Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen hat mit Schreiben vom 30. April 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Wohlrabe, Schröder , Dr. Jenninger, Dr. Jobst, Eilers (Wilhelmshaven), Dr. Zeitel, Straßmeir und Genossen betr. Zahlungen an die Vereinten Nationen bzw. finanzielle Auswirkungen des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland in die Vereinten Nationen Drucksache 7/478 - - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7, 540 verteilt.
Wir setzen die Aussprache über die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung fort:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik
— Drucksache 7/153 —
Bericht und Antrag des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen
— Drucksachen 7/500, 7/516
Berichterstatter:
Abgeordneter Heyen
Abgeordneter Jäger
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen
— Drucksachen 7/154, 7/503 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/520 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Bußmann
b) Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses
— Drucksache 7/502 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Carstens Abgeordneter Dr. Corterier
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich zweifle nicht daran, daß die Mehrheit dieses Hauses der Deutschlandpolitik der Bundesregierung — und um die Deutschlandpolitik geht es ja heute — zustimmen wird. Manche Kritik, die hier vorgebracht wurde, hat gleichwohl ihr Gewicht. Manches war aber auch von dem geprägt, was ich mit Vorsicht illusionär-traditionalistisch nennen möchte. Deshalb will ich aus meiner Sicht der Dinge heute noch einmal feststellen, meine Damen und Herren: Nichts spricht zur Zeit dafür, daß der zerbrochene deutsche Nationalstaat in alter Form wieder erstehen könnte. Das ist die tatsächliche Lage. Von ihr haben wir auszugehen. Ich meine, nur so dienen wir unserem Volk, der deutschen Nation, d. h. konkret: den Menschen in Deutschland.Es gibt das Wort, daß ein Volk seine Substanz verliert, wenn es seine Geschichte preisgibt. Ich stimme dem zu
und ergänze, übrigens nicht zuletzt an die Adresse von Professor Abelein: ein Volk verweigert sich seiner Geschichte, wenn es meint, sie mit Wunschträumen fortschreiben zu können.
Illusionen schaffen keine Zukunft. Die Ihnen vorliegenden Verträge sollen die geschichtliche Kontinuität unserer nationalen Existenz auf der Basis der jetzt gegebenen Bedingungen sichern helfen.Ich denke an einem Tag wie diesem, wo es auf die Entscheidung über den Grundlagenvertrag zugeht, an den 8. Mai 1945, den Tag, an dem in Karlshorst die Kapitulation des Reiches besiegelt wurde, in Wahrheit die Kapitulation des Regimes, von dem wir heute miteinander wissen — was sonst immer trennen mag —, daß es die Summe des Verrats an allem war, was sich an Rechtlichkeit, Vernunft,
Metadaten/Kopzeile:
1634 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Bundeskanzler Brandtmoralischer Substanz im Schoß unserer Geschichte gesammelt hatie.
Der Monat Mai entläßt uns nicht so rasch aus der Verkettung der Daten, die entscheidende Stationen der deutschen Nachkriegsgeschichte bedeuten.Am 12. Mai 1949 fand durch eine amerikanischsowjetische Übereinkunft die Blockade Berlins ein Ende. Ich habe das nicht weniger intensiv mitempfunden als das zuvor genannte Datum.Elf Tage nach dem Ende der Blockade trat das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Die Väter der Verfassung im Parlamentarischen Rat hatten es nicht als Bestätigung einer Teilung entworfen, sondern als Antwort auf die leider faktisch vollzogene Spaltung. Sie, die Väter des Grundgesetzes, hatten das Ganze Deutschlands —ich sage bewußt den Genitiv: sie hatten das Ganze Deutschlands — nicht vergessen, sondern als Auf trag gesetzt.Fast ein Vierteljahrhundert danach ist festzustellen, daß wir der Einheit nicht nähergerückt sind, im Gegenteil; die beiden deutschen Staaten — am 7. Oktober 1949, wir erinnern uns daran, wurde die Gründung der DDR proklamiert — haben sich zwei Jahrzehnte lang immer weiter voneinander entfernt. Sie schienen einander fremder zu werden als andere Staatswesen, die irgendwo in der Welt benachbart sind, — fremder, obwohl ihre Bürger Menschen der gleichen Sprache, der gleichen Kultur, der gleichen geschichtlichen Erfahrungen sind, miteinander verbunden durch die tausendfachen Verflechtungen der Familien, der Freundschaften, der sozialen Organisation.Die Entfremdung schien für eine unabsehbare Zeit ein kaum zu änderndes Geschick zu werden, als die Bundesrepublik am 5. Mai 1955 — wieder ein Mai! — dem Atlantischen Bündnis beitrat und zugleich mit dem damals so genannten Deutschland-Vertrag ihre Souveränität erlangte. Die Eingliederung der DDR in das osteuropäische Bündnissystem, die faktisch lange vorher begonnen hatte, folgte auch der Form mich mit automatischer Konsequenz. Konrad Adenauer hat die Entscheidung für den Westen in dem eben beschriebenen Sinne, die an jenem .5. Mai vor 18 Jahren getroffen wurde, wenn wir es recht verstehen, als die Krönung seines Lebenswerkes verstanden. Ich meine, er kannte den Preis, der dafür gezahlt werden mußte.Wir schreiben die Geschichte nicht zurück. Wir, die wir miteinander in diesen Jahren diesen unseren Staat vertreten, haben die Realität der Entscheidung, von der ich sprach, akzeptiert. Am Anfang jeder konstruktiven Politik steht die Feststellung dessen, was ist. Die Grenzen der Macht in der Mitte Europas sind für eine nicht absehbare Zeit unverrückbar, wenn der Frieden auf unserem Kontinent und damit der Frieden der Welt nicht gefährdet werden soll.Mit dem Bau der Mauer im Sommer 1961 wurde die Trennung nicht nur der Stadt Berlin, sondern der Teile Deutschlands in einem wörtlichen und schrecklichen Sinne zementiert. Patriotisches Pathos hat die Mauer nicht einstürzen t assen, flammende Appelle der Menschlichkeit und auf das Recht - zumindest das Recht auf Selbstbestimmung -- haben die Minenfelder leider nicht beseitigt. Wir hatten zu wählen, ob wir uns mit den bestehenden Zuständen einfach abfinden oder ob wir zulassen wollten, daß ein ohnmächtiges nationales Ressentiment gezüchtet würde.Meine Regierung und die sie tragende Koalition entschieden anders. Wir nahmen uns und unsere Freunde im Lande in die Pflicht, die bittere Realität zu akzeptieren, nicht weil wir sie als eine durch den Prozeß der Gewöhnung und Abstumpfung erträglich gewordene Ordnung empfunden hätten, sondern weil sich nur von dieser Realität aus der Weg nach vorne öffnen lassen kann.
Wir fanden, daß man Deutschland nicht dient, wenn man diese Wahrheit leugnet.
Der Grundvertrag soll der Entspannung und dem Frieden in Europa dienen und damit auch der Sicherung unserer nationalen Substanz. Er kann nichts darüber aussagen, ob, wann und wie eine gemeinsame Lebensform der Deutschen wiedergefunden werden kann. Wir wissen darüber in diesem Augenblick nichts.Wer noch immer bereit ist, trügerische Hoffnungen zu ermutigen, verletzt die Pflicht, die ich hier ohne Vorbehalt eine patriotische nennen möchte, die Pflicht zur rücksichtslosen Wahrhaftigkeit gegenüber dem eigenen Volk.
Ich will es mit der gebotenen Präzision wiederholen: Der Grundvertrag widerspricht nicht der historischen Kontinuität der deutschen Existenz, sondern bestätigt sie in der heute möglichen Form.Nun ist gestern — zum Teil auch schon vorgestern — in mehrdeutigem Sinne von Anerkennung die Rede gewesen. Die Anerkennung als gleichberechtigter Verhandlungspartner, die Anerkennung eines Hoheitsgebiets der DDR mit entsprechenden Hoheitsrechten — ob es einem gefällt oder nicht; mir gefällt es ganz gewiß nicht —, mit einer Grenze als ein von uns unabhängiger Staat war doch im allgemeinen Verkehrsvertrag enthalten, den die Opposition doch, worauf sie gestern mit einem gewissen Stolz hinwies, mit beschlossen hat. Sie, die Opposition, hat sich auf diesen positiven Beschluß bezogen. Daß es sich damals um den ersten Staatsvertrag handelte, hat die Bundesregierung doch nicht verschwiegen. Insoweit gehen rechtliche Bedenken, die vorgebracht wurden, ins Leere. Sie sind nicht ernst zu nehmen.Hier handelt es sich in erster Linie um politische Entscheidungen, die zu treffen sind.
Daß es nach der Enthaltung der Opposition vor einem Jahr, nach dem Ja zum Verkehrsvertrag in der Woche vor der Auflösung des vorigen Bundesdestages diesmal zu einem Nein kommen würde,
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1635
Bundeskanzler Brandtwar doch schon verkündet worden, bevor in diesem Hause die erste Lesung stattfand. Die einzige Frage, die für mich in diesem Augenblick bleibt, ist die, ob es Befürworter geben wird, auf die die Christlich-Demokratische Union in einigen Jahren vermutlich stolz sein würde.
Meine Damen und Herren, deutscher Realismus kann keine einseitige Leistung der Bundesrepublik Deutschland sein. Wir müssen hoffen und dürfen erwarten, daß auch die Regierung in der DDR seinen, des deutschen Realismus, Forderungen endlich genügen wird. Wir können ihr, der Regierung in der DDR, den ernsten Hinweis nicht ersparen, daß sie noch immer das unnatürlichste Grenzregime im weiten Umkreis unserer Zivilisation aufrechterhält.
Sie sollte mit jenem Wort des Ersten Sekretärs der SED Ernst machen, das ankündigte, bei einer Normalisierung des Verhältnisses zwischen den beiden Staaten blieben auch Auswirkungen auf die Verhältnisse an der Grenze nicht aus.Jeder Tote an den Mauern oder in den Minenfeldern ist ein bitteres Argument gegen die innere Normalität des anderen deutschen Staates.
Aber ich fürchte, jener kenntnisreiche und kritische Kommentator hatte recht, der dieser Tage darauf hinwies, die Entspannung sei für die DDR in gewisser Hinsicht zu früh gekommen, der DDR sei auf Grund der größeren Zusammenhänge mehr zugemutet worden, als ihre Regierung vorher für erträglich gehalten habe. Daß Ost-Berlin die Entspannung in Grenzen zu halten suche und sich ihr teilweise sogar widersetze, sei demnach größtenteils nicht verwunderlich.Wie dem auch sei, meine Damen und Herren, wir werden die Verpflichtungen des Vertrages Wort für Wort erfüllen. Wir drängen darauf, daß der andere deutsche Staat es uns darin gleichtut.
Es sind nun immer wieder Stimmen laut geworden, die unseren Bürgern einzureden versuchen, unsere Ost-West-Politik im allgemeinen und unsere Politik gegenüber der DDR im besonderen gefährdeten die freiheitliche Ordnung, auf der unsere Bundesrepublik beruht. Ja, so hat man hören können, extremistische Erscheinungen in unserer Gesellschaft seien mit unserer Vertragspolitik in Verbindung zu bringen. Ich halte das für absurd. Aber ich will hier in aller Deutlichkeit noch einmal folgendes sagen.Die Grundsätze, auf die die Ordnung dieses Staates und dieser Gesellschaft gebaut wurde, sind für mich unumstößlich. Sie sind Ausdruck unseres Willens zu einer gesicherten und freien Staatlichkeit. Aus ihnen beziehen die Institutionen der Bundesrepublik Deutschland ihre Autorität, und an dieserAutorität lassen wir nicht rütteln - von niemandem!
Das verläßlichste Instrument dazu war, ist und bleibt freilich die Vernunft unserer Bürger, verläßlicher noch als Verbote, wirksamer noch als Gerichtsurteile, überzeugender noch als jeder Eingriff — auch wenn er manchmal notwendig sein mag — der polizeilichen Exekutive. Doch ich sage auch: Wir werden dafür sorgen, daß die Staatsgewalt gegenüber der Gewalttätigkeit jeder Art von Politschlägern das letzte Wort behält.
Mit unserer Vertragspolitik, auch mit dem vorliegenden Vertrag, hat dies nichts zu tun. Aber wegen mancher Unterstellungen füge ich hinzu: Bund und Länder werden die Polizei, die nach einem klaren Rechtsauftrag des Staates handelt, nicht allein und nicht im Stich lassen.
Meine Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland mag, was ihren Ursprung angeht, kein Glücksfall der Geschichte sein. Aber sie ist doch der freieste und, relativ gesehen, auch der gerechteste Staat, den die Deutschen bisher zu schaffen vermochten.
Er ist auf dein souveränen Willen des Volkes gegründet, er versteht sich als Vollzugsinstrument dieser Souveränität.Die Souveränität kann die Macht nicht entbehren. Die an das Recht gebundene Macht darf nicht in Frage gestellt werden, weder durch Brechstangen in der Faust wildgewordener Pseudorevolutionäre noch übrigens durch den getarnten Anarchismus solcher Kreise, die unsere staatliche und wirtschaftliche Ordnung nur als Feld des Eigennutzes betrachten und die mit Vorliebe in der unübersichtlichen Übergangszone zwischen „laissez-faire" und „law and order", also am Rande der Legalität, operieren.
Der Staat, für den wir die Verantwortung übernommen haben, wird sich weder von den einen noch von den anderen einschüchtern oder erpressen lassen.
Was Berlin angeht, meine Damen und Herren, so ist gesagt worden, was zu sagen war. Ich beziehe mich auf die Rede des Regierenden Bürgermeisters von vorgestern und auf das, was der Kollege Bahr gestern abend zum Thema der Mitvertretung gesagt hat. Ich kann dem Hohen Hause übrigens davon Kenntnis geben, daß heute drei Abkommen mit Berlin-Klausel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion paraphiert werden können.
Metadaten/Kopzeile:
1636 Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Bundeskanzler BrandtVor allem möchte ich mich noch auf das beziehen und es unterstreichen, was der Kollege Scheel in Übereinstimmung mit den Drei Mächten und mit dem Viermächteabkommen darüber gesagt hat, daß wir die Interessen von West-Berlin — also die des Landes Berlin, wie wir auch sagen — in den Vereinten Nationen vertreten werden, es sei denn, die Drei Mächte tun dies selbst, weil die Sicherheit und der Status berührt sind.Herr Professor Carstens, ich möchte Sie bitten, es dem langjährigen Berliner Bürgermeister zu ersparen, sich mit Ihnen im einzelnen darüber auseinanderzusetzen, wie — das heißt in diesem Zusammenhang: wie kümmerlich — Berlin in früheren Jahren zuweilen durch den Bund mitvertreten wurde.
In der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung wurde Berlin — um das Beispiel noch einmal zu nennen —, aus dem Konsularvertrag mit der Sowjetunion herausgelassen; die Berliner durften danach nicht einmal mehr mit ihren Pässen in osteuropäische Staaten reisen.
Wir haben das in Ordnung gebracht, meine Damen und Herren!
Aber nicht alles läßt sich so gut regeln, wie es zu wünschen wäre. Aber, Herr Staatssekretär a. D.,
gerade in Sachen Berlin wären etwas mehr Selbstkritik und etwas weniger Selbstgerechtigkeit durchaus am Platze.
Ich darf im übrigen noch einmal auf jenen Bericht Bezug nehmen, den der Präsident der Vereinigten Staaten in der vorigen Woche, nämlich am 3. Mai, zur Außenpolitik seinem Kongreß unterbreitet hat. Ich darf mit Erlaubnis der Frau Präsidentin zitieren:Wir nahmen eine skeptische Haltung gegenüber symbolischen Akten ein, die sich nicht mit der Substanz der Ost-West-Spannungen befassen. Die dringenden Probleme der europäischen Sicherung waren die Spannungen um Berlin und Deutschland und die militärische Konfrontation in Mitteleuropa. Wir konnten unsere Verantwortung in Berlin nicht einer europäischen Konferenz überlassen. Wenn wir nicht Fortschritte in einer so zentralen Frage wie Berlin machen konnten, würden die Resultate einer großen Konferenz illusorisch sein.Dann heißt es weiter, und ich zitiere wiederum:Die Vereinigten Staaten nahmen deshalb die Haltung ein, daß eine europäische Konferenz nur akzeptabel sei, wenn Fortschritte in spezifischen Fragen, einschließlich der Berlin-Verhandlungen, gemacht würden ... Dies wurde durch die Verträge der Bundesrepublik mit der Sowjetunion und Polen, das Viermächteabkommen über Berlin und das SALT-Abkommen erreicht.Mich interessieren nicht — oder bei weitem nicht nur -- die großen Zahlen, mich interessiert im gespaltenen Deutschland jedes einzelne menschliche Schicksal.
Gleichwohl: Mehr als zehnmillionenmal sind die Transitwege im Jahre 1972 ohne Beeinträchtigung der Sicherheit genutzt worden. Das war nicht immer so, meine Damen und Herren!
Mehr als viermillionenmal ist seit Ostern 1972 von West-Berlin aus die Möglichkeit genutzt worden, die es viele Jahre eben nicht gegeben hatte: den Osten der Stadt und die DDR zu besuchen.Niemand braucht mir zu sagen, was alles noch bereinigt, verbessert und nach vorn bewegt werden müßte. Aber man muß blind sein, wenn man nicht spürt, daß sich im Interesse des Friedens und der Menschen einiges zu ändern begonnen hat, meine Damen und Herren.
Was nun den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen betrifft, kann ich mich auf wenige Sätze beschränken. In der ersten Lesung des Beitritts-Gesetzes im Februar und auch gestern wurde von Sprechern der Bundesregierung und der Koalition genügend deutlich gemacht, warum es für die Bundesrepublik Deutschland an der Zeit ist, Mitglied der UNO zu werden.Bemerkenswert war für mich die Zurückhaltung der Opposition in dieser Frage. Jeder weiß oder vermutet, warum. Ich bedauere aus schwerwiegenden Gründen, daß sich die Fraktion der CDU/CSU zu einer schwerverständlichen Kehrtwendung und mehrheitlich zur Ablehnung des UNO-Beitritts entschlossen hat. Über den Provinzialismus, der sich darin ausdrückt, hat Bundesminister Eppler gestern genügend gesagt. Ich erspare mir darum hier ein zusätzliches Urteil.Wir sollten wirklich gelernt haben, meine Damen und Herren, daß aktive Friedenspolitik unsere Anwesenheit in Clearing-Haus und Weltforum der Vereinten Nationen notwendig macht
und daß ein Selbstausschluß aus der UNO nichts, aber auch gar nichts, zugunsten deutscher Interessen einbringt.Nun stellt das Grundgesetz unseren Auftrag für das ganze deutsche Volk fest, aber zugleich auch die Pflicht gegenüber Europa. Im europäischen Zusammenschluß demokratischer Staaten soll die Bundesrepublik Deutschland ihre Heimat finden. Die nationalen Realitäten schienen in einer schwierigen und ziemlich langen Zwischenphase nach Inkrafttreten der Römischen Verträge stärker zu sein als jene ein wenig vordergründige Vernunft, die sich auf die Zwangsläufigkeit des Umschlags von wirtschaftlicher Quantität in politische Qualität verließ. Inzwischen haben wir gemeinsam mit Frankreich den Prozeß der europäischen Einigung aus einer verspäteten nationalen Verkrampfung zu lösen vermocht. Europa ist,
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1637
Bundeskanzler BrandtEuropa wird Realität; auch diese Realität verlangt Anerkennung.Mein Besuch beim Präsidenten der Vereinigten Staaten in der vergangenen Woche, von dem der Bundesaußenminister schon gestern früh gesprochen hat, diente nicht zuletzt der Absicht, unseren amerikanischen Freunden deutlich zu machen, daß die atlantische Partnerschaft nicht länger mehr nur eine Bündelung bilateraler Beziehungen sein kann, sondern die Begründung solider europäisch-amerikanischer Beziehungen sein muß. Das klar bekundete Interesse des amerikanischen Präsidenten, im Herbst bei seiner geplanten Europareise nicht nur den Regierungen von Einzelstaaten, nicht nur der NATO, sondern auch der Europäischen Gemeinschaft zu begegnen, kann zu einem beachtlichen politischen Raumgewinn für die Realität Europa werden.Wir haben jedenfalls die Legende widerlegt, daß Europa nur als ein Produkt der Spannungen geboren werden könne, daß der Westen die äußere Pression brauche, um sich auf die Gemeinsamkeit seiner Interessen zu besinnen. Wir wissen heute, daß Europa die Entspannung braucht, um seine Vereinigung vollenden zu können.
Wir wissen auch, daß die Gemeinsamkeit atlantischer Interessen nicht nur im Sicherheitsinteresse der Staaten diesseits und jenseits des Ozeans verankert ist. Entspannung und europäische Einigung sind nach den Einsichten unserer Politik ineinander verflochten. Beides sind Grundziele unserer Politik, die als Parallelaktion Wirklichkeit werden sollen. Dem Grundvertrag kommt hier eine wichtige Funktion zu. Die Entspannung in der Welt, zerbrechlich wie sie immer wieder erscheinen mag oder auch tatsächlich ist, hätte zweifellos auch ohne die Mitwirkung und ohne den Beitrag der Bundesrepublik Deutschland stattgefunden, allerdings dann über uns und unsere Interessen hinweg.Meine Damen und Herren, wir haben dieser Tage hei uns in der Bundesrepublik Deutschland den willkommenen Besuch des österreichischen Bundespräsidenten Franz Jonas. Anfang der Woche sagte er in Bonn, und ich bin ihm dafür dankbar:... der Wille zur Zusammenarbeit über politische und ideologische Grenzen hinweg ist an dieStelle feindlicher Herausforderungen getreten.Und er sagte weiter:Ohne den aktiven Beitrag der Bundesrepublik Deutschland wäre dieser Prozeß der Entspannung und Zusammenarbeit in Europa undenkbar gewesen.Meine Damen und Herren, in der Woche vor Ostern war ich mit einigen meiner Mitarbeiter in Jugoslawien. Präsident Tito sprach dort von dem Beitrag, den wir geleistet hätten, „um die Verhältnisse des Kalten Krieges zu verändern".Die jugoslawische Seite betonte,so heißt es in unserem Gemeinsamen Kommuniqué —daß sie die Entspannungspolitik der Regierungder Bundesrepublik Deutschland begrüßt undunterstützt, die wesentlich dazu beigetragen hat, die Voraussetzungen für den Prozeß der Entspannung in Europa zu schaffen.Dies war übrigens auch der Boden, auf dem wir uns darüber verständigen konnten, daß wir nicht zu Gefangenen der Vergangenheit werden dürfen, sondern uns langfristige, in die Zukunft gerichtete, an den beiderseitigen Interessen orientierte gemeinsame Aufgaben stellen sollten.Ende kommender Woche erwarten wir nun den Besuch des ersten Mannes der Führung der Sowjetunion. Wir werden, so denke ich, miteinander feststellen können, daß die Arbeit Früchte trägt, die durch den Vertrag vom 12. August 1970 eine tragfähige Grundlage erhalten hat. Wir werden uns neue Aufgaben vornehmen können. Wir werden auch freimütig über das zu sprechen haben, was unserer deutschen Meinung nach nicht so ist, wie es sein sollte und wie es bei aller gebotenen Nüchternheit auch sein könnte. Dabei wird gewiß auch einiges zur Sprache kommen, was den Bundestag hier in diesen Tagen beschäftigt hat.Eines werde ich allerdings mit Sicherheit nicht machen: ich werde in keinem Fall dem Rat derer folgen, die -- bei uns oder anderswo „Gemeinsamkeit" sagen und doch nur eine alte verfehlte Politik mit Hilfe neuer Verträge wieder aufleben lassen möchten.
Nein, das wäre der falsche Weg. Deshalb darf man sich darauf nicht einlassen.Was werden wir, Walter Scheel und ich und unsere Kollegen, also tun? Wir werden ohne Illusionen und ohne etwas zu verwischen und zu verkleistern das Terrain abschreiten, um in unvermindert genauer Abstimmung mit unseren Verbündeten ausfindig zu machen, wo sich jetzt zusätzliche Möglichkeiten vernünftigen Zusammenwirkens ergeben. Was wir hier und anderswo über Zusammenarbeit und Sicherheit gesagt haben, das gilt; dazu stehen wir. Wir stehen dazu, weil es gut ist für den Frieden und weil es unserem eigenen Volk zum Vorteil gereicht.Der heute zu billigende Grundlagenvertrag und der Beitritt zu den Vereinten Nationen sollen uns dabei helfen. Deshalb bitte ich, meine Damen und Herren, um Ihre Unterstützung.
Das Wort hat der Bundestagsabgeordnete Dr. Kiesinger.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wieder einmal stehen wir auf dem langen Weg der deutschen Geschichte an einem Punkt, den man in der Geschichtsschreibung als einen Meilenstein zu bezeichnen pflegt. Wohin von diesem Meilenstein aus der Weg in die Zukunft des deutschen Volkes, Deutschlands führen wird, das ist die Frage. Es ist eine Frage an die Zukunft, und nur die Zukunft vermag sie zu beantworten.
Metadaten/Kopzeile:
1638 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Dr. h. c. KiesingerUnwillkürlich ist mir bei den Worten des Bundeskanzlers ein Ausspruch Bismarcks eingefallen, den er nach Königgrätz getan hat: für hundert Jahre, nicht mehr, so denke er, sei nun die Existenz des Reiches, das er schuf, gesichert. Nicht daß ich dem Bundeskanzler oder gar der Koalition und all denen, die sich um diese neue Politik bemüht haben, den Vorwurf machte, sie trügen Schuld für die Tatsache, die der Bundeskanzler ausgesprochen hat: die Grenzen der Macht in Europa seien für unabsehbare Zeit unverrückbar geworden; nicht daß ich Ihnen die Schuld daran gäbe, das ist seit langem der Fall. Die Grenzen der Macht sind in der Tat als Folge des zweiten Weltkrieges in Europa für unabsehbare Zeit unverrückbar. Die Frage ist nur — und das kam in dieser Diskussion und in den Beiträgen meiner politischen Freunde immer wieder zum Ausdruck , ob dieser tatsächliche Zustand durch die Politik dieser Regierung verbessert wurde, ob durch diese Politik die Hoffnung, die Hoffnung darauf, daß die Dinge nicht doch eines Tages besser werden könnten, geringer oder größer geworden ist. Wir glauben leider, daß sie geringer geworden ist.
Meine Damen und Herren, ob es wirklich so ist, daß man nur von der Anerkennung eines zweiten deutschen Staates und nur von jenen Verträgen aus den Weg nach vorne, wie Sie, Herr Bundeskanzler, es gesagt haben, finden kann, das eben ist das Problem. Sie haben den amerikanischen Präsidenten zitiert und haben darauf hingewiesen, daß er die Verträge, die wir geschlossen haben, und das Berlin-Abkommen als eine Voraussetzung für die weitere Entwicklung auch in Europa betrachte.
Ich habe Sie, Herr Bundeskanzler, schon bei meiner ersten Einlassung in diesem Hause zu Ihrer Politik gefragt, ob es richtig sei, was ausländische Stimmen berichten, daß diese Ihre Politik bedeute, daß Sie ein für allemal mit dieser Politik, wie man es draußen nennt, die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges anerkannt, ein für allemal den Status quo besiegelt hätten. Ich habe mich damals sehr gewundert, daß Sie mir nicht gleich eine klare und eindeutige Antwort gegeben haben. Sie wissen, daß man im Ausland, wohin man kommt, tatsächlich diese Politik als eine endgültige Besiegelung, als einen Schlußstrich sieht und daß die Hoffnung und der Wille, den Sie aussprechen, daß dadurch die deutsche Frage nicht abgeschlossen sei, sondern offenbleibe, allzu häufig mit einem Achselzucken abgetan wird, indem man sagt: Nun ja, die Deutschen mögen das glauben; die Realität sieht aber anders aus.
Nicht — es wäre höchst töricht, wenn ich das täte — daß ich Ihren Willen und den Willen dieser Koalition bezweifelte, die deutsche Frage tatsächlich offenzuhalten. Aber es ist natürlich leicht, dies mit Worten zu tun. Und wenn Sie gesagt haben: Illusionen schaffen keine Wirklichkeiten- bloße Hoffnungen, Herr Bundeskanzler, tun das auch nicht!
Ein deutscher Publizist hat dieser Tage geschrieben, nun ja, die deutsche Frage bleibe offen, bleibe offen im Sinne einer sehr fernen, abstrakten Denkmöglichkeit. In der Tat, mit einer Denkmöglichkeit kann man auch Politik machen. Aber dann muß man wissen, daß es nur eine Denkmöglichkeit ist und daß man dann, um Ihr Wort zu wiederholen, Herr Bundeskanzler, auch dabei die Pflicht hat, keine trügerischen Hoffnungen zu erwecken oder wachzuhalten.
Die deutsche Frage offenzuhalten, haben sich die Väter des Grundgesetzes nicht nur für sich selbst vorgenommen, Herr Bundeskanzler, sondern sie haben die Bemühungen um die deutsche Einheit sich und uns allen — diese Verpflichtung steht bis zu dieser Stunde — zur Pflicht gemacht.
Daß sich das im Laufe der Jahre je und je anders darstellte, daß wir uns im Laufe der Jahre je und je mit diesem Problem anders konfrontiert sahen — heute anders als zur Zeit Ernst Reuters oder Kurt Schumachers, auch Konrad Adenauers —, ist selbstverständlich. Niemand von uns hat je behauptet, daß wir im Laufe von 25 Jahren alles gleich sehen, alles gleich sagen, alles gleich entscheiden müßten. Was wir aber unter allen Umständen tun müssen und hätten tun müssen, ist, wenn wir schon verhandeln, mit der größten Sorgfalt, Geduld, Zähigkeit und Entschlossenheit alles nur Mögliche herauszuholen, um die deutsche Frage zu fördern.
Wir sind der Meinung — und das ist das gute Recht der Opposition —, daß dies bei den Verhandlungen nicht genügend geschehen ist. Einem ausländischen Diplomaten wird nachgesagt, er habe diese Politik so gekennzeichnet: zu früh, zu rasch, zu laut. Ich glaube, dieses Urteil ist richtig. Ich möchte hinzusetzen: zuwenig auf der einen Seite, zuviel auf der anderen; zuwenig für die deutsche Frage, zuviel für jene Politik, Herr Bundesaußenminister, von der Sie gesagt haben, daß auch Sie sie sähen, nämlich die Politik der Sowjetunion und die Politik der Mächtigen im anderen Teil Deutschlands, die ihre eigenen Interessen verfechten. Wir meinen, es hätte möglich sein müssen, durch zäheres Verhandeln mehr für uns, das heißt für die deutsche Frage, und weniger für das, was die anderen erstreben, zu tun.
Meine Damen und Herren, ich will aber nach vorn blicken und fragen, was wir in der Zukunft gemeinsam in dieser Lebensfrage unseres Volkes tun können. Erlauben Sie mir aber, Herr Bundeskanzler, bevor ich das tue, doch noch etwas zu Ihrem Angriff auf die Bemerkungen meines politischen Freundes und früheren Mitarbeiters Professor Carstens zu sagen. Sie haben gesagt, Berlin sei in den früheren
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1639
Dr. h. c. KiesingerJahren von den verangegangenen Regierungen oft kümmerlich genug behandelt worden.
— Herr Kollege Wehner, dazu möchte ich folgendes sagen: Berlin darf doch nicht für sich allein gesehen werden. Die raison d'être Berlins, der Grund, weswegen Berlin nicht das Schicksal Magdeburgs oder Leipzigs oder Ihres geliebten Dresden teilte, ist doch, daß diese Stadt auf- und ausgespart wurde, weil man in ihr für lange Zeit die künftige Hauptstadt eines wiedervereinigten Deutschland gesehen hat.
Der Kampf der früheren Bundesregierungen um Berlin, der Kampf um alle jene deutschen Positionen nach Osten hin, den diese Regierungen geführt haben, war doch immer auch zugleich ein Kampf um Berlin und um diese seine zukünftige gedachte Rolle. Wenn Sie das sehen, können Sie, Herr Bundeskanzler, doch wahrhaftig nicht sagen, daß die früheren CDU/CSU-Regierungen Berlin kümmerlich behandelt hätten. Im Gegenteil! Sie haben für diese Stadt all ihre Kraft eingesetzt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie dieses Argument nicht begreifen, dann tun Sie mir wirklich leid.
Nach diesen Verträgen, nach diesen Besiegelungen, nachdem der Grund, weswegen Berlin als eine freie Stadt ausgespart worden ist, für unabsehbare Zeit weggefallen ist, angesichts dieser künftigen Rolle Berlins kann man doch fragen — und ich hoffe, daß es unter Ihnen einige gibt, die diese Frage ernsthaft stellen -, ob nicht gerade die Verteidigung dieser Gesamtposition, die Gesamtostpolitik der früheren Regierungen, auch die beste Verteidigung Berlins gewesen ist.
- Es ist immer ein Zeichen, daß man irgendwo insSchwarze getroffen hat, wenn es plötzlich auf der anderen Seite aufgeregt wird.
Ich will Sie gar nicht zu emotionalen Erregungen bringen
- ich bin ganz ruhig-, sondern ich sage Ihnen nur noch einmal -- was meine Pflicht ist —, was war. Es ist auch meine Pflicht, gerade jenen Mann zu schützen, der durch seine langjährige politische Tätigkeit sich ein hohes Verdienst an der Verteidigung der Freiheit Berlins erworben hat.
Was nun die angestrebten Verbesserungen für das Leben des geteilten Volkes in unserem Lande
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sie werden für alles und jedes, was da nach vorne führen kann, was die Qualität des Lebens auch in diesem Zusammenhang für unser Volk und vor allem für jene drüben verbessern kann, unsere Unterstützung haben. Unsere Kritik an der Verhandlungsführung, unsere Kritik an den Verträgen, unsere Stellungnahme auch zum Grundvertrag wird uns nicht daran hindern, Ihnen unsere volle Unterstützung zu geben, wenn es gilt, diese Ziele Ihrer Bemühungen zu erreichen.
Wir wissen, daß wir es nicht nur mit den Mächtigen im anderen Teil Deutschlands zu tun haben. hinter der Realität drüben erhebt sich der mächtige Schatten der Sowjetunion.
Sie ist ja letzten Endes die Macht, die darüber entscheiden wird, was aus der Zukunft Berlins wird, was aus der Zukunft Ihrer Politik wird. Ich war Ihnen dankbar, Herr Außenminister, daß Sie mit nüchternem Realismus gesagt haben, Sie seien sich durchaus darüber klar, daß die Politik der Sowjetunion ihre Interessen vertritt und sogar darauf gerichtet sein kann, ihrerseits die Wirklichkeit in Europa zu ihren Gunsten zu verändern. Herr Kollege Wehner hat dazu „natürlich" gesagt: Ich bin froh über diesen Realismus; denn er wird uns vor Illusionen bewahren.Sie haben darauf hingewiesen, daß Herr Breschnew kommt. Wir alle werden diesen Gast, diesen mächtigen Mann eines der mächtigsten Staaten der Welt, mit der Höflichkeit empfangen, die einem solchen Gast geziemt, ja, mit mehr: auch mit dem Willen, vielleicht auch bei diesem Besuch ein Stückchen weiterzukommen in jenem Prozeß der Entspannung, in der Anbahnung jener europäischen Friedensordnung die wir beide als für die Einheit Deutschlands, wann immer sie einmal verwirklicht wird, als unerläßlich angesehen haben.Aber, ich glaube, eines sollten wir bei diesem Besuch nicht unterlassen. Bei aller Höflichkeit, bei aller Bereitschaft zur Entspannung: — unter dem Namen dieses Mannes geht durch die Welt jene Theorie, die es keinem, der unter sozialistischer Herrschaft lebt, erlauben will, den Bereich dieser sozialistischen Herrschaft zu verlassen. Es muß Herrn Breschnew auch bei diesem Besuch klar sein, daß wir mit dieser Theorie und der darauf gegründeten Praxis niemals einverstanden sein werden.
Meine Damen und Herren, zur Frage des Eintritts der Bundesrepublik in die Vereinten Nationen nur wenige Sätze. Daß wir Mitglied der Vereinten Nationen werden wollen, ist für die CDU/CSU selbstverständlich. Aber ob wir diesen Eintritt mit der zwangsläufigen Folge wagen wollen, daß auch die DDR Mitglied wird, hat in meiner Fraktion eine unterschiedliche Bewertung erfahren. Darüber wird mein Kollege Kliesing nachher noch etwas sagen. Das hat nichts mit der gemeinsamen Bewertung
Metadaten/Kopzeile:
1640 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Dr. h. c. KiesingerIhrer Politik zum Grundvertrag insgesamt durch unsere Fraktion zu tun,
sondern hier haben die einen den Akzent so, die anderen anders gesetzt. Diejenigen, die ihn anders gesetzt haben, nämlich zugunsten des Eintritts in die Vereinten Nationen — zu denen gehöre auch ich —, wollen damit bekunden, daß sie auch unter Risiken einen Schritt vorwärts zu machen versuchen, um in dem neuen Forum, das sich uns dann bietet, unsere große, gerechte, gemeinsame Sache mit Nachdruck zu vertreten. Das werden Sie, Herr Bundeskanzler, und Ihre Regierung zunächst zu tun haben. Wir hoffen, daß Sie das Forum nutzen werden, um diese große, gemeinsame Sache dort zu fördern.
Nun muß ich noch einen Augenblick auf die große Gefahr verweisen, die darin liegt, daß man im Ausland — eine in London veröffentlichte Studie hat das vor kurzem sehr deutlich gezeigt — diese Politik anders sieht, als Sie sie artikulieren. Man sieht sie — ich wiederhole es — als eine endgültige Besiegelung des Status quo und nicht so, wie Sie es sehen — jetzt gebrauche ich ein Wort, das, glaube ich, Herr Bahr gesprochen, wenigstens nicht zurückgewiesen hat, als ihn Herr Gaus im Fernsehen befragte —: den Status quo anzuerkennen, um ihn danach zu überwinden. Gut, ich nehme Ihnen das ab. Die entscheidende Frage aber ist, daß Ihnen die Welt, daß unsere Verbündeten Ihnen das abnehmen; denn es ist der moralische Beistand der übrigen Welt, der allein uns helfen kann, in der deutschen Frage vorwärtszukommen.
Deswegen bleibt es unsere gemeinsame Pflicht, dieser Welt klarzumachen, daß nicht einfach ein Schlußstrich gezogen wird, daß wir zwar die Grenzen unserer Macht und unserer Möglichkeiten kennen, daß wir wissen, wie lang der Weg sein wird, aber daß wir nicht ablassen werden, dieses Ziel zu erreichen. Dabei sage ich noch einmal ganz deutlich: Uns geht es nicht um die mechanische Zusammenfügung der beiden getrennten Teile Deutschlands. Der Kern unserer Wiedervereinigungspolitik ist — das haben wir im Laufe der Jahre immer deutlicher gemacht; schon Konrad Adenauer hat es getan —, daß der Tag komme, an dem die Landsleute drüben — ich wiederhole, was ich als Bundeskanzler gesagt habe —, die wir nicht bevormunden und die wir zu nichts zwingen wollen, in Freiheit sagen können, was sie wollen und wohin sie wollen.
Herr Kollege Wehner, ich habe leider erst, nachdem wir nicht mehr miteinander an einem Kabinettstisch saßen, einen bemerkenswerten Artikel von Ihnen gelesen, einen Artikel in der Festgabe zum 65. Geburtstag unseres Kollegen Dr. Alex Möller, an dem ich damals teilgenommen habe; ich hatte jetzt die Freude, wieder an seinem 70. Geburtstag teilzunehmen. In jenem Artikel hatten Sie in einereindrucksvollen Art auf etwa vier Seiten etwa dreizehnmal immer den gleichen Satz wie mit Hammerschlägen geschrieben, den Satz nämlich, es sei die deutsche Aufgabe, die demokratische Lösung der nationalen Frage des deutschen Volkes herbeizuführen; dreizehnmal, wie mit Hammerschlägen. Meine Damen und Herren, ja, das ist die Aufgabe. Ich hätte, wenn ich diesen Aufsatz in seiner beschwörenden Eindringlichkeit früher gelesen hätte, gern mit Ihnen darüber gesprochen. Sie haben zugleich die CDU, die CDU-Regierungen angeklagt, daß sie diesen Versuch nicht ernsthaft genug angebahnt hätten.Nun hoffe ich, daß wir uns darüber einig sind, was eine demokratische Lösung der nationalen Frage des deutschen Volkes bedeutet.
Das war weder eine Unterstellung noch ein Angriff.
— Nein, Herr Kollege Wehner, das glaube ich nicht. Dieser Beifall, so nehme ich an, denkt an gewisse Kräfte in Ihrer Partei, die unter Demokratie etwas anderes verstehen, als was wir bisher gemeinsam verstanden haben.
- Ich hoffe also, daß wir uns über das, was dasheißen soll, einig sind. Eine demokratische Lösung der nationalen Frage des deutschen Volkes kann nur eine Lösung sein, die auf demokratische Weise, das heißt so, wie freie Menschen zu entscheiden pflegen, zustande kommt. Deswegen ist die demokratische Lösung der nationalen Frage des deutschen Volkes nur möglich, wenn unsere Landsleute drüben eines Tages in dieser demokratischen Freiheit mit uns entscheiden können.
Sie, Herr Bundeskanzler, hoffen, daß Ihre neue Politik diesen Weg bahnt und daß über diese Politik eines Tages ein befriedigender Zustand erreicht wird. In diesem Zusammenhang erinnere ich nur am Rande an jene gefährliche Formel vom „Wandel durch Annäherung", in der eine solche Hoffnung stecken mag, in der aber auch eine riesenhafte Gefahr stecken kann. Wir sind uns also hoffentlich einig, daß das, was wir in Zukunft miteinander tun, auf dieses Ziel hin gerichtet ist.Die Gefahr der Verträge und die Gefahr der Meinung der Welt zu diesen Verträgen ist, daß gerade dieses Ziel uns nicht mehr geglaubt wird — ja, daß wir selber eines Tages nicht mehr daran glauben, daß wir nicht mehr an die Verwirklichungsmöglichkeit glauben, so schwer sie sein mag, sondern daß sie dann tatsächlich für uns nur noch eine „abstrakte Denkmöglichkeit" sein wird.Darum beschwöre ich Sie alle, dieses ganze Haus, daß wir zusammenstehen, damit dieses Ziel eben nicht nur eine abstrakte Denkmöglichkeit bleibt, sondern daß dies der Wille dieses freien Teiles des deutschen Volkes ist, wie es auch der Wille derer
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1641
Dr. h. c. Kiesingerdrüben ist, die diesen Willen nicht aussprechen können.
Meine Damen und Herren, die Medaille „Ostpolitik der Bundesregierung" hat natürlich auch eine andere Seite: es ist die Politik nach dem Westen. Herr Bundeskanzler — Sie, Herr Bundesaußenminister, beziehe ich mit ein —, ich habe jedes Ihrer Worte der letzten Zeit und auch von heute morgen aufmerksam registriert, mit denen Sie die Unverbrüchlichkeit der Bindungen im Bündnis und in der Europäischen Gemeinschaft — in der, wie sie ist, und in der, wie sie werden soll — mit großem Nachdruck unterstrichen haben. Sind wir uns wirklich einig darüber, daß dieses Bündnis bleiben muß und daß wir uns gegen alle Verlockungen nach „Auflösung der Blöcke" und gegen alle Andeutungen gewappnet zeigen müssen, daß es bei einer Wirtschaftsgemeinschaft bleiben könne, daß eine politische Union nur in einer losen und lockeren Weise zustande kommen dürfe?Herr Bahr hat in einem Interview mit Herrn Gaus gesagt — ich erwähne das nicht, um Ihnen etwas am Zeug zu flicken, sondern um Klarheit zu bekommen —, daß der westeuropäische Zusammenschluß nicht jene Dichte haben dürfe, die wir wollen, sondern ein lockeres Gefüge sein müsse, damit der Weg zum Osten nicht versperrt werde. Herr Bundeskanzler, hier sind Sie uns noch eine Erklärung schuldig. Herr Egon Bahr ist nicht irgendwer; Herr Egon Bahr ist ein Mann, der ganz wesentlich zum Entwurf und zur Durchführung dieser Ihrer Politik beigetragen hat.
Wenn er andeutet, daß unsere bisherige gemeinsame Konzeption einer politischen Union Europas einer anderen weichen müsse, einem locker gefügten Staatenverbund, dann müssen Sie die Frage klarstellen. Sie sagen, Europa wird eine Realität. Europa gibt es auch heute! Für uns ist die Frage, ob jene politische Union Europas, die wir gemeinsam gewollt haben, eine Realität werden soll.
Ich mache mir keine Illusionen darüber, Herr Bundeskanzler und Herr Außenminister, wie schwer das sein wird, auch gegenüber der Sowjetunion. Aber ich lasse mich auch durch keine Tröstungen beschwichtigen. Ich habe vor kurzem eine Denkschrift von amerikanischer, nicht offizieller Seite gelesen, in der steht: Ihr Europäer werdet die politische Union nicht schaffen. Die Umstände werden das verhindern. Macht einen losen Verband mit geregelten Konsultationen, einigt euch wirtschaftlich. Zu einer politischen Union reicht es nicht. Aber das ist ja auch nicht schlimm; ihr werdet vom Westen und vom Osten umworben sein und werdet eine sehr günstige Verhandlungsposition haben.Diese Levantinerrolle
möchte ich den Europäern nicht zudenken. Wennder amerikanische Präsident gesagt hat, es bahnesich ein „Pentagonales Gleichgewicht" der Kräfte inder Welt an, dann kann das nur wahr sein, wenn Europa nicht nur ein lockeres, „umworbenes" Gefüge ohnmächtiger kleiner Staaten bleibt, sondern wenn Europa eine politische Union wird, die in der Lage ist, ihr eigenes Schicksal zu gestalten und an der künftigen Gestaltung der Welt mitzuwirken.
Daß das schwierig sein wird, ist mir klar. Die Sorge, die Herr Bahr ausgesprochen hat, habe ich auch in meiner 17.-Juni-Rede, die Herr Kollege Wehner gerne zitiert und die Ihr Berichterstatter auch genannt hat, zum Ausdruck gebracht. Man muß sich natürlich fragen, ob die Gründung einer solchen europäischen politischen Union der deutschen Einigung nicht hinderlich ist, ja sie sogar unmöglich machen könnte. Ich war nie der Meinung und bin dieser Meinung nicht.Ich bin der Meinung, in dem Augenblick, wo sich Westeuropa zu einer politischen Union vereinigt hat, verbessern sich die Möglichkeiten, die Chancen für jene europäische Friedensordnung, die wir gemeinsam anbahnen wollen und innerhalb derer allein die zukünftige Einheit Deutschlands oder — wenn Sie es anders wollen — das Recht unserer Landsleute zu sagen, was sie wollen, gefunden werden kann.
Vielleicht ist auch das ein Punkt, bei dem wir in Zukunft deutlicher, offener miteinander reden und
niemand in Zweifel lassen, was wir wirklich wollen.Meine Damen und Herren, der Grundvertrag — wir wissen es — wird von diesem Hohen Hause angenommen werden. Er wir nicht die Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion bekommen, nicht nur weil er ohne sie zustande kam, sondern weil sie nicht die Möglichkeit hatte, auf seine Gestaltung Einfluß zu nehmen, und weil sie — das haben wir in der Debatte dargelegt — der Meinung ist: hätte sie diese Möglichkeit gehabt, dann wäre ein besserer Vertrag zustande gekommen.
Wenn der Grundvertrag angenommen sein wird, dann wird alles darauf ankommen, in welchem Geist und mit welchem Willen er von uns angewandt werden wird. Er soll angewandt werden im Interesse des Friedens, im Interesse der Erleichterung des Lebens unseres Volkes in diesem geteilten Land, im Interesse der immer größeren Durchlässigkeit der Machtgrenzen.
Wenn Sie diesen Willen haben und beweisen, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, werden Sie dafür die volle Unterstützung der Opposition haben.
Metadaten/Kopzeile:
1642 Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein verehrter Herr Vorredner hatte eine schwierige Aufgabe, und ich respektiere durchaus den Ernst und auch die Eleganz, mit denen er versucht hat, diese Aufgabe zu lösen.Er hat unserer Regierung den Vorwurf gemacht, bei den Verhandlungen habe sie nicht genügend getan, um alles, aber auch alles herauszuholen, was die deutsche Frage offenhält. Das war das Leitthema. Herr Kollege Dr. Kiesinger, Sie haben am Schluß gesagt, daß auch diejenigen, die heute den Vertrag ablehnen, das unterstützen würden, wovon Sie in Ihrer Rede gesagt haben, Sie wähnten, diese Regierung oder wenigstens Kräfte in dieser Partei wollten das gar nicht mehr. Das haben Sie da so verpackt.
Zunächst muß jedenfalls der Vertrag angenommen werden!
Bei allem, was über das, was danach kommt, zu sagen ist: Sie haben die Kurve in Ihrer Runde haarscharf so ausgefahren, daß die dabei unvermeidlichen Spritzer, auch die beim Beschwören — sonst wäre das Beschwören ja kein Vorrecht, das gewissen Menschen zustünde —, an uns hängenbleiben sollten, als ob wir nicht, wie Sie sagen, den Tag — es wird nie „ein Tag" sein, Herr Kiesinger, das wissen Sie genau; ein Tag kann es nur in Schwüren sein; es ist eine ganze Zeit; ich will darauf sachlich zurückkommen — wollten, als ob wir ihn sogar verhinderten. Und wenn man Ihnen dazu erklärend etwas zuzurufen versucht, sagen Sie: ja, gewisse Kräfte in der SPD.Ich sage Ihnen vorweg: Viele von Ihnen oder — bleiben wir bei dem Ausdruck - gewisse Kräfte in der CDU/CSU brauchen immer einen Feind, den sie hetzen können, den sie aussperren können aus ihrer so oft beschworenen Gemeinsamkeit. Das ist das, was gewisse Kräfte bei Ihnen immer brauchen, und das trennt uns.
Sie haben in der Verteidigung des nunmehrigen Kollegen und langjährigen Staatssekretärs Carstens gegen einige Feststellungen, die der Bundeskanzler getroffen hat, in bezug auf Berlin gesagt, Berlin sei doch „ausgespart" worden, weil man in dieser Stadt die zukünftige Hauptstadt gesehen habe. Hier gibt es keinen Streit. Nur, Herr Kollege Dr. Kiesinger, „ausgespart" worden — wenn man diesen Begriff so aufgreifen darf; ich würde an ihm nicht herumdeuteln -- ist Berlin durch die Sieger- und Besatzungsmächte, die sich dort trafen und installierten, weil sie mitten im besiegten und besetzten Land eine gemeinsame Stelle brauchten.
Die Jahre seit dem Sieg — die Tage im Kalender erinnern uns daran — waren dann zunehmend gefüllt mit Erschütterungen aus den Krisen und Spannungen zwischen diesen Mächten. Und Berlin war der hauptsächlich leidende Teil unseres getrennten Vaterlands. So ist die Lage.Jetzt wird ein anderer Versuch gemacht, der Versuch — ich nenne ihn ganz bescheiden so —, Spannungen und Konflikte zwischen den Weltmächten -bleiben wir zunächst bei den vier — nicht Berlin tragen zu lassen. Und es ist die Mühe wert, Herr Kiesinger,
zu tun, was wir tun können, daß dieser Versuch gelingen möge.
Dem Bundeskanzler und dem Bundesminister des Auswärtigen ist zu danken für ihre klaren Aussagen über die Schritte, die mit den Zustimmungsgesetzen zum Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen den beiden Staaten im getrennten Deutschland und zum Beitritt zur Charta der Vereinten Nationen getan werden.Hier komme ich noch einmal auf den von Ihnen in einem anderen Zusammenhang in Schutz genommenen Herrn Kollegen Carstens zurück, der dem Vertrag vorwarf — und damit denen, die ihn ausgehandelt haben, die aber ihn doch nicht haben diktieren können, sondern haben aushandeln müssen —, daß dort nicht von der deutschen Nation und von der Einheit gesprochen sei. Herr Kollege Kiesinger, Sie werden sicher — in diesem Punkte jedenfalls — nicht bestreiten, daß genau diese Begriffe von der Nation und von der Einheit der Nation zur Substanz der Spaltung gehören. Also kann man doch nicht so tun, als wäre es jetzt möglich, der anderen Seite in einem Vertrag diese Begriffe, die zur Substanz der Spaltung gehören, aufzunötigen! Und mit Tünche ist es da nicht getan. Das ist das eine.
Der Herr Außenminister hat mit großer Klarheit und Deutlichkeit gesagt: Es stand nicht in unserer Macht, die DDR auf unsere Auffassung von der Einheit der deutschen Nation festzulegen. Und er hat auf den Brief und auf die in der Präambel getroffene Feststellung hingewiesen. Meine Damen und Herren, wie immer Sie zu den Sachen und vor allen Dingen zu uns stehen: selbst wenn wir eine gute Sache machen, müssen Sie sie doch schlecht machen, weil w i r sie machen. Ich warne Sie davor, den Brief zur deutschen Einheit und das, was über die Dissonanz in der nationalen Frage in der Präambel steht, auch noch so madig zu machen, daß es seinen Wert, der hier liegt, in diesem Haus und den nachfolgenden soundso viel Legislaturperioden dieses Hauses in den nächsten 20 oder 30 Jahren, auch noch verliert. Da haben Sie eine geschichtliche Verantwortung!
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1643
Herr Kollege Wehner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Carstens?
Nein, nein!
— Ja, was lohnt das denn? Ich habe oft hier unten gesessen und den Versuch gemacht, etwas durch Fragen aufzuklären. Aber wenn ein Mensch aus dem Saal versuchte, von der Regierungsseite die Regierungspolitik erläutert und vertreten zu bekommen, dann ist es ihm so gegangen, wie es Ihnen, langjährigen Herr oben gesessen Habender, jetzt gegangen ist.
Nein, ein solcher Vertrag kann fundamentale Gegensätze nicht beseitigen, denn sonst, so füge ich hinzu, hätten wir doch wohl einen Friedensvertrag und nicht einen Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen den beiden Staaten in Deutschland.Meine Damen und Herren, das andere: Daß manche diesen Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen als etwas ansehen oder als etwas angesehen wissen möchten, was einen Friedensvertrag überflüssig mache, oder daß manche sagen, dieser Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen dem, was aus dem Kriegsende und den folgenden Jahrzehnten an Spaltung und Staatskonstriktion im getrennten Deutschland hervorgegangen ist, sei Ausdruck des Verzichts auf einen Friedensvertrag, das kann uns doch nicht daran hindern, jetzt zu tun, was nützlich, was möglich und was notwendig ist, um den Erfordernissen dieses Zeitabschnitts — oder, sagen wir einmal: dieser Etappe — gerecht zu werden. Und das, meine Damen und Herren, ist es, worauf es ankommt: diesen Notwendigkeiten gerecht zu werden und damit zugleich auch den Anspruch unseres Volkes auf einen Friedensvertrag real bleiben zu lassen.Ich stehe nicht an, nicht beschwören zu können, ob wir und wann — wenn ja — wir einen bekommen. Nur: Ich möchte nicht noch die Reihe derer — darunter Persönlichkeiten, die ich durchaus ehrend im Gedächtnis habe — verlängern, die uns früher entgegengehalten haben — ich habe mir in dieser Nacht noch einmal einige der Protokolle durchgelesen —, es sei auch viel besser, gar keinen Friedensvertrag abzuschließen. Denn Friedensverträge nach solchen Kriegen gebe es nicht mehr. Herr Kiesinger, Sie, der Sie an diesen Debatten beteiligt waren, wissen genau, wie das hin- und hergegangen ist. Es hat keinen Zweck, jetzt darüber zu triumphieren.Was wir tun müssen, das tun wir in dieser Etappe, ohne dadurch den Anspruch aufzugeben. Hier unterscheiden Sie sich von uns, denn Sie möchten den Anspruch noch bekräftigen. Wir meinen, daß wir gerade dadurch den Anspruch unseres Volkes auf einen Friedensvertrag aufrechterhalten. Dasbestreiten Sie, weil Sie sagen, die Realitäten werden anders laufen.Was ich sage, ist mehr als das, was ich Selbstgerechtigkeit nenne, die manche zeigen, welche sich im Besitz der ewigen Werte zu befinden wähnen, die aber doch nur verwechseln, was — wie Sie immer sagen — eigentlich hätte getan werden müssen, was eigentlich getan werden könnte. Das, was tatsächlich real notwendig ist, muß auch langfristig gesehen werden.In dieser Debatte hat der Kollege Dr. Gradl an den 17. Juni erinnert,
der sich dadurch auszeichnet, daß wir ihn demnächst zum 20. Mal begehen.
— Meine Damen und Herren, beleidigen Sie doch bei allem, was uns trennt, nicht das, was der Respekt vor den Opfern des Standrechts uns auferlegt. Sie werden uns doch nicht bestreiten, das wir ihn haben, wobei ich sage, daß Sie ihn ebenfalls haben. Aber wiederauferstehen können Sie weder die Opfer des Standrechts noch die damalige Situation lassen!
Oder war das denn vielleicht nicht etwas, was in den sibirischen Gebieten nach dem Tode jenes bedeutenden und offenbar so unfehlbaren Staatsmannes jener Sphäre sogar die Gefangenen taten, weil sie meinten, jetzt wird es Frühling, jetzt wird es Tauwetter? Und dann fand der nächste Akt in Berlin statt.Meine Damen und Herren, hier geht es doch nicht um eine Prestigefrage. Auch kann es hier doch nicht darum gehen, so zu tun, als könne oder wolle man das noch einmal nachvollziehen. Wir verneigen uns — und auch Sie verneigen sich jetzt — vor denen, die damals unter dem Standrecht ihr Leben haben lassen müssen. Und wir ehren alle Opfer der damaligen Freiheitskundgebung.
Wir wissen ja, was es bedeutet, daß damals Bauarbeiter und danach auch Arbeiter aus anderen Fabriken und in anderen Fabriken demonstriert haben, weil sie, so haben sie es damals gesagt, „Arbeiter und keine Sklaven" seien. Wir wissen aber auch, daß ihnen weder damals noch danach noch zuvor von außen Hilfe hat kommen können; jedenfalls ist ihnen keine gegeben worden. Das ist kein Vorwurf. So ist die Lage, so war die Lage. Wir unterscheiden uns nur in einem: daß die einen so tun, als könne sich das ändern. Das war weder in Ungarn noch anderswo anders.
Verehrter Herr Dr. Kiesinger, da Sie manche Erinnerung wieder bewegt: Ich habe auch eine Erinnerung —, viele Erinnerungen, aber bei der Gele-
Metadaten/Kopzeile:
1644 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Wehnergenheit fällt mir ein, daß wir am 21. August 1968 miteinander darüber sprachen, was ich wohl gemeint hätte, als ich mich in der Kabinettsitzung — ich gehörte damals dem Kabinett an — zu den Vorgängen in Prag und in der CSSR, die mit dem 21. August verbunden waren, äußerte. Da erinnerten Sie sich hinterher, nachdem Sie eine Weile nachgedacht hatten und wir wieder einmal darauf zu sprechen kamen, daran, daß Sie in einem Gespräch mit einem amerikanischen Regierungsmitglied einige Zeit vorher von dem gehört hatten, daß das Dilemma eigentlich darin liege, daß die Kommunisten, wie man sie so summarisch nennt, friedliche Koexistenz gar nicht längere Zeit wirklich aushalten könnten, obwohl sie sie propagierten, denn nach einer längeren Periode wäre von den Formationen des Kommunismus dann nur noch die chinesische übrig. Ich habe damals eingeworfen — Sie hatten sich dann daran erinnert —: Einmal unterstellt, es könnte so gesehen werden, möchte ich Sie darauf aufmerksam gemacht haben, daß die sowjetische Führung, wenn sie dies merkte, eher die Erde untergehen ließe, als ihren Testamentsanspruch im Sinne dessen, was sie Leninismus nennt, untergehen zu lassen. Da haben Sie meine Beschreibung zur Lage und zu dem, was Sie dann die Doktrin genannt haben! Dies ist doch nicht das, was Ihre jubelnden und beitragspendenden Freunde, die immer einen Feind brauchen, meinen, einem anhängen zu können. Das ist der Versuch fertig zu werden, und zwar nicht durch Kunststücke und Salti mortali, sondern durch das redliche Bemühen, soweit unsere Kräfte das zulassen.Die Entdeckung, die Herr Dr. Gradl gemacht hat, daß durch diesen Vertrag die DDR aber gleichwertig neben uns zu stehen komme, will ich auch noch kurz erwähnen. Als ob es überhaupt denkbar wäre, den anderen Staat im getrennten Deutschland durch einen Vertrag zur Unterordnung unter unseren Staat zu bringen! Das hat doch mit der Wertung dessen, was dort ist, und dessen, was hier ist, nichts zu tun, das ist doch eine Frage des politischen Umgehens miteinander, und das ist eine Frage der Wahrung der Interessen der Menschen, auch jener, die uns indirekt anvertraut bleiben.Soweit früher in den Verfassungen der DDR und bei entsprechenden Gelegenheiten in Erklärungen aus dem dortigen Teile Deutschlands von „Nation" und von der „Einheit der Nation" die Rede gewesen ist und Sie jetzt sagen: Ja, das ist nun weg, inzwischen reden und schreiben sie dort ganz anders, ist zu erwidern: Daß es damals drinstand, war doch kein Verdienst der CDU/CSU oder ihrer Regierungen, -der Regierung in diesem Teile Deutschlands , ebensowenig wie es unseres gewesen ist, sondern das war der Ausdruck einer Übergangszeit dort drüben, in der man meinte, selbst zu dem zu werden, was hier bei uns oft gesagt wurde: „Kernland eines wiederzuvereinigenden Deutschlands" . Der Begriff hat es in sich, wenn man ihn anwendet. Das heißt: hier hat man ihn naiv auch für unsere Rolle in Anspruch genommen; jene haben ihn dann dort als sozusagen sozialistische Kernzelle oder Kernland in Anspruch genommen. Jetzt haben Sie deren weitere Entwicklung auch in den Ausdrücken; jetzt gibt es bei denOffiziellen drüben sozusagen nur noch oder vorwiegend „Abgrenzung", wie sie das nennen.Aber Sie hier, meine Damen und Herren, haben schon wieder Ahnungen, als ob wir es demnächst und gerade auf Grund dieser Verträge und dieser Politik mit dem Winken auf Einheit von drüben oder mit neuen Ansätzen, mit dem Versuch einer Konföderation zu tun haben könnten und daraus bald eine Gefahr werden würde. Ihr Grundfehler scheint mir der zu sein, daß Sie das, was ich einmal „Ewigkeitswerte" zu nennen mir erlaubte, als Maßstäbe für die Politik in den Etappen, in den durch Kräfte bestimmten Etappen anlegen möchten oder anzulegen versuchen, — zum Teil vielleicht auch, urn sich damit selbst zu trösten und aufzurichten oder auch um sich von anderen, nämlich den Profaneren, die wir sind, zu unterscheiden. Aber selbst haben Sie keine Maßstäbe
zu finden vermocht für realistisches Handeln in den Etappen, die sich im Laufe der geschichtlichen Entwicklungen, der weltmachtpolitischen Entwicklungen nun herausstellen.
Wir wollen ja, daß auch dieses Verhalten in den Etappen sich an den Werten orientiert, von denen wir — das denke ich nach wie vor — manche gemeinsam haben.Der Herr von Stauffenberg hat in dieser Debatte, weil er von meinem Kollegen Heyen aus Berlin gefragt worden war, wie es denn von ihm erklärt würde, daß drüben viele diesen Vertrag als eine Hoffnung ansähen, gesagt: Ja, sie begrüßten diesen Vertrag, weil sie Hoffnungen in ihn setzten, und sie täuschten sich offenbar. Wie sich doch die Zeiten im Fluß der Zeiten manchmal gleichen! Wir dachten gerade in dem Zusammenhang — jedenfalls ich — an 1953. Da haben wir Sozialdemokraten eine Bundestagswahl zu führen gehabt, in der wir Ihnen gegenüber verloren, ungeachtet dessen, was da in dem gespaltenen Deutschland in dieser Zeit vorgegangen war. Da waren viele hier der Meinung — weil viele drüben der Meinung waren —, daß solche Schöpfungen wie etwa die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, die EVG, ein Hoffnungsschimmer seien. Bitte, lesen Sie manchmal auch ältere Protokolle! Es müsen ja nicht die der Weisen sein, sondern unsere eigenen Auseinandersetzungen. Da haben Sie Ziel und Wirklichkeit und mehr oder weniger recht auf verschiedenen Seiten. Ich nehme nicht in Anspruch, immer allein das Richtige gesehen zu haben.Jedenfalls müssen Sie doch in der vor Ihnen und uns liegenden Periode eines in Ordnung zu bringen versuchen. Mit vorwiegend oder gar mit ausschließlich aus der Vergangenheit abgeleiteten oder aus der Vergangenheit entliehenen Argumenten und auch Erwartungen können wir die Prüfungen der Gegenwart und der Zukunft nicht bestehen. Das sind Prüfungen, in denen es erst darauf ankommen wird, ob unserem Volke die historische Chance erlaubt sein wird, in einem einheitlichen demokratischen Staat zu leben, oder nicht. Das kann so und
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1645
Wehnerdas kann so sein. Das liegt keineswegs allein in unserer Hand. Aber was in unserer Hand liegt, das sollten wir zu tun versuchen.Wir Sozialdemokraten haben Jahr für Jahr erleben müssen, wie die Vorstellung von einer Wiedervereinigung, die wir ja im ersten Deutschen Bundestag im ersten von uns eingebrachten Antrag als „vordringlichste Aufgabe" bezeichnet hatten — sowenig das Wort ein sehr gutes deutsches Wort ist —, wie die Vorstellung von einer Wiedervereinigung Deutschlands als Nationalstaat durch fundamentale Ereignisse und Handlungen mehr und mehr aus einer Hoffnung zu einer Beschwörung geworden ist, die man jeweils dann zu Hilfe genommen hat, wenn gravierende Maßnahmen die gegenläufige Entwicklung nicht nur anzeigten, sondern einer gegenläufigen Entwicklung sogar noch Impulse gegeben haben. Ich nenne nur einige Stichworte. Das ist vorbei, und das ist nicht wieder zu ändern. Nur können Sie nicht die Kleider wechseln, nur können Sie nicht einmal jene, einmal diese aus dieser langen Periode anziehen und meinen, dann wirke das besser. Das wäre ein fundamentaler Irrtum, mein Damen und Herren. Denken Sie an die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl — das war eine Weichenstellung —, und denken Sie an unsere Debattenbeiträge, in denen wir — damit meine ich die Sozialdemokraten — in vielem recht und in anderem unrecht hatten. Denken Sie an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft mit ihrer Unkündbarkeit, mit ihren sozusagen ehernen, nur ein wenig durch gewisse gummiartige Anpassungszeiten, die jeweils wenige Jahre ausmachten, gemilderten Fristen. Unwiderruflichkeiten! Denken Sie an den militärischen Verteidigungsbeitrag, integriert in die NATO, den wir heute gemeinsam tragen, und denken Sie an das, was dazu von dem, der hier steht, in einer Bundestagsrede vom 30. Juni 1960 gesagt worden ist. Ich habe hier vor mir diese beiden nun schon gelb werdenden Protokolle von 1953 und 1960.Der Herr Stauffenberg hat bemängelt, daß wir die Verbindung unserer Politik, ihre Einbettung in das atlantische Verteidigungsbündnis und in die westliche europäische Gemeinschaft betonen, und er fragte, was das denn heiße. Das sei die Basis, von der man wohl ausgehe; aber er möchte wissen, ob dies das Ziel sei. Was ist denn, verehrter Herr von Stauffenberg und andere, Ziel? Sie werden doch nicht im Ernst sagen können, wenn Sie einmal über die Polemik nachdenken, die NATO verstehe sich selbst als ein Ziel. Sie ist bestenfalls - und als das wollen wir sie mit unserem Beitrag halten, solange es nur geht — ein Mittel und eine Möglichkeit, politische Entscheidungen frei aushandeln zu können.
Ein „Ziel", sagen Sie; Sie müssen es immer ganz groß haben.Was ist die EWG? Sie wissen, daß wir darüber streiten und darum ringen, daß sie eben nicht nur eine Agrarmarktordnung und ähnliches bleibt. Wir haben hier ein Ziel. In der Gipfelkonferenz vom Oktober vergangenen Jahres haben Brandt, die Regierungschefs der anderen Länder und Präsident Pompidou die Absicht, die politische Union noch in den70er Jahren oder mindestens bis zu ihrem Abschlußzu verwirklichen, in Erklärungen deutlich gemacht.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten von Stauffenberg?
Nein.
Der damalige Bundeskanzler Herr Kiesinger hat 1967 in der Rede, die er heute hier selbst in Erinnerung gebracht hat, indem er sie genannt hat, davon gesprochen, daß die deutsche Frage und das, was an ihr lösbar sei, nur im Zuge eines Interessenausgleichs zwischen den Bündnissen von West und Ost lösbar gemacht werden könnte. Das hielt ich damals für wahr, für genau richtig. Die Frage ist nur, welche Schritte zu einem solchen Interessenausgleich gehören. Dieses „nur" ist nicht ironisch gemeint. Da kommt es dann zu ernsten Auseinandersetzungen.Nur, verehrter Herr Kollege, Sie wissen — undhier erinnere ich an das, was ich vorhin über diesesGespräch aus Anlaß des 21. August und am 21. Au-gust 1968 gesagt habe —, daß der Interessenaus-gleich zwischen den Bündnissen von West und Ostvon Ihrer Seite heute schon als höchst gefährlichoder, wenn man ihn praktiziert, als nicht annehmbarbetrachtet wird. Ich sage: von Ihrer Seite, nicht: vonIhnen persönlich. Ich will hier auch gar nicht differenzieren. Sie müssen mit diesen Dingen selber fertig werden. Niemand anders kann Ihnen dazu ver-helfen.Aber selbst ein gelingender Interessenausgleich, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, läßt immer noch ein gerüttelt Maß — ich weiß nicht, wieviel Prozent es sind; ich mache mich auch nicht anheischig, das auszuloten — „ideologischer", wie man dann sagt, Gegensätze übrigbleiben, sprich: reale Machtverhältnisse in den Ländern der anderen Sphäre und in unserer Sphäre. Damit muß man auch rechnen.Ich habe nie die Vorstellung gehabt, daß man das, was in der Machtsphäre der anderen Seite liegt, bekommen könnte, auch dann nicht, wenn man auf die Knie sänke. Hier muß man langfristig Politik machen. Man kann die andere Seite weder zwingen noch erweichen, nichts davon. Der Interessenausgleich zwischen den Bündnissen in West und Ost ist unverzichtbar. Die Urgesteinsrealität dessen, was man drüben „ideologische Gegensätze" nennt und was auch hier von denen, die dies gern tun, so genannt wird, nämlich die realen Machtverhältnisse in den Staaten jener Sphäre und in dieser Sphäre, werden sich möglicherweise allmählich ändern. Ich warne davor, sich anheischig zu machen, dies etwa mit solchen Läppischkeiten, wie es Konvergenztheorien und ähnliche Scherze sind, von denen ich mich immer abgewandt habe, erreichen zu wollen.
Am Schluß folgendes. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich empfinde keine Schaden-
Metadaten/Kopzeile:
1646 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Wehnerfreude, wenn ich Ihren gegenwärtigen Zustand sehe. Versuchen Sie bitte, Ihre Enttäuschung nicht zu einem starren, frivolen oder auch verkrampften Hochmut werden zu lassen. Sie würden es sonst allzu schwer haben, wieder auf den Boden zurückzufinden. Der Boden ist unser demokratischer Staat mit seiner Verpflichtung — ---
— Vielleicht lassen Sie mich meinen Satz zu Ende sprechen, ohne allen gleich zu beweisen, daß Sie auch das nicht wollen. Ich wiederhole es: Der Boden, auf den Sie zurückfinden müssen, ist unser demokratischer Staat mit seiner Verpflichtung, diese Aufforderung aufrechtzuerhalten und ihr fortgesetzt erst wieder neuen Sinn zu geben: Das gesamte deutsche Volk wird aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.Ich danke Ihnen immerhin auch für Ihre Geduld.
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Entscheidung über die beiden Gesetzentwürfe zu den Verträgen wird ein wichtiger Abschnitt erreicht. Wir beantragen deshalb namentliche Abstimmung über beide Gesetze.Für uns Freie Demokraten ist die Politik, die hier einen ersten Zwischenabschluß erreicht, folgerichtig: von Karl Georg Pfleiderer über Thomas Dehler, Wolfgang Döring bis hin zu den Entscheidungen, die wir heute hier zu fällen haben. Im Gegensatz zu dem, was manche der Kollegen von der CDU/ CSU gestern und vorgestern sagten, geht es nicht darum, einen Bruch in einer politischen Entwicklung zu vollziehen. Es geht vielmehr darum, folgerichtig die Konsequenzen aus dem zu ziehen, was wir allerdings rechtzeitiger als manche andere in diesem Hause erkannt haben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz persönlich sagen: Wer selbst von drüben, aus dem anderen Teil Deutschlands stammt, weiß noch mehr als vielleicht mancher andere, der nicht die ersten Nachkriegsjahre in der sowjetisch besetzten Zone, in der heutigen DDR, erlebt hat, zu schätzen, was Freiheit bedeutet. Aber er weißt dann natürlich auch besonders zu schätzen, was mit dem, was wir in den letzten Jahren schon erreichen konnten, auch für die Menschen getan worden ist. Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, daß es immer wieder allzu viele gibt, die zwar emphatisch über die Notwendigkeit der Freiheit und der Freizügigkeit sprechen, aber selbst dieses harte Schicksal nie durchgemacht haben und deshalb nicht wissen, was es für die Menschen bedeutet, auch ein kleines Stück mehr Freiheit zu haben, wie wir es erreichen konnten.
Die Versäumnisse der Vergangenheit können nicht in Monaten aufgeholt werden. Ich bin überzeugt: wenn die Geschichte ihr Urteil über die letzten 20, 25 Jahre fällt, wird es für viele, die die 50er und 60er Jahre heute so positiv beurteilen, kritischer lauten, als sie sich heute noch träumen lassen. Machen wir uns nichts vor: auch bei uns Deutschen selbst ist in der Vergangenheit manchmal eine zu wenig bewußte Haltung in der nationalen Frage vorhanden gewesen, vor allem in den ersten Jahren nach Kriegsende. Damals zeigte sich, daß die Bereitschaft, die nationale Frage vor persönliche Schwierigkeiten zu stellen — verständlich aus der Situation heraus —, anders beurteilt wurde als in manchem anderem Volk. Deshalb sind die Vergleiche, wie sie hier angestellt wurden, z. B. mit der polnischen Geschichte, auch von der Mentalität der Menschen her in manchen Punkten nicht möglich.Aber Sie, meine Damen und Herren, die Sie kritisieren, was hier erreicht worden ist, haben völlig in den Hintergrund gedrängt, welche Maximalvorstellungen beispielsweise auch die DDR auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Daß diese Maximalvorstellungen der DDR nicht Wirklichkeit geworden sind, daß ihre Blütenträume nicht gereift sind, ist den Verhandlungen dieser Bundesregierung, ist der Unterstützung dieser Koalition zu verdanken.
Wir Deutschen haben es mit dem einheitlichen Staat für die ganze Nation in unserer ganzen Geschichte — sie beweist es — immer recht schwer gehabt. In der Vergangenheit waren oft partikularistische Stammesfürsten Hemmnisse für eine kontinuierliche Entwicklung. Früher waren es dynastische Gründe. Heute sind es ideologische Gründe, die verhindern, daß die Gemeinsamkeit eines Staates von allen Deutschen selbst in allen Bereichen gewollt wird.Aber seien wir uns auch bewußt, der deutsche Hang nach falscher Gründlichkeit und auch — lassen Sie mich das einmal offen sagen zu mancher Vereinsmeierei hat auch in der nationalen Politik immer wieder seine negativen Folgen gehabt. Das Vertrauen auf Perfektion ist bei vielen größer als das Vertrauen zur eigenen geistigen Kraft und zu dem eigenen Willen und Wollen, die politische Entwicklung mit zu gestalten. Zähigkeit und Geduld sind erforderlich — das haben wir nie verschwiegen —, aber nicht im untätigen Verharren, sondern beim konsequenten Handeln. Diesem Handeln weichen Sie immer wieder aus, meine Damen und Herren von der Opposition.
Aus Ihren Reaktionen ging hervor, daß Sie vor Leichtgläubigkeit warnen. Ich teile diese Meinung. Weder Leichtgläubigkeit noch Kleingläubigkeit sind bei der Politik, die wir zu verfolgen haben, die richtigen Ratgeber. Wir sind nicht leichtgläubig gegenüber dem Vertragspartner, wir sind aber auch nicht kleingläubig gegenüber unserer eigenen Kraft, dieMischnickDinge so zu gestalten, wie es im Interesse der gesamten deutschen Nation notwendig ist.
Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn man Ihre Haltung — in bestimmten Dingen muß ich sagen: Ihre Nicht-Haltung — in dieser Debatte bewertet und dazu die teilweise verständlichen, teilweise unverständlichen Auseinandersetzungen in Ihren Reihen sieht, dann unterstreicht das nur ganz deutlich, warum die Wähler in ihrer großen Mehrheit Sie nicht mit der praktischen Politik beauftragt, sondern Ihnen die Möglichkeit zur Kritik gegeben haben. Sie wollten Sie nicht an die praktische Politik heranlassen, weil wir sonst in dem Dilemma säßen, in dem Sie als Partei sitzen, nämlich funktionsunfähig zu sein; das wäre das Schlimmste für unser ganzes Volk.
Gestern wurde in der Debatte ein Zuruf gemacht, der sich darauf bezog, daß das Alleinvertretungsrecht das Bessere gewesen sei. Dieser Zuruf beweist doch einmal mehr, daß sich viele von Ihnen von Formeln nicht losen können, die in der Vergangenheit zu einem bestimmten Zeitpunkt vielleicht durchaus berechtigt gewesen sein mögen, aber heute politisch nur schädlich sein können.Wir wissen, daß der Grundlagenvertrag kein Garantieschein etwa für eine behagliche deutsche Zukunft darstellt. Er ist eine Aufforderung an alle Deutschen, sich den Realitäten und den Geboten der Menschlichkeit zu stellen. Aber hier sieht es doch so aus, daß beidseits der Grenzen noch nicht vollständig begriffen worden ist, was alles zu tun ist. Die einen stoßen sich an den Realitäten, die anderen verstoßen gegen die Gebote der Menschlichkeit.Wie wir wissen, brauchen wir noch sehr viel Überzeugungskraft nach beiden Seiten, um das alles bewältigen zu können, um einen, wie ich überzeugt bin, Berg von Widrigkeiten, der in Jahrzehnten gewachsen ist, und eine Fülle von Selbstgefälligkeiten zu überwinden. Wie die Debatte ganz deutlich gezeigt hat, ist auch ein Arsenal von Spitzfindigkeiten zu überwinden; denn bei manchen hat man immer wieder den Eindruck, daß es ihnen nur um die Spitzfindigkeit und nicht um den Weg in eine bessere Gestaltungsmöglichkeit der Zukunft geht.Natürlich wissen wir, daß uns Mut, Selbstsicherheit und ein langer Atem nottun werden; denn dieser Grundvertrag ist doch kein Einzelprojekt von ausschließlich deutschlandpolitischen Aspekten, sondern, wenn ich es einmal so sagen darf, der Versuch eines stabilitatspolitischen Bündels besonderer Art. Zusammen mit den Verträgen von Moskau und Warschau und dem Berlin-Abkommen soll der Grundvertrag doch weiterhelfen, den Frieden in Mitteleuropa zu stabilisieren und Konfrontation allmählich durch Kooperation zu ersetzen.
Von denjenigen, die besonders engagierte Europäer sind, wird immer folgendes übersehen: DieseVerträge stehen natürlich auch im Zusammen- hang mit den europäischen Einigungsbemühungen. Der Integrationsprozeß in der Europäischen Gemeinschaft wurde doch durch die Nicht-Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu den Warschauer Pakt-Staaten alles andere als gefördert. Durch diese politischen Entscheidungen haben wir gleichzeitig mehr freien Raum für die westliche Integration geschaffen.Wir Freien Demokraten sind mit dem Erreichten nun nicht etwa selbstgefällig zufrieden. Zufriedenheit ist in der Politik nach meiner Überzeugung kaum eine nützliche Gefühlsanwandlung; denn Zufriedenheit mündet allzu leicht in die Haltung ein, bloß keine Experimente zu wagen und damit lieber immobil zu sein, statt ständig weiterzuentwickeln, wie es auch in den Verträgen vorgesehen ist. Für uns ist das Ganze, wenn ich es einmal so sagen darf, eine wichtige Zwischenetappe zu mehr Vernunft, zu mehr Nachbarschaft und zu mehr Verständigung in Deutschland. Aber ich stehe nicht an, zu sagen: Es ist vermutlich — und darum geht es bei dieser Entscheidung — die einzige, vielleicht die letzte Chance, die verbliebene Substanz unserer Nation zu wahren und nicht nur um eines hehren Abstraktums willen juristische Zwirnsfäden zur Politik zu erklären.Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluß noch eines zur Opposition sagen. Das Merkwürdige an dieser ganzen Debatte war doch immer wieder, daß kritisiert wurde, daß erst zu ratifizierende Vereinbarungen noch nicht reibungslos funktionieren. Bei dieser Kritik hatte ich so den Eindruck, als würde sich die Opposition wie eine Art Gutsverwalter, wie ein Verwalter von Hof und Haus benehmen, der es jahrelang versäumt hat, seine Felder zu bestellen, aber, nachdem er entlassen wurde, von seinem Nachfolger schnippisch verlangt, daß Aussaat und Ernte am gleichen Tage stattzufinden haben.
Das ist doch die Haltung, die Sie hier eingenommen haben. Sie lassen von den bizarren Übungen nicht ab, in vielen schönen Reden zwar immer zu beklagen, was ist. Aber just in dem Moment, da zumindest ein Teil -- noch nicht genügend nach unserer Auffassung, aber doch ein Teil — dieser Forderungen erfüllt werden sollen, wenden Sie sich trotzig ab und versuchen, das, was Sie 20 Jahre getan haben,
auch hier zu praktizieren. nämlich: Alles oder nichts! — Wenn Sie den alten Zuruf machen: „Mit Ihnen!", haben Sie wieder nicht bemerkt, daß wir seit dem Jahre 1952, als sich Karl Georg Pfleiderer hier zum erstenmal für eine aktive Ostpolitik einsetzte, konsequent diese Politik verfolgt haben.
Man mag „Alles oder nichts" für ein schönes Spielhalten. Aber meine sehr verehrten Damen und Her-ren, für die praktische Politik bedeutet das nach
Metadaten/Kopzeile:
1648 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Mischnickmeiner Überzeugung die vorprogrammierte Katastrophe, wie wir sie bereits einmal gehabt haben.
Wir wissen auch, daß der Beitritt zu den Vereinten Nationen für uns nun nicht etwa der Schlüssel zum Paradies ist, sondern daß uns neben manchen Rechten auch vielerlei Pflichten und Verpflichtungen auferlegt werden. Für die DDR bedeutet es aber auch ein erkleckliches Maß an Mehrverpflichtungen, die wir schon erfüllt haben und an denen die DDR in Zukunft gemessen werden wird. Es wäre besser für unser ganzes Volk, für alle deutschen Menschen in diesem und im anderen Staat, wenn wir jetzt gemeinsam ans Werk gehen, diese Forderung zu erfüllen, als kleinlich zu nörgeln.
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kliesing.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst weise ich im Namen meiner Fraktion die Anmaßung und Unterstellung zurück, die wir darin sehen, daß der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion sich veranlaßt sah, in seinem letzten Satz einer Partei, die ihre Treue zur Demokratie stets unter Beweis gestellt hat, die Mahnung mit auf den Weg zu geben, sie solle zum demokratischen Staat finden.
Herr Kollege Wehner, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß wir es ablehnen, aus Ihrem Munde Mahnungen hinsichtlich unserer demokratischen Treue und Zuverlässigkeit entgegenzunehmen.
Die Sprecher meiner Fraktion, die bisher in dieser Debatte das Wort genommen haben, haben sich mit der Frage des Grundvertrags beschäftigt. Ich selbst werde zu dem Gesetzentwurf über den Beitritt zur UNO Stellung nehmen. Wir wollen damit auch äußerlich zeigen, daß wir es uns nicht so einfach machen wie der Herr Bundesminister des Auswärtigen, der in seiner gestrigen Rede meinte, Grundvertrag und Beitritt zur UNO seien lediglich zwei Seiten derselben Medaille. Uns erscheint das Problem doch etwas reichhaltiger und etwas differenzierter.Die CDU/CSU hat von Anbeginn an die Tätigkeit der Vereinten Nationen begrüßt und tatkräftig unterstützt. Die von der CDU/CSU geführten Bundesregierungen haben die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen stets als eine Grundlage ihrer eigenen Politik angesehen,
beseelt vom Willen, den Frieden zu sichern und die Menschenrechte zu verwirklichen. Jeder Abgeordnete unserer Fraktion, ganz gleich, wie er sich nachher gegenüber dem vorliegenden Gesetzentwurfentscheidet, bejaht daher die Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen.
Daher ist die Frage eines Beitritts der Bundesrepublik Deutschland für uns vom Grundsätzlichen her völlig unproblematisch, und dennoch stellt sie uns im Rahmen der konkreten Sitation der deutschen Nation vor eine außerordentlich schwere Entscheidung.Sosehr wir einerseits den Eintritt unseres Staates in die große Gemeinschaft der Staaten der Welt wünschen, so unausweichlich müssen wir uns andererseits der Erkenntnis stellen, daß sich die Repräsentation des deutschen Volkes grundlegend von derjenigen anderer Völker in den Vereinten Nationen unterscheiden wird.
Während die anderen ihre Einheit repräsentieren, wird unsere Präsenz eine Darstellung der deutschen Spaltung sein.
Die Schwierigkeit unserer Entscheidung rührt daher, daß unser Antrag auf Mitgliedschaft zugleich auch den Weg für die DDR zur Mitgliedschaft freigibt. Ein solcher Schritt würde uns erleichtert, wenn vorher durch das Verhalten der DDR gesichert wäre, daß in den menschlichen und sachlichen Bereichen des Verhältnisses zwischen den beiden Teilen Deutschlands eine überzeugende und dauerhafte Verbesserung erreicht wäre, wie es ja auch von Ihnen, Herr Bundeskanzler, in den 20 Kasseler Punkten vorgesehen war, wie es aber — wie uns Erfahrung und Realität lehren — leider nicht der Fall ist.Sicherlich gibt uns die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen eine große Möglichkeit, vor dem Forum der Welt das Recht der Deutschen auf Selbstbestimmung wirkungsvoll zu vertreten, und jede Bundesregierung sollte darin und in der Beanspruchung der Menschenrechte für alle Deutschen ihre höchste Aufgabe in der UNO sehen. Doch dieser Möglichkeit steht die Gefahr gegenüber, die sich im politisch-psychologischen Bereich aus einer weltweit sichtbaren Darstellung der deutschen Zweistaatlichkeit ergibt. Unsere Hoffnung, in den Vereinten Nationen Verständnis und Unterstützung für unser nationales Anliegen zu finden, begegnet der Sorge, die deutsche Spaltung würde als etwas Endgültiges und als ein bequemer Ausweg aus einer unbequem gewordenen Problematik angesehen werden.Gewinnen wir durch unseren Beitritt auf der einen Seite eine klare Chance, unsere Forderung nach der Verwirklichung der Menschenrechte für alle Deutschen vor der Weltöffentlichkeit vorzutragen, so sind wir uns andererseits der bedauerlichen Tatsache bewußt, daß die Kräfte der UNO oft nicht ausreichen, um ihre Prinzipien gegen den Widerstand machtpolitischer Interessen durchzusetzen.
Zweifellos darf auch der Zusammenhang zwischen der Frage des UNO-Beitritts und dem Grundvertrag trotz der verschiedenartigen Thematik und Substanz
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1649
Dr. Kliesingleider nicht übersehen werden. Wenn es noch eines Beweises dazu bedurft hätte, dann haben ihn Regierung und Koalition in der Debatte geliefert, insbesondere dadurch, daß sie die Form der verbundenen Diskussion wählten, wohl mit der Absicht, mit der Aussicht auf einen Einzug in die Vereinten Nationen die Fehlerhaftigkeit und Unzulänglichkeit des Grundvertrages zu überdecken.
Indessen ändert das nichts an der Feststellung, daß die Frage des UNO-Beitritts keineswegs nur als ein Bestandteil oder Anhängsel der Ostpolitik angesehen werden kann, sondern daß ihr eine eigene weitverzweigte politische Substanz innewohnt, die völlig unabhängig von der Ostpolitik ist und weit darüber hinausreicht. Diese politische Eigenständigkeit des Problems ist es, welche das Hauptaugenmerk der meisten UNO-Mitgliedstaaten findet. Unter diesem Aspekt der außenpolitischen Bewertung bestände im Falle einer ablehnenden Haltung die Gefahr, daß unser Standpunkt von vielen in der Welt nicht verstanden werden könnte. Ich gestehe offen, daß das für mich persönlich das entscheidende Argument ist.So bleibt also das eine gegen das andere abzuwägen. Für jeden ist es daher eine Ermessensentscheidung, die er nach bestem Wissen und Gewissen zu vollziehen hat. Jeder muß wissen, was für seine Entscheidung gewichtiger ist: die Möglichkeit für die Bundesrepublik Deutschland, ihre Standpunkte und Interessen in nationaler und internationaler Hinsicht in den Vereinten Nationen künftig wesentlich stärker und nachdrücklicher vertreten zu können als bisher, oder eine gewisse Belastung künftiger deutscher Entwicklung durch die Etablierung des geteilten Deutschlands in den Vereinten Nationen unter den jetzigen Verhältnissen in Kauf nehmen zu müssen.
Gewiß wird niemand die Wirkung der sichtbar werdenden Spaltung in den Vereinten Nationen unterschätzen wollen. Doch wäre es unzulässig, daraus zu folgern, daß erst durch den Beitritt zweier Staaten in Deutschland zur UNO eine grundlegende qualitative Veränderung der Position der deutschen Nation in der Meinung der Weltöffentlichkeit eintreten werde. Diese Veränderung hat sich bereits im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Grundvertrages vollzogen.
Der Eintritt in die Vereinten Nationen vollzieht sich gegenüber einer Staatengemeinschaft, deren Mitglieder die DDR entweder bereits anerkannt haben oder das in nächster Zukunft tun werden. Für uns stellt sich also die Kernfrage des Problems wie folgt: Bis zu welcher Grenze ist es einem jeden von uns möglich, in unseren eigenen außenpolitischen Entscheidungen und unter Wahrung unserer vitalen nationalen Interessen die Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen, daß die weltpolitische Position sowohl der Bundesrepublik Deutschland wie auch der deutschen Nation als eines Ganzen durchdie Politik der Bundesregierung gegen den Willen der CDU/CSU in den letzten Jahren grundlegend verändert worden ist?
Gestatten Sie mir eine Bemerkung zur Frage der Menschenrechte und zum Berlin-Problem. Wir begrüßen es, daß die Bundesregierung das Ratifizierungsverfahren der Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen eingeleitet hat, und werden sie in ihren Bemühungen unterstützen. Wir übersehen aber auch nicht, daß mit uns die DDR der Charta der Vereinten Nationen beitreten wird. Sie hat inzwischen die Menschenrechtskonvention unterzeichnet, ohne daß sie willens wäre, die dort verbrieften Menschenrchte, etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung oder das Recht, jedes Land — einschließlich des eigenen — verlassen zu dürfen, zu achten und zu wahren. Dieses Verhalten der DDR wirft einen düsteren Schatten auf das Problem unseres gleichzeitigen Beitritts.
In dieser Mißachtung der Menschenrechte liegt für viele in unseren Reihen das entscheidende Hindernis, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Als jemand, der nachher Ja zu diesem Gesetzentwurf sagen wird, möchte ich meinen Respekt zum Ausdruck bringen vor der Gewissensentscheidung derjenigen meiner Freunde, die zu einer anderen Meinung gekommen sind.
Ich muß daher, Herr Bundesaußenminister, mit Entschiedenheit die Unterstellung zurückweisen, es handle sich hierbei um, wie Sie es ausgedrückt haben, „fraktionstaktische" Überlegungen. Ebenso bin ich der Meinung, Herr Bundeskanzler, daß Ihr Wort vom Provinzialismus einer solchen Entscheidung zumindest deplaciert ist.
Was das Berlin-Problem angeht, so ist die Frage nach der Einbeziehung Berlins in unsere UNO-Mitgliedschaft und die Vertretung West-Berlins durch die Bundesrepublik in allen Fragen, die nicht den Status und die Sicherheit betreffen, von einer ganz elementaren und entscheidenden Bedeutung.Ich habe mir in den Ausschußberatungen erlaubt, Ihnen, Herr Bundeskanzler, die Frage zu stellen, ob die zweifelsfreie Einbeziehung Berlins die unbedingte Voraussetzung für den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland sei. Herr Bundeskanzler, Sie haben diese Frage bejaht und haben dabei wohl selbst empfunden, welch große Bedeutung Frage und Antwort für die Entscheidung des Ausschusses hatten. Sie erklärten, falls sich in dieser Frage Zweifel ergeben sollten, würden Sie sich dazu in der zweiten Lesung äußern.Inzwischen haben sich in Berlin Vorfälle ereignet. Sie haben hier zur Diskussion gestanden. Es gibt Berichte aus New York z. B. über Äußerungen des dortigen DDR-Beobachters, die geeignet sind, Zweifel daran zu wecken, ob die Sowjetunion willens ist,
Metadaten/Kopzeile:
1650 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Dr. Kliesingdie Verpflichtungen, die sie im Berlin-Abkommen eingegangen ist, voll und ganz zu erfüllen. Die Stellungnahme der drei Westmächte steht hier außer Diskussion, aber wir wären doch sehr dankbar gewesen, wenn Sie uns etwas darüber gesagt hätten, ob mit einem Einspruch der Sowjetunion zu rechnen ist oder nicht. Leider hat sich die Bundesregierung dazu ausgeschwiegen.
Meine Damen und Herren, ich wäre Ihnen dankbar, wenn die Gespräche außerhalb des Saales geführt würden. Der Redner wird im Saal fast nicht mehr verstanden.
Ich erinnere daran, daß gemäß Anlage IV zum Berlin-Abkommen — sie spielte gestern abend schon eine Rolle — die Sowjetunion sich damit einverstanden erklärt hat, daß — ich zitiere —
in Übereinstimmung mit dem festgelegten Verfahren völkerrechtliche Vereinbarungen und Abmachungen, die die Bundesrepublik Deutschland schließt, auf die Westsektoren Berlins ausgedehnt werden können, vorausgesetzt, daß die Ausdehnung solcher Vereinbarungen und Abmachungen jeweils ausdrücklich erwähnt wird; daß die Bundesrepublik die Interessen der Westsektoren Berlins in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen vertreten kann ...
Meine Damen und Herren, in wohltuendem Unterschied zum Moskauer, zum Warschauer und zum Grundvertrag sind diese Zugeständnisse im Viermächteabkommen keineswegs auf die Anlagen zum Vertrag beschränkt, sondern ihre Substanz ist in den Text des Vertrages selbst integriert, wie es Herr Bahr selbst durch die Zitierung des Vertragstextes hier gestern abend nachgewiesen hat. Damit ist die Vertretung West-Berlins vertragsrechtlich im Viermächteabkommen wesentlich sicherer verankert, als dies im Verhältnis des Briefes zur deutschen Einheit zum Moskauer Vertrag, des polnischen Versprechens der Umsiedlung deutscher Staatsbürger in der sogenannten „Information" zum Warschauer Vertrag und im Briefwechsel Bahr/Kohl über menschliche Erleichterungen zum Grundvertrag der Fall ist.
Wenn ich den Hinweis hinzufüge, daß in diesen von Herrn Bahr ausgehandelten Verträgen West-Berlin nicht berücksichtigt wird, komme ich insgesamt zu der Auffassung, daß der Herr Regierende Bürgermeister von Berlin, der vorgestern glaubte, von dieser Stelle aus Herrn Bahr danken zu müssen, diesen Dank mit wesentlich mehr Berechtigung an die Adresse der Unterhändler der drei Westmächte hätte richten sollen.
Diese haben geduldiger, zäher, härter und daher auch erfolgreicher als Herr Bahr für Berlin verhandelt.
Da sich die UN-Charta keineswegs in Fragen der Sicherheit und des Status erschöpft, bleibt ein weites, sehr substantiiertes und rechtlich gesichertes Feld für die Miteinbeziehung West-Berlins in die Vertretung bei den Vereinten Nationen. Angesichts des Textes des Viermächteabkommens sind wir daher der Auffassung, daß ein Widerspruch der Sowjetunion gegen die Vertretung West-Berlins durch die Bundesrepublik einen klaren Verstoß gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen und damit ein völkerrechtswidriges Verhalten darstellen würde.
Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie sich diese Auffassung zu eigen macht und daß sie diesen Standpunkt mit aller gebotenen Klarheit und Festigkeit ihrem Moskauer Gast, dem Ersten Sekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, gegenüber vertreten wird.
Meine Damen und Herren, nach menschlichem Ermessen werden also im Herbst dieses Jahres zwei deutsche Delegationen im Plenum der Vereinten Nationen iher Sitze einnehmen. Dies wird kein Anlaß zu Freude oder Befriedigung sein, denn unsere Genugtuung über unsere Vollmitgliedschaft verbindet sich mit der Feststellung, daß damit eine weitere Forderung Ulbrichts, die er vor langen Jahren erhob, ihre Erfüllung findet. Zu viel deutsches Schicksal und zu viel blutiges Geschehen verbieten es, irgendwie einen Vergleich zu ziehen zwischen der einstigen Aufnahme des Deutschen Reiches in den Völkerbund und dem bevorstehenden Beitritt zu den Vereinten Nationen.
Vielen meiner Freunde ist es daher aus innerer Überzeugung nicht möglich, diesem Beitritt unter den gegebenen Umständen zuzustimmen. Diejenigen aber, die mit Ja stimmen, tun dies trotz der geschilderten Bedenken in Wahrung unserer außenpolitischen Interessen, in dem Willen, bei aller gebotenen Skepsis doch damit dem Frieden und der Verwirklichung der Menschenrechte in der Welt zu dienen, und weil sie hoffen, daß auf diesem weiteren mühseligen Weg doch einmal auch dem ganzen deutschen Volke sich die Möglichkeit bieten möge, seinen Anspruch auf Selbstbestimmung in Freiheit zu verwirklichen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die verbundene Aussprache zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3.
Der Herr Abgeordnete Kiep hat um das Wort gemäß § 59 der Geschäftsordnung zu einer Erklärung zur Abstimmung gebeten. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl ich mich von Anfang an um einen Beitrag zu dieser Debatte bemüht habe, hat der zeitliche Ablauf es nicht möglich gemacht, daß ich zu Worte kam.
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — '31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1651
Kiep
Weil ich im Unterschied zum größten Teil meiner Kollegen der CDU/CSU-Fraktion für den Grundvertrag stimme, gebe ich in Übereinstimmung mit meinen Kollegen, die ebenfalls für den Grundvertrag stimmen — Norbert Blüm, Karl-Heinz Hornhues und Josef Klein —, eine schriftliche Erklärung zum Stenographischen Bericht des Deutschen Bundestages. *)
Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, die Sie die Freundlichkeit hatten, dieser meiner Ausführung Beifall zu spenden, darf ich nur sagen, daß ich hoffe, daß diese Zustimmung auch anhält, wenn Sie die Begründung für meine Entscheidung gelesen haben.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Einzelberatung des Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik.Ich rufe Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Die Abstimmung darüber, meine Damen und Herren, wird mit der Schlußabstimmung verbunden.Wir kommen zur Schlußabstimmung. Es ist von dem Herrn Abgeordneten Mischnick namentlicheAbstimmung beantragt; der Antrag ist hinreichend unterstützt, und wir verfahren entsprechend.Ehe ich die Abstimmung eröffne, meine Damen und Herren, weise ich Sie auf eine kleine Verfahrensänderung bei der Stimmabgabe hin, die wir im Ältestenrat vereinbart haben.Wie Sie sehen, sind hier vorn drei Urnen zur Abgabe der Ja-, Nein- und Enthaltungsstimmkarten aufgestellt worden. Die Ja-Urne steht zu meiner Linken, die Nein-Urne vorn rechts, die EnthaltungsUrne in der Mitte. An jeder Urne stehen zwei Schriftführer.Ich bitte Sie, an die Urne zu treten, Ihren Namen zu nennen und Ihre Stimmkarte einem der Schriftführer zu übergeben. Ich darf Sie noch darauf hinweisen, daß jeweils nur die blauen, roten oder weißen Stimmkarten in die Urne geworfen werden dürfen.Ich eröffne die Abstimmung und bitte Sie, Ihre Stimmkarte den Schriftfuhrern an der entsprechenden Urne zu geben.Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Schlußabstimmung über Punkt 2 der Tagesordnung — Grundvertrag — bekannt. Insgesamt haben 485 Abgeordnete und 22 Kolleginnen und Kollegen aus Berlin abgestimmt. Mit Ja haben 268 Abgeordnete und 13 Berliner Abgeordnete gestimmt. Mit Nein haben 217 Abgeordnete und 9 Berliner Abgeordnete gestimmt.*) Siehe Anlage 2 Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen 485 und 22 Berliner Abgeordnete; davonJa: 268 und 13 Berliner Abgeordnete Nein: 217 und 9 Berliner AbgeordneteJa SPDAdamsAhlersDr. Ahrens AmlingAnbuhlDr. ApelArendt Augstein (Hattingen) BaackBäuerleBahrDr. Bardens BatzDr. BayerlBecker
Dr. Beermann BerkhanBiermann BlankDr. Böhme BörnerFrau von Bothmer BrandtBrandt BredlBrückBuchstaller Büchler Büchner (Speyer)Dr. von Bülow BuschfortDr. Bußmann ColletConradiCoppikDr. CorterierFrau Däubler-Gmelin Dr. von Dohnanyi DürrDr. EhmkeDr. EhrenbergFrau Eilers Dr. EmmerlichDr. Enders EngholmDr. Eppler EstersEwenDr. Farthmann Fellermaier FiebigDr. Fischer FlämigFrau Dr. Focke Franke FrehseeFriedrich GanselGeigerGerlach Gerstl (Passau) GertzenDr. Geßner GlombigDr. Glotz Gnädinger Grobecker Grunenberg Dr. Haack HaarHaase
Haase
HaehserDr. HaenschkeHalfmeier HansenHauckDr. Hauff HenkeHermsdorf HeroldHöhmann Hofmann Dr. Holtz HornFrau Huber Huonker ImmerJahn
JaschkeJaunichDr. JensJunghans JunkerKaffkaKahn-AckermannKaterKernKoblitzKonradKratzDr. KreutzmannKrockert Kulawig Lambinus LangeLattmannDr. LauritzenLautenschlagerLeberLempLendersFrau Dr. LepsiusLiedtkeLöbbertDr. Lohmar LutzMahneMarquardt Marschall Matthöfer Frau MeermannDr. Meinecke Meinicke (Oberhausen) MetzgerMöhringDr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Müller
Müller
Müller
Müller
Dr. Müller-EmmertNagelNeumann Dr. Nölling Dr.-Ing. OettingOffergeld FreiherrOstman von der Leye PawelczykPeiterDr. Penner PenskyPolkehn
Metadaten/Kopzeile:
1652 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
PorznerRapp
Rappe RavensReiserFrau Renger ReuschenbachRichterFrau Dr. Riedel-Martiny RohdeRosenthal SanderSaxowskiDr. SchachtschabelSchäfer
Dr. Schäfer SchefflerScheuFrau SchimschokSchinzel Schirmer SchlagaSchluckebierDr. Schmidt Schmidt (Hamburg) Schmidt (München) Schmidt (Niederselters) Schmidt (Wattenscheid) Schmidt (Würgendorf)Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. SchmudeDr. Schöfberger Schonhofen Schreiber Schulte
SchwabeDr. SchweitzerDr. SchwenckeSeefeldSeibertSimonSimpfendörferDr. Slotta Dr. SperlingSpilleckeStaak
Stahl
Dr. Stienen SuckSundFrau Dr. TimmTönjesUrbaniak Vahlberg VitDr. Vogel VogelsangWalkhoff WaltematheWaltherDr. Weber
Wehner WendeWendtDr. Wernitz Westphal Dr. WichertWiefelWienand Wilhelm WischnewskiDr. de WithWittmann WolfWolfram WredeWürtzWüsterWuttkeWuwerZanderZebisch ZeitlerBerliner AbgeordneteDr. Arndt BühlingDr. Dübber EgertHeyenLöfflerMattickDr. SchellenbergFrau Schlei Schwedler SieglerschmidtWurcheCDU/CSUDr. BlümDr. HornhuesKiepDr. Klein
FDPDr. AchenbachDr. BangemannBaumDr. Böger ChristEngelhard FlachFrau Funcke GallusGeldnerGenscher GroßGrünerDr. Hirsch HölscherHoffieJungKirstKleinertKrallDr. Graf Lambsdorff LogemannMertes Mischnick Möllemann MoerschOlleschOpitzRonneburger ScheelSchmidt von SchoelerFrau Schuchardt SpitzmüllerDr. Vohrer Dr. Wendig WurbsZywietzBerliner Abgeordneter HoppeNein CDU/CSUDr. Abelein Dr. Aigner Albervon Alten-Nordheim Dr. AlthammerDr. Arnold Dr. ArtzingerBaierDr. BarzelDr. Becher
KrampeDr. Kraske Dr. Kreile Kroll-SchlüterDr. Kunz LagershausenLampersbachLeichtLemmrichDr. Lenz
LenzerLinkLöherDr. LudaDr. Martin Dr. Marx MaucherMemmel Dr. Mende Dr. Mertes
MickDr. Mikat Dr. Miltner MilzMöller
Dr. Müller Müller (Remscheid)Dr. Müller-Hermann Mursch
Dr. NarjesFrau Dr. NeumeisterNiegelNordlohneDr.-Ing. OldenstädtOrgaßPfeffermann PfeiferPicardPierothPohlmann Dr. Prassler Dr. Probst RainerRaweReddemannFrau Dr. Riede Dr. Riedl (München)Dr. Ritgen Dr. RitzRöhnerRollmann RommerskirchenRoserRusseSauer
Sauter
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Dr. SchäubleSchedlFrau Schleicher SchmidhuberSchmitt Schmitz (Baesweiler) SchmöleDr. SchneiderFrau Schroeder Dr. Schröder (Düsseldorf) Schröder (Lüneburg) Schröder (Wilhelminenhof) Schulte (Schwäbisch Gmünd) Dr. Schulze-VorbergDr. SchwörerSeitersSickSolkeDr. FreiherrSpies von Büllesheim
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1653
Spilker SprangerSpringorumDr. SprungDr. Stark
Dr. Starke
Graf StauffenbergDr. StavenhagenFrau StommelStrauß StücklenSussetde TerraThürk TillmannDr. TodenhöferFrau TüblerDr. UnlandVeharFrau VerhülsdonkVogel
VogtVolmerDr. WaffenschmidtWagner
Dr. Wagner
Dr. WaigelDr. WallmannFrau Dr. WalzDr. WarnkeWawrzikWeber
Dr. Freiherr von Weizsäcker WernerFrau Dr. WexFrau Will-FeldWindelen Wissebach Dr. Wittmann
Dr. Wörner Frau Dr. WolfBaron von WrangelDr. Wulff Dr. Zeitel ZeyerZieglerDr. ZimmermannZinkBerliner AbgeordneteAmrehnFrau Berger
Dr. Gradl Kunz
Müller
Frau PieserDr. Schulz
StraßmeirWohlrabeMeine Damen und Herren, damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 7/153 angenommen.
Wir müssen noch über den Ausschußantrag abstimmen, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. — Ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.Wir kommen nunmehr zur Einzelberatung des Gesetzentwurfes zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen. Ich rufe auf Art. 1, Art. 2, Art. 3, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Die Abstimmung wird mit der Schlußabstimmung verbunden.Wir kommen zur Schlußabstimmung. Es ist auch hier namentliche Abstimmung beantragt.Ich eröffne die Abstimmung und bitte Sie, Ihre Stimmkarten in die Stimmkästen zu werfen. Ich habe die Schriftführer gebeten, sich an den Saalausgängen links und rechts zusätzlich mit je einem weiteren Kasten aufzustellen. Auf dieser Seite — von mir links — können die Ja-Stimmen, auf der anderen Seite die Nein-Stimmen abgegeben werden. Der Abstimmungsvorgang läßt sich so beschleunigen. Ich bitte das zu beachten.Ich gebe das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen bekannt. Es haben 486 Kolleginnen und Kollegen und 22 Kolleginnen und Kollegen aus Berlin abgestimmt. Mit Ja haben 365 Mitglieder des Hauses und 13 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 121 Mitglieder des Hauses und 9 Berliner Abgeordnete gestimmt.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 486 und 22 Berliner Abgeordnete; davonJa: 364 und 13 Berliner Abgeordnete Nein: 121 und 9 Berliner AbgeordneteJaSPDAdamsAhlersDr. Ahrens AmlingAnbuhlDr. ApelArendt Augstein (Hattingen) BaackBäuerleBahrDr. Bardens BatzDr. BayerlBecker
Dr. BeermannBerkhanBiermann BlankDr. Böhme BörnerFrau von Bothmer BrandtBrandt BredlBrückBuchstaller Büchler
Büchner
Dr. von Bülow BuschfortDr. BußmannColletConradiCoppikDr. CorterierFrau Däubler-Gmelin Dr. von Dohnanyi DürrDr. Ehmke Dr. EhrenbergFrau Eilers Dr. EmmerlichDr. Enders Engholm Dr. Eppler EstersEwenDr. Farthmann Fellermaier FiebigDr. Fischer FlämigFrau Dr. FockeFranke FrehseeFriedrich GanselGeigerGerlach Gerstl (Passau) GertzenDr. Geßner GlombigDr. Glotz Gnädinger Grobecker Grunenberg Dr. Haack HaarHaase
Haase
HaehserDr. HaenschkeHalfmeier Hansen HauckDr. Hauff HenkeHermsdorfHerold Höhmann Hofmann Dr. Holtz HornFrau HuberHuonker ImmerJahn
JaschkeJaunichDr. Jens Junghans Junker KaffkaKahn-AckermannKaterKernKoblitz Konrad KratzDr. KreutzmannKrockert Kulawig Lambinus LangeLattmannDr. LauritzenLautenschlagerLeberLempLendersFrau Dr. LepsiusLiedtke Löbbert Dr. LohmarLutzMahne MarquardtMarschallMatthöferFrau MeermannDr. Meinecke Meinicke (Oberhausen) MetzgerMöhringDr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Müller
Müller
Müller
Müller
Dr. Müller-EmmertNagelNeumann Dr. NöllingDr.-Ing. OettingOffergeld FreiherrOstman von der Leye PawelczykPeiterDr. PennerPensky Polkehn
Metadaten/Kopzeile:
1654 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
PorznerRapp
Rappe
RavensReiserFrau RengerReuschenbachRichterFrau Dr. Riedel-Martiny RohdeRosenthal SanderSaxowskiDr. SchachtschabelSchäfer
Dr. Schäfer SchefflerScheuFrau SchimschokSchinzel Schirmer Schlaga SchluckebierDr. Schmidt Schmidt (Hamburg) Schmidt (München) Schmidt (Niederselters) Schmidt (Wattenscheid) Schmidt (Würgendorf)Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. SchmudeDr. Schöfberger SchonhofenSchreiber Schulte
SchwabeDr. SchweitzerDr. SchwenckeSeefeld Seibert SimonSimpfendörferDr. Slotta Dr. SperlingSpilleckeStaak
Stahl
Dr. StienenSuckSundFrau Dr. TimmTönjesUrbaniak Vahlberg VitDr. Vogel VogelsangWalkhoff WaltematheWaltherDr. Weber
Wehner Wende Wendt Dr. WernitzWestphal Dr. WichertWiefel Wienand Wilhelm WischnewskiDr. de WithWittmann WolfWolfram Wrede WürtzWüster Wuttke Wuwer ZanderZebisch ZeitlerBerliner AbgeordneteDr. Arndt
BühlingDr. DübberEgertHeyen Löffler Mattick Dr. SchellenbergFrau SchleiSchwedlerSieglerschmidtWurcheCDU/CSUDr. ArnoldDr. BarzelBenzBerger Biechele Dr. BlümBlumenfeldBraun BreidbachBremer Bremm Dr. BurgbacherBurgerCarstens
Dr. Carstens
van DeldenDreyer EigenEilers EntrupEyDr. EyrichFerrangFranke
Dr. FrühGerster
Dr. GölterDr. GruhlHärzschelvon HasselHauser Hauser (Krefeld)HöcherlDr. HornhuesHorstmeierJäger
Dr. Jahn
Katzer KiepDr. h. c. KiesingerDr. Klein
Dr. Klein
Dr. KliesingDr. Köhler
Dr. Köhler KrampeDr. KraskeKroll-SchlüterLöherDr. MarxMaucherMickDr. MikatDr. MiltnerMöller
Müller
Dr. Müller-HermannDr. NarjesNordlohneOrgaß PfeiferPieroth RaweReddemannDr. Ritz RollmannRusseDr. SchäubleSchmitt
Schmitz
Dr. Schröder Schröder (Lüneburg)Schulte Dr. Schulze-VorbergSeitersDr. Stark
Dr. StavenhagenFrau StommelSusset Thürk TillmannDr. TodenhöferDr. UnlandVeharVogel
VogtVolmerDr. WaffenschmidtDr. Wagner
Frau Dr. WalzWawrzikWeber
Dr. Freiherr von Weizsäcker Frau Dr. WexDr. WörnerFrau Dr. WolfBaron von WrangelDr. WulffZeyerFDPDr. AchenbachDr. BangemannBaumDr. BögerChrist EngelhardFlachFrau FunckeGallus GeldnerGenscherGroßGrünerDr. HirschHölscherHoffie JungKirstKleinertKrallDr. Graf Lambsdorff LogemannDr. h. c. MaihoferMertes MischnickMöllemannMoerschOlleschOpitz RonneburgerScheelSchmidt
von SchoelerFrau Schuchardt SpitzmüllerDr. VohrerDr. WendigWurbs ZywietzBerliner Abgeordneter HoppeNeinCDU/CSUDr. Abelein Dr. Aigner Albervon Alten-NordheimDr. AlthammerDr. Artzinger BaierDr. Becher
Dr. Becker Frau BenedixBewerunge BiehleDr. von Bismarckvon BockelbergBöhm
Dr. CzajaDammDr. Dollinger Dr. Dregger Engelsberger Dr. ErhardErhard ErnestiDr. EversFreiherr von FircksDr. FranzDr. Freiwald Dr. Frerichs Dr. Fuchs GeisenhoferGerlach
GewandtGierenstein Dr. GötzHaase
Dr. Häfele Dr. HammansHandlosDr. Hauser
Dr. HeckHöslFrau HürlandDr. Hupka Dr. JaegerDr. Jahn Dr. JenningerDr. Jobst JostenDr. KempflerKiechleDr. Klepsch KösterDr. KreileDr. Kunz LagershausenLampersbachLeichtLemmrichDr. Lenz
LenzerLinkDr. Martin Memmel Dr. Mende Dr. Mertes
MilzDr. Müller Mursch (Soltau-Harburg) Frau Dr. NeumeisterNiegelDr.-Ing. Oldenstädt PfeffermannPicardPohlmann
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1655
Dr. PrasslerDr. ProbstRainerFrau Dr. Riede Dr. Riedl (München)Dr. RitgenRöhnerRommerskirchenRoserSauer
Sauter
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein SchedlFrau Schleicher SchmidhuberSchmöleDr. SchneiderFrau Schroeder Schröder (Wilhelminenhof) Dr. SchwörerSickSolkeDr. FreiherrSpies von Büllesheim SpilkerSprangerSpringorumDr. SprungDr. Starke
Graf Stauffenberg StraußStücklende TerraFrau TüblerFrau Verhülsdonk Wagner Dr. WaigelDr. WallmannDr. WarnkeWernerFrau Will-Feld WindelenWissebachDr. Wittmann Dr. ZeitelZieglerDr. Zimmermann ZinkBerliner Abgeordnete AmrehnFrau Berger Dr. GradlKunz
Müller
Frau PieserDr. Schulz StraßmeirWohlrabeDamit ist der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich rufe nunmehr Punkt 20 der heutigen Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Steuerreformgesetzes— Drucksache 7/78 —a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache 7/522 — Berichterstatter: Abgeordneter Haehserb) Bericht und Antrag des Finanzausschusses
— Drucksache 7/485 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Becker
Abgeordneter Dr. Böhme (Erste Beratung 17. Sitzung)Ich frage zunächst, ob der Herr Berichterstatter um das Wort bittet. — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Becker als Berichlerstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Drucksache 7/78 vom 25. Januar 1973 legen die Koalitionsfraktionen den Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes vor. Dieses Gesetz bringt den Einstieg in die oft angekündigte Große Steuerreform. Es enthält eine Reform der Grundsteuer, der Erbschaftsteuer, der Vermögensteuer und der Gewerbesteuer. Der Finanzausschuß, als dessen
Berichterstatter ich hier stehe, hat sich in fünf Sitzungen mit dieser Vorlage beschäftigt.
Zunächst mußte sich der Ausschuß darüber klarwerden, wie der Zusammenhang der Gesamtreform aufrechterhalten werden könnte. Die extrem unterschiedliche Bewertung des Grundvermögens nach den Wertverhältnissen von 1935 einerseits und des übrigen Vermögens nach zeitnahen Werten andererseits mit der Folge entsprechend unterschiedlicher Besteuerung wird zunehmend als grob unbillig empfunden.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter Dr. Becker. — Meine Damen und Herren, ich bitte Sie doch, soweit Sie sich an den Beratungen nicht unmittelbar durch Zuhören beteiligen, den Saal zu verlassen und Ihre Gespräche außerhalb des Plenarsaales zu führen. Mir ist soeben mitgeteilt worden, daß der Herr Berichterstatter im Saal nicht zu verstehen ist.
Der II. Senat deg Bundesfinanzhofs hat am 18. Dezember 1972 mit einem Vorlagebeschluß die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob die Erbschaftsteuer noch mit Art. 3 des Grundgesetzes zu vereinbaren sei. Nicht nur der Bundesfinanzhof, sondern auch weite Kreise der Bevölkerung machen dein Deutschen Bundestag und der Regierung mit Recht den Vorwurf, daß die einheitswertabhängigen Steuern noch immer auf der Basis des Jahres 1935 erhoben werden, also auf der Grundlage von Werten, die — in unserer schnellebigen Zeit mit ihren starken Wertverschiebungen — schon 38 Jahre alt sind.Die Opposition schlug nun vor, für alle einheitswertabhängigen Steuern ab 1. Januar 1974 die neuen Einheitswerte steuerwirksam werden zu lassen und in einem Vorschaltgesetz aus dem Entwurf des Zweiten Steuerreformgesetzes nur diejenigen Vorschriften in die Beratung einzubeziehen, die durch Steuersätze, Freigrenzen und Freibeträge der Bestimmung des Besteuerungsmaßstabes dienen. Des ausgleichenden Zusammenhangs wegen sollten dabei auch die Gewerbesteuerfreibeträge mit einbezogen werden.Die Koalitionsfraktionen vertraten den Standpunkt, daß zunächst das Grundsteuergesetz und dann das Erbschaftsteuergesetz vordringlich zu beraten seien, um das Grundsteuergesetz auf jeden Fall zeitig in Kraft setzen zu können. Die Mehrheit des Ausschusses hat sich für das Konzept der Koalition entschieden. Aus dem Gesamtkonzept legt der Ausschuß zunächst den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuerrechts zur Beschlußfassung vor.Bei der Festsetzung der neuen Besteuerungsgrundlagen konnte nicht unbeachtet bleiben, daß der 4. Deutsche Bundestag in Art. 3 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1965 bestimmt hatte, daß es bei bebauten Grundstücken nicht zu einer Erhöhung der Grundsteuerbelastung im allgemeinen kommen sollte. Es handelte sich seinerzeit um einen Be-
Metadaten/Kopzeile:
1656 Deutscher Bundestag — 73. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Dr. Becker
schluß aller Fraktionen. Die Steuerneutralität galt allerdings nicht für unbebaute Grundstücke. Andererseits hatte die Regierung im Jahre 1969 in der Begründung des Gemeindereformgesetzes den Gemeinden höhere Einnahmen bei einer Grundsteuerreform zugesagt. Dementsprechend wird die Steuer für unbebaute Grundstücke auch wesentlich stärker erhöht als für bebaute Grundstücke.Den größten Raum in der Diskussion im Finanzausschuß nahm die Feststellung der neuen Steuermeßzahlen in § 15 des Gesetzentwurfs ein. Die Opposition schlug vor, bis zur nächsten Einheitsbewertung von dem 1,4fachen Einheitswert aus 1964 -wie bei der Erbschaft- und Vermögensteuer — auszugehen. Die Steuermeßzahlen im Entwurf sollten dann entsprechend — z. B. von 3,5 vom Tausend auf 2,5 vom Tausend — reduziert werden. Damit sollte einer höheren Steuerbelastung bei der nächsten Bewertung vorgebeugt werden. Die Mehrheit lehnte diesen Antrag auch aus verwaltungstechnischen Gründen ab.Auf Vorschlag der Opposition hörte der Ausschuß Vertreter der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände, des Zentralverbands der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer und des Deutschen Mieterbundes. Die Anhörung erbrachte im wesentlichen folgendes Ergebnis: Die Gemeinden würden ein Festhalten an den für eine Konstanz des Steueraufkommens aus der Grundsteuer A notwendigen Steuermeßzahlen von 6,5 vom Tausend begrüßen. Von seiten der Haus- und Grundbesitzer wurde eine Herabsetzung der die Wohnungen betreffenden Meßzahlen vorgeschlagen. Argumentiert wurde damit, daß die von den Koalitionsparteien vorgesehene Grundsteuererhöhung durch die allgemeine Steuermeßzahl von 3,5 vom Tausend eine Erhöhung der Mieten um rund 4 % bewirke. Außerdem wird befürchtet, daß die Durchschnittshebesätze der Gemeinden 1974 bei 270 statt wie bisher bei 250 liegen würden.Der Deutsche Mieterbund erwartet, daß die neue Grundsteuer unmittelbare Auswirkungen auf die Mieten hat und in nicht wenigen Fällen, insbesondere bei Sozialwohnungen, zu Mieterhöhungen von 5 % führt. Die Hausbesitzer schlugen eine Reduzierung von 3,5 vom Tausend auf 3 vom Tausend vor; der Mieterbund schlug für Sozialwohnungen eine Senkung auf 2,5 vom Tausend vor.Meine Damen und Herren, dies ist die eigentlich schwierige Frage bei der Verabschiedung dieses Gesetzes. Der Ausschuß war der Auffassung, daß repräsentatives Material, welches die vom Bundesfinanzministerium vorgetragenen Durchschnittsergebnisse widerlegen würde, nicht — oder noch nicht — vorgelegt werden konnte.Gegenstand der Erörterungen war auch ein Antrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, der in einer Eingabe an den Finanzausschuß darauf hingewiesen hatte, daß auf die Unternehmungen eine überdurchschnittliche Steuermehrbelastung zukomme. Er vertritt die Auffassung, daß für die Betriebsgrundstücke eine Steuermeßzahl von 2,9 vom Tausend angemessen wäre.Der Finanzausschuß folgte dem Vorschlag der Regierung und beschloß folgende Steuermeßzahlen: Land- und Forstwirtschaft 6 vom Tausend, bebaute Grundstücke allgemein 3,5 vom Tausend, mit Abweichungen für Einfamilienhäuser für die ersten 75 000 DM 2,6 vom Tausend, Zweifamilienhäuser 3,1 vom Tausend, und unbebaute Grundstücke 3,5 vom Tausend.Abgelehnt wurden der Antrag der Opposition, die Steuermeßzahlen für die Land- und Forstwirtschaft auf 5,5 vom Tausend zu ermäßigen. — In diesem Zusammenhang wird nachher ein entsprechender Antrag gestellt — und ein Antrag auf eine fünf Jahre rückwirkende Befreiung bei Sozialwohnungen, wenn der Bauwillige an der Bauausführung gehindert wurde.Dem Wunsch der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände, den Status quo bei der zwischengemeindlichen Zerlegung nicht wesentlich zu verändern, nahm die Opposition auf. Er wurde in § 22 entsprechend formuliert.Im Interesse der Rechtssicherheit der Bürger hat der Ausschuß auf Antrag der Opposition die Befristung für eine rückwirkende Erhöhung der Hebesätze verkürzt. Bis zum 30. Juni muß in den Gemeinden ein entsprechender Ratsbeschluß gefaßt werden.Nach den Unterlagen, die dem Ausschuß zur Verfügung gestellt wurden, wird durch die neuen Steuermeßzahlen unter Berücksichtigung der Einheitswerte 1964 das Grundsteueraufkommen der Gemeinden um 750 Millionen DM erhöht. Die Land-und Forstwirtschaft wird nach Auffassung der Regierung etwas entlastet. Bei den bebauten Grundstücken tritt für Mietwohngrundstücke im Schnitt eine unterdurchschnittliche Mehrbelastung ein. Durch die besonderen Meßzahlen für Ein- und Zweifamilienhäuser wird die geltende Relation zu den Mietwohngrundstücken im wesentlichen aufrechterhalten. Durchschnittlich wird sich eine Mietsteigerung von maximal 1 v. H. ergeben können. Stärkere Mehrbelastungen treten bei Geschäftsgrundstücken und sonstigen bebauten Grundstücken auf.Jetzt folgt die grundsätzlich wichtigste Frage des Gesetzes: Die unbebauten Grundstücke werden — wie schon erwähnt — erheblich stärker belastet. Das ist eine wichtige bodenordnungspolitische Maßnahme. Die neue Grundsteuer beträgt für unbebaute Grundstücke nach diesem Gesetz etwa das Siebenfache des Bisherigen. Es wird viel von Bodenreform gesprochen. Dies ist ein bedeutender Schritt zu einer solchen Reform.In dem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben — geben Sie mir als einem der älteren Mitglieder dieses Hauses dazu die Möglichkeit —, daß im Jahre 1960 von dem Hohen Hause die von Minister Lücke entwickelte Baulandsteuer C schon damals das Ziel hatte, unbebaute Grundstücke erheblich stärker zu belasten, damit das Angebot an Baugrundstücken verstärkt würde. In dem ursprünglichen Entwurf waren damals alle unbebauten Grundstücke für eine etwa vier- bis sechsfache Mehrbelastung vorgesehen. Im Laufe der parlamen-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1657
Dr. Becker
tarischen Beratungen wurde die Baulandsteuer aber auf baureife Grundstücke beschränkt. Diese Steuer war dann sehr umstritten; einerseits wegen der Belastung der Grundeigentümer und andererseits wegen der Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen baureifen und nicht baureifen Grundstücken. Im Jahre 1964 hob das Parlament sie wieder auf. Es ist nicht uninteressant, die Diskussion im Plenum über die Abschaffung der Baulandsteuer nachzulesen.Nicht vergessen werden sollte, daß der entscheidende Schritt zu einer gerechteren Besteuerung des Grundbesitzes durch die Verabschiedung des Bewertungsgesetzes im Jahre 1965 vorgenommen wurde. Die Große Koalition setzte dann die Steuerreformkommission ein, deren Bericht eine wesent liche Grundlage zur Reform schaffte.Abgelehnt wurde ein Vertagungsantrag, den die Opposition mit der Begründung, daß der Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft den Entwurf gleichzeitig behandelte, stellte. Die Hektik der Verhandlungen ergab sich aus der Notwendigkeit, das Gesetz so zeitig zu verabschieden, daß die Gemeindeverwaltungen die Anwendung zum 1. Januar 1974 fristgemäß vorbereiten können. Der Wirtschaftsausschuß stimmte inzwischen — erst nachträglich — den Beschlüssen des Finanzausschusses zu.Erwähnt sei noch, daß der Finanzausschuß diejenigen Vorschläge des Bundesrates, welche die Zustimmung der Bundesregierung gefunden hatten, übernahm. Einzelheiten über sonstige Vorschläge des Bundesrates finden Sie im Schriftlichen Bericht.Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuerrechtes fand bei der Schlußabstimmung die Zustimmung aller Fraktionen. Der gesamte Ausschuß ging insbesondere davon aus, daß die Mehrbelastung der Mieten durch die Erhöhung der Grundsteuer den in der Begründung der Regierungsvorlage vorgetragenen Durchschnittszahlen entspricht.Die Opposition machte noch den Vorbehalt, daß die Einnahmen aus der Grundsteuer B nicht um mehr als 25 °/0 ansteigen dürfen. Im übrigen bedauerte sie, daß der im Entwurf des Zweiten Steueränderungsgesetzes vorgesehene Teilausgleich gegenüber der Mehrbelastung des Mittelstandes durch Erhöhung der Freibeträge bei der Gewerbesteuer noch fehlt. Die Koalitionsparteien führten dazu aus, daß der Ausgleich in dem Entwurf vorgesehen, aber eine zeitgleiche Behandlung mit der Reform der Gewerbesteuer aus den besonderen Gründen einer notwendigen schnellen Verabschiedung der Grundsteuerreform nicht möglich gewesen sei.Am Schluß des Berichtes erklären die Berichterstatter folgendes.Als wesentliche Gemeinsamkeit kann festgestellt werden, daß der Finanzausschuß einstimmig der Auffassung ist, daß eine Reform des Grundsteuerrechts auf der Basis der neuen Einheitswerte durchgeführt werden mußte. Weitgehende Übereinstimmung bestand auch in der Zielsetzung des Gesetzes, aus gesellschafts- undbodenordnungspolitischen Gründen das Grundvermögen zeitnah und damit gerechter zu besteuern. Gleichzeitig soll eine Verbesserung des Aufkommens der Gemeinden aus der Grundsteuer B um 25 °/o erreicht werden.Meine Damen und Herren, ich habe zum Schluß noch eine kurze Mitteilung zu Protokoll zu geben. In dem Bericht zur Grundsteuerreform sind unter der Rubrik „Beschlüsse des 7. Ausschusses" zwei redaktionelle Richtigstellungen nötig.Erstens. Auf der Seite 28 unter 1 d muß der letzte Satz lauten:§ 92 a Abs. 2 Sätze 2 bis 4, Abs. 5 und 6 gilt entsprechend.Zweitens. Auf Seite 29 muß Abs. 4 lauten:Die Absätze 1 bis 3 a gelten entsprechend für Wohnheime, die nach dem 31. Dezember 1973 bezugsfertig geworden sind.Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, dem einstimmigen Beschluß des Finanzausschusses zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, ich darf dem Herrn Berichterstatter sehr herzlich danken. Die anderen Berichterstatter haben auf eine zusätzliche Berichterstattung verzichtet.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich kann Ihnen zunächst bekanntgeben, daß der Antrag des Herrn Abgeordneten Kiechle auf Drucksache 7/524 zurückgezogen worden ist.
Ich rufe Art. 1, 2 und 3 auf. Zu Art. 3 liegt ein Änderungsantrag auf der Drucksache 7/539 zu § 14 vor. Zur Begründung hat Herr Abgeordneter von Alten-Nordheim das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Hohen Hause liegt ein Antrag auf Drucksache 7/539 vor. Er sieht vor, in Art. 3 § 14 die Steuermeßzahl 6 durch die Steuermeßzahl 5,5 zu ersetzen.Bevor ich dies begründe, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Der Berichterstatter, Herr Kollege Dr. Becker, hat hier schon auf den Zeitdruck hingewiesen, unter dem die Beratung dieses Gesetzes stand. Ich beklage ganz besonders die Hektik und den Zeitdruck, mit der und unter dem eine so wichtige Materie wie die Grundsteuer im federführenden Ausschuß und in den mitberatenden Ausschüssen behandelt werden mußte. Das hatte zur Folge, daß die gleiche Materie zu der gleichen Zeit in den mitberatenden Ausschüssen behandelt wurde, in der der federführende Ausschuß mit ihr befaßt war. Damit hing ferner zusammen, daß z. B. ein Abgeordneter, der im mitberatenden Ausschuß vortrug, nicht zu Ende vortragen konnte, weil seine Anwesenheit bereits wieder im federführenden Ausschuß erforderlich wurde. Ich finde dies unerträglich. Wo Zeitdruck und Hektik regieren, stellen sich zwangsläufig auch Nervosität und Gereiztheit ein, und sie stellten
Metadaten/Kopzeile:
1658 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
von Alten-Nordheimsich dort ein, wo es darum ging, zur Meinungsfindung noch diese oder jene Ansicht von Verbänden oder auch Behörden zu hören, weil dies dann mit sogenannten Zeitverlusten verbunden wäre.Nur unter dem Aspekt dieser Nervosität ist dann wohl auch die Äußerung des Herrn Parlamentarischen Staatssekretärs im Finanzausschuß zu sehen, wo er auf den Wunsch der Opposition, im Ausschuß noch die Meinung eines anderen Ministeriums zur Sachfrage zu hören, mit der Bemerkung reagierte, er lasse nicht zu, daß verschiedene Ansichten zweier Häuser deutlich würden; die Regierung spreche mit einer Stimme.
— Ja, genau so ist es gewesen.Ich frage mich ernsthaft, wie man all dies mit sachgerechter verantwortungsbewußter und gewissenhafter Meinungsfindung einerseits und mit der immer wieder gehörten Forderung nach mehr Demokratie andererseits in Einklang bringen will. Wir können uns dazu hier deutlich artikulieren; dies wird aber den Beamten eines Hauses verständlicherweise dann nicht immer in dieser Form möglich sein.Doch lassen Sie mich nun zur Begründung dieses Antrags noch wenige Sätze sagen.Die Neubewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens zum 1. Januar 1964 hat im Durchschnitt zu einer etwa 30%igen Erhöhung der Einheitswerte geführt, und zwar nicht zuletzt dadurch, daß der Anteil des Wohnungswertes am Einheitswert eine beachtliche Steigerung erfahren hat, ohne daß sich allerdings die Ertragskraft der Betriebe verbessert hätte; im Gegenteil, sie ist in der Vergangenheit sogar rückläufig gewesen.Der Regierungsentwurf sieht bei der Reform der Grundsteuer für die Grundsteuer A Aufkommensneutralität vor und hat daher die Steuermeßzahl mit 6 vom Tausend festgesetzt. Wir sind der Meinung, daß dieser Ansatz überhöht sein dürfte.Wenn man die allgemeine Entwicklung der Einkommen in der deutschen Land- und Forstwirtschaft sieht, die durch die EWG-Beschlüsse und die Währungsverschiebungen im Gemeinsamen Markt starke Einbußen erfahren haben, ergibt sich für den Betrachter die Frage, wo im nationalen Bereich Entlastungsmöglichkeiten bestehen. Wenn im steuerlichen Bereich das Leistungsfähigkeitsprinzip die Grundlage der direkten Besteuerung sein soll, muß dies für alle Steuern gelten. Ich meine, für eine Sollertragssteuer wie die als Sollertragssteuer ausgebildete Grundsteuer A, die zweifellos ein Relikt aus vergangener Zeit darstellt, sollte daher zukünftig kein Raum mehr sein. Gleich wichtige Gesichtspunkte, wie sie für den Abbau der Gewerbesteuer sprechen, die zukünftig durch die Erhöhung der Freibeträge im Rahmen der Steuerreform für etwa die Hälfte aller Betriebe entfällt, gelten auch für die Landwirtschaft.Und noch ein Gesichtspunkt: Kleinere landwirtschaftliche Betriebe erfahren noch darüber hinaus eine zusätzliche Belastung, weil der Wohnungswertam Gesamteinheitswert bei ihnen naturgemäß einen größeren Anteil einnimmt als bei Betrieben mit mehr landwirtschaftlicher Nutzfläche. Der Einheitswert erfährt daher auch prozentual eine sehr viel stärkere Erhöhung. Diese Betriebe müssen zukünftig mit einer beträchtlich höheren Grundsteuer A als in der Vergangenheit rechnen.Ich bitte daher das Hohe Haus, dem Antrag, die Grundsteuermeßzahl 6 durch die Zahl 5,5 zu ersetzen, zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Böhme.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Koalitionsparteien bitte ich den Änderungsantrag abzulehnen.Lassen Sie mich zunächst ein Wort zu der angeblichen Hektik sagen, mit der im Finanzausschuß über dieses Gesetz beraten worden sein soll. Nun, dieser Gesetzentwurf, über den wir heute zu entscheiden haben, liegt seit mehr als einen Jahr vor; er ist Teil des 2. Steuerreformgesetzes.
Auch die Eberhard-Kommission hat sich bereits mit diesem Komplex befaßt und in der Tendenz gleiche Initiativen empfohlen, wie sie jetzt zur Abstimmung diesem Hohen Haus vorliegen. Es ist daher nicht zu erkennen, daß hier unter Zeitdruck gehandelt worden wäre, im Gegenteil! Den interessierten Verbänden lag der Gesetzentwurf seit mehr als einem Jahr vor.Auch haben wir im Finanzausschuß nicht unter Nervosität verhandelt und diskutiert. Ich kann zwar verstehen, daß Sie, Herr von Alten-Nordheim, als Landwirt und damit als Betroffener die Nervosität hier anführen, doch kann ich Sie beruhigen und will dies nachher auch gleich begründen. Die Landwirte werden durch dieses Gesetz nicht schlechter, sondern im Grunde besser gestellt.
— Sie werden besser gestellt.
Noch ein Wort zu dem, was hinsichtlich der Ausführungen von Herrn Staatssekretär Porzner gesagt worden ist. Ich glaube, daß der Staatssekretär mit Recht gesagt hat, daß die Regierung eine Meinung mit einer Zunge vorzutragen hat. Dies ist geschehen. Sie, meine Herren von der Opposition, verlangen doch immer, daß wir von den Koalitionsparteien eine einheitliche Meinung vortragen. Dies ist von seiten der Regierung in den Beratungen im Finanzausschuß sehr nachhaltig geschehen. Ich muß also Ihre Vorwürfe, was den Zeitablauf angeht, sehr nachhaltig zurückweisen.
Nun zu dem Antrag selbst. Nachdem ich Ihre Begründung gehört habe, muß ich mich fragen, ob Sie, Herr von Alten-Nordheim. unseren Argumen-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1659
Dr. Böhme
ten im Finanzausschuß überhaupt zugehört haben. Denn all dies, was Sie hier vorgetragen haben, wurde im Finanzausschuß sehr ausführlich diskutiert und dann auch entschieden.
Es ist ja nicht so, daß die Landwirtschaft schlechter gestellt wird, sondern, im Gegenteil, sie wird besser gestellt. Sie wird durch die Festsetzung der Steuermeßzahl von 6 v. T. bereits um 30 bis 35 Millionen DM, d. h. also um 8 v. H., entlastet.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Ritz?
Bitte sehr!
Sie sprachen davon, daß die Landwirtschaft insgesamt besser gestellt werde. Sind Sie der Meinung, daß dies auch für die Kleinbetriebe gilt, oder würden Sie mir recht geben, daß gerade die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe durch die Anhebung des Wohnwertes im Bereich der Grundsteuer B eben wesentlich stärker belastet werden?
Herr Kollege, ich werde darauf nachher besonders eingehen. Die ist ein ganz wichtiger Punkt in der Argumentation. Es ist so, daß die generelle Senkung der Meßzahl, die hier von Ihnen vorgeschlagen wird, zu einer linearen Ermäßigung bei allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben führen würde, also auch die Großbetriebe zusätzlich entlasten würde, bei denen der Wohnanteil nur von untergeordneter Bedeutung ist. Dazu konnte sich der Finanzausschuß in der Abstimmung jedoch nicht entschließen.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten von Alten-Nordheim?
Bitte sehr!
Herr Kollege Böhme, Sie sprechen von einer Besserstellung und nennen in diesem Zusammenhang einen Betrag von 35 Millionen DM. Würden Sie mir zustimmen, daß man dieses zunächst global berechnet hat und die Aufkommensneutralität auch global sieht, daß man aber dies — auf den Einzelbetrieb bezogen — nicht so generell sagen kann, wie Sie es getan haben, daß man also hier nicht von einer generellen Besserstellung sprechen kann, insbesondere nicht in bezug auf kleine Betriebe?
Selbstverständlich liefern die Berechnungen nur Durchschnittszahlen. Aber es ist eben das Wesen einer Durchschnittszahl, daß sich im Einzelfall Abweichungen nach oben oder nach unten ergeben können. Daraus können Sie jedoch nicht schlüssig argumentieren. Im Grunde ist der Pferdefuß Ihres Vorschlags doch der, den ich soeben genannt habe: daß Sie mit der linearen Ermäßigung, die Sie anstreben, eben nicht nur den Kleinbetrieb im Einzelfall treffen, sondern auch und gerade den Großbetrieb. Dies ist das, was wir hier ablehnen wollen.
Ich sagte vorhin — ich darf hier jetzt fortfahren —, daß bei der Land- und Forstwirtschaft eine Entlastung von durchschnittlich — nur davon können wir ja ausgehen; das will ich Ihnen gern zugeben —30 Millionen bis 35 Millionen DM eintritt, d. h. eine prozentuale Entlastung um 8 v. H.
Der sogenannte Neutralitätsgrundsatz aus dem Bewertungsgesetz 1965, den Sie, Herr Kollege, hier bemüht haben, sagt ja nur, daß die Landwirtschaft bei Einführung der neuen Einheitswerte 1964 nach Möglichkeit insgesamt — auch das ist die gesetzliche Formulierung — nicht stärker als bisher belastet werden soll. Dem wäre bereits Rechnung getragen gewesen bei einer Meßzahl von 6,5 v. T. Mit Rücksicht auf die nicht immer gleichmäßige Ertragslage bei der Landwirtschaft hat sich die Bundesregierung jedoch entschlossen, durch Senkung der Meßzahl von 6,5 v. T. auf 6 v. T. den Interessen der Landwirtschaft entgegenzukommen, und dies, obwohl schon bei der Ermittlung der neuen Einheitswerte die diesen zugrunde liegenden Ertragswerte für die verschiedenen Nutzungen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe halbiert wurden. Unter diesen Umständen erscheint eine weitere Entlastung nicht gerechtfertigt.
Zur Klarheit darf ich auch besonders darauf hinweisen, daß die Landwirtschaft von der 25 °/oigen Erhöhung des Grundsteueraufkommens nicht betroffen wird, da diese Erhöhung ausschließlich auf die sogenannte Grundsteuer B — das betrifft die bebauten und unbebauten Grundstücke, ausgenommen Land- und Forstwirtschaft — zutrifft. Auch hierin ist bereits die Ertragslage der Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt. Gerade in vielen ländlichen Gemeinden würde eine weitere Senkung der Einnahmen aus der Grundsteuer A zu nicht mehr vertretbaren Einnahmeausfällen führen. Diese Seite der Grundsteuerreform, nämlich eine Verbesserung der Finanzausstattung der Gemeinden, muß immer mit gesehen werden. Dazu haben Sie sich im Grundsatz auch bekannt, jetzt, bitte, wollen Sie es auch mit durchstehen.
Dazu möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, daß der Gesetzgeber bereits im Jahre 1970 durch Änderung des Bewertungsgesetzes für bestimmte Nutzungsarten erhebliche Entlastungen angeordnet hat, die schon im Jahre 1972 zu einer Entlastung der Landwirtschaft von über 50 Millionen DM geführt haben, so daß beide Regelungen zusammen zu einer Entlastung der Landwirtschaft bei der Grund-
Dr. Böhme
steuer A um insgesamt etwa 20 v. H. führen werden, allerdings durchschnittlich gerechnet.
Ich bitte daher, nachdem die Regelung insgesamt ausgewogen ist und die Belange der Landwirtschaft insgesamt in angemessenem Umfang berücksichtigt, den Änderungsantrag der Opposition abzulehnen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Änderungsantrag auf der Drucksache 7/539 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich danke. Die Gegenprobe! —Danke. Stimmenthaltungen? — Der Antrag ist mit sehr großer Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe Artikel 4, 5, 6, 6 a, 7 8, 9, 10, Einleitung und Überschrift auf. — Wer dem Gesetzentwurf in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Bei wenigen Stimmenthaltungen und einer Gegenstimme ist das Gesetz in der zweiten Beratung angenommen.
Wir treten ein in die
dritte Beratung.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Häfele.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unionsfraktion begrüßt die Verabschiedung des Grundsteuergesetzes am heutigen Tage. Wir sehen darin die notwendige Schlußfolgerung aus der Neufestsetzung der Einheitswerte im Jahre 1965. Allerdings sind wir der Meinung, daß wir es uns künftig nicht leisten sollten, solche Zeitsprünge von fast zehn Jahren einzulegen, ehe wir Schlußfolgerungen für neue Einheitswerte ziehen. Wir treten also für eine möglichst zeitnahe und damit für eine möglichst gerechte Einheitsbewertung ein.
Leider ist aus diesem Zweiten Steuerreformgesetzentwurf, wie er hier im Februar eingebracht worden ist und der doch immerhin einen anspruchsvollen Titel hatte, nur eine Reform eines kleinen Teiles geworden, nämlich der Grundsteuer, man kann sogar sagen: nur eine Anpassung des Grundsteuerrechts. Daß die Steuerreform insgesamt von der Bundesregierung nicht mehr sehr hoch eingeschätzt wird, kann man optisch schon daran ermessen, daß nicht einmal der zuständige Fachminister bei der Verabschiedung dieses Steuerreformgesetzes auf der Regierungsbank sitzt. Es handelt sich also nur um ein Teilstück, ohne den Teil Vermögensteuerreform, ohne Erbschaftsteuerreform und ohne die ursprünglich vorgesehene Gewerbesteuersenkung.
Die Opposition bedauert — und da unterscheiden wir uns, Herr Dr. Böhme , daß die Beratungen im Finanzausschuß eben doch unter einem gewissen Zeitdruck gestanden haben. Wir haben das hingenommen, weil es wirklich eilig war. Die Finanzverwaltung und die Gemeindeverwaltungen müssen in den Stand gesetzt werden, ab 1. Januar nächsten
Jahres überhaupt die Grundsteuer weiterhin zu erheben. Aber Sie dürfen nicht übersehen, daß die erste Lesung eben erst in diesem Hause am 22. Februar 1973 war. Unter welchem Zeitdruck wir standen, konnten wir ja erleben, als wir den bescheidenen Versuch machten, nur ganz kurz wenigstens, ein paar Verbände noch zu dieser Materie anzuhören, was uns fast nicht geglückt wäre, weil die Koalitionsmehrheit ursprünglich gar nicht darauf eingehen wollte.
Wir bitten also die Bundesregierung, künftige Gesetze, zumal echte Steuerreformgesetze, so rechtzeitig vorzulegen, daß sie in aller Gründlichkeit und in aller Solidität im Fachausschuß beraten werden können. Bei Stabilitätsgesetzen wissen wir alle, daß es da manchmal einfach nicht anders geht, als daß man unter Zeitdruck steht. Aber bei echten Steuerreformgesetzen darf man im Grunde nicht so beraten, wie wir hier beraten haben.
Wir bedauern, daß unser Antrag abgelehnt worden ist, im Rahmen eines Vorschaltgesetzes die neuen Einheitswerte insgesamt, und zwar bei der Erbschaft- und der Vermögensteuer aufkommensneutral, vorweg wenigstens in Kraft treten zu lassen. Wir halten es für ungerecht und im übrigen auch nicht für verwaltungsvereinfachend, daß wir womöglich in den nächsten Jahren dreierlei Einheitswerte haben werden, nämlich die jetzt von 1964 für die Grundsteuer, dann womöglich eine Zeitlang für die Vermögensteuer die von 1935 und, wenn wir die Erbschaftsteuer noch in diesem Jahr bewältigen sollten, wiederum die von 1964, aber mit einem Zuschlag von 40 %.
Wir halten also die Reform der Erbschaft- und Vermögensteuer für dringend. Ich möchte aber heute wiederum darauf hinweisen, daß es nicht so gehen darf, daß am Schluß eine bloße Steuererhöhung herauskommt. Vielmehr müssen wir den Zusammenhang mit der Steuerreform insgesamt wahren. Das heißt: sollte die Erbschaft- und Vermögensteuer isoliert verabschiedet werden, dann muß gewährleistet werden, daß dieses Teilstück in sich aufkommensneutral verabschiedet wird. Sonst wird die Gefahr immer größer, daß es zu einer echten Steuerreform, wo man ja Verfügungsmassen benötigt, nicht kommt, daß wir zwar immer wieder Steuererhöhungen haben, aber eben nicht eine Steuerreform.
Leider ist es uns nicht geglückt, die vorgesehenen Erleichterungen bei der Gewerbesteuer mit hier durchzubringen und gleichzeitig in Kraft treten zu lassen. Für kleinere und mittlere Handwerks- und Handelsbetriebe bedeutet das neue Grundsteuerrecht doch eine empfindliche Verschärfung der Besteuerung, so daß auf der anderen Seite eine Entlastung durch die Erleichterung bei der Gewerbesteuer durchaus am Platze gewesen wäre.
Der Kernpunkt ist, daß durch dieses neue Gesetz ein Mehraufkommen von 700 bis 800 Millionen DM — eine Erhöhung um 25% — vorgesehen ist.
Die eigentliche Streitfrage, die gerade in den letzten Tagen wieder etwas hochgekommen ist, ist die: inwieweit wird das Mietpreisniveau durch diese Grundsteuererhöhung betroffen? Auf unseren An-
Dr. Häfele
trag hin ist in dieser Frage wenigstens ein kurzes Anhörungsverfahren — zu „deutsch" : Hearing — im Finanzausschuß zustande gekommen. Da haben sich die Dinge teilweise ganz anders angehört, als die Bundesregierung offiziell gesagt hatte. Es ist aber zuzugeben, daß das Ergebnis insgesamt nicht ganz eindeutig klar ist. Es bleibt ein non liquet, wenigstens teilweise. Ein Verband hat sogar, wie ich meine, in den letzten Tagen durch falsche Zahlen seiner Sache keinen guten Dienst erwiesen.
Allerdings argumentiert auch die Bundesregierung vielfach zu einseitig, indem sie immer von den globalen Durchschnittswerten spricht und sagt: insgesamt wird nur eine Erhöhung — durch diese Steuer bedingt — von 1 % stattfinden. Das ist in Wirklichkeit doch sehr, sehr verschieden nach der Art der Mietwohnung, auch von Gemeinde zu Gemeinde sehr verschieden, auch regional sehr verschieden. Immerhin hat der Mieterbund — etwa beim Anhörungsverfahren im Ausschuß — von Mieterhöhungen von 5 °/o gesprochen, und zwar nicht als einsamer Ausnahme, sondern mehr oder weniger als der Regel.
Sic, meine Damen und Herren von der SPD, kennen die Äußerungen des DGB in diesen Tagen, der sogar gefordert hat, diese Grundsteuerreform wegen der preistreibenden Wirkung der Grundsteuererhöhung nicht zu verabschieden. Selbstverständlich paßt diese Erhöhung insgesamt gesehen nicht in die „preispolitische Landschaft". Dieser Gesichtspunkt hat es der Opposition etwas schwerer gemacht, der Reform zuzustimmen. Aber wir stehen zu unserem Wort und wirken bei der Verabschiedung mit. Wir fordern sogar die Vermieter auf, die Grundsteuererhöhung nicht zum Vorwand zu nehmen, um damit andersartige Mieterhöhungen zu begründen.
Herr Abgeordneter Häfele, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Höhmann?
Ja, bitte sehr!
Herr Kollege Häfele, was hielten Sie von einer Änderung unserer Geschäftsordnung in der Weise, daß jeder Redner so viele halbe Minuten reden darf, wie Fraktionskollegen von ihm im Saal sind?
Herr Höhmann, ich verstehe Sie nicht ganz. Ich bin schon der Meinung, wenn n die Bundesregierung
selbst sagt, daß es sich
hierbei um ein Stück der Großen Steuerreform handle, daß man dieser Sache ein bestimmtes Gewicht beimißt. Ich freue mich, daß die SPD fast vollzählig vertreten ist. Sie können mir glauben, ich hätte nichts dagegen, wenn meine Fraktion doppelt so stark vertreten wäre wie die Ihre.
Herr Kollege Häfele, was hielten Sie von einer Änderung unserer Geschäftsordnung, in der vorgesehen wäre — —
Meine Damen und Herren, ich habe die Zwischenfrage, die eher scherzhaft war, als solche nicht erkannt und zugelassen.
- Ich gebe Ihnen die gleiche Möglichkeit. Aber meine Damen und Herren, glauben Sie nicht, daß Sie mit derartigen Scherzen um 12.40 Uhr das Plenum wirklich aufheitern können.
Bitte!
Ich will die Frage aus Gründen der Parität ohne Hoffnung auf einen zu großen Heiterkeitserfolg dennoch stellen, Herr Präsident. Sie lautet, was von einer Änderung der Geschäftsordnung zu halten wäre, nach der die Bundesregierung nur dann sprechen könnte, wenn der zuständige Minister zugegen wäre.
Sehr gut! Ich habe vorhin schon gesagt, daß an sich bei der Debatte über ein Stück der Großen Steuerreform der zuständige Fachminister auf der Regierungsbank sitzen müßte.Davor hatte ausgeführt, daß nicht etwa — und wir fordern die Vermieter ausdrücklich dazu auf — diese Grundsteuererhöhung zum Vorwand für andere Mietpreiserhöhungen genommen werden darf. Auf der anderen Seite muß man aber redlicherweise klar sehen, daß die Grundsteuer eine Steuer ist, die abwälzbar ist und natürlich insoweit auch abgewälzt werden wird. Man darf also nicht die Vermieter als die „bösen Buben" hinstellen, wenn sie diese abwälzbare Steuer dann tatsächlich auch abwälzen müssen.Meine Damen und Herren, trotz der genannten Bedenken stimmen wir dem Gesetzentwurf zu, und zwar hauptsächlich deswegen, weil die Gemeinden diese zusätzliche Finanzmasse dringend benötigen. Wir sehen in der Grundsteuererhöhung einen Schlußakt der Finanzverfassungsreform der Großen Koalition unter Finanzminister Strauß. Wir stellen fest, daß infolge der Gemeindefinanzreform aus dem Jahre 1969 in den letzten Jahren der Anteil der Steuereinnahmen der Gemeinden schrittweise wieder etwas gestiegen ist — erfreulicherweise — und daß er durch diese Grundsteuererhöhung weiter steigt. Seit 1971 ist der Gemeindeanteil von damals 11,2 % auf 11,6% im Jahre 1972 und auf 11,7% im Jahre 1973 ständig gestiegen. Durch die Grundsteuererhöhung werden es nächstes Jahr voraussichtlich 11,9 % statt 11,7% ohne diese Erhöhung sein.Wir müssen uns nur über folgendes im klaren sein, meine Damen und Herren. Dadurch werden nicht irgendwelche staatlichen oder gemeindlichen Mehrleistungen möglich, sondern es werden nur Teile der inflationsbedingten Löcher gestopft.
Man kann also nicht sagen: hier schaffen wir etwas,um eine größere öffentliche Investitionskraft zu
Metadaten/Kopzeile:
1662 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Dr. Häfeleerreichen, sondern das, was 1969 vorgesehen war, ist durch die inflationäre Entwicklung inzwischen völlig überrollt. An diesem Beispiel zeigt sich, daß gerade die öffentlichen Haushalte, insbesondere die Gemeindehaushalte, weil der Personalkostenanteil dort sehr hoch ist, durch den Teufelskreis der Inflation besonders betroffen werden.Wir stehen nicht bloß in der Gefahr der Preis-Lohn-Preis-Spirale — das kann man nicht oft genug betonen , sondern immer mehr auch in der Gefahr der Preis-Steuer-Preis-Spirale. Wir fangen die Sache nicht mit ständigen Steuererhöhungen ein, wenn es nicht gelingt, das Übel an der Wurzel zu fassen, nämlich mehr Stabilität in diesem Lande herbeizuführen.
Doch das ist ein Thema nachher und in der nächsten Woche im Finanzausschuß. Wir können nur hoffen, daß durch diese Maßnahmen die Möglichkeit einer Tendenzwende geschaffen wird, möchten aber heute schon sagen, daß wir da nicht so ganz sicher sind.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Böhme.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz zur Reform des Grundsteuerrechts ist das erste Gesetz zur Reform des materiellen Steuerrechts, das jetzt vom Bundestag beschlossen werden kann. Es ist wohl kein Zufall, daß gerade das Grundsteuerrecht die erste Etappe auf dem Wege zur Verwirklichung der materiellen Steuerreform darstellt. Auf wenigen Gebieten unseres Steuerrechts läßt sich so nachhaltig zeigen und beweisen, daß ein Festhalten an der überkommenen Gesetzeslage ungerechte Ergebnisse aufrechterhält, die sowohl steuer- als auch bodenordnungspolitisch unerträglich geworden sind.Hauptübel des gegenwärtigen Rechtszustandes auf dem Gebiet der Grundsteuer ist die Geltung der völlig veralteten Einheitswerte aus dem Jahre 1935. Das neue Gesetz packt dieses Problem an der Wurzel, in dem es die alten Einheitswerte für die Grundsteuer abschafft und die Anwendung der neuen Einheitswerte 1964 ab 1. Januar 1974 vorschreibt. Zur richtigen Perspektive für diesen ersten großen Schritt einer Umstellung der Grundsteuer auf die neuen Einheitswerte führe ich kurz die politischen Hauptgründe für diese Reform der Grundsteuer an.Erstens. Während Grund und Boden nach dem Krieg ohne irgendeine Leistung der Eigentümer im Wert stark angestiegen sind, in den Ballungsgebieten zur Mangelware und vielerorts zum Spekulationsobjekt wurden, erhöhte sich die steuerliche Belastung des Grundbesitzes durch Anhebung der gemeindlichen Hebesätze nur gering. Die Bemessungsgrundlagen, nämlich Einheitswerte und Steuermeßzahlen, blieben unverändert. Die Einheitswerte aus dem Jahre 1935 sind in unseren Städten oft eineFarce gegenüber den wirklich gehandelten Werten und bedeuten im Ergebnis eine außerordentliche Privilegierung des Grundbesitzes. Das Steuerrecht — aber nicht nur dieses — hat dadurch die Verzerrungen auf dem Bodenmarkt begünstigt, die Spekulation gefördert und das Funktionieren des Grundstücksmarktes beeinträchtigt. Das ohnehin begrenzte Angebot an Bauland wurde dadurch noch mehr verringert, daß die geringe Grundstücksbelastung praktisch kostenlos eine Bodenhortung erlaubte.Zweitens. Der geringe Einheitswert nach dem Stand des Jahres 1935 hat das Wachstum der Grundsteuer gehemmt und damit die Gemeindefinanzen beeinträchtigt. Die Grundsteuer ist in dem System der Gemeindesteuern die wichtigste Gemeindesteuer nach der Gewerbesteuer. Das Aufkommen an Grundsteuer stieg jedoch nur wenig und verhältnismäßig gering und langsam an. Die Grundsteuer hat längst die zentrale Stellung im System der Gemeindesteuern verloren — und dies, obwohl die enormen Wertsteigerungen beim Grundbesitz auch und entscheidend auf die Erschließungsleistungen der Gemeinden zurückgehen. Maßgebend für diese ungünstige Entwicklung ist auch hier die Tatsache, daß die geltende Grundsteuer noch immer nach den Einheitswerten des Jahres 1935 erhoben wird. Das hatte zur Folge, daß die Taschen der privaten Eigentümer voll sind und die öffentlichen Kassen leergeblieben sind. Deshalb war es nur logisch und vernünftig, daß bei der Gemeindefinanzreform eine Verbesserung der kommunalen Finanzkraft durch eine Anhebung der Grundsteuer mit Inkrafttreten der neuen Einheitswerte in Aussicht gestellt worden ist. Dieses damalige Versprechen soll jetzt eingelöst werden.Drittens. Die unterschiedliche Bewertung des Grundbesitzes nach dem Einheitswert 1935 und des übrigen Vermögens nach zeitnahen Werten benachteiligt die Eigentümer anderer Vermögensarten, was sich insbesondere bei der Vermögen- und Erbschaftsteuer auswirkt. Der Bundesfinanzhof hat deshalb beim Bundesverfassungsgericht einen Vorlagebeschluß eingebracht, ob die jetzige Rechtslage überhaupt noch verfassungsgemäß ist.Allgemeine Steuergerechtigkeit, soziale Bodenordnung und Verbesserung des Steueraufkommens der Gemeinden sind somit die Hauptgründe für eine Reform des Grundsteuerrechts.Steuerlich werden jedoch die Einheitswerte unterschiedliche Auswirkungen haben, weil die Steuermeßzahlen unterschiedlich hoch festgesetzt sind und dadurch die Höhe des Steueraufkommens reguliert wird. Für die Land- und Forstwirtschaft habe ich dies vorhin in dem Beitrag zur zweiten Beratung bereits hervorgehoben. Bei der sogenannten Grundsteuer B, betreffend die unbebauten und bebauten Grundstücke, sieht der Entwurf insgesamt eine Erhöhung des Grundsteueraufkommens um 25 % vor. Die Gemeinden werden dadurch für 1974 bei einem zugrunde gelegten durchschnittlichen Hebesatz von 250 % Mehreinnahmen von schätzungsweise 750 Millionen DM haben. Dieses Geld haben die Gemeinden auch bitter nötig. Damit wird ein wichtiges
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1663
Dr. Böhme
Anliegen des Gesetzes verwirklicht: die Finanzausstattung der Gemeinden zu verbessern.Ebenso wie vorhin für die Landwirtschaft sind auch bei den Grundstücken der Grundsteuer B die Auswirkungen der neuen Einheitswerte je nach den Steuermeßzahlen verschieden, und zwar deshalb, weil die Steuermeßzahl einheitlich linear festgelegt ist, während sich die Einheitswerte bei den einzelnen Grundstücksarten in verschiedenem Maße erhöht haben. Im Bericht wurde bereits die unterschiedliche Auswirkung bei den einzelnen Grundstücksarten hervorgehoben.Angesichts der vorgeschrittenen Zeit
möchte ich mich jetzt darauf beschränken, die Auswirkungen der neuen Grundsteuer auf die Mietwohngrundstücke zu behandeln. Für uns von der SPD und auch für den Koalitionspartner war bei den Beratungen im Finanzausschuß die entscheidende soziale Frage, ob die Erhöhung der Grundsteuer zu unangemessenen Belastungen der Mieten mit der Folge unerwünschter starker Mietzinssteigerungen führt. Diese Frage wurde in der Vergangenheit und auch noch in den letzten Tagen in der Öftentlichkeit ja stark diskutiert. Ich möchte hinsichtlich der Mietwohngrundstücke folgendes abschließend sagen.Erstens. Welche Auswirkungen die Erhöhung der Grundsteuer auf die Mieten hat, hängt davon ab, welchen Unkostenfaktor die Grundsteuer beim Mietertrag darstellt. Nach den vom Finanzministerium vorgelegten Zahlen sind die Mieten von 1962 bis Januar 1973 um 89,3 %AI gestiegen, während im gleichen Zeitraum die Grundsteuer durch Anhebung der gemeindlichen Hebesätze nur gering anstieg. Dieses geringe Ansteigen der Grundsteuer im Verhältnis zur steilen Kurve der Mieterhöhungen hatte zur Folge, daß die Bedeutung der Grundsteuer als Kostenfaktor beim Mietertrag ständig abnahm. Nach den bis 1971 errechneten Durchschnittszahlen sackte der Kostenanteil der Grundsteuer bei den Mieten von ursprünglich 12 bis 15 % auf 3 bis 5 % ab.Diese Kurve gilt auch für die Sozialmieten. Bekanntlich weichen die Mieten vergleichbarer Sozialwohnungen erheblich voneinander ab. Die Mieten der jüngsten Förderungsjahrgänge liegen weit über den älteren Bestandsmieten. Ist die Grundsteuer nach dem, was ich ausführte, aber nur noch ein Kostenfaktor von durchschnittlich 3 bis 5 %, schlägt eine Anhebung der Grundsteuer um 20 bis 25 % nicht mehr als mit 1 oder 1,25 % auf die Gesamtmiete durch. Dieser Durchschnittssatz schien uns vertretbar zu sein.Zweitens. Die Zahlen des Ministeriums sind durch die interessierten Verbände nicht erschüttert worden. Der Haus- und Grundeigentümerverband hat vor, während und nach der Beratung im Finanzausschuß, also bei drei verschiedenen Gelegenheiten, andere Daten vorgelegt. Bei keiner Vorlage, meine Damen und Herren, stimmten jedoch die angezogenen Fälle. Die Zahlen aus dem Gutachten Schneider-Vieregge, auf die der Verband der Haus- und Grundeigentümer sich ursprünglich bezog, wurden falsch zitiert und interpretiert.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Hern Abgeordneten Niegel?
Bitte sehr!
Herr Kollege, unabhängig von den Zahlen des Haus- und Grundbesitzerverbandes liegt mir eine Meldung des Verbandes gemeinnütziger Wohnungsunternehmen vor, in der vor einer Mieterhöhung gewarnt wird. Diese Meldung stammt vom 4. Mai 1973. Sie ist also nach den Berechnungen des Haus- und Grundbesitzerverbandes herausgekommen, warnt vor dieser Mieterhöhung und spricht bei einem Fünftel der Mietwohngrundstücke von einer Belastung von 2 %.
Herr Kollege, wir haben diese Frage durch Anhörung der interessierten Verbände zu klären versucht. Es war nicht möglich — lesen Sie das Protokoll genau durch —, von den Verbänden repräsentatives Material zu erhalten, das die Zahlen des Ministeriums hätte erschüttern können. Für die Zahlen, die der Haus- und Grundbesitzer verein vorgelegt hat, ist folgendes typisch: Von 28 Beispielen haben 20 überhaupt nicht gestimmt, und es sind Rechenfehler — ich will dabei nichts anderes unterstellen — bis zu 800 % vorgekommen. So kann man nicht seriös miteinander umgehen
Aber — und darauf wollte ich gerade eingehen — ich will nicht bestreiten und es dem Deutschen Mieterbund auch zugeben, daß es nicht ausgeschlossen ist, daß in Einzelfällen Mieterhöhungen bis zu oder um 5 % vorkommen werden. Es liegt eben, wie vorhin schon bezüglich der Land- und Forstwirtschaft ausgeführt, im Wesen einer Durchschnittszahl, daß es Abweichungen nach oben oder unten geben wird.
Von den Extrembeispielen, die uns von den Verbänden vorgelegt worden sind, kann der gesetzliche Regelsatz aber unmöglich ausgehen. Eine fühlbare Herabsetzung der Steuermeßzahlen für Mietwohngrundstücke — nur dadurch würden ja die sogenannten Ausreißer, die Extremfälle erfaßt werden — hätte überdies zur Folge, daß alle Mietwohngrundstücke linear betroffen würden, somit auch die Luxusapartments am Bodensee oder vermietete Terrassenwohnungen an Schwarzwaldhängen. Dies kann aber nicht befürwortet werden.
Drittens. Grundsteuererhöhung und soziales Mietrecht gehören zusammen. Der Vermieter darf nach den geltenden Mieterschutzbestimmungen, die über das Ende dieses Jahres hinaus verlängert werden sollen, keine willkürlichen Mieterhöhungen verlangen. Nur die Belastung darf weitergegeben werden, die tatsächlich entstanden ist und dem Mieter nachgewiesen wird. Werden die Mieter in diesem Sinne aufgeklärt und sind sie so geschützt, wird sich das neue Grundsteuerrecht auch im Hinblick auf die Mieten als soziale Regelung bewähren können.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Vohrer.
Metadaten/Kopzeile:
1664 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem mein Kollege Böhme den sachlichen Inhalt des Gesetzentwurfs sehr engagiert kommentierte, möchte ich mich darauf beschränken, einige Überlegungen von Herrn Häfele zur preistreibenden Wirkung des Gesetzes zu kommentieren und kurz die konjunkturpolitischen Auswirkungen zu schildern.
Wir können davon ausgehen, daß die Steuern als Einnahmen der Gebietskörperschaften ausreichen müssen, um die Ausgaben zu decken, die zur Finanzierung der den Gebietskörperschaften zugewiesenen Aufgaben notwendig sind. Sie alle wissen, daß gerade die Gemeinden infolge der neuen Aufgaben im Bereich des Umweltschutzes, infolge der gestiegenen Ausgaben im Schulbereich, durch Stadtsanierung und Verkehrsinfrastruktur erhebliche Mehrausgaben auf sich zukommen sehen. Deshalb sind wir als Politiker verpflichtet, den Gemeinden eine ihrer Steuerquellen, nämlich die Grundsteuer, ergiebiger zu gestalten.
Die Gemeindeeinnahmen werden durch das neue Grundsteuergesetz um 750 Millionen DM gesteigert. Dadurch wird es möglich, die wichtigsten und vordringlichsten Aufgaben künftig nicht mehr über die Verschuldung, die in den letzten Jahren recht erheblich gestiegen ist, sondern stärker aus gemeindlichen Steuereinnahmen zu finanzieren. Ich glaube, das ist gerade aus konjunkturpolitischen Überlegungen heraus ungeheuer wichtig.
Herr Häfele, wir sollten auf folgendes achten: Solange wir so viel Flexibilität in unserem Banken-und Kreditsystem haben, daß das Geldvolumen durch Kreditaufnahme immer wieder gesteigert werden kann, so lange sollten sich die Gemeinden die Einnahmen über Steuern verschaffen, damit die kaufkräftige Nachfrage, die dem Bruttosozialprodukt gegenübersteht, wenn irgend möglich verringert wird. Aus dem Grund sehe ich in dem Gesetzentwurf eine positive konjunkturpolitische Wirkung.
Wir müssen lediglich darauf achten, daß die über-wälzbaren und sich als Kosten in der Miete niederschlagenden Mehrbelastungen nicht über das Maß hinaus den einzelnen angelastet werden, das auf Grund der Grundsteuererhöhung berechtigt ist. Insofern erscheint es mir einfach wichtig, daß die falschen Zahlen, sowohl die 5 % des Mieterbundes als auch die 12,5 % des Zentralverbandes der Hausbesitzer, die wirklich das höchste an Unseriosität sind, von uns zukünftig richtiggestellt werden. Wir müssen dem einzelnen draußen klarmachen, daß gerade die Mietwohnungen mit weniger als 1 % belastet werden und daß eventuelle Abweichungen von dem einen Prozent nur dadurch entstanden sind, daß sich die Einheitswerte so weit von den Zeitwerten entfernt haben, daß die entsprechende Veränderung in Richtung auf eine zeitgemäße Anpassung zu gewissen Mehrbelastungen über 1 % hinaus führen kann.
Aber wir sollten alles tun, damit hier nicht neue inflationäre Wirkungen über das von der Grundsteuer ausgehende Maß hinaus auftreten. Hier soll-
ten wir an einem Strang ziehen. Wenn auch die Opposition Stabilität als ernstes Anliegen ansieht, sollte sie mit uns darauf hinwirken, daß dem Bürger deutlich wird, daß von der Grundsteuer kein wesentlicher Impuls zu Preissteigerungen ausgeht. Das würde ich als einen konstruktiven Beitrag der Opposition im Zusammenhang mit der Grundsteuergesetzgebung ansehen.
Im übrigen ist meine Fraktion der Ansicht, daß das Grundsteuergesetz weder ein neues noch ein hektisch beratenes Gesetz ist. Sie wissen ganz genau, daß wir auf gute Vorlagen zurückgreifen konnten. Sie wissen auch, daß wir aus verfassungsrechtlichen Gründen in einem gewissen Zugzwang waren.
Eines ist aber für mich immer wieder erstaunlich: daß uns die Opposition überall vorwirft: Wo bleiben denn eure Reformen? Wenn wir dann endlich ein Stück Reform auf den Tisch legen, heißt es: Warum habt ihr die so überhastet durchgezogen? Wir hatten ja gar nicht die Möglichkeit, zu jedem Detail unsere Sonderwünsche anzubringen.
Noch eine Bemerkung zu den Anträgen, die Herr von Alten eingebracht hat. Es ist für mich wenig einsichtig, wie man einerseits der Forderung zustimmen kann, 750 Millionen DM aufzubringen, und andererseits immer wieder Anträge stellen kann, die das Gesamtvolumen wesentlich reduzieren. Ich finde, wenn man sich auf ein Mehraufkommen von 750 Millionen DM einigt, dann sollte man, wenn man einen Antrag auf Mindereinnahmen in einem Bereich stellt, auch aufzeigen, wo man auf der anderen Seite mehr hereinholen möchte.
Alles in allem, wie gesagt, stimmt die Fraktion der FDP dem Gesetz zu in der Hoffnung, daß sich damit die Gemeindefinanzen konsolidieren können, und hofft auch, daß von der Grundsteuer ein stabilisierender Effekt ausgeht.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung in der dritten Lesung. Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Eine Gegenstimme. Stimmenthaltungen? — Bei einer Gegenstimme ist das Gesetz in der dritten Beratung angenommen.Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen noch mitzuteilen, daß sich bei der nochmaligen Nachzählung der Stimmkarten ergeben hat, daß ein Mitglied des Hauses weniger, als ursprünglich angegeben, nämlich nur 364 Mitglieder bei der Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen mit Ja gestimmt haben.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1665
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenIch rufe Punkt 4 der heutigen Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Erleichterungen, Vorrechten und Befreiungen an die ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik— Drucksache 7/424 —Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lenz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte ursprünglich vor, zur Sache zu sprechen. Mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Zeit werde ich darauf verzichten.
Ich möchte nur kurz begründen, warum wir das Haus darum bitten, diesen Gesetzentwurf auch an den Rechtsausschuß zu überweisen.
Erstens ist dort eine Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung enthalten. Es ist üblich, daß derartige Gesetze dem Rechtsausschuß überwiesen werden.
Zweitens spielt bei diesem Gesetz das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen eine bestimmte Rolle. Es entbehrt nicht einer gewissen Delikatesse, daß die DDR diesem Abkommen im Frühjahr dieses Jahres, d. h. nach Unterzeichnung des Grundvertrages, beigetreten ist. Wir müssen prüfen, welche Auswirkungen das auf den Status der ständigen Vertretungen hat, die nach diesem Gesetz eingerichtet werden sollen.
Drittens müssen wir prüfen, welchen Status diese Vertretungen haben sollen. Da geht es nicht nur um die Frage der Teilnahme am Neujahrsempfang des Bundespräsidenten oder um die Frage, welche Titel diese Herren führen dürfen, sondern es geht auch um die Frage, wer mit diesen ständigen Vertretungen eigentlich verkehren darf. In der DDR ist es der Bevölkerung verboten, mit den dort akkreditierten ständigen Vertretungen und Botschaften zu korrespondieren. Das steht dort unter Strafe; der gesamte Verkehr muß über das Außenministerium abgewickelt werden.
Wir müssen prüfen, wie sich dies im einzelnen auf den Status auswirkt. Deshalb bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen, dieses Gesetz mitberatend an den Rechtsausschuß zu überweisen.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen zunächst vor, den Gesetzentwurf federführend dem Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen zu überweisen. Ferner ist der Antrag gestellt worden, den Gesetzentwurf dem Rechtsausschuß zur Mitberatung zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.Punkt 5 der Tagesordnung — Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik — wird von der Tagesordnung abgesetzt.Ich rufe Punkt 6 der heutigen Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünfzehnten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes— Drucksache 7/287 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft
— Drucksache 7/398 —Berichterstatter: Abgeordneter Schmidt
Ich frage zunächst den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Das ist nicht der Fall.Ich rufe die Art. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, und 10 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort in der zweiten Beratung wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. —Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen! — Es ist so beschlossen.Wir kommen zurdritten Beratung.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, möge sich erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und der Portugiesischen Republik andererseits— Drucksache 7/249 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft
— Drucksache 7/397 —Berichterstatter: Abgeordneter Wolfram
Ich frage zunächst den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und rufe die Art. 1, 2 und 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetzentwurf in der zweiten Beratung und in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, möge sich erheben. — Ich danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen.Ich rufe dann den Punkt 8 der heutigen Tagesordnung auf:
Metadaten/Kopzeile:
1666 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenZweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Schweizerischen Eidgenossenschaft nebst Zusatzabkommen vom 22. Juli 1972 über die Geltung dieses Abkommens für das Fürstentum Liechtenstein— Drucksache 7/251 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft
— Drucksache 7/397 —Berichterstatter: Abgeordneter Wolfram
Der Herr Berichterstatter hat das Wort nicht begehrt.Ich eröffne die Aussprache und rufe die Art. 1,2 und 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung und in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.Ich rufe nunmehr Punkt 9 der heutigen Tagesordnung auf:Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und der Republik Österreich andererseits— Drucksache 7/247 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft
Drucksache 7/397 --Berichterstatter: Abgeordneter Wolfram
Der Herr Berichterstatter hat auf eine ergänzende Berichterstattung verzichtet.Ich eröffne die Aussprache und rufe die Art. 1, 2,3 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Das Wortwird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! - - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Interimsabkommen vom 22. Juli 1972 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaftfür Kohle und Stahl und der Republik Öster- reich— Drucksache 7/246 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft
Drucksache 7/397 —Berichterstatter: Abgeordneter Wolfram
Der Berichterstatter hat auf eine Ergänzung verzichtet.Ich eröffne die Aussprache und rufe auf Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! Enthaltungen? -- Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gestzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und dem Königreich Schweden andererseits Drucksache 7/248 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft
— Drucksache 7/397 Berichterstatter: Abgeordneter Wolfram
Der Berichterstatter hat auf eine ergänzende Berichterstattung verzichtet.Ich eröffne die Aussprache und rufe auf Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Republik Island— Drucksache 7/252 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft
Drucksache 7/397 —Berichterstatter: Abgeordneter Wolfram
Der Berichterstatter wünscht keine Ergänzung.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1667
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenIch eröffne die Aussprache und rufe auf Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. -- Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einmütig so beschlossen.Ich rufe nunmehr Punkt 13 der Tagesordnung auf:Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. Februar 1957 über die Staatsangehörigkeit verheirateter Frauen– Drucksache 7/254 Bericht und Antrag des Innenausschusses
— Drucksache 7/412 Berichterstatter: Abgeordneter Gerster
Der Berichterstatter hat auf eine mündliche Ergänzung des Berichtes verzichtet.Ich eröffne die Aussprache und rufe auf Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einesGeflügelfleischhygienegesetzes — GFlHG — Drucksache 7/155 a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/521 Berichterstatter: Abgeordneter Carstens
b) Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit
— Drucksache 7/392 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ham-mans
Die Herren Berichterstatter haben auf eine mündliche Ergänzung der Berichte verzichtet.Der Herr Abgeordnete Dr. Hammans hat seinen auf Drucksache 7/394 gestellten Änderungsantrag mit Schreiben vom 3. April 1973 zurückgezogen.Ich eröffne die Aussprache in der zweiten Beratung. — Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die Aussprache.Ich rufe auf §§ 1 bis 45, Einleitung und Überschrift. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — So beschlossen.Wir kommen zurdritten Beratung.Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke schön. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.Wir müssen noch über den Ausschußantrag unter Nr. 2, die Entschließung auf Seite 4 der Drucksache, abstimmen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 15 der heutigen Tagesordnung auf:Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 13. Dezember 1968 über den Schutz von Tieren beim internationalen Transport— Drucksache 7/127 —Bericht und Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
— Drucksache 7/366 —Berichterstalter: Abgeordneter Vit
Das Wort wird von dem Herrn Berichterstatter nicht begehrt. Ich eröffne die Aussprache und rufe Art. 1, 2, 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetzentwurf in der zweiten Beratung und Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.Erlauben Sie mir nur die Bemerkung: Ich glaube, Herr Kollege Ritzel, der verstorben ist, hätte sich sehr gefreut, wenn er an einer solchen Abstimmung über dieses Gesetz über den Transport von Tieren, der das Hohe Haus so oft beschäftigt hat, noch hätte teilnehmen können.
Ich rufe Punkt 16 der heutigen Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Finanzstatistik— Drucksache 7/98 —Bericht und Antrag des Haushaltsausschusses
— Drucksache 7/409 —Berichterstatter: Abgeordneter Möller
Metadaten/Kopzeile:
1668 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenDer Herr Berichterstatter wird den Schriftlichen Bericht hier nicht mehr ergänzen.Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache.Ich rufe Art. 1, 1 a, 2, 3, 4 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Angenommen.Ich eröffne diedritte Beratung.Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 17 der heutigen Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Eichgesetzes— Drucksache 7/103 —a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache 7/523 —Berichterstatter: Abgeordneter Röhnerb) Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft
— Drucksache 7/439 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Freiwald
Die Berichterstatter haben auf eine Ergänzung ihrer Berichte verzichtet.Ich rufe Art. 1, 2, 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht begehrt.Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.Ich eröffne diedritte Beratung.Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die dritte Beratung und bitte die Damen und Herren, die in der dritten Beratung dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.Ich rufe Punkt 19 auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Fleischbeschaugesetzes— Drucksache 7/122 — Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit
— Drucksache 7/483 —Berichterstatter: Abgeordneter Geisenhofer
Das Wort wird von dem Herrn Berichterstatter nicht begehrt. Ich eröffnet die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache in der zweiten Beratung.Wir kommen zur Abstimmung über Art. 1, 2, 3, 4 sowie Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. — Danke schön. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen.Wir kommen zurdritten Beratung.Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke schön. Gegenstimmen? — Stimmenthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.Es liegt noch ein Entschließungsantrag des Ausschusses vor:Die Bundesregierung wird ersucht, in angemessenem Zeitabstand über die Erfahrungen hinsichtlich der jetzt getroffenen Regelungen des Fleischbeschaugesetzes zu berichten, insbesondere, ob eine Änderung der Vorschriften aus Verbraucherschutzgründen angezeigt erscheint.Ich höre und sehe keinen Widerspruch; der Entschließungsantrag ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 35 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften— Drucksache 7/498 —Das Wort wird nicht begehrt. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage dem Innenausschuß zur Federführung und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 36 der Tagesordnung auf:Beratung des Antrags der Abgeordneten Schröder , Picard, Dr. Hornhues, Frau Dr. Neumeister, Dr. Narjes, Dr. Waffenschmidt, Frau Benedix und Genossen betr. einheitliches Notrufnummernsystem im Bundesgebiet— Drucksache 7/475 —Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage dem Ausschuß für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen — federführend — und dem Innenausschuß — mitberatend — zu überweisen. Widerspruch erhebt sich nicht. Es ist so beschlossen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1669
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenIch rufe nunmehr die Punkte 37 und 38 der Tagesordnung auf:37. Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses zu der Veräußerung der Krankenhausanlage Kempfenhausen— Drucksachen 7/83, 7/368 —Berichterstatter: Abgeordneter Grobecker38. Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses zu der Veräußerung des Geländes der ehemaligen Moltke-Kaserne in Stuttgart an die Stadt Stuttgart— Drucksachen 7/56, 7/369 —Berichterstatter: Abgeordneter GrobeckerDas Wort wird nicht begehrt. Wer den Anträgen auf den Drucksachen 7/368 und 7/369 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen.Ich kann nunmehr die Punkte 39 und 40 der Tagesordnung aufrufen:39. Beratung des Berichts und Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 5/73 — Waren der EGKS —1. Halbjahr 1973)— Drucksachen 7/244, 7/395 — Berichterstatter: Abgeordneter Russe40. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu den Verordnungen zur Änderung des Deutschen Teil-ZolltarifsNr. 2/73 — Zollkontingente 1973 für Holz-schliff und Sulfat- oder NatronzellstoffNr. 7/73 — Erhöhung des Zollkontingents1972 für Holzschliff— Drucksachen 7/191, 7/213, 7/396 — Berichterstatter: Abgeordneter RusseDas Wort wird nicht begehrt. Wer den Ausschußanträgen auf den Drucksachen 7/395 und 7/396 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 41 der Tagesordnung auf:Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr: bundeseigenes Gelände inLangenhagen-Wiesenau bei Hannover;hier: Veräußerung an die Stadt Langenhagen — Drucksache 7/425 —Das Wort wird nicht begehrt. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage an den Haushaltsausschuß zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 42 der Tagesordnung auf:Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderungdes Deutschen Teil-Zolltarifs
— Drucksache 7/428 —Das Wort wird nicht gewünscht. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage dem Ausschuß für Wirtschaft zu überweisen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.Ich rufe nunmehr noch die Punkte 43 bis 45 der Tagesordnung auf:43. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Verkehr zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Ergänzung der Verordnung (EWG) Nr. 543/69 des Rates vom 25. März 1969 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr— Drucksachen VI/3761, 7/415 —Berichterstatter: Abgeordneter Ollesch44. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Verkehr zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Sicherheitsscheiben für Kraftfahrzeuge— Drucksachen 7/89, 7/416 — Berichterstatter: Abgeordneter Straßmeir45. Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses zu den von der Bundesregierung vorgelegten Vorschlägen der Kommission der Europäischen Gemeinschaftenfür eine Richtlinie des Rates über die Verbrauchsteuern und die anderen indirekten Steuern als die Mehrwertsteuer, die mittelbar oder unmittelbar den Verbrauch von Erzeugnissen belastenfür eine Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Alkohol für eine Richtlinie des Rates über eine harmonisierte Verbrauchsteuer auf Weinfür eine Richtlinie des Rates über die Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf Bierfür eine Richtlinie des Rates über die Verbrauchsteuerregelung für Mischgetränkefür eine Entscheidung des Rates über die Einsetzung eines „Ausschusses für Verbrauchsteuern"— Drucksachen VI/3256, 7/445 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wagner
Von den Berichterstattern hat niemand das Wort erbeten, und auch in der Aussprache wird das Wort nicht begehrt.Ist das Haus damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam abstimmen? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch,
Metadaten/Kopzeile:
1670 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen — und ich höre, daß zugestimmt wird.Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf den Drucksachen 7/415, 7/416 und 7/445. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.Schließlich ist noch Punkt 18 der Tagesordnung abzuwickeln:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Einheiten im Meßwesen— Drucksache 7/102Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft
-- Drucksache 7/440 —Berichterstatter: Abgeordneter Scheu
Der Herr Berichterstatter wünscht nicht das Wort.Ich eröffne die Aussprache in zweiter Beratung und rufe Art. 1, 2, 3, 4, Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen.Wir kommen zurdritten Beratung.Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Es ist so beschlossen.Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Geduld. Damit kommen wir zum letzten Punkt der heutigen Tagesordnung, zu Punkt 1:Fragestunde— Drucksache 7/511 —Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf; hier fahren wir in der Beantwortung der Fragen fort. Dafür steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Westphal zur Verfügung.Der Herr Abgeordnete Brandt hat um schriftliche Beantwortung der Frage 97 gebeten. Dem wird entsprochen; die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe Frage 98 des Herrn Abgeordneten Immer auf:Woran ist bisher die dringend notwendige Einführung eines bundeseinheitlichen Gesundheits- bzw. Impfpasses gescheitert, und was wird die Bundesrejierung unternehmen, um den jetzigen — im Blick auf die wachsende Zahl von Arbeits- und Verkehrsunfällen — unhaltbaren Zustand zu beseitigen?Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
HerrKollege Immer, § 16 des Bundesseuchengesetzes bestimmt, daß jeder Erstzuimpfende unentgeltlich ein Impfbuch erhält. In dieses Impfbuch sind alle Impfungen einschließlich der Pockenschutzimpfung einzutragen. Das allgemein gebräuchliche Impfbuch entspricht sowohl den Bestimmungen des Bundesseuchengesetzes als auch den von der WHO herausgegebenen internationalen Gesundheitsvorschriften. Es ist so angelegt, daß es ohne Schwierigkeiten in den Bundesreisepaß eingefügt werden kann. Soweit dieses Papier, das dreisprachig ist, als Impfbuch benutzt und gehandhabt wird, bestehen weder Schwierigkeiten noch Klagen.Anders verhält es sich aber mit den in dieses Impfbuch eingehefteten Notfallseiten Nrn. 13 bis 18. Wer diese Seiten selbst ausfüllen will bzw. durch den Arzt ausfüllen lassen möchte, kann dies tun. Inhalt und Aussagekraft dieses Notfallteils sind relativ dürftig.Der öffentliche Gesundheitsdienst, d. h. die Länder, aber auch private Organisationen geben darüber hinaus Notfallpässe oder -ausweise heraus, die, soweit es sich um den öffentlichen Gesundheitsdienst handelt, im allgemeinen kostenlos abgegeben werden, soweit sie privat ausgegeben werden, gegen ein geringes Entgelt zu erhalten sind.Diese Ausweise sind im allgemeinen so gehalten, daß sie dem Bundespersonalausweis beigefügt werden können. Inhaltlich ähneln sich diese Ausweise fast alle.Das Problem hinsichtlich dieser Gesundheitspapiere besteht darin, daß sie entweder nicht ausgefüllt, lückenhaft oder sonst unzulänglich geführt, nicht fortgeschrieben oder von dem Bürger nicht mitgeführt werden und damit praktisch wertlos sind.Mit welcher Skepsis die Nützlichkeit solcher Notfallausweise international betrachtet wird, obwohl sie seit Jahrzehnten immer wieder gefordert werden, zeigt, daß das europäische Komitee für den öffentlichen Gesundheitsdienst im November 1972 seine Arbeiten an einem europäischen Gesundheitsausweis definitiv eingestellt hat.Es muß darauf hingewiesen werden, daß der Fortschritt der Medizin auch im Bereich der Notfallmedizin in den letzten Jahren erheblich gewesen ist, so daß ein Notfall-Papier, das den Erfordernissen heutiger Notfallmedizin gerecht wird, erst wieder, erarbeitet werden muß. Diese Arbeiten werden unter Federführung des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit in Verbindung mit den Ländern und anderen Bundesressorts gegenwärtig vorgenommen.Wie Ihnen bekannt sein dürfte, erarbeitet der Bundesinnenminister gegenwärtig einen neuen Bundespersonalausweis. Da vorgesehen ist, den künftigen bundeseinheitlichen, jedoch nicht amtlichen Notfallausweis so zu gestalten, daß er ohne nennenswerte Schwierigkeiten dem neuen Personalausweis beigefügt werden kann, wird erst die Herausgabe der neuen Personalausweise abgewartet werden müssen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1671
Parl. Staatssekretär WestphalDer neue Notfallpaß könnte danach und nachdem seine Dokumentationsinhalte festgelegt sind, kurzfristig in Umlauf gebracht werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Immer.
Ich möchte nur fragen, bis zu welchem Zeitpunkt diese Regelung gefunden sein kann?
Herr Kollege Immer, ich muß dazu sagen, daß dies von dem Voranschreiten der Arbeit am Bundespersonalausweis abhängt, und dafür ist ein anderes Ressort zuständig.
Danke schön!
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob es nicht besser wäre, im Zusammenhang mit der Einführung eines neuen Personalausweises diesen mit Hilfe des bundeszentralen Datenerfassungssystems von vornherein so zu gestalten, daß dort alle Anmerkungen, auch die, die hinsichtlich der Gesundheit relevant sind, eingetragen sind?
Ich bin nicht ganz so sicher, ob die Zahlen, die im Computer für den Bundespersonalausweis vorgesehen sind, auch noch für die Fülle der hier geforderten Informationen zusätzliche Möglichkeiten bieten.
Aber ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß das Problem bestehenbleibt. Wenn derjenige, der diesen Notfallausweis nicht nachträgt oder nicht von seinem Arzt nachträgen läßt, hat die ganze Sache leider wenig Sinn.
Ich rufe die Frage 99 des Herrn Abgeordneten Immer auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß ein großer Teil der besonders im ländlichen Raum praktizierenden Ärzte überaltert ist und häufig den notwendigen diagnostischen und therapeutischen Erfordernissen nicht mehr gewachsen ist, und welche Möglichkeiten einer angemessenen ärztlichen Versorgung für die Landbevölkerung sieht die Bundesregierung?
Herr Kollege Immer, nach mir zur Verfügung stehenden Unterlagen lag das mittlere Alter der in freier Praxis tätigen Ärzte am 1. September 1970 im Bundesdurchschnitt bei 57 Jahren. Dieser Sachverhalt verdeutlicht das schwierige Nachwuchsproblem; aber auf Grund dessen kann nicht auf eine Einschränkung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten des betroffenen Personenkreises geschlossen werden.
Alle beruflich tätigen Ärzte unterliegen im Hinblick auf die fortschreitende Entwicklung in der Medizin einer ständigen Verpflichtung, sich fortzubilden.
Die ärztlichen Standesorganisationen bieten hierfür eine Fülle von Möglichkeiten. Wie aus der jüngsten Umfrage der Bundesärztekammer über „Art und Umfang ärztlicher Fortbildungsveranstaltungen" hervorgeht, nahmen die Ärzte in steigendem Maße an der Fortbildung teil. So haben im Jahre 1970 10 000 Veranstaltungen stattgefunden, bei denen mehr als 500 000 Teilnehmer zu verzeichnen waren.
Soweit Sie die ärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten ansprechen, darf ich auf die schriftliche Antwort verweisen, die Ihnen die Bundesregierung in der Fragestunde vom 15. März 1973 gegeben hat. In dieser Antwort hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im einzelnen auf die Maßnahmen hingewiesen, die die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Länder und die Bundesregierung ergriffen haben. Ich darf mich in diesem Zusammenhang daher auf den Hinweis beschränken, daß die vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung berufene Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung in einer Empfehlung Vorschläge zur Verbesserung der Sicherstellung der kassenärztlichen und der kassenzahnärztlichen Versorgung in ländlichen Gebieten und im Stadtrandgebiet unterbreitet hat. Die Bundesregierung wird im übrigen in Zusammenarbeit mit den Ländern erörtern, welche weiteren Schritte unternommen werden können, um die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung langfristig zu gewährleisten.
Zusatzfrage.
Kann ich Ihrer ersten Bemerkung entnehmen, daß die geistige Fähigkeit, auch im hohen Alter noch weitere medizinische Kenntnisse zu erwerben, bei der Ärzteschaft größer als bei anderen Berufen ist, wo wir ja eine Betätigungsgrenze haben, die verbietet bzw. nicht mehr ermöglicht, einen verantwortungsvollen Beruf auszuüben?
Herr Kollege, es ist außerordentlich schwierig, darüber Allgemeinurteile zu fällen. Auch viele Kollegen dieses Hauses würden es uns übelnehmen, wenn wir bei dem Alter, von dem hier im Durchschnitt die Rede ist, sagten, sie könnten nichts mehr dazulernen.
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage? — Bitte, Herr Kollege!
In bezug auf den Schluß Ihrer vorherigen Antwort möchte ich fragen, ob Maßnahmen vorgesehen sind, die für ganz bestimmte Gebiete doch etwas schwierigen monopolartigen Verhältnisse bei der Zuteilung von Praxen der Kassen-
Metadaten/Kopzeile:
1672 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Immerärztlichen Vereinigung zu beschneiden, zu verändern, und inwieweit es möglich ist, die Krankenhäuser gerade in Problemgebieten für die ambulante Therapie zu öffnen, und schließlich ob es möglich ist, die Zahl der Studienplätze in der Medizin drastisch zu erhöhen, weil hier der Engpaß besonders gravierend und deutlich ist.
Herr Kollege, ich muß Ihnen ein Kompliment machen. Sie haben als junger Kollege vier Zusatzfragen, die alle mit der gestellten Frage nur zum Teil in unmittelbarem Zusammenhang stehen, auf einmal gestellt. Ich muß den Herrn Staatssekretär bitten, sich auf das zu beschränken, was unmittelbar zum Gegenstand der Frage gehört.
Ich beschränke mich insofern, als ich zum letzten Teil der vierteiligen Frage etwas anmerken möchte. Es gibt große Anstrengungen der Bundesregierung, zusammen mit den Ländern dafür zu sorgen, daß mehr Hochschulplätze geschaffen werden. Sie wissen sicher viel über diese Problematik, die ich jetzt nicht erörtern kann.
Ansonsten ist es natürlich so, daß hier ein Rechtsgebiet angesprochen wird, das im wesentlichen in den Händen derjenigen liegt, die dort kammermäßig zusammen die Selbstverwaltung wahrnehmen. Wir achten sehr darauf, daß dies in guter Weise wahrgenommen wird, und wissen um die Notwendigkeit, die Aussprache gerade mit den Betroffenen zu führen, damit sich hier Reformen auch in einem weiteren Sinne anbahnen, die es ermöglichen, die Probleme auf dem Lande zu lösen.
Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Baier hat die von ihm gestellte Frage 100 zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 101 des Herrn Abgeordneten Dr. Hauser auf, die uns heute noch zum „Schwarzwälder Kirschwasser" führt:
Hält es die Bundesregierung im Interesse der Verbraucher für gerechtfertigt, die weithin bekannte Kennzeichnung, die Einmaligkeit und den Werbewert der Bezeichnung „Schwarzwälder Kirschwasser„ dadurch herabzumindern und zu verwässern, daß — laut Badisches Tagblatt vom 21. April 1973 — Bestrebungen im Gang sind, auch aus Kirschen anderer Gegenden als dem Schwarzwald vermeintlich „Schwarzwälder Kirschwasser" zu gewinnen, sofern diese Kirschen nur im Schwarzwald gebrannt sind?
Für die Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen liegen, soweit nicht im Gesetz über das Branntweinmonopol und im Lebensmittelrecht Regelungen getroffen sind, die „Begriffsbestimmungen für Spirituosen" in der Fassung vom 10. November 1956 zugrunde. Diese Begriffsbestimmungen wurden seinerzeit von den an der Herstellung, Kennzeichnung und Beurteilung von Spirituosen interessierten Fachverbänden im Einvernehmen mit dem damaligen Ausschuß Lebensmittelchemie der Arbeitsgemeinschaft der für das Gesundheitswesen zuständigen Minister der Länder aufgestellt. Es handelt
sich dabei nicht um Rechtsnormen, sondern um die Feststellung von redlichem Handels- und Herstellerbrauch sowie von berechtigter Verbrauchererwartung. Ihnen kommt bei der Auslegung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften, z. B. über Täuschung und Nachahmung, eine beachtliche Bedeutung zu.
Nach Artikel 53 dieser Begriffsbestimmungen von 1956 darf Kirschwasser unter der Herkunftsbezeichnung „Schwarzwälder Kirschwasser" nur in den Verkehr gebracht werden, wenn es im Schwarzwald aus Schwarzwälder Kirschen hergestellt wird.
Im Juni 1971 hat der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde eine überarbeitete Fassung der Begriffsbestimmungen veröffentlicht. Hiernach könnten bei der Herstellung von „Schwarzwälder Kirschwasser" neben Schwarzwaldkirschen auch Kirschen aus dem sogenannten Schwarzwaldvorland verwendet werden. Diese neuen Begriffsbestimmungen sind jedoch von den für den Vollzug des Lebensmittelrechts zuständigen obersten Landesbehörden bisher nicht gebilligt worden. Die Länder verhandeln zur Zeit mit den entsprechenden Gremien der betroffenen Fachverbände der Spirituosenindustrie über eine mit den Interessen des Verbraucherschutzes zu vereinbarende Fassung. Dabei ist interessant, daß der Arbeitskreis lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesgesundheitsamtes in seiner letzten Sitzung die Auffassung vertreten hat, die Verwendung von nicht aus dem Schwarzwald stammenden Kirschen bei der Herstellung eines als „Schwarzwälder Kirschwasser" bezeichneten Kirschwassers würde der Verbrauchererwartung widersprechen.
Eine Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es bei der angestrebten entscheidenden Ausweitung des Gebietes für die Rohmaterialbeschaffung zum „Schwarzwälder Kirschwasser" einfach nur um eine kommerzielle Ausnutzung des Wertbegriffs „Schwarzwälder Kirschwasser" geht, die aber, wie sich auch aus der Äußerung des von Ihnen erwähnten Arbeitskreises ergibt, eine Irreführung des Verbrauchers sein und gleichzeitig zu einer Schädigung der 10 000 bäuerlichen Kleinbetriebe führen kann, die wirklich ,, Schwarzwälder Kirschwasser" herstellen?
Herr Kollege Hauser, ich habe den Eindruck, daß es für jemanden, der nicht aus der Gegend stammt, immer ein wenig schwierig ist, den Schwarzwald genau abzugrenzen. Das ist für den leichter zu erkennen, der dort in der Nähe wohnt.Ich will Ihnen damit nur deutlich machen, daß es sowohl Verbrauchererwartungen — für jemanden
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1673
Parl. Staatssekretär Westphalwie mich, der gern mal einen Kirsch oder auch einen Schwarzwälder Kirsch trinkt — im Sinne einer günstigen Preisgestaltung gibt als auch Verbraucherinteressen hinsichtlich des Standpunktes „Ich will Schwarzwälder Kirsch haben". Dies möchte ich vermerken unter dem Gesichtspunkt, daß hier eine Grenzziehung notwendig ist. Daran wird, wie Sie sehen, gearbeitet. Ich bin der Meinung, man sollte eine Grenzziehung machen, die nicht eng ist, die allerdings auch nicht so weit sein sollte wie z. B. bei Cognac.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Der Abgeordnete Kater ist nicht im Saal. Die von ihm eingereichten Fragen 102 und 103 werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 104 des Herrn Abgeordneten Baier ist vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich Ihres Hauses beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatsekretär Moersch zur Verfügung.
Die beiden ersten Fragen sind vom Abgeordneten Rainer eingebracht — Fragen 11 und 12 —; ich sehe den Kollegen nicht im Saal, sie werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Roser hat gebeten, die beiden von ihm eingereichten Fragen — Nrn. 13 und 14 — schriftlich zu beantworten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die nächste Frage — Nr. 15 — ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Althammer gestellt worden:
Wie hoch sind die Kosten, die der Steuerzahler für die Herrichtung, Anmietung, Unterhaltung usw. des bisher stillgelegten Hotels Petersberg aus Anlaß des bevorstehenden Besuchs des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei der UdSSR zu tragen hat?
Herr Staatssekretär, bitte!
Herr Präsident! Ich beantworte die Frage wie folgt. Die Kosten werden vergleichsweise gering sein.
Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, könnten Sie nicht auf Grund der Erkenntnisse, die jetzt zeitnah sind, eine Quantifizierung geben, die dem Frage- und Informationsbedürfnis dieses Hauses eher entsprechen?
Herr Abgeordneter, es ist deswegen sehr schwierig — ich hatte eigentlich diese
Zusatzfrage erwartet; ich wollte mich wegen der Zeit etwas kurzfassen —,
weil die Erbengemeinschaft, welcher das Hotel gehört, die Herrichtung zunächst weitgehend auf eigene Kosten durchführt. Inwieweit und in welchem Umfang für die Zurverfügungstellung des Hotels Petersberg Kosten berechnet werden, war im Augenblick noch offen.
Zusatzfrage.
Soll das heißen, Herr Staatssekretär, daß sich die Bundesregierung hier eingelassen hat, ohne irgendwelche konkreten Vorstellungen über .die Kosten des Objekts zu haben?
Herr Abgeordneter, die Erbengemeinschaft, die ja über einen bedeutenden
Namen in der Bundesrepublik Deutschland verfügt,
wird sicherlich keine unangemessenen Kosten berechnen. Wir haben ja mit den Eigentümern aus früherer Zeit durchaus positive Erfahrungen.
Ich rufe die nächste Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Althammer auf — Nr. 16 —:
Ist beabsichtigt, daß das mit diesen Kosten hergerichtete Hotel Petersberg im Anschluß an den Besuch von Generalsekretär Breschnew für andere Zwecke verwendet wird?
Herr Staatssekretär, bitte!
Die Bundesregierung steht über die Frage der künftigen Verwendung des Hotels Petersberg mit der Erbengemeinschaft MehlMühlens in Verbindung. Entscheidungen auch über die wirtschaftliche Form der Nutzung sind noch nicht gefallen.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist ,die Bundesregierung bereit, endlich einmal klarzustellen, wie die verschiedenen Objekte, die jetzt zur Diskussion stehen — ich nenne nur Schloß Gymnich; ich denke aber auch an die Möglichkeiten, die der Kanzlerbungalow und andere Hotels bieten, die auch schon bei Staatsbesuchen angemietet wurden —, auf einen einheitlichen Nenner gebracht werden können?
Selbstverständlich, Herr Abgeordneter, sind wir grundsätzlich dazu bereit. Ich darf diese Gelegenheit benutzen, um dem Hohen Hause einmal zu sagen, daß die Möglichkeiten, die der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesregierung für die Unterbringung von ausländischen
Metadaten/Kopzeile:
1674 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Parl. Staatssekretär MoerschBesuchern zur Verfügung stehen, im Vergleich etwa zu London, Paris oder Rom außerordentlich bescheiden sind und daß schon frühere Bundesregierungen deswegen zu improvisatorischen Maßnahmen greifen mußten. Wir haben uns bemüht, mit einer gewissen Systematik diese Möglichkeiten zu verbessern. Ich bin sicher, daß wir auch in Kürze einen Gesamtüberblick geben können, nachdem Schloß Gymnich weitgehend fertiggestellt worden ist.
. Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, treffen Pressemeldungen zu, nach denen Überlegungen in Ihrem Hause oder bei der Bundesregierung im Gange sind, die kommende Vertretung der DDR in der Bundesrepublik dort unterzubringen?
Nein, Herr Abgeordneter, davon ist mir nichts bekannt. Diese Überlegung höre ich zum erstenmal von Ihnen.
Die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Leicht wird schriftlich beantwortet, da der Herr Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Marx auf:
Wie hat die Sowjetunion gegenüber der Bundesregierung oder dem Senat von Berlin ihre, dem Geist und Buchstaben des VierMächte-Abkommens über Berlin widersprechende, Weigerung erklärt, bei der sowjetischen Industrie- und Handelsausstellung in Berlin die Fahne der Bundesrepublik Deutschland zuzulassen?
Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen hat die sowjetische Seite sich gegenüber dem Senat von Berlin auf den Teil der Bestimmungen im Viermächteabkommen vom 3. September 1971 berufen, wonach Berlin kein konstitutiver Teil der Bundesrepublik Deutschland ist. Die Bundesregierung hält diese Berufung für unzutreffend. Das Zeigen der Bundesflagge in Berlin widerspricht nicht der von sowjetischer Seite herangezogenen Bestimmung des Berlin-Abkommens. Seine Zulässigkeit ergibt sich vielmehr aus der in diesem Abkommen ebenfalls mit aller Klarheit zum Ausdruck gebrachten Gewährleistung, daß die Bindungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) aufrechterhalten und entwickelt werden können.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung der gleichen Meinung, wie sie nach einer dpa-Meldung, die ich dem heutigen „Kölner Stadtanzeiger" entnehme, der Regierende Bürgermeister von Berlin zu dieser Sache geäußert hat,
nämlich daß nach Ansicht des Senats das Verhalten der Sowjetunion in dieser Angelegenheit mit dem Geist und dem Buchstaben des Viermächteabkommens über Berlin nicht in Einklang stehe?
Herr Abgeordneter, ich werde nachher bei der Beantwortung anderer Fragen noch Gelegenheit haben, präzise auf diesen Punkt einzugehen. Es sind Fragen gestellt worden, die eine Antwort auf Ihre Frage ebenfalls notwendig machen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da ich selbst nach Geist und Buchstaben gefragt hatte, habe ich diese Zusatzfrage so gewählt.
Ich möchte dann aber gern fragen, ob Sie einer anderen Einschätzung des Herrn Regierenden Bürgermeisters beipflichten — ich beziehe mich dabei auf die gleiche Quelle -, nämlich daß mit der sowjetischen Industrieausstellung in West-Berlin eine Probe auf Entspannung nicht bestanden worden sei.
Die Vorgänge um diese Industrieausstellung waren den Bemühungen um Entspannung dort sicherlich nicht förderlich. Aber ich glaube, daß eine Darstellung, die nur diesen einen Punkt sieht, dem Gesamtzusammenhang nicht ganz gerecht werden würde. Sie haben sicherlich vernommen, Herr Abgeordneter, daß der Bundeskanzler heute morgen beispielsweise mitteilen konnte, daß drei Abkommen mit der Sowjetunion, die bisher in der Schwebe waren, nun paraphierungs- und unterschriftsreif sind. Ich glaube, man muß auch diese Seite berücksichtigen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wohlrabe.
Herr Staatssekretär, wenn eine derartige Ausstellung, die im Grunde gut sein könnte, so gehandhabt wird, könnten Sie dann einmal erklären, worin der Nutzen für Berlin gerade unter dem Gesichtspunkt des Status, der Einbindung Berlins liegt.
Herr Abgeordneter, ich habe in diesem Zusammenhang nicht von einem Nutzen für Berlin gesprochen. Ich glaube, diese Frage ist gestern im Berliner Senat erörtert worden. Der Regierende Bürgermeister hat hier eine Darstellung gegeben, der ich nichts hinzuzufügen habe. Herr Sonderminister Bahr hat in der Aussprache das gleiche getan.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1675
Herr Kollege, weitere Zusatzbemerkungen sind nicht zulässig.
Der Herr Abgeordnete Klepsch hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage — Nr. 19 — gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Reddemann auf:
Wie verträgt sich die öffentliche Mitteilung von Vertretern der Bundesregierung und des Senats des Landes Berlin, die sowjetische Industrieausstellung sei in das deutsch-sowjetische Handelsabkommen eingebettet, mit der bekanntgewordenen Haltung der Sowjetunion vor und während der Eröffnung dieser Ausstellung?
Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung bedauert die Begleitumstände der Vorbereitung, Eröffnung und Durchführung der Ausstellung in Berlin. Sie entsprechen nicht den Zielen, von denen sich die Vier Mächte beim Abschluß des Berlin-Abkommens haben leiten lassen. Sie vertragen sich auch nicht mit dem Geist unseres Handelsabkommens mit der Sowjetunion. Dieser sollte auch dort zur Wirkung kommen, wo das Abkommen nicht selbst die Grundlage einzelner Maßnahmen der einen oder anderen Seite im Rahmen der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland bildet, zu deren Wirtschaftssystem auch Berlin gehört.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung die Meinung, die Sie hier eben vorgetragen haben, der sowjetischen Regierung verdeutlicht?
Herr Abgeordneter, Sie können davon ausgehen, daß die Gespräche, die wir im Zusammenhang mit dem Abkommen geführt haben, selbstverständlich auch diesen Teil der Vorgänge mit zum Inhalt gehabt haben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hause mitteilen, wie die Reaktion der sowjetischen Regierung auf diese Erklärung der Bundesregierung war?
Herr Abgeordneter, ich glaube, daß in den Reden der Bundesregierung an diesen beiden Tagen einiges davon mitgeteilt worden ist, und nach Abschluß des Besuches in der nächsten Woche werden wir, wie ich glaube, sicherlich noch mehr mitteilen können. Ich habe ja darauf hingewiesen — ich bitte das wiederholen zu dürfen daß Abkommen, die lange in der Schwebe gewesen sind, gestern paraphierungsreif geworden sind. Da-
mit sind auch Fragen, die die Einbeziehung West-Berlins betreffen, geklärt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wohlrabe.
Herr Staatssekretär, können Sie konkret sagen — und zwar nicht unter Bezugnahme auf irgendwelche Reden oder Taten, die gerade stattgefunden haben oder die stattfinden werden —, worin der Wert der Einbeziehung liegt und ob auf Grund der Gespräche, die Sie mit der Sowjetunion geführt haben, derartige Ausstellungen wie die, um die es hier geht, in Zukunft nicht erneut zu Schwierigkeiten in diesem ganz speziellen Bereich und auch, was die Auslegung des Berlin-Abkommens angeht, führen werden? Hat die Bundesregierung ihre Auffassung, wie Sie sie einleitend dargestellt haben, durchgesetzt?
Herr Kollege Wohlrabe, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Zusatzfrage eng an die eingereichte Frage anbänden. In der Form, wie Sie sie hier gestellt haben, ist es keine Zusatzfrage zu der eingereichten Frage.
Die Bundesregierung hat ihren Standpunkt dargelegt, und sie hat in den drei Abkommen, die heute morgen erwähnt worden sind, ihre Meinung — nämlich im Sinne dessen was notwendig sei, um die Abkommen unterschreiben zu können — durchgesetzt. Herr Abgeordneter, mehr kann ich dazu nicht sagen. Sie können hier im Plenum nicht Zusammenhänge herstellen, die gar nicht gegeben sind.
Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Marx auf:
Was bedeutet die regierungsoffiziöse Mitteilung, die sowjetische Industrieausstellung im Land Berlin sei ein „Modell" für die Einbeziehung der Stadt in Verträge und Abmachungen mit Ostblockländern, angesichts der dort gezeigten sowjetischen intransigenten Haltung?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat sich in diesem Sinne an keiner Stelle geäußert.
Eine Zusatzfrage.
Herr Kollege Moersch, glauben Sie, daß das, was sich nach Ihren eben gemachten Bemerkungen jetzt als eine mögliche Korrektur des sowjetischen Verhaltens ergibt, dann
Metadaten/Kopzeile:
1676 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Dr. Marxals ein Muster, ein Modell für künftige deutsche Industrieausstellungen in anderen Ländern des Ostens und Südostens angesehen werden kann?
Herr Abgeordneter, wir werden bei all den Vorgängen, die nicht vertraglich oder in Abkommen geregelt sind, von seiten der Bundesregierung jede Sorgfalt darauf verwenden, daß bei der Vorbereitung einer solchen Ausstellung auch über den Ablauf, z. B. die Eröffnung, so gesprochen und verhandelt wird, daß der Sinn einer solchen Veranstaltung, nämlich die Beziehungen zu fördern, durch den Ablauf selbst nicht ins Gegenteil verkehrt wird. Diese Sorgfalt hat die Bundesregierung bisher angewandt und wird das auch künftig tun.
Herr Kollege, Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, treffen Pressemeldungen zu, wonach die sowjetische Seite inoffiziell verlauten ließ, daß, falls die Fahnenmasten bei der Eröffnung der von uns gemeinten Ausstellung Leerbleiben sollten, sie ihren Botschafter in Ost-Berlin, Herr Jefremov, veranlassen werde, kraft seiner Vier-Mächte-Zuständigkeit die Ausstellung zu eröffnen? Ich habe hier die Frage eines Kollegen, der im Augenblick als Berichterstatter im Ausschuß sein muß, die Frage von Herrn Schröder übernommen.
Herr Kollege, die Geschäftsordnung läßt es nicht zu, daß für andere Kollegen Fragen übernommen werden. Ich bitte dafür um Verständnis. Zu der von Ihnen eingereichten Frage haben Sie eine zweite Zusatzfrage. Diese genehmige ich Ihnen gern.
Ich hatte die Frage deswegen ein wenig umformuliert. Ich dachte, Sie ließen es durchgehen.
Sie werden schon gemerkt haben, daß ich sehr genau darauf achte, daß wir uns hier an die Geschäftsordnung halten. Fragen Sie deshalb bitte im Rahmen der Geschäftsordnung.
Dann darf ich eine eigene zweite Frage stellen. Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es für jenen Sinn der sowjetischdeutschen Beziehungen, der Gegenstand vieler Diskussionen der letzten Tage war, sehr förderlich wäre, wenn Vorgänge wie diejenigen, die wir jetzt hier erörtern, nach Möglichkeit unterblieben, und zwar nicht nur in West-Berlin, sondern auch in anderen Bereichen, wo die Westberliner gezwungen werden, ihre Produkte in eigenen Ständen auszustellen?
Herr Abgeordneter, es ist sicherlich den Beziehungen förderlich, daß es nicht wegen solcher Fragen zu irgendwelchen Reibereien kommt. Ich glaube, daß gerade der intensive Gesprächskontakt, den wir bei der Ausarbeitung von Abkommen mit der sowjetischen Seite haben, eine gute Gelegenheit bietet und auch schon geboten hat, im Einzelfall solche Konflikte oder Reibereien auszuschließen. Ich teile völlig Ihre Meinung, daß hier in jedem Falle ein hohes Maß an Präzision und Klarheit notwendig ist. Aber ich darf darauf aufmerksam machen, daß das Viermächteabkommen nur den Rahmen setzt und daß über die Einzelheiten in jedem Falle vorher gesprochen und verhandelt werden muß. Ich möchte hinzufügen, daß gerade die Erfahrungen mit dem Fall, der hier in der Fragestunde zur Debatte steht, zeigen, daß eine sorgfältige Vorbereitung in jedem Falle geboten erscheint und auch künftig erscheinen wird. Davon müssen wir ausgehen, weil ja die grundsätzlichen Standpunkte durchaus bekannt sind. Ich darf hier wiederholen, was Minister Bahr gesagt hat: Es ist nicht eine Berlin-Lösung, sondern eine Berlin-Regelung getroffen worden. •
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Wohlrabe auf:
War die Bundesregierung darüber unterrichtet, daß sowjetische Stellen Einspruch gegen einen Beitrag des Präsidenten der Berliner Industrie- und Handelskammer, Cobler, in der Messebeilage der Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel" eingelegt haben und diese Zeitung daraufhin die gesamte Sonderbeilage gestrichen hat?
Die Bundesregierung hat davon erst Kenntnis erhalten, nachdem die beteiligten Zeitungen ihre Entscheidungen getroffen hatten.
Sie haben Zusatzfragen, Herr Kollege.
Wie bewertet die Bundesregierung diese Entscheidung?
Die Frage war, ob die Bundesregierung Kenntnis hatte. Das habe ich beantwortet. Die Bundesregierung begrüßt die Haltung des Berliner „Tagesspiegel".
Keine weitere Zusatzfrage.Herr Abgeordneter Schröder ist im Haushaltsausschuß, so daß die Frage 23 seinem Wunsch entsprechend schriftlich beantwortet wird. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:Ist es der Bundesregierung möglich, bei Fällen der Aussiedlung von deutschen Volksangehörigen aus Rumänien durch Verhandlungen mit der rumänischen Regierung zu erreichen, daß die Aufgabe der rumänischen Staatsangehörigkeit nach dem Eintreffen hier und nach entsprechenden Anträgen und finanziellen Leistungen zügig behandelt wird, so daß nicht mehr unzumutbare Wartezeiten von 24 und mehr Monaten in Kauf genommen werden müssen?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1677
Der weitaus größte Teil der volksdeutschen Aussiedler aus Rumänien ist im Zeitpunkt der Ausreise bereits aus der rumänischen Staatsangehörigkeit entlassen. Das in der Frage angeschnittene Problem betrifft daher nur den prozentual sehr kleinen Kreis von Aussiedlern, der bei der genehmigten Ausreise noch die rumänische Staatsangehörigkeit besitzt, sowie vor allem diejenigen Personen, die sich ohne rumänische Ausreisebewilligung im Bundesgebiet niedergelassen haben. Für diesen Personenkreis gilt das neue rumänische Staatsangehörigkeitsgesetz vom 17. Dezember 1971, das die Entlassung aus der rumänischen Staatsbürgerschaft erschwert hat. Nach diesem Gesetz entscheidet der rumänische Staatsrat nach einem längeren Prüfungsverfahren über die Ausbürgerung. Da der genannte Personenkreis in der Regel innerhalb von verhältnismäßig kurzer Zeit die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt und einen deutschen Paß beantragen kann, mit dem er aus dem Bundesgebiet ausreisen und in das Bundesgebiet einreisen kann, ist er durch die längere Wartezeit auf die rumänische Ausbürgerung nur insoweit beschwert, als es sein Verhältnis zu Rumänien betrifft. Hierbei ist jedoch nach den bisherigen Feststellungen die noch ausstehende Entlassung aus der rumänischen Staatsangehörigkeit von Personen, die mit rumänischer Zustimmung ausgesiedelt sind, ohne nachteiligen Einfluß auf die Ausreiseanträge ihrer in Rumänien verbliebenen Familienangehörigen.
Die Bundesregierung hat das Thema des langwierigen Verfahrens der Entlassung aus der rumänischen Staatsangehörigkeit bei den politischen Konsultationen mit Rumänien Ende März dieses Jahres angeschnitten. Die rumänische Seite hat Verständnis für unsere Bitte um Beschleunigung gezeigt und hat diese Beschleunigung im Rahmen des Möglichen zugesagt.
Bitte, Zusatzfragen!
Herr Staatssekretär, könnte es nicht durch Verhandlungen mit der rumänischen Regierung erreicht werden, daß eine Globalerklärung ausgehandelt wird, nach der jemand, sobald er, aus Rumänien kommend, in einer sehr kurzen Zeit, wie Sie mit Recht gesagt haben, die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, sofort die rumänische Staatsangehörigkeit verliert?
Herr Abgeordneter, ich glaube, ich habe eben versucht, den Zusammenhang, die verschiedenen Möglichkeiten, die es gibt, darzustellen. Was bisher von unserer Seite in diesem Zusammenhang getan worden ist, wird von der großen Mehrheit der Betroffenen, glaube ich, als optimal empfunden. Ich möchte daran nicht gerne rütteln.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie interpretiert die Bundesregierung die Verpflichtung, die jemand unterschreiben muß, der hier in der rumänischen Botschaft seine rumänische Staatsangehörigkeit ablegen will? Man muß sich nämlich dort schriftlich verpflichten, nach Ablegung der rumänischen Staatsangehörigkeit, also wenn man inzwischen deutscher Staatsbürger geworden ist, keinerlei Taten zu begehen beabsichtigt, die die Interessen der rumänischen Regierung und des rumänischen Staates schädigen könnten.
Ich kenne den Text im einzelnen nicht. Ich werde es aber gern einmal prüfen.
Ich werde Ihnen den Text gern überreichen.
Ich rufe die Frage 25 des Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, daß die zur Aussiedlung berechtigten deutschen Aussiedlungswilligen in der Sowjetunion nicht nur im Zusammenhang mit spektakulären Ereignissen, wie zum Beispiel dem Wahltermin vom 19. November 1972, in einer relativ größeren Zahl aussiedeln dürfen, sondern daß die 40 000 auch in der Sowjetunion registrierten Aussiedlungswilligen — Vertragsaussiedler, Rußlanddeutsche — endlich in einem zügigen Prozeß die Sowjetunion verlassen können?
Zunächst, Herr Abgeordneter, darf ich darauf hinweisen, daß ich bereits in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 1. Februar 1973 zu Fragen gleichen Inhalts Stellung genommen habe, die Sie und Herr Kollege Gerster an die Bundesregierung gerichtet hatten. Ich darf mich darauf beschränken, zwei wesentliche Feststellungen von damals zu wiederholen.Erstens wird jedes Ereignis, das zur Lösung dieses schwierigen Problems beiträgt, im Interesse der betroffenen Menschen von der Bundesregierung begrüßt, gleichgültig, zu welchem Zeitpunkt es eintritt, und unabhängig davon, ob es in einem mittelbaren oder einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem politischen Geschehen in der Bundesrepublik Deutschland gesehen werden kann.Zweitens wird die Bundesregierung diese vorwiegend humanitäre Frage erneut in geeigneter Weise der Sowjetunion gegenüber zur Sprache bringen, wenn dies geboten erscheint.Sie unterstützt ferner in vollem Umfang die Bemühungen des Deutschen Roten Kreuzes, beim Sowjetischen Roten Kreuz auf eine baldige Lösung des Restproblems hinzuwirken.Zur Information darf ich noch hinzufügen, Herr Abgeordneter, daß sich unter den beim Deutschen Roten Kreuz registrierten Ausreisewilligen nicht nur sogenannte Vertragsumsiedler, sondern auch Personen aller übrigen in der Sowjetunion lebenden Kategorien von Deutschen und Volksdeutschen befinden.
Metadaten/Kopzeile:
1678 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Zusatzfrage.
Könnte die Bundesregierung, Herr Statssekretär, vielleicht durch Verhandlungen mit dem Gast, der nächste Woche hier sein wird, eine erhöhte Zahl von Aussiedlern ermöglichen, so wie wir alle uns darüber freuen, daß es endlich möglich ist, daß sowjetische Staatsbürger jüdischen Glaubens in von Jahr zu Jahr größer werdender Zahl ausreisen?
Herr Abgeordneter, die sowjetische Regierung ist in den vergangenen Wochen auf diplomatischem Wege erneut auf unsere Auffassungen und Erwartungen hierzu hingewiesen worden. Ich darf darauf verweisen, daß der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Staatssekretär a. D. Bargatzky, im September des vergangenen Jahres der Präsidentin des sowjetischen Roten Kreuzes die baldige Aufnahme von Expertengesprächen über das noch bestehende Problem der Familienzusammenführung vorgeschlagen und sie zu einem Besuch in der Bundesrepublik Deutschland eingeladen hat.
Noch eine Zusatzfrage.
Ist der Bundesregierung in diesem Zusammenhang bekannt, Herr Staatssekretär, daß nur diejenigen Rußlanddeutschen die deutsche Botschaft in Moskau betreten dürfen, die bereits die Genehmigung zur Ausreise haben, aber nicht all diejenigen, die erst Auskunft einholen wollen, um nachher den Antrag zu stellen?
Herr Abgeordneter, ich glaube, die Gesamtumstände bei diesen Vorgängen sind uns durchaus vertraut.
Herr Dr. Marx zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie uns bitte sagen, wie der von Ihnen eben erwähnte Vorschlag des Präsidenten Bargatzky von der Sowjetischen Rotkreuzgesellschaft beantwortet worden ist?
Ich hoffe, daß bald Gespräche stattfinden werden. In den ersten vier Monaten dieses Jahres haben wir pro Monat zwischen 147 und 240 Umsiedler gehabt.
Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Mick auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den Flugzeugen der italienischen Luftfahrtgesellschaft „Alitalia" allen Passagieren eine Servicekarte überreicht wird, die u. a. eine Anzeige einer weltbekannten Spirituosenfirma enthält, in der neben den Emblemen der Vereinigten Staaten und anderer Lander der freien Welt
für Deutschland die Flagge der DDR gezeigt wird, und sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, derartige Manipulationen abzustellen?
Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, ich beantworte die Frage mit Ja.
Zusatzfrage.
Sind Sie mit mir der Ansicht, Herr Staatssekretär, daß man hier allen Anfängen widerstehen sollte, daß man der Tendenz entgegentreten sollte, Embleme und Gewohnheiten der DDR als deutsch darzustellen?
Ja, Herr Abgeordneter, und zwar auch im Zusammenhang mit der Werbung für einen Weinbrand, wie hier geschehen.
Herr Abgeordneter Reddemann zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da Sie die Frage des Herrn Kollegen Mick, ob die Bundesregierung Möglichkeiten sieht, derartige Manipulationen abzustellen, mit Ja beantwortet haben, darf ich fragen, wie Sie das unternehmen wollen.
Das haben wir schon unternommen, Herr Abgeordneter.
Vielen Dank!
Die nächste Frage, die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Dr. Klein :
Welche Schritte hat die Bundesregierung nach der Verhaftung des Bonner Staatsrechtslehrers Professor Dr. Dimitris Tsatsos unternommen, um eine baldige Freilassung des Genannten zu erwirken, und welche Aussagen kann die Bundesregierung darüber machen, wann mit einer Freilassung von Professor Dr. Tsatsos zu rechnen ist?
Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, ich darf vorausschicken, daß Herr Professor Tsatsos trotz seines Lehramts an der Universität Bonn die griechische und nur die griechische Staatsangehörigkeit besitzt. Die Möglichkeiten der Bundesregierung, sich für ihn zu verwenden, sind daher mangels rechtlicher Handhaben sehr begrenzt. Dennoch hat die Bundesregierung nichts unversucht gelassen, um der griechischen Regierung auf diplomatischem Wege und auf möglichst hoher Ebene ihre Besorgnis über den Vorfall und seine möglichen politischen Auswirkungen sowie ihr Interesse an einer raschen Klärung der Angelegenheit zum Ausdruck zu bringen. Diese Kontakte werden fortgesetzt.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1679
P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Solange die Untersuchungen nicht abgeschlossen sind und noch keine Anklage gegen Herrn Professor Tsatsos erhoben ist, kann niemand Aussagen über das weitere Schicksal des Inhaftierten machen.
Keine Zusatzfragen.
Der Herr Abgeordnete Windelen hat um die schriftliche Beantwortung seiner Fragen 28 und 29 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung steht der Bundesminister Genscher zur Verfügung.
Der Herr Abgeordnete Gerlach hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 30 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Den Herrn Abgeordneten Stücklen sehe ich nicht im Saal. Auch seine Fragen 31 und 32 werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die nächste Frage, die Frage 33, ist von dem Herrn Abgeordneten Josten eingebracht:
Wieweit ist die Gesamtdokumentation über das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkriegs fertiggestellt?
Die Dokumentation ist so weit fertiggestellt, daß die zu ihrer Erarbeitung geschaffene „Wissenschaftliche Kommission für deutsche Kriegsgefangenengeschichte" mit Ablauf des Jahres 1972 aufgelöst werden konnte. Die restlichen wissenschaftlichen Arbeiten werden von den Mitarbeitern auf Honorarbasis abgewickelt. Die technische Fertigstellung wird 1974 endgültig abgeschlossen sein.
Von der auf insgesamt 22 Teilbände, darunter zwei Beihefte, angelegten Dokumentation liegen 15 Bände ausgedruckt vor. Mit dem technischen Abschluß mindestens zweier weiterer Bände ist im Jahre 1973 zu rechnen. Die Manuskripte der restlichen fünf Bände liegen größtenteils abgeschlossen vor bzw. stehen vor dem Abschluß.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Minister, Ihre Mitteilung ist erfreulich. Vielleicht können Sie auch noch sagen, wann eine Veröffentlichung vorgenommen wird.
Nach Abschluß der Arbeiten, der nach den bisherigen Feststellungen wohl 1974 vollzogen sein wird.
Ist. an eine allgemeine Veröffentlichung gedacht, nachdem vorher schon einmal zur Diskussion stand, daß nur ein begrenzter Kreis diese Dokumentation erhalten sollte?
Zugänglich gemacht werden wird sie sicher allen. Ob die Auflage so groß ist, daß alle sie erhalten können, ist eine zweite Frage.
Die nächste Frage, die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Josten:
Welche finanziellen Mittel wurden bisher von den früheren Bundesregierungen für die Herstellung dieser Kriegsgefangenendokumentation aufgebracht?
Herr Minister!
Die Wissenschaftliche Kommission, die 1957 mit der Forschungsaufgabe betraut wurde, ist bis zu ihrer Auflösung am 31. Dezember 1972 mit jährlichen Bundeszuschüssen finanziert worden. Diese betrugen insgesamt 3,624 Millionen DM. Die Arbeiten an den noch ausstehenden Bänden werden von den Autoren im Rahmen von Honorarverträgen durchgeführt. Für die Drucklegung der Dokumentationsbände wurden bis Ende 1967 237 034 DM benötigt, im Rechnungsjahr 1968 = 20 526 DM, 1969 = 17 448 DM, 1970 = 9 387 DM, 1971 = 55 365 DM und 1972
82 139 DM, zusammen 421 899 DM.
Herr Minister, kann ich nach Ihrer Beantwortung der vorherigen Frage davon ausgehen, daß bei der Veröffentlichung nicht etwa Sparmaßnahmen geplant sind und daß Sie von Ihrem Hause aus die finanziellen Mittel für die Fertigstellung in jedem Fall zur Verfügung stellen werden?
Wir haben diese Absicht.
Ich rufe die nächste Frage, die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Dr. Ahrens, auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die Konvention der Vereinten Nationen über die Verminderung der Fälle der Staatenlosigkeit zu unterzeichnen, nachdem nunmehr auch die Beratende Versammlung des Europarats in der Empfehlung Nr. 700 vom 26. Januar 1973 ihr Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht hat, daß diese aus dem Jahr 1961 stammende Konvention noch nicht in Kraft getreten ist?
Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Problem der Staatenlosigkeit seit je besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Sie ist bemüht, Staatenlosigkeit zu verhindern oder zu verringern. Die Bundesregierung bereitet den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu der Konvention der Vereinten Nationen über die Verminderung der Staatenlosigkeit vom 28. August 1961 vor. Sie geht dabei davon aus, daß die gesetzlichen Vorbereitungen bis zum Inkrafttreten des Abkommens abgeschlossen sein werden. Nach der Mitteilung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen ist mit dem Inkrafttreten der Konvention im September 1974 zu rechnen.
Metadaten/Kopzeile:
1680 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Eine Zusatzfrage,
Herr Minister, können Sie mir sagen oder können Sie feststellen lassen, wieviel Staatenlose in der Bundesrepublik Deutschland vom Inkrafttreten der Konvention Vorteile hätten?
Ich bitte um Nachsicht, daß ich das jetzt nicht kann. Ich bin aber gern bereit, Ihnen diese Frage schriftlich zu beantworten, Herr Abgeordneter.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Der Herr Abgeordnete Wolfram ist nicht im Saal. Seine Frage 36 wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die nächste Frage, die Frage 37, ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Beermann eingereicht:
Trifft es zu, daß Umsiedler aus Polen und insbesondere deren Kinder bei Bewerbungen um Einstellungen in den öffentlichen Dienst deswegen häufig scheitern, weil sie Sprachtests zu bestehen haben, denen sie nicht gewachsen sind?
Herr Minister!
Herr Präsident, wegen des Zusammenhangs bitte ich, die Fragen 37 und 38 zusammen beantworten zu dürfen.
Der Fragesteller ist damit einverstanden. Ich rufe dann auch die Frage 38 des Abgeordneten Dr. Beermann auf:
Ist die Bundesregierung bereit, hierauf Rücksicht zu nehmen und darauf zu dringen, daß — wo immer möglich — verbalfreie Tests zur Anwendung kommen, damit die Umsiedler möglichst schnell und reibungslos eingestellt werden können, und ist die Bundesregierung bereit, auf Länder und Gemeinden einzuwirken, daß dort entsprechend verfahren wird?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die mangelnde Beherrschung der deutschen Sprache allgemein Schwierigkeiten für die berufliche Eingliederung der Aussiedler aus Polen mit sich bringt. Dies trifft vor allem bei den Aussiedlern aus Polen im Alter bis zu 35 Jahren zu, die keine Möglichkeit hatten, eine deutsche Schule zu besuchen. Bei Aussiedlern aus anderen osteuropäischen Ländern sind diese Sprachschwierigkeiten bei weitem nicht im gleichen Umfang festzustellen.
Von den Eingliederungsschwierigkeiten sind auch Einstellungen in den öffentlichen Dienst betroffen, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, für 'deren zuverlässige und sachgerechte Ausübung ein entsprechendes Maß an Sprachkenntnissen unerläßlich ist. In vielen Verwendungsbereichen des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost, bieten sich den Aussiedlern Tätigkeiten, die schon mit einfachen Kenntnissen der deutschen Sprache ausgeübt werden können, wenn damit insbesondere die betriebliche Sicherheit gewährleistet ist. Dagegen müssen z. B. für qualifizierte Tätigkeiten im Beamtendienst die
den Funktionsanforderungen entsprechend vorgeschriebenen Mindesvorbildungsvoraussetzungen erfüllt sein, deren Erwerb schon ein entsprechendes Sprachvermögen voraussetzt. Die Eignungsfeststellungen oder Beratungstests, die den Einstellungen in den öffentlichen Dienst vorausgehen, werden bei Aussiedlern aus Polen auf die jeweiligen Mindestanforderungen beschränkt. Die zuständigen Behörden des Bundes sind bestrebt, Härten so weit wie irgend möglich zu vermeiden. Der Stand der Deutschkenntnisse wird im allgemeinen schon bei den Vorstellungsgesprächen oder Testaufgaben sichtbar, ohne daß es besonderer Sprachtests bedarf. Nach diesen Ergebnissen wird in jedem Falle zumindest die Vermittlung eines dem Sprachstand entsprechenden zumutbaren Arbeitsplatzes angestrebt.
Soweit für qualifizierte sprachabhängige Tätigkeiten bisher im Rahmen der Eignungsfeststellung auch der Sprachstand besonders getestet worden ist, wird geprüft werden, inwieweit den Aussiedlern aus Polen weitere Erleichterungen gewährt werden können. In einzelnen Bereichen der Bundesverwaltung wird bereits untersucht, inwieweit auch für qualifiziertere Tätigkeiten nichtsprachgebundene Tests zur Eignungsfeststellung genügen können. Die großen Betriebsverwaltungen Bundesbahn und Bundespost bieten außerdem in ihren Schulungseinrichtungen den Bediensteten die Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und zu ergänzen, um sie auch für ihre weitere berufliche Entwicklung zu fördern. Daneben kommt dem schon bestehenden allgemeinen System von Sprachförderungsmaßnahmen weiterhin große Bedeutung zu.
Die Bundesregierung wird alles in ihren Kräften Stehende tun, um die günstigsten sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen für die Aufnahme von Aussiedlern aus Polen in den öffentlichen Dienst zu schaffen. Ich bin bereit, die Probleme auch in der Zusammenarbeit mit den Dienstrechtsressorts der Länder zur Sprache zu bringen und entsprechende Anregungen zu geben.
Zusatzfrage.
Herr Minister, werden Sie mich zu gegebener Zeit über das Ergebnis Ihrer Bemühungen unterrichten können?
Gern, Herr Abgeordneter, wenn Sie das wünschen.
Ja, bitte!
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen; Eine weitere Zusatzfrage:
Herr Minister, weil Sie gerade zu Recht diese Sprachschwierigkeiten derer bis zum 35. Lebensjahr geschildert haben, frage ich Sie: Sind Sie bereit, in einem Brief an die ARD — die Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Rund-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1681
Dr. Hupkafunkanstalten - die Empfehlung zu geben, Sprachkurse einzuführen, wie sie bereits für die Gastarbeiter existieren, damit diese Menschen hier leichter integriert werden können?
Ich halte das für eine Anregung, der man nachgehen sollte.
Die Frage 39 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe dann die Frage 40 des Abgeordneten Rommerskirchen .auf:
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob es sich bei der gewaltsamen Besetzung des Bonner Rathauses mit den zerstörenden Ausschreitungen um eine Aktion handelt, die zentral geplant und gesteuert wurde?
Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich die Fragen 40 und 41 zusammen beantworten könnte.
Der Fragesteller ist offensichtlich einverstanden. Ich rufe deshalb auch die Frage 41 des Abgeordneten Rommerskirchen auf:
Falls die zentrale Planung zu bestätigen ist, frage ich die Bundesregierung, um welche Organisationen oder Institutionen es sich handelt, und ob die Verantwortlichen wegen Haus- und Landfriedensbruch angezeigt wurden?
Vorab darf ich darauf hinweisen, daß die anläßlich der Bonner Ereignisse vom 10. April 1973 getroffenen Maßnahmen zum Schutze der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie die Ermittlung und Verfolgung von Straftätern im Verantwortungsbereich der zuständigen Polizei- und Justizbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen liegen. Ich darf mich auf den Bericht über Verlauf, Ursachen und Hintergründe der Ausschreitungen vom 10. April stützen, den der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen am 3. Mai 1973 in einer gemeinsamen Sitzung des Hauptausschusses und des Ausschusses für Innere Verwaltung des nordrhein-westfälischen Landtages gegeben hat.
Nach diesem Bericht sind für die gewaltsame Besetzung des Bonner Rathauses in erster Hinsicht die „Kommunistische Partei Deutschlands" und die ihr verbundenen Organisationen, insbesondere die „Liga gegen den Imperialismus" und das „Nationale Vietnam-Komitee", verantwortlich zu machen. Dies schließt nicht aus, daß sich noch weitere Gruppen an den gewalttätigen Ausschreitungen beteiligt haben.
Die gewaltsame Besetzung des Rathauses ist von den Beteiligten offenbar auch im voraus geplant und vorbereitet worden. Nach Auffassung der Bundesregierung ist dies schon durch die folgenden allgemein bekannten Tatsachen belegt:
1. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Besetzung wurde in der Nähe des Rathauses ein gedrucktes — also offensichtlich vorbereitetes und bis zu diesem Zeitpunkt zurückgehaltenes —
Flugblatt verteilt mit der Überschrift „Bonner Rathaus von Antiimperialisten besetzt — Kommt zum Marktplatz!". Das Flugblatt war von der Kommunistischen Partei Deutschlands, KPD, der Liga gegen den Imperialismus und dem Nationalen Vietnam-Komitee verantwortlich gezeichnet.
Zweitens. Auf einer am Nachmittag des 10. April 1973 vom Nationalen Vietnam-Komitee veranstalteten Pressekonferenz in Bonn haben der führende Funktionär der KPD, Jürgen Horlemann, und das Mitglied des Sekretariats des Nationalen Vietnam-Komitees, Fehlau, Fragen nach einer zentral gelenkten Planung und Vorbereitung der Rathausbesetzung bejaht.
Drittens. In einem Interview für die am 16. April 1973 über die ARD ausgestrahlte Fernsehmagazinsendung „Monitor" haben der schon genannte Jürgen Horlemann und ein weiteres führendes Mitglied der KPD, Christian Semler, die vorausgegangene Planung und Vorbereitung der Aktion vom 10. April 1973 ausdrücklich bestätigt.
Die öffentlichen Äußerungen führender Mitglieder der KPD und des Nationalen Vietnam-Komitees haben ebenso wie der äußere Ablauf der Geschehnisse eine vorausgegangene, unter Einhaltung konspirativer Regeln durchgeführte Planung und Vorbereitung der Aktion erkennen lassen.
Die Bundesregierung ist darüber unterrichtet, daß die zuständigen Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 10. April 1973 Strafverfahren u. a. wegen des von Amts wegen zu verfolgenden schweren Landfriedensbruchs, eingeleitet haben. Ihr ist ferner bekannt, daß die Stadt Bonn, vertreten durch den Oberstadtdirektor, unter anderem wegen Hausfriedensbruchs Strafanzeige erstattet und Strafantrag gestellt hat.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, da Sie selbst darlegen, daß es Hinweise auf diese gefahrvolle Aktion gab, frage ich: Warum wurden keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen, die ja tatsächlich unterblieben sind?
Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, ob der in Ihrer Frage liegende Vorwurf gegen die Polizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen berechtigt ist, wenn man bedenkt, daß sich eine große Zahl von Polizeibeamten in Bonn befand, aber für den Einsatzleiter natürlich auch nicht von vornherein erkennbar war, gegen welche Gebäude sich die Aktionen der Gewalttäter richten würden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, da das Bonner Rathaus beim Empfang von hohen Staatsgästen fast immer mit benutzt wird,
Metadaten/Kopzeile:
1682 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Rommerskirchenfrage ich, ob man von daher gesehen nicht dennoch — gerade im Hinblick auf dieses Rathaus — hätte Vorkehrungen treffen müssen.
Herr Abgeordneter, ich glaube, es wird nützlich sein, wenn Sie sich über den Sachverhalt dort informieren, wo die kompetenten Auskünfte wegen der durch unsere staatliche Gliederung gegebenen Verantwortung auch wirklich gegeben worden sind, nämlich im Landtag von Nordrhein-Westfalen.
Herr Kollege, Sie haben noch zwei Fragen. Denken Sie bitte einmal an die Kollegen, die ausharren, um ihre Fragen beantwortet zu bekommen.
Ich rufe die Frage 42 des Abgeordneten Dr. Kliesing auf:
Teilt die Bundesregierung nach den Ermittlungen der zuständigen Bundesorgane die Auffassung, daß ein Erfolg, wie ihn die anarchistischen Kräfte mit der ungehinderten Besetzung des Bonner Rathauses zu verzeichnen hatten und dessen sie sich auch entsprechend rühmten, Wiederholungsversuche geradezu herausfordert?
Herr Abgeordneter, es kann dahingestellt bleiben, ob der Ablauf der gewaltsamen Besetzung des Bonner Rathauses aus der Sicht der politischen Gewalttäter Wiederholungsversuche herausfordert oder nicht. Auf jeden Fall sind die zuständigen Sicherheitsbehörden entschlossen, solchen Ausschreitungen wirksam zu begegnen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die zuständigen Sicherheitsbehörden beabsichtigten Gewaltaktionen nach dem 10. April 1973 mit Erfolg begegnet sind. Dies gilt insbesondere für die Veranstaltungen am 1. Mai 1973, die im wesentlichen von Störungen freigehalten werden konnten.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, können wir davon ausgehen, daß die Bonner Bürgerschaft auf Grund der gezogenen Lehren anläßlich des Besuchs des ersten Sekretärs der KPdSU und der dazu angekündigten Demonstrationen von argen Belästigungen verschont bleibt.
Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, daß die nordrhein-westfälischen Polizeibehörden diesem berechtigten Schutzinteresse der Bürger in Bonn Rechnung tragen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, können wir ebenfalls davon ausgehen, daß auf Grund der gezogenen Lehren das Zusammenspiel zwischen den Bonner und Düsseldorfer Behörden diesmal so gut klappt, daß der zuständige Staatssekretär in Düsseldorf nicht wieder in Versuchung kommt — wie ich zu seinen Gunsten annehmen möchte —, auf Grund unvollständiger Informationen dem Oberbürgermeister von Bonn die Schuld in die Schuhe zu schieben?
Ihre Frage geht als Zusatzfrage schon haarscharf an der eingebrachten Frage vorbei.
— Die zweite Frage muß noch beantwortet werden. Ich rufe daher die Frage 43 des Abgeordneten Dr. Kliesing auf:
Kann die Bundesregierung in Vereinbarung mit den Länderregierungen nicht sicherstellen, daß bei angekündigten Demonstrationen die Verwaltungssitze und Organe des Bundes nachrichtendienstlich so besetzt sind, daß ein schnellstmöglicher Einsatz der Ordnungskräfte zur Sicherung der Verwaltungsgeschäfte gewährleistet ist?
In diesem Zusammenhang können Sie das als Zusatzfrage etwas konkreter anbringen.
Bitte, Herr Minister!
Gemäß § 4 des Bundesgrenzschutzgesetzes schützt der Bundesgrenzschutz entsprechend der Gefahrenlage und im Einvernehmen mit dem beteiligten Land Verwaltungssitze und Organe des Bundes. Darüber hinaus findet über das Lage- und Informationszentrum im Bundesministerium des Innern ein dauernder Austausch von Meldungen aller Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder über die Sicherheitslage statt. Damit ist gewährleistet, daß die zuständigen Stellen möglichst frühzeitig von möglichen Störungen Kenntnis erhalten und die erforderlichen Schutzmaßnahmen für Einrichtungen des Bundes treffen können. Entsprechend wurde auch am 10. April 1973 verfahren.
Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich dann die vorhin gestellte Frage als hierher gehörig betrachten.
Herr Abgeordneter, ich muß dazu zunächst sagen, daß ich verständlicherweise nur Fragen aus dem Verantwortungsbereich des Bundes beantworten kann, so verführerisch die Stellung einer solchen Frage hier für Sie auch sein mag. Zweitens bin ich nicht sicher, worauf sich der von Ihnen gegen den Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Innenministerium erhobene Vorwurf gründet. Ich glaube, der Beamte hätte Anspruch darauf, daß dann, wenn man ihm in einer solchen kritischen Frage gegenübertritt, der für ihn zuständige Minister dort, wo er das kann, antwortet. Ich möchte vorab sagen, daß die Kritik in der Form, wie Sie hier erheben, sicher nicht berechtigt ist.
I Keine weiteren Zusatzfragen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1683
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenIch rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Hauser auf:Ist die Bundesregierung der Meinung, daß bei den blutigen Unruhen in Bonn am 10. April 1973 die zur Verfügung stehenden Ordnungskräfte des Bundes ausreichend waren, um optimal zum Schutz der verschiedenen gefährdeten Objekte eingesetzt zu werden?
Zur Zeit obliegt dem Bundesgrenzschutz nach § 4 des BGS-Gesetzes der Schutz folgender Objekte: Bundespräsidialamt, Bundeskanzleramt, Auswärtiges Amt und Bundesministerium des Innern. Für den Schutz dieser Objekte standen am 10. April 1973 ausreichende Kräfte zur Verfügung.
Zusatzfrage.
Hauser (CDU/CSU) : Herr Minister, ist angesichts der Tatsache, daß der mangelnde Schutz des Bonner Rathauses durch die Landespolizei damit begründet wurde, die Polizeikräfte hätten die Bundeseinrichtungen, insbesondere die Bannmeile, schützen müssen, nicht doch eine Möglichkeit der mangelnden Koordination gegeben?
Von einer mangelnden Koordination kann schon deshalb keine Rede sein, weil die Sicherheitsbehörden des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen auch an dem fraglichen Tag in einem engen Kontakt standen. Im übrigen, Herr Abgeordneter, bitte ich zu unterscheiden zwischen der Bannmeile und Bundeseinrichtungen. Beides sind völlig verschiedene Dinge. Die Bannmeile dient bekanntlich dem Parlament.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Hauser auf:
Ist die Bundesregierung bereit, in Verhandlungen mit dein Land Nordrhein-Westfalen eine Regelung herbeizuführen, durch die der Schutz der Bannmeile um den Sitz der Verfassungsorgane generell durch den Bundesgrenzschutz durchgeführt wird, damit die Bereitschaftspolizei des Landes Nordrhein-Westfalen für den Schutz der Bundeshauptstadt und ihrer Bürger voll zur Verfügung steht?
Der Schutz der Bannmeile obliegt der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Einsatz des BGS zum Schutz der Bannmeile wäre nur im Rahmen einer Unterstützung der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit § 9 des Bundesgrenzschutzgesetzes möglich. Eine solche Unterstützung kann nur auf Anforderung der zuständigen Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen erfolgen. Die Übernahme des dauernden Schutzes der Bannmeile durch den Bundesgrenzschutz würde eine Gesetzesänderung erfordern.
Die Bundesregierung ist bereit, mit der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen in Verhandlungen über die zweckmäßigste Art der Sicherung der Bannmeile einzutreten, wenn die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen darum ersuchen sollte.
Herr Abgeordneter Sieglerschmidt.
Herr Bundesminister, wäre eine solche von Ihnen soeben anvisierte Gesetzesänderung in der Richtung, daß der Bundesgrenzschutz ständig für die Bewachung der Bannmeile zuständig sein sollte, nicht ein sehr weitgehender Eingriff in die bundesstaatliche Ordnung auf polizeilichem Gebiet?
Herr Abgeordneter, ich habe keine Gesetzesänderung anvisiert, sondern ich habe gesagt, daß ich bereit bin, in Verhandlungen einzutreten, wenn das Land Nordrhein-Westfalen es wünscht. Die von Ihnen angeschnittene Frage ist in der Tat eine sehr prinzipielle Frage der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und bedarf der Abwägung.
Herr Abgeordneter Kiechle hat die Frage 46 zurückgezogen. Ebenso hat der Abgeordnete Milz die von ihm gestellten Fragen 47 und 48 zurückgezogen. Der Abgeordnete Dr. Schulz hat die Frage 49 zurückgezogen.Ich rufe die Frage 50 des Herrn Abgeordneten Spranger auf. — Ich sehe den Herrn Abgeordneten Spranger nicht; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Der Abgeordnete Dr. Evers ist nicht im Saal; die Fragen 51 und 52 werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.Der Abgeordnete Dr. Todenhöfer hat ebenfalls den Saal verlassen; die Fragen 53 und 54 werden schrftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Dies gilt auch für die Fragen 55 und 56 des Herrn Abgeordneten Benz, der gebeten hat, seine Fragen schriftlich zu beantworten.Die Frage 57 ist von dem Herrn Abgeordneten Würtz gestellt, — Herr Abgeordneter Würtz ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Der Abgeordnete Biechele hat seine Fragen 58 und 59 zurückgezogen.Herrn Abgeordneten Collet sehe ich nicht. Die Fragen 60 und 61 werden daher schriftlich beantwortet, und die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. — Herr Minister, ich danke Ihnen.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Haar zur Verfügung.Ich rufe Frage 105 des Herrn Abgeordneten Dr. Klein auf:Welche Überlegungen haben den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Haar, veranlaßt, Pressemeldungen zufolge kürzlich in Hannover sinngemäß zu erklären, über den Bau der vorgesehenen Ergänzungsstrecke der Deutschen Bundesbahn Hannover—Kassel sei praktisch schon in dem Sinn entschieden, daß diese Ergänzungsstrecke nicht über Göttingen, sondern durch das Wesertal geführt werde, und wie vereinbart die Bundesregierung diese Absicht mit den Notwendigkeiten einer besseren Verkehrsbedienung des Zonenrandgebiets im Bereich Göttingen?
Metadaten/Kopzeile:
1684 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973
Herr Kollege, über die Führung der Trasse der Neubaustrecke der Deutschen Bundesbahn von Hannover über Kassel nach Gemünden ist noch nicht entschieden. Die Deutsche Bundesbahn hatte zunächst nur eine Trasse über Holzminden als kürzeste Verbindung zwischen Hannover und Kassel vorgeschlagen. Sie untersucht zur Zeit auch eine Streckenführung über Göttingen und ermittelt dabei den Verkehrswert Göttingens für diese Neubaustrecke. Das einschlägige Raumordnungsverfahren des Landes Niedersachsen ist ebenfalls noch nicht abgeschlossen.
Die endgültige Genehmigung der Streckenführung obliegt nach § 14 des Bundesbahngesetzes dem Bundesminister für Verkehr. Er wird vor seiner Entscheidung alle in Betracht kommenden Alternativen prüfen. Die Prüfung umfaßt nicht nur die Gestehungskosten der Trasse, sondern auch die zu erwartenden Betriebskosten und das zu erwartende Verkehrsaufkommen.
Darüber hinaus werden auch die Belange der Raumordnung und der Verkehrsbedienung des Zonenrandgebietes sowie andere Belange der Öffentlichkeit geprüft werden müssen. Der vorteilhaftesten Lösung wird dann der Vorzug zu geben sein.
Wie den vorliegenden Pressemitteilungen zu entnehmen ist, habe ich bezüglich der Streckenführung die Auffassung des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn nach den damals vorliegenden Unterlagen interpretiert.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, wann mit dem Abschluß bzw. der Veröffentlichung der Untersuchungen, die, wie Sie sagen, im Gange sind, zu rechnen ist.
Das wird in den nächsten Monaten der Fall sein.
Eine weitere Zusatzfrage. Bitte, Herr Kollege!
Der Presse ist zu entnehmen gewesen, daß die Streckenführung über Göttingen etwa 400 Millionen DM teurer sein soll als die über Holzminden. Trifft diese Schätzung zu, und auf welche Unterlagen kann sie gegebenenfalls gestützt werden? Oder ist sie voreilig?
Das sind Unterlagen und Zahlen, die schon vor Wochen vom Vorstand der Deutschen Bundesbahn genannt worden sind. Inwieweit sie einer betriebswirtschaftlichen Gesamtrechnung für die Entscheidung über die künftige Führung der Trasse standhalten, kann jetzt noch nicht beurteilt
werden; ich beziehe mich dabei auf den ersten Teil 1 meiner Antwort auf Ihre Frage.
Der Herr Abgeordnete Krockert ist nicht im Saal. Die von ihm eingereichten Fragen 106 und 107 werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Waltemathe hat seine Frage 108 zurückgezogen, und auch die Frau Abgeordnete Dr. Riedel-Martiny hat die beiden von ihr gestellten Fragen 109 und 110 zurückgezogen.
Ich rufe Frage 111 des Herrn Abgeordneten Wende auf:
Welche Erfahrungen hat die Deutsche Bundesbahn mit den Sonderangeboten „Rosa Zeiten", „Di-Mi-Do"-Programm und „Seniorenreisen" gemacht, und kann die Bundesregierung der Deutschen Bundesbahn eine Forführung solcher Aktionen, insbesondere für Rentner, für dieses Jahr empfehlen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Wende, nach den Angaben der Deutschen Bundesbahn war das Sonderangebot „Rosa Zeiten" des Jahres 1968 für sie ein wirtschaftlicher Erfolg. Die nachfolgenden Sonderangebote haben jedoch nicht immer zu der von der Deutschen Bundesbahn erwarteten zusätzlichen Nachfrage geführt. Insbesondere ist die sogenannte Seniorenermäßigung von Jahr zu Jahr schwächer in Anspruch genommen worden, weil sie von den Interessenten zunehmend für ohnehin notwendige Reisen eingeplant worden ist mit dem Ergebnis, daß die Zahl der zusätzlichen Reisen laufend zurückging.
Der Bundesminister für Verkehr hat über diese Angelegenheit wiederholt mit dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn gesprochen und sein Interesse an einer Fortführung derartiger Sonderangebote zum Ausdruck gebracht. Die Bundesbahn hat erklärt, daß sie dieses Instrument nicht aufgeben will, aber eine Pause einlegen wird, nach der in nicht festgelegter Reihenfolge und mit dem notwendigen Überraschungseffekt weitere Sonderangebote unterbreitet werden sollen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnte nicht ein Grund für die mangelhafte Ausnutzung dieser Angebote gerade darin liegen, daß eben nicht ein regelmäßiges Angebot da ist, gerade wenn man berücksichtigt, daß sich ein solches Angebot dann ja an Rentner wendet, denen man wohl ohnehin eine längere Anlaufzeit gewähren müßte?
Der Sinn der Sonderangebote liegt ja darin, Herr Kollege, daß in sogenannten verkehrsärmeren Zeiten, also in Zeiten ohne stärkere Belastung des Wagenparks der Bundesbahn, überraschend in bestimmten Formen derartige Angebote unterbreitet werden. Ich nehme an, daß nach ent-
Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Mai 1973 1685
Parl. Staatssekretär Haar
.) sprechenden Überprüfungen durch die Bundesbahn auch, wie bereits angekündigt, weitere Angebote erfolgen werden.
Darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß es auch die Meinung der Bundesregierung ist, daß solche Angebote nicht auf Grund rein wirtschaftlicher Erwägungen seitens der Bundesbahn ins Auge zu fassen sind?
Diese Auffassung teilt die Bundesregierung, aber die Entscheidung über den zeitlichen Ablauf und die Form der Angebote liegt beim Vorstand der Deutschen Bundesbahn, auch, Herr Kollege, wegen der Zuständigkeit nach dem Bundesbahngesetz.
Ich rufe die Frage 112 und 113 des Herrn Abgeordneten Dr. Böhme auf. Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die beiden Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 114 des Heim Abgeordneten Dr. SchmittVockenhausen wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Fragen 115 und 116 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl auf. Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die beiden Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als
Anlagen abgedruckt.
Als letzte Frage rufe ich die Frage 117 der Frau Abgeordneten Verhülsdonk auf:
Trifft es zu, daß die bisherigen Aktionen der Deutschen Bundesbahn betreffend Fahrpreisermäßigung für Rentner von der Leitung des Unternehmens stets als finanzieller Erfolg für das Unternehmen bewertet wurden?
Frau Kollegin, der Vorstand der Deutschen Bundesbahn hat die früheren Seniorenermäßigungen — mit Ausnahme der letzten — als finanziell erfolgreich bezeichnet, jedoch auch zum Ausdruck gebracht, daß eine ständige, gleichförmige Wiederholung dieser Vergünstigungen zu Fahrgeldeinbußen führen müßte.
Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Verhülsdonk.
Ist die Bundesbahn nicht trotzdem in der Lage, diese Vergünstigungen zu gewähren, Herr Staatssekretär, da sie ja damit im Grunde nur ihre Kapazität ausnützt, auch wenn es kein glattes Geschäft wäre?
Frau Kollegin, ich habe bereits bei der Beantwortung der Frage des Herrn Kollegen Wende darauf hingewiesen, daß der Vorstand der Deutschen Bundesbahn gegenwärtig die Form künftiger Angebote prüft.
Sie haben noch eine letzte Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, daß die Bundesregierung, wenn sie dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn eine solche Aktion empfehlen wurde, nicht doch erfolgreich wäre?
Eine solche Empfehlung ist wiederholt in Gesprächen zum Ausdruck gekommen. Aber die Form der Sonderangebote — auch inhaltlich und zeitlich — obliegt dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn, Frau Kollegin.
Meine Damen und Herren, die für die Fragestunde zur Verfügung stehende Zeit ist abgelaufen. Ich bedauere sehr, daß eine Reihe von Kollegen, die noch ausgeharrt haben, nun nicht mehr unmittelbar eine Antwort erhalten können.
Wir stehen am Ende der Beratungen. Ich schließe die heutige Sitzung des Deutschen Bundestages und berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 16. Mai 1973, 14 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.