rahmenregelung wird dem Landesrecht obliegen.
Gesamtes Protokol
Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705500000
Die Sitzung ist eröffnet.
Nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung soll der Unfallverhütungsbericht Drucksache 7/991 dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung überwiesen werden. Es erhebt sich kein Widerspruch; dies ist so beschlossen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Überweisung von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Aktionsprogramm für die Politik im wissenschaftlich-technologischen Bereich
— Drucksache 7 1026
überwiesen an den Ausschuß für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen (federführend), Ausschuß fur Wirtschaft, Haushaltsausschuß mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rut
Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Mineralöle
Drucksache 71042 —
überwiesen en den Finanzausschuß (federführend), Ausschuß für Wirtschaft, Haushaltsausschuß mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die Erhöhung der Kontingentsmenge des Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte Aale der Tarifstelle ex 03.01 A II des Gemeinsamen Zolltarifs
— Drucksache 7/1047 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die Finanzierung bestimmter Maßnahmen durch den Europäischen Ausrichtungs-
und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie
— Drucksache 7/1048 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Überweisung von Zollvorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Aufhebbare Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 12/73 — Erhöhung des Zollkontingents 1973 für Bananen)

— Drucksache 7/1041 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um
Vorlage des Berichts rechtzeitig zum Plenum am 15. Januar 1974
Ich rufe Punkt 20 der gemeinsamen Tagesordnung auf:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV — 5. AnpG--KOV)

Drucksache 7/1008 —
b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV — 5. AnpG—KOV)

Drucksache 7 1009 —
Zur Begründung hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung das Wort.

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0705500100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Drucksache 7/1008 legt die Bundesregierung diesem Hohen Hause den Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes vor. Damit sollen die laufenden Rentenleistungen der etwa 2,4 Millionen Kriegs- und Wehrdienstopfer vom 1. Januar 1974 an um durchschnittlich 11,4 % erhöht werden. Das ist die bisher höchste prozentuale Anhebung dieser Leistungen für den Zeitraum eines einzigen Jahres, die es seit Bestehen des Bundesversorgungsgesetzes gegeben hat.
Neben der linearen Anhebung der Rentenleistungen sieht auch dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung wieder einige strukturelle Verbesserungen des Leistungsrechts vor. Es sind dies im einzelnen: Verbesserungen im Bereich der Heil- und Krankenbehandlung, die Erhöhung des Bestattungsgeldes und die Erstattung der Kosten für die Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Pflegepersonen.
Vor allem mit der letztgenannten Maßnahme soll ein sozialpolitisch bedeutsames Problem gelöst werden. Hier geht es um die Fürsorge für Menschen, die sich unter Zurückstellung eigener wirtschaftlicher Interessen und ungeachtet der mangelhaften eigenen Alterssicherung der Pflege von hilflosen Beschädigten gewidmet haben. Meist war es die Tochter oder die Schwester, die manchmal sogar ihren Beruf aufgegeben hat, obwohl die Versorgungsleistungen lange Zeit keinen entsprechenden



Bundesminister Arendt
finanziellen Ausgleich bieten konnten. Sicher lösen wir hiermit kein Massenproblem, aber es wäre sozialpolitisch äußerst bedenklich, wollte man immer nur dort helfen, wo ein großer Personenkreis dahintersteht.
Mit diesen zusätzlichen Leistungsverbesserungen hat die Bundesregierung wiederum ihr Versprechen wahrgemacht, auch im Rahmen der Anpassungsgesetze durch rechtliche Verbesserungen das Kriegsopferrecht zeitgerecht weiterzuentwickeln. Die finanziellen Auswirkungen dieses Gesetzes bedeuten für den Bundeshaushalt allein im Jahre 1974 Mehraufwendungen in Höhe von 773 Millionen DM.
Alle Gesetzentwürfe, die von der sozialliberalen Bundesregierung eingebracht wurden und Leistungsverbesserungen für die Kriegsopfer zum Gegenstand hatten, beweisen, daß wir diesem Bereich unserer sozialpolitischen Arbeit ein besonderes Augenmerk widmen.

(Beifall bei der SPD.)

Noch zu keiner Zeit hat es im Kriegsopferrecht einen solchen gewaltigen Fortschritt gegeben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die Bundesregierung hat anläßlich der Aufstellung des Bundeshaushalts 1974 und des Finanzplans bis 1977 erneut nach einem Weg gesucht, auch für den Bereich der Kriegsopferversorgung die Anpassungstermine in Anlehnung an die Regelung für die gesetzliche Rentenversicherung vorzuziehen.
Unter Berücksichtigung der besonderen Situation des Bundeshaushalts und in Anbetracht unserer Stabilitätsbemühungen soll das in zwei Stufen geschehen, und zwar sollen die Rentenerhöhungen im Jahre 1974 auf den 1. Oktober und von 1975 an jeweils zum 1. Juli vorgezogen werden. Mit anderen Worten bedeutet das, daß 1974 die Renten der Kriegsopfer zweimal erhöht werden: zum 1. Januar um 11,4 % und zum 1. Oktober um 11,2 %. Das bedeutet im Ergebnis: die Renten der Kriegsopfer werden allein 1974 im Jahresdurchschnitt um rund 15 % erhöht. Für 1975 ergibt sich eine ähnliche Rentensteigerung. Für die Jahre 1970 bis 1974 beträgt die Gesamterhöhung der Renten unter Einrechnung der vorgezogenen Anpassungen rund 63 %, für Witwen sogar rund 75 %.
Wenn wir, meine Damen und Herren, bezogen auf den Zeitraum 1970 bis 1974, die Mehraufwendungen an Bundesmitteln für die linearen Rentenerhöhungen zusammenrechnen, so ergibt das insgesamt den beachtlichen Betrag von 7 Milliarden DM. Hinzu kommen noch weitere Mehraufwendungen von nahezu 2 Milliarden DM für strukturelle Verbesserungen, die mit den einzelnen Anpassungsgesetzen verwirklicht wurden. Der Mehraufwand beträgt also rund 9 Milliarden DM.
Die Leistungsverbesserungen bewirken, daß im Jahre 1974 nach dem Haushaltsansatz im Durchschnitt pro Versorgungsberechtigten über 77,5 % mehr ausgegeben werden, als dies im Jahre 1969 bei der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die sozialliberale Koalition der Fall war.
Das sind nüchterne Zahlen, an denen nicht zu rütteln ist. Sie beweisen die enormen Leistungsverbesserungen in den letzten Jahren.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Diese Zahlen beweisen aber auch, daß Bundesregierung und Koalition die besondere Verpflichtung des Staates gegenüber den Kriegsopfern sehr ernst nehmen.
Um so mehr muß es verwundern, wenn in der Begründung zum Antrag des Bundesrates zu lesen ist, daß es mit den Grundsätzen eines Rechts- und Sozialstaates nicht vereinbar sei, wenn nicht auch für die Kriegsopfer Leistungsverbesserungen, die denen der Fortentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen, geschaffen würden. Auch in dem Bleichlautenden Antrag der Opposition dieses Hauses war dies zu lesen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich frage Sie allen Ernstes: Haben Sie vergessen, wie das vor 1969 war, als die Regierungsverantwortung in Ihren Händen lag? Haben Sie vergessen, daß es immer eines schweren Kampfes bedurfte, bis die Renten der Kriegsopfer angehoben wurden? Meistens hat es dann noch drei Jahre gedauert.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Barzel: Das bessere Datum ist 1966!)

— Wer hat denn, Herr Barzel, aus den Reihen der Opposition damals auch nur den Gleichklang mit den Rentenversicherungen durch jährliche Anpassung der Kriegsopferrenten gefordert? Niemand, meine Damen und Herren.

(Abg. Dr. Jenninger: Na, na! Außer Ihnen?!)

Und wenn sich einer gefunden hätte, dann hätte er auf verlorenem Posten gestanden.

(Abg. Franke [Osnabrück] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705500200
Es kann keine Zwischenfrage während der Einbringung eines Gesetzes gestellt werden, sondern erst in der Diskussion.

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0705500300
Der damalige Finanzminister F. J. Strauß hätte sicher nicht sein Ja zu einer solchen fortschrittlichen Regelung gegeben.

(Abg. Wehner: Leider wahr!)

Meine Damen und Herren, das sind Fakten, die Sie nicht hinwegleugnen können. Erst die sozialliberale Koalition und Regierung hat durch schnelles und entschlossenes Handeln den Kriegsopfern Gerechtigkeit zuteil werden lassen,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

indem sie ihre Versorgung auf eine zuverlässige und sichere Basis gestellt hat. Wenn sie nunmehr sogar für die Kriegsopfer einen gangbaren Weg für die Vorziehung der Rentenanpassung gefunden hat, so ist dies als ein weiterer Beweis ihres guten Willens gegenüber einem Personenkreis zu werten, der für die Allgemeinheit in einer schweren, unglücklichen Zeit große Opfer bringen mußte.



Bundesminister Arendt
Eine rechtliche Verpflichtung im Zusammenhang mit den vorgezogenen Anpassungen in der gesetzlichen Rentenversicherung lag diesem Handeln nicht zugrunde. Die Rechtsgebiete der Sozialversicherung und der Kriegsopfer unterscheiden sich in ihrer Funktion, im Leistungsgefüge, in der Trägerschaft und der Aufbringung der Mittel in einer Weise, daß auch die Tatsache einer einheitlichen Anpassungsquote eine solche rechtliche Bindung nicht zu begründen vermag. Hinzu kommt, daß mit dem Vorziehen der Rentenanpassungen in den gesetzlichen Rentenversicherungen teilweise die im Jahre 1958 unterbliebene Anpassung nachgeholt werden sollte, ein Umstand, der auf die Kriegsopferversorgung keinen Bezug hat.
Meine Damen und Herren, der Antrag des Bundesrates veranlaßt mich noch zu einigen weiteren Bemerkungen. Sie alle wissen, daß diesem Antrag die Initiative des Freistaates Bayern zugrunde liegt. Nun ist es natürlich für ein Land sehr leicht, eine solche Initiative zu ergreifen, weil es ja nicht die finanzielle Verantwortung für die entsprechenden Maßnahmen zu tragen hat.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Es dürfte Ihnen ja bekannt sein, daß die finanziellen Mittel zur Versorgung der Kriegsopfer fast ausschließlich vom Bund getragen werden. Die Länder sind lediglich mit 20 % an einem Teil der für die Kriegsopferfürsorge aufzubringenden Mittel beteiligt. Dies ist ein ganz geringer Anteil an den Gesamtaufwendungen für die Kriegsopferversorgung, nämlich nur 2 %.
Man möchte nun meinen, daß ein Land, das sich berufen fühlt, als Streiter für die Rechte der Kriegsopfer eintreten zu müssen, gerne diese geringe finanzielle Belastung auf sich nimmt. Aber das ist keineswegs der Fall.

(Abg. Wehner: Hört! Hört!)

Nicht einmal zu diesem kleinen Opfer für die Kriegsopfer ist das antragstellende Land bereit.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Hier ist der Beweis: Mit Schreiben vom 5. September 1973 hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen den Bundesminister der Finanzen gebeten, dafür Sorge zu tragen, daß die Kostenbeteiligung der Länder beseitigt werde. Unter anderem wurde dieses Verlangen damit begründet, daß die Entwicklung der Ausgaben eine beträchtliche Steigerungsrate zeige, obwohl die Zahl der Kriegsopfer abnehme, und voraussichtlich diese überproportionale Ausgabenentwicklung in den nächsten Jahren noch anhalten werde.
Sie sehen also, meine Damen und Herren, das angeblich große Interesse sieht doch anders aus, wenn man in die eigene Tasche greifen muß.

(Abg. Wehner: Sehr wahr! — Zustimmung bei der FDP.)

Meine Damen und Herren, fast wäre ich geneigt zu sagen: Das ist ein Spiel mit doppeltem Boden.

(Zuruf von der SPD: Das ist es auch!)

Wo bleibt da der Einklang zwischen öffentlicher Forderung und eigenem Verhalten? So sollte man nicht Politik machen, am allerwenigsten, wenn es um das Schicksal schwerbetroffener Menschen geht.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Maucher: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch einige Worte zur Elternversorgung sagen. Sie alle kennen aus früheren Diskussionen die seit langem bestehende Regelung, daß auf die Elternrente auch Unterhaltsleistungen der noch lebenden Kinder als Einkommen anzurechnen sind. Diese Regelung ist alt. Sie hat ihren Ursprung im Reichsversorgungsgesetz und wurde im Jahre 1950 in das Bundesversorgungsgesetz übernommen. Seitdem war sie immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen. Dabei waren es nicht die Mitglieder der heutigen Koalition, die diese Regelung verteidigt haben. Vielmehr waren es namhafte Vertreter der CDU/CSU, die für die Beibehaltung der Anrechnung eingetreten sind und auf den engen Verbund zwischen Elternrente und Unterhaltsleistungen der noch lebenden Kinder bestanden haben.
Die Stellungnahme zu diesem Problem in der Begründung zum vorliegenden Regierungsentwurf entspricht dem Stand der Planungen im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den Entwurf.
In der Sozialpolitik gibt es aber keinen Stillstand, und das gilt auch hier. Und so freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, daß die Bundesregierung inzwischen doch Mittel und Wege gefunden hat, die Anrechnung von Unterhaltsleistungen der noch lebenden Kinder auf die Elternrente zu beseitigen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es gibt sicher, meine Damen und Herren, auch noch manche anderen Strukturschwächen im Kriegsopferrecht, die wir ändern wollen. Wir sind und bleiben ständig um eine sachgerechte Weiterentwicklung des Kriegsopferrechts bemüht. Das geht aber nur Schritt für Schritt. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, hatten schon früher manche Gelegenheit, die Weichen anders zu stellen. Das haben Sie nicht getan, und das, was Sie versäumt haben, können wir natürlich nicht alles in einem Zuge aufholen. Im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten aber werden wir das Kriegsopferrecht fortschrittlich weiterentwickeln. Dessen können Sie und die Kriegsopfer gewiß sein.
Wie ernst es uns damit ist, mögen Sie aus den folgenden wichtigen Vorhaben ersehen.
1. In einem besonderen Gesetz werden wir die Fahrgeldbefreiung im Nahverkehr erweitern und verbessern.
2. Auf dem Verordnungswege werden wir eine Härteregelung treffen für Witwen, deren Schadensausgleich bisher gekürzt wird, nachdem der Ehemann das 65. Lebensjahr vollendet hätte.

(Zuruf der Abg. Frau Verhülsdonk.)

Wir beseitigen damit ein Relikt aus der Vergangenheit, das vielen Witwen Schmerz und Kummer bereitet.



Bundesminister Arendt
3. Auch die Einkommensermittlung bei nicht buchführenden Landwirten wollen wir günstiger und gerechter regeln.
Alle diese strukturellen Verbesserungen, meine Damen und Herren, sind bereits in Vorbereitung. Sie werden entscheidend dazu beitragen, die Kriegsopferversorgung insgesamt sozial gerechter zu gestalten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705500400
Der Gesetzentwurf ist eingebracht. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Abgeordnete Geisenhofer.

Franz Xaver Geisenhofer (CSU):
Rede ID: ID0705500500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In die Beratung des Ihnen vorliegenden Entwurfs der Bundesregierung und des Bundesrates für ein Fünftes Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes muß auch noch der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion vom 14. März 1973 mit einbezogen werden. Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion wurde damals ohne Aussprache dem zuständigen Ausschuß übermittelt. Der Gesetzentwurf des Bundesrats, der auf eine Initiative des Freistaates Bayern zurückgeht, wurde schon in der 396. Sitzung des Bundesrats am 6. Juli 1973 behandelt.
Ich darf die Bundesrats- und die damit identische Unionsvorlage begründen und zum völlig unzureichenden Gesetzentwurf der Bundesregierung Stellung nehmen.
Der Gesetzentwurf des Bundesrats und der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion vom März dieses Jahres sehen schwerpunktmäßig folgende Verbesserungen vor.
Erstens. Die Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes sollen nicht wie bisher jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres, sondern jeweils zum Juli des vorangehenden Kalenderjahres an die Änderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung angepaßt werden. Das heißt, die Kriegsopferrenten und Wehrdienstopferrenten sollen nach unserem Gesetzentwurf rückwirkend zum 1. Juli 1973 um 11,35 % angehoben werden.
Zweitens. Bürgerlich-rechtliche Unterhaltsansprüche bei der Festsetzung der Elternrente sollen in Zukunft nicht mehr als Einkommen berücksichtigt werden, d. h. die Unterhaltspflicht der Kinder bei der Elternrente soll wegfallen.
Herr Bundesminister Arendt, Sie haben soeben dem Hohen Hause bekanntgegeben, daß auch diese Forderung der CDU/CSU-Fraktion von Ihnen nun — wenn ich das richtig verstanden habe, ist das der Fall erfüllt wird. Ich danke Ihnen dafür und füge hinzu: Ohne die Gesetzesinitiative der CDU/CSU-Fraktion wäre Ihr Kompromißvorschlag niemals gekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Urbaniak.)

Drittens. Das Bestattungsgeld von jetzt 750 DM soll auf 1000 DM erhöht werden. Diese Forderung ist allen Gesetzentwürfen gemeinsam.
Die Bundesregierung beharrt — auch Sie, Herr Bundesarbeitsminister, in Ihren Ausführungen — in ihrem Gesetzentwurf auf den Anpassungstermin 1. Januar 1974 und lehnt die vorgezogene Anpassung, wie sie die Union will, mit der Begründung ab, daß für die nach ihrer Berechnung erforderlichen 379,9 Millionen DM Mehrausgaben im Jahre 1973 im Haushalt angeblich keine Deckungsmöglichkeit vorhanden sei. Haushaltsschwierigkeiten sollen hier also das Handeln der Bundesregierung rechtfertigen und abdecken.
Dieses Verhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren, bedeutet die Nichteinhaltung eines gegebenen Versprechens, die Nichtanwendung der zeitgerechten Dynamisierung, die Abkoppelung der Kriegsopferrente von der Erhöhung der Sozialrenten und somit eine erhebliche Benachteiligung der Kriegs- und Wehrdienstopfer.
Es ist bezeichnend, daß diese Bundesregierung zur Begründung der Ablehnung der vorgezogenen Rentenanpassung nach Argumenten sucht, die beweisen sollen, wie viel diese Bundesregierung in den letzten drei Jahren bereits für die Kriegsopfer getan habe und wie wenig in der Vergangenheit durch die CDU-Regierungen geschehen ist. Herr Bundesminister und meine Damen und Herren von der SPD und FDP, diese Argumentation, die auch Sie wieder verwendet haben, Herr Minister Arendt, daß in 20 Jahren CDU/CSU-Regierungszeit für die Kriegsopfer nicht viel getan wurde, während seit dem Regierungswechsel der soziale Fortschritt Riesensprünge gemacht haben soll, sollten Sie endlich aufgeben.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Die CDU/CSU kann auf die großen sozialen Leistungen der Vergangenheit angesichts eines verlorenen Krieges und einer zerstörten Wirtschaft mit Stolz verweisen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ihre Leistungen halten auch auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung internationalen Vergleichen stand. Wenn man das, was Herr Bundesminister Arendt soeben vorgetragen hat hört, und wenn man die Verlautbarungen in den SPD-Pressediensten und anderen Informationsmedien der letzten Zeit betreffend die hohen Anpassungssätze und die Milliardenbeträge, die Sie angeblich jetzt und für die nächsten Jahre den Kriegsopfern zur Verfügung stellen, liest, so könnte man den Eindruck gewinnen, daß die Kriegs- und Wehrdienstopfer mit ihrem Wohlstand zur Zeit gar nicht mehr fertig werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der VdK-Deutschland weist in einer Zeitungsannonce im „Münchner Merkur" vom 1. Oktober 1973 im einzelnen nach, daß die Realität, die rauhe Wirklichkeit eine ganz andere ist. Ein unterschenkelamputierter Schwerbeschädigter erhielt im Jahre 1970 eine Grundrentenerhöhung von nur 15 DM, eine Witwe



Geisenhofer
eine solche von 38 DM. Im Jahre 1971 erhielt der Schwerbeschädigte 6 DM, die Witwe 10 DM mehr. Im Jahre 1972 erhielt der Schwerbeschädigte 7 DM, eine Witwe nur 12 DM mehr. Von einer Teilnahme der Kriegsopfer am wachsenden Wohlstand der Bevölkerung kann überhaupt keine Rede sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, um das Vorziehen der Anpassung der Kriegsopferrenten umgehen zu können, versucht die Bundesregierung ferner nachzuweisen, daß die Dynamisierungsvorschrift des § 56 BVG erfüllt sei, denn die Kriegs- und Wehrdienstopferrenten würden ja alle Jahre entsprechend der Steigerung der Sozialrenten angepaßt. Gerade in dieser Auslegung liegt aber das große Argernis begründet, denn es bestand 1970 in diesem Hohen Hause anläßlich der Einführung der Dynamisierung, der alle Parteien zugestimmt haben, Übereinstimmung bei allen Fraktionen, daß Dynamisierung nur heißen kann: Anhebung der Kriegsopferrenten zum gleichen Zeitpunkt und in gleicher Höhe wie die Sozialrenten. Da waren wir uns doch einig.
Die Bundesregierung versucht ferner nachzuweisen, daß die nicht zeitgerechte Anpassung der Kriegsopferrenten nicht verfassungswidrig sei, weil sich die Rechtsgebiete der Sozialversicherung und der Kriegsopferversorgung ebenso unterscheiden wie die Aufbringung der Mittel. Diese Auffassung steht im Widerspruch zu dem Gutachten des bekannten Rechtsgelehrten der Universität Erlangen, Herrn Professor Dr. Klaus Obermayer, der u. a. folgendes aussagt: Die Benachteiligung der Kriegsopfer gegenüber den Sozialrentnern bei der Anpassung der Versorgungsleistungen verletzt den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die Kriegsopfer können gegen die ihnen widerfahrene verfassungswidrige Benachteiligung Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben. Ich frage, Herr Bundesminister Arendt: Will es die Bundesregierung in dieser Kriegsopferfrage tatsächlich zu einem Rechtsstreit kommen lassen?
Meine Damen und Herren, ich glaube, die Bundesregierung wäre gut beraten gewesen, wenn sie sich an Stelle des Sammelns von Argumenten gegen die Anpassung mit Nachdruck um einen anständigen Kompromiß bemüht hätte. Es ist für mich und für meine Fraktionskollegen einfach unverständlich, warum die Bundesregierung den Kompromißvorschlag des Landes Hessen nicht angenommen hat, nämlich das Vorziehen der Kriegsopferrenten, wenn schon nicht zum 1. 7. dieses Jahres, dann wenigstens zum 1. Oktober dieses Jahres zu beginnen. Damit hätten Sie 200 Millionen DM eingespart. Das wäre ein vernünftiger Kompromiß gewesen. Ich darf aber auch hinzufügen, ohne die Initiative des Bundesrates und der CDU/CSU-Fraktion wäre auch der Kompromißvorschlag des Landes Hessen gar nicht möglich gewesen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Bundesregierung doch erkennen müssen, daß sie in der Kriegsopferfrage nicht mehr weiter zögern darf. Aber auch diesen Kompromiß hat die Bundesregierung abgelehnt. Unmöglich ist der Vorschlag des Bundeskabinetts, das Gleichziehen der Kriegsopferrenten erst am 1. Oktober 1974 zu beginnen und erst am 1. Juli 1975 zu beenden. Die CDU/CSU-Fraktion hält an ihrem Anpassungstermin 1. Juli 1973 mit Nachdruck fest.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: So nachdrücklich kann das aber nicht sein, wenn man Ihre Kollegen hier sieht!)

Der Herr Bundeskanzler und vor allem die SPD haben mit dem Dynamisierungsparagraphen Wahlkampf betrieben. Sie haben im Wahlkampf den Eindruck erweckt, als würden auch sie die Kriegsopferrenten im Jahre 1973 zusätzlich anpassen. Sie haben damit ebenso Wahlkampf betrieben wie mit der Regelung der von der CDU/CSU im September vergangenen Jahres eingebrachten Vorschläge für die zweite große Rentenreform.

(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! — Zuruf von der SPD: Lächerlich!)

Damals propagierten Sie im Wahlkampf, Sie hätten die Rentenniveauregelung durchgesetzt, Sie hätten die Kleinstrentenregelung durchgesetzt. Jeder von Ihnen weiß, daß Sie bis zur letzten Bundestagssitzung schärfsten Widerstand gegen uns geleistet haben. Jeder weiß das.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, nach gewonnener Wahl erinnern Sie sich dieser Ihrer Versprechungen nicht mehr. Sie sammeln Milliardenbeträge, die in der CDU/CSU-Gesetzgebung den ärmsten Schichten der Rentner gegeben wurden, wieder ein,

(Beifall bei der CDU/CSU)

kassieren diese Beiträge und Beträge, um sie dann für 1976 für den kommenden Bundestagswahlkampf bereitzustellen.

(Beifall bei der CDU/CSU.— Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Das ist keine Sozialpolitik, das ist Wahlpolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich darf Sie doch daran erinnern, daß Sie es waren, welche die CDU/CSU-Verbesserungen bei der flexiblen Altersgrenze nachträglich verschlechtert haben. Sie waren es, die das Rentenniveau-Sicherungsgesetz wieder verschlechtert haben. Sie waren es, meine Damen und Herren von der SPD/FDP, welche die zinslose Zweckentfremdung von 2,5 Milliarden DM Bundeszuschüssen in der Sozialversicherung bis 1980/81 verursacht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der CDU/CSU: Genau!)

Hätte die CDU/CSU Maßnahmen, die erst durchgesetzt wurden, nach der Wahl zurückgenommen, würde man demonstrieren und marschieren. Das ist doch die wahre Situation.

(Beifall bei der CDU/CSU. Zurufe von der SPD.)

Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß alle Parteien, alle Fraktionen dieses Hohen Hauses den



Geisenhofer
Kriegsopfern gegenüber im Wort stehen. Ich sage es noch einmal: im Wort stehen. Ich habe in der Bundestagssitzung bei der Behandlung der Kriegsopfer-frage Herrn Professor Schellenberg zitiert, ich habe Herrn Katzer zitiert. Ich brauche das nicht zu wiederholen. Alle haben gesagt: Wir werden die 1972 nicht mögliche Anpassung nachholen, sobald es möglich ist. Die CDU/CSU hat Wort gehalten und bereits am 14. März dieses Jahres ihren Gesetzentwurf zum Vorziehen der Anpassung der Kriegsopferrenten zum 1. Juli 1973 eingereicht. Aber dieser Gesetzentwurf liegt seit sechs Monaten im Ausschuß, ohne behandelt worden zu sein. Wir bedauern das. Die Ausschußmehrheit wollte die Behandlung nicht.
Die Kriegs- und Wehrdienstopfer sind über die Haltung der Bundesregierung zutiefst enttäuscht. Das ist auch bei den Protestkundgebungen schon im Mai dieses Jahres durch den VdK-Deutschland und damals auch noch durch den Reichsbund ganz deutlich zum Ausdruck gekommen.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Und zwar mit Recht!)

Bei der letzten Protestkundgebung des VdK-
Deutschland am 2. Oktober dieses Jahres auf dem Bonner Marktplatz, an der 30 000 Kriegsopfer teilgenommen haben, hat sich gezeigt, daß das Maß nun voll ist. Der Vizepräsident des VdK, Ludwig Hönle, sagte auf der Kundgebung — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —:
Wir demonstrieren nicht gegen den Staat oder gegen die Parteien, sondern gegen ein Unrecht. Wir sind als Staatsbürger der Überzeugung, daß der Deutsche Bundestag als oberstes Gesetzgebungsorgan das Recht und die Verpflichtung hat, unzureichende Gesetzesvorlagen der Regierung zu ändern und zu verbessern, um so den Kriegs- und Wehrdienstopfern zu ihrem Recht zu verhelfen. Um dies unüberhörbar deutlich zu machen, sind wir hier. Denn noch hat der Deutsche Bundestag die Möglichkeit, so wie er sie früher öfter in Fragen der Kriegsopferversorgung wahrgenommen hat, kraft seiner eigenen Souveränität die Dinge in Ordnung zu bringen.
Meine Damen und Herren, bringen wir doch endlich diese Dinge gemeinsam in Ordnung!
Es gehört zur Tragik dieser Bundesregierung, daß sie hartnäckig darauf besteht, die Stabilitätspolitik mit auf dem Rücken der Kriegsopfer auszutragen. Das ist eine Tragik. Jene, die durch den Krieg und seine Folgen Berufschancen und Gesundheit geopfert haben, sollen jetzt auch noch das größte Stabilitätsopfer unseres Volkes tragen. Das ist unmöglich.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Herr Bundeskanzler, Herr Bundesminister Arendt, meine Damen und Herren von der SPD/FDP, Sie haben sich für die Demonstration der Härte, der Entschlossenheit und der Kompromißlosigkeit einen vollkommen falschen Personenkreis ausgesucht.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn der Herr Bundeskanzler und die SPD diese Härte, Entschlossenheit und Kompromißlosigkeit auch bei jenen linksextremen Kräften, die unseren Staat gefährden, anwendeten,

(Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

könnte er der Unterstützung aller demokratischen Kräfte in unserem Volke sicher sein. Diese Härte und Kompromißlosigkeit bei einem vom Schicksal hart getroffenen Personenkreis zu exerzieren, der seine Kräfte für diesen Staat eingesetzt hat, ist unglaublich und unverständlich.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Biehle: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan! — Unruhe bei der SPD.)


Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0705500600
wir von der CDU/CSU haben uns bisher in den Debatten um die Kriegsopferversorgung immer bittend für Gerechtigkeit gegenüber den Kriegsopfern eingesetzt.

(Zuruf des Abg. Geiger.)

Sie haben unsere Bitten als Propaganda abgetan. Wenn es jetzt zu dieser Zuspitzung und dieser Härte gekommen ist, zu den Demonstrationen, dann ist das nicht Schuld der CDU/CSU oder des VdK Deutschlands, sondern es ist Schuld der Bundesregierung, die die ehrlichen Sorgen der Kriegsopfer einfach ignoriert hat.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705500700
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Geiger?

Franz Xaver Geisenhofer (CSU):
Rede ID: ID0705500800
Ja, Herr Geiger.

Hans Geiger (SPD):
Rede ID: ID0705500900
Herr Kollege Geisenhofer, würden Sie mir doch endlich sagen, ob das die erste Demonstration der Kriegsopfer ist oder ob nicht viele andere bei viel besseren finanziellen Möglichkeiten vorausgegangen sind, als Sie noch die Verantwortung trugen?

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)


Franz Xaver Geisenhofer (CSU):
Rede ID: ID0705501000
Lieber Kollege Geiger, ich werde im Laufe meiner Ausführungen noch auf Ihre Frage zurückkommen. Ihr Argument, daß zu unserer Regierungszeit die Kriegsopfer schlechter behandelt wurden als während Ihrer Regierungszeit, werden wir deutlich widerlegen können. Warten Sie ab!

(Abg. Immer: Das hat selbst VdK nicht gesagt! — Weiterer Zuruf von der SPD: Was hat der Reichsbund gemacht? Abgelehnt!)

Wir kennen die Bemühungen der Kriegsopferverbände, die bis zuletzt in Gesprächen versucht haben, einen Kompromiß zu erzielen. Immer wieder wurde von der Regierungsseite betont, daß aus Gründen der Stabilität im Jahre 1973 keine zusätzlichen Leistungen an irgendwelche Gruppen erfolgen können.



Geisenhofer
Der VdK stellt fest:
Wenige Wochen später hat die Bundesregierung der Forderung der Gewerkschaften und des Beamtenbundes auf Zahlung eines 13. Monatsgehaltes im öffentlichen Dienst .. entsprochen. Die Kosten ... betragen hierfür ... 1,4 Milliarden DM ... Niemand wendet sich gegen diese Leistungsverbesserungen. Nur darf sich auch niemand beklagen darüber, daß bei den Kriegsopfern kein Verständnis mehr dafür vorhanden ist, daß ein solcher Milliardenbetrag die Stabilitätsbemühungen nicht gefährden werde, während ... 490 Millionen DM ...
für die Kriegsopfer die ganze Stabilität kaputtmachen würden.
Die Kriegs- und Wehrdienstopfer haben bereits ein halbes Jahr Anpassung im Jahre 1972 verloren, was den Betrag von 270 Millionen DM ausmacht, Sie haben dadurch das größte Stabilitätsopfer aller Schichten unseres Volkes gebracht. Wenn im Jahre 1973 wiederum keine Anpassung erfolgt, verlieren die Kriegsopfer weiter 390 Millionen DM. Das ist doch eines Sozialstaates unwürdig. Herr Bundesminister Arendt, wenn der Vorschlag des Kabinetts, die Anpassung erst am 1. Juli 1974 einzuleiten und am 1. Juli 1975 zu vollenden, durchgezogen würde, verlören die Kriegsopfer 800 Millionen DM. Das ist den Kriegsopfern einfach nicht zuzumuten.
Meine Damen und Herren, noch etwas zu Ihrer Kritik an der Union. Ich erinnere Sie an folgendes. Beim ersten Kriegsopferanpassungsgesetz 1970 ist durch die SPD/FDP für die drei Bezugsjahre 1968 bis 1970 nur ein Anpassungssatz von 16 % beschlossen worden, obgleich sich die Sozialrenten im gleichen Zeitraum wesentlich höher entwickelt haben. Die CDU/CSU-Fraktion hat damals einen Anpassungssatz von 22 % vorgeschlagen, um die Ausgangsbasis gerechter zu gestalten. Dadurch, daß Sie von der SPD/FDP unseren CDU/CSU-Antrag abgelehnt haben, kam die Kriegsopferversorgung gegenüber den Leistungen der Sozialversicherung erneut um 7 bis 8 % in Rückstand. Dieser Rückstand wird auch nicht durch die relativ hohen Anpassungssätze, mit denen Sie jetzt argumentieren, in den nächsten Jahren beseitigt. Sie tun so, als hätten Sie die hohen Anpassungssätze erstritten. Wahrheit und Tatsache ist: Erstens sind die hohen Anpassungssätze im Hohen Hause gemeinsam beschlossen worden, und zweitens sind sie auch eine Folge der inflationären Entwicklung in unserem Lande. Das traurige Verdienst, diese erhöhte Inflationsrate in unserem Lande erzeugt zu haben, wollen wir Ihnen nicht streitig machen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Lassen Sie mich zusammenfassend folgendes sagen.
Erstens. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß zu Zeiten der CDU/CSU-Regierung der Anteil der Kriegsopferrenten am Sozialprodukt höher lag, nämlich 2 % betrug, während er unter dieser Bundesregierung im Jahre 1972/73 auf 1 % abgesunken ist.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Ich sage das trotz Ihrer Milliardenbeträge, die Sie hier propagandistisch ins Feld führen.
Zweitens. Die Kriegsopfer nehmen im Jahre 1972 nicht mehr, zumindest nicht mehr voll an der allgemeinen Einkommensentwicklung und an der Steigerung des Sozialprodukts teil. Auch die Arbeitnehmer nehmen erstmalig im Jahre 1973 trotz Lohnerhöhungen von 8 % nicht mehr an der Steigerung des Sozialprodukts teil, weil die Inflationsrate die Lohnerhöhungen bereits überspielt hat.

(Abg. Franke [Osnabrück] : Leider wahr!)

Drittens. Die Dynamisierung der Kriegsopferrenten haben alle Parteien gemeinsam beschlossen. Das ist kein Verdienst der SPD/FDP. Es ist aber ein Mißverdienst dieser Regierung, die beschlossene Dynamisierung nicht richtig zu realisieren, nicht richtig durchzuführen. Auch wir wollen möglichst keine Ausweitung des Bundeshaushaltes, aber innerhalb des Haushaltes müssen Prioritäten gesetzt werden; es muß eine Umschichtung zugunsten der Kriegsopfer möglich sein.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir haben bei der Haushaltsdebatte am 18. Juni dieses Jahres einen Deckungsantrag vorgelegt. Aber Sie, meine Damen und Herren von der SPD/FDP, wollten ihn nicht annehmen. Es fehlte Ihnen aber auch der Mut, ihn abzulehnen. Daher kam Ihr Überweisungsantrag an den Ausschuß, wissend und wollend, daß im Bundeshaushalt keine Mittel eingesetzt werden.
Ich frage abschließend: Wo sind die sozial eingestellten Abgeordneten der SPD/FDP?

(Lachen bei der SPD.)

Meine Damen und Herren, wir wissen, Finanzminister müssen das Geld zusammenhalten. Das war auch bei Franz Josef Strauß so. Aber zu den damaligen Zeiten sind innerhalb der CDU/CSU Männer und Frauen aufgestanden und haben trotzdem Gerechtigkeit für die Kriegsopfer gefordert. Ich erinnere Sie an den mutigen Einsatz der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, der CSU-Abgeordneten Frau Dr. Maria Probst.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wo sind jetzt diese Abgeordneten in der SPD, die doch auch fühlen, daß hier ein großes Unrecht vorhanden ist?

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Regierung spricht so viel von der Verbesserung der Lebensqualität. Aber die Kriegsopfer empfinden die Lebensqualität doch nicht aus den Propagandabroschüren der Bundesregierung, sondern tagtäglich aus der harten Realität ihres Haushalts. Das ist die Wirklichkeit.
Meine Damen und Herren, wir von der CDU/CSU wollen der Anpassung Priorität beimessen, obwohl wir wissen, daß noch viele strukturelle Verbesserungen für die Kriegsopfer notwendig sind. Die Kürzung der Witwenrente beim Schadensausgleich, wenn der Ehemann fiktiv das 65. Lebensjahr erreicht,

Geisenhofer
und viele andern Härten müssen später in einem neuen Gesetz beseitigt werden.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Ich darf mit einem Hinweis schließen. Nicht weniger als 2,4 Millionen Kriegsopfer, Frauen und Männer, Witwen und Waisen, verfolgen im Land die Debatte des Deutschen Bundestages. Sie erwarten von diesem Hohen Hause mehr Gerechtigkeit. Die große Zahl von 2,4 Millionen beweist aber auch, daß die Kriegsopferversorgung kein Problem der Vergangenheit ist, wie es viele gern hätten, sondern auch eine große Aufgabe der Gegenwart und der Zukunft darstellt, weil von der gerechten Lösung dieser Frage auch die Wehrbereitschaft unserer jungen Bundeswehrsoldaten abhängt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, stimmen Sie bitte in den folgenden Beratungen im Ausschuß und in der dritten Lesung des Hohen Hauses dem Gesetzentwurf des Bundesrats zu, damit die Kriegsopfer wieder Vertrauen fassen und das Bewußtsein haben können, daß dieser Staat, dem sie die größten Opfer gebracht haben, sie nicht vergessen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705501100
Das Wort hat Herr Abgeordneter Glombig.

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705501200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unruhe, die hier eben von Herrn Kollegen Geisenhofer vorgetragen worden ist

(Abg. Burger: Eine heilsame Unruhe!)

— das war sicher nur ein unruhiger Vortrag —, scheint mit der angeblichen Unruhe der gesamten CDU/CSU-Fraktion doch wohl nicht in Einklang zu bringen zu sein; denn wenn der Antrag ernst gemeint wäre, hätten wir auf dieser Seite (zur CDU/ CSU), sicherlich eine andere Beteiligung, als wir sie hier heute morgen tatsächlich haben.

(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/ CSU: Wo waren Sie bei der Kundgebung? Weitere lebhafte Zurufe von der CDU/CSU.)

— Ach, wissen Sie, ich bin so lange in der Arbeit eines großen Kriegsopferverbandes, und ich weiß, wann Unruhe unter den Kriegsopfern gewesen ist. Davon hatten Sie damals sicherlich gar keine Ahnung.

(Beifall bei der SPD.)

Denn sonst hätten Sie auf die berechtigten Forderungen der Kriegsopfer vor zehn Jahren und davor in ganz anderer Weise reagiert.

(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt ist Inflation! — Weitere Zurufe von der CDU CSU.)

Heute meinen Sie, diese angebliche Unruhe unter den Kriegsopfern schüren zu müssen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705501300
Ich bitte, die Zurufe zurückzuhalten, damit eine Zwischenfrage gestellt werden kann. Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Heinrich Franke (CDU):
Rede ID: ID0705501400
Herr Kollege Glombig, sind Sie so kurzsichtig, daß Sie nicht sehen, daß z. B. von der FDP nur vier Abgeordnete und von der SPD vielleicht weniger Abgeordnete im Plenarsaal sitzen als von der Opposition?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705501500
Herr Kollege Franke, diese Koalition beanstandet nicht das Fünfte Anpassungsgesetz zum Bundesversorgungsgesetz, dessen Entwurf von der Bundesregierung vorgelegt worden ist. Die Koalition ist sich einig, daß dieser Gesetzentwurf, wie er von der Bundesregierung vorgelegt worden ist, und darüber hinaus der Plan zur vorzeitigen Anpassung der Kriegsopferrenten spätestens mit dem sechsten Anpassungsgesetz verabschiedet werden wird.

(Beifall bei der SPD.)

Sie wollen doch hier bekunden, daß es noch in diesem Jahr zu einer vorgezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten kommen muß. Darauf spiele ich an.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705501600
Herr Abgeordneter, gestatten Sie nun eine Zwischenfrage des Abgeordneten Burger?

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705501700
Ich möchte auch bald mal zu dem kommen, was ich zu sagen habe. Letztesmal, als ich zum Schwerbeschädigtengesetz sprach, ist mir die durch Zwischenfragen verbrauchte Zeit auf die Redezeit angerechnet worden, Herr Präsident. Ich bitte, das zu berücksichtigen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705501800
Auf die Redezeit wird es nicht angerechnet. Aber es ist natürlich Ihre eigene Entscheidung, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen wollen oder nicht.

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705501900
Bitte schön!

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0705502000
Herr Kollege Glombig, sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß es eine echte Unruhe unter den Kriegsopfern gibt? Beweis. 30 000 Witwen und Schwerbehinderte haben demonstriert; sie haben die Belastung einer langen Reise auf sich genommen, sind mehrere Kilometer gelaufen und haben hier für ihr Recht gekämpft. Glauben Sie, daß das kein Beweis für die Unruhe bei den Kriegsopfern ist?

(Beifall bei der CDU CSU.)


Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705502100
Wissen Sie, Herr Kollege Burger, ich bin - wie vor 28 Jahren — heute noch aktiv in einer großen Kriegsopferorganisation tätig. Ich habe — ich will das ganz offen sagen — von dieser Unruhe dort, wo ich in einer sehr großen Stadt - es ist immerhin die größte Stadt der Bundesrepublik - mit den Kriegsopfern jeden Tag zusammenarbeite, nichts gespürt. Ich meine auch, daß



Glombig
das eine echte Unruhe in dem Sinne eigentlich nur sein könnte, wenn sich alle Kriegsopferorganisationen an dieser Demonstration beteiligt hätten. Sie haben es nicht getan. Ich meine, das ist nun wirklich ein Beweis dafür, daß diese Unruhe so groß nicht sein kann.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705502200
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Burger?

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705502300
Bitte schön!

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0705502400
Herr Kollege Glombig, halten Sie die Forderung der Kriegsopfer nach Gleichstellung mit den Sozialversicherten für berechtigt oder nicht?

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705502500
Ich halte diese Forderung für berechtigt. Deswegen wollen wir sie ja erfüllen, und deswegen wird sie erfüllt. Das muß doch endlich einmal klargestellt werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Sie können doch nicht so tun, als hätten wir diese Forderung nicht erfüllt und würden sie nicht erfüllen. Aber darauf will ich ja jetzt zu sprechen kommen.

(Abg. Rawe: Aber wann?)

Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ich
betone es noch einmal mit aller Deutlichkeit — begrüßt den Entwurf der Bundesregierung zum Fünften Gesetz über die Anpassung der Leistungen der Kriegsopferversorgung.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705502600
Herr Abgeordneter Glombig, darf ich nun fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Biehle beantworten wollen?

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705502700
Also, das ist aber die vorletzte Zwischenfrage, die ich beantworte.
Biehle (CDU, CSU) : Herr Kollege, pflichten Sie mir nicht bei, wenn ich feststelle, daß bei dieser Kundgebung in Bonn nicht nur die Mitglieder des VdK, sondern auch die anderen Verbände beteiligt waren, daß aber diese Mitglieder anderer Verbände, weil diese in der Spitze anders orientiert sind, von ihrer Führung verlassen worden sind?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705502800
Wissen Sie, das ist natürlich eine Behauptung, die ich nicht nachprüfen kann. Ich weiß nur, daß diese Demonstration vom VdK angekündigt und durchgeführt worden ist und daß die anderen Verbände gesagt haben, sie würden sich daran nicht beteiligen. Daran muß ich mich halten. Wenn Sie auf dem Marktplatz in Bonn etwas anderes festgestellt haben, kann ich das nicht ändern. Aber ein Beweis für Ihre Behauptung scheint mir das nicht zu sein.
Den Gesetzentwurf des Bundesrates lehnen wir, um das von vornherein zu sagen, entschieden ab.
Die Bundesregierung, um das auch noch einmal festzustellen, hat über den Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes hinaus einen Plan zur vorgezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten vorgelegt, der sich in zwei Stufen vollziehen wird, und zwar zum 1. Oktober 1974 und zum 1. Juli 1975. Das bedeutet, daß die Kriegsopfer mit den Sozialrentnern bereits ab 1. Oktober 1974 rechtlich und materiell gleichgestellt sein werden.

(Zuruf von der CDU/CSU: 800 Millionen DM Verlust für die Kriegsopfer!)

Ich meine, Sie sollten den Kriegsopfern doch ein-
mal vorrechnen, welchen Verlust sie in der Zeit von 1949 bis 1969 gehabt haben. Diese Rechnung, die wir Ihnen da aufmachen würden, brächte Ihnen die Tränen in die Augen und den Kriegsopfern auch.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Maucher: Da können Sie aber schlecht rechnen, mein Lieber! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Diese Tatsache, die ich soeben dargestellt habe, wird häufig absichtlich — vor allem auch von Ihnen absichtlich – übersehen. Nun müssen wir Ihnen diese Tatsache ins Gedächtnis zurückrufen.
Der vorliegende Stufenplan — das gebe ich zu ist ein Kompromiß.

(Abg. Geisenhofer: Ein schlechter!)

Ein guter Kompromiß! Er ist ein Kompromiß auf der Grundlage von sozialpolitischem Wollen und finanzwirtschaftlichem Verantwortungsbewußtsein, das Sie allerdings nicht mehr zu haben scheinen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Maucher: Unverschämtheit! —Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

— Das glaube ich, daß Sie diese Feststellung abqualifizieren möchten. Aber ich werde gleich noch versuchen, das zu begründen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705502900
Herr Abgeordneter, „Unverschämtheit" ist nicht parlamentarisch.

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705503000
Fest steht: Die Mehrheit der Kriegsopfer erkennt an, was Bundesarbeitsminister Walter Arendt im Rahmen der Haushaltsberatungen 1974 auf der Kabinettsebene und der weiteren Finanzplanung für sie erreicht hat. Auch die Kriegsopferverbände können zufrieden sein. Ich sage: Der größere Teil der Kriegsopferverbände ist auch zufrieden. Seit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch die sozialliberale Koalition sind die berechtigten Forderungen der Kriegsopfer weitgehend erfüllt worden, und zwar in einem Umfang, den sich die Kriegsopfer beim Amtsantritt der Regierung der sozialliberalen Koalition wirklich nicht erträumt haben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705503100
Herr Abgeordneter Glombig, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Müller (Berlin)?




Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705503200
Ja, den Kollegen Müller mag ich so gern. Bitte!

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0705503300
Herr Kollege Glombig, ist Ihnen bekannt, daß im Jahre 1950 für die Kriegsopfer von einem Bruttosozialprodukt von 98 Milliarden DM 2,5 % aufgewandt wurden und heute bei 900 Milliarden DM knapp über 0,75 °/o?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705503400
Aber diese Steigerung des Bruttosozialprodukts war schon 1959 und vor 1969 sichtbar. Ich halte von diesem Milliardenspiel, das Sie seit einigen Wochen und Monaten anstellen,

(Zurufe von der CDU/CSU)

überhaupt nichts. Denn Sie hätten in den letzten 20 Jahren Zeit gehabt, mehr zu tun als das, was wir getan haben, und das ist doch einiges.

(Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Von Tatsachen halten Sie nichts?! — Abg. Burger meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Nun wollen wir dieses Spielchen hier mal lassen. Denn ich möchte nun endlich zu dem kommen, was ich Ihnen zu sagen habe. Es wird sich sicher noch die Möglichkeit ergeben, daß Sie mir eine Frage stellen.

(Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Tatsachen hören Sie nicht gern!)

Ich wollte sagen — und jetzt haben Sie die Möglichkeit, sich wieder zu erregen , daß Sie, statt sich als „Anwalt der Kriegsopfer" aufzuspielen was Sie tun —, zuerst einmal versuchen sollten — und das haben Sie in dem notwendigen Umfang bisher nicht getan —, sich an einer nüchternen, soliden und konstruktiven Politik zugunsten der Kriegsopfer mit uns gemeinsam zu beteiligen, meine Damen und Herren. Davon haben wir bisher nicht viel gemerkt.
Vielmehr hat man den Eindruck, als seien die Kriegsopfer für die CDU/CSU nur Statisten in der finanzpolitischen Komödie gewesen

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das ist eine Unterstellung! Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— jawohl, Statisten in der finanzpolitischen Komödie gewesen —, die Sie uns nun schon seit Monaten vorspielen.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das ist eine Unterstellung! — Abg. Burger: Das ist unwahr!)

Oder soll man das ernst nehmen, meine Damen und Herren, wenn die Opposition gleichzeitig ausgabenwirksame Gesetzesanträge und Anträge stellt, die Steuern senken sollen? Und dann möchten Sie sich auch noch als „stabilitätspolitisches Unschuldslamm" hinstellen! Die Diskussion gestern hat uns doch deutlich gezeigt, in welchem Widerspruch Sie sich befinden.

(Abg. Rawe: Wir nicht, die Regierung, Herr Glombig!)

Hoffentlich ist Ihnen klar, wie komisch das draußen in der Öffentlichkeit wirkt, was Sie hier zur gleichen Zeit versuchen zu absolvieren.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Der Haushalt 1973, den der Kollege Strauß seinerzeit als stabilitätswidrig abgekanzelt hat, ist heute offenbar allzusehr stabilitätskonform. Wie wäre es sonst zu erklären, daß die Opposition noch für dieses Jahr Steuersenkungen in Höhe von 600 Millionen DM verlangt und gleichzeitig durch die vorzeitige Anpassung der Leistungen der Kriegsopferversorgung noch in diesem Jahr Mehrausgaben von 394,8 Millionen DM verursachen möchte?

(Abg. Rawe: Weil wir die Menschen vor der Inflation schützen müssen, Herr Glombig!)

— Sie schützen die Kriegsopfer nicht vor der Inflation, indem Sie den Konsum anheizen und die Preise noch mehr steigern.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Damit können Sie die Kriegsopfer vor einer solchen Entwicklung nicht schützen. Im Gegenteil, das kann doch nur zum Nachteil der Kriegsopfer sein.

(Abg. Rawe: Wir heizen den Konsum nicht an, wie Sie ganz genau wissen! — Abg. Dr. Götz: Das hat er gestern nicht mitbekommen!)

Auch der Entwurf zum Haushaltsplan 1974 ist, bevor er überhaupt vorliegt, ohne langes Überlegen als stabilitätswidrig bezeichnet worden. Das hindert die CDU/CSU nicht daran, für 1974 in ihrem „Inflationsanheizungsgesetz" — so möchte ich es nennen —

(Zuruf von der SPD: Ein sehr gutes Wort!)

Steuererleichterungen von 8 Milliarden DM zu verlangen und gleichzeitig auf der Ausgabenseite unter anderem — unter anderem; das ist nur ein Posten — bei der Kriegsopferversorgung nochmals mit zirka 190 Millionen DM über den Plan der Bundesregierung hinauszugehen.

(Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : 13. Monatsgehalt!)

— Das ist ja kein 13. Monatsgehalt, sondern das letzte Drittel eines 13. Monatsgehalts. Das ist doch wohl ein großer Unterschied. Führen Sie doch die Öffentlichkeit nicht fortwährend irre!

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Wieviel Milliarden macht das aus? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

— Was haben Sie denn gegen die berechtigten Ansprüche der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst?

(Abg. Geisenhofer: Gar nichts!)

Der Kollege Strauß kritisiert die geplante Steigerungsrate des Bundeshaushalts 1974 gegenüber 1973 von 10,5 % als zu hoch und spricht sich ganz generell gegen zweistellige Zuwachsraten aus. Demnach müßte er auch verlangen, daß die Kriegsopferrenten um weniger als 10 % steigen,

(Widerspruch bei der CDU/CSU)




Glombig
obwohl sie im Jahre 1974 und im Jahre 1975 mindestens am 15 % steigen sollen, es sei denn, man macht uns hier und jetzt in aller Öffentlichkeit deutlich, wo und auf wessen Kosten die CDU/CSU-Fraktion Einsparungen wünscht, um z. B. trotz der vorgezogenen Anpassung zu einer nur einstelligen Zuwachsrate des Haushalts zu kommen.

(Abg. Maucher: Das hat damit gar nichts zu tun! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Seriöse Vorschläge dieser Art haben Sie jedenfalls bis heute nicht eingebracht. Dabei bleibe ich, und daran hat sich gegenüber der Haushaltsberatung im Juni auch nichts geändert.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wie ist das alles mit der Auffassung des Vorsitzenden des Arbeitskreises Haushalt, Steuern, Geld und Kredit der CDU/CSU-Fraktion, des Kollegen Höcherl, zu vereinbaren, der sich über den aufgeblähten Sozialkonsum im Haushaltsplan 1974 mokiert?
Meine Damen und Herren, man muß die Kriegsopferpolitik der CDU/CSU auf dem Hintergrund dieser finanzpolitischen Ungereimtheiten sehen, um zu erkennen, daß sie. überhaupt nicht ernst gemeint sein kann.
Ich meine, es geht der Opposition in diesem Fall überhaupt nicht um die Kriegsopfer. Sonst hätte sie sich wie die Regierung und die Koalitionsfraktionen nüchtern überlegt, wie man nach Kräften die Leistungen der Kriegsopferversorgung im Rahmen des Möglichen verbessern kann. Die Opposition mißbraucht die Kriegsopfer für „Schaufensteranträge", die sie nur deshalb stellt, weil sie genau weiß, daß sie von dieser Koalition aus vernünftigen und für jeden einsichtigen Gründen abgelehnt und von ihr selbst nicht verantwortet werden müssen.

(Abg. Maucher: Ungeheuerlich! — Weiterer Widerspruch von der CDU/CSU.)

Wenn die CDU/CSU den sozialpolitischen Fortschritt, so wie sie ihn versteht, dort fordert, wo er nicht realisierbar ist, kann der eine Flügel der Union sein Reformprestige aufpolieren und der andere Flügel beruhigt sein, daß alles gar nicht so ernst gemeint ist und daß doch alles beim alten bleiben kann.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705503500
Herr Abgeordneter Glombig, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Geisenhofer?

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705503600
Na ja.

Franz Xaver Geisenhofer (CSU):
Rede ID: ID0705503700
Herr Kollege Glombig, wollen Sie Ihre bittere Behauptung aufrechterhalten, daß die CDU/CSU die Kriegsopfer politisch mißbraucht? Vorher haben Sie gesagt, wir hetzten die Kriegsopfer auf. Ist es Aufhetzen, wenn sich die CDU/CSU für soziale Gerechtigkeit einsetzt, und ist es dann, wenn die SPD soziale Forderungen stellt, die große soziale Tat? Die Begriffsverwirrung in diesem Bereich wird immer noch schrecklicher.

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705503800
Herr Kollege Geisenhofer, ich habe gar nicht behauptet, daß Sie .die Kriegsopfer aufgehetzt haben. Das werden Sie sicherlich auch nicht in dem Sinne fertigkriegen. Aber ich habe gesagt, daß Sie die berechtigten Anliegen der Kriegsopfer dazu mißbraucht haben, Schaufensteranträge zu stellen, von denen Sie genau wissen, daß sie in diesem Jahre nicht zu realisieren sind. Darum geht es doch und um nichts anderes.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU: Unterstellung! — Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Wie können Sie so was sagen! — Weitere Zurufe.)

Aber ich bin überzeugt, daß die CDU/CSU mit diesem Trick bei den Kriegsopfern nicht weiterkommt. Sie kann wohl eine Weile auf die Unwissenheit, auf das kurze Gedächtnis der Bürger und auf die Gutgläubigkeit der Kriegsopfer spekulieren. Auf die Dauer jedoch läßt sich mit solchen Spiegelfechtereien kein sozialpolitisches Engagement vortäuschen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705503900
Herr Abgeordneter Glombig, gestatten Sie nunmehr eine Zwischenfrage des Abgeordneten Burger?

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0705504000
Herr Kollege Glombig, Sie nannten unseren Antrag einen Schaufensterantrag.

(Beifall bei der SPD.)

Würden Sie mir auf meine Frage antworten: Wie würden Sie jene Anträge bezeichnen, die beim Zweiten Neuordnungsgesetz von der FDP in Höhe von 3 Milliarden DM und von Ihnen in Höhe von 2 Milliarden DM bei einem nur halb so großen Haushaltsvolumen wie heute eingebracht wurden?

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe von der SPD.)


Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705504100
Bei dem großen Nachholbedarf der Kriegsopfer in dieser Zeit waren das durchaus berechtigte Anträge,

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen bei der CDU/CSU)

die bei dem Volkseinkommen damals durchaus hätten realisiert werden können.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705504200
Gestatten Sie eine Zusatzfrage des Abgeordneten Burger?

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705504300
Nein. Jetzt muß ich zum Schluß kommen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705504400
Sie gestatten sie nicht. Bitte, es ist Sache eines Redners, ob er eine Zusatzfrage gestatten will.

(Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU.)


Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0705504500
Meine Damen und Herren, gestatten Sie, daß auch ich ganz kurz auf die Strukturverbesserungen eingehe, die das Fünfte Anpassungsgesetz vorsieht, um noch einmal deutlich zu machen, was wir neben den linearen Rentenerhöhun-



Glombig
gen vor allem für die Schwerstbeschädigten mit diesem Gesetzentwurf erreichen wollen.
Die SPD-Fraktion begrüßt vor allem die Regelung, nach der die Pflegepersonen von Kriegsbeschädigten die Aufwendungen für eine Nachentrichtung von Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten können. Damit wird sicher kein allzu großer Personenkreis erfaßt, wie es Herr Bundesarbeitsminister Arendt bereits gesagt hat, aber es wird eine um so größere individuelle Härte beseitigt. Ich möchte darauf hinweisen, daß die SPD-Fraktion bei der weiteren Beratung prüfen wird, ob in diesem Punkt der Änderungsvorschlag des Bundesrats sinnvoll ist, aus der vorgesehenen Kann-Bestimmung eine Muß-Vorschrift zu machen.
Auch die Gleichstellung von Pflegezulageempfängern und Schwerbeschädigten bei der Heil- und Krankenbehandlung wird geeignet sein, in vielen Fällen individuelle Notlagen zu beseitigen.
Für die Kriegsopfer, die der Anstaltspflege bedürfen, wird es eine wesentliche Verbesserung sein, daß sie künftig ihre volle Grundrente zur persönlichen Verfügung haben werden, statt wie bisher mit einem Taschengeld von 71 DM im Monat abgefunden zu werden.
Es sollte auch anerkannt werden, daß sich die Bundesregierung dem Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen angeschlossen hat, bei Verlust der Elternrente den Anspruch auf Kriegsopferfürsorge nicht mehr erlöschen zu lassen. Die gegenwärtige Rechtslage hat oft dazu geführt, daß Personen, die niedrige Sozialrenten haben, bei einer Steigerung dieser Renten zum Schluß noch eine Einkommenseinbuße hinnehmen mußten, wenn sie mit der Elternrente auch noch die Kriegsopferfürsorge verloren und damit auf die Leistungen der Sozialhilfe angewiesen waren.
Eine ganz wichtige Verbesserung bringt die von der Bundesregierung geplante Klausel zur Besitzstandswahrung, die verhindern soll, daß die Witwenrenten infolge der Herabsetzung des Vergleichseinkommens gekürzt werden, wenn der verstorbene Ehegatte 65 Jahre alt geworden wäre. Die beiden letztgenannten Verbesserungen werden bei den Kriegsopfern dessen bin ich sicher — mit Befriedigung aufgenommen, denn die bisherige Rechtslage hat schon lange Anlaß zu berechtigten Beschwerden gegeben. Ich bin der Bundesregierung sehr dankbar, daß sie, was den letzten Punkt angeht, die Zusage gemacht hat, auf dem Verordnungswege das Notwendige zu tun.
Ich möchte auch meine Befriedigung darüber ausdrücken, meine Damen und Herren, daß die Bundesregierung dem Vorschlag zugestimmt hat, die Unterhaltsansprüche gegenüber noch lebenden Kindern und Enkeln nicht mehr auf die Elternrente anzurechnen. Gerade wir Sozialdemokraten begrüßen es, daß gesicherte und einklagbare Rechtsansprüche dort geschaffen werden, wo bisher die Berechtigten in einer Weise auf die Generationensolidarität verwiesen worden sind, die dem raschen Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse und Anschauungen nicht mehr angemessen ist.
Ich darf darauf hinweisen, daß es auch außerhalb des Bundesversorgungsgesetzes in dieser Richtung noch viel zu tun gibt, und möchte die Bundesregierung ermuntern, dem Problem der Anrechnung von Unterhaltsansprüchen weiterhin besondere Beachtung zu schenken.
Meine Damen und Herren, die in diesem Gesetz enthaltenen Strukturverbesserungen sind durch den unnötig aufgeheizten Streit um die lineare Leistungsanpassung leider nicht recht ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gerückt. Manche Leute haben sich sogar darüber mokiert und aus demagogischen Gründen diese Sache herunterzuspielen versucht mit dem Hinweis, das alles würde ja nur 50 Millionen DM kosten. Für meine Begriffe ist das ein „Millionenfetischismus", der nicht gerade Zeugnis für ein besonderes Verständnis an der konkreten Lage der Kriegsopfer ablegt. Denn die Strukturverbesserungen sollen ja gerade gezielt dort einsetzen, wo das Versorgungsrecht noch lückenhaft ist und wo die Kriegsopfer noch immer individuelle Härten zu ertragen haben. Eine solche gezielte Verbesserung braucht keine Milliarden zu kosten und kann dennoch sehr viel Ungerechtigkeit und Not beseitigen.
Ich meine, daß ein Vergleich zwischen Grundrentenerhöhungen bei denjenigen, die auch noch ein sonstiges Einkommen haben, das an der wirtschaftlichen Entwicklung teilnimmt, und denjenigen, die einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich oder Schadensausgleich haben,

(Abg. Maucher: Wie viele sind das?)

hinken muß, weil er nur eines beweist: daß wir das liegt an diesem System — bei denjenigen, die in Not sind, bei denjenigen, die weniger in Not sind, und auch bei denjenigen, die wohlhabend sind, gleichmäßig die Grundrenten von Jahr zu Jahr erhöhen. Ich will das nicht abschaffen; ich will nur darauf hinweisen, daß das der Effekt dieser Regelung ist. Das haben wir gewollt. Nur kann man nicht so tun, als wenn die Erhöhung bei denjenigen, die noch eine andere Leistung erhalten oder ein anderes Einkommen haben, im gleichen Umfang durchgeführt werden müßte wie bei denjenigen, die solche zusätzlichen Leistungen nicht bekommen oder ein anderes Einkommen nicht haben.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Wenn man den Gesetzentwurf des Bundesrates auf der Drucksache 7/1009 und den Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion auf der Druckfache 7/315 liest — sie sind weitgehend identisch, auch was die Fehler in den Berechnungen angeht , muß man sich fragen, warum die CDU/CSU in der Zeit ich wiederhole es noch einmal, um es ganz
klarzumachen , als sie die Regierungsverantwortung trug, ihre jetzt bekundeten Absichten nicht verwirklicht hat. In der damaligen Zeit mußten die Kriegsopfer ein Mindestmaß ihrer Rechte gegen den Widerstand damaliger CDU/CSU-Regierungen erkämpfen, Erst die sozialliberale Koalition hat die Dynamisierung der Kriegsopferleistungen herbeigeführt, und zwar — ich sage es noch einmal -nach Überwindung der Widerstände, die in der CDU CSU-Fraktion vorhanden waren.

(Zurufe von der CDU/CSU.)




Glombig
— Ja, ich muß Ihnen das immer wieder vor Augen führen, weil Sie so tun, als sei das eine Selbstverständlichkeit gewesen,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

und weil Sie meinen, darauf noch einen draufsetzen zu müssen, indem Sie sagen, wir hätten unsere Pflicht gegenüber den Kriegsopfern nicht erfüllt.

(Zuruf des Abg. Dr. Jobst.) Wir haben unsere Pflicht erfüllt.


(Abg. Maucher: Das nimmt Ihnen niemand mehr ab!)

Über die linearen Erhöhungen hinaus haben wir weitere strukturelle Verbesserungen in der Kriegsopferversorgung beschlossen. Unter dem Eindruck dieser fortschrittlichen sozialpolitischen Entscheidungen haben Ende 1969 führende Vertreter aller Kriegsopferverbände, an deren Spitze der VdK, von einer „neuen Ara" im Kriegsopferrecht gesprochen. Ich wage den Verbänden in diesem Punkt nicht zu widersprechen.

(Abg. Müller [Berlin]: Die können ja auch mal irren! — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Sie sind aber enttäuscht worden!)

Meine Damen und Herren, wir werden uns weiterhin der Kriegsopfer annehmen. Wir werden ihnen überall dort Hilfe geben, wo es notwendig ist, und überall dort, wo es möglich ist. Wir werden dabei vor allem die Schwer- und Schwerstbeschädigten nicht vergessen, weil wir meinen, daß gerade sie einen besonderen Anspruch auf diese Hilfe haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Geisenhofer: Leere Worte! — Abg. Biehle: Leere Worte!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705504600
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (Kempten).

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0705504700
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freien Demokraten begrüßen es sehr, daß die Bundesregierung rechtzeitig das Fünfte Anpassungsgesetz vorgelegt hat, damit es möglich ist, am 1. Januar 1974 die Renten in der auf Grund der Dynamisierung vorgesehenen Höhe auszuzahlen und die Kriegsopfer in den Genuß dieses Gesetzes kommen zu lassen, das immerhin das möchte ich ausdrücklich feststellen eine Erhöhung der Renten gegenüber 1970 um 63 % und der Witwenrenten sogar um 75 % bringt und einen zusätzlichen Haushaltsansatz von 800 Millionen DM erforderlich macht,

(Zuruf des Abg. Geisenhofer.)

Herr Kollege Geisenhofer, ich komme noch darauf. Warten Sie noch einen Moment!
Wir begrüßen darüber hinaus, daß die Bundesregierung gleichzeitig durch den Stufenplan und die Einbeziehung in die mittelfristige Finanzplanung die Anpassung der Kriegsopferrenten in den nächsten zwei Jahren zu den vorgesehenen Teminen möglich macht. Daß das nicht leicht war, daß das eine Frage ist, die auch im Zusammenhang mit Stabilitätsüberlegungen gesehen werden muß, sollte Ihren Freunden, die laufend von Stabilität reden, aber dauernd Anträge stellen, die geeignet sind, die Stabilität wieder kaputtzumachen oder zu erschweren, eigentlich klar sein. Wenn ich an die gestrige Debatte denke, muß ich allerdings sagen, daß Sie sich das zumindest noch einmal genau überlegen sollten.

(Zuruf des Abg. Biehle.)

— Ich komme noch darauf. Immer mit der Ruhe! Lassen Sie mich zunächst einmal ein paar Worte sagen.
Wir begrüßen weiterhin ganz besonders — und ich werde im Detail dazu noch einiges zu sagen haben —, daß der Herr Bundesarbeitsminister eine Reihe von zusätzlichen Strukturmaßnahmen angekündigt hat, die im Rahmen der Beratungen bzw. im Rahmen eigener Gesetzesvorlagen für den Kriegsopferbereich in diesem und im nächsten Jahr diesem Hohen Hause ebenfalls vorliegen werden.
Wir lehnen klar und eindeutig den gleichfalls vorliegenden Entwurf des Bundesrates Drucksache 7/1009 — ab.

(Abg. Franke [Osnabrück]: Ihr seid gegen den sozialen Fortschritt!)

Wir lehnen diesen Vorschlag klar und eindeutig ab, genauso wie den vom Kollegen Geisenhofer noch einmal in die Debatte gebrachten Antrag der CDU/CSU Drucksache 7/315 —, bezogen auf das Land Bayern.
Nun, Herr Kollege Geisenhofer, gleich noch ein persönliches Wort zu Ihnen. Es hat mir — denn ich weiß, wie Sie um diese Fragen ringen, wie Sie da innerlich engagiert sind — ehrlich leid getan, daß Sie heute hier diesen abzulehnenden Antrag und diesen Bayern-Antrag begründen mußten, genau einen Monat nach dem Tage, an dem es Ihre bayerische Staatsregierung mit Brief an den Bundesarbeitsminister abgelehnt hat, in Zukunft noch die Kosten für die Kriegsopferfürsorge zu übernehmen.

(Zuruf des Abg. Geisenhofer.)

Genau einen Monat danach begründen Sie hier solche Dinge! Was für eine Argumentation ist denn das eigentlich? Sie können mir leid tun; das muß ich sagen, weil ich weiß, wie ernst Sie es meinen. Aber wo sind denn Ihre Freunde von der CSU, die gleichzeitig nicht mehr bereit sind, die wenigen Millionen für die Kriegsopferfürsorge in Zukunft aus dem bayerischen Etat zu nehmen, hier aber große Töne reden?

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Geisenhofer: Die Kriegsopferfürsorge in Bayern wurde verbessert!)

Das paßt leider sehr gut in das Bild der Vergangenheit, Herr Kollege Geisenhofer, das Sie ja auch beschworen haben.

(Zuruf des Abg. Geisenhofer.) Das paßt ins Bild.


(Abg. Geisenhofer: Ich habe doch gesagt, die Kriegsopferfürsorge in Bayern wurde verbessert!)




Schmidt (Kempten)

— Das hat doch nichts damit zu tun, daß Sie die Kosten für die Zukunft ablehnen und sie auf den Bund abwälzen möchten, wie es in dem Brief steht. Vielleicht lesen Sie ihn einmal beim Bundesarbeitsminister nach.
Das paßt leider sehr gut, meine Damen und Herren, in das Bild — Herr Kollege Katzer, ich weiß auch, wie Sie seinerzeit mit dem Bundesfinanzminister gerungen haben —, das man aus dem Lande, das auch ich hier im Bundestag vertrete, hier in Bonn sehr gern sehr große Töne spuckt, dann aber nicht bereit ist, auch danach zu handeln. Das habe ich allerdings nicht ganz so gern, und deshalb wende ich mich gegen diese Vorschläge.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Franke [Osnabrück] : Der Finanzminister gehörte damals der FDP an!)

— Entschuldigen Sie, wenn Sie nicht mehr genau wissen, daß das während der Großen Koalition war — —

(Widerspruch bei der CDU/CSU.)

— Meine Damen und Herren, soll ich das jetzt wieder vorlesen, worüber ich schon gesprochen habe? Der Herr Kollege Katzer kennt die Zahlen: Anträge des Bundesarbeitsministers für den Haushalt; Streichungen des Bundesfinanzministers Strauß. Herr Kollege Katzer, soll ich es hier noch einmal ausbreiten? Sie wissen das doch.

(Abg. Katzer: Wer war denn Finanzminister?)

— Finanzminister war Herr Strauß.

(Abg. Katzer: Und Wirtschaftsminister?)

— Der Wirtschaftsminister gehörte nicht der FDP an!

(Lachen bei der CDU/CSU.)

— Ich komme auch auf diese Dinge. Ich weiß sehr genau, in welch schwierige Situation die SPD in der Großen Koalition damals gekommen war, und ich habe das von dieser Stelle aus manchmal deutlich gesagt.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Ich bin gar nicht so, daß ich das hier kaschieren will.
Aber ich möchte doch feststellen: Die Auseinandersetzung bestand damals auch zwischen dem sicher gutwilligen Arbeitsminister — Herr Kollege Katzer, das möchte ich Ihnen attestieren — und dem auch der CSU angehörenden Finanzminister, der auch wieder nicht wollte.

(Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Und wenn man hier schon wieder einiges aus der Vergangenheit aufrollt, wenn man schon von großen sozialen Leistungen der CDU/CSU in der Kriegsopferversorgung in der Vergangenheit spricht, Herr Kollege Geisenhofer, dann gestehe ich das zu, wenn ich an die Kollegin Probst und manches, was in den ersten Jahren war, denke. Aber ich glaube, die Kollegin Probst hätte es nicht gewagt, sie hätte sich geschämt, sich hierher zu stellen und einen solchen Antrag zu begründen, wenn ihr das Land Bayern gleichzeitig mit solchen Briefen in den Rücken gefallen wäre.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705504800
Herr Abgeordneter Schmidt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Burger?

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0705504900
Bitte!

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0705505000
Herr Kollege Schmidt, Sie wissen doch auch, daß Kriegsfolgeleistungen grundsätzlich vom Bund zu übernehmen sind! Und wissen Sie nicht, wie die Ausgaben in der Fürsorge gestiegen sind? 1970 um 20 %, 1971 um 20 %! Wissen Sie nicht, daß die Kommunen und die Länder nicht mehr können und daß auch die Kriegsopferfürsorgeausgaben erheblich gestiegen sind, so daß man sehr wohl die Meinung vertreten kann, der Bund sollte die Kriegsopferlasten übernehmen, und die Länder haben mit den Ausgaben in der allgemeinen Fürsorge genug zu tun?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0705505100
Herr Kollege Burger, ich zitiere zu dieser Stelle als Antwort die Rede des Herrn Bundesarbeitsministers:
Mit Schreiben vom 5. September 1973 hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen den Bundesminister der Finanzen gebeten, dafür Sorge zu tragen, daß die Kostenbeteiligung der Länder beseitigt werde.
Nämlich auf dem Gebiet der Kriegsopferfürsorge! Bisher war eine solche Beteiligung — da geben Sie mir doch recht — gegeben. Man kann zwar darüber reden, ob die Abgrenzungen geändert werden, aber wenn zum gleichen Zeitpunkt das Urheberrecht Bayerns für alle diese Dinge vom Kollegen Geisenhofer hier sozusagen noch einmal auf den Tisch gelegt wird, wo doch noch vier Wochen zuvor der bayerische Finanzminister gesagt hat: wir wollen gar nichts mehr für die Kriegsopferfürsorge ausgeben, ihr sollt alles tun!, dann ist das doch eine etwas makabre Situation, über die die Kriegsopfer auch einmal nachdenken sollten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705505200
Eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Burger.

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0705505300
Bitte!

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0705505400
Herr Kollege Schmidt, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß der Umstand, daß die Ausgaben in der Sozialhilfe in den letzten zwei Jahren so sprunghaft gestiegen sind,

(Abg. Franke [Osnabrück]:: Wegen der Inflation!)

den Schluß zuläßt, daß in dem Versorgungs- und Versicherungsrecht einiges nicht mehr in Ordnung ist und daß die vorgezogenen Anpassungen deshalb begründet sind?

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD.)





Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0705505500
Ich spreche im Augenblick nicht von den vorgezogenen Anpassungen, sondern von der merkwürdigen Haltung des Landes Bayern, auf dessen Initiative Ihr Antrag im Endeffekt zurückgeht, hier Forderungen zu stellen, hier vor den Kriegsopfern eine Schau abzuziehen und gleichzeitig nicht mehr bereit zu sein, die Gelder für die Krigesopferfürsorge aufzubringen; das wollen wir hier einmal ganz klarstellen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Geisenhofer: Der Bund soll an die Verpflichtungen erinnert werden, die er auch gegenüber Bayern hat!)

— Wenn Sie schon von erinnern reden, Herr Kollege Geisenhofer. Ich habe soeben schon gesagt, daß die Kollegin Probst wahrscheinlich nicht auf den Gedanken gekommen wäre — weil sie sich geschämt hätte, weil sie anders zu den Dingen stand; dafür kenne ich sie noch gut genug , die Demonstration, die dieser Tage in Bonn war, mit dem in Verbindung zu bringen, was in vergangenen Jahren war.

(Zuruf von der CDU/CSU.)

Von 1950 bis 1969, bis zum Antritt dieser sozialliberalen Koalition, mußte jedes Jahr wirklich echt gekämpft werden. Wir alle, die engagiert waren, mußten hart kämpfen. Ich bin in diesen Dingen lange genug engagiert; ich werde an dieser Stelle nachher auch noch einiges zur Verbandspolitik sagen

(Zuruf von der CDU/CSU: Uns bleibt auch nichts erspart!)

— ja, es ist vielleicht notwendig, daß man die Dinge einmal nicht nur in Briefwechseln, in Hinterzimmern oder dergleichen ausspricht, sondern öffentlich —, weil ich selbst Mitglied des Parlamentarischen Beirats des VdK bin. Trotz dieses Kampfes wurden, unter Federführung Ihrer Bundeskanzler von 1950 bis 1969 nur vier Anpassungen erreicht. Auf das Zwischenspiel 1966 bis 1969, auf die Versuche von Herrn Strauß und anderen, den § 56 aus dem Bundesversorgungsgesetz hinauszuwerfen, will ich hier im Detail gar nicht eingehen. Schließlich wurde erreicht — u. a. auf Grund der Bemühungen der SPD —, daß dieser Paragraph im Gesetz blieb. Erst nach 1969 war es möglich, die Dynamisierung einzuführen und in den vier Jahren danach vier Anpassungen vorzunehmen, während vorher in 19 Jahren nur vier Anpassungen — in Begleitung von Demonstrationen möglich waren.

(Abg. Maucher: Sieben!)

Das ist das Bild der Geschichte in dieser Sache, und nicht das, was in den letzten vier Wochen von verschiedenen Seiten aufgeheizt worden ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Meine Damen und Herren, gleiches Recht für Kriegsopfer! Solange ich dem Deutschen Bundestag angehöre das ist immerhin seit 1961 —, habe ich mich in dieser Frage engagiert und werde ich mich auch weiterhin engagieren, dieses gleiche Recht durchzusetzen. Ich war es, der hier zur Zeit der Großen Koalition die Frage der Dynamisierung — viele werden sich erinnern immer wieder angesprochen
habe. Wir waren es dann auch, die das durchsetzen konnten. Ich lasse mich hier also nicht so an die Seite stellen, als ob wir früher nichts getan hätten, heute nichts tun wollten und dergleichen mehr. Nein, meine Damen und Herren! — Gleiches Recht, ja. Aber, Herr Kollege Geisenhofer, ich möchte es uns heute ersparen — ich glaube, auch der Herr Kollege Katzer hat kein Interesse daran —, die Rentendebatte des vorigen September noch einmal an Hand aller Protokolle durchzugehen. Ich habe damals darauf hingewiesen, welche Probleme mit der Vorziehung der Rentenanpassung kommen, nicht nur für den Kriegsopferbereich, auch für den Lastenausgleichsbereich und alle sonstigen Bereiche mit jährlich vorzunehmenden Anpassungen. Ich habe gesagt, das ist nicht zu lösen. Selbst Herr Kollege Katzer hat damals gesagt, das können wir haushaltsmäßig nicht lösen, weil es im Moment nicht drin ist.

(Abg. Katzer: Damals!)

— Sie wissen, daß es auch heuer nicht drin ist,

(Abg. Katzer: Heute ist es drin!)

trotzdem stellen Sie den Antrag. Sie sollten dankbar sein, daß es gelungen ist, in der mittelfristigen Finanzplanung für die nächsten Jahre die soziale Gleichstellung über Stufenpläne zu erreichen. Sie sollten eigentlich froh sein, daß Sie daran mitwirken können.

(Abg. Franke [Osnabrück]:: Ihr habt 16 Milliarden mehr Steuereinnahmen als im vorigen Jahr!)

Lassen Sie mich aber auch eine andere Frage einmal aufwerfen, meine Damen und Herren, die sich immer stärker stellt, wenn ich an meine Erfahrungen in zwölf Jahren auf diesem Gebiet denke. Wir haben die Dynamisierung und haben dadurch die lineare jährliche Anpassung, die wir jetzt in zwei Stufen an den neuen Anpassungstermin heranführen werden. Ist aber die lineare Anpassung, ist die Dynamisierung, ihre unbedingte Durchsetzung, die ja gesetzlich festgelegt ist, wirklich das einzige, das große Kriegsfolgenproblem für unsere Kriegsbeschädigten, Heimkehrer und andere Gruppen? Sind nicht die vielen Strukturmaßnahmen, sind nicht die vielen individuellen Maßnahmen, über die wir noch nachdenken müssen, gerade für die Generation wichtig — ich gehöre dazu, ich war 1939 gerade 17 Jahre alt —, die in diesem Krieg einen Teil der Gesundheit oder Teile ihrer Familie geopfert hat, und jetzt im Alter zwischen 50 und 60 steht, wo individuelle Probleme auftauchen, die wir nicht mit linearen 10 %, 12 % oder 15 % lösen können? Hier sind wir dankbar für Strukturmaßnahmen. Ich denke an den „65er-Knick" für die Witwen — ich will es nicht im Detail ausführen, es ist angesprochen worden , ich denke an die Frage der Elternrenten, ich denke speziell an die Frage der individuellen Versorgungsschäden, die mancher durch lange Kriegsbeteiligung, durch die Kriegsbeschädigung hat — diese Frage ist noch offen und muß gelöst werden —, ich denke auch an die Frage der nicht mehr genau nachweisbaren Kausalzusammenhänge zwischen Herzerkrankungen und Kriegsbeschädigungen, ich denke an all diese Dinge, die wir tagtäglich auf dem Tisch haben. Dort liegen



Schmidt (Kempten)

die Probleme und zukünftigen Aufgaben, denen wir uns stärker zuwenden müssen,

(Abg. Franke [Osnabrück] : Unter anderem!)

statt unbedingt eine Anpassung durchzusetzen, die nur in Stufen möglich ist. Schließlich wurde in den letzten vier Jahren etwas erreicht.
Auf Zahlen will ich nicht eingehen. Sie sind vorn Bundesarbeitsminister und vom Kollegen Glombig genannt worden. Lassen Sie mich daher beinahe schon abschließend etwas zur Praxis der Verbände sagen. Ich gehörte schon vor meiner Tätigkeit im Deutschen Bundestag dem Verband der Kriegsopfer, dem VdK an und war selbst lange Rentenbezieher. Ich bin inzwischen Gott sei Dank wieder so weit gesund, daß ich keine Rente mehr benötige. Ich gehöre dem Parlamentarischen Beirat des VdK an. Ich habe es sehr bedauert, daß es der VdK, der einen Parlamentarischen Beirat berufen hat, in den Monaten, in denen es um diese Auseinandersetzung ging, nicht für nötig befunden hat, diesen Parlamentarischen Beirat einmal zur Beratung der anstehenden Fragen einzuberufen. Manches, was hier an Auseinandersetzung, an Polemik und unterschiedlichen Auffassungen zwischen den Verbänden in den letzten Wochen zutage getreten ist, wäre durch eine sachgemäße Beratung all derer, die sich den Kriegsopfern verpflichtet fühlen -- und wir Freie Demokraten haben das immer getan, ich persönlich habe es besonders getan , besser auf dem Wege zu lösen gewesen, den die Bundesregierung jetzt vorschlägt, ohne in der Bevölkerung Fronten aufzubauen. Denn ob man damit, daß man plötzlich sagt: jetzt jagen wir die Beamten gegen die Kriegsopfer oder die Kriegsopfer gegen die Beamten, weil die ein 13. Monatsgehalt bekommen und das nächste Mal jagen wir die oder jene gegeneinander , den Kriegsopfern gerecht wind, ob wir damit der sozialen Gerechtigkeit dienen, die wir alle wollen, die aber eben nur in Anpassungsschritten zu erreichen ist, und zwar aus Gründen der Stabilität und anderen Gründen, über die wir genug gesprochen haben, ist für mich eine große Frage.
Vizepräsident Dr. Jaeger Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Maucher? — Bitte!

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0705505600
Herr Kollege Schmidt, würden Sie zur Kenntnis nehmen, daß bei dem Marsch nach Bonn im Jahre 1963 der Parlamentarische Beirat auch nicht einberufen wurde, ohne daß die Regierungsparteien dagegen protestiert hätten?

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0705505700
Verehrter Herr Kollege Maucher, zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nicht die Ehre, dem Parlamentarischen Beirat anzugehören.

(Zuruf von der CDU/CSU: Darum sagt er es!)

Ich gehöre ihm meines Wissens seit 1969 an, kann es aber jetzt nicht genau sagen. Ich bin aus anderen Parlamentarischen Beiräten von Verbänden gewöhnt, daß der Parlamentarische Beirat zur Beratung anstehender Fragen in überfraktioneller Zusammensetzung herangezogen wird. Danach kann der Verband tun, was er will, erst einmal wird aber in einem solchen Beirat beraten und nicht einfach über die Dinge hinweggegangen. Hier wird ja noch gesagt, die Entwicklung sei über den Beirat hinweggegangen. Seit ich Mitglied des Parlamentarischen Beirates bin, hat es komischerweise noch keine Sitzung gegeben, aber jeden zweiten Tag große Dokumentationen, wie man es machen will. Meine Damen und Herren, ich weiß nicht - ich sage das hier offen , ob das Sinn der Zusammenarbeit in einem solchen Beirat ist. Ich sage auch sehr offen, ich werde mir sehr überlegen, ob ich einem solchen Parlamentarischen Beirat noch zugehören kann, wenn man der Meinung ist, daß diejenigen, die sich hierfür einzusetzen bereit sind, keine Ratschläge zu geben brauchen. Es mag ja sein, daß solche Ratschläge dem Verband manchmal nicht gefallen. Aber auch wenn sie offensichtlich politisch klüger sind, will man nicht darüber diskutieren. Dann sollte man keine Parlamentarischen Beiräte berufen.

(Beifall bei den Regierungspartei en.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705505800
Herr Abgeordneter Schmidt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Biehle?

Alfred Biehle (CSU):
Rede ID: ID0705505900
Herr Kollege, sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß Ihre Formulierung des Jagens der Kriegsopfer gegen andere Gruppen eine Diskriminierung der Kriegsopfer darstellt?

(Widerspruch bei der SPD.)

Ist nicht die Forderung der Kriegsopfer, nämlich eine Anpassung an die heute gegebenen Verhältnisse vorzunehmen, ein berechtigtes Anliegen?

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0705506000
Herr Kollege Biehle, ich teile völlig Ihre Auffassung, daß das ein berechtigtes Anliegen ist. Aber ich muß leider einem Brief entnehmen, daß die neue Begründung genau mit dieser Argumentation arbeitet: jetzt hat man den Beamten das dritte Drittel des 13. Monatsgehalts gegeben, jetzt werden wir erst recht marschieren! Das kann ich Ihnen schriftlich zeigen. Im übrigen muß man fragen, wie viele Beamte zugleich Kriegsopfer sind. Ich will das gar nicht näher erörtern. Einer solchen Polemik kann ich jedenfalls nicht mehr unbedingt eine sachliche Argumentation unterstellen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was hat das denn damit zu tun?)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705506100
Gestatten Sie eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Biehle?

Alfred Biehle (CSU):
Rede ID: ID0705506200
Herr Kollege, teilen Sie mit mir die Auffassung, daß die Zubilligung des 13. Monatsgehalts für die Beamten die Forderung der Kriegsopfer wegen des noch größeren Rückstandes nur um so berechtigter erscheinen läßt?
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 55. Sitzung, Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973 3157

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0705506300
Ich habe kein einziges Mal von einer unberechtigten Forderung gesprochen, noch habe ich gesagt, daß das 13. Monatsgehalt unberechtigt wäre. Ich habe in meiner Replik zur Praxis der Verbände nur festgestellt, daß ich solche Dinge im Interesse der Betroffenen, im Interesse der Sache, der wir uns alle verpflichtet fühlen, nicht für gut halte. Da könnte man einige Dokumentationen der letzten Woche nachlesen. Das werden mir manche meiner Kollegen, die mit der Sache befaßt sind — aus allen Reihen —, sicher bestätigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß kommen. Wir Freien Demokraten fühlen uns, wie gesagt, mit der Bundesregierung einig in der Vorlage zum Fünften Anpassungsgesetz. Wir begrüßen es, daß weitere Strukturmaßnahmen in den nächsten Beratungen des Ausschusses und bei weiteren Gesetzesvorlagen getroffen werden können. Wir sind dankbar, daß es gelungen ist, in der mittelfristigen Finanzplanung in den nächsten zwei Jahren die notwendige soziale Gleichstellung zu erreichen. Wir stellen mit Freude noch einmal fest, daß sich der Kriegsopferhaushalt in den Jahren der sozialilberalen Koalition verdoppelt hat, was man in den Jahrzehnten vorher nicht sagen konnte.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705506400
Das Wort hat der Abgeordnete Maucher.

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0705506500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einer außergewöhnlichen Situation stehen wir heute naturgemäß vor einer harten Diskussion. Zunächst muß ich, Herr Kollege Glombig, wenn ich mir Ihre Rede vergegenwärtige — dazu muß ich mein Bedauern aussprechen —, feststellen: welch tiefes Niveau! Ich bedauere das. Ich schätze und achte Sie sehr. Man muß in dem Zusammenhang sagen, daß man für die Kriegsopfer nicht weiterkommt, wenn man Sünden der Vergangenheit anderer aufzuzeigen versucht und das Fehlen der eigenen Initiative damit überdecken will.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Geiger: Diese Scheinheiligkeit! — Weitere Zurufe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705506600
Herr Abgeordneter, der Ausdruck „Scheinheiligkeit" ist nicht parlamentarisch.

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0705506700
Wenn Sie jetzt den bitteren Vorwurf machen, der Antrag der CDU/CSU sei ein Schaufensterantrag, dann muß ich Ihnen sagen: dadurch fühle ich mich als einer, der 20 Jahre in der Kriegsopferversorgung steht und selber schwerbeschädigt ist und in den Verbänden arbeitet, tief getroffen. Sie haben damit auch dem Ministerpräsidenten von Hessen, Oswald, den gleichen Vorwurf gemacht,

(Beifall bei der CDU/CSU)

ebenso Ihren Freunden — der SPD — im Lande
Nordrhein-Westfalen. Die sind zu der Erkenntnis gekommen, daß die CDU in diesem Falle richtig liegt.
Herr Kollege Schmidt, Sie haben von Ihrer großen und langjährigen Arbeit gesprochen und wagen sich hier hinzustellen und zu behaupten: wenn Maria Probst hier wäre, sie würde sich schämen und würde das nicht tun. Das ist eine Unterstellung und Verkennung der Situation. Wenn Maria Probst hier wäre und in der Opposition mit dem Elan kämpfen würde wie damals in der Regierungskoalition, dann würden Sie sich alle wundern.

(Zurufe von den Regierungsparteien.)

Der Abgeordnete Nölling hat im Pressedienst Nr. 566 der SPD gemeint, die Opposition hätte allen Grund, ihre demagogischen Talente an die Leine zu legen, sie habe in der Vergangenheit die Kriegsopfer regelmäßig jahrelang hängenlassen. Ich muß dazu hier und heute feststellen: was Sie als demagogische Reden der CDU-Opposition bezeichnen, sind Kleinigkeiten im Vergleich zu den Reden, die Sie in der Opposition gehalten haben. Lesen Sie sie in den Protokollen nach! Ich muß heute feststellen: durch Ihre damaligen Forderungen sind die Forderungen der CDU von heute in den Schatten gestellt. Bei der SPD scheint man der Meinung zu sein: wenn zwei das gleiche tun, dann ist es nicht das gleiche.
Man muß feststellen, daß das derzeitige Milliardenspiel der Regierungskoalition ohne Zweifel eine Herausforderung der Kriegsopfer ohnegleichen darstellt. Hier werden Zahlen gegeneinandergestellt, ohne daß die gegebene Situation berücksichtigt wird. Man muß der SPD in einem simplen Beispiel folgendes sagen. Wenn irgend jemand 100 Mark bekommt und gibt dem Armen 10 Mark, und er bekommt im nächsten Jahr auf Grund der Teuerung 200 DM und gibt dann großzügig dem Armen 15 DM, dann wird niemand behaupten, daß der prozentual das gleiche gegeben hat. Genau das ist das Bild, das wir heute haben. Herr Kollege Nölling, wenn Sie die 6,4 Milliarden von 1969 mit dem Haushalt 1974 vergleichen, erkennen Sie diesen wesentlichen Unterschied. Wir hatten nämlich damals einen Anteil von 10 0/o des Bundeshaushaltes, und hier ist er geringer. Das muß man also in das richtige Verhältnis setzen.
Sie können nicht isoliert die Korea-Krise ansprechen. In dem ihr folgenden Jahr sind die Preise nur um 0,2 O/ o gestiegen. Daneben müssen Sie die Zahlen der prozentualen Teuerung in derselben Zeit setzen. Dann kommen Sie zu einem anderen Ergebnis. Sie werden nicht bestreiten können, daß der zu 30 0/ o Kriegsbeschädigte im Jahre 1967 von seiner Grundrente noch ein Paar Schuhe kaufen konnte. Heute kann er sie nicht mehr kaufen. Das ist die Realität, und diese können Sie eben nicht widerlegen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die CDU/CSU hat in ihrer Regierungszeit für die Kriegsopfer im Rahmen des Haushaltes mehr getan, als heute geleistet wird. Hier gibt es zwei ganz entscheidende Maßstäbe. Der erste Maßstab ist die allgemeine Bemessungsgrundlage. Der zweite Maßstab ist die Entwicklung in der Sozialhilfe.
Wenn Sie schon in der Vergangenheit rühren wollen, so bin ich gern bereit, die geschichtliche Entwicklung in allen Bereichen seit dem Jahre 1945 auf-



Maucher
zuzeigen. Die Frage der allgemeinen Bemessungsgrundlage ist von grundsätzlicher Bedeutung. Es kann kein anderer Grundsatz vertreten werden als der, daß man die Kriegsopfer an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben läßt.
In diesem Zusammenhang muß ich Sie an folgendes erinnern. Im Jahre 1949, als die Länder noch ihre eigene Finanzhoheit hatten, hatten wir im Lande Württemberg-Hohenzollern, das von der CDU regiert wurde, die Kriegsopferrenten nach dem Jahresarbeitsverdienst, der damals galt, festgesetzt, und zwar in drei Stufen: 1800, 2100 und 2400. Wir haben den Satz von 2100 zugrunde gelegt, während in den sozialdemokratischen Ländern damals als Grundlage die Jahresarbeitsverdienstgrenze von 1800 galt. Ich habe im Landtag von Württemberg-Hohenzollern damals den Grundsatz vertreten: Man kann die Kriegsopferrenten nicht am untersten Lohnniveau, sondern nur am Durchschnittseinkommen orientieren. Das ist von der CDU praktiziert worden.
Der zweite Abschnitt begann im Jahre 1960, als von der CDU/CSU das Erste Neuordnungsgesetz mit einer allgemeinen Bemessungsgrundlage eingebracht wurde. Im Jahre 1960 wurde die Grund- und Ausgleichsrente des Erwerbsunfähigen festgestellt. Sehen Sie sich die Zahlen einmal an, wenn Sie die Frage beantworten wollen: Wie sieht es heute in Wirklichkeit aus? Der Rückstand gegenüber der allgemeinen Bemessungsgrundlage lag im Jahre 1970 bei 180 DM. Heute liegt er bei 340 DM.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Das sind Vergleichszahlen, an denen man nicht rütteln kann.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der zweite wichtige Maßstab — ich will mich jetzt kurz fassen — ist die Entwicklung der Sozialhilfe. Sehen Sie sich die Zahlen doch einmal an. Vorhin wurde in der Diskussion schon die Zunahme der Ausgaben angesprochen. Herr Kollege Nölling, Sie können hier mit Zahlen operieren, wie Sie wollen. In der Sozialhilfe wird bei der Bemessung der Ausgaben, die für den Lebensunterhalt notwendig sind, von dem sogenannten Warenkorb ausgegangen. Auch im Vergleich zur Sozialhilfe ist nun ein Mißverhältnis entstanden.
Wenn sich die Kriegsopferrenten trotz nomineller Erhöhung verringern, so ist doch deutlich, daß alle Ihre Behauptungen und auch die Darstellung des Ministers einfach nicht zutreffen. Glauben Sie ja nicht, daß Sie weiterkommen, wenn Sie die Dinge hier mit solchen Kraftausdrücken und Kraftworten darlegen. In Wirklichkeit ist es so, daß der Kaufkraftverlust in den letzten vier Jahren durch die Anpassung nicht ausgeglichen worden ist. Das ist der Tatbestand.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Zur Anpassung selbst muß ich nochmals auf die Entwicklung hinweisen. Das vorausgegangene Dritte Neuordnungsgesetz hat dieses Haus einstimmig verabschiedet. Ich muß feststellen: Nach Bildung der Großen Koalition hat die Sozialdemokratie ihren eigenen Entwurf über Nacht in den Papierkorb geworfen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Herr Kollege, wenn Sie immer so schön und wunderbar reden wie heute, dann darf ich Sie daran erinnern, was Sie damals gesagt haben. Sie haben damals gesagt:
Im Hinblick auf die Renten der Schwer- und Schwerstbeschädigten kann nur festgestellt werden, daß das Bundesversorgungsgesetz durch seine zusätzlichen individuellen Leistungen wie z. B. Ausgleich des Berufsschadens einem Vergleich mit anderen Gesetzen einigermaßen standhalten kann.
Damals so, heute anders! Meine sehr verehrten Damen und Herren und Herr Minister — er ist nicht mehr da —, wenn Sie hier anklagen, dann klagen Sie sich doch praktisch selber an.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : So ist es!)

Sie waren doch mitbeteiligt. Sie haben doch allen Gesetzen einstimmig zugestimmt.

(Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Das wollen sie nicht mehr wahrhaben!)

Wo sind Ihre Anträge geblieben?
Der Initiativentwurf von Hans Katzer wurde damals einstimmig verabschiedet. Daß am 1. Januar 1970 die Renten angepaßt wurden, war doch der einmütige Wille dieses Hauses. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, daß ich die Entschließung damals selber mit formuliert habe. Sie wurde dann einstimmig verabschiedet, und die Maßnahme trat am 1. Januar in Kraft. Was brauchen wir uns deshalb zu streiten, es war eine gemeinsame Lösung! Entscheidend ist, daß wir im Parlament den Mut haben, weiter solche Lösungen zu treffen.
Daß die Dynamisierung der künftigen Entwicklung der Kriegsopferversorgung nicht gerecht werden konnte, habe ich eindeutig hier erklärt. Ich habe damals gesagt, der Rückstand sei dynamisiert worden, und stelle dies heute nochmals fest. Damals war der Rückstand — ich habe es gesagt — 180 DM; heute sind es 340 DM. Im Jahre 1980 werden es über 500 DM sein. Wenn Sie also die Kriegsopferversorgung nicht abhängen wollen, müssen Sie einen Zuschlag geben. Durch die Anpassung am 1. Juli tritt keine Aufholung ein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen ein Beispiel geben. Es ist gesagt worden, man vergleiche mit anderen Renten. Am 1. Januar 1960 betrug die allgemeine Bemessungsgrundlage etwas über 400 DM. Ein zu 100 % Beschädigter erhielt damals eine Grundrente von 200 DM. Wenn jemand einen Unfall erlitten hatte, der zu einer 100 %igen Erwerbsunfähigkeit geführt hatte, erhielt er auf Grund der allgemeinen Bemessungsgrundlage eine Unfallrente von 260 DM. Wenn heute nach dem neuen Gesetz ein zu 100 % Kriegsbeschädigter 438 DM erhält, müßte er nach der allgemeinen Bemessungsgrundlage 800 DM erhalten. Das ist die Entwicklung.



Maucher
Da wollen Sie behaupten, daß alles in bester Ordnung sei? Das sind Tatbestände, die Sie nicht wegdiskutieren können.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD.)

— Nein! Der Zuruf durfte nicht kommen. Wenn Sie es richtig wissen wollen: Die Dynamisierung der Unfallversicherung hat die Christlich-Demokratische Union gemacht.

(Abg. Wehner: Die ganze Welt hat sie gemacht.)

— Herr Kollege Wehner, die CDU hat die Welt nicht gemacht. Aber der Wähler ist imstande — —

(Abg. Wehner: Aber was daraus geworden ist! — Weitere Zurufe von der SPD.)

— Lassen Sie mich ausreden! Die CDU hat die Welt nicht gemacht. Aber der Wähler ist in der Lage, die Welt durcheinanderzubringen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich darf Ihnen sagen: All die Zahlen wären in Ordnung, wenn nicht eine verfehlte Politik mit der Inflation dahinterstünde.
Nun muß ich ein entscheidendes Wort an dieses Parlament richten. Die CDU hatte den Mut, während der Zeit, in der sie die Regierung trug, nicht zu allem ja und amen zu sagen, was die Regierung vorlegte.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : So ist es!)

Gerade in der Kriegsopferversorgung hat sich dieses Parlament buchstäblich zusammengerauft und oft eine Reihe anderer Dinge zugunsten der Kriegsopfer zurückgestellt. Ich habe nochmals nachgelesen, was Frau Probst im Jahre 1960 gesagt hat. Sie sagte — ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten —:
In einer intensiven und vom guten Willen aller Beteiligten getragenen Zusammenarbeit unter der ausgleichenden Führung seines ersten Vorsitzenden Herrn Pohle
— ein SPD-Mann —
hat der Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen seine Aufgabe darin gesehen, die Neuordnung des Rechts der Kriegsopfer in Übereinstimmung zu bringen mit den Persönlichkeitsrechten des Grundgesetzes.
Sehen Sie, darin ist das ganz klar zum Ausdruck gebracht. Herr Kollege Glombig, ich bin Ihnen heute noch dankbar; denn Sie hatten in diesem Parlament zu berichten — das hat Herr Pohle nachher gesagt —: Wir sind dankbar, daß diese und jene unserer Wünsche berücksichtigt worden sind. Wir können das leider nicht sagen. Darin liegt das Problem.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Was ich damit sagen wollte: Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, würden diesem Parlament zu einer großen Achtung in der Öffentlichkeit und vor allem bei den Kriegsopfern verhelfen, wenn Sie den Mut hätten, in dieser Frage der Opposition zu folgen; wenn nicht ganz, dann wenigstens in einem annehmbaren Kompromiß. Geschähe das, so würde das der parlamentarischen Demokratie, die wir auf die Dauer hoffen erhalten zu können, einen großen entscheidenden Dienst erweisen. Ich darf Ihnen sagen: Manchmal habe ich den Eindruck, als ob in diesem Hause das imperative Mandat dem Parlament von der Regierung verordnet ist.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Widerspruch bei der SPD.)

Ich habe manchmal das Gefühl, als ob wir hier als Befehlsempfänger, als Vollzugsorgan dieser Bundesregierung sitzen. Das kann doch nicht der Sinn der parlamentarischen Demokratie sein.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir sind es den Kriegsopfern schuldig, daß wir ihnen gegenüber gerecht sind. Wenn man die Dynamisierung auf der Grundlage der Rentenversicherung vollzogen hat, dann heißt das nicht nur wertgleich, sondern auch zeitgleich. Damals haben wir lange diskutiert, wie und in welcher Weise die Dynamisierung erfolgen soll: auf der Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung, der Unfallversicherung oder anderer Bereiche.
Nun muß ich noch auf eine Annonce der Bundesregierung in allen deutschen Zeitungen am vergangenen Samstag zurückkommen. Hier stellt sich die Frage: Was kostet diese gegenüber den Kriegsopfern nicht vertretbare, in der Sache frisierte, um nicht zu sagen: falsche Darstellung? Sie behaupten, nun habe man die Kriegsopfer an der allgemeinen Entwicklung teilnehmen lassen. Richtig ist, daß sie mit teilgenommen haben. Aber es ist falsch, so zu tun, als ob sie in vollem Umfang teilgenommen hätten. Das zeigt mein Hinweis auf das immer weitergehende Zurückbleiben nach der allgemeinen Bemessungsgrundlage.
Eine Reihe anderer Beispiel zeigt folgendes: Der Einwand, man müsse den Schadens- und Berufsschadensausgleich dazurechnen, stimmt nicht. Die Bundesregierung hat bei der Schaffung dieser Bestimmung als einer dritten Säule in der Versorgung darauf hingewiesen, daß es sich hier um nichts anderes als um einen Ausgleich bei einem besonderen sozialen Abstieg handele. Also gehört das in die Vergleichszahlen nicht hinein.
Was mich aber an dieser Anzeige ganz besonders empört und stört, ist, daß Sie die Prozentzahlen für die Jahre 1970 bis 1974 berechnen und genau das aussparen, was Sie — wie Herr Nölling das getan hat — bei der CDU/CSU kritisieren, was Sie besonders anprangern: den Nachholbedarf für die Jahre 1968 und 1969. Dieser Nachholbedarf ist in den Prozentzahlen enthalten. Ziehen Sie 20 % ab, dann ist es richtig. Daß man in Zeitungsanzeigen solche Darstellungen mit Steuergeldern macht, ist gegenüber den Kriegsopfern und gegenüber den Steuerzahlern nach meiner Meinung unvertretbar.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Auf der Grundlage dieser Jahre wurde der Prozentsatz der Erhöhung für das Erste Anpassungsgesetz festgelegt. Hier haben Sie den gerechten Anhebungssatz von 22 %. Damals war dieser Satz im



Maucher
Vorschlag der CDU/CSU, den Sie abgelehnt haben, vorgesehen.
Herr Kollege Nölling, wenn Sie jetzt anführen, in welchen Jahren keine Erhöhung erfolgt sei Sie nennen immer vier Jahre —, dann muß ich Ihnen folgendes sagen. In den vier Jahren von 1961 bis 1964 zusammen sind die Preise nicht mehr gestiegen als jetzt in einem Jahr, und damals hatten wir eine Erhöhung der Renten um 33 %. Das ist nämlich der wesentliche Unterschied. Das müssen Sie neben Ihre Zahlen setzen, wenn Sie gerecht sein wollen.
Mit diesen Steuermitteln hätten Sie einen großen Teil der Hoffnungen erfüllen können, die Sie den Witwen bei der Verabschiedung der Bestimmung gemacht haben, Herr Minister und meine Herren von der Regierungskoalition, daß die Witwen von zu 50 und 60 % Beschädigten, die nicht an den Folgen der Beschädigung gestorben sind, eine Beihilfe erhalten. Wir stellen fest, daß diese Bestimmung für die Witwen in 100 Fällen nicht ein einziges Mal zum Tragen kommt. Es gibt eine ganze Reihe Versorgungsämter, die nicht einen einzigen positiven Fall haben. Meine Verehrten, so kann man die Kriegsopfer draußen nicht verschaukeln! Ich kann es nicht anders sagen. Es ist eine Sünde gegenüber den Kriegsopfern, wenn man sie tausend Anträge stellen läßt und kaum jemand zum Zuge kommt. Das muß unbedingt geändert werden. Hier wird eine Verwaltungsarbeit in Gang gesetzt, die zu dem Ergebnis in keinem Verhältnis steht. Ich hoffe, daß der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung diese Dinge korrigiert.
Herr Kollege Nölling, Sie beschuldigen die Regierung der Vergangenheit der Vernachlässsigung. Nach meiner Auffassung ist es die Pflicht und die Schuldigkeit dieser Regierung, diese besonderen Härten zu beseitigen. Der Herr Minister hat das angekündigt. Wir haben diesen Antrag wegen der Witwen schon dreimal gestellt. Bisher wurde er immer abgelehnt. Ebenso haben wir den Antrag auf Erhöhung des nicht in Anrechnung kommenden Betrages der Grundrente der Witwen wiederholt abgelehnt bekommen. Ich darf in diesem Zusammenhang feststellen: Wenn Sie die Zahlen gegenüberstellen, was nach der Anrechnung echt herauskommt, dann sieht das prozentuale Bild wieder anders aus.
Ebenso beschämend ist es, daß sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes über die landwirtschaftliche Krankenversicherung Verschlechterungen ergeben haben.

(Widerspruch bei der SPD.)

Die Bezieher von Altersgeld müssen jetzt Beträge von über 100 DM zusätzlich zahlen, wogegen sie bisher nach dem Bundesversorgungsgesetz auf Grund einer Leistung der CDU kostenfrei krankenversichert waren. Würden wir das tun oder hätten wir das jemals getan, dann möchte ich Sie hier hören!
Das alles läßt Sie kalt. Statt dessen suchen Sie krampfhaft nach Entschuldigungen aus der Vergangenheit. Kurz und schlicht gesagt,

(Zuruf von der SPD: „Schlicht"! — weitere Zurufe von der SPD)

trotz Erhöhung, trotz Dynamisierung hat sich die Kaufkraft der Kriegsopfer angesichts der Lebenshaltungskosten verschlechtert. Das ist der Tatbestand. Da helfen auch alle Entschuldigungen nicht. Hinzu kommt die ungeheure Steigerung der Mieten. Die Erhöhung der Benzinpreise bringt für die Kriegsopfer eine Umgehung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung; denn sie werden mehr zur Kasse gebeten. Das wiegt für sie besonders schwer, weil sie in vielen Fällen das Kraftfahrzeug über das normale Maß hinaus in Anspruch nehmen müssen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Auch hier ist der Ausgleich für besondere Belastungen auf Grund der Entwicklung nicht gefolgt. Die soziale Fürsorge haben Sie in ihrer Entwicklung ebenso hängen lassen wie eine Reihe anderer Dinge.
Und nun, Herr Abgeordneter Nölling — ich muß mich nochmals an Sie wenden —, glauben Sie, mit dem VdK, dem größten Kriegsopferverband der Bundesrepublik, abrechnen zu müssen, wie es auch der Kollege Schmidt getan hat. Sie wollen Demokraten sein! Wenn das der Fall wäre, können Sie den Widerspruch —

(Zurufe von der SPD: Na, na, na! — Weitere Zurufe von der SPD.)

— Ja, warum regen Sie sich auf? Ich wundere mich. Wenn Sie

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705506800
Herr Abgeordneter Maucher, es ist Ihnen vielleicht im Eifer des Gefechts eine Formulierung unterlaufen, die in der Sache doch etwas zu weit geht. Die Formulierung „Wenn das der Fall wäre" unterstellt ja, daß eine Partei dieses Hauses nicht demokratisch wäre. Das geht nicht.

(Abg. Wehner: Nein, er hat recht! Nur er ist einer! Alle anderen wollen es nur sein! — Beifall bei den Regierungsparteien.)


Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0705506900
Herr Präsident, ich darf klarstellen, daß ich gesagt habe: Sie wollen Demokraten sein! Das meine ich positiv. Ich möchte das also keineswegs abwerten.

(Abg. Wehner: Dann wird es gefährlich, wenn Sie etwas positiv meinen!)

Weil Sie das sein wollen, deshalb müssen Sie auch einen Widerspruch erlauben und eine Aktion ertragen, die vom Grundgesetz her zugelassen ist.

(Abg. Wehner: Wir nehmen Ihr Kreuz auf uns! Da haben Sie recht!)

— Sie können das nicht, muß ich sagen.
Im VdK Deutschlands haben wir eine Organisation, die sich seit Jahrzehnten in den Dienst der Gemeinschaft gestellt hat und die für die Kriegsopfer eine hervorragende Arbeit geleistet hat. Man sollte nicht, wie Sie es getan haben, Herr Kollege Nölling, einfach behaupten, daß der VdK damit mehr oder weniger seine Existenzberechtigung nachweisen wolle.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Abg. Biehle: So werden die Kriegsopfer eingestuft!)




Maucher
Sie sagten am Ende, daß er damit seinen Mitgliedern schadet. Ich glaube, Sie meinten damit die Mitglieder der SPD oder die Bundesregierung. Ich darf Ihnen sagen, in diesem VdK sind die Vertreter aller politischen Parteien, und der Beschluß, der ohne mein Zutun gefaßt worden ist — ich war nicht dabei —, war einstimmig.

(Zuruf des Abg. Geiger.)

Er ist also auch mit den Stimmen Ihrer Parteifreunde im Bundesvorstand im VdK gefaßt worden.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Aber jetzt muß man zu dem Ergebnis kommen, daß eine Organisation in dem Augenblick, wo sie mit der Bundesregierung nicht mehr konform geht, bereits in Ungnade fällt. Das ist an sich eine tragische Feststellung, die ich hier und heute treffen muß.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr! — Widerspruch bei der SPD.)

Ich gehöre dem VdK seit seiner Gründung an, und ich habe im Jahre 1963, als der Marsch nach Bonn stattfand, nicht protestiert.

(Zurufe von der SPD.)

— Warum regen Sie sich auf? Eigenartig!

(Lachen bei der SPD.)

— Das ist ein Zeichen des schlechten Gewissens.
Der VdK Deutschlands erfüllt seine Aufgabe nach seiner Satzung.

(Abg. Geiger: Und druckt Ihre Reden!)

Sie haben die Vorstellung, daß Verbandsmitglieder in ihrer Tätigkeit in erster Linie Sozialdemokraten und in zweiter Linie Verbandsangehörige sind. Entsprechend unserer Satzung erfüllen wir die Aufgaben so, daß kein Mitglied des Verbandes, wo es auch steht, auf Grund seiner Einstellung in Gewissenskonflikte zu kommen braucht. So hat es der VdK gehalten, und dafür gebührt ihm hohe Achtung. Ein Beispiel für viele andere, das möchte ich hier sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Ihre Büttenrede wird auch auf Büttenpapier herausgebracht! — Weitere Zurufe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705507000
Herr Abgeordneter Maucher, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Biehle?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0705507100
Ja, bitte!

Alfred Biehle (CSU):
Rede ID: ID0705507200
Herr Kollege, würden Sie mir nicht beipflichten, daß das von Ihnen angeführte Zitat des Kollegen Nölling eine schallende Ohrfeige für die vielen Hunderte und Tausende ehrenamtlichen Mitarbeiter des VdK ist, die unter Aufwendung von viel Freizeit und unter persönlichen Opfern Tag für Tag im Dienste der Kriegsopfer wirken?

(Abg. Geiger: Was wollen Sie denn noch alles konstruieren?)


Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0705507300
Das ist keine Frage.

(Abg. Niegel meldet sich zu einer Zwischenfrage. — Abg. Wehner: Dort steht man Schlange für Fragen, die in die Verbandspresse kommen!)

— Herr Kollege Wehner, ich habe es auf Grund meiner Tätigkeit gar nicht notwendig, in die Verbandspresse zu kommen.

(Abg. Wehner: Fragen! Fragen! Sie selbst sind schon drin, auf Bütten! — Abg. Rawe: Herr Wehner, Sie auch, aber verkehrt rum!)

— Herr Wehner, ich habe Ihnen schon einmal gesagt, daß hier in dieser Frage vor Ihnen ein Schwerbeschädigter spricht. Sie sollten doch etwas mehr Respekt davor haben.

(Oho-Rufe von der SPD. — Zuruf des Abg. Dr. Nölling.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0705507400
Herr Abgeordneter Maucher, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Niegel?

Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0705507500
Bitte!

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0705507600
Herr Kollege Maucher, können Sie mir, wenn auch der Herr Wehner kritische Anmerkungen macht, bestätigen, daß gerade der stellvertretende Präsident des VdK Deutschlands und Vorsitzende des VdK Bayerns, der SPD-Landtagsabgeordnete Weishäupl, von seiner eigenen Partei nicht mehr aufgestellt wird, weil dort die linken Kräfte überhand genommen haben?

(Abg. Herold: Ist nicht wahr! — Weitere Zurufe von der SPD.)


Eugen Maucher (CDU):
Rede ID: ID0705507700
Herr Kollege Niegel, ich glaube, daß wir mit dieser Sache nicht in die politischen Interna der Parteien einwirken wollen, sondern uns geht es lediglich um das Verhalten und die Stellung der Verbände in der Öffentlichkeit.

(Vorsitz: Präsident Frau Renger.)

Ich möchte abschließend sagen: Ich glaube, wir sind es allen Kriegsopferverbänden schuldig, ihnen Dank und Respekt für ihre Arbeit zu zollen. Wir stellen fest, daß sie in den letzten 25 Jahren eine große gesellschaftspolitische Arbeit geleistet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich würde es außerordentlich begrüßen, wenn dieses Parlament wenigstens in einer Kompromißlösung zu einer Entscheidung käme, die den Kriegsopfern verdienterweise einigermaßen gerecht würde. Die Opfer, die unsere Beschädigten für uns getragen haben und zeitlebens tragen müssen, sind im Dienst für Volk und Staat entstanden. Die Sorgen und Nöte, die unsere Witwen und Waisen auf sich nehmen, stehen in keinem Vergleich zu dem, was sie an Leistungen erhalten. Man kann in den Entscheidungen für die Kriegsopfer auch an die Grenzen des Erträglichen gehen, aber man muß gerecht sein. Was hier geschieht, die Weigerung der Bundesregierung und
3162 Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Oktober 1973
Maucher
der Regierungskoalition, die Renten zeitgleich mit den Renten der Sozialversicherung anzupassen, ist eine Ungerechtigkeit, die wir, die CDU/CSU-Fraktion, nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705507800
Das Wort hat der Abgordnete Dr. Nölling.

Dr. Wilhelm Nölling (SPD):
Rede ID: ID0705507900
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte gar nicht die Absicht, zu der Kontroverse mit dem VdK zu sprechen, und bedauere, daß der Kollege Maucher das hier hineingebracht hat.

(Abg. Gansel: Er hat ja auch ein imperatives Mandat!)

— Hat er das, ja? — Dann wollen wir das hier einmal feststellen.
Herr Kollege Maucher — vielleicht hören Sie einen Moment zu —, ich halte es nicht für angebracht, daß ein Verband sich einen Beirat zulegt, in dem Parlamentarier sind, die dann nur dazu mißbraucht werden, nach außen als Feigenblatt zu dienen. Dazu sollten wir uns zu schade sein. Das hat nichts mit der Eigenschaft als Demokrat zu tun, sondern damit, wie man Demokraten möglicherweise mißbraucht. Das sollte sich der Verband meines Erachtens einmal sagen lassen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Was soll denn das? — Unerhört!)

— Sie wissen ja gar nicht, worum es geht. Nun schreien Sie nicht so viel herum!
Ich habe so bei einigen Passagen der Rede des Kollegen Maucher gedacht: Das kann man eigentlich nur noch humoristisch, aber nicht mehr ernst nehmen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich will es auch gar nicht so furchtbar ernst nehmen. Ich will auch nicht so lange reden wie er und sein Vorredner.
Meine Kollegen, der Bundesarbeitsminister und Herr Glombig, haben sehr wesentliche Punkte gesagt, ebenso der Kollege Schmidt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705508000
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Wilhelm Nölling (SPD):
Rede ID: ID0705508100
Im Moment nicht, Herr Kollege Müller, vielleicht später.

(Zurufe von der CDU/CSU: Schlechtes Gewissen! — Abg. Müller [Berlin] : Ich möchte Sie bitten, das auf alle Verbände anzuwenden!)

— Ich möchte gern anfangen können, bevor Sie Gelegenheit haben, mich zu fragen.
Ich bin der Meinung, daß man diese Dinge sehr wohl sachlich und nicht demagogisch darstellen und behandeln kann, und ich weiß nicht, ob es gut ist, daß man für diese Art der Darstellung Respekt verlangt, sondern frage mich, ob nicht mildernde Umstände angebrachter gewesen wären.

(Abg. Gerster [Mainz]: Unverschämtheit!)

Meine Damen und Herren, ich habe in den vier Jahren, in denen ich hier die sozialpolitischen Auseinandersetzungen miterlebt habe, zwei Erfahrungen gemacht. Die erste Erfahrung ist die, daß die Ansprüche von Gruppen an den Bundeshaushalt immer irgendwie begründbar sind, d. h., daß sich immer Ansatzpunkte und Maßstäbe finden lassen, um mehr und mehr und noch mehr zu fordern. Das ist die eine Erfahrung. Und ich habe die andere Erfahrung gemacht, daß wir insofern eine sehr zuverlässige Opposition haben, als sie sich jedesmal zum Fürsprecher übersteigerter Gruppenforderungen gemacht oder sie selber erzeugt hat.

(Abg. Gerster [Mainz] : Ist die Forderung hier übersteigert?)

Das nenne ich eine dem Augenblick verhaftete, opportunistische Gefälligkeitspolitik, die unserem Staat nicht guttun kann, auch wenn manche glauben, daß einzelne Gruppen vielleicht bevorzugt werden könnten. Wenn ich mich dann frage, warum die Opposition so gereizt und demagogisch reagiert, dann ist die Antwort auch klar. Als wir 1970 eine neue Epoche einleiteten, war sie nicht dabei, nämlich die Epoche, in der die Kriegsopfer nicht länger Bittsteller, sondern Menschen sind, die einen Rechtsanspruch darauf haben, jedes Jahr Leistungsverbesserungen von diesem Staat zu erhalten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Anders, meine Damen und Herren, kann ich mir Ihr Verhalten nicht erklären.

(Zuruf des Abg. Dr. Mertes [Gerolstein].)

Früher war das anders. Ich habe mich anläßlich der jüngsten Demonstration einmal mit dein Hintergrund der Demonstration von 1963 befaßt und etwas in die Vergangenheit hineingeleuchtet; denn die CDU/CSU hat in der Tat in der Vergangenheit, wenn es um die gruppenspezifische Vertretung der Kriegsopfer ging, eine andere Politik betrieben, als sie es seit 1970 tut.

(Abg. Müller [Berlin]: Das ist doch eine unbewiesene Behauptung!)

Hören Sie zu, Herr Kollege Müller! Von 1950 bis 1969 sind in nicht weniger als 12 von 20 Jahren die Kriegsopferbezüge nicht erhöht worden. Die Unionsparteien haben in dieser Zeit niemals eine Dynamisierung, d. h. eine regelmäßige Anpassung der Kriegsopferleistungen gefordert. Wenn ich lese, daß der Bundesrat schreibt, gerade dies sei eine Forderung, ein Grundprinzip des freiheitlichen und sozialen Rechtsstaats, dann wundere ich mich allerdings, warum man 13 Jahre lang nicht das beherzigt hat, was man heute entdeckt. Heute wird die Dynamisierung als Grundprinzip unserer Rechts- und Sozialstaatsordnung bezeichnet, während, wie gesagt, 13 Jahre lang, nämlich von 1957 bis 1970, nichts getan worden ist. Das ist zunächst einmal der Tatbestand.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Vergleichen Sie aber auch einmal die inflationäre Entwicklung!)




Dr. Nölling
— Ich werde auf das Inflationsargument noch zurückkommen.
Die zeitlichen Abstände, innerhalb derer Sie damals die Kriegsopferbezüge erhöht haben, betrugen manchmal 5, 4, 31/2 Jahre. Es hat kein einziges Jahr gegeben, in dem nicht Preissteigerungen zu verzeichnen waren, d. h. in dem nicht die Kriegsopfer reale Einkommensverluste erlitten haben. Kein einziges Jahr seit 1950 ist ohne Preissteigerungen verlaufen.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein]: Nennen Sie einmal die Zahlen!)

Ich möchte einmal die Kollegin Probst, die ich persönlich leider nicht gekannt habe, zitieren. Damit komme ich zugleich auf Ihre Moritz-Rechnungen mit den Maßstäben, die Sie hier eingeführt haben, zurück. Die Kollegin Probst sagte damals, am 22. Oktober 1959, hier im Bundestag:
Nimmt man den Anstieg des sozialen Budgets von 1949 = 100 bis 1956 = 240 als Maßstab, so läßt sich erkennen, welche Sparten bis Ende 1956 Gewinner oder Verlierer gewesen sind ... Unter dem Durchschnitt aber sind geblieben die Kriegsopferversorgung mit 195 % ... Die seitherige Entwicklung hat das prozentuale Verhältnis zuungunsten der Kriegsopferversorgung verändert.
Das war die Tatbestandsschilderung 1959 nach zehn Jahren christdemokratischer Kriegsopferpolitik, nämlich daß sich die Leistungen für die Kriegsopfer weit, weit unter dem Durchschnitt des Anstiegs aller Sozialleistungen befanden.

(Abg. Geisenhofer: Jetzt hat sich das Verhältnis noch weiter verschlechtert!)

Nun kommt irgend jemand von der Opposition und sagt doch tatsächlich, die Ausgaben für die Kriegsopfer hätten 1950 10 % des Bundeshaushalts ausgemacht. Wenn das je ein Maßstab für Ihre Kriegsopferpolitik gewesen wäre, hätte die Kollegin Probst keinen Anlaß gehabt, die Situation 1959 zu beklagen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705508200
Herr Abgeordneter,
gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Wilhelm Nölling (SPD):
Rede ID: ID0705508300
Ja, bitte schön!

Alfred Biehle (CSU):
Rede ID: ID0705508400
Herr Kollege, würden Sie mir beipflichten, wenn ich sage, daß auf Grund der von Ihnen zitierten Feststellung der früheren Kollegin Dr. Probst damals Konsequenzen gezogen worden sind, während Sie heute nicht bereit sind, aus den getroffenen Feststellungen Konsequenzen zu ziehen?

(Zurufe von der SPD.)


Dr. Wilhelm Nölling (SPD):
Rede ID: ID0705508500
Ich will Ihnen sagen, welche Konsequenzen gezogen worden sind. Ich komme nämlich zu einem zweiten Zitat, und zwar des Kollegen Barzel, aus dem Jahre 1963. Herr Kollege Barzel sagte vier Jahre später:
Wir sind in der glücklichen Lage, unsere positive Einstellung zur Kriegsgeneration und zum Soldatentum nicht erst noch unter Beweis stellen. zu müssen.
Das sagte er am 11. Dezember 1963, obwohl die Kriegsopfer 31/2 Jahre keinen einzigen Pfennig Rentenerhöhung von diesem Staat erhalten hatten.

(Abg. Dr. Jenninger: Warum haben Sie sie nicht beantragt?)

Wir hatten in den Jahren 1965/66 Preissteigerungen von 3,7 bzw. 4,1 % zu verzeichnen.

(Abg. Dr. Jenninger: Das waren noch Zeiten!)

— Ja, selbstverständlich! Aber was waren das für Zeiten für die Kriegsopfer, als sie keinen Pfennig Rentenerhöhung bekamen und genau in diesem Ausmaß reale — ich betone: reale — Einkommensverschlechterungen in Kauf nehmen mußten.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Und nun zu dem Argument, seit 1970 hätten unsere Kriegsopferrentner an der Entwicklung des Lebensstandards nicht teilgenommen. Ich nenne Ihnen die Zahlen. 1970: Preissteigerung 3,8 %, Steigerung der Renten 16 %, für Witwen 22%, 1971: Steigerung beim Preisindex 5,1 %, Steigerung der Versorgungsbezüge 5,5 %. 1972: 6,2 % Preissteigerung, 6,3 % Steigerung der Versorgungsbezüge.
Sie können beklagen, daß in diesen beiden Jahren unter dem Strich real nicht mehr übriggeblieben ist, aber Sie können hier nicht behaupten, die Kriegsopfer hätten an der Steigerung des Lebensstandards nicht teilgenommen, sondern wären sogar zurückgefallen.

(Abg. Maucher: Sie müssen doch die Anrechnungen abziehen!)

Das ist einfach falsch, und das können Sie, wie die Statistiken zeigen, die ich Ihnen hier präsentiere, nicht behaupten.
Für dieses Jahr gilt Ihre Behauptung ebenfalls nicht, denn gegenüber 9,5 % Steigerung bei der Kriegsopferversorgung werden in diesem Jahr für den Rentnerhaushalt Preissteigerungen von etwa 7 % zustande kommen. Es wird also eine reale Verbesserung von immerhin 2,5 % übrigbleiben.
Nun noch ein Wort zu den ebenfalls eingeführten Maßstäben, das Bruttosozialprodukt mit dem für die Kriegsopferversorgung zur Verfügung stehenden Betrag zu vergleichen. Ich frage Sie: was für eine Rechnung des kleinen Moritz ist das denn, die Lage von 1950, als wir fast 4 Millionen Kriegsopfer hatten und zum erstenmal überhaupt Versorgungsleistungen in einen Haushalt einsetzten — die wir dann drei bzw. fünf Jahre lang gar nicht erhöht haben —, zum Anlaß zu nehmen, heute zu beklagen, der Prozentsatz wäre geringer, wo doch heute 1,5 Millionen Kriegsopfer weniger als 1950 zu versorgen sind?

(Zustimmung bei der SPD. — Abg. Maucher: Sie kennen doch die anderen Argumente!)




Dr. Nölling
— Herr Kollege Maucher, wissen Sie, Sie machen sich, wenn Sie das tun und der Herr Kollege Geisenhofer hat es heute und auch am 18. Juni wieder getan —, einfach lächerlich, weil diese Bezugsgrößen für die Politik nicht verwendbar sind.

(Zustimmung bei der SPD.)

Würden Sie sie verwendbar machen — überlegen Sie doch einmal einen Augenblick mit —, d. h. würden Sie heute 10 % des Haushaltes für die Kriegsopfer bereitstellen, dann wären das etwa 13 Milliarden Mark. Nun überlegen Sie sich doch einmal, was für eine Relation das noch zu den Einkommensansprüchen anderer Gruppen wäre! Solche Bezugsgrößen kann man doch sehr wahrscheinlich aus dieser Debatte herauslassen.

(Zuruf von der SPD: Dann bekommt die Landwirtschaft gar nichts mehr!)

— Nun, ob die Landwirtschaft gar nichts mehr bekäme, müßten wir dann ja von der Union hören.

(Abg. Müller [Berlin]: Es verlangt ja keiner 13 Milliarden! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, ich mag solche historischen Betrachtungen gar nicht besonders gern, weil ich es nicht für richtig halte, immer so weit zurück zu gehen. Aber es läßt sich leider nicht verhindern, daß wir einfach um der historischen Wahrheit und auch um der Bedeutung dieser Tatsachen für unser soziales Sicherungssystem willen die Bedeutung der Dynamisierung wieder in die richtige Perspektive rücken — was Sie natürlich nicht besonders freut.
Wir müssen auch mit Bedauern feststellen, daß sich ein Kriegsopferverband, der hier demonstriert hat, für diesen Reformschritt der Dynamisierung in der Vergangenheit niemals mit der Vehemenz eingesetzt hat, wie es heute geschieht, wenn diese Verbände auf die Straße gehen.

(Abg. Gerster [Mainz] : Es war auch nie so notwendig wie heute! — Lachen bei Abgeordneten der SPD.)

Heute spricht dieser Verband von Selbstverständlichkeiten, die jetzt gesetzlich geregelt seien, und vergißt dabei, wie schwierig es für uns war, diese Dynamisierung durchzusetzen.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, es ist uns klar, daß man immer noch Forderungen aufstellen kann, die über das, was wir gegenwärtig für möglich halten, hinausgehen. Wir meinen, daß wir Forderungen von Gruppen so lange für legitim halten können, wie sie sich im Vergleich mit Einkommenserwartungen anderer Gruppen im Rahmen der finanziellen Leistungsfähigkeit des Staates und der wirtschaftlichen Stabilität halten. Wer politische Verantwortung trägt und bejaht und nicht davor weglaufen will, muß die oft undankbare Aufgabe des Abblockens gruppenspezifisch überzogener Forderungen erfüllen.
Früher einmal dachte auch die Opposition so. Ich habe ja immer sehr gerne Herrn Barzel zitiert und
möchte das noch einmal tun. Als hier im Dezember 1963 eine Kriegsopferdebatte mit Geschäftsordnungsgründen abgewürgt wurde, erklärte Herr Barzel zur Kriegsopferfrage:
Auch bei dieser Frage haben wir an alle, haben wir an das Ganze zu denken. Zusätzliche Mittel hier erfordern Kürzungen an anderer Stelle.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich frage Sie: Ist eigentlich alles vergessen, was früher einmal Maxime Ihrer Politik war — mit der wir dann selbstverständlich auch nicht einverstanden waren --, und woher will die CDU eigentlich die 400 Millionen nehmen, die in diesem Jahr im Bundeshaushalt untergebracht werden müssen?

(Zuruf von der CDU/CSU: 60 02! — Weitere Zurufe.)

Ich habe es als eine ganz grobe Unanständigkeit empfunden — um das an dieser Stelle einmal zu sagen —, wie hier Ihre Haushaltssachverständigen damals versucht haben, den Kollegen Glombig auf den Rücken zu legen,

(Zuruf des Abg. Geisenhofer)

als sie hier begründen wollten, sie hätten eine Deckung im Bundeshaushalt gefunden. Es war keine Deckung vorhanden; es gab auch keinen Antrag, der darauf abzielte.

(Abg. Geisenhofer: Es gab schon eine Entschließung!)

Aber, meine Damen und Herren, das paßt eben bei dieser Opposition alles zusammen: die Forderung nach einer harten Stabilitätspolitik, Klagelieder über die Preissteigerungen, ein Gesetzentwurf über Steuererleichterungen in Höhe von acht Milliarden DM und Anforderungen an den Bundeshaushalt in Milliarden-Höhe. So bringt sich die Opposition selber um: nämlich dadurch, daß sie sich um ihre Glaubwürdigkeit bringt.

(Abg. Nordlohne: Warten Sie einmal ab, wer sich hier umbringt!)

Hätte die Koalition — das sage ich auch mit aller Deutlichkeit — so wenig für die Kriegsopfer getan wie frühere CDU-Regierungen, dann würde ich das Argument der Stabilität für unanständig halten, es nicht bringen und mich dagegen wehren, daß es hier Eingang findet.
Herr Kollege Burger, Sie haben soeben in einem Zwischenruf gesagt: Die Kriegsopfer heizen keine Inflation an. Das mag für den Einzelfall durchaus zutreffen. Aber es ist ja gerade die Kumulation Ihrer Forderungen, gerade das Zusammentreffen von vielen überspitzten Forderungen, das uns befürchten lassen muß, daß eben doch die Inflation angeheizt würde, wenn wir diese Ausgabewünsche erfüllten.
Ich will den Inhalt des Regierungsentwurfs nicht wiederholen. An den Prozentsätzen, an den absoluten Beträgen, die hier genannt worden sind, kann man nicht rütteln. Wir werden jedenfalls bis 1975 — also innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren — den Anpassungstermin in der KOV an den Anpas-



Dr. Nölling
sungstermin der gesetzlichen Rentenversicherung herangeführt haben; die Mittel dafür stehen zur Verfügung.
Die Befürchtung, die der VdK während der Demonstration geäußert hat, daß das keine rechtlich verbindlichen Zusagen seien, sind völlig aus der Luft gegriffen. Dies hat heute auch noch einmal der Bundesarbeitsminister deutlich gemacht. Die Kriegsopfer, meine Damen und Herren, können ab 1974 in einem Zweijahreszeitraum mit Rentensteigerungen von mehr als 30 % rechnen. Ich habe aus einem beliebigen Zeitraum der Nachkriegsgeschichte keine vergleichbare Zahl zur Hand, die eine solche Einkommensteigerung für eine Gruppe von 2,5 Millionen Menschen, wie sie jetzt programmiert wird, erkennen läßt. Ich meine, das sollten wir nicht dadurch lächerlich machen, daß wir hier und da immer noch einen Punkt finden, von dem wir vielleicht auch meinen, es wäre schön, wenn wir ihn mit berichtigen könnten. Hier geht es um die Größenordnungen, in denen wir denken müssen, und es geht auch darum, daß wir das Geld dafür selbstverständlich irgendwoher aufbringen müssen. Das sind Beträge, die dann weit über zehn Milliarden DM hinausgehen.
Die SPD-Fraktion, meine Damen und Herren, ist froh darüber, daß es gelungen ist, diesen Anpassungstermin in einem Stufenplan zu verwirklichen. Es hat nur drei Jahre gedauert, ihn zu verwirklichen, während es früher 13 Jahre gedauert hat, bis wir die Dynamisierung im Anschluß an die Dynamisierung der gesetzlichen Rentenversicherung bekamen.
Wir danken vor allem dem Arbeitsminister für seinen erfolgreichen Einsatz und seine Arbeit für die Kriegsopfer. Die Ausschußberatungen werden wir auf der Grundlage des Regierungsentwurfs so zügig zu Ende bringen, daß die Kriegsopfer ab 1. Januar 1974 ihre Bezüge, d. h. 11,4 % mehr, erhalten können.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705508600
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0705508700
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will nicht in den Streit darüber eingreifen, wer zuerst, wer mehr und wer überhaupt etwas getan habe. Angesichts dieser Fragen sehe ich mich jedoch als jemand, der dem Bundestag seit 1949 angehört und der manche der hier genannten Namen nicht nur als lebende Personen gekannt, sondern auch geschätzt hat, auch wenn sie anderen Seiten des Hauses angehört haben.

(Abg. Franke [Osnabrück]: Besonders streitbar waren!)

— Nicht nur deshalb. Immer wenn es redlich ist, Herr Franke, kann es auch streitbar ausgetragen werden.

(Abg. Franke [Osnabrück] : So war es auch gemeint!)

Ich will aber hier niemandem meine Sitten aufzwingen, sondern Ihnen nur folgendes sagen. Ich fühle mich auch sozusagen verpflichtet als das Mitglied eines Kabinetts, dessen Bundeskanzler, dessen
Finanzminister und dessen Arbeits- und Sozialminister seinerzeit der CDU und CSU angehörten, etwas zum Nachdenken mitzugeben. Ob das an der Sache, am Sachverhalt etwas ändert, weiß ich nicht. Mich hat nur die Einbringungsrede des jetzigen Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, des Kollegen Walter Arendt veranlaßt, einmal zu überlegen, ob man darauf nicht aufmerksam machen müsse und auch dürfe. Wie gesagt, ich war als ein sozialdemokratisches Kabinettsmitglied in jenem Kabinett, dessen Kanzler ein bedeutendes Mitglied und der Vorsitzende der CDU war, dessen Finanzminister der Vorsitzende der CSU war und dessen Arbeits- und Sozialminister auch der Fraktion der CDU/CSU angehörte und der heute auch hier ist.
Ich habe mir das Datum inzwischen besorgt, weil ich das nicht mehr so genau wußte. Am 14. September 1968 habe ich in dieser Eigenschaft und mit diesem Hintergrund in Garmisch-Partenkirchen im dortigen Stadion nach der Angabe des Veranstalters vor 50 000 Besuchern, nach den polizeilichen Schätzungen vor 40 000 bis 50 000 Besuchern — es waren damals noch etwas mehr als hier, wenn Ihr Bericht mit den 30 000 stimmt, den Sie heute gegeben haben — zu sprechen gehabt; denn weder der damalige Bundeskanzler noch der damalige Bundesminister der Finanzen, obwohl Garmisch-Partenkirchen in seinem Land liegt, noch natürlich der Arbeits- und Sozialminister waren dort aufgefordert. Ich vertrat dort sozusagen die Regierungsseite. Diese Kundgebung war — das kann man nachlesen, und mancher wird sich vielleicht den Spaß gönnen — angekündigt als eine gewaltige Kraftprobe. Im Stile des Herrn Maucher würde das wohl heißen: Sie nehmen keine Rücksicht darauf, wer die Regierung stellt. Kann sein, aber darüber will ich mit Ihnen nicht streiten.
Ich habe damals erlebt, daß der Ministerpräsident des Freistaates Bayern, derselbe, der heute auch Ministerpräsident des Freistaates Bayern ist und der heute hier in die Debatte eingeführt ist, obwohl er auf dieser Bank nicht vertreten ist und sich bei einem Bundesratsentwurf durch Bundestagsabgeordnete hier vertreten läßt und so den Respekt vor diesem Haus und vor dieser Regierung bekundet,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

daß derselbe Ministerpräsident damals so sprach, als würden er, seine Staatsregierung und überhaupt die CSU alles geben, was die Veranstalter des riesigen Meetings von 40- bis 50 000, der VdK, damals forderten. Sie würden ihnen alles geben, Herr Goppel würde ihnen alles geben. Er sprach nach mir, damit es kontrastreich wurde. Ich war sozialdemokratisches Mitglied in einem Kabinett, dessen Kanzler CDU-Vorsitzender, dessen Finanzminister CSU-
Vorsitzender und dessen Arbeits- und Sozialminister eine der führenden Persönlichkeiten der CDU war und noch ist. Nur deshalb, weil heute der Herr Kollege Walter Arendt so ein wenig, beinahe hätte ich gedacht: gekränkt oder wehmütig im Zusammenhang mit der jetzigen Haltung des bayerischen Ministerpräsidenten von einem doppelbödigen Verhalten gesprochen hat, kam ich darauf.



Wehner
Ich darf noch einmal auf meine Erinnerung zurückkommen. Damals wußte ich, daß sich der Bundesminister der Finanzen im Kabinett dafür stark gemacht hatte — 1967, und als wir das damals als Koalilionspartner nicht durchließen, noch einmal 1968 —, Grundrenten bis 40 % zu streichen. Das ist dann schließlich verhindert worden. Wir haben uns verständigen müssen; damals war die Gesamtlage so, daß die CDU/CSU-Seite nicht anders konnte, als das so zu tun, als es eben bei allen Gemeinsamkeiten in den Bemühungen um das Überwinden schrecklicher Folgen vorhergegangener Finanz- und Haushaltspolitik ging. Die kann man belegen. Ich habe immer die damalige vergilbte Regierungserklärung bei mir, wie sie Herr Kiesinger vorgetragen hat. Die ist schon ziemlich beschädigt, aber das steht da genau drin, und wenn es hier notwendig sein sollte, würde ich das wieder einmal vorlesen. Damals wußte ich also, daß er diese Streichung wollte. Wir haben sie 1967 unter jenem großen Baum verhindert. Es war für die Öffentlichkeit gar nicht so wichtig, was man tat, sondern wo man es tat. So ist das heute mit Bildern und Berichten. Platanen waren es wohl. Ich erinnnere mich noch.
Das kam ein Jahr später wieder. Damals konnte der Bundeskanzler des Kabinetts, der Vorsitzende der CDU, das nicht lösen. Wir gingen mit der Forderung des bayerischen Bundesministers der Finanzen und Vorsitzenden der CSU nicht mit, dessen Ministerpräsident in der Staatsregierung des Freistaates Bayern zugleich entgegengesetzte Forderungen vertrat, als der andere uns aufzwingen wollte uns zu verhalten. Der Bundeskanzler, Herr Kiesinger, hat damals gesagt, er werde doch hoffentlich keinen Widerspruch finden, wenn er sich mit den führenden Persönlichkeiten der Verbände darüber zu verständigen versuche, ob die es als Ehrensache bezeichneten, auch an einem solchen damals nannte man es noch nicht so — Stabilitätsopfer teilzunehmen.
Ich will Ihnen nicht vorlesen, was es da alles gibt. Auch damals sind schon in der Regierungserklärung und dann in der Praxis recht bestimmte Worte und Sitze gebraucht worden. Sehen Sie, damals, wie gesagt, ging es darum, Folgen schwerwiegender Fehler der vorangegangenen Bundesregierungen zu überwinden. Zur Charakterisierung der Ergebnisse bringe ich dennoch einige Sätze in Erinnerung. Da werden die Milliardendefizite, die Milliardenfehlbeträge festgestellt. Es waren ja immer CDU-Bundeskanzler und entsprechende Regierungen. Da wurde die Unzulänglichkeit des Art. 113 des Grundgesetzes festgestellt. Auch die unbegründete Furcht vor dem Unmut der Wähler habe eine Korrektur dieser Entscheidung vor cien Bundestagswahlen verhindert, und auch nach den Wahlen sei das nicht gelungen. Sie können das einmal nachlesen, was da alles vorher an schrecklichen Feststellungen gemacht werden mußte, unwidersprochen von Ihrer Seite, weil es ja eine übereinstimmende Feststellung war. Dann hieß es:
Niemandem, am wenigsten den scheinbar Begünstigten, würde eine wirklichkeitsfremde Politik nützen, der die Finanzgrundlage fehlt oder die nur zu Lasten anderer für unser Volk lebenswichtiger Zukunftsaufgaben finanziert werden könnte. Die Bundesrepublik wendet von ihrem Bruttosozialprodukt für soziale Leistungen so viel auf wie kein anderes Land. Das ist kein Wohlstandsübermut; wir müssen Milliarden für Kriegsopfer, Vertriebene und Flüchtlinge ausgeben und immer mehr alte Menschen versorgen, — eine Folge der Kriegsverluste und der großen Geburtenausfälle während der beiden Weltkriege und der Wirtschaftskrise um 1932.
Aber dann:
Politik ist in allen Bereichen die Kunst des Möglichen. Eine fortschrittliche Gesellschaftspolitik setzt eine gesunde, wachsende Wirtschaft und eine stabile Währung voraus. Sie würde den Boden unter den Füßen verlieren, wenn sie die Leistungen so stark ausdehnen wollte, daß das Wachstum unserer Wirtschaft die Stabilität der Währung gefährdete und die die Zukunft unseres Volkes sichernden Infrastrukturinvestitionen unterbleiben müßten.
Das waren damals die Probleme. Heute haben wir einige andere Probleme. Aber auch die sind in Geld auszudrücken. Ich streite deswegen nicht auf der einen oder gegen die andere Seite darum, wer mehr getan hat.
Es ist noch nicht so lange her. Ich habe es noch in Erinnerung. Hier wurde etwas von den Demonstrationen vor zehn Jahren gesagt. Das kam mir kürzlich wieder auf, weil ich gehört hatte, es sei ja schon einmal der Bundeskanzler dadurch gestürzt worden, daß die Kriegsopfer marschierten. Es war damals Ihr eigener Bundeskanzler, es war Professor Erhard. Darüber könnte ich Ihnen einiges sagen. Das ist jetzt wieder von Organisatoren als die Machart hingestellt worden. Bezeichnend ist: hier ist das Primäre nicht, daß sie, einer Not folgend, etwas verbessern wollen, was ich ihnen auch nicht bestreite. Das Primäre ist, daß sie sich erinnern: es ist doch schon einmal, wenn auch damals unser eigener Bundeskanzler, mit Kriegsopfermärschen gestürzt worden. Das ist es, wissen Sie. Da wollte ich den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung gewissermaßen trösten.

(Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. Franke [Osnabrück] : Er hat es nötig!)

Er hat heute doppelbödiges Verhalten beklagt und mit Recht angeklagt, was ich verstehe. Zum Trost dürfte er daran erinnert werden, daß die maßgeblichen Herren derselben Unionspartei ein solches Verhalten untereinander und, manchmal könnte man sagen, übereinander pflegen. Es kommt Ihnen offenbar darauf an, zur gleichen Zeit an verschiedenen Fronten gleich populär zu wirken — und wäre das auch nur möglich um den Preis der Unvereinbarkeit der diversen Wahrheiten, die Sie zu entgegengesetzten Versprechen heilig zu halten pflegen. Das ist nicht ein Januskopf, das ist eine Hydra von Köpfen.
Ich sage auch bei dieser Gelegenheit: das Wichtigste für unser Land und das Wichtigste für alle die,



Wehner
die seinen Ausbau, seinen sozialen Ausbau, und. die Sozialstaatlichkeit im Sinne des Grundgesetzes wollen und brauchen, ist, daß diese Unionsparteien — entschuldigen Sie diese Parteienbemerkung — davon erlöst werden, mit einer Hydra von Köpfen gegeneinander unser Land kaputtzubeißen.

(Beifall bei der SPD. — Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Abg. Seiters: Da hat der Herr Wehner überzogen!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705508800
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Katzer.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0705508900
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ehrt den Kollegen Wehner, daß er in dieser Weise reagiert hat. Denn es zeigt, daß er im Kern von der Richtigkeit unserer Argumentation überzeugt ist

(Beifall bei der CDU/CSU)

und sich offenbar in einem Regierungszwang sieht, den ich kenne. Ich könnte auch, verehrter Herr Kollege Wehner, mit Ihnen Vergangenheitsbewältigung betreiben. Ich weiß mich — haarscharf — einer Kundgebung hier in Bonn in der Beethovenhalle zu erinnern. Ich glaube, auch Sie werden sich erinnern, Sie sprachen nach mir und nahmen meine Worte auf, — 1969 vor den Bundestagswahlen. Ihr jetziger Koalitionspartner, Herr Kollege Mischnick, vertrat eine andere Position. Ich will das aber nicht vertiefen, Herr Kollege Wehner. Denn sowohl Ihre Bemerkungen als auch die Bemerkungen der anderen Sprecher der SPD-Fraktion, insbesondere die von Herrn Nölling, waren doch ein Stück Vergangenheitsbewältigung, um von der Gegenwart abzulenken.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir sprechen doch nicht von gestern. Hier dieses Haus hat Politik für heute und für morgen zu machen, und davor wollen Sie sich drücken. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es ist merkwürdig, meine Damen und Herren, bei Ihnen beginnt die Zeitgeschichte mit dem Eintritt der SPD in die Regierung der Großen Koalition. Wenn man über die Kriegsopferversorgung sprechen will, dann müßte man mindestens Herrn Kollegen Erhard -- — Herr Kollege Wehner, das werden Sie mir doch zugute halten, daß die Regierung Erhard das Dritte Kriegsopfer-Neuordnungsgesetz beschlossen hat mit einem Volumen von fast 100 Milliarden, die wir gemeinsam mit der FDP, Herr Kollege Spitzmüller — —

(Zurufe von der CDU/CSU: 1 Milliarde! — Abg. Wehner: Sie sind sehr freigiebig mit Zahlen!)

— 1 Milliarde.

(Abg. Wehner: Sie haben sich zweimal versprochen! Sie haben mich mit Herrn Erhard verwechselt, und Sie haben 100 Milliarden gesagt!)

— Sie haben sich noch nie versprochen, Herr Kollege Wehner!? — Mit 1 Milliarde, Herr Kollege
Spitzmüller. — Herr Kollege Wehner, ich habe Sie in Verbindung mit Herrn Erhard gebracht, weil Sie hier etwas Unerträgliches gemacht haben, nämlich uns etwas unterstellt haben, was Sie offenbar damals selbst betrieben haben, was wir aber nicht tun werden und was nicht in unserer Haltung eingeschlossen liegt. Genau dos war der Punkt.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Weil Sie keinen Bundeskanzler haben!)

Lassen Sie mich eine zweite Bemerkung machen! Es ist lustig, aus dem Munde von Herrn Wehner zu hören „Januskopf der CDU". Ich würde vorschlagen, machen Sie sich darüber weniger Gedanken, sondern setzen Sie sich mal mit den vielen Köpfen der SPD auseinander!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es ist doch geradezu sagenhaft, daß die Arbeiterpartei von gestern mittlerweise Arbeitnehmergruppen in der SPD bilden muß, damit dieser Teil bei Ihnen überhaupt noch zum Zuge kommt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Damit komme ich zu dem Dritten, was ich sagen möchte, und das ist der Kern der Diskussion heute. Der Kern der Diskussion heute ist doch ein ganz anderer, als er hier dargestellt wird. Wir hätten doch weder im vergangenen Jahr die Rentenanpassung vorgezogen noch würden wir heute darüber diskutieren, wenn wir nicht miteinander von einer inflationären Entwicklung überrollt würden. Für diese Entwicklung tragen Sie nun einmal die Hauptverantwortung.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das ist der Punkt, von dem wir nicht ablenken lassen können. Diese inflationäre Entwicklung trifft in der Tot insbesondere die Rentner und Kriegsopfer. Ich habe die heutige Diskussion als peinlich empfunden.

(Abg. Geiger: Was Sie machen, ist wirklich peinlich! — Abg. Dr. Nölling: Er ist schlecht vorbereitet!)

— Ich kenne Sie zu gut, um nicht zu wissen, daß Sie es auch als peinlich empfinden, wenn hier der Eindruck erweckt wird, als ob ein Mißbrauch mit Kriegsopfern im Gange wäre. Richten Sie diese Frage doch bitte einmal an den hessischen Ministerpräsidenten, an Ihren Kollegen Osswald, der doch mit uns darin übereinstimmt, daß wir die Kriegsopferrenten — anders, als Sie es vorhaben — vorzeitig anheben und erhöhen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Halten Sie das für Demagogie? Es ist doch peinlich, wenn Sie sich so verhalten, wie Sie es tun, und sich zugleich an der bayerischen Staatsregierung hochrangeln. Ich hätte auch gewünscht, Herr Kollege Wehner, sie wäre hier — —

(Zuruf des Abg. Wehner.) — Aber selbstverständlich!


(Abg. Wehner: Danke schön!)

— Selbstverständlich, Herr Kollege Wehner! Allerdings irren Sie. Wir beraten hier nicht den Antrag



Katzer
der bayerischen Landesregierung, sondern wir sprechen hier über den Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, den wir damals — vor wenigen Monaten — nicht begründen konnten, was wir deshalb hier nachholen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Glombig: Dieser Antrag steht gar nicht auf der Tagesordnung!)

Herr Kollege Wehner, lassen Sie mich abschließend noch folgende Bemerkung machen. Wenn ich mir den Kompromißvorschlag ansehe, den der Kollege Osswald in Hessen gemacht hat, so stelle ich fest: Das ist nicht das, was wir als Opposition wollen, aber es ist immerhin sehr viel mehr, als die Regierung jetzt zu tun bereit ist. Ich meine, es wäre doch zu überprüfen, ob man diesen Vorschlag aus Hessen nicht aufgreifen sollte.

(Abg. Franke [Osnabrück]: Sehr gut!)

Herr Kollege Wehner, wir haben vor den Wahlen von dieser Stelle aus — auch ich habe das für die Opposition getan — gesagt: Im Grundsatz ist das Anliegen der Kriegsopfer berechtigt, wir werden ihm Rechnung tragen, aber es geht jetzt im Haushalt nicht. In diesem Haushaltsjahr hat sich die Situation aber doch verändert. Die Haushaltslage ließe es jetzt zu. Sie läßt es zu, denn Sie sprechen ja selbst davon, daß das letzte Drittel des dreizehnten Monatsgehaltes, das Sie gewähren wollen, allein für die Arbeiter und Angestellten 1,3 Milliarden DM kostet. Die Kosten für die Beamten und für die Bundeswehr sind darin noch nicht eingeschlossen. Nimmt man Bund — ohne Beamten und Bundeswehr —, Länder und Gemeinden zusammen, so kostet die Einführung des vollen dreizehnten Monatsgehaltes rund 3,3 Milliarden DM. Dagegen ist nichts zu sagen. Meine Damen und Herren, hier geht es allerdings um die Priorität.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wer dieses Geld geben kann, kann auch den Kriegsopfern die Erfüllung ihres Anspruches nicht versagen. Deshalb unser Antrag!

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705509000
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Nach dem Vorschlag des Ältestenrates sollen die beiden Vorlagen dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend — und dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen werden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? — Das ist nicht der Fall. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung von Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Leistungsverbesserungsgesetz — KLVG)

— Drucksache 7/377 —
aa) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/1053 — Berichterstatter: Abgeordneter Krampe
bb) Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)

— Drucksache 7/1039 —
Berichterstatter: Abgeordneter Geiger (Erste Beratung 33. Sitzung)

b) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Rollmann, Frau Stommel, Frau Schroeder (Detmold), Dr. Götz, Burger, Geisenhofer und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Hauspflege und der Familienhilfe im Rahmen der Reichsversicherungsordnung
— Drucksache 7/464 —
Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)

— Drucksache 7/1039 —
Berichterstatter: Abgeordneter Geiger (Erste Beratung 33. Sitzung)

Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Bitte, Herr Abgeordneter Geiger!

Hans Geiger (SPD):
Rede ID: ID0705509100
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und FDP liegt Ihnen auf Drucksache 7/1039 ein Schriftlicher Bericht vor. Nach einer entsprechenden Änderung hat die CDU/CSU-Opposition diesem Gesetzentwurf bei Vorliegen eines eigenen Entwurfs voll zugestimmt. Ich freue mich, das sagen zu können, und darf noch erwähnen, daß der Ausschuß Wert darauf gelegt hat, festzustellen, daß durch dieses Gesetz andere Rechtsansprüche auf Lohnfortzahlung oder Rechtsansprüche, die durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden können, nicht berührt werden. Ebenso legt der Ausschuß Wert darauf, festzustellen, daß die Krankenhauspflege, solange sie notwendig ist und zur Gesundung beiträgt, aufrechterhalten werden muß, wenn die Aussteuerung vorbei ist. Er stützt sich dabei auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18. November 1969.
Der Ausschuß hat festgestellt, daß mit diesem Gesetz ein weiteres Stück der sozialen Sicherheit und der sozialen Verbesserung verabschiedet wird, das in Zukunft ganz besonders für die Mütter und die Familien von großem Vorteil sein wird, also für all diejenigen Frauen, die einem Erwerb nachgehen müssen. Er bittet Sie um Annahme dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Seiters: Das war kurz und bündig!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705509200
Das Wort zur Aussprache wird nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor.



Präsident Frau Renger
Wer dem Gesetzentwurf sowie Einleitung und Überschrift in zweiter Beratung zustimmen will, gebe ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In zweiter Beratung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort zu einer Erklärung hat Frau Abgeordnete Schlei.

Marie Schlei (SPD):
Rede ID: ID0705509300
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst ein Wort zu Herrn Katzer. Herr Katzer, meine Partei hat nicht nur Arbeitnehmergruppen, sie macht auch Politik für Arbeitnehmer, wie dieser Gesetzentwurf beweisen wird.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Katzer: Das haben wir aber gestern nicht gemerkt; da war keiner da!)

Dieser von der SPD und der FDP vorgelegte Gesetzentwurf besitzt aber noch einen anderen Vorzug, nämlich dadurch, daß er eine unbefriedigende Regelung, die sogenannte Krankenscheinprämie, abschafft, wodurch Beträge freigesetzt werden, die der Finanzierung günstiger Regelungen dienen können. Mit diesen Finanzierungsmitteln werden wichtige gesundheits- und sozialpolitische Leistungen zugunsten der Versicherten und ihrer Familienangehörigen ermöglicht.
Die Prämie für nicht benutzte Krankenscheine wird also durch Annahme dieses Gesetzentwurfs abgeschafft. Die so eingesparten 390 Millionen DM decken weitgehend die Leistungsverbesserungen, die wir hier noch im einzelnen erörtern werden. Diese Leistungsverbesserungen werden im Jahre 1974 auf 440 Millionen DM geschätzt.
Durch den Wegfall dieser Prämie wird zugleich ein gesundheits- und sozialpolitisch äußerst bedenklicher Disziplinierungsversuch innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung beendet. Wir Sozialdemokraten haben diesen Disziplinierungsversuch immer kritisch betrachtet und wollen es nun nicht mehr verantworten, daß Versicherte wegen einer solchen Prämie von einem erforderlichen Arztbesuch abgehalten werden. In einer Zeit, in der die Notwendigkeit von Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen immer stärker erkannt und beachtet wird, ist es keinesfalls vertretbar, Unterlassungen von Arztkonsultationen auch noch zu prämieren.
Im Erfahrungsbericht der Bundesregierung zu diesem Komplex kam zum Ausdruck, daß die Krankenscheinprämie die Entwicklung der Gesamtausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung keineswegs günstig beeinflußt hat. Die Spitzenverbände der Träger der Krankenversicherung vertraten — nicht nur wegen der unangemessen hohen Verwaltungskosten — die Ansicht, daß das ursprünglich angestrebte Ziel nicht erreicht worden sei.
Meine Fraktion begrüßt, daß der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung am 21. September unseren Gesetzentwurf einstimmig beschlossen hat. Er enthält im einzelnen folgende Regelungen, die bereits zum 1. Januar 1974 in Kraft treten sollen.
Erstens. Aussteuerung bei Krankenhauspflege wird künftig nicht mehr möglich sein. Die bisher für höchstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren übernommenen Behandlungskosten werden in Zukunft nicht mehr zeitlich begrenzt. Es wird also verhindert, daß ein langwieriger Krankenhausaufenthalt vom Versicherten selbst oder aber durch die Sozialhilfe finanziert werden muß.
Zweitens. Alle Versicherten mit Kindern bis zum vollendeten achten Lebensjahr oder mit einem behinderten Kind erhalten einen Anspruch auf Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhaus- oder ärztlich verordneten Kuraufenthaltes die Haushaltsführung nicht möglich ist. Das gilt auch für Entbindung im Krankenhaus. Entweder stellt die Krankenversicherung eine Haushaltshilfe oder sie beteiligt sich in angemessener Höhe an den Kosten für die selbst beschaffte Hilfe.
Das gilt nicht, so wie es heute im Nachrichtendienst verkündet wurde, nur für erwerbstätige Frauen, sondern das gilt auch für die mitversicherten Hausfrauen. Eine Anzahl von 5 Millionen Frauen ist hiermit gemeint. Diese 5 Millionen Frauen kommen in den Genuß der Haushaltspflege in beschriebener Weise.
Mit dieser Regelung nehmen wir Hunderttausenden von Müttern und Vätern kleiner Kinder eine große Belastung ab. Ein notwendiger Krankenhausoder Kuraufenthalt muß nun nicht mehr aus Angst um unversorgte Kinder verschoben oder wie in so vielen Fällen bisher aufgegeben werden.
Drittens. Berufstätigen Versicherten wird die Pflege erkrankter Kinder ermöglicht. Sie können jährlich bis zu fünf Tagen für jedes Kind von der Arbeit freigestellt werden. Das gilt für Kinder unter acht Jahren und setzt voraus, daß eine andere im Haushalt lebende Person diese Aufgabe nicht übernehmen kann. Für diesen Zeitraum steht dem Versicherten bei Verdienstausfall ein volles Krankengeld zu.
Der Anspruch, von der Arbeit freigestellt zu werden und Krankengeld zu erhalten, soll nach einstimmigem Beschluß des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in bestimmten Fällen auch bei Betreuung möglich sein, und zwar dann, wenn das Kind zur ärztlichen Behandlung begleitet werden muß.
Besonders hervorzuheben ist, daß sowohl berufstätige Mütter wie auch die Väter zur Pflege oder Betreuung erkrankter kleiner Kinder von der Arbeit freizustellen sind. Auch Väter können und sollten also in Zukunft von der eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen. Aus Partnerschaft in der Ehe müßte auch Partnerschaft in der Kinderpflege zu entwickeln sein.
Wir hoffen sehr, daß sich das Problem der nicht krankheitsbedingten Abwesenheit vom Arbeitsplatz nun entschärft. Bisher hat es das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen sehr belastet.



Frau Schlei
In diesem Zusammenhang erlauben Sie mir, auf eine, wie ich meine, nicht zu tolerierende Äußerung des offiziellen Organs der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber hinzuweisen. Diese Außerung zielt auf beide Gesetzentwürfe, sowohl auf den Gesetzentwurf der CDU/CSU wie auch auf den der Koalitionsfraktionen. Ich bitte zitieren zu dürfen, was dieser Artikel sagt:
Angesichts einer unerträglichen Beitragsspirale in der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Wettlauf der Parteien um eine Verbesserung des Leistungskatalogs ebenso zynisch wie unsozial. Die Parteien sind auf einem Irrweg, wenn sie kostspielige exklusive Leistungen zu Lasten der allgemeinen Beiträge dekretieren. Die Ungerechtigkeiten und Mißbrauchsmöglichkeiten sind im System der sozialen Sicherung wahrlich schon groß genug.
Hier können wir doch nur gemeinsam fragen: Wer ist hier zynisch? Ich bin der Ansicht, wir sind hier gemeinsam auf dem richtigen Weg und sollten ihn so gehen, wie wir es hier skizziert haben.
Die beschriebenen Maßnahmen verstehen wir zugleich als Fortentwicklung einer zeitgemäßen Familienpolitik, einer Familienpolitik, die die Nöte und Wirklichkeiten des Alltags vieler Mütter, Väter und Kinder erkennt. Sie fügen sich in unsere Konzeption einer kinder- und familienfreundlichen Politik ein, wie wir sie unter anderem auch für eine Gesamtreform des § 218 zu gestalten haben. Mut zum Kind kann besser entwickelt werden, wenn auch die Gesellschaft ihre Pflichten gegenüber der Familie erfüllt.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Franke [Osnabrück]: Na, dann tut mal was dafür! Familienlastenausgleich z. B.!)

— Herr Franke, wenn Sie doch zuhörten! Wir sind doch dabei, etwas zu tun.

(Abg. Franke [Osnabrück]: Familienlastenausgleich!)

Ich halte das für eine Hilfe, die anbietbar ist und die bestimmt auch gerne akzeptiert wird.

(Abg. Franke [Osnabrück] : Dagegen spreche ich ja nicht!)

Die heute zu beschließenden wichtigen Leistungsverbesserungen fügen sich ausgezeichnet in das große Bündel der sozialpolitischen Maßnahmen unserer Regierung ein, deren Aktivitäten eine Sozialpolitik ohne Stillstand bewirken. Diese Politik wird helfen, den schwierigen Alltag der Familien menschlicher zu gestalten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705509400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Müller (Remscheid) (CDU/CSU).

Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0705509500
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Schlei, ich darf Ihnen gleich zu Beginn sagen, daß das, was Sie zur Stellungnahme des BDA gesagt haben, genau den Kern der Sache trifft und daß ich mich dem anschließe.

(Zurufe von der SPD: Sehr gut! — Bravo!)

Wir begrüßen die Weiterentwicklung des Rechts der Krankenversicherung in sehr wesentlichen Einzelfragen der sozialen Sicherung. Meine Fraktion hatte schon zu einem früheren Zeitpunkt — zum Teil schon in der vergangenen Legislaturperiode — zwei der hier anstehenden Punkte angesprochen und einen eigenen Gesetzesvorschlag eingebracht, und zwar für die Gewährung der Haushaltshilfe und die Zahlung des Krankengeldes bei Verdienstausfall, wenn die Mutter wegen der Betreuung des erkrankten Kindes zu Hause bleiben muß.
Die nunmehr gefundenen Regelungen sind hinsichtlich der Dauer der Krankengeldzahlungen bei der Betreuung eines kranken Kindes nach unseren Vorstellungen ein erster Anfang. Wir hatten zunächst vorgesehen, daß das Krankengeld für die Dauer von zwei Wochen gezahlt werden sollte, während der heute zu verabschiedende Entwurf der Koalitionsfraktionen bei einer Erkrankung eines Kindes eine Zahlung für fünf Tage vorsieht. Wir verzichten aber darauf, heute unsere Anträge erneut zu stellen, weil wir glauben, daß dem Grundanliegen auch hiermit gedient ist. Wir müssen allerdings nach ersten Erfahrungen mit dieser Neuregelung prüfen, ob eine Verlängerung des Zeitraums durch eine Novellierung des Gesetzes zu einem späteren Zeitpunkt notwendig und auch finanziell darzustellen ist.
Wir heben die Gewährung von Haushaltshilfe für den Fall, daß die Mutter wegen einer Erkrankung das Krankenhaus aufsuchen muß und die Familie dadurch nicht betreut wird, besonders hervor. Das ist eine wichtige familienpolitische Leistung, die man nur begrüßen kann. Sie entspricht unserem gemeinsamen Anliegen in beiden Gesetzentwürfen.
Die Krankenkassen haben bekanntlich bisher die Kosten der Krankenhausbehandlung für höchstens 78 Wochen innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren übernommen. Wenn über diesen Zeitraum hinaus eine weitere stationäre Behandlung erforderlich war, mußten die Versicherten entweder die Kosten selbst tragen oder aber die Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Diese Aussteuerung betraf meist schwerkranke Menschen, die neben der Belastung durch die Krankheit auch noch durch die Übernahme der Krankenhauskosten finanziell zusätzlich belastet wurden. Wenn nunmehr ein Rechtsanspruch auf zeitlich unbegrenzte Gewährung von Krankenhauspflege eingeführt wird, ist das eine begrüßenswerte gesundheits- und sozialpolitische Maßnahme.
Die Frage des Wegfalls der Krankenscheinprämie spielt in dem Zusammenhang der Finanzierung dieser Leistungen eine Rolle. Die Krankenscheinprämie ist bekanntlich von der Großen Koalition im Jahre 1969 im Rahmen der Einführung der arbeitsrechtlichen Lohnfortzahlung für Arbeiter eingeführt worden. Der Versicherte und seine mitversicherte Ehefrau bekamen bei Nichtinanspruchnahme des Krankenscheins einen Betrag von 10 DM pro Krankenschein zurückerstattet, höchstens jedoch für drei



Müller (Remscheid)

Krankenscheine im Jahr, damit auf jeden Fall 1 Krankenschein für die so notwendigen Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen werden konnte, ohne daß ein Anreiz zur Rückerstattung vorlag.
Meine Damen und Herren, wir — ich wiederhole
es, um noch einmal daran zu erinnern: die Parteien der Großen Koalition, CDU, CSU und SPD — waren uns bei den damaligen Verhandlungen — ich habe an ihnen teilgenommen bei der Einführung dieser Regelungen sowohl über den Kompromißcharakter der Lohnfortzahlung als auch über das Risiko der Einführung dieser neuen Maßnahmen im klaren. In der Diskussion damals behaupteten sehr viele Fachleute, mit dem Krankenschein werde Mißbrauch getrieben. Darum sollte auch diese Maßnahme einmal zeigen, ob es in der Tat so war und ob man durch die Rückzahlung eines Beitragsanteils in Gestalt der Krankenscheinprämie einer möglichen falschen Inanspruchnahme der Krankenscheine steuern konnte. Die Krankenscheinprämie von 10 DM hatte bei ihrer Einführung im Jahre 1969 noch einen höheren realen Gegenwert als 1973, weil die inflationäre Entwicklung den Wert der Deutschen Mark hat fraglich werden lassen. Die Erfahrungen der gesetzlichen Krankenversicherung mit dieser Krankenscheinpräraie haben gezeigt, daß die Krankenkassen zusätzlich belastet und nicht entlastet wurden. Daher stimmen wir einer Beseitigung der Krankenscheinprämie zu, die wir von Anfang an als ein Experiment angesehen haben. Im übrigen wird die Zukunft zeigen, ob die Beseitigung der Krankenscheinprämie einerseits und die Leistungsverbesserungen andererseits den bestehenden Trend zu stärkerer Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen verstärken.
Die gesetzliche Krankenversicherung befindet sich ohnehin in einer erheblichen Finanzklemme. Eine weitere Kostensteigerung würde die Lage der Krankenkassen nur noch verschärfen. Diese Kostenexplosion in der gesetzlichen Krankenversicherung ist beträchtlich. Vielleicht können das einige Zahlen einmal verdeutlichen. Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelten sich von rund 2,5 Milliarden DM 1950 über rund 9,66 Milliarden DM 1960 und 23,8 Milliarden DM 1970 auf 34,6 Milliarden DM 1972, und nach zuverlässigen Schätzungen ergeben die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahre 1973 rund 40,2 Milliarden DM. Diese Zahlen müssen jeden, der es mit der gesetzlichen Krankenversicherung ernst meint, nachdenklich stimmen. Es ist Aufgabe der Politiker, insbesondere der Sozialpolitiker, darauf zu achten, daß bei aller Notwendigkeit von Leistungsverbesserungen die Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung für die Beitragszahler in einem erträglichen Rahmen bleiben.
Zwei Kostenfaktoren in dein Anwachsen der Ausgaben der gestzlichen Krankenversicherung möchte ich darstellen. Es sind einmal die laufenden Preissteigerungen bei Medikamenten und zum anderen die erhebliche Belastung der Krankenversicherung durch die Krankenversicherung der Rentner, die nur zu einem geringen Teil von der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten getragen wird.
Die Kostenexplosion bei den Medikamenten ist nicht eine Sache der Versicherten. Ihr ist nur durch ein Zusammenwirken der pharmazeutischen Industrie mit den Ärzten, den Krankenkassenverbänden und den Versicherten zu steuern.
Die Reform der Krankenversicherung der Renter scheint mir eine vorrangige Aufgabe des Parlaments zu sein. Hiermit werden wir uns möglichst bald beschäftigen müssen, wenn wir nicht wollen, daß die Krankenkasse durch die Krankenversicherung der Rentner noch stärker belastet wird.
Es werden weitere Aufgaben auf diese gesetzliche Krankenversicherung zukommen: die Notwendigkeit der Weiterentwicklung der Vorsorgeuntersuchungen, die Frage der Neuregelung der studentischen Krankenversicherung, die aber nicht zu Lasten der Beitragszahler gehen darf, alles Fragen, die uns sehr bald in diesem Hause zu beschäftigen haben. Heute aber begrüßen wir die jetzigen Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Krankenversicherung als sozialpolitische, als gesundheitspolitische, vor allen Dingen aber auch als eine familienfreundliche Maßnahme.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705509600
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt (Kempten).

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0705509700
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu diesem letzten, wohl einzigen versöhnlichen Tagesordnungspunkt dieser Woche, in dem volle Übereinstimmung im Ausschuß und anscheinend auch hier bei der Verabschiedung besteht, darf ich namens der freien demokratischen Fraktion folgende Erklärung abgeben.
Wir Freien Demokraten begrüßen die Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs. Wir begrüßen die in ihm niedergelegten neuen Leistungen in der Krankenversicherung. Wir begrüßen es vor allem, daß durch die Abschaffung der Krankenscheinprämie den Bedenken Rechnung getragen wird, die wir Freien Demokraten seinerzeit bereits bei der Einführung angemeldet haben, weil wir schon damals der Auffassung waren, daß die Prämie nicht geeignet ist, die Selbstverantwortung des einzelnen zu stärken, sondern an der gesundheits- wie sozialpolitischen Notwendigkeit einer aktiven Gesundheitsvorsorge vorbeigeht. Wir begrüßen es, daß durch den Wegfall der Krankenscheinprämie frei werdende Mittel in eine Richtung gelenkt werden können, in der wir lange die Notwendigkeit von Ergänzungen sahen. Wir freuen uns darüber, daß die Aussteuerung nunmehr vermieden werden kann, durch die gerade die von besonders schwerer Krankheit Betroffenen zweifellos in eine schwierige Notlage kamen, die bisher nicht zu überbrücken war. Von besonderer Bedeutung ist für uns Freie Demokraten fernerhin die Freistellung und der Krankengeldanspruch der berufstätigen Frau und Mutter, die ein erkranktes Kind zu betreuen hat. Diese Ausdehnung des Krankenversicherungsschutzes ist aus gesellschaftspolitischen Gründen für uns Freie



Schmidt (Kempten)

Demokraten besonders geboten, um die noch offenen Lücken im System unserer sozialen Sicherung zu schließen, die auf Grund der zunehmenden Berufstätigkeit auch der verheirateten Frau entstanden sind. Die FDP macht mit der Zustimmung zu diesem Gesetz und insbesondere zu diesem letzten Punkt erneut deutlich, daß es ihr auch im Bereich der Sozialpolitik darum geht, den Veränderungen unserer Gesellschaft gerade auch hinsichtlich des neuen Rollenverständnisses der Frau Rechnung zu tragen.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705509800
Das Wort hat Bundesminister Arendt.

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0705509900
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das zur Verabschiedung anstehende Leistungsverbesserungsgesetz wird von der Bundesregierung begrüßt und unterstützt. Das Gesetz ist ein weiterer Schritt, um den sozialen Schutz der versicherten Bevölkerung zu verbessern. Die Rechtsänderungen zielen vor allem auf eine Verbesserung der sozialen Lage der Familie und der erwerbstätigen Mütter ab.
Die Aufhebung der zeitlichen Begrenzung der Krankenhausbehandlung auf Kosten der Krankenkasse nimmt insbesondere den chronisch Kranken und den Schwerkranken eine große Sorge ab. Sie brauchen nicht mehr zu befürchten, daß sie noch die Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen.
Die Neuregelungen fügen sich sinnvoll in die Maßnahmen der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung ein. So wird auch die Konsequenz daraus gezogen, daß sich die im Jahre 1970 eingeführte Krankenscheinprämie nicht bewährt hat. Der von der Bundesregierung vorgelegte Erfahrungsbericht ist hierfür die Grundlage. Auch die Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung hat die Beseitigung der Krankenscheinprämie empfohlen. Ich meine, daß die bisher für die Prämienzahlung erforderlichen Beträge eine weitaus bessere Verwendung finden, wenn damit jetzt die vorgesehenen Leistungsverbesserungen finanziert werden.
Allerdings müssen diese Verbesserungen mit der Finanzsituation der Krankenversicherung abgestimmt werden. Diese Situation ist nicht befriedigend. Es werden vermehrte Anstrengungen gemacht werden müssen, um die steigenden Krankenkassenbeiträge zu bremsen. Die Bundesregierung ist bemüht, hierfür Vorschläge zu entwickeln. Wir wollen darauf hinwirken, daß der soziale Fortschritt in der Krankenversicherung auch finanziell abgesichert bleibt. In der Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung wird dieser Punkt mit Vorrang erörtert.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705510000
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung.
Wer dem Gesetz in der Ausschußfassung im ganzen zustimmen will, der erhebe sich. — Danke schön! Die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir müssen noch über Ziffer 2 des Ausschußantrages abstimmen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 7/464 für erledigt zu erklären. Erhebt sich dagegen Widerspruch? — Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Fortsetzung des Punktes 1:
Fragestunde
— Drucksache 7/1044 —
Wir kommen zunächst zu den restlichen Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe die Frage 88 des Herrn Abgeordneten Geldner auf. — Er ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 89 des Herrn Abgeordneten Milz! — Er ist ebenfalls nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 90, 91 und 92 werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden ebenfalls als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 93 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Wie weit ist der gesamte Bau der linksrheinischen Autobahn gediehen, und wann ist mit der Fertigstellung bzw. Freigabe von weiteren Teilstücken zu rechnen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär Haar!

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705510100
Frau Präsidentin, Herr Kollege, von der Autobahn Krefeld–Ludwigshafen (linksrheinische Autobahn) sind folgende Abschnitte in Betrieb, und zwar nach dem Stand 1. Oktober 1973: Anschlußstelle Kaldenhausen bis Gelsdorf — das sind 100,5 km —, Kreuz Koblenz bis AS Koblenz-Süd, Anschlußstelle Emmelshausen bis Bingen, das Kreuz Frankenthal bis Anschlußstelle Speyer und die Anschlußstelle L 722 bis Dreieck Hockenheim. Das sind insgesamt 189,3 km. Bis Ende 1975 wird die Bundesautobahn Krefeld–Ludwigshafen voraussichtlich zwischen der Bundesautobahn Venlo–Duisburg bei Moers und der Bundesautobahn Frankfurt–Karlsruhe bei Hockenheim in einer Gesamtlänge von rund 317 km dem Verkehr zur Verfügung stehen.
Im einzelnen werden in den Jahren 1973, 1974 und 1975 folgende Abschnitte fertiggestellt: Gelsdorf bis Bad Neuenahr-Nord, Anschlußstelle Koblenz-Süd bis Anschlußstelle Emmelshausen; das gilt für das Jahr 1973. Für das Jahr 1974 darf ich folgende Abschnitte nennen: Anschlußstelle Moers bis Anschlußstelle Kaldenhausen, Anschlußstelle Men-dig bis Kreuz Koblenz, Pfeddersheim bis Kreuz Frankenthal, Anschlußstelle Speyer einschließlich Rheinbrücke Speyer bis Anschlußstelle L 722, und für 1975 Bad Neuenahr-Nord bis Anschlußstelle Mendig und Bingen bis Pfeddersheim.



Parl. Staatssekretär Haar
Es ist vorgesehen, die nördlich der Bundesautobahn Venlo–Duisburg liegende Teilstrecke der Bundesautobahn Krefeld–Ludwigshafen bis zur niederländischen Grenze innerhalb des 2. Fünfjahresplans für den Ausbau der Bundesfernstraßen zu bauen, d. h. in dem Zeitraum von 1976 bis 1980.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705510200
Eine Zusatzfrage, bitte!

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0705510300
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, angesichts der Verkehrsprobleme auf der B 9 zwischen Bonn und Brohl und den Ahrtal-Straßen dem Autobahnanschluß zwischen dem Koblenzer Kreuz und der Autobahn bei Gelsdorf eine höhere Priorität einzuräumen, nachdem Sie vorhin das Jahr 1975 genannt haben?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705510400
Herr Kollege, derartige Maßnahmen müssen, auch soweit es sich um Prioritäten im Einsatz der Investitionsmittel handelt, mit den Landesverkehrsverwaltungen abgestimmt werden. Ich kann Ihnen hier im Augenblick keine verbindliche Zusage geben, will das aber gern prüfen lassen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705510500
Noch eine Zusatzfrage.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0705510600
Herr Staatssekretär, können Sie mir jetzt oder gegebenenfalls schriftlich mitteilen, ob in Ihrem Ministerium im Hinblick auf den Bau der linksrheinischen Autobahn der Bau einer Rheinbrücke bei Remagen/Sinzig weiter vorrangig geplant und in Angriff genommen wird?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705510700
Herr Kollege, das entzieht sich zumindest nach den mir für diese Fragestunde vorliegenden Unterlagen meiner Kenntnis. Ich will das gern prüfen und es Ihnen schriftlich mitteilen.

(Abg. Josten: Danke sehr!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705510800
Wir kommen zu Frage 94 des Herrn Abgeordneten Dr. Evers. — Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet, und die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 95 des Herrn Abgeordneten Hösl auf. — Auch diese Frage wird schriftlich beantwortet; die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zu den Fragen 96 und 97 des Herrn Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen). — Der Kollege ist nicht im Saal; auch diese Fragen werden schriftlich beantwortet, und die Antworten werden in der Anlage abgedruckt.
Ich rufe dann Frage 98 des Herrn Abgeordneten Blank auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß der Ausbau des Flughafens Köln-Wahn auf etwa die doppelte Start- und Landekapazität, insbesondere durch Herstellung einer dritten Landebahn, bis zum Jahr 1985 notwendig und daher die Ausbauplanung unverzüglich in Angriff zu nehmen ist?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705510900
Herr Kollege Blank, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es richtig ist, wenn die „Flughafen Köln/Bonn GmbH" — wie übrigens alle Flughafenträger — interne Planungsüberlegungen über die Anpassung ihrer Anlagen an den Verkehrszuwachs anstellt. Die Bundesregierung hält es für nützlich und notwendig, daß sich die Flughafengesellschaft mit den Zukunftsfragen ihres Bereiches rechtzeitig planerisch auseinandersetzt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705511000
Bitte schön, eine Zusatzfrage!

Bertram Blank (SPD):
Rede ID: ID0705511100
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die für die dritte Landebahn notwendigen Flächen zur Zeit für Verteidigungszwecke genutzt werden und daß es deshalb außerordentlich schwierig sein wird, sie zu bekommen?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705511200
Das ist unserem Hause bekannt, Herr Kollege.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705511300
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte!

Bertram Blank (SPD):
Rede ID: ID0705511400
Ist Ihnen bekannt, daß diese Flächen auf Grund sehr starker Interventionen aus der Bevölkerung zumindest für Samstag/Sonntag von der Militärverwaltung freigekämpft worden sind und deshalb zu dem ohnehin knappen und begrenzten Freizeitraum des Bereiches um Köln gehören?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705511500
Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Gelegenheit nähmen, das in meinem Hause mit zu erörtern. Ich werde mich gern bemühen, im Rahmen unserer Einflußmöglichkeiten zu einer klärenden Aussprache auch mit den verantwortlichen Herren im Vorstand der Flughafen-Gesellschaft zu kommen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705511600
Ich rufe die Frage 99 des Abgeordneten Blank auf:
Wird der Ausbau des Flughafens Köln-Wahn dadurch dringlicher, daß der nach den Landesverkehrsplänen von Nordrhein-Westfalen geplante dritte Verkehrsflughafen im westfälischen Raum in überschaubarer Zeit nicht verwirklicht werden kann?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705511700
Eine erhöhte Dringlichkeit besteht unter den zur Zeit gegebenen Umständen nicht. Der Flughafen verfügt heute über ein Start- und Landebahnsystem von drei Bahnen. Die Gesellschaft beabsichtigt, dieses Bahnsystem bis etwa zum Jahre 1980 durch begrenzten Ausbau und Ergänzung der Instrumentierung leistungsfähiger zu machen. Darüber hinaus bemüht sich die Gesellschaft, im Rahmen der Gebietsentwicklungsplanung eine Erweiterungszone für eine weitere Bahn im Nordosten des Platzes zu sichern. Hierbei steht die Geländesicherung im Vordergrund. Die Verwirklichung ist — un-



Parl. Staatssekretär Haar
beschadet der Schwierigkeiten bei der Planung eines dritten Verkehrsflughafens in Nordrhein-Westfalen — nicht dringlich.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705511800
Eine Zusatzfrage, bitte!

Bertram Blank (SPD):
Rede ID: ID0705511900
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß es zweckmäßiger wäre, statt dieser Erweiterung die Planung des dritten Flughafens voranzutreiben, um den ohnehin sehr dicht besiedelten Kölner Raum zu schonen?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705512000
Das hängt weitgehend von den planerischen wie von den Investitionsmöglichkeiten in Abstimmung mit dem zuständigen Lande ab, Herr Kollege.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705512100
Keine weitere Zusatzfrage? Danke schön.
Frage 100 des Herrn Abgeordneten Wagner (Günzburg) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zu Frage 101 der Frau Abgeordneten Verhülsdonk:
Ist die Bundesregierung bereit, bei der Unternehmensleitung der Deutschen Bundesbahn darauf zu drängen, daft auch der großen Zahl alleinstehender Rentner im Wege vorübergehend verbilligter Bahnfahrten das Reisen und der Besuch von Angehörigen, Freunden und Bekannten erleichtert wird, da sich viele alleinstehende Rentner, die keine Möglichkeit haben, für Reisen einen Partner zu finden, durch die nene Aktion der Deutschen Bundesbahn „Fahrt zusammen — spart zusammen" diskriminiert fühlen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705512200
Frau Kollegin, von einer Diskriminierung der älteren Mitbürger durch das neue Sonderangebot im Reiseverkehr „Fahrt zusammen — spart zusammen" kann im Grunde keine Rede sein. Die Vergünstigung kann bei Erfüllung der Voraussetzungen auch von älteren Mitbürgern in Anspruch genommen. werden.
Mit diesem Sonderangebot an jedermann ist die Bundesbahn zahlreichen Wünschen entgegengekommen. Sie hat damit ihre seit Beginn der Durchführung solcher Aktionen vor einigen Jahren geübte Praxis weitergeführt, jeweils verschiedene Bevölkerungskreise anzusprechen. Sie konnte dies um so mehr tun, als die Senioren bereits wiederholt und über längere Zeiträume hinweg begünstigt worden sind.
Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung die Bundesbahn nicht dazu veranlassen kann, bestimmte Personenkreise in die Sonderangebote im Reiseverkehr einzubeziehen. Die Entscheidung darüber, ob und in welcher Form Sonderaktionen durchgeführt werden, liegt beim Vorstand der Deutschen Bundesbahn. Der Bundesminister für Verkehr muß sich hier auf Anregungen beschränken; er tut dies bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
Ich darf vielleicht abschließend noch darauf hinweisen, daß unserem Hause natürlich klar ist, daß bei dieser Art des Sonderangebotes, Frau Kollegin, alleinstehende ältere Mitbürger nun nicht in den Genuß dieses Angebots kommen können. Sie dürfen sicher sein, daß wir bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit auf diesen Mangel im Angebot hinweisen, eine Weisung dafür aber nicht geben kennen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705512300
Frau Kollegin, eine Zusatzfrage bitte.

Roswitha Verhülsdonk (CDU):
Rede ID: ID0705512400
Stimmt die Bundesregierung mir zu, daß es ein sehr großer Personenkreis von alleinstehenden älteren Mitbürgern ist, die keinen Partner finden — insbesondere ältere Frauen — und damit durch die derzeitige Regelung negativ betroffen sind?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705512500
Ich stimme darin zu, Frau Kollegin.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705512600
Eine weitere Zusatzfrage.

Roswitha Verhülsdonk (CDU):
Rede ID: ID0705512700
Sind Sie bereit, diesen Gesichtspunkt, daß Sie zustimmen, in der Intervention bei der Verwaltung der Bundesbahn auch zur Geltung zu bringen?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705512800
Ich habe das bereits positiv beantwortet, weise aber, Frau Kollegin, noch einmal auf die kaufmännische Verantwortung des Vorstandes nach dem Bundesbahngesetz hin.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705512900
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte schön, Herr Kollege!

Dr. Johannes Gerster (CDU):
Rede ID: ID0705513000
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob bei der Auswahl der Personen, die nun vergünstigt reisen sollen, soziale Gesichtspunkte maßgebend waren? Oder anders gefragt: Ist die Auswahl so getroffen, daß gerade den sozial Schwächeren eine Möglichkeit eingeräumt wird, billig zu fahren? Wäre die Bundesregierung, wenn dies nicht der Fall ist, bereit, bei zukünftigen Angeboten, bei zukünftigen verbilligten Fahrten darauf hinzuwirken, daß gerade diesen sozial Schwächeren gegenüber eine Leistung erbracht werden muß?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705513100
Die Bundesregierung, Herr Kollege, hat sich in den bisherigen Gesprächen darum bemüht, daß dieses Angebot gerade sozial schwächeren Schichten unterbreitet wird.
Im übrigen ist das jetzige Angebot auf Grund einer Marktanalyse des Vorstands der Bundesbahn erfolgt. Die letzte Aktion „Rosa-Zeiten" vom Dezember des vergangenen bis zum Januar dieses Jahres hat nicht das eingebracht, was sich der Vorstand errechnet hatte. Da dieser Gesichtspunkt auch



Pari. Staatssekretär Haar
für die weiteren Überlegungen des Vorstandes gelten muß, haben wir zwar darauf hingewiesen, auf welchen Personenkreis nach der Auffassung des Bundesverkehrsministers auch künftig ein Angebot ausgerichtet werden sollte, aber die Form des Angebots muß dem Vorstand der Bundesbahn allein überlassen bleiben.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705513200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0705513300
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß bei Zugrundelegung der von Ihnen hier selber eingeräumten Tatsache, daß es sich wohl um einen sehr großen Personenkreis von älteren Mitbürgern handelt, die auch von Allein-Reisen, die begünstigt sind, Gebrauch machen würden, in diesem Falle die große Zahl von Nachfragen die Sache für die deutsche Bundesbahn auch wirtschaftlich vertretbar machen würde?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705513400
Herr Kollege, ich wünschte mir eine so positive Stellungnahme Ihrer Fraktion, wenn es um die haushaltsmäßigen Entscheidungen für die Bundesbahn geht. Dann würde sich manche Diskussion um solche Angebote erübrigen.

(Abg. Gerster [Mainz] : Das war vielleicht großartig!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705513500
Keine weiteren Zusatzfragen. — Die Fragen 102, 103, 104 und die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Gerlach (Obernau) aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Freiherr Spies von Büllesheim auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß zunehmend staatliche Fuhrunternehmen aus Ostblockstaaten, insbesondere aus Bulgarien, für Transporte durch Deutschland im Verkehr zwischen Drittländern (z. B. Rotterdam—Teheran) tätig sind, die infolge wesentlich geringerer Personal-, Steuer- und sonstiger Betriebskosten die Frachttarife bis zu 40 % unterbieten und dadurch deutsche Fernverkehrsbetriebe verstärkt aus traditionell ausgeübten Transportleistungen verdrängen, und wenn ja, kann die Bundesregierung im Interesse der deutschen Verkehrswirtschaft gegen diese Schleuderkonkurrenz etwas unternehmen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705513600
Herr Kollege, Feststellungen der Bundesregierung haben nicht bestätigt, daß deutsche Unternehmer des Straßengüterverkehrs in verstärktem Maße von staatswirtschaftlichen Betrieben der Ostblockstaaten aus Beförderungen zwischen Drittländern, die im Transit durch die Bundesrepublik führen, verdrängt werden.
Im übrigen handelt es sich bei diesen Beförderungen — beispielsweise zwischen Teheran und Rotterdam — um Einzelverkehre von geringem Umfang.
Allerdings ist nicht zu verkennen, daß der Anteil des von Unternehmen aus Ostblockstaaten im Verkehr mit der Bundesrepublik Deutschland beförderten Warenaufkommens insgesamt eine zunehmende Tendenz aufweist. Die Bundesregierung ist insoweit bemüht, den deutschen Transportunternehmern einen angemessenen Anteil zu sichern.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705513700
Bitte, Herr Kollege, eine Zusatzfrage!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0705513800
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß der vermehrte Einsatz an der holländischen Grenze von zwei größeren deutschen Firmen, die sich an der Zonengrenze befinden, gesteuert oder sogar vollzogen wird? Wäre die Bundesregierung daran interessiert, die Namen zu erfahren, und wäre sie bereit, eine Überprüfung dieser Firmen daraufhin vorzunehmen, ob die Tarifvorschriften eingehalten werden?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705513900
Herr Kollege, der Bundesregierung sind die Details, die Sie hier ansprechen, im Augenblick nicht bekannt, zumindest nicht nach den Unterlagen, die ich aus meinem Hause zur Verfügung habe. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir weitere Angaben machen könnten; wir werden sie dann gerne prüfen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705514000
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0705514100
Herr Staatssekretär, Sie haben eben davon gesprochen, das Ganze habe nur einen geringen Umfang. Sind Sie in der Lage, uns zu sagen, wie gering dieser Umfang ist?

Ernst Haar (SPD):
Rede ID: ID0705514200
Ich will Ihnen das gerne schriftlich mitteilen, Herr Kollege.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705514300
Keine weiteren Zusatzfragen.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr erledigt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Moersch zur Verfügung.
Die Frage 129 des Abgeordneten Dr. Zimmermann wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 130 und 131 des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann sind zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 132 des Herrn Abgeordneten Zywietz auf:
Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache des gewaltsamen Sturzes der legitimen Regierung Allendes in Chile in bezug auf die diplomatischen Beziehungen und die Fortführung der deutschen Entwicklungshilfe an Chile?
Bitte, Herr Staatssekretär!




Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705514400
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung verbindet mit ihrer Entscheidung, diplomatische Beziehungen zu einem fremden Staat fortzuführen oder aufzunehmen, kein Werturteil über dessen Regierung. Sie handelt hierbei vielmehr im wohlverstandenen eigenen Interesse. Das gilt auch im Falle Chiles. Nachdem zweifelsfrei feststand, daß die neue Regierung die effektive Macht in ganz Chile ausübt und sich bereit erklärt hatte, ihre internationalen Verpflichtungen einzuhalten, haben wir durch unsere Botschaft in Santiago unsere Beziehungen zu Chile auf den üblichen diplomatischen Wegen fortgeführt. Erst hierdurch war die volle Funktions- und Arbeitsfähigkeit unserer Botschaft wiederhergestellt, die auch zum Schutze der zahlreichen deutschen Interessen in Chile — ich darf hier nur an die 10 000 bis 15 000 deutschen Staatsangehörigen erinnern — dringend erforderlich war. Die Fortsetzung der normalen diplomatischen Beziehungen zu Chile erleichterte bekanntlich auch die Freilassung von sechs deutschen Staatsangehörigen, die nach dem Statasstreich inhaftiert worden waren.
Frau Präsidentin, ich hatte vorgesehen, die nächste Frage mit zu beantworten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705514500
Wenn der Fragesteller einverstanden ist.

(Abg. Zywietz: Ja!)

— Dann rufe ich auch noch die Frage 133 des Herrn Abgeordneten Zywietz auf:
Sieht die Bundesregierung insbesondere die Wirksamkeit der deutschen Entwicklungshilfe an Chile angesichts der Machtübernahme durch das dortige Militär für gewährleistet an?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705514600
Eine objektive Beurteilung der Lage in Chile und der weiteren Entwicklung ist zur Zeit mangels ausreichender und umfassender Informationen noch nicht möglich. Insbesondere sind die Absichten der neuen chilenischen Regierung hinsichtlich ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik noch nicht deutlich genug erkennbar. Erst noch Klärung dieser Frage kann die Haltung der Bundesregierung zu ihrer künftigen Entwicklungshilfe an Chile endgültig festgelegt werden.
Generell hält die Bundesregierung an ihrer Haltung fest, daß Entwicklungshilfe weder ein Instrument kurzfristiger tagespolitischer Erwägungen noch ein Instrument zur Einmischung in innere Verhältnisse anderer Länder ist. Die Bundesregierung hat in keinem Falle die Gewährung von Entwicklungshilfe vom Fortbestand der jeweiligen Regierung des Entwicklungslandes abhängig gemacht. Wirkungsvolle Entwicklungspolitik kann nicht an tagespolitischen Veränderungen ausgerichtet werden, sondern hat sich an langfristigen Entwicklungsperspektiven zu orientieren.
Es gilt als weiterer Grundsatz, unsere Entwicklungshilfe primär an den Bedürfnissen der Menschen auszurichten, unabhängig von unserer Einstellung zu einer Regierung oder Regierungsform. Unsere Hilfe kann jedoch nur dort wirkungsvoll im
Sinne unserer entwicklungspolitischen Konzeption sein, wo soziale und wirtschaftliche Ziele im Interesse der ganzen Bevölkerung aktiv verfolgt werden. Die Bundesregierung wird völkerrechtlich eingegangene Verpflichtungen auch gegenüber der neuen chilenischen Regierung erfüllen. Sie wird außerdem auch in Zukunft bereit sein, für in Not befindliche Menschen humanitäre Hilfe zu leisten. Im übrigen wird die Bundesregierung zu gegebener Zeit prüfen, ob einzelne Hilfsmaßnahmen noch im Sinne ihrer entwicklungspolitischen Zielsetzung durchgeführt werden können. So besteht auch der Grundsatz, dorthin keine Hilfeleistungen zu geben, wo Kampfhandlungen stattfinden.
Hinsichtlich der Sicherheit deutscher Experten der Technischen Hilfe sowie des DED darf festgestellt werden, daß kein Experte zu Schaden gekommen oder verhaftet ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705514700
Zusatzfrage? — Bitte, Herr Kollege!

Werner Zywietz (FDP):
Rede ID: ID0705514800
Herr Staatssekretär, Sie führten aus, daß die Entwicklungshilfemaßnahmen nicht vom Fortbestand der jeweiligen Regierung abhängig gemacht werden. Macht es aber bei der Ausgestaltung der auswärtigen Beziehungen und der Maßnahmen der Entwicklungshilfe einen Unterschied, ob eine Regierung auf demokratische Weise oder durch Gewaltmaßnahmen abgelöst wird?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705514900
Herr Abgeordneter, zwischen auswärtigen Beziehungen und Entwicklungshilfe muß unterschieden werden. Die Tatsache, daß eine Fülle von Ländern Entwicklungshilfe bekommt, die unseren Vorstellungen von Verfassung und Regierung nicht entsprechen, beantwortet Ihre Frage.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705515000
Weitere Zusatzfragen? — Das ist nicht der Fall.
Frage 134 des Herrn Abgeordneten Dr. Schwenke:
Ist die Bundesregierung gewillt, ihre Politik gegenüber Chile nach dem Militärputsch gegen die demokratisch gewählte Regierung Allende dahin gehend zu überprüfen, daß sie die Entwicklungshilfeleistungen einstellt und damit — wie schon Schweden — gegen den Akt militanter Gewalt demonstriert?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705515100
Herr Kollege, ich habe in meiner Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Zywietz bereits eingehend den Standpunkt der Bundesregierung dargelegt. Ich gehe davon aus, daß damit auch Ihre Frage beantwortet ist. Sie ist im Inhalt den beiden beantworteten Fragen gleich.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705515200
Zusatzfrage. Herr Kollege Schwenke, bitte.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0705515300
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie dann die Ihnen doch sicher bekanntgewordene Auffassung der schwedischen Regierung, vorläufig die Entwicklungshilfe auszusetzen, um



Dr. Schwenke
nicht eine durch die Ablösung der demokratisch gewählten Regierung auf nicht legitimem Wege zustande gekommene Regierung indirekt zu unterstützen?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705515400
Herr Abgeordneter, es steht der Bundesregierung nicht zu, Maßnahmen anderer Regierungen zu beurteilen. Wir haben unsere Entscheidung getroffen, die Beziehungen fortzusetzen. Ich habe soeben dargelegt, daß es Verträge gibt, die eingehalten werden müssen, wenn die Voraussetzungen zur Einhaltung auf der anderen Seite auch bestehen. Ich habe die entsprechenden Vorbehalte hier angemeldet und gesagt, wann wir unter Umständen eine Prüfung vornehmen werden. Die Meinung, die früher, z. B. auch in diesem Hause, ebenfalls vorhanden war, man solle etwa der Regierung Allende gegenüber Entwicklungsprojekte einstellen, weil sie sich damals in der Frage der DDR-
Anerkennung nicht so verhalten habe, wie es unseren Verhandlungsinteressen entsprochen habe, haben wir ebenfalls mit dem Hinweis zurückgewiesen, daß das zwei unabhängig voneinander gegebene Tatbestände seien. Ich selbst habe in Chile deutlich zum Ausdruck gebracht, daß davon Abmachungen anderer Art nicht berührt werden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705515500
Eine weitere Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0705515600
Herr Staatssekretär, ist es richtig, wenn ich Sie so verstehe, daß in Ihrem Hause und, ich möchte meinen, in enger Zusammenarbeit mit dem Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, überprüft wird, welche Leistungen der Entwicklungshilfe möglicherweise storniert werden könnten und welche Schritte im Augenblick aus Humanitätsgründen auch jetzt erfolgen mußten?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705515700
Herr Abgeordneter, alles, was die Bundesregierung tut, geschieht in enger Abstimmung der betroffenen Ressorts. Es ist nicht die Frage, ob man etwas stornieren kann, sondern ob man etwas stornieren muß, weil sich die von mir vorhin genannten Voraussetzungen eventuell geändert haben.
Völlig unbestritten ist — ich hoffe, Sie teilen diese Auffassung —, daß wir die humanitären Hilfen, die wir ohnedies vor dem Umsturz in Chile vorgesehen hatten, wie z. B. Weizenlieferungen, gewähren und die Lieferungen zu dem vorgesehenen Zeitpunkt nach Chile verladen müssen und werden, weil wir gerade damit der dort herrschenden Not am ehesten entgegensteuern können.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705515800
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneeten Dr. Hirsch.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0705515900
Herr Staatssekretär, dient die Entwicklungshilfe dazu, Regierungen zu stützen,
oder dient Entwicklungshilfe dazu, das Schicksal die Lebensbedingungen der Menschen in einem Lande zu fördern?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705516000
Herr Abgeordneter, ich habe bereits dargelegt, daß der Grundsatz, daß diese Hilfe den Völkern zugute kommen muß, völlig unbestritten ist und sein muß. Aber es ist auch in anderer Form nicht abzustreiten, daß etwa wirtschaftliche Kooperation — nicht unbedingt Entwicklungshilfe — mit Staaten, deren Regierungen nicht unseren Wertvorstellungen entsprechen, trotzdem richtig ist. Neuerdings ist es, wie ich in der Debatte dieser Woche hörte, auch bei der Opposition unbestritten, daß man selbstverständlich auch über solche Regierungen den Völkern Hilfe zukommen lassen muß, weil es keine andere Möglichkeit dafür gibt. Also nicht unsere Beurteilung vom Wesen einer Regierung ist entscheidend, sondern die Frage, was insgesamt im Interesse der beiderseitigen Beziehungen der Völker liegt. Das gilt nach Osten wie nach Westen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705516100
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.

Norbert Gansel (SPD):
Rede ID: ID0705516200
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Auffassung des CDU-Abgeodrneten Gewandt, der die Erhöhung der Entwicklungshilfe für Chile in einem Augenblick forderte, als Menschenleben zu Schaden kamen, als die Verfassung außer Kraft gesetzt wurde, im Verhältnis zu der Auffassung des CDU-Abgeordneten Rollmann, der die Einstellung der Entwicklungshilfe forderte, als deutsche Vermögenswerte in Gefahr geraten sein sollten?

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705516300
Herr Abgeordneter, entschuldigen Sie bitte, diese Frage können Sie so nicht stellen. Sie können die Regierung nicht nach den Äußerungen anderer Kollegen befragen. Die Frage kann ich nicht zulassen.

(Abg. Seiters: Sie ist außerdem vom Inhalt her falsch!)

— Das ist eine andere Frage.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0705516400
Herr Staatssekretär, wären Sie so freundlich, das Wort „neuerdings von der Opposition anerkannt wird" etwas zu kommentieren?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705516500
Ja, Herr Abgeordneter, das will ich gern tun. Es gab in den Reihen der Opposition vor einigen Jahren — nicht in diesem Bundestag — Kräfte, die der Meinung waren, daß z. B. jeder Kontakt mit der DDR unterbleiben müsse und daß man am besten etwa ein Wirtschaftsembargo einrichten müsse, weil man sonst, wenn man etwa wirtschaftlich zusammenarbeite, auch die jeweilige Regierung stütze. Ich nehme an, Herr Abgeordneter,



Parl. Staatssekretär Moersch
daß Ihnen einzelne Ihrer Kollegen bekannt sind, die
diese Meinung — heute allerdings nicht mehr laut
— vertreten.

(Abg. Ollesch: Röhrenembargo!)

— Das Röhrenembargo ist ein markantes Beispiel. Ich danke für den Zwischenruf. — Sie kennen Fälle, wo z. B. die jetzigen Regierungsparteien anderer Meinung waren als die gesamte CDU/CSU. — Herr Abgeordneter, ich bitte zu verstehen, daß man nicht immer im einzelnen differenzieren kann. Wenn man Namen nennt, wird man sicherlich manchen Leuten nicht gerecht, die inzwischen ihre Meinung geändert haben.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705516600
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 135 des Herrn Abgeordneten Dr. Franz auf. — Er ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 136 des Abgeordneten Höcherl und die Fragen 137 und 138 des Abgeordneten Kater werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 139 des Abgeordneten Roser ist zurückgezogen.
Frage 140 des Herrn Abgeordneten Gierenstein!
Er ist nicht im Raum; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 141 des Abgeordneten Wagner (Günzburg) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 142 des Herrn Abgeordneten Hupka:
Was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen, daß die Botschaft der Volksrepublik Polen die Forderung an Besuchsreisende aus der Bundesrepublik Deutschland stellt, „Der Geburtsort, der sich in der Volksrepublik Polen befindet, darf im Visaantrag nur in polnischer Ortsbezeichnung angegeben werden", zumal diese Forderung einer deutsch-polnischen Übereinkunft zuwiderläuft, derzufolge Geburtsorte bis 1945 in deutscher und nach dem 8. Mai 1945 in polnischer Sprache (mit der jeweils anderen Ortsbezeichnung in Klammern) anzugeben sind?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705516700
Herr Abgeordneter, Sie haben bereits am 23. Februar dieses Jahres vor diesem Hohen Haus die Frage der Geburtsortsbezeichnung in Pässen angeschnitten. Damals hatte ich den Inhalt der deutsch-polnischen Absprache sowie der innerdeutschen Vorschriften dargestellt. Die Absprache gilt auch für die Geburtsortsbezeichnung in den Visaanträgen. Sollte von Visum-Bewerbern die Eintragung einer Geburtsortsbezeichnung verlangt werden, die nicht der Absprache entspricht, so ist das Auswärtige Amt bereit, solchen Beschwerden nachzugehen, was es auch bereits getan hat.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705516800
Zusatzfrage, Herr Fragesteller?

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0705516900
Herr Staatssekretär, wäre es aber nicht vielleicht ein besserer Weg, nicht den einzelnen Widrigkeiten nachzugehen, sondern unmittelbar ein Gespräch mit der Vertretung der
Volksrepublik Polen zu führen? Denn es steht ja in den Formularen: das Visum wird nur erteilt, wenn der Geburtsort in der polnischen Angabe bezeichnet wird.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705517000
Herr Abgeordneter, nach unserer Meinung ist die Vereinbarung klar, und die polnische Vertretung kennt unseren Standpunkt hierzu. Ich habe hier eine Aufzeichnung, aus der hervorgeht, daß in der Tat die Handhabung unterschiedlich gewesen ist. Aber ich gehe davon aus, daß das eben dann nicht die allgemeine Praxis ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705517100
Zusatzfrage!

Dr. Herbert Hupka (CDU):
Rede ID: ID0705517200
Können Sie mir darin zustimmen, Herr Staatssekretär, daß denjenigen, die ein derartiges Visum beantragen und die sich weigern, der polnischen Anordnung genüge zu tun, ein Nachteil entsteht, indem sie dann die Reise nicht antreten können?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705517300
Wenn das so wäre, hätten sie recht. Aber wir haben je gerade das Gespräch gesucht, um diese Schwierigkeiten auszuräumen. Ich vertraue darauf, daß die getroffene Vereinbarung auch umfassend angewandt wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705517400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0705517500
Herr Staatssekretär, Sie sagten, Sie sind Einzelheiten nachgegangen. Was ist dabei in diesen Angelegenheiten veranlaßt worden zur Durchsetzung der Schutzpflicht nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil, die gegenüber allen deutschen Staatsangehörigen, auch soweit sie nicht in der Bundesrepublik sind, besteht?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0705517600
Herr Abgeordneter, wir haben hier keine Gerichtsurteile heranziehen müssen, sondern wir haben im Gespräch mit der anderen Seite im Sinne der Petenten gehandelt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705517700
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke dem Herrn Staatssekretär des Auswärtigen. Damit sind die Fragen an dieses Ressort erledigt.
Ich rufe auf: Geschäftsbereich des Bundesministers des innern. Der Herr Bundesminister steht selber zur Verfügung.
Fragen 1 und 2 des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt! — Er ist nicht im Saal; die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 3 des Herrn Abgeordneten Milz:
Geht die Bundesregierung davon aus, daß diejenige Rechtsauffassung, wonach die deutsche Staatsangehörigkeit derjenigen deutschen Volkszugehörigen bestätigt wird, denen die deutsche



Präsident Frau Renger
Staatsangehörigkeit auf Grund der Verordnung vom 4. März 1941 verliehen worden war, im Warschauer Vertrag ausreichend Berücksichtigung gefunden hat und entsprechend geregelt wurden ist?
Bitte, Herr Bundesminister!

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705517800
Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0705517900

Durch den Abschluß dieses Vertrages gehen keiner Person Rechte verloren, die ihr nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetzen zustehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705518000
Zusatzfrage? — Herr Kollege!

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0705518100
Herr Minister, gilt auch für die Bundesregierung die von mir angezogene Verordnung vom 4. März 1941, bezogen auf die deutsche Staatsangehörigkeit, und ist die Bundesregierung der Auffassung, daß gegenüber der Volksrepublik Polen auf diesen Umstand mit Nachdruck hingewiesen werden sollte?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705518200
Herr Abgeordneter, ich habe schon verlesen, was der Bundesminister des Auswärtigen vor Unterzeichnung des Vertrages zum Ausdruck gebracht hat. Das ist eine deutliche Wahrung des Rechtsstandpunktes der Bundesregierung.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705518300
Zusatzfrage.

Peter Milz (CDU):
Rede ID: ID0705518400
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, die Volksrepublik Polen mit allem Nachdruck auf ihre ungerechtfertigte Nichtbeachtung dieser Verordnung hinzuweisen, um so dazu beizutragen, daß die Familienzusammenführung sich reibungsloser vollzieht, als das zur Zeit der Fall ist?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705518500
Herr Abgeordneter, ich glaube, daß gerade humanitäre Fragen — und dazu gehört die Familienzusammenführung — an ihrem Erfolg zu messen sind, ohne daß man darüber spektakuläre Auseinandersetzungen führen sollte.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705518600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0705518700
Herr Minister, da die Schutzpflicht aus der Staatsangehörigkeit folgt und
zu den Grundrechten gehört, muß ich doch fragen:
Was wird die Bundesregierung in Zukunft tun, um die notwendige Wahrnehmung der Schutzpflicht, von der auch im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vorn 31. Juli 1973 die Rede ist, durchzusetzen, um so mehr, als vom Bundesverfassungsgericht die Rechtsauffassung vertreten wird, daß nicht nur ein rechtswidriges Handeln zu unterlassen ist, sondern auch der Schutz der Grundrechte aktiv durch den Staat zu betreiben ist?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705518800
Herr Abgeordneter, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bedeutet für die Bundesregierung eine Bestätigung ihrer Auffassung und hat nicht etwa den Charakter einer notwendigen Nachhilfe in Rechtsfragen.

(Abg. Dr. Czaja: Das habe ich auch nicht behauptet! Ich habe nur die Frage gestellt!)

Aus diesem Grunde führt die Bundesregierung ihre Bemühungen um Familienzusammenführung fort, so wie sie auch schon vor dem Urteil mit großer Energie betrieben wurden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705518900
Keine weitere Zusatzfrage.
Wir kommen zu Frage 4 des Herrn Abgeordneten Spranger. — Der Abgeordnete Spranger ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 5 des Herrn Abgeordneten Dr. Vohrer auf:
Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, uni das von ihr vertretene Verursachungsprinzip im Umweltschutzbereich nicht nur für die Beseitigung des Altnils, sondern auch für andere Produkte wie Autowracks, Reiten, Verpackungsmaterial, Einwegflaschen usw. zu verwirklichen?
Bitte, Herr Bundesminister!

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705519000
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat sich in ihrem Umweltprogramm zur konsequenten Anwendung des Verursacherprinzips bekannt. Von diesem Motiv hat sie sich bei den von ihr vorgelegten Entwürfen zu Umweltschutzgesetzen leiten lassen, was insbesondere auch beim Abfallbeseitigungsgesetz zum Ausdruck kommt. Ein Beispiel dafür, wie sich das Verursacherprinzip in der Praxis bewährt hat, stellt das von Ihnen erwähnte Altölgesetz dar. Danach können Besitzer von Altöl grundsätzlich eine kostenlose Abholung von Altöl verlangen. Hierbei und für Aufbereitung oder unschädliche Beseitigung entstehende Kosten werden durch Zuschüsse aus einem Rückstellungsfonds gedeckt. Der Rückstellungsfonds wiederum wird vom Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft verwaltet und aus einer Abgabe gebildet, die bei Frischöl erhoben wird.
Während der parlamentarischen Beratungen über das Abfallbeseitigungsgesetz hat der Bundestag die Bundesregierung ersucht, bis zum 31. Dezember 1973 über den Stand der Beseitigung von Autowracks und Altreifen zu berichten. Dieser Bericht wird zur Zeit auf der Grundlage von eingehenden Untersuchungen vorbereitet und wird unter Berücksichtigung der Regelung des „Modells" Altölgesetz Hinweise



Bundesminister Genscher
enthalten, welche Maßnahmen zu einer befriedigenden Lösung des Problems beitragen können. Die Verwirklichung des Verursacherprinzips wird bei diesen Überlegungen ein wichtiger Gesichtspunkt sein. Ich weise hier bereits darauf hin, daß die Bemühungen, Abfälle möglichst vollständig zu verwerten und eine Art Rohstoffkreislauf herzustellen, bei der Autowrackbeseitigung am weitesten gediehen sind. Hierbei hat sich vor allem der Einsatz von Shredderanlagen sehr bewährt. Bei diesem Verfahren werden Autowracks maschinell in faustgroße Stücke zerschlagen. Der gewonnene Schrott besitzt einen hohen Reinheitsgrad. 18 Shredderanlagen sind in der Bundesrepublik Deutschland schon im Einsatz. Die Errichtung weiterer Anlagen ist geplant. Das Verfahren ist zur Zeit durchaus wirtschaftlich. Gewisse Schwierigkeiten verursachen allerdings noch die erhöhten Kosten für Transport von Autowracks aus verkehrsmäßig schlecht erschlossenen Gebieten und bei längeren Transportwegen.
Zur Frage von Verpackungsmaterial und Einwegflaschen ist zu sagen, daß die Bundesregierung auf Grund des § 14 des Abfallbeseitigungsgesetzes ermächtigt ist, diese Produkte bestimmten Beschränkungen oder Verboten zu unterwerfen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es durch die Entwicklung und den Ausbau von Recycling-Verfahren möglich ist, die Menge dieser Abfälle beträchtlich zu reduzieren. Recycling-Verfahren sollen dazu dienen, die überwiegende Masse an Abfällen als „Rohstoffe am falschen Ort" in den Produktionsprozeß wieder einzugliedern. Ein weit gespanntes Recycling-Programm der Bundesregierung, das sich zur Zeit in Vorbereitung befindet, wird mögliche Maßnahmen zur Förderung der Wiederverwertung und. Weiterverwendung aufzeigen. Von dem Erfolg dieser Maßnahmen wird es abhängen, für welche Stoffe, die nicht der Wiederverwertung zugeführt werden können, von der Ermächtigung des § 14 des Abfallbeseitigungsgesetzes Gebrauch gemacht werden muß.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705519100
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege, bitte!

Dr. Manfred Vohrer (FDP):
Rede ID: ID0705519200
Herr Minister, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß die Bundesregierung bereit ist, in Bälde einen Gesetzentwurf vorzulegen, der dem Verursacherprinzip entsprechend Umweltprobleme hinsichtlich der Beseitigung von Abfallstoffen und des Recycling von Rohstoffen in umfassender Art besser regelt, als dies zur Zeit der Fall ist?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705519300
Herr Abgeordneter, dieser Vorschlag, der in Ihrer Frage liegt, gehört mit zu den Alternativen, die wir zu prüfen haben. Wir werden dazu in dem zum Jahresende zu erstattenden Bericht Stellung nehmen. Ich habe Sympathie für diesen Vorschlag.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705519400
Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Vohrer auf:
Welche Maßnahmen sind vorgesehen, um das Recycling von Rohstoffen anzukurbeln?
Bitte, Herr Bundesminister!

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705519500
Schon heute werden Altöl und Autowracks weitgehend dem Rohstoffkreislauf wieder zugeführt. Dabei sind der Wirtschaftlichkeit der Altautoverwertung dadurch Grenzen gesetzt, daß der teilweise weite Transport zu den zentralen Verschrottungsanlagen mit hohen Kosten verbunden ist. Für Altreifen und andere Produkte sind zahlreiche Recycling-Verfahren in der Erprobung.
Wie schon erwähnt, erstellt die Bundesregierung zur Zeit ein umfassendes Recycling-Programm. Es ist als Ergänzung des Umweltprogramms anzusehen und soll bis Ende 1974 vorliegen. Eine Projektgruppe, in der Sachverständige aus den verschiedensten Bereichen vertreten sind, wird auf der Grundlage sorgfältiger Bewertungen einen Katalog kurz- und langfristiger Maßnahmen zur Förderung des Recycling von Rohstoffen zusammenstellen. Im Rahmen dieser Arbeiten werden u. a. sowohl Fragen der Technologie als auch mögliche Auswirkungen gesetzlicher Regelungen geprüft werden.
Diese Hinweise, Herr Abgeordneter, mögen verdeutlichen, daß sich die Bundesregierung intensiv um eine befriedigende Lösung dieses Problems bemüht.
Gegenwärtig ist in einigen Bereichen ein Ansteigen der Rohstoffpreise zu beobachten. Damit verschiebt sich die Wirtschaftlichkeitsschwelle zugunsten des Recycling. Schon heute erreicht beispielsweise in der Papierproduktion der Altpapieranteil rund 50 %, in der Stahlerzeugung der Schrottanteil rund 40 %. Die Bundesregierung will diesen Prozeß jedoch nicht sich selbst überlassen. An den erwähnten Beispielen wurde deutlich, daß sie sich bemüht, neue Möglichkeiten für ein gesteigertes Recycling zu schaffen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705519600
Eine Zusatzfrage.

Dr. Manfred Vohrer (FDP):
Rede ID: ID0705519700
Herr Minister, teilen Sie mit mir die Auffassung, daß hier zwei Komponenten vorhanden sind, eine technische und eine politische, und daß bislang die technische Komponente gegenüber der politischen zu sehr im Vordergrund stand?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705519800
In den konzeptionellen Arbeiten, die die Regierung im Augenblick leistet und von denen ich gesprochen habe, wird der politische Gesichtspunkt stärker zum Ausdruck kommen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705519900
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Mertes.




Dr. Alois Mertes (CDU):
Rede ID: ID0705520000
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, in Ihrem Hause prüfen zu lassen, ob es für das schöne englische Wort „Recycling" auch ein schönes deutsches Wort gibt?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705520100
Ich werde mich darum bemühen, Herr Abgeordneter.

(Heiterkeit.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705520200
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Konrad.

Klaus Konrad (SPD):
Rede ID: ID0705520300
Herr Minister, würden Sie im Rahmen Ihrer Überlegungen zum Recycling der Papierindustrie und damit der Wiederverwendung von Altpapier und zur Papierherstellung geeigneten Textilien einen besonderen Schwerpunkt einräumen?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705520400
Ja, das gehört mit dazu.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705520500
Keine Zusatzfrage mehr.
Die Fragen 7, 8, 9 und 10 werden auf Wunsch der Fragesteller — das sind die Abgeordneten Dr. Dollinger, Freiherr von Fircks und Pensky — schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 11 des Abgeordneten Hansen wird schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 12 des Abgeordneten Flämig wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Fragen 13 und 14 des Abgeordneten Dr. Gruhl auf:
Warum sind die Rechtsverordnungen zum Abfallbeseitigungsgesetz vom 7. Juni 1972 noch nicht vorgelegt worden, und wann ist damit zu rechnen?
Sind die Bundesländer wegen des Fehlens der Rechtsverordnungen bei der Durchsetzung des Abfallbeseitigungsgesetzes in irgendeiner Weise behindert?
Bitte, Herr Bundesminister!

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705520600
Die Arbeiten an den Entwürfen zu den nach dem Abfallbeseitigungsgesetz des Bundes zu erlassenden Rechtsverordnungen sind unverzüglich nach Inkrafttreten des Abfallbeseitigungsgesetzes aufgenommen worden. Es handelt sich dabei um Vorschriften, für deren Ausarbeitung zum Teil umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen und insbesondere die bei den Ländern gemachten Erfahrungen benötigt werden. Ich darf darauf hinweisen, daß in einer Reihe von Ländern nach Anweisungen gehandelt wird, deren Auswirkung wir im Augenblick überprüfen.
Am weitesten fortgeschritten ist der Entwurf einer Rechtsverordnung nach § 13 des Abfallbeseitigungsgesetzes, in der das Antragsverfahren beim grenzüberschreitenden Verkehr mit Abfällen bundeseinheitlich geregelt werden soll. Der Entwurf ist am
22. Juni dieses Jahres an die Bundesländer zur Stellungnahme übersandt worden. Eine abschließende Stellungnahme der Länder steht jedoch noch aus.
Die Arbeiten an den Entwürfen für die Verordnungen nach § 11 über Modalitäten der Anzeige und Überwachung der Beseitigung von Sonderabfällen und nach § 12 über Vorschriften des Antragsverfahrens für Einsammlungs- und Beförderungsgenehmigungen werden so weit beschleunigt, daß sie im November dieses Jahres zusammen mit dem Entwurf nach § 13 mit den Ländern abschließend erörtert werden können.
Die Formulierung der Rechtsverordnung nach § 15 des Abfallbeseitigungsgesetzes über das Aufbringen von Abwasser und ähnlichen Stoffen setzt voraus, daß die in diesem Fall besonders schwierigen wissenschaftlichen und fachlichen Fragen ausreichend geklärt werden. Das Bundesgesundheitsamt führt die Vorarbeiten in meinem Auftrag durch und soll hierzu bis zum März 1974 ausführlich berichten. Nach Vorliegen des Ergebnisses dieses Forschungsauftrages wird die Formulierung der Rechtsverordnung unverzüglich vorgenommen werden.
Die Entscheidung, ob und wann eine Rechtsverordnung nach § 14 über Verpackungen und Behältnisse erlassen wird, soll vom Ausmaß der Schwierigkeiten abhängig gemacht werden, die von den Abfällen ausgehen, die nach einer weitgehenden Durchführung von Recycling-Verfahren — ich muß in diesem Augenblick das Wort noch gebrauchen — nicht erfaßt werden können. Ich darf auf meine näheren Ausführungen in der Antwort auf die Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Vohrer in dieser Fragestunde hinweisen.
Das Abfallbeseitigungsgesetz als solches kann schon jetzt voll praktiziert werden; denn die Vorschriften des Abfallbeseitigungsgesetzes des Bundes über die Überwachung der Beseitigung nach § 11 und die Genehmigung der Einsammlung und Beförderung nach § 12 sind seit dem Inkrafttreten des Gesetzes vollziehbares und anwendbares Recht. Die Bundesländer sind weder in der Überwachung der Abfallbeseitigung noch in der Aufsicht der Einsammlung und Beförderung behindert.
Auch das Land Hessen teilt diese Auffassung. Der Umweltbericht der hessischen Landesregierung 1973 sagt dazu wörtlich — ich zitiere —:
Der praktikable Vollzug des Bundesgesetzes auf der Grundlage der für Hessen bereits vorliegenden Gesamtkonzeption der Abfallbeseitigung ist sichergestellt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705520700
Bitte, eine Zusatzfrage!

Dr. Herbert Gruhl (CDU):
Rede ID: ID0705520800
Herr Bundesminister, stehen Sie noch zu Ihrer Erklärung aus dem vorigen Jahr, wonach Ihr Haus die Rechtsverordnungen bereits vorbereitete, während die entsprechenden Gesetze noch beraten wurden? Wahrscheinlich wurde das in diesem Fall nicht so abgewickelt.




Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705520900
Herr Abgeordneter, das, was Sie sagen, gilt z. B. für die Rechtsverordnungen zur Ausführung des noch in der Beratung befindlichen Immissionsschutzgesetzes, weil die Durchführung dieses Gesetzes davon abhängig ist, daß die entsprechenden Rechtsverordnungen zur gleichen Zeit vorgelegt werden. Das wird geschehen.
Bei den hier in Rede stehenden Rechtsverordnungen ging es darum, auf der einen Seite bestimmte wissenschaftliche Ergebnisse noch auszuwerten, auf der anderen Seite aber auch gewisse Erfahrungen bei der Anwendung des Gesetzes mit zu berücksichtigen. Ich bitte zu beachten, daß wir hier ein für die deutsche Gesetzgebung neues Rechtsgebiet beschritten haben, das übrigens auch international ohne Beispiel ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705521000
Eine weitere Zusatzfrage.
Dr. Gruhl (CDU: CSU) : Herr Bundesminister, teilen Sie angesichts Ihrer letzten Ausführungen meine Ansicht, daß die entsprechenden Abteilungen Ihres Hauses eventuell zu schwach besetzt sind?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705521100
Herr Abgeordneter, das ist an sich nicht der Grund. Ich sagte schon, daß auch in stärkerer Besetzung der Abteilungen die von mir genannten Gründe nicht hätten überwunden werden können, nämlich notwendige Erfahrung und wissenschaftliche Erkenntnis.
Es besteht aber kein Zweifel, daß nach Aufnahme der Arbeit des Umweltbundesamtes hier eine wesentliche Unterstützung gerade der Arbeit in diesem Bereich zu erwarten ist. Denn nach dem Errichtungserlaß wird es zu den Aufgaben dieses Amtes gehören, die Bundesregierung bei der Vorbereitung von Rechtsverordnungen zu unterstützen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705521200
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Herbert Gruhl (CDU):
Rede ID: ID0705521300
Herr Bundesminister, wie erklären Sie es sich angesichts Ihrer Antwort auf meine Frage — die Länder seien an der Durchsetzung des Abfallbeseitigungsgesetzes nicht gehindert , daß in Hessen dennoch dieses Gesetz über Jahre hinaus offensichtlich nicht entsprechend angewandt worden ist?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705521400
Herr Abgeordneter, ich glaube, wir werden es immer wieder mit Fällen zu tun haben, in denen Rechtsbrecher gegen Gesetze, auch gegen Strafbestimmungen, verstoßen. Sie werden bemerken, daß das in allen Rechtsgebieten und nicht nur im Bereich des Umweltschutzes passiert.
Es besteht doch gar kein Zweifel, daß die neue Rechtsmaterie, die geschaffen wurde, natürlich auch die Länder bei der Überwachung der Einhaltung dieser Gesetze vor erhebliche Probleme gestellt hat.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705521500
Eine letzte Zusatz- (C) frage des Fragestellers.

Dr. Herbert Gruhl (CDU):
Rede ID: ID0705521600
Herr Bundesminister, teilen Sie die Ansicht der hessischen Landesregierung, wonach weitere Gesetze zur Lösung der Abfallbeseitigung nötig sind?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705521700
Ich glaube, daß sich das mehr auf Rechtsverordnungen bezieht. Aber ich bin gern bereit, wenn konkrete Vorschläge gemacht werden, sie zu überprüfen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705521800
Herr Abgeordneter Gerster, eine Zusatzfrage.

Dr. Johannes Gerster (CDU):
Rede ID: ID0705521900
Herr Minister, trifft es zu, daß die Vorlage der Nachweisbücher, die in § 11 des Abfallbeseitigungsgesetzes vorgesehen sind, erst verlangt werden kann, wenn die entsprechenden Rechtsverordnungen ergangen sind?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705522000
Nein, das trifft nicht zu.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705522100
Herr Abgeordneter Erhard.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0705522200
Herr Minister, Sie erwähnten die Richtlinien, die in einigen Ländern anstelle der vorgesehenen Verordnung (D) praktiziert würden. Werden diese Richtlinien auch
im Lande Hessen praktiziert?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705522300
Herr Abgeordneter, es handelt sich um unterschiedliche Richtlinien in den einzelnen Bundesländern. Wir wollen aus der unterschiedlichen Handhabung Erfahrungen für die von uns zu erlassenden Rechtsverordnungen sammeln. Ich entnehme hier einer Notiz, daß es solche Richtlinien in Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gibt, und zwar für die Überwachung des Transports der Sonderabfälle durch einen Begleitschein. Außerdem gibt es einen ähnlichen Erlaß im Land Nordrhein-Westfalen. Ich bin im Moment überfordert, wenn Sie mich fragen, ob es einen solchen Erlaß auch in Hessen gibt.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0705522400
Eine zweite Zusatzfrage:

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705522500
Nein, Sie haben nur eine Zusatzfrage.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0705522600
Ich habe zu Frage 13 eine Zusatzfrage gehabt, Frau Präsidentin. Zur Frage 14 hätte ich auch noch eine Zusatzfrage.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705522700
Ja, dazu dürfen Sie auch eine Zusatzfrage stellen.




Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0705522800
Danke schön. — Herr Minister, welche Behörden sind nach Ihren Informationen und Feststellungen für die Beseitigung giftiger Abfallprodukte nach dem geltenden Recht zuständig?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705522900
Herr Abgeordneter, Behörden sind dafür gar nicht zuständig, sondern wir haben auch hier das Verursacherprinzip. Das Abfallbeseitigungsgesetz sieht aber die Möglichkeit vor, daß von den Ländern Abfallbeseitigungspläne erlassen werden, um eine organische Zusammenfassung aller Bemühungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Es ist offenkundig, daß in vielen Bereichen die kommunalen Körperschaften überfordert wären, wenn sie sich diesem Problem nicht in einer Zusammenarbeit mit anderen stellten. Aber die Ausführung dieses Gesetzes im einzelnen, auch die organisatorische Entscheidung, wer die Zuständigkeit hat, liegt selbstverständlich in der Hand des jeweiligen Landes. Davon zu trennen ist natürlich die Frage, wer bei strafrechtlichen Verantwortlichkeiten einzuschreiten hat. Das ist offenkundig: das sind die Staatsanwaltschaften.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705523000
Bitte, noch eine Zusatzfrage!

Gerhard O. Pfeffermann (CDU):
Rede ID: ID0705523100
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, daß es sich bei den Vorgängen, die Sie genauso wie ich aus der Berichterstattung der letzten Tage kennen, um ein typisch hessisches Problem handelt, das durch geeignete Maßnahmen des Landes Hessen durchaus hätte verhindert werden können?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705523200
Es handelt sich um ein typisch kriminelles Verhalten, Herr Abgeordneter, nämlich eine Gesetzesüberschreitung, die an allen Stellen passieren kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: Kann!)

Ja, natürlich. — Ich will hoffen, daß wir nicht zu
viele Rechtsbrüche dieser Art erleben werden. Sie wissen, daß die Bundesregierung Wert darauf gelegt hat, die Umweltdelikte aus dem Bereich der Kavaliersdelikte und der entsprechenden Behandlung herauszunehmen, indem sie in ihre Umweltschutzgesetze Strafdrohungen aufgenommen hat, die deutlich machen, daß es sich nicht um Dinge handelt, die mit Geldbußen abgegolten werden können, sondern daß es sich hier um kriminelles Unrecht handelt. Dabei will ich nicht verschweigen, daß die Bundesregierung diese Regelung in den Umweltgesetzen, also Spezialgesetzen, auch nur für eine Übergangsregelung hält. Unser Ziel ist es, im Rahmen der Strafrechtsreform diese Umweltdelikte in den Katalog der gemeingefährlichen Delikte aufzunehmen; denn dort gehören sie wegen ihrer Gesellschaftsgefährlichkeit in Wahrheit hin.

(Abg. Pfeffermann meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705523300
Zu welcher Frage möchten Sie Ihre zweite Frage stellen?

Gerhard O. Pfeffermann (CDU):
Rede ID: ID0705523400
Zur anderen, Frau Präsidentin.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705523500
Welche war das eben? Pfeffermann (CDU/CSU): Die erste.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705523600
Das ist nicht mehr auseinanderzuhalten.

Gerhard O. Pfeffermann (CDU):
Rede ID: ID0705523700
In der Tat. Das liegt vielleicht daran, daß beide Fragen zusammen beantwortet worden sind.
Herr Minister, wenn ich Ihre Ausführungen von vorhin richtig verstanden habe, dann sind Sie der Auffassung, daß die derzeit vorliegenden Gesetze durchaus ausreichend sind, um solche kriminellen Delikte zu verfolgen, zumindest also Gesetzesgrundlagen geschaffen sind, wobei allerdings die Länder angehalten sind, diese Delikte zu verfolgen.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705523800
Ja. Präsident Frau Renger: Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Fragen 15 und 16 des Herrn Abgeordneten Liedtke auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Raum. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Konrad auf:
Sind nach Meinung der Bundesregierung ausreichende Maßnahmen eingeleitet bzw. geplant, um den Anfall von Sonderabfällen durch sinnvolle Wiederverwendung, Weiterverwertung oder Aufbereitung zu verringern?
Bitte, Herr Bundesminister!

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705523900
Herr Abgeordneter, das Abfallbeseitigungsgesetz des Bundes vom Juni 1972 regelt, wie die Kurzbezeichnung sagt, ausschließlich die unschädliche Beseitigung von Abfällen.
Unter den Aspekten präventiven Umweltschutzes läßt sich feststellen, daß damit zugleich ein Schluß-stein für eine Entwicklung gesetzt wurde, die sich lediglich auf die Regelung des schadlosen Beseitigens beschränkte. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es sich bei Abfällen ganz überwiegend um „Rohstoffe am falschen Ort" handelt, die möglichst rasch in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden müssen. Sie hat daher, um den Übergang von der traditionellen Abfallbeseitigung zur echten Abfallwirtschaft einzuleiten, ein breit gefächertes Recycling-Programm in Vorbereitung. Ich würde jetzt vielleicht sagen: ein breit gefächertes Wiederverwertungsprogramm.
Vom Bundesministerium für Forschung und Technologie ist in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und meinem Hause ein Großvorhaben der Forschung über Wiederverwertung und Beseitigung von Sonderabfällen vergeben worden. Das Vorhaben umfaßt grundsätzliche Untersuchungen, Aufbereitung der Sonderabfalldaten für die Modellregion, Erarbeitung von Vor-



Bundesminister Genscher
schlägen für ein Abfallverwertungssystem, Bewertung der Vorschläge und Darstellung der eigentlichen Lösung, Durchführungsplanung zur Realisierung des Abfallverwertungssystems. Als Modellregion wird hierbei der Bereich Nordwürttemberg/Nordbaden untersucht. Dieses Vorhaben soll im Jahre 1974 abgeschlossen werden.
Von meinem Hause werden außerdem Forschungsvorhaben über die Unterbringung von Sonderabfällen unter Tage gefördert.
Ich darf besonders hervorheben, daß die Bundesrepublik die Durchführung des NATO-CCMS-Projektes „Gefährliche Sonderabfälle" als Pilotland übernommen hat. Im Rahmen dieses Projektes sollen unter Mitarbeit anderer NATO-Staaten in einer breit angelegten Studie organisatorische Möglichkeiten aufgezeigt werden, mit deren Hilfe die Beseitigung und Wiederverwertung von Sonderabfällen wirtschaftlich und umweltverträglich gestaltet werden kann. Endziel der Studie ist es, in einem Katalog bestimmten Sonderabfällen jeweils geeignete Behandlungstechnologien und Managementformen der Beseitigung zuzuordnen. Die Zusammenstellung soll den Regierungen als Richtlinie für die Sonderabfallbeseitigung empfohlen werden.
Das in Arbeit befindliche Wiederverwertungsprogramm der Bundesregierung wird diese Fragen ebenso besonders berücksichtigen.
Erfassung, Katalogisierung, Wiederverwertung und Beseitigung von Sonderabfällen sind ferner Gegenstand der Beratungen eines Fachausschusses der Zentralstelle für Abfallbeseitigung mit Vertretern von Bund und Ländern, der im Jahre 1972 seine Arbeit aufgenommen hat und in Kürze Richtlinien hierzu vorlegen soll.
Die Bearbeitung von Fragen der Sonderabfälle wird künftig mit zu den Schwerpunktaufgaben des Umweltbundesamtes gehören.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705524000
Zusatzfragen? — Bitte, Herr Abgeordneter!

Klaus Konrad (SPD):
Rede ID: ID0705524100
Herr Minister, indem ich zunächst einmal meinen Dank vorausschicke, daß Sie auch bei mir, und zwar zutreffend, sprachpuristische Neigungen angenommen haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie mit mir darin übereinstimmen, daß Recycling-Programm für Sonderabfälle besonders schwierige wissenschaftliche Untersuchungen erfordern und daher längere Zeiträume benötigen.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705524200
Ja, Herr Abgeordneter.

Klaus Konrad (SPD):
Rede ID: ID0705524300
Haben Sie bei den Wiederverwendungsprogrammen in Erwägung gezogen, auch die Länder zu beteiligen, insbesondere dann, wenn etwa der in Bundesländern anfallende Sondermüll ein spezielles Landesproblem darstellt?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705524400
Wir erarbeiten alle diese Vorschriften in enger Zusammenarbeit mit den Ländern, weil die Durchführung ohnehin bei den Behörden der Länder liegt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705524500
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0705524600
Herr Minister, sind für die Weiterentwicklung von schwierigen Recycling-Verfahren Förderungsmaßnahmen vorgesehen?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705524700
Das wird sich nach Abschluß unserer Arbeiten ergeben.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705524800
Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Konrad auf:
Welche Änderungen und Ergänzungen des Wasserhaushaltsgesetzes sind erforderlich, um bei Giften und wassergefährdenden Stoffen den Schutz der Gewässer vor Verunreinigung in allen Fällen sicherzustellen?
Bitte, Herr Bundesminister!

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705524900
Bei Giften und sonstigen wassergefährdenden Stoffen, die der Verwendung oder auch der Wiederverwendung dienen und die damit kein Abfall im Sinne des Abfallbeseitigungsgesetzes sind, muß der Schutz der Gewässer durch die wasserrechtlichen Vorschriften sichergestellt werden. Das ist bis jetzt nur ungenügend der Fall. Für das Lagern solcher Stoffe, vornehmlich also für Tatbestände, die keine erlaubnispflichtige Gewässerbenutzung darstellen, fehlen derzeit die erforderlichen Schutz- und Sicherheitsvorschriften noch weitgehend. Die Bundesregierung hat daher in dem Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetz, der dem Bundestag für die erste Beratung vorliegt, vorgeschlagen, einen neuen § 19 g über Anforderungen an Anlagen zum Lagern und Abfüllen wassergefährdender Stoffe in das Wasserhaushaltsgesetz einzufügen. Auch der Bundesrat wird, so hoffe ich, die Dringlichkeit der nach § 19 g vorgesehenen Regelungen jetzt einsehen und seine bisherige ablehnende Haltung gegen diese Vorschrift und gegen die damit zusammenhängende Notwendigkeit, dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für den Wasserhaushalt einzuräumen, aufgeben. Ich habe Anlaß zu dieser Erwartung, und zwar um so mehr, als eine Reihe von Bundesländern das schon frühzeitig erklärt hat.
Selbstverständlich muß auch verhütet werden, daß die in der Anlage zu § 19 g aufgeführten Gifte und sonstigen wassergefährdenden Stoffe in die Gewässer eingeleitet werden. In meinem Hause wird daher geprüft, welche Möglichkeiten in dieser Hinsicht noch bestehen, um den Gewässerschutz effektiver zu regeln. Die Bundesregierung wird bemüht sein, die sich aus dieser Prüfung ergebenden Vorschläge möglichst bald vorzulegen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705525000
Bitte, Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage.

Klaus Konrad (SPD):
Rede ID: ID0705525100
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, daß die von Ihnen jetzt in Aussicht



Konrad
gestellten Verbesserungen in der Vierten Wasserhaushaltsnovelle nur möglich sind, wenn der Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit erhält?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705525200
Ja.

Klaus Konrad (SPD):
Rede ID: ID0705525300
Ich habe eine zweite Zusatzfrage, Frau Präsidentin. — Herr Minister, sind Ihnen aus eigener Wahrnehmung Pläne oder Gespräche aus den Reihen der Opposition bekannt — über die die „Süddeutsche Zeitung" heute berichtet —, daß die Grundgesetzänderung vom Bundesrat zugestanden werden soll, sofern Sie das Wasserhaushaltsgesetz und auch das Wasserabgabengesetz im Sinne der Industrie entschärfen?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705525400
Ein solches Ansinnen ist an mich nicht herangetragen worden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705525500
Herr Kollege Ey!

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0705525600
Herr Minister, sind Sie der Auffassung, daß bei der Behandlung von Wasserläufen durch chemische Mittel zur Verhinderung von Pflanzenbewuchs die Anwendung und Verwendung einer besonderen Beobachtung oder Aufsicht bedarf?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705525700
Das ist ohne Zweifel notwendig, Herr Abgeordneter.

(Abg. Ey: Die Anwendung!)

— Ja.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705525800
Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Ey auf:
Hält die Bundesregierung eine Zentralisierung der Giftmülldeponie für erforderlich, und wenn ja, welche Pläne bestehen hierfür?
Bitte, Herr Bundesminister!

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705525900
Herr Kollege, gestatten Sie mir zunächst ein Wort zu der Bezeichnung „Giftmülldeponie", die leicht zu falschen Vorstellungen führen könnte. Weder die Bundesregierung noch die Länder sind daran interessiert, im Bundesgebiet verteilt Lagerplätze einzurichten, auf denen giftige Abfälle in großen Mengen abgelagert werden und, wenn auch unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen, auf Jahrzehnte gesehen als eine Art Zeitbombe ruhen. In Übereinstimmung mit den Fachleuten sollen vielmehr, abgesehen von der Ausnutzung der Möglichkeiten einer Ablagerung untertage, zentrale Einrichtungen für die Behandlung und Beseitigung von Sonderabfällen geschaffen werden, wie das beispielsweise in Schwabach bereits ,der Fall ist. Dort werden solche Abfälle unschädlich verbrannt oder vor ihrer endgültigen Beseitigung vorbehandelt bzw. entgiftet.
Eine Zentralisierung auf wenige, aber leistungsfähige Anlagen dieser Art in den einzelnen Länderbereichen entspricht den Vorstellungen der Bundesregierung. Nach meiner Unterrichtung besteht neben
Schwabach eine weitere solche Anlage in Bayern, ebenso in Hamburg und in Hessen. Weitere Anlagen dieser Art stehen vor der Inbetriebnahme oder werden vorbereitet.
Gemäß § 6 des Abfallbeseitigungsgesetzes haben die Länder in den von ihnen aufzustellenden Abfallbeseitigungsplänen die Anlagen zur Beseitigung von Sonderabfällen besonders zu berücksichtigen. Es sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden, daß die Länder bereits erhebliche Anstrengungen unternommen haben, bei der Planung und teilweise auch bei der Durchführung ihrer Abfallbeseitigung der Auflage des § 6 durch die Ausweisung von zentralen Beseitigungsanlagen nachzukommen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705526000
Eine Zusatzfrage, bitte.

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0705526100
Herr Minister, hält die Bundesregierung die Zeitspanne vom Bekanntwerden des hessischen Giftmüllfalles bis zur erkennbaren Aktivität der hessischen Landesregierung für befriedigend?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705526200
Herr Abgeordneter, ich kann nicht in die Prüfung der Frage eingreifen, wer wann was gewußt hat.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705526300
Zweite Zusatzfrage, bitte.

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0705526400
Herr Minister, halten Sie die die Ländergrenzen überschreitende Erfassung hochgiftigen Mülls und dessen Deponierung wie auch Unterbringung für ausreichend abgesichert und überwacht?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705526500
Meinen Sie jetzt innerhalb des Bundesgebiets oder über die Grenzen des Bundesgebiets hinweg?

Richard Ey (CDU):
Rede ID: ID0705526600
Innerhalb des Bundesgebietes.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705526700
Das, Herr Abgeordneter, wird im Rahmen der Rechtsverordnungen, die wir erlassen wollen, mit zu prüfen sein.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705526800
Eine Zusatzfrage, bitte, Herr Kollege Konrad!

Klaus Konrad (SPD):
Rede ID: ID0705526900
Herr Minister, verbietet der gegenwärtige Rechtszustand bereits ein jahrelanges Lagern von Fässern mit hochgiftigen Sonderabfällen außerhalb des Fabrikationsgeländes an einer gewissermaßen jedermann zugänglichen Stelle, in einem alten Hause oder dergleichen?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705527000
Es fehlt in jedem Fall eine ausreichende bundesrechtliche Regelung dafür. Das ist der Grund für das Bemühen der Bundesregierung, Herr Abgeordneter, das mit der Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz zu er-



Bundesminister Genscher
reichen. Ich darf darauf hinweisen, daß durch die Auflösung des Bundestages im letzten Jahr hier leider eine Verzögerung in der Gesetzgebung eingetreten ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705527100
Danke! — Frage 20 des Herrn Abgeordneten Haase (Fürth):
Ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß ein ehemaliger SS-Offizier, ohne daß es dabei auf die frühere persönliche Haltung des Betroffenen in der SS überhaupt ankommt, nicht Leiter der Vorprüfung im Anerkennungsverfahren für Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland sein kann?
Bitte, Herr Bundesminister!

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705527200
Herr Abgeordneter, der Leiter der Vorprüfung im Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat diese Funktion seit dem 1. Mai 1969 inne. Er hat seit diesem Zeitpunkt keinen Anlaß zur Beanstandung seiner Tätigkeit gegeben. Seine frühere Zugehörigkeit zur Waffen-SS war im Zeitpunkt der Bestellung bekannt. Im einzelnen ergibt sich dazu aus dem Bescheid der Spruchkammer Hilpoltstein vom 17. März 1948 folgendes: Der Betreffende wurde im Rahmen einer allgemeinen Aktion zur Waffen-SS eingezogen, und zwar zur SS-Division „Prinz Eugen". Er war zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre alt, bei Kriegsende 25. Wie dem Bescheid der Spruchkammer weiter zu entnehmen ist, hatte er zuletzt den Dienstgrad eines Untersturmführers der Reserve. Ferner ergibt sich aus dem Bescheid, daß er als Volksdeutscher aus Jugoslawien weder die Möglichkeit hatte, sich der Einziehung zu entziehen, noch daß für ihn die Chance bestanden hätte, sich für einen Dienst in der Wehrmacht an Stelle des Dienstes in der Waffen-SS zu entscheiden.
Angesichts dieses Sachverhalts, der bei der Bestellung bekannt war, und angesichts der Tatsache, daß, wie ich schon ausgeführt habe, dem Betreffenden wegen der Ausübung seines Dienstes im Rahmen des Asylverfahrens keine Vorwürfe gemacht werden können, würde ich es für nicht vertretbar halten, ihn von seiner jetzigen Tätigkeit abzulösen.
Ich möchte hinzufügen, daß ich entgegen der in Ihrer Frage geäußerten Auffassung der Meinung bin, daß es sehr wohl auf die frühere persönliche Haltung des Betroffenen in der SS ankommt. Eine pauschalierende Verurteilung halte ich nicht für gerechtfertigt. Etwas anderes wäre es, wenn dem Betreffenden wegen der Ausübung seines Dienstes in der Waffen-SS Vorwürfe gemacht werden könnten. Das ist bisher jedoch von keiner Seite geschehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705527300
Zusatzfrage!

Horst Haase (SPD):
Rede ID: ID0705527400
Herr Minister, können Sie sich vorstellen, daß z. B. jugoslawische oder tschechische Flüchtlinge, also Leute aus Ländern, die anerkanntermaßen unter der SS gelitten haben, mindestens sehr betroffen reagieren müssen, wenn sie erfahren, daß sie von einem ehemaligen SS-Offizier empfangen werden, wobei ich Ihre Ansicht teile, daß dem Mann persönlich kein Vorwurf zu machen ist?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705527500
Herr Abgeordneter, ich kann gut verstehen, welche Sorge Sie zu Ihrer Frage veranlaßt. Auf der anderen Seite bitte ich zu berücksichtigen, daß ganz sicher auch die Asylsuchenden Verständnis dafür haben werden, daß es unserer Rechtsordnung entspricht, jemandem nur dann Nachteile aufzuerlegen, wenn ihm ein persönliches schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden kann.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705527600
Eine weitere Zusatzfrage, bitte!

Horst Haase (SPD):
Rede ID: ID0705527700
Herr Minister, meinen Sie nicht, daß man die Sache ein wenig vereinfacht, wenn man nur auf die Frage abstellt, ob dem Betroffenen ein Schuldvorwurf zu machen ist? Muß man nicht vielmehr auf die Gesamtsituation abstellen und auch nach der Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung auch mit dem Betroffenen suchen?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0705527800
Herr Abgeordneter, ich glaube, daß nicht zuletzt Ihre Frage in dieser Fragestunde und meine Antwort dazu beitragen werden, eine objektive Erörterung dieses Sachverhalts zu ermöglichen, weil ich dabei Gelegenheit hatte, auch die Frage der damaligen Entscheidungsmöglichkeit des Betreffenden zu erörtern.

(Abg. Haase [Fürth]: meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705527900
Sie haben zwei Fragen gestellt, Herr Kollege.
Die Frage 21 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Herrn Bundesministers des Innern erledigt. Ich danke dem Herrn Bundesminister.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutschen Beziehungen auf. Die Fragen 108 und 109 werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 110 des Herrn Abgeordneten Pfeffermann:
In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung, in Verhandlungen mit der DDR zu erreichen, daß für den Personenkreis in der DDR, die nach Abschluß des Grundvertrags zu sogenannten Geheimnisträgern erklärt worden sind, die menschlichen Erleichterungen zu gestatten, die für sie vor den Verhandlungen zum Grundvertrag bestanden, d. h. daß ihnen zumindest wieder Briefverkehr mit Bekannten, Verwandten und Freunden in der Bundesrepublik Deutschland gestattet wird?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0705528000
Frau Präsidentin! Herr Kollege Pfeffermann! Ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß auf bestimmte Personen in der DDR eingewirkt wird, möglichst wenig oder gar keine Kontakte zu Bekannten, Freunden oder Verwandten im Bundesgebiet zu



Parl. Staatssekretär Herold
unterhalten. Bei den Betroffenen handelt es sich in erster Linie um solche Bewohner der DDR, die bestimmte Positionen im Staats-, Partei- oder Wirtschaftsapparat bekleiden sowie um deren Angehörige. Die Beschränkungen beruhen auf seit langer Zeit praktizierten Vorschriften der DDR, die nicht veröffentlicht worden sind und die erst durch das Wirksamwerden der Reiseerleichterungen zunehmend in Erscheinung getreten sind.
Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, daß im Zusammenhang mit dem Abschluß des Grundlagenvertrages der Kreis der von dieser Regelung betroffenen Personen ausgedehnt worden ist. Im übrigen kann nicht ausgeschlossen werden, daß in Einzelfällen fehlerhafte Entscheidungen nachgeordneter Behörden ergangen sind.
Die Bundesregierung ist nicht bereit hinzunehmen, daß die Reiseerleichterungen, die im Zusammenhang mit den Verträgen zwischen den beiden deutschen Staaten vereinbart worden sind, durch administrative Maßnahmen unterlaufen werden. In den Gesprächen mit Staatssekretär Dr. Kohl hat Bundesminister Bahr deshalb wiederholt auf die aufgetretenen Schwierigkeiten hingewiesen und Abhilfe gefordert.
Ich darf Sie aber darauf hinweisen, verehrter Herr Kollege Pfeffermann, daß wir trotz der bekanntgewordenen Einschränkungen bis Ende August dieses Jahres eine Zahl von etwa 1,6 Millionen DDR-Besuchern registrieren konnten, während im gleichen Zeitraum des Vorjahres nur 1,02 Millionen Besucher festzustellen waren. Das bedeutet also trotz der eingangs erwähnten einschränkenden Vorschriften eine Steigerung des Besuchsverkehrs um rund 56 %.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705528100
Bitte, eine Zusatzfrage.

Gerhard O. Pfeffermann (CDU):
Rede ID: ID0705528200
Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, daß der letzte Teil Ihrer Antwort wohl nicht unmittelbar den Personenkreis, den ich mit meiner Frage ansprach, betraf.
Von da her möchte ich an Sie die Frage stellen, welche Möglichkeit Sie sehen, daß man gerade diesem Personenkreis, den ich mit meiner Frage ansprach und den man öffentlich nicht nennen kann, auch wenn einem die Namen bekannt sind, die menschlichen Erleichterungen zugute kommen läßt. — Ich bin mir darüber im klaren, daß das schwierig ist, da Sie mit den Behörden der DDR keine Verhandlungen Ad personam führen können, wenngleich Sie dazu durch Art. 7 des Grundlagenvertrages verpflichtet sind.

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0705528300
Herr Kollege Pfeffermann, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß wir unsere Möglichkeiten voll ausschöpfen, um den Besuchsverkehr weiter zu entwickeln. Sie müssen aber berücksichtigen, daß auch in der Bundesrepublik gewisse Vorschriften bestehen, die einen bestimmten Personenkreis ebenfalls hindern, Besuche in der DDR vorzunehmen; auch das muß hier festgestellt werden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705528400
Eine weitere Zusatzfrage.

Gerhard O. Pfeffermann (CDU):
Rede ID: ID0705528500
Herr Staatssekretär, wenn ich zunächst einmal unterstelle, daß mich zu meiner Fragestellung zumindest ein Fall veranlaßt hat, der nach unserer Einsicht in diese Rechtsverordnungen der DDR nicht hineinpassen würde, so würde mich — auf die Öffentlichkeit bezogen — folgendes interessieren. Ist, wenn Vorgänge dieser Art unter Nennung des Namens an Ihr Haus herangetragen werden, gewährleistet, daß diesen Vorgängen nachgegangen werden kann, ohne daß wir dabei Gefahr laufen, daß dem betroffenen Bürger der DDR weitere Unbilligkeiten zugefügt werden?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0705528600
Herr Kollege Pfeffermann, wenn uns solche Fälle bekannt werden, versuchen wir natürlich, sie mit den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu klären. Ich meine aber, daß man in der Regel zunächst die Betroffenen fragen sollte, ob sie es wünschen, daß ihr Fall hochgespielt wird. Wir haben aber Beispiele, daß sich die Betroffenen in der DDR selbst an höchste Instanzen in Ost-Berlin wenden, z. B. an Herrn Honecker, und daß dann dort von Fall zu Fall auch Entscheidungen fallen, die die der unteren Organe revidieren.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0705528700
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär!
Meine Damen und Herren, ich darf noch mitteilen, daß die Fragen 117 und 118 des Herrn Abgeordneten Dr. Meinecke (Hamburg) vom Fragesteller zurückgezogen worden sind. — Damit ist die Fragestunde beendet.
Ich berufe die nächste Plenarsitzung auf Mittwoch, den 17. Oktober 1973, 14 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.