Protokoll:
7029

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 7

  • date_rangeSitzungsnummer: 29

  • date_rangeDatum: 9. Mai 1973

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:49 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 29. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen des Bundesministers Franke, des Vizepräsidenten von Hassel, der Abg. Frau Schimschok und des Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 1413 A Überweisung des Jahresberichts 1972 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages an den Verteidigungsausschuß 1413 B Amtliche Mitteilungen 1413 B Fragestunde (Drucksache 7/511) Frage A 1 des Abg. Schlaga (SPD) : Übungs- und Flugplätze der US-Army in Ballungsgebieten der Bundesrepublik Deutschland Berkhan, Parl. Staatssekretär (BMVg) 1415 C, 1416B, C, D, 1417 A Schlaga (SPD) 1416 B, C Hansen (SPD) 1416 D Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) . 1417 A Frage A 2 des Abg. Schlaga (SPD) : Dislokationsmaßnahmen der US-Army in Bayern und Baden-Württemberg Berkhan, Par?. Staatssekretär (BMVg) 1417 B, C, 1418A Schlaga (SPD) . . . . . . . . 1417 C, D Fragen A 73 und 74 des Abg. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) : Beschränkung des Bodenlärms auf Flugplätzen der ausländischen Streitkräfte Berkhan, Parl. Staatssekretär (BMVg) 1418B, D, 1419 A, B Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) . . . . 1418C, 1419 A, B Frage A 3 des Abg. Conradi (SPD) : Raumordnungsprogramm der Bundesregierung Dr. Haack, Parl. Staatssekretär (BMBau) . . . 1419C, 1420 A, B, C, D Conradi (SPD) . . . . 1419 D, 1420 A Dr. Hirsch (FDP) . . . . . . . . 1420 B Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) . . 1420 C Hansen (SPD) 1420 D Frage A 4 des Abg. Dr. Ahrens (SPD) : Zusammenarbeit in den grenzüberschreitenden Regionen Europas Dr. Haack, Parl. Staatssekretär (BMBau) 1421 A, C, D Dr. Ahrens (SPD) 1421 C, D Frage A 128 des Abg. Schröder (Lüneburg (CDU/CSU) : Neue Grenzbefestigungen der DDR bei Lüchow-Dannenberg Herold, Parl. Staatssekretär (BMB) 1422 A, B, C Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . 1422 B, C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 1422 C Frage A 5 des Abg. Wüster (SPD) : Anrechnung des Berufsgrundbildungsjahres auf die Lehrzeit Zander, Parl. Staatssekretär (BMBW) 1422 D, 1423 B, C Wüster (SPD) 1423 B, C Frage A 68 des Abg. Dr. Graf Lambsdorff (FDP) : Gesetzentwurf über die Abschaffung der Steuerprivilegien in der Kreditwirtschaft Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 1423 D, 1424 A, B Dr. Graf Lambsdorff (FDP). . 1424 A Höcherl (CDU/CSU) . . . . . . 1424 A Frage A 69 des Abg. Gansel (SPD) : Verhältnis der Haftentschädigung für den ehemaligen SS-Obersturmführer Strippel zu den Entschädigungen für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft und Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 1424 B Fragen A 70 und 71 des Abg. Stahl (Kempen) (SPD) : Haftungsfonds des Bankenverbandes Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 1425 A, C Stahl (Kempen) (SPD) . . . . . . 1425 C Frage A 72 des Abg. Hansen (SPD) : Mehrsprachige Erläuterungsblätter betr. die Anträge auf Lohnsteuer-Jahresausgleich und die Folgen einer Abtretung von Steuererstattungsansprüchen Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 1425 D, 1426 A Hansen (SPD) 1426 A Frage A 75 des Abg. Löffler (SPD) : Schleppende Abfertigung am Grenzkontrollpunkt Helmstedt Hermsdorf, Parl. Staatssekretär (BMF) 1426 B Fragen A 81 und 82 des Abg. Dr. Kempfler (CDU/CSU) : Bundeszuschüsse für die landwirtschaftlichen Krankenkassen zur Erzielung sozial tragbarer Beitragssätze Ertl, Bundesminister (BML) . . . . 1426 C, 1427 A, B, C Dr. Kempfler (CDU/CSU) 1426 D, 1427 A, C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 7/153); Bericht und Antrag des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen (Drucksachen 7/500, 7/516) — Zweite Beratung und Schlußabstimmung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen (Drucksachen 7/154, 7/503); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache 7/520), Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache 7/502) — Zweite Beratung und Schlußabstimmung — Heyen (SPD) 1428 A Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . . 1431 D Dr. Corterier (SPD) 1436 B Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) 1439 B Schütz, Regierender Bürgermeister von Berlin . . . . . . . . 1443 B Strauß (CDU/CSU) 1446 B Brandt, Bundeskanzler 1457 C Hoppe (FDP) 1459 C Metzger (SPD) 1465 A Amrehn (CDU/CSU) 1470 B Groß (FDP) 1477 B Mattick (SPD) 1478 C Nächste Sitzung 1479 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1481* A Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 24 — Druck- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 III sache 7/296 — des Abg. Kiechle (CDU/ CSU) betr. Marktanteile der deutschen Landwirtschaft innerhalb der EWG in den Jahren 1970, 1971 und 1972 . . . . . 1481* B Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl (BMJ) auf die Frage A 1 — Drucksache 7/433 — des Abg. Orgaß (CDU/ CSU) betr. Umwandlung von Altbauwohnungen in Massenquartiere für ausländische Arbeitnehmer . . . . . . . . 1483* A Anlage 4 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 2 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/ CSU) betr. Änderung der 7. Berufskrankheiten-Verordnung zur Beseitigung von Härten bezüglich der Berücksichtigung von Bronchialasthma bei Landwirten . . 1463* B Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 3 — Drucksache 7/433 — des Abg. Wende (SPD) betr. Angaben in der Zeitschrift „Capital" über Mehreinnahmen der Ärzte durch erhöhte Forderungen an die Ersatzkassen 1483* D Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage A 4 — Drucksache 7/433 — des Abg. Peiter (SPD) betr. Kriegsopferversorgung der Verlobten von im Krieg gefallenen Soldaten . . . . . 1484* B Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage A 5 — Drucksache 7/433 — des Abg. Peiter (SPD) betr. Beitragsfreiheit von Schwerbeschädigten Landwirten in der Landwirtschaftlichen Krankenkasse . . . . . . . . . . 1484* C Anlage 8 Antwort des Pari. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage A 6 — Drucksache 7/433 — des Abg. Kater (SPD) betr. Zahlung von Arbeitslosengeld bei Arbeitskämpfen 1485* A Anlage 9 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Fragen A 7 und 8 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Farthmann (SPD) betr. Meldung des DGB-Jugendmagazins über die Verweigerung der Weiterbeschäftigung von Jugendvertretern nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses 1485* B Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Frage A 11 — Drucksache 7/433 — des Abg. Hansen (SPD) betr. Verkauf von 22 Noratlas-Flugzeugen 1485* D Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Fragen A 12 und 13 — Drucksache 7/433 — des Abg. Anbuhl (SPD) betr. Bordzulage für Lohnempfänger auf Hilfsschiffen der Bundeswehr und Überstundenvergütung für Beamte auf zivilbesetzten bundeswehreigenen Schiffen 1486' A Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Fragen A 14 und 15 — Drucksache 7/433 — des Abg. Sieglerschmidt (SPD) betr. Erhöhung der Regierungsbeiträge für das Deutsch-Französische Jugendwerk und Verstärkung der Aktivität des Jugendwerks . . . . . 1486* C Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage A 16 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) betr. schädliche Nebenwirkungen bei der Anwendung von Myambutol . . . . . . . . . . 1487' A Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage A 17 — Drucksache 7/433 — des Abg. Egert (SPD) betr. Enquete über die Situation der Kinder in der Bundesrepublik Deutschland . 1487* B Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage A 23 — Drucksache 7/433 -- des Abg. Wuwer (SPD) betr. Regelung bezüglich der Naturheilmittel im Rahmen der geplanten Neuordnung des Lebensmittelrechts . . 1487* D IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage A 24 —Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Slotta (SPD) betr. Einrichtung der Kinderspielplätze in der Bundesrepublik Deutschland und Orientierungshilfen für Länder und Gemeinden . . . . . . . . . 1488* A Anlage 17 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 25 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Kempfler (CDU/ CSU) betr. Chancenverbesserung strukturell schwacher Gebiete als Schwerpunkt des Fernstraßenbaus . . . . . . . . 1488` B Anlage 18 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 26 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Kempfler (CDU/ CSU) betr. landschaftsbezogene Kraftfahrzeugkennzeichen 1488* D Anlage 19 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen A 27 und 28 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Hirsch (FDP) betr. wirtschaftliche Vorteile lärmarmer Triebwerke und Staffelung der Landegebühren 1489*A Anlage 20 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 29 — Drucksache 7/433 — des Abg. Damm (CDU/CSU) betr. Verbot des nächtlichen Parkens von Lastwagen und Omnibussen in Wohngebieten 1489* C Anlage 21 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 31 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr.-Ing. Oetting (SPD) betr. Verlegung des Luftfahrt-Bundesamtes Braunschweig . . . . . . . . 1489* D Anlage 22 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 32 — Drucksache 7/433 — des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. Besetzung von Planstellen des gehobenen technischen Dienstes der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes durch angestellte Diplomingenieure 1489* D Anlage 23 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen A 35 und 36 —Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Wiederholung der Aktion „Rosa Zeiten" der Deutschen Bundesbahn und Aufgabe des Systems der verbilligten Rückfahrkarten 1490* A Anlage 24 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 37 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Marx (CDU/CSU) betr. Einrichtung durchgehender Omnibuslinien und Nahverkehrszüge im grenznahen West-Ost-Verkehr 1490* C Anlage 25 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 39 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Möglichkeiten der künstlichen Nebelbeseitigung auf Flughäfen 1490* D Anlage 26 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 40 — Drucksache 7/433 — des Abg. Engelhard (FDP) betr. Aufklärung der Bevölkerung über das 0,8-Promille-Gesetz und das zulässige Maß des Alkoholgenusses 1491* A Anlage 27 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 41 — Drucksache 7/433 — des Abg. Wende (SPD) betr. Rauchverbot im öffentlichen Personennahverkehr 1491* B Anlage 28 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 43 — Drucksache 7/433 — des Abg. Spilker (CDU/ CSU) betr. Fahrpreisermäßigung für Rentner bei Benutzung der Deutschen Bundesbahn 1491* B Anlage 29 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 44 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) betr. Einrichtung neuer Buslinien der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost bei Kostendeckung durch Dritte 1491* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 V Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack (BMBau) auf die Frage A 46 —Drucksache 7/433 — der Abg. Frau Meermann (SPD) betr. Bedeutung der gleitenden Arbeitszeit für die Lösung von Problemen in Raumordnung und Städtebau 1491* D Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack (BMBau) auf die Frage A 47 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Aussagen des Bundesministers Dr. Vogel über die Abschaffung des ökonomischen Prinzips in der Automobilindustrie . . . . . . . . 1492* B Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack (BMBau) auf die Frage A 48 — Drucksache 7/433 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. Förderung kleinerer und mittlerer zentraler Orte im Rahmen des Bundesraumordnungsprogramms . . 1492* D Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Frage A 49 — Drucksache 7/433 — des Abg. Egert (SPD) betr. verwaltungsorganisatorische Trennung der Zuständigkeiten im Bereich der Kernforschung und -technik 1493* A Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Fragen A 50 und 51 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/ CSU) betr. mittelfristige Förderung der Kernforschungsanlage Jülich und forschungspolitisches Konzept der Bundesregierung im Zusammenhang mit Kernforschungszentren 1493* B Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Fragen A 52 und 53 — Drucksache 7/433 — des Abg. Vogt (CDU/CSU) betr. Kürzung der Mittel für die Kernforschungsanlage Jülich ohne Berücksichtigung des Sachprogramms 1493* C Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Fragen A 54 und 55 — Drucksache 7/433 — des Abg. Zebisch (SPD) betr. Datenaustausch zwischen der öffentlichen Verwaltung und den Unternehmen und Datenschutz 1494* B Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Fragen A 56 und 57 — Drucksache 7/433 — des Abg. Volmer (CDU/CSU) betr. Äußerung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen über die Leistungsfähigkeit älterer Postoberinspektoren 1494* D Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Fragen A 58 und 59 — Drucksache 7/433 — des Abg. Hoffie (FDP) betr. Beseitigung gravierender Servicemängel bei der Deutschen Bundespost und Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle für den Postbereich 1495* B Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Frage A 61 — Drucksache 7/433 — des Abg. Spilker (CDU/CSU) betr. Vergünstigungen im Post- und Telefonverkehr für Körperbehinderte 1495* D Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 62 — Drucksache 7/433 — der Abg. Frau Benedix (CDU/ CSU) betr. Streichung von Mitteln für den weiteren Aufbau des Luftrettungssystems . . . . . . . . . . . . 1496* A Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 63 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Gruhl (CDU/CSU) betr. Einleitung von Gips in Flüsse . . . 1496* B Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 64 — Drucksache 7/433 — des Abg. Geldner (FDP) betr. Entwicklung eines den Reisepaß, den Führerschein usw. enthaltenden Personalausweises 1497* A Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 65 — Drucksache VI Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 7/433 — des Abg. Kleinert (FDP) betr. Familienstandsbezeichnung „geschieden" 1497* B Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Fragen A 68 und 69 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Schäuble (CDU/CSU) betr. Kostensenkung und Verringerung von Wartezeiten in Kantinen der Bundesbehörden durch Beschaffung von Selbstbedienungsautomaten . . 1497* D Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 70 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. Vorschläge von Dr. Karl Matthias Meesen zur Lösung von Staatsangehörigkeitsfragen im Zusammenhang mit der Aushändigung von Pässen der Bundesrepublik Deutschland an Einwohner der DDR 1498* B Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 71 — Drucksache 7/433 — des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. Besetzung von Beamtendienstposten des gehobenen technischen Dienstes bei den Bundesverwaltungen 1498* D Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 72 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Ahrens (SPD) betr. Wegstreckenentschädigung für die Benutzung privateigener Kraftfahrzeuge . . . 1499* A Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 73 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Gruhl (CDU/CSU) betr. Genehmigungsverfahren nach § 16 der Gewerbeordnung 1499* B Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Fragen A 74 und 75 — Drucksache 7/433 — des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) betr. Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung durch Vertriebene und Evakuierte 1499* D Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 76 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Klepsch (CDU/CSU) betr. Minderung des Einkommens eines Fernmeldehandwerkers nach Übernahme in das Beamtenverhältnis . . . . . . 1500* B Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 77 — Drucksache 7/433 — des Abg. Niegel (CDU/CSU) betr. Veröffentlichung der Bundesergebnisse aus der Volkszählung vom 27. Mai 1970 1500* C Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 78 — Drucksache 7/433 — des Abg. Engelsberger (CDU/ CSU) betr. Geheimdiensttätigkeit von Angehörigen der Vertretung der UdSSR in der Bundesrepublik Deutschland . . . 1501* B Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 79 — Drucksache 7/433 — des Abg. Wuwer (SPD) betr. Verfahren zur gewinnbringenden Aufbereitung und Verwertung von Autoschrott 1501* B Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 80 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Slotta (SPD) betr. Aufhebung der versorgungsrechtlichen Benachteiligung bestimmter Beamtengruppen durch Änderung des § 159 des Bundesbeamtengesetzes 1501* D Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 81 — Drucksache 7/433 — des Abg. Baier (CDU/CSU) betr. Zahl und Stationierung von Rettungshubschraubern in der Bundesrepublik Deutschland 1502* A Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Fragen A 83 und 84 — Drucksache 7/433 — des Abg. Milz (CDU/ CSU) betr. Steuereinbuße durch „Ver- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 VII dieselung" von Heizöl und ihre Verhinderung durch Einfärbung des Heizöls . . 1502* B Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage A 85 — Drucksache 7/433 — des Abg. Höcherl (CDU/ CSU) betr. Behauptung des Bundesfinanzministers bezüglich der Abschöpfung von Devisenzuflüssen durch Maßnahmen der Deutschen Bundesbank 1502* D Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner (BMF) auf die Fragen A 86 und 87 — Drucksache 7/433 — der Abg. Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) betr. Befreiung ärztlicher Gruppenpraxen von der Mehrwertsteuerpflicht . . . . . . . . . 1503' A Anlage 59 Antwort des Pari. Staatssekretärs Porzner (BMF) auf die Fragen A 88 und 89 — Drucksache 7/433 — des Abg. Rollmann (CDU/CSU) betr. Rendite langfristigen Sparkapitals im Verhältnis zur Steigerungsrate der Lebenshaltungskosten und Besteuerung der Sparzinsen . . . . . 1503* B Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner (BMF) auf die Fragen A 90 und 91 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Häfele (CDU/CSU) betr. bisher nicht zurückverlangte Beträge aus dem Konjunkturzuschlag 1503* D Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage A 92 — Drucksache 7/433 — des Abg. Grobecker (SPD) betr. Überwälzung der Mineralölsteuererhöhung auf die Benzinpreise trotz der Dollarabwertung . . . . . . . . . . 1504* B Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 95 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Nutzbarmachung von Erlösen aus Veranstaltungen für den angegebenen wohltätigen Zweck . . . . 1504* C Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage A 96 — Drucksache 7/433 — des Abg. Schmidhuber (CDU/CSU) betr. Äußerung des VEBA- Vorstandsvorsitzenden über die Zahl der VEBA-Volksaktionäre 1504* D Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage A 97 — Drucksache 7/433 — des Abg. Schmidhuber (CDU/CSU) betr. gesetzliche Regelung für die Sicherung von Spareinlagen . . 1505* A Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage A 98 — Drucksache 7/433 — des Abg. Urbaniak (SPD) betr. Maßnahmen gegen die „Verdieselung" von Heizöl . . . . . . . . . 1505* C Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Frage A 100 — Drucksache 7/433 — des Abg. Scheu (SPD) betr. Notopfermarke für Vietnam 1505* D Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Fragen A 101 und A 102 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Schöfberger (SPD) betr. Liquidation von Banken und Bankenaufsicht . . . . 1506* A Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage A 103 — Drucksache 7/433 — des Abg. Höcherl (CDU/ CSU) betr. Umsatzsteuernovellierung . . 1506* C Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage A 104 — Drucksache 7/433 — des Abg. Pieroth (CDU/ CSU) betr. Entlohnung der deutschen Arbeitnehmer bei den US-Streitkräften . 1506* D Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage A 105 — Druck- VIII Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 sache 7/433 — des Abg. Dr. Fuchs (CDU/ CSU) betr. Auswirkungen der Grundsteuerreform . 1507* A Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage A 106 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Evers (CDU/ CSU) betr. Preise für Auslandsferienreisen 1507* C Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage A 109 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr.-Ing. Oetting (SPD) betr. Gruppe Neutronendosimetrie bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt 1507* D Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage A 110 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Ahrens (SPD) betr. Entwicklung der Kosten von Kraftfahrzeugen 1508* A Anlage 74 Antwort des Pari. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage A 111 — Drucksache 7/433 — des Abg. Sick (CDU/CSU) betr. Auswirkungen des EG-Beitritts Dänemarks auf den Grenzraum . . . . 1508' B Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage A 112 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Marx (CDU/ CSU) betr. Einstellung der DDR zum Handel mit West-Berlin . . . . . . . 1508* C Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage A 113 — Drucksache 7/433 — des Abg. Leicht (CDU/ CSU) betr. Meldung im „Platow-Brief" über die erwartete Preissteigerungsrate 1508' D Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage A 114 — Drucksache 7/433 — des Abg. Meinike (Oberhausen) (SPD) betr. Gemeinschaftsaktion für das ganze Ruhrgebiet 1509* A Anlage 78 Antwort des Bundesministers Ertl (BML) auf die Fragen A 115 und A 116 — Drucksache 7/433 — des Abg. Gallus (FDP) betr. Holzeinschlag in Niedersachsen . . 1509' B Anlage 79 Antwort des Bundesministers Ertl (BML) auf die Fragen A 117 und A 118 — Drucksache 7/433 — des Abg. Groß (FDP) betr. Einfuhr von Großkatzenfellen . . . . 1509* D Anlage 80 Antwort des Bundesministers Ertl (BML) auf die Frage A 119 — Drucksache 7/433 — des Abg. Geldner (FDP) betr. Kartoffelpreise 1510* B Anlage 81 Antwort des Bundesministers Ertl (BML) auf die Frage A 120 — Drucksache 7/433 — des Abg. Kiechle (CDU/CSU) betr. Vogelfang in Italien . . . . . . . . 1510* C Anlage 82 Antwort des Bundesministers Ertl (BML) auf die Frage A 121 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/ CSU) betr. Auswirkungen der Richtlinie 159 /72/ EWG auf das Einzelbetriebliche Förderungsprogramm für die deutsche Landwirtschaft 1510* D Anlage 83 Antwort des Bundesministers Ertl (BML) auf die Frage A 122 — Drucksache 7/433 — des Abg. Simpfendörfer (SPD) betr. Ansteigen der Fischmehlpreise . . . . 1511* A Anlage 84 Antwort des Bundesministers Ertl (BML) auf die Frage A 123 — Drucksache 7/433 — des Abg. Susset (CDU/CSU) betr. steuerliche Behandlung forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse . . . . . . 1511* C Anlage 85 Antwort des Bundesministers Ertl (BML) auf die Frage A 124 — Drucksache 7/433 — des Abg. Niegel (CDU/CSU) betr. EWG-Agrarpreis- und Währungsausgleichsverhandlungen . . . . . . . 1512 * B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1933 IX Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 125 — Drucksache 7/433 — des Abg. Schedl (CDU/CSU) betr. eine Äußerung über Grenze und Mauer in Berlin 1512* B Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Fragen A 126 und A 127 — Drucksache 7/433 — des Abg. Windelen (CDU/CSU) betr. ein Memorandum an die UNO über die Menschenrechte in Deutschland 1512* C Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Fragen A 128 und A 129 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Mende (CDU/CSU) betr. Dokumentation üher Verstöße der DDR gegen die UNO-Charta 1513* A Anlage 89 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 130 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) betr. Bericht über politische Prozesse in der DDR . . . . . . . . 1513* B Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 131 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Dübber (SPD) betr. Verkauf von Kunstwerken durch die DDR 1513* D Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ravens (BK) auf die Frage A 132 — Drucksache 7/433 — des Abg. Reddemann (CDU/ CSU) betr. Koordinierungsausschuß einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten . . 1514* A Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ravens (BK) auf die Frage A 133 — Drucksache 7/433 — des Abg. Baron von Wrangel (CDU/CSU) betr. Pressemeldungen über Äußerungen des Bundesministers Bahr zur Zukunft der NATO 1514* A Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ravens (BK) auf die Frage A 134 — Drucksache 7/433 — des Abg. Engelsberger (CDU/ CSU) betr. Pressemeldungen über Äußerungen des Bundesministers Bahr zur amerikanischen Präsenz in Westdeutschland 1514* B Anlage 94 Antwort des Staatssekretärs Freiherr von Wechmar (BPA) auf die Fragen A 135 und A 136 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr Abelein (CDU/CSU) betr. WDR-Dokumentarfilm „Ich bin Bürger der DDR" . . 1514* D Anlage 95 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Fragen A 137 und A 138 — Drucksache 7/433 — des Abg. Metzger, (SPD) betr. Vorgehen griechischer Beamter gegen Frau Kankeleit 1515* A Anlage 96 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 139 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Wernitz (SPD) betr. Zuschüsse für Städtepartnerschaften . 1515* B Anlage 97 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 140 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Hupka (CDU/CSU) betr. Behandlung Aussiedlungswilliger durch polnische Stellen . . . . . . . 1515* C Anlage 98 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 141 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Hupka (CDU/CSU) betr. Einstellung der Sowjetunion zur Zugehörigkeit des Senders Freies Berlin zur ARD 1516* A Anlage 99 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 142 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) betr. Entschädigungsforderungen Polens . . . . . . . . 1516* B Anlage 100 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 143 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) betr. Verwendung der Bezeichnungen „Land Berlin" bzw. „WestBerlin" in EG-Gremien 1516* D X Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Anlage 101 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 144 — Drucksache 7/433 — des Abg. Hansen (SPD) betr. Entsendung eines deutschen Vertreters zum Kongreß des griechischen Gewerkschaftsbundes . . . . . . . . . . 1516* D Anlage 102 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Fragen A 145 und A 146 —Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Waigel (CDU/CSU) betr. deutsche Schule auf Teneriffa 1517" A Anlage 103 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 147 — Drucksache 7/433 — des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) betr. Zuleitung der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972 an die polnische Regierung 1517* B Anlage 104 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage A 148 — Drucksache 7/433 — des Abg. Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) betr. Bestehen eines Geheimprotokolls zum Warschauer Vertrag . . i517* C Anlage 105 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Apel (AA) auf die Frage B 1 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Vorstellungen der Bundesregierung in bezug auf eine Intensivierung der Kontakte der EWG zu den USA und ihre Institutionalisierung . 1518* A Anlage 106 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch (AA) auf die Frage B 2 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) betr. Pressemeldungen über die Haltung der Bundesregierung bezüglich einer Änderung der Grenzen der in die DDR hineinreichenden Bistümer 1518* C Anlage 107 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage B 3 — Drucksache 7/433 — des Abg. Polkehn (SPD) betr. Maßnahmen zur Behebung des Mangels an beamteten Nachwuchskräften und Ingenieuren im gehobenen technischen Verwaltungsdienst 1518* D Anlage 108 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage B 4 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr.-Ing. Oetting (SPD) betr. Standort des Bundesamts für Umweltschutz 1519* B Anlage 109 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage B 5 — Drucksache 7/433 — des Abg. Kiechle (CDU/CSU) betr. Änderung der Angaben über die Beseitigung von Abfällen aus Massentierhaltungen im Materialband zum Umweltprogramm der Bundesregierung . . . . 1519* C Anlage 110 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage B 6 — Drucksache 7/433 — des Abg. Zebisch (SPD) betr. Einführung eines praktikablen Personenkennzeichens 1520* A Anlage 111 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage B 8 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Evers (CDU/ CSU) betr. Fusion der Bundesvermögensabteilungen der Oberfinanzdirektionen Freiburg und Karlsruhe 1520* B Anlage 112 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage B 9 — Drucksache 7/433 — des Abg. Stahl (Kempen) (SPD) betr. Versagen der Bankenaufsicht im Falle der Schließung der Bayerischen Wirtschaftsbank 1520* D Anlage 113 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Fragen B 10 und 11 —Drucksache 7/433 — des Abg. Flämig (SPD) betr. Fluglärm in der Umgebung des US-Fliegerhorstes Erlensee (Langendiebach) — Erweiterung der Startbahn und der Flughafeneinrichtungen 1521* B Anlage 114 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage B 12 — Druck- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 XI sache 7/433 — des Abg. Dr. Klepsch (CDU/CSU) betr. „Zentrales Haus der Jugend" in Koblenz 1521* D Anlage 115 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner (BMF) auf die Frage B 13 — Drucksache 7/433 — des Abg. Zebisch (SPD) betr. Automation in der Steuerverwaltung . . 1522* A Anlage 116 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf (BMF) auf die Frage B 14 — Drucksache 7/433 — des Abg. Krockert (SPD) betr. neue 2-DM-Münzen 1523* A Anlage 117 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Fragen B 15 und 16 — Drucksache 7/433 — des Abg. Simpfendörfer (SPD) betr. Förderungsmaßnahmen im Raum Crailsheim und Mergentheim sowie im Raum Schwäbisch Hall und Öhringen 1523* C Anlage 118 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage B 17 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr.-Ing. Oetting (SPD) betr. Personalbedarf für die Gruppe Neutronendosimetrie in Braunschweig . 1525* A Anlage 119 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage B 18 — Drucksache 7/433 — des Abg. Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) betr. Anerkennung des Raumes Gaildorf als Fördergebiet . 1525* B Anlage 120 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Fragen B 19 und 20 —Drucksache 7/433 — des Abg. Spilker (CDU/CSU) betr. Umsatzsteuer und Preise im Handelsverkehr mit der DDR . . . . 1525* C Anlage 121 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner (BMW) auf die Frage B 21 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Slotta (SPD) betr. Schutz von kleineren und mittleren Zeitungsverlegern 1525* D Anlage 122 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 22 — Drucksache 7/433 — des Abg. Geldner (FDP) betr. Wildtollwut in der Bundesrepublik 1526* B Anlage 123 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 23 — Drucksache 7/433 — des Abg. Geldner (FDP) betr. Flämmen von Hecken und Bodendecken 1526* D Anlage 124 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 24 — Drucksache 7/433 — des Abg. Kiechle (CDU/ CSU) betr. holländische Niedrigpreiseinfuhren von Kartoffelstärke 1527* A Anlage 125 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Fragen B 25 und 26 — Drucksache 7/433 — des Abg. Mertes (Stuttgart) (FDP) betr. Auswirkungen von Preisanhebungen in der EWG auf die Verbraucherpreise und auf die Erzeugerpreise 1527* B Anlage 126 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann (BML) auf die Frage B 27 — Drucksache 7/433 — des Abg. Immer (SPD) betr. Benutzung von Wegen für das Reiten 1528* A Anlage 127 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Fragen B 28 und 29 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Häfele (CDU/CSU) betr. Baudarlehen für Eigenheime durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte . . . . . . . . 1528* B Anlage 128 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage B 30 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. Befreiung der Rentner von der Krankenversicherungspflicht 1528* D Anlage 129 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Fragen B 31 und 32 — XII Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Drucksache 7/433 — des Abg. Kater (SPD) betr. Probleme der betrieblichen Altersversorgung 1529* A Anlage 130 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage B 33 — Drucksache 7/433 — des Abg. Seibert (SPD) betr. einen einheitlichen sozialärztlichen Dienst 1529* B Anlage 131 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage B 34 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Jenninger (CDU/ CSU) betr. Altersrente mit Vollendung des 62. Lebensjahrs für Schwerbeschädigte 1529* D Anlage 132 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde (BMA) auf die Frage B 35 — Drucksache 7/433 — des Abg. Link (CDU/CSU) betr. Aufstockung von früher entrichteten Beiträgen 1530* A Anlage 133 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage B 36 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Sperling (SPD) betr. individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung für Refa-Ingenieure 1530* B Anlage 134 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 37 und 38 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) betr. Lärmschutzbereiche für die militärischen Flugplätze Brüggen /Elmpt und Wildenrath — Dämpfung von Triebwerkgeräuschen am Boden . . . . . . . 1530* C Anlage 135 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Frage B 39 — Drucksache 7/433 — des Abg. Peiter (SPD) betr. Wohnungsbauvorhaben Braubach für Bedienstete der Bundeswehr 1531* B Anlage 136 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 40 und 41 — Drucksache 7/433 — des Abg. Walther (SPD) betr. Ausbau der Kreisstraße Nr. 52 im Bereich der Gemeinde Reinhardshagen bei Weser-km 11,4 zu einer Ersatzübergangsstelle . . . . . . . 1531 * C Anlage 137 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Frage B 42 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Hammans (CDU/CSU) betr. Landeplatz für den Senkrechtstarter Harrier in der Stadt Nettetal 1531* D Anlage 138 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Frage B 43 — Drucksache 7/433 — des Abg. Werner (CDU/ CSU) betr. Bundeswehrkrankenhaus in Ulm /Donau 1532* A Anlage 139 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 44 und 45 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Klein (Stolberg) (CDU/CSU) betr. „Schule technische Truppen I" in Aachen — Personalmangel bei den technischen Ausbildern 1532* B Anlage 140 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Frage B 46 — Drucksache 7/433 — des Abg. Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) betr. Qualifikation Wehrpflichtiger für eine Fachhochschule 1533* A Anlage 141 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Frage B 47 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Klepsch (CDU/CSU) betr. Geräte- und Munitionslager im Koblenzer Stadtwald . . . 1533* C Anlage 142 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Frage B 48 — Drucksache 7/433 — des Abg. Engelhard (FDP) betr. Truppenübungsplatz Kirchholz . . 1533* D Anlage 143 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan (BMVg) auf die Fragen B 49 und 50 — Drucksache 7/433 — des Abg. Thürk (CDU/CSU) betr. im Großraum Saarbrücken stationierte militärische Dienststelle 1534* B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 XIII Anlage 144 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage B 51 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Jenninger (CDU/CSU) betr. Pressemeldung über Magnesiummangel von sozial schlechter gestellten Müttern . . . . 1534* C Anlage 145 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage B 52 —Drucksache 7/433 — des Abg. Wuwer (SPD) betr. Harmonisierung des Arzneimittelrechts innerhalb der EWG . . . 1534* D Anlage 146 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen B 53 und 54 — Drucksache 7/433 — des Abg. Hauser (Bonn-Bad Godesberg) (CDU/CSU) betr. Schwerlastwagendurchgangsverkehr im Großraum Bonn . . . . . . . . 1535* B Anlage 147 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen B 55 und 56 — Drucksache 7/433 — der Abg. Frau Verhülsdonk (CDU/CSU) betr. Ausbau der B 40 als Umgehungsstraße zwischen Klein-Winternheim und dem Ortsausgang Nieder-Olm 1535* D Anlage 148 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen B 57 und 58 — Drucksache 7/433 — des Abg. Biehle (CDU/CSU) betr. Ab- und Zufahrt an der Raststätte „Riedener Wald" 1536* B Anlage 149 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage B 59 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Schwierigkeiten im Zuge der kommunalen Neugliederung hinsichtlich der Baulast für Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen . . . . 1536* C Anlage 150 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen B 60 und 61 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Beermann (SPD) betr. Ausbau der B 5, insbesondere im Raum Geesthacht — Ständerung der Straßenbrücke über die durch Schwarzenbek führende Bahnstrecke . . 1536* D Anlage 151 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen B 62 und 63 — Drucksache 7/433 — des Abg. Baron von Wrangel (CDU/CSU) betr. Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals . . . . . . . . 1537* B Anlage 152 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen B 64 und 65 — Drucksache 7/433 — des Abg. Franke (Osnabrück) (CDU/CSU) betr. finanzielle Beteiligung des Bundes an dem Verkehrsverbund im Großraum Hannover 1537* D Anlage 153 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen B 66 und 67 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) betr. Lage im Bereich der Arbeitsämter Weiden, Schwandorf und Hof 1538* A Anlage 154 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage B 68 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Schweitzer (SPD) betr. Planungen für den Ausbau der im Gesamtabschnitt Bonn—Brohl . . . 1538* B Anlage 155 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Fragen B 69 und 70 — Drucksache 7/433 — des Abg. Dr. Köhler (Duisburg) (CDU/CSU) betr. Entschädigungsansprüche von Bürgern westlicher Staaten — auch von solchen der Bundesrepublik Deutschland — gegen die DDR 1538* D Anlage 156 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Fragen B 71 und 72 — Drucksache 7/433 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. Studie zum Problem „Bereitstellung von Risikokapital in der Bundesrepublik Deutschland" — Koordinierung zwischen Forschungsförderung und Innovationsförderung . . . 1539* A Anlage 157 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Fragen B 73 und 74 — Drucksache 7/433 — des Abg. Milz (CDU/CSU) betr. Umstellung der örtlichen Fernsprechnetze im Hinblick auf die neuen kommunalen Grenzen und besondere Berücksichtigung ländlicher Räume 1539* C Anlage 158 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff (BMFT /BMP) auf die Frage B 75 —Drucksache 7/433 — des Abg. Leicht (CDU/CSU) betr. Kosten der Werbung für die Deutsche Bundespost . . . . . 1540* A Anlage 159 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung (BMI) auf die Frage A 1 — Drucksache 7/441 — des Abg. Baier (CDU/CSU) betr. Mittel für drei neue Rettungshubschrauber 1540* B Anlage 160 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage A 2 — Drucksache 7/441 — des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) betr. Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs in den dünn besiedelten Gebieten . . . . . 1540* D Anlage 161 Antwort des Bundesministers Ertl (BML) auf die Fragen B 2 und 3 — Drucksache 7/441 — der Abgeordneten Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) betr. Haushaltsmittel aus dem Agrarhaushalt des Bundes für Bayern 1540* D Anlage 162 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage B 4 — Drucksache 7/441 — des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) betr. Mittel des Bundes für den Neubau der B 27 zwischen Stuttgart und dem Raum Reutlingen /Tübingen 1541* A Anlage 163 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Fragen B 5 und 6 — Drucksache 7/441 — des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) betr. Ausbau der Bundesstraße 462 (Murgtalstraße) . . . . 1541* B Anlage 164 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage B 7 — Drucksache 7/441 — des Abg. Dr. Fuchs (CDU/CSU) betr. Ausbau der Bundesstraße 12 zwischen Freyung und Passau 1541* C Anlage 165 Antwort des Staatssekretärs Wittrock (BMV) auf die Frage B 8 — Drucksache 7/441 — des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr. planerische und finanzielle Koordinierung von Stadtsanierungs- und Straßenbaumaßnahmen im Fall der Stadt Kirn 1541* D Anlage 166 Antwort des Bundesministers Dr. von Dohnanyi (BMBW) auf die Frage B 9 — Drucksache 7/441 — des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) betr. Modellversuch an der Gutenbergschule in Reutlingen . . . . 1542* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1413 29. Sitzung Bonn, den 9. Mai 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Berichtigungen 27. Sitzung, Seite 1344 A, Zeile 9, ist statt „wodurch" zu lesen: „wo durch" ; in Zeile 10 ist das Wort „in" zu streichen; Seite 1345 C, Zeile 26, ist statt „Zulassungsstellung" zu lesen: „Zulassungsstellen". Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 12. 5. Adams * 12.5. Dr. Aigner * 12. 5. Dr. Arndt (Berlin) * 12. 5. Dr. Artzinger * 12. 5. Dr. Bangemann * 12. 5. Barche 26. 5. Behrendt * 12. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 26. 5. Blumenfeld * 12. 5. Dr. Burgbacher * 12. 5. Coppik 26. 5. Dr. Corterier * 12. 5. Eckerland 26. 5. Fellermaier * 12. 5. Flämig * 12. 5. Frehsee * 12. 5. Dr. Früh * 12. 5. Gerlach (Emsland) * 12. 5. Graaff 12. 5. Härzschel * 12. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 12. 5. Kater * 12. 5. Dr. Klepsch * 12. 5. Krall * 12. 5. Freiherr von Kühlmann-Stumm 24. 5. Lange * 12. 5. Lautenschlager * 12. 5. Lücker * 12. 5. Dr. Martin 26. 5. Memmel * 12. 5. Müller (Mülheim) * 12. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 12. 5. Frau Dr. Orth 26. 5. Picard 12.5. Schmidt (München) * 12. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 12. 5. Schwabe * 12. 5. Dr. Schwörer * 12. 5. Seefeld * 12. 5. Springorum * 12. 5. Dr. Starke (Franken) * 12. 5. Walkhoff * 12. 5. Frau Dr. Walz * 12. 5. Wahlrabe 9. 5. Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 27. März 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 7/296 Frage B 24) : Kann die Bundesregierung angeben: bei welchen Produkten und in welchem Umfang, ausgedrückt in Mengenangaben, hat die deutsche Landwirtschaft im Jahr 1970, 1971 und 1972 Marktanteile innerhalb der EWG gewonnen bzw. verloren, und wie war das durchschnittliche Gesamtergebnis pro Jahr und im ganzen Zeitraum? Anlagen zum Stenographischen Bericht Zur Beantwortung Ihrer Anfrage wird unterschieden zwischen a) Marktanteil der Bundesrepublik im Inland b) Marktanteil der Bundesrepublik in der EWG. Bei der von Jahr zu Jahr zum Teil stark schwankenden Inlandsproduktion ist es zur Beurteilung der trendmäßigen Entwicklung notwendig, mehrjährige Durchschnitte in die Betrachtung einzubeziehen. Es wurden daher der Durchschnitt der Wirtschaftsjahre 1970/71 bis 1971/72 dem Durchschnitt der Wirtschaftsjahre 1967/68 bis 1969/70 als Ausgangswert gegenübergestellt. Zu a) Marktanteil der Bundesrepublik im Inland Unter Marktanteil wird der Anteil des Verbrauchs aus Inlandserzeugung am Gesamtverbrauch von Nahrungs- und Futtermitteln in der Bundesrepublik verstanden. Hierüber liegen seit 1935/38 Angaben für die wichtigsten pflanzlichen und tierischen Erzeugnisse vor; diese werden regelmäßig im Statistischen Jahrbuch und Statistischen Monatsbericht des BML veröffentlicht. Für die Gesamtheit der Agrarprodukte liegt der deutsche Marktanteil im Inland im betrachteten Zeitraum bei 77 % *). Er hat sich, von geringen jährlichen Schwankungen abgesehen, auch im Vergleich zum Zeitraum vor Inkrafttreten der gemeinsamen Marktordnungen nicht verändert. Während bei den meisten Produkten - wie die beigefügte Tabelle in Spalte 2 ausweist - im betrachteten Zeitraum nur unbedeutende Änderungen eingetreten sind, hat sich der Marktanteil bei Weizen und Zucker erhöht. Stärkere Rückgänge sind bei Gemüse, Obst, Kalbfleisch, Schweinefleisch und Butter zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist auf das Vordringen von Produkten aus den EG-Mitgliedstaaten zurückzuführen (siehe Tabelle, Spalte 5 bis 7). Zu b) Marktanteil der Bundesrepublik in der EWG Infolge der wachsenden Verflechtung der Märkte in der EWG ist eine isolierte Betrachtung der nationalen Märkte nicht mehr aussagekräftig. Sie muß deshalb auf die Ermittlung des Anteils des Verbrauchs aus deutscher Produktion am Gesamtverbrauch in der EWG ausgedehnt werden. Exakte Berechnungen sind z. Z. aus statistischen Gründen noch nicht möglich. Es wurde daher eine Hilfsrechnung durchgeführt, bei der die Bestandsveränderungen - wegen fehlender Unterlagen für eine Aufgliederung nach Drittländern und EWG -- nicht berücksichtigt werden konnten. Diese Berechnungen führten zu folgenden Ergebnissen (siehe Tabelle, Spalte 8) : Eine leichte Erhöhung des deutschen Marktanteils ist für Weizen, Zucker, Käse und Eier festzustellen. Dagegen haben sich die Marktanteile insbesondere für Fische, Kareinschließlich Erzeugung aus eingeführten Futtermitteln 1482* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 „Marktanteile" der Bundesrepublik Deutschland bei Agrarprodukten Einfuhrüberschuß BRD Ausfuhrüberschuß (-) Anteil Zeitraum Inlandsanteil 1) Inlandsproduktion Inlandsverbrauch Insgesamt davon am EWGVerbrauch 2) EWG Drittländer % 1 000 t 1 000 t 1 000 t 1 000 t 1 000 t % 1 2 3 4 5 6 7 8 Weizen Ø 1967/68 bis 1969/70 67 5 825 6 770 829 999 - 170 16,8 Ø 1970/71 bis 1971/72 71 6 210 7 253 1 713 1 288 425 18,6 Veränderung ± + 4 + 385 + 483 + 884 + 289 + 595 + 1,8 Roggen Ø 1967/68 bis 1969/70 92 3 131 3 134 221 65 156 81,4 Ø 1970/71 bis 1971/72 92 2 897 2 969 - 115 35 - 150 75,9 Veränderung ± ± 0 - 234 - 165 - 336 - 30 - 306 - 5,5 Futter- und Industriegetreide Ø 1967/68 bis 1969/70 67 9 159 12 972 3 826 1 513 2 313 21,4 Ø 1970/71 bis 1971/72 64 9 441 13 890 4 581 1 930 2 651 20,8 Veränderung ± - 3 + 282 + 918 + 755 + 417 + 338 - 0,6 Kartoffeln Ø 1967/68 bis 1969/70 95 17 319 18 103 762 705 57 45,9 Ø 1970/71 bis 1971/72 94 14 456 15 435 932 904 28 - 42,3 Veränderung ± - 1 -2 863 -2 668 + 170 + 199 - 29 - 3,6 Zucker (Weißzuckerwert) Ø 1967/68 bis 1969/70 86 1 881 2 123 183 151 32 28,5 Ø 1970/71 bis 1971/72 88 2 030 2 158 132 153 - 21 29,2 Veränderung ± + 2 + 149 + 35 - 51 + 2 - 53 + 0,7 Gemüse Ø 1967/68 bis 1969/70 53 2 080 3 891 1 811 (1 283) (528) 8,6 Ø 1970/71 bis 1971/72 44 1 891 4 264 2 374 1 758 616 7,6 Veränderung ± - 9 - 189 + 373 + 563 + 475 + 88 - 1,0 Obst Ø 1967/68 bis 1969/70 58 3 420 5 853 2 434 (1 234) (1 200) 21,2 Ø 1970/71 bis 1971/72 52 3 185 6 068 2 894 1 617 1 277 19,1 Veränderung ± - 6 - 235 + 215 + 460 + 383 + 77 - 2,1 Rindfleisch Ø 1967/68 bis 1969/70 85 1 193 1 250 160 63 97 29,4 Ø 1970/71 bis 1971/72 86 1 192 1 339 145 29 116 29,6 Veränderung ± + 1 - 1 + 89 - 15 - 34 + 19 + 0,2 Kalbfleisch Ø 1967/68 bis 1969/70 67 84 124 40 31 9 11,5 Ø 1970/71 bis 1971/72 57 74 130 56 49 8 9,7 Veränderung ± - 10 - 10 + 6 + 16 + 18 - 1 - 1,8 Schweinefleisch Ø 1967/68 bis 1969/70 94 2 100 2 223 120 69 51 47,0 Ø 1970/71 bis 1971/72 89 2 285 2 538 252 211 41 45,0 Veränderung ± - 5 + 185 + 315 + 132 + 142 - 10 - 2,0 Geflügelfleisch Ø 1967/68 bis 1969/70 49 221 451 230 187 42 11,8 Ø 1970/71 bis 1971/72 49 267 535 268 234 34 12,4 Veränderung ± - + 46 + 84 + 38 + 47 - 8 + 0,6 Fische (Fanggewicht) Ø 1967/68 bis 1969/70 51 657 771 114 - 72 186 21,2 Ø 1970/71 bis 1971/72 50 527 731 204 - 40 244 17,2 Veränderung ± - 1 - 130 - 40 + 90 + 32 + 58 - 4,0 Käse (einschl. Frischkäse) Ø 1967/68 bis 1969/70 79 454 536 81 60 22 23,4 Ø 1970/71 bis 1971/72 77 521 615 94 71 24 24,3 Veränderung ± - 2 + 67 + 79 + 13 + 11 + 2 + 0,9 Eier Ø 1967/68 bis 1969/70 85 789 919 131 107 24 32,8 Ø 1970/71 bis 1971/72 85 861 1 016 154 139 30 33,5 Veränderung ± - + 72 + 97 + 23 + 32 + 6 + 0,7 Butter (Produktgewicht) Ø 1967/68 bis 1969/70 96 526 514 4 12 - 8 41,3 Ø 1970/71 bis 1971/72 90 481 479 - 17 22 - 39 39,9 Veränderung ± - 6 - 45 - 35 - 21 + 10 - 31 - 1,4 1) Anteil des Verbrauchs aus Inlandserzeugung am Gesamtverbrauch von Nahrungs- und Futtermitteln. 2) Anteil des Verbrauchs (ohne Berücksichtigung von Bestandsveränderungen) aus deutscher Produktion am Gesamtverbrauch der EWG an Nahrungs- und Futtermitteln. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1483* toffeln, Obst, Schweinefleisch und Kalbfleisch verringert. Daraus kann jedoch noch nicht abgeleitet werden, daß sich die Marktanteile der übrigen Mitgliedstaaten entsprechend erhöht haben, da gegenwärtig — wegen fehlender Unterlagen — nicht festgestellt werden kann, wie sich die Marktanteile der Drittländer in der EWG entwickelt haben. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 4. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Orgaß (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 1): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß ein Aufkauf von rund 50 000 Altbauwohnungen durch einen Käufer in vielen Städten der Bundesrepublik Deutschland und deren teilweise Umwandlung in Massenquartiere mit spärlicher Mobilierung und deren Vermietung zu horrenden Überpreisen an Ausländer, speziell in „Grauen Kreisen", ein Verstoß gegen Artikel 6 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts ist, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen? Nach dem in Ihrer Frage erwähnten Art. 6 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts werden die Landesregierungen ermächtigt, für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf. In der Vorschrift wird ausdrücklich klargestellt: Als Aufgabe des Wohnzweckes ist es auch anzusehen, wenn Wohnraum zum Zwecke der Einrichtung von Schlafstellen verwendet werden soll. Mit dieser Vorschrift war gerade an die von Ihnen beschriebene Umwandlung von Wohnungen in Schlafstellen für ausländische Arbeitnehmer gedacht. Von dieser Ermächtigung haben die meisten Landesregierungen, darunter auch Hamburg, Gebrauch gemacht. Es liegt nun an den zuständigen örtlichen Behörden, in Fällen, wie sie in Ihrer Frage geschildert werden, das Notwendige zu veranlassen, also eine beantragte Genehmigung zur Umwandlung in Schlafstellen entweder zu versagen oder nur unter Auflagen oder Bedingungen zu erteilen; falls eine Umwandlung ohne Genehmigung erfolgt ist, kann dies durch die zuständige örtliche Behörde mit Geldbußen geahndet werden. Zu Maßnahmen des Bundesgesetzgebers besteht nach Auffassung der Bundesregierung insoweit derzeit kein Anlaß. Die Entwicklung wird jedoch aufmerksam verfolgt. Anlage 4 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU/CSU) (Drucksache 7/933 Frage A 2): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Einschränkung in Nummer 41 der Anlage 1 zur Siebenten Berufskrankheiten-Verordnung (Berücksichtigung von Bronchial-Asthma nur bei Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit") insbesondere für Landwirte zu Härten führt, die sich BronchialAsthma beim Umgang mit Getreide zugezogen haben, ihre deshalb entsprechend eingeschränkte Tätigkeit auf dem eigenen Hof aber aus wirtschaftlichen (keine geeigneten sonstigen Arbeitsplätze) und persönlichen Gründen (Erhaltung des Hofs für die Kinder) nicht völlig aufgeben können, und ist die Bundesregierung zu einer Änderung der Siebenten BerufskrankheitenVerordnung bereit, die solchen Härten — mit Rückwirkung — abhilft? Der Bundesregierung sind bisher Fälle, in denen die von Ihnen genannten Vorschriften zu Härten geführt haben, nicht bekanntgeworden. Die angeführten Bestimmungen des Unfallversicherungsrechts gehen in erster Linie vom gesundheitlichen Arbeitsschutz der Versicherten aus. Sie folgen dem Grundsatz, daß mit allen geeigneten Mitteln der Gefahr des Entstehens, Wiederauflebens oder der Verschlimmerung einer Berufskrankheit entgegengewirkt werden soll. Gerade beim beruflich verursachten Bronchialasthma bestehen Heilungschancen nur, wenn der betroffene Versicherte den Einwirkungen des die Erkrankung auslösenden Stoffes entzogen wird. Andernfalls ist mit einer laufenden Verschlimmerung des Leidens, schweren Störungen der Lungen- und Herz-Kreislauffunktion zu rechnen. Im Interesse der Versicherten ist daher die Berufskrankheit in der eingeschränkten Fassung in die 6. Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommen worden. Allerdings ist nicht auszuschließen, daß Landwirte sich in einzelnen Fällen in einem Konflikt sehen können, ob sie wegen der von Ihnen genannten Gründe ihre Tätigkeit aufgeben sollen oder nicht. Hierzu ist jedoch zu bemerken, daß die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit bei einem Landwirt nicht gleichzeitig zu einer Aufgabe seines Hofes führen muß. Allerdings kann der Weiterbestand eines Hofes u. a. davon abhängen, ob für den Landwirt eine Ersatzkraft vorhanden ist oder beschafft werden kann. Zur Beschaffung einer Ersatzkraft sind unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung vorgesehen. Soweit sich bei einem Landwirt, der durch Bronchialasthma zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung gezwungen ist, die Frage nach einem anderen geeigneten Arbeitsplatz stellt, möchte ich in diesem Zusammenhang auf die umfassenden Leistungen zur Rehabilitation und insbesondere die berufsfördernden Maßnahmen der Unfallversicherung hinweisen. Ist die Erkrankung jedoch so schwer, daß jede Erwerbstätigkeit ausscheidet, erhält der Landwirt die vollen Rentenleistungen der Unfallversicherung. Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wende (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 3) : Kann die Bundesregierung die in Heft 2/73 der Zeitschrift Capital gemachten Angaben bestätigen, wonach den Ärzten jährliche Mehreinnahmen von durchschnittlich 17 000 DM bei einem bisherigen Jahreseinkommen von durchschnittlich 190 000 DM durch erhöhte Forderungen an die Ersatzkassen zufließen, 1484` Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus dieser Entwicklung zu ziehen? Ihre Frage habe ich zum Anlaß genommen, wegen der Angaben in dem von Ihnen zitierten Artikel der Zeitschrift „Capital" (Nr. 2/1973) bei den betroffenen Spitzenorganisationen, dem Verband der Angestellten-Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, fernmündlich Rückfrage halten zu lassen. Der Verband der Angestellten-Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben übereinstimmend folgendes mitgeteilt: Die in dem in Frage stehenden Artikel aufgeführten Zahlen können nicht bestätigt werden. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß Umsatzsteigerungen der Ärzte in dem dort behaupteten Ausmaß den Ersatzkassen angelastet werden könnten. Der Verband der Angestellten-Krankenkassen habe mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ab 1. Oktober 1972 eine Erhöhung der von den Ersatzkassen zu leistenden Honorare von 5,75 % vereinbart; diese Regelung gelte mindestens bis Ende 1973, also für 15 Monate. Die letzte Honorarerhöhung davor sei am 1. April 1971 vorgenommen worden. Die aus dieser Honorarerhöhung resultierende Umsatzsteigerung bei den Ärzten betrage lediglich einen Bruchteil des in dem Artikel genannten Betrags von 17 000 DM. Nach Mitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben auch die Honorarvereinbarungen mit den RVO-Krankenkassen (Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen) durchschnittlich im Jahre 1972 6 % und für das Jahr 1973 knapp 5 '0/o Steigerung vorgesehen. Soweit es die in Ihrer Frage ebenfalls angesprochenen Einkommen der freiberuflich tätigen Ärzte angeht, darf ich auf die Antwort der Bundesregierung in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 14. April 1972 (181. Sitzung; Stenographischer Bericht, Seite 10572 D) hinweisen. Ich darf ferner noch anmerken, daß der von Ihnen aus der Zeitschrift „Capital" zitierte Betrag in dem genannten Artikel als jährlicher Durchschnittsumsatz und nicht als Jahreseinkommen behauptet wird. Im übrigen darf ich im vorstehenden Zusammenhang noch darauf hinweisen, daß die vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung berufene Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung sich auch mit Fragen der Aufwandsentwicklung in der Krankenversicherung und Finanzierungsproblemen befaßt. Das Ergebnis der Beratungen bleibt abzuwarten. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 4) : Besteht nunmehr die Möglichkeit, daß unverheiratet gebliebene Verlobte von im Krieg gefallenen Soldaten Kriegsopferversorgung im Wege des Härteausgleichs erhalten? Das Bundesversorgungsgesetz räumt nur der hinterbliebenen Ehefrau, nicht auch der Verlobten eines im Kriege gefallenen Soldaten einen Versorgungsanspruch ein. Gleichwohl wird in der Versorgungspraxis bereits seit langen Jahren von der in der Härtevorschrift des § 89 des Bundesversorgungsgesetzes eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, der Verlobten eines gefallenen Soldaten im Wege des Härteausgleichs Versorgung wie einer Kriegerwitwe zukommen zu lassen. Diese Brautversorgung muß allerdings in Abgrenzung zum Rechtsanspruch der Kriegerwitwe auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Sie kommt nur in Betracht, wenn eine Ehe nachweislich kriegsbedingt nicht mehr zustande kam und wenn die Verlobte einen so nachhaltigen wirtschaftlichen Schaden in Zusammenhang mit dem Verlöbnis und dem Kriegstod des Soldaten hat, daß die versorgungsrechtliche Gleichstellung mit der Kriegerwitwe ausnahmsweise gerechtfertigt ist. Ich bin gern bereit, Ihnen zu Ihrer Unterrichtung die einschlägigen Rundschreiben des Ministeriums zur Verfügung zu stellen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 5) : Beabsichtigt die Bundesregierung, Landwirte, die als Kriegsversehrte bisher ohne eigenen Beitrag krankenversichert waren, nunmehr aber als Mitglied der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Beiträge zahlen müssen, wiederum beitragsfrei zu stellen, und wann ist gegebenenfalls mit einer solchen Regelung zu rechnen? Gleichlautende Fragen haben die Kollegen Würtz und Dr. Kempfler vor einigen Monaten an die Bundesregierung gerichtet (vgl. Drucksache VI /3816 und Protokoll der 12. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 1. Februar 1973, Anlage 15). Ich darf auch an dieser Stelle darauf hinweisen, daß der Problemkreis während der Beratungen des Gesetzentwurfs über die Krankenversicherung der Landwirte im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestages eingehend erörtert worden ist. Der Ausschuß hat sich dafür ausgesprochen, daß schwerbeschädigte Landwirte in der Krankenversicherung der Landwirte nicht anders behandelt werden als schwerbeschädigte Pflichtversicherte der allgemeinen Krankenversicherung. Darin kommt auch der allgemeine Grundsatz des Bundesversorgungsgesetzes zum Ausdruck, daß der Anspruch der Beschädigten auf Heilbehandlung wegen Nichtschädigungsfolgen und der Anspruch der Hinterbliebenen eines Beschädigten auf Krankenbehandlung ausgeschlossen ist, wenn und soweit ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet ist. Lassen Sie mich aber noch folgendes anschließen: In der zuständigen Fachabteilung unseres Hauses wird gegenwärtig die Frage geprüft, ob auch die Bei- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1485' tragsbelastung der Landwirte bei der Neugestaltung des § 9 der Verordnung zu § 33 des Bundesversorgungsgesetzes im Rahmen der Einkommennsermittlung pauschal berücksichtigt werden kann. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 6) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Frage der Zahlung von Arbeitslosenunterstützung an diejenigen Arbeitnehmer, die außerhalb eines Streikgebiets von Arbeitgebern ausgesperrt werden, weil sie auf Grund der Folgewirkung des Streiks angeblich oder tatsächlich nicht weiterproduzieren können, und sieht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auf Grund der bisher gemachten Erfahrungen eine Notwendigkeit der Änderung des § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes? Im Arbeitsförderungsgesetz ist der Gesetzesauftrag an die Bundesanstalt für Arbeit enthalten, das Nähere über die Zahlung von Arbeitslosengeld bei Arbeitskämpfen zu bestimmen. Am 22. März 1973 hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt eine solche Anordnung beschlossen, die eine Zahlung von Arbeitslosengeld für mittelbar betroffene Arbeitnehmer regelt. Nach § 4 dieser Anordnung erhalten außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs eines umkämpften Tarifvertrages mittelbar betroffene Arbeitnehmer ausnahmsweise nur dann keine Leistungen, wenn — der Beschäftigungsbetrieb des betroffenen Arbeitnehmers dem fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrages zuzuordnen ist, — die Gewerkschaft für den Tarifvertragsbereich des arbeitslosen, nicht beteiligten Arbeitnehmers nach Art und Umfang gleiche Forderungen wie für die am Arbeitskampf beteiligten Arbeitnehmer erhoben hat und außerdem — mit dem Arbeitskampf nach Art und Umfang gleiche Arbeitsbedingungen durchgesetzt werden sollen, d. h. wenn sie sich von den im Arbeitskampfgebiet betroffenen Arbeitnehmern praktisch nicht unterscheiden. Die Anordnung zielt darf ab, die Gewährung von Arbeitslosengeld an mittelbar betroffene Arbeitnehmer außerhalb des Arbeitskampfgebietes weitestgehend sicherzustellen. Anlage 9 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 9. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Farthmann (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen A 7 und 8) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach einer Meldung des DGB-Jugendmagazins „RAN" vom 1. April 1973 seit dem Inkrafttreten des neuen Betriebsverfassungsgesetzes 250 Jugendvertreter ihren Arbeitsplatz verloren haben, weil ihr Ausbildungsverhältnis abgelaufen war und der Arbeitgeber die Übernahme in ein normales Arbeitsverhältnis verweigert hatte? Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, daß infolge dieser Rechtslage die Jugendvertreter gegen Maßregelungen durch den Arbeitgeber weitgehend schutzlos sind, und welche gesetzgeberischen Schritte hält die Bundesregierung für möglich und notwendig, um den Arbeitsplatzschutz der Jugendvertreter zu verbessern? Die Bundesregierung ist durch Pressemitteilungen, Einzeleingaben und von Mitgliedern des Deutschen Bundestages darauf hingewiesen worden, daß Jugendvertreter nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen worden sind. Nach der Rechtslage des neuen Betriebsverfassungsgesetzes haben die Jugendvertreter grundsätzlich denselben Kündigungsschutz wie Betriebsratsmitglieder. Dieser Schutz greift allerdings — ebenso wie bei Betriebsratsmitgliedern — nur im Falle der Kündigung des Arbeits- bzw. Berufsausbildungsverhältnisses ein, nicht dagegen, wenn ein befristetes Arbeits- bzw. Berufsausbildungsverhältnis durch Zeitablauf endet. Allerdings gilt auch in diesem Fall die allgemeine Schutzbestimmung des § 78 des Betriebsverfassungsgesetzes, der jede Benachteiligung von Betriebsräten oder Jugendvertretern wegen ihrer Amtstätigkeit gerade auch in bezug auf ihre berufliche Entwicklung verbietet. In der Verweigerung der Weiterbeschäftigung nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses, die nur im Hinblick darauf erfolgt, daß der Auszubildende Jugendvertreter ist, sieht die Bundesregierung einen offensichtlichen Verstoß gegen § 78 des Betriebsverfassungsgesetzes, der einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches gegenüber dem Arbeitgeber zur Folge haben kann. Dies gilt insbesondere, wenn nach der betrieblichen Praxis Auszubildende nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses üblicherweise im Betrieb weiterbeschäftigt werden. Außerdem sind durch § 119 des Betriebsverfassungsgesetzes Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot unter Strafe gestellt. Die Bundesregierung würde es außerordentlich bedauern, wenn die in dem DGB-Jugendmagazin genannten Zahlen zutreffen würden, zumal es sich nicht nur um eine Frage des Schutzes der Tätigkeit der Jugendvertreter, sondern auch der Sicherung einer normalen beruflichen Entwicklung derjenigen jungen Arbeitnehmer handelt, die sich für dieses Amt zur Verfügung gestellt haben. Die Bundesregierung wird dieses Problem in nächster Zeit mit den Spitzenorganisationen der Tarifvertragsparteien näher besprechen. Erste Fühlungsnahmen haben bereits stattgefunden. Die Bundesregierung prüft im übrigen, in welcher Weise der rechtliche Schutz der Jugendvertreter aufgrund der jüngsten Erfahrungen weiterentwickelt werden kann. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 11) : 1486* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 An wen sind die ursprünglich von der bundeseigenen VEBEG- Verwertungsgesellschaft m. b. H. der Firma Stockleigh Holdings Ltd. vertraglich zugesicherten 22 Noratlas-Flugzeuge (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Fragen B 29 und B 30, Stenographischer Bericht über die 179. Sitzung am 17. März 1972, S. 10 438) inzwischen weiterverkauft worden? Von den ursprünglich der Firma Stockleigh Holdings Ltd. vertraglich zugesicherten 22 NoratlasFlugzeugen sind bisher 3 Maschinen verschrottet und 2 Maschinen der Bundeswehr für die Ausbildung von Lehrlingen zur Verfügung gestellt worden. Die 34 Triebwerke der restlichen 17 Flugzeuge hat die bundeseigene VEBEG-Verwertungsgesellschaft m. b. H., Frankfurt, der Triebwerksherstellerfirma S.E.C.A., Paris, zum Kauf angeboten. Sollte hierüber ein Kaufvertrag zustande kommen, werden die verbleibenden Zellen nach Entnahme der bei der Bundeswehr verwendbaren Aggregate verschrottet werden. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Anbuhl (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen A 12 und 13) : Trifft es zu, daß Lohnempfänger auf Hilfsschiffen der Bundeswehr keine Bordzulage erhalten, und beabsichtigt die Bundesregierung, auch den Lohnempfängern eine Bordzulage zu gewähren? Trifft es zu, daß Beamte auf zivilbesetzten bundeswehreigenen Schiffen grundsätzlich keine Überstunden vergütet bekommen, weshalb besteht diese Regelung, und beabsichtigt die Bundesregierung, diesen Zustand zu ändern? Zu Frage A 12: Ihre Frage nach der Bordzulage für Lohnempfänger auf Hilfsschiffen der Bundeswehr beantworte ich im Einvernehmen mit dem für den Abschluß von Tarifverträgen federführend zuständigen Bundesminister des Innern wie folgt: Es trifft zu, daß als Lohnempfänger beschäftigte Besatzungsmitglieder auf zivilbesetzten Schiffen der Bundeswehr eine Bordzulage nicht erhalten. Im Rahmen der z. Z. anstehenden Tarifverhandlungen über die Neufassung der von den Gewerkschaften gekündigten Manteltarifverträge für Angestellte und Arbeiter soll jedoch der Gesamtkomplex der nach den tariflichen Sonderregelungen an zivile Besatzungsmitglieder zu gewährenden Leistungen behandelt werden. Der Bundesminister des Innern und der Bundesminister der Verteidigung stimmen darin überein, daß anläßlich dieser Verhandlungen auch die Frage der Zahlung der Bordzulage an Arbeiter in die Überlegungen einbezogen wird. Zu Frage A 13: Nach § 36 a Bundesbesoldungsgesetz darf an Beamte eine Mehrarbeitsentschädigung nur in den Bereichen gewährt werden, in denen nach der Art der Dienstverrichtung eine Mehrarbeit meßbar ist. Das heißt also — und so bestimmt es die hierzu ergangene Rechtsverordnung —, die Zahlung der Entschädigung ist hauptsächlich auf solche Bereiche beschränkt, in denen die Mehrarbeit im Rahmen eines Dienstes in Bereitschaft, eines Schichtdienstes oder eines notwendigen allgemein geltenden besonderen Dienstplans geleistet wird. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann die Entschädigung auch an Beamte auf zivilbesetzten Schiffen gezahlt werden. Diese Beamten sind also nicht grundsätzlich von der Mehrarbeitsentschädigung ausgeschlossen. Der Grund für diese Regelung ist darin zu sehen, daß der Gesetzgeber mit § 36 a BBesG nur die Tätigkeiten erfassen will, die nach Dienst-, Einsatz- oder Unterrichtsplänen ausgeübt werden und die der Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs dienen. Diese Voraussetzungen sind jedoch beim Dienst auf Schiffen nicht ohne weiteres gegeben. Sie müssen daher von Fall zu Fall ermittelt und geprüft werden. Eine Änderung dieser Bestimmungen ist derzeit nicht beabsichtigt. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 4. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Sieglerschmidt (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen A 14 und 15) : Ist es zutreffend, daß die Regierungsbeiträge für das Deutsch-Französische Jugendwerk trotz der ständigen Preissteigerungen in den letzten zehn Jahren weder von der Bundesregierung noch von der Regierung Frankreichs jemals gegenüber dem Anfangsbeitrag erhöht worden sind und daß demzufolge die Zahl der im Rahmen des Deutsch-Französischen Jugendwerks ausgetauschten Jugendlichen von 300 000 im Jahr 1965 auf 150 000 im Jahr 1972 zurückgegangen ist? Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um den Rückgang des deutsch-französischen Jugendaustausches nicht nur aufzuhalten, sondern die Aktivität des Jugendwerks wieder zu verstärken? Zu Frage A 14: Es ist zutreffend, daß weder die französische Regierung noch die Bundesregierung ihre Beiträge seit Bestehen des Deutsch-Französischen Jugendwerks erhöht haben. Das wäre auch auf beiden Seiten nicht realisierbar gewesen, weil sich gleichzeitig auch der Jugendaustausch mit anderen Ländern ausgeweitet hat. Es ist auch zutreffend, daß bei diesem Sachverhalt und durch die Kostensteigerungen in beiden Ländern die Zahl von 300 000 ausgetauschten Jugendlichen pro Jahr nicht gehalten werden konnte. Neben die Breiten-Programme der ersten Jahre sind Intensiv-Programme verschiedener Art aufgetreten, die Multiplikationseffekte der Erfahrungen aus der Begegnung auf einen breiteren Kreis junger Menschen haben. Die statistisch gesicherten Zahlen für 1972 liegen noch nicht vor, werden aber zur Zeit erarbeitet und dann auch veröffentlicht. Zu Frage A 15: Die Bundesregierung ist zusammen mit ihrem französischen Partner entschlossen, die Aktivitäten des Deutsch-Französischen Jugendwerks zu inten- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1487' sivieren, seine Strukturen zu rationalisieren und durch neue Impulse — vorwiegend im Bereich des Austauschs junger Berufstätiger — die Qualität der Austauschprogramme zu verbessern Dabei wird es nicht so sehr auf die großen Zahlen der ausgetauschten Jugendlichen, sondern vorwiegend auf den Wert der Programme für den einzelnen Jugendlichen, aber auch für die geistige Auseinandersetzung und politische Zusammenarbeit zwischen den jungen Menschen beider Völker ankommen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 5. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 16) : Verfügt die Bundesregierung über Material, das über die schädlichen Nebenwirkungen bei der Anwendung von Myambutol Aufschluß gibt, und welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls dagegen zu ergreifen? Zur Frage der schädlichen Nebenwirkungen des Tuberkulostatikum „Myambutol" verfügt die Bundesregierung über die Stellungnahme des Bundesgesundheitsamtes. In den meisten Fällen sind diese schädlichen Wirkungen auf das Sehvermögen reversibel, d. h. nach Absetzen der Myambutol-Therapie geht die Verschlechterung des Sehvermögens innerhalb mehrerer Wochen zurück. Nebenwirkungen am Auge bei der MyambutolTherapie wurden erstmalig 1963 im Ausland beschrieben, 1968 wurden derartige Nebenwirkungen in der Bundesrepublik publiziert. In der Packungsbeilage für Myambutol wird auf die Möglichkeit des Auftretens von Sehstörungen bei der Therapie hingewiesen. In dem Ärzteprospekt für Myambutol werden die erforderlichen augenärztlichen Untersuchungen angegeben. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft verfolgt alle Meldungen der Ärzte über Nebenwirkungen bei der Myambutol-Therapie und informiert hierüber das Bundesgesundheitsamt. Sie wird in Kürze eine Verlautbarung für die Ärzteschaft über die Dosierungen des Myambutol, bei denen Nebenwirkungen auftreten können, herausgeben. Zum derzeitigen Zeitpunkt hält das Bundesgesundheitsamt zusätzliche Maßhahmen nicht für erforderlich. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vorn 4. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Egert (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 17) : Sieht die Bundesregierung aus der Feststellung der zuständigen Bundesministerin vor der Bundespressekonferenz am 27. Februar 1973, daß unsere Gesellschaft nicht kinderfreundlich ist, die Notwendigkeit, die Situation der Kinder in der Bundesrepublik Deutschland in einer besonderen Enquete zu untersuchen, und wann gedenkt sie, gegebenenfalls ihre Anregungskompetenz in dieser Frage zu nutzen? Die Familienpolitik der Bundesregierung ist darauf angelegt, allen Kindern, unabhängig von der sozialen Situation der Eltern, optimale Möglichkeiten für ihre Entwicklung zu geben und dabei denjenigen besonders zu helfen, die unter sozialen, pädagogischen oder gesundheitlichen Defiziten zu leiden haben. Für konkrete Maßnahmen fehlt es nicht an Einsichten und Erkenntnissen sowohl hinsichtlich der allgemeinen Situation der Kinder in unserer Gesellschaft als auch zu speziellen Einzelproblemen. Wertvolle Aufschlüsse geben insbesondere der 3. Jugendbericht, die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage zur Situation der .Tugendhilfe vom 22. Februar 1972, die wissenschaftlichen Beiträge zu aktuellen familienpolitischen Problemen und zum nächsten Familienbericht, der Sozialbericht und der Städtebaubericht. Die Bundesregierung wird im Rahmen ihrer Möglichkeiten weitere Maßnahmen treffen oder einleiten, um die Entwicklungsbedingungen für Kinder 711 verbessern. Große Fortschritte erwartet sie von der Reform des Jugendhilferechts, die nach den in einem Diskussionsentwurf der vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit berufenen Sachverständigen-Kommission niedergelegten Überlegunqen das Recht des Kindes auf Erziehung und Bildung stärker als bisher durch konkrete Rechtsansprüche und Gewährleistungsverpflichtungen zu verwirklichen sucht und den Jugendhilfeträgern die notwendigen Befugnisse einräumt, in der städtebaulichen Entwicklungsplanung auf die kinderfreundliche Gestaltung des Umfeldes der Familie bestimmend Einfluß zu nehmen. Eine besondere Enquete hält die Bundesregierung daher nicht für erforderlich. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 4. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 23) : Ist es richtig, daß die Bundesregierung von der im Rahmen ihres gesundheitspolitischen Programms vorgesehenen Neuregelung des Arzneimittelrechts die Naturheilmittel auszunehmen beabsichtigt, und welche Gründe veranlassen sie gegebenenfalls dazu? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, die sogenannten naturheilkundlichen Arzneimittel aus der geplanten Neuordnung des Arzneimittelrechts auszunehmen. Vielmehr sollen diese Arzneimittel eine ihren Eigentümlichkeiten angemessene Regelung erfahren. Die Bundesregierung bleibt wie bisher bemüht, in den Gremien der Europäischen Gemeinschaften auf befriedigende Lösungen für diese Arzneimittel hinzuwirken. Wie diese Regelungen im einzelnen aussehen, vermag ich Ihnen zur Zeit noch nicht zu sagen. Die Verhandlungen hierüber dauern an. 1488* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 5. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Slotta (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 24) : Teilt die Bundesregierung die Kritik von Prof. G. Schottmayer, die Einrichtung der herkömmlichen Kinderspielplätze in der Bundesrepublik Deutschland sei eine gigantische Fehlinvestition, die nur deshalb nicht erkannt wurde, weil eine Untersuchung über die Ausnutzung herkömmlicher Spielplätze bisher versäumt worden sei, teilt die Bundesregierung insbesondere seine Forderung nach Einrichtung von „unfertigen Kinderspielplätzen" bzw. „Aktiv-Spielplätzen", und gedenkt die Bundesregierung — eventuell über Forschungsvorhaben und ihre Ergebnisse —, den Ländern und Gemeinden Orientierungshilfen anzubieten? Der Bundesregierung liegen keine wissenschaftlichen Untersuchungen vor, die eine so allgemeingültig negative Bewertung der herkömmlichen Kinderspielplätze erlauben, wie sie die Kritik von Herrn Professor Schlottmayer enthält, zumal für die Spielplatzgestaltung auch eine Altersdifferenzierung der Benutzer erforderlich ist. Es ist der Bundesregierung jedoch bekannt, daß viele Spielplätze den Anforderungen, die an erziehungsgünstige Einrichtungen im Umfeld der Familie zu stellen sind, nicht voll entsprechen. Deshalb war die Bundesregierung bisher schon bemüht, den Gemeinden von Wissenschaft und Praxis erarbeitetes Material an die Hand zu geben und Erfahrungen und Anregungen zu vermitteln. Wertvolle Aufschlüsse geben z. B. die Hefte 21 und 27 der Schriftenreihe des früheren Bundesministers für Städtebau und Wohnungswesen mit dem zweiteiligen Bericht „Kinder in neuen Städten", der nicht nur Hinweise über Größe und Lage von Spielplätzen enthält, sondern auch aufzeigt, wie durch die Spielplatzgestaltung Spielen ermöglicht wird, das wichtige Funktionen wie Anregung der Phantasie, Ausprobieren der eigenen Fähigkeiten und Kräfte sowie Einübung gemeinschaftsbezogener Verhaltensweisen erfüllt und einen größtmöglichen Beitrag zur Sozialisation des Kindes leistet. Die Bundesregierung hält die Bereitstellung von Spielplätzen, die dem Kind Möglichkeiten einräumen, seine Umwelt durch Auf- und Abbau von Spielanlagen und -einrichtungen selbst zu gestalten, für erstrebenswert. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß solche Spielplätze nicht ohne pädagogische Betreuung bleiben sollten. Über weitere Orientierungshilfen durch die Bundesregierung wie z. B. im Wege der Vergabe von Forschungsaufträgen bedarf es der Abstimmung mit den Ländern, da nur landesgesetzliche Vorschriften wie z. B. das Niedersächsische Gesetz über Spielplätze vom 6. Februar 1973 zum Erlaß von Vorschriften über die Beschaffenheit von Spielplätzen ermächtigen. Anlage 17 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vorn 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kempfler (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 25) : Bedeutet der Satz in der Regierungserklärung vom 18. Januar 1973, in dem lediglich betont wird, daß der Bau der Bundesfernstraßen selbstverständlich weitergeht, eine Änderung der Straßenbaupolitik gegenüber der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969, wonach der Schwerpunkt des Fernstraßenbaus die Chancenverbesserung strukturell schwacher Gebiete sein soll? Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung klargestellt, daß der Bundesfernstraßenbau auch in Zukunft weitergehen wird. Insofern wird auch im Rahmen der sich fortsetzenden Straßenbauprogramme dem Ziel der Entwicklung strukturschwacher Räume weiterhin Rechnung getragen. Dies hat auch der Bundesminister für Verkehr bei seinen Ausführungen vor dem Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages am 14. Februar 1973 ausdrücklich hervorgehoben. Beim Einsatz von Straßenbauinvestitionen zur Entwicklung strukturschwacher Räume lassen wir uns, insbesondere auch im Rahmen des zur Zeit in Arbeit befindlichen Bundesverkehrswegeprogramms, grundsätzlich von folgenden verkehrs- und raumordnungspolitischen Überlegungen leiten: 1. Straßen eignen sich von allen Verkehrswegen am besten zur Erschließung der Fläche. Ihnen kommt daher bei der Förderung von strukturschwachen Räumen eine besondere Bedeutung zu. Auch die Bundesfernstraßen haben neben ihrer Funktion, Schwerpunkte miteinander zu verbinden, die Aufgabe, zur Erschließung strukturschwacher Räume beizutragen, und zwar insbesondere durch die Anbindung dieser Räume an übergeordnete Zentren. 2. Unsere Erfahrungen im Laufe der letzten Jahre haben auf der anderen Seiten gezeigt, daß die — wenn auch noch so intensiven — Bemühungen im Straßenbaubereich allein nicht ausreichen, um in strukturschwachen Räumen die notwendige wirtschaftliche Entwicklung in Gang zu bringen. Andere Standortfaktoren, wie z. B. Arbeitskraftreserven, preisgünstiger Grunderwerb, Energiekosten, räumliche Ausdehnungsmöglichkeiten, beeinflussen in gleicher Weise die Ansiedlung von Betrieben. Zur Entwicklung strukturschwacher Räume bedarf es also des konzentrierten Zusammenwirkens infra-strukturverbessernder Maßnahmen von Bund, Länder und Gemeinden. Anlage 18 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kempfler (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 26) : Welche Gründe haben die Bundesregierung veranlaßt, von der früheren Praxis bei der Festsetzung von Kraftfahrzeugkennzeichen, wonach in Ausnahmefällen das Kennzeichen auch aus der Landschaftsbezeichnung des Landkreises genommen werden konnte, abzugehen und neuerdings darauf zu bestehen, daß nunmehr der Name der Kreisstadt für die Formung dieser Kennzeichen zugrunde gelegt werden darf? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1489* Seit Einführung der derzeitigen Kraftfahrzeugkennzeichen im Jahre 1956 wurde lediglich in zwei Fällen von dem damals festgelegten System abgewichen. Seitdem wurden in 5 Bundesländern Gebietsreformen durchgeführt. In allen diesen Fällen wurde im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen der Länder an dem in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung verankerten System festgehalten. Mein Haus hat bereits im Februar dieses Jahres den Ländern gegenüber zum Ausdruck gebracht, daß es ggf. bereit ist, die fachlichen Überlegungen zurückzustellen, falls der Bundesrat landschaftsbezogene Unterscheidungszeichen für wünschenswert hält. Soweit mir bekannt ist, will das Land BadenWürttemberg sich um eine entsprechende Entschließung bemühen. Ich bitte Sie deshalb um Verständnis, wenn ohne Votum des Bundesrates von dem derzeitigen System im Augenblick nicht abgewichen werden kann. Anlage 19 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hirsch (FDP) (Drucksache 7/433 Fragen A 27 und 28) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß deutsche und internationale Fluggesellschaften mehr als bisher möglichst lärmarme Triebwerke einsetzen werden, wenn der Einsatz solcher Triebwerke keine wirtschaftlichen Nachteile wegen verringerten Schubes, sondern spürbare wirtschaftliche Vorteile bringen würde? Welche Hindernisse stehen dem entgegen, die Start- und Landegebühren so zu staffeln, daß für laute, umweltschädliche Flugzeuge höhere Landegebühren entsprechend den höheren Schallschutz-Aufwendungen zu zahlen sind, die sie erforderlich machen? Zu Frage A 27: Ja, die Bundesregierung teilt diese Auffassung. Der wirtschaftliche Vorteil ist bei modernen lärmarmen Triebwerken unbestreitbar gegeben. Ihre geringen Betriebskosten tragen übrigens dazu bei, daß die Zahl der lärmintensiven älteren Triebwerke ständig geringer wird. Zu Frage A 28: Die am Weltluftverkehr beteiligten Staaten gestalten die Bemessungsgrundlagen für die Landegebühren nach einheitlichen Gesichtspunkten. Sie folgen damit Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation. Das Kriterium Lärm als Bemessungsgrundlage ist hierin nicht enthalten. Die Bundesregierung würde daher gegen international anerkannte und weltweit praktizierte Verfahren verstoßen, wenn sie im Alleingang einseitig ein derartiges Kriterium als Begründung für eine Anhebung der Landegebühren einführen würde. Gegenmaßnahmen der Heimatstaaten der betroffenen ausländischen Luftfahrtunternehmen wären zu befürchten. Anlage 20 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Damm (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 29) : Sieht die Bundesregierung im nächtlichen Parken gewerblicher Fahrzeuge (z. B. Lastwagen) in Wohnbereichen und mit dein durch Starten und Warmlaufen der Fahrzeuge zu nachtschlafender Zeit hervorgerufenen Lärm ein Problem, dem gesetzgeberisch begegnet werden muß? Die Bundesregierung bereitet einen Gesetzentwurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vor, durch den die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen werden sollen, das regelmäßige Parken von Lkw, von Kraftfahrzeuganhängern und Omnibussen in Wohngebieten über Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen zu verbieten. Liegt diese Ermächtigung vor, wird der Bundesminister für Verkehr, soweit der Bundesrat zustimmt, eine entsprechende Regelung in der Straßenverkehrs-Ordnung schaffen. Um dem durch das Starten und Warmlaufen der Fahrzeuge hervorgerufenen nächtlichen Lärm zu begegnen, bedarf es über die bestehenden Vorschriften hinaus keiner gesetzgeberischen Maßnahmen mehr. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Nachtruhe in Wohngebieten beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Unabhängig hiervon ist durch § 30 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung generell untersagt, Fahrzeugmotoren unnötig laufen zu lassen. Hierunter fällt auch das Warmlaufen der Motoren, da dies nach dem heutigen Stand der Technik nicht mehr erforderlich ist. Anlage 21 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr.-Ing. Oetting (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 31): Kann die Bundesregierung bestätigen, daß aus funktionalen Gründen nicht mehr beabsichtigt ist, das Luftfabrtbundesamt (LBA) aus Braunschweig ganz oder teilweise zu verlegen, und daß nur noch daran gedacht wird, entsprechend dem Untersuchungsbericht geeignete Außenstellen des LBA auf den großen deutschen Flughäfen zu errichten? Die Bundesregierung kann das vollinhaltlich bestätigen. Anlage 22 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 32) : 1490* Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode -- 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Wie erklärt die Bundesregierung die Tatsache, daß bei der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes Dienstposten fur Beamte des gehobenen technischen Dienstes in zunehmendem Maße durch angestellte Diplomingenieure besetzt werden? In der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes ist in keinem Fall eine Beamtenplanstelle des gehobenen technischen Dienstes mit einem Diplomingenieur besetzt. Von den Planstellen des gehobenen technischen Dienstes der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung sind zur Zeit rd. 11,5 0/o mit angestellten graduierten Ingenieuren besetzt. Dies ist darauf zurückzuführen, daß infolge des Unterschiedes zwischen der Besoldung der Beamten und der Eingruppierung der Angestellten — insbesondere durch die Auswirkungen des Tarifvertrags zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT (Angestellte in technischen Berufen) vom 15. Juni 1972 — kaum noch Absolventen der Fachhochschulen bereit sind, als Nachwuchskräfte für den gehobenen technischen Dienst nach Ablegen der Laufbahnprüfung mit der Besoldungsgruppe A 9 in die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung einzutreten. Anlage 23 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 35 und 36) : Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, warum die Deutsche Bundesbahn das Angebot der „Rosa-Zeiten" nicht im Jahr 1973 aufrechterhält, nachdem doch der Erste Präsident der Deutschen Bundesbahn, Dr. Wolfgang Vaerst, in der in den D-Zügen ausliegenden Zeitschrift „Schöne Welt", Nr. 2/73, zu den Leistungen der Deutschen Bundesbahn schreibt: „Es sei hier nur an die Rosa-Zeiten erinnert, ein durchschlagender Erfolg, häufig nadigeahmt von Leistungsträgern anderer Touristikbranchen? Hält die Bundesregierung es für gerechtfertigt, daß die Deutsche Bundesbahn das bewährte System verbilligter Rückfahrkarten praktisch völlig fallengelassen hat und damit besonders den sozial schwachen Bevölkerungsgruppen eine zusätzliche Fahrpreiserhöhung auferlegt hat? Zu Frage A 35: Die Bundesbahn führt z. Z. eine Strukturuntersuchung durch, um Klarheit darüber zu gewinnen, ob und in welcher Form die in den letzten Jahren eingeführten zeitlich begrenzten Sonderaktionen im Reiseverkehr weitergeführt werden sollen. Die Entscheidung hierüber liegt allein in der Hand des Vorstands der Deutschen Bundesbahn, die ja ein wirtschaftlich selbständiges Unternehmen ist. Ich hoffe, daß das Ergebnis der Untersuchung positiv sein wird. Die Bundesbahn hat zugesagt, dem Bundesminister für Verkehr so bald wie möglich mitzuteilen, ob die frühere Aktion „Rosa Zeiten", ggf. unter modifizierten Bedingungen, in absehbarer Zeit wiederholt werden kann. Zu Frage 36: Die Bundesbahn hat das System der Rückfahrkarten nicht aufgegeben, vielmehr lediglich umgestaltet. Für den Nahverkehr bis 50 km ist ein leicht verbilligter Tarif eingeführt, der für Hin- und Rückfahrt die gleiche Ermäßigung enthält. Außerdem werden in bestimmten, stark frequentierten Verkehrsverbindungen Sonderrückfahrkarten mit höherer Ermäßigung ausgegeben, wenn zu erwarten ist, daß durch Mehrverkehr die aus der Verbilligung entstehenden Einnahmeausfälle überdeckt werden. Im Fernverkehr ist für Rückfahrkarten eine Ermäßigung ab 200 km vorgesehen, die mit steigender Entfernung zunimmt. Anlage 24 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Marx (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 37): Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung auf Grund von Vereinbarungen mit der DDR getroffen, damit neben der Benutzung von Personenkraftwagen im (sogenannten) grenznahen West-Ost-Verkehr durchgehende Omnibuslinien oder Nahverkehrszüge eingerichtet werden, um auf diese Weise den erwarteten Besucherstrom im verkehrsmäßig schlecht erschlossenen Zonengrenzsperrgebiet der DDR in weniger als den erlaubten 24 Stunden zu gewährleisten? Die Bundesregierung ist wegen aller mit dem neuen grenznahen Verkehr zusammenhängenden Fragen einschließlich der Fragen der Nahverkehrsverbindungen an die Regierung der DDR und an die Deutsche Reichsbahn herangetreten. Diese Fragen werden Gegenstand von Expertengesprächen zwischen Beauftragten der Bundesregierung und der Regierung der DDR sein. Anlage 25 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 4. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. SchmittVockenhausen (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 39) : Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die Zuverlässigkeit des Luftverkehrs dadurch zu verstärken, daß der auf dem Gebiet der Beleuchtungstechnik von Flugpisten und den elektronischen Landenavigationshilfen hinderliche Störfaktor Nebel durch eines der verschiedenen Entnebelungssysteme (Kondensation), die bereits in der Praxis gehandhabt werden, beseitigt wird? Theoretisch sind diese Möglichkeiten durchaus denkbar. Die Bundesregierung verfolgt deshalb seit Jahren die Entwicklung auf dem Gebiet der künstlichen Nebelbeseitigung mit großem Interesse; sie ist auch bereit, aussichtsreiche Verfahren aktiv zu fördern. Bisher sind aber alle Vorschläge zur Nebelbeseitigung nicht über das Versuchsstadium hinaus gediehen. Ein zuverlässiger Betrieb mit vertretbarem Aufwand war bei den bisher bekannten Verfahren nicht möglich. Andererseits konnte in den letzten Jahren durch bord- und bodenseitige Verbesserungen die Zuverlässigkeit der elektronischen Landehilfen derart verbessert werden, daß nebelbedingte Ausweichlandungen bereits heute eine seltene Ausnahme sind. Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1491* Anlage 26 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelhard (FDP) (Drucksache 7/433 Frage A 40) : Sind Maßnahmen vorgesehen. um rechtzeitig vor Inkrafttreten des sogenannten 0,8-Promille-Gesetzes die Bevölkerung über die neue Rechtslage aufzuklären und Presseveröffentlichungen entgegenzutreten, die das für Verkehrsteilnehmer noch zulässige Maß des Alkoholgenusses allein aus der Relation von Alkoholmenge und Körpergewicht errechnen? Die Bundesregierung wird die Bevölkerung rechtzeitig vor dem Inkrafttreten des 0,8-Promille-Gesetzes in geeigneter Weise über die Notwendigkeit und die rechtlichen Auswirkungen dieses Gesetzes aufklären. Die Bundesregierung wird dabei auch Presseveröffentlichungen entgegentreten, die, wie es in jüngster Zeit geschehen ist, die vielschichtige Problematik des Alkoholeinflusses auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmer, besonders aber der Führer von Kraftfahrzeugen, in einer Weise darstellen, die zu verhängnisvollen Mißverständnissen führen können. Anlage 27 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf I die Mündliche Frage des Abgeordneten Wende (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 41) : Ist der Bundesregierung das Ergebnis einer Umfrage des Münchner Verkehrsverbundes bekannt, wonach sich 98 % aller Befragten für ein generelles Rauchverbot im öffentlichen Personennahverkehr ausgesprochen haben, und welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung gegebenenfalls daraus im Hinblick auf den gesamten Personennahverkehr der Deutschen Bundesbahn zu ziehen? Der Bundesregierung ist diese Umfrage bekannt. Die Deutsche Bundesbahn, in deren Hand die Aufteilung ihres Angebotes in Raucher- und Nichtraucherabteile liegt, hat daraufhin in den Triebwagen der Münchner S-Bahn die Raucherabteile mit Zustimmung des Bundesministers für Verkehr aufgehoben. Die Deutsche Bundesbahn prüft zur Zeit, ob in anderen Räumen ähnliche Verhältnisse bestehen. Anlage 28 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spilker (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 43) : Beabsichtigt die Bundesregierung auch in diesem Jahr, Rentnern ermäßigte Preise für Fahrten mit der Deutschen Bundesbahn zu gewähren? Die Sonderangebote der Bundesbahn im Reiseverkehr, durch die es in den letzten Jahren jeweils verschiedenen Bevölkerungskreisen möglich war, verbilligte Reisen zu unternehmen, werden von der Deutschen Bundesbahn selbständig ausgestaltet und eingeführt. Der Vorstand der Bundesbahn, den der Bundesminister für Verkehr bereits vor einiger Zeit auf diese Frage angesprochen hat, ist sich noch nicht darüber schlüssig geworden, in welcher Form die Sonderaktionen künftig weitergeführt werden sollen. Das hängt von dem Ergebnis struktureller Untersuchungen ab, die z. Z. noch nicht abgeschlossen sind. Ich hoffe, daß das Ergebnis positiv sein wird und daß die Bundesbahn zu gegebener Zeit eine Sonderaktion bekanntgibt, die auch von den älteren Mitbürgern in Anspruch genommen werden kann. Anlage 29 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 44) : Wie beurteilt die Bundesregierung die bestehende Praxis der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost, die Einrichtung neuer Buslinien bzw. den Einsatz zusätzlicher Busse auf bestehenden Linien von voller Kostendeckung durch dritte Träger abhängig zu machen und dies auch in Fällen, in denen wegen Uberfüllung der Busse bzw. Fehlen notwendiger Verbindungen ein dringender Bedarf anerkannt werden muß? Es ist zunächst klarzustellen, daß es nicht die Praxis von Bahn und Post ist, von dritter Seite volle Kostendeckung zu verlangen. Die Bundesverkehrsunternehmen haben sich ihrer gemeinwirtschaftlichen Aufgabe im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nie entzogen. In keinem Falle wurde bislang der Einsatz zusätzlicher Fahrzeuge von Zuschüssen Dritter abhängig gemacht. Um Mißverständnisse zu vermeiden, möchte ich allerdings auf folgendes hinweisen: Die angespannte wirtschaftliche Lage kann Anlaß sein, daß Dritte, also beispielsweise eine Gebietskörperschaft, einen Beitrag zu den Kosten leisten. So ist es angemessen, daß die Bundesbahn nicht mit einem zusätzlichen Defizit belastet wird, wenn kommunale Interessen zur Erweiterung des Liniendienstes der Bahnbusse führen. In keinem mir bekannten Fall ist aber volle Kostendeckung durch Dritte verlangt worden. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Meermann (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 46) : Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung der gleitenden Arbeitszeit und der gleitenden Woche für die Lösung von Problemen in Raumordnung und Städtebau bei? Der gleitenden Arbeitszeit kommt insbesondere in den städtischen Verdichtungsräumen unter ver- 1492* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 kehrlichen Gesichtspunkten eine gewisse Bedeutung zu. Zusammen mit anderen Maßnahmen kann die gleitende Arbeitszeit auf eine Entschärfung der Verkehrsspitzen zu Beginn und zu Ende der Arbeitszeit führen. Unter dem Gesichtspunkt einer vernünftigen Stadtentwicklung ist daher die gleitende Arbeitszeit zu begrüßen. Von ihrer Einführung haben eine Reihe von Betrieben und Behörden schon Gebrauch gemacht. Wie das zuständige Ressort, der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, mitgeteilt hat, sind neue und zusätzliche Gesetzesmaßnahmen für eine Einführung der gleitenden Arbeitszeit nicht erforderlich. Überlegungen zur Einführung der gleitenden Arbeitswoche werden bei dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nicht angestellt. Unter den Gesichtspunkten der Raumordnung sind die Auswirkungen ,der allgemeinen Einführung einer gleitenden Arbeitswoche auf das gesellschaftliche Leben nicht zu überschauen. Allgemeines freies Wochenende und allgemeine gleiche Arbeitszeit entsprechen den bisherigen Gewohnheiten und dem menschlichen Arbeitsrhythmus und haben sich in ihrem Kontrast dem Bewußtsein der Bevölkerung eingeprägt. Die allgemeine Einführung einer gleitenden Arbeitswoche würde zu einer völligen Veränderung der Lebensgewohnheiten führen und insoweit sicher nicht nur bei nicht unerheblichen und wichtigen Teilen unserer Gesellschaft, sondern weithin bei der Bevölkerung auf Unverständnis stoßen. Im gegenwärtigen Zeitpunkt werden daher Überlegungen zur Einführung der gleitenden Arbeitswoche über die jetzt schon gegebenen berufsspezifischen Notwendigkeiten hinaus weder aus Gründen der Stadtentwicklung noch solchen der Raumordnung für notwendig gehalten. Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 47) : Wie beurteilt die Bundesregierung die von Bundesminister Vogel im Interview mit der Zeitschrift KONKRET getroffenen Aussagen: daß das ökonomische Prinzip — ebenso wie beim Bodenrecht — aus dem Bereich der Automobilindustrie „vertrieben werden muß und daß es nur gut ist, „wenn da ein bißchen Druck dahinter kommt', daß allerdings die Politik nur dann etwas erreichen kann, „wenn man den Leuten nicht sagt, daß sie zum ersten besten Zeitpunkt enteignet und davongejagt werden„, daß aber in jedem Fall der Automobilproduktion erst einmal hinsichtlich Absatz und Produktion ein Rahmen gesetzt werden muß, — und wie konkret sind die Überlegungen innerhalb der Bundesregierung derzeit? Die in der Frage mitgeteilten angeblichen Äußerungen von Bundesminister Dr. Vogel im Interview mit der Zeitschrift „Konkret" sind zum Teil unrichtig zitiert, überdies aus dem Zusammenhang gelöst und in eine den wirklichen Sinn umdeutende Reihenfolge gebracht. Ich erlaube mir daher, Ihnen den vollen Wortlaut des Interviews zu übersenden. Daraus ergibt sich, daß Bundesminister Dr. Vogel folgende Gedankengänge zum Ausdruck gebracht hat: 1. Die weitere Entwicklung des Verkehrs könne insbesondere in den Verdichtungsgebieten nicht allein dem ökonomischen Prinzip, d. h. dem freien Spiel der Kräfte, überlassen bleiben. 2. Die Rahmenbedingungen für den Individualverkehr und damit für die Automobilproduktion müßten durch politische Entscheidungen so verändert werden, daß die bereits eingetretenen und noch drohenden Schäden einer Übermotorisierung gemildert bzw. verhindert werden können. 3. Es sei gut, wenn sich die Verantwortlichen über die dadurch möglicherweise entstehenden Verkehrsveränderungen schon jetzt Gedanken machten. 4. Die Sozialisierung der Automobilindustrie sei kein geeignetes Mittel zur Lösung der Probleme und daher abzulehnen. Die gleichen Gedankengänge hat Bundesminister Dr. Vogel auch an anderer Stelle, so etwa in seinem Buch „Die Amtskette", vertreten. Wie aus der Regierungserklärung ersichtlich, beschäftigen diese Fragen auch die Bundesregierung. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Haack vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 48) : Ist die Bundesregierung bereit, bei ihren raumordnungspolitischen Vorstellungen bei aller unbestrittenen Notwendigkeit zur Schwerpunktbildung eine derartige Flexibilität des Bundesraumordnungsprogrammes zu schaffen, daß auch in dünnbesiedelten ländlichen Räumen die öffentliche Förderung kleinerer und mittlerer zentraler Orte möglich bleibt? Ja. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß im Rahmen der anzustrebenden Raum- und Siedlungsstruktur zentrale Orte unterschiedlicher Stufe entsprechend ihren künftigen Funktionen auszubauen sind. Die Festlegung dieser zentralen Orte ist grundsätzlich Länderaufgabe. Die Entscheidung, welche Gemeinden künftig welche zentralörtlichen Funktionen zu übernehmen haben, bedarf also sorgfältiger Überprüfung durch die Länder. Der Raumordnungsbericht 1972 der Bundesregierung (vgl. a. a. O. S. 80) geht von der „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in allen Teilräumen des Bundesgebietes" aus und fordert die „Balance der Förderung von Verdichtungsräumen und ländlichem Raum". Im BRO-Programm können nur gesamträumliche Zielsetzungen für die Siedlungsstruktur im Bundesmaßstab behandelt, also nur großräumige Siedlungselemente, wie z. B. die Kategorien der Ober- und Mittelzentren oder überregionale Entwicklungsachsen, festgelegt werden. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1493e Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Egert (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 49) : Teilt die Bundesregierung auf Grund ihrer ersten Erfahrungen die im Informationsdienst „Kernenergie und Umwelt" vom Januar 1973 vertretene Auffassung, daß die verwaltungsorganisatorische Trennung der Zuständigkeiten Im Bereich der Kernforschung und -technik — insbesondere die Übertragung der Kompetenz für Fragen der Reaktorsicherheit und des Strahlenschutzes auf das Innenministerium unter Ausklammerung der Reaktorsicherheitsforschung und -technik — im Blick auf die Fragen der Sicherheit der Kernkraftwerke und der Sicherung der Energieversorgung alarmierend sei? Die Bundesregierung teilt diese in einer Fachzeitschrift geäußerte Auffassung nicht. Die im Organisationserlaß des Bundeskanzlers getroffene Regelung berücksichtigt den Sachzusammenhang zwischen der Förderung der Reaktorsicherheitsforschung und -technik und den sonstigen Förderungsmaßnahmen nach dem Deutschen Atomprogramm. Zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister für Forschung und Technologie ist eine enge Kooperation vereinbart worden, um eine genehmigungsnahe Orientierung der Reaktorsicherheitsforschung und -technik zu gewährleisten. Darüber hinaus wird dem Bundesminister des Innern für Gutachten und Untersuchungen zu Einzelfragen des Genehmigungsverfahrens etwa ein Viertel der Mittel für Reaktorsicherheitsforschung, 1973 ein Betrag von etwa 10 Millionen DM, übertragen. Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 9. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 50 und 51): Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über die weitere mittelfristige Förderung der Kernforschungsanlage Jülich, und wie gedenkt sie insbesondere die Zahl der Beschäftigten zu beeinflussen? Welches forschungspolitische Konzept verfolgt die Bundesregierung mit der Verringerung der Kapazitäten in den Kernforschungszentren und der Gründung neuer Institute an anderen Stellen der Bundesrepublik Deutschland? Zu Frage A 50: a) Die Bundesregierung wird auch in den künftigen Jahren die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten der Kernforschungsanlage Jülich (KFA) etwa im bisherigen Umfange fördern. Sie wird dabei die Bemühungen der KFA unterstützen, wissenschaftliche und technologische Beiträge nicht nur zum Atomprogramm, sondern auch zu anderen Sachprogrammen der Bundesregierung zu leisten und so zusätzliche finanzielle Mittel von verschiedenen Stellen der öffentlichen Hand, aber auch der Wirtschaft einzuwerben. b) 1974 wird die KFA nach den derzeitigen Planungen 110, 1975 weitere 120 Mitarbeiter weniger auf Grund des Stellenplans anstellen können. Hierdurch soll angesichts der knapper werdenden Mittel für die Zuschüsse des Bundes ein überproportionales Anwachsen der Personalausgaben vermieden werden. Die vorgesehene geringe Reduktion um rund 3 % der zur Zeit vorhandenen Stellen soll in erster Linie dadurch erreicht werden, daß die KFA einen Teil der durch die natürliche Fluktuation freiwerdenden Stellen nicht mehr besetzen kann. Zu Frage A 51: Derzeit liegen keine Pläne vor, neue große Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen zu gründen. Die Bundesregierung ist bemüht, die begonnene Politik zur Diversifikation der Aufgaben in den bestehenden Großforschungszentren konsequent und verstärkt weiterzuführen, um den in den Einrichtungen gewonnenen Sachverstand und — soweit möglich — auch die vorhandenen Anlagen und Geräte für neue Aufgaben wissenschaftlichen, technologischen und öffentlichen Interesses zu nutzen. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 9. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Vogt (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 52 und 53) : Hat die Bundesregierung ihre Beschlüsse über die Kürzung der Mittel für die Kernforschungsanlage Jülich den Beteiligten ohne vorherige Aussprache mitgeteilt, und dies insbesondere unter Berücksichtigung des vorher öffentlich dargelegten Entwurfs des 4. Atomprogramms, und welche Gründe liegen hierfür gegebenenfalls vor? Wie vereinbaren sich gegebenenfalls solche kurzfristig beschlossenen Kürzungen für die Kernforschungszentren ohne Berücksichtigung des Sachprogramms und der beteiligten Wissenschaftler mit den vielfältigen Bekundungen der Bundesregierung nach mehr Transparenz und mehr Demokratie in allen gesellschaftlichen Bereichen und ihren Bekundungen bei der Vorlage des Entwurfs zum 4. Atomprogramm? Zu Frage A 52: a) Der Bundeszuschuß zu den Betriebs- und Investitionsausgaben der Kernforschungsanlage Jülich (KFA) für das Jahr 1973 entspricht der von der KFA ermittelten endgültigen Bedarfsanmeldung. Es wurden hier keine Kürzungen vorgenommen. b) Zur Vorbereitung des Haushaltes für das Jahr 1974 und der Finanzplanung für die folgenden Jahre fand am 26. Februar 1973 in Bonn — wie auch in den Vorjahren jeweils zu Jahresbeginn — eine erste Erörterung der Anforderungen der KFA mit den beiden Gesellschaftern Bund und Land Nordrhein-Westfalen statt. Die KFA Jülich wurde dabei gebeten, ihrem Wirtschaftsplan 1974 einen staatlichen Zuschuß von zunächst rund 250 Millionen DM zugrunde zu legen. Die Anforderung betrug rund 260 Millionen DM, lag also um 4% höher. Die geringe Reduktion wurde von der KFA als vertretbar akzeptiert. c) In der genannten Besprechung teilten die Vertreter des BMFT der KFA mit, daß sie wegen der 1494* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 neuen Finanzplanung des Bundes bis 1976, wie sie sich aus den Haushaltsbeschlüssen des Bundeskabinetts vom 17. Februar 1973 ergibt, in den Jahren 1974 und 1975 110 bzw. zusätzlich 120 Stellen im Stellenplan der KFA zu sperren beabsichtigten. Angesichts der knapper werdenden Fördermittel sollte durch die Stellenreduktionen ein überproportionales Anwachsen der Personalausgaben vermieden werden, andererseits sollten aber ausreichende Sach- und Investitionsaufwendungen verfügbar bleiben. d) Überlegungen zur möglichen Einschränkung des Stellenplans bei knapper werdenden Finanzmitteln waren der KFA Jülich nicht unbekannt. Zu Frage A 53: a) Die in der Antwort zur 1. Frage erwähnte Haushaltsbesprechung war routinemäßig die erste Aussprache in diesem Jahr zur Personal- und Finanzplanung der KFA Jülich ab 1974. Über die endgültigen Festlegungen wird der Aufsichtsrat der KFA voraussichtlich im Herbst 1973 beschließen. An der Besprechung nahmen mehrere Vertreter des Wissenschaftlich-Technischen Rates der KFA, der die wissenschaftlich-technischen Mitarbeiter repräsentiert, teil. b) Bis zur endgültigen Verabschiedung des Haushaltes 1974 der KFA im Herbst werden — ebenfalls wie in den Vorjahren — noch mehrere Programmund Haushaltsberatungen stattfinden. Insbesondere wird dabei der Wissenschaftlich-Technische Ausschuß des Aufsichtsrates das Forschungs- und Entwicklungsprogramm 1974 prüfen. Dabei wird über Änderungen oder Einschränkungen im Sachprogramm gesprochen werden, soweit sie sich aus den angekündigten Stellensperren ergeben. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen A 54 und 55) : Hält die Bundesregierung den mit der Datenerfassungsverordnung und der Datenübermittlungsverordnung eingeleiteten bundesweiten Datenaustausch zwischen der öffentlichen Verwaltung und den Unternehmen für ausreichend, bzw. welche weiteren Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung in diesem Bereich? Ist nach Auffassung der Bundesregierung ein besonderer Datenschutz in diesem Zusammenhang notwendig? Für die Bereiche Sozialversicherung und Arbeitsverwaltung entspricht der in der Datenerfassungsverordnung und Datenübermittlungsverordnung vorgesehene Datenaustausch zwischen öffentlicher Verwaltung und den Unternehmen voll den Bedürfnissen. Soweit mir bekannt ist, gibt es außerhalb dieser Tätigkeitsgebiete noch keinen automatisierten Datenaustausch. Unter Rationalisierungsgesichtspunkten werden jedoch Überlegungen angestellt, die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung auch beim Datenaustausch zu nutzen und ähnliche Verfahren, wie sie in den beiden genannten Verordnungen vorgesehen sind, auch in anderen dafür geeigneten Verwaltungsbereichen einzuführen. Voraussetzung für die Anwendung automatisierter Datenübermittlungsverfahren — ggf. durch Datenträgeraustausch — ist allerdings, daß regelmäßig Nachrichten in großen Mengen übermittelt werden, so daß der Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung auf beiden Seiten des Datenaustausches lohnt, und daß keine Rechtsvorschriften entgegenstehen. Ein automatisierter Datenaustausch wäre z. B. denkbar — im Besteuerungsverfahren — für die Mitteilungen an Industrie- und Handelskammern sowie an Handwerkskammern zum Zwecke der Erhebung der Kammerbeiträge — bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen Besoldungsstellen und Banken oder Krankenversicherungen oder einer Bausparkasse — für statistische Meldungen der Betriebe. Die Bundesregierung bemüht sich gegenwärtig, die allgemeinen Voraussetzungen eines solchen Datenaustausches zu schaffen, indem sie die Einführung eines Personenkennzeichens und eines Kennzeichens für juristische Personen und Unternehmen als einheitliche, automationsgerechte Ordnungsbegriffe betreibt. Ein besonderer Datenschutz kann sich in Einzelfällen des Datenaustausches als notwendig erweisen. Das künftige Bundes-Datenschutzgesetz wird hierfür Vorsorge treffen. Im übrigen werden nach der Konzeption des Bundes-Datenschutzgesetzes als „Rahmengesetz" datenschutzrechtliche Sondervorschriften in Einzelgesetzen, die auf die besonderen Erfordernisse bestimmter Spezialgebiete besser eingehen können, Vorrang haben. So wird z. B. das Bundesmeldegesetz eine Reihe von Datenschutzbestimmungen, etwa über die Auskunftserteilung im Meldewesen, enthalten. Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Volmer (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 56 und 57) : Trifft es zu, daß der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen auf Grund einer Eingabe der Deutschen Postgilde e. V. dem Bundesinnenminister eine Stellungnahme gegeben hat, die folgende Formulierung enthält: „Daraus kann gefolgert werden, daß es sich bei den älteren Postoberinspektoren nicht um die leistungsstärksten Beamten handelt. Es bedeutet aber nicht, daß die über 40 Jahre alten Postoberinspektoren alle wesentlich leistungsschwächer oder für die Beförderung zum Postamtmann sogar ungeeignet sind."? Wie beurteilt der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen den Leistungsabfall der Postoberinspektoren, die über 40 Jahre alt sind? Es trifft zu, daß die von Ihnen zitierten Sätze in einer Stellungnahme des Bundespostministeriums an den Herrn Bundesminister des Innern enthalten Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1495* sind. Jedoch erhalten sie erst den gemeinten Sinn im Zusammenhang mit den unmittelbar vorangegangenen Sätzen. Ich darf deshalb den gesamten Absatz aus der Stellungnahme zitieren: „Nach den neuesten Ermittlungen werden bei meiner Außenverwaltung zwar 2 105 Postoberinspektoren beschäftigt, die 1932 oder früher geboren sind. Diesen stehen jedoch 940 Postamtmänner, 35 Postoberamtmänner und 2 Postoberamtsräte gegenüber, die 1932 oder später geboren sind. Daraus kann gefolgert werden, daß es sich bei den älteren Postoberinspektoren nicht um die leistungsstärksten Beamten handelt. Es bedeutet aber nicht, daß die über 40 Jahre alten Postoberinspektoren alle wesentlich leistungsschwächer oder für die Beförderung zum Postamtmann sogar ungeeignet sind." Von einem Leistungsabfall der über 40 Jahre alten Postoberinspektoren ist hiernach nicht die Rede gewesen. Da bei der Deutschen Bundespost entsprechend den gesetzlichen Regelungen Beförderungen nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung, nicht aber nach dem Lebensalter ausgesprochen werden, sollte lediglich ausgedrückt werden, daß es sich bei den über 40 Jahre alten Postoberinspektoren im wesenilichen nicht um solche handelt, die leistungsstärker sind als diejenigen, denen schon in jüngeren Jahren höhere Beförderungsämter übertragen worden sind. Darüber hinaus sollte mit der zitierten Stellungnahme angedeutet werden, daß es neben weniger leistungsstarken Beamten zahlreiche durchaus tüchtige und beförderungswürdige Postoberinspektoren gibt, die entweder hinter noch besser beurteilten jüngeren Bewerbern zurückstehen müssen oder die aus persönlichen Gründen (z. B. Hausbesitz) auf Bewerbungen um ausgeschriebene Beförderungsstellen bei anderen Dienststellen an anderen Orten verzichten. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hoffie (FDP) (Drucksache 7/433 Fragen A 58 und 59) : Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die in einem vom Verband der Postbenutzer e. V. veröffentlichten „Schwarzbuch über die Deutsche Bundespost" beispielhaft aufgeführten gravierenden Servicemängel zu beseitigen? Ist insbesondere daran gedacht, der Forderung des Verbands der Postbenutzer e. V. nachzukommen, eine unabhängige Beschwerdestelle für den Postbereich einzurichten? Die Deutsche Bundespost befördert täglich im Durchschnitt 32 Millionen Briefe, 1 Million Pakete und 6,5 Millionen Zeitungen. Es ist unbestritten, daß bei diesem Massenbetrieb zwangsläufig auch Fehler passieren. Die Tatsache aber, daß der Verband der Postbenutzer nach monatelangen Recherchen eine Reihe solcher Fehlleistungen in seinem sogenannten Schwarzbuch aneinandergereiht hat, berechtigt noch nicht, von gravierenden Fehlleistungen zu sprechen. Weil jedoch die Deutsche Bundespost stets bemüht ist, ihre Kunden zufriedenzustellen, ist sie dabei, die Vorwürfe und Beanstandungen des Verbandes der Postbenutzer wie die jedes anderen Beschwerdeführers — gewissenhaft nachzuprüfen. Die Bundesregierung hält die Forderung des Verbandes der Postbenutzer nach einer unabhängigen Beschwerdestelle nicht für berechtigt. Sie betrachtet vielmehr die bestehenden Kontrollmöglichkeiten als völlig ausreichend. Einmal unterliegt die Post -- wie jede andere Verwaltung — in ihrem Handeln der Nachprüfung durch unabhängige Gerichte. Dann steht der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen als Mitglied der Bundesregierung unter ständiger parlamentarischer Kontrolle. Wie die Bundestagsprotokolle ausweisen, haben die Mitglieder des Bundestages von dieser Kontrollmöglichkeit eingehend Gebrauch gemacht. Außerdem werden Unternehmensentscheidungen durch die von der Deutschen Bundespost unabhängigen Mitglieder des Verwaltungsrates kontrolliert. Nicht zuletzt unterliegen die fiskalischen Entscheidungen der strengen Kontrolle durch den Bundesrechnungshof. Die Schaffung einer weiteren unabhängigen Institution als Beschwerdestelle nur für den Postbereich würde nicht nur in der Offentlichkeit den Eindruck erwecken, daß die genannten Kontrollorgane ihren Aufgaben nicht gerecht werden; darüber hinaus würde sie auch eine durch nichts berechtigte Diskriminierung der Deutschen Bundespost und des gesamten Postpersonals darstellen, weil andere Verwaltungen — z. B. die Deutsche Bundesbahn oder die Finanzverwaltung — einer solchen Kontrolle nicht unterliegen. Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spilker (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 61) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß Körperbehinderte vielfach den Wunsch äußern, Vergünstigungen im Post- und insbesondere Telefonverkehr zu erhalten, und beabsichtigt die Bundesregierung, Maßnahmen zu ergreifen, um auf diesem Wege den Behinderten aus ihrer Isolation zu helfen? Der Bundesregierung sind die Wünsche der Körperbehinderten hinsichtlich einer Gebührenvergünstigung im Post- und insbesondere im Fernsprechverkehr bekannt. Ich kann Ihnen versichern, daß ich für diese Wünsche volles Verständnis habe, denn ich kenne die Sorgen und Nöte unserer hilfsbedürftigen Mitbürger und weiß, wie leicht sie in eine Isolation geraten können. Doch gebe ich auch folgendes zu bedenken: Die Deutsche Bundespost muß ihre Ausgaben aus den Gebühreneinnahmen decken. Die Einräumung von Gebührenfreiheit oder Gebührenvergünstigungen hätte unausbleiblich erhebliche Einnahmeausfälle zur Folge. Diese Mindererträge müßten entweder durch eine allgemeine zusätzliche Gebührenerhö- 1496* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 hung oder durch Steuergelder gedeckt werden. Beide Wege sind nicht gangbar. Hinzu kommt, daß bei dem Massenverkehr der Post und dem großen Kreis der betroffenen Personen Gebührensonderregelungen erhebliche postbetriebliche Schwierigkeiten verursachen würden. Ich darf noch darauf hinweisen, daß die Kosten für einen beantragten oder bereits eingerichteten Telefonanschluß nach § 75 des Bundessozialhilfegesetzes aus Mitteln der Altenhilfe übernommen werden können. Darüber hinaus sind einige Gemeinden dazu übergegangen, im Rahmen der Sozialfürsorge die Telefongebühren von Bedürftigen ganz oder teilweise zu übernehmen, soweit dies ihre finanzielle Lage erlaubt. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Benedix (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 62) : Trifft es zu, daß die Absicht besteht, die 3,5 Millionen DM im Bundeshaushalt, die für den weiteren Aufbau des Luftrettungssystems durch Einsatz von Hubschraubern für die Soforthilfe Verunglückter vorgesehen sind, zu streichen? Nach dem positiven Verlauf meiner Hubschrauber-Modellversuche in Köln, Frankfurt und Hannover erwäge ich, die Hubschrauberzentren in Zusammenarbeit mit den Ländern zu vermehren, um das Bundesgebiet mit etwa 17 bis 20 Stationen abzudecken. Zu diesem Zweck hatte ich im Haushaltsvoranschlag 1973 Mittel in Höhe von 3,5 Millionen DM für die Beschaffung von drei weiteren Hubschraubern vorgesehen. Wegen der bekannten Finanzsituation ergaben sich Bedenken gegen diesen Vorschlag. Ich habe deshalb inzwischen erneut mit dem BMF verhandelt. Dieser steht der Gewährung zusätzlicher Mittel für den weiteren Ausbau des Hubschraubernetzes positiv gegenüber. Die endgültige Entscheidung liegt bei diesem Hohen Hause in den Haushaltsberatungen. Ich werde alle notwendigen Vorbereitungen treffen, damit für den Fall, daß die nötigen Mittel bewilligt werden, noch in diesem Jahr weitere Hubschrauber in Dienst gestellt werden können. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Gruhl (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 63) : Wieviel Tonnen Gips werden von deutschen Betrieben noch in die Flüsse eingeleitet, und denkt die Bundesregierung an Auflagen, um auf Grund bereits angewendeter Verfahren diese Mengen weiter zu verringern? Angaben darüber, wieviel Gips in die Flüsse eingeleitet wird, liegen mir nicht vor. Wie Sie wissen, hat der Bund nach geltendem Recht weder die Möglichkeit, derartige Einleitungen zu ermitteln noch Auflagen für die Einleitung von Abwasser zu treffen. Die Auflagen und Bedingungen werden von den zuständigen Landesbehörden gesetzt. Die Landesbehörden haben mir auf Anfrage bestätigt, daß sie keine Unterlagen über die gesamte in die Gewässer eingeleitete Gipsmenge besitzen. Es sind dort lediglich die von einzelnen Betrieben eingeleiteten Mengen bekannt oder in Erfahrung zu bringen. Bei der Gewässerüberwachung wird im allgemeinen nicht Gips chemisch-analytisch erfaßt, sondern die Komponente Sulfat. Eine Ermittlung der SulfatFrachten in den Gewässern würde jedoch schon deshalb keine befriedigenden Rückschlüsse auf die Gips-Frachten zulassen, weil Gips auch als natürliche Belastung in Gewässern vorkommt oder sich darin bildet, wenn verschiedene Abwässer die Komponenten liefern. Gips fällt bei einer Reihe von Produktionsverfahren an, insbesondere bei der Herstellung oder Neutralisation von Säuren. Er wird in vielen Betrieben auf Grund erteilter Auflagen aus dem Abwasser entfernt und abgelagert. Es gibt auch bereits beispielhafte Verfahren zur Wiederverwertung des Gipses für Baustoffe oder Düngemittel. Die Bundesregierung erwartet, daß mit der von ihr vorgeschlagenen Abwasserabgabe als Anwendungsfall des Verursacherprinzips das wirtschaftliche Interesse an der Wiederverwertung von bisher mit dem Abwasser eingeleiteten Schadstoffen verstärkt wird. Sie erwartet darüber hinaus von den Erhebungen nach dem geplanten Umweltstatistikgesetz Aufschlüsse über Menge und Schädlichkeit gewerblicher Abwässer. Im übrigen wird die Bundesregierung entsprechend ihrer Aussage im Umweltprogramm prüfen, ob und inwieweit im Rahmen der Steuerreform — unter Umständen auch schon früher — auch mit Hilfe von steuerrechtlichen Begünstigungen Investitionen zur Verringerung des Schmutzgehaltes der gewerblichen Abwässer gefördert werden können. In dem dem Bundesrat im ersten Durchgang vorliegenden Entwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes hat die Bundesregierung in § 26 c eine Ermächtigung zum Erlaß von Verwaltungsvorschriften vorgesehen, in denen Anforderungen an Abwassereinleitungen bundeseinheitlich konkretisiert werden sollen. Beim Erlaß dieser Verwaltungsvorschriften wird die Bundesregierung die schon bekannten Verfahren zur Verringerung der Schadstoffbelastung berücksichtigen. § 26 a des Entwurfes des 4. Änderungsgesetzes zum Wasserhaushaltsgesetz sieht daneben die Bestimmung von auf die Trinkwasserversorgung ausgerichteten Qualitätsmerkmalen für die oberirdischen Gewässer vor. Im Hinblick auf die Sulfatbelastung liegen in den Standards, wie sie die Internationale Kommission zum Schutze der Mosel gegen Verunreinigung bereits vereinbart hat und wie sie im Europarat für eine Europäische Gewässerschutz- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1497* konvention vorgeschlagen sind, schon beispielhafte Kriterien vor. Für die vorgenannten im Interesse des Gewässerschutzes notwendigen Bestimmungen ist allerdings Voraussetzung, daß der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Wasserhaushalts erhält. Die Vorlage für diese Grundgesetzänderung liegt dem Bundesrat zur Zeit ebenfalls im ersten Durchgang vor. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Geldner (FDP) (Drucksache 7/433 Frage A 64) : Aus welchen Gründen ist es nicht möglich, einen Personalausweis zu entwickeln, der gleichzeitig auch den Reisepaß, Führerschein, Impfpaß etc. enthält, so daß der Bürger nicht so viele einzelne Papiere mit sich herumschleppen muß, und arbeitet die Bundesregierung an derartig en vereinfachten Überlegungen Die Bundesregierung hat — auch auf Wunsch des Deutschen Bundestages — die Frage des Zusammenschlusses verschiedener persönlicher Dokumente mit dem Personalausweis unter Beteiligung der Länder eingehend geprüft. Die Prüfung hat ergeben, daß ein solcher Universalausweis weder zu echten Vorteilen für den Bürger noch zu Verwaltungsvereinfachungen führen würde. Hierfür ist eine Vielzahl von Gründen maßgebend, die sich aus den unterschiedlichen Verwendungszwecken der einzelnen Ausweise sowie den verschiedenen Voraussetzungen und Zuständigkeiten für ihre Ausstellung ergeben. Die von Ihnen erwähnten Dokumente — Reisepaß, Führerschein und Impfpaß — können schon deshalb nicht mit dem Personalausweis vereinigt werden, weil ihre Form und ihr Inhalt entsprechend ihrer Bedeutung im internationalen Verkehr durch Empfehlungen supranationaler Organisationen bzw. in multilateralen zwischenstaatlichen Abkommen festgelegt sind. Die Bundesregierung stimmt deshalb mit den Innenministern der Länder darin überein, daß die Einführung eines Universalausweises nicht erstrebenswert ist. Eine echte Erleichterung für die Bevölkerung wird jedoch dadurch eintreten, daß die Dokumente, die meistens neben dem Personalausweis mitgeführt werden, nämlich der Führerschein und der Kraftfahrzeugschein, künftig dasselbe kleine Format erhalten wie der Personalausweis. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kleinert (FDP) (Drucksache 7/433 Frage A 65) : In welchen Angelegenheiten wird auf Grund von Gesetzen oder Verwaltungsanordnungen die Familienstandsbezeichnung „geschieden" verwendet oder vorgeschrieben, und gibt es sachliche Gründe für die Aufrechterhaltung der Familienstandsbezeichnung ,.geschieden", oder sollte diese nicht vielmehr zur Verhinderung einer Diskriminierung Geschiedener abgeschafft und durch die Familienstandsbezeichnung „unverheiratet" ersetzt werden? Die Verwendung der Familienstandsbezeichnung „geschieden" ist in den Fällen unnötig, in denen sich aus der Tatsache des Geschiedenseins keine speziellen rechtlichen Auswirkungen ergeben. Ich stimme mit Ihnen darin überein, daß insoweit auf eine Frage hiernach verzichtet werden sollte. Nach dem Familienstand muß jedoch stets dann gefragt werden, wenn sich aus ihm entweder Rechtsfolgen ergeben oder die Identifizierung einer Person davon abhängt. In diesem Zusammenhange wäre die Familienstandsbezeichnung „unverheiratet" oftmals nicht ausreichend, weil darunter sowohl ledige als auch verwitwete und geschiedene Personen fallen. Alle drei genannten Personengruppen unterliegen aber teilweise verschiedenen rechtlichen Regelungen. So erhalten beispielsweise im Steuerrecht verwitwete Personen Vergünstigungen, die ledigen und geschiedenen nicht zustehen. Ledige Beamte werden bei ihrer Einstufung in die Tarifklassen des Ortszuschlags der Besoldung anders behandelt als geschiedene Beamte. Ähnliche Unterschiede in der Behandlung lediger, geschiedener und verwitweter Personen mit finanziellen Auswirkungen bestehen auch in anderen Sachgebieten. Auch im personenstandsrechtlichen Bereich läßt es sich nicht vermeiden, daß nach dem Anlaß der Beendigung früherer Ehen — wozu auch die Scheidung gehört — gefragt wird, um z. B. feststellen zu können, ob das Eheverbot der Doppelehe (§ 5 EheG) vorliegt oder ob die rechtliche Stellung eines Kindes ehelich oder nicht ehelich ist. Falls Sie es wünschen, bin ich gern bereit, in einer Umfrage alle Bundesressorts und die Länder um Angabe der im einzelnen maßgeblichen Vorschriften zu bitten, aus denen sich die Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der „unverheirateten" Personen ergeben. Für diese Arbeiten wäre allerdings eine längere Zeit erforderlich. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schäuble (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 68 und 69) : Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die steigenden Kosten für die Ausgabe von Verpflegung an die Bediensteten der Bundesbehörden in den Kantinen zu senken und Wartezeiten der Bediensteten bei der Verpflegungsausgabe zu verhindern? Ist die Bundesregierung mit mir der Ansicht, daß die Beschaffung von Selbstbedienungsautomaten für die Ausgabe von Getränken und Waren in den Kantinen der Bundesbehörden Personalkosten senken und Arbeitszeitverluste der Bediensteten vermeiden könnte, und ist die Bundesregierung bereit, die Beschaffung soldier Selbstbedienungsautomaten zu ermöglichen? 1498* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Zu Frage A 68: Es ist richtig, daß die Kantinen des Bundes mit Personalkosten unerheblich belastet sind. Dies gilt vor allem für die behördeneigenen Kantinen, die im Gegensatz zu den Pächterkantinen das Dienstrecht des Bundes auf das Kantinenpersonal anwenden. Ihre Frage, wie die Kosten für die Ausgabe von Verpflegung in den Kantinen gesenkt werden können, läßt sich nur im Einzelfall beantworten, weil die Höhe der Kosten von vielen einzelnen Faktoren abhängig ist, z. B. von der örtlichen Lage der Kantine, ihrer räumlichen Einrichtung und von der Zahl der Essenteilnehmer. Die Kantinen haben ihrerseits sicherlich auch schon die Frage geprüft, ob vor allem mit der Einführung der Selbstbedienung die Personalkosten gesenkt werden können. Die Kantinenrichtlinien stehen der Selbstbedienung nicht entgegen. So wird dieses Verfahren denn auch in verschiedenen Kantinen seit längerem praktiziert. Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, den Kantinen insoweit Vorschriften zu machen. Hierzu besteht weder eine Möglichkeit noch auch ein Anlaß; denn ich bin sicher, daß die Kantinen in Zusammenarbeit mit den Personalräten die Vor- und Nachteile eines jeden Verfahrens abzuwägen wissen und die für sie richtige Entscheidung treffen werden. Beschwerden der Bediensteten über Wartezeiten bei der Verpflegungsausgabe sind an mich noch nicht herangetragen worden. Wenn sich im Einzelfall nicht vertretbare Wartezeiten ergeben sollten, so ist es Aufgabe der zuständigen Dienststelle, in Zusammenarbeit mit der Kantinenverwaltung und der Personalvertretung für Abhilfe zu sorgen. Zu Frage A 69: Die Kantinenrichtlinien stehen, wie bereits gesagt, der Beschaffung von Selbstbedienungsautomaten nicht entgegen. Es gibt zahlreiche Kantinen und Dienststellen, in denen solche Automaten in Betrieb sind. Die Automaten sind in aller Regel Leihgaben von Firmen, die ihrerseits die Kantinen am Umsatz beteiligen. Hier besteht für den Bund kein Anlaß, sich an der Beschaffung und Aufstellung der Automaten finanziell zu beteiligen. Soweit für die Kantinen ein Bedürfnis bestehen sollte, die Automaten auf eigene Rechnung zu beschaffen, bin ich gern bereit, die Möglichkeiten einer finanziellen Beteiligung im Benehmen mit dem Bundesminister der Finanzen zu prüfen. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 70) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Vorschläge von Dr. Karl Matthias Meesen zur Lösung der Problematik, die sich bei einer geteilten Staatsangehörigkeit in Zukunft bei der Aushändigung von Pässen der Bundesrepublik Deutschland an Einwohner der DDR ergeben würde und wie er sie in der literarischen Auseinandersetzung mit Prof. Manfred Löwisch, Freiburg, (veröffentlicht in der Juristenzeitung 1972, Seite 673 ff., und 1973, Seite 117/118) gemacht hat, und welche Lösungen gedenkt die Bundesregierung anzustreben? Die Bundesregierung geht nach wie vor von dem Fortbestand einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit aus. Hieran hat sich durch den Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR nichts geändert. Die Bundesregierung hat ihre Auffassung zur Frage der Staatsangehörigkeit anläßlich der Verhandlungen mit der DDR über einen Grundvertrag wiederholt klargestellt und durch den zu Protokoll genommenen Vorbehalt „Staatsangehörigkeitsfragen sind durch den Vertrag nicht geregelt worden" bestätigt. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, von dieser ihrer Haltung abzuweichen. Sie wird deshalb auch nicht Änderungen im Sinne der Vorschläge von Herrn Dr. Meesen vorbereiten. Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit den einzelnen rechtstheoretischen Thesen des Verfassers erscheint mir die Fragestunde wegen des Umfangs der notwendigen Ausführungen nicht geeignet. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 71): Wie hoch ist die Zahl der nicht bzw. fehlbesetzten Beamtendienstposten des gehobenen technischen Dienstes bei den Bundesverwaltungen einschließlich der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost? Im Bereich der Deutschen Bundesbahn sind bei einer Gesamtzahl von 10 708 Dienstposten für den gehobenen technischen Dienst 300 Stellen unbesetzt und 450 laufbahnfremd besetzt, das sind 2,8 vom Hundert bzw. 4,1 vom Hundert. Bei der Deutschen Bundespost sind bei einer Gesamtzahl von 15 920 Dienstposten 3 376 offene Stellen und 1 579 laufbahnfremd besetzte Stellen vorhanden, das sind 21,2 vom Hundert bzw. 9,9 vom Hundert. In der wesentlich kleineren Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes sind 6,5 vom Hundert der Stellen unbesetzt und 15,3 vom Hundert laufbahnfremd besetzt. Der besonders hohe Personalfehlbestand im Bereich der Deutschen Bundespost ist auch darauf zurückzuführen, daß die Bundespost ihren Geschäftsbetrieb wegen des stark gestiegenen Verkehrsaufkommens erheblich ausgeweitet hat. Im übrigen ist zu berücksichtigen,. daß auch in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung ein zum Teil erheblicher Personalfehlbestand vorhanden ist, so z. B. im nichttechnischen gehobenen Dienst der Steuerverwaltung, in Teilbereichen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und im gehobenen nichttechnischen Fernmelde- und Postdienst der Deutschen Bundespost. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1499* Darüber hinaus ist auch in der Privatindustrie ein erheblicher Mangel an Ingenieuren zu verzeichnen. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Ahrens (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 72) : Hält die Bundesregierung die 1965 festgesetzte Wegstreckenentschädigung für die Benutzung privateigen anerkannter Kraftfahrzeuge noch für angemessen? Die Höhe der Wegstreckenentschädigung für die Benutzung der anerkannt privateigenen Kraftfahrzeuge bestimmt der Bundesminister des Innern durch Rechtsverordnung. Diese Rechtsverordnung kann wegen des Sachzusammenhangs mit der im Bundesreisekostengesetz selbst geregelten Wegstreckenentschädigung für die Benutzung der privateigenen Kraftfahrzeuge erst dann geändert werden, wenn die Höhe der Wegstreckenentschädigung im Bundesreisekostengesetz endgültig feststeht. Ein Entwurf zur Änderung des Bundesreisekostengesetzes liegt zur Zeit dem Innenausschuß des Hohen Hauses vor. Sobald der Entwurf verabschiedet ist, wird auch die Wegstreckenentschädigung in der Verordnung angehoben werden. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Gruhl (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 73) : Welchen Sinn hat das Genehmigungsverfahren für ein Werk nach § 16 der Gewerbeordnung, wenn der Lärmpegel statt der vorgesehenen 35 Dezibel 65 Dezibel, also etwa das Achtfache, erreicht, und welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus für das z. Z. in Beratung befindliche Gesetz gegen Luftverunreinigungen und Lärm? Ihre Anfrage bezieht sich offensichtlich auf die Ereignisse im Zusammenhang mit der Errichtung eines neuen Hochofens in Duisburg mit bisher nicht üblichen Dimensionen. Dieser in der Öffentlichkeit heftig diskutierte Fall zeigt deutlich, wie notwendig eine moderne, den Erfordernissen unserer Industriegesellschaft angepaßte Immissionsschutzgesetzgebung ist. Nach der derzeitigen Rechtslage wird die Genehmigungspflicht für derartige Anlagen noch durch den § 16 der Gewerbeordnung begründet. In dem von Ihnen angesprochenen Fall war bei der Genehmigung durch die Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen dem Betreiber die Auflage erteilt worden, vor den nächstgelegenen Wohnhäusern 50 dB(A) bei Tage und 35 dB(A) nachts nicht zu überschreiten. Die Auflage wurde durch eine erhebliche Überschreitung der festgesetzten Immissionsrichtwerte verletzt. Die Landesbehörden haben daraufhin die Untersagung des Betriebes angeordnet. Der Betreiber rief gegen den sofortigen Vollzug dieser Maßnahme das Verwaltungsgericht an. Er machte geltend, daß der Hochofen eine neuartige Anlage mit bisher nicht realisierten Ausmaßen darstelle, über deren Geräuschemission keine Erfahrungen vorliegen, und daß zusätzliche Maßnahmen zur Lärmminderung nicht an einem stillgelegten Hochofen beurteilt werden können. Landesbehörden und Betreiber sind deshalb vor Gericht übereingekommen, die Stilllegung bis Mitte Mai auszusetzen, um bis dahin Abhilfe gegen die übermäßigen Betriebsgeräusche zu schaffen. Die Bundesregierung ist sich darüber klar, daß eine moderne Gesetzgebung Möglichkeiten enthalten muß, solche Komplikationen zu vermeiden. Sie hat deshalb in dem Entwurf eines Bundes-Immissionsschutzgesetzes mehrere Instrumente vorgesehen, um bei der Genehmigung von Anlagen mit schwer vorauskalkulierbaren Emissionsverhältnissen das Risiko für die Nachbarschaft zu mindern. Der Entwurf sieht außer der Teilgenehmigung auch die Möglichkeit einer befristeten Genehmigung und den Vorbehalt des Widerrufs der Genehmigung, d. h. eine Probegenehmigung, vor. Nach Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes wird es also möglich sein, durch differenziertere Maßnahmen als bisher einen wirksamen Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Bevölkerung durchzusetzen. Darüber hinaus wird der Betreiber künftig in höherem Maße als bei der Genehmigung auf Grund des § 16 der Gewerbeordnung mit restriktiven Maßnahmen bei Nichterfüllung der Auflagen zu rechnen haben. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Freiherr von Fircks (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 74 und 75) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Personen im Sinne der §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes und des § 1 des Bundesevakuiertengesetzes, die vor der Vertreibung oder Evakuierung selbständig erwerbstätig waren, die Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erleichtern, um damit dem durch Vertreibung, Flucht oder Evakuierung gewandelten Berufsschicksal dieser Personen Rechnung zu tragen? Ist die Bundesregierung insbesondere bereit. eine ausreichende soziale Sicherung dieser Personen in der gesetzlichen Rentenversicherung dadurch zu ermöglichen, daß ihnen Darlehen aus Mitteln des Ausgleichsfonds zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bereitgestellt werden? Den Vertriebenen, Sowjetzonenflüchtlingen und Evakuierten, die bis zur Vertreibung, Flucht oder Evakuierung als Selbständige erwerbstätig waren und danach innerhalb von drei Jahren im Bundesgebiet als Arbeitnehmer in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig geworden sind, ist bereits durch die Rentenreformgesetze des Jahres 1957 die Möglichkeit eingeräumt worden, abweichend von den allgemeinen Vorschriften der 1500* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 gesetzlichen Rentenversicherung Beiträge bis zum 1. Januar 1924 zurück nachzuentrichten. Im Rahmen des Lastenausgleichs ist die Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für ehemals Selbständige seit 1958 dadurch gefördert worden, daß die Hauptentschädigung für diesen Zweck vorzeitig erfüllt werden konnte. Seitdem die Hauptentschädigung ohne Beschränkung hinsichtlich des Alters oder sonstiger Tatbestände allgemein erfüllbar ist, kann jeder hauptentschädigungsberechtigte Geschädigte sie für diesen Zweck verwenden. Eine Möglichkeit, die Nachentrichtung durch Gewährung von Darlehen aus dem Ausgleichsfonds zu fördern, ist nach dem Gesetz nicht gegeben. Solche Darlehen würden eine nach § 5 Abs. 2 LAG unzulässige Verwendung von Mitteln des Fonds bedeuten. Die Bundesregierung sieht auch sonst keine Möglichkeit, die Nachentrichtung von Beiträgen für ehemals selbständige Vertriebene zu erleichtern, zumal die Einräumung des Nachentrichtungsrechts bis zum 1. Januar 1924 zurück bereits eine außerordentliche Vergünstigung darstellt. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Klepsch (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 76) : In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung die nicht tragbare ungerechte Situation zu beseitigen, daß ein Fernmeldehandwerker der Lohngruppe 1 nach Übernahme in das Beamtenverhältnis im Durchschnitt eine Einkommensminderung von über 200 DM monatlich erleidet, die sich durch eine Reihe indirekter Zuwendungen noch weiter zuungunsten des in das Beamtenverhältnis Übernommenen erhöht? Die von Ihnen gestellte Frage betrifft das Problem der Einkommensverluste bei Übernahme von Arbeitnehmern in das Beamtenverhältnis. Die Einkommensverluste beruhen auf den strukturellen Besonderheiten der unterschiedlichen Bezahlungssysteme des Besoldungs- und des Tarifbereichs. Bis jetzt hat sich leider noch keine befriedigende Lösung des Problems finden lassen. Es wird jedoch weiter daran gearbeitet, eine Lösung zu finden. Ich habe den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften zugesagt, daß die sehr schwierige Problematik mit ihnen auf Expertenebene erörtert wird. Die Gespräche sind für die zweite Hälfte des Monats April vereinbart worden. Abschließend möchte ich bemerken, daß ich zu der Frage, welche Möglichkeiten es gibt, Einkommensverluste bei der Übernahme in das Beamtenverhältnis zu vermeiden, dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages einen Bericht vom 12. Mai 1972 erstattet habe. In dem Bericht habe ich aus dem Bereich der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost eine Reihe von Beispielen herausgegriffen, die ein Bild über die eintretenden Einkommensverluste ergeben. Dabei ist auch die von Ihnen angesprochene Fallgruppe mit erwähnt. Der Bericht erörtert eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten. Ich erwähne hier nur die Gewährung einer Ausgleichszulage in Höhe des Nettoverlustes an den in das Beamtenverhältnis übernommenen Arbeitnehmer. Zugleich ist aber auch dargelegt, welche grundsätzlichen Bedenken, und zwar unter dem Gesichtspunkt der unterschiedlichen Besoldung von Beamten in gleichen Funktionen sowie aus tarif- und laufbahnrechtlicher Sicht, gegen eine derartige Ausgleichszulage bestehen. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 77) : Warum liegen — abgesehen von wenigen Eckdaten — die Bundesergebnisse aus der Volkszählung vom 27. Mai 1970 noch nicht vor, und kann die Bundesregierung, nahezu drei Jahre nach dem Zählungsstichtag, nunmehr verbindlich einen Abschlußtermin für die Veröffentlichung der Bundesergebnisse nach dem vorgesehenen Bundestabellenprogramm nennen? 1. Es trifft nicht zu, daß aus der Volkszählung vom 27. Mai 1970 nur wenige Eckdaten für den Bund vorliegen. Das Statistische Bundesamt hat in der Zeitschrift „Wirtschaft und Statistik" im Dezember 1971 (S. 735 bis 741) einen Aufsatz unter dem Titel „Die Bevölkerung des Bundesgebietes nach den Ergebnissen der Volkszählung am 27. Mai 1970" veröffentlicht. Diese Veröffentlichung hat zusammengefaßte wichtige Ergebnisse enthalten, die weit über den Umfang von Eckdaten hinausgingen. Weitere Veröffentlichungen mit ausführlicheren Angaben erfolgten im Rahmen der ebenfalls vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Quellenhefte zur Volkszählung 1970, und zwar im Mai 1972 über „Ausgewählte Strukturdaten für Bund und Länder" und im Oktober 1972 über „Ausgewählte Strukturdaten für nichtadministrative Gebietseinheiten" (in tabellarischer und kartographischer Form). In diesen beiden Veröffentlichungen sind die Bevölkerung nach Geschlecht, 10 weiteren Merkmalen, wie Alter, Familienstand, Religionszugehörigkeit, Erwerbstätigkeit, Wirtschaftsbereichen, Haushaltsgröße, sowie die Veränderungen der Bevölkerung 1970 gegenüber früheren Volkszählungen nachgewiesen. Ein beträchtlicher Teil weiterer Ergebnisse mit zusätzlichen, zum Teil sachlich tiefer gegliederten Merkmalekombinationen wird in den nächsten Wochen veröffentlicht. Abgesehen von den Veröffentlichungen wurden bereits in den Jahren 1971 bis 1972 umfangreiche Teile des Zählungsmaterials der Sachverständigenkommission zur Neugliederung des Bundesgebietes Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1501* und für Zwecke der Raumordnung zur Verfügung gestellt. 2. Der zwischen dem Statistischen Bundesamt und den Statistischen Landesämtern vereinbarte Zeitplan für die Durchführung der Aufbereitungsarbeiten konnte nicht wie vorgesehen eingehalten werden. Dies lag z. B. an den Engpässen, die schon bei der Ablieferung des Erhebungsmaterials von den Gemeinden an die Landesstellen bestanden. Ferner waren Schwierigkeiten bei der Programmierung in einigen Statistischen Landesämtern — u. a. auf Grund des Mangels an genügend qualifizierten Programmierern — entstanden. Die für den Totalteil des Volkszählungsprogramms vorgesehenen Tabellen sollen nunmehr von den Statistischen Landesämtern, sofern dort keine weiteren unvorhergesehenen Verzögerungen eintreten, bis Herbst 1973 geliefert werden. Unmittelbar anschließend können die Bundesergebnisse abschließend zusammengestellt werden. Die sachlich schwierigeren Tabellen des repräsentativen Teils werden zu einem Teil gegen Ende des Jahres 1973 vorliegen, der Rest im Laufe des Jahres 1974. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 78) : Entspricht das Untersuchungsergebnis des Londoner „Instituts für Konfliktforschung", daß von den 177 offiziellen Mitarbeitern der sowjetischen Botschaft in Bonn 82 Personen (46,3 %) Geheimdienstbeauftragte des sowjetischen Spionagedienstes seien, den Tatsachen, und seit wann ist der Bundesregierung die Geheimdiensttätigkeit von Angehörigen der Vertretung der UdSSR in der Bundesrepublik Deutschland bekannt? Eine öffentliche Beantwortung Ihrer Frage würde die Offenlegung von Detailerkenntnissen der deutschen Sicherheitsbehörden erfordern. Das ist aus Geheimhaltungsgründen nicht möglich. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 5. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 79) : Sind der Bundesregierung die jüngst in der Schweiz entwickelten und bereits praktizierten Verfahren zur gewinnbringenden Aufbereitung und Verwertung von Autoschrott bekannt, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung für eine beschleunigte Anwendung dieser Methode auch in der Bundesrepublik Deutschland? Die Bundesregierung hat sich im Zusammenhang mit dem Erlaß des Abfallbeseitigungsgesetzes auch mit den Fragen der Beseitigung von Autowracks und insbesondere ihrer Verwertung als Stahlschrott beschäftigt. Sie hat sich dabei auch darum bemüht, nähere Angaben über die Situation und Erfahrungen anderer Länder, unter anderem auch der Schweiz, auf diesem Gebiet zu erhalten. Bei dem in der Frage angedeuteten Verfahren zur gewinnbringenden Aufbereitung und Verwertung von Autoschrott handelt es sich vermutlich um das Shredderverfahren. Durch Shreddern werden die Autowracks in maschinellen Anlagen zu etwa faustgroßen Stücken zerschlagen, im Gegensatz zu dem bisherigen arbeitsaufwendigen Zerlegen von Hand mittels Schweißbrennern oder zu dem minderwertiges Material liefernden Pressen der Wracks zu Paketschrott. Die gewinnbringende Verwertung der Autowracks ist bei diesem Verfahren durch die hohe Schrottqualität und die damit erzielbaren Schrottpreise gegeben. Die Wirtschaftlichkeit dieses Verfahrens hat dazu geführt, daß in der Bundesrepublik Deutschland bis heute bereits 17 Shredderanlagen in Betrieb gegangen sind und weitere geplant werden. Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, die Anwendung des Shredderverfahrens darüber hinaus zu beschleunigen. Sie sieht jedoch im Hinblick auf die Standorte uncl das Transportproblem eine Notwendigkeit, darauf zu achten, daß auch entlegenere Gebiete hinsichtlich der dort anfallenden Autowracks zuverlässig bedient werden können. Eine gute Handhabe hierzu ist bereits im Abfallbeseitigungsgesetz gegeben. Nach § 5 finden auf ortsfeste Anlagen, die der Behandlung von Autowracks dienen, also auch auf Shredderanlagen, die Vorschriften über Abfallbeseitigungsanlagen Anwendung. Shredderanlagen fallen damit sowohl nach § 6 in die Planung der Abfallbeseitigung nach überörtlichen Gesichtspunkten (Abfallbeseitigungspläne) durch die Länder als auch nach § 7 hinsichtlich Errichtung und Betrieb unter das Planfeststellungsverfahren. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß in einem Bericht des Bundesministeriums des Innern, der in diesen Tagen dem Innenausschuß des Bundestages vorgelegt wird, das Problem der Autowrackbeseitigung eingehend behandelt ist und daß ein weiterer umfassender Bericht zu diesem Thema bis Ende dieses Jahres dem Bundestag vorgelegt werden wird. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Slotta (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 80) : Beabsichtigt die Bundesregierung, bei der Novellierung des Bundesbeamtengesetzes den § 179 *) so zu ändern, daß für die Angehörigen von Beamten, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, und für Beamte, die einen Wohnsitz im Ausland haben und die bisher keinen Anspruch auf Versorgungsbezüge hatten, diese Benachteiligung in Zukunft entfällt? Nach § 159 des Bundesbeamtengesetzes ruhen die Versorgungsbezüge, solange der Versorgungsbe- *) richtig: § 159 1502* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 rechtigte 1. nicht Deutscher im Sinn des Art. 116 des Grundgesetzes ist oder 2. seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Ausland hat. Die oberste Dienstbehörde kann Ausnahmen von den Nummern 1 und 2 zulassen. Beide Vorschriften gelten sowohl für den Ruhestandsbeamten als auch für seine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen. Die Regelung ist durch die Entwicklung weitgehend überholt, und auf sie sollte verzichtet werden. Diese Frage wird zur Zeit in meinem Hause geprüft. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Baier (CDU/ CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 81) : Wieviel Rettungshubschrauber und an welchen Plätzen sind diese in der Bundesrepublik Deutschland stationiert? Mein Haus betreibt zur Zeit 3 Hubschrauber-Modellversuche. Die Maschinen sind seit Dezember 1971 in Köln, August 1972 in Frankfurt und Oktober 1972 in Hannover eingesetzt. Außerdem betreibt der ADAC in München ein Projekt, das nach den gleichen Grundsätzen organisiert ist. Es handelt sich um Hubschrauber des Typs BO 105 der MesserschmittBölkow-Blohm-Werke. Die Hubschrauber wurden für den Katastrophenschutz beschafft, stehen jedoch auch tagtäglich für den Einsatz im Rettungswesen zur Verfügung. Zu diesem Zweck sind sie an großen Kliniken stationiert. Im Rettungseinsatz gehören zur Besatzung außer dem Piloten, den der BGS stellt, ein Arzt und ein Sanitäter, die in Köln vom Malteser-Hilfsdienst, in Hannover von der Johanniter-Unfallhilfe und in Frankfurt von der Berufsfeuerwehr und einer dortigen Klinik gestellt werden. Alle Projekte werden vom ADAC betreut, dem gewisse Verwaltungsaufgaben übertragen wurden, so etwa die Verhandlungen mit den Krankenkassen über die Erstattung der Einsatzkosten oder die Erstellung der Einsatzstatistik. Die Maschinen haben sich als Ergänzung des bodenständigen Rettungsdienstes gut bewährt. Jede Maschine fliegt etwa 1000 Einsätze pro Jahr. 80 bis 100 Menschen je Station verdanken dabei jedes Jahr allein dem Einsatz des Hubschraubers ihr Leben. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 83 und 84) : Wie hoch schätzt die Bundesregierung die jährliche Steuereinbuße durch die sogenannte Verdieselung von Heizöl? Sieht die Bundesregierung in der Einfärbung von Heizöl eine Möglichkeit, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wenn ja. von wann an ist mit der Einfärbung zu rechnen? Die Bundesregierung schätzt den jährlichen Einnahmeausfall an Mineralölsteuer, der durch die mißbräuchliche Verwendung von Heizöl als Dieselkraftstoff entsteht, auf 200 bis 300 Millionen DM. Die Bundesregierung bereitet zur Zeit einen Gesetzentwurf zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes vor, durch den die Rotfärbung des Heizöls eingeführt werden soll. Außerdem sollen dem Heizöl chemische Indikatoren zugesetzt werden. Die Maßnahmen wären gegen den Heizölmißbrauch nach Auffassung der Bundesregierung wirksamer als alle bisher angewendeten. Überwachungsverfahren. Es dürfte sich eine entscheidende Verringerung des Heizölmißbrauchs ergeben, wie sie auch in den anderen europäischen Ländern eingetreten ist, die die Kennzeichnung bereits eingeführt haben (Großbritannien, Frankreich, Belgien, Österreich). Die Bundesregierung hat über den Gesetzentwurf noch nicht beraten. Die Beratung soll möglichst bald stattfinden. Anlage 57 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 85) : Wie vereinbart die Bundesregierung die vom Bundesfinanzminister am 15. März 1973 im Bundestag aufgestellte und im „Spiegel" vom 19. März 1973 wiederholte Behauptung, daß die gewaltigen Devisenzuflüsse des Februar und März durch die bisherigen Maßnahmen der Deutschen Bundesbank „bis auf einen ganz geringen Rest mühelos abgeschöpft würden", mit der entgegenstehenden Feststellung der Bundesbank in ihrem Märzbericht (Seite 6), daß die spekulativen Devisenzuflüsse aus finanziellen Transaktionen mit Nichtbanken annähernd zwei Drittel des Nettozugangs an Währungsreserven ausmachten und die „expansiven Effekte, die von den Mittelzuflüssen aus dem Ausland zu den Nichtbanken auf das Geldvolumen ausgehen, mit den kreditpolitischen Beschlüssen der Deutschen Bundesbank keineswegs unterbunden seien", also daß die Deutsche Bundesbank zumindest einen ganz erheblichen Teil der spekulativen Geldzuflüsse durch ihre Maßnahmen nicht abschöpfen könne? Die Äußerungen von Herrn Minister Schmidt stehen nicht im Widerspruch zu den Feststellungen der Deutschen Bundesbank in ihrem Monatsbericht März 1973. Herr Minister Schmidt hat in der Sitzung des Bundestages am 15. März 1973 dargelegt, daß die geld- und kreditpolitischen Maßnahmen der Bundesbank durchgreifen und im Bankenapparat aus den Devisenzuflüssen nur noch eine Zusatzliquidität von ca. 300 Millionen DM verblieben ist. Seine Berner-kung bezog sich also auf die Dollarbewegungen im Bankensektor. Die von Ihnen zitierten Stellen aus dem Märzbericht der Bundesbank betreffen dagegen den Nichtbanken-Bereich, also vor allem die Unternehmungen. Herr Minister Schmidt hat schon vor dem Bundestag darauf hingewiesen, daß dies ein anderer Punkt sei. Im übrigen beweist ein Blick auf die angespannte Lage am Markt für Tages- und Monatsgeld, daß die Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1503* von der Bundesbank ergriffenen Maßnahmen zur Liquiditätsabschöpfung tatsächlich die gewünschte Wirkung gehabt haben. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 86 und 87) : Hält die Bundesregierung an ihrer in einem Regierungsentwurf zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes in der 6. Legislaturperiode des Bundestags geäußerten Absicht fest, ärztliche Gruppenpraxen von der Mehrwertsteuerpflicht zu befreien? Wenn ja, was wird die Bundesregierung vorab konkret unternehmen, uni angesichts der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20. April 1972, wonach ärztliche Leistungen in sogenannten Apparate- und Praxisgemeinschaften — der bisher häufigsten Form ärztlicher Gruppenpraxen — im Gegensatz zu allen anderen ärztlichen Leistungen, z. B. in allen Einzelpraxen, der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen, nunmehr beschleunigt die Mehrwertsteuerfreiheit zu gewährleisten, um moderne Formen ärztlicher Berufsausübung nicht in einer Übergangszeit bis zur gesetzlichen Regelung unnötig zu behindern? Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß die Umsatzsteuerbefreiung für Ärzte auf die ärztlichen Praxis- und Apparategemeinschaften ausgedehnt werden soll. Sie hält eine entsprechende gesetzliche Regelung für besonders dringlich. Es ist beabsichtigt, noch in diesem Jahr gesetzgeberische Initiativen zu ergreifen. Die Frage, ob die Steuerbefreiung schon vor einer gesetzlichen Regelung im Verwaltungswege gewährt werden kann, wird zur Zeit noch zwischen dem Bundesfinanzministerium und den zu beteiligenden Finanzministerien der Länder erörtert. Ob es zu einer Vorabregelung kommen wird, kann ich nach dem gegenwärtigen Stand der Überlegungen noch nicht sagen. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Rollmann (CDU/CSU) (Drucksachen 7/433 Fragen A 88 und 89): Hält die Bundesregierung trotz anhaltender Inflation und trotz des Hinweises im Jahresgutachten 1972 des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, „daß die Besitzer von Geldvermögen zumindest in einigen Jahren keinen voller Ausgleich für Inflationsverluste mit der Nominalverzinsung erhalten haben" (Drucksache 7/2, S. 153), an der Auffassung des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen in der Fragestunde des Bundestags für den Monat August 1971 fest, „daß langfristiges Sparkapital nach wie vor Renditen erbringt, welche die gegenwärtige Steigerungsrate der Lebenshaltungskosten übersteigen"? Ist es nidit an der Zeit, Sparzinsen nur noch in dem Umfang zu besteuern, wie diese Sparzinsen höher sind als die jährliche Inflationsrate, weil die volle Besteuerung der Sparzinsen sonst weiterhin auf Kosten des Sparvermögens geht? Nach geltendem Recht kann die Geldentwertung bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften nur dann berücksichtigt werden, wenn die jährliche Geldentwertungsrate mindestens den Zinssatz für langfristiges Sparkapital übersteigt. Dies hat der Bundesfinanzhof mehrfach ausgesprochen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsprechung in seinem Beschluß vom 21. Januar 1969 (abgedruckt in der Höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung 1969, Seite 347) bestätigt. Der Zinssatz für die typische Anlageart langfristigen Sparkapitals — die Umlaufsrendite für festverzinsliche Wertpapiere — lag auch in den beiden letzten Jahren über der Steigerungsrate der Lebenshaltungskosten, und zwar im Jahr 1971 mit etwa 2,9 v. H. und im Jahr 1972 mit etwa 2,4 v. H. Die Feststellung aus dem August 1971, daß langfristiges Sparkapital nach wie vor Renditen erbringt, welche die gegenwärtige Steigerungsrate der Lebenshaltungskosten übersteigen, ist also auch heute gültig. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb nicht, die Steuern für Kapitaleinkünfte zu ermäßigen. Eine solche Ermäßigung wäre im übrigen nur gegen die Symptome der gegenwärtigen Preissteigerungen gerichtet. Die Bundesregierung hat mit ihren Beschlüssen vom 17. Februar 1973 dagegen die stabilitätspolitisch notwendigen Maßnahmen eingeleitet, um die Ursachen der Preissteigerungen zu bekämpfen. Sie wird diese Politik konsequent fortsetzen. Die Ergebnisse dieser Politik werden nicht zuletzt den Sparern zugute kommen. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 90 und 91): Was geschieht mit dem Konjunkturzuschlag, dessen Ruckzahlung laut Formular der Finanzämter „nicht mehr zulässig ist, wenn der Rückzahlungsanspruch nach dem 31. Dezember 1973 geltend gemacht wird !" ? Was unternimmt die Bundesregierung, um die bisher nicht zurückverlangten 210 Millionen DM aus dem Konjunkturzuschlag den Berechtigten zukommen zu lassen? Zu Frage A 90: Ich möchte zunächst sagen, daß die Bundesregierung selbstverständlich bemüht ist, den Konjunkturzuschlag in möglichst allen Fällen an die Berechtigten zurückzuzahlen. Nach dem geltenden Recht erlischt der Rückzahlungsanspruch allerdings dann, wenn er nicht bis zum 31. Dezember 1973 geltend gemacht worden ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung in ähnlichen Fällen jedoch nicht, wenn der Berechtigte die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht kannte und auch nicht kennen mußte. Diese Voraussetzung dürfte insbesondere bei ausländischen Arbeitnehmern zutreffen, die vor der Freigabe des Konjunkturzuschlags in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind. In solchen Fällen wird der Konjunkturzuschlag auch dann noch zurückgezahlt werden, wenn der Antrag nach dem 31. Dezember 1973 beim Finanzamt eingeht. 1504* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Ob und wie auch in anderen Fällen nach dem 31. Dezember 1973 gestellte Anträge berücksichtigt werden können, wird noch geprüft werden. Was mit dem restlichen Konjunkturzuschlag geschieht, der nicht zurückgezahlt werden kann, bedarf ebenfalls noch der Prüfung; eine Entscheidung hierüber ist noch nicht gefallen. Zu Frage A 91: Bei den Personen, denen der Konjunkturzuschlag nicht zurückgezahlt werden kann, wird es sich in der Hauptsache um Arbeitnehmer handeln, die im Zeitpunkt der Freigabe des Zuschlags nicht mehr beschäftigt waren, z. B. um ausländische Arbeiter, die bereits in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind. In diesen Fällen kann die Rückzahlung nur auf Antrag vorgenommen werden, weil der Finanzverwaltung die einzelnen Anspruchsberechtigten nicht bekannt sind. Auf das Erfordernis der Antragstellung und auf die am 31. Dezember 1973 ablaufende Frist ist die Öffentlichkeit durch Pressemeldungen, Ausgabe von Faltblättern, Übersendung von Merkblättern an die Arbeitgeber umfassend und nachdrücklich hingewiesen worden. Die Vertretungen der ausländischen Staaten, aus denen Arbeitnehmer im Bundesgebiet tätig sind, wurden einzeln angeschrieben und gebeten, in ihren Ländern für eine Unterrichtung der etwa in Betracht kommenden Arbeitnehmer zu sorgen. Diese Maßnahmen sollen einige Monate vor Ablauf der Antragsfrist wiederholt werden. Weitere Möglichkeiten stehen der Bundesregierung leider nicht zur Verfügung, weil — wie ich eben schon bemerkt habe — die einzelnen Anspruchsberechtigten und die Anspruchshöhe nicht bekannt sind. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Grobecker (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 92) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß es nach der Abwertung des Dollars um 10 % und der damit verbundenen Verbilligung der Rohölimporte nicht einem marktgerechten Verhalten der Mineralölkonzerne entspricht, wenn sie die von der Bundesregierung beschlossene Erhöhung der Mineralölsteuer in vollem Umfang auf die Benzinpreise überwälzt? Regulativ für das Preisniveau der Mineralölprodukte in der Bundesrepublik ist die jeweilige Wettbewerbslage. Dabei ist die Bundesregierung im Grundsatz der Auffassung, daß alle Möglichkeiten der Rationalisierung ausgeschöpft werden sollten, um Kostenerhöhungen aufzufangen, und daß Kostenminderungen an die Verbraucher weitergegeben werden sollten. Es ist allerdings sehr zweifelhaft, ob die Abwertung des US-Dollar zu einer dauerhaften Verbilligung der Rohölimporte und damit zu einer wirklichen Kostenminderung führen wird. Bereits bei der letzten Abwertung des Dollar ist es den Förderländern gelungen, im sogenannten Genfer Abkommen vom Januar 1972 eine Steigerung der Steuerverrechnungspreise für Rohöl um 8,47 % durchzusetzen. Auch im Augenblick sind die Förderländer dabei, Verhandlungen mit dem Ziel eines Ausgleichs der ihnen erwachsenen Kaufkraftverluste vorzubereiten. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 5. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. SchmittVockenhausen (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 95) : Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, darauf hinzuwirken, daß bei Veranstaltungen, die für wohltätige Zwecke durchgeführt werden, deutlich gemacht werden muß, ob und wieweit die Erlöse auch tatsächlich diesem Zweck nutzbar gemacht werden, z. B. durch eine offene Deklaration über die tatsächliche Abgabe an Wohlfahrtsverbände? Das Sammlungsrecht ist Teil des Ordnungsrechts und fällt daher nach dem Grundgesetz in die Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeit der Länder. Die Sammlungsgesetze aller Länder sehen vor, daß gewisse Sammlungen der Erlaubnis bedürfen und daß diese unter Auflagen erteilt werden können, die sich u. a. auf die Art und Weise der Sammlung und ihre Überwachung, auf die Verwendung des Sammlungsertrages, die Höhe der Unkosten und auf die Prüfung der Abrechnung beziehen können. In den Sammlungsgesetzen der meisten Länder ist darüber hinaus bestimmt, daß der Veranstalter nicht erlaubnispflichtiger Sammlungen der Überwachungsbehörde auf deren Verlangen die Auskünfte zu geben und die Unterlagen vorzulegen hat, die diese zur Überwachung der ordnungsgemäßen Durchführung der Sammlung und zur Prüfung der zweckentsprechenden, einwandfreien Verwendung des Sammlungsertrages nach pflichtgemäßem Ermessen für nötig hält. Auch hier sind Auflagen möglich. Die Bundesregierung hält es nicht für zweckmäßig, angesichts dieser Rechtslage im Sinne Ihrer Fragestellung auf die Länder einzuwirken. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schmidhuber (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 96) : Trifft es zu, daß der Vorsitzende des Vorstands der VEBA AG geäußert hat, daß die Zahl der VEBA-Volksaktionäre „zum Glück" stark zusammengeschmolzen sei, und wenn ja, teilt die Bundesregierung die in dieser Bemerkung zum Ausdruck kommende Beurteilung des Streubesitzes von Aktien? Der Vorstandsvorsitzende der VEBA hat sich zu folgendem Tatbestand geäußert: Auf Grund der starken Nachfrage nach VEBA-Aktien konnte 1965 nur Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1505* ein Betrag von jeweils nominell 200 DM zugeteilt werden. Depots dieser Größenordnung sind in der Verwaltung durch die Banken besonders kostenungünstig. Inzwischen hat sich der durchschnittliche Kleindepot-Bestand eines VEBA-Aktionärs bei entsprechendem Rückgang der Zahl der Aktionäre etwa verdoppelt. Damit ist auch die Depotverwaltung kostengünstiger geworden. Die VEBA hat mit 1,2 Millionen Aktionären nach wie vor die größte Zahl von Anteilseignern in der Bundesrepublik. Ihre stetige Dividendenpolitik und ihre Bemühungen um ihre Kleinaktionäre erweisen eine positive Haltung gerade gegenüber diesem Personenkreis. Im übrigen beurteilt die Bundesregierung die Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten am Produktivvermögen, die auch durch Aktienbesitz möglich ist, positiv. Sie hat diese Auffassung in der Regierungserklärung vom 18. Januar 1973 erneut bekräftigt. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schmidhuber (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 97): Ist die Bundesregierung auch nach den Vorgängen um die Entschädigung der Sparer der Bayerischen Wirtschaftsbank der Meinung, daß eine Einlagensicherung durch gesetzliche Regelung entbehrlich ist? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß eine gesetzliche Regelung der Einlagensicherung im Kreditgewerbe zur Zeit nicht in Betracht gezogen werden sollte. Eine solche Regelung der Einlagensicherung könnte sich nicht damit begnügen, den Banken allein den Anschluß an einen Haftungsfonds vorzuschreiben. Vielmehr müßte der Gesetzgeber dann einen umfassenden Ordnungsrahmen für die Einlagensicherung schaffen und womöglich sogar eine staatliche Stelle mit der Verwaltung betrauen. Ein solcher Schritt sollte zur Zeit nicht in Betracht gezogen werden. Von den über 7 000 Kreditinstituten sind bis auf ganz wenige bereits alle auf freiwilliger Basis einem Sicherungsfonds angeschlossen. Insbesondere alle Sparkassen und Kreditgenossenschaften, also die typischen Kreditinstitute des „Kleinen Mannes", gehören einem Sicherungsfonds an. Auch im Bereich des privaten Bankgewerbes gibt es nur noch wenige Institute mit einem nennenswerten Volumen an Spareinlagen, die bisher abseits stehen. Von einigen dieser Institute liegen dem Verband inzwischen Aufnahmeanträge vor; die restlichen wollen die Aufnahme in Kürze beantragen. Die seit 1969 auf Betreiben der Bundesregierung weiter ausgebaute freiwillige Einlagensicherung der Verbände des Kreditgewerbes entlastet den Staat von einem kostspieligen und schwerfälligen Verwaltungsapparat, der den Sparern im Ergebnis kaum einen umfangreicheren Schutz gewähren könnte als die bestehenden freiwilligen Einrichtungen. Die Bemühungen der Verbände, auch für die Kleinsparer bei der nicht der Einlagensicherung angeschlossenen Bayerischen Wirtschaftsbank eine befriedigende Lösung zu finden, zeigen, daß die Kreditwirtschaft den Gedanken des Sparerschutzes ernst nimmt. Anlage 65 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Urbaniak (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 98) : Treffen Pressemeldungen zu (vgl. Welt der Arbeit vom 16. März 1973), nach denen durch die „Verdieselung" von Heizöl der Staatskasse jährlich Millionen von Steuereinnahmen verlorengehen, und welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung dagegen zu ergreifen, nachdem in der Regierungserklärung der Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität angekündigt wurde? Es trifft zu, daß die Staatskasse durch die mißbräuchliche Verwendung von Heizöl als Dieselkraftstoff hohe Verluste erleidet. Die Bundesregierung schätzt den jährlichen Einnahmeausfall an Mineralölsteuer auf 200 bis 300 Millionen DM. Da das jetzige Überwachungsverfahren angesichts der über 10 Millionen Heizölverwender nicht mehr ausreicht, um die mißbräuchliche Verwendung des Heizöls wirksam zu bekämpfen, beabsichtigt die Bundesregierung, das Heizöl rot zu färben und ihm zwei chemische Indikatoren beizumischen. Hierdurch kann ein Mißbrauch als Treibstoff jederzeit rasch nachgewiesen werden. Wie die Erfahrungen anderer europäischer Länder (Großbritannien, Frankreich, Belgien, Österreich) zeigen, läßt die Kennzeichnung des Heizöls eine entscheidende Verringerung des Mißbrauchs erwarten. Die Bundesregierung wird so bald wie möglich eine entsprechende Änderung des Mineralölsteuergesetzes beraten. Anlage 66 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Scheu (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 100) : Ist die Bundesregierung bereit, angesichts der schrecklichen Verwüstungen, die der Krieg in Vietnam hinterlassen hat, den Weg einer zusätzlichen und wirksamen Aufbau- und Entwicklungshilfe für Nord- und Südvietnam durch die Einführung von Notopfermarken, ähnlich dem früheren Notopfer Berlin, zur Aufbringung der dafür notwendigen finanziellen Mittel in Betracht zu ziehen? Nach eingehender Prüfung des Sachverhalts muß ich Ihnen mitteilen, daß die Einführung einer Notopfermarke für Vietnam — ähnlich der Notopfer-marke Berlin — für alle Beteiligten erhebliche Nachteile hätte. Die Bundesregierung sieht sich deshalb nicht in der Lage, Ihrem Vorschlag — als solchen habe ich Ihre Frage verstanden — zu folgen. 1506* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Anlage 67 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schöfberger (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen A 101 und 102) : Hält die Bundesregierung angesichts der jüngsten Liquidationen der Bayerischen Wirtschaftsbank und der Bansa Bank, beide München, die gesetzlichen, personellen und technischen Voraussetzungen einer wirksamen Bankenaufsicht einschließlich des vorbeugenden Schutzes von Kleinsparern für ausreichend? Aus welchen Gründen ist die Bankenaufsicht nicht rechtzeitig eingeschritten, obwohl die Liquiditätsschwierigkeiten der genannten Banken seit über einem Jahr bekannt sind und in einer Zeitschrift für die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität publiziert wurden? Zu Frage A 101: Das Gesetz über das Kreditwesen stellt eine insgesamt ausgewogene Grundlage für eine Bankenaufsicht dar, die unserer Wettbewerbsordnung und den Erfordernissen des Rechtsstaates Rechnung trägt. Es kann nicht das Ziel der Bankenaufsicht sein, den Ausleseprozeß des Wettbewerbs in der Kreditwirtschaft völlig zu unterbinden, und deshalb können auch Bankinsolvenzen nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Immerhin ist es dem Bundesaufsichtsamt in seiner nunmehr 10jährigen Tätigkeit gelungen, die Zahl der offenen Insolvenzen auf ein Minimum zu beschränken. Von 105 Kreditinstituten, die in diesen 10 Jahren ihre Tätigkeit einstellen mußten, konnte der Großteil durch stille Abwicklung oder Übernahme liquidiert werden. Nur 17 Institute wurden durch Vergleichs- oder Konkursverfahren abgewickelt, davon 13 mit Spareinlagen. Nur bei einem Teil dieser offen liquidierten Bankinstitute mußten Einleger Verluste hinnehmen. Die Bundesregierung schließt nicht aus, daß das Kreditwesengesetz auf Grund der Erfahrungen, die inzwischen gesammelt worden sind, in einzelnen Punkten verbessert werden könnte. Auch dadurch ließe sich freilich kein absoluter Schutz für den Sparer erzielen. Ebenso würde eine großzügigere personelle Ausstattung des Aufsichtsamtes kaum mehr nutzen. Die Bundesregierung hält deshalb die seit dem Jahre 1969 ausgebauten Einrichtungen der Einlagensicherung für eine wichtige flankierende Maßnahme zum Schutz des Sparers. Zu Frage A 102: Beide Münchener Banken sind unabhängig von den in der Anfrage angesprochenen Zeitungsmeldungen seit Jahren vom Bundesaufsichtsamt intensiv überwacht worden. Das Amt hat auch zahlreiche Aufsichtsmaßnahmen gegen beide Institute verhängt. Es hat beispielsweise bei der Bayerischen Wirtschaftsbank darauf hingewirkt, daß dem Institut mehrfach neues Kapital zugeführt und ein personeller Wechsel in der Geschäftsleitung vollzogen wurde. Diese Eingriffe waren der gegebenen Situation angemessen und haben die Verhältnisse bei den Instituten zeitweise stabilisieren können. Die entscheidenden Verluste im Kreditgeschäft, die die Schließung erforderlich machten, sind erst in jüngster Zeit eingetreten oder jedenfalls erst durch Sonderprüfungen in neuester Zeit sichtbar geworden. Solche Ausfälle im Kreditgeschäft kann die Bankaufsicht nicht verhindern. Sie kann sie nur nachträglich feststellen und dann versuchen, die entstandenen Verluste durch Auffüllen des Kapitals ausgleichen zu lassen oder, falls dies nicht möglich ist, das notleidende Institut an ein besser strukturiertes Kreditinstitut anzulehnen. Alles dies ist in den vorliegenden Fällen vergeblich versucht worden. Die Schließung eines Instituts kann nach dem Gesetz immer nur als letzte Maßnahme in Frage kommen. Anlage 68 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 103) : Treffen Verlautbarungen zu, wonach die Bundesregierung die in der vergangenen Wahlperiode nicht mehr verabschiedete Umsatzsteuernovelle (Drucksache VI /2817) nicht wieder einbringen will, und welche Gründe haben gegebenenfalls die Bundesregierung veranlaßt, von einer Umsatzsteuernovellierung abzusehen, und ist demnach in dieser Wahlperiode auch mit dringend notwendigen Änderungen auf dem Gebiet der Umsatzsteuer nicht mehr zu rechnen? Es trifft zu, daß die Bundesregierung nicht beabsichtigt, den in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr verabschiedeten Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (BT-Drucksache VI /2817) den gesetzgebenden Körperschaften in unveränderter Form erneut vorzulegen. Hierfür ist die Überlegung maßgebend, daß die Kommission der Europäischen Gemeinschaften dem Rat in absehbarer Zeit einen neuen Richtlinienentwurf zur Harmonisierung der Umsatzsteuer vorlegen wird, der voraussichtlich eine Reihe von Änderungen des Umsatzsteuergesetzes erforderlich machen wird. Es erscheint der Bundesregierung sinnvoll, diese Richtlinien abzuwarten, um die Änderungen des Umsatzsteuergesetzes von vornherein an die neue Richtlinie anpassen zu können. Einige besonders dringliche Änderungen des Umsatzsteuergesetzes werden allerdings vorweg verwirklicht werden müssen. Es ist beabsichtigt, noch in diesem Jahr entsprechende gesetzgeberische Initiativen zu ergreifen. Anlage 69 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 104) : Hat die Bundesregierung eine positive Zusage von der US-amerikanischen Regierung erhalten, daß die durch die Dollarabwertung und die Aufwertung der Deutschen Mark geminderten Mittel zur Entlohnung der deutschen Arbeitnehmer Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1507* bei den US-Streitkräften ausgeglichen werden und kein Beschäftigungsrisiko für diesen Personenkreis entsteht, und ist die Bundesregierung im Interesse der beunruhigten Betroffenen gegebenenfalls bereit, eine solche Zusage einzuholen? Eine Änderung der Währungsparität zwischen dem US-Dollar und der Deutschen Mark berührt die Entlohnung der Arbeitnehmer bei den US-Streitkräften im Gebiet der Bundesrepublik nicht. Die Arbeitnehmer haben aufgrund der bestehenden Tarifverträge und ihrer Einzelarbeitsverträge einen Rechtsanspruch auf ihre Vergütung. Einer besonderen „Zusage", diese Rechtsansprüche zu erfüllen, bedarf es nicht. Auch in diesem Jahr sind die Tariflöhne und Gehälter für die Arbeitnehmer bei den verbündeten Streitkräften in dem gleichen Umfang erhöht worden wie die Tarifsätze in der vergleichbaren gewerblichen Wirtschaft. Anlage 70 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage ,des Abgeordneten Dr. Fuchs (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 105) : Welche Entwicklung der Wohnungsmietpreise und der Belastung für Eigenheim- und Eigentumswohnungsbesitzer ab 1. Januar 1974 sieht die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Grundsteuerreform, und denkt sic an gesetzliche Maßnahmen, gegebenenfalls an welche? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Grundsteuerreform — wenn überhaupt — nur geringe Auswirkungen auf die Wohnungsmieten ab 1. Januar 1974 haben wird. Allenfalls sind Mietsteigerungen in Höhe von 1 v. H. zu erwarten. Nach den anhand von Einzelfällen durchgeführten Berechnungen ist bei Gebäuden, die bis zum 20. Juni 1948 bezugsfertig geworden sind, sogar damit zu rechnen, daß eine Minderung der Grundsteuerbelastung zwischen 10 und 20 v. H. eintritt. Bei Bauten, die ab dem 21. Juni 1948 bezugsfertig geworden sind, dürfte die durchschnittliche Mehrbelastung mit Grundsteuer etwa 6 v. H. betragen, was zu einer Mietsteigerung von höchstens 0,3 v. H. führen könnte. Entsprechende Auswirkungen werden bei Eigentumswohnungen eintreten, weil diese bewertungsrechtlich wie Mietwohngrundstücke behandelt werden. Bei Einfamilienhäusern wird die Mehrbelastung wegen der ermäßigten Meßzahl im Bundesdurchschnitt — bezogen auf die Jahresrohmiete — etwa 0,5 v. H., bei Zweifamilienhäusern etwa 0,3 v. H. betragen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß bei einzelnen Grundstücken, bei denen die Einheitswerte überproportional gestiegen sind, auch einmal höhere Grundsteuerbelastungen eintreten können, die sich indessen in tragbaren Grenzen halten werden. Angesichts dieser auf dem Zahlenmaterial des Statistischen Bundesamts beruhenden Ergebnisse hält die Bundesregierung gesetzliche Maßnahmen nur insoweit für erforderlich, um die Umlegung der höheren Belastungen auf die Mieten zu ermöglichen. Anlage 71 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 106) : Welche gesetzlichen oder sonstigen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um Veranstalter von Auslandsferienreisen zu veranlassen, Preisermäßigungen, die sich aus der Veränderung der Währungsrelationen ergeben, ihren Kunden zugute kommen zu lassen, die diese Reisen auf Grund der alten Kursverhältnisse im allgemeinen in deutscher Währung bezahlt haben? An jede Erhöhung des Außenwertes der D-Mark knüpfen die Touristen verständlicherweise die Erwartung, daß die Reiseveranstalter ihre Preise für Auslandsreisen unverzüglich den veränderten Relationen anpassen, auch für bereits gebuchte, aber noch nicht durchgeführte Reisen. Bei verbindlich zustande gekommenen Reiseverträgen haben die Touristen darauf allerdings keinen Rechtsanspruch. Die Reiseveranstalter sind den Erwartungen ihrer Kunden dennoch in der Vergangenheit weitgehend entgegengekommen, sofern die aus der DM-Paritätsänderung sich ergebenden Kostenminderungen in einem angemessenen Verhältnis zum Mehraufwand für die nachträgliche Änderung ihrer Preiskalkulation standen. Das ist nicht immer der Fall, vor allem dann nicht, wenn sich eine nennenswerte Kosten- und Preisermäßigung nur für einen geringen Teil des Gesamtgeschäftes eines Reiseveranstalters ergeben würde. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Reiseveranstalter auch in Zukunft die durch Paritätsänderung der D-Mark erlangten Kostenvorteile soweit wie möglich an ihre Kunden weitergeben werden. Dazu dürfte sie schon der Wettbewerb veranlassen. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr.-Ing. Oetting (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 109): Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit die für 24 Millionen DM in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig bis Ende des Jahres betriebsbereite Neutronendosimetrie fachgerecht in Betrieb genommen werden kann? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Neubau für die Neutronendosimetrie von Anfang an fachgerecht in Betrieb genommen werden kann. Sie stützt sich dabei auf folgenden Sachverhalt: Der Präsident der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig hat den künftigen Per- 1508* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 sonalbedarf für die Gruppe Neutronendosimetrie am 27. Februar 1967 auf 19 Bedienstete beziffert; darunter sollten 6 Wissenschaftler sein. Hierfür sind der Bundesanstalt in den Haushaltsjahren 1968 bis 1971 zwar nur 11 neue Planstellen und Stellen, davon 5 des höheren Dienstes, zugebilligt worden. Die Anstalt hat es aber gezwungenermaßen verstanden, die Neutronendosimetrie vorübergehend zu Lasten anderer Gruppen der Abteilung „Atomphysik" nochmals um 11 Stellen zu verstärken. Diese Lösung ist nicht auf Dauer bestimmt; sie ermöglicht es aber, den Betrieb der Neutronendosimetrie in dem anfangs vorgesehenen Umfang anlaufen zu lassen. Die Bundesregierung wird prüfen, ob eine vorzeitige Bereitstellung der für den Endausbau des gesamten Projektes bis 1977 benötigten weiteren Stellen notwendig ist. Im übrigen erwartet die Bundesregierung die Inbetriebnahme dieser Einrichtung erst Anfang 1974. Anlage 73 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Ahrens (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 110) : In welchem Umfang sind Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten von Kraftfahrzeugen seit 1965 gestiegen? Amtliche Erhebungen über die Entwicklung der Anschaffungspreise und Unterhaltungskosten für Kraftfahrzeuge werden vom Statistischen Bundesamt im Rahmen der Berechnung des Lebenshaltungsindex durchgeführt. Sie beziehen sich daher nur auf solche Kraftfahrzeuge, die für die private Nutzung geeignet sind, also in erster Linie auf Personenkraftwagen, zum geringeren Teil auch auf Kombi-Kraftfahrzeuge und Motorräder. Danach lagen die Anschaffungspreise für Kraftfahrzeuge im Februar 1973 um 23,1 °/o höher als im Durchschnitt des Jahres 1965. Im gleichen Zeitraum sind die Unterhaltungskosten um 35,1 °;'o gestiegen. Dabei wurde vor allem die Entwicklung der Preise für Kfz-Reparaturen, KfzPflege, Bereifungen, Kraftstoffe, verschiedene Zubehörteile sowie Garagenmiete, Kfz-Haftpflichtversicherung und Kfz-Steuer berücksichtigt. Anlage 74 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Sick (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 111): Stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß durch den Anschluß Dänemarks an die EWG im angrenzenden deutschen Wirtschaftsraum, dem Landesteil Schleswig, fühlbare Wettbewerbsverzerrungen zu befürchten sind, durch welche die in diesem Gebiet vorhandene Strukturschwäche noch verstärkt werden könnte, und ist die Bundesregierung bereit und in der Lage, durch gezielte Maßnahmen die Wirtschaftskraft dieses Grenzraums, im Zweifel besonders die Teile, die nicht zum Zonenrandgebiet gehören, zu stärken, um der negativen Entwicklung entgegenzutreten? Der gesamte Grenzraum zu Dänemark ist Gegenstand der regionalen Wirtschaftspolitik im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Das Regionale Aktionsprogramm „Schleswig-Unterelbe" sieht für die Jahre 1973 bis 1976 die Förderung von Investitionen in Höhe von 577 Millionen DM, die Schaffung von 12 000 Arbeitsplätzen und die Sicherung von 13 800 Arbeitsplätzen vor. Die vorgesehenen Maßnahmen werden die Wirtschaftskraft dieses Raumes weiter stärken. Im übrigen glaubt die Bundesregierung, daß sich der Beitritt Dänemarks zur Europäischen Gemeinschaft auch hier positiv auswirken wird. Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Marx (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 112) : Hat die Bundesregierung bei den Handelsgesprächen während der Leipziger Messe darauf geachtet, daß der Handel zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland auch das Land West-Berlin umfaßt, oder war sie bereit, der erneut und wiederholt vorgetragenen Ost-Berliner Forderung zu entsprechen, den sogenannten Handel zwischen der DDR und Berlin (West) von jenem mit der Bundesrepublik Deutschland getrennt zu halten? Alle Gespräche, die sich auf den Handel mit der DDR beziehen — und somit auch die in Leipzig geführten — dienen der Abwicklung des Abkommens über den innerdeutschen Handel, das Berlin (West) voll erfaßt. Die Regierung der DDR hat die Bundesregierung im übrigen nicht aufgefordert, den Handel mit der Bundesrepublik Deutschland und mit Berlin (West) getrennt zu halten. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 113) : Trifft die Meldung im „Platow-Brief" vom 28. März 1973 zu, daß im Bundesministerium für Wirtschaft die Meinung vertreten wird, im Laufe des Jahres 1973 werde sich die jetzige Preissteigerungsrate von 6,8 % (Februar) — vor allem wegen der konjunkturpolitisch weit überhöhten Staatsausgaben — voraussichtlich auf 8,2 % erhöhen? Die Meldung im Platow-Brief Nr. 36 vom 28. März 1973, wonach im Bundeswirtschaftsministerium wegen der Expansion der Länderhaushalte mit einer (j ahresdurchschnittlichen) Preissteigerungsrate für 1973 in Höhe von 8,2 % gerechnet wird, trifft nicht zu. Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1509* Wie aus dem Jahreswirtschaftsbericht zu ersehen ist, hält die Bundesregierung bei einem entsprechenden Verhalten aller Beteiligten eine Begrenzung der Verbraucherpreisentwicklung auf eine Jahresdurchschnittsrate von 5 1/2 bis 6 % für möglich. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Meinike (Oberhausen) (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 114) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk über die vorgeschlagene „Gemeinschaftsaktion für das ganze Ruhrgebiet", und denkt sie gegebenenfalls an eine Aufnahme in den Bundesrahmenplan zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur? Der Bundesregierung ist die Auffassung des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk über eine Gemeinschaftsaktion für das ganze Ruhrgebiet bisher offiziell nicht bekannt. Sie weist jedoch darauf hin, daß sie bei der Aufstellung des 1. Rahmenplans der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" für die Jahre 1972 bis 1975 dem Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen auf Aufnahme des nördlichen Ruhrgebietes und des Westmünsterlandes in die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" zugestimmt hat. Das Regionale Aktionsprogramm „Nördliches Ruhrgebiet-Westmünsterland" wurde ebenso wie sämtliche anderen Regionalen Aktionsprogramme auch unverändert in die Fortschreibung übernommen. Zur Zeit überprüft der Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" mit wissenschaftlicher Unterstützung die Abgrenzung der Fördergebiete. Dabei wird selbstverständlich auch das ganze Ruhrgebiet in die Überlegungen mit einbezogen. Die Abgrenzungsergebnisse werden im Herbst 1973 vorliegen, sie sollen der Fortschreibung des Rahmenplans für die Jahre 1974 bis 1977 zugrundeliegen. Im Augenblick ist es daher noch nicht möglich, über die Einbeziehung bestimmter Gebiete in die Förderung etwas auszusagen. Anlage 78 Antwort des Bundesministers Ertl vom 11. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Gallus (FDP) (Drucksache 7/433 Fragen A 115 und 116) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die Begrenzung des Holzeinschlags auf Grund der Sturmkatastrophen in Niedersachsen die Sägewerke in Baden-Württemberg in wenigen Wochen vor Versorgungsschwierigkeiten mit Rundholz stehen? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit genügend Holz aus Niedersachsen den Sägewerken in Süddeutschland zur Verfügung gestellt wird, oder wäre es möglich, weitere Kontingente für den Holzschlag freizugeben, falls die Lieferungen aus Niedersachsen weiterhin ausbleiben? Zu Frage A 115: Der Bundesregierung ist bekannt, daß in den letzten Wochen vereinzelt und regional vorübergehend Versorgungsengpässe entstanden sein können, die durch die Schneelage verursacht sind. Die Betriebe in Baden-Württemberg sind noch durchschnittlich für zwei Monate mit Rohholz versorgt. Das Einschlagsprogramm ist bis Ende März fast wie in normalen Jahren erfüllt worden, die Verkaufsmengen für Fichten /Tannen-Stammholz liegen jedoch über denen des Vorjahres. Im übrigen kann der Holzeinschlag noch weiter zügig fortgesetzt werden, da die veranschlagte Grenze von 80 % der Normaleinschläge noch nicht erreicht ist und auch normalerweise erst Ende Juni erreicht wird. Zu Frage A 116: Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung vom 28. März 1973 beschlossen, für die Beseitigung der Sturmkatastrophe für 1973 35 Millionen DM bereitzustellen. Dieser Betrag soll nur dem privaten Waldbesitz zufließen, und zwar insbesondere als Zuschuß zu den erhöhten Kosten der Verbringung des Holzes in andere Bundesländer. Die Bundesregierung ist darauf vorbereitet, erforderlichenfalls die Verordnung über die Einschlagsbeschränkung je nach Marktsituation kurzfristig zu ändern. Anlage 79 Antwort des Bundesministers Ertl vom 11. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Groß (FDP) (Drucksache 7/433 Fragen A 117 und 118) : Sieht die Bundesregierung eine rechtliche Möglichkeit, die Einfuhr von Fellen von Großkatzen (Löwen, Tigern, Leoparden, Jaguaren etc.) in die Bundesrepublik Deutschland zu untersagen? Beabsichtigt die Bundesregierung, falls eine solche gesetzliche Grundlage vorhanden ist, dem Vorbild anderer Länder der Europäischen Gemeinschaft zu folgen, ein solches Einfuhrverbot auszusprechen? 1. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehen noch keine rechtlichen Handhaben, die Einfuhr von Fellen von Großkatzen zu verbieten. 2. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber am 3. März 1973 in Washington mit 20 anderen Staaten eine Konvention über den internationalen Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten unterzeichnet. Ziel der Konvention ist es, vom Aussterben bedrohte Arten zu erhalten. Da die Gefahr des Aussterbens sich meist auf Grund von Handelsinteressen ergibt, ist die in der Konvention vorgesehene Kontrolle des grenzüberschreitenden Handelsverkehrs ein wirksames Mittel, dieser Gefahr zu begegnen. Die Konvention enthält als Anlage umfangreiche Listen von bedrohten Tier- und Pflanzenarten, die zum überwiegenden Teil in außereuropäischen Län- 1510* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 dern heimisch sind, darunter auch die meisten Großkatzen, u. a. Tiger, Leopard, Jaguar, Gepard und Ozelot. Der Löwe gilt nach internationaler Meinung z. Z. nicht als bedrohte Art. Bei einem großen Teil der von der Konvention betroffenen Arten, auch bei den genannten Großkatzen, sind die vorgesehenen Handelsbeschränkungen so stark, daß ein internationaler Handel auf wenige Ausnahmefälle beschränkt ist. Das gilt nicht nur für die Tiere und Pflanzen selbst, sondern beispielsweise auch für Felle und Pelzwaren. 3. Die Konvention bedarf der Ratifizierung. Die Bundesregierung wird dem Bundestag zu gegebener Zeit einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. 4. In der Bundesrepublik Deutschland sind Einfuhrbeschränkungen nur über entsprechende Regelungen in der Einfuhrliste zum Außenwirtschaftsgesetz möglich, die einer besonderen Rechtsgrundlage bedürfen. Die Ratifizierung der Konvention würde eine entsprechende Änderung der Einfuhrliste ermöglichen, da § 5 des Außenwirtschaftsgesetzes eine Änderung zuläßt, wenn es zur Erfüllung von Verpflichtungen aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen erforderlich ist. Anlage 80 Antwort des Bundesministers Ertl vom 11. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Geldner (FDP) (Drucksache 7/433 Frage A 119) : Welche Aussichten bestehen, daß speziell die Kartoffeln, die ja an der Spitze der Teuerung bei Lebensmitteln liegen, in nächster Zeit wieder billiger werden, und wann und in welchem Maße wird das etwa sein? Die Entwicklung der Preise für Speisekartoffeln läßt sich gegenwärtig noch nicht genau voraussagen, weil bei Kartoffeln weitgehend Angebot und Nachfrage die Preise bestimmen und die Marktzufuhren an Frühkartoffeln Jahr für Jahr je nach Anbauumfang, Erntehöhe und Witterungslage im In- und Ausland sehr unterschiedlich sein können. Die Marktversorgung in nächster Zeit wird zunehmend vom Frühkartoffelangebot bestimmt. Das Angebot ist — klimatisch bedingt — bis Ende Mai allein vom Umfang der Importe abhängig. Ende Mai/ Anfang Juni setzt die deutsche Frühkartoffelernte ein. Erfahrungsgemäß gehen die Preise im Verlauf der Frühkartoffelsaison stetig und erheblich zurück. Mit einer derartigen Preisentwicklung ist auch in diesem Jahr zu rechnen. Da 1973 in wichtigen Exportländern die Anbauflächen für Frühkartoffeln ausgeweitet worden sind und auch für das Bundesgebiet nach vorläufigen Erhebungen meines Ministeriums eine Ausdehnung um ca. 61)/o gegenüber dem Vorjahr beabsichtigt ist, kann bei entsprechendem Ernteergebnis und günstigen Witterungsbedingungen ein verstärktes Angebot erwartet werden, was sich auch auf die Entwicklung der Verbraucherpreise günstig auswirken dürfte. Anlage 81 Antwort des Bundesministers Ertl vom 11. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kiechle (CDU/ CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 120) : Sind der Bundesregierung die Angaben der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierschutz e. V. „Komitee gegen den Vogelmord" bekannt, wonach trotz vieler Proteste im In- und Ausland in Italien im Herbst 1972 allein für die Lombardei 176 neue Vogelfangzentren genehmigt, für die jetzige Jagdperiode (August 1972 bis April 1973) in den Regionen Reggio (Calabrien) und Messina 20 000 Lizenzen für Fang und Abschuß von Greifvögeln ausgegeben wurden, in der Region Friuli Venezia Giulia 1274 Vogelfangzentren in vollem Betrieb sind und in der Region Alto Adige ca. 4000 Tarnhütten dem Vogelmord dienen, und wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, mit der italienischen Regierung Gespräche aufzunehmen, um Maßnahmen zur Unterstützung des Kampfes der deutschen und italienischen Naturschützer gegen diese ungeheuerlichen und unverantwortlichen Eingriffe in das biologische Gleichgewicht der Natur und, angesichts der Tötungsmethoden mit Netzen und Massenabschuß mit Schrot und Spezialkanonen, auch tierquälerischen Methoden zu ergreifen, um eine rapide Vermehrung von Schadinsekten in der Bundesrepublik Deutschland zu verringern bzw. abzuwenden? Der Bundesregierung sind die von Ihnen zitierten Angaben der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierschutz e. V. „Komitee gegen den Vogelmord" bekannt. Ich habe vor kurzem Herrn Minister Natali auf dieses Problem angesprochen und mit Nachdruck auf die ernsten Sorgen hingewiesen, die die Bundesregierung wegen der Gefährdung des ökologischen Gleichgewichts durch die Tötung von Vögeln in großem Umfang hegt. Ich habe dabei auch auf die wachsenden Proteste seitens der Bevölkerung und der Fachexperten in der Bundesrepublik hingewiesen. Herr Minister Natali hat darauf geantwortet, daß die italienische Regierung das Problem erkannt habe und ebenfalls sehr ernst nehme. Deshalb habe sie Anfang dieses Jahres einen Gesetzentwurf eingebracht, der das Fangen und Töten von Vögeln grundsätzlich unterbinden soll. Die Bundesregierung wird das Problem weiterhin mit Aufmerksamkeit verfolgen und nicht müde werden, ihren Einfluß in gebührendem Maße geltend zu machen, um die Angelegenheit einer zufriedenstellenden Lösung zuzuführen. Anlage 82 Antwort des Bundesministers Ertl vom 11. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 121) : Trifft es zu, daß die vom Planungsausschuß für die „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" beschlossenen Grundsätze auf Grund der Richtlinie 159 /72/ EWG und des daraus begründeten Einspruchs der EG-Kommission geändert werden müssen, und welche weiteren Auswirkungen hat diese Richtlinie auf das einzelbetriebliche Förderungsprogramm für die deutsche Landwirtschaft? Es ist zutreffend, daß die Grundsätze für die Förderung von einzelbetrieblichen Investitionen in der Land- und Forstwirtschaft geändert werden. Die Kommission der EG hat zu dem Entwurf der Grundsätze im Dezember 1972 eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Der Planungsausschuß hatte des- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1511* halb beschlossen, bis zum 20. April die in 1972 angewendeten Richtlinien als Förderungsgrundsätze gelten zu lassen. Am 20. April 1973 treten neue Grundsätze in Kraft, die eine kontinuierliche Förderung gestatten. Diese Grundsätze bringen für die Landwirtschaft sowohl Erleichterungen als auch Erschwernisse mit sich. Ich werde dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Deutschen Bundestages im Mai 1973 darüber einen Bericht geben. Anlage 83 Antwort des Bundesministers Ertl vom 11. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Simpfendörfer (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 122) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, auf das ungewöhnlich starke Ansteigen der Fischmehlpreise Einfluß zu nehmen und den Bedarf an Eiweißfuttermitteln auf die Dauer zu angemessenen Preisen sicherzustellen? Mir ist bekannt, daß der seit Mitte vorigen Jahres im Handel fühlbare Mangel an Fischmehl zur Verwendung als tierisches Eiweißfuttermittel zu einer erheblichen Verteuerung dieses Erzeugnisses geführt hat. Zur Abhilfe und Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung der Schweinebestände mit normen-gemäßen Mischfuttermitteln — hier Eiweißkonzentrate für Schweine mit einem Mindestgehalt an Rohprotein von 46 v. H. — hat sich mein Haus bereits im Oktober 1972 nach Anhörung der Wirtschaftsverbände und der Gutachterkommission für Futtermittel in Anpassung an die bestehende Marktsituation bereit erklärt, Anträgen auf Erteilung von Sondergenehmigungen nach § 6 Abs. 2 Futtermittelanordnung für ein sog. „Eiweißreiches Ergänzungsfuttermittel für Schweine" unter bestimmten Voraussetzungen zu entsprechen. Die Zulassung des neuen eiweißreichen Ergänzungsfuttermittels für Schweine mit einem herabgesetzten Mindestgehalt an Rohprotein auf 36 v. H. ermöglicht es der Mischfutterindustrie, die Landwirtschaft zur ordnungsgemäßen Versorgung der Schweinebestände auch ohne oder nur mit geringen Mengen des z. Z. teueren Fischmehls mit einem Ergänzungsfutter zu beliefern. Darüber hinaus ist vorgesehen, den oben genannten Mischfuttertyp in die Normentafel für Mischfuttermittel im Entwurf einer Sechsten Durchführungsverordnung zum Gesetz zur Änderung futtermittelrechtlicher Vorschriften vom 3. September 1968 (BGBl. I S. 990), deren Verabschiedung noch im Sommer dieses Jahres angestrebt wird, aufzunehmen. Inzwischen lassen im übrigen Verlautbarungen in der Fachpresse erkennen, daß nach einer zehnmonatigen Zwangspause der Industriefischfang vor der Küste von Peru wieder aufgenommen worden ist und mit verstärkten Anlieferungen von Fischmehl bald gerechnet werden kann. Ich hoffe, daß sich hierdurch der Fischmehlpreis wieder normalisieren wird. Anlage 84 Antwort des Bundesministers Ertl vom 5. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Susset (CDU/ CSU) (Drucksache 7/433) Frage A 123) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die nach dem Gesetz vom 1. September 1969 angestrebte Gründung von forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen sich wegen der gegenüber Forstbetrieben bestehenden erheblichen steuerlichen Mehrbelastung nicht in dem notwendigen Umfang vollzogen hat, daß weiter die bereits gebildeten Forstbetriebsgemeinschaften aus dein gleichen Grund die ihnen vom Gesetzgeber gesetzten Ziele nicht haben erreichen können, und ist die Bundesregierung bereit, alsbald einen Gesetzentwurf einzubringen mit dem Ziel, die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse steuerlich den Forstbetrieben, besonders hinsichtlich der Mehrwertsteuer, mindestens gleichzustellen? Wie schon in der Beantwortung der Kleinen Anfrage im vorigen Jahre (Drucksache VI /3255) dargelegt, haben die Land- und Forstwirte in der verhältnismaßig kurzen Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse vom 1. 9. 1969 in einem nicht unbefriedigenden Maße Zusammenschlüsse gebildet. Die bereits gebildeten Forstbetriebsgemeinschaften erfüllen nach Auffassung der Bundesregierung auch die vom Gesetzgeber gestellten Aufgaben. Im Entwurf eines 2. Steuerreformgesetzes hat die Bundesregierung für land- und forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse weitere Befreiungen von der Gewerbesteuer vorgeschlagen. Hiernach sollen auch Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Vereine, die Dienst- und Werkleistungen im Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Mitgliedsbetriebe ausführen, von der Gewerbesteuer befreit werden. Darüber hinaus soll eine Befreiung für Produktionsgenossenschaften und Produktionsvereine, deren Tätigkeit sich auf die Land- und Forstwirtschaft beschränkt und bei denen rein kapitalistische Beteiligungen ausgeschlossen sind, gewährt werden. Der Entwurf eines 2. Steuerreformgesetzes liegt z. Z. dem Finanzausschuß des Bundestages zur Beratung vor. Im Entwurf des 2. Steuerreformgesetzes ist weiter vorgesehen, bei der Vermögensteuer unter Aufrechterhaltung der für land- und forstwirtschaftliche Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften bestehenden persönlichen Befreiung zusätzlich eine Befreiung für die auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft tätigen Dienst- und Werkleistungskooperationen einzuführen. Außerdem soll für Produktionsgenossenschaften und Produktionsvereine unter bestimmten Voraussetzungen für die Dauer von 10 Jahren ein Freibetrag von 100 000 DM gewährt werden. Die Bundesregierung beabsichtigt, auch bei der Körperschaftsteuer in Anlehnung an die für die Vermögensteuer vorgeschlagene Regelung für land- und forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse eine persönliche Befreiung zu gewähren. 1512* Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Hinsichtlich der Mehrwertsteuer will die Kommission der Europäischen Gemeinschaften dem Rat in Kürze den Entwurf einer Richtlinie zur weiteren Harmonisierung der Umsatzsteuer vorlegen. In dieser Richtlinie soll u. a. auch einheitlich geregelt werden, für welche Unternehmer das steuerliche Pauschalierungsverfahren angewendet werden darf. Vor einer innerstaatlichen Entscheidung der Frage, ob forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse zum Zweck der Gleichstellung mit Forstbetrieben in die Pauschalierungsregelung unseres Gesetzes einzubeziehen sind, sollte daher auf jeden Fall zunächst die weitere Entwicklung der Harmonisierung abgewartet werden. Die erwähnte neue Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuern wird voraussichtlich eine Reihe von Änderungen unseres Gesetzes erforderlich machen. Die Bundesregierung hält es daher für richtig, gesetzgeberische Maßnahmen bei der Umsatzsteuer ganz allgemein zurückzustellen und zunächst diese Richtlinie ,abzuwarten, um Änderungen unseres Umsatzsteuerrechts von vornherein an die Richtlinie anzupassen. Nur einige wenige, ganz besonders dringliche Änderungen werden vorab verwirklicht werden müssen. Hierzu kann man das von Ihnen angesprochene Anliegen bei Anlegung eines so strengen Maßstabes nicht rechnen. Anlage 85 Antwort des Bundesministers Ertl vom 11. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 124) : Welche Haltung nimmt die Bundesregierung nunmehr nach dem jetzigen Stand der EWG-Agrarpreis- und Währungsausgleichsverhandlungen unter Berücksichtigung ihrer Antwort auf meine mündliche Frage vom 22. März 1973, 23. Sitzung, ein, nachdem der Währungsverlustausgleich (Grenzausgleich) für die deutsche Landwirtschaft mit den Preiserhöhungsvorschlägen kompensiert werden soll? Die Bundesregierung vertritt weiter die Auffassung, daß die Währungsfragen nicht mit den Preisbeschlüssen verknüpft werden dürfen. Diese Haltung hat sie im Rat der EG am 26./27. März 1973 in Brüssel mit Nachdruck vorgetragen. Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schedl (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 125) : Teilt die Bundesregierung die kürzlich öffentlich geäußerte Auffassung im Zusammenhang mit der Grenze und der Mauer in Berlin ,Aber die Menschen empfinden die Grenzen in ihren Familien und ihrem Privatleben nicht mehr", und wenn ja, wie begründet sie eine solche Auffassung angesichts des Fortbestehens des Schießbefehls, der Errichtung von Selbstschußanlagen und der Einführung neuer Schikanen zur Verhinderung der Begegnung von Menschen im geteilten Deutschland? Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß sich die Menschen in den beiden Staaten mit der Trennung abgefunden haben. Ebensowenig hat sich die Bundesregierung mit den bestehenden Anormalitäten abgefunden. Ihre Vertragspolitik dient dem Ziel, die Verhältnisse schrittweise zu verbessern und insbesondere die Kommunikation zwischen den Menschen zu erleichtern. Sollten Sie in Ihrer Anfrage auf die Äußerung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin vom 16. 3. 1973 abzielen, so weise ich darauf hin, daß der von Ihnen zitierte Absatz aus dem Zusammenhang eines längeren Interviews gerissen ist. Aus dem Gesamttext ergibt sich, daß der Regierende Bürgermeister die hier angeschnittenen Probleme genauso beurteilt wie die Bundesregierung. Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 4. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Windelen (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 126 und 127): Ist das 1968 angeregte, vom damaligen Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit dankbar begrüßte und vom damaligen Bundesaußenminister grundsätzlich zugesagte Memorandum an die Vereinten Nationen über die Frage der Menschenrechte in Deutschland inzwischen fertiggestellt, gegebenenfalls warum nicht, und wieviel Zeit wird dafür noch benötigt? Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung bisher davon abgesehen, das zugesagte Memorandum zu überreichen, obwohl ihre Deutschland- und Ostpolitik weder für die jenseits von Oder und Neiße noch für die in der DDR lebenden deutschen Staatsbürger die Verwirklichung der Menschenrechte durchgesetzt hat? Zu Frage A 126: Das in der Frage erwähnte Memorandum über die menschenrechtliche Lage in Deutschland war nach Form und Darstellung für das Menschenrechtsjahr der Vereinten Nationen 1968 bestimmt. Durch den Ablauf des Menschenrechtsjahres vor Fertigstellung der Arbeiten kam es nicht mehr zum Abschluß dieser für die Vereinten Nationen bestimmten Veröffentlichung der damaligen Bundesregierung der Großen Koalition. Zu Frage A 127: Der erste Teil der Frage ist durch den Hinweis auf Form und Darstellung der erwähnten Arbeit beantwortet. Die Deutschland- und Ostpolitik der Bundesregierung hat eine Politik eingeleitet, die auf eine Überwindung der Konfrontation abzielt. Ein wesentliches Element dieser Politik sind die mit der Vertragspolitik verbundenen Bemühungen, die aus der Teilung entstandenen Härten für die Menschen zu mildern und damit einen Beitrag zur Sicherung der Menschenrechte in Deutschland zu leisten. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß diese Bemühungen, die bereits zu einer Verbesserung der Lage Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1513* geführt haben, mehr Erfolg versprechen als der Versuch, mittels eines Memorandums auf die DDR einzuwirken zu suchen. Die Bundesregierung wird aus ihrer Sorge um die Situation in der DDR in ihren stetigen Bemühungen um weitere menschliche Erleichterungen für die Menschen in Deutschland nicht nachlassen. Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 4. April 1974 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Mende (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 128 und 129) : Wird die Bundesregierung das Memorandum spätestens bei der Aufnahme der DDR in die Vereinten Nationen überreichen, um damit deren andauernde Verstöße gegen die UNO-Charte vor aller Welt zu dokumentieren? Falls die Bundesregierung dazu nicht bereit ist, wild sie dann die internationale Öffentlichkeit umfassend durch ein Weißbuch informieren, und zu welchem Zeitpunkt und in welcher Weise würde sie dieses vorlegen? Zu Frage 128: Aus den geschilderten Gründen sieht die Bundesregierung keinen Anlaß, bei der Aufnahme der DDR in die Vereinten Nationen von der zur Zeit der Großen Koalition gefällten Entscheidung abzuweichen. Die Einbringung einer Dokumentation über die Menschenrechtslage im Augenblick des VN-Beitritts der beiden deutschen Staaten würde nach Auffassung der Bundesregierung den Menschen in beiden deutschen Staaten in keiner Weise helfen. Sie würde zu einer weiteren Verhärtung der Situation führen. Die Bundesregierung hofft, daß die Mitarbeit der beiden deutschen Staaten in den Vereinten Nationen eine Lösung humanitärer Probleme in Deutschland erleichtern wird. Zu Frage 129: Die Bundesregierung wird unabhängig von ihrer Vertragspolitik stets dann, wenn sie die internationale Solidarität für die Bewältigung sonst nicht lösbarer Fragen der Menschenrechte mit Erfolg in Anspruch nehmen kann, alle Schritte unternehmen die geeignet sind, um diese Solidarität für die Sicherung und Gewährleistung der Menschenrechte für alle Menschen in Deutschland zu nutzen. Anlage 89 Antwort des Pari. Staatssekretärs Herold vom 5. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 130) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, den vom Gesamtdeutschen Institut in Berlin zusammengestellten Bericht über politische Prozesse in der DDR zu veröffentlichen? Der Bundesregierung wurde vom Gesamtdeutschen Institut bisher kein „Bericht über politische Prozesse in der DDR" vorgelegt. Das Gesamtdeutsche Institut hat einen solchen Bericht bisher auch nicht erstellt. Richtig ist vielmehr, daß eine Abteilung des dem Ministerium nachgeordneten Instituts in den letzten drei Jahren Versuche unternommen hat, Zahlen über politische Strafurteile in der DDR seit 1961 zusammenzustellen. Nachprüfungen haben jedoch ergeben, daß diese Zahlen wegen ihrer Unvollständigkeit und Ungenauigkeit keinen Aussagewert, weder im Hinblick auf das tatsächliche Maß der Strafurteile noch auf die Entwicklungstendenzen der politischen Strafverfolgung in der DDR, haben. Das macht nicht zuletzt ein Vergleich der entsprechenden jährlichen Aufstellungen des Instituts deutlich, der zeigt, daß die einzelnen Angaben Jahr für Jahr erheblich voneinander abweichen, weil die zugrundeliegenden Feststellungen mehr oder weniger von Zufällen abhängen. Die Bundesregierung wird auch künftig auf die Veröffentlichung von Zahlen verzichten, die unvollständig oder nicht nachprüfbar sind und die Seriosität ihrer bisherigen Berichterstattung in Frage stellen würden. Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 6. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Dübber (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 131): Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, dem nach Pressemeldungen beabsichtigten Verkauf von Kunstwerken durch die DDR entgegenzuwirken oder diese Kulturgüter wenigstens dadurch dem deutschen Volke zu erhalten, daß die geplante „Deutsche Nationalstiftung" als Käufer auftritt und sie sich die benötigten 60 Millionen DM dafür kurzfristig auf dem Kapitalmarkt besorgt? Die Bundesregierung hat von dem angeblich beabsichtigten Verkauf von Kunstgut durch die Regierung der DDR nur aus Pressemeldungen Kenntnis erhalten, und nach Pressemeldungen soll diese Absicht wieder aufgegeben worden sein. Die Bundesregierung bezweifelt, daß in der DDR erwogen wurde oder erwogen wird, Kunstgut von wirklichem Rang, also Meisterwerke der bildenden Kunst oder Gegenstände des Kunstgewerbes von erlesenem Wert, zu veräußern. Welche Einwirkungsmöglichkeiten auf die DDR in einem solchen Falle nach Inkrafttreten des Grundlagenvertrages im Wege der vereinbarten kulturellen Zusammenarbeit gegeben sein werden, ist heute noch nicht zu beurteilen. 1514* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ravens vom 10. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Reddemann (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 132) : Hat ein Parlamentarischer Staatssekretär einem Vorschlag zugestimmt oder Schritte zu seiner Verwirklichung eingeleitet, für den Koordinierungsausschuß einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten ein Büro mit zwei Angestellten einzurichten und für diese die Arbeitgeberfunktion in arbeitsrechtlicher Hinsicht zu übernehmen, während sie nur vorn Koordinierungsausschuß Weisungen bekommen (vgl. "Der Spiegel" Nr. 12/1973)? Die Antwort lautet „nein". Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ravens vom 11. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Baron von Wrangel (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 133) : Kann die Bundesregierung Pressemeldungen bestätigen, denen zufolge Bundesminister Bahr bereits im November 1969 gegenüber dem Direktor des Instituts für außenpolitische Forschung in Washington, Dr. Walter Hahn, einen Plan entwickelt haben soll, an dessen Ende die Auflösung der NATO steht? Bundesminister Bahr hat in seiner damaligen Eigenschaft als Leiter der Planungsabteilung des Auswärtigen Amtes im Januar 1969 ein Gespräch mit Professor Hahn geführt. Die mehr als vier Jahre nach diesem Gespräch veröffentlichten Notizen sind nicht mit ihm abgestimmt worden. Es gehört nicht zu den Gepflogenheiten der Bundesregierung, zu derartigen unautorisierten Veröffentlichungen Stellung zu nehmen. Die Haltung der Bundesregierung zur Atlantischen Allianz ist in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 18. Januar 1973 erneut bestätigt worden: „Die Atlantische Allianz ist und bleibt die Grundlage unserer Sicherheit. Sie ist Voraussetzung und Rückhalt zugleich für unsere Politik der Entspannung nach Osten." Im übrigen verweise ich auf die Ausführungen des Bundeskanzlers in der Bundestagssitzung vom Donnerstag, dem 5. April 1973. Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Ravens vom 11. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 134) : Treffen Pressemeldungen zu, Bundesminister Bahr habe „die gegenwärtige amerikanische Präsenz in Westdeutschland" als „unnötig hoch" bezeichnet, weshalb sie auch gleich um 50 % reduziert werden könne, ohne daß die Abschreckungskraft eine Einbuße erlitte, und gehen diese Äußerungen -- sollten sie zutreffen — die Meinung der Bundesregierung wieder? In Beantwortung Ihrer Frage erlaube ich mir, Sie darauf zu verweisen, daß der Abgeordnete Baron von Wrangel die Frage an die Bundesregierung gerichtet hat: Kann die Bundesregierung Pressemeldungen bestätigen, denen zufolge Bundesminister Bahr bereits im November 1969 gegenüber dem Direktor des Instituts für außenpolitische Forschung in Washington, Dr. Walter Hahn, einen Plan entwickelt haben soll, an dessen Ende die Auflösung der NATO steht?, die ich wie folgt beantwortet habe: Bundesminister Bahr hat in seiner damaligen Eigenschaft als Leiter der Planungsabteilung des Auswärtigen Amtes im Januar 1969 ein Gespräch mit Professor Hahn geführt. Die mehr als vier Jahre nach diesem Gespräch veröffentlichten Notizen sind nicht mit ihm abgestimmt worden. Es gehört nicht zu den Gepflogenheiten der Bundesregierung, zu derartigen unautorisierten Veröffentlichungen Stellung zu nehmen. Die Haltung der Bundesregierung zur Atlantischen Allianz ist in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 18. Januar 1973 erneut bestätigt worden: „Die Atlantische Allianz ist und bleibt die Grundlage unserer Sicherheit. Sie ist Voraussetzung und Rückhalt zugleich für unsere Politik der Entspannung nach Osten." Im übrigen verweise ich auf die Ausführungen des Bundeskanzlers in der Bundestagssitzung vom Donnerstag, dem 5. April 1973. Anlage 94 Antwort des Staatssekretärs Freiherr von Wechmar vom 6. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Abelein (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 135 und 136) : Treffen Zeitungsmeldungen zu, die von einer Zensur des WDR-Dokumentarfilms „Ich bin Bürger der DDR" durch DDR- Behörden sprechen? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um derartige Eingriffe in die freie Berichterstattung zu verhindern oder wenigstens die Richtigstellung des entstehenden schiefen DDR-Bildes zu erreichen? Der Film ist am 5. 4. 1973 ausgestrahlt worden. In einem Vor- und Nachwort bedauerte der WDR, „daß die Spontaneität, von der dieser Film hatte leben sollen, den spezifischen Aufnahmebedingungen zum Opfer fiel. So mußten etwa die Fragen den Interviewpartnern drei Tage vorher vorgelegt werden." Die Dreharbeiten für den Film sind von Mitte November bis Mitte Dezember 1972, also vor Inkrafttreten des Briefwechsels zwischen der Bundesregierung und der Regierung der DDR über Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten am 21. 12. 1972, durchgeführt worden. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1515* Die Bundesregierung wird sich immer dafür einsetzen, daß die Arbeitsbedingungen für Journalisten in der DDR dem genannten Briefwechsel entsprechen. Was nun die Richtigstellung eines von Ihnen befürchteten Eindrucks eines schiefen DDR-Bildes betrifft, so möchte ich grundsätzlich feststellen, daß dies die Aufgabe der Rundfunkanstalt wäre, die einen solchen Film zeigt. Die Bundesregierung hat keine Kompetenz, sich in die Programmgestaltung der Rundfunkanstalten einzumischen. Anlage 95 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Metzger (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen A 137 und 138) : Ist die Bundesregierung bereit, die Mißhandlung der deutsch, griechischen Diplompsychologin Irene Kankeleit am 17. März 1973 auf dem Athener Flughafen durch griechische Sicherheitsbeamte und Polizisten (Darmstädter Echo Nr. 67 vom 20. März 1973 und Frankfurter Allgemeine Nr. 67 vom 20. März 1973) zum Anlaß zu nehmen, bei der griechischen Regierung in geeigneter Weise vorstellig zu werden? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, in Zukunft die Mißhandlung deutscher Staatsangehöriger durch griechische Behörden in Griechenland zu verhindern? Bei der Beurteilung des Vorganges am 17. März auf dem Athener Flughafen muß beachtet werden, daß Frau Kankeleit Doppelstaatlerin ist. Sie wird von Griechenland als griechische Staatsbürgerin angesehen. Die Bundesregierung wird alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um deutsche Staatsbürger zu schützen. Der hier vorliegende Fall ist jedoch rechtlich anders gelagert. Im übrigen liegen der Bundesregierung verläßliche Aussagen darüber vor, daß die Betroffene es darauf anlegte, einen Zwischenfall zu inszenieren. Anlage 96 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wernitz (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 139) : Beabsichtigt die Bundesregierung, angesichts der wachsenden Breitenwirkung von Kulturbeziehungen über Städtepartnerschaften in Westeuropa mehr Zuschüsse als bisher für diese Aufgaben zur Verfügung zu stellen, da insbesondere kleinere Kommunen offensichtlich nicht in der Lage sind, die Kosten für die Durchführung von kulturellen Veranstaltungen in Westeuropa allein aufzubringen? Die Bundesregierung mißt Partnerschaften zwischen deutschen und ausländischen Städten, insbesondere kulturellen Vorhaben in ihrem Rahmen, politische Bedeutung bei. Im Jahre 1963 hatte der Bundestag dem Auswärtigen Amt im Kulturfonds eine Position zur Förderung kultureller Maßnahmen im Rahmen von Städtepartnerschaften mit einem Betrag von DM 50 000 bewilligt, aber nur einmalig. Im Haushalt 1973 hat das Auswärtige Amt nun erneut besondere Mittel für diesen Zweck vorgesehen, und zwar einen Betrag von DM 100 000. Ob der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestags der Ausbringung dieses Betrages zustimmen oder sich wie in der Vergangenheit auf den Standpunkt stellen wird, daß die Pflege von Städtepartnerschaften auch in finanzieller Hinsicht zum Verantwortungsbereich der Kommunen gehört, bleibt abzuwarten. Anlage 97 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 140): Ist der Bundesregierung die Erklärung des Polnischen Roten Kreuzes bekannt, der zufolge die sich auf die „Information" zum Warschauer Vertrag berufenden Aussiedlungswilligen lediglich als „Interessierte" und nicht als „Berechtigte" angesehen und behandelt werden, und glaubt sie, daß diese Unterscheidung mit Text und Inhalt der „Information" übereinstimmt? Ja. — Damit aber keine falsche Schlüsse aus diesem Vorgang gezogen werden, darf ich den Sachverhalt darstellen. Anläßlich der deutsch-polnischen Rot-Kreuz-Gespräche, die im September 1972 in Warschau stattfanden (22. bis 25. 9. 1972), hat die polnische Seite darauf hingewiesen, daß die dem Deutschen Roten Kreuz benannten Personen, die umzusiedeln wünschen, zunächst nur als „Interessierte" und nicht automatisch als „Berechtigte" betrachtet werden könnten. Das ist formal völlig korrekt, und dagegen ist um so weniger etwas einzuwenden, als das Polnische Rote Kreuz zugleich festgestellt hat, daß es mit diesem Hinweis keinen Einwand gegen die vom Deutschen Roten Kreuz genannten Zahlen erheben wolle. Das Deutsche Rote Kreuz hat seinerseits in diesem Gespräch erläutert, daß es — unabhängig von der Frage der Bezeichnung dieses Personenkreises — die von ihm benannten Personen als ausreiseberechtigt ansieht, weil sie die Kriterien der „Information" erfüllen. Soweit die zwischen den beiden Rot-Kreuz-Gesellschaften geführten Erörterungen. Die Bundesregierung sieht es nicht als im Widerspruch zur „Information der Regierung der Volksrepublik Polen" stehend an, wenn von polnischer Seite festgestellt wird, daß nicht die Einreichung, sondern erst die Prüfung eines Antrags darüber entscheiden kann, ob die Kriterien der „Information" erfüllt sind. Worum es uns geht, ist ausschließlich, daß jeder Antrag und jeder Antragsteller gemäß der „Information" und den in Verbindung damit stehenden Erläuterungen behandelt wird. 1516* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Anlage 98 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 141): Wie beurteilt die Bundesregierung das Scheitern von Verhandlungen, die der Intendant des Senders Freies Berlin mit dem Staatlichen Komitee für Rundfunk und Fernsehen in Moskau über eine engere Zusammenarbeit geführt hat, und hält sie die Begründung durch die Sowjetunion mit dem Hinweis auf die Zugehörigkeit des Senders Freies Berlin zur ARD für in Übereinstimmung befindlich mit dem Text des Berlin-Abkommens vom 3. September 1971, dem zufolge die Bindungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin „aufrechterhalten und entwickelt werden" sollen? Der Intendant des Senders Freies Berlin, Herr Franz Barsig, führte Mitte März in Moskau auf Einladung des Staatskomitees für Fernsehen und Rundfunk der UdSSR Gespräche über eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Fernsehens und des Rundfunks. Eine Abmachung kam insbesondere deswegen nicht zustande, weil die sowjetische Seite sich nicht in der Lage sah, die Zugehörigkeit des SFB zur ARD zu akzeptieren. Die Bundesregierung bedauert diese Haltung des Staatskomitees für Fernsehen und Rundfunk der UdSSR. Sie geht aber im Hinblick auf die im Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971 von der Sowjetunion anerkannte Bindung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) davon aus, daß diese Schwierigkeit ausgeräumt werden kann. Anlage 99 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 142) : Wie bewertet die Bundesregierung die vom Ersten Sekretär des Zentralkomitees der Polnischen Kommunistischen Partei, Edward Gierek, am 22. März 1973 in einer Rede in Posen praktisch erhobenen Forderung nach einer „Entschädigung für das dem polnischen Volk vom verbrecherischen Nazismus zugefügte Unrecht und für die Verluste, die unsere" — polnische —„Gesellschaft noch lange Zeit spüren wird"? Der polnische Parteichef Gierek hat auf der Wojewodschaftsparteikonferenz in Posen u. a. die Entschädigungsfrage angeschnitten und dabei erklärt, die Rechnung für das dem polnischen Volk durch den verbrecherischen Nazismus zugefügte Unrecht sei noch nicht beglichen. Der polnische Wunsch nach Entschädigungsleistungen ist nicht neu. Er ist seit der Rede des polnischen Ministerpräsidenten Jaroszewicz vom Juni 1972 bekannt. Der polnische Außenminister Olszowski hat bei seinem Besuch in Bonn im September 1972 die Aufnahme von Verhandlungen über Entschädigungsleistungen gefordert. Anläßlich der deutsch-polnischen Konsultationen im Februar 1973 in Warschau haben beide Seiten erneut ihre unterschiedlichen Auffassungen zu diesem Problem dargelegt. Auf eine entsprechende Frage des Abgeordneten Dr. Kunz, die ich schriftlich beantwortet habe und die als Anlage 42 zum Protokoll über die 24. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 23. März 1973 abgedruckt ist, habe ich folgendes festgestellt: Die Bundesregierung hat, wenn immer bisher seitens der polnischen Regierung Entschädigungsforderungen für Zwangsarbeit, KZ-Aufenthalt, Deportation usw. zur Sprache gebracht wurden, den polnischen Gesprächspartnern eindeutig den Standpunkt der Bundesregierung dargelegt und ihnen verständlich zu machen versucht, aus welchen rechtlichen und politischen Gründen die Bundesrepublik Deutschland sich auf keine Verhandlungen über solche Entschädigungsforderungen einlassen kann. Die Haltung der Bundesregierung ist unverändert. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Anlage 100 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 143) : Trifft es zu, daß Vertreter der Bundesregierung in Gremien der Europäischen Gemeinschaft darauf bestanden haben, das Land Berlin in Rechtsakten der Gemeinschaft nicht mehr ausdrücklich als „Land Berlin" sondern nur als „West-Berlin" zu bezeichnen, beruht diese Haltung auf einer Weisung der Bundesregierung und welche Überlegungen waren gegebenenfalls für diese Weisung maßgebend? Der Bundesregierung ist lediglich e i n Fall bekanntgeworden, in dem sich ein Vertreter eines Bundesressorts in einer Expertensitzung in Brüssel im Sinne Ihrer Fragestellung geäußert hat. Der betreffende Beamte hat insoweit ohne Weisung der Bundesregierung gehandelt. Anlage 101 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 7/433 Frage A 144) : Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1517* Was hat die Bundesregierung bewogen, einen offiziellen Vertreter der Deutschen Botschaft in Athen zur Eröffnung des Kongresses des juntagesteuerten griechischen Gewerkschaftsbundes zu entsenden? Es gehört zu den Pflichten einer Botschaft über politische Ereignisse des Gastlandes zu berichten, ganz gleich, welchem politischen System dieses zuzurechnen ist. Es dürfte auf der Hand liegen, daß man bei der Berichterstattung über im Gastland stattfindende Kongresse am besten auf die eigene Beobachtung zurückgreift. Anlage 102 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Waigel (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen A 145 und 146) : Trifft die Meldung der ,.Welt" vom 21. März 1973 zu, die deutsche Schule auf Teneriffa müsse mit einer Reduzierung der von Deutschland vermittelten Lehrer rechnen und werde über das bisherige Maß hinaus nicht gefördert werden? Trifft es zu, daß von zuständigen deutschen Stellen der Versuch unternommen wurde, den Schulverein zur Annahme eines nicht gewünschten Modells für den Schulaufbau zu zwingen, das der Gemeinschaft der deutschen Schüler mit spanischen Schülern hinderlich ist, und was gedenkt sie gegebenenfalls zu tun? Die hohen Kosten und die geringe kulturpolitische Effizienz des bisherigen Schulmodells (hohe Einschulungsquoten in der Grundschule mit geringen Abschlußzahlen in der zehnten Oberstufenklasse bei einem deutsch-spanischen Doppellehrprogramm) lassen eine weitere Förderung im bisherigen Maße nicht zu. Dies war dem Schulverein seit langem bekannt; dies war auch der Ausgangspunkt der anzustellenden Überlegungen zur Strukturreform. Dem Schulverein ist nach Ablehnung der Vorschläge des Auswärtigen Amtes im einzelnen mitgeteilt worden, daß in Zukunft lediglich der Deutschunterricht verstärkt gefördert werden könne und drei ausscheidende, vermittelte Lehrer nicht ersetzt würden. Es verbleiben an der Schule dann jedoch weiterhin neun aus der Bundesrepublik entsandte Lehrer. Anlage 103 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 147): Trifft es zu, daß die gemeinsame Entschließung des Deutschen Bundestags vom 17. Mai 1972 der polnischen Regierung nicht offiziell zugeleitet wurde, wenn ja, aus welchen Gründen nicht, und wenn nein, wann und in welcher Form wurde die gemeinsame Entschließung des Bundestags durch die Bundesregierung der polnischen Regierung übergeben? Die Aussage des Bundesvorsitzenden der Jungen Union, daß die gemeinsame Entschließung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972 der polnischen Regierung nicht offiziell zugeleitet worden sei, trifft nicht zu. Ich habe bereits am 8. September 1972 auf eine Frage des Abgeordneten Dr. Czaja nach den Umständen, unter denen die gemeinsame Entschließung zu den Ostverträgen der Volksrepublik Polen übermittelt wurde, auf die Antwort der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage der Abgeordneten Stücklen, Strauß, Dr. Marx u. a. verwiesen. In dieser Antwort sind die Modalitäten der Übermittlung in allen Einzelheiten dargestellt. Ich verweise auf die Drucksache VI /3540. Anlage 104 Antwort des Parl. Statssekretärs Moersch vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage A 148) : Trifft es zu, daß zum Warschauer Vertrag ein ergänzendes Geheimprotokoll besteht, in dem der Kreis der für die Familienzusammenführung in Frage kommenden Personen eng umgrenzt niedergelegt ist, und wenn ja, welche Regelungen sind in diesem Geheimprotokoll konkret enthalten, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um nunmehr endgültig Familienzusammenführung zu ermöglichen? Es gibt kein Geheimprotokoll zum Warschauer Vertrag, wohl aber sogenannte „Vertrauliche Erläuterungen" zur „Information der Regierung der Volksrepublik Polen". Ich habe am 22. September 1972 auf eine entsprechende Frage dem Abgeordneten Dr. Hupka Inhalt und Bedeutung der „Vertraulichen Erläuterungen" zur „Information" erläutert und verweise daher auf das Protokoll über die 199. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 22. September 1972. Außerdem ist die Angelegenheit wiederholt im Auswärtigen Ausschuß zur Sprache gekommen. Da Ihre Frage bereits am 22. September 1972 beantwortet worden ist, möchte ich mich hier darauf beschränken, nochmals festzustellen, daß die „Vertraulichen Erläuterungen" die „Information der Regierung der Volksrepublik Polen" in einzelnen Punkten ergänzen und präzisieren. Sie beinhalten jedoch keine Änderung oder Einengung der in der „Information" enthaltenen Aussagen. Auf Ihre Frage, was die Bundesregierung zu tun gedenkt, um die Familienzusammenführung weiter zu ermöglichen, wiederhole ich, was ich hier stets gesagt habe: die Bundesregierung wird sich weiter- 1518' Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 hin in Verhandlungen mit der Volksrepublik Polen intensiv für die Lösung dieses schwierigen Problems einsetzen. Daneben wird es auch weitere Verhandlungen der beiden Rotkreuz-Gesellschaften geben. Anlage 105 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Apel vom 3. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 1): Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung in bezug auf eine Intensivierung der Kontakte der EWG zu den USA und ihre Institutionalisierung? Die Bundesregierung hat sich im EG-Rahmen seit langem für eine Intensivierung des Dialogs zwischen der EG und den USA eingesetzt und ist für eine möglichst weitgehende Formalisierung dieses notwendigen Dialogs eingetreten. Zu einer Formalisierung der Kontakte hat sich jedoch die Gemeinschaft bisher nicht verstehen können. Es bleibt daher nur der Weg, alle Formen der praktischen Zusammenarbeit optimal zu nutzen. Das ist geschehen. Wir arbeiten weiter an der Verbesserung der bestehenden Konsultationsmechanismen — auf allen Ebenen und in allen internationalen Gremien. Der bisher praktizierte Dialog hat sich seit 1970 in den regelmäßigen Halbjahreskonsultationen zwischen der EG-Kommission und der US-Regierung, zuletzt am 22.-23. 3. 1973 in Brüssel zwischen Undersecretary William Casey und Vizepräsident Sir Christopher Soames, pragmatisch entwickelt und bereits als sehr nützlich erwiesen. Seit Anfang 1972 sind erfreulicherweise auch auf parlamentarischer Ebene halbjährliche Konsultationen zwischen dem US-Kongreß und dem Europäischen Parlament aufgenommen worden. Dieser Dialog sollte auch — das ist immer die Auffassung der Bundesregierung gewesen — immer festere Formen annehmen und schließlich durch Schaffung eines Konsultationsorgans zu gegebener Zeit institutionalisiert werden. In der EG haben wir uns wiederholt hierfür eingesetzt. Die Pariser EG-Gipfelkonferenz hat — nicht zuletzt auf unsere Vorstellungen hin — die Bereitschaft der EG bekräftigt, einen konstruktiven Dialog mit den USA und den übrigen Industrieländern in weltoffenem Geist und unter Verwendung der geeignetsten Formen zu führen. Worauf es (auch nach amerikanischer Ansicht) in nächster Zeit entscheidend ankommt: substantielle Fortschritte in konkreten Fragen der Beziehungen EG—USA zu erreichen, insbesondere in den bevorstehenden multilateralen Verhandlungen über Handels- und Währungsfragen im GATT und IWF. Die währungspolitischen Konferenzen der letzten Wochen haben bereits dazu beigetragen, das Problembewußtsein auf beiden Seiten des Atlantiks zu schärfen. Im übrigen hofft die Bundesregierung, daß Präsident Nixon, wenn er im Laufe dieses Jahres Europa besuchen sollte, diese Gelegenheit zur Intensivierung des konstruktiven Dialogs mit der EG durch ein Zusammentreffen mit der Kommission und dem Rat der EG nutzen wird. Anlage 106 Antwort des Parl. Staatssekretärs Moersch vom 3. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 2): Treffen Pressemeldungen zu, der Bundesaußenminister habe zu verstehen gegeben, die Bundesregierung werde sich nicht dafür interessieren, wenn der Heilige Stuhl nach Inkrafttreten des Vertrags mit Ost-Berlin die Grenzen der die Zonengrenze übergreifenden Bistümer ändern werde, und wie vereinbart die Bundesregierung — bejahendenfalls — ein solches Verhalten mit ihren aus dem Reichskonkordat erwachsenen Rechten und Pflichten, auch gegenüber den deutschen Katholiken und ihren Bischöfen? Pressemeldungen, ,der Bundesminister des Auswärtigen habe zu verstehen gegeben, daß die Bundesregierung sich nicht dafür interessieren werde, wenn der Heilige Stuhl nach dem Inkrafttreten des Grundvertrages die Grenzen der in die DDR hineinreichenden Bistümer ändern sollte, treffen nicht zu. Der Bundesminister des Auswärtigen hat vielmehr während des Staatsbesuchs des Bundespräsidenten beim Vatikan am 27. März d. J. in einem Gespräch mit den Erzbischöfen Benelli und Casaroli den Wunsch und das Recht der Bundesregierung betont, vom Heiligen Stuhl rechtzeitig und umfassend konsultiert zu werden, bevor von ihm etwaige Maßnahmen zur Änderung der bestehenden kirchenrechtlichen Verhältnisse in Deutschland vorgenommen würden, die das Reichskonkordat berühren könnten. Zwischen der Bundesregierung und dem Heiligen Stuhl besteht Einvernehmen darüber, daß eine solche Konsultation stattfinden soll. Anlage 107 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Polkehn (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 3) : Durch welche, insbesondere besoldungsrechtliche Maßnahmen glaubt die Bundesregierung, den ernsten Mangel an beamteten Nachwuchskräften und Ingenieuren im gehobenen technischen Verwaltungsdienst beheben zu können? Der Bundesregierung ist bekannt, daß in den technischen Verwaltungen des öffentlichen Dienstes Mangel an Nachwuchskräften besteht. Hierbei han- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1519* delt es sich jedoch um keine Einzelerscheinung im Bereich der technischen Verwaltungen, sondern um ein Problem, das auch in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung vorhanden ist. Aus ,dem Nachwuchsmangel im technischen Dienst der öffentlichen Verwaltungen können nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf eine unzureichende Besoldung .gezogen werden. Auch in der Privatindustrie ist ein erheblicher Mangel an Ingenieuren zu verzeichnen. Die Personalschwierigkeiten im technischen Dienst sind insbesondere dadurch bedingt, daß die Personalanforderungen sowohl der öffentlichen Hand als auch der privaten Wirtschaft den Arbeitsmarkt ständig überfordern. Im übrigen hat die Bundesregierung zum Problem der Besoldung der Beamten des technischen Dienstes auf die Fragen der Kollegen Handlos und Spranger am 16. März 1973 und auf die Frage des Kollegen Volmer am 23. März 1973 schriftlich Stellung genommen. Hierbei ist ausgeführt worden, daß die Bundesregierung es als vordringlich ansehe, ein einheitliches Besoldungsgesetz für Bund und Länder mit einheitlichen Besoldungsordnungen zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang soll auch ,die Besoldung der Ingenieure und anderer Fachhochschulabsolventen neu geordnet werden. Die Vorarbeiten für ein einheitliches Besoldungsgesetz sind in meinem Hause im Gange. Da aber die Erörterungen mit den Bundesressorts und den Ländern noch nicht abgeschlossen sind, bitte ich um Verständnis, daß ich mich zu diesem Problem z. Z. nicht im einzelnen äußern kann. Mit den Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften werden noch in diesem Monat Expertengespräche über die weiteren Planungen auf dem Gebiet des Besoldungsrechts geführt werden. Hierbei werden auch die Probleme der Besoldung der Beamten des technischen Dienstes erörtert werden. Im übrigen ist die Bundesregierung in diesem Bereich um eine verstärkte Nachwuchsgewinnung durch Gewährung von Ausbildungs- und Studienbeihilfen, durch die Bereitstellung von Studienplätzen an ressorteigenen Fachschulen und durch intensive Werbung bemüht. Anlage 108 Antwort des Parl.Staatssekretärs Jung vom 5 April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr.-Ing. Oetting (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 4) : Welche Standorte für das neu zu schaffende Bundesamt für Umweltschutz stehen in der Diskussion, und wann wird die Bundesregierung die Frage des Standorts entscheiden? Um den Sitz des geplantes Umweltbundesamtes (neue Bezeichnung für die ursprünglich vorgesehene Bezeichnung „Bundesamt für Umweltschutz") haben sich mehr als 20 Städte aus dem gesamten Bundesgebiet beworben. Im einzelnen sind dies: St. Augustin Ludwigsburg Berlin Ludwigshafen Bogen-Mitterfels (Bayern) Mannheim Braunschweig Mörfelden Brühl Nürnberg Darmstadt Oldenburg i. O. Dortmund Recklinghausen Duisburg Rodenkirchen Erftstadt Saarbrücken Hannover Stuttgart Kaiserslautern Troisdorf-Sieglar Karlsruhe Wilhelmshaven Kassel Wuppertal Konstanz Zweibrücken Die eingegangenen Bewerbungen werden z. Z. geprüft. Eine ,abschließende Entscheidung wird erfolgen, sobald die Prüfung abgeschlossen ist. Anlage 109 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 5) : Ist die Bundesregierung bereit, im nächsten Materialband zum Umweltprogramm unter dem Abschnitt „Beseitigung von Abfällen aus Massentierhaltungen" die äußerst mißverständliche Angabe, in der eine theoretisch errechnete Harn- und Kotmenge aus der Tierhaltung der deutschen Landwirtschaft mit „Abfallmengen" bezeichnet wurde, so abzuändern, daß die Landwirtschaft nicht mehr als gigantischer Müllproduzent gesehen werden muß, sondern zum Ausdruck kommt, daß es sich hier um biologischen Dünger handelt? Die von Ihnen erwähnten Angaben über Abfallmengen aus dem Bereich der Landwirtschaft sind seinerzeit in eine Übersichtstabelle des Beitrages der Projektgruppe Abfallbeseitigung aufgenommen worden (zu BT-Drucksache VI /2710, S. 40). Im Vorwort des Materialienbandes zum Umweltprogramm der Bundesregierung 1971 habe ich darauf hingewiesen, daß die dort zusammengestellten Projektgruppenberichte und Gutachten ausschließlich die Meinung der Sachverständigen wiedergeben. Die in dem Projektgruppenbericht Abfallbeseitigung angegebenen Zahlen für Kot- und Urinmengen aus der Tierhaltung sind nach meiner Unterrichtung von den Sachverständigen nach ,dem Tierbestand errechnet worden. In ,dem vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten herausgegebenen dreiteiligen Sammelbericht zum Umweltschutz in Land- und Forstwirtschaft ist hierüber im einzelnen berichtet worden. Die Zahl von 191 Millionen t bzw. cbm für Abfälle aus Tierhaltungen in der Landwirtschaft einschließlich Massentierhaltung entspricht insofern den Tatsachen. Ich bin mit Ihnen jedoch der Auffassung, daß eine bloße Mengenangabe leicht zu einer mißverständlichen Auffassung führen könnte, da es sich hierbei größtenteils nicht um umweltbelastende Abfälle handelt, sondern um wertvollen biologischen Dünger, der weitgehend von der Landwirtschaft selbst verwertet wird. 1520* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Die Bundesregierung wird sich bemühen, daß bei einer Fortschreibung des Umweltprogramms diese Zahlen in geeigneter Form interpretiert werden, um diesbezügliche Mißverständnisse zu vermeiden. Anlage 110 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 6) : Bis wann ist nach Auffassung der Bundesregierung mit der Einführung eines praktikablen Personenkennzeichens zu rechnen? Der Zeitpunkt der Vergabe des bundeseinheitlichen Personenkennzeichens an alle Einwohner hängt einmal davon ab, wann die zur Sicherung der Einheitlichkeit des Vorgehens und der Eindeutigkeit des Kennzeichens notwendigen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder erlassen sein werden. Zum anderen ist entscheidend, wann die Länder, denen die Vergabe des Kennzeichens obliegt, die umfangreichen organisatorischen und technischen Vorbereitungen — wie z. B. Erfassung der für die Vergabe erforderlichen Einwohnerdaten und Einrichtung leistungsfähiger Rechenzentren — abgeschlossen haben werden. Der Entwurf des Bundesmeldegesetzes, das die rahmenrechtlichen Grundlagen für das bundeseinheitliche Personenkennzeichen schaffen soll, wird nach Abschluß einer notwendig gewordenen Überarbeitung in Kürze dem Bundesrat zugeleitet werden und sodann erneut dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden. Sofern der Entwurf noch im Jahre 1973 verabschiedet wird, erscheint es möglich, daß die von vielen Verwaltungen, aber auch von Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung dringend geforderte Vergabe des Personenkennzeichens im Laufe des Jahres 1976 abgeschlossen werden kann. Anlage 111 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 8) : Nachdem die Pläne für eine Fusion der Oberfinanzdirektionen Freiburg und Karlsruhe offenbar aufgegeben worden sind und die Bundesregierung nunmehr entsprechend der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs in der Fragestunde vom 15. Februar 1973 eine Fusion der Bundesvermögensabteilungen der Oberfinanzdirektionen Freiburg und Karlsruhe wegen ihrer geringen Größe erwägt, frage ich die Bundesregierung, wie groß der Personalbestand dieser beiden Abteilungen ist, wieviel Kräfte bei einer Fusion eingespart werden können oder welche sonstigen Einsparungen oder Verwaltungsvereinfachungen sich nach einer Fusion ergeben könnten, wenn man berücksichtigt, daß die Bediensteten dieser Abteilungen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Zukunft sehr viel größere Entfernungen zurückzulegen haben. Die Bundesvermägensabteilung der Oberfinanzdirektion Freiburg hat einen Personalbestand von 60 Bediensteten. Bei der Bundesvermögensabteilung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe sind 68 Bedienstete beschäftigt. Bei einer Zusammenlegung der beiden Bundesvermögensabteilungen werden mit Sicherheit mindestens 15 Stellen eingespart werden können. Die in Aussicht genommene Zusammenlegung läßt auch eine bessere Erfüllung der Aufgaben der Bundesvermögensverwaltung erwarten. Verschiedenartige Aufgabengebiete der Bundesvermögensverwaltung brauchen nicht mehr in dem gleichen Umfang wie bisher in einem Referat oder sogar bei einem Sachbearbeiter zusammengefaßt zu werden; Referenten und Sachbearbeiter werden deshalb weniger als im gegenwärtigen Zeitpunkt über Spezialwissen auf mehreren Gebieten verfügen müssen, das sie nur für eine sehr geringe Zahl von Fällen verwerten können. Die Bearbeitung grundsätzlicher und allgemeiner Angelegenheiten ist bei einer größeren Abteilung erheblich effizienter. Die Vertretung bei Ausfällen sowie der vorübergehende schwerpunktmäßige Einsatz von Bediensteten für eilige Aufgaben werden bei einer zusammengefaßten Bundesvermögensabteilung wesentlich weniger Schwierigkeiten bereiten als bei den bislang selbständigen Bundesvermögensabteilungen in Freiburg und Karlsruhe. Die zu erwartenden Rationalisierungserfolge werden auch durch den von Ihnen erwähnten Umstand, daß die Bediensteten einer zusammengefaßten Bundesvermögensabteilung bei Dienstreisen zuweilen größere Entfernungen als bisher werden zurücklegen müssen, nicht aufgehoben. Die Oberfinanzdirektion nimmt im wesentlichen Aufsichtsfunktionen wahr. Zu diesem Zweck sind Dienstreisen nur in beschränktem Umfang erforderlich. Die Wahrnehmung der örtlichen Aufgaben der Bundesvermögensverwaltung obliegt den Bundesvermögensämtern. Deren Sitz und Bezirk bleiben von einer Zusammenlegung der Bundesvermögensableilung in Freiburg und Karlsruhe weitgehend unberührt. Anlage 112 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Stahl (Kempen) (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 9) : Trifft es zu, daß im Fall der Schließung der Bayerischen Wirtschaftsbank die Bankenaufsicht versagt hat, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um künftig bei gleichgelagerten Fällen Sparer vor Verlust ihrer Spargelder zu bewahren? Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen bei der Be- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1521* aufsichtigung der Bayerischen Wirtschaftsbank versagt hat. Die Bayerische Wirtschaftsbank ist wegen immer wieder auftretender Schwierigkeiten vom Bundesaufsichtsamt seit längerer Zeit besonders intensiv beobachtet worden. Dabei hat das Amt alle ihm nach dem Gesetz für das Kreditwesen zur Verfügung stehenden Interventionsmöglichkeiten genutzt. So ist auf seine Veranlassung hin dem Institut mehrfach neues Kapital zugeführt worden. Auch in der Geschäftsführung sind wiederholt personelle Veränderungen durchgesetzt worden. Bis zum Herbst 1972 lag jedoch kein ausreichender Anlaß für eine Schließung der Bank vor. Erst im Dezember 1972 und im Januar 1973 hat das Aufsichtsamt von neueren Geschäften des Instituts Kenntnis erhalten, die größere Verluste besorgen ließen. Die ,daraufhin unverzüglich angeordnete Sonderprüfung hat die Befürchtungen des Aufsichtsamtes bestätigt und Veranlassung zur Schließung des Instituts gegeben. Allgemein ist anzumerken, daß fast bei jeder Bankinsolvenz gegenüber dem Bundesaufsichtsamt der Vorwurf erhoben wird, es habe nicht rechtzeitig eingegriffen. Dabei wird verkannt, daß das Gesetz über das Kreditwesen grundsätzlich den Kreditinstituten die Verantwortung für ihre Geschäftspolitik überläßt und deshalb nicht verhindern kann, daß von ihnen Fehler gemacht werden, die der Bankenaufsicht erst nachträglich bekanntwerden. Meistens gelingt es dem Bundesaufsichtsamt dann immer noch — vor allem durch Zuführung neuen Kapitals —, die finanziellen Verhältnisse wieder zu ordnen oder zumindest eine offene Liquidation zu vermeiden. Es ist aber nicht auszuschließen, daß in Einzelfällen, insbesondere wenn größere Ausfälle im Aktivgeschäft vorliegen, eine Sanierung nicht mehr zustande kommt. Die Bundesregierung betrachtet es als vordringlich, daß in solchen Fällen wenigstens die Kleinsparer vor Verlusten geschützt werden. Sie hat deshalb im Jahre 1969 die Verbände des Kreditgewerbes veranlaßt, die auf freiwilliger Basis bestehende Einlagensicherung weiter auszubauen. Wegen der mit der Einlagensicherung zusammenhängenden Einzelfragen verweise ich auf meine Antwort auf Ihre mündliche Anfrage in der Fragestunde am 4./6. April 1973. Anlage 113 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Flämig (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen B 10 und 11): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den berechtigten Klagen der Bevölkerung im Umkreis um den US-Fliegerhorst Erlensee (Langendiebach), Landkreis Hanau, wegen des verstärkten Fluglärms abzuhelfen, der sich trotz Zusagen der US-Dienststellen nicht verringert, sondern mit der Verlegung einer Kampfhubschrauberstaffel der US-Army sogar noch verstärkt hat? Welche Haltung bezieht die Bundesregierung, wenn ihr dei Antrag vorgelegt wird, Startbahn und Flughafeneinrichtungen des Fliegerhorstes Erlensee (Langendiebach) zu erweitern, wobei zwangsläufig bis zu 35 ha Erholungswald in unmittelbarer Nähe des Wohngebiets der Gemeinde Bruchköbel geopfert werden müßten? 1. Von den in Ihrer 1. Frage genannten Klagen und Zusagen ist hier im Bundesministerium der Finanzen nichts bekannt. Möglicherweise sind die örtlichen Dienststellen mit der Angelegenheit befaßt worden. Ich habe deshalb die zuständige Oberfinanzdirektion Frankfurt angewiesen, die Angelegenheit zu prüfen und mir hierüber zu berichten. Sobald mir der Bericht vorliegt, werde ich Ihnen weitere Nachricht geben. 2. Wie Ihnen bereits bekannt ist, ist lediglich im Zusammenhang mit Einschränkungen des Flugbetriebes auf dem US-Flugplatz Ockstadt von US-Seite u. a. auch eine Verlängerung der Startbahn in Langendiebach vorgeschlagen worden. Ich darf insoweit auf die Antwort auf Ihre schriftliche Frage für die Fragestunde am 19./20. 12. 1972 Bezug nehmen. Da für die entstehenden Kosten kein Kostenträger vorhanden ist, wird dieser Vorschlag nicht weiter verfolgt. Vielmehr ist das Land Hessen bemüht, im Zusammenhang mit dem Flugplatz Ockstadt eine andere Lösung zu finden. Von irgendwelchen sonstigen Absichten der US- Streitkräfte, von sich aus den Flugplatz Langendiebach zu erweitern, ist mir nichts bekannt. Anlage 114 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Klepsch (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 12) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, bei der Übereignung der als „Zentrales Haus der Jugend" vorgesehenen bundeseigenen Liegenschaft, Koblenz, Markenbildchenweg 40/44, einen nach dem Grundstücksverbilligungsgesetz möglichen hinausgehenden Nachlaß zu gewähren? Die Bundesregierung ist bei der Bemessung des Kaufpreises für die bundeseigene Liegenschaft in Koblenz, Markenbildchenweg 40/44, an die zwingenden Vorschriften des Haushaltsrechts gebunden. Gemäß § 63 III BHO dürfen Vermögensgegenstände grundsätzlich nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden. Die Gewährung eines Nachlasses auf den vollen Wert ist ausschließlich auf Grund und im Rahmen des Grundstücksverbilligungsgesetzes (Bundesgesetzblatt I 1971 S. 1005) und der dazu ergangenen Richtlinien (Ministerialblatt des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen [F] 1971 S. 770) möglich. Die von der Stadt Koblenz beabsichtigte künftige Verwendung des Grundstücks als „Zentrales Haus der Jugend" dürfte eine Senkung des vollen Wertes gemäß § 3 i. V. m. § 1 Ziff. 7 des Geset- 1522* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 zes und den Richtlinien — und zwar um 30 v. H. des Bodenwertes und 20 v. H. des Gebäudewertes — rechtfertigen, sofern es ich bei dem Jugendfreizeitzentrum um eine Einrichtung handelt, die unter § 5 Abs. 1 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt i. d. F. vom 6. August 1970 fällt. Die Gewährung eines darüber hinausgehenden Nachlasses ist nicht möglich. Anlage 115 Antwort des Parl. Staatssekretärs Porzner vom 3. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 13) : Welchen Stand hat die Automation in der Steuerverwaltung, und welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die Automatisierung zu beschleunigen? Ich beantworte Ihre Anfrage zur Automation in der Steuerverwaltung wie folgt: I. Stand der Automation in der Steuerverwaltung In der Steuerverwaltung der Länder ist das Besteuerungsverfahren bereits seit Anfang der sechziger Jahre fortschreitend automatisiert worden. Im Kalenderjahr 1971 (letztes statistisches Ergebnis) war der Stand der Automation des Steuerfestsetzungsverfahrens (einschließlich Lohnsteuer-Jahresausgleich und Einheitsbewertung) folgender: Steuergebiet Zahl der bearbeiteten Steuerfälle davon mit EDV bearbeitet in Millionen in v. H. ESt-Veranlagung 7,93 7,41 93,0 LStJA (einschließlich Arbeitnehmerveranlagung) 12,87 12,22 95,0 USt-Veranlagung 2,00 1,40 70,0 GewSt (Meßbetragsfestsetzung, Zerlegung). . 2,02 1,85 93,0 GewSt-Festsetzung (insbesondere in Stadtstaaten) nicht 0,48 — bekannt VSt-Veranlagung 0,70 0,39 56,4 Einheitsbewertung 12,4 9,85 80,0 des Grundbesitzes Die Automation der Steuererhebung (Finanzkasse und Vollstreckung) stellt sehr hohe Anforderungen an die Ablauforganisation und an die maschinelle Ausstattung. Deshalb konnten die auf Grund eines Abkommens zwischen dem Bund und den Ländern Berlin und Saarland durchgeführten Automationsversuche erst gegen Ende der sechziger Jahre abgeschlossen werden. Diese Versuche führten zu richtungweisenden Ergebnissen und brachten wertvolle Erkenntnisse für das weitere Vorgehen bei der Automation in der Steuerverwaltung. Sieben andere Länder schlossen sich dem in Berlin entwickelten automatisierten integrierten Besteuerungsverfahren an. Mit dem Land Schleswig-Holstein verhandelt das Bundesfinanzministerium zur Zeit wegen einer Übernahme des in Berlin entwickelten Verfahrens. Das Land Nordrhein-Westfalen hält ein eigenes Verfahren für erforderlich. Der heutige Stand ist der, daß im Saarland alle und in Berlin die Hälfte der Finanzkassen automatisiert sind. In Hamburg wird zur Zeit die erste Finanzkasse in das in Berlin entwickelte Verfahren übernommen. Die sechs anderen Länder, die an der Übernahme des in Berlin entwickelten Verfahrens arbeiten, wollen Ende 1973 /Anfang 1974 folgen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit der Erprobung seines Verfahrens bei einer Finanzkasse begonnen. Daneben ist die Kraftfahrzeug-Besteuerung automatisiert worden. Diese Automation wird zur Zeit (ganz oder teilweise) von den Ländern Berlin, Niedersachsen, Saarland und Nordrhein-Westfalen betrieben. Die anderen Länder haben die Automation der Kraftfahrzeug-Besteuerung wegen der Steuerreformpläne (Plakettensteuer) zurückgestellt. II. Maßnahmen der Bundesregierung Nach § 20 Abs. 1 des Finanzverwaltungsgesetzes bestimmen grundsätzlich die obersten Landesfinanzbehörden Art, Umfang und Organisation des Einsatzes der automatisierten Einrichtungen für die Festsetzung und Erhebung der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Das Bundesfinanzministerium koordiniert und fördert diese Automation. Zu diesem Zweck sind die obersten Landesfinanzbehörden verpflichtet, zur Gewährleistung gleicher Programmergebnisse und eines ausgewogenen Leistungsstandes das Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister herzustellen (§ 20 Abs. 1 des Finanzverwaltungsgesetzes). Im Rahmen dieser Vorschrift hat sich eine intensive Zusammenarbeit mit den Landesfinanzverwaltungen entwickelt. Um die Automation zu fördern, hat der Bund mit etwa 18 Millionen DM die Sachkosten der vorbezeichneten Versuche in Berlin und im Saarland finanziert. Das Bundesfinanzministerium hat seine Koordinierungsbemühungen und die Förderung der Automation in den Steuerverwaltungen der Länder in letzter Zeit weiter verstärkt. Es erstrebt — insbesondere auch aus Rationalisierungsgründen — ein möglichst Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1523* fortschrittliches und bundeseinheitliches automatisiertes Verfahren. Dazu gehört auch eine Neuorganisation der Finanzämter und des Besteuerungsverfahrens unter verstärktem Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung. Der Erfolg dieser Bemühungen hängt entscheidend von der Mitarbeit und der Kooperationsbereitschaft der Länder ab. Anlage 116 Antwort des Parl. Staatssekretärs Hermsdorf vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Krockert (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 14) : Geben Pressemeldungen vom 28. März 1973 den Sachverhalt richtig wieder. wonach die Ausstattung Münzen und die Einziehung der im Umlauf befindlichen 2-DM-Stücke wegen der von den Zigarettenautomaten-Herstellern bevorzugten Münzprüfmechanismen erforderlich geworden ist, und ist es — zutreffendenfalls — zu vertreten, daß sich die staatliche Münze in ihren Ausgabe- und Umlauf-Entscheidungen von den von der Industrie gesetzten technischen Maßstäben bestimmen läßt? Nicht nur die Zigarettenindustrie, sondern der gesamte Automatenhandel, aber auch Bundespost und Bundesbahn sowie die öffentlichen Verkehrsbetriebe, die ihre Fahrkarten durch Automaten verkaufen, leiden in verstärktem Maße unter der mißbräuchlichen Verwendung von ausländischen Münzen, die bei gleicher Abmessung und Legierung einen geringeren Wert darstellen. Hierdurch entstehen der gesamten Volkswirtschaft Verluste und nicht nur einem Gewerbezweig. Deshalb war es notwendig, zunächst die bisherige 2-DM-Münze, die in hohem Maße Automatenmünze ist, aus dem Verkehr zu ziehen und durch eine neue Münze zu ersetzen, die aus einem automatensicheren Münzwerkstoff hergestellt wird. Es handelt sich um einen Dreischichtenwerkstoff mit einem Reinnickelkern und 2 Deckschichten aus einer KupferNickellegierung. Dieser Werkstoff wird von den Prüfgeräten, die bis zum Umtausch am 1. Juli 1973 darauf umgestellt werden, sicherer von anderen Werkstoffen unterschieden, und er erschwert Fälschungen. Der Umtausch der 2-DM-Münzen ist also aus allgemeinwirtschaftlichem Interesse dringend notwendig und auch kostenmäßig vertretbar, da er den Bundeshaushalt mit nur etwa 2,3 Millionen DM belasten wird. Diese Kosten verteilen sich zudem noch auf die Jahre 1969 bis 1973. Die Kosten für die notwendige Umstellung der Automaten werden von den Automatenaufstellern selbst getragen. Der Bund leistet hierzu keinerlei Zuschüsse. Anlage 117 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Simpfendörfer (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen B 15 und 16) : Welche Maßnahmen zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und der Infrastruktur der Gemeinden hat die Bundesregierung seit 1969 in den ehemaligen Landkreisen Crailsheim und Mergentheim als Bundesausbaugebiete sowie in Schwäbisch Hall und Öhringen gefördert, und wie hoch waren die finanziellen Aufwendungen, gegliedert nach Jahren und Kreisen? Wie beurteilt die Bundesregierung das Ergebnis der Förderungsmaßnahmen, und geht sie davon aus, daß im ganzen Bereich oder in Teilbereichen eine Förderung auch nach 1975 noch notwendig sein wird? Zu Frage B 15: Für den Zeitraum 1969 bis 31. Dezember 1972 sind im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung für die Landkreise Crailsheim, Mergentheim, Öhringen und Schwäbisch Hall Fragen i sse vorhanden (vgl. hierzu Anlage). Eine Aufgliederung dieses umfangreichen Zahlenmaterials nach Jahren liegt nicht vor. Zu Frage B 16: Wie die Antwort auf Frage 15 zeigt, ist das Ergebnis der Förderungsmaßnahmen im Raum Crailsheim und Mergentheim positiv zu beurteilen. Für den Raum Öhringen und Schwäbisch Hall liegen entsprechende Daten wegen ,der erst mit der Gebietsverordnung zum Investitionszulagengesetz vom 13. November 1972 erfolgten Aufnahme in die Zulagenförderung noch nicht vor. Wie weit eine Förderung später noch notwendig sein wird, läßt sich zur Zeit nicht sagen. Mit wissenschaftlicher Unterstützung arbeitet der Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" im Augenblick an einer bundeseinheitlichen Fixierung der Förderungsziele. Es soll ein möglichst objektives Bewertungssystem für Regionalprobleme erarbeitet werden, das die Abgrenzung von Fördergebieten, die Auswahl von Schwerpunktorten, die Stufung der Förderpräferenzen, die anteilige Förderung privater und öffentlicher Investitionen und die Verteilung der Fördermittel als Ganzes umfaßt. Diese Arbeiten dienen auch der Entwicklung einer exakten Erfolgskontrolle, der sämtliche Schwerpunkte und Gebiete unterworfen werden sollen. Auch die von Ihnen genannten Gebiete werden bei den genannten Überlegungen eingehend berücksichtigt. Beabsichtigt ist, die dargestellten Arbeiten in diesem Jahr soweit abzuschließen, daß zur Fortschreibung des Rahmenplans 1974-1977 die geplante Neuabgrenzung der Fördergebiete in Kraft treten kann (vgl. hierzu auch die Antwort auf die Frage des Abgeordneten Immer in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 14/16. Februar 1973, Frage Nr. 59). 1524* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Geförderte neue Arbeitsplätze, das geförderte Investitionsvolumen, die Zahl der geförderten Investitionsvorhaben und die für Investitionen der gewerblichen Wirtschaft zur Verfügung gestellten Finanzierungshilfen sowie das geförderte Investitionsvolumen für Infrastrukturmaßnahmen, die Zahl der geförderten Investitionsvorhaben und die zur Verfügung gestellten Finanzierungshilfen im Zeitraum 1969 bis 31. Dezember 1972. Gewerbliche Wirtschaft Infrastruktur der Gemeinden Davon: Mit zusätzl. Mit der Investitionszulage Mitteln des Reg. Mit Mitteln des ERP- Mit Mitteln des Regionalen Mit Mitteln des ERP- ~ Förderungsprogramms Landkreise gefördert 1) Förderungsprogramms gefördert 2) Programms gefördert 3) gefördert 2) Programms gefördert 4) Gebietsstand 29. Juni 1971 Neue Investitionsvolumen Zahl der Zahl der Hierfür: Investitionsvolumen Zahl der Hierfür: Investitionsvolumen Zahl der Hierfür: Investitionsvolumen Zahl der Hierfür: Arbeitsplätze in Investitionsvorhaben Investitionsvorhaben Bew. in Investitionsvorhaben Zuges. in Investitionsvorhaben Bew. in Investitionsvorhaben 5) Zuges. Darlehen Millionen Zusch. Millionen Kredite Millionen Zusch. Millionen inMillionen in in in Millionen Millionen Millionen DM DM DM DM DM DM DM DM 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 1. Crailsheim 3323 96,9 103 10 5,3 4,6 17 1,4 27,7 3 9,0 9,7 9 A, B, 3,0 S, W 2. Mergentheim 1616 52,7 73 4 0,2 10,2 27 3,5 10,9 10 2,3 2,7 1S 0,5 3. Ohringen 6) — - - — — - — 1,2 2 A, S 0,5 4. Schwäbisch Hall 6) 100 16,9 1 — — 1,9 4 0,5 — — — 2,2 1 S 1,0 1) Nach § 1 Abs. 4 des Investitionszulagengesetzes wurden Bescheinigungen erteilt; die hieraus resultierenden Ausfälle von Steuereinnahmen werden durchschnittlich vom Bund mit 47 %, den Ländern mit 47 % und den Gemeinden mit 6 % getragen. 2) Es handelt sich hierbei um Mittel des Regionalen Förderungsprogramms der Bundesregierung; diese Mittel konnten im Übergang zur Gemeinschaftsaufgabe noch bis zum 31. Oktober 1972 gewährt werden, anschließend Gemeinschaftsaufgabenmittel. 3) Es handelt sich hierbei um das ERP-Programm für kleine und mittlere Unternehmen mit der jetzigen Bezeichnung: ERP-Kredite zur Errichtung, Erweiterung, grundlegenden Rationalisierung und Umstellung von Betrieben in den Gebieten der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und in Bundesausbauorten außerhalb dieser Gebiete (ERP-Regionalprogramm). Eine Addition der Spalten 3 und 7 bzw. 4 und 8 führt in geringem Umfang zu Doppelzählungen. 4) Es handelt sich hierbei um Zuwendungen im Rahmen des ERP-Gemeindeprogramms 1970/71 und 1972 mit der jetzigen Bezeichnung: Gewährung von Darlehen aus Mitteln des ERP-Sondervermögens an Schwerpunktorte der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Eine Addition der Spalten 10 und 13 bzw. 11 und 14 führt in geringem Umfang zu Doppelzählungen. 5) Die hinter den Zahlen eingesetzten Buchstaben geben die Art der Investitionsvorhaben an: A = Kläranlagen, Abwasseranlagen und Abfallbeseitigungsanlagen, B = Hallen- und Freibäder, K = Kindergärten und Kinderspielplätze, S = Sportanlagen, Mehrzweckhallen und sonstige Einrichtungen zur Steigerung des Wohn- 6) und Freizeitwertes, W = Wasserversorgungsanlagen. 7) In diesen Landkreisen konnten Mittel des Regionalen Förderungsprogramms nicht eingesetzt werden; sie wurden erst im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe in die Förderung einbezogen. Vom Investitionszulagengesetz wurden diese Landkreise durch die Fördergebietsverordnung vom 13. November 1972 ebenfalls erst am 1. Januar 1972 erfaßt. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1525* Anlage 118 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Oetting (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 17) : Glaubt die Bundesregierung, daß 19 Personen ausreichen, die in Braunschweig für die Neutronendosimetrie aufgewandten Investitionsmittel sinnreich zu nutzen? Der Präsident der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) hat den Personalbedarf für die Gruppe Neutronendosimetrie im Jahre 1967 in dem sogenannten Stellenbedarfsplan, der vor Genehmigung jeder großen Baumaßnahme verbindlich aufzustellen ist, auf 19 Bedienstete (6 Wissenschaftler, 10 technische Hilfskräfte des gehobenen und mittleren Dienstes, 1 Bürohilfskraft, 2 Arbeiter) beziffert. In dem Ausbauplan der PTB, einem mittelfristigen Plan über den Ausbau der gesamten Anstalt, sind für den Endausbau der Neutronendosimetrie bis zum Jahre 1977 insgesamt 29 Stellen vorgesehen. Es liegen Anzeichen dafür vor, daß diese Stellen zum Teil vorzeitig benötigt werden. Hierzu wird sich auch der Bundesrechnungshof in seinem Gutachten über den Ausbauplan der Anstalt äußern, der im Sommer dieses Jahres zu erwarten ist. Anlage 119 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 18) : Ist die Bundesregierung bereit, den Raum Gaildorf im jetzigen Großkreis Schwäbisch Hall mit in die Fördergebiete des Bundes aufzunehmen? Zur Zeit überprüft der Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", dem unter Vorsitz des Bundeswirtschaftsministers die Wirtschaftsminister der Länder angehören, mit wissenschaftlicher Unterstützung die Abgrenzung der Fördergebiete. Dabei wird selbstverständlich auch der Raum Gaildorf in die Überlegungen mit einbezogen. Wenn er die noch festzulegenden bundeseinheitlichen Förderkriterien erfüllt, kann er als Fördergebiet anerkannt werden. Die Abgrenzungsergebnisse werden im Herbst 1973 vorliegen, sie sollen der Fortschreibung des Rahmenplans der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" für die Jahre 1974 bis 1977 bereits zugrunde liegen (vgl. hierzu auch die Antwort der Bundesregierung auf die Frage des Abgeordneten Immer in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 14./16. Februar 1973, Frage 58). Im Augenblick ist es daher noch nicht möglich, über die Einbeziehung weiterer Gebiete in die Förderung etwas auszusagen. Anlage 120 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Spilker (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 19 und 20) : Welchen Standpunkt gedenkt die Bundesregierung in Zukunft handelspolitisch mit der DDR einzunehmen, und soll die DDR insbesondere steuerpolitisch weiterhin als Inland betrachtet werden, d. h. den Vorteil der Mehrwertsteuerrückvergütung für ihre Exporte in die Bundesrepublik Deutschland genießen, obwohl innerhalb der DDR keine Umsatzsteuer erhoben wird? Wenn ja, welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um zu verhindern, daß aufgrund dieser Tatsache Hersteller in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber bestimmten DDR-Produkten sein können? Zu Frage 19: Es besteht nicht die Absicht, dem Deutschen Bundestag eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes vorzuschlagen. § 26 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz ermöglicht es, die besonderen Interessen des innerdeutschen Waren- und Dienstleistungsverkehrs zu berücksichtigen. Die zu seiner Durchführung erlassenen Vorschritten können den jeweiligen Notwendigkeiten angepaßt werden. Zu Frage 20: Der für Warenbezüge aus der DDR den beziehenden Unternehmen gewährte Umsatzsteuerkürzungsanspruch soll einen Anreiz zum Bezug von Waren aus der DDR schaffen. Es ist damit aber nicht beabsichtigt, die DDR-Waren preislich so zu verbilligen, daß sie konkurrenzlos sind. Die Preise für Bezüge aus der DDR sollen sich vielmehr an den jeweiligen Preisen für vergleichbare Erzeugnisse in der Bundesrepublik Deutschland orientieren. Seit 1970 gibt es besondere Vorschriften für ein Preisprüfungsverfahren. Sollte sich ein Industriebetrieb durch Preisunterbietungen bei Waren aus der DDR bedroht fühlen, empfiehlt es sich, bei dem Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft in Frankfurt/ Main ein Preisprüfungsverfahren anzuregen. Anlage 121 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Slotta (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 21) : Sind Informationen zutreffend, daß der Großverleger Axel Springer beabsichtigt, der Bildzeitung Lokalteile anzuhängen, und zwar zunächst in Großstädten des Ruhrgebiets — z. B. Essen, Dortmund und Duisburg —, und welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung bzw. will sie ergreifen, damit die verbleibenden kleineren und mittleren Zeitungsverleger geschützt werden? Auf telefonische Weitergabe Ihrer Frage hat die Verlagsabteilung der „Bild-Zeitung" fernschriftlich folgende — hier verkürzt wiedergegebene — Antwort übermittelt: 1526* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Ihre Frage beziehe sich offenbar auf eine Meldung, zu der die Verlagsleitung der „Bild-Zeitung" eine auf den 23. März 1973 datierte Gegendarstellung folgenden Wortlauts erwirkt habe: „Gegendarstellung Im Informationsdienst der SPD ,intern aktuell' Nr. 4/73 vom 14. März 1973 unter der Überschrift ,Springer will ins Ruhrgebiet' wird behauptet: ,Großverleger Axel Springer ist dabei, der BildZeitung Lokalteile anzuhängen. Geplant sind zunächst Ausgaben für die größeren Städte des Ruhrgebiets wie Essen, Dortmund und Duisburg. Eine aus 35 Redakteuren bestehende Redaktion soll bereits die hierfür erforderlichen Vorbereitungen treffen.' Diese Behauptungen sind unrichtig: Weder der Verleger Axel Springer noch die Axel Springer Verlag AG, in der die Bild-Zeitung erscheint, sind dabei, der Bild-Zeitung Lokalteile anzuhängen. Es sind auch nicht zunächst Ausgaben für die größeren Städte des Ruhrgebietes, wie Essen, Dortmund und Duisburg, geplant. Die neue Offsetdruckerei Kettwig der Axel Springer Verlag AG wird lediglich die Aufgaben der bisherigen Druckorte Essen und Köln übernehmen und die regionalen Auflagenteile der Bild-Zeitung für Nordrhein-Westfalen in Offset drucken. Bei den erwähnten Redakteuren handelt es sich im wesentlichen um die Redakteure, die bisher noch im Außendruckort Essen tätig sind und künftig ihre Arbeit in Kettwig fortsetzen werden." Die obige Antwort des Verlages beschränkt sich zwar in der unmittelbaren Aussage darauf, Ihre Frage in Beziehung zu einer dementierten Meldung zu setzen. Dennoch möchte ich davon ausgehen, daß sich die Frage nach Schutzmaßnahmen für kleine und mittlere Zeitungsverleger beim derzeitigen Informationsstand noch nicht stellt. Anlage 122 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 30. März 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Geldner (FDP) (Drucksache 7/433 Frage B 22) : Wie ist der derzeitige Stand der Wildtollwut in unserem Land, und welche Gefahr für Mensch und Tier geht von dieser Seuche aus? Das Tollwutgeschehen in der Bundesrepublik wird — wie in weiten Teilen des westeuropäischen Raumes — von Wild getragen (silvatische Tollwut). In den letzten 10 Jahren erkrankten und starben insgesamt etwa 35 000 Tiere an Tollwut, davon rund 28 000 Wildtiere und unter diesen ca. 23 000 Füchse. Die Zahl der Tollwutfälle dürfte in Wirklichkeit höher sein, da nicht alle an Tollwut gestorbenen Wildtiere gefunden bzw. untersucht werden. Allein im Jahre 1972 wurde Tollwut bei 451 Haustieren (76 Hunde, 85 Katzen, 240 Rinder und 50 sonstige Haustiere), 1 949 Füchsen und 292 Stück anderem Wild (u. a. 152 Rehe) festgestellt. Der Fuchs ist ständig mit einem Anteil von 65-70 % aller bekannten Tollwutfälle am derzeitigen Seuchengeschehen beteiligt. Er stellt in der Bundesrepublik wie auch in anderen Ländern, in denen die Tollwut von Wild getragen wird, das Virusreservoir dar. Der Fuchs überträgt die Seuche immer wieder auf anderes Wild, vor allem aber auch auf Haustiere, wodurch der Mensch in besonderem Maße der Gefahr einer Tollwutinfektion ausgesetzt wird. Das Vorkommen der Wildtollwut erstreckt sich nahezu über die gesamte Bundesrepublik. Maßnahmen, mit denen die Tollwut ursächlich bekämpft werden soll, müssen sich deshalb gegen den Hauptträger und -verbreiter der Tollwut, den Fuchs, richten. Die Tollwut verläuft absolut tödlich, eine Behandlungsmöglichkeit gibt es nicht. Das Tollwutvirus ist im Speichel der tollwutkranken Tiere angereichert und wird durch Biß oder auch Kontakt von Speichel mit Schleimhäuten (z. B. Auge) auf andere Tiere und den Menschen übertragen. Da das Verhalten der tollwutkranken Tiere verändert ist — Wildtiere werden in vielen Fällen „zahm" und verlieren jede Scheu —, sind insbesondere auch Kinder gefährdet, die mit diesen Tieren spielen. Seit Kriegsende sind in der Bundesrepublik Deutschland 5 Menschen an Tollwut gestorben. Jährlich müssen sich ca. 5 000 Personen, die Kontakt mit tollwutkranken Tieren hatten, einer Tollwutschutzimpfung unterziehen. Abgesehen von der psychischen Belastung, zu wissen, mit Tollwutvirus infiziert und bei Auftreten von Krankheitssymptomen unrettbar verloren zu sein, ist die in solchen Fällen als einzig mögliche Rettungsmaßnahme einzuleitende Schutzimpfung äußerst unangenehm und noch dazu nicht ungefährlich, da im Verhältnis von etwa 1 : 2 000 schwere neurologische Komplikationen mit bleibenden gesundheitlichen Schäden bei den geimpften Personen auftreten. Anlage 123 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 2. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Geldner (FDP) (Drucksache 7/433 Frage B 23) : Ist das immer wieder zu beobachtende „Flämmen von Hecken und Bodendecken nach geltendem Recht erlaubt, und welcher Schaden entsteht dadurch? Flämmverbote sind in erster Linie eine Frage des Naturschutzes. Entsprechende Regelungen sind im Naturschutzrecht der Bundesländer enthalten. Bundesrechtliche Bestimmungen hierzu bestehen nicht. In allen Bundesländern ist das Flämmen in bestimmten Zeiten außerhalb der Haupt-Vegetationsperiode verboten. Die Zeitpunkte sind im einzelnen unterschiedlich und entsprechen den jeweiligen räumlichen Notwendigkeiten. Durch das Flämmen entstehen Schäden in der Vegetation und Tierwelt, insbesondere auch in der Kleinlebewelt der oberen Bodenschichten. Betroffen werden auch Nist- und Brutstätten einschließlich der in ihnen befindlichen Jungtiere. Das Flämmen kann zu ökologischer Verarmung und Instabilität im Gleichgewicht des Naturhaushalts führen. Schäden können ferner durch unkontrolliertes Übergreifen der Brände entstehen, insbesondere auf Wälder, aber auch auf Wohngrundstücke und Gebäude. Anlage 124 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 2. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Kiechle (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 24) : Welches Ergebnis hatten die von der Bundesrepublik Deutschland vor geraumer Zeit eingeleitete Prüfung und die mit der holländischen Regierung geführten Gespräche hinsichtlich holländischen Niedrigpreiseinfuhren von Kartoffelstärke in die Bundesrepublik Deutschland, und zu welchen Folgerungen sieht sich die Bundesregierung veranlaßt? Die von der Bundesregierung eingeleitete Prüfung der rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen im Zusammenhang mit der Produktion von Kartoffelstärke in den Niederlanden und den Lieferungen von Kartoffelstärke in die Bundesrepublik Deutschland ist noch nicht abgeschlossen, weil der Sachverhalt in einigen Punkten bisher nicht hinreichend geklärt werden konnte. Die Gespräche mit der niederländischen Regierung müssen deshalb fortgesetzt werden. Meine Bemühungen sind nach wie vor darauf gerichtet, den anomalen Druck der niederländischen Industrie auf den deutschen Markt zu vermindern. Über das Ergebnis meiner Bemühungen werde ich Sie unterrichten. Anlage 125 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 3. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Mertes (Stuttgart) (FDP) (Drucksache 7/433 Fragen B 25 und 26) : Kann die Bundesregierung zur Versachlichung der gegenwärtigen Agrarpreisdiskussion anhand einiger Beispiele (Rindfleisch, Zucker, Getreide, Milch) die Auswirkungen von Preisanhebungen in der EWG auf die Verbraucher und die Landwirte in der Bundesrepublik Deutschland aufzeigen? Kann die Bundesregierung erklären, wie es zu den unterschiedlichen Darstellungen zu den Auswirkungen von Preisanhebungen gegenüber der Öffentlichkeit bei der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände und dem Deutschen Bauernverband kommt? Die Auswirkungen von Preisbeschlüssen der EWG auf die Erzeugerpreise der Landwirte hängen von der Marktsituation bei den einzelnen Produkten ab. Wenn ,die Marktpreise auf dem Niveau der Marktordnungspreise (Interventionspreise) liegen, so ist eine unmittelbare Auswirkung der durch die EWG beschlossenen Preisanhebungen in voller Höhe auf die Marktpreise und damit auch auf die Erzeugerpreise zu erwarten. Eine Anhebung der Interventionspreise um 2,76 %, wie die EG-Kommission vorschlägt, dürfte also etwa bei Milch, Zuckerrüben und Getreide voll bis zum Marktpreis durchschlagen, wenn sich nicht infolge einer Angebotsverknappung die Marktpreise vom Interventionspreis abheben. Bei Rindfleisch liegt der Marktpreis zur Zeit erheblich über dem Orientierungspreis. Eine Erhöhung des Orientierungspreises würde sich bei der derzeitigen Marktsituation wahrscheinlich nur zu einem Teil auswirken. Die Anhebung verhindert jedoch in Zukunft ein Absinken der Marktpreise unter die angehobenen Orientierungspreise, sobald auf Grund größeren Angebots die Preise unter Druck geraten; das ist jedoch im Jahre 1973 noch nicht zu erwarten. Bei der Beurteilung möglicher Auswirkungen von Preisbeschlüssen der EWG auf die Verbraucherpreise für Nahrungsmittel ist zu bedenken, daß der Erzeugeranteil am Verbraucherpreis für Nahrungsmittel immer weniger preisbestimmend wird. Dieser Erzeugeranteil liegt zwischen 12 % bei Brot und Backwaren und 87 % bei Eiern und macht im Durchschnitt aller Produktgruppen nur noch rd. 48 % aus. Von gleicher Bedeutung wie die Entwicklung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise ist die Gestaltung der übrigen Kostenfaktoren in den Bereichen der Bearbeitung, Verarbeitung und Verteilung. Die verstärkte Nachfrage infolge der gestiegenen Einkommen wirkt sich besonders bei Fleisch weitgehend preisbestimmend aus. Auch die zunehmenden Qualitätsanforderungen der Verbraucher haben Kostensteigerungen zur Folge. Die sich etwa bei Milchprodukten, Zucker und Getreideerzeugnissen auswirkenden Preisanhebungen dürften daher auf jeden Fall hinter dem konjunkturell, kosten- und nachfragebedingten Preisauftrieb zurückbleiben. Die Stellungnahmen des Deutschen Bauernverbandes und der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher zu möglichen Auswirkungen der Preisbeschlüsse auf die Verbraucherpreise können allenfalls hinsichtlich ihrer allgemeinen Zielsetzung beurteilt werden. Quantifizierte Äußerungen liegen bisher von beiden genannten Organisationen nicht vor. Die Landwirtschaft kann von Einkommensverbesserungen nicht ausgeschlossen werden. Da die laufenden Kostensteigerungen auch diesen Wirtschaftsbereich belasten, sind die Forderungen der landwirtschaftlichen Erzeuger nach höheren Preisen somit verständlich. Andererseits ist das in den bisher zu- rückhaltenden Äußerungen der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher deutlich werdende Anliegen einer konsequenten Stabilitätspolitik und einer Dämpfung des Preisauftriebs besonders zugunsten der einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen durchaus vertretbar. Anlage 126 Antwort des Parl. Staatssekretärs Logemann vom 2. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Immer (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 27) : Wie gewährleistet die Bundesregierung bei der Neufassung des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege, daß die Benutzung von Wegen für das Reiten nicht eingeschränkt wird, zumal dieser Sport infolge vergrößerter Pferdebestände ein zunehmend wichtiger Faktor für die Erweiterung des Fremdenverkehrs, für eine produktneutrale Landnutzung und für die Verbesserung der Einkommenssituation der Landwirte im Bereich der Grenzertragsböden darstellt? Es ist wohl unstrittig, daß das Reiten in Wald und Flur als eine von vielen Formen der Erholungsbetätigung einer sachgerechten Regelung bedarf. Nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzentwurfs über Naturschutz und Landschaftspflege (BundesratsDrucksache 208/73) sowie nach § 12 Abs. 2 des Entwurfs eines Bundeswaldgesetzes (Bundesrats-Drucksache 207/73) wird das Reiten in Wald und Flur insoweit gestattet, als hierfür eine besondere Befugnis vorliegt oder Wege und sonstige Flächen dafür besonders bestimmt sind. Die Gestattung des unbeschränkten Betretens und Befahrens des Waldes und der Flur würde über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums hinausgehen. Da das Reiten stärkere Einwirkungen auf Wald und Flur sowie auf andere Erholungssuchende zur Folge hat als das Wandern, liegt eine räumliche Trennung der verschiedenen Verkehrsarten und Freizeitbetätigungen in möglichst weitgehendem Umfang im Interesse der Mehrheit der Waldbesucher und ist zur Aufrechterhaltung der Ordnung in Wald und Flur und zum Schutz des Grundeigentums erforderlich. Der Gesetzgeber soll mit dieser Regelung einen Rahmen festlegen. Wo und unter welchen Bedingungen im Einzelfall das Reiten zugelassen werden soll, sollten die Beteiligten örtlich oder regional selbst bestimmen können und dabei die von Ihnen angeführten ökonomischen Gesichtspunkte angemessen berücksichtigen. Anlage 127 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 9. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 28 und 29) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Antragstellern, die sich nach Baudarlehen für Eigenheime erkundigen, einen Vordruck des Inhalts zusendet, daß zur Mitfinanzierung von Eigenheimen keine Mittel mehr zur Verfügung gestellt werden können? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß zwischen den Absätzen 1 und 3 dieses Vordrucks ein Widerspruch besteht, wenn einmal darauf hingewiesen wird, daß die starke Nachfrage die Mittel für 1973 bereits erschöpft habe, zum anderen aber festgestellt wird, daß die durch das Rentenreformgesetz von 1972 veränderte finanzielle Lage keine langfristigen Anlagen, z. B. zur Mitfinanzierung von Eigenheimen, mehr zulasse? Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) hat mitgeteilt, daß die finanziellen Auswirkungen des Rentenreformgesetzes und die ab 1975 zu erwartenden Zahlungen der BfA an die Rentenversicherung der Arbeiter im Rahmen des 1969 beschlossenen Finanzausgleichs in Zukunft langfristige Anlagen in dem von Ihnen genannten Sinne auch bei der Angestelltenversicherung nicht mehr zulassen. Zwischen den Absätzen 1 und 3 des von Ihnen zitierten Vordrucks ist kein Widerspruch zu sehen, da in den beiden Absätzen unterschiedliche Sachverhalte angesprochen werden. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat sich zwar im laufenden Haushaltsjahr 1973 noch in der Lage gesehen, Mittel zur Förderung des Eigenheimbaues des Versicherten bereitzustellen. Nachdem aber die für 1973 bereitgestellten Mittel — infolge der großen Nachfrage nach diesen Darlehen — ausgeschöpft sind, ist im laufenden Haushaltsjahr keine weitere Hypothekengewährung mehr möglich. Hierauf bezieht sich der Absatz 1 des von der BfA verwendeten Vordrucks. Ab 1974 sieht sich die Selbstverwaltung der BfA aus den angeführten Gründen nicht mehr in der Lage, solche Mittel bereitzustellen. Auf diesen Sachverhalt weist Absatz 3 des Vordrucks hin. Anlage 128 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 9. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 30) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß zahlreiche Rentner in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten dadurch kommen, daß sie sich zu einem früheren Zeitpunkt von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien ließen, um Aufnahme in einer privaten Krankenversicherung zu finden, heute aber infolge der erheblich gestiegenen Beitragslasten für die Krankenversicherung mit dem Zuschuß der Bundesanstalt für Angestellte nicht mehr auskommen können und deshalb aus materiellen Gründen den Wiedereintritt in eine freiwillige Ersatzkrankenkasse anstreben, und ist die Bundesregierung bereit, die gesetzlichen Möglichkeiten zu schaffen, daß die einmal ausgesprochene Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht rückgängig gemacht werden kann? Seit dem 1. Januar 1968 sind alle Rentner und Rentenantragsteller in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Wer bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist, Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1529* kann die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragen (§ 173 a Reichsversicherungsordnung). Der Gesetzgeber hat in der genannten Vorschrift ausdrücklich bestimmt, daß die Befreiung unwiderruflich ist und wollte damit dem Grundsatz der Solidarität der Versichertengemeinschaft Rechnung tragen. Seinerzeit ist dieser Sachverhalt eingehend in den parlamentarischen Beratungen erörtert worden. Die Betroffenen sind darauf aufmerksam gemacht worden, sich über die Wirkung der Befreiung von der Versicherungspflicht zu informieren und ihre Entscheidung erst dann zu treffen, nachdem das Für und Wider sorgfältig gegeneinander abgewogen worden ist. Anlage 129 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 9. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kater (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen B 31 und 32) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode erreichen will, daß die Ansprüche der Arbeitnehmer auf eine Betriebsrente nicht verfallen sollen, wenn der Arbeitnehmer aus dem Unternehmen ausscheidet? Ist bei der beabsichtigten gesetzlichen Regelung der Betriebsrentenansprüche der Arbeitnehmer auch beabsichtigt, daß die Anrechnung anderer Versorgungsbezüge eingeschränkt und die betriebliche Altersversorgung der flexiblen Altersgrenze in der gesetzlichen Altersversicherung angeglichen wird? Es trifft zu, daß im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ein Gesetzentwurf vorbereitet wird, der auf arbeitsrechtlichem Wege drei Problemkreise der betrieblichen Altersversorgung gesetzlich regeln soll: i. Die weitgehende Beseitigung der Verfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften beim Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen vor Eintritt des Versorgungsfalles, 2. Die Einschränkung der Anrechenbarkeit anderweitiger Versorgungsbezüge auf die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, 3. Die Angleichung der betrieblichen Altersversorgung an die flexible Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung. Es ist beabsichtigt, den Gesetzentwurf so bald wie möglich dem Kabinett zur Beschlußfassung zuzuleiten. Anlage 130 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 9. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Seibert (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 33) : Hält die Bundesregierung die Errichtung eines einheitlichen sozialärztlichen Dienstes für die gesamte Sozial- und Arbeitslosenversicherung für zweckmäßig, und beabsichtigt sie dazu eine entsprechende Gesetzesinitiative? Im Rahmen der Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung ist die durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung berufene Sachverständigenkommission auch mit der Prüfung von Fragen betraut worden, die sich auf den Vertrauensärztlichen Dienst der Krankenversicherung beziehen. Ob und ggf. welche bei den einzelnen Sozialleistungsträgern bestehenden ärztlichen Dienste organisatorisch zusammengefaßt werden können und wie die sozialmedizinische Betreuung der Versicherten verbessert werden kann, ist Gegenstand dieser Beratungen. Darin ist das Problem einbezogen, daß aus dem Nebeneinander der verschiedenen ärztlichen Dienste für die Versicherten Unzuträglichkeiten entstehen können. Die Kommission hat einen Ausschuß gebildet, der zu diesen Fragen alle mit der Weiterentwicklung des Vertrauensärztlichen Dienstes zusammenhängenden Fragen berät. Die Bundesregierung wartet das Ergebnis dieser Beratungen ab. Anlage 131 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 9. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 34) : Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, auch den Schwerbehinderten (Zivilbeschädigte über 50 °/o und mit 35 Versicherungsjahren) das Recht auf Altersrente mit Vollendung des 62. Lebensjahrs einzuräumen? Nach geltendem Recht können Personen, die anerkannte Schwerbeschädigte im Sinne des § 1 des Schwerbeschädigtengesetzes oder berufsunfähig oder erwerbsunfähig im Sinne der Rentengesetze sind, das flexible Altersruhegeld bereits von der Vollendung des 62. Lebensjahres an beanspruchen, wenn sie wenigstens 35 anrechnungsfähige Versicherungsjahre zurückgelegt haben. In seiner derzeitigen Fassung stellt das Schwerbeschädigtengesetz auf die Ursache der Schädigung ab (kausale Betrachtungsweise). Es bezieht nur Personen ein, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Gesundheitsschadens durch Kriegsdienst, unmittelbare Kriegseinwirkung, Internierung, Kriegsgefangenschaft, nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen, politische Haft, Impfschaden, Arbeitsunfall, Dienstunfall oder Berufskrankheit um mindestens 50 v. H. gemindert ist. Blinde gehören zu dem vom Schwerbeschädigtengesetz erfaßten Personenkreis allerdings ohne Rücksicht auf die Ursache der Blindheit. Die Bundesregierung hat inzwischen den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts beschlossen, der den begünstigten Personenkreis dadurch erheblich erweitert, daß es künftig nicht mehr auf die Ursache der Schädi- 1530* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 gung, sondern nur auf die Schädigung an sich ankommt (finale Betrachtungsweise). Nach Inkrafttreten dieses Gesetzes werden die von Ihnen genannten Zivilbeschädigten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 v. H. zu den Schwerbehinderten gehören, die bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen das Altersruhegeld bereits von der Vollendung des 62. Lebensjahres an in Anspruch nehmen können. Anlage 132 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rohde vom 9. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Link (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 35) : Hält es die Bundesregierung auf Grund der Fortführung der Rentenreform für möglich, auch für solche Versicherungszeiten Beiträge nachzuentrichten, für die früher bereits freiwillige Beiträge geleistet worden sind, also gleichsam diese früheren Beiträge „aufzustocken"? Bisher kennt das Recht der gesetzlichen Rentenversicherungen die Möglichkeit der Aufstockung von Beiträgen nicht. Das Rentenreformgesetz, das eine Nachentrichtung von Beiträgen in bisher unbekannten Größenordnungen ermöglicht, gibt jedoch Anlaß, auch über eine Nachentrichtungsmöglichkeit für diejenigen Versicherten nachzudenken, die in der Vergangenheit „Lücken" dadurch haben, daß nur niedrige Beiträge entrichtet wurden. In meinem Hause soll daher geprüft werden, ob eine Aufstockung von früher entrichteten Beiträgen zugelassen werden kann oder nicht. Falls diese Prüfung zu einem positiven Ergebnis kommen sollte, wird man allerdings eine eventuelle Aufstockungsmöglichkeit kaum auf die früheren freiwilligen Beiträge beschränken können. Anlage 133 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 9. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Sperling (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 36) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß für Ingenieure eine Ausbildung im Refa-Bereich nur dann sinnvoll ist, wenn diese berufliche Fortbildung neben der Refa-Grund- und Fachausbildung einen Abschluß mit dem Seminar „Industrial Engineering" erreicht, und ist die Bundesregierung deshalb bereit, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Anwendung des § 24 Abs. 1 Satz 2 der Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung auf die Refa-Ausbildung einschließlich des abschließenden Seminars „Industrial Engineering" sicherzustellen? Der Kern Ihrer Frage berührt § 2 Absatz 1 Satz 2 der Anordnung der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 (AFuU) sowie § 24 Abs. 1 Satz 2 der Anordnung der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung Behinderter vom 2. Juli 1970 (A-Reha). Danach werden auch bestimmte Lehrgänge, die neben der Berufsausbildung besucht werden, der Berufsausbildung selbst zugeordnet und daher im Rahmen der Fortbildungsförderung von der Bundesanstalt für Arbeit nicht gefördert. Zur Beantwortung Ihrer Fragen kommt es darauf an, welche Anforderungen die Wirtschaft an die berufliche Qualifikation der REFA-Ingenieure stellt und unter welchen Bedingungen eine Arbeitsvermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich ist. Ich habe deshalb zunächst den Herrn Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit um entsprechende Stellungnahme und num Mitteilung über die bisherigen Erfahrungen der Bundesanstalt gebeten. Anlage 134 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 37 und 38) : Wann werden die Lärmschutzbereiche gemäß dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 für die militärischen Flugplätze Brüggen /Elmpt und Wildenrath, Krs. Heinsberg, festgesetzt sein? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bevölkerung des Orts Elmpt wegen der besonderen Lage ihres Orts zum Flugplatz Brüggen/Elmpt zusätzlich zum Lärm des Flugbetriebs erheblichen Belästigungen durch Geräusche ausgesetzt ist, die vorn Bodenbetrieb dieses Flugplatzes ausgehen, und welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um diese Geräusche auf das unvermeidbare Mindestmaß (I 29 b des Luftverkehrsgesetzes) zu beschränken? Zur Berechnung und Festsetzung der Lärmschutzbereiche ermittelt die Royal Air Force zur Zeit die An- und Abflugwege, die Häufigkeit der Flugbewegungen auf den einzelnen Flugwegen sowie andere wesentliche Daten des Flugbetriebes auf den beiden Flugplätzen. Weiter ist für die Berechnung des Lärmschutzbereiches um den Flugplatz Wildenrath die Anfertigung eines „Lärmbildes" des Harrier-Triebwerkes erforderlich. Der Britische Verbindungsstab in Bonn (Headquarters Joint Services Liaison Organisation — HQ JSLO --) wurde vom Bundesministerium der Verteidigung außerdem gebeten, darauf hinzuwirken, daß auch die Flugzeuge des Typs Harrier dieselben Flugwege benutzen, wie sie bisher von Militär-Flugzeugen anderen Typs (Nicht-Senkrechtstartern) beflogen worden sind, damit die Anzahl der vom Fluglärm betroffenen Wohngebiete begrenzt bleibt. Mit der Festsetzung der Lärmschutzbereiche für beide Flugplätze kann — wie ich bereits in meinem Schreiben vom 16. Januar 1973 ausführte noch in diesem Jahr gerechnet werden. Die Kriterien der NATO sehen für Flugplätze keine Lärmdämpfungsvorrichtungen gegen Boden- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1531* lärm vor; die NATO stellt somit auch keine Mittel für den Bau derartiger Anlagen zur Verfügung. Dennoch hat die Bundeswehr auf den von ihr benutzten NATO-Flugplätzen Lärmschutzhallen zur Verminderung der Auswirkungen des Triebwerklärms gebaut, die aus Mitteln des deutschen Verteidigungshaushalts finanziert wurden. Bemühungen des Bundesministeriums der Verteidigung im Jahre 1967, auch die britischen Streitkräfte zum Bau von Lärmschutzeinrichtungen zu veranlassen, sind zunächst ohne Erfolg geblieben. Die britischen Streitkräfte beriefen sich wegen ihrer ablehnenden Haltung auf die NATO-Kriterien. Fortgesetzte Vorstellungen des Bundesministers der Verteidigung haben schließlich doch dazu geführt, daß auch die britischen Streitkräfte auf den von ihnen benutzten Flugplätzen in Deutschland — so auch in Brüggen — Vorkehrungen zur Dämpfung der Triebwerkgeräusche am Boden getroffen haben. Auf dem Flugplatz Brüggen sind bisher vier Triebwerk-Prüfanlagen errichtet worden, davon zwei Prüfansagen für ausgebaute Triebwerke mit je einem Strahlrohr in einer schallgedämmten Kabine und einer Schalldruckvernichtungsanlage mit nach oben gerichteter Ausblastrompete; -- eine Prüfanlage für ganze Flugzeuge, die den oben beschriebenen beiden Prüfanlagen entspricht, und --- eine Prüfanlage, die mit Strahlablenkungsvorrichtungen versehen ist. Die Bundesregierung kann auf den Betrieb der von der britischen Luftwaffe benutzten NATO-Flugplätze nicht unmittelbar einwirken. Das Bundesministerium der Verteidigung wird aber über HQ JSLO die britische Luftwaffe von den Klagen der Bevölkerung unterrichten und sie bitten, die Möglichkeiten weiterer Maßnahmen zur Verringerung des unvermeidbaren Triebwerklärms zu prüfen. Anlage 135 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 39) : Warum wurde das Wohnungsbauvorhaben Braubach für Bedienstete der Bundeswehr bisher noch nicht ausgeführt, obwohl die Genehmigung dafür seit langem vorliegt? Die Durchführung des Bauvorhabens Braubach — Bau von 20 Bundesdarlehenswohnungen für Angehörige der Bundeswehr-Depots Gemmerich und Dachsenhausen — ist zunächst zurückgestellt worden, da zur Zeit lediglich ein Bedarf für 3 bis 8 Wohnungen besteht. Dieser Bedarf kann erfahrungsgemäß durch Wohnungen des freien Marktes und einer Familienheimförderung abgedeckt werden, so daß sich unter Umständen der Bau von Bundesdarlehenswohnungen erübrigt. Zur Vermeidung von Fehlplanungen und späteren Besetzungsschwierigkeiten für Bundesdarlehenswohnungen in Braubach ist daher zunächst die weitere Entwicklung des Wohnungsbedarfs abzuwarten. Anlage 136 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Walther (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen B 40 und 41) : Trifft es zu, daß die Kreisstraße Nr. 52 im Landkreis Kassel im Bereich der Gemeinde Reinhardshagen bei Weser-km 11,4 zu einer Ersatzübergangsstelle ausgebaut und insbesondere für den Manöverbetrieb der Bundeswehr Verwendung finden soll? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Gemeinde Reinhardshagen in besonderer Weise wirtschaftlich vom Fremdenverkehr abhängig ist, und teilt sie deshalb die Besorgnis der Gemeinde darüber, daß durch einen schwerpunktmäßig ausgeübten Manöverbetrieb in diesem Bereich der Fremdenverkehr nachhaltig beeinträchtigt wird, und wie will die Bundesregierung dieser Besorgnis Rechnung tragen? Ein Ausbau der Kreisstraße Nr. 52 zu einer Ersatzübergangsstelle bei Weser-km 11,4 ist nicht vorgesehen. Sollte eine vom Bundesministerium der Verteidigung inzwischen angeordnete Nachprüfung ergeben, daß im Bereich Reinhardshagen überdurchschnittlich viele militärische Übungen stattfinden, wird mit den zuständigen Landesbehörden geprüft werden, inwieweit Abhilfe möglich ist. Über das Ergebnis der Prüfung werde ich Sie unterrichten. Anlage 137 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hammans (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 42) : Wann hat der Bundesminister der Verteidigung der britischen Royal Air-Force gestattet, in der sogenannten Venloer Heide in der Stadt Nettetal, Kreis Kempen-Krefeld, einen Landeplatz für den Senkrechtstarter Harrier zu bauen? Das Übungsgelände Die Leuth" ist nach Kriegsende aufgrund des seinerzeit geltenden Besatzungsrechtes von der damaligen britischen Besatzungsmacht beschlagnahmt worden. Seitdem wird es von britischen Streitkräften benutzt. Das Benutzungsrecht beruht nach dem 5. Mai 1955 auf zwischenstaatlichen, vom Deutschen Bundestag ratifizierten Verträgen. Seit dem 1. Juli 1963 gelten die Bestimmungen des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut. Diese berechtigen die britischen Streitkräfte, die ihnen überlassenen Liegenschaften in dem zur Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten erforderlichen Umfange zu benutzen und die hierzu notwendigen 1532' Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Maßnahmen zu treffen. Dazu gehören die An- und Abflugübungen der „Harrier"-Flugzeuge und die Herrichtung von Anlagen, die diese Übungen ermöglichen. Die Anlegung der befestigten Fläche bedurfte mithin keiner Genehmigung von deutscher Seite. Infolgedessen hat auch das Bundesministerium der Verteidigung der britischen Luftwaffe eine Genehmigung zur Anlegung eines Landeplatzes für Flugzeuge des Typs „Harrier (V/STOL) " nicht erteilt. Anlage 138 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 43) : Ist die Bundesregierung in der Lage, definitiv zu erklären, wann die 1. und wann die 2. Baustufe des geplanten Bundeswehrkrankenhauses in Ulm /Donau (Eselsberg) begonnen und inwieweit diese Bundeswehrklinik organisatorisch in den Gesamtbereich der Universität Ulm eingegliedert werden wird, damit u. a. auch eine Entlastung der Bettenbelegung in den Ulmer Universitätskliniken erreicht werden kann? Planung und Bauausführung des Bundeswehrkrankenhauses unterscheiden keine 1. und 2. Baustufe. Mit dem Bau der Technischen Versorgungszentrale wurde 1972 begonnen. Die Fertigstellung des gesamten Bundeswehrkrankenhauses ist für Ende 1977 vorgesehen. Von einer organisatorischen Eingliederung des Bundeswehrkrankenhauses in den Gesamtbereich der Universität Ulm kann nicht gesprochen werden. Die beiden Institutionen werden in Lehre und Ausbildung eng zusammenarbeiten. Hierbei schließt die Ausbildung der Studierenden der Universität am Krankenbett auch die Patienten des Bundeswehrkrankenhauses ein. Um dieses zu ermöglichen, wurden aufgrund von Forderungen des Landes zusätzliche Räume und Einrichtungen für Lehre und Ausbildung im Bundeswehrkrankenhaus geplant, deren Kosten vom Land Baden-Württemberg getragen werden. Eine Entlastung der Bettenbelegung in den Ulmer Universitätskliniken ist durch den Bau des Bundeswehrkrankenhauses nicht gegeben, weil die vorgesehene Bettenzahl nach dem Bedarf der Bundeswehr ermittelt ist. Unter Berücksichtigung der gegebenen Verhältnisse wird vom Land Baden-Württemberg die Technische Versorgungszentrale für Wärme, Kälte und elektrische Energie unter Kostenbeteiligung des Bundes errichtet, aus der die Universität und das Bundeswehrkrankenhaus versorgt werden. Anlage 139 Antwort des Parl Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Klein (Stolberg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 44 und 45) : Trifft es zu, daß in der „Schule technische Truppen I" in Aachen ein erheblicher Personalmangel bei den technischen Ausbildern besteht und infolgedessen ganze Ausbildungsabschnitte in den Unteroffiziers-, Feldwebel- und Meisterlehrgängen ausfallen? Bejahendenfalls, welche Ursachen für die genannten Mißstände sieht die Bundesregierung, und welche Maßnahmen wird sie dagegen ergreifen? Die Schule der Technischen Truppe I (STTr I) in Aachen ist die zentrale Ausbildungsstätte für die gesamte Materialerhaltung des Heeresgerätes. Für diesen Ausbildungsauftrag benötigt sie eine große Anzahl von Ausbildern verschiedener fachtechnischer Qualifikationen, wie z. B. Meister, Techniker und Ingenieure der Fachrichtung Maschinenbau und Elektrotechnik. Trotz der organisatorischen Änderungen und personellen Umschichtungen durch die Neuordnung der Ausbildung und Bildung — besonders im Bereich der Unteroffiziere — und durch die Umorganisation des Schulbereichs im „Großraum Aachen" ist die Personallage der Unteroffiziere und Offiziere zwar angespannt, insgesamt aber an der Schule als befriedigend anzusehen. Alle genehmigten Planstellen sind besetzt. Bisher sind keine Ausbildungsabschnitte in den Unteroffizier-, Feldwebel- und Meister-Lehrgängen ausgefallen. Wenn dennoch in einigen Teilbereichen der Ausbildung Schwierigkeiten auftreten, hat dies vor allem folgende Ursachen: — Der Ausbildungsauftrag der STTr I ist erweitert worden. — Durch den Wechsel der Ausbildungskonzeption hat sich ein zeitlich begrenzter „Stau" von Auszubildenden in fachtechnischen Bereichen, insbesonders in der Ausbildung zum „staatlich geprüften Techniker", ergeben. — Alle Unteroffiziere der Technischen Truppe/ Instandsetzung können aus fachlichen und organisatorischen Gründen nur an dieser Schule ausgebildet werden. — der notwendige Ausbau zivilberuflich anerkannter Ausbildungsabschnitte ist aus infrastrukturellen und organisatorischen Gründen beschränkt. — Die für eine rationellere Ausbildung wünschenswerten didaktischen und methodischen Maßnahmen konnten noch nicht in vollem Umfang realisiert werden. Zur Verbesserung dieser Situation wurden nachstehende Maßnahmen eingeleitet: — Eine den neuen Ausbildungsaufträgen angepaßte Betriebsorganisation und STAN der Schule. — Eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung des Schulpersonals. — Eine vermehrte Anwendung neuer Ausbildungsmethoden, wie programmierte Unterweisung und der Einsatz audiovisueller Ausbildungshilfen. -- Die Einführung neuer Verwendungsreihen, die auch Ausbildungsfunktionen vermehrt berücksichtigen. Anlage 140 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 46) : Hält es die Bundesregierung nicht für eine durch den Wehrdienst entstehende besondere persönliche Härte im Sinne von § 12 Abs. 4 des Wehrpflichtgesetzes, wenn ein Wehrpflichtiger vor der Einberufung die Qualifikation für eine Fachhochschule besitzt, diese aber im Laufe seiner Wehrdienstzeit durch Änderung der Autnanmebestimmungen wieder verliert? Die geltenden Fachhochschulgesetze der Bundesländer fordern als Voraussetzung für die Zulassung zum Studium an der Fachhochschule die Fachhochschulreife. Der Bundesregierung ist nichts darüber bekannt, daß eine Änderung dieser Zulassungsvoraussetzungen beabsichtigt wäre. Mit der Entstehung von Härten für Wehrpflichtige mußte allerdings in Verbindung mit der Umwandlung der früheren Ingenieurschulen und sonstigen höheren Fachschulen in Fachhochschulen gerechnet werden. Der Bundesminister der Verteidigung hat daher bereits zu Beginn der Diskussion über diese Frage darauf hingewiesen, daß Wehrpflichtigen, die sich im Zeitpunkt der Umstellung als Soldaten bei der Bundeswehr befänden, kein Nachteil entstehen dürfe. Diesem Standpunkt hat sich die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland in ihren Empfehlungen zur Fachhochschulgesetzgebung in den Ländern vom 12. März 1970 angeschlossen. Auf Grund dieser Empfehlung haben die Bundesländer bei der Einrichtung der Fachhochschulen Übergangsregelungen erlassen, die den berechtigten Belangen der wehrpflichtigen Studienbewerber Rechnung tragen. Bewerber, die im Zeitpunkt der Einrichtung der Fachhochschulen (Herbst 1971) die Voraussetzungen für den Besuch einer Ingenieurschule oder gleichrangigen Bildungseinrichtung erfüllten, aber das Studium infolge der Einberufung zum Wehrdienst nicht aufnehmen konnten, oder deren Vorbereitung auf den Besuch einer solchen Anstalt durch die Einberufung über diesen Zeitpunkt hinaus verzögert wurde, werden nach den im einzelnen unterschiedlichen Übergangsregelungen der Bundesländer nach Ableistung des Wehrdienstes auch ohne Fachhochschulreife zum Studium zugelassen. Durch die Einberufung zum Wehrdienst kann in diesen Fällen die trotz fehlender Fachhochschulreife eingeräumte Qualifikation für die Fachhochschule nicht verlorengehen. Im übrigen muß davon ausgegangen werden, daß die in Frage kommenden Wehrpflichtigen ihren Grundwehrdienst inzwischen abgeleistet haben und ihr Studium aufnehmen konnten bzw. noch aufnehmen können. Sofern Wehrpflichtige, die nicht unter die angeführten Übergangsregelungen fallen, von der seit 1969 bestehenden Möglichkeit, die Fachhochschulreife zu erwerben, keinen Gebrauch gemacht haben, haben sie die infolge einer Einberufung bei der Zulassung zum Fachhochschulstudium möglicherweise entstehenden Nachteile selbst zu vertreten. Auf eine besondere Härte einer Einberufung können sie sich deshalb nicht berufen. Anlage 141 Antwort des Parl. Staatsseketärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Klepsch (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 47): Ist die Bundesregierung bereit, mit der Stadt Koblenz Verhandlungen über die seit Jahren von der Bundeswehr mitten im Koblenzer Stadtwald in der Nähe des vielbesuchten Aussichtspunkts Kuhkopf unterhaltenen Geräte- und Munitionslager, über deren Verlegung schon seit langer Zeit gesprochen wurde, mit dem Ziel einer Verlegung der beiden Lager, zumindest des Munitionslagers, aufzunehmen? Die Bundeswehr verhandelt bereits seit 1971 mit der Stadt Koblenz über die Verlegung des Munitions-Lagerteils aus dem Lager „Kuhkopf" und wird diesen Lagerteil auch nach Ausbau eines Ersatzgeländes verlegen. Dies hat der Präsident der Wehrbereichsverwaltung IV der Stadt Koblenz mit Schreiben vom 3. November 1971 mitgeteilt. Vorgesehen ist als Ersatzgelände ein neben der Standortmunitionsniederlage Koblenz-Rosengarten gelegenes und dem Land Rheinland-Pfalz gehörendes Gelände, wegen dessen Überlassung zur Zeit verhandelt wird. Der Verlegung des Gerätelagerteils stehen jedoch Schwierigkeiten entgegen, da trotz allseitigen Bemühens ein geeignetes Ersatzgelände bisher nicht gefunden werden konnte. Sobald dies der Fall ist, wird die Wehrbereichsverwaltung IV entsprechende Verhandlungen aufnehmen. Anlage 142 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelhard (FDP) (Drucksache 7/433 Frage B 48) : 1534* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Bestehen Pläne, den Truppenübungsplatz Kirchholz bei Bad Reichenhall in das Gebiet des Kienberges zwischen Unterjettenberg und Schneizlreuth zu verlegen? Für die Garnison Bad Reichenhall wird ein ausreichend großes Übungsgelände benötigt. Der derzeitige Standortübungsplatz mit einer Fläche von ca. 115 ha ist für eine Garnison von der Größe des Standorts Bad Reichenhall um mehr als 100 ha zu klein. Das Areal Kirchholz bietet sich als Naherholungsgebiet für die Besucher des Staatsbades Bad Reichenhall und für die Gäste von Bayerisch-Gmain in besonderem Maße an. Die Gemeindevertretungen sowohl von Bayerisch-Gmain wie auch von Großgmain (Osterreich) haben sich mehrfach über die vom Übungsplatz Kirchholz ausgehende Lärmbelästigung beschwert und die Verlegung des Platzes beantragt. Es liegt daher im militärischen und zivilen Interesse, für die Einheiten in Bad Reichenhall einen anderen Platz auszuweisen. Die Bayerische Staatskanzlei hat bereits 1968 vorgeschlagen, den Ausbildungs- und Übungsbetrieb für die Garnison Bad Reichenhall auf ein neues Gelände im Raume Oberjettenberg zu verlegen. Das für dieses Vorhaben durchgeführte Anhörungsverfahren wurde mit der Stellungnahme der Bayerischen Staatskanzlei vom 9. Januar 1973 abgeschlossen, die gegen die Verlegung keine grundsätzlichen Bedenken erhoben hat. Es wird angestrebt, das neue Übungsgelände in Benutzung zu nehmen, sobald die Verkehrserschließung geregelt und der notwendige Grunderwerb durchgeführt ist. Anlage 143 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Thürk (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 49 und 50) : Ist die Bundesregierung bereit anzuerkennen, daß aus militärischen, finanziellen und truppenfürsorgerischen Gründen eine unabweisbare Notwendigkeit dafür besteht, die acht im Großraum Saarbrücken stationierten militärischen Dienststellen, die derzeit in zehn z. T. abbruchreifen Miethäusern untergebracht sind, in einem Objekt zusammenzufassen? Ist die Bundesregierung bereit, in Verfolgung der vorstehend beschriebenen Erkenntnis die zuständige Oberfinanzdirektion Saarbrücken zu beauftragen, unverzüglich mit einem saarländischen Unternehmen, das der Oberfinanzdirektion Saarbrücken und dem Herrn Bundesminister der Verteidigung aus Vorbesprechungen bereits bekannt ist, in konkrete Verhandlungen mit dem Ziel des alsbaldigen Ankaufs des angebotenen Geländes nebst aufstehenden Gebäuden zu treten? Das Bundesministerium der Verteidigung bemüht sich bereits seit längerer Zeit, alle Dienststellen und Einheiten der Bundeswehr im Großraum Saabrücken in einem zentralen Liegenschaftsobjekt räumlich zusammenzufassen, und prüft augenblicklich, ob die Liegenschaft eines Saabrücker Bauunternehmers für diese Zwecke geeignet ist. Erst nach Abschluß der noch durchzuführenden baufachlichen Überprüfung ist die Aufnahme von Vertragsverhandlungen möglich. Anlage 144 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 3. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 51) : Teilt die Bundesregierung die in der Tageszeitung „Heilbronner Stimme" verbreitete Auffassung, daß „Babys von sozial schlechter gestellten Müttern offenbar schneller sterben", weil „sozial schlechter gestellte Mütter oft an Magnesiummangel leiden", und welche Maßnahmen gedenkt sie zu ergreifen? Der Bundesregierung stehen keine Informationen zur Verfügung, daß „Babys von sozial schlechter gestellten Müttern offenbar schneller sterben", weil „sozial schlechter gestellte Mütter oft an Magnesiummangel leiden". Das Magnesium ist ein Mineral, daß nur im Zusammenhang mit dem gesamten Mineralhaushalt des Körpers gesehen werden kann. Nach Auskunft von Wissenschaftlern sind Todesfälle von Säuglingen durch Magnesiummangel nicht bekannt. Im übrigen haben vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit veranlaßte Untersuchungen zum Magnesiumgehalt der Kuhmilch keine Hinweise auf einen rückläufigen Magnesiumgehalt ergeben. Sollten wissenschaftlich eindeutige neue Erkenntnisse erweisen, daß ein Magnesiummangel die Säuglingssterblichkeit beeinflußt, wird die Bundesregierung prüfen, ob und wenn ja durch welche Maßnahmen negativer Auswirkungen dieser Tatsache entgegengewirkt werden kann. Anlage 145 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 3. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 52) : Welche Vorstellungen bestehen bei der Bundesregierung, uni endlich ihrerseits die längst erforderliche Harmonisierung des Arzneimittelrechts innerhalb der EWG herbeiführen zu helfen? Entsprechend der Regierungserklärung wird die Bundesregierung einen Entwurf zur umfassenden Neuordnung des Arzneimittelrechts so rechtzeitig einbringen, daß er noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann. Im Rahmen dieser Neuordnung wird auch ein bedeutsamer Beitrag zur Harmonisierung des Arzneimittelrechts innerhalb der Europäischen Gemeinschaft geleistet werden. Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1535* In den Gremien des EG-Ministerrates wird zur Zeit eine Reihe von Richtlinienentwürfen behandelt, die zum Ziel haben, die nationalen Arzneimittelgesetze zu vereinheitlichen und einen gemeinsamen Arzneimittelmarkt zu schaffen. Bei der Harmonisierung des Arzneimittelrechts kommt den gesundheitspolitischen Belangen eine überragende Bedeutung zu. Ich glaube, daß in diesem Bereich bereits ein weitgehendes Einverständnis besteht. Die Hauptschwierigkeit besteht darin, sich über ein kommunitäres Genehmigungssystem zu verständigen. Wir vertreten hierzu die Auffassung, daß es mit der Vereinheitlichung von 9 Arzneimittelgesetzgebungen nicht getan ist, sondern darüber hinaus im Interesse einer raschen Harmonisierung die 9 Genehmigungsverfahren für Arzneispezialitäten durch eines zu ersetzen sind. In diesem Zusammenhang wird in Brüssel die Einführung eines gemeinschaftlichen Ausschußverfahrens erwogen. Ich bin zuversichtlich, daß in Kürze auch darüber Einverständnis erreicht werden kann. Sie wissen, daß sich der EG-Ministerrat in seiner Entschließung zum 31. Oktober 1972 zum Ziel gesetzt hat, spätestens im Juni dieses Jahres eine Entscheidung über den pharmazeutischen Bereich zu treffen Die Bundesregierung wird sich bemühen, hierzu auch weiterhin ihren Beitrag zu leisten. Anlage 146 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 4. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hauser (Bonn-Bad Godesberg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 53 und 54) : Wie beurteilt die Bundesregierung das Problem des Schwerlastwagendurchgangsverkehrs im Großraum Bonn, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, kurzfristig eine Rechtsverordnung zu erlassen bzw. die zuständigen Länderminister zum Erlaß einer Rechtsverordnung zu veranlassen, durch die der Schwerlastwagendurchgangsverkehr von der B 9 im Großraum Bonn in Nord-Süd- und Süd-Nord-Richtung ferngehalten wird? Sind der Bundesregierung Zahlen über die Unfallstatistik im Bereich der B 9 im Raum Bonn bekannt, und ist die Bundesregierung in diesem Zusammenhang bereit, auch aus Gründen der Verkehrssicherheit und Unfallverhütung eine rasche Lösung bezüglich des Schwerlastwagendurchgangsverkehrs im Raum Bonn zugunsten der Bürger herbeizuführen? Die Bundesregierung hat volles Verständnis für die Beschwerden der Anlieger der B 9 in Bonn. Sie hat im Rahmen der durch das Grundgesetz und die Gesetze und Verordnungen des Bundes gegebenen Zuständigkeiten alles getan, um eine baldige Besserung der Verkehrssituation zu erreichen. Ich darf auf folgendes verweisen: 1. Verkehrsrechtliche Maßnahmen: a) In § 45 der ab 1. März 1971 geltenden neuen Straßenverkehrs-Ordnung wurde eine Bestimmung aufgenommen, die es den Straßenverkehrsbehörden ermöglicht, die Benutzung bestimmter Straßen zum Schutz der Nachtruhe in Wohngebieten zu beschränken oder zu verbieten und den Verkehr umzuleiten. Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung ist hierfür jedoch die Zustimmung der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle erforderlich. Die gesetzlichen Möglichkeiten für eine Beschränkung des LKW-Verkehrs auf der B 9 sind demnach gegeben. Es ist allein Sache der zuständigen Landesbehörden, sich darüber schlüssig zu werden, ob und wie diese rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden können. b) Nach Mitteilung des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen ereigneten sich im Jahre 1972 auf der B 9 im Ortsbereich Bonn 450 Verkehrsunfälle (ohne Bagatellunfälle), bei denen 7 Personen getötet und 215 Personen verletzt wurden. Die Bundesregierung hält es für geboten, jede rechtliche Möglichkeit wahrzunehmen, die Unfallhäufigkeit zu reduzieren. Über die Anwendung verkehrslenkender Maßnahmen können nur die zuständigen Landesbehörden entscheiden. 2. Straßenbauliche Maßnahmen: a) Wie Ihnen bekannt sein wird, bemüht sich die Bundesregierung seit langem, die jetzige Ortsdurchfahrt in Mehlem durch den Bau einer parallel zur Bundesbahn verlaufenden 4spurigen Umgehungsstraße zu entlasten. Anfang dieses Jahres hat mein Haus die oberste Straßenbaubehörde des Landes Nordrhein-Westfalen angewiesen, mit den Bauarbeiten zu beginnen. b) Mit Rücksicht auf die schwierige Verkehrssituation im Rheintal und insbesondere in Bonn wurde bereits vor Jahren die linksrheinische Autobahn Krefeld—Ludwigshafen (A 14) geplant. Im Köln-Bonner Raum ist die Teilstrecke Köln (West)—Miel fertiggestellt. Die südlich anschließende Fortsetzung mit Anschluß an die Ahrtalstraße wird Ende 1973/ Anfang 1974 für den Verkehr freigegeben werden. Im übrigen wird angestrebt, die im Zuge der linksrheinischen Autobahn noch vorhandene Lücke zwischen dem Ahrtal und Koblenz bis 1975 zu schließen. Von diesem Zeitpunkt an wird die Autobahn A 14 zwischen Krefeld und Ludwigshafen durchgehend befahren werden können. Damit wird eine wesentliche Verbesserung der Verkehrslage im Rheintal eintreten. Mein Haus hat die Verkehrsministerien der Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz um bald-mögliche Mitteilung über den gegenwärtigen Sachstand gebeten und ist gegebenenfalls zu koordinierender Mithilfe bereit. Anlage 147 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Verhülsdonk (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 55 und 56) : Wird sich der Ausbau der B 40 als Umgehungsstraße zwischen Klein-Winternheim und dem Ortsausgang Nieder-Olm durch die von der Bundesregierung angekündigte Einschränkung des Bundesfernstraßenbaus verzögern? Wenn nein, bleibt es bei den Versprechungen maßgeblicher Stellen, daß mit dem Bau dieses Projekts noch im Jahr 1973 begonnen wird? Der Baubeginn der neuen Umgehungsstraße KleinWinternheim/Nieder-Olm im Zuge der B 40 wird von der Kürzung betroffen werden, sofern es insbesondere nicht gelingt, die Baumaßnahme bei der Verteilung der zu erwartenden Ausgabereste aus dem Jahre 1972 zu berücksichtigen. Im Entwurf zum Straßenbauplan 1973 sind für den Abschnitt Marienborn—Nieder-Olm keine Ausgabemittel vorgesehen. Im Vorentwurf konnte übrigens nur ein Anlaufbetrag von 1 Million DM bei einer Baukostensumme von 55 Millionen DM eingeplant werden. Die Verteilung der Kürzungen auf die Einzelbaumaßnahmen der Bundesstraßen wird zur Zeit überarbeitet. Anlage 148 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 4. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Biehle (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 57 und 58) : Ist es zutreffend, daß beim Planfeststellungsverfahren für das Rasthaus „Riedener Wald" im Zuge der Bundesautobahn zwischen Würzburg und Fulda zwei öffentliche Zufahrten mit dem Anschluß an die Gemeindestraße Rieden-Binsbach vorgesehen, später auch mit erheblichen Steuergeldern ausgebaut, danach aber für den Verkehr gesperrt wurden, obwohl der Verkauf von 50 ha Wald von der Gemeinde Rieden unter dem Gesichtspunkt eines Verkehrsanschlusses erfolgt sein soll? Ist die Bundesregierung bereit, den Verkehrsanschlüssen des dortigen lokalen Raums Rechnung zu tragen und eine Ab- und Zufahrt an der Raststätte „Riedener Wald" zu gestatten? Zu Frage B 57: Es trifft zu, daß zu den beiderseitigen Anlagen des Rasthofes „Riedener Wald" jeweils ein Weg ausgebaut worden ist. Dabei handelt es sich um Wirtschaftswege, die als Zugang für Personal und Lieferanten zu den Autobahn-Nebenbetrieben benötigt werden. Außer diesem Benutzerkreis sind die Zufahrten Einsatzfahrzeugen der Straßenbauverwaltung, der Polizei und der Hilfsdienste zugänglich. Für den öffentlichen Verkehr, für den sie auch zu einem früheren Zeitpunkt nicht bestimmt waren, sind sie gesperrt. Zu Frage B 58: Die Bundesregierung ist nicht bereit, öffentlichen Anschlußverkehr zur Autobahn über ,die rückwärtigen Zufahrten zum Rasthof „Riedener Wald" zuzulassen, denn dadurch würden Sicherheit und Leichtigkeit des Autobahnverkehrs und des Verkehrs innerhalb des Rasthofes gefährdet und der Raststättenbetrieb beeinträchtigt werden. Anlage 149 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 4. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. SchmittVockenhausen (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 59) : Ist der Bundesregierung bewußt, daß die Verpflichtung der Gemeinden, die Baulast der Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen zu übernehmen, wenn sie am Stichtag 50 000 Einwohner haben, bei der kommunalen Neugliederung zu tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten führt und deshalb einer Überprüfung bedarf, und ist die Bundesregierung bereit, gegebenenfalls Übergangsbestimmungen für die Städte zu schaffen, die durch die neue flächenmäßige Ausdehnung sehr kurzfristig besonders stark betroffen sind? Der Bundesregierung sind die Schwierigkeiten bekannt, die entstehen, wenn im Falle kommunaler Gebietsänderungen die Straßenbaulast innerhalb der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen vom Bund auf die Gemeinden übergehen soll. Sie beabsichtigt daher, durch eine Ergänzung des Bundesfernstraßengesetzes die sich aus dem geltenden Recht ergebenden Zweifel zu beseitigen. Die neue Regelung soll den Wechsel der Straßenbaulast infolge kommunaler Neugliederungen besser berücksichtigen. Den Gemeinden soll angemessene Zeit eingeräumt werden, sich auf die Übernahme der Baulast einzustellen. Zu ihrer Entlastung soll ferner die für die kommunale Baulast an Ortsdurchfahrten maßgebende Einwohnerzahl von 50 000 auf 80 000 erhöht werden. Den davon berührten Gemeinden soll entsprechend dem Wunsch der kommunalen Spitzenverbände ein Wahlrecht eingeräumt werden, ob sie die Baulast abgeben oder behalten wollen. Der entsprechende Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes ist in diesen Tagen dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet worden (BR-Drucks. 261/73). Anlage 150 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 4. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache 7/433 Fragen B 60 und 61): Wann ist damit zu rechnen, daß der Ausbau der B 5, insbesondere im Raum Geesthacht, nun endlich in Angriff genommen wird? Ist es richtig, daß das Bundesverkehrsministerium der Ständerung der Straßenbrücke über die durch Schwarzenbek führende Bahnstrecke zugestimmt hat, und ist es auch bereit, die Kosten hierfür zu übernehmen? Zu Frage B 60: Der Bedarfsplan, der Bestandteil des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971-1985 vom 30. Juni 1971 ist, weist für die B 5 im Abschnitt Landesgrenze Hamburg — künftige B 404 westlich Geesthacht einen 4-spurigen Ausbaubedarf in Dringlichkeitsstufe I und in dem daran anschließenden als Ortsumgehung Geesthacht zu bezeichnenden Abschnitt einen 2-spurigen Ausbaubedarf in Dringlichkeitsstufe II auf. Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1537* Für den im 1. Fünfjahresplan (1971-1975) nicht enthaltenen 4-spurigen Teil der neuen B 5 sind die Vorbereitungen zur Aufstellung der Entwürfe im Gange. Im Hinblick auf die auf Hamburger Gebiet bereits fortgeschrittene, im 1. Fünfjahresplan berücksichtigte Planung der B 5 (sog. „Marschenlinie"), die erwarten läßt, daß hier mit Bauarbeiten noch in diesem Jahre begonnen werden kann, strebt die Straßenbauverwaltung Schleswig-Holstein an, den Bau der neuen B 5 im 2. Fünfjahresplan (1976 bis 1980) so durchzuführen, daß sie gleichzeitig mit dem Hamburger Abschnitt fertiggestellt wird. Zu welchem Zeitpunkt die neue autobahngleiche B 5 von Hamburg-Moorfleet bis Geesthacht (B 404) durchgehend für den Verkehr zur Verfügung stehen wird, läßt sich in Anbetracht der finanziellen Situation leider nicht sagen. Die Tatsache, daß der 2-spurigen Ortsumgehung Geesthacht im Zuge der B 5 nur Dringlichkeitsstufe II zuerkannt werden konnte, läßt erwarten, daß diese Planung nicht vor 1985 verwirklicht werden kann. Zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in Geesthacht wird der 4-spurige Ausbau der heutigen B 5-Ortsdurchfahrt Weiterbetrieben. Die Teilstrecke im Bereich Ziegenkrug ist im Bau. Für eine weitere rd. 1,6 km lange Teilstrecke westlich der Einmündung der B 404 in die B 5 läuft zur Zeit das Planfeststellungsverfahren gem. §§ 17, 18 Bundesfernstraßengesetz. Zu Frage B 61: Das Bundesministerium für Verkehr hat bei dem Bauvorhaben „Beseitigung der höhengleichen Kreuzung der B 207 mit der DB-Strecke Hamburg—Berlin in Schwarzenbek" zu seinen Lasten eine 154 m lange Brücke vorgesehen. Indessen ist der Wunsch der Stadt Schwarzenbek, diese Brücke aus städtebaulichen Gründen noch um 126 m zu verlängern und die dafür — nach dem Preisstand 1970 — entstehenden Mehrkosten von 1,5 Millionen DM gleichfalls auf den Bundesfernstraßenhaushalt zu übernehmen, nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage abgelehnt worden. Die Stadt Schwarzenbek hat diese Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis genommen und dem Bundesminister für Verkehr mit Schreiben vom 15. Dezember 1972 mitgeteilt, daß auf eine Verlängerung der Brücke um 126 m nunmehr gänzlich verzichtet und im Entwurf des Bebauungsplanes für das Europastadt-Center Schwarzenbek statt dessen ein Damm vorgesehen wird. Anlage 151 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 4. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Baron von Wrangel (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 62 und 63) : Welche finanziellen Maßnahmen will die Bundesregierung für den Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals zur Verfügung stellen, der für die Infrastruktur, insbesondere des Zonenrandgebiets, von großer Bedeutung ist? Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, ob die vorgesehenen Kürzungen im Bereich der Zonenrandförderung auch den Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals berühren, und wenn ja, in welcher Höhe? Zu Frage B 62: Die Bundesregierung wird im laufenden Haushaltsjahr keine finanziellen Mittel für den Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals bereitstellen, lediglich für die Unterhaltung der Anlagen. Nach dem Regierungsabkommen vom 14. September 1965 für den Ausbau des nordwestdeutschen Wasserstraßennetzes ist gemäß Art. 2 für den Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals ein besonderes Zusatzabkommen zwischen dem Bund und den interessierten Ländern erforderlich. Ein solches Zusatzabkommen ist bisher nicht zustande gekommen. Der nach § 7 Abs. 2 Bundeshaushaltsordnung erforderliche Nachweis für die Wirtschaftlichkeit eines Ausbaues des Kanals ist bisher nicht erbracht. Deshalb ist auch in der längerfristigen Planung für den Ausbau der Bundesverkehrswege bis 1985 der Elbe-Lübeck-Kanal nicht enthalten. Zu Frage B 63: Wasserstraßenausbauten werden aus dem Verkehrshaushalt finanziert. Etwaige Kürzungen der Mittel für die Zonenrandförderung berühren den Haushalt der Wasserstraßen nicht. Anlage 152 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Franke (Osnabrück) (CDU/CSU) ('Drucksache 7/433 Fragen B 64 und 65) : Wann ist die Bundesregierung bereit, eine Entscheidung darüber zu treffen, sich an dem Verkehrsverbund im Großraum Hannover finanziell zu beteiligen? Wenn ja, wie hoch werden die Leistungen des Bundes sein? ihre Frage geht vun dei Unterstellung aus, es gebe beim Verkehrsverbund Hannover keine finanzielle Beteiligung, für die letztlich der Bund einstehe. Das ist unzutreffend. Der Bund ist mittelbar mit dem Ausgleich einer Kostenunterdeckung belastet, die für Bahn und Post — bei Normaltarifen — auf 30 Millionen DM zu beziffern ist. An der Übernahme einer weiteren Kostenunterdeckung in Höhe von 20 Millionen DM, die sich aus dem Einheitstarif im Großraum Hannover ergibt, können sich die Bundesunternehmen nicht beteiligen. Dies hat Herr Minister Dr. Lauritzen auch in einem Gespräch in Hannover am 9. März 1973 klar zum Ausdruck gebracht. 1538* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 Anlage 153 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 4. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 66 und 67) : Trifft es zu, daß im Bereich der Arbeitsämter Weiden, Schwandorf und Hof die Tiefbaufirmen mit keinerlei Anschlußarbeiten aus dem Fernstraßenbauprogramm der Bundesregierung rechnen können, da die dem Land Bayern zur Verfügung gestellten Mittel fast nur ausschließlich für die Fortführung bereits begonnener Maßnahmen ausreichen? Ist die Bundesregierung bereit, noch vor Verabschiedung des Bundeshaushalts 1973 der Vergabe neuer Baumaßnahmen an Bundesfernstraßen im Zonenrandgebiet zuzustimmen, da ansonsten im Bereich der Arbeitsämter Weiden, Schwandorf und Hof mit Entlassungen im größeren Umfang und mit hohen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gerechnet werden muß? Zu Frage B 66: Es trifft nicht zu, daß im Bereich Weiden, Schwandorf und Hof keine Anschlußaufträge an den Projekten der Bundesfernstraßen erteilt werden. So werden z. B. an den Baumaßnahmen Bundesautobahn Lindenloh—Klardorf, B 15 Westumgehung Weiden und B 303 Marktredwitz—Schirnding auch in diesem Jahr zur Fertigstellung Anschlußaufträge erteilt. Zu Frage B 67: Neue Baumaßnahmen dürfen gemäß Artikel 111 Grundgesetz vor Verabschiedung des Haushaltes nur in unvorhergesehenen und in unabweisbaren Ausnahmefällen begonnen werden. Ob bei den von Ihnen angesprochenen Maßnahmen die Voraussetzungen für Ausnahmen vorliegen, wird zur Zeit noch geprüft. Anlage 154 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 4. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schweitzer (SPD) (Drucksache 7/433 Frage B 68) : Hat die Bundesregierung bei ihren Planungen für den Ausbau der B 9 im Gesamtabschnitt Bonn—Brohl vorliegende Alternativentwürfe unter anderem von Dipl.-Ing. Disselbeck, Bad Godesberg, berücksichtigt, die grundsätzlich für die am Rhein gelegenen Gemeinden mit enger Ortsdurchfahrt angesichts des umweltgefährdenden und insbesondere gesundheitsgefährdenden Verkehrsvolumens Ortsumgehungsstraßen analog etwa zu dein Abschnitt Brohl—Urmitz vorsehen? Für den Bereich Bonn—Koblenz sieht der Bund seine Verpflichtung zur Bedienung des weiträumigen Verkehrs vornehmlich darin, die linksrheinische Autobahn möglichst bald durchgehend fertigzustellen. Dieses Ziel soll schrittweise bis 1975 erreicht sein. Demgegenüber kommt der B 9 im Rheintal, für die der Bedarfsplan (Anlage zum Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 vom 30. Juni 1971) ebenfalls einen 4spurigen Querschnitt vorsieht, mehr die Funktion einer Regionalstraße zu. Entsprechend den regional und zeitlich unterschiedlichen Bedürfnissen werden für die B 9 die erforderlichen Verbesserungen abschnittsweise geplant und im Rahmen der Finanzierungsmöglichkeiten verwirklicht. Soweit der Bund Baulastträger ist, verwalten die Länder im Auftrag des Bundes die Bundesfernstraßen. Dazu gehören auch die Durchführung der Planung und die hierzu erforderlichen Untersuchungen. Im Stadtbereich Bonn jedoch, wo die Stadt Baulastträger für die Ortsdurchfahrt im Zuge der B 9 ist, obliegt es ihr auch, diesen Straßenzug leistungsgerecht zu planen und auszubauen. Dementsprechend hat sie auch auf der Grundlage umfangreicher Variantenuntersuchungen letztlich eine Lösung im Rat beschlossen, bei der die neue 4spurige B 9 etwa der Schwerlinie des Verkehrs im Tal folgen soll. Soweit dem Bundesminister für Verkehr bekannt ist, sind in diese Untersuchungen auch die in der Offentlichkeit diskutierten Trassen der Privatplaner einbezogen worden. Soweit die B 9 südlich Bonn noch nicht 4spurig ausgebaut ist, sind die Planungen des Landes Rheinland-Pfalz noch nicht abgeschlossen. In die Überlegungen werden neben dem Ausbau der bestehenden Straße grundsätzlich auch Varianten mit Verlegungen einbezogen. Auf die bereits fertiggestellten Ortsumgehungen darf in diesem Zusammenhang hingewiesen werden. Anlage 155 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 2. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Köhler (Duisburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 69 und 70) : Sind Zeitungsnotizen zutreffend, nach denen verschiedene westliche Länder, die zur Zeit mit der DDR wegen der völkerrechtlichen Anerkennung verhandeln, die Forderung stellen, die entschädigungslos enteigneten Vermögensteile ihres Staatsbürgers ordnungsgemäß zu entschädigen, und ist es weiterhin zutreffend, daß die DDR bei diesen Verhandlungen gewisse Zusagen hinsichtlich der Entschädigungsansprüche der Bürger westlicher Staaten gemacht hat? Hat die Bundesregierung bei den Verhandlungen um den Grundvertrag mit der DDR die Frage des entschädigungslos beschlagnahmten Vermögens westdeutscher Bürger zur Sprache gebracht, und hat sie darauf hingewiesen, daß die Bürger der Bundesrepublik Deutschland in dieser Frage den gleichen Anspruch wie die Staatsbürger der anderen westlichen Länder haben? Zu Frage B 69: Nach Kenntnis der Bundesregierung ist die Frage entschädigungsloser Enteignung in der DDR von einigen westlichen Ländern bei den Verhandlungen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen vorgetragen worden. Über irgendwelche Zusagen der DDR ist der Bundesregierung nichts bekannt. Zu Frage B 70: Das Problem des entschädigungslos in der DDR enteigneten Vermögens westdeutscher Bürger ist bei Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1539* den Regelungen des Grundlagenvertrags durch den Protokollvermerk über Vermögensfragen offengeblieben. Der Protokollvermerk als eine zwischen den Vertragsparteien getroffene Vereinbarung schließt jede seinem Inhalt entgegengesetzte Interpretation und damit jede Unsicherheit aus. Insbesondere ist klargestellt, daß die DDR nicht behaupten kann, die Bundesrepublik Deutschland habe die in der DDR erfolgten Enteignungsmaßnahmen als rechtmäßig anerkannt. Die Rechtsstellung der Betroffenen wurde durch den Grundvertrag nicht verändert. Damit sind auch keine Veränderungen gegenüber den Ansprüchen von Staatsangehörigen westlicher Staaten eingetreten. Anlage 156 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 71 und 72) : Aus welchen Gründen wurde vom Ministerium für Forschung und Technologie (früher Ministerium für Bildung und Wissenschaft) eine Studie zum Problem „Bereitstellung von Risikokapital in der Bundesrepublik Deutschland" an eine Münchner Firma vergeben, und wie erfolgte eine Abstimmung mit dem dafür eigentlich zuständigen Wirtschaftsministerium? Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über die Förderung von Risikokapitalgesellschaften seitens des Bundes, und wie gedenkt sie im Rahmen ihrer Forschungspolitik eine Koordinierung zwischen Forschungsförderung und lnnovationsförderung zu erreichen? Anlaß und Ausgangspunkt für die Vergabe einer Studie war die Marktlücke in der Bereitstellung von Risikokapital für technische Innovationen in der Bundesrepublik Deutschland. Neben den USA haben alle anderen westeuropäischen Industrieländer staatliche, halbstaatliche und private Gesellschaften für Wagnisfinanzierung. Der Auftrag wurde im Einvernehmen mit dem BMWi durch das BMBW /BMFT erteilt. Die Bereitstellung von Risikokapital ist als konsequente Ergänzung der Förderung von technologischer Forschung und Entwicklung anzusehen, wenn erfolgversprechende F + E-Ergebnisse aus dem öffentlichen wie aus dem privaten Sektor zu volkswirtschaftlich wünschenswerten Innovationen führen sollen. Die Bundesregierung prüft z. Z. die privatwirtschaftlichen Möglichkeiten einer Wagnisfinanzierungsgesellschaft. Sie geht davon aus, daß der Markt und seine Bedürfnisse einen guten kritischen Maßstab für den Erfinder und das innovative Unternehmen zu liefern vermögen. Eine Risikoabsicherung durch den Staat könnte den Start und die ersten kritischen Jahre einer solchen Gesellschaft ermöglichen und überbrücken helfen. Bei all diesen Überlegungen ist ein enges Zusammenwirken zwischen Bundesminister für Forschung und Technologie und Bundesminister für Wirtschaft sichergestellt. Anlage 157 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 5. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Fragen B 73 und 74) : Nach welchem Zeitplan gedenkt die Bundesregierung die durch die in weiten Teilen der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Gebietsreformen notwendig gewordene Umstellung der örtlidien Fernsprechnetze im Hinblick auf die Orientierung an die neuen kommunalen Grenzen vorzunehmen? Ist die Bundesregierung bereit, zur Erreichung eines gerechten Ausgleichs bei der Durchführung dieser Maßnahme ländliche Räume vorzuziehen? Die Forderung, die Einteilung des Fernsprechnetzes den kommunalen Neugliederungen anzupassen und insbesondere die ländlichen Ortsnetze zu umfangreichen, den neu entstehenden Großgemeinden entsprechenden Ortsnetzbereichen zusammenzufassen, ist in der Öffenlichkeit schon wiederholt erhoben worden. Sie ist jedoch — so verständlich sie auf den ersten Blick erscheint — leider schon aus praktischen Gründen nicht erfüllbar, weil die Leitungen des Fernsprechnetzes in der Erde fest verlegt und auf bestimmte Zentralpunkte — die Vermittlungsstellen — ausgerichtet sind. Wollte man das bestehende, in jahrzehntelanger Entwicklung entstandene Kabelnetz, das z. Z. bei der Deutschen Bundespost mit rd. 6 Mrd. DM als Anlagevermögen zu Buche steht, allgemein umstrukturieren, so wären unübersehbare Investitionsanstrengungen nötig, die sich zwangsläufig auch in der Höhe der Fernsprechgebühren niederschlagen müßten. Ein solcher Effekt liegt jedoch weder im Interesse der Deutschen Bundespost noch in dem unserer Fernsprechteilnehmer. Das öffentliche Fernsprechnetz wird zwar entsprechend der fortschreitenden Besiedlung weiter ausgebaut, wobei neben den technischen, wirtschaftlichen und tariflichen Gesichtspunkten nach Möglichkeit auch die örtliche Entwicklung des betreffenden Gebietes berücksichtigt wird, aber es kann in seiner Struktur und Gliederung nicht beliebig geändert werden. Nicht zuletzt wegen der hier aufgezeigten Schwierigkeiten, die eine allgemeine Umstrukturierung des Fernmeldenetzes verhindern, ist am 1. Juli 1971 die Einführung eines neuen, großraumorientierten Gesprächstarifs — des Nahverkehrstarifs — beschlossen worden, durch den die Tarifgrenzen von den Ortsnetzgrenzen gelöst und die Bereiche, in denen die Ortsgebühr gilt (Nahverkehrsbereich), von derzeit etwa 70 qkm auf künftig ca 2 000 qkm erweitert werden. Der Nahverkehrsbereich wird sich auf alle umliegenden, bis zu 25 km entfernten Ortsnetze erstrecken. Jedes einzelne Ortsnetz ist Zentrum eines solchen Nahgebührenbereiches. Deshalb können von jedem Ortsnetz aus im Durchschnitt 30 andere Ortsnetze zur Nahgesprächsgebühr erreicht werden. Die Umstellung auf den neuen Tarif, für die umfangreiche technische Vorbereitungsmaßnahmen erforderlich sind, wird für die ersten Ortsnetze in der Bundesrepublik 1975 beginnen und soll möglichst 1984 abgeschlossen sein. Für die Reihenfolge sind vor allem die technischen Gegebenheiten bestim- 1540* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 mend. Die Gebührenerfassungseinrichtungen in den Fernvermittlungsstellen müssen umgestellt und die älteren Einrichtungen ganz ausgewechselt werden. Da die Tarifänderung außerdem einen erheblichen Verkehrszuwachs vor allem in den Nahbereichen zur Folge haben wird, sind umfangreiche Erweiterungen sowohl des Fernmeldenetzes als auch der technischen Einrichtungen in den Vermittlungsstellen erforderlich; für die Unterbringung der erweiterten Einrichtungen wiederum müssen die räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Die Erhebungen dazu sind im Gange. Über die Reihenfolge der Durchführung lassen sich jetzt noch keine Angaben machen. Anlage 158 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff vom 5. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache 7/433 Frage B 75) : Was kostet der Deutschen Bundespost die Werbung Berufsinformation Post, die bisher zweimal auch als Anzeige erschienen ist, insgesamt, einschließlich der Informationsbroschüre „Die Bundespost bittet zur Karriere", dem post-pop-poster mit dem Karrierefahrplan und eventuellen anderen „Zutaten"? Die Anzeigen „Berufs-Information Post" werden im Laufe der Frühjahrskampagne 1973 in 9 Publikumszeitschriften veröffentlicht. Es sind 6 Motive vorgesehen, von denen 4 bereits fertiggestellt sind. Die Kosten dafür betragen insgesamt 1497019,94 DM. Die von den Oberpostdirektionen benötigten Werbedrucksachen (Basisbroschüre, post-pop-poster und 6 Spezialbroschüren) kosteten bei einer Gesamtauflage von 1 373 000 Stück 97 749,50 DM. Die Notwendigkeit dieser Werbemaßnahmen ergibt sich aus der Tatsache, daß auch die Post den Einflüssen des Arbeitsmarktes ausgesetzt und seinen Bedingungen unterworfen ist. Bedenkt man, daß die Post jährlich rund 40-45 000 Schülerinnen und Schüler aller Bildungsstufen als Nachwuchskräfte und mindestens ebenso viele Arbeitskräfte gewinnen muß, dann sind die Werbeaufwendungen der Post sehr bescheiden. Sie dienen dem Ziele, die Aufrechterhaltung-des Post- und Fernmeldebetriebs sicherzustellen. Anlage 159 Antwort des Parl. Staatssekretärs Jung vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Baier (CDU/CSU) (Drucksache 7/441 Frage A 1) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Bundesregierung die ursprünglich vorgesehenen 3,5 Millionen DM für drei neue Rettungshubschrauber nunmehr nicht zur Verfügung stellen will? Nach dem positiven Verlauf meiner Hubschrauber-Modellversuche in Köln, Frankfurt und Hannover erwäge ich, die Hubschrauberzentren in Zusammenarbeit mit den Ländern zu vermehren, um das Bundesgebiet mit etwa 17 bis 20 Stationen abzudecken. Zu diesem Zweck hatte ich im Haushaltsvoranschlag 1973 Mittel in Höhe von 3,5 Millionen DM für die Beschaffung von 3 weiteren Hubschraubern vorgesehen. Wegen der bekannten Finanzsituation ergaben sich Bedenken gegen diesen Vorschlag. Ich habe deshalb inzwischen erneut mit dem BMF verhandelt. Dieser steht der Gewährung zusätzlicher Mittel für den weiteren Ausbau des Hubschraubernetzes positiv gegenüber. Die endgültige Entscheidung liegt bei diesem Hohen Hause in den Haushaltsberatungen. Ich werde alle notwendigen Vorbereitungen treffen, damit für den Fall, daß die nötigen Mittel bewilligt werden, noch in diesem Jahr weitere Hubschrauber in Dienst gestellt werden können. Anlage 160 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 9. April 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) (Drucksache 7/441 Frage A 2) : Hat die Bundesregierung die Absicht, im Rahmen der Verminderung der Mittel für den Straßenbau und der entsprechenden Aufstockung der Mittel für die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs auch Haushaltsmittel für die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs in den dünn besiedelten Gebieten einzusetzen? Der Bund gewährt nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz Finanzhilfen an die Länder zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden, die zu 50 0/o dem öffentlichen Personennahverkehr zugute kommen. Es ist Sache der Länder, dem Bundesminister für Verkehr geeignete und zuwendungsfähige Vorhaben für ein Programm vorzuschlagen. Diese Vorhaben können ohne weiteres auch einer Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs in den dünn besiedelten Gebieten dienen. Anlage 161 Antwort des Bundesministers Ertl vom 9. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) (Drucksache 7/441 Fragen B 2 und 3) : Welche Haushaltsmittel aus dem Agrarhaushalt des Bundes standen in den Jahren 1970, 1971 und 1972 für Bayern zur Verfügung? Welche Haushaltsmittel wurden in diesen drei Jahren tatsächlich in Anspruch genommen? Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1541* 1. Aus dem Agrarhaushalt des Bundes wurden dem Lande Bayern zur Verfügung gestellt: 1970 1971 1972 1 152 050 000 1 251 489 000 1 058 155 000 DM 2. Von den zur Verfügung gestellten Bundesmitteln wurden tatsächlich in Anspruch genommen: 1970 1971 1972 1 019 269 000 1 176 259 000 1 000 000 000 DM*) Die vorgenannten Beträge enthalten auch die den Landwirtschaftlichen Alterskassen und anderen Banken bewilligten und von diesen ausgezahlten Mittel. Anlage 162 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 9. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/441 Frage B 4) : Welche Mittel des Bundes stehen nach der Kürzung der Gelder im Bundesfernstraßenbau für den Neubau der B 27 zwischen Stuttgart und dem Raum Reutlingen/Tübingen im Jahr 1973 zur Verfügung? Für den Neubau der Bundesstraße 27 zwischen Stuttgart und Tübingen sind im Haushaltsentwurf 1973 ausreichend Mittel eingeplant, um die laufende Baumaßnahme planmäßig fortzuführen. Eine verbindliche Angabe des für 1973 eingeplanten Betrages kann allerdings erst nach der gesetzlichen Feststellung des Haushalts 1973 gemacht werden. Anlage 163 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. April 1973 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) (Drucksache 7/441 Fragen B 5 und 6) : Können Befürchtungen zerstreut werden, daß die Straßenbaumittel für den dringend notwendigen Ausbau der Bundesstraße 462 (Murgtalstraße), wie sie der erst 1971 veröffentlichte i. Fünfjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Haushaltsjahren 1971 bis 1975 mit insgesamt 15,1 Millionen DM vorsah und für das Jahr 1973 mit 3,6 Millionen DM ausweist, durch die von Bundesverkehrsminister Lauritzen vertretene Neuorientierung der Verkehrspolitik zugunsten der Ballungsräume gekürzt werden? In welcher Höhe sind geringere Zuweisungen geplant, falls tatsächlich hier Kürzungen vorgesehen sein sollten? Beim Ausbau der Bundesstraße 462 (Murgtalstraße) wurden in den Jahren 1971/72 und im Haushaltsentwurf 1973 bereits Mittel in einer Höhe eingesetzt, welche die entsprechenden Ansätze im *) geschätzt, da die Istausgabe noch nicht vorliegt. 1. Fünfjahresplan beträchtlich übersteigen. Der Ausbau dieser Bundesstraße wird nach wie vor als vordringlich betrachtet. Es besteht daher kein Anlaß zu Befürchtungen, daß die im 1. Fünfjahresplan eingeplanten Gesamtinvestitionen für die Murgtalstraße nicht erreicht werden. Anlage 164 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Fuchs (CDU/CSU) (Drucksache 7/441 Frage B 7) : Wie hoch sind die Finanzmittel, die im Haushaltsjahr 1973 für den Ausbau der Bundesstraße 12 zwischen Freyung und Passau, insbesondere für die Umgehung Röhrnbachs, zur Verfügung gestellt werden, und ist die Bundesregierung bereit, den Ausbau dieser Strecke insgesamt zu beschleunigen? Im Entwurf des Straßenbauplanes zum Bundeshaushalt 1973 sind für Baumaßnahmen an der B 12 folgende Ansätze vorgesehen a) Verlegung Röhrnbach 1,0 Millionen DM b) Ausbau Freyung bis Bundesgrenze 0,280 Millionen DM Daneben wird die Restfinanzierung für Deckenbauarbeiten zwischen Passau und Freyung, die im vergangenen Jahr durchgeführt wurden, aus den Mitteln des Globalansatzes (Kennzahl 1010) sichergestellt. Aus diesen Haushaltsansätzen ist die Absicht erkennbar, den Ausbau der B 12 abschnittsweise im Rahmen des Finanzvolumens für die Bundesfernstraßen fortzusetzen. Anlage 165 Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache 7/441 Frage B 8) : Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu treffen, um neben einer planerischen auch eine finanzielle Koordinierung von Stadtsanierungs- und Straßenbaumaßnahmen zu erreichen, die wie im Fall der Stadt Kirn (Rheinland-Pfalz) häufig in unmittelbarem Zusammenhang stehen, und ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, eine Regelung in der Weise vorzunehmen, daß Straßenbaumittel vorgezogen werden? Die Abstimmung von Vorhaben des Straßenbaues mit städtebaulichen Maßnahmen erfolgt nach Grundsätzen, die im vergangenen Jahr für die Geschäftsbereiche des Bundesministers für Verkehr und des Bundesministers für Städtebau und Wohnungswesen erarbeitet worden sind (veröffentlicht im Verkehrsblatt 72, 638). Die obersten Straßenbaubehörden der Länder sind in einem Rundschreiben auf die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Koordinierung hingewiesen worden (vgl. Verkehrsblatt 72, 711). Danach kommen im Bereich des Straßenbaus für eine Abstimmung Straßenbauvorhaben, die nach Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, § 5 a Bun- 1542* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 desfernstraßengesetz oder § 17 Eisenbahnkreuzungsgesetz Zuwendungen erhalten, und Vorhaben an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes in Betracht. Eine zeitliche Vorziehung von Straßenbauvorhaben ist möglich, soweit es im Zusammenhang mit der Stadtsanierung sinnvoll ist. Im Falle der Stadt Kirn handelt es sich um die Ortsdurchfahrt der Landstraße 182. Baulastträger für die Ortsdurchfahrt ist das Land Rheinland-Pfalz. Der Bund hat hier keine Möglichkeit, auf eine planerische und finanzielle Koordinierung der Straßenbaumaßnahme mit der Stadtsanierung hinzuwirken, da für Landesstraßen in der Baulast des Landes keine Zuwendungen des Bundes gewährt werden. In dem genannten Rundschreiben ist den Ländern jedoch empfohlen worden, auch solche Vorhaben in die Abstimmung einzubeziehen, die nicht mit Bundesmitteln gefördert werden. Anlage 166 Antwort des Bundesministers Dr. von Dohnanyi vom 11. April 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeifer (CDU/CSU) (Drucksache 7/441 Frage B 9) : Ist die Bundesregierung bereit, in der nächsten Sitzung des Innovationsausschusses der Bund-Länder-Kommission den Antrag des Landes Baden-Württemberg zu unterstützen, für den Modellversuch an der Gutenbergschule in Reutlingen/ Orschelhagen einen Finanzzuschuß von insgesamt ca. 800 000 DM bereitzustellen? Der Modellversuch Gutenbergschule Reutlingen wurde bereits am 4. April 1973 im Innovationsausschuß der Bund-Länder-Kommission behandelt. Er wird in Höhe der Antragssumme (800 000,— DM) gefördert werden. Der Bundesanteil wird 403 295,—DM betragen.
Gesamtes Protokol
Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702900000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, in der Osterpause haben einige Mitglieder des Hohen Hauses Geburtstag feiern können. Leider ist das Haus jetzt nicht sehr stark besetzt; ich möchte dennoch den nachfolgenden Mitgliedern die Glückwünsche des Hauses zum Geburtstag aussprechen. Bundesminister Franke wurde am 11. April 60 Jahre. Vizepräsident von Hassel ist am 21. April ebenfalls 60 Jahre alt geworden. Frau Abgeordnete Schimschok feierte am 22. April auch einen runden Geburtstag. Herr Dr. Möller wurde am 26. April 70 Jahre.

(Beifall.)

Ihnen liegt der Jahresbericht 1972 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages — Drucksache 7/334 — vor. Gemäß § 116 b Abs. 1 der Geschäftsordnung soll dieser Bericht direkt an den Verteidigungsausschuß überwiesen werden. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 13. April 1973 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 22. Juli 1964 über die
Ausarbeitung eines Europäischen Arzneibuches
Gesetz zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes und des Arbeitsplatzschutzgesetzes
Gesetz zu dem Vertrag vom 15. Dezember 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über die Führung von geschlossenen Zügen (Zügen unter Bahnverschluß) der Österreichischen Bundesbahnen über Strecken der Deutschen Bundesbahn in der Bundesrepublik Deutschland
Zweites Gesetz zur Änderung des Viehzählungsgesetzes
Gesetz zu dem Abkommen vom 25. Mai 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Mauritius über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu den Abkommen vom 12. Mai 1972 über eine Assoziation betreffend den Beitritt von Mauritius zum Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den mit dieser Gemeinschaft assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar sowie zur Änderung des am 29. Juli 1969 in Jaunde unterzeichneten Internen Abkommens über die Finanzierung und die Verwaltung der Hilfe der Gemeinschaft
Gesetz zu der Vereinbarung vom 9. November 1969 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien zur Durchführung des Abkommens vom 12. Oktober 1968 über Soziale Sicherheit
Gesetz zu dem Abkommen vom 21. Oktober 1971 zur Änderung des Zusatzabkommens vom 3. August 1959 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. August 1971 über die Internationale Fernmeldesatellitenorganisation „INTELSAT" Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und anderer Gesetze
Gesetz zu den Haager Kaufrechtsübereinkommen vom 1. Juli 1964
Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen
Einheitliches Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Bergmannsprämien Gesetz zu der Vereinbarung vom 3./4. Mai 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Erleichterungen der fiskalischen Behandlung des grenzüberschreitenden deutsch-italienischen Straßengüterverkehrs Gesetz zu dem Abkommen vom 5. November 1971 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über die steuerliche Behandlung von Straßenfahrzeugen im internationalen Verkehr
Gesetz zu dem Abkommen vom 18. März 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Gesetz zu dem Abkommen vom 19. Februar 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Singapur zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Der Bundesrat hat in der gleichen Sitzung beschlossen, hinsichtlich des folgenden Gesetzes zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird:
Gesetz über den Beruf des Diätassistenten
Sein Schreiben ist als Drucksache 7/469 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 6. April 1973 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgende, bereits verkündete Vorlage keine Bedenken erhoben hat:
Verordnung Nr. 422/73 des Rates vom 22. Januar 1973 über die Durchführung der Entscheidung Nr. 2/72 des Gemischten Ausschusses zur Festlegung der Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen auf dem Zollsektor zum Zweck der Durchführung des Interimsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Osterreich
-- Drucksache 7/165 —
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 21. März 1973 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 985/68 zur Festlegung der Grundregeln für die Interventionen auf dem Markt für Butter und Rahm
— Drucksache 7/22 —
Verordnung des Rates zur Festlegung der Voraussetzungen für die Anwendung der Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Obst und Gemüse
— Drucksache 7/27 —
Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung der Orientierungspreise für die 1m Anhang I Abschnitt A und C der Verordnung (EWG) Nr. 2142/70 aufgeführten Erzeugnisse für das Fischwirtschaftsjahr 1973
Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung des gemeinschaftlichen Produktionspreises für Thunfische, die für die



Präsident Frau Renger
Konservenindustrie bestimmt sind, für das Fischwirtschaftsjahr 1973
Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung der Interventionspreise für frische oder gekühlte Sardinen und Sardellen für das Fischwirtschaftsjahr 1973
Verordnung (EWG) des Rates zur Festsetzung der Orientierungspreise für die in Anhang II der Verordnung (EWG) Nr. 2142/70 aufgeführten Fischereierzeugnisse für das Fischwirtschaftsjahr 1973
— Drucksache 7/46 —
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung des Anhangs der Verordnung (EWG) Nr. 2358/71 zur Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Saatgut und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1674/72 zur Festlegung der Grundregeln für die Gewährung und die Finanzierung der Beihilfe auf dem Saatgutsektor
— Drucksache 7/167 —Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1569/72 des Rates zur Einführung von Sondermaßnahmen für• Raps- und Rübsensamen
— Drucksache 7/207 —
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) des Rates über die Festlegung allgemeiner Vorschriften für die Regelung der Ausgleichsbeträge im Sektor Obst und Gemüse
— Drucksache 7/208 —
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 9. April 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gewandt, Lampersbach, Hauser (Krefeld), Dr. von Bismarck, Engelsberger, Schedl, Schröder (Lüneburg) und Genossen betr. Stiftung für die Alterssicherung älterer Selbständiger — Drucksache 7/393 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/460 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen hat mit Schreiben vom 10. April 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Abelein, Dr. Marx, Reddemann, Dr. Ritz, Stücklen, Wohlrabe, Baron von Wrangel und Genossen betr. Reiseerleichterungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR — Drucksache 7/418 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/463 verteilt.
Der Bundesminister für Forschung und Technologie und fur das Post- und Fernmeldwesen hat mit Schreiben vorn 16. April 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Dr. Goiter, Pfeifer und der Fraktion der CDU/CSU betr. Bundesrechnungshof zur Forschungsförderung — Drucksache 7'290 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/476 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 24. April 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau von Bolhmer, Mattick, Wischnewski, Brück, Dr. Holtz, Frau Dr. Riedel-Martiny, Lattmann, Dr. Schweitzer, Friedrich, Dr. Bangemann, Hölscher, Frau Schuchardt, von Schoeler, Christ, Opitz und Genossen betr. Lohn- und Arbeitsverhältnisse bei deutschen Firmen in Südafrika — Drucksache 7,448 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/484 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr hat mit Schreiben vom 27. April 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Orgaß, Rollmann, Katzer, Müller (Remscheid), Dr. Eyrich, Frau Tübler, Dr. Evers, Vogt, Dr. Wörner, Damm, Dr. Prassler, Mick, Dr. Zeitel, Müller (Berlin), Mursch (Soltau-Harburg), Pieroth, Dr. Ritz und der Fraktion der CDU/CSU betr. soziale Folgewirkungen aus der Lage der deutschen Seeschiffahrt --Drucksache 7'407 -- beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/508 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr hat mit Schreiben vom 30. April 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schulte (Schwäbisch Gmünd), Dr. Wörner, Dr. Abelein, Dr. h. c. Kiesinger, Dr. Miltner, Susset, Dr. Stark (Nürtingen), Maucher, Sauter (Epfendorf), Biechele, Dr. Jenninger, Baier, Dr. Häfele, Weber (Heidelberg), Jäger (Wangen) und Genossen betr. Bundesfernstraßenbau in Baden-Württemberg - Drucksache 7/466 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/510 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr hat mit Schreiben vom 2. Mai 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lemmrich, Dr. Althammer, Dr. Jobst, Schedl, Dr. Waffenschmidt, Tillmann, Vehar, Dreyer und Genossen betr. Ausbau des Verkehrsnetzes — Drucksache 7,467 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/509 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen hat mit Schreiben vorn 2. Mai 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hauser (Bonn-Bad Godesberg), Vogel (Ennepetal), Dr. Lenz (Bergstraße), Dr. Kliesing, Dr. Waffenschmidt, Dr. Frerichs, Kunz (Berlin), Dr. Hammans, Köster und Genossen betr. Entschädigung für Deutsche, die auf Grund der zivilrechtlichen Immunität von Diplomaten im Geschäftsverkehr mit diesen Schaden erleiden — Drucksache 7'457 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/513 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 3. Mai 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Büchner (Speyer), Metzger, Dr. Müller-Emmert, Dr. Penner, Scheffler, Schinzel, Wende, Wrede, Dr. Schmitt-Vockenhausen, Mischnick, Spilzmüller und Genossen betr. Beteiligung des Bundes am kommunalen Sportstättenbau im Rahmen des „Goldenen Planes" — Drucksache 7/449 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/515 verteilt.
Der Ältestenrat hat in seiner Sitzung vom 3. April 1973 im Einvernehmen mil allen Fraktionen vereinbart, daß in der Woche vom 2. April keine Fragestunde stattfindet. Die für diese Woche eingereichten Mündlichen Fragen (Drucksachen 7/433, 7/441) sind vereinbarungsgemäß schriftlich beantwortet worden, sofern sie von den Fragestellern nicht zurückgezogen worden sind. Die Antworten auf die Mündlichen und auf die Schriftlichen Fragen sind als Anlagen 2 bis 166 abgedruckt.
Überweisung von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Elektrizitätszähler
— Drucksache 7/379 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte uni Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte in der Arabischen Republik Ägypten raffinierte Erdölerzeugnisse des Kapitels 27 des Gemeinsamen Zolltarifs
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für andere Gewebe aus Baumwolle,
der Tarifnummer 55.09 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in der Arabischen Republik Ägypten
PP
— Drucksache 7/387 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur zeitweiligen Aussetzung von autonomen Zollsätzen des Gemeinsamen Zolltarifs für Äthylendibromid der Tarifstelle ex 29.02 A III
— Drucksache 7/450 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates
über bestimmte Maßnahmen, die im Agrarsektor im Anschluß an die Entwicklung der Währungssituation zu treffen sind
über die Angleichung der Preise infolge der Währungsereignisse zur Festsetzung der in der Landwirtschaft für die Währungen bestimmter Mitgliedstaaten anzuwendenden repräsentativen Kurse
— Drucksache 7/451 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Vorschlag der Kommission an den Rat betreffend die Festsetzung der Preise für verschiedene landwirtschaftliche Erzeugnisse und bestimmte Folgemaßnahmen
— Drucksache 7/453 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Aerosols
— Drucksache 7/461 —
überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur vierten Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1599/71 zur Festsetzung zusätzlicher Bedingungen, denen eingeführter Wein, der zum unmittelbaren menschlichen Verbrauch bestimmt ist, entsprechen muß — Drucksache 7/462 —
überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 146 /67/ EWG hinsichtlich der Vorschriften für die Berechnung der Abschöpfung und des Einschleusungspreises für bestimmte geschlachtete Enten
— Drucksache 7'473 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Extrakte aus Kaffee, Tee und aus Kaffee- und Teemitteln einschließlich Zichorie sowie die Mischungen auf der Grundlage dieser Extrakte
— Drucksache 7/474



Präsident Frau Renger
überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über die Beteiligung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Ausrichtung, für das Jahr 1973
— Drucksache 7/490 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung des Anhangs II der Verordnung (EWG) Nr. 823/68 hinsichtlich der Zulassungsbedingungen für bestimmte Käsesorten
— Drucksache 7'491 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 121 /67/ EWG hinsichtlich der Feststellung der Preise für geschlachtete Schweine in der Gemeinschaft
— Drucksache 7/493 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates über das Verfahren zur Erleichterung der Ausstellung von Warenverkehrsbescheinigungen, die in den Vorschriften über den Warenaustausch zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und bestimmten Ländern vorgesehen ist
— Drucksache T494 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (Euratom) des Rates zur Änderung der Bedingungen für die Besoldung und die soziale Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Forschungsstelle, die in Belgien dienstlich verwendet werden
— Drucksache 7/492 —
überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (Euratom) des Rates zur Änderung der Bedingungen betreffend Dienstbezüge und soziale Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Forschungsstelle, die in den Niederlanden dienstlich verwendet werden — Drucksache 7/495 —
überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates
über die Durchführung einer Reihe von Beschlüssen des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Österreich eingesetzten Gemischten Ausschusses, die Zollregelungen zum Gegenstand haben
über die Durchführung einer Reihe von Beschlüssen des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Portugal eingesetzten Gemischten Ausschusses, die Zollregelungen zum Gegenstand haben
über die Durchführung einer Reihe von Beschlüssen des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Schweden eingesetzten Gemischten Ausschusses, die Zollregelungen zum Gegenstand haben
über die Durchführung einer Reihe von Beschlüssen des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft eingesetzten Gemischten Ausschusses, die Zollregelungen zum Gegenstand haben
— Drucksache 7/497 —
überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) Nr. 831/73 des Rates vom 27. März 1973 über die vollständige Aussetzung der autonomen Zoltsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Kartoffeln der Tarifstelle 07.01 A III
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung (EWG) Nr. 884'73 des Rates vom 27. März 1973
zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 992/72 über die
Grundregeln für die Gewährung der Beihilfe für Seidenraupen
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
— Drucksache 7/511 —
Wir kommen zunächst zu den Fragen aus dem Geschäftsfbereich des Bundesministers der Verteidigung. Die Frage 1 ist von dem Herrn Abgeordneten Schlaga eingebracht:
Ist es unter Sicherheitsaspekten gesehen erforderlich, daß in Ballungsgebieten der Bundesrepublik Deutschland Unterkünfte, insbesondere Übungs- und Flugplätze der US-Army aufrechterhalten und teilweise sogar ausgebaut werden, obwohl die Bevölkerung dieser Gebiete Lärmbelästigungen und Verkehrsbehinderungen in viel höherem Maße als andere ausgesetzt ist?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702900100
Frau Präsidentin, ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen im Zusammenhang beantworten dürfte.

(Abg. Schlaga: Nicht einverstanden!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702900200
Sie möchten getrennte Beantwortung.

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702900300
Herr Kollege Schlaga, ich bitte um Verständnis dafür, daß meine Antwort etwas länger ausfällt, da die Fragen nicht einfach zu beantworten sind.
Wie Sie wissen, ist die Bundesrepublik auf Grund des NATO-Truppenstatuts verpflichtet, den Streitkräften der Entsendestaaten die von ihnen benötigten Liegenschaften zur Verfügung zu stellen. Die von diesen Streitkräften genutzten Liegenschaften, insbesondere auch die in dem in Ihren Fragen umschriebenen Gebiet, sind zumeist ehemaliges Wehrmachtsgelände oder Grundstücke, die unmittelbar nach Kriegsende auf Grund des damals geltenden Besatzungsrechts in Anspruch genommen worden sind. Dies geschah zum Teil ohne ausreichende Rücksicht auf zivile Belange; zum Teil waren dort seinerzeit noch keine Ballungsgebiete. Heute entsprechen ihre Lage und die militärische Nutzung vielfach nicht mehr den Erfordernissen städtebaulicher Entwicklung, der Raumordnung und des Lärmschutzes.
Die an sich wünschenswerte Verlegung von Verteidigungsliegenschaften aus Ballungsgebieten scheitert in manchen Fällen an der sehr schwierigen Bereitstellung von geeignetem Ersatzgelände, zumeist aber an den erheblichen Kosten. Z. B. müßten allein für die in letzter Zeit geforderte Verlegung der USA-Garnison Nürnberg etwa 400 Millionen DM aufgewendet werden. Somit ist es erforderlich, dafür Sorge zu tragen, daß die vorhandenen Liegenschaften auf Grund ihrer vorhandenen Einrichtungen weiterhin militärisch effektiv und kostenwirksam genutzt werden.
Bei der Standortwahl neuer Verteidigungsanlagen werden im allgemeinen weniger besiedelte, wirtschaftlich schwach strukturierte Gebiete bevorzugt. Militärische Überlegungen decken sich hierbei im



Pari. Staatssekretär Berkhan
Ergebnis vielfach mit Zielen der Raumordnung, z. B. Bewegungsfreiheit für die Verbände einerseits und die wirtschaftliche Stärkung des Gebietes durch Errichtung einer Garnison andererseits. Wertvolle land- und forstwirtschaftliche Flächen werden nach Möglichkeit geschont, Verteidigungsanlagen werden nach Möglichkeit in ausreichender Entfernung von der Ortsbebauung erstellt.
Die Verteidigungsplanung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfordert eine Abdeckung vor allem des grenznahen Raumes mit einem ausreichend dichten Netz von Einrichtungen zur Unterbringung, Versorgung und Ausbildung der Truppen sowie mit Anlagen der Kampfführung. Militärische Übungsplätze müssen jeweils in zumutbarer Entfernung zum Standort der Truppe und auf dem Gelände, das für die vorgesehene Verwendung geeignet ist, angelegt werden.
Ist eine Verlegung der Garnisonen aus den zuvor genannten Gründen nicht möglich, dann läßt es die Enge des Bundesgebietes manchmal nicht zu, Flächen in der Nähe dichtbesiedelter Wohngebiete sowie Flächen, die der Naherholung dienen, bei der Auswahl von Gelände für Übungsplätze auszusparen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702900400
Bitte, Herr Abgeordneter Schlaga, zu einer Zusatzfrage!

Georg Schlaga (SPD):
Rede ID: ID0702900500
Herr Staatssekretär, ich teile einige Ihrer Auffassungen. Aber teilen Sie auch meine Auffassung — dabei gehe ich davon aus, daß Sie wie ich der Meinung sind, daß die Fragen 1 und 2 trotz scheinbarer Gegensätzlichkeiten eine jeweils sehr unterschiedliche Problematik ansprechen —, daß es unzumutbar ist, wenn man eben in diesen Ballungsräumen Schießplätze — ich will jetzt keinen Namen nennen, könnte sie Ihnen hier aber durchaus aufzählen — und Landeplätze trotz jahrelanger Verhandlungen bestehen läßt, die unmittelbar im Verkehrsgebiet des Raumes Frankfurt-Rhein-Main liegen, und ist Ihnen bekannt, daß Panzerkolonnen in diesen Ballungsgebieten morgens die Straßen verstopfen und daß man darüber hinaus, wie es ja durch die Zeitungen gegangen ist, z. B. eine Landebahn mitten in einem Ballungsgebiet verlängern will, um dort entsprechend PS-stärkere oder schubstärkere Flugzeuge starten und landen zu lassen?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702900600
Ich teile diese Ihre Auffassung nicht und habe meine Gründe in der Antwort, die ich Ihnen vorgetragen habe, dargelegt. Ich muß Sie daran erinnern, daß äußere Sicherheit es auf der einen Seite erforderlich macht, Truppen zu stationieren, aber auf der anderen Seite stationierte Truppen Übungen machen und Übungsgelände zur Verfügung gestellt bekommen müssen. Es ist in der dicht besiedelten Bundesrepublik nicht möglich, dabei nur an schwächer besiedelte Gebiete zu denken.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702900700
Zu einer weiteren Zusatzfrage, bitte!

Georg Schlaga (SPD):
Rede ID: ID0702900800
Herr Staatssekretär, was gedenken Sie z. B. dagegen zu tun — Sie müßten dieser Frage entnehmen können, daß meine zweite Frage wahrlich nicht etwa von antiamerikanischen Umtrieben getragen ist, was man heute ja immer betonen muß —, daß eine deutsche Wohnungsbaugesellschaft dem Fiskus 10 Millionen DM anbietet, und zwar, soweit ich das bis jetzt verfolgen konnte, mit Erfolg, damit ein kleiner US-Flugplatz aus einem Frankfurter Vorort nur um weniger Kilometer nördlich verlegt wird, wo allerdings eine Startbahnverlängerung erfolgen soll— es handelt sich ebenfalls um ein dicht besiedeltes Gebiet —, und das freigekaufte Gelände zu lukrativen Privatbauten verwendet werden kann?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702900900
Herr Kollege Schlaga, ich kann darauf keine Antwort geben, weil ich diesen Fall nicht kenne. Ich bin aber gern bereit, mich zu informieren und Ihnen dann eine Antwort zu geben. Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, daß es Vereinbarungen zwischen uns und den Stationierungsstreitkräften gibt, die die Belästigung der Bevölkerung auf ein mögliches Mindestmaß herabdrücken sollen. Aber Streitkräfte, gleichgültig, ob es verbündete oder eigene sind, bedürfen nun einmal eines Übungsgeländes. Es ist leider unvermeidbar, daß fahrende Kettenfahrzeuge oder fliegende Waffensysteme Lärmbelästigung verursachen, und es ist unvermeidbar, daß die Stationierung auch nach den Grundsätzen der Verteidigung und nicht ausschließlich nach denen der Raumplanung erfolgen muß.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702901000
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hansen.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0702901100
Herr Staatssekretär, Sie haben davon gesprochen, daß einer der Gründe für das Scheitern von Verlegungen in den Kosten liegt. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen, ob Sie mit mir einer Meinung sind, daß bei der Abwägung zwischen den Kosten und der gesundheitlichen Schädigung der Bevölkerung, etwa durch Lärmeinwirkung, der Gesundheit die Priorität gebührt.

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702901200
Herr Kollege Hansen, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß das alles in einem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut geregelt ist. Die Regelung ist so getroffen, daß die entsprechenden Landesbehörden eingeschaltet werden. Wenn es wirklich so ist, wie es aus Ihrer Frage her-ausklingt, daß die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet ist, dann kann ich nicht verstehen, daß die zuständigen Landesbehörden in diesen Gebieten das Entstehen von Siedlungen zugelassen haben. Denn die Truppenübungsplätze bzw. die Flugplätze waren vorher da. In dem Landbeschaffungsgesetz heißt es,



Parl. Staatssekretär Berkhan
daß die Landesregierung unter angemessener Berücksichtigung der Erfordernisse der Raumordnung, insbesondere der landschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen sowie der Belange des Städtebaus und des Naturschutzes zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen hat. Die zuständigen Behörden haben dazu Stellung genommen. Ich kann nicht verstehen, daß Sie hier jetzt die Bundesregierung fragen, warum sie, nachdem das geordnete Verfahren abgelaufen ist, nun nicht zu anderen Maßnahmen kommen kann.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702901300
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Dr. Riedel-Martiny!

Dr. Anke Riedel-Martiny (SPD):
Rede ID: ID0702901400
Herr Staatssekretär, die in der Bundesrepublik bestehenden Übungseinrichtungen der NATO gehen zum großen Teil auf Übungsplätze zurück, die bereits vor dem Krieg bestanden haben. Ich würde gern wissen, ob sich das Bundesministerium der Verteidigung jemals bemüht hat — und, wenn ja, wann und wo —, solche bestehenden Einrichtungen aus den Ballungsgebieten zu entfernen.

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702901500
Frau Kollegin, Ihre Annahme ist richtig. Nur die Schlußfolgerungen, die Sie ziehen, sind falsch. Die Ballungsgebiete haben sich um die militärischen Anlagen entwickelt, und nicht die militärischen Anlagen sind in die Ballungsgebiete hineinverlegt worden. Außerdem muß ich Sie darauf aufmerksam machen, daß das ein Recht ist, welches im Truppenstatut für die Entsendestreitkräfte geregelt ist. Ich kenne keinen Übungsplatz, der der Bundeswehr zugeordnet ist und der sich in einem Ballungsgebiet befindet.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702901600
Danke, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Schlaga auf:
Sind die in letzter Zeit erfolgten und eventuell auch weiter vorgesehenen Dislozierungsmaßnahmen von Einheiten der US-Army im bayerisch-baden-württembergischen Raum von so großem taktischen oder strategischen Vorteil für Verteidigungsmaßnahmen im vorderen NATO-Raum, daß die zuständigen Stellen meinen, die aus den genannten Gründen in der Bevölkerung entstandene und anhaltende Unruhe — verbunden mit Protestaktionen — in Kauf nehmen zu können?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702901700
Frau Präsidentin! Herr Kollege, die Neudislozierungen der US Army verkürzen in der Tat die Entfernungen vom Friedensstandort zum Einsatzraum erheblich, verkürzen somit den Zeitbedarf für den Aufmarsch, erhöhen den Präsenzwert und nützen somit dem Konzept der Vorneverteidigung, welches wieder ein Standbein für die Außenpolitik dieser Bundesregierung ist.
Die Bundesregierung ist sich der Belästigungen bewußt, denen die Bevölkerung ausgesetzt ist. Überall dort, wo Streitkräfte sind, ist ein wechselseitiges Rücksichtnehmen zwischen Streitkräften und Bevölkerung erforderlich. Sie können sicher sein, daß die Bundesregierung und die beteiligten Stellen permanent bemüht sind und bleiben werden, die Auswirkungen zu begrenzen.
Die Bundesregierung ist aber auch um die Aufrechterhaltung der unverminderten Präsenz der Stationierungsstreitkräfte und insbesondere der US- Truppen in der Bundesrepublik Deutschland bemüht. Sie wird deshalb alles tun, um ihnen die Erfüllung ihrer Einsatz- und Ausbildungsaufgaben in der Bundesrepublik nicht zu erschweren.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702901800
Bitte, eine Zusatzfrage.

Georg Schlaga (SPD):
Rede ID: ID0702901900
Herr Staatssekretär, sind Sie ernsthaft der Meinung, daß eine Verlegung um, sagen wir, 50 km nach Westen oder nach Osten bei der vorhandenen Mobilität moderner Truppen, auch unter Einbeziehung von Big Lift, im Ernstfall konfliktentscheidend ist, wie Sie eben dargelegt haben?
Berkhan, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung. Herr Kollege Schlaga, es steht mir in dieser Funktion, die ich hier ausübe, nicht an, mit Ihnen zu polemisieren. Aber ich würde Sie bitten, Begriffe wie „Big Lift" aus dieser Fragestellung herauszuhalten. Das hat nichts damit zu tun. Big Lift hat eine andere Aufgabe, und Sie sind als Mitglied des Verteidigungsausschusses durchaus informiert, wofür die NATO Big Lift zur Verfügung hat. Ich möchte Sie also darauf hinweisen, daß das nicht möglich ist. Die Stationierungsplanung ist dem Verteidigungsausschuß mehrere Male ideal typisch und real vorgetragen worden, und ich habe kein einziges Mal einen Einwand oder Vorschläge aus dem Verteidigungsausschuß vernommen, bestimmte Stationierungsmaßnahmen um, sagen wir, 50 oder 30 km westlich oder nördlich oder östlich, wie auch immer, zu verschieben. Ich habe immer nur vernommen, daß man hier im Haus und in der öffentlichen Diskussion sagt: Jawohl, wir sind für Verteidigung, wir sind auch für Stationierungsstreitkräfte; aber bitte machen Sie das im Nachbarkreis und machen Sie das nicht bei uns!

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702902000
Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte, Herr Abgeordneter.

Georg Schlaga (SPD):
Rede ID: ID0702902100
Herr Staatssekretär, es liegt mir fern zu polemisieren. Trotzdem gestatten Sie mir noch eine weitere Zusatzfrage, die möglicherweise den Charakter der Polemik trägt, weil ich nämlich tatsächlich nicht in der Lage bin, dem, was Sie vorgetragen haben, zu folgen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702902200
Herr Abgeordneter, darf ich Sie nur darauf aufmerksam machen, daß nach den Richtlinien möglichst kurze Fragen zu stellen sind.

Georg Schlaga (SPD):
Rede ID: ID0702902300
Die Frage ist ganz kurz. — Ist es denkbar, daß in Brüssel oder in Heidelberg oder in Washington ein Stabsoffizier oder eine Gruppe von Stabsoffizieren sitzt, die — wie könnte man das



Schlaga
nennen? — lediglich einen Tätigkeitsnachweis benötigt — weil vielleicht die Planstellen in Gefahr sind — und solche Maßnahmen, die ich nicht für sinnvoll halte, befohlen hat?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702902400
Herr Kollege Schlaga, Sie werden bei der Haushaltsberatung Gelegenheit nehmen können, mir Planstellen zu nennen, die ersatzlos gestrichen werden können, weil die Inhaber der Planstellen ohne Beschäftigung sind. Ich bin dankbar dafür, wenn Sie mir das nachweisen. Ich bin besonders dankbar dafür, weil ich ohnehin unter der Auflage stehe, 1000 Planstellen einzusparen, dies allerdings im Beamtenbereich. Im Soldatenbereich würde ich dem gerne folgen, wenn Sie mir den Nachweis führen können, daß wir so fahrlässig mit Planstellen umgehen.
Nichtsdestoweniger kann ich nicht bestreiten, daß in großen Apparaturen — seien es öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Komplexe der Industrie oder privater Verwaltung — bestimmte Stelleninhaber oder bestimmte Arbeitnehmer natürlich nicht so ausgelastet sind, wie man sich das von der Leitung des Unternehmens her wünschen möchte. Da sind war aber darauf angewiesen, daß die Leute, die das wissen, uns sagen, wo solche schwachen Stellen sind.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702902500
Ich rufe die Frage 73 des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß hinsichtlich der Maßnahmen, die zur Beschränkung des Flugplatz-Bodenlärms auf das unvermeidbare Mindestmaß (§ 29 h des Luftverkehrsgesetzes) ergriffen werden können, bei Flugplätzen der ausländischen Streitkräfte auf Kosten der Anlieger andere Dringlichkeitsmaßstäbe vertretbar sind als bei Zivil- oder bei von der deutschen Bundeswehr betriebenen Flugplätzen?
Bitte, Herr Staatssekretär.

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702902600
Frau Präsidentin, Herr Kollege, ich wäre dankbar, wenn ich Ihre beiden Fragen im Zusammenhang beantworten dürfte.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702902700
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 74 des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim auf:
Ist die Bundesregierung bereit — ungeachtet der Frage späterer Kostentragung — auch bei von ausländischen Streitkräften betriebenen Flugplätzen eine eigene Untersuchung vorzunehmen oder in Auftrag zu geben, die klären kann, welche vom Boden ausgehenden Geräusche mit welchen Mitteln behehbar wären, um auf diese Weise eine ausreichende Grundlage für Verhandlungen mit den ausländischen Streitkräften über die Verwirklichung solcher Maßnahmen zu haben?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702902800
Hinsichtlich der Maßnahmen zur Verminderung des Flugplatz-Bodenlärms bei Flugplätzen der Entsendestreitkräfte sollten die gleichen Dringlichkeitsmaßstäbe angewendet werden wie bei den zivil- und bundeswehrgenutzten Flugplätzen. Als bisher optimale Lösung gilt nach Auffassung aller Fachleute der auch von der Bundeswehr praktizierte Bau von Lärmschutzhallen.
Bei den Flugplätzen der Entsendestreitkräfte sind sogenannte „Lärmdämpfungseinrichtungen" erstellt worden, die im Verhältnis zu den geschlossenen Lärmschutzhallen eine offene Kabine darstellen.
Ich darf Sie, Herr Kollege, aber in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß auch auf den zivilen Flugplätzen mit einer Ausnahme, und zwar auf dem Flughafen Hamburg, Lärmschutzhallen nicht bestehen, sondern lediglich Lärmschutzkabinen ähnlicher Art, wie sie auf den Flugplätzen der Entsendestreitkräfte zum Teil bereits vorhanden sind.
Ich habe Sie, Herr Kollege, mit meinem Schreiben vom 5. April 1973 über die Bemühungen der Bundesregierung unterrichtet, die Entsendestreitkräfte ebenfalls zur Errichtung von Lärmschutzhallen zu veranlassen. Die Bundesregierung wird diese Bemühungen im Interesse der betroffenen Bevölkerungskreise selbstverständlich fortsetzen.
Herr Kollege, ich wies ja bereits darauf hin, daß nach Auffassung der Bundesregierung die derzeit optimale Lösung zur Vermeidung von Lärmbelästigungen der Bau von Lärmschutzhallen ist. Die von Ihnen angeregte Untersuchung erscheint mir daher nicht mehr notwendig.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702902900
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0702903000
Herr Staatssekretär, ich möchte mich auf die Antwort vom 5. April 1973 beziehen, in der mitgeteilt wird, daß die Bundeswehr trotz fehlender Kriterien der NATO — und deswegen fehlender Kostentragungspflicht der NATO — bei ihren Flugplätzen etwas zur Lärmbekämpfung getan habe. Im Hinblick auf den bestimmten Fall wird dann erklärt: „die Bundesregierung wird die Streitkräfte bitten". Ich frage, ob nicht allein dadurch schon eine Schlechterstellung bei NATO-Flugplätzen gegeben ist, nämlich dadurch, daß sich die Bundesregierung dort auf eine reine Bitte beschränkt, während sie bei eigenen Flugplätzen etwas tut.

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702903100
Herr Kollege, wir sind in unserem Land souverän. Aber wir sind auch verpflichtet, eingegangene Verträge, die unterschrieben und rechtskräftig sind, einzuhalten.
In dem betreffenden Vertrag heißt es in Art. 53, 1:
Eine Truppe und ein ziviles Gefolge können innerhalb der ihnen zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften die zur Befriedigung und Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten erforderlichen Maßnahmen treffen.
Ich kann daher den Entsenderstreitkräften — unseren verbündeten Streitkräften — keine Weisungen geben, sondern ich kann nur bitten.
Ich will Ihnen aber sagen, daß die Verhandlungen zwischen uns und den betreffenden Entsendestreitkräften in guter Atmosphäre geführt werden. Ich hoffe, daß wir im Endergebnis Erfolg haben



Parl. Staatssekretär Berkhan
werden. Nur muß man eben wissen: Das Ganze hängt auch mit dem Haushalt zusammen. Sie können nicht erwarten, daß wir auf der einen Seite kein Geld ausgeben und auf der anderen Seite Lärmschutzhallen bauen. Das eine paßt schlecht mit dem anderen zusammen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702903200
Eine weitere Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0702903300
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, ob die Bundesregierung eine Untersuchung der gegebenen Lärmbeeinträchtigungen deswegen nicht vornimmt, weil das etwa technisch oder weil es rechtlich schwierig ist, oder etwa deswegen, weil die Mittel nicht zur Verfügung stehen? Oder andersherum gefragt: Wenn die ausländischen Streitkräfte einverstanden wären, würde die Bundesregierung dann eine solche Untersuchung finanzieren?

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702903400
Herr Staatssekretär!

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702903500
Herr Kollege, es geht bei der Untersuchung nicht um die Finanzierung, sondern es geht darum, daß uns die Fakten bekannt sind. Es wird nichts anderes herauskommen als das, was wir schon kennen. Das brauchen wir nicht noch einmal zu untersuchen. Ich habe das in meiner Antwort auf Ihre Frage auch sehr höflich umschrieben. Nach unserer Meinung ist eine Lärmschutzhalle das wirksamste Mittel; aber es ist auch das teuerste Mittel, Herr Kollege. Ich weiß nicht, warum wir noch kostspielige Untersuchungen einleiten und wissenschaftliche Gutachten einholen sollen, wenn die Fakten bekannt sind. Wir wissen, daß von Flugplätzen aus -- seien es militärische oder zivile Flugplätze — Lärmbelästigungen auf die Bevölkerung ausgehen. Auch aus diesem Grunde hat dieses Haus ein Gesetz beschlossen, welches sich mit dem Schutz der Bevölkerung an Flugplätzen beschäftigt. Ich habe gesagt, es sollten die gleichen Maßstäbe gelten. Es braucht nicht untersucht zu werden, sondern wir versuchen, zu Ergebnissen zu kommen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702903600
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Spies von Büllesheim.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0702903700
Wird die Verpflichtung des § 19 d des Luftverkehrsgesetzes zur fortlaufenden registrierenden Messung der Geräusche bei den NATO-Flugplätzen in allen Fällen erfüllt?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0702903800
Ich möchte hier nicht darauf antworten, weil ich mich erst sicher vergewissern will, wie die Antwort lauten muß. Ich gehe aber vorerst davon aus, daß das so ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702903900
Keine weitere Zusatzfrage.
Meine Damen und Herren, wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Haack steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Conradi auf:
Wann wird die Bundesregierung voraussichtlich das in der Regierungserklärung angekündigte Raumordnungsprogramm vorlegen, und wird im Raumordnungsprogramm der Bundesregierung eine Gesamtkonzeption für den Ausbau aller Kontinental- und Interkontinental-Flughäfen der Bundesrepublik Deutschland enthalten sein?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0702904000
Herr Kollege Conradi, trotz der gebotenen Vorsicht bei Terminankündigungen kann ich hier wohl sagen, daß das Raumordnungsprogramm der Bundesregierung im Jahre 1974 dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden wird. Wir beabsichtigen, dieses Bundesraumordnungsprogramm zusammen mit dem Raumordnungsbericht 1974 und zusammen mit dem Städtebaubericht 1974 dem Hohen Hause vorzulegen. Die Vorarbeiten an diesem Bundesraumordnungsprogramm sind einer der Schwerpunkte der Arbeit unseres Ministeriums. Wie Sie als Mitglied des zuständigen Ausschusses wissen, haben wir darüber auch im Ausschuß bereits berichtet. Das Aufstellungs- und das Abstimmungsverfahren zwischen den Bundesressorts und mit den Ländern ist sehr kompliziert und langwierig.
Was den zweiten Teil Ihrer Frage anbelangt, so möchte ich feststellen, daß die Entwicklung einer Gesamtkonzeption für den Ausbau der Kontinental- und Interkontinental-Flughäfen Aufgabe der Fachplanungen bei Bund und Ländern, d. h. der für den Luftverkehr zuständigen Ressorts ist. Allerdings wird das Bundesraumordnungsprogramm mit seiner Konzeption für die Entwicklung der Raum- und Siedlungsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahre 1985 die räumlichen Orientierungsdaten für die Pläne und Programme der Fachplanungen ausweisen und somit auch bestimmte Vorgaben für Großraumprojekte wie Flughäfen enthalten. Dabei handelt es sich vor allem um die für das Jahr 1985 angestrebte Verteilung von Bevölkerung und Arbeitsplätzen auf die Teilräume des Bundesgebietes. Ich muß aber erneut darauf hinweisen, daß der Bund keinen direkten Einfluß auf die Standortplanungen für Flughäfen in den Bundesländern hat. Dies ist bereits in der Fragestunde vom 14. März 1973 in der Antwort auf Ihre entsprechende Frage von Herrn Bundesminister Vogel dargelegt worden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702904100
Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage.

Peter Conradi (SPD):
Rede ID: ID0702904200
Herr Staatssekretär, im 6. Deutschen Bundestag hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr auf eine Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen angekündigt, daß dem Bundestag 1973 weitere umfangreiche Ergebnisse der Planungsarbeiten für ein integriertes Gesamtverkehrssystem vorgelegt würden, die dann in das Bundesraumordnungs-



Conradi
programm eingehen sollten, und er hat konkret von langfristigen Zielen des Bundes für den Ausbau der Flughäfen gesprochen. Meine Frage: Sind diese umfangreichen Untersuchungen Ihrem Hause zugegangen, und wird dem Bundesraumordnungsprogramm eine Gesamtkonzeption für den Verkehr zugrunde liegen?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0702904300
An diesen Arbeiten im Verkehrsbereich, die Sie gerade erwähnen, wird nach meiner Kenntnis im Bundesverkehrsministerium gearbeitet; nur wird das in diesem Bundesraumordnungsprogramm 1974 nicht unmittelbar seinen Niederschlag finden, sondern nur in dieser allgemeinen Form, die ich hier soeben angedeutet habe. Das schließt nicht aus, daß vom zuständigen Ressort in der Bundesregierung, in diesem Falle vom Bundesverkehrsministerium, solche Planungen dann auch bekanntgemacht werden; aber sie werden nicht detailliert in dieses Bunraumordnungsprogramm eingehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702904400
Eine weitere Zusatzfrage.

Peter Conradi (SPD):
Rede ID: ID0702904500
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß Entscheidungen der Bundesregierung, sich an Flughafenprojekten zu beteiligen, und zwar mit erheblichen finanziellen Folgen, nicht vertretbar sind, solange ein Gesamtverkehrsprogramm, das auch raumordnungsmäßig abgesichert ist, nicht vorliegt?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0702904600
Sie haben sicherlich recht — in diesem speziellen Fall —, daß solche Großprojekte am besten in einem größeren Zusammenhang zu sehen und auch im Rahmen einer größeren Planung zu entscheiden sind. Ich möchte mich hier aber nicht weiter dazu äußern, da es eine spezielle Frage an das Bundesverkehrsministerium ist. Ich möchte noch einmal auf meine Antwort im Zusammenhang mit dem Bundesraumordnungsprogramm verweisen, in dem die speziellen Planungen nicht ihren unmittelbaren Niederschlag finden werden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702904700
Herr Dr. Hirsch zu einer Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Hirsch (FDP):
Rede ID: ID0702904800
Herr Staatssekretär, wird sich die angekündigte Gesamtkonzeption nur auf den Ausbau bereits bestehender Flughäfen oder auch auf die Neuanlage von Flughäfen beziehen, und ist in diesem Zusammenhang auch die Neuanlage eines Flughafens in Nordrhein-Westfalen vorgesehen?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0702904900
Ich bitte zu berücksichtigen, daß ich hier nicht als Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums spreche, und bitte, diese Frage vielleicht in einer der nächsten Fragestunden an das Bundesverkehrsministerium zu richten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702905000
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Dr. Riedel-Martiny!

Dr. Anke Riedel-Martiny (SPD):
Rede ID: ID0702905100
Herr Staatssekretär, ich will mich bemühen, etwas mehr auf den raumordnerischen Aspekt zurückzukommen. Im Raumordnungsbericht 1972 ist auf Seite 114 erwähnt, daß eine Kosten-Nutzen-Analyse zur Beurteilung von Investitionen im Fernverkehr der Deutschen Bundesbahn und im Luftverkehr der Bundesrepublik Deutschland — —

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702905200
Frau Kollegin, ich bitte, kurze Frage zu stellen.

Dr. Anke Riedel-Martiny (SPD):
Rede ID: ID0702905300
Ja. — Es heißt also dort, daß eine solche Kosten-Nutzen-Analyse erstellt wurde, die aber noch nicht ausgewertet ist. Ist damit zu rechnen, daß diese Auswertung noch im Laufe dieses Jahres erfolgt, oder meinen Sie, daß sie erst im Laufe des nächsten Jahres im Zusammenhang mit dem Raumordnungsbericht 1974 vorgelegt werden wird?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0702905400
Ich kann diese Frage nicht ganz detailliert beantworten, weil sie fachlich wieder in die Zuständigkeit des Bundesverkehrsministeriums fällt. Ich möchte nur auf einen gewissen Unterschied hinweisen zwischen dem Raumordnungsbericht aus dem Jahre 1972 und dem Raumordnungsprogramm, auf das ja in der Frage ,des Herrn Kollegen Conradi speziell Bezug genommen und das für das Jahr 1974 angekündigt worden ist. Es ist klar, daß im Bundesraumordnungsbericht allgemein über diese Fragen auch schon gesprochen worden ist. Die Frage, um die es hier ging, war die, ob in dem Bundesraumordnungsprogramm, das im Jahre 1974 vorgelegt werden wird, speziell auch auf diese Einzelfragen oder Fachplanungen im einzelnen eingegangen werden wird. Darauf habe ich mich vorhin in meiner Antwort bezogen und habe die Frage verneint.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702905500
Herr Kollege Hansen zu einer Zusatzfrage.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0702905600
Herr Staatssekretär, im Hinblick auf die voraufgegangene Diskussion über Militärflughäfen möchte ich Sie fragen, ob Sie in Ihre zukünftige Planung auch die Militärflughäfen einbeziehen werden und ob Sie mit mir der Meinung sind, daß zur Raumordnung in Zukunft auf jeden Fall auch die Ordnung des Luftraums in bezug auf die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs gehört.

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0702905700
Es kann gar keinen Zweifel darüber geben, daß Raumordnungsgesichtspunkte auch im militärischen Bereich zu berücksichtigen sind. Herr Staatssekretär



Parl. Staatssekretär Dr. Haack
Berkhan hat ja vorhin in der Beantwortung einer Frage darauf hingewiesen, ,daß auch nach den Bestimmungen des Landbeschaffungsgesetzes Raumordnungsgesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Auch zu der Entscheidung über militärische Anlagen werden deshalb aus Raumordnungsgesichtspunkten die Meinungen auch aus unserem Zuständigkeitsbereich dargelegt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702905800
Wir kommen zu der Frage 4 des Herrn Abgeordneten Dr. Ahrens:
Ist die Bundesregierung bereit, die Zusammenarbeit in den grenziiberschreitenden Regionen Europas dadurch zu fördern, daß sie die in der Empfehlung Nr. 693 der Beratenden Versammlung des Europarats gemachten Vorschläge unterstützt?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0702905900
Herr Kollege Ahrens, im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen möchte ich Ihre Frage wie folgt beantworten.
In der sehr ausführlich gehaltenen Empfehlung 693 betont die Beratende Versammlung des Europarats, daß die Intensität der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ein Gradmesser für die Annäherung der Völker in Europa sei, und empfiehlt eine Reihe von Maßnahmen, um die europäische Zusammenarbeit in Grenzgebieten zu verstärken. Auch die Bundesregierung mißt der Zusammenarbeit mit ihren Nachbarstaaten auf dem Gebiet der Raumordnung in den Grenzgebieten eine besondere Bedeutung bei und ist seit Jahren um eine intensivere Förderung der grenzüberschreitenden Raumordnung bemüht. Bereits auf der ersten Europäischen Raumordnungs-Ministerkonferenz 1970 in Bonn hat sie sich dafür eingesetzt, daß die Zusammenarbeit der europäischen Staaten in den Grenzgebieten zu einer vordringlichen Aufgabe der Konferenz erklärt wurde. Ihren praktischen Ausdruck findet die Auffassung der Bundesregierung auch in der bilateralen Zusammenarbeit mit den Niederlanden und Belgien in den seit mehreren Jahren erfolgreich arbeitenden Raumordnungskommissionen.
Weitere zwischenstaatliche Raumordnungskommissionen, deren Einsetzung den Mitgliedstaaten des Europarates in der Empfehlung 693 der Beratenden Versammlung besonders nahegelegt wird, sind mit der Schweiz, Österreich und Frankreich in Vorbereitung. Die Bundesregierung ist bereit, auch mit den übrigen Nachbarstaaten auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Raumordnung zusammenzuarbeiten. Das gilt im übrigen auch für die DDR.
Die Bundesregierung betrachtet die Zusammenarbeit in den Grenzregionen als einen wesentlichen Beitrag zur Integration in Europa. Auf Grund dieser von mir eben aufgezeigten positiven Haltung in den Fragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Raumordnung begrüßt die Bundesregierung ausdrücklich die Empfehlung 693 der Beratenden Versammlung des Europarats und ist auch bereit, diese, soweit es um ihre Zuständigkeit geht, grundsätzlich zu unterstützen. Allerdings bedürfen einzelne Vorschläge und in dieser Empfehlung angeschnittene Probleme noch einer eingehenden Prüfung sowohl seitens der Bundesregierung als auch im zwischenstaatlichen Bereich und auf europäischer Ebene durch die in Frage kommenden Gremien und Ausschüsse.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702906000
Herr Kollege, eine Zusatzfrage.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0702906100
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung die Auffassung der Beratenden Versammlung des Europarates teilt, eine wirkungsvolle Planung und Entwicklung der grenzüberschreitenden Regionen sei nur unter Beteiligung der kommunalen Körperschaften und auch der Bevölkerung möglich?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0702906200
Sie dürfen das daraus schließen. Wir sind der Auffassung, daß gerade auch die Beteiligung kommunaler und regionaler Gremien in diesem Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von ganz entscheidender Bedeutung ist. Vielleicht darf ich darauf hinweisen, daß etwa — Sie werden es ja selbst wissen — in der deutsch-niederländischen Raumordnungskommission eine solche Zusammenarbeit auch mit kommunalen und anderen Gremien bereits praktiziert wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702906300
Bitte, eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Karl Ahrens (SPD):
Rede ID: ID0702906400
Wann wird die Bundesregierung Verhandlungen mit unseren Nachbarstaaten mit dem Ziel aufnehmen, die Voraussetzungen für die Bildung gemeinschaftlicher Einrichtungen — etwa grenzüberschreitender Zweckverbände — zu schaffen?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0702906500
Da die Bundesregierung, wie ich eben auf Ihre Anfrage sagte, grundsätzlich hinter dieser Empfehlung des Europarats steht, wird sie bei ihren Kontakten mit den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und des Europarates diese Dinge in die Diskussion bringen, und sie nimmt an, daß auch auf den nächsten Ministerkonferenzen darüber gesprochen werden muß und daß man hier zu positiven weiteren Entwicklungen kommen kann.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702906600
Danke, Herr Staatssekretär!
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Herold ist zur Beantwortung bereit.
Ich rufe Frage 128 des Herrn Abgeordneten Schröder (Lüneburg) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß seit Beginn dieses Jahres an der Zonengrenze in Lüchow-Dannenberg seitens der DDR neue Grenzbefestigungen (Verdoppelung der Hinterlandzäune, stärkere Bestückung der Hundelaufanlage, Vermehrung der Betonbunker, dreireihige Verminung) eingeführt worden sind, wel-



Präsident Frau Renger
die Sinngebung und Aufgabenstellung sieht die Bundesregierung in diesen neuen Maßnahmen der DDR-Regierung, und wie vertragen sich diese Maßnahmen mit der These der Bundesregierung von der zunehmenden Durchlässigkeit der Demarkationslinie?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0702906700
Frau Präsidentin! Herr Kollege, ich darf die Frage 128 wie folgt beantworten. Seit dem Bau der Mauer 1961 und der Anlegung eines Minengürtels hat die DDR ihr Sperrsystem ständig ausgebaut. Die Bundesregierung hat wiederholt über neue Bau- und Sperrmaßnahmen berichtet und ihre Kritik unmißverständlich geäußert. Beides bezieht sich auch auf die seit Beginn dieses Jahres im Raum Lüchow-Dannenberg fortgesetzten Arbeiten an den DDR-Grenzsicherungsanlagen und der Anlage neuer Befestigungen in diesem Abschnitt.
Die Perfektionierung der Sperrmaßnahmen unterstreicht die Notwendigkeit der Entspannungsbemühungen der Bundesregierung, die darauf gerichtet sind, die Kontaktmöglichkeiten für die Menschen in beiden Staaten zu verbessern und zu vermehren und im Endeffekt eine Lage zu schaffen, in der Sperrmaßnahmen hoffentlich ihren Sinn verlieren.
Der Anstieg der Reisezahlen in dem Zeitraum seit Bestehen der erweiterten Reise- und Besuchsmöglichkeiten, über den die Bundesregierung in den letzten Wochen wiederholt auf Fragen von Abgeordneten berichtet hat, beweist nach Auffassung der Bundesregierung, daß die Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten in der Tat durchlässiger geworden ist.
Das ändert nichts daran, daß die Bundesregierung die anachronistischen Grenzbefestigungen der DDR, vor allem aber den Gebrauch von Waffen, verabscheut und aufs schärfste verurteilt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702906800
Eine Zusatzfrage? -Bitte, Herr Abgeordneter!

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0702906900
Herr Staatssekretär, wann und in welcher Weise hat die Bundesregierung zu den neuen Grenzbefestigungsanlagen in Lüchow-Dannenberg Stellung genommen? Und ist der Bundesregierung bekannt, ob diese neuartigen Grenzbefestigungsanlagen auch in anderen Bereichen der Demarkationslinie eingerichtet worden sind?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0702907000
Sie sind in verschiedenen Bereichen der Grenze von Lübeck bis nach Hof verstärkt und geändert worden. Neue Grenzsicherungsanlagen sind errichtet worden. Ich selbst habe bei meinem letzten Aufenthalt in Bergen (Dumme) über diese Sperrmaßnahmen mit Journalisten öffentlich diskutiert und meine Ansichten dazu erläutert. Ich habe außerdem hier in diesem Haus auf Fragen, die im Zusammenhang mit den sogenannten Todesmaschinen stehen, meine Meinung dargelegt. Über diese Dinge ist also mehrfach gesprochen worden. Darüber hinaus ist auch die Offentlichkeit über sie unterrichtet worden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702907100
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schröder.

Dr. Horst Schröder (CDU):
Rede ID: ID0702907200
Herr Staatssekretär, haben Sie mit Vertretern der DDR über Sinn und Zweck dieser neuen Grenzbefestigungen gesprochen?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0702907300
Über den Sinn dieser Grenzbefestigungen brauchen wir nach meiner Auffassung nicht, über ihren Zweck könnte man mit den Vertretern der DDR reden. Auf jeden Fall ist bei den Gesprächen immer wieder unser Protest zum Ausdruck gebracht worden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702907400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0702907500
Herr Staatssekretär, treffen nach Ihrer Kenntnis Behauptungen zu, daß diese Minenfelder längs der Zonengrenze die größten Minenfelder sind, die es je in der Weltgeschichte gegeben hat, und welche Möglichkeiten sehen Sie, dem entgegenzuwirken?

Karl Herold (SPD):
Rede ID: ID0702907600
Über unsere Einwirkungsmöglichkeiten habe ich bereits gesprochen. Wir versuchen, den Absperrmaßnahmen durch unsere Politik und durch unsere Vorstellungen entgegenzuwirken, die wir den Unterhändlern der anderen Seite bei jeder Gelegenheit mit Nachdruck darlegen. Ob die Minenfelder an der Grenze der Bundesrepublik die größten der Weltgeschichte sind, ist mir nicht bekannt. Darüber müßte man einmal eine Berechnung anstellen lassen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702907700
Danke, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Frage 129 des Herrn Abgeordneten Ernesti auf. Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen.
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Wüster auf:
1st der Bundesregierung bekannt, daß Absolventen des Berufsgrundbildungsjahrs in einigen Berufen, z, B. im Bankgewerbe, die Anrechnung des Berufsgrundbildungsjahrs auf die Lehrzeit mit dem Hinweis verweigert wird, daß die Berufsbilder ausschließlich eine dreijährige praktische Ausbildung vorsehen, und wird die Bundesregierung im Zuge der Neugestaltung der Ausbildungsrichtlinien und, soweit sie dafür nicht zuständig ist, in Verhandlungen mit den Kammern darauf dringen, daß das Berufsgrundbildungsjahr auf die Ausbildung voll angerechnet wird?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0702907800
Herr Kollege Wüster, wie ich bereits auf eine entsprechende Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Meinecke in der Frage-



Parl. Staatssekretär Zander
stunde vom 14. Februar 1973 erklärte, ist der Bundesregierung bekannt, daß auch Absolventen eines Berufsgrundbildungsjahres und einer zweijährigen Berufsfachschule Schwierigkeiten haben, Ausbildungsverträge unter Berücksichtigung der Anrechnungsverordnung vom 4. Juli 1972 abzuschließen.
Soweit der Bundesregierung bekannt ist, treten diese Schwierigkeiten vornehmlich bei den durch die Verordnung über die Berufsausbildung in der Elektrotechnik vom 12. Dezember 1972 neu anerkannten Ausbildungsberufen auf.
Möglichkeiten zur Überwindung dieser Probleme wurden auf Initiative der Bundesregierung inzwischen mit den beteiligten Gewerkschaften, Fachverbänden und den Spitzenorganisationen der Wirtschaft sowie im Bundesausschuß für Berufsbildung erörtert. Konkrete Maßnahmen sind auf Grund der Beratungsergebnisse bereits eingeleitet worden.
Der Bundesregierung ist bisher nicht bekanntgeworden, daß die Anrechnung mit der Begründung verweigert wird, daß die Ausbildungsordnungen ausschließlich eine dreijährige praktische Ausbildung vorsehen. Eine solche Begründung wäre auch unzutreffend.
Die Ausbildungsordnungen sind nämlich so gefaßt, daß sie einen flexiblen, zeitlichen Ablauf der Berufsausbildung sowie entsprechende Kürzungen im Falle der Anrechnung des Besuchs beruflicher Schulen durchaus zulassen. Selbstverständlich wird die Bundesregierung auch in diesen Fällen darauf drängen, daß das Berufsgrundbildungsjahr voll angerechnet wird. Sie wird, soweit die Bundesregierung selbst zuständig ist, durch eigene Maßnahmen und darüber hinaus durch Einwirkungen auf andere Beteiligte auf Abhilfe drängen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702907900
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat der Herr Abgeordnete Wüster.

Kurt Wüster (SPD):
Rede ID: ID0702908000
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob in Ihrem Hause sichergestellt ist, daß — wenn ja, bis zu welchem Zeitpunkt — die Rahmenpläne für fachbezogenen Unterricht im Berufsgrundbildungsjahr an die Ausbildungsordnungen angepaßt werden?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0702908100
Herr Kollege Wüster, dies ist ein Prozeß der gegenseitigen Abstimmung von Ausbildungsordnungen, die der Kompetenz des Bundes zugeordnet sind, und Rahmenplänen, die von den Ländern vertreten und von ihnen erlassen werden.
Die Bundesregierung bemüht sich auch in dem Prozeß der Änderung und Erneuerung von Ausbildungsordnungen, die Anpassung der Rahmenpläne und ihre Abstimmung mit den Ausbildungsordnungen sicherzustellen.
Ich habe vorhin auf das Beispiel der Elektro-Berufe verwiesen, in denen die Schwierigkeiten, von denen Sie an Hand eines anderen Beispiels sprachen, aufgetreten sind. Hier ist es — und zwar sehr kurzfristig — durch eine große Kooperationsbereitschaft der Beteiligten gelungen, diese Abstimmung sehr schnell vorzunehmen. Dies ist ein ständiger Prozeß, der auch mit der Erneuerung von Ausbildungsordnungen zusammenhängt.
Die Bundesregierung bemüht sich sehr darum, hier keine Lücken entstehen zu lassen, durch die dann für Jugendliche Schwierigkeiten entstehen können.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702908200
Weitere Zusatzfrage.

Kurt Wüster (SPD):
Rede ID: ID0702908300
Herr Staatssekretär, ist darüber hinaus gewährleistet, daß die neuen Ausbildungsordnungen nicht die Reform der Sekundarstufe II in Zukunft blockieren?

Karl Fred Zander (SPD):
Rede ID: ID0702908400
Das ist ein längerfristiges Problem, Herr Kollege Wüster. Es ist in der Perspektive der Entwicklung von Ausbildungsordnungen durchaus eingeschlossen, solche Integrationsformen zu finden. Auch hier wird sich die Entwicklung nur Schritt für Schritt vollziehen lassen. Es ist aber darauf zu achten, daß diese Entwicklung offengehalten wird und nicht verbaut wird.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702908500
Ich danke Herrn Staatssekretär Zander.
Die Fragen 6 und 7 des Abgeordneten Dr. Franz aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit sind vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hermsdorf steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe Frage 68 des Herrn Abgeordneten Graf Lambsdorff auf:
Wann wird die Bundesregierung dem Bundestag einen Gesetzentwurf über die Abschaffung der Steuerprivilegien in der Kreditwirtschaft zuleiten?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702908600
Herr Kollege Graf Lambsdorff, die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundestag bereits in der vergangenen Legislaturperiode im Rahmen des Zweiten Steuerreformgesetzes die vermögensteuerrechtlichen und die gewerbesteuerrechtlichen Vorschriften zum Abbau der Privilegien im Kreditgewerbe vorgelegt. Da der Gesetzentwurf wegen der vorzeitigen Auflösung des 6. Deutschen Bundestages nicht mehr beraten werden konnte, ist er von den Fraktionen der SPD und FDP zur Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens im Januar dieses Jahres erneut initiativ eingebracht worden.
Der Finanzausschuß des Bundestages hat am 14. März 1973 mit den Beratungen des Entwurfs begonnen und zunächst die neuen Vorschriften des Grundsteuerrechts verabschiedet. Anschließend sollen nach dem Beschluß des Ausschusses zunächst die Erbschaftsteuer und dann die Vermögen- und Gewerbesteuer beraten werden.
Die körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften zur Neuregelung der Besteuerung im Kreditgewerbe



Parl. Staatssekretär Hermsdorf
wird die Bundesregierung im Rahmen des Dritten Steuerreformgesetzes im Herbst dieses Jahres dem Parlament vorlegen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702908700
Bitte, eine Zusatzfrage.

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0702908800
Herr Staatssekretär, glaubt die Bundesregierung im Hinblick darauf, daß es sich hier um einen Steuerausfall in Form von Subventionen in Höhe von knapp 1 Milliarde DM pro Jahr handelt, so lange warten zu können?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702908900
Die Bundesregierung hatte vorgesehen, daß der Abbau dieser Steuerprivilegien stufenweise erfolgt, so daß zunächst nicht die ganze Milliarde anfällt. Der zweite Punkt ist der, daß es nicht nur von der Bundesregierung, sondern auch von der Arbeitsmöglichkeit und -last des Finanzausschusses abhängt, wann dieser Gesetzentwurf dem Hause zur Verabschiedung vorgelegt werden kann.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702909000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Höcherl.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0702909100
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß durch den beabsichtigten Abbau von sogenannten Steuerprivilegien bei Sparkassen und Genossenschaften die Funktion der Sparkassen bei der Beschaffung von Kommunalkrediten beeinträchtigt wird?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702909200
Das glaube ich nicht, weil im Augenblick die Funktion der Sparkassen eigentlich über das hinausgeht, was man von Sparkassen im allgemeinen verlangt. Es gibt Funktionen, die heute von den Sparkassen wahrgenommen werden, die an sich reine Bankgeschäfte sind.

(Abg. Höcherl meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702909300
Sie haben nur eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Damit ist diese Frage abgeschlossen. Wir kommen zur Frage 69 des Herrn Abgeordneten Gansel:
Wie beurteilt die Bundesregierung, daß der ehemalige SSObersturmführer und KZ-Wächter Strippel, der 1949 wegen Mordes in 21 Fällen zu 21mal lebenslänglich Zuchthaus verurteilt wurde und dessen Strafe im Wiederaufnahmeverfahren 1970 in sechs Jahre Zuchthaus nunmehr wegen Beihilfe zum Mord umgewandelt wurde, eine Haftentschädigung in Höhe von 150 000 DM bei einer Haftentschädigung von 10 DM pro Tag erhält, während Opfer der NS-Gewaltherrschaft nur eine Entschädigung von 5 DM pro Tag der Freiheitsentziehung erhalten haben, und wird die Bundesregierung eine Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes mit dem Ziel in die Wege leiten, daß Opfer der NS-Gewaltherrschaft nicht gegenüber ihren Peinigern auf diese makabre Weise diskriminiert werden?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702909400
Herr Kollege Gansel, nach der Konzeption des Bundesentschädigungsgesetzes erhält der Verfolgte zunächst einen Ersatz für materielle Schäden, die durch Freiheitsentziehung bzw. durch Freiheitsbeschränkung eingetreten sind. Da-
zu gehören Entschädigungen für Schäden an Körper oder Gesundheit, im beruflichen Fortkommen und an Eigentum und Vermögen. Außerdem werden Schäden in der Sozialversicherung ausgeglichen. Für den Fall des Todes wird Hinterbliebenenversorgung gewährt.
Als Entschädigung für den immateriellen Schaden erhält der Verfolgte daneben für jeden Monat der Freiheitsentziehung oder Freiheitsbeschränkung in Form eines pauschalierten Schmerzensgeldes eine Kapitalentschädigung von 150 DM monatlich.
Der von Ihnen, Herr Kollege Gansel, angesprochene Fall des früheren KZ-Wächters Strippel macht es nicht erforderlich, an dieser Regelung etwas zu ändern, denn entgegen Ihrer Annahme hat der Genannte keine Entschädigung für immateriellen Haftschaden erhalten. Die Entschädigung richtete sich im Fall Strippel seinerzeit nach dem alten Strafhaftentschädigungsgesetz aus dem Jahre 1898, das im Gegensatz zu dem heute geltenden Gesetz über die Entschädigung von Strafverfolgungsmaßnahmen vom 8. März 1971 keinen Ersatz des immateriellen Schadens vorsah. Die Entschädigung des KZ-Wächters Strippel bezog sich demgemäß nur auf materielle Schäden wie Verdienstausfall, Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie Auslagen im Strafverfahren. Sie betrug nach den im Bundesfinanzministerium vorliegenden Unterlagen rund 121 000 DM für 11 Jahre Freiheitsstrafe.
Die Entschädigung für die Opfer der NS-Verfolgung ist durch das Bundesentschädigungs-Schlußgesetz von 1965 abschließend geregelt. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, die seit längerer Zeit praktisch abgeschlossenen Entschädigungsregelungen für immateriellen Schaden an Freiheit der Verfolgten zu ändern.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ganz allgemein noch folgende Bemerkungen machen. Die Bundesregierung und der Gesetzgeber standen bei der Frage der Entschädigung der NS-Verfolgten von Anfang an vor dem kaum lösbaren Widerstreit zwischen dem Willen zur Entschädigung und dem finanziellen Leistungsvermögen. Millionenfach begangenes Staatsunrecht mußte entschädigt werden. Dies konnte nur im Rahmen der Finanzkraft von Bund und Ländern geschehen. Deshalb mußte sich das Bundesentschädigungsgesetz vordringlich darauf beschränken, wenigstens die materiell meßbaren Schäden möglichst umfassend und rasch zu entschädigen. Angesichts des Ausmaßes der Schäden und der Zahl der Opfer konnte der durch den Verlust an Freiheit eingetretene Schaden weder voll ausgeglichen noch voll abgegolten werden. Dennoch haben Bund und Länder allein für immateriellen Schaden an Freiheit bisher rund 2,8 Milliarden DM aufgewendet. Die bisherigen Entschädigungszahlen belaufen sich auf insgesamt 45 Milliarden DM. Es ist damit zu rechnen, daß in Zukunft nochmals ein Betrag in dieser Größenordnung aufzuwenden sein wird. Die Gesamtleistungen für Entschädigungsregelungen zugunsten der NS-Opfer werden danach voraussichtlich den Betrag von 80 Milliarden DM übersteigen.
Herr Kollege Gansel, gestatten Sie mir noch eine persönliche Bemerkung zu diesem Fall des KZ-Wäch-



P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0702909500
Politisch halte ich dieses Urteil für skandalös.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702909600
Herr Kollege, eine Zusatzfrage? — Sie haben keine Zusatzfrage? —

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID0702909700

Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, unser Bankenaufsichtssystem dahingehend zu erweitern, wonach künftig vorgeschrieben werden sollte, daß Banken und Kreditinstitute sich einem Haftungsfonds des Bankenverbands anschließen müssen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702909800
Herr Kollege Stahl, eine gesetzliche Regelung der Einlagensicherung könnte sich nicht damit begnügen, den Banken allein den Anschluß an einen Haftungsfonds vorzuschreiben. Sie müßte darüber hinaus in die Satzungen der Verbände eingreifen. So wären z. B. Bestimmungen erforderlich über das Recht auf Mitgliedschaft, die Mittelaufbringung, die Mittelverwendung, die Nichtdiskriminierung der Mitglieder und über die staatliche Aufsicht. Im Hinblick auf die unterschiedliche Struktur und Risikolage bei den verschiedenen Gruppen der Kreditwirtschaft wären dabei differenzierende und ziemlich komplizierte Regelungen wohl unvermeidlich. Vor allem aber würden die Verbände bei einem staatlichen Eingriff in ihre Verbandsautonomie die Frage stellen, ob sie überhaupt die Einlagensicherung noch unter eigener Regie und auf eigene Kosten durchführen sollen.
Eine Einlagensicherung in unmittelbarer staatlicher Regie würde andererseits einen zusätzlichen Behördenapparat erforderlich machen und die Allgemeinheit mit neuen Kosten belasten. Auch sie könnte indessen Bankinsolvenzen nicht völlig verhindern, sondern ebenfalls nur einen begrenzten Schutz zur Vermeidung sozialer Härten gewähren.
Unter diesen Umständen sollte nach Auffassung der Bundesregierung nicht zwingend vorgeschrieben werden, daß sich die Kreditinstitute einem Haftungsfonds anschließen müssen, zumal von den über 7 000 Kreditinstituten bis auf ganz wenige bereits alle auf freiwilliger Basis einem Sicherungsfonds angeschlossen sind. Insbesondere alle Sparkassen und Kreditgenossenschaften, also die typischen Kreditinstitute des „kleinen Mannes", gehören einem Sicherungsfonds an. Auch im Bereich des privaten Bankgewerbes gibt es nur noch wenige Institute mit einem nennenswerten Volumen an Spareinlagen, die bisher abseits stehen. Von einigen dieser Institute liegen dem Verband inzwischen Aufnahmeanträge vor; die restlichen wollen die Aufnahme in Kürze beantragen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702909900
Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Kollege? — Dann darf ich Sie bitten, Herr Staatssekretär, die nächste Frage — Frage 71 des Herrn Abgeordneten Stahl (Kempen) — zu beantworten:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, daß Banken und Kreditinstitute künftig ihrem Kundenkreis vor Einrichtung eines Sparkontos mitteilen sollten, ob sie einem Haftungsfonds angeschlossen sind?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702910000
Es wird erwogen, daß die Kreditinstitute aus Wettbewerbsgründen künftig von sich aus ihre Mitgliedschaft in einem Haftungsfonds bei ihrer Werbung herausstellen sollten. Die zuständigen Stellen der Bundesregierung werden mit den Bankverbänden sprechen und prüfen, ob eine Initiative in dieser Richtung entwickelt werden sollte.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702910100
Eine Zusatzfrage.

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID0702910200
Herr Staatssekretär, ab wann, glauben Sie, kann diese neue Regelung zustande kommen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702910300
Ich fürchte, nicht vor Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702910400
Haben Sie noch eine Zusatzfrage?

Erwin Stahl (SPD):
Rede ID: ID0702910500
Ist schon mit den zuständigen Instituten bzw. Verbänden in dieser Sache gesprochen worden?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702910600
Es sind Gespräche aufgenommen worden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702910700
Wir kommen jetzt zur Frage 72 des Herrn Abgeordneten Hansen:
Wann ist endgültig mit der Herausgabe mehrsprachiger Erläuterungsglätter zur Stellung des Antrags auf Lohnsteuer-Jahresausgleich sowie zu den Folgen einer Abtretung von Steuererstattungsansprüchen für ausländische Arbeitnehmer zu rechnen, nachdem diese Maßnahme wiederholt angekündigt worden ist (vgl. Stenographische Berichte der 100. Sitzung vom 10. Februar 1971, S. 5691, der 151. Sitzung vom 11. November 1971 sowie der 22. Sitzung vom 21. März 1973)?
Bitte, Herr Staatssekretär:

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702910800
Herr Abgeordneter Hansen, die Frage der Herausgabe mehrsprachiger Erläuterungsblätter zum Jahresausgleichsantrag für ausländische Arbeitnehmer ist kürzlich mit den für die Verwaltung der Lohnsteuer zuständigen obersten Finanzbehörden der Länder erörtert worden. Dabei haben Vertreter der Länder die Notwendigkeit mehrsprachiger Erläuterungsblätter einstimmig bejaht. Die erforderlichen Arbeiten werden mit Nachdruck vorangetrieben. Einen genauen Zeitpunkt, zu dem die Erläuterungsblätter erscheinen werden, kann ich Ihnen jedoch nicht nennen, weil für die Herausgabe der Blätter die Finanzminister der Länder zuständig sind. Das Bundesfinanzministerium wird aber im Rahmen seiner Möglichkeiten darauf hinwirken, daß die Erläuterungsblätter für den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1973 zur Verfügung stehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702910900
Eine Zusatzfrage, bitte, Herr Kollege!




Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0702911000
Herr Staatssekretär, können Sie mir erklären, wie eine Zusage der Bundesregierung hinsichtlich einer solchen Maßnahme zwei Jahre auf sich warten lassen konnte und warum erst in diesen Tagen ihre Notwendigkeit in dem von Ihnen angesprochenen Gremium erörtert worden ist?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702911100
Herr Abgeordneter Hansen, ich habe von Anfang an klargemacht, daß die Zuständigkeit bei den Länderfinanzbehörden liegt. Der zweite Punkt, den ich zur Erklärung anführen kann, ist der, daß es keinen Sinn hat, die Erläuterungsblätter nur in einer Fremdsprache zu drucken, sondern wir müssen hier mit mehreren Fremdsprachen arbeiten. Daß drittens die Fragen, die in mehreren Sprachen erläutert werden müssen, eine lange Arbeit notwendig machen, dürfte jedem Einsichtigen klar sein.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702911200
Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0702911300
Herr Staatssekretär, wollen Sie damit sagen — entschuldigen Sie, diese Frage muß ich stellen —, daß es in der Bundesrepublik nicht genügend Dolmetscher gibt, die imstande wären, in zwei Jahren diesen Text in mehrere Sprachen zu übersetzen?

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702911400
Dies wollte ich damit nicht sagen. Ich wollte damit nur sagen, daß Sie die Verwaltungsarbeit, die damit verbunden ist, nicht richtig einschätzen.

(Abg. Hansen: Keine weitere Frage. — Heiterkeit.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702911500
Keine weitere Zusatzfrage dazu.
Frage 75 des Herrn Abgeordneten Löffler:
Treffen Meldungen aus der DDR zu, wonach die Abfertigung im Transitverkehr von und nach Berlin am Grenzkontrollpunkt Helmstedt am 23. und 24. April dieses Jahres schleppend erfolgte, da nur zwei Zollbeamte und zwei Beamte des Bundesgrenzschutzes eingesetzt waren?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Hans Hermsdorf (SPD):
Rede ID: ID0702911600
Herr Kollege Löffler, die in Ihrer Frage genannten Meldungen treffen nicht zu. Für die Abfertigung der aus der DDR und West-Berlin im Oster-Rückreiseverkehr kommenden Pkw standen bei der Grenzkontrollstelle Helmstedt während der Spitzenverkehrszeiten am 23. und 24. April 1973 ständig sieben Zollbeamte und eine ebenso große Zahl von Grenzschutzeinzeldienst-Beamten zur Verfügung. Wenn es dennoch zeitweilig zu einem Fahrzeugstau gekommen ist, so lag dies vor allem daran, daß für die Abfertigung bei der Grenzkontrollstelle Helmstedt nur drei Fahrspuren auf der Einfahrtseite zur Verfügung stehen, die bei starkem Verkehr zweifellos nicht ausreichen. Außerdem herrschte auch ein starker Lkw-Verkehr. Um die Abfertigung auch in Spitzenverkehrszeiten beschleunigen zu können, soll die Zahl der Abfertigungsspuren auf der Einfahrtseite der Grenzkontrollstelle Helmstedt demnächst auf acht Spuren erweitert werden, Mit den Baumaßnahmen soll noch im Sommer dieses Jahres begonnen werden.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702911700
Keine Zusatzfrage? — Die Frage 76 des Abgeordneten Niegel kann nach Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde nicht beantwortet werden, weil sie den Punkt 20 der Tagesordnung betrifft.
Ich danke Herrn Staatssekretär Hermsdorf. Damit sind die Fragen aus Ihrem Bereich erledigt.
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Bundesminister Ertl zur Verfügung.
Frage 81 des Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler:
Ist die Bundesregierung bereit, den landwirtschaftlichen Krankenkassen im Jahr 1974 Bundeszuschüsse zur Verfügung zu stellen, die es diesen gestatten, in Anlehnung an die Regelung in anderen EWG-Ländern sozial tragbare Beitragssätze in Rechnung zu stellen?
Bitte, Herr Minister!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0702911800
Herr Kollege, ich darf zunächst darauf hinweisen, daß es d i e Regelung in den anderen EG-Ländern nicht gibt. Dagegen gibt es eine beträchtliche Variationsbreite sowohl hinsichtlich der Modalitäten staatlicher Zuschüsse als auch hinsichtlich der Leistungsgewährung.
Soweit mir Angaben vorliegen — und zwar zur Zeit nur im Bereich der Alt-EG-Länder, also der alten Sechsergemeinschaft —, kann ich feststellen, daß bei der Leistungsgewährung das Prinzip der Kostenerstattung vorherrscht, zum Teil mit Selbstbeteiligung wie in Frankreich in Höhe von 20 %. In der Bundesrepublik Deutschland dagegen werden die Kosten direkt von der Krankenkasse getragen. Zweitens kann ich feststellen, daß Ersatzkraftgestellung — Betriebshelfer bzw. Dorfhelferin — oder Ersatzgeld als sozialrechtliche Leistung in anderen Ländern nicht besteht und die anderen Staaten nicht die gesetzlich fixierte Garantie übernommen haben, die sogenannte alte Last, d. h. die Kosten für die Krankenversicherung aller Altenteiler, voll zu tragen.
Am 31. Dezember 1972 hatten die landwirtschaftlichen Krankenkassen 1 028 215 Mitglieder; 388 976 davon waren Altenteiler, d. h. für zur Zeit rund 38 v. H. der Versicherten übernimmt der Bund die vollen Kosten.
Die Bundesregierung wird sehr sorgfältig die Entwicklung im Auge behalten. Sie sieht jedoch keinen Anlaß, die Modalitäten des Bundeszuschusses zur Krankenversicherung zu ändern.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702911900
Zusatzfrage? — Bitte!

Dr. Friedrich Kempfler (CSU):
Rede ID: ID0702912000
Herr Minister, sind Sie also der Auffassung, daß die landwirtschaft-



Dr. Kempfler
lichen Krankenkassen in der Bundesrepublik nicht schlechter gestellt sind als sonst in der EWG?

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0702912100
Ich habe Ihnen ja schon gesagt, Herr Kollege, daß wir prinzipiell einen anderen Weg beschritten haben. Dieser Weg betrifft zwei wesentliche Fakten. Das erste Faktum ist die volle Übernahme der Kosten für die Alten zu Lasten des Bundes. Das gibt es in keiner anderen Krankenkasse. Deswegen kann man das System auch nicht mit den Regelungen in anderen Ländern vergleichen. Der zweite wesentliche Punkt, die Gestellung von Ersatzkräften als verpflichtende Maßnahme, ist in keinem Leistungskatalog einer anderen vergleichbaren Krankenkasse enthalten. Insoweit glaube ich sagen zu müssen, daß sich kein Vergleich anstellen läßt. Nach schwierigen Verhandlungen haben wir uns auf dieses System geeinigt. Ich habe den Eindruck, daß auch die Betroffenen diesen Weg im großen und ganzen — sicher wird es keine volle Zufriedenheit geben — als einen wesentlichen sozialen Fortschritt betrachten.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702912200
Eine weitere Zusatzfrage, bitte!

Dr. Friedrich Kempfler (CSU):
Rede ID: ID0702912300
Herr Minister, darf ich daraus schließen, daß eine Zuschußgewährung von seiten des Bundes für die nächsten Jahre jedenfalls nicht vorgesehen ist, daß aber die Bundesregierung, wie Sie schon erklärt haben, die Entwicklung sorgfältig beobachten und eventuell später auch den Weg der Zuschußgewährung beschreiten wird?

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0702912400
Verehrter Herr Kollege, ich muß darauf hinweisen, daß der Bund einen Zuschuß für 38 % der Versicherten, für alle Altenteiler, gibt. Ich weiß nicht alle Zahlen auswendig. Für die 70er Jahre habe ich sie vor mir. Für das Jahr 1975 ist ein Zuschußbetrag von 480 Millionen DM vorgesehen und auch in die mittelfristige Finanzplanung eingebaut. Für 1976 sind es 530 Millionen DM, für 1977 sind es 580 Millionen DM. Diese Zahlen allein beweisen, daß das Zuschußvolumen beachtlich ist.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702912500
Ich rufe die Frage 82 des Abgeordneten Dr. Kempfler auf:
Ist bei grundsätzlicher Bereitstellung von Bundeszuschüssen daran gedacht, eine soziale Abstufung hinsichtlich der unterschiedlichen Beitragsgrößen festzulegen?

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0702912600
Herr Kollege, die Beiträge werden in Selbstverwaltung der landwirtschaftlichen Krankenkassen festgelegt; denn es handelt sich ja um eine Krankenkasse in berufsständischer Verantwortung. Für die Beiträge gibt es je nach Krankenkasse unterschiedliche Staffelungen. Für die Beitragsstaffelung ist allein und ausschließlich das zuständige Selbstverwaltungsorgan verantwortlich.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702912700
Eine Zusatzfrage.

Dr. Friedrich Kempfler (CSU):
Rede ID: ID0702912800
Herr Minister, hielten Sie es nicht für wünschenswert, daß der Bund eine Mustersatzung aufstellt, wie es auch in anderen Fällen geschieht, deren sich dann die einzelnen Krankenkassen bedienen können?

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0702912900
Ich würde das als eine nützliche Anregung ansehen. Aber diese Anregung betrifft zunächst viel mehr den Bundesverband. Alle Krankenkassen gehören ja dem Bundesverband an. Soweit ich im Bilde bin, hat dieser Bundesverband durch eine Mustersatzung an den einzelnen Satzungen der Krankenkassen wesentlich mitgewirkt.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702913000
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Friedrich Kempfler (CSU):
Rede ID: ID0702913100
Herr Bundesminister, wird die Bundesregierung vielleicht dem Bundesverband eine Anregung geben, da Sie ja diese Frage immerhin für wert halten, erörtert zu werden?

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0702913200
Ich werde das in meinem Haus prüfen. Aber ehrlich gesagt, ich habe nicht alle Details präsent.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702913300
Ich bedanke mich, Herr Bundesminister. Damit ist die Fragestunde beendet. Sie wird morgen mit Ihrem Geschäftsbereich fortgesetzt.
Meine Damen und Herren, ich rufe nunmehr Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik
— Drucksache 7/153 —
Bericht und Antrag des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen (16. Ausschuß)

— Drucksachen 7/500, 7/516 —
Berichterstatter: Abgeordneter Heyen Abgeordneter Jäger (Wangen)


(Erste Beratung 14./15. Sitzung)

Es ist interfraktionell vereinbart worden, die Punkte 2 und 3 in der Aussprache zu verbinden. Ich rufe daher auch Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen
— Drucksachen 7/154, 7/503 —



Präsident Frau Renger
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 7/520 —
Berichterstatter: Abgeordneter
Dr. Bußmann
b) Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuß)

— Drucksache 7/502 —Berichterstatter: Abgeordneter
Dr. Carstens (Fehmarn) Abgeordneter
Dr. Corterier

(Erste Beratung 15. Sitzung)

Zunächst haben die Berichterstatter das Wort. Als erstem Berichterstatter erteile ich dem Herrn Abgeordneten Heyen das Wort.

Roelf Heyen (SPD):
Rede ID: ID0702913400
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Ihnen vorliegenden Schriftlichen Bericht über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Grundlagen der Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik — Drucksache 7/500 — möchte ich im Namen der Mehrheit des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen mündlich ergänzen. Zunächst möchte ich aber auf die Drucksache 7/516 aufmerksam machen, die eine Berichtigung der Drucksache 7/500 darstellt. Ich möchte ferner auf zwei Druckfehler aufmerksam machen, die sich auf Seite 1 der Drucksache 7/500 eingeschlichten haben. Es muß heißen: „Vertrag vom 21. Dezember ... über die Grundlag e n der Beziehungen ...".
Meine Damen und Herren, mit dem Grundvertrag ist das heute in Deutschland Erreichbare erreicht worden. Zu dem Ergebnis kam der Bundestagsausschuß für innerdeutsche Beziehungen nach einer eingehenden und gründlichen Beratung. Er empfiehlt daher dem Hohen Hause die Annahme des Vertragsgesetzes.
Gestatten Sie mir, aus der Sicht der Mehrheit den Schriftlichen Bericht in einen politischen und historischen Gesamtzusammenhang zu stellen. Ich gehe davon aus, daß der Herr Kollege Jäger (Wangen) dies im Anschluß an meine Ausführungen auch für die Minderheit tun wird. Ich möchte mich im übrigen bei Herrn Kollegen Jäger für faire und kollegiale Zusammenarbeit herzlich bedanken.
Meine Damen und Herren, der Vertrag besiegelt nicht die Spaltung Deutschlands; er garantiert allerdings auch nicht ihre Überwindung. Das heißt, der Vertrag löst die deutsche Frage nicht, aber er hält sie offen. Er bietet die reale Chance, daß sich das Verhältnis der beiden deutschen Staaten zueinander aus der Verkrampfung löst und daß aus dem Gegeneinander ein geregeltes Nebeneinander wird, das ein künftiges Miteinander möglich macht. Zu einem solchen geregelten Nebeneinander und einem künftigen Miteinander gehören natürlich Partner, die dies nicht nur in Verträge und Leitartikel schreiben, sondern das auch praktisch wollen.
Der FDGB-Vorsitzende Herbert Warnke erklärte am 1. Mai in Ost-Berlin, der Grundvertrag werde sich — ich zitiere mit Genehmigung der Frau Präsidentin — „positiv auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten und auf die weitere Erwärmung des politischen Klimas in Europa auswirken".
Es hat bisher eher den Anschein, als sei die DDR für das neue politische Klima in Europa nur mühsam zu erwärmen. Aber beim Wort nehmen können wir sie erst dann, wenn wir zwischen den beiden deutschen Staaten die Beziehungen auf eine vertragliche Grundlage gestellt haben.
Der Vertrag geht von der bestehenden, wirklichen Lage in Deutschland aus, sowohl rechtlich als auch politisch. Die Mehrheit des Ausschusses ist der Auffasung, daß durch diesen Vertrag rechtlich und Politich nichts aufgegeben wurde. Im Gegenteil, er versetzt uns in die Lage, aus der bloßen Reaktion der 60er Jahre herauszukommen und nunmehr auf vertraglicher Grundlage eine aktive Politik im Sinne unserer grundgesetzlichen bleibenden Ziele einzuleiten.
Augehend von der Erkenntnis, daß es in Deutschland zwei Staaten gibt, hat die Regierung Brandt/ Scheel 1969 in aller Form eine Politik beendet, die sich in ständiger Verteidigung und Reaktion erschöpfte und jeden auch nur kleinen Erfolg der DDR auf internationalem Parkett als Niederlage für sich selbst empfand.
Mit der Politik der Regierung Brandt /Scheel und mit diesem Vertrag wird etwas vollzogen, was auch andere durchaus schon erkannt hatten, ohne daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Wir denken dabei an die Worte des früheren Bundeskanzlers Kurt Georg Kiesinger, der am 17. Juni 1967 verlangte, „ohne Scheuklappen zu sehen, was ist, auch das, was in den vergangenen 14 Jahren geworden ist". „Man kann nicht warten", sagte damals Herr Kiesinger, „bis der Geschichte etwas Rettendes einfällt". Insofern war nach Meinung der Mehrheit des Ausschusses der Standpunkt — wenn ich das hier einschieben darf — des damaligen Bundeskanzlers und CDU-Vorsitzenden realistischer als der des Genossen Carstens,

(Heiterkeit)

der anläßlich der ersten Lesung des Vertrags hier feststellte, daß bei Amtsantritt der Regierung Brandt /Scheel 1969 die deutschlandpolitischen Positionen der Bundesrepublik im wesentlichen intakt gewesen seien.

(Abg. Schröder [Lüneburg] : So weit hat der Grundvertrag doch noch nicht durchgeschlagen, daß wir „Genossen" sind!)

Doch wie intakt waren denn unsere Positionen in den 60er Jahren? Wir sind der Wiedervereinigung nicht nähergekommen. Die Spaltung Deutschlands wurde nicht abgebaut, sondern vertieft. Die Fluchtwege wurden immer perfekter verriegelt, und die Menschen lebten sich immer mehr auseinander.



Heyen
So konsequent und juristisch in sich geschlossen das in den 50er Jahren unter Adenauer entwickelte politische Denkmodell auch sein mochte, spätestens seit dem Bau der Berliner Mauer mußte die Einsicht Boden gewinnen, daß dieses Modell nicht mehr der Wirklichkeit entsprach, möglicherweise auch von vornherein unrealistisch war.
Der Bau der Berliner Mauer 1961 hatte schlagartig deutlich gemacht, wo der Einfluß des Westens seine Grenzen fand. Die Kuba-Krise von 1962 machte die Grenzen der Einflußsphäre Moskaus deutlich. Moskau und Washington zogen daraus ihre Konsequenzen. Der Dialog über Entspannung begann. Von dieser Entwicklung konnte die deutsche Politik nicht unberührt bleiben. Die jetzige Bundesregierung hat von Anfang an diese Entspannungspolitik aus innerer Überzeugung mitvertreten.
Die Bundesregierung stand vor der Alternative, entweder bei Aufrechterhaltung der Intaktheitsideologie sich selbst in die Isolierung drängen zu lassen oder sich zu der — ich zitiere — „rasend unbequemen Folgerung durchzukämpfen, daß im geteilten Deutschland Änderungen und Veränderungen nur ausgehend von dem zur Zeit dort herrschenden, verhaßten Regime erreichbar sind", mit dem Ziel, daß sich die Menschen nicht völlig auseinanderleben. Diese letzten Formulierungen stammen aus einer Rede von Egon Bahr, aus einer Rede, von der viele nur die Überschrift kennen. Gehalten wurde sie vor fast genau zehn Jahren, im Juli 1963, in Tutzing.
Die Große Koalition zeigte beachtliche Ansätze, Konsequenzen aus derartigen Erkenntnissen zu ziehen. Die sozialliberale Koalition hat dann 1969 damit begonnen, tatsächliche Schlußfolgerungen aus den erwähnten Einsichten zu ziehen.
Die Minderheit im Ausschuß hat nicht zu verdeutlichen vermocht, wie sie auf die Veränderung der weltpolitischen Lage hätte reagieren wollen. Wir müssen mithin befürchten, daß sich die CDU/CSU noch für geraume Zeit und trotz verbaler Einsichten in dem Elfenbeinturm ihrer Intaktheitsideologie wohlgefühlt hätte.

(Abg. Katzer: Ist das eine Parteirede oder ein Bericht? — Abg. Katzer: Frau Präsidentin, das ist doch kein Bericht!)

— Herr Kollege Katzer, ich kann mir vorstellen, daß Sie nach dem heutigen Vormittag etwas nervös sind. Dennoch gestatten Sie mir, daß ich in meinen Ausführungen fortfahre.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Katzer: Das hat damit nichts zu tun! Das ist doch kein Bericht!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702913500
Fahren Sie fort, Herr Abgeordneter!

Roelf Heyen (SPD):
Rede ID: ID0702913600
Allein am Beispiel Berlin ließe sich aufzeigen, wohin ein Verharren auf diesem Standpunkt geführt hätte; denn hier ist durch eine aktive Politik dieser Bundesregierung Terrain zurückgewonnen worden, das schon verspielt war. Es ging also darum, unsere Ziele zu einer Zeit durchzusetzen, da sie noch erreichbar waren, bevor unsere Probleme durch die allgemeine weltpolitische Entwicklung überrollt und zugedeckt wurden.
Die Mehrheit des Ausschusses ist der Meinung, daß unser Preis für die Ostpolitik, die vertragliche Bestätigung des Status quo, in einer außenpolitisch stark fallenden Währung gezahlt wurde. Wenige Jahre später wären wir von West wie Ost mehr oder weniger sanft gezwungen worden, uns mit der politischen Landkarte Europas in aller Form abzufinden, dann jedoch ohne irgendeine östliche Gegenleistung.
Wer wie mancher Vertreter der Opposition im Ausschuß glaubt, daß wir mit der alten Politik die auf die DDR zurollende Anerkennungswelle auf die Dauer hätten aufhalten können, gibt sich einfach Illusionen hin. Die Tatsache, daß nach der Paraphierung des Grundvertrages mit einem Schlag mehr als 40 Staaten die DDR anerkannt haben, beweist doch dies: Viele Länder haben lediglich deshalb die Anerkennung vorher nicht vollzogen, weil sie unserem Wunsche entgegengekommen sind, laufende Verhandlungen nicht zu stören. Nach Meinung der Mehrheit im Ausschuß ist verhindert worden, daß sich die vielfache Anerkennung der DDR in einem unkoordinierten Prozeß gegen unseren Willen vollzog. Ein solcher unkoordinierter Prozeß hätte zweifellos zu einer Belastung des Bündnisses und unseres Verhältnisses zu unseren Partnern geführt und damit die Bundesrepublik Deutschland in die Defensive getrieben.
Der Ausschuß hält den Vertrag für in sich ausgewogen. Verhandlungsziele, an denen die DDR viele Jahre festgehalten hat, fanden in den Vertrag keinen Eingang. So wurde weder die völkerrechtliche Anerkennung der DDR noch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen, noch die Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts zugestanden. Noch im Juni 1972 stellte der DDR-Außenminister Otto Winzer in einem Aufsatz in der DDR-Zeitschrift „Horizont" die Aufnahme diplomatischer Beziehungen und den Austausch von Botschaftern als unabdingbar hin. Darüber hinaus hielt er einen Vertrag, in dem der besondere Charakter der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten zum Ausdruck käme — ich zitiere jetzt —, „für die sozialistische Deutsche Demokratische Republik für völlig unakzeptabel". Auch hieran muß man das Ergebnis dieses Vertrages messen.
In dem jetzt vorliegenden Vertrag wird bereits in der Präambel durch die als Dissens formulierte Aussage zur nationalen Frage die Besonderheit der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten zutreffend gekennzeichnet. Die Minderheit im Ausschuß hat bemängelt, daß das Wort Nation keinen Eingang in die Vertragspräambel gefunden hat. Die Mehrheit des Ausschusses war dagegen der Auffassung, daß der Begriff Nation primär ein politischer Begriff ist. Sie war mithin der Meinung, daß die Tatsache, daß es keine einheitliche Auffassung zum Begriff Nation gibt, nicht durch die mühsame und politisch vergebliche Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner in dieser Frage verborgen



Heyen
werden sollte. Denn ein derartiger gemeinsamer Nenner stünde ohnehin in der Gefahr ständiger Interpretationskonflikte.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Der Gegensatz in der nationalen Frage ist auch nicht erst durch die Diskussion über den Grundvertrag herausgebildet worden. Diese Gegensätze bestanden vorher, auch schon zu einer Zeit, da noch beide Vertragspartner einheitlich von der deutschen Nation sprachen. Das war aber nur ein Gleichklang der Worte, der die politischen Unterschiede in der Zielsetzung verdeckte.
Durch den Brief zur deutschen Einheit ist unser verfassungsmäßiges Ziel deutlich gemacht worden. Wir können, ohne uns dem Vorwurf der Vertragsverletzung auszusetzen, jetzt und in Zukunft auf einen Zustand des Friedens in Europa hinwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.
Dieses Ziel wird auch weiterhin von unseren Bündnispartnern in der NATO unterstützt. Das Kommuniqué der Ministerratstagung vom 7./8. Dezember 1972 unterstreicht das nachdrücklich. Nach Art. 9 des Vertrages bestehen auch die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte weiter fort.
Nach Auffassung der Mehrheit im Ausschuß ist nicht nur hier die Besonderheit der Beziehungen zwischen beiden Staaten deutlich gemacht worden. Die Besonderheit findet darüber hinaus ihren Niederschlag im Vorbehalt zur Staatsangehörigkeitsfrage, in den Sonderbeziehungen auf dem Gebiet des Handels sowie in dem Umstand, daß nicht Botschafter, sondern ständige Vertreter ausgetauscht werden. Auch der Protokollvermerk zu Vermögensfragen drückt ebenfalls die Besonderheit der Beziehungen aus.
Nach Meinung der Mehrheit des Ausschusses ist für Berlin das Optimum des Erreichbaren erreicht worden. Die Situation von Berlin wird durch das Viermächteabkommen und die ergänzenden Vereinbarungen der deutschen Seiten geregelt. Gleichwohl werden im Grundvertrag Bereiche angesprochen, die eine Regelung der Einbeziehung von Berlin (West) notwendig machen.
In einer Erklärung beider Seiten anläßlich der Unterzeichnung des Vertrages ist deshalb das bestehende Einvernehmen darüber fixiert worden, daß die Ausdehnung von Abkommen und Regelungen, die im Zusatzprotokoll zu Art. 7 vorgesehen sind, in Übereinstimmung mit dem Viermächteabkommen vom 3. September 1971 auf Berlin (West) im jeweiligen Fall vereinbart werden kann. Das Wort „kann" entspricht der Formulierung im Viermächteabkommen. Die Bundesregierung ist, wie wir alle wissen, fest entschlossen, Folgeverträge aus dem Grundvertrag nur mit ausdrücklicher Einbeziehung Berlins abzuschließen, wenn dem im Einzelfall nicht alliierte Rechte entgegenstehen.
Der Ausschuß hat sich ausführlich mit Art. 7 des Vertrages beschäftigt. Mit ihm sollen praktische und humanitäre Fragen im Zuge fortschreitender Normalisierung geregelt werden. Insoweit ist dieser
Artikel ein Kernstück des Vertrages. Er schafft millionenfach Reise- und Begegnungsmöglichkeiten, was dem Zusammenhalt der Menschen und damit — wenn man den Begriff verwenden will -- der Nation mehr nützt als das Festhalten an einer Intaktheitsideologie.
Die Mehrheit des Ausschusses hat noch einmal auf den Widerspruch hingewiesen, der in der Argumentation zu finden ist — die die CDU/CSU im Ausschuß auch mehrfach wiederholt hat —, daß man auf der einen Seite den Vertrag ablehnt, auf der anderen Seite aber die menschlichen Erleichterungen haben will — und das vielfach schon vor Inkrafttreten des Vertrages. Das hat auch die CDU/CSU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus vor Abschluß des Viermächteabkommens über Berlin so praktiziert. Insofern ist das nicht neu.
Ich darf hier vielleicht einschieben, daß seit Ostern 1972 mehr als 41/2 Millionen Besuche von Westberlinern in der DDR registriert wurden. Ich stimme mit dem Journalisten Günther Matthes überein, der im Berliner „Tagesspiegel" vom 22. April dieses Jahres die Besuchsmöglichkeiten folgendermaßen gewertet hat:
Wer unter Wiedervereinigung nicht mehr nur der Deutschen Nachtgebet verstand, wird die Massenmultiplikation von Wiedersehen, Wiederfinden und Wiedersprechen auch politisch werten. Weiße Flecken in der Vorstellungswelt der jüngeren Generation haben wieder Farbe. Der Westbesucher gehört zum Alltag von Cottbus, Schwerin und Görlitz.
Als Berliner Abgeordneter darf ich hinzufügen: Theodor Fontane ist wieder aktuell geworden. Seine Wanderungen durch die Mark Brandenburg können wir nun wieder mit eigenen Füßen nachvollziehen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702913700
Herr Abgeordneter, würden Sie bitte auf die Berichterstattung zurückkommen!

Roelf Heyen (SPD):
Rede ID: ID0702913800
Der frühere Oppositionsführer Dr. Barzel hat am 15. Februar von dieser Stelle aus gesagt — seine Parteifreunde im Ausschuß haben das wiederholt, und insofern gehört das mit zu dem Bericht, Frau Präsidentin, daß man das Unrecht in der DDR nicht „herunterminimalisieren" dürfe. Da sind wir einer Auffassung. Die Mehrheit des Ausschusses ist jedoch auch der Auffassung, daß die erreichten menschlichen Erleichterungen, die der DDR in schwierigen Verhandlungen abgetrotzt worden sind, nicht „herunterminimalisiert" werden dürfen.
Der Weg zur Erleichterung für diese Menschen führt aber nur über die Regierung der DDR. Die Mehrheit des Ausschusses und die SPD /FDP-Koalition hat niemals Illusionen darüber gehabt, daß dies in jeder Beziehung ein schwieriger Weg ist, der mit manchen Risiken verbunden ist. Wir wissen, mit wem wir drüben verhandeln, und es wird notwendig sein, dies auch immer wieder offen auszusprechen.



Heyen
Wir lehnen es aber ab, uns durch bloße Verbalismen und unrealistische Forderungen den Weg zum Handeln und vor allen Dingen den Weg zu den Menschen drüben selbst abzuschneiden.

(Abg. Rawe: Ich denke, das ist eine Berichterstattung, Frau Präsidentin!)

Dabei lassen wir nicht außer acht, vor welchen Voraussetzungen wir heute stehen. Ich meine damit das, was Peter Bender, einer der journalistischen Wegbereiter dieser Ostpolitik, so gesagt hat.

(Abg. Dr. Marx: Berichten Sie über Peter Bender, oder über den Ausschuß? — Zuruf von der CDU/CSU: Ist das ein Ausschußbericht, was Sie da machen? — Abg. Rawe: Machen Sie eine Berichterstattung, oder was machen Sie hier?)

— Herr Kollege Rawe — wenn ich das hier einfügen darf —: wir sind bei der mündlichen Erläuterung

(Abg. Rawe: Dann muß ich das rügen! Dann müssen Sie wirklich berichten und nicht herumpolemisieren! So geht das nicht!)

der Berichte auch von der Darstellung des politischen und des historischen Gesamtzusammenhangs ausgegangen, und ich glaube, wir dürfen uns auch daran halten, zumal wir wissen, daß auch der Berichterstatter der Minderheit dies tun wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD. — Abg. Rawe: Sie merken an dem schwachen Beifall Ihrer Fraktion: Sie können hier nicht polemisieren, sondern Sie müssen be-)

richten!
Peter Bender sagte: Ost-Berlin muß auf einigen Gebieten in den 70er Jahren noch lernen, was viele von uns in den sechziger Jahren lernen mußten.
Die Mehrheit des Ausschusses ist der Auffassung, daß mit Art. 7 des Vertrages nicht nur das abgedeckt ist, was mit Inkrafttreten des Vertrages an Erleichterungen wirksam wird, sondern daß diese Generalklausel dynamischen Charakter hat, indem sie darüber hinaus eine verpflichtende Haltung der Vertragschließenden für ihre künftigen Beziehungen festlegt. So wird auf vertraglicher Grundlage ein Prozeß eingeleitet, der unter der Verpflichtung steht, bestehende Hindernisse Schritt für Schritt abzubauen.
Im schriftlichen Minderheitsbericht wird der Regierung vorgeworfen — ich darf darauf eingehen —, daß in dem Vertrag nicht ein zeitlich verbindlicher Stufenplan zur Aufhebung der unmenschlichen Abschnürungsmaßnahmen festgelegt worden ist. Die Abschnürungsmaßnahmen, insbesondere die Schüsse an der Grenze sind furchtbar. Sie gehören zu der schrecklichen Realität in Deutschland, die in den letzten 12 Jahren nicht zu ändern war und deren Änderung unsere ständige Aufgabe sein wird.
Wer wie die Minderheit in ihrem Bericht meint, die DDR ließe sich in ihrer gegenwärtigen inneren Situation auf einen solchen Stufenplan zum Abbau ihrer Grenzen ein, der fordert von ihr einen Stufenplan zur Selbstaufgabe. Wer unter solchen Prämissen Verhandlungen mit der DDR einleiten wollte, wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt, und er würde das heute in Deutschland Mögliche verspielen.
Ich möchte noch einen anderen Punkt aus dem schriftlichen Minderheitsbericht der Vertreter der CDU/CSU im Ausschuß aufgreifen. Dort steht, daß nach Auffassung der Opposition zur Erreichung eines Verhältnisses der guten Nachbarschaft zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR eine wirksame Vereinbarung über einen Infiltrationsverzicht wichtiger wäre als der in Art. 3 des Grundvertrages vereinbarte Gewaltverzicht, dem die Opposition im übrigen zustimme.
Diesen Vorschlag hält die Mehrheit im Ausschuß für abwegig. Wir lehnen es ab, Einwohner der DDR nach infiltrationsverdächtig und nicht infiltrations-verdächtig zu sortieren. Wir können der DDR nicht die Möglichkeit geben, ihrerseits die ausgehandelten Reiseerleichterungen unter Berufung auf eine derartige Infiltrationsklausel wieder einzuengen, zumal die Besuchsregelungen, die für uns eine Frage der Humanität sind, für die DDR noch Fragen der inneren Sicherheit zu sein scheinen. Wir sollten einer Abgrenzungspolitik der DDR nicht unsererseits eine Abgrenzungspolitik entgegenstellen.
Dies widerspräche auch dem Selbstvertrauen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Von einem solchen Selbstvertrauen gehen wir aus, wenn wir unsere Vertragspolitik verfolgen. Es wird natürlich unsere gesamte Wachsamkeit und Entschlossenheit nötig sein, um das vertraglich gewonnene und zurückgewonnene Terrain auch in Zukunft zu sichern. Wir werden einen mühseligen Weg zu gehen haben, und es wird gelegentliche Rückschläge geben. Dennoch dürfen wir uns nicht beirren lassen; denn dies ist eine Politik ohne Illusionen, aber auch eine Politik ohne Alternative.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Marx: Diese Rede war ein Beispiel für die Illusionen!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702913900
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort als Berichterstatter hat Herr Abgeordneter Jäger (Wangen).

Claus Jäger (CDU):
Rede ID: ID0702914000
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich für die Vertreter der CDU/CSU im Innerdeutschen Ausschuß zu dem Ihnen in der Drucksache 7/500 vorliegenden Schriftlichen Bericht samt Ergänzungen einige Erläuterungen vortragen. Ich möchte indes zuvor auch meinerseits dem Herrn Vorsitzenden des Ausschusses und dem Herrn Mitberichterstatter, dem Herrn Kollegen Heyen, für die Zusammenarbeit bei der Erstellung dieses Berichtes meinen Dank aussprechen.
Nun zum Bericht selbst!
Erstens. Der innerdeutsche Ausschuß hat die umfangreiche Materie des sogenannten Grundvertrages in vier Sitzungen beraten. Die Beratungen ver-



Jäger (Wangen)

liefen in einer sachlichen Atmosphäre, auch wenn sie streckenweise — wie könnte es bei diesen uns alle zutiefst berührenden Fragen auch anders sein — leidenschaftlich geführt wurden. Beklagenswert war jedoch für die Vertreter der Opposition der unerhörte Zeitdruck, unter dem die gesamten Beratungen nahezu von Anfang an standen.

(Abg. Dr. Marx: Hört! Hört!)

Die Koalition drückte mit ihrer Mehrheit in einer Kampfabstimmung durch, daß die Beratungen noch vor der Osterpause beendet werden mußten. Das führte dazu, daß von dem Themenkatalog, den sich der Ausschuß selbst zu Beginn seiner Erörterungen einmütig auferlegt hatte, zwei wichtige Bereiche in ausführlicher Einzelaussprache nicht mehr beraten werden konnten, nämlich die Fragen des Status der Vertretungen der beiden Staaten gemäß Art. 8 des Vertrages und der riesige Komplex der menschlichen Erleichterungen im geteilten Deutschland. Ein zusätzlicher Tag für die Beratungen, den die Vertreter der Koalition in der ersten Aprilwoche noch anboten, der aber für die meisten Kollegen von der CDU/CSU aus Termingründen nicht in Frage kam, hätte nach unserer Überzeugung niemals ausgereicht, um diese wichtigen Komplexe ausreichend zu erörtern.
Es bleibt deshalb festzuhalten, daß die Koalitionsparteien durch den massiven Gebrauch ihrer Mehrheit eine gründliche und ausreichende Erörterung eines Vertrages im Fachausschuß beeinträchtigt haben, der auf unabsehbare Zeit das innerdeutsche Verhältnis regeln soll und der deshalb für unser ganzes Volk von größter Tragweite ist.
Zweitens. Der sogenannte Grundvertrag und seine als Anlagen aufgeführten Annexe werden in wichtigen Fragen von den beiden Vertragspartnern höchst unterschiedlich ausgelegt. Das muß und wird bei der Verwirklichung des Vertrages zu Schwierigkeiten führen. Auch die Vertreter der Koalition haben das im Ausschuß zugeben müssen.
Die Opposition hat daher sowohl im Innerdeutschen Ausschuß wie auch im Rechtsausschuß eine Reihe von Anträgen gestellt, die Sie, was den Innerdeutschen Ausschuß betrifft, in der Anlage zum Schriftlichen Bericht nachlesen können. Ziel dieser Anträge war es, die Bundesregierung dabei zu unterstützen, den Vertrag so auszulegen, daß er den Interessen unseres Volkes und seiner Menschen dient oder ihnen möglichst wenig schadet.
Die Vertreter der Koalition haben sämtliche unsere Anträge mit ihrer Mehrheit niedergestimmt. Die Vertreter der CDU/CSU sahen sich daher genötigt, mit allem Ernst darauf hinzuweisen, daß dieses Verhalten der Mehrheitsparteien weder geeignet ist, wenigstens einen kleinen Rest von Gemeinsamkeit zwischen Koalition und Opposition in den Fragen der Deutschlandpolitik zu erhalten, noch geeignet ist, nach Inkrafttreten des Grundvertrages dem Interesse der Menschen in Deutschland zu dienen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das Niederstimmen unserer Anträge steht nach Auffassung der Vertreter der CDU/CSU auch in einem grotesken Gegensatz zu dem während der Ausschußberatungen von der Koalition gegen uns erhobenen Vorwurf, mit dem Hinweis auf die Schwächen und Mängel des Vertragswerkes und auf die Mehrdeutigkeit vieler seiner Bestimmungen ]eisteten wir, die Opposition, dem SED-Regime in der DDR Schützenhilfe für die spätere Auslegung des Vertrages.
Dieser Vorwurf wurde von uns mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen. Wir haben darauf hingewiesen, daß dieser Vorwurf bei allen Verträgen mit anderen Staaten jeweils der Opposition sozusagen einen Maulkorb umhängen müßte und sie im Ergebnis an sachlicher Kritik hindern würde.
Zudem, meine Damen und Herren, kennt doch die Regierung der DDR ganz genau die schwachen Stellen in diesem Vertragswerk, und es wäre nach unserer Auffassung naiv, zu glauben, sie brauche unsere, der Opposition kritischen Hinweise, um darauf aufmerksam zu werden.

(Abg. Dr. Marx: Sie ist ja der Autor der schwachen Stellen!)

Wenn es den Herren in Ost-Berlin künftig da und dort gelingt, unter Ausnutzung unklarer oder mehrdeutiger Bestimmungen des Vertrages ihren Standpunkt durchzusetzen, dann ist das nach unserer Auffassung nicht die Schuld der Opposition, die auf diese Mängel hingewiesen hat, sondern die Schuld des Unterhändlers, der diese Texte ausgehandelt hat, und der Regierung, die sie gebilligt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Vertreter der Opposition haben aber bei den Ausschußberatungen deutlich gemacht — und ich möchte dies hier wiederholen —, daß sie nach der Verabschiedung des Grundvertrages, mit der sie bei den bestehenden Mehrheitsverhältnissen rechnen müssen, die Bundesregierung bei der Auslegung des Vertrages auch dort unterstützen werden, wo sie heute um der Sache willen Kritik üben.
Drittens. Übereinstimmend waren die Vertreter der Koalition wie die der Opposition im Ausschuß der Auffassung, daß ein Vertrag, der die Grundlagen der Beziehungen zwischen den beiden Staaten in Deutschland regeln soll, in erster Linie konkrete Ergebnisse für die Menschen in unserem gespaltenen Land zeitigen müsse. In mehreren der sogenannten 20 Kasseler Punkte hat die Bundesregierung das auch seit längerer Zeit deutlich gemacht. So heißt es etwa — ich darf mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren — in Punkt 14:
Der Vertrag soll Maßnahmen vorsehen, die den gegenseitigen Reiseverkehr erweitern und das Ziel der Freizügigkeit anstreben.
Und in Punkt 15 heißt es:
Die Probleme, die sich aus der Trennung von Familien ergeben, sollen einer Lösung zugeführt werden.
Besonders in dem soeben zitierten Punkt 14 kam klar zum Ausdruck, daß mit einem solchen Vertrag die Freizügigkeit in Deutschland zwar noch nicht



Jäger (Wangen)

erreicht, wohl aber der entscheidende Durchbruch zu dieser Freizügigkeit erzielt werden müsse.
Die Bundesregierung hat in den Ausschußberatungen diesen entscheidenden Durchbruch in Artikel 7 des Vertrages als gegeben angesehen. Dieser Auffassung konnten sich die Vertreter der Opposition nicht anschließen. Art. 7 des Grundvertrages — und wegen seiner Bedeutung darf ich ihn hier mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren — lautet:
Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik erklären ihre Bereitschaft, im Zuge der Normalisierung ihrer Beziehungen praktische und humanitäre Fragen zu regeln. Sie werden Abkommen schließen, um auf der Grundlage dieses Vertrages und zum beiderseitigen Vorteil die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, der Wissenschaft und Technik, des Verkehrs, des Rechtsverkehrs, des Post- und Fernmeldewesens, des Gesundheitswesens, der Kultur, des Sports, des Umweltschutzes und auf anderen Gebieten zu entwickeln und zu fördern. Einzelheiten sind in dem Zusatzprotokoll geregelt.
Der entscheidende Satz 1 dieses Art. 7 enthält eine Generalklausel, die zwischen der Bundesrepublik und irgendeinem Staat der westlichen oder Dritten Welt sicherlich eine ausbaufähige Grundlage für vernünftige Regelungen der mitmenschlichen Beziehungen auch über Grenzen hinweg bilden könnte. Nach Auffassung der CDU/CSU verkennt jedoch die Bundesregierung wie die Koalition, daß für derartige Regelungen mit einem kommunistischen Staat wie
I der DDR, der dazu eine konsequente und unmenschliche Abgrenzungspolitik betreibt — und zwar auch nach Abschluß des sogenannten Grundvertrages bis zu dieser Stunde —, eine weitgefaßte, vage Generalklausel kein Instrument sein kann, konkrete menschliche Erleichterungen durchzusetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Auch die Bundesregierung vermochte uns im Ausschuß nicht darzutun, wie sie glaubt, aus dem Begriff „Bereitschaft, im Zuge der Normalisierung ihrer Beziehungen praktische und humanitäre Fragen zu regeln", die DDR zu konkreten Maßnahmen verpflichten zu können.
Erschwerend kommt hinzu, daß auch die Koalition nicht bestreiten konnte, daß die beiden Vertragspartner den Begriff „im Zuge der Normalisierung ihrer Beziehungen" ganz unterschiedlich auslegen und daß es nicht gelungen ist, die DDR auf eine Auslegung festzunageln, die eine Normalisierung einschließt, wie sie im Interesse etwa zwischen Deutschen und Franzosen, Deutschen und Schweizern oder Österreichern die Beziehungen der Staaten und der Menschen kennzeichnet.
Nach allen Erfahrungen, die mit der DDR schon vor Abschluß des Grundvertrages — und ich möchte hinzufügen: erst recht nachher — gemacht werden mußten, war es nach unserer Auffassung unverzichtbar, in den Vertrag selbst klare, eindeutige und nicht restriktiv auslegbare Bestimmungen hineinzubringen, in denen die entscheidenden Erleichterungen für die Menschen konkret und politisch einforderbar niedergelegt worden wären. Das ist nicht geschehen.
Im Zusatzprotokoll zu Art. 7, das die Einzelheiten regeln soll, ist zur Frage der Freizügigkeit und der Familienzusammenführung kein Wort zu finden. Die Vertreter der Opposition mußten also festhalten, daß es der Bundesregierung nicht gelungen ist, die zentralen menschlichen Erleichterungen, die sie sich in den sogenannten 20 Kasseler Punkten zum Ziel gesetzt hatte — nämlich den Durchbruch zur Freizügigkeit und die Lösung der Familienzusammenführung —, im sogenannten Grundvertrag abzusichern und damit auf eine gewisse Dauer für die Menschen wirksam zu machen. Zwar hat die DDR in einem der Briefe, die am 21. Dezember 1972 ausgetauscht wurden, Schritte zur Regelung dieser Fragen angekündigt. Ob die Behauptung der Bundesregierung, die sie im Ausschuß vortrug, und die Behauptung der Koalitionsvertreter zutrifft, daß dieser Brief die gleiche verbindliche Wirkung wie der Vertrag selbst besitze, erscheint nach der Bestimmung in Art. 7 des Vertrages höchst fraglich, wonach Einzelheiten im Zusatzprotokoll und sonst nirgends — geregelt seien.
Diese Streitfrage kann aber letztlich dahinstehen, denn konkrete Schritte enthält auch der Briefwechsel zwischen den Staatssekretären Bahr und Kohl nicht. Lediglich in den Erläuterungen zum Briefwechsel werden einige zusätzliche Erleichterungen für den Reiseverkehr, für die Familienzusammenführung und für Tagesaufenthalte im grenznahen Bereich genannt. Diese Erläuterungen — ich muß hier darauf hinweisen, weil wir das im Ausschuß behandelt haben — tragen weder die Unterschrift der Unterhändler noch werden sie von der Bundesregierung selbst zu dem sogenannten Vertragswerk gerechnet, also zu den Abmachungen und Vereinbarungen, die dem Parlament zusammen mit dem Vertragstext im vorliegenden Gesetzentwurf zur Zustimmung vorgelegt werden. Damit trägt die Bundesregierung nach unserer Auffassung selbst die Verantwortung dafür, daß diesem einzigen Papier, aus dem sich konkrete Zusagen der DDR für menschliche Erleichterungen herleiten lassen, nicht das rechtliche und politische Gewicht zukommen wird, das wir ihm um der Menschen in unserem gespaltenen Lande willen wünschen würden.
Lassen Sie mich eine zusätzliche Anmerkung machen. Die Bundesregierung hat in den Beratungen des Ausschusses, aber auch hier im Plenum des Hohen Hauses in verschiedenen Fragestunden und Aktuellen Stunden Zahlen über ein erfreuliches Anwachsen des innerdeutschen Reiseverkehrs vorgelegt. Soeben hat sie ja mein Mitberichterstatter, Kollege Heyen, noch einmal ausschnittweise vorgetragen. Dies wird von uns in keiner Weise gering geachtet. Aber wir haben im Ausschuß darauf hingewiesen — und ich muß das auch hier deutlich tun —: diese Verbesserungen des innerdeutschen Reiseverkehrs und der Besuchsmöglichkeiten für Deutsche aus der DDR in der Bundesrepublik Deutschland sind nicht Ergebnis des uns hier vorliegenden Grundvertrages, sondern des im vergangenen Jahr mit der DDR abgeschlossenen und hier



Jäger (Wangen)

im Deutschen Bundestag einmütig, auch mit den Stimmen der CDU 'CSU-Fraktion, gebilligten Verkehrsvertrages. Diese Erleichterungen, für die der Grundvertrag, wie dargelegt, auch nicht etwa zusätzliche vertragliche Absicherungen bringt, waren also bei den Verhandlungen über den Grundvertrag bildlich gesprochen bereits in unserer Scheuer und können nach unserer Auffassung nun nicht noch einmal als Erfolge des neuen Vertrages dargestellt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Selbst bei diesen — ich wiederhole — erfreulichen Erleichterungen im innerdeutschen Verkehr mußten wir in den vergangenen Monaten feststellen — das haben wir der Bundesregierung auch im Ausschuß deutlich vor Augen geführt —, daß sie von der DDR durch Verwaltungsmaßnahmen und politischen Druck auf große Teile der Bevölkerung in der DDR ausgehöhlt und unterlaufen werden. Ich darf hier nur auf die Kontaktverbote für alle sogenannten Geheimnisträger in der DDR hinweisen, ein Begriff, der vom Pförtner einer Kreisverwaltung bis zum Feuerwehrmann Millionen von Menschen umfaßt, wie es Kollege Reddemann in der ersten Lesung plastisch dargestellt hat.
Die von mir bereits erwähnten Erläuterungen zum Briefwechsel enthalten nun zwar einige zusätzliche Verbesserungen: in der Familienzusammenführung, beim innerdeutschen Reiseverkehr für Tagesaufenthalte im grenznahen Bereich, beim nichtkommerziellen Warenverkehr und beim Geschenk-und Päckchenverkehr. Aber selbst die Vertreter der Koalition konnten nicht vortragen, daß mit diesen zusätzlichen Verbesserungen, die, wie dargelegt, äußerst dürftig vertraglich abgesichert sind, von der Quantität her jener Durchbruch in der Gewährung von menschlicher Begegnungsmöglichkeit und im Abbau von Unmenschlichkeit erzielt werden konnte, der als Erfüllung der Punkte 14 und 15 der Kasseler Punkte angesehen werden könnte.
Aus den Darlegungen der Vertreter der Koalition wurde bereits in der ersten Lesung und danach in den Beratungen des Ausschusses deutlich, daß die Ratio dieses Grundvertrages, auf eine kurze Formel gebracht, etwa lautet: Wenn wir durch Entkrampfung des Verhältnisses zwischen den beiden deutschen Staaten die Begegnungsmöglichkeiten für die Menschen und damit den Zusammenhalt der Deutschen im geteilten Deutschland auf eine neue und dauerhafte Basis stellen können, dann ist es vertretbar, politische und rechtliche Positionen zu vernachlässigen und letztlich vielleicht aufzugeben, welche die Einheit Deutschlands bisher offengehalten haben, sie aber doch nicht wiederherzustellen vermochten.
Selbst wenn man sich auf den Boden dieser Argumentation stellen wollte — was nicht der Auffassung der CDU/CSU entspricht —, müßte nach der vorgetragenen nüchternen Analyse dieses Teiles des sogenannten Grundvertrages festgestellt werden, daß es nicht gelungen ist, den Zusammenhalt der Menschen auf eine „neue und dauerhafte Basis" zu stellen. Damit ist nach Auffassung der Vertreter der Opposition im Innerdeutschen Ausschuß die mit dem Grundvertrag verfolgte Politik, auch aus ihrer eigenen Logik heraus gesehen, vollständig gescheitert.
Lassen Sie mich zu diesem Abschnitt eine letzte Bemerkung machen. Zu den Errungenschaften dieses Vertrages zählt die Bundesregierung die Verankerung des Selbstbestimmungsrechtes und der Menschenrechte im Sinne der UN-Charta in Art. 2 dieses Vertrages. Wenn diese Bestimmung aber für die Menschen im anderen Teil Deutschlands praktische Bedeutung hätte gewinnen sollen, hätte es die Bundesregierung nach unserer Auffassung der DDR nicht ersparen dürfen, beim Eintritt in die Vereinten Nationen einer konkreten Überprüfung unterzogen zu werden, inwieweit sie in ihrem Machtbereich die in der UN-Charta verankerten Grund-und Menschenrechte den Menschen gewährt oder vorenthält.
Aber noch schlimmer! Die Bundesregierung hat in den Ausschußberatungen zu unserer Enttäuschung erkennen lassen, daß sie aus der genannten Menschenrechtsbestimmung in Art. 2 des Vertrages nach dessen Inkrafttreten keinerlei Konsequenzen in dem Sinne zu ziehen beabsichtige, daß sie die DDR nunmehr dazu auffordern werde, in Erfüllung dieser Vertragsbestimmung den drüben lebenden Deutschen diese Menschenrechte tatsächlich zu gewähren, d. h. Unterdrückung und Unmenschlichkeit zu beseitigen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ein solches Verhalten der Bundesregierung würde nach unserer Auffassung die Menschenrechtsklausel in Art. 2 des Vertrages zu einer bloßen Leerformel und zu einem Lippenbekenntnis degradieren, mit dem man die internationale Reputierlichkeit der DDR vertraglich bestätigt. Darüber hinaus würde aber stillschweigend die kommunistische Auslegung des Menschenrechts- und Selbstbestimmungsbegriffs übernommen und besiegelt. Das würde bedeuten, daß die Bundesregierung der Geltendmachung der verfassungsmäßigen Schutzpflicht für alle Deutschen, auch für die in der DDR, der sie sich rechtlich nicht entziehen kann, neue schwere politische Hindernisse in den Weg legen würde, die auch spätere Regierungen schwerlich wieder aus dem Weg räumen könnten.
Alles in allem: Die Vertreter der CDU/CSU im Ausschuß sind zu der Überzeugung gelangt, daß der sogenannte Grundvertrag gerade im Bereich der erhofften menschlichen Erleichterungen sich als verhängnisvoller Fehlschlag erweist und daher keine Zustimmung in diesem Hause finden sollte.
Viertens. In Art. 1 des Vertrages verpflichten sich die beiden Vertragspartner zur Entwicklung normaler gutnachbarlicher Beziehungen zueinander. Abgesehen von dem zwischen den Vertragspartnern höchst umstrittenen Begriff der Normalisierung, haben die Vertreter der Opposition im Ausschuß diese gegenseitige Verpflichtung begrüßt. Sie haben es aber zugleich bedauert, daß nicht im Vertrag selbst eine Konkretisierung dieser Verpflichtung verankert worden ist.



Jäger (Wangen)

Insbesondere haben sie es bedauert, daß nicht parallel zu dem in Art. 3 verankerten Gewaltverzicht ein konkreter Verzicht auf Infiltration und Unterminierung der Staats- und Gesellschaftsordnung des Vertragspartners vereinbart worden ist. Ganz offensichtlich ist nicht einmal der Versuch unternommen worden, eine derartige Vereinbarung in den Vertrag hineinzubringen. Dabei ist es doch täglich zu beobachtende Wirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland, daß die von der SED gelenkten Behörden und Massenorganisationen der DDR trotz aller Verhandlungen und trotz der Versuche, zu Verständigung und Entspannung zu kommen, ihre Aktivität in der Unterstützung verfassungsfeindlicher und extremistischer Gruppen, in der Spionage und im propagandistischen Anheizen des Klassenkampfes in keiner Weise gemindert haben.

(Abg. Dr. Marx: Leider wahr!)

Im Gegenteil, eine besonders verwerfliche Spielart dieser Infiltration entwickelt die DDR in jüngster Zeit in verstärktem Maße unter Mißbrauch der gewährten Erleichterungen. Immer öfter werden Fälle bekannt, in denen Deutsche aus der Bundesrepublik, die auf Grund der Abmachungen beim Verkehrsvertrag in die DDR reisen, um dort Verwandte oder Bekannte zu besuchen, vom Staatssicherheitsdienst der DDR unter Druck gesetzt werden, in der Bundesrepublik nach ihrer Rückkehr für ihn Spionage zu treiben.

(Abg. Dr. Marx: Hört! Hört!)

Das alles, meine Damen und Herren, hat nach unserer Auffassung nicht das geringste mit einem Verhältnis guter Nachbarschaft zu tun, wie es in Art. 1 des Vertrages bezeichnet ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Bundesregierung hat nicht erkennbar machen können, wie sie ohne konkrete Vereinbarung über einen Infiltrationsverzicht dieses Vertragsziel hofft verwirklichen zu können. Den Einwand der Vertreter der Koalition — er ist auch heute in dem vorangegangenen Ausschußbericht hervorgehoben worden —, solche Abmachungen könne die Bundesregierung aus dem in der Bundesrepublik bestehenden Verständnis von Freizügigkeit und freiem Informationsaustausch heraus gar nicht treffen, konnten wir im Ausschuß nicht gelten lassen. Denn einmal sollte der von uns vermißte Infiltrationsverzicht nicht die normale geistige Auseinandersetzung zwischen den Ideologien, nicht den freien Gedankenaustausch und erst recht nicht die Freizügigkeit auch von Funktionären im geteilten Deutschland beeinträchtigen, sondern jene klassenkämpferische, ich möchte sagen, schmutzige, mit Mitteln der Täuschung und teilweise der Gewalt erfolgende Einwirkung zur Untergrabung unserer freiheitlichen Staats- und Gesellschaftsordnung.

(Abg. Dr. Marx: Sehr gut!)

Zum anderen ist festzuhalten, daß sich die Bundesrepublik Deutschland nach ihrer Verfassung als eine wehrhafte Demokratie versteht, für welche die Grundrechte, auch die Grundrechte der Meinungs-
und Informationsfreiheit, der Freizügigkeit und der
Vereinigungsfreiheit, dort ihre Schranken finden, wo sie zum Kampf gegen die freiheitliche, demokratische Grundordnung mißbraucht werden. Nach Auffassung der Vertreter der CDU/CSU muß das auch im Verhältnis zur DDR gelten, zumal deren organisierte Infiltration der Bundesrepublik weitaus gefährlicher ist als die verfassungsfeindliche Wirksamkeit von Einzelpersonen oder Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland.
Wenn also die Notwendigkeit bestand, im Grundvertrag einen gegenseitigen Gewaltverzicht zu vereinbaren, zu dem wir ja sagen, obwohl die Bundesregierung keinerlei konkrete militärische Bedrohung der Bundesrepublik durch die DDR dargetan hat, dann wäre es nach unserer Auffassung in gleichem Maße notwendig gewesen, die Pflicht zur Einhaltung guter Nachbarschaft dort vertraglich zu fixieren, wo es wegen der anhaltenden Verletzung durch die DDR ganz besonders augenfällig ist.
Von guter Nachbarschaft kann nach Auffassung der Vertreter der CDU/CSU auch so lange keine Rede sein, als die unmenschlichen Abschnürungsmaßnahmen an der Berliner Mauer und der Demarkationslinie, also vor allem der Schießbefehl auf Flüchtlinge und die Anbringung automatischer Tötungsanlagen, fortbestehen. Die Bundesregierung hat nicht darzutun vermocht, daß es ihr mit dem Vertrag gelungen sei, den Abbau dieser besonderen Unmenschlichkeit in Verwirklichung der Pflicht zur Einhaltung einer guten Nachbarschaft wenigstens in einem verbindlichen Stufenplan zu vereinbaren.
In diesem Zusammenhang aber ist es ganz besonders interessant, die Argumentation der Vertreter der Koalition im Ausschuß näher zu beleuchten. Sie lief letztlich auf jenes Argument hinaus und das klang auch heute wieder in den Ausführungen des Kollegen Heyen an —, das der Kollege Dr. Kreutzmann in der Aktuellen Stunde am 15. März hier im Hause gebraucht hat und das ich mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren darf. Kollege Kreutzmann sagte damals:
Sie sollte vor allem eines begreifen: — damit meinte er die Opposition —
Es ist eine Illusion, zu glauben, mit Verträgen das System dort drüben von außen her grundsätzlich verändern zu können. Wir können sie durch Verträge dazu bringen, mehr Kommunikation zu pflegen, Unmenschlichkeiten abzubauen. Wir können ihnen von außen her aber niemals Systemveränderungen aufdrängen.
Meine Damen und Herren, die Vertreter der Koalition haben unseres Erachtens nicht gesehen, daß mehr Kommunikation und daß der Abbau von Unmenschlichkeiten letztlich Systemveränderung für die DDR sind; denn zum System dieses totalitären Zwangsstaates gehören Unmenschlichkeit und die Unterbindung von freier Kommunikation. Wer darauf verzichtet, auch das kleinste Stück Systemveränderung von der DDR zu fordern, verzichtet deshalb nach unserer Auffassung auf jede wirkungsvolle Deutschlandpolitik, auf jede erfolgreiche Poli-



Jäger (Wangen)

tik zum Wohl der Menschen in unserem geteilten Land.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Fünftens und letztens. In den Beratungen des Innerdeutschen Ausschusses wurden die Auswirkungen des sogenannten Grundvertrages auf die Offenhaltung der deutschen Einheit, auf die deutsche Staatsangehörigkeit, auf die weltweite Aufwertung und Anerkennung der DDR, auf die Zugehörigkeit Berlins zur Bundesrepublik Deutschland überprüft. In allen diesen Fragen ist es der Bundesregierung und den Vertretern der Koalition nicht gelungen, die schweren politischen Bedenken gegen den Vertrag und seine Auswirkungen auszuräumen, die bereits in der ersten Lesung hier im Hause von der Opposition dargestellt worden sind. Ich möchte insoweit aber auf den Ihnen vorliegenden Schriftlichen Bericht verweisen, zumal diese Fragen im Verlauf der nachfolgenden Aussprache sicherlich auch noch von anderen Kollegen angeschnitten werden.
Zusammenfassend darf ich als Ergebnis der Ausschußberatungen für die Vertreter der CDU/CSU festhalten: Die Nachteile des Grundvertrages überwiegen die mit ihm da und dort verbundenen Vorteile in einem solchen Maße, daß die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu dem vorliegenden Gesetzentwurf Drucksache 7/153 von uns nicht empfohlen werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0702914100
Ich danke dem Berichterstatter.
Wir kommen nun zur Berichterstattung über den Punkt 3 der heutigen Tagesordnung. Dabei möchte ich bemerken, daß zu Punkt a noch nicht der Bericht des Haushaltsausschusses vorliegt. Der Haushaltsausschuß tagt noch. Der Bericht wird im Laufe der Beratung nachgereicht. Ich darf Ihr Einverständnis voraussetzen.
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Corterier.

Dr. Peter Corterier (SPD):
Rede ID: ID0702914200
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen liegt Ihnen vor. Der Auswärtige Ausschuß hat diesen Entwurf in drei, zum Teil ganztägigen Sitzungen unter völkerrechtlichen, staatsrechtlichen und politischen Gesichtspunkten ausführlich erörtert und gründlich beraten. Da der Auswärtige Ausschuß dem Gesetzentwurf mit sehr großer Mehrheit zugestimmt hat, kann ich hier im wesentlichen über die gemeinsamen Auffassungen der Koalitions- und der Oppositionsvertreter im Ausschuß berichten. Nur in zwei Punkten werde ich die Auffassung der Koalitionsmehrheit im Ausschuß wiedergeben. Ich gehe dabei davon aus, daß mein Mitberichterstatter, Herr Kollege Carstens, in diesen Punkten über die Auffassung der Minderheit anschließend berichten wird.
Die ersten Beratungen im Ausschuß galten der Aufgabe, der Bedeutung und der Entwicklung der Vereinten Nationen seit dem Jahre 1945 sowie der Darstellung der heutigen Verfassungswirklichkeit in den Vereinten Nationen. Nach ihrem Gründungsauftrag ist die Erhaltung und Sicherung des Friedens in der Welt die wichtigste Aufgabe der Vereinten Nationen. Entsprechend diesem Auftrag sind die Vereinten Nationen vielfach in Krisenfällen eingeschritten und suchen auch heute noch zwischen streitenden Parteien der Weltpolitik zu vermitteln. Erschwert wurde die Arbeit der Vereinten Nationen zunächst durch den Ost-West-Konflikt, der inzwischen teilweise durch den Gegensatz zwischen der Sowjetunion und China abgelöst wurde. Der Hauptakzent der Verfassungswirklichkeit liegt heute auf einer zunehmenden Nord-Süd-Spannung, die bestimmt wird von den Forderungen der Dritten Welt, der Entwicklungsländer, gegen die industriellen Staaten.

(V o r sitz : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen.)

Eine der wichtigsten Aufgaben der Bundesrepublik in den Vereinten Nationen wird es sein, am Abbau dieser Spannungen mitzuwirken und auf einen Ausgleich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern hinzuarbeiten.
Die Schilderung der Aufgabe der Friedenssicherung der Vereinten Nationen wäre nicht vollständig, würde ich es versäumen, das nachdrückliche Eintreten der Vereinten Nationen für eine weltweite Abrüstung und Rüstungskontrolle zu erwähnen. Hier ist vor allem die Arbeit der Genfer Konferenz der 25 Nationen fortzusetzen. Eine Beteiligung an dieser Konferenz läge sicherlich im deutschen Interesse.
Eine weitere wesentliche Aufgabe der Vereinten Nationen ist die Wahrung und Sicherung der Menschenrechte. Bereits 1948 wurde durch die Vollversammlung eine Deklaration der Menschenrechte beschlossen. Im Jahre 1966 folgten die beiden Menschenrechtskonventionen. Auf diesem Sektor wird es für die Bundesrepublik darum gehen, für eine stärkere Verwirklichung der Menschenrechte, insbesondere auch der individuellen Menschenrechte einzutreten.
Eine der wichtigsten Aktivitäten der Vereinten Nationen ist die Fortentwicklung des Völkerrechts. Die Bundesrepublik konnte hierauf bisher nur indirekt Einfluß nehmen. Als Mitglied der Vereinten Nationen wird ihr zum erstenmal nun eine direkte Beteiligung an der Weiterentwicklung des Völkerrechts im Rahmen der Vereinten Nationen möglich sein.
Von den vielen weiteren Aufgaben, an denen die Bundesrepublik im Rahmen der Vereinten Nationen mitzuarbeiten haben wird, möchte ich hier abschließend nur noch die Welthandelspolitik, die Weltraumfragen, die Errichtung eines internationalen Regimes für den Meeresboden, die Suchtstoffkontrolle und den Umweltschutz erwähnen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zu den Einzelfragen im Zusammenhang mit dem



Dr. Corterier
Beitritt der Bundesrepublik zu den Vereinten Nationen übergehen. Erklärtes Ziel der Politik der Bundesregierung ist die Offenhaltung der deutschen Frage. Davon ausgehend war die Bundesregierung immer der Meinung, daß ein Beitritt der Bundesrepublik Deutschland und der DDR zu den Vereinten Nationen erst möglich ist, wenn das Verhältnis zwischen beiden Staaten in Deutschland in einer Weise geregelt ist, die die besondere Lage in Deutschland berücksichtigt.
Nach der Auffassung der Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses kann erst jetzt, nach Erreichen eines wirklichen Modus vivendi auf der Basis besonderer Beziehungen zwischen beiden Staaten in Deutschland die gegenwärtige Situation vor aller Welt so dargestellt werden, daß sie als geschichtliches Übergangsstadium begriffen wird. Sie ist Teiletappe eines Weges, auf dem das Fernziel der Wiederherstellung der deutschen Einheit nicht verlorengehen darf.
Dieser Modus vivendi hat einen inneren und einen äußeren Aspekt Dem inneren Aspekt, der Regelung des bilateralen Verhältnisses zwischen der Bundesrepublik und der DDR, hat die Bundesregierung durch den Abschluß des Grundvertrages Rechnung getragen. Zum äußeren Aspekt, der Regelung des Verhältnisses der beiden deutschen Staaten zu Drittstaaten und internationalen Organisationen, gehört der Beitritt beider Staaten zu den Vereinten Nationen.
Bei der Beratung der mit dem Beitritt zusammenhängenden Probleme beschäftigte sich der Ausschuß mit der Frage, welche Rückwirkungen die gleichzeitige Mitgliedschaft beider deutscher Staaten auf die Entwicklung der innerdeutschen Beziehungen haben wird. Konkret erörterte der Ausschuß die Frage, ob die gleichzeitige Aufnahme beider deutscher Staaten in die Vereinten Nationen nicht die völkerrechtliche Anerkennung des einen durch den anderen Staat bedeutet. Eine gründliche Analyse des internationalen Völkerrechts — einschließlich des sowjetischen — ergibt, daß nach herrschender Meinung zwischen Anerkennung und gleichzeitiger Mitgliedschaft sich nicht anerkennender Staaten in den Vereinten Nationen kein Zusammenhang besteht. Das bedeutet, daß die gleichzeitige Mitgliedschaft beider deutscher Staaten nicht ihre stufenweise oder gar automatische gegenseitige völkerrechtliche Anerkennung beinhaltet.
Man kann somit sagen: Der gleichzeitige Beitritt der Bundesrepublik und der DDR erledigt die deutsche Frage nicht; er läßt sie offen.
Der Ausschuß nahm in diesem Zusammenhang zustimmend von der Erklärung der Bundesregierung Kenntnis, daß die Bundesrepublik mit dem der DDR abgestimmten Beitritt nicht die Absicht verbindet, in der DDR einen Staat zu sehen, der für sie Ausland ist, und auch nicht die Absicht hat, die gegebene Zweistaatlichkeit in Deutschland als eine endgültige Lösung der deutschen Frage zu legitimieren.
Im Zusammenhang mit der innerdeutschen Problematik behandelte der Auswärtige Ausschuß auch das Thema „Menschenrechte und Selbstbestimmung in der DDR". Gemäß Art. i Ziffern 2 und 3 der UNO- Charta ist die Achtung des Grundsatzes der Selbstbestimmung und die Achtung der Menschenrechte ein grundlegendes Prinzip der Charta.
Die Verwirklichung der Menschenrechte in der DDR ist natürlich ein schwieriges Problem. Sie wird sehr stark davon abhängen, inwieweit die Intentionen der Politik der Bundesregierung zur Ausgestaltung des Modus vivendi zwischen beiden Staaten in Deutschland realisiert werden können. Nach Auffassung des Ausschusses setzt aber gerade der Beitritt der DDR zu den Vereinten Nationen hier einen hoffnungsvollen Akzent; denn eine DDR, die sich international öffnet, ist der internationalen Meinung auch in der Frage der Menschenrechte wesentlich stärker unterworfen als zuvor.
Für die Bundesrepublik eröffnen sich nach dem Beitritt zu den Vereinten Nationen bessere und verstärkte ,
Möglichkeiten vor dem Forum der Völker
Möglichkeiten,der Welt auf eine Verbesserung der jetzigen Verhältnisse in Deutschland hinzuwirken. In diesem Zusammenhang spricht sich der Auswärtige Ausschuß dafür aus, daß die Bundesregierung in den Vereinten Nationen darauf hinwirken soll, daß Menschenrechte und Grundfreiheiten allen Deutschen zuteil werden und daß vor allem der Gebrauch von Waffengewalt gegen Menschen, die in friedlicher Absicht die Grenze zwischen beiden Staaten in Deutschland überschreiten, unterbleibt.
Der Fortbestand der Vier-Mächte-Verantwortung für Deutschland als Ganzes und für Berlin ist eines der hervorstechendsten Merkmale für den auch heute noch bestehenden Zusammenhang und für die Verbindung zwischen beiden Staaten in Deutschland. Er ist eine der Grundlagen für die Definierung und Ausgestaltung der Beziehungen zwischen beiden Staaten als besondere Beziehungen.
Der. Auswärtige Ausschuß war sich einig darin, daß verhindert werden muß, daß die im Sicherheitsrat erforderliche Zustimmung der Vier Mächte zur Aufnahme beider deutscher Staaten in die Vereinten Nationen als eine Änderung der Rechtslage in Deutschland im Sinne einer endgültigen Regelung auf der Grundlage des Status quo mißverstanden wird. Wegen der grundlegenden Bedeutung des Fortbestands der Vier-Mächte-Verantwortung unterstützte daher der Auswärtige Ausschuß die Bemühungen der Bundesregierung und der Drei Mächte, die unternommen wurden, um klarzustellen, daß der Beitritt der beiden deutschen Staaten die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte nicht berühren wird.
Der Ausschuß nahm zustimmend Kenntnis von der Einigung der Vier Mächte auf den gemeinsamen Erklärungstext vom 9. November 1972. Hierbei haben die vier Mächte festgestellt, daß ihre Rechte und Verantwortlichkeiten, die sich auf Deutschland als Ganzes und auf Berlin beziehen, durch den Beitritt der beiden deutschen Staaten zu den Vereinten Na-



Dr. Corterier
tionen nicht berührt werden. Diese Erklärung wird im Rahmen des Aufnahmeverfahrens dem Generalsekretär der Vereinten Nationen notifiziert und mit der Bitte um Verteilung als UN-Dokument zirkuliert werden. Somit ist festzustellen: Alle Mitglieder der Weltorganisation werden ihre Entscheidung über die deutschen Beitrittsanträge in voller Kenntnis des Weiterbestehens der Vier-Mächte-Rechte und -Verantwortlichkeiten als eines wesentlichen Elements der besonderen Lage in Deutschland treffen.
In diesem Zusammenhang nahm der Ausschuß auch eine Erklärung der Bundesregierung zur Kenntnis, daß die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den Drei Mächten so, wie sie im Deutschland-Vertrag niedergelegt sind, vom Beitritt zu den Vereinten Nationen unberührt bleiben. Das bedeutet: Die Vier-Mächte-Vereinbarung vom 9. November 1972 beinhaltet keinerlei Einschränkungen der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland.
Meine Damen und Herren, ausführlich und mit großer Sorgfalt hat sich der Auswärtige Ausschuß auch mit der Erstreckung des Beitritts der Bundesrepublik zur Charta der Vereinten Nationen auf das Land Berlin befaßt. Insbesondere ging es dabei um die Frage, wie die Vertretung Berlins unter Ausklammerung der Fragen des Status und der Sicherheit durch die Bundesrepublik in den Vereinten Nationen sicherzustellen ist. Die Bundesregierung und der Auswärtige Ausschuß waren sich einig in der Auffassung, daß diese Frage von vornherein zweifelsfrei geklärt werden muß.
Es besteht Übereinstimmung zwischen der Bundesregierung und den Drei Mächten, die die Interessen West-Berlins in den Vereinten Nationen außer in Angelegenheiten der Sicherheit und des Status durch die Bundesrepublik Deutschland vertreten werden. Eine solche Regelung entspricht dem VierMächte-Abkommen, das ja eine Klarstellung und insofern eine Verbesserung der Vertretungsbefugnis der Bundesrepublik für West-Berlin gebracht hat.
Entsprechend der bisherigen Praxis bei der Einbeziehung Berlins in internationale Organisationen und multilaterale Verträge genügt eine einseitige Erklärung der Bundesregierung gegenüber den Vereinten Nationen im Einvernehmen mit den Drei Mächten. Die Sowjetunion hat im Viermächteabkommen auf Einwendungen gegen die Vertretung West-Berlins durch die Bundesrepublik in internationalen Organisationen verzichtet.
Der Auswärtige Ausschuß nahm davon Kenntnis, daß die Bundesregierung im Einvernehmen mit den drei Westmächten die notwendigen Rechtsakte auf internationaler und innerstaatlicher Ebene vorbereitet hat, um die verbindliche Festlegung der Vertretung Berlins durch die Bundesrepublik in den Vereinten Nationen sicherzustellen.
Der Auswärtige Ausschuß behandelte schließlich auch den Komplex der sogenannten Feindstaatenklauseln. Art. 53 Abs. 1 Satz 2 und Art. 107 der UNO-Charta gewährten den Siegermächten bekanntlich unter Aussetzung des generellen Gewaltverbots des Art. 2 Abs. 4 Dispens für Maßnahmen gegenüber den ehemaligen Feindstaaten. Einigkeit bestand im Ausschuß darüber, daß es gegenwärtig keine Aussicht gibt, Änderungen der UNO-Charta durchzusetzen, und daß somit eine Streichung der Feindstaatenklauseln in absehbarer Zeit nicht möglich ist. Der Ausschuß erörterte die Frage, ob sich aus den genannten Artikeln der UNO-Charta eine Diskriminierung der Bundesrepublik ergibt oder ergeben wird.
Er nahm zustimmend Kenntnis von einer Erklärung der Bundesregierung, daß die Feindstaatenklauseln infolge der allgemeinen Entwicklung des Völkerrechts gegen die Bundesrepublik nicht mehr geltend gemacht werden können; denn das generelle Gewaltverbot ist als Ius cogens heute fester Bestandteil des Völkerrechts geworden. Dies ist im übrigen im Verhältnis zu den Westmächten durch die Londoner Schlußakte vom 3. Oktober 1954 und im Verhältnis zur Sowjetunion durch den Moskauer Vertrag vom 12. August 1970 unter Bezugnahme auf Art. 2 der UNO-Charta nochmals ausdrücklich bestätigt worden.
Gemäß Art. 4 der UNO-Charta kann der Sicherheitsrat der Generalversammlung der Vereinten Nationen nur friedliebende Staaten zur Aufnahme in die Vereinten Nationen vorschlagen. Wird ein ehemaliger Feindstaat wie die Bundesrepublik in die Vereinten Nationen aufgenommen, so wird er damit als friedliebender Staat anerkannt und kann nicht weiterhin Feindstaat sein.
Gemäß Art. 2 der UNO-Charta beruhen die Vereinten Nationen auf dem Prinzip der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder. Vom Tage ihres Beitritts an kann auch die Bundesrepublik dieses Prinzip in Anspruch nehmen. Mit diesem Prinzip wäre aber eine Berufung auf die Feindstaatenklauseln gegenüber der Bundesrepublik nicht zu vereinbaren.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß es nach Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die Vereinten Nationen keine Grundlage mehr für eine Anwendung der Feindstaatenklauseln gegenüber der Bundesrepublik geben wird.
Meine Damen und Herren, der Beitritt zu den Vereinten Nationen wird ein Einschnitt in der Geschichte der Bundesrepublik sein. Die Vereinten Nationen wurden wie seinerzeit der Völkerbund am Ende eines Weltkrieges gegründet. Da Deutschland der Kriegsgegner der wichtigsten Gründerstaaten der Vereinten Nationen war, blieb es von der Mitgliedschaft zunächst ausgeschlossen. Ihm wurde von den Vereinten Nationen genauso wie seinerzeit dem Deutschen Reich vom Völkerbund die Rolle eines Außenseiters zugewiesen.
Nicht erst seit heute ist es das Ziel der deutschen Politik, diesen Zustand zu überwinden. Schon in den Jahren 1953 und 1954 hat Erich Ollenhauer im Deutschen Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen anzustreben. In einem Protokoll über ein Gespräch zwischen John Foster Dulles und Konrad Adenauer am 29. Oktober 1954 ist dieser Gedanke ebenfalls angesprochen. Der schwelende Ost-West- Konflikt hat die Verwirklichung dieses Zieles jedoch



Dr. Corterier
verhindert. Nach Auffassung der Mehrheit des Auswärtigen Ausschusses haben erst die Phase der Entspannung zwischen Ost und West und, mit dieser untrennbar verbunden, die deutsche Ostpolitik und die Regelung des innerdeutschen Verhältnisses auf der Grundlage besonderer Beziehungen die Voraussetzungen für den Beitritt beider deutschen Staaten in die Vereinten Nationen geschaffen. Heute wird der Beitritt der Bundesrepublik zu den Vereinten Nationen von praktisch allen ihren Mitgliedern erwartet und begrüßt.
Eine Fortsetzung der Außenseiterrolle wäre nicht länger mit der Position vereinbar, die die Bundesrepublik inzwischen in der internationalen Politik einnimmt. Die Vereinten Nationen erwarten von der Bundesrepublik auf Grund ihrer wirtschaftlichen Kraft, ihrer Erfahrung auf technischem Gebiet und ihrer auf Ausgleich und Verständigung gerichteten Außenpolitik einen wichtigen Beitrag zur Lösung der ihnen gestellten Aufgaben.
Fast 47 Jahre nach dem Eintritt des Deutschen Reiches in den Völkerbund schicken sich nun zwei deutsche Staaten an, die Nachfolge dieses Reiches, das durch die Gewaltpolitik Hitlers zerstört wurde, in der Versammlung der Völker der Welt anzutreten. Gustav Stresemann unterschied damals in einer großen Rede zwischen idealistischen und realistischen Auffassungen in bezug auf den Völkerbund. Ich möchte die im Auswärtigen Ausschuß vorgetragenen Meinungen dahin gehend zusammenfassen: Nur beide Auffassungen zusammen werden für unsere Mitarbeit in den Vereinten Nationen die geeignete Richtschnur sein.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0702914300
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Zur weiteren Berichterstattung zu diesem Punkt der Tagesordnung hat der Abgeordnete Professor Dr. Carstens das Wort.

Dr. Karl Carstens (CDU):
Rede ID: ID0702914400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf für die der CDU/CSU angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses den Bericht, den soeben mein Herr Vorredner erstattet hat, ergänzen.
Ich darf ebenso wie er an das Ereignis anknüpfen, welches zur Gründung der Vereinten Nationen im Juni 1945 führte. Damals war der Krieg mit Deutschland vorüber, der Krieg mit Japan neigte sich dem Ende zu, und die 51 Völker und Staaten, die damals die Vereinten Nationen gründeten, verbanden mit diesem Akt große Hoffnungen. Sie erwarteten von der UNO, daß sie in der Lage sein würde, den Frieden zu wahren, und zwar einen auf Gerechtigkeit und Selbstbestimmung, auf Menschenwürde und friedlicher Regelung aller Streitigkeiten beruhenden Frieden.
Diese Hoffnungen wurden enttäuscht. Es kam in den verflossenen drei Jahrzehnten zu einer großen Zahl kriegerischer Konflikte zwischen Mitgliedern der Vereinten Nationen, von denen einige bis an den Rand eines Weltkonfliktes gingen. Auch in anderer Hinsicht nahm die Entwicklung einen anderen Verlauf, als die Gründer es erwartet hatten. Die fünf mit dem Veto ausgestatteten Großmächte erwiesen sich als unfähig, die Entwicklung zu gestalten. Im Gegenteil: Zwischen ihnen brachen die besonders schweren Konflikte aus, und das Veto einer der Großmächte blockierte jede Entwicklungsmöglichkeit in den Vereinten Nationen für lange Zeit.
Statt dessen wuchs eine immer größere Zahl anderer Länder in die Vereinten Nationen hinein. Vielleicht ist es interessant, in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, daß, als die Vereinten Nationen gegründet wurden, ihr drei asiatische Staaten angehörten — heute sind es 31 — und vier afrikanische Staaten — heute sind es 41 —. Daraus geht hervor, in welcher Weise sich die Verhältnisse in den Vereinten Nationen verändert haben.

(Abg. Wischnewski: Mit Namibia 42!)

— ich bin gerne bereit, von Ihnen, Herr Wischnewski, eine Belehrung entgegenzunehmen. Es sind nicht 41, sondern 42 afrikanische Staaten.
Die Einstellung der Welt gegenüber den Vereinten Nationen ist nüchtener geworden. Viele Menschen sind von ihr enttäuscht.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

Aber trotzdem — das war wohl die einhellige Meinung aller Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses — sind die Vereinten Nationen heute die größte und wichtigste internationale Organisation. Ihre Bedeutung für die Wahrung des Friedens in begrenzten Bereichen — ich erinnere z. B. an Zypern , für die Fortentwicklung des Völkerrechts — der Berichterstatter, Herr Dr. Corterier, hat darauf hingewiesen —, für die Menschenrechte, für Abrüstung und Rüstungskontrolle, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Umweltschutz ist hoch zu veranschlagen. Wenn man auf die Funktion und die Bedeutung der Vereinten Nationen blickt, ist der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland darin stimmten alle Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses überein — ein wichtiges politisches Ziel, damit auch unser Land im Rahmen seiner Möglichkeiten an den geschilderten großen Aufgaben mitwirken kann.
Diese Überlegung wird auch nicht dadurch widerlegt, daß mit dem Beitritt unseres Landes zu den Vereinten Nationen mit Sicherheit zusätzliche Schwierigkeiten für uns verbunden sein würden, die mit unserer Haltung in den großen internationalen Konflikten unserer Zeit zusammenhängen. Denken Sie an den Nahostkonflikt zwischen Israel und den arabischen Staaten, denken Sie an die dauernden Auseinandersetzungen zwischen Portugal und Südafrika auf der einen und den schwarzafrikanischen Staaten auf der anderen Seite. Wir werden hier genötigt sein, uns zwischen Freunden zu entscheiden, mit all den Belastungen, die solche Entscheidungen mit sich zu bringen pflegen.



Dr. Carstens (Fehmarn)

Meine Damen und Herren, auch hier darf ich wohl die einmütige Auffassung des Auswärtigen Ausschusses dahin gehend feststellen, daß diese Schwierigkeiten für sich allein kein Grund sein würden, den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Vereinten Nationen abzulehnen. Es sind die deutschlandpolitischen Fragen, die Fragen, die sich aus der Teilung unseres Landes ergeben, die Fragen, die sich aus der Tatsache ergeben, daß in einem Teil unseres Landes den dort lebenden Deutschen das Selbstbestimmungsrecht und die Menschenrechte vorenthalten werden, die zu Kontroversen im Auswärtigen Ausschuß geführt haben und die, wie ich meine, auch zu einer ernsten Betrachtung in dieser Stunde hier im Hohen Hause Anlaß geben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Hier berührt sich die Diskussion über den UN- Beitritt mit der Diskussion über die Ostpolitik der derzeitigen Bundesregierung insgesamt. Die Regierung hat mehrfach gesagt, daß der Beitritt beider deutscher Staaten nach ihrer Meinung die Krönung dieser ihrer Politik sei. Es ist daher klar, daß sich alle die Bedenken und Einwendungen, die die Opposition gegen diese Politik vorgebracht hat — ich darf u. a. auf das Bezug nehmen, was Herr Kollege Jäger soeben hier vorgetragen hat —, ihre Unausgewogenheit, die Unklarheit der getroffenen Vereinbarungen, die mangelnde Wahrnehmung vitaler deutscher Interessen, bis zu einem gewissen Grad auch gegen den Schritt richten, der mit dem Beitritt zu ,den Vereinten Nationen ins Auge gefaßt ist. In der Tat — ich glaube, davor dürfen wir die Augen nicht verschließen — wird von vielen Menschen in der Welt der gleichzeitige Einzug der beiden deutschen Staaten in die Weltorganisation als der endgültige Schlußstrich unter die deutsche Frage, als die Besiegelung der Teilung Deutschlands und als eine Hinnahme der Zustände in der DDR durch die anderen Staaten der Welt verstanden.

(Abg. Dr. Marx: So ist es!)

Wir dürfen auch die Augen davor nicht verschließen, daß gerade dies das Verständnis der DDR selbst ist, welches sie mit dem von ihr beabsichtigten Schritt verbindet.
Nun bemühen sich die Bundesregierung und mit ihr die drei Westmächte, einem solchen Eindruck entgegenzuwirken. Der Herr Berichterstatter Dr. Corterier hat das im einzelnen dargelegt, und alles, was er in dieser Beziehung vorgetragen hat, ist richtig. Die Bundesregierung hat dem zugesagt, sie werde in den Vereinten Nationen erklären, daß mit dem gleichzeitigen Beitritt der beiden Staaten in Deutschland keine völkerrechtliche Anerkennung der DDR verbunden ist, daß die Bundesrepublik Deutschland die Zweistaatlichkeit in Deutschland nicht als die endgültige Lösung der deutschen Frage ansieht, daß sie vielmehr an dem Ziel festhält, einen Zustand des Friedens in Europa herbeizuführen, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wieder erlangt.
Schließlich werden auch die drei Westmächte zusammen mit der Sowjetunion anläßlich des Beitritts der beiden Staaten in Deutschland eine bereits im Wortlaut festgelegte Erklärung abgeben, in der sie feststellen werden, daß die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte durch den Beitritt in keiner Weise berührt werden.
Aber meine Damen und Herren, wenn man sich diese Erklärung einen Augenblick genauer ansieht, so stellt man zu seiner Überraschung fest, daß diese Erklärung mit keinem Worte besagt, auf welchen Gegenstand sich die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte beziehen. Im Wege einer mühsamen Interpretation, nämlich aus der Tatsache, daß diese Erklärung ausgearbeitet und abgegeben wurde in dem ehemaligen Gebäude des Alliierten Kontrollrates — „in Berlin" steht auch nicht einmal darin —, kann man schließen, daß es sich um eine Erklärung handelt, die offenbar irgendwie mit Deutschland zusammenhängt, kann man schließen, muß man natürlich schließen und wollen wir auch schließen, daß es eine Erklärung ist, die von den Verantwortlichkeiten und Rechten mit bezug auf ganz Deutschland handelt. Aber es sind eben doch nur Brücken und Krücken, die uns zu diesen Schlußfolgerungen führen.
Die drei Westmächte haben — das muß anerkannt werden -- in ihrem Briefwechsel mit dem Bundesminister des Auswärtigen vom Dezember 1972 deutlich bekräftigt und bestätigt, daß der Deutschland-Vertrag durch den Beitritt der beiden deutschen Staaten zu den Vereinten Nationen unberührt bleibt. Das heißt, daß auch sein Art. 7 unberührt bleibt. Ich darf noch vielleicht in dieser Stunde den Art. 7 zitieren und ihn noch einmal in Ihrer aller Erinnerung zurückrufen. Er lautet in seinem entscheidenden Abs. 2:
Bis zum Abschluß der friedensvertraglichen Regelung werden die Unterzeichnerstaaten zusammenwirken, um mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel zu verwirklichen: Ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung, ähnlich wie die Bundesrepublik besitzt und das in die europäische Gemeinschaft integriert ist.
Bei einer Würdigung dieser Sachlage ist ein Teil der der Opposition angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses zu der Überzeugung gelangt, daß der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Vereinten Nationen aus der Sicht unserer Deutschlandpolitik verantwortet werden kann, während ein anderer Teil der der Opposition angehörenden Mitglieder dieses Ausschusses aus den eingangs von mir genannten Gründen den gleichzeitigen Beitritt beider deutscher Staaten zur UNO unter den gegenwärtigen Verhältnissen als einen Rückschlag für unser gemeinsames deutschlandpolitisches Ziel, die Wiedererlangung der Einheit unseres Volkes, ansieht.
Alle Mitglieder der Opposition aber stimmten darin überein, daß, wenn die Bundesrepublik Deutschland Mitglied der Vereinten Nationen wird, es die Aufgabe dieser und aller künftiger Bundesregierungen sein wird, für die Gewährung des Selbstbestimmungsrechts an das ganze deutsche



Dr. Carstens (Fehmarn)

Volk vor dem Forum der Vereinten Nationen mit Nachdruck einzutreten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Eine wichtige Rolle bei den Beratungen des Auswärtigen Ausschusses spielte — der Herr Berichterstatter hat schon darauf hingewiesen — der Komplex der Menschenrechte. Bekanntlich bekennt sich die Charta der Vereinten Nationen in eindrucksvoller Weise zu den Grundrechten aller Menschen und zu Wert und Würde der menschlichen Persönlichkeit. Umfangreiche Dokumente, die im Rahmen der Vereinten Nationen ausgearbeitet worden sind, eine Menschenrechtsdeklaration von 1948 und zwei Menschenrechtskonventionen von 1966, haben diese allgemeinen Grundsätzen konkretisiert.
Unter den Menschenrechten, die nunmehr zum Bestandteil der Menschenrechte der Vereinten Nationen zählen, finden sich, meine Damen und Herren, die folgenden: das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht, sich innerhalb des Hoheitsgebietes eines Staates frei zu bewegen, und das Recht, jedes Land — einschließlich seines eigenen — zu verlassen,

(Hört! Hört! und Beifall bei der CDU/CSU) das Recht zu streiken,


(Beifall bei der CDU/CSU)

das Recht auf freie wissenschaftliche Forschung und freie künstlerische Betätigung.
Die Bundesrepublik Deutschland hat diese beiden Konventionen im Jahre 1968 unterzeichnet; sie befinden sich zur Zeit hier bei uns im Gesetzgebungsverfahren. Auch die DDR hat Ende März 1973 diese Konventionen unterzeichnet.

(Abg. Dr. Marx: Was bedeutet das? — Hört-Hört-Rufe bei der CDU/CSU.)

Aber das ändert, wie wir alle wissen, nichts an der Tatsache, daß den Menschen in der DDR gerade die Menschenrechte, die ich vorgelesen habe, weitgehend vorenthalten werden.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

Der 69. Flüchtling, der an der Mauer in Berlin vor einigen Tagen tödlich getroffen zusammenbrach, legt davon ein erschütterndes Zeugnis ab.

(Abg. Dr. Marx: Sehr wahr!)

Wieder fragt es sich, was durch den Beitritt beider deutscher Staaten zu den Vereinten Nationen an dieser Lage geändert werden kann. Kurzfristig — darin stimmten wohl alle Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses überein — nichts; ob langfristig eine Einwirkung auf die inneren Verhältnisse in der DDR möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Aber jedenfalls müßte es — insoweit kann ich eine erfreuliche Übereinstimmung aller Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses feststellen; Herr Dr. Corterier hat dies hier vorgetragen — die nobelste Pflicht der Regierung dieses Teiles Deutschlands, der Bundesrepublik Deutschland, sein, darauf hinzuwirken, daß sich die Zustände innerhalb der DDR im Sinne einer Beachtung der Menschenrechte ändern.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der dritte große Komplex, den der Ausschuß im Zusammenhang mit der deutschen Frage diskutierte, betraf Berlin, genauer gesagt die Frage: wie kann sichergestellt werden, daß sich der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Vereinten Nationen auf das Land Berlin erstreckt und daß die Bundesrepublik Deutschland in Zukunft, wenn sie Mitglied geworden sein wird, das Land Berlin und die Interessen Berlins in den Vereinten Nationen vertritt?
Die der Opposition angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses erinnerten zu Beginn der Debatte an die ihrer Meinung nach schwere Unterlassung, deren sich die Bundesregierung am Anfang ihrer Ostpolitik in dieser Hinsicht schuldig gemacht hat.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Sehr richtig!)

Sie hoben hervor, daß alle entscheidenden ostpolitischen Schritte der letzten drei Jahre einschließlich des jetzt ins Auge gefaßten UNO-Beiritts dier beiden Staaten in Deutschland in einem Papier festgelegt worden sind, auf das sich der damalige Staatssekretär Bahr und der sowjetische Außenminister Gromyko im Mai 1970 in Moskau einigten, und daß in diesem Papier nichts über die Bindungen West-Berlins an die Bundesrepublik und über die Erstreckung der ins Auge gefaßten Vereinbarungen auf Berlin gesagt wird.
Die seitens der Bundesregierung zur Rechtfertigung oder Entschuldigung dieser Unterlassung ins Feld geführten Gründe sind nach Auffassung der der Opposition angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses haltlos. Der jetzige Bundesminister Bahr hat in seiner Rede vom 15. Februar vor diesem Hohen Hause erklärt, daß die drei Westmächte wegen ihrer originären Rechte in und für Berlin die größten Bedenken dagegen gehabt hätten, daß die Bundesregierung mit der Sowjetunion oder gar — so hat er gesagt — mit der DDR über Berlin auch nur rede, geschweige denn Papiere darüber veröffentliche.
Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, zu sagen, daß dies nach Ansicht der der Opposition angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses eine Schutzbehauptung ist, deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen wäre.

(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU.)

Ich jedenfalls habe Informationen bekommen, die mit dieser Behauptung nicht in Einklang stehen.

(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU. — Abg. Dr. Marx: Da stehen Sie nicht allein, Herr Carstens!)

Aber selbst wenn sie richtig wäre, hätte sich die Bundesregierung mit einer solchen Haltung der drei Westmächte nach Auffassung der Mitglieder der Opposition im Auswärtigen Ausschuß nicht zufriedengeben dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)




Dr. Carstens (Fehmarn)

Sie hätte darauf hinweisen müssen, daß die Bundesregierung seit dem Jahre 1952 mit Zustimmung der drei Westmächte die Verpflichtung übernommen hat, das Land Berlin in internationale Verträge einzubeziehen, soweit nicht Fragen der Sicherheit oder der Verteidigung berührt sind. Diese Verpflichtung bezog sich eindeutig auch auf Verträge, die die Bundesrepublik Deutschland mit der Sowjetunion schließen würde.

(Zuruf von der SPD: 1958! 1959!)

Ich begrüße es, daß der Regierende Bürgermeister von Berlin an dieser Sitzung teilnimmt. Er wird es richtig verstehen, wenn ich sage, daß die damalige Vereinbarung, auf die ich mich beziehe, eine solche war, die sein großer Vorgänger, Ernst Reuter, mit dem damaligen Bundeskanzler Adenauer geschlossen hat, und die, meine Damen und Herren, seitdem für die Bundesregierung in dieser Frage verbindlich ist.
Die Bundesregierung hätte daher nach Auffassung der der Opposition angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses damals, 1970, als sie in ihren Vereinbarungen mit der Sowjetunion die dann folgenden Vertragsschlüsse und den UNO- Beitritt ins Auge faßte, sicherstellen müssen, daß sich diese Verträge und dieser Beitritt auf das Land Berlin erstreckten. Damals bestand eine politische Chance, dies zu erreichen; denn die Bundesregierung erfüllte bekanntlich mit dem Papier vom Mai 1970 sämtliche Forderungen, die die Sowjetunion seit langem gegenüber der Bundesrepublik Deutschland erhoben hatte.

(Abg. Dr. Marx: So ist es!)

Es ist klar, daß, nachdem die damalige Chance nicht genutzt wurde, jede Bemühung der Bundesregierung, jetzt noch die sowjetische Zustimmung zur Einbeziehung Berlins in die Verträge der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen, unter weit ungünstigeren Voraussetzungen steht.
Die Bundesregierung hat nun zusammen mit den drei Westmächten ein Verfahren ausgearbeitet, durch das die Erstreckung unseres Beitritts zur UNO auf das Land Berlin sichergestellt werden soll und durch das auch sichergestellt werden soll, daß wir das Land Berlin künftig in der UNO vertreten werden; ausgenommen bleiben selbstverständlich Angelegenheiten der Sicherheit und des Status.
Die der Opposition angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses waren der Meinung, daß ein besserer Weg als der jetzt vorgesehene zur Erreichung des gemeinsam erstrebten Zieles möglich gewesen wäre. Das haben sie auch im einzelnen ausgeführt.
Indessen wurde die Beratung im Auswärtigen Ausschuß in dieser Frage erst in einem Zeitpunkt geführt, in dem die Weichen gestellt waren und die Konsultationen mit den drei Westmächten einen Stand erreicht hatten, der eine Änderung der einmal beschlossenen Strategie nicht mehr möglich machte.
Ein Teil der der Opposition angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses sah die ins Auge gefaßte Lösung als eine unter den gegebenen Umständen noch vertretbare an, zumal die Bundesregierung im Ausschuß eine wichtige Erklärung abgab, die ich mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, verlesen möchte. Sie lautet:
Eine aus der Mitte des Ausschusses gestellte Frage, ob die zweifelsfreie Miteinbeziehung Berlins — mit der bekannten Einschränkung: Status und Sicherheit — die unbedingte Voraussetzung für den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur UNO sei, wurde seitens der Bundesregierung bejaht. Sie erklärte, falls sich in dieser Frage Zweifel ergeben sollten, werde sie sich dazu in Verbindung mit der zweiten Lesung äußern.
Ein anderer Teil der Opposition angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses sah diese Zusicherung dagegen als nicht voll ausreichend an. Er verlangte eine unzweideutige Klarstellung, daß die Sowjetunion entsprechend ihrer im Viermächteabkommen von 1971 übernommenen Verpflichtung keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Erstreckung des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland auf das Land Berlin erheben werde. Er wies darauf hin, daß, wenn diese Klarstellung jetzt nicht erreicht würde, die Berlin-Frage in Zukunft zu einem ständigen Streitpunkt in der Arbeit der Vereinten Nationen zu werden drohe.
Meine Damen und Herren, die unterschiedliche Bewertung der Berlin-Problematik und der Bedeutung, die der UN-Beitritt für die deutsche Frage insgesamt haben wird, hat dazu geführt, daß sich ein Teil der der Opposition angehörenden Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses unter bestimmten Voraussetzungen für eine Zustimmung zu dem uns vorliegenden Gesetzentwurf ausgesprochen hat. Zu diesem Teil der Opposition gehörte ich. Ein anderer Teil hat sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Ich glaube, ich habe deutlich gemacht, daß es sich hier um eine Abwägung von einander widerstreitenden Gesichtspunkten handelt und daß gute Gründe für beide Standpunkte vorgetragen werden können.
Eines möchte ich aber mit großer Deutlichkeit namens der der Opposition angehörenden Mitglieder des Ausschusses sagen, die für den UNO-Beitritt gestimmt haben. In dem Bericht meines Herrn Mitberichterstatters klang an — an anderer Stelle ist es noch deutlicher gesagt worden —, daß gewissermaßen die innere Logik gebiete, zu beiden Vorlagen, dem Grundvertrag und dem UNO-Beitritt, ein und dieselbe Haltung einzunehmen, also entweder beiden Verträgen zuzustimmen oder beide abzulehnen. Diese Auffassung halte ich für falsch, denn beide Vorlagen, über die wir heute entscheiden werden, unterscheiden sich in mehrfacher Hinsicht diametral voneinander. Der UN-Vertrag ist für sich betrachtet ein guter, ich möchte sagen, ein hervorragender Vertrag, in dem die Grundsätze niedergelegt sind, die jeder politisch verantwortlich handelnde Mensch in unserem Lande bejaht.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD. — Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)




Dr. Carstens (Fehmarn)

Die Erstreckung des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland auf das Land Berlin ist innerhalb gewisser Grenzen sichergestellt. Die Bedenken gegen den Beitritt rühren aus seiner Verbindung mit dem Beitritt der DDR her. Demgegenüber ist der Grundvertrag — lassen Sie mich das einmal so sagen — ein nach Auffassung der Opposition mit schweren Mängeln behafteter Vertrag. Er steckt voller Zweideutigkeiten; vitale deutsche Interessen wie die Einheit der Nation und die Gewährung menschlicher Erleichterungen sind in ihm ungenügend gesichert worden. Berlin ist in den Grundvertrag überhaupt nicht einbezogen, seine Einbeziehung in die sogenannten Folgeverträge ist als eine unverbindliche Möglichkeit ohne Absicherung vage ins Auge gefaßt. Die Opposition ist sich daher in ihrer überwältigenden Mehrheit in der klaren Ablehnung des Grundvertrages einig, während sie aus den von mir genannten Gründen in der Frage des UN-Beitritts eine unterschiedliche Haltung einnimmt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0702914500
ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Professor Dr. Carstens, für Ihre weitere Berichterstattung.
Wir treten nunmehr in die Aussprache ein. Das Wort hat der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Schütz.
Schütz, Regierender Bürgermeister von Berlin: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn der Deutsche Bundestag heute über den Grundlagenvertrag mit der DDR und über das Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik zu den Vereinten Nationen berät, so ist, wie ich sicher bin, die Auffassung und die Einschätzung des Landes Berlin wichtig und von Bedeutung. Das gilt nicht nur, weil die Fragen, die dabei anstehen, uns in Berlin auf vielfache Weise betreffen, sondern auch weil der direkte Bezug auf das Viermächteabkommen und damit auf die Zukunft dieser Stadt wohl von allen anerkannt wird.
Wir in Berlin haben uns von Anfang an dafür eingesetzt, daß ein Vertrag dieses Charakters Wirklichkeit wird. Für uns war dabei neben anderem, über das in dieser Debatte sicherlich auch gesprochen werden muß, wichtig, welche unmittelbaren Erfahrungen wir in Berlin gemacht haben und wie wir die zukünftige Entwicklung der Stadt einschätzen. Wir hatten unseren Standpunkt an drei Gesichtspunkten orientiert, die uns wesentlich schienen, und damit an bestimmten Erwartungen orientiert, die erfüllt sein mußten, um den Vertrag für akzeptabel und für brauchbar zu halten.
Erstens. Die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte müßten angemessen berücksichtigt werden.
Zweitens. Bestimmungen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland müßten ohne Einschränkung beachtet werden.
Drittens müßte die Einbeziehung des Landes Berlin in dem Sinne zweifelsfrei sein, daß alle Abmachungen, Vereinbarungen und Abkommen, die sich praktisch daraus ergeben würden, diese unsere Stadt voll einbeziehen.
Unsere Schlußfolgerung heute und angesichts des Vertrages, über den der Bundestag jetzt zu entscheiden hat, ist klar und eindeutig zu formulieren: die drei Voraussetzungen, von denen wir ausgegangen sind, sind gegeben. Der Vertrag berücksichtigt diese Forderungen, er löst sie ein. Die Siegermächte des zweiten Weltkrieges haben ihre Rechte und Verantwortlichkeiten deutlich gemacht; diese bleiben vom Vertrag unberührt. Am Fortbestand der Verantwortung der Vier Mächte kann es keinen Zweifel geben. Wir in Berlin haben das aufmerksam und dankbar zugleich zur Kenntnis genommen. Die Bundesregierung ist den Bestimmungen des Grundgesetzes voll nachgekommen. Als drittes und für uns in Berlin besonders wichtiges Ergebnis ist festzustellen: West-Berlin ist einbezogen und wird Teil aller praktischen Regelungen zwischen den beiden Staaten in Deutschland sein. Die ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR wird dort in Übereinstimmung mit dem Viermächteabkommen die Interessen von Berlin (West) vertreten.
Es ist gewiß nicht notwendig, im einzelnen darzustellen, daß gerade dieses Ergebnis für uns in Berlin besonders bedeutsam ist. Wir haben zwar mit Regelungen dieser Art gerechnet. Dennoch begrüßen wir es, daß die Bundesregierung ihre Politik mit dem Blick auf Berlin so klar gestaltet hat und daß sie die Interessen unserer Stadt in ihrer Politik so umfassend berücksichtigt hat.
Heute möchte ich gerade vor dem Deutschen Bundestag dafür danken, daß der Unterhändler der Bundesregierung während der Verhandlungen einen so engen und einen so vertrauensvollen Kontakt zum Senat von Berlin gehalten hat.

(Beifall bei der SPD.)

Kein Schritt ist ohne unsere Zustimmung gegangen worden. Kein Teil des Vertrages ist ohne auch unser Ja mit der anderen Seite vereinbart worden. Das ist beispielhaft gewesen, beispielhaft sicherlich für die Zukunft, aber auch beispielhaft angesichts der Tatsache, wie wenig das Wort Berlins berücksichtigt worden ist, als frühere Bundesregierungen ohne verbindliche Formen der Einbeziehung Berlins und gegen den Rat des Senats von Berlin — ich wiederhole: gegen den Rat des Senats von Berlin — beispielsweise Kulturabkommen mit der Sowjetunion abgeschlossen haben.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Wehner: Hört! Hört! — Abg. Rawe: Wo steht denn in diesem Vertrag ein Wort über Berlin?)

Da es Mode geworden ist, Kritik und Opposition in der Sache zu personalisieren, also an Personen aufzuhängen, sage ich hier ganz bewußt und mit Betonung namens des Senats von Berlin dem Unterhändler der Bundesregierung, Bundesminister Egon Bahr, Dank.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — OhRufe von der CDU/CSU.)




Regierender Bürgermeister Schütz
Zu den Detailfragen, die bei der Einbeziehung Berlins in den Grundlagenvertrag und im Zusammenhang mit dem UN-Beitritt der Bundesrepublik zu beantworten waren, haben wir uns in den Ausschußberatungen des Deutschen Bundestages geäußert. Lassen Sie mich deshalb unseren Standpunkt hier nur so knapp wie nötig in fünf Punkten auch für diese Debatte klar umreißen.
Erstens. Die Stellung Berlins nach dem Viermächteabkommen ermöglicht es, die Bindungen Berlins an den Bund zu verstärken. Dem dient unserer Meinung nach auch dieser Vertrag. Eine statische Betrachtungsweise verkennt hier offensichtlich die dynamischen Entwicklungsmöglichkeiten, die an die Stelle der Berlin- und Deutschlandpolitik früherer Jahre getreten sind. Es ist gerade ein besonders wichtiges Ergebnis des Vertrages, daß die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR die Interessen von Berlin (West) vertritt und daß die noch zu schließenden Vereinbarungen zwischen den beiden deutschen Staaten im Einklang mit dem Viermächteabkommen auf Berlin (West) ausgedehnt werden können.
Zweitens. Die Einbeziehung Berlins in bilaterale Verträge der Bundesrepublik erfolgt im allgemeinen durch eine Formel, nach der ein Abkommen auch für das Land Berlin gilt, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik gegenüber dieser Regierung, mit der das Abkommen abgeschlossen wurde, innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens eine gegenteilige Erklärung abgibt. Beim Grundlagenvertrag ist — wie schon bei anderen Vereinbarungen mit der DDR — der Weg gewählt worden, die Geltung für Berlin in begleitenden Erklärungen anläßlich der Unterzeichnung des Vertrages festzulegen. Wer die Entwicklung der Bemühungen gerade früherer Bundesregierungen, das Land Berlin in Verträge dieser Art einzuordnen, wirklich kennt, wird wissen, daß diese Form, die hier gefunden worden ist, ohne jeden Zweifel verbindlich ist. Ich muß in allem Ernst davor warnen, daß an dieser Verbindlichkeit hier oder anderswo ohne jeden Grund gezweifelt wird.
Drittens. Die Einbeziehung Berlins in den Grundvertrag konnte jedoch nur insoweit angestrebt werden, als das für Status- und Sicherheitsfragen Berlins vorrangige Viermächteabkommen über Berlin unter Einschluß der deutschen Zusatzvereinbarungen, wie Transitabkommen oder Reise- und Besuchsregelungen, dafür Raum läßt. Die Erklärung beider Seiten in diesem Zusammenhang bezüglich der Folgevereinbarungen gemäß Art. 7 des Grundvertrages in Verbindung mit dem Zusatzprotokoll sowie der Vertretung der Interessen Berlins durch die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in der DDR bezieht sich daher auf die nach dem Viermächteabkommen noch regelbaren praktischen Fragen für Berlin.
Viertens. Im Zustimmungsgesetzentwurf zum Grundlagenvertrag ist die Erstreckung des Vertrages auf das Land Berlin in Art. 2 vorgesehen. Die Formulierung der Berlin-Klausel knüpft an die Fassung des Zustimmungsgesetzes zum Allgemeinen
Verkehrsvertrag an. Art. 2 des Gesetzentwurfs zum Grundlagenvertrag enthält jedoch noch eine den sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes einschränkende Klausel, die im Hinblick auf das Viermächteabkommen erforderlich erschien. Danach gilt das Gesetz — ich zitiere hier —, „soweit sich die Regelungen des Vertragswerkes auf das Land Berlin beziehen, auch im Land Berlin, sofern das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt". Die Einbeziehung Berlins in die Regelungen des Grundlagenvertrages ist demnach durch die Erklärung der Vertragspartner, der Vehandlungspartner, sowie im innerstaatlichen Ratifikationsprozeß durch Art. 2 des Zustimmungsgesetzes voll gewährleistet.
Fünftens. In dem Gesetz zum Beitritt der Bundesrepublik zur Charta der Vereinten Nationen mußte aus Respekt vor dem Viermächteabkommen die Einbeziehung Berlins geregelt werden. Art. 2 des Gesetzentwurfs sieht die Ausdehnung der UN-Charta auf Berlin vor. Diese Formulierung schließt sich an die entsprechende Anlage zum Viermächteabkommen an. In dieser Anlage IV ist ausdrücklich bestimmt, daß die Bundesrepublik Deutschland die Interessen der Westsektoren Berlins in internationalen Organisationen vertreten kann. Gleichzeitig hat die Sowjetunion dabei ausdrücklich erklärt, daß sie keine Einwendungen gegen die Interessenvertretung durch die Bundesrepublik Deutschland in internationalen Organisationen erhebt, sofern Angelegenheiten der Sicherheit und des Status nicht berührt werden.
Hier darf ich aber zu einem Argument der Diskussion um den Grundlagenvertrag etwas sagen. Viele meinen, es sei eine Relativierung oder es sei eine Kategorie minderen Rangs, wenn in den Einbeziehungserklärungen über Berlin von „kann" und nicht von „wird" gesprochen wird. Dies ist übrigens für jeden Kenner der Berlin-Problematik nichts Besonderes, obwohl ich verstehe, daß es für den mehr Außenstehenden auf den ersten Blick nicht ganz überzeugend zu sein scheint. Deshalb möchte ich deutlich machen, worum es hier geht und worum es uns in diesem Zusammenhang gehen mußte, in der Hoffnung, daß wir über Parteigrenzen hinweg auch noch etwas werten können, was andere in diesem Zusammenhang sagen. Zwei Gedankengänge sind wichtig gewesen.
Sosehr es reizen würde, das bestimmende „werden" anstelle von „können" mit der DDR grundsätzlich zu vereinbaren, sosehr bleibt richtig, daß ein derartiger Automatismus, wie ich persönlich ihn in früheren Jahren auch gerne gehabt hätte, im Widerspruch zu den Rechtspositionen offenbar der wesentlichen Hauptbeteiligten am Berlin-Status heute steht, und das auf westlicher Seite nicht erst seit 1971 oder 1972.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Wer den Grundvertrag auch nach Berlin, wenn auch in der Form dieser speziellen Berlin-Klausel, ausdehnen wollte, mußte also dieser Formel mit ihrem „kann" zustimmen. So ist die Lage, und keine Partei im Bundestag oder darüber hinaus kann sie auf diesem Gebiet verändern.



Regierender Bürgermeister Schütz
Andererseits ist es wichtig, zu wissen, daß diese Bundesregierung zusätzlich erklärt hat, sie würde keine Vereinbarung, kein Abkommen ohne Berlin abschließen. Dies schließt den Kreis genau dort, wo es notwendig war, diesen Kreis zu schließen. Lassen Sie mich sagen: Damit ist diese Bundesregierung weitergegangen als viele ihrer Vorgängerinnen in dieser Frage. So dankbar ich für das Interesse aller an Berlin-Klauseln heute für Verträge mit osteuropäischen Staaten bin, so klar muß sein, daß es gut gewesen wäre, wenn wir dieses Interesse im ganzen Haus auch in früheren Jahren gefunden hätten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein hat vor mehr als einem Jahr im Bundesrat stolz darauf hingewiesen, daß es seit 1955 — ich zitiere — bis zum Regierungswechsel 1969 über 25 Verträge und Vereinbarungen mit osteuropäischen Staaten gegeben habe. Nur, meine Damen und Herren, das waren alles Verträge und Vereinbarungen ohne Einschluß Berlins.

(Hört! Hört! bei der SPD.)

Das ist jetzt vorbei, und das konnte jetzt überwunden werden.

(Lachen bei der CDU/CSU.)

Mit dieser Bundesregierung sind Verträge ohne Berlin nicht möglich, auch nicht mit der DDR.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wenn wir das Vertragswerk also so sehen und so werten, müssen darüber hinaus auch und gerade aus Berliner Sicht noch einige allgemeine Gesichtspunkte hinzugefügt werden. Berlin steht jetzt mehr als 25 Jahre im Brennpunkt des politischen Geschehens in Deutschland. Es hat sich oft im Mittelpunkt der Reibungen zwischen Ost und West befunden. Deshalb ist es lebenswichtig, daß der Wille beider deutschen Staaten bekundet und besiegelt worden ist, Beziehungen zueinander aufzunehmen und sie auf eine vertragliche Grundlage zu stellen. Wir in Berlin vermögen vielleicht am besten einzuschätzen, welche Steine man aus dem Weg räumen mußte, um zunächst zu einem Dialog und schließlich zu brauchbaren Abmachungen mit der DDR zu kommen. Wir vermerken dankbar, daß die Verantwortlichen in Ost und in West ungeachtet der fortbestehenden politischen Gegensätze darangegangen sind, im Interesse der Menschen den Weg zum funktionierenden Nebeneinander zu organisieren. Wir werden jetzt bei aller Skepsis, die ohne Frage vorhanden bleibt, die Zusammenarbeit zu lernen haben.
Wir Berliner begrüßen übrigens auch besonders die nur scheinbar kleineren Erleichterungen im unmittelbaren Bereich der Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR. Wir wissen seit dem 4. Juni des vergangenen Jahres, seitdem wir auf vertraglich vereinbarter Grundlage Ost-Berlin und die DDR besuchen können, was es bedeutet, wieder normale Beziehungen zu unseren Freunden und zu unseren Verwandten unterhalten zu können. Meine Damen und Herren, auch wir hatten vor etwa einem Jahr unsere Zweifel und unsere Skepsis, ob die
Vereinbarungen in ,der Praxis das halten würden, was die Texte versprachen. Dieses Stadium ist heute längst überwunden. Gegen alle Zweifel und Skepsis haben sich die deutschen Vereinbarungen in den vergangenen Monaten bewährt. Die Regelungen über Transit und über Besuche und Reisen funktionieren heute so gut wie reibungslos.

(Widerspruch bei der CDU/CSU.)

Die Vorteile und den Nutzen aus dieser Politik der Entspannung kennt wohl niemand besser als wir in Berlin. Es ist wohl auch nirgendwo deutlicher als in Berlin, daß diese Politik folgerichtig und beharrlich fortgesetzt werden muß. Wir dürfen nicht auf halbem Wege stehenbleiben. Alles, was wir getan haben, hätte dann auch nur den halben Wert.
Lassen Sie mich einiges zusätzlich zur Lage in und um Berlin, so aktuell wie irgend möglich, sagen. Sowenig irgendeine Entwicklung geradlinig und widerstandslos vonstatten geht, sowenig ist dies auch in Berlin der Fall. Natürlich wäre es uns lieber, wenn alles in unserem Sinne glatt voranginge. Es gibt aber da und dort diese und jene Schwierigkeiten, und jede Schwierigkeit muß ernstgenommen, wichtig genommen werden. Aber keine von ihnen ist auch nur entfernt mit dem Riesenkomplex vergleichbar, vor dem wir noch vor wenigen Jahren standen. Wir müssen uns aber natürlich heute — und gerade heute - auch um jede dieser scheinbar kleineren Schwierigkeiten kümmern. Wir müssen uns z. B. um eine Angelegenheit kümmern, die für unsere Stadt von großer Bedeutung ist: West-Berlins Auftreten zusammen mit der Bundesrepublik ist nach dem Viermächteabkommen unbestritten. West-Berlin kann daher gemeinsam mit der Bundesrepublik am internationalen Austausch und an internationalen Ausstellungen teilnehmen, und Tagungen internationaler Organisationen, internationale Konferenzen sowie Ausstellungen mit internationaler Beteiligung können bei uns durchgeführt werden. Nun beobachten wir, daß die Sowjetunion und ihre Verbündeten -- nicht zuletzt gilt das für die DDR — nur zögernd gemäß diesen Festlegungen des Berlin-Abkommens verfahren. Es hat den Anschein, daß die von der Sowjetunion in dem Abkommen anerkannten Bindungen West-Berlins an die Bundesrepublik von ihr selbst und ihren Partnern in Osteuropa in der Praxis noch nicht voll akzeptiert werden. Das ist für uns aber unerträglich. Das kann nicht hingenommen werden, und das wird auch nicht hingenommen werden.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Sehr gut!)

Ebenso kann und darf niemand ruhig bleiben, wenn in Berlin und an den Grenzen zur Bundesrepublik Deutschland weiter geschossen wird. Gewalt bleibt Gewalt, und es bleibt das Ziel all unserer Bemühungen, an Grenzen und Mauern Gewalt und Schießen endgültig zu überwinden.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Wir werden ohne Hysterie, ruhig und bestimmt darauf dringen, daß dem Viermächteabkommen nach Buchstaben und Geist in allen Punkten Rechnung getragen wird. Es darf keinen politischen Boykott



Regierender Bürgermeister Schütz
West-Berlins als Messe- und Kongreßplatz geben. Dies sei übrigens auch im Blick auf die morgigen Verhandlungen der Sportverbände aus der DDR und der Bundesrepublik gesagt. Wer beispielsweise Westberliner aus Sportdelegationen der Bundesrepublik Deutschland ausschließen will, muß wissen, daß wir es nicht akzeptieren werden, daß West-Berlin und Westberliner politisch diskriminiert werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Alle müssen sich darüber im klaren sein: Genausowenig wie West-Berlin ein dritter deutscher Staat wird,

(Abg. Dr. Marx: Sehr gut!)

genausowenig sind wir eine vom Weltgeschehen isolierte Insel. In und an Berlin wird also auch zukünftig geprüft werden können, ob und wieweit Entspannung in Europa heute sinnvoll und konstruktiv möglich ist. Wir sind und bleiben fest mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden.
Wir sind uns im klaren darüber, daß mit diesem Vertragswerk nicht alle Probleme gelöst sind. Niemand sollte davon ausgehen und etwa meinen, alle Schwierigkeiten, die sich über 20 Jahre aufgetürmt hatten, seien jetzt mit einem Mal beseitigt. Euphorie ist sicher nicht die geeignete Grundhaltung für die zu erwartende Zusammenarbeit. Denn Interessengegensätze bleiben, aber nicht alle Interessen müssen immer gegeneinander gerichtet sein.
Dieser Grundstein ist für mich ein Markstein in unserer Nachkriegsgeschichte. Er setzt nicht eine Reihe von Marksteinen fort, die seit 20 Jahren gesetzt worden sind und die markierten, wie die Nation auseinanderstrebte. Er zeigt vielmehr an, daß die Wege der Nation auch parallel laufen können, wenn sie so geplant sind und wenn alle es wollen. Die Deutschen, die heute in zwei Staaten leben, brauchen einen Vertrag dieser Art. Er hilft die Substanz erhalten und bewahren.
Meine Damen und Herren, Berlin hat — wie übrigens alle anderen Länderregierungen — im Bundestag dem Gesetzentwurf über den Beitritt zu den Vereinten Nationen zugestimmt. Es stimmt ebenfalls dem Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR zu. Heute bitten wir Sie, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, mit Nachdruck, Vertrag und Gesetz zuzustimmen, auch weil das wichtig ist für Berlin.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0702914600
Das Wort hat Herr Abgeordneter Strauß. Seine Fraktion hat eine Redezeit von 60 Minuten angemeldet.

(Zurufe von der SPD.)


Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0702914700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Rede des Herrn Regierenden Bürgermeisters haben wir mit großer Aufmerksamkeit zugehört. Wir könnten nur eines wünschen: daß das von ihm hier gebotene Bild der Berliner Lage auch den so oft zitierten Realitäten entspricht.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Er kann sich darauf verlassen, daß die Fraktion der CDU/CSU die Bemühungen und die Ziele, die er hier dargestellt hat, ohne jeden Vorbehalt unterstützt.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir haben aber nicht nur ernsthafte Zweifel, sondern wir bestreiten, daß die Politik, für die er sich hier — naturgemäß — eingesetzt hat, dazu führt, die von ihm geschilderten Ziele langfristig zu erreichen.

(Abg. Dr. Marx: Sehr wahr!)

Darüber, über die Wirklichkeit und die Zukunftsaussichten wird Kollege Amrehn im Laufe dieser Debatte eingehend sprechen.
Ich möchte die Aussprache mit einer Gesamtwürdigung eröffnen, die schon auf Grund der Funktion der Opposition und auf Grund der gegebenen Problematik sehr kritisch sein muß und nicht einen Hymnus panegyrikus darstellen kann, in den ja manchmal Würdigungen der Regierungspolitik einzumünden drohen.
Es handelt sich um den Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. Erlauben Sie mir dazu ein grundsätzliches Wort. Dieses Wort ist an die Adresse des Herrn Bundeskanzlers gerichtet. Man kann weder die Menschen in Deutschland noch die Mitglieder des Deutschen Bundestages in solche einteilen, die den Frieden wollen, und in solche, die den Frieden nicht wollen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

in solche, die Entspannung wünschen, und solche, die keine Entspannung wünschen. Warum sage ich das? Weil das böse Wort des Bundeskanzlers im jugoslawischen Fernsehen nach wie vor im Raum steht und weil heute im Zusammenhang mit dieser Debatte oder morgen oder übermorgen die Möglichkeit besteht, das in Ordnung zu bringen, nämlich das Wort, es gebe auch unter den Wählern der CDU/CSU solche, die den Frieden wollten.

(Zurufe von der CDU/CSU: Unerhört! — Unglaublich! — Zurufe von der SPD.)

Was heißt denn das?
Die Frage ist doch nicht, ob jemand für oder gegen den Frieden ist, für oder gegen Entspannung, für oder gegen Sicherheit, für oder gegen Zusammenarbeit und auch nicht — und darum sage ich es — für oder gegen Verträge mit kommunistischen Staaten. Das sind falsche Alternativen, die aus Gründen propagandistischer Wirkung in die Welt gesetzt worden sind.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Niemand der von mir hier vertretenen Fraktion bestreitet einem Mitglied einer anderen politischen Partei, einer anderen demokratischen Gruppierung die ehrliche und ernste Friedensliebe, den Wunsch



Strauß
nach Sicherheit und Entspannung, den Wunsch nach normalem Zusammenleben, dem Wunsch nach Zusammenarbeit und dein Wunsch, zu geregelten Verhältnissen zu kommen. Die Frage ist auch nicht, ob jemand das will. Das sollten wir uns gegenseitig als selbstverständlich zuerkennen.
Die Frage ist nur, ob die Politik, die auf der einen Seite bejaht und betrieben wird, auf unserer Seite kritisch gewürdigt und abgelehnt wird, diesen Zielen wirklich dient. Hier geht es nicht um moralische Wertung, sondern hier geht es um politisch-geschichtliche Würdigungen und damit zu verbindende Schlußfolgerungen und um nichts anderes.
Das sage ich ausdrücklich auch im Zusammenhang mit der Frage: für oder gegen Verhandlungen mit kommunistischen Staaten, für oder gegen Verträge mit kommunistischen Staaten? Natürlich sind wir, und zwar ohne eine einzige Ausnahme, der Meinung, daß das Gebot der Vernunft es erfordert, mit kommunistischen Staaten zu verhandeln, was oft andere Methoden und andere Abläufe voraussetzt als Verhandlungen mit anderen Staaten, mit Staaten der demokratischen Welt. Natürlich sind wir für Verträge mit kommunistischen Staaten. Ich bitte, dieses wirklich dümmliche und vergiftende Argument, als ob die eine Seite für Verhandlungen und Verträge sei und die andere, die Opposition, gegen Verhandlungen und Verträge sei, ein für allemal zu unterlassen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es dienst weder der Klärung noch der Atmosphäre.
Auch frühere Regierungen der CDU/CSU haben Verträge mit der Sowjetunion und anderen kommunistischen Staaten geschlossen. Ich darf das als bekannt voraussetzen. Auch die letzte von einem CDU- Kanzler geführte Regierung, deren Außenminister Sie waren, Herr Bundeskanzler, hat Verträge mit der Sowjetunion, mit Polen, mit dem anderen Teil Deutschlands, mit anderen kommunistischen Staaten angestrebt und vorbereitet. Verträge, die dem Gewaltverzicht und der Zusammenarbeit ohne Täuschung des Partners, aber auch ohne Selbsttäuschung gewidmet sein sollten, werden immer unsere Zustimmung finden. Verträge, die in der Wahl der Begriffe und in der Wahl der diese Begriffe ausdrükkenden Formulierungen offen, klar und eindeutig sind, Verträge, die die deutsche Frage und mit ihr das Selbstbestimmungsrecht aller Völker innerhalb des Vertrages — und nicht um den Vertrag herum — für die Weltöffentlichkeit erkennbar offenhalten, Verträge, die keiner Doppeldeutung und schon gar nicht einer gegensätzlichen Deutung zugänglich sein dürfen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

solche Verträge werden unsere Billigung finden. In diesem Hause ist schon oft darüber gesprochen worden, und insoweit bedarf es wohl keiner Wiederholung. Aber ich muß darauf zurückgreifen, weil der vorliegende Vertrag ein Ergebnis, ein von der Bundesregierung in Verfolgung ihre früheren Methode und Doktrin ausgehandeltes Ergebnis des Moskauer Vertrages ist. Ich sage nicht: Er ist ein zwangsläufiges Ergebnis. Auch der Moskauer Vertrag, von uns als rechtsgültig anerkannt, hätte einen
anderen Vertrag mit der DDR ermöglicht. Hier
möchte ich sehr klar den Trennungsstrich ziehen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Aber schon bei der Aushandlung des Moskauer Vertrages und des sogenannten Bahr-Papieres — dabei erinnere ich mich, daß, als das Bahr-Papier auf dem Wege der regierungsamtlichen Indiskretion frühzeitig veröffentlicht und von uns in einer Debatte im Jahre 1970 hier einmal zitiert wurde, und zwar noch vor der Unterschrift unter den Moskauer Vertrag, der Außenminister sagte, es gebe kein solches Papier, es handele sich nur um unverbindliche Protokollnotizen; ich sage das nur hinsichtlich der Glaubwürdigkeit gewisser Bewertungen oder gewisser Feststellungen — hat der Unterhändler der Bundesregierung, der damalige Staatssekretär Bahr, Formulierungen angenommen oder selbst geliefert, die zu einem der merkwürdigsten Vorgänge in der Geschichte der Diplomatie und der internationalen Vertragswerke geführt haben; allerdings mit unübersehbaren Folgen, mit denen die deutsche Politik und die internationale Politik noch auf unabsehbare Zeit belastet werden.
Während nämlich die Vertragspartner — die Sowjetunion, das gleiche gilt auch für Polen — diese Verträge öffentlich als Anerkennungs- und Teilungsverträge ausweisen, in unzähligen Bekundungen im Sinne einer einheitlichen Sprachregelung nur diese Auslegung als möglich und zulässig erklären, hat die Bundesregierung unter Hinweis auf ihren Brief zur deutschen Einheit, unter Hinweis auf andere Bekundungen sich selbst, das deutsche Volk und die Weltöffentlichkeit davon überzeugen wollen, daß es sich hier nur um einen Gewaltverzicht besonderer Art handele, um einen Modus vivendi, um eine Regelung des Nebeneinander in guter Nachbarschaft und wachsender Zusammenarbeit.
Der Versuch — ich sage das, weil die Vorgänge von damals für unsere Haltung von heute von Bedeutung sind und deshalb festgehalten werden müssen —, in dieser geschichtlichen und schicksalshaften Frage trotzdem zu einer Übereinstimmung zwischen den demokratischen Parteien dieses Parlamentes zu kommen, hat zu der Entschließung vom 17. Mai 1972 geführt, die einstimmig im Deutschen Bundestag angenommen worden ist und zu der wir uns nach wie vor ohne jedes Wenn und Aber und ohne jeden Abstrich bekennen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Für die CDU/CSU sind Frieden, Sicherheit, Entspannung, Nebeneinander, Zusammenarbeit genauso ernsthafte Ziele wie für alle anderen. Wir haben uns aber damals trotzdem nicht in der Lage gesehen, diesen Verträgen zuzustimmen, weil sowohl die Formulierung der Verträge selbst wie die Behandlung der Entschließung durch die Vertragspartner — der Entschließung vom 17. Mai 1972 — und das Verhalten der Bundesregierung es uns — ich sage sogar: leider; Sie können mir das glauben — unmöglich gemacht haben, unsere Übereinstimmung mit der Politik der Bundesregierung



Strauß
etwa an Hand dieser Verträge zu bekunden. Mit dieser Entschließung ist seinerzeit ein merkwürdiges Spiel getrieben worden, und die dabei gezogenen Lehren hätten ausreichen müssen, um eine Wiederholung verhindern zu können.

(Abg. Dr. Marx: Sehr wahr!)

Wir alle haben der Entschließung zugestimmt. Der Vertragspartner hat sie auch — nach einem listenreichen Vorspiel — ohne Widerspruch entgegengenommen. Aber der Vertragspartner auf unserer Seite hat einen Text mit gegenteiliger Auslegung ebenfalls ohne Widerspruch zur Kenntnis genommen, nämlich die Gromyko-Rede und sonstige Auskünfte des Herrn Gromyko,

(Abg. Dr. Marx: Einige Tage vorher!)

die er in dem entsprechenden sowjetischen Gremium gegeben hat. Der Herr Bundeskanzler hat damals zu unserer Überraschung — nachdem wir uns wochenlang darüber unterhalten haben, daß eine Entschließung die Auslegung der Verträge klären müsse — im Bundestag in einer wohlvorbereiteten und abgestimmten Formulierung erklärt, Rechte und Pflichten könnten ja nur aus dem Vertragstext und nicht aus der Entschließung erläutert werden.

(Abg. Wehner: Sehr gut! Ja! Vertrag ist Vertrag!)

Es war eines der merkwürdigsten Dinge, Herr Kollege Wehner, daß man selbst den Text der Verträge — zum Teil unter Verwendung sowjetischer Strategieformulierungen, zum Teil unter Verwendung doppeldeutiger Formulierungen — so gestaltet, daß eine gegensätzliche Interpretation durch beide Vertragspartner möglich ist, daß man deshalb eine Entschließung für wünschenswert, notwendig hält und im Sinne der deutschen Interessen sogar als Ziel gemeinsamer Zustimmung ausarbeitet und hernach dann erklärt, daß das, was wegen Unklarheit doppeldeutig ist und deswegen interpretiert werden muß, trotzdem die alleinige Quelle für die Definition der Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag ist. Dazu sagen Sie „sehr gut"!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das waren die Gründe, aus denen wir seinerzeit der Entschließung zugestimmt und unseren guten Willen durch Stimmenthaltung bekundet haben.

(Lachen bei der SPD. — Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Das ist eine herrliche Begründung! — Abg. Wehner: Sie sind immer wieder heiterkeitserregend!)

— Ich wollte, ich könnte das gleiche bei Ihnen feststellen.

(Abg. Wehner: Sie erfreuen mich ungemein!)

Es geht hier nicht um ideale und einleuchtende Zielsetzungen, die die Gefühle der Menschheit in Begeisterung versetzen können, sondern es geht sowohl bei den früheren Verträgen wie auch bei diesem Vertrag um ein Stück realer Machtpolitik, bei der weder die Rechte der Deutschen und anderer Völker ad acta gelegt werden dürfen, noch geht es darum, aus deutscher Ostpolitik mit guten Vorsätzen und schönen Zielformulierungen im Zwang eines unerbittlich geschichtlichen Ablaufes sowjetische Machtpolitik gegen die freien Länder Europas entstehen zu lassen. Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Auch wenn Sie lachen, Herr Wehner, wage ich es trotzdem zu sagen: Irreführung der Offentlichkeit ist es zu behaupten, damals wäre nur dieser so formulierte Vertrag mit Moskau der einzig mögliche gewesen.

(Abg. Wehner: Hatten Sie noch einen? — Heiterkeit bei der SPD.)

— Genau das ist ein dümmliches Argument, Herr Wehner!

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: So dümmlich wie Ihre Behauptung!)

Trotzdem ist es für uns eine Selbstverständlichkeit zu sagen, diese Verträge sind völkerrechtlich gültig, wir denken und handeln, wie schon erwähnt, in den Maßstäben: Pacta sunt servanda. Aber was heißt denn das bei gegensätzlicher Deutung und konträrer Schlußfolgerung daraus durch die Vertragspartner? Sicher ist, daß die CDU/CSU die Bundesregierung überall und jederzeit in vollem Umfang darin unterstützen wird, die Verträge im Sinne der gemeinsamen Entschließung vom 17. Mai als der einzig zulässigen Auslegungs- und Anwendungsregel auszulegen und anzuwenden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Aber auch umgekehrt wird die CDU/CSU ihre Pflicht als Opposition erfüllen, wenn dieser gemeinsame Rahmen verlassen werden würde. CDU und CSU erkennen auch an, daß die Bündnispartner mit dem Dezember-Kommuniqué des NATO-Rats in Erfüllung selbstverständlicher Loyalitätspflicht — das darf ich allerdings sagen — die Auffassung der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages hinsichtlich der Auslegung des Grundvertrages gestützt haben. Die Zukunft wird erweisen, was Lippenbekenntnis und was ernsthafter Vorsatz ist.
CDU und CSU können ihre Augen nicht vor der Tatsache verschließen, daß nicht nur der sowjetische Vertragspartner und seine im Sinn der BreschnewDoktrin geeinten Bündnispartner diese Verträge, und zwar nicht nur die, anders auslegen, sondern daß es in der öffentlichen Meinung der übrigen Welt, nicht nur hinter vorgehaltener Hand, eine Auslegung gibt, daß dieser Vertrag die deutsche Zustimmung zur Teilung Deutschlands, zur Preisgabe des Selbstbestimmungsrechtes, zur endgültigen Anerkennung aller bestehenden Grenzen und zur völkerrechtlichen Anerkennung der DDR bedeute. Hier stehen wir ja auf Ihrer Seite; aber wir können die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, daß nicht nur der kommunistische Vertragspartner, sondern die Welt darum herum — mit Ausnahme der Offiziellen bei den NATO-Kommuniqués —, diese Verträge etwas anders auslegen. Etwas anderes zu behaupten heißt, Selbsttäuschung zu betreiben.
Die Bundesregierung kann sich darauf verlassen, daß wir ihr hier zur Seite stehen, unsere Auslegung



Strauß
allein anzuwenden und durchzusetzen. Wenn aber die Bundesregierung der gegenteiligen Auffassung, daß die Verträge nicht das bedeuten, was ich soeben gesagt habe, zum Durchbruch verhelfen will oder dieser unserer Auffassung wenigstens mehr Geltung in der Weltöffentlichkeit verschaffen will, müßte sie wesentlich mehr tun, als sie bisher getan hat, um diese Auffassung in der Öffentlichkeit plausibel, bekannt und verständlich zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das ist aber offensichtlich aus Gründen der Klimapflege und guter atmosphärischer Verhältnisse nicht geschehen. Vielleicht wird die Bundesregierung beim kommenden großen Staats- und Parteibesuch die Gelegenheit wahrnehmen, das zu tun. Ich teile nicht die Auffassung meines Fraktionskollegen Günther Müller, daß mit dem Wort des Bundeskanzlers, es gebe Besuche, die man lieber gehen als kommen sehe, etwa Leonid Breschnew gemeint sein könnte und damit eine Vorbelastung eines harmonischen Ablaufes eingetreten sein könnte.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Marx: Das war ein Beispiel diplomatischen Takts erster Ordnung!)

Ich empfehle der Bundesregierung aber überhaupt — Empfehlungen wird man ja wohl noch geben dürfen —, Besucher in Zukunft nicht, jedenfalls nicht öffentlich, in solche Kategorien einzuteilen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Da ist mir, Herr Kollege Flach, in den letzten Tagen eine Meldung — vom 8. Mai 1973 stammt sie — auf den Tisch gekommen, ein Auszug aus einem Artikel von Ihnen in der „Welt der Arbeit". Ein sehr interessanter Artikel. Da heißt es u. a., eine Politik Bonns ohne oder gegen die DDR sei nach Lage des Kräfteverhältnisses nicht möglich und auch gar nicht wünschenswert. Nun, ich will mich hier mit Ihnen nicht auseinandersetzen, denn es ist nicht der Sinn meiner Rede, mich mit diesem Artikel zu befassen. Nur, dieser Satz ist mir in der Wiedergabe durch dpa aufgefallen. Es heißt aber dann — und das ist das Schöne —:
Zu Annahmen, die Bundesrepublik könne ihre Politik im Alleingang betreiben, schreibt Karl-Hermann Flach, es gebe übereifrige Moralisten, die Zensuren und moralische Belehrungen über die ganze Welt verteilten, als ob gerade wir Deutsche mit unserer verhängnisvollen Geschichte uns zum Lehrmeister alter und neuer Nationen aufspielen dürften.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU. -Zuruf von der CDU/CSU: Der Koalitionspartner ist gemeint!)

Ich finde das großartig. Das müßte man auf eine Reihe von Fällen ausdehnen. Wenn z. B. der Bundesaußenminister in Madrid mit der Opposition spricht, würden wir gern einmal eine gleiche Meldung aus Moskau, Warschau oder Belgrad vernehmen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Oder wenn der Bundesaußenminister zum Zweck der
Klimapflege, auch zur Betonung seiner Unabhängigkeit vom Wohlwollen der Jungsozialisten, eine Reise nach Athen ankündigt, dann sollte er sie auch durchführen und sich nicht von den Jungdemokraten davon abbringen lassen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich nehme zu den in diesen Ländern herrschenden Regierungs- und Gesellschaftsverhältnissen in keiner Weise wertend Stellung.

(Zurufe von der SPD: Warum nicht?)

— Weil das hier nicht der Sinn dieser Auseinandersetzung ist. Wenn ich aber Stellung nehme, dann ist Unfreiheit Unfreiheit, gleichgültig wo sie praktiziert wird.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Dann erlaube ich mir auch nicht, zwischen Staatsgewerkschaften in dem einen Land und in dem anderen Land moralisch zu unterscheiden. Da müssen beide über denselben Kamm geschoren werden — vor allen Dingen, wo das eine Land für uns wahrscheinlich weniger an gefährlicher Potenz enthalten könnte als das andere. Das nur zum Beispiel. Ich erlaube mir dann auch nicht den nur als Feigheit zu bezeichnenden Opportunismus, aus Gründen der Realitätspolitik moralische Grundsatzurteile je nach Partner beliebig zu manipulieren. Entweder oder!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Deshalb erwarte ich . auch gar nicht, daß etwa die Bundesregierung oder jemand anderes Leonid Breschnew die Frage stellt, ob es in der Sowjetunion Straflager mit politischen Gefangenen gebe, wie viele es gebe und wie die Gefangenen behandelt würden. Das wäre sicherlich ein interessantes Thema; aber es hat keinen Sinn, das zu tun. Es kommt dabei auch gar nichts heraus. Aber wenn man es im großen Maßstab unterläßt, sollte man es im kleineren nicht praktizieren.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

Das verstieße gegen das Gebot der Ausgewogenheit und Verhältnismäßigkeit.
Gerade aber die Erfahrungen mit dem Moskauer Vertrag, Herr Bundeskanzler, hätten für die Bundesregierung Anlaß sein sollen, bei der Vorbereitung und dem Aushandeln des Grundvertrages anders zu verfahren als geschehen. Ich bitte auch wirklich sehr, die dämliche Behauptung — so unparlamentarisch dieser Ausdruck auch sein mag — zu unterlassen, ein anderer Vertrag wäre nicht möglich gewesen. Man hat es ja nicht einmal ernsthaft versucht! Der Hinweis, daß auch die DDR die Unmöglichkeit eines anderen Vertrages bestätigt habe, sollte unter solchen nicht verwendet werden, die sich darüber einig sein könnten, daß der Mensch eigentlich ein vernunftbegabtes Wesen sein könnte.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Der erste große Vorwurf, den wir erheben, ist die Feststellung, daß dieser Vertrag unter einem bestimmten Zeitdruck, und zwar einem selbstgewählten Zeitdruck, verhandelt und abgeschlossen worden ist.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)




Strauß
Niemand kann doch von uns den Märchenglauben verlangen, daß Unterzeichnung des Vertrages und Wahltermin nicht in einem politischen und propagandistischen Zusammenhang standen, und zwar bewußt und gewollt. Der deutschen Öffentlichkeit sollte der Eindruck einer Zauberlandschaft — „Westöstlicher Divan" — suggeriert werden, ihr sollte mit allen Mitteln der Polit-Hypnose vermittelt werden, daß nunmehr die große Eisschmelze begonnen habe, daß Tauwetter eingetreten sei, daß sich die beiden deutschen Staaten und die Menschen aufeinander zubewegten,

(Abg. Dr. Marx: Das Eis ist gebrochen, hieß es!)

daß ein wohlausgehandeltes und abgesichertes System menschlicher Erleichterungen und Freiheiten zu einem normalen Zusammenleben der Menschen in Deutschland trotz staatlicher Teilung führen würde — und was dergleichen mehr ist. Das ist der erste Vorwurf.
Unser zweiter Vorwurf — er ist nicht persönlich beleidigend gemeint, aber wir sind ja nicht dazu da, uns gegenseitig Komplimente zu machen; da wird ja sicher auch Herr Wehner der gleichen Meinung sein —:

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/ CSU.)

Dieser Vertrag hätte durch echte Diplomaten vorbereitet und ausgehandelt werden müssen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

durch Diplomaten, die nicht von Glaubensbekenntnissen wie „Wandel durch Annäherung" hätten besessen sein dürfen, durch Diplomaten, die auch nicht bereits in ihrem geistigen Gepäck schon die Konstruktionspläne für ihr visionäres „Europa der Zukunft" hätten mitschleppen dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Die waren noch aus dem alten Auswärtigen Amt!)

Und wenn Sie es wissen wollen: ich meine damit das neutralistische Europa eines sogenannten kollektiven europäischen Sicherheitssystems. Sie können mir ruhig sagen: Sie haben sich ja auch öfter für ein europäisches Sicherheitssystem ausgesprochen. Selbstverständlich! Nur können mit diesem Wort völlig gegensätzliche Inhalte verbunden sein. Auch wir wissen, daß die Frage der deutschen Einheit nur in einer Form gelöst werden kann, in der die Umwelt der Deutschen mit der Existenz eines deutschen Staates versöhnt werden kann, sonst überhaupt nicht. Das habe ich immer betont, siehe März 1958 in dieser ja auch von Ihnen oft etwas wohlwollend gewürdigten Rede. Aber wir halten nichts von einem kollektiven europäischen Sicherheitssystem sowjetischer Vorstellung, weil das in seinem unvermeidlichen Ablauf nicht ein Sicherheitssystem, sondern ein Unsicherheitssystem würde.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Wehner.)

— Ich komme darauf aber noch zu sprechen; teilen Sie also Ihre Erregung ein, damit Sie sie durchhalten können.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Mein dritter Vorwurf ist: Nach den gemachten Erfahrungen und Lehren, die andere, aber auch wir erlebt haben, hätte man in der Wahl der Begriffe und der sie ausdrückenden Formulierungen nicht die Sprache der Doppeldeutigkeit und der Verschleierung, sondern die Kunst der Ausleuchtung, der Klarheit, der Eindeutigkeit anwenden müssen. Hier ist Zweideutigkeit kein Vorzug. Es gibt Situationen, in denen Zweideutigkeit ein Vorzug sein kann; hier bestimmt nicht. Denn nach der Unterschrift unter den Vertrag sind doch die ganzen Fallen und Pferdefüße sichtbar geworden. Warum hat man denn nicht mit den Mitteln der modernen Technik und der Spieltheorie ein Planspiel veranstaltet mit allen möglichen Raffinessen, Finessen, Tricks und Pferdefüßen,

(Zuruf des Abg. Dr. Marx)

die vom Vertragspartner vor Unterschrift oder nach Unterschrift sowohl bei der Wahl der Formulierungen wie bei der Anwendung der Formulierungen haben erfunden werden können? Denn daß die andere Seite listenreich und erfindungsreich ist, haben wir doch schon früher gewußt; dafür hätten wir niemanden nach Ost-Berlin zu schicken brauchen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Selbst ein sonst so regierungskonformes Magazin, das in Hamburg erscheint, konnte nicht anders, als angesichts des von den DDR-Kommunisten wieder belebten kalten Krieges den bezeichnenden Satz zu schreiben: „Dem Ostberliner Trend von der Kooperation zur Konfrontation steht die Bundesregierung weitgehend hilflos gegenüber." Nicht im „BayernKurier", im „Spiegel" stand's!

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Ja, selbst die gesinnungskonforme Schwester, eine Hamburger Illustrierte, beklagt sich: „Der Grundvertrag ist unterschrieben, die DDR hat ihr Ziel erreicht, wir aber stehen mit leeren Händen da."

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Die wahrlich nicht CDU/CSU-freundliche „Frankfurter Rundschau" verbindet Mitleid mit Tatsachenfeststellungen, wenn sie schreibt, die Bundesregierung, vor allem ihr Chefunterhändler Bahr, müsse das Gefühl haben, hereingelegt worden zu sein. — Einen so großen Mann kann man doch gar nicht hereinlegen!

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Und die „Zeit", die sicherlich am Bundeskanzler und seinen Mitarbeitern jedes gute Haar entdeckt — ist ja gut, wenn man's tut — stellt entspannungsschmerzlich fest: „Ost-Berlin macht aus dem Grundvertrag, was es will."
Die Regierung spricht so gerne von den Realitäten. Herr Bahr meint, der Arger sei nur das Ergebnis des erzielten Fortschritts. Wie ist dann der Katalog der Realitäten? Von den DDR-Grenzwächtern wird weiterhin hemmungslos auf Flüchtlinge geschossen. Die Bundesregierung drückt regelmäßig



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Bedauern aus; die Westalliierten versenden Protest per Formblatt. Die Scheußlichkeit der Szenen, die sich seit der Unterzeichnung des Grundvertrages dort abgespielt haben, darf ich als bekannt voraussetzen. Herr Bahr hat seinerzeit versichert, er halte es durchaus für möglich, daß die DDR als Folge des Grundvertrages den Schießbefehl aufheben werde; ähnliches haben wir ja auch heute wieder gehört. Der dafür zuständigere Verteidigungsminister der DDR, Armeegeneral Hoffmann, hat ausdrücklich erklärt, es gebe keinen Anlaß, Schießbefehl und die Grenzsicherungsanlagen aufzuheben,

(Abg. Dr. Marx: Und die Leute, die das sagen, haben einen Gewaltverzichtvertrag gemacht!)

einschließlich der automatischen Tötungsanlagen. Gerade der Grundvertrag, so wie er ist, hat zu einer Politik der schärferen Abgrenzung und der noch stärkeren Einschüchterung der Bevölkerung in der DDR geführt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ein Netz von administrativen Maßnahmen hält nicht nur den Besuchervcrkehr untei Kontrolle, was für einen kommunistischen Staat — das wissen wir — eine unabdingbare Voraussetzung ist, sondern sorgt auch dafür, daß an Stelle des verheißenen Stromes von Besuchen ein scharf überwachtes Rinnsal zustande kommt: Verbote, feierliche Selbstverpflichtungen, weder Reisen in den Westen zu unternehmen noch Besucher aus dem Westen einzuladen, erfassen — zum Teil unter Ausdehnung der Geheimhaltungsvorschriften — einen großen Teil der Bevölkerung. Besuche zu Hause sind sowieso unerwünscht und, wo sie stattfinden, müssen sich die Besucher in ein Hausbuch eintragen. Das haben nicht einmal wir, glaube ich, in der unseligen Zeit gehabt.
Die Familienzusammenführung wird in einschneidender Weise behindert, die zugesicherte freie Information und Berichterstattung wird mit Zensurbestimmungen und anderen Schikanen unterlaufen.
Eine Politik der lupenreinen staatsrechtlichen Trennung West-Berlins von der Bundesrepublik, Herr Regierender Bürgermeister, wird doch in jedem Zusammenhang und bei jeder Gelegenheit mit letzter Folgerichtigkeit vertreten: ob es sich hier um die Einbeziehung Westberliner Sportler handelt — wobei wir Ihnen sehr für Ihren hier heute dargelegten Standpunkt danken und ihn ohne jeden Vorbehalt unterstützen —, oder ob es sich um die entwürdigende Behandlung der Bundesrepublik bei der sowjetischen Industrieausstellung handelt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich habe hier von dem dpa-Korrespondenten bei der UNO, Herrn Peter Fischer, einen Bericht vom 8. Mai 1973. Daraus möchte ich nur zwei Sätze zitieren:
Der Bonner Anspruch auf das Recht, West-Berlin in den Vereinten Nationen außenpolitisch zu vertreten, dürfte in der UNO eine politische Kontroverse auslösen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Freilich!) Wie dpa erfuhr, erwarten westliche Diplomaten Proteste der Sowjetunion und der DDR auf ein Berlin-Papier, das die Bundesregierung demnächst angeblich als Begleitschreiben ihrem Antrag auf Aufnahme in die Weltorganisation beiheften will.


(Zuruf des Abg. Dr. Marx.)

Das heißt, daß die querelles allemandes, daß die deutschen Querelen, die deutschen Streitigkeiten nunmehr auf einem Forum ausgetragen werden, bei dem wir auch kein uneingeschränktes Verständnis etwa für unsere Auslegung des Grundvertrages erhalten werden. Aber darüber mag dann ein anderer Vertreter meiner Fraktion sprechen.
Die Bundesregierung hat sich das Gesetz des Handelns bei diesem Grundvertrag aus der Hand nehmen lassen. Sie ist allein schon durch Methode und Zeitpunkt der Verhandlungen und ihres Abschlusses durch ihre öffentlichen Ankündigungen und Versprechungen in einen Zugzwang versetzt worden, bei dem der Vertragspartner DDR alle Trümpfe in der Hand hat, die Bundesregierung keinen mehr, es sei denn den des innerdeutschen Handels, und den kann man und will man wohl auch nicht als Trumpf betrachten. Man sollte nämlich auch wissen, daß für kommunistische Verhandlungspartner — wenn ihnen das Wasser nicht bis an den Hals geht; und das tut es nicht — das politische Ziel über allen wirtschaftlichen Erwägungen steht.
Es gehört nun einmal zu den unbegreiflichen — um nicht zu sagen: unannehmbaren — Methoden der Ostpolitik dieser Bundesregierung, was uns hier geboten wird: altbekannte Formulierungen sowjetischer Strategie, politisch doppeldeutige Texte, wahlpolitisch bedingte Terminsetzungen, politische Vorleistungen im Vertrag durch die Bundesrepublik, während alle Gegenleistungen nur in zusätzlichen Abmachungen, Erklärungen, mündlichen Vereinbarungen und Briefen meistens entweder als Kann-Bestimmungen manipulierbar oder durch verwaltungsmäßige Handhabung bis zur praktischen Aufhebung abwertbar erscheinen.
Das heißt, wir stehen hier vor einem erschütternden Mißverhältnis zwischen politischen Leistungen der Bundesrepublik und Gegenleistungen des Vertragspartners.
Ein zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR abzuschließender Grundvertrag hätte durchaus die Zustimmung der CDU/CSU finden können — unter folgenden Voraussetzungen:
1. Andere Verhandlungsmethode und Verhandlungen ohne Zeitdruck. Die Tatsache, daß die andere Seite wußte, wann abgeschlossen sein muß, hat ihr von vornherein den längeren Hebel zugespielt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

2. Textliche Formulierungen, die nicht aus dem Instrumentarium kommunistischer Strategie stammen und auch keine gegensätzlichen Doppelauslegungen erlauben dürfen.
3. Leistungen und Gegenleistung nach Maßstäben der politischen Vernunft, und zwar bewertet in



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einem angemessenen Verhältnis des Gleichgewichts.
4. Die Tatsache des Offenbleibens der deutschen Frage und all der Dinge, die damit zusammenhängen, im Vertrag und nicht über die windige und lausige Hintertüre einer Feststellung, daß Rechte und Pflichten der Vier Mächte nicht berührt werden.
Ich komme noch zu einer weitergehenden Bewertung. Der Grundvertrag zwischen der Bundesrepublik und Ost-Berlin hat nur sehr wenig mit bilateralen Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten zu tun. In Wirklichkeit ist er — und hier muß man den Rahmen der Betrachtung so weit spannen, wie sich das Thema stellt — der letzte wichtige Baustein einer neuen Phase expansiver sowjetischer Westpolitik.
Bereits vor drei Jahren hat sich die Bundesregierung gegenüber Moskau in Punkt 5 des Bahr-Papiers verpflichtet, daß der deutsch-sowjetische Vertrag und entsprechende Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen sozialistischen Ländern, insbesondere mit der Deutschen Demokratischen Republik, ein einheitliches Ganzes bilden. Zugleich wollen Sie, Herr Bundeskanzler, offenbar vor Eintreffen Ihres sowjetischen Staatsgastes das im September 1971 in Oreanda gegebene Wort einlösen. In dem Kommuniqué heißt es, im Zuge der Entspannung sei der Eintritt beider Staaten in die Vereinten Nationen in angemessener Weise zu fördern. Mit beidem aber erfüllen Sie natürlich Forderungen, die im April 1967 auf der Karlsbader Konferenz der 25 kommunistischen Parteien aufgestellt worden sind. Damit erfüllen Sie eine Strategie, wie sie Vertretern Ihrer Partei — und nicht unwesentlichen Vertretern; einer ist heute wieder im Ministerrang — seinerzeit von italienischen Kommunisten in den Verhandlungen nahegelegt worden sind,

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

die damals ohne unser Wissen, also ohne Wissen des Koalitionspartners, geführt worden sind.
Wenn Sie neulich in Ihrer Rede sagen, Sie kennten keine Gemeinsamkeit — damit haben Sie auch mich gemeint —, die über das Verfassungsmäßige hinausgehe, dann setze ich dem entgegen, daß mich das nicht trifft, weil ich an der Auffassung festhalte, daß es trotz der Schärfe der sachlichen Gegensätze und der damit verbundenen, manchmal auch persönlichen Zuspitzung Gemeinsamkeiten zwischen Demokraten in diesem Lande geben muß und daß die Gemeinsamkeit zwischen Demokraten in diesem Lande stärker sein muß, als sie zwischen Kommunistenfreunden und Kommunistengegnern in einer Partei sein muß.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Bundeskanzler, Sie sind dem deutschen Volk und dem Deutschen Bundestag immer noch eine Auskunft darüber schuldig, wohin denn die Reise weitergehen soll. Nicht nur die Verträge sind doppeldeutig, auch die Politik der Bundesregierung verschwimmt in ihren weiteren Perspektiven. Daran ändern auch Treuebekenntnisse zum Westen oder wiederholte westliche Zustimmungen leider nichts; denn die deutschen Interessen können nur von uns selbst festgelegt und erläutert werden. Manche sehen draußen mit verständlicher Freude und Erleichterung, daß die Deutschen selbst ihnen die Last einer schweren, unbequemen Verpflichtung, die sie natürlich gerne los werden, von ihren Schultern genommen haben. Warum sollten sie dagegen protestieren? Sie haben doch keinen Grund dazu.
Auch wir von der CDU/CSU wissen, daß man nichts Unmögliches verlangen kann. Darum haben wir in den 20 Jahren von 1949 bis 1969 keine Verträge dieser Art abgeschlossen. Mehr hätten wir nicht erreichen können, und das, was wir hätten erreichen können, nämlich das, was Sie jetzt ausgehandelt haben, erschien für uns unzumutbar.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Darum ist man damals über diesen Punkt nicht hinausgegangen.

(Abg. Vogel [Ennepetal] : Und einige andere auch nicht!)

Das ist ja die Tragik, daß in einer Situation, in der die Sowjetunion verständlichen, erklärbaren und erhöhten Wert auf eine langfristige Regelung ihres Verhältnisses zu ihren westlichen Nachbarn an den Tag zu legen begann, in der Bundesrepublik Deutschland eine Bundesregierung im Amte war, die den Wandel der Zeit nicht gesehen hat, ihn falsch gedeutet und statt drüben einen Wandel durch Annäherung hervorzurufen, eine Anpassung unserer Politik herüben eingeleitet hat, die innen- und außenpolitisch Wurzeln zu schlagen begonnen hat. Darum warnen wir davor.
Auch der Grundvertrag fügt sich in dieses Konzept ein. Natürlich — das sehen wir doch genauso, wir haben genauso menschliche Empfindungen wie jeder andere -- begrüßen wir menschliche Erleichterungen. Natürlich wissen wir, daß der gut reden hat, der nicht auf sie angewiesen ist. Natürlich würden wir gern dem Bundeskanzler glauben, daß er durch die kontrollierte Begegnung den Zusammenhalt der Nation in einem geteilten Lande fördern wird. Aber wird das wirklich so sein? Es ist nun einmal so, daß sich in diesen Verträgen die sowjetischen Strategieziele mit eisernem Griffel eingeschrieben haben. Es ist nun einmal so, daß man im befreundeten Ausland, im neutralen Ausland, in der Dritten Welt den Grundvertrag als die Besiegelung der Teilung Deutschlands publiziert; siehe die „Neue Zürcher Zeitung" seinerzeit oder der „Daily Telegraph", der den Grundvertrag „a basic treaty of recognition" nennt, Grundvertrag der Anerkennung. Der Artikel ist an sich überschrieben „Deutschland — die endgültige Teilung", „Germany — the final division". Man kann diesem Blatt bestimmt nicht etwa Deutschfeindlichkeit vorwerfen.

(Abg. Reuschenbach: Ist vom „BayernKurier" abgeschrieben!)

-- Ich glaube, daß das intellektuelle Niveau, auf dem Sie sich mit dem Zwischenruf bewegen, der Offentlichkeit einmal klargemacht werden müßte.

(Beifall bei der CDU/CSU.)




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Dieser Artikel enthält aber einige bezeichnende Sätze. Es heißt dort:
Für den einfachen Mann in der DDR bedeutet die diplomatische Anerkennung durch westliche Länder keine Änderung. Vielleicht steigt das Nationalprestige, aber die Mauer wird nicht beseitigt werden, und unnachgiebige Positionen werden es auch weiterhin bleiben.
Aber es heißt dort dann weiter:
Mit zwei Deutschlands
— with two Germanies —
in den Vereinten Nationen — das eine sieht nach Westen, das andere nach Osten — hat die Todesglocke der bisher obligatorischen Hoffnung auf Wiedervereinigung sicherlich zu läuten begonnen. Es gibt immer noch einen Raum für das Unerwartete, aber für die vorausschaubare Zukunft gibt es keinen Weg, abgesehen vom Kriege, durch den die zwei Staaten wieder ein einziges Land formieren könnten.
Dieser Beurteilung stimmen wir zu.
Wenn aber der Friede im Nachkriegsdeutschland von dem Machtgleichgewicht abhängt, wie es in Jalta und Postdam beschlossen worden ist, dann ist die Anerkennung der DDR durch Frankreich, England, Vereinigte Staaten der Abschluß, Anerkennung dieser Tatsache. Die endgültige Teilung ist der Preis, den das deutsche Volk für den verlorenen Krieg zu bezahlen hat.
Diese Sprache ist hart und brutal. Wir müssen uns dieser Sprache stellen. Aber damit stellt sich die Frage: Ist das der Preis, den wir für den verlorenen Krieg zu bezahlen haben, und kann er in dieser Münze bezahlt werden? Ist es der Preis, den wir für gestern zu zahlen haben, oder ist es die Prämie, die wir für morgen, für den Frieden, zu zahlen haben? Ist es der Preis, den wir für Überleben und für menschliches Leben in Glück und Wohlstand zu zahlen haben?
Leider stammen diese Vorstellungen mehr aus einer statischen Betrachtungsweise. Der Westen neigt mehr zur statischen und der Kommunismus mehr zur dynamischen Betrachtungsweise. Darum darf ich noch ein Wort sagen. Ich erlaube mir hier von Doppelstrategie der sowjetischen Politik zu sprechen. Die Doppelstrategie besteht darin, daß die Sowjets mit diesen Verträgen und nicht zuletzt mit dem Grundvertrag ihren durch Krieg und Nachkriegszeit eroberten Besitzstand endgültig absichern wollen. Das wird als Preis für gestern bezeichnet. Das ist auch ohne jeden Zweifel eines der Konferenzziele der KSZE in Helsinki. Denn nach der Unterschrift der Deutschen unter diese Verträge sollen weitere Verträge mit gleicher Zielsetzung, ähnlichen Formulierungen auch noch mit der Unterschrift aller Teilnehmer dieser Konferenz folgen. Für die Sowjetunion legitim und verständlich, aber für uns ergeben sich eben andere Interessen als für die Sowjetunion. Nicht zuletzt ist das Ziel der Sowjetunion, um mit einer problemfreien Westflanke sich stärker den Problemen ihrer Ostflanke zuwenden zu können. Doch darüber ein anderes Mal.
Die Doppelstrategie besteht aber auch darin, daß sie nicht nur den erworbenen Besitzstand absichern will, sondern daß sie sich mit dieser logisch angelegten, in sich schlüssigen und konsequenten Gesamtstrategie für den Zeitpunkt, der ihr dafür dann passend erscheint, das Tor für die Ausdehnung ihres sowjetischen Einflusses offenhalten will. Wer das nicht sieht, versteht nichts von geschichtlichen Abläufen, geschichtlichen Prozessen und geschichtlichen Gefährdungen. Das ist die Doppelstrategie: einerseits Absicherung, andererseits der Zangengriff einer weiteren möglichen Expansion. Es tut mir leid, daß ich das heute sagen muß — in der Vorwoche vor dem großen Besuch. Aber wir sind ja nicht dazu da, um Höflichkeiten zu sagen, sondern um das zu sagen, was wir für richtig halten, vor Gefahren zu warnen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die sowjetische Deutschlandpolitik — darum wage ich hier diese Prognose — hat doch vier Phasen aufzuweisen. Zwei liegen hinter uns, in der dritten sind wir drin, und die vierte ist nur die Vorprojizierung derselben geschichtlichen Entwicklungslinie, die wir schon über 20 Jahre hinweg oder länger verfolgen können.
Die erste der vier Phasen dauerte von 1945 bis 1955; einmal der Versuch, auf ganz Deutschland Einfluß zu bekommen — ich muß mich sehr kurz fassen, darum läßt sich das nicht näher erläutern; Sie wissen, was ich meine —, in Verbindung damit der Versuch, die Entstehung der Bundesrepublik zu verhindern, dann die Schaffung der DDR als Reaktion auf die Entstehung der Bundesrepublik und eine systematische Politik der Erhaltung der DDR gegenüber allen westlichen Versuchen, auf Viererkonferenzen die deutsche Frage zu lösen. Diese Phase dauerte bis nach der Genfer Konferenz 1955.
Die zweite Phase begann nach Abschluß der Genfer Konferenz. Sie wissen, im Schlußkommuniqué hat die Sowjetunion der Wiedervereinigung Deutschlands auf der Grundlage freier Wahlen zugestimmt. Nach dieser Konferenz bis zum Jahre 1969 vollzog sich ein Prozeß der pragmatischen Selbstbestätigung und der pragmatischen Anerkennung der DDR, indem man sie als eine verwaltungsmäßige Realität und als ein nicht — außer mit unmöglichen Mitteln — zu änderndes Faktum ins Kalkül einstellen mußte. Diese Politik, Herr Bundeskanzler, endete 1969.
Die dritte Phase ist mit dem Amtsantritt Ihrer Regierung eingeleitet worden. Sie ist vorher systematisch vorbereitet worden, als man in den 15 Jahren drüben systematisch und zäh eine Politik der Anerkennung betrieben hat. Damit hat die Anerkennung der staatlichen Existenz der DDR begonnen, nämlich seinerzeit mit Ihrer Regierungserklärung. Diese dritte Phase ist durch die völkerrechtliche Anerkennung der DDR gekennzeichnet, die alle Staaten der Welt praktisch vorgenommen haben, mit Ausnahme von uns, die wir für uns durch eine verbale Erklärung in Anspruch nehmen, sie nicht vorgenommen zu haben. Ich warte bloß darauf, wann das Argument auftaucht: Jetzt haben alle die DDR



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völkerrechtlich anerkannt. Wie lange wollen wir noch beiseite stehen? — Auf dieses Argument warte ich jetzt. Aber es wird heute oder morgen sicherlich noch nicht kommen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU/CSU.)

Im übrigen ist das so schnell geschehen, daß die Regierung drüben in personelle und technische Engpässe geraten ist, weil sie mit ihren Vorbereitungen die Flut der Anerkennungsanträge und die Notwendigkeiten der zu errichtenden Botschaften nicht mehr bewältigen konnte.
Die vierte Phase, Herr Bundeskanzler, wird, wenn die Zeit dafür reif und die Möglichkeit dafür gegeben erscheinen oder wenn es wünschenswert und notwendig erscheint, dadurch gekennzeichnet sein — sie wird heute schon vorbereitet —, daß der Alleinvertretungsanspruch, den Bonn aufgegeben hat, von Ost-Berlin aus erhoben und die Idee der Wiedervereinigung aus dem kommunistischen Potsdam in das kapitalistische oder liberale oder wie auch immer zu nennende Bonn, also wiederum in unser Land, hereingetragen wird. Das ist die vierte Phase, deren Schatten sich heute bereits erkennbar in der politischen Landschaft bemerkbar machen. Ich kann darauf nicht näher eingehen; aber Sie wissen, was ich damit meine.
Ich behaupte: das ist weder professionelle Schwarzmalerei noch Berufspessimismus der Opposition. Das ist nichts anderes als eine nüchterne Analyse der letzten 28 Jahre und eine Vorprojizierung, eine Weiterprojizierung der Kurve der letzten 25 Jahre in die nächste Zukunft hinein.
Ich behaupte nicht — man soll ja nicht den Teufel an die Wand malen und auch nicht in Panikstimmung operieren —, daß diese Entwicklung unabwendbar ist, aber ich behaupte, daß sie nicht ausgeschlossen ist. Sie wird nicht ausgeschlossen sein und in den Bereich des Möglichen rücken, wenn man sie entweder nicht sehen will oder wenn man sie fatalistisch als unvermeidbar hinzunehmen bereit ist oder ihr gar noch mit hintergründigen Überlegungen da oder dort sympathisch bis wohlwollend gegenübersteht. Ich meine damit nicht die gegenwärtige Bundesregierung; aber ich meine damit Randerscheinungen, ohne daß ich sie hier näher kennzeichnen möchte. Sie wissen genau, wen ich damit meine.
Der Bundeskanzler hat ein Treuebekenntnis zum Westen abgelegt. Wir sollten das so nehmen, wie er es gesagt hat. Aber gehört die vierte Phase nicht vielleicht doch bei manchen seiner Mitarbeiter zu den Wahrheiten, die man heute nur im Herzen tragen, aber noch nicht sagen darf, weil die öffentliche Meinung und damit die Mehrheit noch nicht dafür gewonnen werden kann?

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Marx: Dafür noch nicht präpariert ist!)

Das wird man wohl noch sagen dürfen.
Der Bundeskanzler bezeichnet die Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft und in der Atlantischen Allianz als unumstößliche Elemente seiner Außenpolitik und als unerläßliche Voraussetzung jeder Entspannungspolitik. Gut, wir nehmen dieses Wort an. Aber aus dem Munde seines Kanzleramtsministers ist uns eine neue außenpolitische Vision bekanntgeworden. So wie das abgetan worden ist, Herr Bundeskanzler, sollte man es, wenn Sie Wert auf Glaubwürdigkeit in dieser Frage legen, nicht tun. Sie wissen, ich meine damit das, was in der amerikanischen Vierteljahreszeitschrift „Orbis" aus einem Gespräch oder Interview des Professors Hahn mit Ihrem heutigen Bundesminister Bahr, damals im Jahre 1969 aufgenommen, in der Zwischenzeit veröffentlicht worden ist. Sie wissen, Ziffer 1 dieses Plans: Anerkennung der DDR, Ziffer 2: Gewaltverzichtabkommen, diplomatische Beziehungen mit den osteuropäischen Staaten, Ziffer 3: Truppenabbau in Deutschland; Ziffer 4: Schaffung eines europäischen Sicherheitssystems mit Auflösung der NATO. Es ist heute nicht an der Zeit und nicht mehr die Möglichkeit, über den Begriff „kollektives Sicherheitssystem" einerseits und wirkliches europäisches Sicherheitssystem andererseits zu reden, weil hier dasselbe Wort sowohl für eine höchst gefährliche Konstruktion wie andererseits für ein höchst erstrebenswertes Ziel verwendet werden kann. Wir haben das zur Sprache gebracht, Herr Bundeskanzler, und Sie haben gereizt darauf reagiert. In der Debatte vom 5. April haben Sie gesagt: „Ich kenne diesen amerikanischen Wissenschaftler nicht. Weshalb hat er vier Jahre mit der Veröffentlichung gewartet und kann jetzt nicht vier Wochen bis zur Wiedergenesung Bahrs warten?" Siehe Bundestagsprotokoll der 27. Sitzung vom 5. April 1973.
Herr Hahn, dazu befragt, hat in einem Brief, den ich gerne zur Verfügung stellen kann, erklärt, er sei von Fritz Erler bereits 1955 mit Brandt bekanntgemacht worden. Sein letztes Gespräch mit Brandt habe er auf der deutsch-amerikanischen Konferenz in Bad Godesberg im Januar 1970 gehabt.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Seine Reise 1969, wo das Gespräch mit Bahr offensichtlich stattfand, habe er im Auftrag der neuen amerikanischen Regierung zur Erkundung der politischen Lage in der Bundesrepublik unternommen. Solange er leitendes Mitglied des Pentagon Institute for Defence Analyses bis 1971 gewesen sei, habe er sich gewisse Rücksichten auferlegen müssen. Diese seien nunmehr entfallen, nachdem er in einem nicht regierungsamtlichen wissenschaftlichen Institut, dem Foreign Policy Research Institute, Philadelphia, arbeite. Entscheidend für die nunmehrige Veröffentlichung sei aber vor allem gewesen, daß erst jetzt — so schreibt er in diesem Brief — nach dem geradezu generalstabsmäßig abgelaufenen Vollzug des BahrPlans von 1969 die wirkliche Bedeutung der damaligen Äußerungen Bahrs für ihn sichtbar geworden sei.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

Das Zusammentreffen der Veröffentlichung mit der Krankheit Bahrs sei rein zufällig, wie es sich bei einer Vierteljahreszeitschrift ergebe.
Sie hätten das ja aus der Welt schaffen können, Herr Bundeskanzler. Sie hätten ja durch eine andere



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Reaktion diese Kontroverse heute verhindern können. Aber daß wir fragen, wenn Ihr engster Berater, wenn Ihr der Bedeutung nach ranghöchster Mitarbeiter, wenn der der Bedeutung nach ranghöchste Bundesminister einen solchen Plan einem Dritten gegenüber enthüllt, ist doch wohl selbstverständlich. Wir wären ja blind und taub und untauglich als Opposition, wenn wir es nicht täten.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Das kommt mir vor wie die Geschichte mit der Brieftasche!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0702914800
Herr Abgeordneter Strauß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Graf Lambsdorff?

Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0702914900
Bitte sehr, Graf Lambsdorff!

Dr. Graf Otto Lambsdorff (FDP):
Rede ID: ID0702915000
Herr Kollege Strauß, könnte nicht mindestens der Zeitpunkt der Veröffentlichung von Herrn Professor Hahn auch mit seiner kurz vorher stattgefundenen Tätigkeit bei der Konrad-Adenauer-Stiftung zusammenhängen?

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Franz Josef Strauß (CSU):
Rede ID: ID0702915100
Das mag Ihre Deutung sein. Mir ist nicht einmal die Tatsache bekannt.
Herr Dr. Hahn erklärte mir weiter, er warte in aller Ruhe auf ein Dementi von Bahr und sei jederzeit bereit, seine Veröffentlichung vor jedem Gremium der Öffentlichkeit oder auch vor jedem Gericht in Deutschland und Amerika zu bezeugen.
Nachdem die Bundesregierung — das ist jetzt mein Text — auf die parlamentarischen Anfragen des Kollegen von Wrangel eine Stellungnahme verweigert hat, ist nunmehr etwas Eigenartiges eingetreten.

(Abg. Wehner: War das nun Ihre Pointe heute?)

— Ich suche keine Krampfpointen wie Sie, Herr Wehner, sondern ich rede in Analysen und Tatsachen und Wertungen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD. — Abg. Wehner: Sie sind überhaupt gutmütig!)

— Herr Wehner, Sie sind dafur bekannt — vielleicht haben Sie es nicht anders gelernt —, daß Sie durch verbale Kraftakte den Ablauf einer Parlamentssitzung zu unterbinden, zu stören oder zu beeinflussen versuchen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Also muß man mich rausschmeißen! Das möchten Sie gern! Sie Armer!)

Wir haben das damals zur Sprache gebracht. Der Bundeskanzler hat damals reagiert und ein Treuebekenntnis zum Westen abgelegt, wie ich es hier nochmals formuliert und als glaubwürdig bezeichnet
habe. Herr Bahr hat sich damals nicht gleichzeitig geäußert. Das ist verständlich, weil er in einem ihm durchaus zustehenden Krankheitsurlaub war. Er hat sich aber auch nach seiner Rückkehr nicht geäußert. Herr Bundeskanzler, warum sagen Sie denn nicht, das sei für Sie null und nichtig? Die SPD-Fraktion hat damals empört reagiert: Es gebe diesen Plan gar nicht. Die Existenz des Planes wurde also bestritten. Weiter hieß es, es sei doch unfair, ihn in Abwesenheit des Betreffenden zu erwähnen. Als ob einer, über den man hier spricht, immer anwesend sein müßte! Das ist doch auch in den letzten 20 Jahren nicht immer so gehalten worden.
Jetzt kommt aber das Schönste an der ganzen Sache. Herr Bundesminister Ehmke, der Vorgänger von Bahr, hat die Existenz dieses Planes jetzt nicht nur zugegeben, sondern diesen Plan noch verteidigt. Er hat in der ihm eigenen Weise nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung" — das kennen wir von ihm ja — gesagt: Was ist denn an dem Plan so Besonderes? In diesem Plan komme doch nur der Weitblick von Herrn Bahr zum Ausdruck!

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Nun weiß ich gar nicht mehr, was los ist. Herr Bundeskanzler, gibt es diesen Plan nicht, oder lehnen Sie ihn ab, oder besteht er?

(Abg. Dr. Marx: Ein Eigentor!)

Etwas, was nicht besteht, kann nicht weitsichtig sein.

(Abg. Dr. Marx: Was sagt der Wehner dazu?)

Wenn aber etwas besteht, muß man sich doch damit befassen können.

(Abg. Wehner: Sie möchten immer so einen Sumpf haben! Das ist doch kein Sumpfvertrag, sondern ein Grundvertrag! — Abg. Lemmrich: Herr Wehner, Sümpfe haben Sie gemacht! — Zurufe von der SPD: Barzel war besser! — Große Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

— Sie können mich nicht irremachen, auch wenn Sie hier solche Ausdrücke gebrauchen, Herr Wehner. Der Beweis, daß Sie ein schlechtes Gewissen haben, ist die Methode, mit der Sie meine Stellungnahme hier abwürgen zu können glauben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn dieser Plan aber nicht existiert, wenn das Ganze also ein Schwindel ist, warum befaßt sich dann der Bundesminister Ehmke damit und nimmt diese Vorstellungen von Herrn Bahr in Schutz und erklärt, sie seien weitsichtig gewesen? Diese Art der Weitsicht geht natürlich auf eine völlig neue Deutung der Begriffe „Weitsicht" und „Weitblick" zurück.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Man verfährt hier nach der Strategie, dann, wenn man eine Mehrheit dafür gewinnen kann, jeweils einen Teil der Wahrheit bekanntzugeben und das andere zu leugnen oder im Dunkeln zu lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)




Strauß
Wenn man die nächste Etappe erreicht hat, wird der nächste Teil bekanntgegeben und der Rest vorerst noch im Dunkeln gelassen. Zum Schluß sagt man dann: Wie recht habe ich doch gehabt; ich habe diese Entwicklung schon damals vorausgesagt! — Das ist doch die Methode.
Herr Bundeskanzler, hier sollten Sie ein ganz klares und eindeutiges Wort sagen. Es stehen sich doch ohne jeden Zweifel zwei verschiedene europäische Konstruktionen diametral gegenüber. Auf der einen Seite gibt es den Gedanken einer westeuropäischen Union mit staatenbündischem und später bundesstaatlichem Charakter, mit stärkerer politischer Eigenständigkeit und auch einer stärkeren militärischen Selbstverteidigungsfähigkeit. Das ist das eine Modell. Diese Union ist gegen niemanden gerichtet, weder gegen die Sowjetunion noch gegen die USA. Diese europäische Union könnte ja nach Ihrer eigenen Vorstellung, Herr Bundeskanzler, Bestandteil einer europäischen Friedensordnung werden und gleichzeitig Partner der atlantischen Allianz. Sie haben das ja gesagt. Diese europäische Union muß staatliche Züge aufweisen und darf nicht nur ein lockeres Sammelsurium von erhalten gebliebenen souveränen Nationalstaaten sein.
Daß wir hier kritisch werden und uns hier melden, darf Sie doch nicht wundern. Sie würden es doch genauso machen, wenn Sie in der Opposition wären. Ich erinnere Sie noch einmal daran: Herr Bahr sagte, das Grundgesetz verpflichte einen Bundesminister, zwar mit der DDR, aber noch lange nicht mit jedem Bundestagsabgeordneten zu reden. In der gleichen Sitzung konnte man dann noch vernehmen, es gebe eben Wahrheiten, die man noch im Herzen verschließen müsse und erst bekanntgeben dürfe, wenn die Zeit dafür reif sei, weil eine Mehrheit dafür in diesem Hause vorhanden sei. Ich erinnere weiter daran, daß derselbe Bundesminister Bahr in einem Rundfunk- und einem Fernsehinterview sagte, er sei insoweit deutscher Gaullist, als er die Aufrechterhaltung der nationalstaatlichen Souveränität für eine flexible deutsche Ostpolitik gegenüber einer europäischen Integration für notwendig halte. Das ist doch alles gewesen!
Herr Bundeskanzler, wir sind hier in einem Parlament, in dem hart diskutiert wird. Ich tue dies hart, aber ich tue es nicht — ich bitte Sie, mir das zu glauben — mit persönlicher Gehässigkeit, auch wenn ich deutlich rede. Das mag mich von manchem unterscheiden. Aber wenn Sie glaubwürdig sein wollen, müssen Sie sich von diesem Bundesminister trennen, auch wenn Sie ihn nach Amerika mitnehmen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Der letzte Gedanke in diesem Zusammenhang! Herr Bundeskanzler, Sie waren vor einigen Tagen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Es war ein zum Teil günstiger, zum Teil ungünstiger Zeitpunkt. Aber diesem Ihrem Besuch war ein nicht weiter überraschendes Ereignis vorangegangen. Ich glaube, die Mitglieder dieses Hauses, die bei den letzten Debatten zugegen waren, werden sich erinnern, daß ich in diesem Hause zweimal von dem inneren Zusammenhang der Probleme Währungspolitik, Handelspolitik und Verteidigungspolitik gesprochen habe. Ob wir den Zusammenhang sehen oder nicht, ist eine Frage der intellektuellen Kapazität. Die Frage, ob wir ihn durch einseitige Ablehnung verhindern können, möchte ich mit Nein beantworten, wenn nämlich der andere, und zwar unentbehrliche Partner an diesem Zusammenhang festhält.
Sie kennen die Kissinger-Rede, die natürlich eine Nixon-Rede ist; Kissinger ist hier vorgeschickt worden. Diese Rede, diese sogenannte Atlantik-Charta, trägt die Handschrift Nixons. Das ist die Nixon-Doktrin für Europa, ist die Forderung einer Neuregelung der amerikanisch-europäischen Beziehungen, die Sie im Grundsatz verlangt und gefördert haben, Herr Bundeskanzler. Es ist eigenartig, Herr Wehner, daß Sie in diesem Zusammenhang gleich von einem Monstrum gesprochen haben. „Monstrum" kam gleich aus Ihrem Mund.

(Abg. Wehner: Ich hatte schon gefürchtet, ich käme heute bei Ihnen nicht mehr dran!)

— Es ist doch bei meiner Wertschätzung für Sie unmöglich, daß sie nicht drankommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Als „Skizze eines Monstrums" hat der Vorsitzende der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion den Vorschlag des amerikanischen Präsidentenberaters bezeichnet, gemeinsam mit den europäischen Verbündeten eine neue Atlantik-Charta zu formulieren.

(Abg. Wehner: Man kann auch sagen: einen Pfannkuchen!)

— Monstrum und Pfannkuchen sind mir noch in keinem Kochbuch als Synonyme begegnet.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Natürlich haben der Wandel der Zeit, die weitere Entwicklung, die Veränderung der Verhältnisse, die wirtschaftliche Erstarkung der Europäer, die inneramerikanischen Probleme eine Neuregelung der transatlantischen Beziehungen erforderlich gemacht. Ob wir das sehen oder nicht, ändert doch an den Tatsachen nichts.
Herr Bundeskanzler, Sie sind in einem Teil der Presse als der selbstbewußte, zuversichtliche Staatsmann eines wieder gestärkten europäischen Selbstbewußtseins gefeiert worden.

(Zuruf von der SPD: Sie müssen mal wieder nach New York fahren! — Heiterkeit bei der SPD.)

— Ich sage ja nichts dagegen. Ich bin der allerletzte, der Unterwürfigkeit unter die Amerikaner jemals praktiziert hätte oder hie gar etwa vorschlagen würde. Aber wir können einmal an der Tatsache nicht vorbeigehen, daß die Amerikaner die Einheit dieser Problematik betont haben und eine neue Atlantik-Charta verlangen, die man nicht etwa als „Monstrum" abtun kann, Herr Wehner. Zweitens gibt es die Tatsache, daß der Bundeskanzler den Sinnzusammenhang — vielleicht war

Strauß
es nur eine taktische Phase — abgelehnt hat. Drittens die Tatsache, daß gleichzeitig Nixon in seinem Bericht den Europäern Eigensucht vorgeworfen und eine größere Bereitschaft verlangt hat, die anstehenden Fragen der Währungs- und der Handelspolitik und damit auch der Finanzierung der Verteidigungspolitik in Kompromissen zu lössen.

(Abg. Wehner: Wollen Sie dort anheuern?)

— Machen Sie sich doch nicht lächerlich, Herr Wehner! Das ist doch ein unmöglicher Stil, im Parlament in dieser Weise zu verfahren, wenn man von einem so ernsten Problem spricht, von dem unsere Freiheit und das Überleben der nächsten Generation abhängen!

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

Warum sage ich das, Herr Wehner? Durch meine Ausführungen zieht sich — fassen Sie das als Sympathieerklärung auf — ein roter Faden. Ich sage es, weil nämlich eine Politik, die es versäumt, diesen Zusammenhang zu erkennen, sich auf diesen Zusammenhang einzustellen, diesem Zusammenhang mit ehrlicher Glaubwürdigkeit Rechnung zu tragen, über kurz oder lang jeden amerikanischen Präsidenten zu Reaktionen veranlassen wird, die eine stärkere Drift zwischen Europa und den USA, ein Auseinandertreiben der beiden großen Teile des Bündnisses zwangsläufig heraufbeschwören würde. Wenn diese Drift eintritt, dann würden die Neutralisten mit ihrem Europaplan im geistigen Marschgepäck das als möglichen Vorwand benutzen, um diese Konstruktion durchsetzen zu können, und darum reden wir heute darüber.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist, soweit es in der gegebenen Zeit möglich war, der Versuch, nicht den Grundvertrag mit seinen Bestimmungen im einzelnen zu definieren und zu analysieren, sondern ihn in den Gesamtzusammenhang der sowjetischen Politik, in den Gesamtzusammenhang unserer Politik, der europäischen Politik, der europäisch-amerikanischen und atlantischen Politik und in einen gewissen globalen Zusammenhang zu stellen. Wenn man hier das System der kleinen menschlichen Erleichterungen und Freiheiten, aus dem reichhaltigen Schatz geraubter Freiheiten und Rechte widerrufbar gestattet, trotzdem von uns natürlich begrüßt, in ein Verhältnis zu den großen politischen Dimensionen setzt, die im Vertragstext selbst geregelt werden, dann bitten wir um Verständnis, daß wir — nicht weil wir nein sagen, wenn die Regierung ja sagt, oder umgekehrt — diesem Grundvertrag nicht zustimmen können. Herr Bundeskanzler, die Bundesregierung hätte nach dem Grundsatz eines bekannten Sprichworts handeln sollen:
Gott gebe uns die Gelassenheit, Dinge, die wir nicht ändern können, so hinzunehmen, wie sie sind, er gebe uns die Kraft, Dinge zu ändern, die wir ändern können, und er gebe uns die Weisheit, beides voneinander zu unterscheiden.
Weil die Bundesregierung nicht die Weisheit hatte,
voneinander unterscheiden zu können, was man als
unabänderlich hinnehmen muß und was man als änderbar anpacken kann, sagen wir nein zu diesem Grundvertrag.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702915200
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0702915300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich erst im weiteren Verlauf, nachdem sich die Fraktionen geäußert haben, ausführlicher äußern, und der Bundesaußenminister wird morgen früh ohnehin den Grundlagenvertrag und die Frage des Beitritts zu den Vereinten Nationen in die allgemeinen, aktuellen außenpolitischen Bemühungen unserer Regierung einordnen. Aber Kollege Strauß hat mich zweimal direkt angesprochen. Ich halte es für richtig, darauf jetzt zu antworten und nicht bis, sagen wir mal, morgen mittag oder nachmittag oder wann auch immer zu warten.
Zunächst hat sich Herr Kollege Strauß, wie es auch in einer Mündlichen Anfrage nachzulesen ist, beschwert gefühlt -- ganz offensichtlich, weil er die Niederschriften über den Vorgang nicht kannte oder nicht kennen konnte; man hätte sie ihm zeigen können, denn sie sind vom Bundespresseamt veröffentlicht —, er und seine Freunde haben sich beschwert gefühlt durch Ausführungen, die ich am 19. April, d. h. am Gründonnerstag, am frühen Abend oder am späten Nachmittag vor Vertretern einer Belegschaft in Jugoslawien, in Pula, gemacht haben soll. Ich darf, Herr Kollege Strauß, hier zunächst jemanden zitieren, der dabei war, nämlich Andreas Razumovsky, der für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" aus Jugoslawien berichtet, bekanntlich nicht meiner Partei angehört und zu der von mir geführten Regierung in keiner besonderen Beziehung steht, außer daß er ein Staatsbürger dieser Republik ist wie viele andere auch. Er hat diese Veranstaltung, an der er teilgenommen hat, für seine Zeitung geschildert. Da sagt er zunächst:
In einem Land . . .
— das er nun im einzelnen beschreibt —
ist solch eine Sendung, aber auch der Umstand, daß sie ungekürzt ausgestrahlt wird, ein Ereignis.
Er sagt — entschuldigen Sie, das kann jetzt wie Seltbslob klingen, wenn ich es vorlese; ich bitte um Nachsicht dafür -:
Brandt findet den richtigen Ton. Und ohne daß es auch nur im entferntesten so klänge, als wolle er sich hier anbiedern, spricht er die jugoslawischen Ingenieure, Arbeiter ... als „Kollegen" an. Die Fragen wirken oft klischeehaft, . . . Auch eindeutige Fangfragen sind darunter. Nein, sagt Brandt, die Bundesrepublik stehe fest auf dem Boden der Europäischen Gemeinschaft und des Atlantikpakts.
— Das sage ich also nicht nur hier und in Amerika, sondern auch dort.



Bundeskanzler Brandt
Die Marktwirtschaft werde in Deutschland nicht aus ideologischen Gründen, sondern weil sie sich als zweckmäßig erwiesen habe, betrieben; man wechsle politische Anschauungen und Bündnis-Systeme nicht wie man aus einem Fußballverein austrete.
Dann steht hier — aber das habe ich gleich noch zu ergänzen durch die wörtliche Niederschrift; die habe ich nämlich auch, weil ein Stenograph des Bundespresse- und Informationsamtes zugegen war —in der Niederschrift von Andreas Razumovsky:
Man möge doch die Unterschiede
— er gibt es also in indirekter Rede wieder —
in den Fragen der Außenpolitik zwischen den
Parteien der Bundesrepublik nicht überschätzen,
sagt der Bundeskanzler nach einer Anspielung
— also in einer der Fragen — auf die in Jugoslawien gerne . . .
behaupteten Vorstellungen, die nun auch wieder geschildert werden.
Dann steht dort eine Bezugnahme auf die FDP und den Bundesaußenminister, und dann zitiert Razumovsky folgendes in Anführungszeichen:
„Ich muß Sie bitten, daß Sie das ganz ernst nehmen", sagt Brandt zu seinem Publikum, das auch das Fernsehpublikum Jugoslawiens ist. Die Wähler der CDU und CSU seien in ihrer Mehrheit genauso für den Frieden, „wie die Wähler meiner Partei."
Ich komme darauf gleich zurück.
Dann heißt es zum Schluß:
Brandts Auftritt war frei von jeder Überheblichkeit. Das hat seinem auf Mitteilung, Übermittlung einer Botschaft gerichteten Auftreten vor diesem Publikum jedenfalls besondere Glaubwürdigkeit verliehen.
Das ist ja nicht so schlecht, was Razumovsky als seinen Eindruck berichtet.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Oho-Rufe bei der CDU/CSU.)

Jetzt habe ich mir angeschaut, was in der Niederschrift steht. Da heißt es folgendermaßen:
Aber bitte, ich muß Sie bitten, dieses ganz ernst zu nehmen, daß unter den Wählern der christlich-demokratischen Partei oder auch ihres bayerischen Flügels, der bei uns Christlich-Soziale Union heißt, daß unter den Wählern dieser beiden Parteien viele sind, die genauso für den Frieden eintreten
— so heißt es, nicht: „für den Frieden sind" —
wie die Wähler, die meiner Regierung ihr direktes Vertrauen gegeben haben.

(Zurufe von der CDU/CSU: Na also! — „Viele" !)

Nun ist zunächst von meiner Regierung die Rede und nicht von meiner Partei. Das wird meinen Koalitionspartner dabei interessieren. Das können
Sie alles nachlesen in der Kommentarübersicht vom 24. April 1973.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Jetzt will ich noch deutlicher werden: Unser ganzes Volk ist für den Frieden. Das Eintreten im gleichen Sinne wie die, die für diese Regierung gestimmt haben, bedeutet darüber hinaus, daß auch eine Menge Ihrer Wähler für unsere Verträge sind und auch für diesen Grundvertrag. Daran gibt es doch überhaupt keinen Zweifel.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Widerspruch und Zurufe von der CDU/CSU.)

Das ist der erste Punkt.
Jetzt kommt der zweite. Ich weiß nicht, was das Gerede von einem neutralistischen Europa eines kollektiven Sicherheitssystems soll. Diese Regierung hat ihre europäische Ost-West-Politik in Ergänzung der Politik der westeuropäischen Einigung entwickelt noch zur Zeit der Großen Koalition, dann verstärkt in der jetzigen Zusammensetzung im Rahmen der Atlantischen Allianz; damals durch Mitarbeit am Harmel-Bericht, noch in Reykjavik 1968, als noch zur Zeit der Großen Koalition. Das haben wir fortgeführt. Wir haben es entwickelt im Rahmen der politischen Zusammenarbeit der Neun. Und wenn Sie, Herr Kollege Strauß, gelesen hätten, was jetzt veröffentlicht worden ist als Ergebnis der Gespräche in Washington oder auch schon davor — Sie haben hier den Berater des Präsidenten zitiert —, dann hätten Sie auch zur Kenntnis nehmen und denen sagen sollen, die Ihnen zuhören, daß dort von der Regierung der Vereinigten Staaten festgestellt wird, die Auffassungen der Vereinigten Staaten und der westeuropäischen Verbündeten, besonders der Bundesrepublik Deutschland, seien in den hinter uns liegenden Jahren fugenlos, nahtlos aufeinander abgestimmt gewesen. Wenn Sie uns schon nicht glauben, könnten Sie vielleicht die Güte haben, nicht einfach zu unterstellen, daß der Hauptverbündete in diesen Zusammenhängen lügt.
Meine Damen und Herren, im übrigen kriegen Sie es, Herr Strauß, schon von der Zeit her — es ist zehn Minuten vor halb Sieben — nicht mehr hin, vom Rücktritt Barzels durch die Forderung, Bahr solle zurücktreten, abzulenken.

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

Auch ein paar Stunden vorher wäre das nicht gegangen.

(Abg. Strauß: Das ist mäßig! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Hier wird im Verlauf der Debatte, wenn Sie es unbedingt wollen, auch über Orbis gesprochen werden; aber Sie kriegen es nicht hin, aus einer Debatte über den Grundvertrag eine Debatte darüber zu machen, was man eigentlich von einem, der sich Professor nennt, halten soll, der sich nach einem Gespräch Notizen macht, sie damals nicht dem Betreffenden gezeigt hat und sie später nicht einmal, wenn er sie vier Jahre später, in welcher Deutung auch immer, veröffentlicht, dem Gesprächspartner



Bundeskanzler Brandt
zu zeigen für notwendig hält. Dies wird von seriösen Wissenschaftlern als unseriös betrachtet.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wie gesagt, hierzu wird noch Stellung genommen werden. Soweit ich erwähnt werde — ich werde an ein oder zwei Stellen erwähnt —, stimmt nicht, was dort steht. Ich ziehe daraus meine Schlüsse für den Rest.

(Abg. Vogel [Ennepetal] : Was stimmt nicht, kennen Sie ihn oder nicht? — Abg. Strauß: Sie haben doch selbst mit ihm gesprochen!)

— Herr Kollege Strauß, ich kann mich nicht erinnern, mit ihm jemals gesprochen zu haben. Bei den deutsch-amerikanischen Veranstaltungen, die Sie erwähnen — ich will nicht bestreiten, daß er bei solchen Gelegenheiten dabei war —, hat er sich mir gegenüber nicht so deutlich gemacht, daß Begegnungen mit ihm in meiner Erinnerung haften geblieben wären.

(Lachen bei der CDU/CSU.)

Wenn wir im übrigen, Herr Kollege Strauß, Ihrer
lassen Sie mich es so deutlich sagen — Besserwisserei gefolgt wären, säßen wir heute weder in Helsinki noch in Wien mit am Verhandlungstisch,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

sondern die Entwicklung der Mächte aufeinander zu und miteinander wäre an uns vorbeigegangen.

(Abg. Strauß: Wer sagt Ihnen das? Brandts Erzählungen!)

Wir sind den Weg gegangen, der zu mehr Zusammenarbeit und zu mehr Sicherheit führt und der den Menschen schon zugute kommt und noch mehr zugute kommen soll.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Nun zu dem, was Sie zum Schluß über die Vereinigten Staaten gesagt haben. Es tut mir wirklich leid, daß der Vertreter der großen Opposition zu diesem Gegenstand spricht, ohne sich vorbereitet zu haben. Herr Kollege Strauß, der Außenminister hat, nachdem wir aus Washington zurückgekommen sind, an alle drei Fraktionsvorsitzenden, auch an den Ihrer großen Fraktion, eine Unterrichtung über den Ertrag geschickt, nämlich über das hinaus, was wir im Bulletin — nicht als bloßes Kommuniqué, sondern als gemeinsame politische Erklärung — veröffentlicht haben. Alle drei Fraktionsvorsitzenden haben diese Unterrichtung in Händen, außerdem noch eine nicht für das Plenum bestimmte, die Berlin betrifft. Aber das andere beantwortet Dinge, von denen Sie hier so tun, als seien sie nicht oder im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten, vorgebracht worden. Ich kann darauf gar nicht eingehen, sondern muß Sie bitten, sich besser vorzubereiten, wenn Sie zu einer so wichtigen Frage hier sprechen, wie Sie das getan haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Vogel [Ennepetal] : Herr Lehrer! — Abg. Dr. Marx: Das ist eine Überheblichkeit! — Abg. Wienand: Der hatte keine Zeit, er mußte den Barzel jagen!)

Herr Kollege Strauß hat hier wieder einmal darzulegen versucht, daß er nicht nur über mehr politische Einsicht oder, wie er zum Schluß gesagt hat, Weisheit verfügt als — das ginge noch an — die eigene Regierung, sondern über mehr als diese und alle Verbündeten zusammen. Herr Strauß, dagegen spricht die Vermutung, dagegen spricht die Erfahrung. Wir bemühen uns — lassen Sie mich das ganz deutlich sagen —, in einer veränderten Weltlage die deutschen Interessen in Europa und in der Welt zu vertreten. Davon lasse ich mich auch nicht abbringen, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702915400
Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.

Hans-Günter Hoppe (FDP):
Rede ID: ID0702915500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rede des Herrn Kollegen Strauß hat deutlich erkennen lassen, warum sich die CDU/CSU- Fraktion in ihrem desolaten Zustand befindet.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Meine Damen und Herren, auch Ihr starker Beifall hat das nicht verdecken können. Die prinzipielle Ablehnung der Ost- und Deutschlandpolitik, die der Fraktion hier aufgezwungen werden soll, kann doch unmöglich zum gemeinsamen Nenner Ihrer Politik werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die Form der gewählten Argumentation ist bereits durch die Eröffnung der Ausführungen bestimmt worden. Da wird ein Popanz aufgebaut und dann draufgeschlagen. Niemand will der Opposition den Willen zum Frieden absprechen. Aber, meine Damen und Herren, den Sinn für eine realistische Politik, die dem Frieden dienen kann, den müssen wir Ihnen allerdings absprechen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Der Kollege Strauß hat sich an ein Thema herangewagt, von dem ich meine, das hätte er ganz bestimmt besser meiden sollen. Er hat nämlich von dem „Spiel" gesprochen, das mit der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972 getrieben worden ist. Hier würde ich allerdings sagen: Wenn einer damit ein Spiel getrieben hat, ein böses Spiel, dann war es die CDU/CSU dieses Hauses.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Mit dieser Entschließung sollte der Opposition der Weg zur Zustimmung zu den Moskauer Verträgen eröffnet werden. Alles haben die Regierung und die die Regierung tragenden Koalitionsfraktionen getan, um Ihnen diesen Weg begehbar zu machen. Und nachdem es zu dieser gemeinsamen Entschließung gekommen ist, sind Sie von dem Weg, der damit gemeinsam gegangen werden sollte, wieder zurückgetreten. Von dieser Haltung, die Sie damals gezeigt haben, führt der direkte Weg zu Ihrer heutigen Situation und zum Rücktritt von Herrn Barzel.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)




Hoppe
Weder in den Ausführungen des Herrn Kollegen Strauß noch in dem Ausschußbericht des Kollegen Jäger ist ein für mich unbegreiflicher Widerspruch aufgeklärt worden. Von der Opposition wird das Vertragswerk an einem Ergebnis gemessen, das doch begreiflicherweise erst durch die Anwendung der Vereinbarungen erreicht werden kann.

(Zustimmung bei der SPD.)

Eben dies will die Opposition aber verhindern. Nun muß sie mit diesem nicht zu klärenden Widerspruch auch leben.
Meine Damen und Herren, dem hier verkündeten und wiederbelebten absoluten Nein zur Ost- und Deutschlandpolitik werde ich nicht in einem Kontrastprogramm in der Art eines Jubelchors antworten. Ich werde mich bemühen, die Zustimmung meiner Fraktion zu der Politik dieser Regierung zu formulieren, zu einer Politik, die im Zeichen einer Friedenssehnsucht in der Welt so betrieben werden muß und nicht anders betrieben werden kann.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das ist eine Behauptung!)

Ich werde gleichzeitig jene Probleme, jene Schwierigkeiten, die uns beschäftigen, hier nicht verdrängen, sondern deutlich ansprechen, um damit der Bundesregierung bei der Erfüllung dieser Politik die erforderliche Unterstützung zu leihen.
Meine Damen und Herren, mit der Ratifizierung des Grundlagenvertrages und mit der Zustimmung zum Beitritt in die Vereinten Nationen wird doch ein Abschnitt deutscher Nachkriegspolitik beurkundet, über den der Wähler bereits am 19. November 1972 entschieden hat. Die damalige Bundesregierung hat diese Entscheidung bewußt gesucht; sie hat ihre Ostpolitik und insbesondere die Deutschlandpolitik mit dem paraphierten Grundlagenvertrag in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzungen gestellt und für die Fortsetzung dieser Politik um Zustimmung gebeten.
Wenn Sie so wollen, ist hier eine plebiszitäre Entscheidung gefallen. Die klare Antwort des Wählers kann dem Parlament gleichwohl nicht seine Verantwortung abnehmen.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das ist ein interessantes Wort! Sie sagten ,,plebiszitäre Entscheidung" !)

Die Beratung des Ratifizierungsgesetzes und die Abstimmung darüber ist ganz gewiß mehr als der
schematische Vollzug des bekundeten Volkswillens.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Wir haben keine plebiszitäre Demokratie, wir haben eine repräsentative!)

— Verehrter Herr Kollege, ich habe versucht, Ihnen das mit diesen Bemerkungen ausdrücklich zu bestätigen.
Und doch, so meine ich, sollte die politische Vernunft gebieten, daß wir uns bei der parlamentarischen Behandlung nunmehr auf das Wesentliche beschränken, denn die Grundpositionen aller Beteiligten sind seit langem festgefügt. Deshalb, so glaube ich, ist die CDU auf dem Holzweg, wenn sie die Auseinandersetzung über den Grundlagenvertrag jetzt so führen will, als hätte es den 19. November nicht gegeben. Sie mag sich selbst fragen, ob sie gut beraten war, die Auseinandersetzung über den Grundlagenvertrag im Wahlkampf auszuklammern. Nachdem sie es aber einmal getan hat, muß sie die Wahlentscheidung nun auch gegen sich gelten lassen.
Ich nehme damit einen Hinweis des Berichterstatters auf, denn Herr Jäger hat für die Opposition darauf hingewiesen, daß die Beratungszeit verkürzt worden sei. Ich meine, es ist absolut unergiebig, den Meinungsstreit in der Sache auch noch auf den Gang der Ausschußberatungen auszudehnen. Es soll deshalb von mir aus auch unerörtert bleiben, daß die Opposition ihren vermeintlichen Vorwurf ungebührlich verkürzter Behandlungszeit doch nur deshalb erheben kann, weil sie die angebotenen Ausweichzeiten abgelehnt hat. Ich will mich über die Gründe hier nicht verbreiten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Letzlich dürfte aber doch für jeden objektiven Betrachter feststehen, daß wir uns zu jedem beliebigen Zeitpunkt, wie viele Wochen Ausschußberatungen auch immer ins Land gegangen wären, in derselben Frontstellung des Für und Wider wie heute gegenüberstehen würden. Meine Damen und Herren, gehen wir deshalb menschlich miteinander um, verkürzen wir die Darstellung der unterschiedlichen Positionen auf das sachlich Notwendige.
Diese parlamentarischen Konsequenzen aus einer vorgegebenen politischen Entscheidung ziehen heißt doch in keiner Weise, daß der Opposition ihre Rechte geschmälert werden sollten. Im Gegenteil, die Erfahrung lehrt, daß sich bei der Ausübung der Macht nur zu leicht die Neigung zu Unduldsamkeit und Überheblichkeit einstellt. Im Interesse des demokratischen Staates und seiner Bürger kann deshalb auf eine starke parlamentarische Opposition gar nicht verzichtet werden. Das sollte allerdings andererseits auch die Bereitschaft und die Fähigkeit der Opposition voraussetzen, Meinungen und Argumente zu werten und für eine Meinungbildung offen zu sein. Eine Opposition, die nur Obstruktion treibt und ohne Alternativen bleibt, wirkt auf die Dauer steril. Einer Opposition, die sich allerdings, so scheint es mir fast zu sein, selbst umbringt, kann auch mit allem guten Willen von niemandem mehr geholfen werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Sehr gut!)

Die Debatte über den Grundlagenvertrag könnte, so meine ich, auch dadurch gewinnen, daß die in einer außerordentlich sachlichen Aussprache des Bundesrats ausgetauschten Argumente hier nicht noch einmal in extenso wiederholt werden. In der so gesehenen Begrenzung des Themas möchte ich mich deshalb auf folgende Fragen beschränken:
Erstens. Inwieweit entspricht der Vertrag den Zielvorstellungen der Bundesregierung, die sie mit den 20 Punkten von Kassel der Öffentlichkeit unterbreitet hat?



Hoppe
Zweitens. Was bedeutet der Vertrag für die Einheit der Nation?
Drittens: In welcher Weise sind die Interessen Berlins gewahrt?
Viertens. Welche Konsequenzen sind aus diesem Vertrag und auf Grund des Verhaltens des Vertragspartners für die Zukunft und insbesondere für die Folgeverträge zu ziehen?
Natürlich muß sich die Bundesregierung an jenen Vorstellungen messen lassen, die sie in den 20 Punkten von Kassel über Grundsätze und Vertragselemente für die Regelung gleichberechtigter Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR am 21. Mai 1971 durch den Bundeskanzler vorgelegt hat. Mit dem Ergebnis, so meine ich, kann sich diese Bundesregierung sehen lassen. Auf die positiven Ergebnisse hat sie bei der Begründung der Vorlagen in erster Lesung bereits zu Recht hingewiesen. Die Berichterstattung über die Beratung in den Ausschüssen hat die einzelnen Elemente noch einmal in Erinnerung gebracht. Die Fakten sprechen für sich und bedürfen keiner lobenden Kommentierung.
Zuzugeben ist, daß es der Bundesregierung nicht gelungen ist, einen Vertrag über die Beziehungen zwischen den beiden Staaten in Deutschland zu schließen, der sich sowohl auf das gemeinsame Interesse am Frieden und die Gestaltung der Zukunft als auch auf den Zusammenhalt der Nation gründet. Sie hat das oberste Ziel ihrer Politik, die auf Einheit der Nation ausgerichtet ist, nicht zum Vertragsinhalt machen können. Die Regierung der DDR hat es abgelehnt, die besondere Lage in Deutschland und der Deutschen in dem Vertrag in der Weise zu beschreiben, daß sie in zwei Staaten leben und sich dennoch als Angehörige einer Nation verstehen.
Wegen der fixen Idee von zwei deutschen Nationen, die die DDR offensichtlich zur Absicherung ihrer Abgrenzungstheorie kreiert hat, konnte die Bundesregierung ihren Standpunkt nicht im Vertrag bestätigt bekommen. Sie hat sich mit einer einseitigen Erklärung begnügen müssen. Entscheidend bleibt jedoch, daß sie damit die eigene Rechtsposition gewahrt und bei offenem Dissens die Erfüllung ihrer Vorstellung für die Zukunft offengehalten hat.
Die völkerrechtliche Wirksamkeit dieses Vorgangs wird keineswegs durch die wenig qualifizierte Erklärung beseitigt, die der Verhandlungsführer der DDR, Herr Staatssekretär Kohl, dazu vor der Presse abgegeben hat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß die Regierung der DDR die Note der Bundesregierung nicht zum Bestandteil ihres Ratifizierungsvorganges gemacht hat.
Hier setzt nun die Kritik der Opposition ein. Der Vertrag, der die Einheit der Nation wahren soll und nach der Verpflichtung des Grundgesetzes zu wahren hat, ist nach ihrer Auffassung mit der Teilung des deutschen Staates und seiner Nation erkauft worden. Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Wenn die gefundene Regelung in der angeführten
Weise auch hinter den Kasseler Punkten zurückbleibt,

(Zuruf des Abg. Dr. Mertes [Gerolstein])

so wird sie in der Kritik der Opposition doch zu Unrecht als Teilungsvertrag und Verzicht auf die Einheit der Nation gekennzeichnet. Gerade in einer für die deutsche Nation so lebenswichtigen Frage muß man mit seinen Argumenten sehr sorgsam umgehen. Auch dann, wenn man den Vertrag ablehnen will, darf man nicht mit Unterstellungen argumentieren, die dem tatsächlichen Sachverhalt und die dem Geschehen nicht angemessen sind und die eines Tages von jenen, die die Teilung der Nation um jeden Preis herbeiführen wollen, gegen den eigenen Standpunkt ins Treffen geführt werden können.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Bei Abwägung der Interessen war es in jedem Falle wichtig, den Vertrag jetzt so abzuschließen, wie er bei der augenblicklichen Haltung der DDR abgeschlossen werden konnte, und damit den Weg für eine Politik der Menschlichkeit freizumachen, in der die Einheit der Nation durch vielfältige Begegnungen praktiziert werden kann.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702915600
Herr Abgeordneter Hoppe, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Mertes?

Hans-Günter Hoppe (FDP):
Rede ID: ID0702915700
Bitte!

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702915800
Bitte, Herr Abgeordneter.
Dr. Mertes (Gerolstein) (CDU, CSU) : Herr Kollege Hoppe, haben Sie nicht bemerkt, daß die Sprecher der CDU/CSU einen sehr deutlichen Unterschied machen zwischen der Feststellung, daß der Vertrag in der Welt als Teilungsvertrag verstanden wird, und der Behauptung, die wir nicht aufstellen, daß der Vertrag ein Teilungsvertrag sei?

Hans-Günter Hoppe (FDP):
Rede ID: ID0702915900
Verehrter Herr Kollege Mertes, so wie Sie zwischen unserer Auffassung und der Meinung der Welt teilen, differenzieren Sie mir leider etwas zu stark zwischen Ihren Meinungsäußerungen hier im Plenum und draußen in der Bevölkerung unseres Landes.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dort sprechen Sie von einem Teilungsvertrag, und gerade deshalb trete ich dieser Argumentation und dieser Auffassung hier mit Nachdruck entgegen.
Die Rechtspositionen sind nicht aufgegeben worden. Da die Entwicklung im Sinne der Vertragsvorstellungen der Bundesregierung offengehalten wurde, bleibt es auch mit diesem Minus ein Gewinn, daß endlich die Grundlagen für eine Regelung geschaffen wurden, die die Verbindungen zwischen der Bevölkerung in den beiden deutschen Staaten verbessert. Schließlich hat die Politik den Menschen zu dienen, und sie darf dafür nicht dadurch untauglich werden, daß sie Prinzipienreiterei betreibt. Wir



Hoppe
haben lange genug geglaubt, Politik nach unseren Wunschvorstellungen treiben zu können. Damit haben wir uns zu lange den Weg für praktische Regelungen verbaut. Die Bundesregierung hat jetzt das gegenwärtig Mögliche erreicht und verdient dafür volle Zustimmung und Unterstützung.
Was den Streit um die Bedeutung des Vertragswerkes für die Erhaltung der Einheit der Nation angeht, scheint die Auseinandersetzung manchmal gespenstische Formen anzunehmen. Wenn ich die Dimensionen noch einmal betrachte, die der Kollege Strauß dazu ausgebreitet hat, um zu vergleichen und um zu einer negativen Antwort zu gelangen, dann kann ich nur bedauern, in welcher Weise wir diese so wichtige und so zentrale Position der Politik selbst abwerten.
Wer die im Hinblick auf das Viermächteabkommen über Berlin eingeräumten Besuchsmöglichkeiten schon zu Ostern und Pfingsten genutzt hat und dabei die gewonnenen Eindrücke aus zahlreichen Begegnungen auf sich hat wirken lassen, dem kann nicht verborgen geblieben sein, welch unmittelbares Bedürfnis nach persönlicher Bestätigung aller Beziehungen besteht, die ein Volk mit gemeinsamer Sprache und Geschichte verbindet. Verwandte, Freunde und Fremde haben doch in vielfältiger Weise den Willen bezeugt, sich auch durch eine noch so verbohrte Abgrenzungsideologie nicht das Gefühl für die Zusammengehörigkeit einer Nation austreiben zu lassen. Vor diesem Hintergrund nehmen sich die Zweifel an dem Sinn der Entspannungspolitik dieser Regierung, die sich mit Nachdruck um eine Normalisierung ihrer Beziehungen auch zur DDR bemüht, blutleer und wirklichkeitsfremd aus.
Für die von der Außenwelt weitgehend abgesperrte Bevölkerung der DDR wird das Gespräch mit dem Besucher aus der Bundesrepublik zu einem wahren Lebenselixier. Dies beschränkt sich keineswegs auf die Generation, deren kritische Einstellung und Erfahrung aus Erinnerungen gespeist wird, sondern es gilt mindestens in gleicher Weise für die heranwachsende Jugend, die zwar die Exerzitien des Marxismus-Leninismus vorzüglich beherrscht, aber die deshalb um so deutlicher den bedrückenden Kontrast zwischen Theorie und Praxis empfindet. Sie alle stehen in einer kritischen Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer Umwelt.
Wenn wir die dabei erforderliche Hilfestellung nicht Funk und Fernsehen allein überlassen wollen, dann ist jeder einzelne von uns aufgefordert, die DDR als Reise- und Besuchsland zu entdecken. Wir werden nicht eine so eruptive Welle noch einmal erleben, wie wir sie 1963 bei der Begegnung der Menschen in der geteilten Stadt Berlin zu verzeichnen hatten. Damit braucht niemand zu rechnen. Andererseits sollten wir uns aber auch davor hüten, den sich entwickelnden Reise- und Gedankenaustausch von hüben nach drüben auf ein Rinnsal herabzudiskutieren. Es bleibt zu hoffen, daß sich nach der Ratifizierung des Grundlagenvertrags ein Maß an Kontakten und Begegnungen entwickelt, das kraftvoll genug ist, die Einheit der Nation lebendig zu erhalten.
Folgerichtig wird hier vollendet, was 1963 von dem jetzigen Bundeskanzler als damaligem Regierungschef des Senats von Berlin mit der Politik der kleinen Schritte begonnen wurde. Die CDU hat damals die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Die Passierscheinregelungen wurden zunächst gegen den erklärten Willen der CDU vereinbart und dann mit ihrer nörgelnden Zustimmung und Duldung durchgeführt. Seither ist die CDU aus dem Tritt geraten, und bis heute hat si nicht wieder Schritt gefaßt, nein, heute ist sie sogar endgültig ins Schleudern geraten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Nicht daß die Regierung und die Regierungsparteien darüber untröstlich sein müßten. Das ganz gewiß nicht. Aber für die Durchsetzung dieser Politik — und sie wird uns im Hinblick auf die Folgeverträge noch lange und häufig beschäftigen — wäre es besser, wenn wir alle von einer gemeinsamen Grundhaltung ausgehen könnten.

(Abg. Dr. Heck: Das hätte man früher machen sollen!)

Die Einbeziehung Berlins in das Vertragswerk hätte man sich anders vorstellen können. Es ist sicher nicht vermessen, zu sagen, daß zwingendere Lösungen denkbar sind. Auch der Hinweis der Bundesregierung auf die Vorbehaltsrechte der Alliierten und den Text des Viermächteabkommens vermag diesen Eindruck nicht zu beseitigen. Ein Vergleich mit den Übernahmeformeln für internationale Verträge zeigt, daß die Bindung für die Folgeverträge sehr wohl mit der Respektierung der alliierten Entscheidungskompetenzen zu vereinbaren gewesen wäre. Allerdings räumt die verpflichtende Erklärung der Bundesregierung, daß sie mit der DDR keine Folgeverträge ohne Einbeziehung Berlins — sofern die Alliierten dem zustimmen — schließen wird, die möglichen Bedenken aus. Das gegebene Wort der Bundesregierung läßt Zweifel in dieser Frage jetzt nicht mehr zu.
Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß die Vertretung Berlins in der UNO nach Inhalt und Form in zufriedenstellender Weise geregelt werden konnte. Es bleibt abzuwarten, ob die Reihe negativer Erfahrungen, die im Verhalten der DDR und der Sowjetunion in bezug auf Berlin zu verzeichnen waren, damit nun ein Ende nimmt. Schließlich sollten der Moskauer Vertrag und das damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Viermächteabkommen über Berlin nicht nur die Sicherung Berlins erreichen, sondern selbstverständlich auch die internationale Repräsentation Berlins durch die Bundesregierung durchsetzen, ausgenommen natürlich in Sicherheits- und Statusfragen.
Zur Zeit ist leider festzustellen, daß auf dem Felde der internationalen Beziehungen die im Viermächteabkommen anerkannte Zuordnung Berlins zur Bundesrepublik partiell wieder bestritten wird. In wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Angelegenheiten sieht es ganz so aus, als solle die Dreistaatentheorie wieder Urständ feiern. Es wäre auch nicht gut und dem Ansehen der Bundesregierung nicht bekömmlich, wenn diese Auseinanderset-



Hoppe
zungen den unmittelbar Betroffenen aufgebürdet würden, mögen es Industrie- oder Sportverbände sein.
Bei der Sowjetunion als der maßgebenden Führungsmacht des Ostblocks ist hier eine Änderung der bisherigen Haltung dringend geboten.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Sehr richtig!)

Erst ein Einlenken der Sowjetunion kann die bislang immer noch bestehende Diskriminierung Berlins in den internationalen Beziehungen zum Ostblock beseitigen. Gerade das aber war nach den Vorstellungen der Bundesregierung und doch wohl auch der sowjetischen Regierung ein wichtiger Punkt des Viermächteabkommens. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Vertragspartnern kann aber nur dann entstehen, wenn sie sich entsprechend den Vertragsabsichten und Vertragserwartungen verhalten.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Sehr richtig!)

Die jüngsten Vorgänge bei der sowjetischen Handels- und Industrieausstellung in Berlin sind ganz bestimmt nicht geeignet, den Prozeß vertrauensvoller Zusammenarbeit zu fördern.
Das seltsame Gebaren der Sowjets in und um Berlin wie auch ihre Weigerung, Berlin in die technischen und wissenschaftlichen Kooperationsverträge einzubeziehen, könnte allenfalls noch als besonderer Regieeinfall im Hinblick auf den Besuch ihres Parteichefs in Bonn verstanden werden. Vielleicht soll ihm Gelegenheit verschafft werden, mit großer Geste alle Schwierigkeiten vom Tisch zu wischen.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Herr Kollege, verstehen Sie dann unsere Sorge wegen des UNO-Beitritts?)

Meine Damen und Herren, die Sowjetunion, die DDR und die übrigen Länder des Ostblocks müssen jedenfalls erkennen, daß es in dieser Frage für die Bundesregierung keinen Handlungsspielraum gibt.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein]: So ist es!)

Streitfragen der Vergangenheit sind mit dem Viermächteabkommen entschieden worden. Alle Beteiligten täten gut daran, hier nicht länger ihr Betätigungsfeld für diplomatische Eröffnungspartien bei den jeweiligen Verhandlungen zu suchen. Dies dem sowjetischen Parteichef bei seinem bevorstehenden Besuch in Bonn klarzumachen, dürfte auch dann eine sinnvolle Aufgabe der Bundesregierung sein, wenn die sowjetische Führungsspitze dieses Thema unter Hinweis auf die Viermächteverantwortung gern unerörtert lassen möchte.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Absolut richtig!)

Erst eine Kurskorrektur kann die Sowjetunion zu einer guten, partnerschaftlichen Beziehung zur Bundesrepublik bringen. Für Leonid Breschnew könnte dies dann bedeuten, daß er zu einem allseits gern gesehenen Besucher der Bundesrepublik avancieren würde.
Zugleich würde dies jene Signalwirkung ausüben, die nötig ist, um die gegenwärtig noch bestehenden
Hemmnisse und Schwierigkeiten im Verhältnis zu den übrigen Ostblockstaaten abzubauen. Dabei wird die DDR allerdings noch eine Sonderrolle spielen und störrisches Selbstbewußtsein zeigen. In der Phase des Nebeneinander der beiden deutschen Staaten wird Berlin dies besonders spüren. Trotz der gewonnenen Sicherheit durch das Viermächteabkommen werden sich in den nächsten Jahren positive Entwicklungstendenzen nur zögernd durchsetzen lassen.
Die DDR wird eifersüchtig darauf achten, daß West-Berlin von der Entspannung in Europa erst dann einen Gewinn hat, wenn Ost-Berlin zuvor sein Prestigebedürfnis gedeckt hat. Bis dahin wird das Veto Ost-Berlins die Entwicklung des freien Teils der Stadt immer wieder zu stoppen versuchen. Die Bundesregierung sollte deshalb ihre Förderungsmaßnahmen für Berlin gegenwärtig nicht in Zweifel ziehen. Mit einem alten Erfolgsrezept möchte ich hier den dringenden Rat geben: Keine Experimente!
Meine Damen und Herren, wenn es über die Bedeutung der menschlichen Kontakte als Mittel der Politik der Bundesregierung bei uns noch unterschiedliche Auffassungen geben mag, ist demgegenüber eindeutig festzustellen, daß die Regierung der DDR darüber keine Zweifel hat. Wie anders wäre es sonst zu erklären, daß sie sich in mannigfacher Weise bemüht, die Zahl dieser Begegnungen einzugrenzen? Sie weiß um die Kraft des freien Wortes und die Macht des unkontrollierten Gedankenaustauschs.
Nicht von ungefähr haben die Regierung der DDR und die Regierung der Sowjetunion vor Abschluß des Grundlagenvertrages wie auch des Viermächteabkommens sorgenvoll gefragt, ob sie die damit verbundenen Risiken eingehen können. Erst nach einem politischen Nachhilfeunterricht aus Moskau hat sich die DDR-Regierung dazu durchgerungen, diesen Weg mitzugehen. Verständlich also, daß sie immer wieder fürchtet, die absolute Kontrolle über ihre Staatsbürger zu verlieren.
Verständnis dafür zu bekunden heißt aber noch lange nicht Praktiken gutheißen, die zur Umgehung oder zur Aushöhlung abgeschlossener Verträge führen.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Nicht einmal hinnehmen!)

Es fällt der DDR, die sich großsprecherisch mit dem Weltniveau in allen Bereichen brüstet, offenbar verteufelt schwer, schlichte Verpflichtungen zu erfüllen. Seit Abschluß des Grundlagenvertrages ist die Bevölkerung der DDR vermehrt einem staatlichen Druck ausgesetzt. Mit administrativen Maßnahmen wird Teilen der Bevölkerung die Möglichkeit genommen, Besuche zu empfangen. Einem anderen Teil werden nachteilige Folgen für den Fall in Aussicht gestellt, daß er Besuche einladen sollte.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Es ist bedrückend, aber auch lächerlich zugleich, mit ansehen zu müssen, wie mehr und mehr Einrichtungen bis hin zu völlig unbedeutenden Betrieben mit dem Stempel „geheim" versehen werden und



Hoppe
wie die Mitarbeiter in diesen Betrieben dadurch krampfhaft zu Geheimnisträgern deklariert werden, denen jeder Westkontakt von vornherein untersagt ist.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Ist das nicht indirekter Vertragsbruch?)

Diese Form einer Vertragserfüllung auf dem geringsten Nenner darf die Bundesregierung nicht durchgehen lassen.

(Beifall.)

Die DDR drängt als zweiter deutscher Staat auf gleichberechtigte Behandlung auf der internationalen Ebene. Sie muß sich dann auch mit den Grundsätzen des Völkerrechts messen lassen.

(Beifall.)

In schlechter Erinnerung ist auch die grobe Vertragsverletzung der DDR in bezug auf die vereinbarten Arbeitsmöglichkeiten der Journalisten. Wenn die vereinbarte Rechtslage jeweils einseitig nach Vorstellungen der DDR zum Nachteil der Betroffenen abgeändert werden kann und somit Vertragsinhalte willkürlich zu verändern sind, dann werden die Vereinbarungen selbst fragwürdig. Was hier geschehen ist und diesmal nach Konsultationen durch die Zusage rechtsverträglicher Handhabung korrigiert scheint, darf sich in Zukunft nicht wiederholen.
Schließlich hat der Beginn der Verhandlungen über Sportbeziehungen gezeigt, daß die DDR noch weit davon entfernt scheint, den Status Berlins so zu akzeptieren, wie er nach unser aller Auffassung im Viermächteabkommen vom 3. Juli 1972 eindeutig festgelegt ist. Sie hat auch jener Absichtserklärung zuwidergehandelt, die der Grundlagenvertrag für die Einbeziehung Berlins in künftige Vereinbarungen enthält. Das ist nicht die Art, in der Vertragsparteien üblicherweise miteinander umzugehen haben. Nach den langen Jahren der Konfrontation ist es aber wohl tatsächlich noch nicht zu erwarten, daß der Grundsatz von Treu und Glauben schon jetzt das Verhalten der Beteiligten bestimmen kann. Verstehen wir das befremdliche Verhalten deshalb als Nachhutgefecht, und deuten wir es als den politischen Beitrag der DDR innerhalb des Ostblocks bei den Auseinandersetzungen um die Sonderstellung Berlins.
Es ist allerdings mehr als ärgerlich, wenn dies mit einem instinktlosen Verhalten bei uns selbst einhergeht. Was sich an den Fahrkartenschaltern der Bundesbahn für Reisen nach Berlin abgespielt hat, zeigt ein Maß von Ignoranz, das wir uns in der politischen Auseinandersetzung mit dem Ostblock nicht mehr leisten sollten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Jetzt und künftig werden wir die Kommunisten nicht als fördernde Mitglieder unseres parlamentarischen Systems und unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung betrachten können. Die aufgeführten Beispiele stehen deshalb nicht für Ausnahmen oder Pannen. Sie sind Ausdruck des kommunistischen Herrschaftsanspruchs und des systemimmanenten Zwanges zu absoluter Kontrolle und Parteihörigkeit. In der Begegnung mit der Welt der Bundesrepublik wird die DDR deshalb keine Skrupel empfinden, Möglichkeiten aufzuspüren und auszunutzen, den eigenen Herrschaftsbereich abzuschirmen und sich in unseren einzumischen.
Dem ist die Bundesregierung bisher mit Erfolg entgegengetreten, und sie wird den Winkelzügen der anderen Seite auch künftig Paroli zu bieten haben. Die bisherigen Erfahrungen werden — dessen bin ich überzeugt — ihr dabei ein guter Ratgeber sein. Es wäre allerdings wünschenswert, wenn sich die Bundesregierung bei ihren Bemühungen der Unterstützung aller Fraktionen dieses Hauses gewiß sein dürfte.
Mit der Ratifizierung des Grundlagenvertrages und dem Beitritt der beiden deutschen Staaten in die Vereinten Nationen leisten wir im Zusammenhang mit den Verträgen von Moskau und Warschau und, wie wir hoffen, bald auch mit Prag unseren Beitrag zur Wiedergewinnung des Friedens in Europa. Dies ist ein Beitrag, den viele in der Welt und nicht zuletzt auch unsere Verbündeten als längst überfällig empfunden haben. Es hat aber schließlich schmerzlicher Einsichten bedurft, um zu erkennen, daß ein Interregnum zweier Staaten in Deutschland hingenommen werden muß. Auch das Bekenntnis zum Gewaltverzicht und zur Aussöhnung konnte nur dadurch glaubwürdig werden, daß wir uns dazu verstanden haben, keine Ansprüche mehr auf das Gebiet jenseits von Oder und Neiße geltend zu machen.
Ein Kanzler der Bundesrepublik hat vor einigen Jahren schon einmal davon gesprochen, daß die Nachkriegsepoche beendet sei. Ich will mit dem verehrten Herrn Kollegen Erhard in dieser Frage keinen Streit beginnen. Dennoch möchte ich diese Kennzeichnung für den jetzigen Abschnitt der deutschen Politik gebrauchen. Erst mit der Ratifizierung des Grundlagenvertrages und mit dem UNO-Beitritt kann nach meiner Überzeugung das Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte als abgeschlossen betrachtet werden.
Die staatliche Einheit der Nation wiederzuerlangen, bleibt die Aufgabe der Zukunft. Die Chance dazu hat das Vertragswerk bewahrt. Ob sie von unserer oder einer späteren Generation genutzt werden kann, vermag ich ebensowenig zu sagen wie die Kritiker dieser Politik. Es wird notwendig sein, die Möglichkeiten einer solchen Entwicklung durch tägliche Anstrengungen zu bewahren und zu mehren. Es wäre gut, wenn wir uns dazu etwas mehr auf das Gemeinsame besinnen könnten. Dies setzt allerdings den ernsten Willen zur Zusammenarbeit auf allen Seiten dieses Hauses voraus, und dahin gehende Angebote müssen mehr als nur taktische Manöver sein.
Meine Damen und Herren, die Fraktion der Freien Demokraten wird dem Entwurf eines Gesetzes zur Ratifizierung des Grundlagenvertrags und dem Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt zu den Vereinten Nationen in der Überzeugung zustimmen, damit den Menschen in den beiden Staaten in



Hoppe
Deutschland und zugleich dem Frieden in der Welt gedient zu haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702916000
Das Wort hat Herr Abgeordneter Metzger.

Günther Metzger (SPD):
Rede ID: ID0702916100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre reizvoll, die Frage zu untersuchen, für wen heute Herr Strauß hier gesprochen hat, für die CSU, für die CDU, für beide Fraktionen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir sind eine Fraktion!)

für seine eigenen Anhänger, für die Anhänger des Oppositionsführers a. D., für die Gegner oder für die Befürworter des UNO-Beitritts.

(Zuruf des Abg. Reddemann.)

Auf jeden Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, hat sich Herr Strauß mit dieser Rede nicht als der neue, große Führer der Opposition qualifiziert.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Wir sind der Auffassung, daß es — ich glaube, das sollte gerade im Zusammenhang mit dieser Debatte deutlich gesagt werden — eine schlechte und auch eine gefährliche Sache ist, wenn eine Opposition führungslos geworden ist. Über diese Tatsache empfinden wir keine Schadenfreude, weil wir der Meinung sind, daß eine parlamentarische Demokratie nur dann funktionieren kann, wenn wir auch eine funktionsfähige Opposition haben. Eine Opposition kann aber dann nicht mehr ihre Aufgabe ordnungsgemäß wahrnehmen und erfüllen, wenn sie ihre persönlichen Auseinandersetzungen und ihre persönlichen Querelen mit grundlegenden und für die Interessen unseres Volkes und der gesamten Nation wichtigen Fragen, wie dem Beitritt zur UNO, verbindet und diese Fragen damit belastet.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Darüber können auch, Herr Kollege Strauß, verbale Kraftakte, die Sie Herrn Wehner vorgeworfen haben, und auch Polemiken und abgedroschene Leerformeln wie wir sie heute wieder von Ihnen gehört haben, nicht hinwegtäuschen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Oder aber die Scheinheiligkeit!)

Mit dieser Rede hat Herr Strauß nicht nur seiner eigenen, sondern auch derjenigen Partei, in der er im Begriff ist, die Macht zu ergreifen, und der Bundesrepublik Deutschland einen schlechten Dienst erwiesen.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Nach dieser Rede des Herrn Strauß muß man sich die Frage vorlegen, wo denn die Alternative der Opposition zu der Deutschland- und Ostpolitik der Bundesregierung ist, wo denn die Vorschläge sind, wo denn die Angebote sind, in denen die Forderungen, die Herr Strauß heute wieder in der Debatte aufgestellt hat, verwirklicht werden können. Wenn Herr Strauß davon gesprochen hat, daß all das, was die sozialliberale Koalition mit ihrer Deutschland- und Ostpolitik in den letzten zwei Jahren, gerade auch an menschlichen Erleichterungen, erreicht hat, von der Opposition schon vor vielen Jahren hätte erreicht werden können, dann empfinde ich das als Zynismus gegenüber den Menschen, die davon betroffen sind.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Herr Kollege Strauß hat von den Vorgängen um den Moskauer und den Warschauer Vertrag gesprochen und hat diese Vorgänge noch einmal beleuchtet. Aber gerade wenn wir uns diese Vorgänge um den Warschauer und den Moskauer Vertrag noch einmal vor Augen führen, müssen wir feststellen, daß weder damals noch heute die Opposition eine klare und eindeutige Politik verfolgt hat.

(Abg. Rommerskirchen: Damals, als Sie Opposition waren, sicher nicht!)

Damals sprachen Sie vom „Jetzt nicht", damals sprachen Sie vom „So nicht" und damals sprachen Sie vom „Überhaupt nicht". Die Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU wissen doch am besten, welche Rolle Herr Strauß damals in den Auseinandersetzungen in seiner Fraktion um die Verträge von Warschau und Moskau gespielt hat.

(Hört! Hört! bei der SPD. — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)

Die Resolution vom 17. Mai 1972, Herr Kollege Strauß, von der Sie — —

(Abg. Strauß: Reden Sie doch mal zum Thema!)

— Entschuldigen Sie bitte, das gehört genauso zum Thema wie das, was Sie hier gesagt haben. Sie haben doch das Thema Moskauer und Warschauer Vertrag hier angeschnitten. Ich gehe darauf ein, ob Ihnen das paßt oder nicht. —

(Beifall bei der SPD.)

Sie haben von der Resolution vom 17. Mai 1972 gesprochen. Auf Grund dieser Resolution, die von allen Parteien im Bundestag gemeinsam ausgearbeitet worden ist, wollten Sie diesen Verträgen zunächst zustimmen. Dann aber haben Sie die Verträge gleichwohl abgelehnt und schließlich Ihre Fraktion zur Stimmenthaltung und damit zur Flucht aus der Verantwortung in dieser Frage gezwungen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Strauß: Und dann sind wir hintergangen worden!)

Ich bin der Meinung, Herr Strauß, Sie sind am wenigsten geeignet, sich hier als Sachwalter deutscher Interessen aufzuspielen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Strauß.)

Es gibt eben Leute, auch hier im Bundestag, die sich nicht damit abfinden können, daß die Deutsch-



Metzger
land- und Ostpolitik früherer Bundesregierungen, die sie 20 Jahre verfolgt haben,

(Abg. Rommerskirchen: Wir zusammen!)

gescheitert ist. Wir wissen heute — Herr Kollege Pfeffermann, das gilt auch für Sie —, daß die Politik der Stärke, die 20 Jahre in diesem Haus vertreten worden ist, die Wiedervereinigung nicht nur nicht erreicht hat, sondern daß wir im Zeitpunkt der Übernahme der Regierung durch die sozialliberale Koalition von diesem Ziel ferner waren denn je.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Becher [Pullach] : Jetzt machen Sie eine Politik der Schwäche!)

Die Isolierung in der Welt, in der Sie sich mit Ihrer Auffassung befinden, haben Leute wie Herr Barzel und auch Herr Carstens, die jetzt in Amerika waren, wieder deutlich zu spüren bekommen.

(Abg. Dr. Carstens [Fehmarn] : Das behaupten Sie! Das stimmt nicht!)

— Herr Kollege Carstens, Sie haben vor zwei Stunden in Ihrem Bericht davon gesprochen, daß es im Zusammenhang mit dem UNO-Beitritt gute Gründe für beide Positionen in Ihrer Fraktion gibt. Dann muß man die Frage stellen, welcher dieser beiden guten Gründe denn nun den Ausschlag gegeben hat, den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU zum Rücktritt zu bringen.

(Beifall bei der SPD.)

Sie haben auch darauf hingewiesen, Herr Carstens, daß der UNO-Vertrag ein guter und hervorragender Vertrag ist. Warum konnten Sie dann in Ihrer Fraktion keine Mehrheit für die Zustimmung der Bundesrepublik zu diesem Vertrag finden? Wollen wir uns denn in dieser Frage, auch in dieser Frage weiterhin das Gesetz des Handelns durch die andere Seite, durch die DDR aufzwingen lassen?

(Abg. Dr. Marx: Haben Sie „auch in dieser Frage" gesagt?)

Wollen wir denn die internationale Entwicklung, wie wir es 20 Jahre getan haben, immer vorauseilen lassen? Wollen wir dieser internationalen Entwicklung immer wieder hinterherlaufen? Das ist doch eine ganz entscheidende Frage.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702916200
Herr Abgeordneter Metzger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Marx?

Günther Metzger (SPD):
Rede ID: ID0702916300
Bitte.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0702916400
Herr Kollege Metzger, würden Sie uns bitte sagen: Wie haben Sie das eben gemeint, als Sie die Frage stellten, ob wir uns auch in dieser Frage unter den Druck der anderen Seite setzen lassen wollen?

Günther Metzger (SPD):
Rede ID: ID0702916500
Ich habe das so gemeint, wie ich das gesagt habe, Herr Kollege Marx.

(Abg. Dr. Marx: Danke sehr!)

Ich habe hier einen Beitrag aus der „Segeberger Zeitung" vom 28. April: „Ja zum UNO-Beitritt, nein zum Grundvertrag". In dieser Zeitung hat Herr Carstens — ein wörtliches Zitat — ausgeführt:
Daran kann es keinen Zweifel geben — und dies steht auch nicht im Widerspruch zu unserer ablehnenden Haltung zum Grundvertrag —, daß die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag für einen Beitritt der Bundesrepublik zur UNO stimmen wird.
Ich frage also: Warum hat denn die CDU/CSU — in Ihrer Mehrheit zumindest — diese Prognose nicht erfüllt, die Sie noch vor wenigen Tagen gegeben haben?

(Beifall bei der SPD.)

Es gibt Leute, die können sich — ich sage das nach den Ausführungen des Herrn Strauß heute nachmittag ganz bewußt — auch mit der Politik der Entspannung, des Ausgleichs und der Verständigung mit unseren Nachbarn im Osten nicht abfinden, weil sie befürchten, daß damit ihre eigene Macht und ihr eigener politischer Einfluß gefährdet werden. Das hat nichts mit moralischen Wertungen zu tun, sondern das ist eine Frage handfester machtpolitischer Interessen.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Wir sind der Überzeugung, daß die zweite Beratung und Schlußabstimmung über das Gesetz zu dem Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR und über das Gesetz zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen eine Epoche deutscher Geschichte beenden wird, die gekennzeichnet war durch eine Vertiefung der Spaltung Deutschlands, durch eine Zunahme der Konfrontationen und der Feindseligkeiten zwischen beiden deutschen Staaten und nicht zuletzt durch die Trennung und ein zunehmendes Auseinanderleben der Menschen in der Bundesrepublik und der DDR.
In dieser Zeit, in dieser Epoche waren Gespräche, Verhandlungen und vertragliche Vereinbarungen zwischen den Regierungen der beiden deutschen Staaten über alle Fragen, die mit dem Zusammenleben der Menschen in den beiden Staaten und mit der Regelung zwischenstaatlicher Probleme zusammenhängen, ausgeschlossen. Die heutige Opposition hat in diesen zwanzig Jahren, in denen Sie die Richtlinien der Politik bestimmte, auch gar nicht den Versuch dazu unternommen, weil solche Gespräche und Verhandlungen nicht in Ihr Konzept gepaßt hätten.
Diese historischen Tatsachen müssen wir uns immer wieder vor Augen führen, wenn wir die heutige politische und auch rechtliche Situation in der Bundesrepublik und in der DDR und das Verhältnis beider Staaten zueinander würdigen und richtig einschätzen wollen. Diese Entwicklung und die Ergebnisse dieser Entwicklung müssen wir — ob sie uns passen oder nicht — zum Ausgang unserer heutigen Überlegungen und auch zum Ausgang unserer heutigen Entscheidungen machen.
Wir müssen — auch das sollte klar und unmißverständlich gesagt werden — Illusionen verab-
Deutscher Bundestag— 7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1467
Metzger
schieden, die bei uns in der Bundesrepublik viel zu lange gepflegt wurden. Es war für uns alle eine bittere Erkenntnis — sie list von den Sozialdemokraten schon früh vorausgesagt worden; Teile der Opposition wollen sie heute immer noch nicht wahrhaben —, festzustellen, daß die Bundesregierungen in den ersten vier Wahlperioden des Deutschen Bundestages das erklärte Ziel ihrer Politik nicht erreichen konnten, die Spaltung unseres Volkes zu überwinden, die Wiedervereinigung zu erreichen und die nationale Einheit zu sichern. Wir wehren uns deshalb mit Entschiedenheit dagegen, ,daß man heute in der Diskussion um den Grundlagenvertrag und um den UNO-Beitritt immer wieder den Eindruck zu erwecken versucht, als sei die heutige Bundesregierung, als sei die heutige Regierungskoalition für die Entwicklung der letzten 25 Jahre verantwortlich, als hätten Bundesregierung und Koalition diesen Zustand, in dem wir uns heute in Deutschland und Europa befinden, durch die Gespräche und Verhandlungen der letzten drei Jahre und durch den Abschluß der Verträge — auch derjenigen, über die wir morgen oder übermorgen abstimmen werden — überhaupt erst geschaffen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir standen und stehen vor der Alternative, die für uns keine Alternative mehr ist, die Politik der Konfrontation und des Gegeneinander fortzusetzen — mit allen Nachteilen für die Menschen hier und drüben — oder den Versuch zu unternehmen, zu einem Ausgleich, zu einer Verständigung und zu einem geregelten Nebeneinander zu kommen.
Wir können lange darüber diskutieren, streiten und rechten — wir haben das auch im Rechtsausschuß und in den anderen Ausschüssen getan —, ob und welche Formulierungen in diesem Vertragswerk hätten anders, vielleicht auch besser und eindeutiger sein können. Wir wissen auch, daß diese Regelungen, über die wir morgen oder übermorgen abstimmen werden, nicht allumfassend und nicht abschließend sind. Wir haben auch nie einen Zweifel daran gelassen, daß wir eine Politik der kleinen Schritte verfolgen. Wir befinden uns am Anfang eines langen und beschwerlichen Weges, auf dem es zweifellos Hindernisse und Schwierigkeiten, auf dem es auch Rückschläge geben wird, wie wir sie gerade in den letzten Wochen und Monaten erlebt haben. Niemand von uns ist so vermessen zu behaupten, daß wir am Ende dieses Weges alle unsere Ziele erreichen können.
Dieser Grundvertrag beseitigt auch nicht — auch darüber sind wir uns im klaren — den Stacheldrahtzaun und die Minenfelder, die — auch das sollte am Rande noch einmal erwähnt werden, weil hier immer wieder ein falscher Eindruck erweckt wird —nicht in der Regierungszeit der sozialliberalen Koalition geschaffen wurden.

(Abg. Dr. Becher [Pullach] : Sind wir daran schuld?)

Wir werden uns aber darum bemühen und werden immer wieder darauf drängen, daß der Schießbefehl aufgehoben und die Schußanlagen an der Grenze beseitigt werden.
Wir sind uns auch darüber im klaren, daß es nach der Ratifikation dieses Grundvertrages kein Idyll der deutschen Nachbarschaft geben wird, Die Koexistenz so grundverschiedener Gesellschafts- und Staatssysteme ist schwierig, und sie wird nicht dadurch einfacher, daß es hier in der Bundesrepublik und auch drüben in der DDR immer wieder Kräfte gibt, die diese Gegensätze zur Fortsetzung der Politik der totalen Abriegelung benutzen möchten.

(Abg. Dr. Becher [Pullach] : Vor allem wird die Koexistenz von der sowjetischen Seite offensiv ausgelegt!)

Von unserer Seite wird die Auseinandersetzung offensiv ausgetragen; das ist genau richtig. Wir müssen endlich einen Anfang machen, um vorwärtskommen zu können! Die sich aus dem Abschluß der Verträge von Moskau und Warschau, aus dem Abschluß des Viermächteabkommens über Berlin und aus dem Abschluß des Verkehrsvertrages ergebenden Entwicklungen und auch Erfolge allein auf dem Gebiet der menschlichen Erleichterungen bestätigen die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges. Wir sollten einmal ehrlich sein: wer von uns hätte diese positive Entwicklung vor zwei oder drei Jahren für möglich gehalten, die heute von den Menschen in der Bundesrepublik und in der DDR erkannt und anerkannt wird.
Herr Kollege Hoppe hat bereits darauf hingewiesen, daß diese Politik von den Wählern am 19. November mit großer Mehrheit bestätigt wurde.
Wir stimmen auch Bundeskanzler Willy Brandt zu, wenn er immer wieder sagt, daß eine Politik der kleinen Schritte besser ist und für die Menschen mehr bringt als eine Politik großer und grundsätzlicher Erklärungen und Deklamationen, die vielleicht formelle Rechtspositionen bekräftigen, die aber von der internationalen Rechtsgemeinschaft nicht mehr anerkannt werden oder zu deren Durchsetzung jede Voraussetzung fehlt.
Wir wissen auch, daß es sich bei den Vereinbarungen im Grundlagenvertrag nicht um Optimal- oder Maximallösungen oder — ich will es noch bescheidener sagen — Optimal- oder Maximalregelungen handeln kann. Ich will jetzt nicht darüber philosophieren, ob es im menschlichen Zusammenleben überhaupt solche Optimal- oder Maximallösungen gibt. Gerade diejenigen, die in der praktischen Politik tätig sind — das gilt für die Regierung genauso wie für die Opposition — sollten hier keine Illusionen haben. Nicht ohne Grund warnen wir in der politischen Auseinandersetzung immer wieder Schwärmer und Weltverbesserer, die eine Politik des Alles oder Nichts fordern oder betreiben. Was aber für den innen- oder gesellschaftspolitischen Bereich gilt, muß in gleicher Weise auch für die Außenpolitik gelten.
Jeder Bürger in diesem Staat weiß, daß unterschiedliche Interessen, sei es im politischen, wirtschaftlichen oder auch im familiären Bereich, nur durch gegenseitiges Nachgeben und durch Kompromisse überwunden und ausgeglichen werden können. Dazu müssen Gespräche und Verhandlungen geführt werden. Die Ergebnisse dieser Gespräche



Metzger
und Verhandlungen werden in Verträgen festgehalten.
Natürlich ist es einfach — wie es hier von der Opposition immer wieder geschieht —, Forderungen zu erheben. Ich frage aber die Opposition, warum sie diese Forderungen nicht in ihrer Regierungszeit — 20 Jahre standen ihr zur Verfügung — verwirklicht hat.
Verträge kommen nur dann zustande — auch das wissen wir aus unserem privaten Bereich —, wenn beide Vertragspartner zum Nachgeben bereit sind. Leistung und Gegenleistung, Geben und Nehmen sind die Merkmale solcher Vereinbarungen. Dort, wo ein Vertragspartner seine Interessen einseitig und ohne Rücksicht auf die Interessen des anderen Vertragspartners durchsetzt, handelt es sich nicht mehr um einen frei ausgehandelten Vertrag, sondern um ein Diktat auf der einen und um eine Unterwerfung auf der anderen Seite. Das gilt auch für internationale Verträge.
Wir können feststellen, daß bereits nach der Paraphierung des Grundvertrages — trotz restriktiver Maßnahmen der DDR-Behörden und der in zahlreichen Fällen aufgetretenen Schwierigkeiten — Verbesserungen im Reiseverkehr, in der Familienzusammenführung, im Post- und Fernmeldewesen und auf vielen anderen Gebieten erreicht werden konnten, obwohl der Vertrag erst nach der Ratifizierung Rechtsverbindlichkeit erlangen wird.
Unabhängig von den Meinungsverschiedenheiten, die auch nach der Ratifizierung des Vertrages auftreten und nicht ausgeschlossen werden können, werden wir uns korrekt an das halten, was wir vertraglich vereinbart haben. Aber wir werden auch mit Nachdruck darauf bestehen, daß unser Vertragspartner dem nachkommt, was er zu erfüllen übernommen hat. Dabei sollten wir nicht — wie das die Opposition in den Ausschußsitzungen immer wieder getan hat — die Vertragsbestimmungen restriktiv und kleinlich auslegen. Wir sollten, wie das der Vizepräsident des Bundes der Mitteldeutschen, Werner Bader, auf der Tagung seines Verbandes am Wochenende in Frankfurt mit Recht gefordert hat, keine minimale, sondern eine maximale Interpretation des Vertrages vornehmen und ihn mit Leben erfüllen.
Die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist überzeugt davon, daß der Grundlagenvertrag und seine Zusatzprotokolle ebensowenig gegen das Grundgesetz und die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland verstoßen wie der Beitritt zur Charta der Vereinten Nationen, und daß diese Vertragswerke weder die Wiedervereinigung Deutschlands zusätzlich erschweren oder ausschließen noch die Einheit der Nation in Frage stellen. Zu dieser Überzeugung sind wir nicht nur auf Grund eigener Prüfungen und Erkenntnisse und auf Grund eingehender Beratungen im Rechtsausschuß gekommen, sondern auch auf Grund gutachtlicher Stellungnahmen angesehener und anerkannter Staats- und Völkerrechtler.
Es ist immer ein zweifelhaftes und oft auch wenig taugliches Unterfangen, bei politischen Entscheidungen — und darum handelt es sich bei den Schlußabstimmungen über diese beiden Vertragswerke — mit rechtlichen Argumentations- oder Interpretationskünsten die Beratungen oder Entscheidungen hinauszögern oder verhindern zu wollen. Wir erleben es nicht zum erstenmal, daß Entscheidungen, die das Parlament der Bundesrepublik Deutschland zu treffen hat, zu Verfassungsfragen hochgespielt werden.
Selbstverständlich nehmen wir das Grundgesetz ernst, auf dem Gebiet der Außen- und Deutschlandpolitik genauso wie im innenpolitischen Bereich und auch bei der Verwirklichung solcher Verfassungsaufträge wie z. B. der Sozialbindung des Eigentums. Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie in der Vergangenheit auf innenpolitischem Gebiet die Verfassungsaufträge so ernst genommen hätten wie hier in dieser Frage, wären wir heute in der Verwirklichung unseres Sozialstaats ein gutes Stück weiter.

(Beifall bei der SPD.)

Das Wiedervereinigungsgebot bedeutet nicht — das hat das Bundesverfassungsgericht klar gesagt; da helfen keine Interpretationen —, daß die Organe der Bundesrepublik bestimmte Handlungen zum Zwecke der• Wiedervereinigung vornehmen müßten. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten:
Den zu politischem Handeln berufenen Organen der Bundesrepublik muß es überlassen bleiben zu entscheiden, welche Wege sie zur Herbeiführung der Wiedervereinigung als politisch richtig und zweckmäßig ansehen.
Es gibt also keinen vom Grundgesetz vorgezeichneten Weg zur Wiedervereinigung. Dieser Weg könnte z. B. auch ein Zusammenschluß zweier Staaten sein.
Das Wiedervereinigungsgebot ist auch keine von den politischen Realitäten isolierbare Rechtspflicht. Vielmehr — auch das wurde vom Bundesverfassungsgericht in zwei Entscheidungen festgestellt — kommt der politischen Ausgangslage des Vertrages besondere Bedeutung zu. Es wird also nicht um des Unmöglichen willen verboten, das Mögliche anzustreben. Auch dieser Grundsatz wurde vom Bundesverfassungsgericht entwickelt, und es wurde deutlich gemacht, daß die tatsächlichen politischen Entwicklungen zu berücksichtigen sind.
Das Gericht — nun wieder ein wörtliches Zitat — „könnte eine Maßnahme der politischen Organe nur dann als verfassungswidrig beanstanden" — so steht es in dieser Entscheidung —, „wenn die Verletzung des Verfassungsgebots der Wiedervereinigung durch sie evident und die Maßnahme unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigen wäre". Soweit politische Maßnahmen also nur möglicherweise der Wiedervereinigung abträglich sind, besteht politische Ermessensfreiheit.
Gerade wenn man diese vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze zur Grundlage der rechtlichen Prüfung macht, kommt man zu dem Ergebnis, daß weder der Grundlagenvertrag noch der Beitritt der Bundesrepublik zur Charta der Verein-



Metzger
ten Nationen gegen das Wiedervereinigungsgebot verstoßen: Erstens. Das Vertragswerk schließt eine Wiedervereinigung weder dem Wortlaut noch dem Inhalt nach aus. Die deutsche Frage und die Frage der Einheit der Nation werden wie bisher offengehalten.
Zweitens. Aus dem Vertrag und seinen Instrumenten wird deutlich, daß die Bundesrepublik Deutschland die deutsche Frage nicht nur offenhält, sondern weiterhin das politische Ziel verfolgt, wie es klar und unmißverständlich in dem Brief zur deutschen Einheit zum Ausdruck kommt, „auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt."
Durch diesen Brief wird auch gegenüber der Weltöffentlichkeit noch einmal klargestellt und bestätigt, daß der freie Teil Deutschlands auf die bisher verfolgte Politik der Wiederherstellung der staatlichen Einheit nicht verzichtet.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : „Weltöffentlichkeit" ist gut nach dem Vorgang mit Herrn Bahr!)

Drittens. Darüber hinaus bestätigen der Grundvertrag und seine Zusatzprotokolle — und das sind wesentliche Elemente, auch wenn Herr Strauß das nicht wahrhaben will — die Anerkennung der Viermächteverantwortung für Gesamtdeutschland und Berlin; die Anerkennung der Verpflichtung der drei Westmächte aus dem Deutschland-Vertrag, die Einheit Deutschlands anzustreben; die Fortsetzung des innerdeutschen Handels und den Vorbehalt der Bundesrepublik zur Staatsangehörigkeitsfrage.
In politischen und juristischen Fachkreisen, auch im Rechtsausschuß, wurde viel darüber diskutiert und geschrieben, ob eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik dem Wiedervereinigungsgebot und damit unserem Grundgesetz entgegenstehen würde — ich betone: würde. Ich will diese Diskussion hier nicht fortsetzen. Denn wir stehen auf dem Standpunkt, daß weder die Ratifikation des Grundlagenvertrages noch der Beitritt der beiden deutschen Staaten zur Charta der Vereinten Nationen eine Anerkennung der DDR als Völkerrechtssubjekt durch uns, durch die Bundesrepublik, beinhaltet. Es ist unstreitig, daß eine völkerrechtliche Anerkennung eine Willenserklärung voraussetzt. Eine solche Willenserklärung erfordert einen entsprechenden Willen des Erklärenden.
Bereits in der ersten Lesung habe ich darauf hingewiesen, daß ein solcher Wille der Bundesregierung — das hat sie auch immer wieder zum Ausdruck gebracht -- niemals vorhanden war, weder bei der Unterzeichnung des Vertrages noch heute oder morgen bei der Schlußabstimmung über diese Verträge. Das wird auch durch Inhalt und Begriffsbestimmungen im Vertragswerk bestätigt, so daß auch von einer stillschweigenden Anerkennung nicht die Rede sein kann.
Ich möchte davor warnen, daß wir durch Wiederholung gegenteiliger Argumente — auch hier im Bundestag — immer wieder unsere eigene Position nicht nur gegenüber der DDR, sondern auch in der Weltöffentlichkeit schwächen.

(Beifall bei der SPD.)

Der Vertrag enthält keine Vereinbarung über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Es werden keine Botschafter, sondern „Ständige Vertreter" ausgetauscht. Es erfolgt kein Austausch von Ratifikationsurkunden, sondern ein Austausch entsprechender Noten". Dabei — das möchte ich am Rande bemerken — ist die Ratifizierung zwischenstaatlicher Verträge keineswegs nur für die völkerrechtliche Vertragspraxis typisch, sondern auch im innerstaatlichen Bereich durchaus üblich. Hierfür gibt es bei uns hier in der Bundesrepublik eine ganze Reihe von Beispielen.

(Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Ganz neu!)

Auch das Bekenntnis der beiden Vertragspartner zu den Grundsätzen der Gleichberechtigung in Art. 1 sowie der Unabhängigkeit und der Selbständigkeit in den Art. 2 und 6 bedeutet keine stillschweigende völkerrechtliche Anerkennung. Hierbei handelt es sich um Prinzipien, die im innerstaatlichen Bereich —etwa Verhältnis zweier Bundesländer zueinander — ebenso Anwendung finden wie im völkerrechtlichen Verkehr.
Schließlich kann auch aus dem Bekenntnis zur Souveränität aller Staaten in Europa in der Präambel des Grundvertrags und aus der Bekräftigung des Grundsatzes der souveränen Gleichheit in Art. 2 des Vertrags nicht auf eine völkerrechtliche Anerkennung geschlossen werden. Das Bekenntnis zu diesem Prinzip erfolgt unter Bezugnahme auf die Charta der Vereinten Nationen. Sowohl im völkerrechtlichen Schrifttum als auch nach der Praxis der Vereinten Nationen ist das Verhältnis der Mitglieder untereinander nicht notwendigerweise ein solches souveräner Staaten. Außerdem schließt die gemeinsame Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen nicht notwendigerweise die Anerkennung eines bisher völkerrechtlich nicht anerkannten Staates ein. Auch hierfür gibt es eine Reihe von Beispielen. Das wurde in den Diskussionen und Beratungen des Rechtsausschusses auch von den Vertretern der Opposition anerkannt.
Insgesamt ist deshalb festzustellen, daß dieser Vertrag bzw. diese Verträge das Wiedervereinigungsgebot nicht nur nicht verletzen, sondern endlich die Möglichkeit zu einem aktiven Handeln im Interesse der Aufrechterhaltung der nationalen Einheit geben.
Die in dem Zusatzprotokoll zu Art. 7 des Vertrages vorgesehenen Maßnahmen tragen zur Wahrung der Einheit der Nation bei und stärken die in den letzten 25 Jahren immer schwächer gewordene Klammer zwischen den beiden deutschen Staaten.
Der Vertrag verstößt auch nicht gegen die in Art. 23 des Grundgesetzes festgelegte sogenannte Offenhaltungspflicht, nach der das Grundgesetz in anderen Teilen Deutschlands nach deren Beitritt in Kraft zu setzen ist. Hiermit hat das Grundgesetz einen vor mehreren möglichen Wegen zur Wiedervereinigung ausdrücklich geregelt.



Metzger
Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bedeutet dieser Grundgesetz-Artikel, daß die Bundesrepublik Deutschland die Beitrittsmöglichkeit der anderen Teile Deutschlands nicht beschränken oder erschweren darf. In der Entscheidung heißt es wörtlich:
Dabei darf jedoch der tatsächliche Zustand nicht außer acht gelassen werden, der das Fernbleiben bestimmter deutscher Gebiete vom Geltungsbereich des Grundgesetzes veranlaßt hat und weiter veranlaßt.
Auch hier kommt es auf die tatsächlichen politischen Verhältnisse, auf die Realitäten an. Durch die Bestimmungen des Art. 23 unseres Grundgesetzes wird auch „nicht etwa eine verfassungsrechtliche Garantie dafür übernommen, daß die deutschen Gebiete außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes jederzeit tatsächlich beitreten können". Auch das wurde vom Bundesverfassungsgericht bestätigt.
Das heißt mit anderen Worten, die Bundesrepublik Deutschland darf nichts tun, um sich gegenüber beitrittswilligen Teilen Deutschlands abzukapseln. Sie darf also keine Regelungen treffen, die den Beitritt beispielsweise an zusätzliche, im Grundgesetz nicht genannte Voraussetzungen knüpfen würde. Etwas Derartiges enthält der Grundvertrag nicht, etwas Derartiges ist im Grundvertrag nicht vorgesehen.
Auf einen letzten Punkt möchte ich noch eingehen, der in der Diskussion auch im Rechtsausschuß und in anderen Ausschüssen immer wieder eine Rolle gespielt hat. Er betrifft Art. 16 des Grundgesetzes, das Recht auf die deutsche Staatsangehörigkeit. Wir sind der Auffassung, daß auch diese Verfassungsbestimmung durch den Grundvertrag nicht verletzt wird. Auf Grund des im Vertragswerk enthaltenen Vorbehalts zur Staatsangehörigkeitsfrage kann die Bundesrepublik Deutschland nach wie vor von einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit ausgehen. Auch das wurde von der Opposition in den Ausschußberatungen nicht bestritten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind überzeugt davon, daß dieser Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR ein guter Anfang ist, der sich in die aktive Deutschland- und Ostpolitik einfügt, ohne grundlegende Rechtspositionen und ohne grundlegende politische Interessen der Bundesrepublik Deutschland und Berlins aufzugeben. Wir werden deshalb dem Grundlagenvertrag und auch dem Vertrag über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen mit gutem Gewissen zustimmen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702916600
Das Wort hat der Abgeordnete Amrehn.

Franz Amrehn (CDU):
Rede ID: ID0702916700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich mich dem Grundvertrag und seinem besonderen Bezug auf Berlin zuwende, möchte ich mich mit der Zwischenantwort beschäftigen, die der Herr Bundeskanzler auf die Ausführungen unseres Kollegen Strauß gegeben hat. Der Bundeskanzler hatte zu Recht erkannt, daß sich der Kollege Strauß und viele in diesem Hause mit ihm darüber beschwert fühlen, daß in Jugoslawien Äußerungen gefallen sind, die den Eindruck erweckt haben, als gäbe es unter den CDU-Wählern solche, die für den Frieden sind, und solche, die weniger für den Frieden sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Marx.)

Der Bundeskanzler hat uns daraufhin einen Artikel verlesen und außerdem die Stellen wörtlich zitiert, wie sie im Presse- und Informationsdienst der Bundesregierung veröffentlicht worden sind. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich hier sagen, dies war kein Dementi, sondern eine Bestätigung dessen, was der Kollege Strauß hier gesagt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Unerhört!)

— Wenn uns der Herr Bundeskanzler vorgelesen hat, Herr Wehner, daß es unter den Wählern der CDU/CSU solche gebe, die den Frieden in der Weise wollten wie die Regierung,

(Abg. Wehner: Wenn Sie schon zitieren, dann zitieren Sie bitte richtig!)

dann weiß der Bundeskanzler, der doch ein kluger Mann ist und Worte sehr wohl wägen kann,

(Zuruf des Abg. Wehner)

ganz genau, welchen Eindruck er damit in der Öffentlichkeit erweckt, nämlich den, daß manche nicht für den Frieden seien. Dann hätte er eben sagen sollen: „manche, die seine Politik unterstützen", aber indem er den Ausdruck „Frieden" benutzt hat,

(Abg. Wehner: Sie tun mir leid, Herr Amrehn!)

hat er diesen Eindruck doch heraufbeschwören wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Nun lassen Sie mich daran erinnern, daß der Herr Bundeskanzler schon einmal gebeten worden war, solche Unterscheidungen zu unterlassen. Er hat hier vor dem Hause einmal eine Erklärung abgegeben, die uns befriedigt hat. Wir haben gemeint, das sei ein für allemal erledigt. Die heutige Erklärung hat uns nicht befriedigen können.

(Abg. Wehner: Das war eine schwache Leistung!)

— Ich überlasse es Ihnen, Herr Kollege Wehner, Bewertungen auszusprechen. Mir liegt daran, Klarstellungen hier vorzunehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Das ist Ihr Privileg!)

Zweiter Punkt! Der Herr Kollege Strauß hat dem Bundeskanzler bestätigt, er halte dessen Bekenntnis zum westlichen Bündnis für aufrichtig. Wenn das so ist und der Bundeskanzler eben wünscht, daß ihm in diesem Punkt geglaubt wird — und daran haben wir alle ein Interesse —, dann war es doch



Amrehn
wohl konsequent vom Kollegen Strauß, zu sagen: dann muß der Bundeskanzler hier vor diesem Hause sagen, alle die Gedanken, die in jenem Interview enthalten gewesen seien, seien für ihn, den Bundeskanzler, null und nichtig.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

So hat der Herr Strauß das gesagt. Wie lautete die Antwort des Bundeskanzlers? Er habe in dem Text zwei Fehler entdeckt, und danach nehme er die Bewertung des Ganzen vor. Ich mache mir die Methode nicht zu eigen,

(Abg. Wehner: Sie haben Ihre eigene!)

die der Herr Hahn angewendet hat. Ich halte es auch für zweifelhaft, ob man so vorgehen darf.

(Zurufe von der SPD: Sehr gut!)

Aber wenn nun hinterher ein Bundesminister den Weitblick von Herrn Bahr in diesem Interview lobt, wenn er den klugen Blick von Herrn Bahr mit diesem Interview hervorhebt und sich mit den darin enthaltenen Gedanken identifiziert, dann bestätigt man doch den Gedankengang, der in einem solchen Interview enthalten ist. Dann hat allerdings ein Bundeskanzler, wie mir scheint, die Pflicht, in aller Form von dem Mann und von den Gedanken abzurücken, die da zum Ausdruck gebracht worden sind.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Sonst belastet das Interview eben den Bundeskanzler und die deutsche Politik. Ich hätte gewünscht, hierzu hätte der Kanzler sehr klare Worte gesagt. Er hat es nicht getan. Ich bedauere das deshalb, weil der Herr Kollege Strauß bemüht gewesen ist, bei aller Kritik doch wenigstens in existentiellen Fragen eine Basis der Gemeinsamkeit zu bewahren, zwischen uns allen eine Basis der Gemeinsamkeit für die Zukunft zu sichern. Wenn solche Distanzierungen dann allerdings nicht erfolgen, fürchte ich, daß das Bemühen um Gemeinsamkeiten gefährdet wird, die wir alle nach meiner Überzeugung noch ganz dringend brauchen werden, um den kommenden Belastungen widerstehen zu können, unter denen wir alle noch zu leiden haben werden.
Und nun möchte ich den Kollegen Metzger beruhigen: Der Herr Kollege Strauß hat für die ganze CDU/CSU gesprochen, und er konnte doch darüber keinen Beifall haben,

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD) — keinen Zweifel haben


(Abg. Dr. Marx: Heute hat sich hier schon ein anderer versprochen, nämlich Herr Schütz, der statt „Vertrag" „Verrat" gesagt hat!)

nach dem Beifall, den ihm diese Fraktion ovations-artig gespendet hat.

(Abg. Dr. Corterier: Herr Barzel war nicht dabei!)

Meine Damen und Herren und Herr Kollege Metzger, man muß nicht der Ansicht von Herrn Strauß
sein. Ich bin seiner Ansicht, aber man muß es nicht sein; Sie dürfen eine andere haben.

(Abg. Wehner: Sehr schön, daß man das darf!)

Das ist Ihnen nicht nur gegönnt, sondern ich meine, es ist auch ein Stück Menschenrecht, Meinungsfreiheit besitzen zu dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Schön, daß Sie sie uns so lizensieren! — Weitere Zurufe von der SPD.)

Aber jedermann muß doch wohl anerkennen, daß hier ein Politiker von Rang Gedanken in einer Zusammenschau vorgetragen hat, die nicht ohne Eindruck bleiben kann, mit der man sich gedanklich auseinanderzusetzen hat und die man nicht damit abqualifizieren kann, daß man sagt, das seien abgedroschene Leerformeln. Wer einen anderen so qualifiziert, qualifiziert sich, glaube ich, selber ab.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Nun möchte ich noch einen großen Irrtum ausräumen. Hier ist gesagt worden, der Kollege Strauß habe die Fraktion der CDU/CSU zu einer Entscheidung gezwungen. Meine Damen und Herren, nie-mend wird bestreiten, daß der Kollege Strauß ein urwüchsiger und sehr kraftvoller Politiker ist. Aber ich glaube, diese Macht besitzt er nicht, und wir sollten unsere eigenen Kollegen nicht mit der Behauptung diffamieren, daß er eine ganze Fraktion zu einer Entscheidung zwingen könne. Wir nehmen für uns in Ansnruch, daß jeder für sich seine Entscheidung so fällt, wie er es für richtig hält.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]: Sie wollten doch über Fakten reden!)

— Davon rede ich bereits, und ich will jetzt auf zwei Punkte eingehen, die auf das Konto von Herrn Kollegen Metzger kommen.
Herr Kollege Metzger, auch Sie haben wieder die Frage gestellt, weshalb wir denn Forderungen stellten, wir, die wir in der Vergangenheit versagt hätten, wir, die wir diese Verträge ja gar nicht wollten. Lassen Sie mich darauf ein für allemal sagen: Solche Verträge werden nicht nur für die Koalitionspartner geschlossen,

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Sehr richtig!)

sondern sie werden für das Volk, auch für uns geschlossen. Die Preise dafür zahlen wir alle. Dann bestehen wir allerdings auch darauf, daß die Gegenforderungen, die wir dabei haben, erfüllt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Bundesregierung hat sich ein weitgestecktes Ziel gesetzt. Wiederholt hat sie erklärt, sie wolle mit dem Grundvertrag über ein organisiertes Nebeneinander der beiden Staaten in Deutschland zum Miteinander kommen. Wer von uns fühlte sich durch ein solches Ziel nicht zutiefst angesprochen, wer wollte nicht selber von Herzen daran mitwirken, ein Miteinander herbeizuführen, das den Menschen im anderen Teil Deutschlands mehr Bewe-



Amrehn
gungsfreiheit und mehr Menschenrechte bringt? Wir sind alle durch zu viel Bitterkeiten und durch zu viele Enttäuschungen hindurchgegangen, als daß wir nicht für alle Anstrengungen aufgeschlossen wären, die unternommen werden, um zu einem solchen friedlichen und freiheitlichen Miteinander zu kommen. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß sie mit dem Grundvertrag die Grundlage dafür schaffe.

(Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] : So ist es!)


Prof. Egon Bahr (SPD):
Rede ID: ID0702916800

Der Vertrag ist das Fundament, auf dem das
Gebäude der Beziehungen der beiden deutschen
Staaten wachsen soll zum Wohle der Menschen.
Das strahlt Zuversicht aus, und das hat unbezweifelbar viele Hoffnungen geweckt. Der Bundeskanzler hat etwas später ergänzt:
Unsere ideologischen Differenzen zur DDR sind fundamental und werden es nach menschlichem Ermessen bleiben.
Ich nehme das genauso, wie der Kanzler es gesagt hat. Diese Worte zeigen ja die ungeheuren Schwierigkeiten auf, in denen deutsche Politik in den vergangenen zwei Jahrzehnten gemacht worden ist, und die ungeheuren Schwierigkeiten, vor denen deutsche Politik auch heute noch steht.
Deswegen haben wir verantwortlich zu prüfen, wie es denn mit der Tragfähigkeit des Fundamentes steht, wenn die ideologischen Differenzen der beiderseitigen Baumeister fundamental bleiben.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das ist die Frage!)

Ich schließe den Erfolg solcher Bemühungen deswegen nicht von vornherein aus. Die Frage ist nur: Gibt es im Vertrag genug abgesicherte Eckpfeiler praktischer Vernunft, um die kommenden Belastungen ideologischer Differenzen auszuhalten?

(Abg. Dr. Mertes [Gerolsteinl: Gut gefragt!)

Diese Frage ist nicht damit zu beantworten, der Wähler habe über ,den Grundvertrag entschieden. Die Frage ist auch nicht damit zu beantworten, daß man sagt, der Vertrag habe hier im Haus eine Mehrheit. Ich glaube, Sie werden selbst einräumen, daß das zu oberflächlich wäre. Wir wissen auch, ,daß der Vertrag hier angenommen wird.
Dennoch ist es in dieser Stunde noch durchaus offen, ob sich Regierung und Koalitionsmehrheit in ihrer Selbstgewißheit darüber wirklich ganz wohl fühlen können. Denn seit der Unterzeichnung hat sich doch einiges ereignet und an Erfahrungen satemeln lassen, was auch die Befürworter des Vertrages skeptisch machen muß, ob sich denn ihre Erwartungen auch nur annähernd so verwirklichen, wie sie es sich gedacht haben und ich in manchen Zeiträumen unmittelbar nach der Unterzeichnung beispielsweise des Berlin-Abkommens selbst auch erhofft habe.
Ich weiß, daß es inzwischen einschränkende Worte von der Seite der Regierung wie der Koalition gibt, man solle sich keine Illusionen machen, man solle seine Hoffnungen nicht zu hoch schrauben, wir müßten Abstriche machen von früheren Vorstellungen. Herr Bahr hat im März in einem Interview erklärt, es sei eine ernste Frage, ob die Abgrenzungspolitik der kommunistischen Seite nicht die Basis dieser Politik zerstöre. Ob die Möglichkeiten neuer Begegnungen zu einem anderen Ergebnis führten als zu tieferer Trennung wie in der Vergangenheit, halte er für eine Chance, nicht für eine sichere Sache. Das klingt alles sehr viel abgewogener und vorsichtiger, als es zu Anfang lautete.
Darf ich daran erinnern, meine Damen und Herren: Erst nach dem Abschluß der Verhandlungen ist in der DDR jene neue Journalistenanordnung erlassen worden, deren Inhalt, meine ich, dem widersprach, was im Vertrage ausgemacht war. Nun ist mir bekannt, daß dagegen protestiert worden ist. Und mir ist bekannt, daß es eine mündliche Antwort gibt, man werde sich an seine Vertragsverpflichtungen halten. Aber ich weiß ebenso, daß jeder Journalist, der hinübergeht, sich dort unter dem Schwerte jener neuen Anordnung bei seiner Tätigkeit fühlt, daß im übrigen der Austausch sich keineswegs in der Weise vollzieht, wie es vereinbart worden ist, und daß die Schwierigkeiten bis in die letzten Tage anhalten. Erst kürzlich hat ein Westberliner Fernsehteam wieder keine Einreisegenehmigung für einen bestimmten Tag bekommen, weil die Anmeldung eine Woche vorher nicht ausreichend Zeit gebe, um eine Genehmigung zu erteilen. Jeder spürt die Fadenscheinigkeit der Begründung und außerdem die einseitige Modifizierbarkeit der Zusagen, die man gegeben hat; man behält sich vor, sie jeweils ganz nach eigenem Geschmack auszulegen.
Meine Damen und Herren, erst nach Abschluß der Vereinbarungen sind doch die Beschränkungen für die Besuchsmöglichkeiten ausgesprochen worden. Diese Besuchsmöglichkeiten sind zwar vertraglich eingeräumt worden, dann aber durch Verwaltungsmaßnahmen im einzelnen wieder unterbunden worden, unter ganz schwerem Druck auf die Bewohner der DDR. Jeder muß sich noch einmal vergegenwärtigen, daß die Einladung zu einem Besuch für mehrere Tage in der DDR immer nur von Bewohnern der DDR ausgesprochen und daß die Genehmigung nur von ihnen beantragt werden kann Wenn vom Westen aus die Initiative ergriffen wird, kommen immer nur Reisen über Reisebüros in Betracht.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Da hört Herr Wehner nicht zu!)

Entgegen allem, was vereinbart ist, und nach Art und Maß völlig neu, sind drüben Briefverbote ausgesprochen worden, und es gibt sogar Verbote, mit dem Westen zu telefonieren. Entgegen verpflichtenden Vereinbarungen im Grundvertrag wird der Sportverkehr bis heute nicht gefördert. Es gibt die Weigerung der DDR, auch nur darüber zu sprechen, ob der Landessportbund Berlin zum Deutschen Sportbund gehört. Das alles kann doch wohl kein Vertrauen in die Erfüllungsbereitschaft des Vertragspartners schaffen. Das hat der Kollege Hoppe hier vorhin sinngemäß gesagt. Ich kann das nur unterstreichen.



Amrehn
Meine Damen und Herren, die Familienzusammenführung ist ins Stocken geraten. Zugesagte Ausreisen werden nicht genehmigt. Erst nach Abschluß der Verhandlungen ist das System der Tötungsmaschinen richtig ausgebaut worden; es sind Menschen darin umgekommen. In Berlin und an der Grenze wird bis in die letzten Tage weiter geschossen.
Hatte uns nicht jemand gesagt, mit der Verabschiedung des Moskauer Vertrages werde das Schießen ein Ende nehmen? War das nicht für manchen im Hause sogar eine Grundfrage seiner Einstellung zum Moskauer Vertrag? Das hat doch wohl alles nichts mit der anderen Frage zu tun, ob wir den Grundvertrag schon ratifiziert haben oder nicht.
Wir haben immer wieder gehört — auch vom Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen haben wir das gestern oder vorgestern in einem Interview wieder gehört —, erst müsse ratifiziert sein, dann träten alle diese Verbesserungen und Erleichterungen ein.
Meine Damen und Herren, wenn jetzt schon vorhandene bindende Verpflichtungen nicht erfüllt werden, wie will man dann eine Erfüllung dessen erwarten, was in Art. 7 nicht als Verpflichtung übernommen ist, sondern nur als Bereitschaftserklärung, als Absichtserklärung, als das Aussprechen einer Erwartung oder einer Hoffnung? Journalistenaustausch, Handel und Sportverkehr, mehr als diese drei Punkte — Inaussichtstellungen, für die wir die großen Entscheidungen des Grundvertrages zugunsten der DDR treffen sollen — steht in Art. 7 nicht darin.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das nennt man die Katze im Sack!)

Wenn ich Herrn Kollegen Heyen heute richtig verstanden habe, meinte er, wir hätten mit diesem Vertrag feste politische Währung bekommen. Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß wir mit diesem Vertrag einen Großkredit in harter politischer Währung an die DDR gegeben haben, ohne sicher zu sein, ob wir die Münze erhalten, die uns versprochen worden ist.
Wie steht es sonst mit dem Geist der Erfüllung der Verträge? Meine Damen und Herren, ich verkenne nicht, ja, ich erkenne ausdrücklich an, daß es eine Reihe menschlicher Verbesserungen gibt. Es gibt die Verbesserungen bei Reisen nach dem Osten, in die DDR. Es gibt die Möglichkeiten des Besuchs von West-Berlin nach Ost-Berlin, die es für viele Jahre nicht gegeben hat. Es gibt die beträchtlichen Erleichterungen auf den Transitstrecken.
Aber, meine Damen und Herren, es hat doch wohl auch kein Skeptiker für möglich gehalten, daß wir nach dem Grundvertrag und der Berlin-Vereinbarung in Berlin eine Ausstellung haben werden, auf der ein Vetreter des Bundes nicht erscheinen soll und auf keinen Fall sprechen darf, daß infolgedessen auch ein Vertreter des Senats auf dieser Ausstellung in Berlin nicht spricht, daß die Bundesflagge vor unseren Ausstellungshallen nicht gezeigt werden darf und daß infolgedessen auch die Berliner Flagge nicht allein aufgezogen wird und daß zu guter Letzt in Berlin (West) vor den Ausstellungshallen nur noch die sowjetische Flagge weht. Wer hätte das für möglich gehalten, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Es hätte doch keiner geglaubt, daß beim Rundgang des sowjetischen Botschafters durch die Ausstellung an der Seite des Regierenden Bürgermeisters der Versuch unternommen wird, den Vertreter des Bundes, den Staatssekretär des zuständigen Ministeriums, mit Brachialgewalt von der Spitzengruppe fernzuhalten. Wir hätten es für ausgeschlossen gehalten, auch ich, daß eine Einladung in einen sowjetischen Pavillon erfolgt, daß dort der Regierende Bürgermeister Zutritt hat und auch hineingeht, aber der Vertreter des Bundes, ein Staatssekretär, draußen vor der Tür stehenbleiben muß.

(Pfui-Ruf von der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, das ist doch ein Maß von Selbstentäußerung und Selbstverleugnung, das ich nicht anders als beschämend kennzeichnen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Marx: Was hat die Bundesregierung dazu gesagt?)

Wäre es ein einzelner Betriebsunfall, könnte man darüber hinweggehen. Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Es würde nicht einmal auf den Wortlaut von Vereinbarungen ankommen, wenn man seit der Unterzeichnung das Empfinden haben dürfte, daß hier nun auf beiden Seiten der gute Wille zum Miteinander wirksam ist, daß das, was bereits verpflichtend vereinbart ist, auch erfüllt wird, daß da der Geist dahintersteht, der diesen Vertrag nach unserer Meinung ausfüllen sollte. Aber der Staatssekretär, von dem ich sprach, hat gesagt, das Verhalten, das er in Berlin erfahren mußte, widerspreche dem Geist und dem Buchstaben der Vereinbarungen, die man beschlossen hat.

(Abg. Dr. Marx: Natürlich!)

Widerspricht es denn nicht dem, was wir erwartet haben, dem, was wir als Geist und Buchstaben der Vereinbarung angesehen haben, wenn jetzt seit mehreren Wochen in den geplanten Verträgen mit der UdSSR um eine Berlin-Klausel so wie früher gefeilscht werden muß, als gäbe es überhaupt gar keine Berlin-Vereinbarung!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir hatten doch alle gehört und geglaubt, das sei nun vorbei, nun sei alles klar, Berlin werde für die Zukunft in den gegenwärtigen Beziehungen keine Reibungsfläche mehr sein.
Aber auf der Buchmesse in Moskau mußten die 32 Verlage West-Berlins, die im Rahmen einer Bundesausstellung dort auftreten wollten, ihre Stände neben denen der Bundesrepublik aufbauen und eine Berlin-Fahne extra davorstellen; sonst wäre es nicht genehmigt worden. Das alles nach der Berlin-Vereinbarung!
In Sofia ist verboten worden, auf einer Ausstellung des Bundes, auf der sich der Bund „Deutsche Bundesrepublik" nennen mußte,

(Abg. Dr. Marx: Normalisiert sich alles!)




Amrehn
von Westberlin Photographien zu zeigen. Bei Verträgen mit Westberliner Unternehmungen, die das Wort „Berlin" im Namen führen, wird verlangt und teilweise erreicht, daß im Vertrag der Name „Berlin" aus dem Firmennamen, der im Handelsregister steht, gestrichen wird.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, die Sowjetunion, die CSSR und Polen nehmen weiterhin nicht an der „Grünen Woche" teil, obwohl wir die Namen wie Pommern und Mecklenburg und Schlesien von den Dächern unserer Ausstellungshallen heruntergenommen haben.

(Pfui-Rufe von der CDU/CSU.)

Nun ist ganz gewiß keine Nation verpflichtet, an Ausstellungen in Berlin teilzunehmen. Aber, meine Damen und Herren, hier wird doch der Geist spürbar, in dem solche Verträge offenbar geschlossen worden sind, und der Geist, wie er erfüllt wird.
Die Sowjetbotschaft in Ost-Berlin hat wissen lassen, daß sie am Reitturnier in West-Berlin nur teilgenommen habe, weil die Turniergemeinschaft dieses Reitturnier organisiert habe und nachdem schriftlich bestätigt worden sei, daß das Turnier nicht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten stehe.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

In die Westdeutschland-Tourneen östlicher Künstlergruppen wird West-Berlin bis auf den heutigen Tag nicht einbezogen.
Jedesmal, wenn der Bundespräsident nach Berlin kommt, erhebt ADN öffentlichen Protest gegen die Anwesenheit des Bundespräsidenten. Der Regierende Bürgermeister Schütz hat dazu erklärt: Ich messe den Protesten einen hohen Stellenwert bei. ADN ist da drüben etwas ganz anderes als bei uns dpa. Man soll nicht so tun, als ob das im Grunde genommen nicht wichtig sei. Mit welchem Recht werden überhaupt diese Proteste erhoben, mit welchem Recht wird noch nach der Berlin-Vereinbarung Einspruch erhoben? Ich kann nur dankbar sein, daß der Bundespräsident trotz allem mit großer Regelmäßigkeit nach Berlin kommt und in diesem Punkte ganz feste Haltung zeigt. Aber die Reibungen haben doch nicht aufgehört. Immer wieder wird neu um diese Position so wie in der Vergangenheit gefochten.
Nach Bulgarien dürfen bis heute von West-Berlin aus keine Maschinen im Nonstopverkehr fliegen, obwohl West-Berlin doch einbezogen sein soll. Den Österreichern und den Skandinaviern ist der NordSüd-Flugverkehr über Berlin gestattet worden. Aber die Voraussetzung dafür, daß die Landung wechselweise auch in Tempelhof oder Tegel in West-Berlin stattfinden sollte, wird wieder nicht erfüllt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch in allem Ernst sagen: Es hat auch in der Zeit seit dem Inkrafttreten des Transitabkommens bereits eine mehrstündige Autobahnsperre gegeben. Der Bundesminister Franke hat dagegen protestiert, und wir schließen uns an, weil es gegen die Berlin-Vereinbarungen verstößt.
Hier ist zu damaliger Zeit, als der Grundvertrag eingebracht wurde, gesagt worden: Was haben wir früher dagegen tun können? Ich frage mich: Was können wir heute mehr dagegen tun als Einspruch erheben und sagen: Das ist eine Verletzung der Vereinbarung, die es ja auch früher gegeben hatte, wenn auch heute in besserer Form; ich räume das ein.
Meine Damen und Herren, nehmen wir es genauso ernst, wie der Herr Schütz es gesagt hat! Als in West-Berlin wegen gesetzwidrigen Vorgehens zwei östliche Transportpolizisten festgenommen wurden, ist massiv damit gedroht worden, daß man Schwierigkeiten auf den Autobahnen machen werde, wenn die Transportpolizisten nicht sofort freigelassen würden. Das Ergebnis war: Die Transportpolizisten waren trotz Haftbefehls nach Verhängung einer Geldstrafe am nächsten Tag frei.
Der Transitverkehr funktioniert im großen und ganzen reibungslos. Das ist heute gesagt worden. Ich bestätige das. Aber niemand kann sagen, daß nicht doch dieser Verkehr möglicherweise auch anfällig sei. Ich glaube, Herr Bahr war es, der einmal gesagt hat, der Wert des Abkommens werde sich in Schlechtwetterzeiten erweisen müssen. Wie sieht das dann erst aus, wenn das schon in relativen Gutwetterzeiten möglich ist?

(Abg. Dr. Marx: Für Schlechtwetterzeiten wasserdicht machen!)

Auf Grund des Abkommens sind neuerdings Reisen von West-Berlin zur Besichtigung Potsdams wieder organisiert worden. Aber Westdeutsche und Westberliner dürfen nicht in einem Autobus sitzen. Wer uns politisch so auseinanderdividiert kann sich nicht das Lob verdienen, daß er nun guten Willens daranginge, ein Miteinander mit uns herbeizuführen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Das ist die Apartheid der DDR!)

Der Senat hat dazu gesagt, er bedauere diese Entscheidung, er halte sie für unpraktisch. Ja, ich sicher auch. Aber ist das nun nicht wirklich ein Ausdruck der Ohnmacht oder der Schwächlichkeit, das alles sein zu lassen, was man zu einem solchen Vorgang zu sagen hat?

(Zuruf von der CDU/CSU: Ist das Apartheid?)

Ich frage mich: Wo ist denn nun der größere politische Spielraum, den Berlin gewonnen haben soll?

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Herr Schütz sah sich veranlaßt, am 1. April 1973 zu sagen, eine weitere Isolierung West-Berlins wäre eine Fortsetzung des kalten Krieges mit anderen Mitteln und nicht der Weg, den der Grundvertrag klar vorzeichnet. Seitdem hat sich bis heute nichts gebessert, sondern eher manches weiter verschlechtert. Darum ist es mir ganz unverständlich, wie man eine Brücke zwischen dem, was in Berlin auch vom Regierenden Bürgermeister seit Wochen an Kritik vorgetragen worden ist, und dem schlagen kann,



Amrehn
was er heute von diesem Podium aus gesagt hat, wo er so tut, als wäre alles in bester Ordnung.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Schütz ist es doch gewesen — ich muß das anerkennen —, der den Besuch in Moskau, zu dem er eingeladen war, abgesagt hat, weil unserem Botschafter dort untersagt wird, den Besuch für ihn zu organisieren, und dem Regierenden Bürgermeister Schütz untersagt wird, in unserer Botschaft dort einen Empfang zu geben.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Ich wiederhole: Ich verkenne nicht die Verbesserungen auf den Transitwegen, und ich würdige jede einzelne Möglichkeit des privaten Besuches einer Familie, den sie seit den Berlin-Vereinbarungen in dem anderen Teil der Stadt machen kann. Aber hier darf sich doch kein Kollege der Frage entziehen, was eben doch mit solchen menschlichen Verbesserungen, oder sagen wir besser: mit dem Abbau der Unmenschlichkeiten gleichzeitig an politischen Konzessionen gefordert wird.
Lassen Sie mich noch ein Wort zu der Frage sagen, Herr Kollege Hoppe, die Sie immer wieder hochbringen, zur Frage der Passierscheine vor zehn Jahren. Die CDU/CSU war nie gegen Passierscheine, aber sie war gegen Passierscheine, wenn von uns der Preis aus der politischen Substanz gefordert wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Nun kann ich nur feststellen: Es ist doch ein SPD/ FDP-Senat gewesen, der im Jahre 1966 die Passierscheinverhandlungen wieder beendet hat, weil auch er die politischen Forderungen des Ostens damals für unzumutbar gehalten hat,

(Abg. Wehner: Weil es hier in Bonn abgelehnt worden war!)

— Weil es in Berlin abgelehnt worden war. Ich habe mit dem damaligen Regierenden Bürgermeister gesprochen. Er hat mir selbst erklärt, das, was jetzt verlangt werde, sei unzumutbar. Das war ein Mann, der so weit links steht wie eben Herr Albertz.
Ich selbst kann auch die Augen nicht davor zumachen, daß wir zwar früher schon — jedenfalls ich — das Stimmrecht für die Berliner hier im Hause gefordert haben.

(Abg. Wehner: Da kann man nur lachen! Das sind „olle Kamellen", was Sie haben! — Abg. Mattick: Weil Adenauer es nicht wollte!)

Wir haben das nicht durchgesetzt; dafür gibt es hundert Gründe. Aber wir haben das damals fordern können, ohne daß die Russen gewagt hätten, Einspruch gegen das zu erheben, was wir von den Westmächten wollten. Ob es sehr glücklich war, die Frage des Stimmrechts kürzlich neu aufzuwerfen, lasse ich dahingestellt; aber es ist das erstemal, daß die Sowjets auf Grund des Viermächteabkommens einen Rechtstitel zu haben glauben, bei allen drei Westmächten und bei der Bundesregierung intervenieren zu dürfen, weil wir darüber diskutieren.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Das nenne ich eine ganz grobe Verdrehung, Herr Amrehn!)

Außerdem war auch der Berliner Senat der Meinung, daß die Bundesrepublik im Flugverkehr gewisse Repressalien ergreifen sollte, wenn West-Berlin gezwungen wird, keine Flüge direkt nach Bulgarien auszuführen oder anzunehmen. Wiederum war es sowjetische Intervention, die die Repressalie hier beim Bund unterbunden hat.
Meine Damen und Herren, was jetzt bei der Ausstellung in Berlin passiert ist, ist eine direkte sowjetische Intervention in den Bereich West-Berlins hinein, woran früher niemand gedacht hätte, was jetzt erst nach der Viermächtevereinbarung passiert.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Das sind alles offenkundige Vorfeldübungen für neue politische Geländegewinne, und wir sollten in diesen Dingen wahrhaftig — ich habe den Eindruck, daß ,das heute wenigstens insoweit gelingt — jene gemeinsame Haltung beziehen, die es verhindert, daß hier neue Einbrüche stattfinden können.
Wir können die Bundesregierung nur auffordern, in den Verträgen mit der Sowjetunion, die jetzt zur Debatte stehen, darauf zu bestehen, daß eine einwandfreie und befriedigende Berlin-Klausel nach der Berlin-Vereinbarung in die Verträge hineinkommt, oder nicht zu unterschreiben, wenn das nicht gelingt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Neuerdings haben wir erleben müssen, daß die Sowjets in West-Berlin die Vorlegung der Geschäftsverteilungspläne des Bundeshauses gefordert haben.

(Abg. Dr. Marx: Noch dazu in welcher Art!)

Das ist vom Bund zurückgewiesen worden, und darin hat er selbstverständlich unsere Unterstützung. Aber was sind das für Zumutungen

(Abg. Dr. Marx: Sehr gut!)

nach der Berlin-Vereinbarung, die es vor der BerlinVereinbarung nicht gegeben hat! Die Erwartung, Berlin sei endlich aus den Schwierigkeiten und aus dem Streit heraus, hat sich bisher nicht erfüllt.
Meine Damen und Herren, bei alledem, wovon ich gesprochen habe, geht es nur um die Herstellung des Zustandes, von dem wir meinen, daß er längst rechtlich und verbindlich geordnet sei, um Rechte, die West-Berliner oder der Bund haben. Bisher war überhaupt noch keine Rede von den Verbesserungen, die für die Menschen drüben kommen sollen, von den Reiseerleichlerungen für sie, wenn ich von den Notfallreisen absehe, die es immerhin gibt. Aber wo sind denn die Menschenrechtsverbesserungen, die Verkehrsverbesserungen und die Reiseerleichterungen von Ost nach West für die Menschen drüben? Deswegen wird der Grundvertrag doch wohl eigentlich gemacht, nicht um unsere Lebenslage zu verbessern. Von dem ist noch gar keine Rede.
Ich frage heute anklagend auch danach: Was hat die Bundesregierung in den fast zwei Jahren seit der Unterzeichnung der Berlin-Vereinbarungen ge-
1476 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 29. Sitzung, Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973
Amrehn
tan, um die Erweiterung der Beziehungen zwischen West-Berlin und der Bundesrepublik nach den Verträgen herbeizuführen? Was ist eigentlich geschehen? Ich kann nur sagen: ich sehe keine einzige Aktion.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der Regierende Bürgermeister hat heute davon gesprochen, es gebe eine dynamische Entwicklungsmöglichkeit nach der Viermächtevereinbarung. Einverstanden. Aber wo sind die Initiativen, wo sind die Aktionen? Nichts von alledem ist bis heute spürbar geworden!
So erweist sich die Berlin-Regelung noch nicht als der Beginn einer neuen Ara eines Geistes der gutnachbarlichen Beziehungen, des guten Willens auf allen Seiten zum Miteinander, sondern leider als Quelle neuer .Auslegungskünste über das, was uns geregelt erschien, als Instrument neuer Streitigkeiten und Einschränkungen und als Objekt östlicher Vertragsverletzung.
Vor diesem Hintergrund sind die Berliner ganz besonders „erfreut", zu erfahren — Herr Hoppe hat darauf hingewiesen —, daß Fahrkarten nach Berlin künftig hier am Auslandsschalter zu kaufen sind — mit der Pikanterie, daß in Ost-Berlin die Fahrkarten selbstverständlich weiterhin, aber nicht ohne politischen Hintergrund, am Inlandsschalter verkauft werden.
Ich habe mit Erstaunen gehört — ich hätte das Herrn Schütz hier gern noch einmal gesagt —, daß der Breschnew-Besuch nicht mit solchen Berliner Problemen belastet werden soll. Als ginge es dabei nicht auch um ganz vitale Interessen der Bundesrepublik Deutschland, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Man faßt sich hinterher noch an den Kopf und fragt sich, was wohl die Bundesregierung gedacht haben mag, als sie beschlossen hat, die Rückerstattung der Visagebühren, die doch zugesichert war, aufzuheben. Das reimt sich doch überhaupt nicht in das Bild von der Festigung der Beziehungen mit West-Berlin.
Nach alledem war es um so nötiger, zur Sicherung der Stellung West-Berlins in dem Grundlagenverhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten eine Berlin-Klausel in den Grundvertrag einzubauen,

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

eine Klausel, meine Damen und Herren, die ein für allemal unwiderruflich die Verpflichtung begründet, in den Grenzen der alliierten Vorbehalte WestBerlin in alle Folgeverträge einzubeziehen.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Das ist nicht geschehen. Das ist ein fundamentales Manko des Grundvertrages.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Nebenbei: Wenn Herr Schütz heute davon sprach, daß in soundso viele Verträge mit dem Osten in der Vergangenheit keine Berlin-Klausel eingebaut worden sei,

(Zuruf von der SPD: Wie war das denn beispielsweise mit den Pässen?)

dann hat er damit recht in der Frage z. B. des Konsularabkommens mit der Sowjetunion. Aber man sollte doch Aktionen, die man damals mindestens mitgetragen hat, wenn man auch nicht zugestimmt hat, hinterher nicht diffamieren, wenn man das Motiv, das damals dahintersteckte, würdigt, nämlich, auf diesem Wege den Versuch zu machen, ein besseres Klima gegenüber der Sowjetunion zu schaffen.

(Zurufe von der SPD.)

— Das sollten gerade Sie nicht verurteilen, Aber im übrigen ist die Zahl insofern völlig falsch, als doch auch die Sowjetunion West-Berlin in den Handelsvertrag ohne Klausel praktisch einbezogen hat und die anderen Staaten zum größten Teil eine Nebenklausel geduldet haben, daß der Vertrag für das D-Mark-Währungsgebiet West gilt. Wir wollen also nachträglich die Dinge nicht anders darstellen, als sie in Wahrheit gewesen sind.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Aber jetzt, nach all diesen Erfahrungen, mußte es doch unser Ziel sein, fußend auf der alliierten Vereinbarung jedem Versuch zu widerstehen, WestBerlin weiterhin als politischen Hebel zu benutzen. Deshalb war es eine Verpflichtung, Berlin ein für allemal in den Grundvertrag einzubeziehen. Entweder will man Entspannung um Berlin ehrlich; dann konnte es keine überzeugenden Gründe mehr geben, diese Klausel zu verweigern. Oder man will sich die Klausel in jedem Einzelfall neu abhandeln lassen, dann, meine Damen und Herren, werden wir dafür immer wieder neu zu bezahlen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das Fehlen der Klausel ist eine deutlich erkennbare Quelle vorhersehbarer neuer Reibungen und Pressionen.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

Es ist die Behauptung aufgestellt worden, Berlin sei ja einbezogen. Das ist doch offensichtlich falsch. Es gibt eine mündliche Erklärung, die dann schriftlich festgehalten worden ist. Danach besteht Einvernehmen, daß die Ausdehnung von Abkommen und Regelungen auf Berlin in Übereinstimmung mit dem Viermächteabkommen im jeweiligen Fall vereinbart werden kann. Hier ist heute schon ausgeführt worden, daß diese Erklärung im Grunde nur eine Wiederholung der Viermächteklausel ist. Sie hat auch gar keinen vertraglichen Charakter, weil sie überhaupt keine Bindung enthält. Bei den Alliierten ist in ihrer Vereinbarung eine Ermächtigung an die Bundesregierung und an den Senat erteilt worden, daß für Berlin auch die Bundesverträge gelten können. Diese Ermächtigung ist von der Bundesregierung nicht genutzt worden, obwohl sie sie hätte nutzen können.
Darf ich fragen, Herr Präsident, wie viele Minuten ich noch habe.

(Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: Die Zeit ist schon lange um!)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702916900
Die Lampe brennt rot; Sie haben keine Zeit mehr.

(Abg. Dr. Marx: Rot bedeutet halt! — Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]: Sonderklasse!)


Franz Amrehn (CDU):
Rede ID: ID0702917000
Darf ich dann wenigstens in wenigen Sätzen abschließen.
Meine Damen und Herren, heute und auch in der ersten Lesung des Grundvertrages haben wir mehrmals hören müssen, die Alliierten hätten es als unzulässig angesehen, eine solche Klausel aufzunehmen. Wir haben weiter gehört, in der Berlin-Vereinbarung sei überhaupt nicht geregelt, wie die Berlin-Klausel zwischen den beiden deutschen Staaten aussehen solle. Meine Damen und Herren, alle diese Erklärungen sind falsch. Die Alliierten haben sich mit dieser Frage überhaupt nicht beschäftigt;

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

sie haben sich in diesem Punkte nicht eingemischt. Hier hätte diese Klausel erreicht werden können, wenn wir geduldiger, zäher und dann auch besser verhandelt hätten. Das haben doch auch Sozialdemokraten und Freie Demokraten für notwendig und für erreichbar gehalten, und es ist nicht erreicht worden.
Ich beschränke mich auf diese Sätze und sage: Ein Grundvertrag, der dieses vitale Interesse der Bundesrepublik, West-Berlin in die Verträge einzubeziehen, nicht regelt, verdient nicht den Namen „Grundvertrag".

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702917100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Groß.

Rötger Groß (FDP):
Rede ID: ID0702917200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Amrehn, Sie haben eben mit vielen Daten darzulegen versucht, daß dieser Vertrag nicht anzunehmen sei. Aber was muß man von dem Argument halten, wenn Sie hier fast melodramatisch darstellen, daß der Berliner Senat zwei Transportpolizisten, nachdem sie eine Geldstrafe bekommen hatten, wieder entlassen habe? Was hat das mit der Sache zu tun? Warum soll denn beispielsweise noch ein Grund bestehen, jemanden festzuhalten, wenn er seine Strafe bekommen hat?
Ich meine, wenn Ihre Argumente von dieser Art und Sorte sind, weiß ich nicht, ob es sich wirklich im einzelnen lohnt, auf sie einzugehen.

(Abg. Wehner: Laue Luft kam da raus!)

Nach der Rede von Herrn Kollegen Amrehm mußte man den Eindruck haben, als sei der der Meinung, daß alles Schlechte, was hier passiert oder passiert ist und was ja von niemandem in diesem Hause bestritten wird, eine Folge des Grundvertrages, der noch nicht in Kraft ist, sei, daß aber alles Gute, das Herr Amrehn hier ja ausdrücklich festgestellt hat, von selbst gekommen, uns sozusagen von irgendwo zugeflogen sei. Und das kann doch wohl nicht sein.
Ich glaube, es war eine gute Entwicklung innerhalb der CDU/CSU, die sie dazu geführt hat, zu erkennen, daß mit Hilfe von juristischen Argumenten im Zusammenhang mit außenpolitischen Fragen nicht mehr allzuviel anzufangen ist und daß man sich hier in Fallstricke verwickelt, die einem hinterher sehr übel anstehen.
Nur: In einem Bereich, der verfassungsrechtlicher und völkerrechtlicher Betrachtung zugänglich ist, sollte man dann auch — so meinen es die Koalitionsfraktionen — sauber argumentieren.
Herr Dr. Hupka, Sie haben geschrieben, allein durch die Tatsache, daß man diesen Vertrag im Osten Berliner Vertrag nenne, könne der Verdacht entstehen, daß er in eine Parallelität mit dem Warschauer und Moskauer Vertrag gestellt werde. Dieses Argument ist nun doch wirklich weder ein rechtliches noch ein politisches.

(Abg. Dr. Hupka: Ein logisches!)

sondern allenfalls, Herr Dr. Hupka, ein philologisches, aber mit Sicherheit kein ernst zu nehmendes.

(Zuruf des Abg. Dr. Carstens [Fehmarn].)

Wenn wir jetzt den Grundvertrag einmal daraufhin abklopfen, meine Damen und Herren, welche Argumente rechtlicher Natur gegen ihn eingewandt werden, so können wir feststellen, daß es einmal das Wiedervereinigungsgebot ist, das hier nach Meinung der CDU/CSU — oder besser gesagt: von Teilen der CDU/CSU — angeblich verletzt sei. Sie alle aber kennen doch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das ausdrücklich festgestellt hat — das ist doch x-mal in diesem Hause gesagt worden —, daß nur dann eine Regelung gegen das Wiedervereinigungsgebot, gegen die Wiedervereinigungspflicht, verstoße, wenn eine solche Regelung offenkundig nicht zu dem Ziele führen könne, die Wiedervereinigung herbeizuführen. Sie müßten einmal umgekehrt fragen: Konnte denn bzw. kann denn die von Ihnen verfolgte Politik überhaupt je zu einem Ergebnis führen, das dem Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes entspricht? Dann wird doch erst ein Schuh daraus!

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Es wird davon gesprochen — Herr Stücklen hat es einmal in einem Artikel in der „Deutschen Umschau" geschrieben —, daß das Beitrittsrecht — Art. 23 des Grundgesetzes — verletzt sei, weil jetzt nicht nur die Zustimmung der vier ehemaligen Siegermächte nötig sei, sondern auch die Zustimmung der DDR. Ich frage mich, wie Sie sich das, wenn man diesem Gedankengang überhaupt einmal folgen soll, vorstellen. Soll denn jener Teil, der eines Tages beitreten sollte, völlig unorganisiert, ohne eine irgendwie geartete Regierung sein, die auch ein Wörtchen dazu zu sagen hat?! Es ist doch eine geradezu naive Vorstellung, daß hier eine Summe von Deutschen ohne irgendeine Verfassung oder ein verfassungsähnliches Gebilde, ohne eine Regierung beitreten will.

(Zuruf des Abg. Graf Stauffenberg.)

— Graf Stauffenberg, ich glaube, daß Sie uns das wohl auch nicht einreden wollen.



Groß
Wenn man im übrigen hinsichtlich des Beitritts zu den Vereinten Nationen, der Ihnen, meine Damen und Herren, innerhalb Ihrer Fraktion offenbar noch größere Schwierigkeiten als der Grundvertrag bereitet, behauptet, daß dies gleichzeitig eine Anerkennung der DDR bedeute, dann sollte man füglich auch einmal die völkerrechtliche Literatur studieren, und zwar nicht nur die deutschsprachige, sondern auch die des Ostens; das scheint mir nützlich zu sein. Da ergibt sich das ganz Merkwürdige, daß sogar die maßgebenden Völkerrechtler der DDR wie der Sowjetunion der Meinung sind, daß ein Eintritt in die Vereinten Nationen nicht automatisch die Anerkennung eines anderen Staates mit sich bringt.

(Zurufe des Abg. Dr. Marx und des Abg. Dr. Mertes [Gerolstein].)

Ich meine, daß dieser Umstand durchaus mit der Praxis übereinstimmt. Man denke etwa an das Verhältnis Israels zu den arabischen Staaten oder auch an die Frage, ob etwa die Bundesrepublik mit dem Eintritt in die Vereinten Nationen die Sowjetrepublik Ukraine anerkennen wollte.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Herr Kollege, das ist gar nicht strittig!)

— Das scheint, wie Sie so sagen, nicht strittig zu sein in Teilen Ihrer Fraktion; wenn ich aber Herrn Stücklen und anderen folge, scheint es sich dort jedenfalls noch nicht herumgesprochen zu haben.

(Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Dann haben Sie nicht zugehört!)

— Dann mag da eine neuere Erkenntnis eingetreten sein. Diese Behauptung ist jedenfalls in Ihrem Bereich immer wieder aufgestellt worden und sollte hier noch einmal zurückgewiesen werden.
Meine Damen und Herren, wenn wir aber — wie ich meine, mit Recht — auf eine Argumentation mit juristischem Vokabular verzichten, sollten wir uns doch über einige Dinge klar sein. Wenn wir uns zufälligerweise einmal in dem Bereich umtun, den wir Zonenrandgebiet nennen, werden wir sehr schnell feststellen, daß die Bevölkerung dort von diesem Vertrag offensichtlich weitaus mehr erwartet als die Opposition.
Wir sind uns darüber klar, daß dies kein normaler Vertrag ist, daß dies kein Vertrag ist, der allen Idealansprüchen genügt, und daß wir es mit einem Partner zu tun haben, der sich erst an einige Gepflogenheiten im Umgang mit nichtöstlichen Staaten wird gewöhnen müssen. Ich würde es aber für eine glatte Illusion halten, wenn wir meinten, daß ein Verhältnis, das nun bald 28 Jahre lang andersherum gehalten worden ist, nunmehr in kürzester Zeit so geregelt wird, wie wir das alle in diesem Hause möchten; denn daß jemand in diesem Hause diese Verhältnisse und diese, je nachdem, wie Sie es nennen wollen, Schikanen, Sticheleien und Mißhelligkeiten gutheißen wollte, kann ich nicht annehmen.
Ich meine, daß dieser Vertrag alle Schwierigkeiten berücksichtigt. Er findet seine Rechtfertigung letzten Endes darin, daß wir vom Grundgesetz den
Auftrag haben, menschenwürdige Verhältnisse, mehr Möglichkeiten für Menschen zu schaffen, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch für die Deutschen in der DDR. Herr Kollege Amrehn hat hier wiederholt festgestellt und es auch begrüßt, daß dieser Vertrag, wenn auch nicht in idealer Form, mehr Erleichterungen für Deutsche bringt. Das ist das ausschlaggebende, das entscheidende Argument. Die Forderung, die er dann aufstellte, wir dürften aber keine politische Substanz aufgeben, ist jedoch nicht weiter substantiiert worden. Es ist nur eine juristische, möglicherweise auch nur eine politische Schimäre, die wir aufgeben,

(Abg. Dr. Hupka: Ist Deutschland eine Schimäre?)

und zwar für die Möglichkeit, mehr für Deutsche zu tun. Ich muß gestehen, mir scheint das mehr dem Auftrage des Grundgesetzes 'zu entsprechen, als wenn man sich an juristischen und politischen Schimären orientiert.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702917300
Das Wort hat der Abgeordnete Mattick. Er ist der letzte Redner des heutigen Abends.

Kurt Mattick (SPD):
Rede ID: ID0702917400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Irgendwie habe ich überlegen müssen, in welchem Parlament ich mich befinde, als Herr Amrehn sprach.

(Abg. Dr. Marx: Im Bundestag! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Im Deutschen Bundestag in Bonn am Rhein! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Es war so unwirklich, was hier alles dargestellt wurde.

(Erneute Zurufe von der CDU/CSU.)

Das ist der gleiche Mann, der immer, wenn wir uns in Berlin bemüht haben, kleine Schritte zu gehen, gegen jeden dieser kleinen Schritte war; denn von Herrn Amrehn kommt die Theorie, daß man in Berlin die Wunde der deutschen Frage offenhalten muß.
Ich muß daran erinnern: Herr Amrehn, Sie haben hier nicht gesagt, daß es 25 Verträge gibt, die frühere Regierungen mit östlichen Ländern ohne jegliche Berlin-Klausel abgeschlossen haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Marx sowie weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Sie klagen uns hier an, daß wir noch nicht alles in der Tasche haben! Was ist das für eine Rede gewesen, die hier von vorne bis hinten den Versuch macht, die Lage so darzustellen, als ob Berlin vor dem Untergang stehe!

(Zuruf von der CDU/CSU.)

Die Menschen, die das draußen hören und von Berlin nichts wissen, müssen wirklich glauben: jetzt sind wir am Ende. Herr Amrehn, die Berliner Bürger werden Ihnen dankbar sein, wenn von unseren Gegnern ausgeschöpft wird, was Sie heute hier über
Deutscher Bundestag-7. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Mai 1973 1479
Mattick
unsere Stadt gesagt haben. Ich will Ihnen folgendes sagen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702917500
Herr Abgeordneter Mattick, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Carstens?

Kurt Mattick (SPD):
Rede ID: ID0702917600
Ja, bitte. Ich wollte zwar nur noch drei Minuten reden, aber bitte!

Dr. Karl Carstens (CDU):
Rede ID: ID0702917700
Herr Kollege Mattick, ist Ihnen bekannt, daß in der Zeit, als Gerhard Schröder Bundesminister des Auswärtigen war, Verträge mit Polen, Ungarn, Bulgarien und Rumänien geschlossen worden sind, die eine Berlin-Klausel enthielten, und zwar ohne daß auf irgendwelche fundamentale deutsche Rechte verzichtet wurde?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Kurt Mattick (SPD):
Rede ID: ID0702917800
Es gab ja auch keine Gründe, auf deutsche Rechte zu verzichten, Herr Kollege, denn
Ps handelt sich um — —

(Abg. Dr. Marx: Sie haben doch eben etwas anderes gesagt!)

-- Die Feststellung bleibt doch, daß es 25 Verträge ohne Berlin-Klausel gibt. Da ging es um die Fragen der Substanz.
Im Grunde genommen ist doch folgendes zu bedenken. Frühere Bundesregierungen haben in der Frage Berlin effektiv eine Politik des „Offenhaltens der blutenden Wunde" betrieben. Als wir die Pasdebattierten, war Herr Amrehn dagegen. Als es eine Begegnung zwischen dem Regierenden Bürgermeister und Chruschtschow geben sollte, war Herr Amrehn dagegen. Alle Versuche in früherer Zeit, die Dinge aufzulockern, Bewegung hineinzubringen, sind, soweit es sie überhaupt gab, an der Haltung des damaligen Bürgermeisters Amrehn in Berlin gescheitert.
Was klagen Sie denn hier an, Herr Amrehn? Wer hat Ihnen denn versprochen, daß nach 20jähriger
Totenstille und dem Beginn einer neuen Politik das Paradies für Berlin ausbricht? Wer hat Ihnen denn das versprochen? Doch keiner von der Regierungsbank oder von den Regierungsparteien. Wir haben hier immer dargestellt, daß dies ein Anfang eines schweren Weges ist. Wir haben hier ebenso deutlich gemacht, daß wir es bei dem Partner DDR und bei dem Partner Sowjetunion mit Systemen zu tun haben, die mit ganz anderer Zielvorstellung an die deutsche Frage herangegangen sind. Sie fragen jetzt: Was ist denn geworden? Herr Amrehn, wissen Sie denn, daß die DDR in ihrem Zehnjahresplan Berlin als Ganzes als Hauptstadt vorbereitet hatte und die ideologischen Vorbereitungen dazu treffen wollte? Ist das kein Schritt, der hier gegangen worden ist: daß heute die Sowjetunion diese Berlin-Vereinbarung mit uns getroffen hat, daß die DDR sich damit abfinden muß?

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das alles haben Sie hier nicht gesagt. Sie haben ein schwarzes Bild nach dem anderen gemalt und haben außer acht gelassen, was sich in Berlin alles verändert hat.

(Zuruf von der CDU/CSU.)

— Ja, Sie haben anerkannt, daß es wenigstens einen freien Zugang gibt. Aber hier malen Sie auch schon wieder den schwarzen Mann ins Bild: „Das kann ja wieder anders werden." Wir sollten zusammenstehen in dem Willen, daß es nicht wieder anders werden kann. Wer so über Berlin debattiert, wie Sie, Herr Amrehn, der baut nicht auf, sondern der zerstört die Versuche, die im Gange sind.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0702917900
Meine Damen und Herren, ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 10. Mai, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.